ISSN 0939 - 334X | 72. Jahrgang | April 2020 | 1/2 Geschichte der Pharmazie

DAZ Beilage | Redaktion Prof. Dr. Wolf-Dieter Müller-Jahncke | Prof. Dr. Christoph Friedrich

Von der Mercurseife EDITORIAL Fliehe schnell, fliehe weit, bleibe lange … … war die Weisung nach dem A­ usbruch zu ­Sublimatseife, Lysol der Pest in den Jahren 1348/49 in Mittel- europa – ein Satz, den die Autorin Fred Vargas (i. e. Frédérique Audoin-Rouzeau) zum Titel ihres 2001 erschienenen Krimi- und Lysoform nalromans „Pars vite et reviens tard“ wählte. Schon kurz nach dem Ausbruch Zur Geschichte medizinischer Seifenpräparate der Krankheit in Florenz hatte Giovanni Boccaccio die Novellensammlung „Il De- camerone“ geschrieben, die 1470 im Druck erschien. Auch im 20. Jahrhundert Ursula Lang | Seifen, die beim Ko- gepulverter „Esula- oder Wolfswurzel“ widmeten manche Autoren ihre Werke chen tierischer oder pflanzlicher [Euphorbia esula] her.1 den Seuchen: Albert Camus „La peste“ Fette mit alkalischen Laugen unter In der Pharmacopoea Wirtenbergica (Pest, 1947), Thomas Mann „Der Zauber- Freisetzung von Glycerin entstehen, 1741 findet sich eine ausführliche berg“ (Tuberkulose, 1924) oder Gabriel García Márquez „El amor en los tiempos waren jahrhundertelang wichtige Monographie zu „Sapo Medicatus“, del colera“ (Cholera, 1985). Doch während Hilfsmittel zur Körperhygiene so- aus der man ersehen kann, dass reine hier die Seuche zur sozial- und gesell- wie waschaktive Agentien, mit de- Seife im 18. Jahrhundert auch inner- schaftskritischen Interpretation der herr- schenden Verhältnisse diente, war das nen man Textilien und Alltagsge- lich angewendet wurde. Die Monogra- Ziel der Fachschriftsteller seit der Frühen genstände von fettigem Schmutz be- phie verweist auf berühmte Ärzte, wie Neuzeit die Aufklärung und Prävention. freite. Das Brennen, das ein länger- den hoch angesehenen niederländi- Kaum ein Stadtarzt oder Medizinprofes- sor, der nicht zur Feder griff, um ein „Seu- dauernder Seifenkontakt aufgrund schen Mediziner Hermann Boerhave chenbuch“ zu veröffentlichen, sei es zur der alkalischen Reaktion auf Haut (1668–1738), der Seife als wirkungs- Pest, zur „rothen Ruhr“, zur Cholera oder und Schleimhaut auslöste, wurde volles „Auflösungsmittel“ empfahl, zur Syphilis. Die Arzneibücher übernah- mit der heißen und trockenen Natur beispielsweise bei „Gallen- oder Milch- men die Rezepturen von den Ärzten und gaben den Apothekern die Möglichkeit, 2 der Seife in Verbindung gebracht. stau“ sowie bei Blasensteinen. mehr oder weniger wirksame Medika- Auch wenn die medizinische Anwen- mente herzustellen und sie an die Bevöl- dung von Seife in der antiken Materia kerung auszuliefern. Erst das 19. und 20. Reinigende medizinische Seifen Jahrhundert eröffneten durch medizi- Medica nicht beschrieben wurde, zur äußerlichen und innerlichen nisch-naturwissenschaftliche Erkenntnis- könnte damit ein humoralpathologi- se die Wege zur Bakteriologie, zu Impfun- Anwendung sches Therapiekonzept in Verbindung gen und wirksamen Arzneimitteln, wie 3 den Antisyphilitika oder den Sulfonami- Dass Seife ursprünglich nur äußerlich gebracht werden. Die Ärzte des 18. den und Antibiotika. Der Virologie gelang zu medizinischen Zwecken eingesetzt Jahrhunderts assoziierten Stauungen, es, die seit der Spanischen Grippe von wurde, kann dem Hortus sanitatis ent- Verhärtungen oder Steine mit einem 1918/20 gefürchtete Influenza zu bekämp- nommen werden. Das darin enthaltene gestörten Gleichgewicht der Körper- fen, und obwohl die Übertragung der Vo- gelgrippe (H5N1) auf den Menschen unsi- Kapitel „Sapo–seyff“ zeigt, dass man säfte. Mit auflösenden Mitteln, die das cher ist, war das antivirale Präparat Tami- im 15. Jahrhundert Seifenanwendun- Ausspülen von vermeintlich gestock- flu® 2014 in allen Apotheken heiß begehrt gen zur Wundreinigung sowie zur Be- ten Flüssigkeiten erleichterten, sollte (s. DAZ Cartoon vom 5. 3. 2020). So gilt der Merksatz aus den Zeiten der Cholera auch handlung von „grindiger“ und entzün- der Körper offensichtlich innerlich ge- bei dem jetzt grassierenden Corona-Virus, deter Haut oder Geschwüren einsetzte. reinigt werden. Der Apotheker und Be- striktes hygienisches Verhalten vorausge- Ferner stellte man seifenhaltige und gründer der Homöopathie Samuel setzt, noch immer: „Nur keine Forcht!“ W.-D. Müller-Jahncke örtlich reizende Abführzäpfchen mit Hahnemann (1755–1843) verfasste En-

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fen. Eine reine, wei- stopfung sowie Einreibungen mit „Sei- ße und geruchsneut- fengeist“ oder mit ätherischen Ölen rale „Sapo medica- bereitetem Opodeldok5, dem „Linimen- tus“ wurde aus Man- tum saponatum camphoratum“ gegen delöl oder arthritische und rheumatische Be- Kakaobutter mit al- schwerden, warnte aber auch vor mög- kalischen Laugensal- lichen Hautreizungen.6 zen gesiedet. Gepul- vert und in Wasser Abb. 1: Gart der Gesundheit 1485, Sapo seyff oder Milch aufgelöst, sollte sie Säure til- de des 18. Jahrhunderts ein mehrbän- gen, gegen Arsenik- oder Sublimatver- diges Apothekerlexikon und widmete giftungen helfen, Verstopfungen der dabei einen Abschnitt der „Seife Eingeweide zerteilen, Gefäße reinigen (Sapo)“, die er als „Verbindung eines und zähe Säfte verdünnen. Ferner be- sauern oder alkalischen Salzes mit schrieb Hahnemann ein seifenhaltiges Fettigkeiten zu einem in Wasser und „Klystier“ als wirksames, „den Leib Weingeist auflöslichen Mittelkörper“ eröffnendes“ Mittel sowie „Spiritus sa- definierte. Apotheker stellten „Sapo ponis“, Seifengeist, als äußerlich anzu- acidus“, saure Seife, aus Baumöl (Oli- wendende Arznei zur Erweichung und venöl), Mandelöl oder Kakaobutter und Auflösung von Geschwülsten. Vor der Vitriolsäure (Schwefelsäure) her, die innerlichen Anwendung nicht-medizi- nach längerer Reaktionszeit, Abschei- nischer Seifen, wie grüner, schwarzer dung und Auswaschen überschüssiger oder marmorierter Seife aus Frank- Säure und anschließender Trocknung reich, Spanien oder Italien, warnte gewonnen wurde. Außer zur Einrei- Hahnemann hingegen. Färbungen bung von Fußgeschwülsten wendete oder Flecken würden durch ungeeig- man diese Seife Hahnemann zufolge nete Gefäße aus Kupfer oder auch überwiegend innerlich an, beispiels- durch Beimischungen, wie „Indig“ weise als harntreibende Arznei gegen oder Kupfervitriol als Färbemittel, in Nieren- und Blasensteine sowie bei die Seifenmasse eingebracht.4 Abb. 3: Vierkantflasche (SPIRITUS): / „inflammatorischer Wassersucht“, also 1826 verfasste der Wiener Mediziner SAPON, Glas, 2. Hälfte 18. Jh. Ödemen mit Wassereinlagerungen im und Professor Leopold Franz Herr- Gewebe. Gewöhnliche Hausseifen, wie mann (1785–1839) das dreibändige Seifen als Gegenstand „Sapo mollis“, „Sapo vulgaris“ oder System der practischen Arzeneymittel- ­chemisch-pharmazeutischer „Sapo communis“, konnte man aus lehre. Im zweiten Band handelte er die Talg, Hanf-, Lein- oder Rüböl gewin- Besondere Arzeneymittellehre ab und Wissenschaft nen, Heringstran und Olivenöl stellte widmete im Kapitel der „Lymphatisch- Erst der französische Chemiker Mi- man durch Kochen mit „potaschlau- auflösenden Arzeneystoffe“ den „me- chel Eugene Chevreul (1786–1889) gensalziger Seifensiederlauge“ her. Bei dicinischen Seifen“ einen längeren konnte zeigen, dass Fette durch che- Zusatz von Kochsalz zum Ende des Abschnitt. Herrmann beschrieb aus- mische Reaktion mit Alkali und Erd- Siedens entstanden feste Natron-Sei- führlich Indikationen zur Einnahme alkali beim Kochen in Wasser in Fett- von Seife, beispielsweise zum Lösen säuren und „glycérine“ (griech. gly- von Gallen- oder Nierensteinen oder kerós, süß) zerlegt werden. 1823 be- zum Binden von Säure, erwähnte je- richtete er in den Recherches doch auch Fälle, bei denen die Einnah- chimiques sur les corps gras d´origine me von Seife nicht angezeigt war, wie animale über seine umfangreichen bei „fauligen Colliquationen“, unter Versuche zur Aufklärung der Versei- denen eitrige und nekrotische Gewe- fungsreaktion.7 Der Apotheker Sigis- beveränderungen zu verstehen sind. mund Friedrich Hermbstaedt (1760– Hingegen lobte Herrmann die äußerli- 1833) mit seinem großen Interesse an che Anwendung von Seifenbädern als der Weiterentwicklung chemisch-tech- wirksames Mittel zur Regelung ge- nischer Gewerbe erkannte sofort die störter Hautfunktionen, erwähnte Sei- Bedeutung dieser Entdeckung für die fenpflaster zum Auflegen auf Ge- Wissenschaft. 1824 gab er eine zweite, Abb. 2: Sapo medic. pulv. schwülste, Seifenklystiere gegen Ver- neu bearbeitete Auflage seines Buches

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Chemische Grundsätze der Kunst alle umcarbonat aus Natriumchlorid, Arten harte und weiche Seifen zu fabri- Schwefelsäure, Kohle und Kreide (Cal- ciren heraus, in die er die neuen Er- ciumcarbonat) erfunden, das der tech- kenntnisse zur chemischen Zusam- nischen Chemie zu industriellem Maß- mensetzung von Fetten und zur Theo- stab verhalf.9 Um eine ausreichende rie der Seifenbildung einfließen ließ. Reinheit von technisch gewonnenem Im Vorwort erläuterte er, dass seit Er- Soda zu gewährleisten, wurden maß- scheinen der ersten Auflage im Jahr analytische Methoden eingesetzt. Die 1808 die Naturwissenschaften „auch Chemiker Carl Remigius Fresenius über die Gegenstände der Seifensie- (1818–1897) und Heinrich Will (1812– derey vielfältig ein helleres Licht ver- 1890), Assistenten des in Gießen leh- breitet haben“. renden Professors der Chemie Justus Hermbstaedt führte die unterschiedli- Liebig (1803–1873), verfassten 1843 che Konsistenz und Löslichkeit von eine Schrift, die die Prüfung von Pott- harten und weichen Seifen auf die je- asche und Soda zum Gegenstand hat- weilige chemische Zusammensetzung te.10 der zur Verseifung eingesetzten „Fet- 1867 behandelte Carl Deite (1832– Abb. 4: Standgefäß für Linimentum tigkeiten“ mit unterschiedlichen An- 1921), Chemiker und „Dirigent“ einer Opodeldok teilen an „Talgstoff (Stearine)“ oder Potsdamer Stearin-Fabrik, in seinem „Oelstoff (Elaine)“ zurück sowie auf Werk Die Darstellung der Seifen, Parfü- se den bei Quetschungen, Verstau- die unterschiedlichen Kristallisations- merien und Cosmetica nicht nur die chungen und Verrenkungen anzuwen- eigenschaften von „talgsauren“ res- Ausgangsmaterialien, Herstellungs- denden „Spiritus saponatus der pektive „ölsauren“ Salzen mit „Nat- methoden und technischen Apparatu- ­Apotheken“ sowie kampherhaltigen ron“ oder „Kali“. Während Hermb- ren zur Fabrikation verschiedener har- Opodeldok als Einreibemittel bei staedt ausführlich auf chemische Fra- ter Kernseifen oder weicher Schmier- „schmerzhaften Rheumatismen, Con- gestellungen der zur Seifenherstellung seifen, sondern ging auch auf Prüfme- tusionen und kalten Geschwülsten“.11 eingesetzten tierischen und pflanzli- thoden und Herstellungskosten ein. In Aus Deites Ausführungen ist ersicht- chen Fette sowie Hilfsstoffe, wie Pott- einem kurzen Abschnitt über die „An- lich, dass nicht nur Seifen zu techni- asche (Kaliumcarbonat), Soda (Natri- wendung der Seifen“ grenzte er „Haus- schen und kosmetischen Zwecken, umcarbonat) und Natron (Natriumhyd- seifen“ und „Seifen für technische sondern offensichtlich auch medizini- rogencarbonat), einging und die unter- Zwecke“ von „medicinischen Seifen“ sche Seifen und Seifenpräparate im in- schiedlichen Herstellungsweisen für ab. Von einer innerlichen Anwendung dustriellen Maßstab außerhalb von weiche und harte Seifen erläuterte, riet Deite aber wegen des schlechten Apotheken gefertigt wurden. widmete er der Fabrikation von „medi- Geschmacks ab und äußerte ferner Be- cinischer Seife“ nur wenig Raum. Er denken, dass die in den Magen gelan- Seifen als Gegenstand erläuterte knapp: „Medicinische Seife genden, bedeutenden Quantitäten von ­dermatologischer Wissenschaft nennt man eine solche, die allein zum Fettsäuren störend auf die Verdauung innern arzneylichen Gebrauch be- wirken würden. Die äußerliche An- 1867 verfasste Heinrich Auspitz stimmt ist. Ihre Zusammensetzung er- wendung von Seifen hielt Deite hin- (1835–1886), ein Schüler von Ferdi- fordert ein ganz reines geruchloses gegen in vielen Fällen für zweckmä- nand von Hebra (1816–1880), dem Be- Provenceröl, und eine aus reinem Nat- ßig. Die Beschreibung von Jod-, Chlor-, gründer der Dermatologie als eigen- ron bereitete Aetzlauge. Lauge aus ro- Campher-, Terpentin-, Tannin- oder ständiger medizinischer Hochschul- her Soda kann hierzu nicht angewen- Theerseife zeigt, dass es bereits eine disziplin in Wien, eine Schrift mit det werden, weil solche immer nur ein beachtliche Reihe von wirkstoffhalti- dem Titel Die Seife und ihre Wirkung unreines Produkt darbietet, das nicht gen Seifenpräparaten zur äußerlichen auf die gesunde und kranke Haut. Aus die schöne äußere Beschaffenheit be- Anwendung gab. Deite ergänzte seine dem Vorwort wird ersichtlich, dass sitzt, welche [man] an der ächten me- chemisch-technologischen Ausführun- Auspitz die inzwischen weit verbreite- dicinischen Seife (Sapo medicatus) zu gen mit einem langen Abschnitt über te Verwendung verschiedenster Sei- bemerken gewohnt ist“.8 „Toilettegegenstände“, unter denen er fen nicht auf chemisch-technologi- Die Seifenfabrikation erfuhr im 19. vorwiegend parfümierte Mittel zur sche, kulturelle, hygienische oder Jahrhundert einen deutlichen Auf- Pflege von Mund, Zähnen, Haaren, kosmetische Aspekte beschränken schwung, insbesondere weil sich die Bart und Haut verstand. Von der Glie- wollte. Die möglicherweise pathologi- Kosten für Soda verringerten. Der derung abweichend, führte er im kos- sche Wirkung von Toilettenseifen auf Arzt Nicolas Leblanc (1742–1806) hatte metischen Abschnitt unter den „Mit- gesunde sowie die medizinische Wir- 1789 ein mehrstufiges chemisches teln zur Verschönerung der Haut“ kung von medikamentösen Seifen auf Verfahren zur Gewinnung von Natri- auch Seifenessenzen auf, beispielswei- erkrankte Haut hielt er für zu wenig

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stoffen, wie Rosenöl, rasitären Hautaffektionen und weni- Moschusessenz oder ger für Arzneien zur Erzielung einer Neroli, parfümiert systemischen Wirkung.12 war. Dann wandte er Nachdem 1869 im Archiv für Dermato- sich der therapeuti- logie und Syphilis der Beitrag Ueber schen Anwendung den innerlichen Gebrauch von Carbol- von Seifen zu und säure gegen Hautkrankheiten und Sy- berief sich auf Ferdi- philis erschienen war, eröffnete sich nand von Hebra, der die Möglichkeit, Hauterkrankungen eine durch Verseifen auch durch innerliche Verabreichung von Fetten mit Kali- von Wirkstoffen zu beeinflussen. Der lauge gewonnene Autor Moriz Kohn [Moriz Kaposi] Schmierseife sowie (1837–1902), ein enger Mitarbeiter „Spiritus saponatus und später auch Schwiegersohn He- kalinus“ zur Mazera- bras, berichtete, dass Patienten nach tion und Ablösung Anwendung eines Carbolsäure enthal- von verdickten tenden Lister-Verbandes zur Behand- Hornschichten der lung von „Fussgeschwüren, Bubonen Epidermis einsetzte, und Carcinomen“ einen nach Teer rie- beispielsweise bei chenden, olivgrünen oder schwarzen Psoriasis oder Ich- Urin ausschieden, obwohl die Carbol- thyosis. In Verbin- säure bei der Einnahme noch eine dung mit Schwefel „wasser- oder weinhelle“ Farbe aufge- ließ Hebra Schmier- wiesen habe. Daraus schloss er, dass seife bei Skabies an- Carbolsäure in den Blutkreislauf ge- Abb. 5: Sekundäre Syphilis wenden, die durch langte, sich veränderte und danach Krätzmilbenbefall über die Nieren ausgeschieden würde. erforscht. Auspitz äußerte sich bei der Haut verursacht wurde und von Er vermutete eine Oxidationsreaktion, seinen Ausführungen sehr kritisch zu quälendem Juckreiz begleitet war. da sich „Carbolsäurepartikel“ unter billigen, in betrügerischer Absicht ge- Schmierseife mit Teer diente der Be- Lufteinfluss ebenfalls schwarz ver- handelten „gefüllten Seifen“, bei de- handlung juckender, ekzematöser färbten. Kohn berichtete dann, dass nen zu viel Kochsalz und Soda zuge- Hauterkrankungen. Seifenkuren wur- die orale Verabreichung von Carbol- setzt würden und die mit einem zu den üblicherweise mehrmals wieder- säure an zahlreichen Patienten er- hohen Anteil an Wasser ein nicht kor- holt und über einen längeren Zeit- probt worden sei und zur Linderung rektes Seifengewicht vortäuschten. raum vorgenommen. Die Kranken von Juckreiz bei Ekzemen und Psoria- Diese Seifen enthielten freies und ät- hüllte man nach Auftragen von Seife sis sowie einigen anderen Haut- zendes Alkali und zudem häufig auch oder Seifengeist in wollene Decken erkrankungen geführt habe. Bei Sy- Farbstoffe, wie Zinnober oder Ultra- und frottierte nach der Einwirkzeit philispatienten würden jedoch „Mer- marin. Geeignete, harte Kernseifen die aufgeweichte Hornhaut gründlich curial-Inunctionen“ (lat.: inungere, müssten neutral reagieren und zu ab. Die schmerzhafte Irritation der bestreichen, salben) deutlich besser nicht mehr als einem Viertel aus Was- Haut nahm man dabei in Kauf und wirken als die Einnahme von Carbol- ser bestehen. Allerdings würden Sei- linderte die Beschwerden der Kran- säure.13 Die durch Geschlechtsverkehr fen mit zu geringem Wasseranteil ken anschließend durch Öleinreibun- übertragene und im 19. Jahrhundert nicht gut genug schäumen ebenso wie gen. Für Auspitz war Seife eine „der noch weit verbreitete Syphilis oder Seifen mit einem Überschuss an Fett, Salbe nahestehende Präparation, die Lues führte im Sekundärstadium zu die beim Lagern zudem rasch einen Alkali enthält“ und die „im Moment sehr entstellenden und stigmatisie- ranzigen Geruch annahmen. Auspitz der Applikation eine lösende Einwir- renden Haut- und Schleimhautverän- führte weiter aus, dass man bei Wä- kung auf die obersten Epidermis-Ele- derungen. Da die orale Einnahme von scherinnen beobachten könne, dass mente hervorbringt“. Daraus folgerte quecksilberhaltigen Arzneien zu gas- auch gute Seifen bei allzu häufiger er, dass Seifen möglicherweise die Re- trointestinalen Nebenwirkungen mit Anwendung zu geschädigter, rauer sorption von Stoffen durch die Haut blutigen Durchfällen führte, erprob- Haut führten und hielt den Wert von begünstigen könnten. Trotzdem hielt ten Ärzte der damaligen Zeit die Seife beim Waschen für übertrieben. Auspitz Jodschwefel-, Terpentin-, Wirksamkeit und Verträglichkeit Für gesunde Haut war Seife nach Aus- Teer- oder Kreosotseife vor allem für quecksilberhaltiger Dermatika, die pitz ein Kosmetikum oder gar Luxus- geeignete Dermatika zur Behandlung zudem vom Patienten selbst angewen- produkt, wenn sie mit kostbaren Duft- von chronischen, infektiösen oder pa- det werden konnten.14

