Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 16 Weichtiere () Halle, Heft 1/2020: 367–378

Bearbeitet von Katrin Hartenauer, Michael Unruh Anzahl Neunachweise autochtoner Arten, wie Chon- und Andreas Stark drina avenacea, Deroceras rodnae, moulin- (4. Fassung, Stand: November 2019) siana, Omphiscola glabra, Gyraulus riparius, Bithynia troschelii, Pisidium hibernicum und Pisidium globulare, welche bisher übersehen worden sind. Hinzu kom- Einleitung men eingeschleppte Neozoen und vor Jahrzehnten ausgesetzte Arten, die stabile Bestände aufbauen Weichtiere sind in fast allen Lebensräumen ver- konnten. Zu letzteren gehören in Sachsen-Anhalt Dro- treten und bieten somit Aussagemöglichkeiten zu bacia banatica und Alopia straminicollis monacha (vgl. verschiedenen Biotoptypen. Neben einer besonders Körnig et al. 2013) sowie Alopia livida und Microponti- hohen Zahl stenöker Arten zeichnen sich Mollusken ca caucasica (vgl. Unruh & Stark 2018). durch den meist geringen Aktionsradius und stark Gegenüber der letzten Fassung erfolgte bei vier eingeschränkte Ausbreitungsmöglichkeiten aus. Die Arten eine Rückstufung. Bei diesen handelt es sich oftmals hochgradige Spezialisierung führt in Verbin- zum einen um die Wiederfunde der verschollenen dung mit der geringen Mobilität bereits bei geringfü- Anisus vorticulus und Pseudanodonta complanata gig erscheinenden Veränderungen in den besiedelten und zum anderen um die beiden Xerothermarten Habitaten zu merklichen Reaktionen hinsichtlich der Truncatellina costulata und gigaxii. Trunca- Individuendichten und Artendiversitäten bis hin zum tellina costulata erweist sich als ein Kulturfolger der Aussterben einzelner Formen. Eine Wiederbesiedlung auf nährstoffreichen Anthropogenstandorten, wie entsprechender Standorte erfolgt äußerst langsam. Ruderalfluren, urbanen Brachflächen oder Robinien- Weichtiere bilden innerhalb der Biotoptypen gehölzen angetroffen werden kann. Candidula gigaxii meist charakteristische Lebensgemeinschaften scheint um Umfeld des Huy eine stabile Population aus. Die artenreichsten Vergesellschaftungen sind zu besitzen, so dass hier eine Herabstufung des Ge- auf kalkhaltigen Standorten in reich strukturierten fährdungsgrades von Kategorie 1 auf 2 erfolgte. Wäldern frischer bis feuchter Standorte mit ausge- Den vier Herabstufungen stehen 11 Höherstu- glichenen klimatischen Verhältnissen und reichem fungen des Gefährdungsgrades gegenüber sowie Requisitenangebot (Moderholz, Felspartien, Kalk- drei Neuaufnahmen in eine Rote Liste Kategorie. Von schutt, quellige Bereiche etc.) zu finden. Wälder Candidula intersecta und striata gibt es seit stellen zudem in Mitteleuropa ursprünglich den Jahrzehnten keine Beobachtungen mehr. Candidula hauptsächlichen Lebensraum dar. Insbesondere die intersecta wurde letztmalig 1965 im nördlichen Harz- stenotopen Waldarten sind auf eine Kontinuität ihres vorland (Regius 1966) nachgewiesen und Helicopsis Lebensraumes angewiesen. Ihr Vorkommen weist ein striata Anfang der 1990er Jahre in der Porphyrland- Waldgebiet als ursprünglich aus, was bedeutet, dass schaft (Hartenauer 1997). Beide Arten werden als „ver- das Gebiet nach der nacheiszeitlichen Wiederbewal- schollen“ (0) eingestuft. dung nie wieder waldfrei war. Trockene Waldstand- Bei der Mehrzahl der Arten mit einer höheren Ge- orte sind dagegen natürlicherweise artenärmer. Auch fährdung handelt es sich um Waldbewohner und Offenlandstandorte sind generell artenärmer und Waldfelsen besiedelnde Arten. Platyla polita musste weisen insgesamt weniger Charakterarten auf. Hier von der Kategorie 3 in die 1 übernommen werden. Bei finden sich vor allem auf den Xerothermstandorten Azeka goodalli, Perforatella bidentata und Clausilia und Feuchtwiesen auf basischem Untergrund wert- dubia erfolgte eine Umwidmung von der Kategorie gebende Arten. Offene Trockenstandorte auf kalkhal- 3 zu 2. Von Daudebardia rufa existiert lediglich ein tigem Untergrund sind Rückzugsort in historischer einziger Fundort in einem anthro­pogen beeinfluss- Zeit verbreiteter Steppenarten. Bei den limnischen ten Standort (Erlenforst an einem Wanderweg), so Lebensräumen spielen strukturelle Gegebenheiten dass für diese Art derzeit die Kategorie 1 angebracht (Sohlsubstrate, Strömung, Pflanzenwuchs, Dynamik) erscheint. Isognomostoma isognomostomos und Ur- und Wasserqualität, insbesondere die Nährstoffsitu- ticicola umbrosus wurden erstmalig in eine Kategorie ation eine große Rolle. Die artenreichste Wassermol- der Roten Liste aufgenommen (3). Pseudunio auri- luskenfauna ist in meso- bis eutrophen Gewässern cularius erstmalig in eine Kategorie der Roten Liste anzutreffen. aufgenommen (0). Letztere ist schon seit mehreren Jahrhunderten ausgestorben, es können jedoch noch Datengrundlagen heute gelegentlich Leerschalen der Art in Unstrut und Saale gefunden werden. Der Kenntnisstand hat sich seit der letzten Roten Liste Helicigona lapicida, Macrogastra lineolata et plicatula (Körnig 2004) weiterhin verbessert. So gibt es eine und Vertigo pusilla finden sich nun in der Vorwarnlis-

