Wasserverband Obere

Stadt Paderborn

Umgestaltung des Ellerbaches in Paderborn - Ortsteil Dahl

-Entwurf und Antrag auf Genehmigung gem. § 68 WHG-

- Neufassung 2018 -

Erläuterungsbericht

Umgestaltung des Ellerbaches in Paderborn - Orts- teil Dahl

-Entwurf und Antrag auf Genehmigung gem. § 68 WHG-

- Neufassung 2018 -

Mitwirkende:

Detlef Sönnichsen

Norbert Weinert

Andreas Vetter

Jan Oberdiek

Johann Bruschinski

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Inhalt

1 Veranlassung ...... 5 2 Grundlagen ...... 6 2.1 örtliche Überprüfungen ...... 6 2.2 Datengrundlagen ...... 6 2.3 Software ...... 7 3 Kurzbeschreibung der Örtlichkeit ...... 7 3.1 Hydrologie ...... 7 3.1.1 Bemessungsabflüsse ...... 8 3.2 Hydraulik ...... 8 3.3 EG-WRRL/HWRM-RL ...... 9 4 Planung ...... 15 4.1 Maßnahmen außerorts ...... 16 4.1.1 Freilandstrecke oberhalb Dahl – Abschnitt I ...... 16 4.1.2 Freilandstrecke unterhalb Dahl – Abschnitt IV ...... 18 4.1.3 Empfindliches Hochwasserabflussgebiet ...... 19 4.2 Maßnahmen innerorts ...... 20 4.2.1 Schutzziel ...... 22 4.2.2 Grundsätzliche Maßnahmen ...... 22 4.2.3 Bauliche Maßnahmen: Abschnitt II – Ellerstraße – K38 ...... 24 4.2.4 Bauliche Maßnahmen: Abschnitt III – Tiefer Weg ...... 31 4.3 Retentionsraumausgleich ...... 37 4.4 Versorgungsleitungen/Flächenbedarf ...... 38 4.5 Hochwasser Alarm- und Einsatzplan ...... 39 4.6 Kosten ...... 39 4.7 Umsetzung ...... 40 5 Alternativen...... 41 5.1 Null-Variante ...... 41 5.2 Variante Hochwasserrückhaltung durch HRB ...... 42 5.3 Variante Kombination HRB – Umgestaltung des Ellerbaches ...... 44 5.4 Lösungsvariante Umgestaltung des Ellerbaches ...... 45

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6 Schadenspotentialanalyse ...... 47 6.1 Methodik der Schadensermittlung ...... 47 6.2 Objekterfassung und Zuweisung der Eigenschaften ...... 47 6.3 Vermögenswerte ...... 48 6.4 Schadensberechnung ...... 50 6.5 Schäden an Infrastruktur und Folgekosten ...... 51 6.6 Ergebnis Schadenspotenzial Bestand ...... 52 7 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ...... 53 7.1 Kosten-Nutzen-Berechnung ...... 53 7.2 Schadenserwartung ...... 53 7.3 Abschätzung Maßnahmenkosten ...... 54 7.4 Finanzmathematische Aufbereitung der Maßnahmenkosten ...... 55 7.5 Ergebnis Kosten-Nutzen-Berechnung ...... 55 8 Zusammenfassung ...... 57

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zeitplan zur Umsetzung der EG-WRRL [1] ...... 10

Abbildung 2: Querprofil sehr guter ökologischer Zustand [8] ...... 11

Abbildung 3: Habitatskizze sehr guter ökologischer Zustand [8] ...... 11

Abbildung 4: Steckbrief Bewirtschaftungsplan 2016-2021 [3] ...... 12

Abbildung 5: WRRL-Umsetzungsfahrplan EZG Kooperation: DT_26 Lippe Alme, Blatt 4 (März 2012) [5] ...... 13

Abbildung 6: HWRM-RL Auszug Risikokarte hohe Wahrscheinlichkeit [www.elwasweb.nrw.de] ...... 14

Abbildung 7: HWRM-RL Auszug Risikokarte mittlere Wahrscheinlichkeit [www.elwasweb.nrw.de] ...... 14

Abbildung 8: Empfindliches Hochwasserabflussgebiet ...... 19

Abbildung 9: Beispiel Gewässer in Ortslage, DVWK Merkblatt 240 .... 21

Abbildung 10: Beispiel Sanierung Uferbefestigung Abelbach (Sönnichsen&Partner) ...... 21

Abbildung 11: Ellerbach in Schwaney; Unterhaltungszustand nach Vorgabe des Unterhaltungsplans ...... 23

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Abbildung 12: Wasserspiegeldifferenz durch Bewuchs (schematisch) .... 24

Abbildung 13: Maßnahmen im Bereich Ortseingang Dahl ...... 24

Abbildung 14: Regelprofil Abschnitt Ellerstraße ...... 25

Abbildung 15: Ausschnitt Maßnahmen im Bereich Ellerstraße ...... 26

Abbildung 16: Dammbalkenverschluss Overhagen/Gieseler (Quelle: Sönnichsen&Partner) ...... 27

Abbildung 17: Regelprofil Abschnitt Tiefer Weg ...... 32

Abbildung 18: Ausschnitt Maßnahmen Tiefer Weg ...... 33

Abbildung 19: Betonierter Ellerbach am Tiefen Weg ...... 42

Abbildung 20: Ellerbach unterhalb Dahl, Grabenprofil in landwirtschaftliche Nutzflächen eingezwängt ...... 42

Abbildung 21: Ausbau Schwaney/Ellerbach, 2. Bauabschnitt 2015...... 45

Abbildung 22: Ausschnitt der betroffenen Objekte bei HW100 mit Nutzungsart ...... 48

Abbildung 23: Schadensfunktionen von privaten Wohnhäusern nach HOWAS ...... 50

Abbildung 24: verwendete Schadensfunktionen der einzelnen Objekte 51

Abbildung 25: Funktion der Schadenswahrscheinlichkeit ...... 54

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht Einzugsgebietsdaten ...... 8

Tabelle 2: Ellerbach IST-Zustand, mit HRB (März 2018) ...... 8

Tabelle 3: Vermögenswerte ...... 49

Tabelle 4: Schadenssummen ...... 52

Tabelle 5: Kosten-Nutzen-Verhältnis Dahl laut Kostenberechnung 56

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Anhang

Anhang I Kostenberechnung Anhang II Hochwasser Alarm- und Einsatzplan Anhang III Kurzbericht – Bestimmung von Abflussganglinien für die Binnenentwässerung in Dahl/Ellerbach und Neu- enbeken/Beke

Anlage

Anlage 1 Übersichtskarte 1 : 25.000 Anlage 2.1 Übersichtslageplan mit Blattschnitt 1 : 5.000 Anlage 2.2 Übersichtslageplan Überschwemmungsgebiet /Binnenentwässerung 1 : 2.500 Anlage 3.1-3.6 Lagepläne Dahl Abschnitt II und III 1 : 250 Anlage 4.1 Lageplan Abschnitt IV unterhalb Stadtdurchgang 1: 2.500 Anlage 4.2 Lageplan Abschnitt I oberhalb Stadtdurchgang 1: 2.000 Anlage 5 Regelprofile 1+2 1: 50 Anlage 6.1-6.3 Detailpläne Brücken 1 : 50 Anlage 6.4 Detail Fuß- und Radwegebrücke 1 : 25 Anlage 7 Längsschnitt Bestand/Planung 1: 2.000/100 Anlage 8.1-8.67 Querprofile 1 : 100 Anlage 9.1-9.3 Lagepläne Versorgungsleitungen 1 : 500 Anlage 10.1-10.7 Lagepläne Flächenbedarf 1 : 1.000/500 Anlage 11 Lageplan zum Hochwasser Alarm- und Einsatz- plan 1 : 1.000 Anlage 12 Detailplan Lagerung Dammbalken 1 : 25 Anlage 13 Schadensszenarien 1 : 2.000

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1 Veranlassung

Der Wasserverband Obere Lippe als Gewässerunterhaltungspflichtiger des Ellerbaches beabsichtigt die in Kooperation mit der Stadt Paderborn den Hochwasserschutz am Ellerbach im Ortsteil Dahl zu verbessern und das Ge- wässer naturnah umzugestalten.

Der Ellerbach ist in der Ortslage Dahl naturfern in Beton gefasst. In den ober- und unterhalb anschließenden Strecken im freien Gelände haben frü- here Ausbaumaßnahmen einen gradlinigen Grundriss und gleichförmige technische Querprofile hinterlassen.

Es bietet sich an, entsprechend den Ansprüchen der Europäischen Wasser- rahmenrichtlinie (EG-WRRL) und der Hochwasserrisikomanagement-Richtli- nie (HWRM-RL) die Förderung der naturnahen Entwicklung und den Hoch- wasserschutz zu einer Gemeinschaftsmaßnahme zu verbinden und harmo- nisch in das Dorfbild einzufügen. Daher wurde der gesamte Bereich in einem Vorentwurf detailliert untersucht. Es wurden Vorschläge und Empfehlungen zur Entschärfung der vorhandenen Situation gemacht [1]. Dabei wurde auch die Möglichkeit des Hochwasserrückhaltes betrachtet. Die geologischen Ge- gebenheiten (Karst) sowie die ökologische Beeinträchtigung und die enor- men Kosten bei der Schaffung von künstlichem Stauraum sprechen gegen diese Variante und für die Umsetzung lokaler Schutzmaßnahmen.

Auf Grundlage dieses Vorentwurfes ist der vorliegende Entwurf und Antrag auf Genehmigung für die Vorzugsvariante 3 erarbeitet worden.

Träger dieser Gemeinschaftsmaßnahmen sind die Stadt Paderborn und der Wasserverband Obere Lippe.

Der Vorhabensträger hat mit Datum vom 19.02.2007 bereits einen Antrag eingereicht, der durch den Kreis Paderborn am 30.12.2011 planfestgestellt wurde.

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Aufgrund von rechtlichen Entscheidungen musste der Genehmigungsantrag mehrfach geändert werden. Auf Empfehlung des Kreises Paderborn fasst der Vorhabensträger hiermit die Genehmigungsunterlagen gemeinsam mit den erarbeiteten Ergänzungen zu einem zusammenhängenden Genehmigungs- antrag zusammen und aktualisiert sie. Der Vorhabensträger hat daher die Genehmigungsunterlagen überarbeitet und beantragt hiermit erneut die Planfeststellung.

Kernstücke der Überarbeitung sind die Aktualisierung und Zusammenfüh- rung der entsprechenden Planunterlagen, die Aktualisierung der Kostenbe- rechnung, die Einarbeitungen für den Neubau zum Erhalt der Verkehrswe- gebrücken „Schlotmannstraße“, „Klünersweg“ und „Zum Deich“, die Berück- sichtigung des Umsetzungsfahrplanes der EG-WRRL, die Neufassung des UVPG sowie die redaktionelle Berücksichtigung der im bisherigen Planfest- stellungsverfahren geäußerten Einwendungen Betroffener und der im Plan- feststellungsbeschluss aufgeführten Nebenbestimmungen.

2 Grundlagen

2.1 örtliche Überprüfungen

1. Begehung, August 2005, Januar 2006, Oktober 2014, Juli 2015, April 2016, Dezember 2017 2. nivellitische Aufnahme potenzieller Einlaufhöhen der Gebäude, Querprofile zur Verfeinerung des Hydraulikmodells, Dezember 2005 3. nivellitische Querprofilaufnahmen am Schluchtweg

2.2 Datengrundlagen

1. Hydraulikmodell (ehem. StUA Bielefeld, 2000; überarbeitet Sönnichsen & Partner, 2016) 2. Abflüsse (BR Detmold, 2018) 3. vorliegende Untersuchungen (Wasserverband Obere Lippe, Stadt Pader- born (2003): Ökologische Verbesserung des Ellerbaches, Hochwasserschutz DAHL - Vorentwurf -) 4. DGM (Wasserverband Obere Lippe, 2005) 5. Vermessungsdaten (Stadt Paderborn, 2003; Sönnichsen & Partner, 2005)

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6. Kurzbericht Bestimmung von Abflussganglinien für die Binnenentwässerung in Dahl/Ellerbach und Neuenbeken/Beke (Hydrotec, April 2009) 7. Stellungnahme zum Abriss der Brücken „Klünersweg“ und „Zum Deich“ (Sönnichsen&Partner, Februar 2015)

2.3 Software

1. CIVIL, Autodesk 2. ArcGIS 10.4, Esri 3. WSP-ASS 4.0/Hydra (Rechenkern 2005) (Sydro/Knauff)

3 Kurzbeschreibung der Örtlichkeit

Der Ellerbach entspringt im Emder Wald südlich von Schwaney. Auf dem Weg zur Mündung in die Altenau durchfließt er die Ortslagen Schwaney, Pader- born-Dahl und Kirchborchen. Unterhalb der Ortslage, zwischen Dahl und Kirchborchen, befindet sich das Hochwasserrückhaltebecken [Trä- ger: Wasserverband Obere Lippe].