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Sapo mercurialis als Anreiz tiger“ auf den Organismus ein, da sich tervallen einer Analyse unterwirft. Da zur Entwicklung medizinischer bei Anwendung von „Merkurseife“ im diese Analyse sich dann nicht blos auf Seifen Vergleich zu Einreibungen mit Queck- die darin enthaltenen Medicamente, silbersalbe deutlich rascher heftiger sondern ebenso auf die Seife an sich, 1882 berichtete der Aachener Balneo- Durchfall und Koliken, Zahnfleisch- die verwendeten Fette und Alkalien loge [Ludwig] Schuster (1833–1906) und Mundschleimhautentzündungen bezieht, so sind auf diesem Weg Seifen von einer „Mercurseife (Savon Napoli- einstellten. Der Hamburger Dermato- herstellbar, welche den Medicamenten tain)“, die er in der „Charcot´schen loge Paul Gerson Unna (1850–1929), der Apotheke an Sicherheit nichts Poliklinik der Salpétrière“15 zur An- der in Wien eine fachliche Ausbildung nachgeben. Dann erst wird der Arzt wendung als „Inunctionskur“ bei Sy- bei Ferdinand von Hebra, Moriz Kapo- überall gleiche Erfolge mit einer be- philis kennengelernt hatte.16 Kurze si und Hermann Auspitz durchlaufen stimmten Seife erzielen können.“ Zeit später erschien ein Beitrag des und 1881 eine dermatologische Privat- Unna wies darauf hin, dass er seit län- königlichen Polizeiarztes und Urolo- klinik in Hamburg gegründet hatte, gerer Zeit von den Apothekern, Herrn gen [Felix Martin] Oberländer (1849– verfolgte diesen Vortrag offenbar mit Beiersdorf und Herrn Dr. Mielck, eine 1915) aus Dresden17 über „Sapo mer- großem Interesse, denn er bestätigte curialis“ als Ersatzmittel für „Unguen- die erfolgreiche Behandlung von Sy- tum hydragyri cinereum“, die offizi- philis mit Quecksilberseife in einem nelle graue Quecksilbersalbe.18 Diskussionsbeitrag, wobei er angab, Nachdem Oberländer die Ansicht ver- bereits seit zwei Jahren Quecksilber in trat, dass ein weiches Kalischmiersei- einer überfetteten Kalisalbenseife zu fenpräparat einfacher anzuwenden sei verwenden.19 Unna verfasste zudem als eine feste Natronseife, wie die „Sa- 1885 einen ausführlichen Beitrag Ue- von Napolitain“, die vor der Anwen- ber medicinische Seifen in Volkmanns dung erst mit Wasser kräftig aufge- Sammlung Klinischer Vorträge zur in- schäumt werden musste, veranlasste neren Medizin, in dem er sich ener- Schuster die Herstellung einer neutra- gisch für qualitativ einwandfreie Sei- len quecksilberhaltigen Schmierseife fen einsetzte: „Er [der Arzt] wird aber nach Oberländers Angaben in der nie im Stande sein, selbst zu prüfen, „Neunerdt (Wingsschen) Apotheke“ ob die resultirende Seife seinem Re- sowie in der „Sommerschen Löwen- cept entspricht und in stets gleichmäs- apotheke“ in Aachen. Zu Vergleichs- siger Güte ausfällt. Hierzu müsste die zwecken ließ er sich zudem eine Probe Darstellung in der Hand des Apothe- Abb. 6: Wilhelm Hildemar Mielck der von Oberländer empfohlenen kers liegen, des einzigen Standes, wel- „Sapo mercurialis“ aus der Dresdener cher mit den nöthigen Kenntnissen „33⅓ % Hg“ enthaltende, überfettete Löwenapotheke zusenden. In den bei- ausgerüstet zugleich die moralische Kaliseife zubereiten ließ, mit der er so den Aachener Apotheken wurden ver- Garantie bietet, um aus seinen Hän- zufrieden sei, dass diese inzwischen schiedene Herstellungsverfahren er- den ein wirklich medicinisches Pro- „Unguentum cinereum“ in seiner Pra- probt und verbessert, worüber Schus- duct entgegenzunehmen.“ Wenn die xis vollständig verdrängt habe: „Herr ter im September 1885 auf der 58. Na- Produktion großer Mengen Seife die Thomas Douglas, ein hiesiger Seifen- turforscherversammlung in Grenzen eines Apothekenbetriebes fabrikant von anerkanntem Rufe, ent- Straßburg, bei der eine eigene Sektion überschritt, war es nach Unnas Mei- schloss sich […] die Fabrikation für Dermatologie und Syphilidologie nung erforderlich, dass Apotheker die sämmtlicher von mir gewünschter ins Leben gerufen und damit eine Ver- Seifenfabrikanten überwachten: „Ein Seifen in Angriff zu nehmen. Herr einigung deutscher Dermatologen ge- Seifenfabrikant und ein von demsel- Paul Beiersdorf, dem wir in der Dar- schaffen wurde, ausführlich berichte- ben vollständig unabhängiger Apothe- stellung der Guttaperchapflastermulle te. Der therapeutische Nutzen dieser ker (oder ein pharmaceutisch gebilde- und Glycerinleime schon die Einfüh- mit wenig Wasser gut einzureibenden ter Chemiker) theilen sich so in die rung einiger der wichtigsten Verbes- „Sapo mercurialis“ war nach Schus- Darstellung der medicinischen Seife, serungen der modernen Dermatothe- ters Überzeugung eindeutig gegeben. dass der erstere die technische Vollen- rapie verdanken, übernahm mit ge- Weiche Quecksilberseife war dem dung der Seife und Darstellung des wohnter Sachkenntnis und Arbeits- grauen, die Kleidung der Patienten Seifenkörpers übernimmt, letzterer freudigkeit nicht nur die quantitative stark verschmutzenden und nach der die Incorporation des Medicaments und qualitative Zurichtung der erfor- Anwendung nur mühsam wieder von besorgt und überwacht und zugleich derlichen Medicamente, sondern auch der Haut zu entfernenden „Unguen- die fertige Seife im Hinblick auf die die Anstellung sämmtlicher nachträg- tum cinereum“ nicht nur ebenbürtig, mit Sicherheit zu erwartenden späte- licher und nach meiner Ueberzeugung sondern wirkte vielmehr noch „mäch- ren Veränderungen in bestimmten In- unumgänglicher Analysen. Dieser

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te. Auch überfettete Sublimatseife Gemäß Analyseergebnis zersetzte sich hielt Unna nur für eine begrenzte Zeit das Sublimat kaum und es bildeten haltbar, da sich diese nach einigen sich nur geringe Mengen Kalomel

Monaten Lagerung in eine graue ­(Hg2Cl2). Ferner erläuterte Geissler, Quecksilberseife verwandelte.20 dass er Professor [Albert] Johne (1839– Da Unnas Beitrag auch für Apotheker 1910), der als tierärztlicher Pathologe von großem Interesse war, wurde er in ebenfalls an der Tierarzneilichen wesentlichen Teilen in einer dreiteili- Hochschule Dresden forschte und lehr- Abb. 7: Calvert´s Medical Soap gen Folge der Pharmaceutischen Cen- te, darum gebeten habe, Desinfekti- tralhalle wiedergegeben. Als Kommen- onsversuche mit der von ihm entwi- Theil der Arbeit ging, nachdem Herr tar fügte der Autor Ewald Geisler hin- ckelten, ein Prozent Sublimat enthal- Beiersdorf sich auf die fabrikmässige zu, dass man zum Überfetten der tenden Seife vorzunehmen.23 Darstellung der Pflaster- und Salben- Unna‘schen Seife nicht Fett, sondern Johne berichtete in der gleichen Aus- mulle beschränkt und seine Apotheke freie Fettsäuren, wie Oelsäure oder gabe der Pharmaceutischen Centralhal- aufgegeben hatte, an Herrn Dr. Mielck Stearinsäure, verwenden könnte, um le ausführlich über die experimentelle über, so dass die von mir angegebenen zu verhindern, dass die Seife ranzig Vorgehensweise seiner Untersuchung. medicinischen Seifen zur Zeit von würde. Dass er zudem anmerkte, dass Die von ihm geprüfte „Geissler‘sche Herrrn Thomas Douglas (Einsbüttel durch Zusatz von Ammoniak die Seife Sublimatseife“ tötete Milzbrandsporen bei Hamburg) unter Mitwirkung und so alkalisch gemacht werden könne, ab, wenn eine ununterbrochene Controle [!] von Herrn Dr. Mielck dass sie beim Waschen kräftig Waschzeit von mindestens einer hal- (Schwanapotheke zu Hamburg) darge- schäumte, zeigt allerdings, dass er Un- ben Minute eingehalten wurde. Wegen stellt werden.“ Unna erläuterte ferner, nas Wunsch nach einer völlig neutra- dieses Ergebnisses empfahl Johne die dass er neutrale, gut getrocknete Seife len und damit hautschonenden Seife „Geissler‘sche Sublimatseife“ für Chir- nur aus tierischem Fett, und zwar ignorierte.21 urgen und pathologische Anatomen „bestem Rindstalg“ herstellen ließ, Neben metallischem Quecksilber wur- als „ausserordentlich handliches, be- während eine vorwiegend zu Reini- de auch Sublimat (HgCl2) in Seifen quem anwend- und transportirbares gungszwecken dienende, stark schäu- eingearbeitet, nachdem der Arzt und sicher wirkendes Desinfectionsmittel“. mende Seife meist mit „Cocosnussöl“ Bakteriologe Robert Koch (1843–1910), Als besonders vorteilhaft empfand gesiedet würde, was aber die Haut der 1880 an das Kaiserliche Gesund- Johne, dass dieses „selbst mit der fet- spröde mache. Die Verseifung zu einer heitsamt in Berlin berufen worden ten Haut innig in Berührung tritt und neutralen, festen Seife erfolgte mit ei- war, über die hohe Desinfektionskraft für dieselbe Reinigungs-, Entfettungs- nem genau berechneten Quantum von Sublimat-Lösungen gegen Milz- und Desinfectionsmittel zugleich ist.“ einer Mischung von frisch bereiteter brandsporen berichtet hatte.22 Da die Er fügte noch hinzu: „In wie weit die Natron- und Kalilauge. Durch Zusatz Haltbarkeit von Sublimat in Seifen- Sublimatseife auch therapeutische eines Überschusses von etwa drei bis grundlage jedoch unbefriedigend war, Verwendung finden kann, bleibt weite- vier Prozent Olivenöl wurde eine neut- was sich infolge von Quecksilberaus- ren Versuchen vorbehalten“.24 In der rale und „überfettete“ Seifengrundla- scheidungen rasch durch dunkle Fle- Beilage der nächsten Ausgabe der ge gewonnen, die nicht nur der Scho- cken und Schwarzfärbung der Seife Pharmaceutischen Centralhalle er- nung der Haut dienen, sondern auch zeigte, nahm Geissler dies zum An- schien eine Werbeanzeige der „Toilet- der Zersetzung von hinzugefügten lass, sich gemeinsam mit der Dresdner teseifen- und Parfümerie-Fabrik T. Wirkstoffen, wie Salicylsäure oder „Toiletteseifen- und Parfümeriefabrik Louis Guthmann“, die darauf aufmerk- Sub ­limat, entgegenwirken sollte. Den T. Louis Guthmann“ mit der Herstel- sam machte, dass Sublimat-Seife ne- Zusatz von Glycerin oder Vaseline so- lung einer besser lagerfähigen Subli- ben ihrer Verwendung bei Hautkrank- wie auch von Duftstoffen lehnte Unna matseife auseinanderzusetzen. Geisler heiten „sehr beachtenswerth als Des- hingegen ab, denn Fabrikant und verfasste dann 1886 in der Pharmaceu- infectionsmittel“ sei. ­Patient sollten daran erinnert werden, tischen Centralhalle ei- dass sie es mit einem „ernsteren Ge- nen Beitrag über Subli- genstand als einem Stück Toiletteseife matseife und gab an, zu thun haben“. Unna gab ferner bei- dass die Überfettung spielhafte Rezepturen für überfettete mit Fettsäuren anstatt Grundseife und überfettete Salicyl-, mit Fett die Haltbarkeit Zinksalicyl- oder Ichthyolseife an. An tatsächlich verbesserte. einer ausreichenden Qualität von Car- Auch nach viermonati- bolseife zweifelte Unna aufgrund der ger Aufbewahrung war Flüchtigkeit von Phenol und empfahl äußerlich keine Verän- Abb. 8: Werbung in Beilage der Pharmaceutischen Central- stattdessen teerhaltige Seifenpräpara- derung wahrzunehmen. halle

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Sapo unguinosus – eine krankungen ein sowie bei se- ­emulgierende Salbengrundlage borrhoischem Ekzem, Rosa- cea, Furunkulose und Akne.25 Dass Unna die dermatotherapeutische Ichthyol führte erstmals Anwendung medizinischer Seifenprä- Unna in die Dermatotherapie parate am Herzen lag, kann man sei- ein, da es eine modifizierte nem Beitrag über Medizinische überfet- Schwefeltherapie ermöglichte, tete Kaliseifen (Salbenseifen) in den die wesentlich besser haut- Monatsheften für Praktische Dermato- verträglich war als anorgani- logie entnehmen. Darin bevorzugte sche Schwefelpräparate.26 Fer- Unna nicht mehr überfettete, wirk- ner nahm Unna auch „Sapo stoffhaltige Stückseifen, sondern Ka- unguinosus Kalii jodati“ in lischmierseifen, die in Apotheken je seine Therapie auf, nachdem nach Indikation in unterschiedlichster ihn Wilhelm Hildemar Mielck Modifikation rezeptweise hergestellt (1840–1896) darauf aufmerk- werden konnten und deren Haltbarkeit sam gemacht hatte, dass die wegen des raschen Verbrauchs von ge- Vorschrift der zweiten Auf- ringerer Bedeutung war als die von la- lage der Pharmacopoea Ger- gerhaltigen festen Stückseifen. Unna manica für „Unguentum Kalii erläuterte, dass ihn die übliche Praxis jodati“ zu einem völlig unge- der Quecksilberschmierkur zur Be- nügenden Präparat führte, kämpfung der Syphilis veranlasst das durch Freiwerden von Jod habe, weitere Wirkstoffe in eine über- während der Lagerung rasch fettete Kaliseife einzuarbeiten und zur eine gelbe Farbe annahm. Abb. 9: Werbung für Canz´sches Mollin Therapie anderer Hauterkrankungen Mielck erläuterte in einem einzusetzen. Einer neutralen Schmier- Aufsatz seine chemisch-galenischen Mit überfetteter Schmierseife befasste seifengrundlage wurden je nach Art Überlegungen zu dieser Salbe und kri- sich ferner auch ein Leipziger Der- des einzuarbeitenden Arzneistoffes tisierte die ungeeignete offizinelle Pa­ matologe, der in einem Aufsatz über variable Mengen an Fett zugesetzt. raffingrundlage, in die eine wässrige „Mollin“, eine um 17% überfettete Unna wählte für die von ihm einge- Kaliumjodid-Lösung nicht einzuarbei- „Sapo mollis“, zur Pflege gereizter führte Arzneiform einen neuen Na- ten war. Er empfahl stattdessen, eine Haut und ein mögliches Vehikel zur men: „Da die so überfetteten Kali­ mit Schmalz überfettete Kalischmier- kutanen Applikation von Quecksilber, schmierseifen gleichsam zwischen seife als Vehikel zur Einarbeitung des „Pix liquida“ und weiteren Wirkstof- den gewöhnlichen Seifen und Salben wasserlöslichen Wirkstoffs zu nutzen. fen berichtete. Er wies auf den „Herrn in der Mitte stehen, schlage ich statt Er bezweifelte jedoch, dass sich „Ka- Apotheker Theodor Canz in “ jenes langen Namens mit adjektivi- lischmalzseife“ dauerhaft gegen das hin, der nach ärztlicher Verordnung schem Zusatz die kurze Bezeichnung: gerade eingeführte und vielfach ange- „Mollinum Hydrargyri cinereum“, Salbenseife (Sapo unguinosus) für die- priesene „Lanolin“ durchsetzen würde: „Mollinum carbolicum“, „Mollinum sa- se Form unsrer Medikamente vor.“ „Augenblicklich steht allerdings das licylicum“ oder „Mollinum sulfoich- Dass Unna von „unsren Medikamen- Lanolin auf der Höhe der Anpreisung, thyolicum“ herstellen würde. Kirsten ten“ sprach, zeigt die Wertschätzung und die Kalischmalzseife, nicht ge- merkte zudem an, dass „Mollin auch für die geleistete pharmazeutische stützt durch den supponierten Vorzug in ganz vorzüglicher Weise zur Her- Entwicklungsarbeit: „Die von mir an- rascher als alles andre durch die Haut stellung der sogenannten Saponimen- gewandten fundamentösen Salbensei- hindurch zu marschieren und auf die- te geeignet sein dürfte“.28 fen sind bei den Herrn Beiersdorf (Al- sem Marsch alle medikamentösen Bei- Die neu eingeführte Grundlage „Sapo tona, Wohlers Allee 40) und Dr. Mielck mengungen mitzuschleppen, wird unguinosus“ weckte erkennbar das In- (Schwanenapotheke, Hamburg) vorrä- wohl kaum zur Zeit den Kampf mit teresse des Apothekers und Unterneh- tig. Hr. Th. Douglas (Seifenfabrikant, demselben aufnehmen dürfen. Doch mers Eugen Dieterich (1840–1904), der Eimsbüttel) stellt die Salbenseifen- aber teilt sie mit dem Lanolin folgende galenische Präparate in fabrikmäßi- grundlage (unüberfettet) dar.“ kaum lobenswerte Eigenschaft nicht: gem Maßstab in der „Papier- & chemi- Salbenseife diente somit als neuartige sie riecht nicht nach Bockschweiß, sie schen Fabrik in Helfenberg bei Dres- Salbengrundlage und Träger für in der ist nicht mißfarbig gelbbraun, sie ist den“ zum Verkauf in Apotheken her- Dermatotherapie häufig eingesetzten auf der Haut verrieben nicht harzig stellte.29 Dieterich gab zudem Fachlite- Wirkstoffe, wie Quecksilber oder Teer. zäh und Haare verklebend, sie enthält ratur, wie das Neue Pharmaceutische „Sapo unguinosus“ mit Ichthyol-Zusatz nicht stets wandelbare Mengen von Manual, heraus, um seine Kollegen bei setzte Unna bei „intertriginösen“ Er- Wasser untermischt“.27 ihrer praktischen Tätigkeit in Rezep-

