Heinrich Schütz Madrigale & Hochzeitsmusiken
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C Carus Heinrich Schütz Madrigale & Hochzeitsmusiken Dorothee Mields · Isabel Schicketanz · David Erler Georg Poplutz · Tobias Mäthger · Felix Schwandtke Dresdner Kammerchor · Hans-Christoph Rademann C Heinrich Schütz (1585–1672) Carus Madrigale & Hochzeitsmusiken Gesamteinspielung · Complete recording, Vol. 19 Dorothee Mields · Isabel Schicketanz · David Erler Georg Poplutz · Tobias Mäthger · Felix Schwandtke Dresdner Kammerchor · Instrumentalisten Hans-Christoph Rademann 1 Siehe, wie fein und lieblich ist’s SWV 48 SSATB, Vl, Ctto muto, Dul, Bc ...........................................6:54 2 Saget den Gästen SWV 459 SATB, 2 Vl, Dul, Bc ...............................................................................6:31 3 Itzt blicken durch des Himmels Saal SWV 460 SSATB, 2 Vl, Bc .............................................................. 7:31 4 Nachdem ich lag in meinem öden Bette SWV 451 SB, Vl, 3 Vga, Bc .....................................................5:02 5 Lässt Salomon sein Bette nicht umgeben SWV 452 SB, Vl, 3 Vga, Bc ...................................................5:58 6 Ich beschwöre euch, ihr Töchter zu Jerusalem SWV 339 SSSSATB, Bc ........................................... 7:27 7 Ach, wie soll ich doch in Freuden leben SWV 474 TTB, Vl, Ctto, 3 Vga, 3 Trb, Lautenchor, Bc ........ 3:47 8 Die Erde trinkt für sich SWV 438 AT, Bc .....................................................................................................2:03 9 Liebster, sagt in süßem Schmerzen SWV 441 SS, 2 Vl, Bc ...................................................................... 4:11 10 Stehe auf, meine Freundin SWV 498 SATB/SATB, Bc ............................................................................... 7:49 11 Wohl dem, der ein tugendsam Weib hat SWV 20 SATB, 3 Ctto, T, Bc ..................................................6:38 12 Haus und Güter erbet man von Eltern SWV 21 SSB, 3 Trb & T, 3 Ctto & T & Coro TBB, Bc ..................4:37 13 Glück zu dem Helikon SWV 96 AT, Bc ........................................................................................................ 2:32 14 Wie wenn der Adler sich aus seiner Klippe schwingt SWV 434 S, Bc .................................................. 3:21 15 Freue dich des Weibes deiner Jugend SWV 453 SATB, 2 Ctto, 3 Trb, Bc .......................................... 4:12 Printed music by Carus = world premiere recording Total time: 78:42 Coproduction: Deutschlandfunk Kultur and Carus-Verlag, Stuttgart Executive producer: Bettina C. Schmidt (Deutschlandfunk Kultur) Recorded at the Stadtkirche „Zum Heiligen Namen Gottes“ Radeberg, 20–24 June 2018 Recording producer & post production: Florian B. Schmidt (Pegasus Musikproduktion) Recording engineer: Joni Saksala · Project management: Benno Böhm, Philipp Unger Digital Booklet © 2018 by Deutschlandradio / Carus-Verlag C Carus C Carus Der andere Schütz. Über Lebensfreude in Zeiten des Krieges Bilder sind mächtig und langlebig. Das wird im Fall ner kraftvoll-gespannten, ja ‚fürstlichen‘ Körper- von Heinrich Schütz besonders deutlich. Das meint haltung. Allerdings hat sich dieses Bild (s. Seite 7) zunächst ganz konkret das Erscheinungsbild. Wir kaum im kollektiven Bewusstsein durchgesetzt. kennen ihn heute im Grunde nur als reife Künstler- persönlichkeit. Salopp gesagt: als alten, ernsten Aber generell: Was ist mit den Jahrzehnten vor- Mann mit Bart, Tränensäcken, tiefen Mimikfalten her? Wir wissen es nicht, aber wir können eben und grauem Haar. Denn das ca. 1660 entstande- kaum eine Ahnung oder Vorstellung vom jungen ne Gemälde von Christoph Spätner prägt wie kein Schütz entwickeln, weil uns dazu die Bilder feh- anderes unsere Wahrnehmung – von wikipedia len. Und ebenso peripher ist die Wahrnehmung über Buch-Cover und Sonderbriefmarken bis zu von Heinrich Schütz als einem leidenschaftlichen, der Heinrich-Schütz-Gesamteinspielung. Nur zur mitunter aufbrausenden und auch unterhaltsa- Erinnerung: Heinrich Schütz ist zu diesem Zeit- men Menschen: Seine Briefe sind durchaus ‚ge- punkt etwa 75 Jahre alt. Es ist ein Bild vom Rand pfeffert‘, wenn er die Situation seiner Musiker an- des Lebens, nicht aus dessen Mitte. Und dieses prangert; er ist scharfzüngig in der Positionierung Bild sickert in die Sprachbilder ein – Günter Grass gegenüber den „dreimahl jüngern und überdis beschreibt Schütz in seinem Treffen in Telgte als kastrirten“ italienischen Musikern. Hinzu kommt, einen Mann „von entrückter Autorität und stren- dass im Grunde nahezu vollständig seine Instru- ger Größe, die niemand fassen konnte.