367 Weichtiere te. Bei den felsbewohnenden Arten sind die Ursachen oder einer lockereren Bodenstruktur. Außerdem sollte des Rückgangs nicht bekannt. Bei den Waldbewoh- der Boden eine Tendenz zur Mergelbildung aufwei- nern ist nach wie vor der Strukturverlust (fehlendes sen (Graack & Heimholdt 1989). Die Ursache für die Totholz) infolge der forstlichen Nutzung der Haupt- aktuell hochgradige Gefährdung ist im Rückgang der gefährdungsfaktor. Hinzu kommen der teilweise mas- Schafbeweidung und damit unmittelbaren Verlust sive Holzeinschlag (z. B. großflächig im Harz) sowie bzw. der Entwertung ihrer Lebensräume zu sehen. zunehmende Trocken­phasen. Auf unregelmäßig oder nicht mehr beweideten oder Pupilla sterrii besiedelt Kalkfelsen und Felsbänder aber gemähten Flächen nehmen die Bestandsdichten mit lückiger Vegetation und lebt dort im Mulm und stark ab. Die Standorte vergrasen und überwachsen unter Schutt. Infolge der starken Verbuschung der mit Gebüschen. Zugleich haben Nährstoffeinträge ausgedehnten Trockenhänge entlang von Saale und deutlich zugenommen (Stickstoffverbindungen aus Untstrut verringert sich ihr Lebensraum zunehmend der Luft bzw. von angrenzenden Äckern), so dass auch und es erfolgte eine auch für diese Art eine Neube- ehemalige Magerstandorte eine höhere Wüchsigkeit wertung des Gefährdungsgrades (2 → 1). zeigen. Vertigo alpestris, Bulgarica cana, Clausilia cruciata, Viele der historischen Fundorte sind mittlerweile Daudebardia brevipes und Ruthenica filograna waren verbracht, mit Gehölzen überwachsen oder mit Kie- in der letzten Fassung in die Kategorie 1 bzw. 2 ein- fern und Robinien aufgeforstet worden. In der Regel gestuft, erhalten aber jetzt die Kategorie R, da sich stellen die gegenwärtigen Standorte nur noch „Split- ihre Vorkommen auf den Harz bzw. den Zeitzer Forst terflächen“ ehemals weiträumig offener, als Hutung beschränken. genutzter Magerrasen oder ganzer Landschaften dar Aufgrund neuer Erkenntnisse zur Fauna der (z. B. Saale-Unstrut-Gebiet, nördliches Harzvorland, Weichtiere in Sachsen-Anhalt (Unruh & Stark 2019) Gebiet der Mansfelder Seen). Hinzu kommt, dass sich sind die Artenzahlen der drei Gruppen Landschne- bei der Art Statusangaben schwierig darstellen, da cken, Wasserschnecken und Muscheln wie folgt zu die Populationsgröße je nach Witterung stärkeren aktualisieren. Vom Gebiet unseres Bundeslandes Schwankungen unterworfen ist. sind unter Einschluss der ausgestorbenen (RL 0) und ausgesetzten Arten, bzw. der bislang nur aus Warm- Abgeplattete Teichmuschel – Pseudanodonta häusern Botanischer Gärten bekannt gewordenen complanata (Rossmässler, 1835) Spezies, sowie der bei Unruh & Stark (2019) publizier- Pseudanodonta complanata lebt in mittleren und grö- ten Neufunde 52 Wasserschnecken-, 137 Landschne- ßeren Flüssen sowie in größeren Seen. Nach Zettler et cken- und 34 Muschelarten bekannt. Im Vergleich al. (2006) lebt diese auch in Bächen, wenn diese Ab- zu Körnig et al. (2013) finden folgende Arten keine flüsse von Seen darstellen. Sie besiedelt schlammig- Berücksichtigung in der Bilanz: Stagnicola turricu- sandige Sedimente. Sie gräbt sich oft tief ins Substrat la (Held, 1837), Anisus septemgyratus (= calculifor- ein, sodass die Tiere schwer zu erfassen sind und die mis Sandberger, 1874), Vitraea subrimata (Reinhardt, Art oft übersehen wird. Ihr Aussehen ähnelt stark 1871), Aegopinella nitens (Michaud, 1831) und Arion dem der anderen Teichmuschelarten, sodass sie nicht ater (Linnaeus, 1758). Diese Arten waren z. T. auch im immer ohne Weiteres von diesen zu unterscheiden Molluskenatlas als fraglich oder tatsächlich nicht in ist. Im Vergleich zu den anderen heimischen Großmu- Sachsen-Anhalt vorkommend vermerkt, wurden aber scheln erreicht sie die geringsten Individuendichten dennoch thematisiert, da Meldungen im Schrifttum und tritt nie dominant auf (Zettler et al. 2006). vorlagen (z. B. im Fall von Vitraea subrimata), die sich Historischen Angaben zur folge besiedelte die Art aber als Fehldetermination erwies. Somit wird in der Elbe, Saale, Unstrut und Ohre. Aktuelle Funde be- hier vorliegenden Roten Liste von 223 Weichtierarten schränken sich auf die Zollau bei Hohenwarthe (Speth ausgegangen. & Brinkmann 2004) und die Kleine Helme (Buttstedt 2007). Bemerkungen zu ausgewählten Arten Flaches Posthörnchen – Gyraulus (Lamorbis) riparius Zwergheideschnecke – geyeri (Soos, 1926) (Westerlund, 1865) bevorzugt wärmebegünstigte Neu für die Landesfauna und damit Aufnahme in Gebiete mit kontinentalem Gepräge. Sie besiedelt tro- Checkliste und RL von ST. ckenwarme, lückige Grasgesellschaften ohne Gehölze Das Flache Posthörnchen ist gekennzeichnet durch über kalkhaltigem Untergrund. In Sachsen-Anhalt ihre geringe Größe, die sie selbst innerhalb der Arten- beschränken sich die Funde auf Lokalitäten mit anste- gruppe der Tellerschnecken () hervorhebt, hendem Gestein, v.a. Muschelkalk. Die Standorte sind die einige „Winzlinge“ enthält. Das nur 3 ½ Umgänge flachgründig, steinig mit ausreichend Unterschlupf- aufweisende Gehäuse scheibchenförmiger Form fällt möglichkeiten in Form von Gesteinsschutt, Erdritzen mit Gehäusehöhe/Breite von 0,6–0,8 x 2,3–2,5 mm