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tur und Defektur mit erprobten Vor- sich Seifenpräparate, denen Kaliumjo- Linimenta waren als weitere Arznei- schriften zu unterstützen. Ferner ver- did zugesetzt worden war. Dieterich form des Neuen Pharmaceutischen Ma- öffentlichte er in den Helfenberger An- äußerte sein Erstaunen darüber, dass nuals ebenfalls zum äußerlichen Ge- nalen die Ergebnisse eigener Labor- Mielck Salbenseife mit Zusatz von brauch bestimmt. Sie enthielten untersuchungen von Ausgangsstoffen „Kalii jodati“ für haltbar hielt, und ver- pflanzliche Öle und Wirkstoffe, wie und Präparaten, die für Apotheker der mutete, dass dieser das Entstehen von Chloralhydrat, Opiumtinktur oder Praxis von großem Nutzen waren. In freien Fettsäuren nicht bemerkte, weil Campher, die in „Liquor Ammonii der ersten Ausgabe des Neuen Phar- er keine Säurebestimmung durchge- caustici“, „Aqua Calcariae“ oder „Spiri- maceutischen Manuals aus dem Jahr führt, sondern die Lagerfähigkeit nur tus saponati“ eingearbeitet wurden. 1887 finden sich zahlreiche Vorschrif- anhand einer unauffälligen äußeren „Linimentum carbolisatum“ hingegen ten für Seifen, beispielsweise für Beschaffenheit beurteilt hatte.31 stellte man durch Erwärmen und Lö- „Sapo stearinicus“, eine feste Natron- sen von Carbolsäure in reinem Oliven- seife, aus der Apotheker durch Pul- Saponimenta, Linimenta, öl her. vern und Vermischen mit „Acidi cabo- Ferner beschrieb und vertrieb Diete- ­Lanolimenta und Stili als lici puri“ für Ärzte eine desinfizieren- rich noch eine Reihe verschiedener La- de „Sapo carbolisatus“ herstellten, ob- ­Galenika für die Dermato­ nolimenta, unter denen er einerseits wohl Dieterich kritisch anmerkte: „Es therapie Lanolinsalben, wie „Lanolimentum ist, wie sich in der Praxis zeigte, der Vielleicht aufgrund der Feststellung Hydragyri album“, und andererseits Gehalt an Carbolsäure nicht zu hoch von Unverträglichkeiten bestimmter lanolinhaltige Salbenmulle, wie „La- bemessen.“ Mit Kaliumcarbonat, ge- Wirkstoffe mit „Sapo unguinosus“ äu- nolimentum Hydrargyri album exten- branntem Kalk und Leinöl siedeten ßerte sich Eugen Dieterich in einem sum“ verstand, bei denen Mull in Apotheker „Sapo kalinus“. Ersetzte weiteren Abschnitt des Neuen Phar- einer ge­ schmolzenen hammeltalghal- man „Olei Lini“ durch „Olei olivarum maceutischen Manuals 1887 sehr posi- tigen ­Salbenflotte mit weißem Präzipi- provincialis“, erhielt man „Sapo kali- tiv zu seifenhaltigen, dickflüssigen tat (HgCl2) oder auch anderen Wirk- nus albus“, aus der durch Zusatz von Einreibemitteln, die er als Saponimen- stoffen, wie Carbolsäure, Borsäure, Sa- metallischem Quecksilber, grauer ta bezeichnete: „Der Opodeldok mit licylsäure, Jodoform, Ichthyol oder Re- Quecksilbersalbe und Schweine- verschiedenen medicamentösen Zusät- sorcin, präpariert wurde.32 Das was- schmalz „Sapo mercurialis“ gewonnen zen wird an Stelle der medizinischen serhaltige und wasseraufnahmefähige wurde. Dieterich führte zudem mit Seifen in der Dermatotherapie ange- Lanolin33 wurde dabei in geschmolze- Schmalz überfettete „Sapo unguino- wandt und hat vor jenen für den Apo- ne Fettgrundlagen eingerührt.34 sus. Sapo leniens“ auf: „Die Salbensei- theker den Vorzug, dass derselbe sich Die ebenfalls im Neuen Pharmaceuti- fe, welche sich durch Neutralität und diese Zusammensetzungen selbst und schen Manual aufgeführten medizini- die Eigenschaft, wie eine Salbe einge- in kleinen Mengen herstellen und sie schen Pastenstifte und Salbenstifte, rieben werden zu können, auszeich- nicht blos in der Receptur, sondern vor die unter „Stilus dilubilis“ und „Stilus net, wird in bestimmten Fällen als Allem im Handverkauf verwerthen unguens“ beschrieben werden, waren Salbenkörper benutzt. Sie enthält 12 kann.“ Angefangen bei „Saponimen- eine weitere dermatologische Neue- pCt. unverseiftes Fett.“ Dieterichs Her- tum camphoratum. Gewöhnlicher rung, die auf Unna zurückzuführen stellungsvorschriften für „Sapo ungui- Opodeldok“ über „Saponimentum Can- war und die der punktuellen Behand- nosus ichthyolatus“, “Sapo unguinosus tharidini“, „Saponimentum diachylon“ lung von „umschriebenen Hautleiden“ Kalii jodati“, „Sapo unguinosus mer- oder „Saponimentum diachylon cum diente. Als galenische Vorbilder dien- curialis“ sowie „Sapo unguinosus pi- Hydrargyro“, bis hin zu den erst ten einerseits der Höllensteinstift und ceo-ichthyolatus“ zeigen, dass er Un- jüngst eingeführten Wirkstoffen in andererseits die Lippenpomade.35 nas Publikation über medikamentöse „Saponimentum Ichthyoli“, „Saponi- Unna beschrieb die galenischen Eigen- Salbenseifen aufmerksam gelesen hat- mentum Carbolisatum“, „Saponimen- schaften, die erzielt werden mussten, te.30 Um sich von der Haltbarkeit medi- tum Jodoformii“ oder „Saponimentum um die Anwendung von Stili zu ermög- kamentöser Salbenseifen zu überzeu- Kreosoti“ zeigt sich eine große Band- lichen. Salbenstifte mussten weich ge- gen, prüfte Dieterich diese unmittel- breite an kutan anzuwendenden Arz- nug sein, um ohne Kraftanwendung bar nach der Herstellung und dann neistoffen, deren Löslichkeit und Halt- auf die erkrankte Hautstelle aufgestri- nochmals nach „vierwöchentlichem barkeit durch ein Seifen-Alkohol-Vehi- chen werden zu können, durften aber Aufbewahren in verschlossenen Glas- kel erhöht wurde. Die dickflüssigen auch nicht zu rasch schmelzen. Ange- büchsen“. Während sich einige Arznei- Dermatika konnten von den Patienten spitzte Pastenstifte von zäher Konsis- stoffe, wie Ichthyol, Teer, Jodoform, einfach angewendet werden, ohne tenz und geringer Plastizität dienten Chloroform oder Thymol, als haltbar dass eine fettige Salbe mühsam ein- zum Ausreiben von Hohlgängen und in „Sapo unguinosus“ erwiesen, zer- massiert oder eine starre Pflasterzube- buchtigen Geschwüren und durften setzten sich Salbenseifen mit Chrysa- reitung erst erwärmt und auf die Haut nicht spröde sein oder bei der Anwen- robin oder Tannin. Zudem zersetzten aufgebracht werden musste. dung zerbröckeln.

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können. Seifen- brauch sei, vielfach jedoch der Begriff geist müsse darü- Linimentum auch auf dünnflüssige, ber hinaus auch rein weingeistige Mischungen zum so hergestellt wer- äußerlichen Gebrauch übertragen den, dass er als würde.39 Möglicherweise war diese vorzügliches Lö- Einteilung auf den Einfluss der British sungsmittel für Pharmacopoeia zurückzuführen, in Stoffe und Medi- der 1864 „Linimenta. Liniments” neu kamente dienen definiert worden waren: „The group konnte und sollte [Liniments] has received some valuab- ähnliche Löse­ le additions in the British Pharmaco- Abb. 10: Lysolwerbung 1892 eigenschaften auf- poeia. The Pharmacopoeia Committee, weisen wie „Sulf­ in order to guard against mistakes, ha- Dass sich die Lösung dieser anspruchs­ oleate“, die erst kürzlich unter dem ve called strong Tinctures that are em- vollen Aufgabe mit dem Zusatz ver- Namen „Polysolve“ patentiert worden ployed for external use by the name of schiedener Arzneistoffe, wie Sublimat, waren.37 In einem Beitrag in der Phar- Liniments, so that all the Tinctures Salicylsäure, Kreosot oder Ichthyol, in maceutischen Centralhalle aus dem may now be considered for internal unterschiedlichen Konzentrationen als Jahr 1886 hatte Albert Ganswindt use only”.40 Linimenta wurden somit sehr aufwändig herausstellte, ist nicht (geb. 1847), der sich mit der Färbung zwar alle äußerlich angewendet, dien- überraschend. Unna merkte anerken- von Textilfasern befasste, auf die ten jedoch im Gegensatz zu Seifenlini- nend an: „Herr Eugen Dieterich in Hel- „Sulf ­oleate“ aufmerksam gemacht: menten nicht nur dermatotherapeuti- fenberg (bei Dresden) unterzog sich „Eine Haupteigenschaft der Sulfoleate schen Zwecken. „Linimentum Aconiti“ dieser Aufgabe mit gewohnter Hinga- besteht in ihrem Lösungs- und Emulsi- oder „Linimentum Belladonnae“ ent- be und technischem Geschick. Nach- onsvermögen für eine ganze Reihe von hielten stark wirksame Stoffe, die ihre dem jetzt die Frage von seiner Seite Substanzen, welche, für sich schwer Wirkung nicht rein epidermal, son- technisch, von meiner therapeutisch oder ganz unlöslich in Wasser, unter dern vorwiegend transdermal entfal- bearbeitet ist, erlauben wir uns in fol- Beihilfe der Sulfoleate aber in Lösung ten sollten.41 gendem kurz die Resultate dieser ge- gebracht werden meinschaftlichen Untersuchung mit- können“.38 zuteilen.“ Unna gab dann zahlreiche Noch 1903 werden Rezepturen an und erläuterte, dass in Hager´s Phar- wasserfreie Seife bei einigen Salben- mazeutisch-techni- stiften als Verdickungsmittel von Öl- schem Manuale Wachs-Grundlagen dienten und dass „Sapones, Sapo- Stili mit sehr flüchtigen Wirkstoffen nes medicinales, vor dem Verpacken in Stanniolpapier Sapones liquidi mit Kakaobutter überzogen werden und Sapones mol- sollten.36 les et unguinosi“ in zahlreichen Va- Vom Seifengeist zum rianten aufge- führt. Ferner fin- ­Desinfektionsmittel den sich vielfach 1887 meldeten sich Paul Gerson Unna modifizierte Lano- und Wilhelm Hildemar Mielck in einer linsalben im Ab- gemeinsamen Publikation „Über Sei- schnitt Lanolimen- fengeist“ zu Wort, aus der hervorgeht, ta. Flüssige Sal- dass die Autoren sich kritisch zur Vor- ben werden unter schrift von Spiritus saponatus in der Linimenta abge- zweiten Ausgabe der Pharmacopoea handelt, wobei Germanica äußerten, die „offenbar Hager kommen- ohne Beihilfe eines Dermatologen vom tierte, dass ein Fach mit einer neuen Vorschrift ver- ­Liniment eine sehen worden sei.“ Der resultierende Arzneiform von Seifengeist wurde als nicht ausrei- dickflüssiger Kon- chend konzentriert befunden, um da- sistenz zum mit verschmutzte Hände reinigen zu ­äußerlichen Ge- Abb. 11: Werbung für Lysol, New York 1919

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Als Ersatzmittel täten fest. Weitere von Dieterich be- für „Lysol“ fertig- schriebene Seifenpräparate waren Sa- ten Apotheker „Li- ponimenta mit verschiedenen Wirk- quor Cresoli sapo- stoffzusätzen, die als Handverkaufsar- natus“ gemäß der tikel in Apotheken bevorratet und von vierten Ausgabe Patienten aufgrund der dickflüssigen der Pharmacopoea Konsistenz einfach angewendet wer- Germanica als den konnten. Seife wurde von Diete- Hände- und Flä- rich zudem als verdickendes Hilfsmit- chendesinfekti- tel bei der Herstellung von Salbenstif- onsmittel an.45 ten eingesetzt. Unter Linimenta wur- Kalischmierseife den von Hermann Hager sowohl als Grundlage dickflüssige seifenhaltige als auch Abb. 12: Werbung für Lysoform verwendete auch dünnflüssige Einreibemittel ohne Sei- der Apotheker fenzusatz subsumiert. Seife diente als Die Idee, flüssige Seifen, wie Spiritus und Fabrikgründer Hans Rosemann lösungsvermittelndes Adjuvans bei saponatus, zum Lösen desinfizieren- (1867–1914) für die 1900 patentierte, der Herstellung wasserlöslicher wirk- der Wirkstoffe anzuwenden, wurde formaldehydhaltige Desinfektionslö- stoffhaltiger Dermatotherapeutika, bis weiterverfolgt. Die Auflösung anti- sung „Lysoform“.46 Die Pharmaceuti- emulgierendes Adeps lanae zur Einar- mikrobieller Stoffe in einer wasserhal- sche Centralhalle berichtete 1901 in ei- beitung in Lanolimenta zur Verfügung tigen Seifengrundlage ermöglichte – nem Beitrag über die „kräftig bacteri- stand. Seifenhaltige Desinfektionsmit- wie bereits die „Geisler‘sche Subli- entödtende und stark desodorierende tel, wie „Lysol“ oder „Lysoform“, die matseife“ als Wegbereiter – die gleich- Wirksamkeit“ von „Lysoform“. Als Ein- man zur gleichzeitigen Reinigung und zeitige Reinigung und Desinfektion satzgebiete wurde die Desinfektion Desinfektion von Händen und Flächen von Händen und Flächen. 1889 erhielt von Händen, Wäsche, Kathetern, In- einsetzen konnte, bildeten den Auftakt der Chemiker Wilhelm Damman ein strumenten, Möbeln, Spucknäpfen zu breiten, präventiven Hygienemaß- Patent für ein Verfahren, um Theeröle und Nachttöpfen genannt. Aufgrund nahmen in Medizin und Privathaus- vollständig in wässrige Lösung zu brin- toxikologischer Untersuchungen, bei halten. gen.42 Auf der Grundlage dieses Ver- denen sich „Lysoform“ als vermeint- fahrens wurde „Lysol“ als hochkon- lich ungiftig erwies, wurden zudem Summary: zentrierte Lösung von „roher Carbol- Lysoform-Lösungen in unterschiedli- Soap is produced in a chemical reaction by boi- säure“, einem Gemisch von Phenol chen Konzentrationen für Wund- und ling oil or fat with alkali. Potassium salts pro- duce soft soaps whereas sodium soaps are har- und einem Isomerengemisch von Kre- Scheidenspülungen sowie bei Hyper- der. The cleaning and dissolving efficiency of solen (o-, m- und p-Methyl-Phenol), in hidrosis zur Beseitigung übelriechen- soap was devolved to medical use, for instance einer eingedickten Kalischmierseife den Schweißes empfohlen.47 in treatment of contaminated wounds or scabby durch den österreichischen Apotheker skin. Soaps for domestic, toilet and medical ap- plication were manufactured by chemists, Gustav Adolf Raupenstrauch (1859– Resümee druggists and pharmacists. In the 19th century 1943) weiterentwickelt, der als „Vor- the medical use of soft soap with incorporated steher der pharmazeutisch-chemi- Um neben den nicht wasseraufnahme- mercury compounds increased in the therapy of syphilis. The dermatologist Paul Gerson schen Abteilung am Schmitt‘schen fähigen, fettigen und leicht verderbli- Unna (1850–1929) cooperated with the German ­Laboratorium zu “, einer chen „Unguenta“ sowie den starren pharmacist Wilhelm Hildemar Mielck (1840– amtlichen Lebensmittel-Untersu- und wenig anwendungsfreundlichen 1896) to develop “sapo unguinosum” as a soft 43 and neutralized soap with excess of grease, chungsanstalt, wirkte. Eine Bewäh- „Emplastra“ weitere kutane Arzneifor- providing a dermatological basis for admixture rungsprobe bestand „Lysol“ bereits men in der Therapie infektiöser und of antiseptic active ingredients. “Spiritus sapo- 1892, als Hamburg von einem großen entzündlicher Dermatosen anwenden natus” served as detergent for hand washing Choleraausbruch heimgesucht wurde. zu können, entwickelte Paul Gerson and also as basis for solving pharmaceutical substances for dermatological therapies. With Raupenstrauch errichtete und leitete Unna mit Unterstützung der Hambur- the brands “Lysol”, containing cresols in soft für die Hamburger Firma Schülke & ger Apotheker Paul Beiersdorf und soap, and “Lysoform”, containing formaldehyde Mayr als Lizenznehmer Fabriken in Wilhelm Hildemar Mielck neutrale, in soft soap, an extensive disinfecting practice was instituted. Hamburg und Wien, in denen „Lysol“ überfettete Natron- und Kaliseifen so- in industriellem Maßstab produziert wie „Sapo unguinosus“ als emulgie- Keywords: wurde. Durch Vergabe einer Produkti- rende Grundlage für die Dermatothe- Seife, Seifengeist, Spiritus saponatus, Opodel- onslizenz an das amerikanische Un- rapie. Eugen Dieterich untersuchte im dok, Sapo mercurialis, Calvert´s medical soap, ternehmen Lehn & Fink entwickelte Labor die Lagerfähigkeit von wirk- Sapo unguinosum, Mollin, Saponimenta, Lini- sich „Lysol“ auch in den USA zu einem stoffhaltigen Salbenseifen und stellte menta, Lanolimenta, Lysol, Lysoform. erfolgreichen Desinfektionsmittel.44 bei einigen Präparaten Inkompatibili-