Die Bearbeitungsstrecke beginnt an der Untermühle Urenberg bei Gew.-Sta- tion 18+000 (Ellerstraße/K38) und endet nach 3,5 km unterhalb der Kläran- lage an dem Iggenhauser Weg bei Gew.-Station 14+500.

3.1 Hydrologie

In Dahl hat der Ellerbach ein Niederschlagseinzugsgebiet von 48,6 km2.

Das Niederschlag-Abflussverhalten des natürlichen Einzugsgebietes ist von der hohen Reliefenergie und der wenig infiltrationsfähigen Lehmbedeckung über dem Karst geprägt. Die Abflusskonzentration erfolgt rasch. Es treten ausgeprägte kurzzeitige, steile Hochwasserspitzen auf.

Eine Besonderheit stellt der karstige Untergrund dar. Oberhalb Dahls (unter- halb Schwaney) versickern die Abflüsse teilweise, so dass der Ellerbach bis

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Kirchborchen periodisch trockenfällt. Hierdurch wird er in seiner Gefährlich- keit unterschätzt, der Ellerbach erweckt den Eindruck einer harmlosen Tro- ckenrinne.

Tabelle 1: Übersicht Einzugsgebietsdaten

Fließlänge von Quelle bis Mündung 27,5 km

Einzugsgebietsgröße gesamt 90,8 km2

in Dahl 48,6 km2

Reliefenergie gesamt 310 m

in Dahl 225 m

gewichtetes Sohlgefälle 5,5 ‰

Hauptbodenart schluffiger Lehm

Flächennutzung Acker, Grünland, Wald, geringe Ver- siegelung

3.1.1 Bemessungsabflüsse

Die BR Detmold stellte für die Umgestaltung des Ellerbaches die Bemessungs-

abflüsse (BHQT) zu Verfügung - siehe Tabelle 2.

Tabelle 2: Ellerbach IST-Zustand, mit HRB (März 2018)

Station LWANAS HQ05 HQ10 HQ20 HQ50 HQ100 EHQ

von Nr. [m³/s] [m³/s] [m³/s] [m³/s] [m³/s] [m³/s]

13,84 28638 Zu 3,9 7,7 13,4 23,7 31,0 62,0

3.2 Hydraulik

Die eindimensionale Wasserspiegellagenberechnung wird mit dem Pro- grammsystem WSP ASS 4.0 (Version 2012/Rechenkern 2005, Knauf, Darm- stadt) durchgeführt.

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Das Berechnungsverfahren simuliert das Wasserstand-Abfluss-Verhalten in einem Gerinne, das aus den Talquerprofilen und deren Abständen gebildet wird. Um die Rauheiten der Vorländer von denen im Flussschlauch in der Berechnung zu differenzieren, sind diese mit den Kürzeln LU/RU für linkes und rechtes Ufer gekennzeichnet.

Diese Markierungen sind nicht immer identisch mit den tatsächlichen Bö- schungskanten, sondern stellen nur Grenzen verschiedener Bewuchspara-

meter (kSt-Wert) dar.

Im Längsschnitt - Anlage 7 - sind diese Begrenzungen als linkes/rechtes Ufer (LU/RU) dargestellt und aus den oben genannten Gründen oft nicht mit den Uferböschungen vergleichbar. Die Hydraulikquerprofile enthalten im Pla- nungszustand die hydraulisch relevanten Profiländerungen. Die geplanten Hochwasserschutzmauern sind teilweise nicht dargestellt, sondern nur durch das Setzen von Profilanfang/Profilende (PA/PE) berücksichtigt. PA und PE sind die äußersten Randbedingungen in einem Querprofil. Innerhalb dieser Grenzen wird die hydraulische Berechnung durchgeführt.

Die jeweiligen Profile sind in der Regel ungleich und der Abfluss von Profil zu Profil ändert sich über die Zeit nicht. Der Abfluss ist somit stationär ungleich- förmig. Die Strömungsrichtung ist eindimensional.

3.3 EG-WRRL/HWRM-RL

EG-WRRL

Die im Jahr 2000 in Kraft getretene EG-WRRL hat u. a. zum Ziel, bis zum Jahr 2015 bzw. mit Verlängerung 2027 den guten ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial der heimischen Oberflächengewässer zu errei- chen. Die Umsetzung erfolgt in einzelnen Schritten, die auf einem verbindli- chen Zeitplan beruhen (Abbildung 1).

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Abbildung 1: Zeitplan zur Umsetzung der EG-WRRL [1]

Von der Mündung in die Altenau in Kirchborchen bis nahe Schwaney gehört der Ellerbach zu den natürlichen Gewässern (NWB). Die Planungseinheit, die sich im Teileinzugsgebiet der Lippe befindet, wird als PE_LIP_2000 Alme be- zeichnet. Der im Zuge des Bewirtschaftungsplanes erstellte Steckbrief (Abbil- dung 4) verdeutlicht, dass die Defizite in der Gewässerstruktur und im che- mischen Zustand liegen.

Der Ellerbach ist ein grobmaterialreicher, karbonatischer Mittelgebirgsbach der LAWA-Typologie 7. In einem sehr guten Zustand weist der Fließgewäs- sertyp 7 einen gestreckten bis mäandrierenden Verlauf auf. Die Sohle besteht weitestgehend aus dynamischem Grobmaterial wie Schotter und Steinen so- wie Kalkschutt. Kies, Sand und Schlamm können in strömungsberuhigten Ab- schnitten vorkommen. Große Ablagerungen von organischen Materialien können in trockengefallene Abschnitte auftreten. Steine und Schotter sind meist plattig ausgebildet. Der Totholzanteil liegt bei 10 bis 25 %.

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Häufig sind die Querprofile kastenförmig mit großen unterschiedlichen Tie- fen- und Breitenvarianzen ausgebildet. Die Ufer sind von großen Blöcken und Steilwänden sowie von Prall- und Sturzbäumen geprägt. Hauptsächlich werden Sie von Erlenauenwäldern begleitet, aber in trockenfallenden Berei- chen kommen eher Buchen im bestanden vor [8].

Abbildung 2: Querprofil sehr guter

ökologischer Zustand

[8]

Abbildung 3: Habitatskizze sehr guter

ökologischer Zustand [8]

Laut der „Richtlinie für die Entwicklung naturnaher Fließgewässer in Nord- rhein-Westfalen“ ergibt sich für den Fließgewässertyp 7 ein möglicher Ent- wicklungskorridor von 9 - 30 m bei einer vorliegenden Ausbausohlbreite von 2 m. Dies ist der Raum dem der Ellerbach zur eigendynamischen Entwicklung bereitgestellt werden sollte [7].

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Abbildung 4: Steckbrief Bewirtschaftungsplan 2016-2021 [3]

Im Umsetzungsfahrplan der Kooperation Lippe Alme (DT_26) sind im Bear- beitungsgebiet folgende Funktionselemente vorgesehen:

❑ ein Strahlursprung (SU85),

❑ ein Trittstein (T6) und

❑ zwei Strahlwege (SW).

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Abbildung 5: WRRL-Umsetzungsfahrplan EZG Alme Kooperation: DT_26 Lippe

Alme, Blatt 4 (März 2012) [5]

Zwischen Gew.-Station 14+500 und 16+100 ist ein Strahlursprung (SU85) angegeben, der eine Rückverlegung des Gewässers vom Talrand ins Taltiefst mit Anlage von Uferstreifen vorsieht. Im Anschluss des SU85 von Gew.-Sta- tion 16+100 – 17+100 sieht der Umsetzungsfahrplan die Förderung der Sohl- und Uferstrukturierung vor.

Oberhalb von Dahl zwischen Gew.-Station 17+100 und 17+600 wurde ein Trittstein zur Verbesserung der Strahlwirkung platziert. Entwicklungsziel für den Trittstein T6 und den oberhalb anschließenden Strahlweg im Bereich der Untermühle ist die naturnahe Entwicklung, die u. a. durch Anlegen von Ufer- streifen und die Förderung der Sohl- und Uferstrukturierung erreicht werden kann.

HWRM-RL

Die Ortslage Paderborn-Dahl ist von Hochwasser betroffen. Bereits bei ei- nem Hochwasser mit hoher Wahrscheinlichkeit (HQ20) weisen die aktuellen Hochwasser-Gefahrenkarten gemäß der EU-Hochwasserrisikomanagment- pläne eine entsprechende Gefährdung aus - siehe Abbildung 6. Bei einem mittleren Hochwasser erstrecken sich die Überschwemmungsflächen bis zu 70 m ins Vorland.

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Abbildung 6: HWRM-RL Auszug Risikokarte hohe Wahrscheinlichkeit

[www.elwasweb.nrw.de]

Abbildung 7: HWRM-RL Auszug Risikokarte mittlere Wahrscheinlichkeit

[www.elwasweb.nrw.de]

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4 Planung

Bei der Planung der Umgestaltungsmaßnahmen sind verschiedene Ansprü- che abzugleichen:

❑ Herstellung eines guten Gewässerzustandes

→ Gewässerökologische Aufwertung durch ein naturnahes Querprofil mit natürlichen Sohl- und Uferstrukturen

❑ Sicherung des schadlosen Hochwasserabflusses

→ Lastfall HQ100

→ Berücksichtigung der allgemein anerkannten Regeln der Tech- nik

❑ Bauliche Zwänge

→ vorhandene Gebäude, Straßen

❑ Harmonisches Einfügen in das Dorfbild

❑ Finanzierung

→ Förderfähigkeit nach Landesrichtlinien

→ Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme und der Unterhaltungs- last

❑ Akzeptanz und Förderung durch die Bevölkerung und Landwirtschaft

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Die Bearbeitungsstrecke wurde in vier unterschiedlich zu betrachtende Ab- schnitte unterteilt (in Fließrichtung) - siehe Anlage 2.1 -:

❑ Abschnitt I: Freilandstrecke oberhalb Dahl

❑ Abschnitt II: Ortsdurchgang Ellerstraße – K38

❑ Abschnitt III: Ortsdurchgang Tiefer Weg

❑ Abschnitt IV: Freilandstrecke unterhalb Dahl

Für die Abwägung der o. g. Ansprüche – Gewässerökologie, Hochwasser- schutz, Dorfbild, Wirtschaftlichkeit, Akzeptanz – sind für den Ortsdurchgang (Abschnitt II und III) im Vorentwurf [1] mehrere Varianten erarbeitet worden, von denen für die Variante 3 als Vorzugsvariante die vorliegenden Unterla- gen erarbeitet werden.

4.1 Maßnahmen außerorts

In den folgenden Abschnitten werden die Maßnahmen unter Berücksichti- gung der Entwicklungsziele des Umsetzungsfahrplans - siehe Kap. 3.3 EG- WRRL/HWRM-RL - detailliert beschrieben.

4.1.1 Freilandstrecke oberhalb Dahl – Abschnitt I

In der Vergangenheit wurde der Ellerbach begradigt und an den Talrand ver- legt. In dem fast 1000 m langen Abschnitt I ist eine ökologische Verbesserung laut Umsetzungsfahrplan vorgesehen. Diese beinhalten einen Trittstein (T6) und einen Strahlweg (SW). Sie ermöglichen dem Gewässer eine Entfaltung der Eigendynamik im Abschnitt I. Zudem erhöhen die gewässerökologischen Verbesserungen wie das Anlegen von Uferstreifen und Mäanderschlaufen das Retentionsvermögen des Gewässers, was sich positiv auf die unterliegen- den Bereiche auswirkt, da die Hochwasserwelle hierdurch gedämpft wird. Weitere Verbesserungen, die das Retentionsvermögen positiv beeinflussen, sind die Umwandlung von Ackerflächen in Grünland, die Schaffung von Au- wald oder auch die Bildung von Kleingewässern im Randbereich des Über- schwemmungsgebietes.