368 Weichtiere wahrlich kaum auf. Die Gehäusefärbung lebender Anisus vorticulus (s. dort) Berücksichtigung finden. Tiere kann als transparent-opak hell hornfarben be- Möglicherweise markieren geeignete Stillgewässer schrieben werden. Selbst bei Beprobungen mittels im Bereich zwischen Niedersachsen, Brandenburg geeigneter Methodik (Abkeschern der submersen und dem nördlichen Sachsen-Anhalt die südliche Ver- Vegetation und der oberen Schichten des Eulitorals) breitungsgrenze im disjunkten Areal. ist man keinesfalls bei einem ersten Blick auf das Pro- benmaterial sicher, tatsächlich G. riparius vor sich zu Zierliche Tellerschnecke – Anisus vorticulus haben, weil Jugendstadien der syntop vorkommen- (Troschel, 1834) den Hippeutis complanatus ihr zum Verwechseln ähn- Neu für die Landesfauna und damit Aufnahme in lich sehen [„... as having a Hippeutis-like shell“ Checkliste und RL ST. (Vinarski et al. 2013)]. Auch sind nach Glöer (2002) und Auch die Zierliche Tellerschnecke gehört zur Familie Groh & Richling (2009) generell Nachweise in ihrem europäischen Verbreitungsgebiet sehr selten. Ihre der Planorbiden. Aufgrund aufgrund ihrer versteckten ökologischen Ansprüche an die Gewässerqualität Lebensweise, Seltenheit und Verwechslungsmöglich- begründen eine disjunkte Verbreitung innerhalb ihres keit mit der größeren Anisus vortex sind Nachweise westsibirisch-nordosteuropäischen Areals. Bisher war ebenfalls erschwert. Gegenüber der vorgenannten die Art innerhalb Deutschlands nur aus norddeut- Art ist sie jedoch nach den Anhängen der FFH-Richt- schen Seen und dem bayerischen Reibersdorfer See linie europaweit geschützt. Die Zierliche Tellerschne- cke war im Jahre 2011 „Weichtier des Jahres“ der bekannt (Glöer 2002, Groh & Richling 2009). Inzwi- schen hat sich durch Nachweise aus Schleswig-Hol- Deutschen Malakologischen Gesellschaft (Kuratorium „Weichtier des Jahres“ 2011). stein (Brinkmann 2007), Nordrhein-Westfalen (Kobialka et al. 2006), Hamburg (Glöer & Diercking 2009) und Das Gehäuse der Zierlichen Tellerschnecke ist Sachsen-Anhalt (Unruh & Stark 2018) bestätigt, dass 4–5 mm breit und 0,5–0.8 mm hoch. Es besitzt fünf sie für die Brandenburger Seen, Mecklenburg-Vor- bis sechs links in einer Ebene gewundene Umgänge. pommern und den Arendsee im Norden Sachsen-An- Das hellbräunlich-gelbe Gehäuse mit feiner spiral- halts nicht als ausgesprochen faunistische Rarität streifiger Skulptur macht die Unterscheidung zuA. gilt, wie den Untersuchungen von Zettler et al. (2006) vortex im Gelände nicht leicht. Die EU-weite Unter- und Petrick 2009 [zit. nach Groh & Richling (2009)] zu schutzstellung hat die Untersuchung der geeignet entnehmen ist. Wie Groh & Richling (2009) betonen, erscheinenden Stillgewässer befördert, somit sind hat sich durch das Monitoring der nachstehend be- in den letzten Jahren sowohl Nachweismethoden handelten FFH-Art Anisus vorticulus die Beprobung verfeinert und zahlreiche Neunachweise registiert der infrage kommenden Gewässer auf diese winzigen worden. Anisus vorticulus gehört nach Colling & Schrö- Arten fokussiert und so zu einem Erkenntniszuwachs der (2006) zum mitteleuropäisch-osteuropäischen der aktuellen Verbreitung innerhalb der BRD beige- Verbreitungstyp. Ihre Vorkommen reichen im Norden tragen. In Mitteleuropa sind ihre Vorkommen auf die des Kontinents bis Südschweden, im Westen weist baltisch-atlantische Tiefebene konzentriert (Groh & Großbritannien Vorkommen auf; im Süden reicht das Richling 2009). In Finnland ist sie nicht selten. Wenn Areal über Frankreich, Italien und die Schwarzmeerre- auch das Wissen um den Status zumindest in den gion bis zur Verbreitungsgrenze Westsibirien (Vinarski Bundesländern mit gesicherten Nachweisen sich der et al. 2007, 2016). Realität annähert, bleiben die Kenntnisse über ihre Innerhalb der grob umrissenen Grenzen sind Ökologie nach wie vor lückenhaft. Beim kleinsten Nachweise aus Belgien, den Niederlanden, der gemeinsame Nenner ihrer ökologischen Amplitude Schweiz, Österreich, Slowenien, Polen, den beiden kann man sich auf Stillgewässer, die weniger anth- Republiken Tschechien und Slowakei, Ungarn, Bulga- ropogen überprägt sind und einen geringen Heme- rien, Rumänien und Litauen bekannt (Gröger-Arndt & robiegrad aufweisen, einigen. Die Befunde aus dem Hartenauer 2014). Arendsee in Sachsen-Anhalt haben ergeben, dass G. In Deutschland konzentrieren sich zahlreiche riparius als anspruchsvolle Art des Epilimnion auf die Funde auf ein schmales Band von Nord-Brandenburg Bereiche angewiesen ist, die sich durch reiche emerse über Hamburg und das östliche Schlewig-Holstein; Vegetation sowie lichtdurchflutete Flachwasserberei- diskunkte Verbreitung zeigt die Zierliche Teller- che mesotrophen Milieus auf sandig-schlammigem schnecke in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Substrat auszeichnen. Dabei werden Gewässer- Baden-Würtemberg und Bayern (Gröger-Arndt & abschnitte mit lotischen Strömungsverhältnissen Hartenauer 2014). Vermutlich werden die sehr kleinen offenbar bevorzugt. Vergesellschaftet ist sie mit den Tellerschnecken mittels Transportvektoren (Was- gleichfalls sensiblen Arten Anisus vorticulus, Stag- sergeflügel) über weite Strecken verschleppt, was nicola palustris, Pisidium hibernicum, P. pulchellum die verstreute Verbreitung in Mitteleuropa erklären und macrostoma. Gyraulus riparius sollte im könnte. Als Nahrungsspezialist weidet A. vorticulus Zusammenhang mit dem Feinmonitoring der FFH-Art Diatomeenrasen ab. Falkner et al. (2001) geben aber