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Abbildungsverzeichnis: eine halbdurchsichtige, opalisierende, gal- schen Krankheitsprodukten und bei Papil- Abb. 1: Gart der Gesundheit, Mainz 1485, Kapi- lertartige Seifenzubereitung mit ätheri- lomen. In: Arbeiten aus dem Kaiserlichen tel 394: Sapo seyff schen Ölen und Kampher zur äußerlichen Gesundheitsamte 22 (1904), S. 527–534. Abb. 2: Sapo medic. pulv. (Oswald Peer, ©Phar- Anwendung verstanden; vgl. hierzu Chris- Vgl. Ralf Roßmöller: Vorkommen, Therapie maziemuseum Brixen) tian Friedrich Bucholz / Johann Wolfgang und Bekämpfung der Syphilis in der Zeit Abb. 3: Vierkantflasche (SPIRITUS): / SAPON, Döbereiner: Theorie und Praxis der phar- von 1870 bis 1914 unter besonderer Be- Glas, 2. Hälfte 18. Jh. (Dt. Apotheken Muse- maceutisch-chemischen Arbeiten, oder rücksichtigung des Ruhrgebietes. Med. um-Stiftung, Heidelberg, II A 965.) Darstellung der Bereitungsmethoden der Diss. Bochum 2004. Bereits 1838 unterteil- wichtigsten pharmaceutisch-chemischen te der französische Venerologe Phillip Ri- Abb. 4: Standgefäß für Linimentum Opodeldok Praeparate nach den neuesten Erfahrungen cord (1800–1880) den klinischen Verlauf (Sverresborg Trøndelag Folkemuseum, und rücksichtlich ihrer Brauchbarkeit und der Syphilis in ein primäres, sekundäres FTT.50480) Vorzüglichkeit geprüft. 3. Aufl. Leipzig / und tertiäres Stadium. Zum Wissensstand Abb. 5: Sekundäre Syphilis, Atlas of Clinical Basel 1831, S. 600. der Syphilis im Jahr 1867 s. auch Alois Medicine (National Library of Medicine, Geigel: Geschichte, Pathologie und Thera- NLM Unique ID 101434104; Image ID 6 Leopold-Franz Herrmann: System der prak- pie der Syphilis. Würzburg 1867. A028333) tischen Arzeneymittellehre. Band 2. Beson- Abb. 6: Wilhelm Hildemar Mielck (Dr. Maren dere Arzeneymittellehre. Wien 1826, S. 15 Da es im Spätstadium der Syphilis auch zu Wack, Schwan-Apotheke Hamburg) 286–300. neurologischen Symptomen, wie Läh- Abb. 7: Calvert´s Medical soap (Museum of 7 Michel Eugene Chevreul: Recherches chi- mungserscheinungen und psychischen We- Health Care, Canada, Kingston, 996001104) miques sur les corps gras d´origine anima- sensveränderungen, kommen kann, wur- den betroffene Patienten in psychiatrischen Abb. 8: Werbung in Beilage der Pharmaceuti- le. Paris 1823. Kliniken behandelt. Das „Hôpital de la Sal- schen Centralhalle (Heft Nr. 6,11.02.1886) 8 Sigismund Friedrich Hermbstaedt: Chemi- pêtrière“ war eine große psychiatrische Abb. 9: Werbung für Canz´sches Mollin (Privat- sche Grundsätze der Kunst alle Arten harte Anstalt in Paris, in der Jean-Martin Char- besitz Dr. Ursula Lang) und weiche Seifen zu fabriciren, oder An- cot (1825–1893) als Neurologe forschte und Abb. 10: Lysolwerbung (in Beilage zu Nr. 203 leitung zur rationellen Kenntniß und Aus- arbeitete. „Savon Napolitain du Docteur des „General-Anzeiger für Hamburg-Alto- übung der Kunst Seife zu sieden. 2. Aufl. Vincent“ enthielt 4 % metallisches Queck- na“, 29. August 1892) Berlin / Stettin 1824, S. 191f. Unter „Pro- silber. Abb. 11: Werbung für Lysol (Lehn & Fink, Inc., venceröl“ wurde ein besonders feines, nati- New York 1919, Reprint) ves Olivenöl verstanden, wie es in der Pro- 16 [Ludwig] Schuster: Die Mercurseife (savon vence gehandelt wurde. napolitain). In: Vierteljahresschrift für Der- Abb. 12: Werbung für Lysoform (Privatbesitz matologie und Syphilis 9 (1882), S. 45–49. Dr. Ursula Lang) 9 Christoph Schümann: Der Anteil deutscher Apotheker an der Entwicklung der techni- 17 Zu Felix Martin Oberländer vgl. Dirk Schul- schen Chemie zwischen 1750 und 1850. theiss / Friedrich Moll (Hrsg.): Die Ge- Anmerkungen am Main 1997 (Europäische schichte der Urologie in Dresden. Heidel- 1 Johann Wonnecke von Kaub: Hortus sanita- Hochschulschriften, Reihe 3, Geschichte berg 2009, S. 69–72. tis oder Gart der Gesundheit. Mainz 1485, und ihre Hilfswissenschaften; 631), S. 134– 18 [Felix Martin ] Oberländer: Die Mercursei- Kapitel 394. https://publikationsserver.tu- 155. fe (Sapo mercurialis), ein neues und prakti- braunschweig.de/receive/dbbs_mods_ 10 R[emigius] Fresenius / H[einrich] Will: sches Ersatzmittel für die Mercursalbe. In: 00040121 (letzter Zugriff: 20.02.2020). Neue Verfahrensweisen zur Prüfung der Vierteljahresschrift für Dermatologie und 2 Pharmacopoea Wirtenbergica in duas par- Pottasche und Soda, der Aschen, der Säu- Syphilis. In: Vierteljahresschrift für Der- tes divisa, quarum prior, materiam medi- ren, insbesondere des Essigs, so wie des matologie und Syphilis 9 (1882), S. 709– cam, historico-physio-medice descriptam, Braunsteins auf ihren wahren Gehalt und 717. posterior, composita et praeparata, modum Handelswerth. Heidelberg 1843, S. 1–70. 19 N. N.: Bericht über einen Versammlungs- praeparandi et encheireses, exhibet. Jussu 11 Carl Deite: Die Darstellung der Seifen, Par- beitrag von Hrn. Schuster (Aachen): Die serenissimi domini duci adornata, et Phar- fümerien und Cosmetica. Braunschweig Merkurseife. In: Monatshefte für prakti- macopoetis Wirtenbergicis in normam 1867, S. 68–70; S.142. sche Dermatologie 4 (1885), S. 396–401. praescripta. Accedit, taxa seu pretium me- 12 Heinrich Auspitz: Die Seife und ihre Aus- Carl Neunerdt hatte die Aachener Hirsch­ dicamentorum. Stuttgart 1741, S.278f. wirkung auf die gesunde und kranke Haut. apotheke 1881 von seinem Schwiegervater 3 In der Materia medica des Pedanios Dios- Wien 1867, s. auch [Ferdinand] von Hebra / Franz Peter Wings übernommen. http:// kurides (1. Jh.) findet sich im zweiten Buch Rudolf Virchow [Hrsg.]: Handbuch der spe- www.hirsch-apotheke-aachen.de/historie. ein Hinweis, dass Schweinefett mit Asche ciellen Pathologie und Therapie. 3. Band. htm (letzter Zugriff: 11.02.20). oder gebranntem Kalk gemischt gegen Öde- Acute Exantheme und Hautkrankheiten. 20 Paul Gerson Unna / Richard Volkmann me, Entzündungen und Fisteln half. Da Erlangen 1860, S. 298–302; S. 465. Zur (Hrsg.): Ueber medicinische Seifen. Nr. 252. kein Kochvorgang erwähnt wird, handelte transdermalen Resorption von Quecksilber In: Sammlung Klinischer Vorträge in Ver- es sich vermutlich um eine alkalische Sal- s. auch Monika Lehmann: Zur geschichtli- bindung mit deutschen Klinikern. Innere benzubereitung, jedoch nicht um eine Sei- chen Entwicklung der Kenntnisse über die Medicin. Nr. 62–92. (Innere Medicin Nr. fe. Vgl. hierzu: J[ulius] Berendes: Des Peda- transdermale Resorption im deutschen 87), Leipzig [o. J.], S. 2275–2294. Wilhelm nios Dioskurides aus Anazarbos Arznei- Sprachgebiet von 1800–1930 (Basler Dis- Hildemar Mielck (1840–1896), Inhaber der mittellehre in fünf Büchern. Übersetzt und sertationen zur Geschichte der Pharmazie Schwan-Apotheke in Hamburg, und Apo- mit Erklärungen versehen. Stuttgart 1902, und Naturwissenschaften; 11). Basel 1996, theker Paul Carl Beiersdorf (1836–1896), S. 188. S. 244–269. der 1880 die Hammonia-Apotheke in Ham- 4 Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 13 Moriz Kohn: Ueber den innerlichen Ge- burg erworben hatte, hatten Unna bereits Teil 2, Abt. 2. Leipzig 1799, S. 199–202. Fet- brauch von Carbolsäure gegen Hautkrank- tatkräftig bei der Entwicklung und Einfüh- te können als Triglycerid-Fettsäureester so- heiten und Syphilis. In: Archiv für Derma- rung von wirkstoffhaltigen und insbeson- wohl sauer wie auch alkalisch hydrolysiert tologie und Syphilis 1 (1869), S. 219–236. dere antiseptisch wirkenden Salbenmullen werden. Zu Hahnemanns Apothekerlexikon Nach der Heirat mit Hebras Tochter Martha und Guttaperchapflastermullen zur derma- vgl. auch Karl Conrath: Pharmazeutische änderte Kohn seinen Nachnamen in Kapo- tologischen Therapie unterstützt und setz- Wissenswelten: Lexika der Pharmazie des si, unter dem er Berühmtheit und große ten dabei ihre chemischen und technolo- ‚langen‘ 19. Jahrhunderts als Spiegelbild ei- Anerkennung als Dermatologe erlangte. gisch-galenischen Kenntnisse ein. Vgl. nes Wandels von der ‚techne‘ zur ‚scientia‘. 14 Zum Erreger der Syphilis Treponema palli- hierzu Ursula Lang: Vom Emplastrum zum Stuttgart 2017 (Quellen und Studien der dum s. Fritz-Richard Schaudinn / Erich Transdermalen Therapeutischen System: Pharmazie; 110). Stuttgart 2017. Hoffmann: Vorläufiger Bericht über das Ein Paradebeispiel pharmazeutisch-techno- 5 Unter Seifenspiritus oder Opodeldok wurde Vorkommen von Spirochaeten in syphiliti- logischer Entwicklung. In: Pharmazie: Vom

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Handwerk zur Wissenschaft (Veröffent- Berücksichtigung des 19. Jahrhunderts. Centralhalle 27 (1886), S. 410–414. Heute lichungen zur Pharmaziegeschichte; 16). Nat. wiss. Diss. Heidelberg 1999, S. 174– noch dienen Fettalkoholsulfate oder Alkyl- Stuttgart 2019, S. 183–198. 203; s. auch Ursula Lang: Mit Weiber-Artz- sulfate, wie beispielsweise Natriumlauryl- 21 P[aul] G[erson] Unna / [Ewald] Geisler: Ue- ney das Angesicht junggeschaffen machen. sulfat, als anorganische Tenside. Dieser ber medicinische Seifen. In: Pharmaceuti- In: Pharmakon 7 (2019), S. 10–18. Beitrag zeigt, dass Chemiker an der Ent- sche Centralhalle 26 (1885), S. 294–296; S. 28 Th[eodor] Alfred Kirsten: Das Mollin, ein wicklung von „Sulfo-Seifen“ arbeiteten, die 304–307; S. 317–321. Ewald Albert Geissler neues Seifenpräparat als Vehikel für die als Tenside beim Färben von Textilien zum (1848–1898) trat 1880 in die Redaktion der kutane Anwendung dermatologischer Me- Einsatz kamen, die aber auch für die Wei- Pharmaceutischen Centralhalle ein, um dikamente. In: Monatshefte für praktische terentwicklung dermatologisch einsetzba- Hermann Hager (1816–1897) zu entlasten. Dermatologie 5 (1886), S. 337–348. Zu Mol- rer Emulsionen Bedeutung erlangten. 1886 wurde er zum Professor für Chemie, lin s. auch Winter [wie Anm. 27], S. 204– 39 Wilhelm Arnold / Willy Wobbe: Hager´s Physik und Warenkunde an die Tierärztli- 206. Pharmaceutisch-technisches Manuale. 7. che Hochschule Dresden berufen. S. Chris- 29 Georg Edmund Dann: Eugen und Karl Die- Aufl. Leipzig / Berlin 1903, S. 378–381; S. toph Friedrich: Alfred Schneider. Pharma- terich. Begründer der wissenschaftlichen 383–398; S. 728–761. zeut und Publizist. In: Pharmazeutische und industriellen Galenik. 1869–1969. 40 Peter Squire: A companion to the British Zeitung 164 (2019), S. 3130–3132. Karlsruhe 1969. Zu Eugens Dieterich s. Pharmacopoeia. 2.Ed. London 1864, S. 131. 22 Robert Koch / [Heinrich] Struck (Hrsg.): auch Ursula Lang: Xyla et Lineamenta me- 41 Monika Lehmann: Zur geschichtlichen Ent- Ueber Desinfection. In: Mittheilungen aus dicamentosa. Imprägnierte oder präparier- wicklung der Kenntnisse über die trans- dem Kaiserlichen Regierungsamte. 1. Bd. te Verbandstoffe. In: Geschichte der Phar- dermale Resorption im deutschen Sprach- Berlin 1881, S. 234–282.Milzbrandsporen mazie 69 (2017), S. 57f. gebiet von 1800 –1930. Basel 1996 (Basler wurden für die Untersuchung der Desin- 30 Eugen Dieterich: Neues Pharmaceutisches Dissertationen; 11). fektionskraft bevorzugt eingesetzt, da die- Manual. Leipzig 1887, S. 233–235. 42 DRP 52129 „Verfahren, um Theeröle voll- se sich als besonders widerstandsfähig her- 31 Papier- und chemische Fabrik Eugen Diete- ständig in wässrige Lösung zu bringen“, ausgestellt hatten. rich in Helfenberg bei Dresden (Hrsg.): 08. Mai 1889, Wilhelm Damman in Halle 23 E[wald] Geissler: Sublimatseife. In: Phar- Sapo unguinosus und seine Anwendung a.S. Bereits 1884 war ein sehr ähnliches maceutische Centralhalle 27 (1886), S. 58f. als Salbenkörper. In: Helfenberger Annalen Präparat der Chemischen Fabrik Eisenbüt- Albert Johne wurde im April 1878 als Tier- 1886. Dresden 1887, S. 53–56; s. auch N.N.: tel in Braunschweig unter dem Namen arzt und Dozent an die Dresdner „Thierarz- Sapo unguinosus und seine Verwendung „Sapocarbol“ hergestellt worden, vergleiche neischule“ berufen. Vgl. G. C. Haubner: Be- als Salbenkörper. In: Monatshefte für prak- dazu Hermann Hager: Sapocarbol, Carbol- richt über das Veterinärwesen im König- tische Dermatologie 6 (1887), S. 1068–1072. oder Phenolsaponat. In: Pharmaceutische reich Sachsen für das Jahr 1876. In: Deut- Ein anorganischer Emulgator, wie Seife, Centralhalle 25 (1884), S. 290f; sowie Julius sche Zeitschrift für Thiermedicin und wird durch Reaktion mit einem kationi- Schenkel: Zur Geschichte des Sapocarbol, vergleichende Pathologie 4 (1878), S. 108. schen Wirkstoff durch Komplexbildung Creolin und Lysol. In: Angewandte Chemie 24 [Albert] Johne: Einige Desinfections-Versu- dem System entzogen und führt zum Bre- 4 (1891), S. 639f. che mit der Geissler‘schen Sublimatseife. chen der Emulsion. 43 G[ustav] A[dolf] Raupenstrauch: Das Lysol, In: Pharmaceutische Centralhalle 27 32 Zu den von Dieterich hergestellten „Salben- seine Darstellung, Eigenschaften und Prü- (1886), S. 59f. Johne befasste sich mit Mik- mullen“ oder „Unguenta extensa“ s. Lang fung. In: Archiv der Pharmacie. 229 (1891), robiologie und mit Infektionskrankheiten [wie Anm. 20], S. 189f. S. 197–219. von Nutztieren. Vgl. Albert Johne: Ueber 33 Lanolin (Lanae Oleum oder Adeps Lanae) 44 Holm-Dietmar Schwarz: Raupenstrauch, die Koch‘schen Reinculturen und die Chole- war 1885 durch den Mediziner Oscar Lieb- Gustav In: NDB 21 (2003), S. 208. S. auch rabazillen. Leipzig 1885. reich (1839–1908) als neue Salbengrundla- [Holm-Dietmar] Schwarz: Raupenstrauch, 25 Paul Gerson Unna: Medizinische überfette- ge empfohlen worden, siehe hierzu Oscar Gustav Adolf. In: DApoBio, Bd. II, Stuttgart te Kaliseifen (Salbenseifen). In: Monats­ Liebreich: Ueber das Lanolin, eine neue 1978, S. 517. hefte für praktische Dermatologie 5 (1886), Salbengrundlage. In: Berliner Klinische 45 Pharmacopoea Germanica, 4. Ausgabe, Ber- S. 348–356. Wochenschrift 22 (1885), S. 761–764. Lano- lin 1900, S. 221. 26 Paul Gerson Unna: Über Ichthyol. In: Mo- lin besitzt aufgrund der enthaltenen Woll- 46 DRP 141744 „Verfahren zur Herstellung ei- natshefte für Praktische Dermatologie 25 wachsalkohole emulgierende Eigenschaf- nes Desinfektionsmittels aus Kaliseife und (1897), S. 533–539. S. auch Stefanie Bo- ten. Formaldehyd“, 21. Februar 1900, Lysoform mann-Degen: 135 Jahre pharmazeutisch 34 Dieterich [wie Anm. 30], S. 116–120; S. GmbH in Berlin; DRP 145390 „Verfahren aufgearbeitetes Riesenblut. Die Geschichte 123f; S. 235–243. zur Herstellung geruchloser oder schwach- der Ichthyol-Gesellschaft Cordes, Herman- 35 Dieterich [wie Anm. 30], S. 253–258. riechender flüssiger Desinfektionsmittel ni & Co. In. Geschichte der Pharmazie 71 36 Paul Gerson Unna: Ueber Salben- und Pas- aus Formaldehyd“, 20.Februar 1902, Zusatz (2019), S. 71–82. S. auch Ursula Lang: Pech, tenstifte. In: Monatshefte für praktische zu DRP 141744, Lysoform GmbH in Berlin. Schwefel und Grind gegen Kahlheit und Dermatologie 5 (1886), S. 157–167. 47 N. N.: Lysoform. In: Pharmaceutische Cen- Grind. In: Pharmakon 2 (2014), S. 166–173. 37 Paul Gerson Unna / Wilhelm Hildemar tralhalle 17 (1901), S. 514. 27 Wilhelm Hildemar Mielck: Unguentum Ka- Mielck: Über Seifengeist. In: Monatshefte lii jodati. In: Monatshefte für praktische für praktische Dermatologie 6 (1887), S. Dermatologie 5 (1886), S. 356–359. Dass 500–504. Auch Hermann Hager äußerte Anschrift des Verfassers: Kaliumjodidsalbe auch als „Kropfsalbe“ be- sich sehr kritisch zur geänderten Monogra- zeichnet wurde, ist ein Hinweis darauf, phie des Seifenspiritus, s. hierzu Hermann Dr. Ursula Lang, dass sie möglicherweise auch zur Jodthera- Hager: Commentar zur Pharmacopoea Ger- Institut für Geschichte der Pharmazie pie bei Struma angewendet wurde. Zur Ent- manica, Editio II, 2. Band. Berlin 1884, S. Philipps-Universität Marburg wicklung von Lanolin als Salbengrundlage 634f. Roter Graben 10 siehe auch Doris Winter: Die Entwicklung 38 A[lbert] Ganswindt: Die Sulfoleate und die 35032 Marburg/Lahn der Arzneiform „Salbe“ unter besonderer Polysolve-Präparate. In Pharmaceutische E-Mail: [email protected]