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Die Umgestaltung des Ellerbaches im Bereich des Trittsteins (T6) wird in der gesamten HQ100-Fläche durchgeführt. In diesem Bereich ist eine Entwick- lungstrasse auf der kompletten Breite der HQ100-Fläche geplant. Die Breite beträgt mindestens 50 m und ist somit größer als der Entwicklungskorridor von maximal 30 m (vgl. Kapitel 3.3).

Dort sind Maßnahmen geplant, die eine Erhöhung der Strömungsvarianz be- wirken. So sind strukturverbessernde Maßnahmen durch punktuelle Aufwei- tungen, das Einbringen von Totholz sowie die Entwicklung von Ufergehölzen unter Berücksichtigung des vorh. Bewuchses vorgesehen.

Direkt oberhalb der Ortslage ist eine naturnahe Umgestaltung (Laufverlän- gerung um 40 m) vorgesehen. Diese beginnt bei Gew.-Station 17+200 und endet an der Furt am Ortseingang. In diesem Bereich soll der entnommene Boden aus dem neuen Gerinne zur Verfüllung des alten Gerinnes verwendet werden.

Im Bereich des angrenzenden Strahlweges sind Uferrandstreifen von 15 m Breite geplant, die eine unerlässliche Grundlage für eine ökologische Ver- besserung des Gewässers darstellen. Sie ermöglichen dem Gewässer eine Entfaltung der Eigendynamik innerhalb des vorgegebenen Rahmens und puf- fern es gegen schädliche Einflüsse aus dem Umland ab. Des Weiteren ist eine Laufverlängerung mit dem Ziel der ökologischen Aufwertung zwischen Gew.- Station 17+700 und 17+800 geplant. Der jetzige Verlauf wird als abge- dämmter Tümpel ohne Durchströmung belassen.

Um die in einigen Bereichen auf Grund der hohen Fließgeschwindigkeit vor- handenen Tiefenerosion zu verringern, werden Sicherungsmaßnahmen wie Totholzeinbau getroffen. Stellenweise sind Sohlanhebungen und Verbreite- rungen des tief eingeschnittenen und verwallten Bestandsprofils vorgesehen.

Die Verortungen der einzelnen Maßnahmen befinden sich in der Anlage 4.2.

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4.1.2 Freilandstrecke unterhalb Dahl – Abschnitt IV

Im Abschnitt IV wurde im Umsetzungsfahrplan ein Strahlursprung (SU85) festgelegt - siehe Kap. 3.3 EG-WRRL/HWRM-RL. Der Strahlursprung (SU85) beginnt bei Gew.-Station 16+100 und endet unterhalb des Iggenhauser We- ges bei Gew-Station 14+500. Die Umsetzung des Strahlursprungskonzepts wird aus flächenerwerbstechnischen Gründen auf einen Bereich von Gew.- Station 14+500 (Iggenhauser Weges) – 15+700 (Dickenbusch) beschränkt - siehe Anlage 4.1 und 10.

In diesem Bereich ist eine Entwicklungstrasse auf der kompletten Breite der

HQ100-Fläche geplant. Die Breite beträgt mindestens 50 m und ist somit grö- ßer als der Entwicklungskorridor von maximal 30 m (vgl. Kapitel 3.3).

Unterhalb der Furt Dickenbusch verläuft der Ellerbach zum großen Teil nicht in seinem Taltiefst. Hier wird das Gewässer ins Taltiefst zurückverlegt - siehe Anlagen 4.1 und 10.

Entwicklungsziel ist eine Auenreaktivierung. Eine naturnahe Entwicklung des Profils mit Gehölzbewuchs (punktuelle Gehölzpflanzungen) und Anlandun- gen werden zugelassen und gefördert. Als Abflussprofil wird der Oberboden in einer Tiefe von rd. 30 cm abgeschoben. Bei Ackerflächen wird der nähr- stoffreiche Oberboden auf einer 15 m breiten Trasse abgetragen, bei Grün- landflächen ist ein 5 m breites Profil vorgesehen. Der entnommene Boden kann zum Verfüllen des Altverlaufes genutzt werden.

Das Belassen von Ufergehölzen am bestehenden Gerinne ist möglich, da der Oberbodenabtrag als Parallelgerinne zum Ellerbach erfolgt. Dies ist ohne größere Baumaßnahmen umsetzbar. Der Bewuchs erhöht in der Freiland- strecke die Wasserspiegellagen und damit das Retentionsvermögen. In bei- den Freiland-Abschnitten (I und IV) werden durch die vorgesehenen Maß- nahmen Retentionsräume geschaffen.

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Unterhalb der Ortslage bei Gew. Station 16+ 300 (Ende Abschnitt III) bis Gew. Station 15+ 700 sind keine strukturverbessernden Maßnahmen vorge- sehen. In Höhe von Haus Nr. 21 am Tiefen Weg befindet sich ein Einleitungs- bauwerk (DN800). Hier kommt es bei Niederschlagsereignissen zu großen Einleitungsmengen, welche am Prallufer immer wieder Schäden verursa- chen. Um dies zu unterbinden, ist das Prallufer zu sichern - siehe Anlage 4.1.

In diesem Gewässerabschnitt finden sich Schwalglöcher (Bachschwinden) - typische Karsterscheinungen der Paderborner Hochfläche. Das Gewässerent- wicklungskonzept Ellerbach sieht hier eine Überleitung der Schwalglöcher durch eine flache naturnahe Profilgestaltung mit verbesserter Selbstabdich- tung vor, jedoch gehören diese Schwalglöcher zum typischen Charakter des Gewässers wodurch beschlossen wurde den Abschnitt auszuschließen.

4.1.3 Empfindliches Hochwasserabflussgebiet

Eine angestrebte ökologische Verbesserung des jetzigen Zustandes verlangt Uferbewuchs und Bewuchs in der Aue. Durch die ökologische Ausrichtung der Gewässerunterhaltung nimmt der Bewuchs in der Aue zu. Das verursacht eine Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit und damit bei gegebenem Abfluss eine Erhöhung des Wasserstandes, die im Hochwasserfall zu ver- mehrten Schäden in besiedelten Bereichen führen kann.

Abbildung 8: Empfindliches Hochwasserabflussgebiet

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Nachteilige Veränderungen dürfen somit im Bereich von Ortslagen und in- nerhalb einer Auslaufstrecke unterhalb des Ortsdurchganges nicht stattfin- den. Im Übersichtslageplan - Anlage 2.1 - ist das empfindliche Hochwasser- abflussgebiet rot gekennzeichnet.

In diesem Bereich dürfen keine abflusshindernden Maßnahmen durchgeführt werden!

Bepflanzungen mit Einzelbäumen in Fließrichtung sind davon ausgenom- men. Die Gehölzpflege am Gewässer und im Vorland muss die Belange des schadlosen Hochwasserabflusses berücksichtigen, das heißt auch, eine öko- logisch orientierte Unterhaltung muss im empfindlichen Hochwasserabfluss- gebiet eine bestmögliche Abflussleistung erzielen. Der beste Hochwasser- schutz ist, wo möglich, eine Nutzung des abflusswirksamen Bereiches als Grünland.

4.2 Maßnahmen innerorts

Eine naturnahe Ausbauweise ist aufgrund der beengten Verhältnisse in der Ortslage vorerst nur eingeschränkt möglich. Im Vordergrund stand die Ent- wicklung von zweckmäßigen, natürlichen Querschnitten, die den hydraulisch notwendigen Mindestquerschnitt aufweisen und im Platzbedarf in etwa den gegebenen Räumlichkeiten entsprechen. Auch mit solchen technisch beding- ten Minimalquerschnitten ist eine Gestaltung möglich, die optisch befriedigt und der Gewässerfauna Lebensraum bietet.

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Abbildung 9: Beispiel Gewässer in Ortslage, DVWK Merkblatt 240

Das Planungsziel dieser Maßnahme ist in der Ortslage eine Erhöhung der ökologischen Attraktivität, eine gut gestaltete Sanierung der Ufermauern und die Verbesserung der heutigen Abflussleistung.

Abbildung 10: Beispiel Sanierung Uferbefestigung Abelbach (Sönnichsen&Partner)

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Die Aspekte einer naturnahen Ausbauweise in der Ortslage werden zwar be- rücksichtigt, doch aufgrund der beengten Verhältnisse in der Ortslage lässt sich dieses Ziel nur eingeschränkt erreichen.

4.2.1 Schutzziel

Hochwasserschutzmaßnahmen in besiedelten Gebieten sollten auf ein hun- dertjährliches Hochwasserereignis ausgelegt werden. Bei der Umgestaltung des Ellerbaches werden alle Maßnahmen an diesem Schutzziel ausgerichtet.

Für dieses Ereignis wird von der Bezirksregierung Detmold ein Abfluss von 31,0 m³/s angegeben. Die Leistungsfähigkeit des bestehenden Gewässers liegt mit 7,7 m³/s deutlich darunter. Sie entspricht einer Wiederkehrhäufig-

keit eines HQ5-10. An einzelnen Engstellen ist die Profilleistung noch geringer.

Die Folge ist bei einem hundertjährlichen Hochwasser eine gravierende Aus- uferung des Ellerbaches mit erheblichen Schäden an Wohnhäusern, Wirt- schaftsgebäuden und der Infrastruktur von geschätzten rd. 3.651.000 € - siehe Kap. 6.6 und Anlage 13. Diese Aufwendungen sind im Gegensatz zu der entstehenden Gefahr, die der Ellerbach durch die hohe Fließgeschwin- digkeit mit sich bringt, gering einzustufen, da die Gefahr von Leib und Leben ein nicht zu ersetzendes Gut ist!

4.2.2 Grundsätzliche Maßnahmen

Die Gewässerunterhaltung in Ortslagen dient dem Hochwasserschutz. Bei der Unterhaltung des Gewässers muss ein Kompromiss zwischen dem An- spruch der naturnahen Gewässerentwicklung und dem Hochwasserschutz in der Ortslage gefunden werden.

Der Fließquerschnitt ist in sensiblen Hochwasserabschnitten von starkem Be- wuchs freizuhalten, so dass das Leistungsvermögen des Querschnittes erhal- ten bleibt - siehe Abbildung 11. Hierbei ist nach Fertigstellung der Maßnah- men ein Unterhaltungsplan erforderlich. In diesem wird festgelegt in welchen

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Abschnitten wie viel Bewuchs zulässig ist. Ein Beispiel eines aus Hochwasser- sicht ausreichenden Unterhaltungszustandes ist in Abbildung 12 dargestellt.

Abbildung 11: Ellerbach in Schwaney; Unterhaltungszustand nach Vorgabe des

Unterhaltungsplans

Einzelbäume sind nicht als abflusshindernd zu bewerten, es tritt eine ver- nachlässigbar geringe Wasserstandserhöhung auf. Bepflanzungen mit Ein- zelbäumen haben zudem den Vorteil, dass durch ihre Beschattung langfristig eine Verkrautung des Gewässers gemindert wird - siehe Abbildung 12.

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Abbildung 12: Wasserspiegeldifferenz durch Bewuchs (schematisch)

Weil das Vorland unterhalb Dahls wesentlichen Einfluss bis in die Ortslage hat, darf auch hier kein riegelartiger Gehölzbewuchs zugelassen werden.

4.2.3 Bauliche Maßnahmen: Abschnitt II – Ellerstraße – K38

Am Ortseingang Dahl (Profil 16900) wird die Kreisstraße (Ellerstraße) zusätz- lich zum Gewässerprofil als Hochwasserabflussquerschnitt genutzt. Im linken Vorland oberhalb des Profils wird eine Verwallung errichtet, die ein Abströ- men in angrenzende Bebauung verhindert - siehe Abbildung 13 und Anlage 3.6. Zwischen der Verwallung und dem angrenzenden Gebäude ist eine 6 m breite Scharte vorgesehen, die im Hochwasserfall mit Dammbalken ver- schlossen wird.

Die bestehende Furt aus Beton und Asphalt wird abgebrochen und aus Na- turstein neu hergestellt.