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Tab. 1: Übersicht zum Gefährdungsgrad der Weichtiere Sachsen-Anhalts.

Gefährdungskategorie Rote Liste Gesamt 0 R 1 2 3 Landschnecken 2 8 7 12 10 39 137 Wasserschnecken 2 0 9 1 2 14 52 Muscheln 2 0 7 2 3 13 34 Artenzahl (absolut) 6 8 23 15 15 67 223 Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 2,2 4,0 10,3 6,3 6,7 29,5

Tab. 2: Übersicht zu den sonstigen Kategorien. Kategorien Sonstige Gesamt Gesamt G D V 0 5 7 12 137 0 0 2 3 52 0 3 0 3 34 Artenzahl (absolut) 0 8 9 17 223 Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 3,6 4,0 7,6 auch Detritus als Nahrungsquelle an. Wenn auch die Hochwasser aus und die Altarme entwickeln sich zu Zierliche Tellerschnecke ein weites Spektrum ste- polytrophen Stillgewässern, verschwindet auch die hender und schwach fließender Gewässer mit einer Tellerschnecke und macht robusten Generalisten breiten Amplitude von schwach sauerem bis kalkrei- unter den Wassermollusken Platz. Diese Phänomene chem Wasser toleriert, eignen sich gut durchlichtete, sind ursächlich für das Fehlen der Art in der Elbaue reich mit submerser Vegetation ausgestattete Verlan- Sachsen-Anhalts verantwortlich. Speth et al. (2004, dungsbereiche mesotropher Seen offensichtlich als 2013) konnten in zwanzig Probestellen im Biosphä- Habitate besonders gut (Glöer & Groh 2007). Bleiben renreservat „Flusslandschaft Mittlere Elbe“ zwischen in den einst von ihr besiedelten Auengewässer die der Mulde bei Bitterfeld und der Flutrinne „Hohe Gar-

Tab. 3: Änderungen in der Anzahl der Einstufungen in die Gefährdungskategorien im Vergleich der Roten Listen der Weichtiere Sachsen-An- halts aus den Jahren 2004 und 2020. Rote Liste 2004 Rote Liste 2020 Gefährdungskategorie (AZ = 194) (AZ = 223) (absolut) (%) (absolut) (%) 0 – Ausgestorben oder verschollen 4 2,1 5 2,2 R – Extrem seltene Arten mit geographischer Restriktion 3 1,5 8 3,6 1 – Vom Aussterben bedroht 17 8,8 23 10,3 2 – Stark gefährdet 13 6,7 15 6,7 3 – Gefährdet 18 9,2 15 6,7 Gesamt 55 28,3 66 29,5