“ mentalmusik und ein Großteil seiner weltlichen Werke verlorengegangen sind. Das Bild wird dann auch zur Rezeptionshaltung – oder funktioniert es doch eher umgekehrt und Das, was wir tatsächlich haben, sollte uns Hörer im die Omnipräsenz des Schütz’schen Altersbil- 21. Jahrhundert aber eigentlich aufhorchen lassen. des ist das Ergebnis der Art und Weise, wie seit Denn Schütz vermag uns durchaus mit mitreißend- dem 19. Jahrhundert Schütz gedacht und gehört geselliger Energie zu versorgen. Und das meint wird? Sicher ist, dass Schütz bis in die Gegenwart eben nicht nur sein fulminantes Opus 1, die Italie- hinein immer noch oder immer wieder als quasi nischen Madrigale, mit denen sich Schütz in Mit- statuen hafte Figur und Gralshüter eines heiligen teleuropa selbstbewusst vorstellt. Auch später, in deutschen Ernstes begriffen wird – von „melan- Dresden, weiß er seine geistlichen Zyklen wie etwa cholischer, schwermütiger Schönheit“ zur Be- die Symphoniae Sacrae mit einem feinen Witz und schreibung seiner Musik ist z. B. die Rede. vielen subtilen Pointen auszustatten. Seine Ton- sprache ist farbig, kontrastreich, leidenschaftlich Es gibt ein jüngeres Porträt aus dem Jahr 1627, und im besten Wortsinn unterhaltend. Sicherlich: das Schütz – obzwar bereits 42 Jahre – in einem Schütz ist ein Mann des Bibelwortes, aber in seinen anderen Licht zeigt: mit einem wachen, fast schon Werken ist mehr als deutlich, dass für den Sagitta- Digital Booklet herausfordernden Blick, schnittiger Frisur und ei- rius die Bibel ein Buch des Lebens für das Leben ist. 3 Es ist nun aber vor allem die Zusammenstellung Im Jahr der Veröffentlichung der Psalmen Davids C Carus der hier vorliegenden CD, mit der wir einen et- liefert Schütz hier ein weiteres Beispiel seiner zu was anderen Schütz kennenlernen können. Einen diesem Zeitpunkt bereits nahezu vollendeten Heinrich Schütz, der natürlich auch Hochzeitsfes- Kunst rhethorischen Komponierens, bei dem die te ausgestaltete (und vermutlich mitfeierte) und Musik als Reihe von mal offenkundigen, mal sub- der die großen Gefühle des Lebens in ‚madrigali- tileren Sprach-Klang-Bildern erscheint. Unüber- scher Manier’ vertonte. Und so verknüpft sich mit hörbar fl ießt „der köstliche Balsam“ in fallenden der CD – und das ist am Ende der ersten Schütz- Linien vom Kopf herab; „der ganze Bart“ ist im Gesamteinspielung regelrecht programmatisch zu Bass immer mit einem Oktavsprung versehen, deuten – die Hoffnung, dass beim Hörer ein an- einem Symbol für das Allumfassende. Wie dif- deres Schütz-Bild entsteht, das die Vitalität dieses ferenziert diese Bilder sind, zeigt sich im zweiten Jahrhundertkomponisten, seine nicht selten spie- Teil des Werkes, wo der Tau herabfällt. Im Un- lerischen Sprachbilder und seinen Witz ebenso terschied zum „Herabfl ießen“ in Sekundschritten sichtbar macht, wie das große Vermächtnis seiner ist das Herabfallen (in den Violinen) als Intervall- Werke als mutmachendes Glaubensbekenntnis. sequenz Terz-Quarte-Terz markant als Fallen und Es ist übrigens eine besondere Pointe, dass die Tropfen geschildert. Die „Berge“ wenig später vorliegende CD mit dem Wort „Jugend“ endet. sind dann melodische Wellen, die auch grafi sch im Notenbild eine Gebirgskette zeichnen. Und im Kontrast zu diesem Wellenbild ist dann schließlich die „Ewigkeit“ von Segen und Leben als Repe- Zu den einzelnen Werken tition auf einer Tonhöhe komponiert – die Ton- wiederholung drückt hier Beständigkeit, Dauer, ja Siehe, wie fein und lieblich ist’s SWV 48 1 eben Ewigkeit in stabilen Verhältnissen aus. entstand als Hochzeitsmusik zur Eheschließung seines „freundlichen und vielgeliebten“ Bruders Für Saget den Gästen SWV 459 2 mit dem un- Georg Schütz mit Anna Große am 9. August 1619 gewöhnlichen Aufbau Sinfonia I – Duett (SB) – in der Nikolaikirche in Leipzig. Georg war Ober- Sinfonia II – Quartett (SATB) – Tutti ist der Kom- gerichtsadvokat, Anna Große stammte aus einer positionsanlass weitestgehend unklar. Werner Buchhändlerfamilie in Leipzig. Heinrich Schütz Breig hat das Werk innerhalb der rund fünfzig hat mit der Textauswahl natürlich einen gewissen Kasseler Schützhandschriften in eine Gruppe familiären Witz eingebaut: „Siehe, wie fein und Dresdner Werke zwischen 1620 und 1632 einge- lieblich ist’s, dass Brüder einträchtig bei einander ordnet. Es könnte eine Evangelien musik für den wohnen!“ Das Werk wird dann übrigens 1650 in Gottesdienst sein. Wahrscheinlicher ist aber eine überarbeiteter Form in die Symphoniae Sacrae III nicht näher bekannte Hochzeit, die in dem Kon- eingehen. Es ist eines von vielen Beispielen dafür, zert ganz konkret eine Einlass- oder Einladungs- dass Schütz seine Kompositionen immer wieder situation künstlerisch durchspielt: Braut (Sopran) Digital Booklet hinterfragt und weiterentwickelt hat. und Bräutigam (Bass) laden zum Hochzeitsmahl: 4 „Saget den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe dass SWV 441 aus den späten 1620er Jahren C Carus ich bereitet [...].“ Im Schlussteil sind dann alle kommen muss, und hält einen