Abbildung 13: Maßnahmen im Bereich Ortseingang Dahl

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Damit im weiteren Verlauf ein hundertjährliches Hochwasser vom Ellerbach abgeführt werden kann, ist ein Profil mit einem Abflussquerschnitt von rund 15 m² erforderlich. Die Herstellung eines solchen Profils würde massiv in den Straßenraum und die Bebauung eingreifen und ist somit weder wirtschaftlich, noch ist mit der Zustimmung der Beteiligten zu rechnen. Um dennoch einen Hochwasserschutz zu erreichen, der gemeinschaftlich erstellt wird und nicht als Objektschutz dem Einzelnen überlassen bleibt, ist für den Abschnitt II (El- lerstraße) eine Kombination des Gewässers und des Straßenkörpers als Ab- flussquerschnitt vorgesehen. Das bestehende Gerinne wird dabei gewässer- ökologisch und im Hinblick auf das Dorfbild saniert, aber in seiner bestehen- den Geometrie größtenteils nicht verändert. Hochwasser, deren Abflüsse das Leistungsvermögen der sanierten Strecke übersteigen, fließen schadlos auf der K38 (Ellerstraße) ab, die zu diesem Zweck als Korridor umgebaut wird - siehe Abbildung 14.

Abbildung 14: Regelprofil Abschnitt Ellerstraße

Um das Wasser auf der Ellerstraße zu halten, wird entlang der gesamten Strecke auf einem Abschnitt von rd. 300 m beidseits des Gewässers eine Hochwasserschutzmauer in Höhe von max. 1,3 m (inkl. 0,30 m Freibord) er- richtet. Die Mauer verläuft in Fließrichtung links direkt am Ellerbach und rechts entlang der Ellerstraße - siehe Abbildung 15 sowie Anlagen 3 und 5.

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Abbildung 15: Ausschnitt Maßnahmen im Bereich Ellerstraße

Die Mauern werden nach den Mindesthöhen errichtet, Höhendifferenzen werden abgetreppt. Straßeneinmündungen und Grundstückseinfahrten wer- den mit mobilen Elementen in Form von Dammbalken geschlossen - siehe Abbildung 16 und Anlage 3.

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Abbildung 16: Dammbalkenverschluss Overhagen/Gieseler

(Quelle: Sönnichsen&Partner)

Die Öffnungen werden auf ein Rastermaß von 3 m bemessen (kleinere Grundstückszufahrten und Hauseingänge 3 m, große Zufahrten 6 m (2 x 3 m) oder 9 m (3 x 3 m)). Damit wird im Einsatzfall der Aufwand reduziert, da

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die Dammbalken nicht erst noch sortiert werden müssen. Spezielle Aufbe- wahrungsboxen für die Dammbalken sind an den jeweiligen Einsatzorten vorgesehen. Damit werden die zeitlichen Faktoren „beladen, transportieren und verteilen“ verkürzt. Ausnahme bildet der Verschluss der Straße Ellerwin- kel. Diese weist zwischen den beiden Bestandsgebäuden Ellerstraße 13 und Ellerstraße 15 eine Breite von nur 5,5 m auf. Hierfür ist ein Sondermaß er- forderlich, dass von dem o.g. 3m-Maß abweicht (s. Anlage 3.5). Die Damm- balken werden in Aufbewahrungsboxen gelagert. Diese werden an der Luft- seite der Hochwasserschutzmauer, unmittelbar neben den Öffnungen, be- festigt und sind abschließbar. Der Aufbau der Dammbalken erfolgt durch die Feuerwehr bzw. die Stadt Paderborn (Amt 67). In Ausnahmefällen erhalten die Anwohner ebenfalls einen Schlüssel für die Aufbewahrungsboxen, um im Notfall selbstständig agieren zu können.

Um die Länge der aufgehenden Hochwasserschutzmauern und damit Kosten einzusparen werden im gesamten Stadtdurchgang - wo möglich - Gebäude in die Sicherheitslinie integriert, die somit einen Teil von ihr darstellen. Bei einigen dieser Gebäude sind die vorhandenen Türöffnungen ebenfalls mit Dammbalken zu verschließen. Hierzu sind aufgrund der Vielfalt Sondermaße erforderlich (von 1 m bis – 4 m; s. Anlage 3.1-3.6).

Durch die o. g. vorhandenen Öffnungen in der Hochwasserschutzmauer (Straßeneinmündungen und Grundstückseinfahrten) kommt es – außer im Hochwasserfall –zu keiner Veränderung der Binnenentwässerung im Ver- gleich zur Bestandssituation.

Die Hochwasserschutzmauern werden von mehreren Einleitungen in den El- lerbach gekreuzt. Zudem verläuft in der Ellerstraße ein Abwasserkanal, in den die angrenzenden Grundstücke entwässern. Diese Querungen sowie der Kanal werden durch Sicherungsmaßnahmen in Form von Rückstauklappen, Schiebern oder tagwasserdichten Schachtdeckeln geschlossen.

An der Brücke Schlotmannstraße (Profil 16535) endet der Abschnitt II, in dem ein Teil des Hochwasserabflusses über die Straße erfolgt. Hier wird das Eller-

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bachprofil im Bereich der Gartengrundstücke oberhalb der Brücke Schlot- mannstraße linksseitig aufgeweitet - siehe Anlage 3.4, um den gesamten Hochwasserabfluss wieder aufzunehmen. Des Weiteren beginnt an Profil 16+634 die Sohlvertiefung, die sich im unteren Verlauf bis zum Ortsausgang erstreckt. Die Rückführung des Wassers von der Ellerstraße in das Gerinne ermöglichen offene Brüstungselemente. Die auf der Ellerstraße verbleiben- den Restwassermengen stellen für die angrenzenden Häuser keine Gefähr- dung dar, die Einlaufhöhen der Gebäude liegen über dem berechneten Was- serspiegel. Die Sicherheitslinie in Form der rechtsseitigen Hochwasserschutz- mauer läuft auf Höhe des Spielplatzes aus (Profil 16595).

Die Hochwasserschutzmauern werden aus Natursteinen mit gesägter Kappe erstellt. Die vorhandenen Ufer- und aufgehenden Mauern werden soweit möglich saniert und in die neuen Sicherheitslinien integriert. Das momentan vorhandene Geländer auf dem rechten Ufer des Ellerbaches entlang der El- lerstraße wird auf gesamter Länge durch eine Natursteinmauer mit offenen Brüstungselementen ersetzt - siehe Anlage 3.4 - 3.6.

4.2.3.1 Brücke Klünersweg

Die Brücke „Klünersweg“ wird als Verkehrswegebrücke in ihrer Funktion er- halten bleiben. Da die Brücke sehr sanierungsbedürftig ist, wird sie im Vor- feld vom Brückenbauamt Paderborn neu errichtet. Dabei werden die notwen- digen Anschlüsse an die geplanten Hochwasserschutzmauern sowie mobilen Elemente berücksichtigt.

4.2.3.2 Brücke Kirchentwiete

Die bestehende Verkehrswegebrücke „Kirchentwiete“ wird, wie in der Pla- nung von 2007, nicht für den Fahrzeugverkehr aufrechterhalten. Sie wird durch eine 3 m breite Fuß- und Radwegebrücke aus Stahl ersetzt - siehe An- lagen 3.5 und 6.4.

An der Kirchentwiete wird nicht nur für das landwirtschaftliche Anwesen son- dern auch wegen Müllabfuhr, Feuerwehr und der Allgemeinheit durch des Wegfalls der Straßenbrücke ein Wendemöglichkeit „Wendehammer“ vorge- halten. - siehe Anlage 3.5.

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4.2.3.3 Binnenentwässerung Schluchtenweg

Zum Thema Binnenentwässerung erfolgte eine separate Untersuchung auf Basis des vorliegenden N-A-Modells (Kurzbericht – Bestimmung von Abfluss- ganglinien für die Binnenentwässerung in Dahl/Ellerbach und Neuenbe- ken/Beke - siehe Anhang III). Die Untersuchung ergibt, dass die höchsten Abflüsse aus den binnenseitigen Einzugsgebieten „Klünersweg“ und „Brede“ bei einem einstündigen Niederschlagsereignis im Sommer auftreten - siehe Anlage 2.2. Bei diesem Ereignis erfolgt auch die Abflusskonzentration im El- lerbach schnell, so dass es zu einer Überlagerung des bordvollen Abflusses des Ellerbaches mit den Scheitelabflüssen der binnenseitigen Einzugsgebiete kommt. Die höchsten Abflüsse liegen bei 0,198 m³/s (Brede) bzw. 0,098 m³/s (Klünersweg). Der Scheitel der Binnenzuflüsse wird zwei bis zwei- einhalb Stunden nach dem Niederschlagsbeginn erreicht. Eine Stunde spä- ter, also nach rund dreieinhalb Stunden, beginnt der ausufernde Ellerbach die Vorflut zu verhindern. Um den Binnenabfluss der angrenzenden Flächen im Hochwasserfall bei geschlossenen Dammbalken zu gewährleisten, sind an Geländetiefpunkten Schöpfpumpen vorgesehen. Der Einsatzort der Pum- pen liegt an den der Ellerstraße zulaufenden Wegen Kirchentwiete, Ellerwin- kel und Klünersweg. Zusammen mit dem Aufbau der Dammbalken werden an diesen Stellen transportable Pumpen aufgestellt, die das sich sammelnde Wasser über die Sicherheitslinie pumpen. Das Aufstellen und Betreiben der Pumpen erfolgt durch die Feuerwehr.

Sönnichen&Partner war im Zuge der Neuaufstellung der Antragsunterlagen am Schluchtweg vor Ort, um zu prüfen, ob sich das Einzugsgebiet (EZG) Brede mit 0,155 km² verkleinern lässt und somit die Situation des anfallen- den Niederschlagswassers binnenseitig zu entschärfen. Die einzige Stelle, die das westliche EZG rechtseitig des Ellerbachs beschickt, ist die Brede mit ihrer Anbindung am Schluchtweg - siehe Anlage 2.2 grüne Markierung. Hier wurden drei Querprofile vermessen und anschließend ausgewertet - siehe Anlage 2.2. Das Ergebnis zeigt, dass das Einzugsgebiet nicht verkleinert wer- den kann, da der Straßenquerschnitt des Schluchtweges den Abfluss des an- fallenden Niederschlagswassers nicht fassen kann. Der maximale Abfluss von 0,198 m³/s aus dem Kurzbericht – Bestimmung von Abflussganglinien

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für die Binnenentwässerung in Dahl/Ellerbach und Neuenbeken/Beke ange- setzt wird, überflutet demzufolge die Straße inklusive des Gehwegs komplett und strömt auch in die Brede ab - siehe Anhang III. Zur Sicherstellung aller erforderlichen Maßnahmen im Hochwasserfall wird durch den Antragssteller nach Fertigstellung der Maßnahme ein Betriebsplan aufgestellt. Dieser Be- triebsplan enthält neben einem Hochwasser Alarm- und Einsatzplan auch eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Maßnahmenbestandteile, deren Funktionen und Unterhaltungsvorschriften. Ein vorläufiger Hochwasser Alarm- und Einsatzplan für die Koordination aller Einsatzkräfte ist als Anhang II beigefügt.

4.2.4 Bauliche Maßnahmen: Abschnitt III – Tiefer Weg

Im Verlauf des Tiefen Wegs - Abschnitt III - ist eine komplette Neugestaltung vorgesehen. Eine Profilvergrößerung wird in Form einer Sohlvertiefung zu- sammen mit einer befahrbaren Berme entlang des Tiefen Wegs erreicht - siehe Abbildung 17 und Anlage 5.

Rechtsseitig des Tiefen Weges sind Hochwasserschutzmauern aus Naturstei- nen geplant. Diese werden in zwei Arten unterschieden:

❑ freistehende Mauern mit gesägter Kappe

❑ nicht freistehende Mauern mit gesägter Kappe (binnenseitig mit Boden verfüllt)

Auf der linken Seite des Ellerbaches entstehen neue HW-Schutzmauern aus Stahlbeton mit Natursteinverblendung.

Für die Abfangung des Tiefen Weges hin zum Ellerbach sind ebenfalls HW- Schutzmauern aus Natursteinverblendung vorgesehen. Bei den HW-Schutz- mauern werden bei Absturzhöhen > 0,90 m entsprechend Brüstungen/Ge- länder installiert.