Abb. 1: Der Große Kielschnegel (Tandonia rustica) ist in seinem Vorkommen in Sachsen-Anhalt bislang auf den Harz beschränkt, zeigt Euro- paweit aber Ausbreitungstendenzen nach Norden. Die Art wurde neu in die Rote Liste aufgenommen, da ihre Vorkommen am nördlichen Arealrand liegen und sie im Harz auf naturnahe Wälder beschränkt ist (Foto: M. Friedrich, https://arthropodafotos.de). Abb. 2: Die Familie der Schließmundschnecken (Clausilidae) ist in Sachsen-Anhalt mit 17 Arten vertreten, wobei drei von ihnen auf wissentliche Aussetzungen in den 1970er Jahren zurückgehen (vgl. Unruh & Stark 2018). Nachweise weiterer Arten sind kaum zu erwarten, allerdings gibt es hinsichtlich un- serer Kenntnisse des tatsächlichen Verbreitungsbildes mancher Spezies noch Lücken. So waren die Vorkommen von Clausilia pumila im NSG „Forstwerder“ in Halle bislang unbekannt. Sie wurden hier 2013 entdeckt (Foto: A. Stark). Abb. 3: Die Körbchenmuschel [Corbicula fluminea (O. F. Müller, 1774)] bildet in manchen Flüssen regelrechte Muschelpflaster aus, von denen Leerschalen, wie hier am Saaleufer im Stadtgebiet von Halle, zeugen. Inwiefern dieser Neubürger, der etwa seit den 1980ger Jahren wohl alle Flüsse Deutschlands besiedelt hat durch seine Massenvorkommen das Auftreten der einheimischen Großmuscheln beeinträchtigt, ist fraglich. Andere Einwanderer wie die im Bild ebenfalls durch Schalen vertretene Dreikantmuschel [Dreissena polymorpha (Pallas, 1871)] sind als Besiedler von Hartsubstrat dafür bekannt, dass sie im Sediment eingegrabene Muscheln besiedeln und möglicherweise in ihrer Vitalität beeinträchtigen (Foto: A. Stark). Abb. 4: Trichopteren der Gattung Limnephila verbauen in ihren Köchern mit Vorliebe Wasserschnecken. In diesem Fall wählte die Köcherfliegenlarve fast nur flache Gehäuse (Tellerschnecken, Valvata cristata) aus. Der Köcher gibt ein gutes Artenspektrum des Lebensraumes der Larve, hier am Nordufer des Arendsees gelegen, wieder. Unter anderem ist mit der Zierlichen Tellerschnecke (Anisus vorticulus) eine Art eingebaut, die erstmals seit über 100 Jahren sicher für Sachsen-Anhalt nachgewiesen wurde (Foto: A. Stark).

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Abb. 5: Das Vorkommen des Flachen Posthörnchens (Gyraulus riparius) wurde 2018 erstmals in Sachsen-Anhalt festgestellt. Diese winzige Tellerschnecke ist Teil einer artenreichen Gesellschaft von Wassermollusken am Nordufer des Arendsees (Unruh & Stark 2018) (Foto: A. Stark).

be“ kein rezentes Vorkommen ermitteln. Nach Grö- klima, zeitlich und räumlich regelmäßiges Vorhan- ger-Arndt & Hartenauer (2014) wurde am nördlichen densein von Moderholz u. a. angewiesen sind. Das Rand des NSG „Kreuzhorst“ 2003 ein Leerschalenfund bedeutet, dass sich nutzungsbedingte Eingriffe an registriert, den Lill (2006) als „cf“ einstufte. Die weni- der natürlichen Walddynamik orientieren müssen gen verbürgten historischen Fundorte (Reinhardt 1874, und eine vollständige Veränderung oder Zerstörung Goldfuss 1900) sind erloschen, wobei die Verlässlich- des Lebensraumes durch großflächige Kahlschläge keit der Reinhardtschen Angabe nicht abschließend ge- verhindert werden muss. Letzterer hat eine relativ klärt werden konnte. lange Offenheit der Fläche und damit ein veränder- Mit dem Erstnachweis durch Brinkmann und Otto tes Bestandklima, veränderte Bodenfeuchteverhält- (LHW 2015) im Schollener See für Sachsen-Anhalt nisse und -struktur (Verdichtung des Oberbodens nahm die Intensität der Beprobungen geeignet er- und dadurch geringer Lebensraum), den Verlust scheinender Stillgewässer im Norden des Landes zu, wesentlicher Habitatstrukturen u. a. zur Folge. Auch schließlich hatten Richling & Brinkmann (2007) eine zu kurze Umtriebszeiten führen zu den genannten Reihe von Nachweisen im nördlich anschließenden Standortveränderungen. Auf die Anpflanzung von Niedersachsen und aus Schleswig-Holstein zu ver- Nadelhölzern sollte verzichtet werden. Nadelhölzer zeichnen. Die Historie der einzelnen Nachweise in treten natürlicherweise nur regional als Mischbaum- Sachsen-Anhalt durch den Gewässerkundlichen Lan- arten auf. Reinbestände werden aufgrund der sauren desdienst des Landesbetriebes für Hochwasserschutz Böden nur von wenigen Ubiquisten besiedelt. Geeig- Magdeburg ist bei Unruh & Stark (2018) nachzulesen nete Bewirtschaftungsformen sind die einzelstamm- und wird an dieser Stelle nicht wiederholt. Ein recht weise- oder horstweise Entnahme von Bäumen, wie individuenreiches Vorkommen enthüllten schließlich sie auch auf natürliche Weise durch Absterben einzel- die Beprobungen des Arendsees 2017 und 2018. Im ner Baumindividuen oder von Altholzinseln oder aber Sublitoral konnten zahlreiche Leerschalen und leben- Windbruch entstehen. Zudem ist ein ausreichender de Tiere gefunden werden, überraschend war neben Anteil von liegenden Totholz (auch Starkholz) sicher- der Individuenzahl die Syntopie mit der genannten zustellen, da dieses für die meisten Arten wichtiger Gyraulus rivularis. Lebens- und Nahrungsraum ist. Arten der Offenlandstandorte (Trocken-/Halb- Gefährdungsursachen und erforderliche trockenrasen, Feucht-/Nasswiesen) sind durch die Schutzmaßnahmen Aufgabe extensiver Nutzungsformen gefährdet. Während es bei den Trocken-/Halbtrockenrasen zur In der Roten Liste Sachsen-Anhalts sind insbesondere Degeneration infolge Nutzugsaufgabe (Schafbewei- Arten naturnaher Wälder geführt, welche auf eine dung) kommt, sind wertvolle Feucht-/Nasswiesen v.a. Kontinuität ihres Lebensraumes, d. h. dauerhafte durch Nutzungsintensivierungsmaßnahmen zurück- Waldbestockung, gleichbleibendes Waldinnen- gegangen (Melioration, Umbruch, Neueinsaat, Viel-