12 | Geschichte der Pharmazie | 72. Jahrgang | April 2020 | Nr.1/2 https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202103301352-0 Geschichte der Pharmazie „Wird man schon nicht unsterblich damit, bleibt es doch auf der Welt“1 Der Apotheker und Pharmaziehistoriker Anton Wiltsch (1892–1967)

Thomas Langebner | Um die Geschich- Ignaz Thanner (gest. 1922) aus der zu veranlassen, dass er mir umgehend te einer Apotheke oder die Biogra- oberösterreichischen Ortschaft schreibe“ (Abb. 1).11 phie eines Apothekers rekonstruie- Traun,10 einen Brief an einen Berufs- So konnte Anton Wiltsch vom 1. Au- ren zu können, bedarf es bisweilen kollegen, vermutlich den erwähnten gust 1910 bis zum 31. Juli 1913 in der vieler kleiner Mosaiksteine, die sich Apotheker Czeike, dass er auf dessen 1898 gegründeten Apotheke zum Hl. beispielsweise in den Archiven der „Anentpfehlung“ bereit sei, Wiltsch Dionysius in Traun konditionieren, Kommunen und der Standesorgani- einzustellen. Der angehende Aspirant also seine Ausbildungszeit absolvie- sationen sowie in (Fach-)Zeitschrif- möge sich brieflich direkt an ihn wen- ren.12 Danach begann er in Prag das ten finden lassen. Dieses Material den, denn: „Bei mir ist er gut aufgeho- Studium der Pharmazie,13 wurde Mit- in großem Stil zu sammeln, zu ord- ben und bin überzeugt, dass er sich in glied des „Deutsch-akademischen nen und verfügbar zu machen, ist meinem Geschäfte bald recht wohl Pharmazeutenvereins“, als dessen (zu- ein zeitaufwändiges Unterfangen, fühlen wird. Bitte den jungen Mann nächst stellvertretender) Schriftführer das sich unter anderem Helmut Ves- ter (1913–2001)2 und Kurt Ryslavy (1920–1992)3 zur Aufgabe machten. Auch Anton Wiltsch war einer die- ser unermüdlichen Sammler, dess­ en Leben und Werk es wert sind, vor dem Vergessen bewahrt zu wer- den.

Anton Wiltsch wurde am 5.12.1892 in Groß Hermsdorf (heute: Heřmanice u Oder) bei Neu Tischein (heute: Nový Jičín),4 in der heutigen Mährisch- Schlesischen Region (Moravskoslezský kraj/Tschechien), geboren.5 Seine El- tern Franz und Ernestine führten dort im Haus mit der Nummer 8 eine Gast- wirtschaft. Beide Großväter Antons waren einfache Anbauern,6 doch ihr Enkel war zu Höherem berufen. Im ­Februar 1910, während Wiltsch noch in Troppau (heute: Opava) die 6. Gym- nasialklasse besuchte, wandte sich Apotheker Otto Putze aus der nahege- legenen Stadt Jägerndorf (heute: Krnov)7 brieflich an ihn. Er habe von Apotheker Czeike in Troppau gehört, dass Wiltsch beabsichtige, „der Phar- mazie sich zuzuwenden“, und wolle ihm daher die im Sommer freiwerden- de Aspirantenstelle anbieten.8 Die „Kenntnis der böhmischen Sprache“ sei dabei nicht erforderlich.9 Im Mai 1910 schrieb ein weiterer Apotheker, Abb. 1: Brief von Ignaz Thanner vom 29. März 1910

Nr.1/2 | April 2020 | 72. Jahrgang | Geschichte der Pharmazie | 13 https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202103301352-0 Geschichte der Pharmazie er fungierte14, sowie des „Vereins deut- Das wissenschaftliche Werk „sudlens und kudlens einander, und scher Pharmazeuten in Böhmen“.15 machen dann schwaderlappen, dasz Weiterhin trat er der Fachgruppe „Ge- Der Lebenslauf von Anton Wiltsch mag die säw lieber dreck fressen, dann jr sellschaft der pharmazeutischen Hoch- unspektakulär erscheinen, seine wah- geköcht“.30 Daher sei es – so Wiltsch – schüler“ des „Pharmazeutischen re Bedeutung zeigt sich erst beim Blick den Apothekern nicht übelzunehmen, Reichsverband für Österreich“ bei auf sein pharmaziehistorisches Œuvre. dass sie zu den Gegnern des Paracel- (Abb. 2).16 Im Herbst 1914 wurde Dieses weist allerdings nur wenige im sus zählten, dessen Rezepturen zu- Wiltsch einberufen,17 diente bei ver- Druck erschienene Arbeiten auf (Tabel- meist nur wenige Bestandteile umfass- schiedenen Sanitätsabteilungen und le 1), welche überwiegend in Bezug zur ten, der das Quid pro Quo ablehnte wurde mit dem Goldenen Verdienst- Stadt Wels stehen, aber auch darüber und der vieles, wie das berühmte Cir- kreuz am Bande der Tapferkeitsmedail- hinaus wichtig sind. Die Auffindung culatum,31 im Unklaren ließ. Letztlich le ausgezeichnet.18 Noch 1918 konnte zweier Ausgaben des Dispensatorium sei aber durch die paracelsische Medi- er sein Studium abschließen und war pharmaceuticum Austriaco-Viennense zin der Arzneischatz um etliche Arz- danach in der Realapotheke „Zum hl. (1737 und 1770) in der Welser Stadt­ neiformen bereichert worden. Die Ein- Benedikt“ tätig, die aus der Stiftsapo- bibliothek nahm Wiltsch 1935 zum führung von Chemikalien in die The- theke in Kremsmünster hervorgegan- Anlass, dieses Arzneibuch einer Be- gen war.19 Von April 1921 bis Oktober sprechung im Kontext der Zeit zu un- 1922 arbeitete er in der bereits seit terziehen (Abb. 4).26 Mit der Erstaufla- 1650 bestehenden Apotheke „Zum gol- ge von 1729 wurde erstmals ein eigen- denen Einhorn“ in Wels20 und wechsel- ständiges Arzneibuch für Wien ge- te später in die benachbarte Apotheke schaffen,27 dessen Geltungsbereich mit „Zum Schwarzen Adler“.21 Diese nicht der 2. Auflage von 1737 auf alle öster- minder traditionsreiche, 1576 erstmals reichischen Erbländer ausgedehnt urkundlich erwähnte Apotheke, die wurde. Die Ausgabe von 1770 stellt so sich seit 1876 im Besitz der Familie wie die vorherigen einen weitgehend Richter/Frisch befindet, leitete Wiltsch unveränderten Nachdruck dar, welcher interimistisch von 1950 bis 195922 und dem im Langtitel kundgemachten An- avancierte in der mit der Apotheke ver- spruch, die „hodierna die usualiora bundenen pharmazeutischen Groß- medicamenta“ anzuführen, jedoch handlung zum Prokuristen (Abb. 3).23 nicht mehr gerecht werden konnte.28 Abb. 3: Anton Wiltsch (1892–1967) Mit Unterstützung seines Arbeitgebers 1941 waren aus Anlass des vierhun- bei der Beschaffung eines Kredites dertsten Todestages Paracelsus und rapie habe eine Entwicklung stimu- konnte er sich ein Eigenheim in Thal- die Apotheker sein Thema.29 Wiltsch liert, welche „manche Apotheke zu heim bei Wels schaffen.24 Am 3. No- zeigt Paracelsus anhand von Zitaten einer Pflanzstätte chemischer Wissen- vember 1967 verstarb Anton Wiltsch aus seinen Werken als scharfzüngigen schaft“ gemacht habe.32 im 75. Lebensjahr.25 Kritiker der Apotheker, denn diese 1955 beleuchtete Wiltsch Die Konditi- onsverhältnisse vor 80 Jahren.33 Ein Brief, den der Welser Apotheker Dr. Ferdinand Valentin Vielguth (1825– 1900)34 1875 an einen Bewerber um eine freie Assistentenstelle schrieb, er- hellt die Lebens- und Arbeitsbedin- gungen der angestellten Apotheker. Als weitere Quelle nutzte Wiltsch un- ter anderem die ihm mündlich mitge- teilten Lebenserinnerungen35 des da- maligen Bewerbers, Hugo Stain sen. (1854–1943).36 Sowohl die tägliche wie auch die wöchentliche Arbeitszeit wa- ren aus heutiger Sicht unvorstellbar lang37 und die Entlohnung war mit 70 fl. bei freier Wohnung und Frühstück bescheiden.38 Im Vergleich zu anderen Apotheken bot Vielguth aber durchaus günstige Bedingungen, wofür er sei- Abb. 2: Pharmazeutischer Reichsverband. Mitglieds-Karte für Anton Wiltsch nen Mitarbeitern „Ordnung, Genauig-

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Tabelle 1: Von Anton Wiltsch verfasste pharmaziehistorische Arbeiten nachrichten sind es aber, die vielfach als erste und mitunter einzige Quelle ——Das Dispensatorium pharmaceuticum Austriaco-Viennense, nach den Ausgaben von 1737 und 1770. In: Jahrbuch des städt. Museums zu Wels. Wels 1935, S. 95– zu den Lebensdaten weniger bekann- 156. (auch als Separatdruck. Wels 1936). ter Apotheker dienen oder zumindest ——Paracelsus und die Apotheker. In: Wiener pharmazeutische Wochenschrift 74 einen Einstieg in deren Biographie er- (1941), S. 351 f. möglichen. Wie die Wiederverwen- ——Die Konditionsverhältnisse vor 80 Jahren. In: Österreichische Apotheker Zeitung dung von Blättern belegt, bestand die 9 (1955) S. 565–567. Arbeitsweise von Wiltsch darin, zu- ——Die Steuerbeschwerde des Welser Apothekers Wolffgang Wörlinger vom Jahre nächst handschriftliche Notizen anzu- 1625. In: Beiträge zur Geschichte der Pharmazie in Österreich. Veröffentlichungen legen (Abb. 6), die dann mit der Ma- der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie 18 (1961) S. 111–125. schine ins Reine geschrieben wurden. Die Arbeit muss Jahrzehnte gedauert haben, wurde möglicherweise bereits keit, freundliche Behandlung des Pub- dicke Mappen im Mittelquart-Format in den 1920er-Jahren begonnen und likums, Selbstbeschäftigung sowie ge- (ca. 19,5 × 24,5 cm) (Abb. 5). Gefüllt vermutlich bis nach 1960 fortgesetzt. fällige Aufmerksamkeit seinen Anord- sind sie mit mehreren tausend dün- Die „Sammlung Wiltsch“ wurde schon nungen gegenüber und Wahrung des nen, überwiegend maschinenbeschrie- guten Rufes des Geschäftes“ abver- benen Blättern, die zum jeweiligen langte.39 Sachbegriff Verweise auf die Erwäh- 1961 erschien schließlich der Aufsatz nung in den österreichischen pharma- über Die Steuerbeschwerde des Welser zeutischen Zeitschriften des 19. und Apothekers Wolffgang Wörlinger vom frühen 20. Jahrhunderts geben. Die Jahre 1625. Darin behandelt Wiltsch Sortierung der Loseblattsammlung hat anhand eines im Stadtarchiv Wels auf- im Laufe der Jahre etwas gelitten und gefundenen Dokuments die ökonomi- manche Teile scheinen verloren gegan- schen Verhältnisse eines kleinstädti- gen zu sein. Die Ordnungsbegriffe fal- schen Apothekers in einer politisch len in die drei Kategorien Präparate/ und wirtschaftlich schwierigen Zeit.40 Substanzen, Orte und Personen, wobei Eine weitere Arbeit zu Apotheken und biographische Angaben zu Apothe- Apothekern in Wels, deren gemeinsa- kern den umfangreichsten Teil der me Abfassung der Welser Apotheker Sammlung ausmachen. Den Wert die- Edmund Stain (1926–1974) 41 anregte, ser Sammlung, insbesondere im vordi- gelangte nie zur Veröffentlichung.42 gitalen Zeitalter, vermag nur derjenige Sein Hauptwerk aber, die „Sammlung zu ermessen, der weiß, dass die exzer- Abb. 4: Anton Wiltsch: Dispensatori- Wiltsch“, hütet die Bibliothek der ös- pierten Zeitschriften, wenn überhaupt, um 1737 und 1770 terreichischen Apothekerkammer in nur einen sehr knapp gehaltenen In- Wien als einen besonderen Schatz. In dex aufweisen, in dem Kurznotizen zu seinen Lebzeiten von Historikern fünf Archivkartons befinden sich 32 nicht erfasst sind. Derartige Klein(st)- konsultiert43 und ebenso bei der Ab- fassung von Einträgen für den ersten Band der Deutschen Apotheker-Biogra- Tabelle 2: Von Anton Wiltsch (mit)verfasste Einträge im Österreichischen Bio- phie als Ausgangspunkt herangezo- graphischen Lexikon (ÖBL). gen.44 Die größte Wertschätzung wur- ——Kwisda, Ferdinand (1841–1897), Apotheker ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 20, 1969), de Wiltsch und seiner Sammlung wohl S. 386. dadurch zuteil, dass er bei sieben, ——Kwizda von Hochstern, Franz Johann (1827–1888), Apotheker ÖBL 1815-1950, Bd. zum Teil erst posthum erschienenen 4 (Lfg. 20, 1969), S. 386f. Einträgen im Österreichischen Biogra- ——Kyrle, Georg (1887–1937), Prähistoriker und Speläologe ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. phischen Lexikon (ÖBL) als Verfasser 20, 1969), S. 387f. Verf.: Salzer-Wiltsch. aufscheint (Tabelle 2).45 ——Lamatsch, Johann (1817–1884), Apotheker ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 20, 1969), S. 410 Sammeln und Ordnen im ——Lerch, Joseph Udo (1816–1892), Pharmazeut und Chemiker ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 22, 1970), S. 151. Verf.: Oberhummer-Wiltsch. vordigitalen­ Zeitalter ——Liegel, Georg (1777–1861), Pomologe und Pharmazeut ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. Wenn man die drei Sammlerpersön- 23, 1971), S. 208f. lichkeiten Helmut Vester, Kurt Ryslavy ——Nowak, Gustav (1846–1921), Pharmazeut und Politiker ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. und Anton Wiltsch einander gegen- 32, 1976), S. 162f. überstellt, so fallen Unterschiede und

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hatte zuvor die pharmazeutische Stan- despresse des 19. und frühen 20. Jahr- hunderts akribisch ausgewertet, wobei sich vereinzelt auch Zeitungsaus- schnitte und Ähnliches als Einspreng- sel bei den Karteiblättern finden. Al- len drei Apothekern und Sammlerper- sönlichkeiten ist gemeinsam, dass sie eine unverzichtbare Grundlagenarbeit leisteten, die Forschern und pharma- ziehistorisch Interessierten noch heute von großem Nutzen ist.

Abbildungsnachweis Abb. 1 ,2, 3: Nachlass Wiltsch (Stadtarchiv Wels) Abb. 4, 5, 6: Bibliothek der Österreichischen Apothekerkammer, Wien. Abb. 4: Separatdruck aus: Jahrbuch des städti- schen Museums zu Wels 1935. Titelblatt. Abb. 5: Archivkarton mit Mappen Anmerkungen Gemeinsamkeiten auf. Alle drei sam- nen Anton Wiltsch zurückgriff, ist 1 Brief von Edmund Stain an Anton Wiltsch melten Materialien zur Apotheken­ wahrscheinlich, aber nicht belegt. vom 11. Februar 1962. Nicht nummeriertes Stück im Nachlass Wiltsch, Stadtarchiv geschichte, wobei der „besessene Wiltsch, der in der oberösterreichi- Wels (Nachl. Wiltsch). Der etwa 25 Stücke Sammler“ Vester46 sich nicht auf die schen Kleinstadt Wels ansässig war, umfassende Nachlass wurde dem Stadtar- Dokumentation erhobener Daten ­beschränkte, sondern auch eine um- fangreiche Bibliothek pharmazeuti- schen und naturwissenschaftlichen In- halts47 und eine bemerkenswerte Reali- ensammlung aufbaute. Vester und Ryslavy konnten ihr Material in Form von Monographien zur Apothekenge- schichte Deutschlands48 und Öster- reichs49 veröffentlichen, während die „Sammlung Wiltsch“ nur sporadisch als Grundlage für Biographien diente. In der Methodik der Datenerhebung zeigen sich deutliche Unterschiede, die möglicherweise auch den jeweils zur Verfügung stehenden Ressourcen geschuldet sind: Der Düsseldorfer Apo- thekenbesitzer Vester erwarb 1949 aus dem Nachlass des Apothekers Günt- zel-Lingner eine Sammlung von ca. 2.000 Fragebögen, die 1925 an alle Apotheken des Deutschen Reichs ver- sandt worden waren, und versandte selbst weitere 8.000 Bögen, von denen 4.000 ausgefüllt zurückkamen.50 Der in Wien lebende Apothekenbesitzer Ryslavy stützte sich auf verfügbare Veröffentlichungen zu einzelnen Apo- theken, Ortschroniken, diverse Archi- ve und „die mühsame Quelle der Fach- zeitschriften“.51 Dass er diesbezüglich auf die Sammlung des 1967 verstorbe- Abb. 6: Sammlung Wiltsch: Karteiblatt Olmütz