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Abbildung 17: Regelprofil Abschnitt Tiefer Weg

Auf Flurstück 694 wird ein angrenzendes Gebäude am Tiefen Weg abgeris- sen. Die benachbarten Garagen (eine Doppelgarage Flurstücke 693 und eine normale Garage Flurstück 694) werden ebenfalls abgerissen. Für den Neubau dieser Garagen sind zwei Doppelgarargen geplant. Um die Zufahrt in die Garagen zu gewährleisten müssen diese vom Tiefen Weg einen Ab- stand von mindestens 8,5 m aufweisen, um eine maximal zulässige Steigung von 15% nicht zu überschreiten. Eine Durchfahrt von der Schlotmannstraße ist nicht mehr möglich. Hier wird eine Wegeverbindung für Fußgänger und Radfahrer ermöglicht. Entlang der rechten Uferkante werden Bäume ange- pflanzt - siehe Abbildung 18 und Anlage 3.4.

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Abbildung 18: Ausschnitt Maßnahmen Tiefer Weg

Durch die Absenkung des Tiefen Weges sind Hofeinfahrten oder Garagen- zufahrten umzugestalten - siehe Anlagen 3.3 und 3.4.

Auf der gesamten Strecke des Ortsdurchgangs wird die betonierte Sohle auf- gebrochen und entfernt. Ziel ist es, eine durchgehende, natürliche Kalkschot- tersohle des Ellerbaches zu schaffen. Durch diese Maßnahme wird die natür- liche Wechselwirkung zwischen Wasser und Boden gefördert. Diese natürli- chen Vorgänge dienen dem Gewässer sowie dem Boden und den darin le- benden Pflanzen und Tieren. Durch die nur kurzzeitige Bildung von Restwas- serflächen nach Niederschlagsereignissen in Zeiten des natürlichen Trocken- fallens des Ellerbaches (Karstgewässer) sind keine unzumutbaren Geruchs- belästigungen oder Belästigungen durch Ungeziefer zu erwarten.

4.2.4.1 Zufahrt Zum Deich

Zur Gewährleistung der ungehinderten Zufahrt zum Flurstück 1284 wird ein durchgehend 4,0 m breiter Fahrweg hergestellt. Zur Ellerbachseite hin schließen Böschungen an, zur Grundstückseite ist eine Sicherheitslinie erfor- derlich, da das Grundstücksniveau nicht hochwasserfrei liegt. Diese Sicher- heitslinie wird aus einer neuen, ortstypischen Natursteinmauer und dem

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Mauerwerk des Geräteschuppens gebildet. Für die Einfahrt mit langen Fahr- zeugen oder Gelenkzügen wird der Einfahrtsbereich zurückverlegt, so dass größere Kurvenradien entstehen. Als freie Öffnung wird eine Breite von 6 m vorgesehen, die an das Rastermaß der Öffnungen in der Sicherheitslinie El- lerstraße angepasst ist – siehe Kapitel 4.2.3. Zur schnellen Erreichbarkeit werden die Dammbalken neben der Öffnung gelagert. Um anfallendes Oberflächenwasser bei geschlossenen Dammbalken abführen zu können, erhält der Eigentümer eine mobile Pumpe, die er selbstständig einsetzt.

Derzeit ist die Hofstelle mit einer Natursteinmauer abgegrenzt. Im Bereich des großen Carports bildet der Neubau die Rückwand, die Dachkonstruktion stützt sich künftig auf die Mauer. Dadurch wird der nötige Raum gewonnen. Der Schuppen wird versetzt, weil er in der neuen Mauertrasse liegt. Im wei- teren Verlauf wird der Geräteschuppen um 3 m verkürzt. Seine Außenwand bildet im Verbund mit der Hofmauer die Sicherheitslinie.

4.2.4.2 Brücke Schlotmannstraße

Die Brücke „Schlotmannstraße“ wird auf Empfehlung des Brückenbauamtes Paderborn in der Neufassung 2018 neu errichtet. Die Planung von 2007 sah eine Unterfangung der Brücke auf der rechten und der linken Seite vor. Das Unterfangen von Brücken entspricht heute nicht mehr dem Stand der Tech- nik. Aus diesem Grund wird die Brücke neu errichtet.

Für die geplante Brücke „Schlotmannstraße“ werden die Abmessungen (LW, LH, KOK und KUK) der jetzt bestehenden Brücke verwendet - siehe Anlage 3.4 und 6.3.

4.2.4.3 Brücke Ellersteg

Die Brücke Ellersteg soll ihre jetzige Funktion behalten, muss jedoch auf 6 m lichte Breite vergrößert werden. Die Straßengradiente wird hier auf 218,19 NHN (m) angehoben, damit kann die Konstruktionsunterkante des neuen Bauwerks auf 217,50 NHN (m) erhöht werden. Durch die Höherle- gung der Brücke und den Straßenanschluss wird eine Natursteinmauer am Flurstück 803 temporär aufgenommen und nach Fertigstellung wiederher-

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gestellt. Zur Sicherstellung der Oberflächenwasserableitung erfolgt die Ent- wässerung über einen Regenablauf in Höhe der Einfahrt des Flurstückes 803 - siehe Anlage 3.3. Die Ableitung erfolgt in den Ellerbach und wird durch eine Rückstauklappe gesichert. Ein Schöpfen ist nicht erforderlich, da das Wasser bei Erreichen der Höchstwasserstände bei 217,81 NHN (m) ansteht, keine Gebäude gefährdet und mit sinkenden Ellerbachwasserständen ab- fließt. Im Zuge der vorgesehenen Straßenaufhöhung wird ebenfalls der an- grenzende Parkplatz (Flurstück 801) aufgehöht. Die Entwässerung der Park- plätze erfolgt über ein Quergefälle zum oben beschriebenen Straßeneinlauf.

4.2.4.4 Brücke „Zum Deich“

Um den Hochwasserabfluss von 31 m³/s durch die Brücke „Zum Deich“ zu gewährleisten, ist es notwendig die Brücke neu herzustellen. In dem Zuge wird oberhalb der Brücke das Profil aufgeweitet, da der komplette Abfluss durch diese Engstelle geleitet werden muss - siehe Anlage 8. Entsprechend der Türschwelle des benachbarten Hauses Nr. 15 kann die KOK höchstens auf ein Niveau von 217,65 NHN (m) angeordnet werden. Die vorgesehene Brückenplatte mit einer Dicke von 55 cm taucht somit nicht ins Wasser ein

(KUK 217,09; HW100 217,05) - siehe Anlage 6.1. Ein Freibord ist hier, wie beim „Ellersteg“ und der Brücke „Schlotmannstraße“, nicht realisierbar. Die Fahrbahnanschlüsse rechts- und linkseitig sind dementsprechend auf dem Niveau der Brückenoberfläche anzuschließen. Rechtsseitig ergibt sich daraus eine Aufhöhung bis an die Wegegabelung Tiefer Weg/ Neue Reihe. Eben- falls entsteht eine längere Rampe in den Tiefen Weg, entlang des Flurstücks 1090.

Für die Aufrechterhaltung der Zuwegung ist die bestehende Anliegerstraße mit einer effektiven Breite inkl. 50 cm Schwergewichtsmauer in Richtung El- lerbach von 4,00 m geplant. Die momentan vorhandene Mauer, die als Grenzlinie und Stützmauer fungiert ist, wird abgerissen.

Die Höhenkote von 217,60 NHN (m) an dem Geräteschuppen (Flurstück 533) stellt die benötigte Planungshöhe da und ist für die Angleichung der

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Höhenverhältnisse maßgebend! Die Straßenanpassung ist bis zur Garagen- öffnung (Einlaufhöhe 217,581 NHN (m)) zu realisieren. Die gesamte Fläche der Parkplätze auf den Flurstücken 532 und 533 wird höhentechnisch und den erforderlichen Neigungen an die neue Straßenhöhe angeglichen. Eine Abgrenzung mittels Geländer zum Ellerbach wird an die Außenseite, hin zum Ellerbach, montiert. Eine neue Winkelstützmauer wird als optische Abtren- nung der Grundstücksgrenzen (Flurstück 532 u. 533) zur Fahrbahn hin mit einer Breite von 0,25 m angeordnet - siehe Anlage 3.2.

Mit der Fließrichtung wird die Fahrfläche linksseitig unterhalb der Brücke „Zum Deich“ rampenartig auf ein Niveau von 216,53 NHN (m) abgesenkt - siehe Anlage 3.2. Es bildet sich eine Art Wanne entlang des Flurstückes 1232 (Zufahrtsstraße) aus. Die Wannenausführung endet bei Profil 16228 mit ei- nem Niveau von 217,20 NHN (m) und schließt an die bestehende Fahrbahn- fläche an.

4.2.4.5 Unterfangungen

Angrenzende Gebäude sind aufgrund der Absenkung des Weges und des Vertiefens der Sohle zu unterfangen. Es sind fünf betroffene Gebäude zu un- terfangen. Diese liegen auf den Flurstücken 787, 790, 693, 731 und 914 und sind in den Anlage 3.4 und 3.3 gekennzeichnet.

4.2.4.6 Schmutzwasserkanal

Alle Schächte auf dem Tiefen Weg sind auf die erforderliche Planungshöhe anzupassen. Unterhalb der Brücke „Schlotmannstraße“ wird ein Absturz- schacht hergestellt, um eine Dükerung in diesem Bereich zu vermeiden. Der Schmutzwasserkanal wird im Tiefen Weg erneuert und größer dimensioniert (DN300). Wegen der Sohlvertiefung ist zudem der Schmutzwasserkanal DN300, der oberhalb der Brücke „Zum Deich“ das Gewässer quert, zu dü- kern.

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4.3 Retentionsraumausgleich

Die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen bewirken den Schutz von Be- bauung. Das natürliche Überschwemmungsgebiet ist in Anlage 2 dargestellt. Die Ortslage Dahl ist über 1.000 Jahre gewachsenen und stellt somit einen ungeplanten Retentionsraum dar.

Gemäß § 77 WHG (2010) sind Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als Rückhalteräume zu erhalten oder es sind Ausgleichsmaßnahmen zu tref- fen, falls das Wohl der Allgemeinheit dem Erhalt entgegensteht.

Die Bilanzierung des „Retentionsvolumens“ ist nur überschläglich möglich.

Eine Verschneidung des DGM mit den Wasserspiegellagen HW100 ergibt ei- nen Retentionsraumverlust von 18.000 m³.

Der geplante Gewässerausbau schafft durch eine Vergrößerung des Abfluss- querschnittes innerhalb des Gerinnes Rückhaltevolumen.

Nach Auffassung des Antragstellers bezieht sich der Gesetzgeber mit dem einschlägigen § 77 WHG auf die großflächigen und schützenswerten Vorlän- der und Auenbereiche, deren Flutung eine Dämpfung des Abflussscheitels und damit des Hochwasserscheitels bewirken können. Diese Wirkung kann

das vorhandene „Rückhaltevolumen Dahl“ nicht entfalten: Bei einem HQ100 von 31 m³/s füllen sich 18.000 m³ Retentionsraum in knapp 10 Minuten. Von

dem überschläglichen Gesamtabflussvolumen (AEo 49 km², Neff ~40 mm) von 1.960.000 m³ können lediglich 0,9 % gepuffert werden. Eine zeitliche Verzö- gerung ist daher vernachlässigbar gering. Diese Beobachtung wurde auch bei abfließenden Hochwässern gemacht, bei denen das Wasser durch die Ortslage „floss“ und nicht „zurückgehalten“ worden ist.

Inwieweit sich nach der Umgestaltung ein höherer Abfluss als 31 m³/s ein- stellt, könnte nur die Nachbildung in einem kleinräumigen N-A-Modell auf- zeigen. Da die Abflussbildung in erster Linie im oberhalb liegenden Einzugs- gebiet stattfindet und das Untersuchungsgebiet keine relevanten Flächenan- teile liefert, dürfte sich eine Erhöhung des Abflusses im Literbereich bewegen.

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Zwischen den nächsten Anliegern im Unterwasser der Ortslage Dahl und dem Hochwasserrückhaltebecken Borchen sind keine Anlieger mehr vorhan- den, die von einer potenziellen Änderung des Abflussscheitels betroffen wä- ren. Durch das Becken werden solche Änderungen ausgeglichen, so dass auch für den weiteren Verlauf keine Verschlechterungen hervorgerufen wer- den.