372 Weichtiere schnittnutzung, Intensivweiden). Hinzu kommt als Lebensraum stellen. Die Schutzmaßnahmen müssen Gefährdungsfaktor für Arten extensiver Grasländer dementsprechend auf den Erhalt und die Renatu- der Verlust von Rand- und Saumstrukturen insbeson- rierung naturnaher, sauerstoffreicher Gewässer, die dere entlang von Wegen, Gräben und Nutzungsgren- Vermeidung von Abwassereinträgen (Anbindung aller zen. Zudem wurden viele Wege umgebrochen und in Ortslagen an Kläranlagen) und sonstigen Eutrophie- die landwirtschaftliche Nutzung einbezogen. rungsfaktoren (Gewässerrandstreifen, Umwandlung Wassermollusken, allen voran die im Sediment von Äckern in Grünländer innerhalb der Auen) sowie lebenden Großmuschen sind durch Gewässereutro- den Erhalt der relevanten Wirtsfischpopulationen ab- phierung, Belastung mit Schadstoffen (Abwässern), zielen. An Fließgewässern muss die Gewässerunter- Gewässerausbau oder intensive Unterhaltung mehr haltung auf ein absolut notwendiges Maß reduziert oder weniger stark gefährdet oder sogar an den werden, was ebenfalls nur durch Renaturierungen Rand des Aussterbens gebracht worden. Viele Süß- erreicht werden kann (Minderung der Sohl- und wassermuscheln reagieren auf Eutrophierung und Ufererosion durch Laufverlängerungen, Einbringen Sauerstoffmangel durch verminderte Fertilität bzw. von Hartsubstraten). Großmuscheln sind lokal zu- gänzliches Erlöschen der Reproduktionsfähigkeit. dem durch den Prädationsdruck von Neozoen, wie Hinzu kommt, dass Großmuscheln für ihre Entwick- Bisam und Nutria (z. B. die Bachmuschel aktuell in lung auf bestimmte Wirtsfischarten angewiesen der Altmark) gefährdet. Hier muss eine konsequente sind, die ihrerseits auch spezifische Ansprüche an den Bejagung der Neozoen erfolgen.

Dank laschek und Dr. V. Wiese. Ein besonderer Dank gebührt dem Nestor der Molluskenfaunistik unseres Bundes- Wir möchten an dieser Stelle allen Kolleginnen und landes, Herrn Dr. G. Körnig, der über mehr als 60 Jahre Kollegen herzlich danken, die mit ihren Kartierungen mit unermüdlichem Fleiß detaillierte Erfassungen im Freiland zur Einschätzung der Gefährdungssitua- der Weichtierarten auf dem Gebiet des heutigen tion der Weichtiere in Sachsen-Anhalt beigetragen, Bundeslandes Sachsen-Anhalt und darüber hinaus uns bereitwillig ihre Daten überlassen haben oder vorgenommen und darüber publiziert hat. Die unter Auskunft zur Biologie, der Gefährdungssituation und seiner Autorschaft 2004 erschienene letzte Fassung Verbreitung einzelner Arten im Bundesgebiet gaben: der Roten Liste bildete die Grundlage der aktuellen Dr. U. Bössneck (†), P. Glöer, Dr. M. Hohmann, K. H. und Bearbeitung. Für die Bereitstellung des Fotos von M. Jährling, W. Kleinsteuber, F. Meyer (Büro RANA), Dr. I. Tandonia rustica sei Frau Dr. M. Friedrich (Chemnitz) Richling, Dr. K. Schneider, Dr. Ch. Schönborn, Dr. M. Wal- herzlich gedankt (https://arthropodafotos.de).

Art (wissenschaftlich) Art (deutsch) Kat. Bem. terrestrica Landschnecken Familie Aciculidae Mulmnadeln, Nadelschnecken

Platyla polita (Hartmann, 1840) Glatte Nadelschnecke 1 Familie Landdeckelschnecken

Pomatias elegans (O. F. Müller, 1774) Schöne Landdeckelschnecke R A Familie Succineidae Bernsteinschnecken

Oxyloma sarsii (Esmark, 1886) Rötliche Bernsteinschnecke 2 Familie Azecidae Bezahnte Glattschnecken

Azeka goodalli (Ferussac, 1821) Bezahnte Achatschnecke 2 A Familie Cochlicopidae Glattschnecken

Cochlicopa nitens (Gallenstein, 1848) Glänzende Achatschnecke 2 Familie Windelschnecken

Truncatellina costulata (Nilsson, 1823) Wulstige Zylinderwindelschnecke V

Vertigo alpestris Alder, 1838 Alpenwindelschnecke R

Vertigo angustior Jeffreys, 1833 Schmale Windelschnecke 3 § FFH II

Vertigo antivertigo (Draparnaud, 1801) Sumpfwindelschnecke 3

Vertigo moulinsiana (Dupuy, 1849) Bauchige Windelschnecke 2 § FFH II

Vertigo pusilla (O. F. Müller, 1774) Linksgewundene Windelschnecke V

373 Weichtiere

Art (wissenschaftlich) Art (deutsch) Kat. Bem.