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chiv Wels im Jahr 2000 von der Apotheker- 1989, S. 272–274. Erst mit der Reform von die Anzahl der Monographien zunächst von familie Fritsch übergeben. 1922/25 wurde das Pharmaziestudium ein 1.618 auf 1.029 sank, um dann mit der Phar- 2 Frank Leimkugel: Helmut Vester (1913– vollwertiges dreijähriges Studium, das nach macopoea Austriaco-provincialis emendata 2001): ein Düsseldorfer Apotheker, Sammler 8 Klassen Gymnasium (Abschluss mit Matu- von 1794 auf 666 reduziert zu werden, und Archivar. In: Christoph Friedrich ra) zu absolvieren war und auf das dann die s. Thomas Langebner: Arzneiversorgung in (Hrsg.): Pharmazie in Düsseldorf. Stätten zweijährige Apothekenpraxis (Aspiranten- Hospital und Krankenhaus: Krankenhaus- pharmazeutischer Praxis, Lehre und For- zeit) zu folgen hatte. pharmazie in Österreich. Nat. wiss. Diss. schung. Bd. 15. Marburg 2016, S. 71–85. 14 Pharmazeutische Post 46 (1913), S. 1057 Graz 2009. Tabelle 5 im Anhang. 3 [Otto] Nowotny: Ryslavy, Kurt. In: Wolfgang- und 47 (1914), S. 480. 29 Dieser beliebte Topos wurde später auch von Hagen Hein / Holm-Dietmar Schwarz 15 Pharmazeutische Presse 19 (1914), S. 61. anderen Autoren bearbeitet, s. Wolfgang (Hrsg.): Deutsche Apotheker-Biographie. 16 Schreiben der Verbandskanzlei vom 30. Au- Schneider: Paracelsus und die Apotheker. Erg. Bd. 2. Stuttgart 1997, S. 261. gust 1913 und vom 28. November 1913, In: Die Vorträge der Hauptversammlung der 4 Diese Gegend mit einer starken deutsch- Nachl. Wiltsch. Diese Interessensvertretung Internationalen Gesellschaft für Geschichte sprachigen Bevölkerungsgruppe wurde der angestellten Apotheker wurde 1891 als der Pharmazie während des Internationalen auch „Kuhländchen“ genannt. Von dem dort „Allgemeiner Österreichischer Apotheker- Pharmazeutischen Kongresses in Luzern. im Mittelalter ansässigen mährischen Assistenten-Verein“ gegen den Widerstand Wien 1957, S. 48–60, wiedergegeben auch in Adelsgeschlecht der Krawarn (Páni z der Apothekenbesitzer gegründet, mehrfach Wolfgang Schneider: Mein Umgang mit Pa- Kravař) leitet sich die Landschaftsbezeich- umbenannt und firmiert seit dem Jahr 2000 racelsus und Paracelsisten. Beiträge zur Pa- nung Kravařsko ab, die in einer Art Umdeu- als „Verband Angestellter Apotheker Öster- racelsus-Forschung, besonders auf arznei- tung zu Kuhländchen (tschechisch Kráva = reichs – VAAÖ“, s. http://vaaoe.at/images/ mittelgeschichtl. Gebiet. Frankfurt 1982, Kuh) wurde. uploads/downloads/115jahrfeier-folder.pdf S. 41–48. Zudem fungiert der Titel „Paracel- 5 Groß Hermsdorfer Geburts-Buch, Bd. 2, (letzter Zugriff: 29.02.2020). sus und die Apotheker“ als Kapitelüber- S. 102. Zemského archivu v Opavě. inv. č. 17 Pharmazeutische Post 47 (1914), S. 749. schrift bei Georg Schwedt (Hrsg.): Paracel- 13347. Sig. Od XIII 20. 1870–1916. 18 Pharmazeutische Post 49 (1917), S. 241 und sus für Chemiker. Clausthal-Zellerfeld 1993, Heřmanice u Oder. http://digi.archives.cz/ 50 (1918), S. 267. S. 17 da/permalink?xid=29e3f91ac933f2f4:- 19 Ryslavy [wie Anm. 12], S. 240. 30 Schwaderlapp ist ein „sudliges Gemisch, 1975d06a:143e23f40fe:- 20 Aufstellung: Pharmazeutische Mitarbeiter sudliche Speise, ekler Brei,“ s. Deutsches 7fc0&scan=52#scan52 (letzter Zugriff: in der Apotheke „Zum goldenen Einhorn“ in Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 29.02.2020) Wels, Nachl. Wiltsch. Leipzig 1854–1961, Bd. 15, Sp. 2173f. Online 6 Unter Anbauern verstand man Personen, die 21 Ryslavy [wie Anm. 12], S. 239 und Meldung Version http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/ ihre Häuser auf Gemeindegrund errichteten, an den „Ausschuss der konditionierenden WBNetz/genFOplus. über keinen eigenen Landbesitz verfügten Pharmazeuten für den Gremialbereich Ober- tcl?sigle=DWB&lemid=GS20111 (letzter Zu- und als Handwerker, Hausierer oder Landar- österreich“ vom 2. November 1922, Nachl. griff: 29.02.2020). beiter am unteren Ende der dörflichen Sozi- Wiltsch. 31 Circulatum ist ein Lösungsmittel, vom dem alstruktur standen, s. Heinz Georg Röhr- 22 Zu dieser Zeit beschäftigte die Apotheke mit Paracelsus in seinen 1569 erstmals im bein: Quellenbegriffe des 16. bis 19. Jahr- angeschlossener Drogengroßhandlung be- Druck erschienenen Archidoxa mehrfach hunderts. Hildesheim 1991, S. 13. reits 8 Apotheker, 20 Drogisten und 45 wei- spricht. „Vom Paracelso heißt Circulatum 7 Zur Geschichte der bereits vor 1580 gegrün- tere Mitarbeiter, s. Oberösterreichische Lan- majus so viel als Menstruum universale, deten Apotheke „Zum weißen Engel“, desregierung (Hrsg.): Oberösterreich. Wesen oder Liquor Alcahest,“ s. Johann Heinrich S. Hans Heger: Apothekenbilder von Nah und Leistung. Linz 1951, S. 263. Zedlers Großes vollständiges Universal-Le- und Fern. Wien 1896, S. 41–47. 23 Schreiben der Medizinal-Drogengroßhand- xicon aller Wissenschaften und Künste. Bd. 8 Brief von Otto Putze, Apotheker in Jägern- lung C. Richter & Co., Wels vom 10. Novem- 6. Halle 1733, Sp. 111f. dorf vom 12. Februar 1910, Nachl. Wiltsch. ber 1933, Nachl. Wiltsch. Zur Geschichte der 32 Vgl. dazu auch Erika Hickel: Der Apotheker- 9 In Stelleninseraten der deutschsprachigen heutigen Richter Pharma AG, s. Verena beruf als Keimzelle naturwissenschaftlicher Fachpresse der Zeit wurde ausdrücklich da- Hahn-Oberthaler / Gerhard Obermüller: Die Berufe in Deutschland. In: Medizinhistori- rauf hingewiesen, wenn Kenntnisse einer Richter DNA: genetic history - genetic fu- sches Journal 13 (1978), S. 259–267. anderen Sprache beim Bewerber vorausge- ture: Von der Apotheke zum internationalen 33 Eine ausführliche Behandlung erfuhr dieses setzt wurden, so z. B.: „Ein gewandter, ver- Pharma-Unternehmen. Wels 2016. Thema bei Nicole Klenke: Zum Alltag der lässlicher Pharmaceut, ausser der deutschen 24 Schreiben von Anton Wiltsch an [Mag. Hu- Apothekergehilfen vom 18. bis Anfang des einer slavischen Sprache mächtig, wird un- bert] Richter (1895–1949) vom 3. Februar 20. Jahrhunderts (Quellen und Studien zur ter vortheilhaften Bedingnissen allsogleich 1938, Nachl. Wiltsch. Geschichte der Pharmazie; 92) Stuttgart acceptirt,“ s. Österreichische Zeitschrift für 25 Totenzettel, Nachl. Wiltsch. Nachruf in: Ös- 2009. Pharmacie 9 (1855), S. 228. terreichische Apotheker-Zeitung 50 (1967), 34 Ludwig Rumpl: Aus der Geschichte der Lin- 10 Die unmittelbar neben der oberösterreichi- S. 708. zer und Welser Apothekerfamilien Vielguth. schen Landeshauptstadt Linz gelegene, bis 26 Dabei griff Wiltsch auch auf die zuvor er- In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Mu- in die 1970er-Jahre auf über 20.000 Einwoh- schienene Übersichtsarbeit von Zekert zu- sealvereins 104 (1959), S. 135–149, hier ner angewachsene Ortsgemeinde Traun rück, s. Otto Zekert: Ein Beitrag zur Ge- S. 143f. („das größte Dorf Österreichs“) wurde erst schichte der österreichischen Pharmakopö- 35 Diese Lebenserinnerungen sind auch im 1973 zur Stadt erhoben, s. http://www.kul- en. In: Pharmazeutische Monatshefte 12 Druck erschienen, s. Hugo Stain: Erinnerun- turforum-traun.com/stadterhebung/ (letzter (1931) S. 2–4, 22–25, 55–57 u. 75–76. gen eines alten Pharmazeuten. Beilage zum Zugriff: 29.02.2020). 27 Von 1616 bis 1729 galt in Wien die Pharma- Welser Anzeiger Nr. 13 vom 31. März und 11 Brief von Ignaz Thanner vom 29. März 1910, copoea Augustana, mit der das Dispensatori- Nr. 14 vom 7. April 1934. Nachl. Wiltsch. um pharmaceuticum Austriaco-Viennense 36 Ryslavy [wie Anm. 12] S. 238. Dessen Sohn 12 Kurt Ryslavy: Geschichte der Apotheken eine große inhaltliche Übereinstimmung Hugo Stain jun. (1890–1936) eröffnete 1932 Oberösterreichs. Wien 1990, S. 220. aufweist, s. Otto Nowotny: Die Entwicklung die Schutzengel-Apotheke in Wels, s. Rysla- 13 Gemäß der 1889 erlassenen Studienordnung des Österreichischen Arzneibuches. In: Ös- vy [wie Anm. 12], S. 241. bestand das Curriculum nach sechs Gymna- terreichische Apothekerzeitung 14 (1960), 37 Der Tagdienst dauerte 12–13 Stunden, wobei sialklassen aus der dreijährigen Lehrzeit S. 240–244. zwei Assistenten alternierend den anschlie- (Tirozinium) und dem zweijährigen Univer- 28 Mit der Pharmacopoea Austriaco-provincia- ßenden Nachtdienst zu leisten hatten. In sie- sitätsstudium, s. Alois Kernbauer: Geschich- lis von 1774 begann unter der Leitidee des ben Tagen – die Apotheke war auch sonn- te der pharmazeutischen Ausbildung. Teil 2. therapeutischen Skeptizismus die unum- tags geöffnet – gab es zwei freie Nachmitta- Zwischen Zunft und Wissenschaft. Graz gängliche Arzneischatzverringerung, wobei ge.

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38 Dies entspricht etwa der Kaufkraft von heu- Veröffentlichungen der Internationalen Ge- news/artikel/2016/06/01/ein-schatz-der- tigen 840 €, also dem Bruttogehalt eines sellschaft für Geschichte der Pharmazie 18 pharmazie-geschichte (letzter Zugriff: PKA-Lehrlings im zweiten Lehrjahr, s. Ös- (1961) S. 111–125, hier S. 113. 29.02.2020). terreichische Nationalbank: Historischer 43 Der Tierarzt und Lokalhistoriker Ludwig 47 Die „Pharmaziehistorische Bibliothek Dr. Währungsrechner https://www.eurologisch. Rumpl (1886–1977) nennt unter seinen Helmut Vester“ wurde 1961 von der Medizi- at/docroot/waehrungsrechner/#/ (letzter Quellen „Aufzeichnungen des Herrn Mag. nischen Akademie, Düsseldorf, aus der die Zugriff: 29.02.2020). pharm. Anton Wiltsch der Welser Richter- Heinrich-Heine-Universität hervorging, er- 39 „Selbstbeschäftigung“, also selbst zu wis- Apotheke in Thalheim bei Wels, der sich seit worben und bis 2014 in einem von der Deut- sen, was zu tun ist, ist auch heute noch eine Jahren mit der Geschichte der oö. Apotheken schen Forschungsgemeinschaft geförderten überaus schätzenswerte, aber bisweilen all- und ihrer Inhaber befasst (bisher nicht ver- Projekt vollständig digitalisiert. zu seltene Tugend in der (apothekerlichen) öffentlicht)“, s. Rumpl [wie Anm. 34), S. 145. 48 Helmut Vester: Topographische Literatur- Arbeitswelt. 44 Der Pharmaziehistoriker Kurt Ganzinger sammlung zur Geschichte der deutschen 40 1620 wurde das zuvor mit bayerischer Hilfe (1913–1994) schrieb hinsichtlich der 28 von Apotheken. (Veröffentlichungen der Interna- zwangsweise rekatholisierte Oberösterreich österreichischen Autoren beigesteuerten Mo- tionalen Gesellschaft für Geschichte der von Kaiser Ferdinand II. (1578–1637) gemäß nographien: „Als erster Weg zur Auffindung Pharmazie; N. F. Bde. 9, 14, 17 u. 19). Eutin/ dem Vertrag von München an Herzog Maxi- des Stoffes dienten dabei Personalnachrich- Stuttgart 1956–1961. milian I. von Bayern (1573–1651) verpfändet ten, biographische Angaben und Nachrufe 49 Kurt Ryslavy: Geschichte der Apotheken und die Einwohner hatten die Lasten von in der älteren österreichischen Fachpresse. Oberösterreichs, Niederösterreichs, Vorarl- Einquartierungen und Kontributionen zu Dieses Material hat schon vor Jahren der in- bergs, Kärntens, Nord-, Ost- und Südtirols, tragen. zwischen verstorbene Mag. pharm. Anton der Steiermark und des Landes Salzburg. 7 41 Edmund Stain war der Sohn des erwähnten Wiltsch in Wels sorgfältig bearbeitet […]; sei- Bände. Wien 1990–1993. Hugo Stain jun. und leitete die Schutzengel- ne hinterlassenen Aufzeichnungen waren 50 Leimkugel [wie Anm. 2], S. 76. Apotheke von 1960 bis zu seinem Tod im eine wertvolle Hilfe“, s. Kurt Ganzinger: Jahr 1974, s. Ryslavy [wie Anm. 12], S. 242. Apotheker-Biographien. In: Österreichische 51 Kurt Ryslavy: Materialien zur Geschichte 42 Brief von Edmund Stain an Anton Wiltsch Apotheker-Zeitung 30 (1976), S. 623. der Apotheken und Apotheker Niederöster- vom 11. Februar 1962, Nachl. Wiltsch. Die- 45 Österreichische Akademie der Wissenschaf- reichs. Wien 1991, S. 1. ser schrieb zuvor, dazu sei „eine genaue ten (Hrsg.): Österreichisches Biographisches Anschrift des Verfassers: Durchsicht der Bestände des Welser Stadtar- Lexikon ab 1815 (2. überarbeitete Auflage – chives notwendig, wozu mir bisher die Zeit online). http://www.biographien.ac.at (letz- Dr. Thomas Karl Langebner mangelte,“ s. Anton Wiltsch: Die Steuerbe- ter Zugriff: 29.02.2020). Ordensklinikum Linz GmbH schwerde des Welser Apothekers Wolffgang 46 Volker Budinger: Ein Schatz der Pharmazie- Barmherzige Schwestern Wörlinger vom Jahre 1625. In: Beiträge zur Geschichte. DAZ online vom 1.6.2016. htt- Sailerstätte 4 Geschichte der Pharmazie in Österreich. ps://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/ A- 4010 Linz

Zytostatika mit p anzlichen Wirksto en

Das vorliegende Werk untersucht Heilpfl anzen, die vom 18. bis 20. Jahrhundert in der Allopathie und Homöopathie bei Krebs eingesetzt wurden. Vor dem Hintergrund zeitgenössischer Krankheits- konzepte und Therapiemethoden wird die tradi- P anzen in der Krebstherapie tionelle Anwendung sechs ausgewählter Pfl anzen des . bis . Jahrhunderts analysiert und unter Berücksichtigung aktueller unter Berücksichtigung ihres pharmakologischer Studien einer Plausibilitäts- prüfung unterzogen. Einsatzes in der Homöopathie

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WIR ERINNERN Radix Primulae als Expektorans Zum 50. Todestag des Wiener Gynäkologen und Universitätsdozenten Robert Joachimovits (1892–1970)

Lisa Garweg/Frank Leimkugel | Am 13. Medizinische Karriere bis zum te ein längerer Studienaufenthalt in Juli 2020 jährt sich zum 50. Male „Anschluss“ Holländisch-Indien (Gebiet des heuti- der Todestag des Wiener Gynäkolo- gen Indonesiens) auf Sumatra.9 gen und Universitätsprofessors Ro- Nach Abschluss des Gymnasiums mit Den vorläufigen Höhepunkt seiner bert Joachimovits. Dies soll als An- Auszeichnung nahm er 1911 das Medi- akademischen Laufbahn stellten die lass dienen, die bislang weitgehend zinstudium an der Wiener Universität Habilitation am 24. Dezember 1930 unbekannte Vita und das wissen- auf, unterbrach es aber von 1914 bis und die damit verbundene Privatdo- schaftliche Wirken Joachimovits‘ 1918 wegen des Kriegsdienstes. Insge- zentur für Geburtshilfe und Gynäkolo- näher zu beleuchten. War er es samt war er 31 Monate in kroatischen gie dar. Bemerkenswert ist, dass sich doch, der die expektorierende Wir- Regimentern als Bataillonsarzt an der trotz der zahlreichen Stationen im In- kung von Radix Primulae als Erster Front. Weitere elf Monate arbeitete er und Ausland, während derer Robert beschrieb und diese Droge somit in der chirurgischen Abteilung des Joachimovits seine medizinischen aus dem Dornröschenschlaf erweck- Truppenspitals Osijek.5 Nach Wien zu- Kenntnisse vertiefen konnte, einer sei- te, in dem sie noch zu Beginn des rückgekehrt, wurde er am 30. Juli 1919 ner ehemaligen Lehrer, der in der Wie- 20. Jahrhunderts geschlummert hat- zum „Doktor der gesamten Heilkunde“ ner Ärzteschaft bedeutende Gynäko- te. promoviert. In der Folgezeit arbeitete loge Heinrich von Peham, in einer ers- Joachimovits bei verschiedenen Uni- ten Sitzung des Professorenausschus- Familie und Jugend – versitätsinstitutionen als Assistent – ses gegen die Habilitationszulassung am Institut für experimentelle Patholo- aussprach. Er begründete dies damit, „Ein besonderes Heim“ gie, der III. Wiener Medizinischen Kli- dass seiner Ansicht nach die prakti- Robert Joachimovits1 wurde am 6. Feb- nik, der I. Universitätsfrauenklinik bei sche Beherrschung des Faches mit all ruar 1892 als zweites von drei Kin- Heinrich von Peham (1871–1930)6 so- seinen Gebieten beim Habilitationsbe- dern des aus Ungarn stammenden Me- wie unter Hans Horst Meyer (1853– werber nicht gegeben sei.10 Die Grün- diziners Bernhard Joachimowitz 1939)7 am Institut (1860–1942) und seiner Frau Klementi- für Pharmakologie. ne (1867–1952), geb. Kreiski, in Wien- Er erwarb chirurgi- Ottakring geboren.2 sche Kenntnisse an Roberts Kindheit sowie seine akade- der II. Universitäts- mische Entwicklung waren stark ge- klinik für Chirurgie prägt durch sein intellektuelles Eltern- und trat 1923, eben- haus. Als hoch angesehener Arzt war falls als Assistent, sein Vater beliebter Gastgeber und in die Frauenabtei- dessen Wiener Haus ein Ort der Be- lung der Poliklinik gegnung für bekannte Persönlichkei- unter der Leitung ten aus Kunst und Kultur. So erinnert von Constantin Bu- sich Roberts Nichte Erika, Tochter sei- cura (1874–1935)8 ner älteren Schwester Alice, im Jahre ein, der er die fol- 1970: „Mein Großelterliches Haus war genden zehn Jahre ein Treffpunkt von Schriftstellern, treu bleiben sollte. Malern, Künstlern jeder Art, ein be- In diese Zeitspanne sonderes Heim“.3 fallen auch mehrere Dieses von Bildung und Kultur ge- Forschungsaufent- prägte Umfeld prägte wohl auch Ro- halte im Ausland: berts große Wissbegierde. Bereits als 1925 verbrachte Ro- Gymnasiast besuchte er Arabisch-Vor- bert Joachimovits lesungen und interessierte sich darü- ein Semester an der Abb. 1: Die Familie Joachimowitz – Robert mit seinen Eltern ber hinaus für Philosophie und Medi- Frauenklinik von Bernhard und Klementine sowie den beiden Schwestern Mari- zin.4 Lyon und 1927 folg- anne (oben) und Alice (unten)