Im weiteren Verlauf durchfließt der Ellerbach bis zur nächsten Bebauung „Haxtergrund“ eine ausgeprägte Tallage. Hier steht ein Vielfaches des "Re- tentionsvolumens" von Dahl zur Verfügung, die W-Q-Beziehung ist ebenfalls sehr flach. Eine eventuelle Abflussverschärfung aufgrund der Maßnahme in Dahl wird spätestens auf dem Weg dorthin abgebaut, "die Welle wird gebro- chen".

Nach Auffassung des Antragstellers sind deswegen weitere Maßnahmen zur Retentionsraumschaffung nicht erforderlich. Hierzu gab es im Vorfeld einige Abstimmungstermine.

4.4 Versorgungsleitungen/Flächenbedarf

Lagepläne über bestehende Versorgungsleitungen wie Gas, Wasser, Abwas- ser, Strom, Telekom, ISH wurden von den entsprechenden Versorgungsträ- gern angefordert und zusammengestellt.

In den Lageplänen - siehe Anlagen 9.1-9.3 wurden die Leitungen in Maß- nahmennähe dargestellt. Zu verlegende Leitungen sind markiert. Kreuzende Leitungen sind bei Erfordernis im Zuge der Maßnahme zu verlegen, bzw. zu dükern. Eine Umplanung der Maßnahme aufgrund von Versorgungsleitun- gen ist nicht notwendig.

Die Katasterpläne, Anlage 10, beschreiben die Eigentumsverhältnisse für die betroffenen Flächen und geben die Größe des entsprechenden Grundbe- darfs parzellenscharf wieder. Des Weiteren ist der erforderliche Grunder- werb, der zum Umsetzen der Maßnahme notwendig ist, in Anlage 10 darge- stellt.

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4.5 Hochwasser Alarm- und Einsatzplan

Zweck dieses Hochwasser Alarm- und Einsatzplanes ist die gezielte Koordi- nation aller Einsatzkräfte bei Hochwasser des Ellerbaches im Ortsteil Dahl. Der Plan befindet sich in diesem Stadium noch in der Entwurfsphase und dient als Abstimmungsgrundlage der Beteiligten.

Mit Fertigstellung der Maßnahme ist durch den Maßnahmenträger geplant, ein Betriebsbuch aufzustellen, welches neben diesem Einsatzplan auch eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Maßnahmenbestandteile, deren Funktionen und Unterhaltungsvorschriften enthält. Des Weiteren ist nach Fertigstellung durch den Maßnahmenträger eine jährliche Überprüfung vor- gesehen. Eine entsprechende Checkliste wird im Zusammenhang mit der Er- stellung eines Betriebsbuches erarbeitet.

Der Einsatzplan bezieht sich nur auf die Maßnahmen im Hochwasserfall. Re- gelmäßig notwendige Unterhaltungsmaßnahmen am Gewässer bleiben hiervon unberührt und obliegen weiterhin dem Wasserverband Obere Lippe (WOL) als Unterhaltungspflichtigem - siehe Anhang II.

4.6 Kosten

Für diese Neufassung wurde die Kostenberechnung nach der DIN 276-1 neu aufgestellt. Die Kostenberechnung beinhaltet alle Positionen des Planungs- standes von 2007 zuzüglich der Kosten aller Ergänzungen sowie die neuen Brückenkonstruktionen und Einwendungen der Bürger.

Die Kostenberechnung ist unter Berücksichtigung der entstandenen Kosten bei den Ausführungen der vergleichbaren Baumaßnahmen Eller- bach/Schwaney und Beke/Neuenbeken erarbeitet worden.

Anhang I umfasst die Kostenberechnung der Planung. Es handelt sich um eine Bruttokostenzusammenstellung einschließlich der Baunebenkosten. Die gesamten Kosten belaufen sich demnach auf

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5.600.000,- €.

Davon können bis zu 80 % durch Zuwendungen des Landes finanziert wer- den.

4.7 Umsetzung

Seit dem planerischen Auftakt in 2003 ist viel Zeit ohne konkrete Fortschritte vergangen. Um das überfällige Vorhaben umzusetzen, wird folgender Fort- gang angestrebt:

❑ 2019 Planfeststellung

❑ 2020 Grunderwerb und Ausführungsplanung/Ausschreibung

❑ 2021 1. BA Abschnitt II Ellerstraße – K38 oder Abschnitt III Tiefer Weg

❑ 2022 2. BA Abschnitt II Ellerstraße – K38 oder Abschnitt III Tiefer Weg

❑ 2023 3. BA Abschnitt I Freilandstrecke oberhalb Dahl

❑ 2024 4. BA Freilandstrecke unterhalb Dahl

Derzeit ist auf Grund der allgemein guten wirtschaftlichen Lage mit der höchstmöglichen Zuwendung von 80 % durch das Land zu rechnen und die Haushaltslage der Beteiligten stellt sich positiv dar. Daher wird eine zügige Abarbeitung angestrebt.

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5 Alternativen

5.1 Null-Variante

Die Null-Variante ist keine echte Alternative, sie dient zur Darlegung des Handlungsbedarfes. Eine Unterlassung des Vorhabens belässt in der Orts- lage Dahl eine erhebliche Hochwassergefährdung - siehe Kapitel 3.3 und Kapitel 6.6. Wie das Hochwasser 1965 gezeigt hat, können beträchtliche Schäden entstehen, sogar Todesfälle eintreten. Auf Grund des starken Reliefs und der starken landwirtschaftlichen Nutzung des Einzugsgebietes konzent- rieren sich die Abflüsse schnell und durch das Gefälle in der Ortslage erreicht der Ellerbach bei extremen Ereignissen zerstörerische Kräfte. Diese Charak- tereigenschaft des oberen Lippeeinzugsgebiets hat nach der Katastrophe 1965 zur Gründung des Wasserverbandes Obere Lippe geführt. Zur Redu- zierung der Hochwassergefahr hat dieser ein System übergebietlich wirken- der Hochwasserrückhaltebecken errichtet. Die zufällige Lage Dahls oberhalb und damit außerhalb der Wirkung dieses Systems stellt ohne eine Schutz- maßnahme in Dahl dessen Bürger außen vor.

Außer der verbleibenden Hochwassergefährdung hinterlässt die Nullvariante einen ökologisch unhaltbaren Gewässerzustand aus innerörtlich betonierten Gewässerprofilen und außerörtlich begradigten, naturfernen Strecken - siehe Abbildung 19 und Abbildung 20.

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Abbildung 19: Betonierter Ellerbach am Tiefen Weg

Abbildung 20: Ellerbach unterhalb Dahl, Grabenprofil in landwirtschaftliche

Nutzflächen eingezwängt

Zusammenfassend ist die Situation der Nullvariante dadurch gekennzeich- net, dass zum Erreichen der Ziele der EG-WRRL als auch der HWRM-RL drin- gender Handlungsbedarf besteht.

5.2 Variante Hochwasserrückhaltung durch HRB

Eine zu Umbaumaßnahmen wirksame Alternative des Hochwasserschutzes ist die Rückhaltung in künstlichen Stauräumen in Form von Hochwasserrück- haltebecken (HRB). Aufgrund der erforderlichen Größenordnung des zurück- zuhaltenden Volumens sind Alternativen zur Hochwasserrückhaltung, wie die Bewaldung oder andere Bewirtschaftungsformen der landwirtschaftlichen Nutzflächen im Einzugsgebiet, nicht wirksam.

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Die Inanspruchnahme eines HRB in hydrologischen Systemen der Größen- ordnung des Ellerbaches geschieht durch Kurzzeitereignisse. Sie erfolgt in Zeiträumen von wenigen Stunden. Da bei derartigen Ereignissen auch flä- chendeckend mit Hochwasserproblemen zu rechnen ist (überspülte Straßen, geflutete Keller, unterbrochene Energieversorgung und Telekommunikation) kann eine besondere Betreuung eines solchen Beckens nicht unbedingt ge- währleistet werden. Das erfordert einfache, robuste und großzügig ausge- legte Bauwerke. Aufwendige Untergrundabdichtungen stellen bei dem an- stehenden Karstuntergrund besondere bautechnische Probleme dar. Daraus resultierend entsprechend teure und aufwendige Bauverfahren. Im vorlie- genden Fall ist für eine Regelabgabe in Höhe der bestehenden Abflussleis- tung von rund 8 m³/s mindestens eine Stauraumgröße von rund 1,70 Mio.

3 3 2 m erforderlich (bei einem Vspez. von 35.000 m /km , entsprechend einem Neff = 35,0 mm):

3 2 ❑ Verf. = 49 km² * 35.000 m /km

3 ❑ Verf. = 1.715.000 m

Wegen der Stauhöhe und der Stauraumgröße wäre ein HRB Dahl eine Tal- sperre gemäß § 75 LWG NRW (Stand August 2017). Talsperren unterliegen strengen technischen Vorschriften für den Bau, den Betrieb und die Unter- haltung. Sie stellen eine besondere Gefahr für die Unterlieger dar, die zwar beherrschbar ist, aber für die gesamte Lebensdauer der Anlage eine Erhal- tung der vollen Betriebssicherheit erfordert. Für jede Anlage ist ein Mindest- maß an Messeinrichtungen erforderlich; es ist ein Stauwärter zu bestellen, jährlich sind Sicherheitsberichte anzufertigen und der Betrieb ist ständig zu dokumentieren. Daher kommen HRB als technische Lösung für den Hoch- wasserschutz nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Es sind erfahrungsgemäß mindestens Baukosten in Höhe von 7 € je m³ Rück- halteraum anzusetzen.

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❑ Baukosten bei 7 €/m3 = 12.005.000 € [m3*€ /m3]

Vorausgesetzt es findet sich eine geeignete Sperrstelle unmittelbar oberhalb der Ortslage, ließe sich mit einer Variante Hochwasserrückhaltung das Hoch- wasserproblem Dahl elegant lösen. Dagegen stehen die unverhältnismäßi- gen Kosten und der Sachverhalt, dass an vielen Stellen der sanierungsbe- dürftigen Gewässerstrecke in der Ortslage noch weitere Kosten entstehen. Es wären in diesem Fall zwei Baustellen zu bedienen!

5.3 Variante Kombination HRB – Umgestaltung des Ellerbaches

In der Kombinationsvariante aus HRB und Gewässerausbau wird eine höhere Regelabgabe zu Grunde gelegt, die das zurückzuhaltende Volumen reduziert aber zusätzlich einen Ausbau der Schadstrecke erfordert. Neben dem Auf- wand für das HRB ist zusätzlich Aufwand für das Ertüchtigen der innerörtli- chen Gewässerstrecke nötig. Für beide Maßnahmen ist ein beträchtliches Maß an ohnehin auftretenden Kosten (Gemeinkosten) anzusetzen. Sie resul- tieren aus zwei verschiedenen Planungen, einem erweiterten Kreis an Be- troffenen, einem erweiterten Bereich an Naturschutzanforderungen und aus einem beträchtlichen Betrag an baulichen Gemeinkosten, die ohnehin auf- zuwenden sind. Für ein HRB ist grundsätzlich ein Absperrbauwerk zu errich- ten, dessen Kosten mit zunehmender Höhe nur unterproportional steigen. Ähnliches gilt für die Ausbaustrecke. Geringere Höhen der Schutzmauern o- der eine geringere Absenkungstiefe des „Tiefen Weges“ bieten im Verhältnis nur geringe Ersparnisse bei den Gesamtkosten.

Die Kombinationsvariante fällt auch mit reduzierter Stauraumgröße in das Landeswassergesetz NRW § 75 „Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken, Rückhaltebecken außerhalb von Gewässern“, da die Stauhöhe und die Stau- raumgröße die Definitionsgrenze überschreiten werden.

Zusätzlich zu der einmaligen Investition des Baus muss die Unterhaltung in Betracht gezogen werden. Zu der ohnehin notwendigen Unterhaltung der Gewässerstrecke ist zusätzlich das HRB mit dem oben beschriebenen erhöh- ten Aufwand zu unterhalten. Eine Kombination aus Hochwasserrückhalt und vermindertem Gewässerausbau ist daher die unwirtschaftlichste Variante.

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5.4 Lösungsvariante Umgestaltung des Ellerbaches

Eine vergleichbare Situation zu Dahl lag oberhalb im Ortsteil Schwaney der Gemeinde Altenbeken vor. Auch dieser Ortsteil war durch den Ellerbach und Nebengewässer hochwassergefährdet. Sowohl die Variante Hochwasser- rückhaltung, die hier vier Becken erfordert hätte, als auch eine Kombination aus Rückhaltung und reduziertem Gewässerausbau schieden wegen des Ein- griffs und den volkswirtschaftlich nicht leistbaren Kosten aus.