Vertigo substriata (Jeffreys, 1833) Gestreifte Windelschnecke 3 Familie Orculidae Fässchenschnecken

Sphyradium doliolum Bruguiere, 1792) Kleine Fäßchenschnecke 2 A Familie Chondrinidae Kornschnecken Chondrina avenacea (Bruguière, 1792) Westliche Haferkornschnecke R A

Granaria frumentum (Draparnaud, 1801) Wulstige Kornschnecke 3 A Familie Valloniidae Grasschnecken

Vallonia enniensis (Gredler, 1856) Feingerippte Grasschnecke 2 A Familie Pupillidae Puppenschnecken

Pupilla muscorum (Linnaeus, 1758) Moos-Puppenschnecke V

Pupilla sterrii (Voith, 1840) Gestreifte Puppenschnecke 1 A Familie Turmschnecken

Chondrula tridens (O. F. Müller, 1774) Dreizahnturmschnecke 3 A

Ena montana (Draparnaud, 1801) Bergturmschnecke V A

Zebrina detrita (Draparnaud, 1801) Weiße Turmschnecke 2 A Familie Clausilidae Schließmundschnecken

Balea perversa (Linnaeus, 1758) Zahnlose Schließmundschnecke 3

Bulgarica cana (Held, 1836) Graue Schließmundschnecke R A

Clausilia cruciata (Studer, 1820) Scharfgeripppte Schließmunschnecke R A

Clausilia dubia Draparnaud, 1805 Gitterstreifige Schließmundschnecke 2

Clausilia pumila C. Pfeiffer, 1828 Keulige Schließmundschnecke 2 A

Macrogastra attenuata lineolata (Held, 1836) Mittlere Schließmundschnecke V

Macrogastra plicatula (Draparnaud, 1801) Gefältelte Schließmundschnecke V

Ruthenica filograna (Rossmässler, 1836) Zierliche Schließmundschnecke R A Familie Punctidae Punktschnecken

Lucilla singleyana (Pilsbry, 1890) Weiße Scheibchenschnecke D Familie Patulidae Schüsselschnecken

Discus ruderatus (Hartmann, 1812) Braune Schüsselschnecke R A Familie Oxychilidae Glanzschnecken

Aegopinella epipedostoma (Fagot, 1879) Verkannte Glanzschnecke D 01)

Aegopinella nitens (Michaud, 1831) Weitmündige Glanzschnecke D

Daudebardia brevipes (Draparnaud, 1805) Kleine Daudebardie R A

Daudebardia rufa (Draparnaud, 1812) Rötliche Daudebardie 1 A

Nesovitrea petronella (L. Pfeiffer, 1853) Weiße Streifenglanzschnecke 2 Familie Pristilomatidae Kristallschnecken

Vitrea diaphana (Studer, 1820) Ungenabelte Kristallschnecke 3 A Familie Milacidae Kielschnecken

Tandonia rustica (Millet, 1843) Großer Kielschnegel 3 Familie Limacidae Schnegel

Limax flavus (Linnaeus, 1758) Bierschnegel 1 Familie Agriolimacidae Ackerschnecken

Deroceras rodnae (Grossu & Lupu, 1965) Heller Schnegel D A Familie Vitrinidae Glasschnecken

Semilimax semilimax (J. Férussac, 1802) Weitmündige Glasschnecke 2

Vitrinobrachium breve (A. Férussac, 1921) Kurze Glasschnecke D

374 Weichtiere

Art (wissenschaftlich) Art (deutsch) Kat. Bem. Familie Hygromyidae Laubschnecken Unterfamilie Helicellinae Heideschnecken

Candidula gigaxii (L. Pfeiffer, 1850) Helle Heideschnecke 1 A

Candidula intersecta (Poiret, 1801) Gefleckte Heideschnecke 0 um 1965 02)

Candidula unifasciata (Poiret, 1801) Quendelschnecke 1 Anf. 1990er (O. F. Müller, 1774) Gestreifte Heideschnecke 0 Jahre 03)

Xerograssa geyeri (Soos, 1926) Zwergheideschnecke 1 A Übrige Unterfamilien der Hygromyidae

Perforatella bidentata (Gemelin, 1791) Zweizähnige Laubschnecke 2

Urticicola umbrosus (C. Pfeiffer, 1828) Schatten-Laubschnecke 3 A Familie Helicidae Schnirkelschnecken

Helicigona lapicida (Linnaeus, 1758) Steinpicker V

Isognomostoma isognomostomos (Schröter, 1784) Maskenschnecke 3 A Gastropoda aquatica Wasserschnecken Familie Neritidae

Theodoxus fluviatilis (Linnaeus, 1758) Gemeine Kahnschnecke 3 Familie Viviparidae

Viviparus viviparus (Linnaeus, 1758) Stumpfe Sumpfdeckelschnecke 2 Familie Bithyniidae

Bithynia troschelii (Paasch 1842) Breite Schnauzenschnecke V Familie Hydrobiidae

Hydrobia ventrosa (Montagu, 1803) Bauchige Wattschnecke 0 vor 1900 04)

Lithoglyphus naticoides (C. Pfeiffer, 1828) Flusssteinkleber 1

Marstoniopsis scholtzi (A. Schmidt, 1856) Schöngesichtige Zwergdeckelschnecke 1 A Familie

Valvata macrostoma Morch, 1864 Sumpf-Kiemenschnecke 1 Familie Lymnaeidae

Radix ampla (Hartmann, 1821) Weitmündige Schlammschnecke 0 1964 05)