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April 1938 die Venia Legendi entzo- mit einem Berufsverbot belegt, suchte gen, da er als „Nichtarier“ galt.15 Er er sich jenseits der Landesgrenzen war 1892 zwar in den mosaischen eine neue Wirkungsstätte.19 Glauben hineingeboren worden, indes Sein Weg führte ihn Ende 1938 in das verließen seine Eltern bereits drei Jah- Königreich Jugoslawien, wo er zu- re später die israelitische Religionsge- nächst als Primarius der Chirurgie im meinschaft und ließen ihren Sohn rö- Zivilspital von Meline (Kroatien), spä- misch-katholisch taufen.16 Sein Status terhin als Chefarzt für Gynäkologie im laut Reichsbürgergesetz von 1935 Volksspital von Budva, im heutigen blieb jedoch unklar. Hatten erste Re- Montenegro gelegen, tätig war.20 Im cherchen der Nationalsozialisten zu Jo- April 1941 begann der Balkanfeldzug, achimovits‘ Herkunft noch ergeben, in dessen Verlauf die deutschen Trup- dass seine Mutter „Volljüdin“ und sein pen Jugoslawien und Griechenland be- Vater „deutschblütig“ oder „artver- setzten. Robert Joachimovits harrte wandt“ sei, so zeichnete eine Abstam- dennoch einen Großteil der Zeit an Ort mungsskizze des rassenpolitischen und Stelle aus. Nach Ende des Zweiten Amtes von 1941 ein anderes Bild. Es Weltkrieges kehrte er 1945 wieder zu- Abb. 2: Robert Joachimovits in Uni- stellte sich heraus, dass Klementine rück nach Wien.21 form Joachimowitz zwar von dem jüdischen Ehepaar Kreiski kurz nach ihrer Ge- Nachkriegszeit de, die von Peham zu seinem negati- burt aufgenommen und erzogen wor- ven Votum bewogen haben mögen, den war, ihre leiblichen Eltern aber Am 10. September 1945 wurde Joachi- sind nicht bekannt. Es stand jedoch im „artverwandt“ waren und sie somit als movits von der Wiener Universität er- Gegensatz zu den durchweg positiven „Arierin“ galt. Bernhard Joachimowitz neut als Privatdozent für Geburtshilfe Bewertungen der anderen ehemaligen hingegen wurde nun als „bestenfalls und Gynäkologie zugelassen und Vorgesetzten. Sie hatten Joachimovits Halbjude“ bezeichnet.17 konnte somit seine Lehrtätigkeit wie- bereits in diversen Empfehlungs- Unter Umgehung des Dienstweges bat der aufnehmen. Nur wenige Wochen schreiben bescheinigt, dass er ein Robert Joachimovits 1938 in einem an später folgte die Ernennung zum au- sehr begabter Mediziner sei, der die den Reichsminister für Wissenschaft, ßerordentlichen Professor.22 Schnell Fähigkeit besitze, eine Klinik zu lei- Erziehung und Volksbildung in Berlin wuchs jedoch sein Unmut, da ihm ten.11 In einer zweiten Sitzung des gerichteten Brief, seinen Fall wohlwol- trotz seiner großen Erfahrung in der Ausschusses, die ohne den zwischen- lend zu prüfen, in der Hoffnung, auch Gynäkologie, Chirurgie und Pharma- zeitlich verstorbenen von Peham statt- weiterhin seiner Lehrtätigkeit nachge- kologie und der durchweg positiven fand, setzten sich letztlich die anderen hen zu können. Dabei verwies er ne- Empfehlungen seiner ehemaligen akademischen Lehrer durch und vo- ben seinen Verdiensten im Bereich der Dienstherren weder die Leitung eines tierten für eine Zulassung Joachimo- Gynäkologie auf seine lange Front- Spitals noch einer Klinik anvertraut vits‘.12 dienstleistung während des Ersten wurde. Als Grund dafür sah er die Eine Klinikleitung war Robert Joachi- Weltkrieges, für die er sogar mit der Vetternwirtschaft innerhalb der Wie- movits allerdings bis 1938 nicht ver- „bronzenen Tapferkeitsmedaille“ so- ner Verwaltung und die Begünstigung gönnt. Vielmehr war er als niederge- wie dem „Signum Laudis mit Schwer- von Parteifreunden bei den Besetzun- lassener Frauenarzt in der Wiener tern“ dekoriert worden sei. gen der Stellen. Parteizugehörigkeit Praxis seines Vaters tätig.13 Von seiner Trotz aller Bemühungen wurde sein mochte ihm als Conditio sine qua non Privatdozentur machte er hingegen Gesuch abgelehnt. In einem ministeri- für eine adäquate wissenschaftliche Gebrauch: so ist bekannt, dass er Vor- ellen Schreiben vom 24. Oktober 1938 Laufbahn erscheinen, da er keiner lesungen zur „Einführung in die ge- teilte man Joachimovits mit, dass der Partei angehörte.23 Frustriert konsta- burtshilfliche Diagnostik“ sowie über Widerruf der Venia Legendi aufrecht tierte er in einem Brief aus dem Jahr die „Grundlagen der gynäkologischen erhalten bleibe. In der entsprechenden 1947: „Ich kann nicht sagen, dass ich Untersuchung und Therapie“ hielt.14 Akte findet sich der folgende Vermerk: aus eigener Erfahrung – bin 1945 Juli „Joachimovits kommt mit Rücksicht nach Wien, wo ich geboren wurde zu- auf seine Abstammung trotz seiner rückgekehrt, […] – was die Medizin Kriegszeit und Exil Verdienste […] für die Privatdozentur anlangt, bestätigen kann, dass von Im Zuge der Ereignisse bei dem „An- nicht mehr in Betracht“.18 Auch als Seiten der Verantwortlichen und Refe- schluss Österreichs an das Deutsche niedergelassener Arzt konnte er, be- renten alles getan wurde und wird, Reich“ und der damit verbundenen dingt durch das Reichsbürgergesetz um der Begabung und dem Genie zur Machtübernahme der Nationalsozialis- (Verordnung vier), nicht mehr prakti- verdienten Wirksamkeit zu verhelfen; ten wurde Robert Joachimovits am 22. zieren. In seiner Heimat solchermaßen vielmehr werden persönliche Bekannt-

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In Brasilien

1957 verließ er die Heimat schließlich endgültig. Im brasilianischen Santa Maria wurde er an eben jener Universi- tät zum Professor für Pharmakologie ernannt, an der auch sein Schwager Ri- chard Wasicky (1884–1970) seit seiner Emeritierung (Universität von São Pau- lo) tätig war.27 1964 folgte Joachimovits‘ Ernennung zum Direktor des pharma- kologischen Institutes. Während seiner brasilianischen Jahre kehrte er zwar regelmäßig zu Besuch nach Wien zu- rück,28 doch entzog man ihm 1962 an der Wiener Universität wegen dauern- der Abwesenheit die Lehrbefugnis.29 Abb. 3: Robert Joachimovits (rechts) mit seinem Schwager Richard Wasicky Im Alter von 78 Jahren starb Robert Jo- achimovits am 13. Juli 1970 in seiner schaften und persönlicher Einfluss schen Stadtrates, der mit mir ins Gym- alten Heimat Wien an Pankreaskrebs.30 von ein paar Leuten, die nicht genü- nasium ging!!! Es wird also gar kein In Anerkennung seiner akademischen gend Einblick haben, massgebend für Wert auf gute Ärzte gelegt, wie ich Leistungen wurde ihm eine Ruhestät- Besetzungen von Kliniken und Spitä- sehe; und so sehe ich, wenn das so te auf dem Ottakringer Friedhof eh- lern, es erhält vielfach der weniger Be- bleibt – einen grossen Niedergang der renhalber gewidmet. In der Begrün- fähigte durch Cliquen- und Parteiwirt- Wiener Ärzte in Ansehen und Können dung des Magistrats der Stadt Wien schaft vor dem Besseren ein grosses voraus. Andererseits habe ich vom heißt es dazu: „Robert Joachimovits Wirkungsfeld, zum Schaden der Allge- Auslande – von 4 Ländern! Berufun- gehörte zu den bedeutenden medizini- meinheit und des Aufschwunges unse- gen als Ordinarius für mein Fach be- schen Vertretern der Wiener Schule rer Wissenschaft und Arbeit“.24 kommen. Ist es darum nicht begreif- und war weit über Österreich hinaus Seine Enttäuschung war so groß, dass lich, wenn ich mit meinen Publikatio- bekannt. Die Magistratsabteilung er trotz seiner Heimatverbundenheit nen zurückhalte und in der Tat daran 9-Stadtbibliothek glaubt deshalb, daß ins Auge fasste, Österreich erneut zu denke, meine Arbeitskraft einem an- es berechtigt ist, das betreffende Grab verlassen: „Ich habe von 2 Seiten eine deren Lande zur Verfügung zu stellen, ehrenhalber auf Friedhofsdauer zu Auslandsberufung erhalten und vor das die Arbeit und das Verdienst am widmen und in die Obhut der Stadt einer derselben zu folgen, da ich hier Fache viel höher schätzt“.26 Wien zu übernehmen“.31 weder eine Klinik, noch ein Spital be- kam, wie es mir verdientermaßen ge- bührt“.25 Obwohl er die Emigrations- pläne vorerst nicht in die Tat umsetz- te, wuchs in ihm das Bedürfnis nach Wertschätzung seiner akademischen Leistungen. 1949 klagte er: „Wie Sie vielleicht beobachtet haben wurde mir, – der aus Heimatliebe und kei- nem anderen Grunde 1945 nach Wien zurückgekehrt war –, bis nun weder eine Klinik noch ein Primariat anver- traut – vielleicht darum, weil ich kei- ner Partei zugehöre aber sicher nicht aus sachlichen Erwägungen, die doch allein massgebend sein sollten. Auch in letzter Zeit erst wieder – ich bin pri- mo loco zum Landessanitätsrat für die Poliklinik vorgeschlagen, höre ich von allerlei politischen Quertreibereien, u. a. seitens eines sozialdemokrati- Abb. 4: Der „Brunnen der Vertriebenen“

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Erinnerung und späte 82 Mitarbeitern der Universität, die ­Würdigung zwischen 1938 und 1945 aus rassi- schen Gründen vertrieben wurden.33 Mit der Aufarbeitung der NS-Zeit wur- Der Brunnen ist eine Ergänzung zu den Robert Joachimovits weitere späte dem wenige Meter entfernten „Mahn- Würdigungen in seiner früheren Wir- mal für Opfer des Nationalsozialismus kungsstätte Wien zuteil. Das Wiener der Medizinischen Universität Wien“, Josephinum, in dem sich heute das In- das ebenfalls an die während der NS- stitut für Geschichte der Medizin der Diktatur vertriebenen Professoren so- Medizinischen Universität Wien befin- wie an deren Studenten erinnern soll.34 det, zeigte im Jahre 2018 die Ausstel- lung „Die Wiener medizinische Fakul- Wissenschaftliche Arbeiten tät 1938 bis 1945“. Die Besetzung der Lehrstühle mit Parteigenossen war Nach dem Tod von Robert Joachimovits dort ebenso Gegenstand wie Humanex- resümierte seine Nichte Erika: „Pro- perimente unter dem Deckmantel der fessor Joachimovits war ein hochbe- Abb. 6: Deckblatt der Buchveröf- medizinischen Forschung sowie die gabter Mensch und Gelehrter aber ir- fentlichung „Gonorrhoe der weibli- Vertreibung jüdisch-stämmiger Uni- gendwie weltfremd. Er hat nur für sei- chen Genitalorgane“ (1933) versitätsangehöriger und Studenten. ne Wissenschaft gelebt“.35 Dieses der Auch das Robert Joachimovits durch Wissenschaft gewidmete Leben fand In einem Aufsatz aus dem Jahr 1920 seine Vertreibung angetane Unrecht seinen Niederschlag in mehreren Bü- mit dem Titel Die Radix Primulae, ein wurde kurz dargestellt.32 Darüber hin- chern und über 70 wissenschaftlichen neues Expektorans, veröffentlicht in aus wird sein Name auf dem sogenann- Artikeln aus den Disziplinen Gynäko- Zusammenarbeit mit dem pharmako- ten „Brunnen der Vertriebenen“ er- logie, Chirurgie und Pharmakologie.36 gnostischen Institut der Universität wähnt. Das aus mehreren Tafeln beste- Für einen Lexikonbeitrag zu seiner Wien unter der Leitung seines späte- hende Denkmal in Form eines Brun- Person wurde Robert Joachimovits im ren Schwagers Richard Wasicky, be- nens wurde im November 2008 vor der Jahr 1947 gebeten, seine bis dahin schreibt Joachimovits die schwierige Medizinischen Universität Wien er- wichtigsten wissenschaftlichen Arbei- Lage nach dem Ersten Weltkrieg auf richtet. Aufgelistet sind die Namen von ten anzugeben. In seiner Auflistung dem Arzneimittelmarkt. Die Arznei- finden sich neben therapie habe mit zwei Schwierigkei- zahlreichen weite- ten zu kämpfen – viele ausländische ren Punkten folgen- Heilpflanzen, wie Ipecacuanha (Cara- de Angaben: Die pichea ipecacuanha), Quillaja (Quillaja „Entdeckung des saponaria) und Senega (Polygala sene- Muskelzyklus in ga), die zu Beginn des 19. Jahrhun- der Gebärmutter, derts in den europäischen Markt ein- der dem Schleim- gedrungen waren, seien zu teuer oder hautzyklus parallel gar nicht erhältlich. Joachimovits ver- läuft“ (1929), 37 die trat daher die Ansicht, dass es „wohl „Angabe einer neu- auch unter dem eigenen Himmel en […] Operations- Schätze genug“42 gebe. Dabei nahm er methode zur Be- die Schlüsselblume (Primula officina- handlung der Harn- lis/Primula elatior), die schon lange inkontinenz bei gro- Bestandteil des volkskundlichen Arz- ßen Defekten“ neischatzes war, näher in Augen- (1929), 38 die „Entde- schein. Als Beispiel führte er den so- ckung des Besen- genannten „Professorentee“ an, eine ginsters als Blutstil- auf den Schweizer „Kräuterpfarrer“ Jo- lungsmedikament“ hann Künzle (1857–1945) zurückzu- (1935).39 Aus phar- führende Teemischung, die laut Künz- mazeutischer Sicht le hauptsächlich für Leute bestimmt ist die „Entdeckung sei, die, wie Professoren, Kommandan- der Radix Primulae ten und Ausrufer, viel laut sprechen als Expektorans“ müssten und daher ein sicheres und Abb. 5: Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus der (1920) 40 am interes- schnell wirkendes Mittel benötigten.43 Medizinischen Universität Wien santesten.41 Einer der Hauptbestandteile dieser

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Teemischung war die Schlüsselblume. gen, der Schlüsselblume als Heilpflan- Abbildungsnachweise Aufgrund der strukturellen Ähnlich- ze den Sprung aus dem volkskundli- Abb. 1: Die Familie Joachimowitz – Robert mit keit der Inhaltsstoffe der Wurzeln von chen Arzneischatz in die moderne seinen Eltern Bernhard und Klementine so- wie den beiden Schwestern Marianne Senega und Primula postulierte Joachi- Phytotherapie zu ermöglichen. Be- (oben) und Alice (unten). Privates Archiv movits eine Analogie auch hinsichtlich kanntlich werden bis heute Kombina- Familie Veldhuijzen. ihrer expektorierenden Eigenschaften. tionspräparate aus Primelwurzel und Abb. 2: Robert Joachimovits in Uniform. Priva- tes Archiv Familie Veldhuijzen. Zu ihrem Nachweis untersuchte er alle Thymian zur Behandlung von produk- Abb. 3: Robert Joachimovits (rechts) mit seinem Pflanzenteile der Schlüsselblume auf tivem Husten in der Selbstmedikation Schwager Richard Wasicky (1884–1970) an die pharmakodynamischen Eigen- angeboten. der Universität von Santa Maria, Brasilien. Privates Archiv Familie Veldhuijzen. schaften. Da die Wurzeln der Pflanze Joachimovits war habilitierter Gynäko- Abb. 4: Der „Brunnen der Vertriebenen“ vor den höchsten Saponingehalt aufwie- loge. Sein wissenschaftliches Interes- dem Gebäude der Medizinischen Universi- sen, entschied er sich bei seiner Re- se war indes vielfältig und keineswegs tät Wien. Privates Archiv Lisa Garweg. zeptur für ein Dekokt aus Radix Pri- auf sein Spezialgebiet beschränkt. Die Abb. 5: Mahnmal für die Opfer des Nationalso- zialismus der Medizinischen Universität mulae. Von den 24 von ihm untersuch- Zäsur durch das ihm 1938 angetane Wien. Privates Archiv Lisa Garweg. ten Fällen (Patienten, die er mit dem Unrecht (Berufs- und Lehrverbot), das Abb. 6: Deckblatt der Buchveröffentlichung Dekokt behandelte) zeigten nur zwei ihn zur Emigration veranlasste, er- „Gonorrhoe der weiblichen Genitalorgane“ (1933). Privates Archiv Lisa Garweg. keine expektorierende Wirkung. scheint in seinem Leben – anders als Abb. 7: Titelblatt des Buches „Das Beckenaus- bei anderen jüdischen Wissenschaft- gangsgebiet und Perineum des Weibes“ lern – weniger einschneidend, da ihm (1969) von Robert Joachimovits. Privates Archiv Familie Veldhuijzen. das Prinzip der Stabilitas loci ohnehin eher fremd war. Sein Leben ist ge- Anmerkungen kennzeichnet durch häufige Ortswech- 1 Die Schreibweise des Nachnamens lautet sel bei gleichzeitig konstanter wissen- gemäß Geburtsbuch „Joachimowitz“. Ab schaftlicher Produktivität. Wie viele dem Jahr 1922 benutzte Robert Joachimo- vits die hier verwendete Variante mit v und andere Rückkehrer, hatte jedoch auch s für seine wissenschaftlichen Publikatio- er Schwierigkeiten, in der Nachkriegs- nen ebenso wie in der privaten Korrespon- zeit eine seinen wissenschaftlichen denz. Der Grund für die veränderte Schreibweise ist unbekannt. Seine Eltern Leistungen entsprechende Anstellung und Geschwister behielten die ursprüngli- in Österreich zu finden. Dies gelang che Form des Namens bei. ihm erst mit seiner Emigration nach 2 Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Brasilien. Wien. Geburtsbucheintrag Robert Joachi- mowitz, 1892. In: Geburtsbuch israelitische Kultusgemeinde Ottakring, Nr. 3957, 1892; Summary Wiener Stadt- und Landesarchiv. Histori- 2020 marks the 50th anniversary of the death sche Wiener Meldeunterlagen Bernhard Jo- of Austrian gynaecologist Robert Joachimovits achimowitz (ohne Archivnummer). Abb. 7: Titelblatt des Buches „Das (1892–1970). Joachimovits studied medicine at 3 Josephinum - Sammlungen der Medizini- Beckenausgangsgebiet und Perineum the University of Vienna, where he also habili- schen Universität Wien. Handgeschriebe- tated as private lecturer for obstetrics and gy- des Weibes“ (1969) ner Brief von Erika Veldhuyzen-Lesk, 1970. naecology in 1930. He lectured at his Alma Ma- In: Sammelakt zu Robert Joachimovits, Nr. ter but was primarily working in his own gy- 2872. Seine Ergebnisse fasst er wie folgt zu- naecological practice. With the reunification of 4 Brief von Erika Veldhuyzen-Lesk [wie sammen: „In der getrockneten Wurzel Austria with the German Reich Joachimovits’ Anm. 3]. venia legendi was withdrawn as he had Jewish der Primula, einem vergessenen 5 Archiv der Universität Wien. Personalbo- grandparents. He therefore saw himself forced gen Robert Joachimovits, 1930. In: Perso- Volksmittel, wurde ein sehr wirksa- to leave his homecountry until the end of World nalakt Robert Joachimovits, Nr. 160 aus mes, angenehm schmeckendes, und War II. Back in Vienna Robert Joachimovits got 1944/1945 (005); Archiv der Universität back his venia legendi in 1945, but felt uncom- verhältnismäßig billiges Expektorans Wien. Nationale Robert Joachimowitz 1. Se- fortable with his professional situation. Even mester, 1911. In: Nationale der Medizini- gefunden; die expektorierende Wir- though he had the qualifications to be the lea- schen Fakultät 1850-1968; Österreichisches kung beruht in der Hauptsache auf der of a hospital or university institution, he Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsar- dem Gehalt der Wurzel an mehreren was not able to find an appropriate job. He fi- chiv, Wien. Curriculum Vitae in Gesuch nally followed an invitation of the University of 44 zur Erteilung der Venia Legendi 1930. In: Saponinen“. Ihre Wirkung sei etwa Santa Maria, Brazil, in 1957, where he spent the Professorenakt Robert Joachimovits, AT- fünfmal so stark, wie frisch getrock- rest of his professional life. Joachimovits died OeStA/AVA Unterricht UM allg. A 625.47. nete Senegawurzel.45 in 1970 in Vienna. Throughout his life, he pub- 6 Zur Biographie von Heinrich von Peham s. lished more than 70 scientific papers and was [Artikel] Peham, Heinrich von, Gynäkologe the first who scientifically described the expec- und Geburtshelfer. In: Österreichisches torant effect of Primula root. Resümee Biographisches Lexikon 1815–1950. Bd. 7. Wien 1978, S. 390. Keywords Robert Joachimovits hat mit seiner Be- 7 Zur Biographie von Hans Horst Meyer s. Gynaecology, Aryanization of Universities, Bra- [Artikel] Meyer, Hans Horst, Pharmakologe. schreibung der expektorierenden Wir- zilian pharmacy and pharmacology, processing In: Österreichisches Biographisches Lexi- kung der Primelwurzel dazu beigetra- of NS-past, Primula root. kon 1815–1950. Bd. 5. Wien 1972, S. 426f.