Mittlerweile ist in Schwaney die innerörtliche Gewässerumgestaltung mit den Zielen Hochwasserschutz und guter Gewässerzustand erfolgreich umgesetzt worden, 2016 wurde der 2. Bauabschnitt abgeschlossen. Außer dem Errei- chen der fachlichen Ziele hat das Vorhaben das Ortsbild positiv beeinflusst und wird von den Menschen sehr wertgeschätzt, was sich im Umgang mit dem Ellerbach vorteilhaft auswirkt.

Abbildung 21: Ausbau Schwaney/Ellerbach, 2. Bauabschnitt 2015

Aus den obigen Variantendarstellungen ist leicht ersichtlich, dass eine Um- gestaltung innerhalb der Ortslage Dahl, mit den flankierenden ökologischen

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Verbesserungen oberhalb und unterhalb, die Vorzugslösung ist. Beide alter- nativen Varianten sind volkswirtschaftlich nicht leistbar, beziehungsweise er- füllen nicht die gestellten Aufgaben (Variante Hochwasserrückhaltung).

Zur Maßnahme Schwaney unterscheidet sich das Vorhaben Dahl allerdings in den konkreten Lösungen. Das betrifft die Situation entlang der Kreisstraße Ellerstraße, die eine Sonderlösung darstellt, als auch die Absenkung des Tie- fen Weges im Anschluss. In diesem Bereich ist die ökologische Situation sehr naturfern und die unmittelbar angrenzende Bebauung stellt eine größere bautechnische Hürde dar.

Trotz des beträchtlichen finanziellen Aufwandes stellt die Lösungsvariante volkwirtschaftlich die günstigste Lösung dar. Das ergibt sich besonders dadurch, dass der Handlungsbedarf aus der EG-WRRL und der EG-HWRM- RL, sich gegenseitig positiv ergänzend, gemeinschaftlich gestillt werden kann und der auf Dauer zu leistende Unterhaltungsaufwand am geringsten ist.

Aus der Verfahrensgeschichte sind Widerstände durch Betroffene bekannt. Das ist gerade bei Maßnahmen zum Hochwasserschutz üblich. Sowohl Hoch- wasserschutz als auch ökologische Verbesserungen an Gewässern bedürfen des überwiegenden Einverständnisses der Betroffenen. Insofern ist deren In- formation zu den Varianten, aber insbesondere auch die Darlegung der Fol- gen eines Nichtzustandekommens der Maßnahme von Bedeutung. Dazu hat am 16.06.2015 auf Wunsch der Ortsvorsteherin eine Vor-Ort-Information über die Lösungsvariante stattgefunden. Weitere Termine sind vorgesehen.

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6 Schadenspotentialanalyse

6.1 Methodik der Schadensermittlung

Hochwasser können in dicht besiedelten Gebieten hohe volkswirtschaftliche Schäden hervorrufen. Für die Höhe der Schäden spielen neben der Sied- lungsdichte der betroffenen Gebiete und den Nutzungen auch die Flächen- größe des Überflutungsgebietes, die Einstautiefe und -dauer eine wesentli- che Rolle, die wiederum abhängig von der Auftretenswahrscheinlichkeit des Hochwassers sind.

Für eine monetäre Bewertung von Hochwasserschutzmaßnahmen muss die Höhe der durch die Maßnahmen vermeidbaren Schäden bekannt sein. Hierzu dient der bis zu einer bestimmten Jährlichkeit auftretende ermittelte Schaden.

Die Schadenserhebung umfasst für die Situation in Dahl die Berechnung von Sachschäden an den betroffenen Gebäuden (privat genutzte und öffentli- che). Die betroffene Infrastruktur wird über die Folgekosten - siehe Kapitel 6.5 - berücksichtigt.

Zur Ermittlung der hochwassergefährdeten Objekte wird ein objektbezoge- nes („mikroskaliges“) Verfahren auf Grundlage einzelner Objekte angewen- det. Dabei werden für die gefährdeten Objekte Vermögenswerte ermittelt. Die auftretenden Schäden machen in Abhängigkeit von der Einstauhöhe ei- nen bestimmten prozentualen Anteil am Wert aus. Der maximal erreichbare Schaden entspricht dem jeweiligen Vermögenswert.

6.2 Objekterfassung und Zuweisung der Eigenschaften

Alle betroffenen Objekte werden durch digitale Verschneidung mit den Über-

schwemmungsflächen der Wiederkehrintervalle HW20, HW100 und EHQ er- mittelt - siehe Abbildung 22.

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Abbildung 22: Ausschnitt der betroffenen Objekte bei HW100 mit Nutzungsart

Die Objekte werden in folgende Klassen eingeteilt:

❑ Wohngebäude

❑ Garagen/Schuppen

❑ Gebäude für Wirtschaft oder Gewerbe

Anschließend werden die Wasserspiegellagen für die Wiederkehrintervalle

HQ20, HQ100, EHQ berechnet und den einzelnen Objekten zugeordnet.

6.3 Vermögenswerte

Für das Schadenspotenzial ist der monetäre Wert der vorhandenen Bebau- ung zu bestimmen. Dieser setzt sich aus dem Wert des Gebäudes und des Inventars zusammen.

Die verwendeten Vermögenswerte für Wohngebäude stammen aus dem ak- tuellen Grundstücksmarktbericht der Stadt Paderborn [Grundstücksmarktbe- richt 2017 für die Stadt Paderborn, Berichtszeitraum 2016, Stadt Paderborn].

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Die verwendeten Vermögenswerte für Garagen/Schuppen stammen aus dem aktuellen Grundstücksmarktbericht des Kreises Paderborn [Grund- stücksmarktbericht 2017 für den Kreis, Berichtszeitraum 2016, Kreis Pader- born].

Die Angaben für "Gebäude für Wirtschaft und Gewerbe" sowie "Gebäude für öffentliche Zwecke" sind gemittelte Werte aus folgenden Untersuchungen:

❑ Wie groß sind die Unsicherheiten bei der Schadenspotenzialermittlung infolge Überschwemmung? [Wasserwirtschaft, Heft 10, 2009]

❑ Programmsystem Kalypso [TU Hamburg-Harburg/Björnsen, Internetveröffentlichung 2009]

❑ Erläuterungen zur Erstellung und dem Umgang mit der Gefahrenhinweiskarte Weser [RiskEOS, April 2008]

❑ Hochwasser-Aktionsplan Emscher [Emschergenossenschaft, 2004]

❑ Hochwasser-Aktionsplan Werse [BR Münster, 2004]

Die verwendeten Vermögenswerte sind in Tabelle 3 dargestellt.

Tabelle 3: Vermögenswerte

Objektart Vermögenswert Einheit

Wohngebäude 1.173,00 Euro/m²

Garagen/Schuppen 485,00 Euro/m²

Gebäude für Wirtschaft und Gewerbe 1.600,00 Euro/m²

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6.4 Schadensberechnung

Die Schadensberechnung erfolgt mit sogenannten Schadensfunktionen in Abhängigkeit vom Wasserstand. Die Schäden werden dabei für die Jährlich-

keiten HQ20, HQ100 und EHQ berechnet. Das Schadensergebnis für jede Ob- jektart ist die Summe aus den Schäden der betroffenen Objekte.

Aus der beim Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft geführten Daten- bank HOWAS [LfW Bayern, o.J.] liegen Schadensfunktionen für verschiedene Haustypen vor - siehe Abbildung 23.

Abbildung 23: Schadensfunktionen von privaten Wohnhäusern nach HOWAS

Die HOWAS-Schadensfunktionen basieren auf einer Wurzelfunktion, bei der die Faktoren a und b, die die Steilheit der Kurve und damit die Höhe des Schadens bestimmen, variiert werden. Der Schaden ist über diese Wurzel- funktionen direkt abhängig vom Wasserstand. Der maximal erreichbare Schaden entspricht dem jeweiligen Vermögenswert multipliziert mit der da- zugehörigen Fläche. Für die Berechnungen wird die Schadensfunktion über die Faktoren a und b an die jeweiligen Nutzungen angepasst - siehe Abbil- dung 23 und Abbildung 24.

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70

Gebaeude fuer Wirtschaft oder Gewerbe 60 Wohngebäude

50 Garage/Schuppen

40 [%] 30

20 Vermögenswerte: Gebaeude fuer 10 Wirtschaft o. Gewerbe: 1.600 €/m² Wohngebäude: 1.173 €/m² Garage/Schuppen: 485 €/m² 0 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 [m]

Abbildung 24: verwendete Schadensfunktionen der einzelnen Objekte

Die Schadensfunktionen entsprechen weitestgehend den verwendeten Funk- tionen aus dem „Überregionalen Maßnahmenplan zum Schutz vor Hochwas- ser für die Mittelweser“ [Landkreis Nienburg, 2010]. Aufgrund aktueller Er- kenntnisse durch eine Bewertung von Einzelschäden in der Folge des Hoch- wassers vom August 2002 durch das Geoforschungs-Zentrum Potsdam und die Deutsche Rückversicherung Düsseldorf [„Hochwasserschäden“ Thie- ken/Seifert/Merz, 2010] wurden die Funktionen für Gebäude nach unten an- gepasst. Demnach wurde bei diesen Objekten ein Schadensanteil von 30 % bei Wassertiefen bis zu 1,5 m im Mittel nicht erreicht.

Bei den Objekten im vorliegenden Projekt ist die jeweilige Höhe des Erdge- schosses über dem Gelände nicht bekannt. Pauschal wird angenommen, dass ein Schaden erst ab einem Wasserstand von 0,15 m über Gelände ent- steht, um damit eventuell vorhandenen Türschwellen, Rampen oder Schutz- einrichtungen Rechnung zu tragen.

6.5 Schäden an Infrastruktur und Folgekosten

Eine finanzielle Bewertung möglicher auftretender Schäden im Bereich der Infrastruktur ist schwierig. Diese Schäden werden überwiegend durch den

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Einsatz von Katastrophendiensten (Polizei, Feuerwehr, Technisches Hilfs- werk) bzw. durch Selbsthilfe der Anwohner beseitigt. Es handelt sich hierbei zum großen Teil um Reinigungs- und Aufräumarbeiten.

Der Anteil der Folgekosten (z. B. Reinigungs- und Aufräumkosten, Evakuie- rungs- und Unterbringungskosten) am Gesamtschaden des Ereignisses konnte aus den detaillierten Angaben im Bericht der Landesanstalt für Um- weltschutz Baden-Württemberg "Das Hochwasser vom Oktober/November 1998 in Baden-Württemberg" (Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Würt- temberg, 2000) ermittelt werden (dort bezeichnet als Kosten für den Kata- strophenschutz). Er liegt bei ca. 9 % des Gesamtschadens.

6.6 Ergebnis Schadenspotenzial Bestand

Das Schadenspotenzial für Dahl ist in Tabelle 4 dargestellt.

Tabelle 4: Schadenssummen

Objekt- Objektfläche Vermögen Schaden Schaden Schaden

Anzahl bei HQExtrem bei HQ100 bei HQ20

Objektart bei bei HQ100 Mio. € Mio. € Mio. € Mio. €

HQ100

Wohngebäude 54 5.301 m² 6,218 1,932 0,799 0,346 Gebäude für Wirtschaft 24 6.982 m² 11,170 3,306 1,444 0,709 oder Gewerbe Garage /Schuppen 30 1.230 m² 0,596 0,111 0,053 0,017 Zwischensumme 108 14.000 17,985 5,349 2,296 1,072 (Objekte) Kraftfahrzeuge (50% des 2,675 1,148 0,536 Gesamtschadens)

Folgekosten (9% des 0,481 0,207 0,096 Gesamtschadens)

Summe 108 14.000 17,985 8,505 3,651 1,704 (gerundet)

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7 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

7.1 Kosten-Nutzen-Berechnung

In Anlehnung an die Leitlinien der LAWA [6] werden die auf den Bezugszeit- punkt umgerechneten Maßnahmenkosten auf zwei Arten bestimmt:

❑ Projektkostenbarwertverfahren : Die Maßnahmenkosten werden als Projektkostenbarwerte (PKB) dem durch diese Maßnahmen vermeidbaren Gesamtschaden (Objektschäden) gegenübergestellt.