Radix labiata (Rossmässler, 1835) Gemeine Schlammschnecke V

Omphiscola glabra (O. F. Müller, 1774) Längliche Sumpfschnecke 1

Myxas glutinosa (O. F. Müller, 1774) Mantelschnecke 1 A Familie Planorbidae

Anisus spirorbis (Linnaeus, 1758) Gelippte Tellerschnecke V FFH II/IV

Anisus vorticulus (Troschel,1834) Zierliche Tellerschnecke 1

Gyraulus laevis (Alder, 1838) Glattes Posthörnchen 1

Gyraulus riparius (Westerlund, 1865) Flaches Posthörnchen 1

Gyraulus rossmaessleri (Auerswald, 1852) Roßmäßlers Posthörnchen 1 A

Segmentina nitida (O. F. Müller, 1774) Glänzende Tellerschnecke 3 Bivalvia Muscheln Familie Margaritiferidae Flussperlmuscheln

Pseudunio auricularius (Spengler, 1793) Große Flussperlmuschel 0 § um 1500 06 Familie Unionoidae Flussmuscheln

Pseudanodonta complanata (Rossmässler, 1835) Abgeplattete Teichmuschel 1 § BA

Unio crassus Philipsson, 1788 Bachmuschel 1 § FFH II/IV

375 Weichtiere

Art (wissenschaftlich) Art (deutsch) Kat. Bem.

Unio tumidus Philipsson, 1788 Große Flussmuschel 2 § BA Familie Sphaeriidae Kugelmuscheln

Pisidium globulare Clessin,1873 Sumpf-Erbsenmuschel D

Pisidium hibernicum (Westerlund, 1894) Glatte Erbsenmuschel 2

Pisidium lilljeborgii Clessin,1886 Kreisrunde Erbsenmuschel D

Pisidium moitessierianum Paladilhe, 1866 Winzige Faltenerbsenmuschel 3

Pisidium obtusale (Lamarck, 1818) Stumpfe Erbsenmuschel 3

Pisidium pseudosphaerium Favre, 1927 Kugelige Erbsenmuschel 1

Pisidium pulchellum Jenyns, 1832 Schöne Erbsenmuschel 1 A

Pisidium tenuilineatum Stelfox, 1918 Kleinste Erbsenmuschel 1 A

Sphaerium nucleus (Studer, 1820) Nuss-Kugelmuschel 1

Sphaerium ovale (A. Férussac, 1807) Ovale Kugelmuschel D

Sphaerium rivicola (Lamarck, 1818) Flusskugelmuschel 3

Sphaerium solidum (Normand, 1844) Dickschalige Kugelmuschel 1 A

Nomenklatur im Wesentlichen nach Wiese (2014) und Glöer (2002).

Abkürzungen und Erläuterungen, letzter Nachweis/Quelle 02 – Letzte Funde durch Regius Mitte der 1960er Jahre am (Spalte „Bem.“) nordwestlichen Rand des Harzes (bei Westerhau- sen, bei Thale, am Großen Fallstein) (Regius 1966). § – Gesetzlicher Schutz nach § 7 (2) Nr. 13 u. 14 Bundes- 03 – Hartenauer sammelte 1989 letztmalig Serien mit naturschutzgesetz bezüglich Anhang A und B der Leerschalen und beobachtete vereinzelte lebende EG-VO Nr. 338/97, FFH-Richtlinie Anhang IV, Vogel- Exemplare auf dem Halleschen Rhyolith („Porphyr“) schutz-Richtlinie (Europäische Vogelarten) und Bun- östlich von Halle (Hartenauer 1997). Die Gründe für desartenschutzverordnung Anlage 1: § – besonders das Verschwinden dieser einstmals im Südwesten geschützte Art: EG-VO Anhang A und B (EG A, EG B), Sachsen-Anhalts weit verbreiteten Heideschne- FFH Anhang IV, Europäische Vogelarten (VR) und BA ckenart sind unbekannt. Zum Teil sind die Lebens- Anlage 1 räume noch intakt (Brachwitz), manchmal sind alte A – Arealrand in Sachsen-Anhalt Fundorte vergrast. FFH – FFH-Richtlinie 92/43/EWG der EU: FFH II – Art im 04 – Goldfuss (1900): vor 1900 noch lebend im Salzigen Anhang II aufgeführt, FFH IV – Art im Anhang IV See, später nur noch Leerschalen, z. B. auch in der aufgeführt Sülze bei Magdeburg (Regius 1950). BA – Bundesartenschutzverordnung 05 – 1964, leg. G. Körnig (Fundort?), Körnig (2016). 06 – Bössneck et al. (2006) erwähnen Funde von Leerscha- 01 – Die vier in Sachsen-Anhalt vorkommenden bzw. len im Sediment verschiedener Flüsse im Süden im Nachweis lebender Individuen zu erwartenden Sachsen-Anhalts: Unstrut, Saale, Weiße Elster). Die Aegopinella-Arten, sind nur genitalmorphologisch Autoren vermuten, dass die Großmuschelart bis ins sicher zu bestimmen. Von der Verkannten Glanz- späte Mittelalter in Mitteldeutschland verbreitet schnecke (Aegopinella epipedostoma) liegen bislang war. Offensichtlich ist sie mit dem Verschwinden nur Funde von Gehäusen vor. des Europäischen Störs (Accipenser sturio) und Verschlechterung der Wasserqualität um 1500 aus- gestorben.

Literatur

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Anschriften der Autoren Katrin Hartenauer RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank Meyer Mühlweg 39 06114 Halle (Saale) E-Mail: [email protected]

Michael Unruh Schmale Straße 29 06712 Gutenborn, OT Großosida E-Mail: [email protected]

Dr. Andreas Stark Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen Domplatz 4 06108 Halle (Saale) E-Mail: [email protected]

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