❑ Jahreskostenverfahren: Die Maßnahmenkosten werden als jährliche Kosten (JK) den verhinderten jährlichen Schadenserwartungen - siehe Kapitel 7.2 - gegenübergestellt.

Die Ergebnisse beider Verfahren werden für das Schutzziel (i. d. R. HQ100) als Kosten-Nutzen-Verhältnis (KNV) dargestellt. Liegt ein Kosten-Nutzen-Ver- hältnis unter 1, so sind die Investitionen für die Durchführung der Hochwas- serschutzmaßnahmen für den betrachteten Zeitraum (i. d. R. 100 Jahre) wirt- schaftlich rentabel.

Für die Kosten-Nutzen-Berechnung werden somit neben der in Kapitel 6.6 zusammengefassten Schadenspotenzialberechnung zusätzlich die Schadens- erwartung sowie die Maßnahmenkosten benötigt.

7.2 Schadenserwartung

Die Schadenserwartung zeigt die auf die Bezugsjahre verteilten jährlich ent- stehenden Kosten an. Die Bezugsjahre entsprechen dem Zeitraum, der durch den Schutzgrad der Hochwasserschutzmaßnahme bestimmt wird; bei einem angenommenen Schutzgrad eines hundertjährlichen Hochwassers sind dies 100 Jahre. Die Schadenserwartung ergibt sich durch die Aufsummierung al- ler entstehenden Kosten im Bezugszeitraum (Flächenintegral der Ergebnis- funktion der Schadenswahrscheinlichkeit, siehe gelbe Fläche in Abbildung 25).

Für die Schadenserwartung nach Umsetzung der Hochwasserschutzmaß- nahme wird der Schaden für Ereignisse, bei denen die Maßnahme wirkt, auf null gesetzt. Bei einer Maßnahme mit einem Schutzgrad von 100 Jahren

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(=HQ100) werden für dieses Ereignis und alle häufigeren Ereignisse keine Schäden angesetzt (rote Linie in Abbildung 25).

9,00 EHQ = 8,51 Mio. €

8,00

7,00

Schadensfunktion ohne Maßnahmen 6,00

5,00

4,00 Schaden€ Mio. in HQ = 3.65 Mio. € 100 3,00

2,00

HQ = 1.70 Mio. € 20 1,00 Schadensfunktion mit Maßnahmen 0,00 0,060 0,050 0,040 0,030 0,020 0,010 0,000 Wahrscheinlichkeit 1/a

Abbildung 25: Funktion der Schadenswahrscheinlichkeit

Es ergeben sich derzeit jährliche Schadenserwartungen von 131.000 €. Da

mit Umsetzung einer Maßnahme mit einem Schutzgrad HQ100 bei einem

HQ100 (und häufigeren Ereignissen) keine Schäden mehr auftreten, liegt die jährliche Minderung der Schadenserwartung somit auch bei 131.000 €.

7.3 Abschätzung Maßnahmenkosten

Für eine erste Kosten-Nutzen-Abschätzung sind Maßnahmenkosten erfor- derlich, die man den geschützten Werten gegenüberstellen kann. Diese Maßnahmenkosten liegen einer detaillierten Kostenberechnung zugrunde. Herangezogen für die Kostenberechnung werden die Maßnahmen zum Hochwasserschutz Schwaney/Altenbeken sowie Neuenbeken/Beke, die ähn- liche Randbedingungen aufweisen: enge Verhältnisse, Häuser dicht an der Gewässerstrecke, Gewässerverbreiterung und -vertiefung.

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Die in Kapitel 4 beschriebenen Maßnahmen setzen sich aus 4 Abschnitten zusammen und werden als eine komplette Maßnahme den geschützten Wer- ten gegenübergestellt. Die Kostenberechnung ist im Anhang I aufgelistet - siehe auch Kap. 4.6.

7.4 Finanzmathematische Aufbereitung der Maßnahmenkosten

Maßnahmenkosten bestehen neben den reinen Investitionskosten aus den Unterhaltungskosten und den Abschreibungskosten.

Letztere müssen für die Kosten-Nutzen-Berechnung finanzmathematisch aufbereitet werden. Dabei wird ein Bezugszeitraum zu Grunde gelegt, der

dem Schutzgrad der Maßnahmen entspricht (i. d. R. HQ100; Bezugszeitraum = 100 Jahre).

Folgende Annahmen werden getroffen:

Unterhaltungskosten: 1 % der Maßnahmenkosten/a

Realzinssatz: 3 %

Zinszeitraum: 100 Jahre

Kapitalwiedergewinnungsfaktor: 0,03165

Diskontierungsfaktor: 31,5989

Die „Leitlinie zur Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen“ [6] emp-

fiehlt einen langjährigen Realzinssatz von iReal = 3 % p. a.; er berechnet sich

zu iReal = [(1+iNominal)/(1+iInflation)] - 1.

Die Unterhaltungskosten werden mit 1% angenommen; die Faktoren sind den Schneider Bautabellen [Ausgabe 2017] entnommen.

7.5 Ergebnis Kosten-Nutzen-Berechnung

Tabelle 5 zeigt das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Berechnung auf Basis der berechneten Maßnahmenkosten. Es ergibt sich für beide Berechnungsverfah- ren ein deutlich negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis.

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Tabelle 5: Kosten-Nutzen-Verhältnis Dahl laut Kostenberechnung

Schadenspotential: Dahl Bestand

Anzahl Objekte Vermögen Schaden HQExtrem Schaden HQ100 Schaden HQ20 Schadenserwartung* € € € € €/a Summe (gerundet) 108 17.990.000 8.510.000 3.650.000 1.700.000 131.000

Planung

Anzahl Objekte Vermögen Schaden HQExtrem Schaden HQ100 Schaden HQ25 Schadenserwartung* € € € € €/a Summe (gerundet) 108 17.990.000 8.510.000 0 0 47.000

Schadensminderung

durch Planung Schadens- Schadens-minderung HQ100 Schadens- Minderung der

geschützte Objekte minderung HQExtrem minderung HQ20 Schadenserwartung

€ € € €/a Restschaden 89 0 3.650.000 1.700.000 84.000

Kosten-Nutzen-Verhältnis [KNV]

Investitionskosten [€]=(siehe nächste Seite) 5.600.000 laufende Kosten**[€/a]= 56.000

Verfahren Projektkostenbarwert [PKB]: Projektkostenbarwert [PKB]***[€] 5600000 + (56000 * 31,6) KNV= 2,02 Schadensminderung HQ100 [€] 3.650.000

Verfahren Jahreskosten [JK]: Jahreskosten [JK]****[€/a] 56000 + (5600000*0,03165) KNV= 2,78 Minderung der Schadenserwartung [€/a] 84.000

Maßnahme wirtschaftlich = Maßnahme nicht wirtschaftlich = 1,20 *Schadenserwartung =Summe der Differenz der Eintrittswahrscheinlichkeit * Differenz der Schadenswahrscheinlichkeit je Jährlichkeit **laufende Kosten = 1% der Investitionskosten/Jahr ***PKB = Projektkostenbarwert (Investitionskosten + diskontierte laufende jährliche Kosten [Diskontierungsfaktor = 31,6]) ****JK = Jahreskosten (laufende jährliche Kosten + über Bezugsjahre verteilte Investitionskosten [Kapitalwiedergewinnungsfaktor = 0,03165])

Die reine monetäre Bewertung darf im Falle der Ortslage Dahl aufgrund der vorherrschenden Gefährdungslage - siehe Ausführungen in Kapitel 5.1 - nicht ausschlaggebend für die Bewertung einer Umsetzung sein.

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8 Zusammenfassung

Der Wasserverband Obere Lippe beabsichtigt, die naturnahe Entwicklung des Ellerbaches im Bereich Dahl zu fördern und gemeinsam mit der Stadt Paderborn die Hochwassersicherheit zu verbessern. Der aus Zeiten der über- mäßigen Kultivierung der Gewässer stammende, naturferne Zustand des Ellerbaches und die hochwassergefährliche Situation in der Ortslage erfor- dern dringend wasserbauliche und ökologische Maßnahmen. Wegen der scheinbaren Harmlosigkeit als trockenfallendes Karstgewässer wird die Hochwassergefahr aus dem 49 km ² Einzugsgebiet zutiefst unterschätzt.

Aus der Variantenbetrachtung ergibt sich die längendeckende Umgestaltung des Ellerbaches in vier Abschnitten als Vorzugslösung. Es bietet sich mit dieser gewählten Variante an, die Förderung der naturnahen Entwicklung und den Hochwasserschutz im Sinne der EG-WRRL und der HWRM-RL zu einer Ge- meinschaftsmaßnahme zu verbinden und harmonisch in das Dorfbild einzu- fügen. In den Freilandstrecken oberhalb und unterhalb der Ortslage werden entsprechend dem Umsetzungsfahrplan naturraumtypische Entwicklungs- ziele vorgesehen.

Die Gesamtkosten belaufen sich auf 5.600.00,- €.

Den Kosten der innerörtlichen Abschnitte II und III steht ein deutlich geringe- res Schadenspotenzial gegenüber. Eine Nullvariante, die den Zustand be- lässt, ist nicht zu verantworten. Das betrifft die Schlechterstellung der Bürger Dahls gegenüber den Menschen des Verbandsgebietes, die von der überört- lichen Schutzwirkung der bestehenden Hochwasserrückhaltebecken profitie- ren, als auch die über Sachschäden hinausreichende Gefahr an Leib und Le- ben, die die raschen Hochfluten des Ellerbaches in der Ortslage darstellen.

Für die geplanten Maßnahmen ist eine Planfeststellung gemäß § 68 WHG erforderlich. Die zuständige Genehmigungsbehörde ist die Untere Wasser- behörde des Kreises Paderborn.

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Die hiermit vorgelegten Antragsunterlagen stellen eine Neufassung des be- reits am 19.02.2007 eingereichten Plans dar. Sie wurden zusammengefasst, angepasst und aktualisiert. Kernstücke der Neufassung sind die Überarbei- tung und Zusammenführung der entsprechenden Planunterlagen, die Neu- aufstellung der Kostenberechnung, die Einarbeitung der Brücken, die für den Straßenverkehr aufrechterhalten werden und die redaktionelle Berücksichti- gung der im bisherigen Planfeststellungsverfahren geäußerten Einwendun- gen Betroffener und der im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Neben- bestimmungen sowie der Novellierung des UVPG.

Büren, Minden, 22. Mai 2018

Aufgestellt: Bearbeitet:

Wasserverband Obere Lippe

Stadt Paderborn

(Karthaus) (Dr. Becker) (Weinert) (Vetter)

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QUELLENANGABE

[1] WASSERVERBAND OBERE LIPPE, STADT PADERBORN (2003): ÖKOLOGISCHE

VERBESSERUNG DES ELLERBACHES, HOCHWASSERSCHUTZ DAHL – VORENT-

WURF

[2] UMWELTBUNDESAMT, DESSAU (2006): STECKBRIEFE DER BUNDESDEUTSCHEN

FLIEßGEWÄSSERTYPEN

[3] STECKBRIEFE DER PLANUNGSEINHEITEN IN NORDRHEIN-WESTFÄLISCHEN AN-

TEILEN VON RHEIN, WESER, EMS UND MAAS; BEWIRTSCHAFTUNGSPLAN

2016-2021, DÜSSELDORF

[4] STRAHLWIRKUNGS- UND TRITTSTEINKONZEPT IN DER PLANUNGSPRAXIS

(2011); LANUV-ARBEITSBLATT 16, RECKLINGHAUSEN

[5] UMSETZUNGSFAHRPLAN DER KOOPERATION LIPPE – ALME (DT_26)

[6] LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT WASSER (LAWA) [1998]: LEITLINIE

ZUR DURCHFÜHRUNG VON KOSTENVERGLEICHSRECHNUNGEN

[7] BLAUE RICHTLINIE (MUNLV NRW) [2010]: RICHTLINIE FÜR DIE ENTWICKLUNG

NATURNAHER FLIEßGEWÄSSER IN NORDRHEIN-WESTFALEN

[8] UMWELTBUNDESAMT (2014): HYDROMORPHOLOGISCHE STECKBRIEFE DER

DEUTSCHEN FLIEßGEWÄSSER; DESSAU-ROßLAU.

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