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8 Zur Biographie von Constantin Bucura s. 20 Archiv der Universität Wien. Personalstan- Wien Geschichte Wiki, 14.09.2018 (https:// Robert Hofstätter: Constantin J. Bucura, desblatt, 1946. In: Personalakt Robert Joa- www.geschichtewiki.wien.gv.at/Mahn- 1874–1935. Ein Nachruf. In: Wiener Medi- chimovits, Nr. 160 aus 1944/1945 (011). mal_für_Opfer_des_Nationalsozialismus_ zinische Wochenschrift 85 (1935), S. 1354f. 21 N.N.: Dr. Joachimovits. In: Neues Österreich der_Medizinischen_Universität, letzter Zu- 9 Personalbogen Robert Joachimovits [wie 1 (1945), Nr. 103, S. 4; Wiener Stadt- und griff: 02.07.2019). Anm. 5]; Curriculum Vitae [wie Anm. 5]; Landesarchiv. Personalakt Ärztekammer, 35 Brief von Erika Veldhuyzen-Lesk [wie Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines 2.10.2.A1. Joachimovits Robert.6.2.1892. Anm. 3]. Verwaltungsarchiv, Wien. Curriculum Vi- 22 Archiv der Universität Wien. Schreiben an 36 Handgeschriebener Brief einer für Joachi- tae in Gesuch zur Rückerhaltung der Venia das Dekanat der medizinischen Fakultät movits tätigen wissenschaftlichen Zeichne- Legendi, 1938. In: Professorenakt Robert der Universität Wien vom 25.11.1945. In: rin [wie Anm. 28]. Joachimovits, AT-OeStA/AVA Unterricht Personalakt Robert Joachimovits, Nr. 160 Ein Verzeichnis der wissenschaftlichen Ar- UM allg. A 625.47; Josephinum - Sammlun- aus 1944/1945 (001 und 002). beiten Joachimovits‘ bis 1938 findet sich in: gen der Medizinischen Universität Wien. 23 ÖNB = Österreichische Nationalbibliothek, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Empfehlungsschreiben ehemaliger Vorge- Wien. Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Verwaltungsarchiv, Wien. Verzeichnis der setzter für Robert Joachimovits. In: Sam­ an das Österreich-Institut, 1947. In: Autogr. wissenschaftlichen Arbeiten von Dozent mel ­akt zu Robert Joachimovits, Nr. 2872; 683/2–1; ÖNB, Eigenhändiger Brief mit Un- Dr. Robert Joachimovits. In: Professorenakt zu seinem Studienaufenthalt in Hollän- terschrift an Robert Teichl, 1949. In: Auto- Robert Joachimovits, AT-OeStA/AVA Unter- disch-Indien s. N.N.: Tagesbericht. In: gr. 683/2–4. richt UM allg. A 625.47. Reichspost 34 (1927), Nr. 101, S. 4. 24 Eigenhändiger Brief mit Unterschrift an 37 ÖNB, Wien. Entwurf für Lexikonartikel zu 10 Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines das Österreich-Institut [wie Anm. 23]. Robert Joachimovits, 1947. In: Autogr. Verwaltungsarchiv, Wien. Gesuch zur Er- 25 Eigenhändiger Brief mit Unterschrift an 683/2–2. Die Endfassung des Beitrags er- teilung der Venia Legendi, 1930. In: Profes- das Österreich-Institut [wie Anm. 23]. schien in: Österreicher der Gegenwart. Le- sorenakt Robert Joachimovits, AT-OeStA/ 26 Eigenhändiger Brief mit Unterschrift an xikon schöpferischer und schaffender Zeit- AVA Unterricht UM allg. A 625.47. Robert Teichl [wie Anm. 23]. genossen. Wien 1951, S. 133; Robert Joachi- 11 Empfehlungsschreiben [wie Anm. 9]. 27 Zur Biographie von Richard Wasicky s. Lisa movits: Myoblasten im Uterus. In: Archiv 12 Gesuch zur Erteilung der Venia Legendi Garweg / Frank Leimkugel: Der österrei- für Gynäkologie 135 (1929), S. 536–544. [wie Anm. 10]. chisch-brasilianische Pharmakognost Ri- 38 Entwurf für Lexikonartikel zu Robert Joa- 13 Wiener Stadt- und Landesarchiv. Hand- chard Wasicky und das „Office Autrichien“ chimovits [wie Anm. 37]; Robert Joachimo- schriftlicher Brief von Robert Joachimovits 1940. In: Michael Kaasch / Joachim vits: Beitrag zur Technik der Inkontinenz- an die Ärztekammer vom 01.08.1945, 1945. Kaasch / Thorsten K.D. Himmel (Hrsg.): (Fistel-)Operation bei großen Defekten der In: Personalakt Ärztekammer, 2.10.2.A1. Denkstile und Schulenbildung in der Biolo- Urethra. In: Zentralblatt für Gynäkologie Joachimovits Robert.6.2.1892. gie. / Biologie und Politik. Berlin 2017 (Ver- 53 (1929), S. 347–351. 14 Judith Bauer-Merinsky: Die Auswirkungen handlungen zur Geschichte und Theorie 39 Entwurf für Lexikonartikel zu Robert Joa- der Annexion Österreichs durch das Deut- der Biologie; 19.), S. 241–257. chimovits [wie Anm. 37]; Robert Joachimo- sche Reich auf die Medizinische Fakultät 28 Archiv der Magistratsabteilung 7 der Stadt vits: Über ein neues Uterotonicum. In: Zen- der Universität Wien im Jahre 1938. Biogra- Wien. Handgeschriebener Brief einer für tralblatt für Gynäkologie 59 (1935), S. 390. phien entlassener Professoren und Dozen- Joachimovits tätigen wissenschaftlichen 40 Entwurf für Lexikonartikel zu Robert Joa- ten. Phil. Diss. Wien 1980, S. 114–116. Zeichnerin, 1972. In: Widmungsakt zum chimovits [wie Anm. 37]; Robert Joachimo- 15 Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Ehrengrab von Robert Joachimovits auf witz: Die Radix Primulae, ein neues Expek- Verwaltungsarchiv, Wien. Gesuch zur dem Friedhof Ottakring. torans. In: Wiener Klinische Wochenschrift Rückerhaltung der Venia Legendi, 1938. In: 29 Zu Robert Joachimovits‘ Zeit in Brasilien s. 33 (1920), S. 606–608. Professorenakt Robert Joachimovits, AT- Bauer-Merinsky [wie Anm. 14]. 41 Entwurf für Lexikonartikel zu Robert Joa- OeStA/AVA Unterricht UM allg. A 625.47. 30 Wiener Stadt- und Landesarchiv. Todesbe- chimovits [wie Anm. 37]. 16 Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der scheinigung Robert Joachimovits, 1970. In: 42 Joachimowitz [wie Anm. 40]. Republik, Wien. Erhebungsbericht zu Ro- Todesbescheinigungen: Totenbeschaube- 43 N.N.: Professorentee. Zeilarn, Phytofit - Der bert Joachimovits vom 04.01.1960, 1960. In: funde, 1.3.2.212.A12. Kräuterhof GmbH, 01.09.2017 (https:// Vermögensanmeldung Marianne Wasicky, 31 Archiv der Magistratsabteilung 7 der Stadt www.phytofit.de/kraeuter-tipps/professo- AT-OeStA/AdR E-uReang VVSt VA Buchsta- Wien. Schreiben der Magistratsabteilung 9 rentee, letzter Zugriff: 04.07.2019). be W 3590; Matricula online, Wien. Taufre- – Stadtbibliothek, 1972. In: Widmungsakt 44 Joachimowitz [wie Anm. 40]. gistereintrag Robert Joachimowitz, 1895. zum Ehrengrab von Robert Joachimovits 45 Joachimowitz [wie Anm. 40]. In: Taufbuch der Pfarre 16. 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PERSÖNLICHES Weiterbildung zum Apotheker für sundheit, sodass er weiter erfolgreich Pharmazeutische Analytik. für die Pharmaziegeschichte forschen Seit seinem Ausscheiden aus der phar- und auch als Verleger tätig sein kann. Dr. Peter Hartwig mazeutischen Industrie widmet sich Damit verbunden ist ein großer Dank Peter Hartwig Graepel nun wieder für seinen steten Einsatz für die Phar- Graepel zum ganz seinen schriftstellerischen und maziehistoriographie, die als pharma- 70. Geburtstag wissenschaftlichen Arbeiten und be- zeutische Zweigdisziplin in besonde- gründete als Verleger auch eine eigene rem Maße von dem Engagement sol- Am 23. Dezember 1949 wurde Peter Buchreihe, die „Gladenbacher Beiträge cher nebenamtlich tätigen Forscher Hartwig Graepel in Calw im Schwarz- zur Geschichte des deutschen Apothe- profitiert. (s. auch DAZ 159 (2019), S. wald geboren. Sein Vater war Apothe- kenwesens“ mit wichtigen Beiträgen 4976f.) ker, sodass auch Peter Hartwig Graepel zur Pharmaziehistoriographie. Sein Christoph Friedrich und diesen Beruf wählte und von 1968 bis wissenschaftliches Werk umfasst 11 Wolf-Dieter Müller-Jahncke 1970 seine Praktikantenzeit in Tübin- Monographien und 178 Zeitschriften- gen und Reutlingen absolvierte. Nach aufsätze sowie Rezensionen. Neben ei- dem Pharmaziestudium in Tübingen genständigen Biographien von Apothe- ab 1971 und dem Erhalt der Approba- kern und Naturwissenschaftlern er- Dr. Franz-Josef Kuhlen tion als Apotheker 1974 wandte sich stellte er 74 Biographien für die Deut- gestorben Peter Hartwig Graepel gemäß seinen sche Apotheker-Biographie. Auch historischen Interessen nach Marburg, bearbeitete er Themen der Arzneimit- Am 18. Juli 2019 verstarb im Universi- wo er zunächst das Promotionsstudi- telgeschichte, wie zu Terra sigillata, tätsklinikum in Frankfurt am Main um bei Rudolf Schmitz absolvierte und zu Curcuma oder Amfepramon. Dane- nach langer Krankheit der Apotheker danach auch als dessen Assistent im ben entstanden auch Arbeiten zur und Pharmaziehistoriker Dr. Franz-Jo- Institut für Geschichte der Pharmazie pharmazeutischen Kulturgeschichte, sef Kuhlen. Sein Name ist mit einer tätig war. 1978 erfolgte seine Promo- so zu Darstellungen von Christus als langjährigen Tätigkeit am Marburger tion zum Dr. rer. nat. mit dem Thema Apotheker, zum Apotheker im Roman Institut für Geschichte der Pharmazie „Carl Friedrich von Gärtner (1772– des 20. Jahrhunderts oder auch zur und als Lehrbeauftragter an den Uni- 1850). Familie – Leben – Werk. Ein Pharmazeutischen Museologie. Als versitäten Marburg und Jena verbun- Beitrag zur Geschichte der Sexualtheo- sein wichtigstes und immer wieder den. rie und der Bastarderzeugung im ­zitiertes Werk gilt mit Recht die 2016 Franz-Josef Kuhlen wurde am 7. Janu- Pflanzenreich“. In dieser Arbeit ver- erschienene Monographie über phar- ar 1949 in Willich (Rheinland) gebo- band Graepel seine historischen und maziehistorisch relevante Stammbü- ren. Sein Abitur legte er 1968 am Städ- botanischen Kenntnisse, leistete aber cher, in der er minutiös zahlreiche tischen altsprachlichen Arndt-Gymna- zugleich einen Beitrag zur pharmazeu- handschriftliche Stammbücher von sium in Krefeld ab, wo er das Große tischen Biographik. Beide Gebiete, die Apothekern des 18. und 19. Jahrhun- Latinum, Graecum und Hebraicum er- Geschichte der Botanik als auch Bio- derts auswertete und hier zu erstaun- warb. Diese Sprachen bildeten für sei- graphien von Apothekern, blieben Ar- lichen neuen Ergebnissen kam. ne späteren Studien eine wichtige Rol- beitsgebiete in seinem weiteren wis- Daneben engagierte sich Peter Hartwig le. In der Neuen Apotheke in Willich senschaftlichen Werk. Graepel auch in der Deutschen Gesell- absolvierte er bei Dr. Bruno Krause Obwohl Graepel ab 1978 nicht mehr schaft für Geschichte der Pharmazie, von 1968 bis 1970 sein zweijähriges hauptberuflich auf dem Gebiet der zunächst als stellvertretender Vorsit- Apothekerpraktikum. Anschließend Pharmaziegeschichte tätig war, zählt zender der Landesgruppe Hessen von folgte für zwei Semester an der Philo- er doch zu den wenigen Promovierten 2003 bis 2012 und danach als Vorsit- sophisch-Theologischen Hochschule in des Marburger Institutes für Ge- zender der Landesgruppe, für die er Bamberg das Pharmaziestudium, das schichte der Pharmazie, die weiter stets interessante und genaustens vor- er an der Universität Bonn fortsetzte forschten und ein umfangreiches wis- bereitete Tagungen organisiert. Von und 1974 mit dem Staatsexamen ab- senschaftliches Werk vorlegten. 1978 2005 bis 2013 fungierte Graepel zudem schloss. In diesem Jahr erhielt er die war er zunächst angestellter Apothe- als Schatzmeister der Académie Inter- Approbation als Apotheker. ker in Aschaffenburg, danach in Mar- nationale d’Histoire de la Pharmacie, in Zum Wintersemester 1974/75 begann burg, bis er 1981 in die Marburger die er bereits 2003 gewählt worden Kuhlen an der Universität Marburg Temmler-Werke, heute Temmler Phar- war. Für sein umfangreiches wissen- mit dem Studium der Pharmaziege- ma, eintrat. Hier war er bis 2010 tätig, schaftliches Werk erhielt er 2009 die schichte bei Professor Dr. Rudolf zuletzt an besonders verantwortungs- Johannes-Valentin-Medaille in Silber. Schmitz und besuchte auch Vorlesun- voller Stelle als Sachkundige Person Für sein neues Lebensjahrzehnt wün- gen und Seminare zu historischen nach § 14 des Arzneimittelgesetzes. schen ihm Pharmaziehistoriker, Hilfswissenschaften, mittelalterlicher Folgerichtig absolvierte er auch eine Freunde und Kollegen vor allem Ge- Geschichte, Religionswissenschaften,

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Nederlandistik und Arabistik. Zu- wurde ebenfalls Apotheker. Mittelalters, dessen Mitarbeiter er von gleich war er von 1975 bis 1978 Wis- Kuhlen hat sich Verdienste um die 1980–1998 war. Auch verdienen seine Geschichte der Pharmazie senschaftliche Hilfskraft und an- Pharmaziegeschichtsschreibung er- langjährigen Lehraufträge für Phar- schließend bis 1988 Wissenschaftli- worben. Seit 1981 war er Mitarbeiter mazeutische Gesetzeskunde und Ter- cher Mitarbeiter am Institut für Ge- von Professor Schmitz an der monu- minologie an der Philipps-Universität schichte der Pharmazie in Marburg. mentalen „Geschichte der Pharmazie“, Marburg und später an der Friedrich- Seine Promotion zum Dr. rer. nat. er- dessen erster Band er nach dem Tod Schiller-Universität Jena Erwähnung. folgte im Juni 1981 mit der Disserta- seines Doktorvaters (1992) fertigstellte Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zog tion „Zur Geschichte der Schmerz-, und 1998 veröffentlichte. Man kann sich Kuhlen, bedingt durch eine lang- Schlaf- und Betäubungsmittel in Mit- eine solche Leistung nicht hoch genug wierige Krankheit, mehr und mehr telalter und früher Neuzeit“, eine Stu- einschätzen, denn ohne diesen hätte von Universität und Pharmaziege- die, die 1983 erschien und große An- es vermutlich auch keinen zweiten schichte zurück. Nun ist er im Alter erkennung fand. Band gegeben, den die Professoren von 70 Jahren verstorben. In Trauer Seit 1988 arbeitete Kuhlen als Apothe- Christoph Friedrich und Wolf-Dieter nehmen wir Abschied von einem ker für Offizin-Pharmazie in der Brun- Müller-Jahncke dann 2005 verfassten. Freund und Kollegen, wobei unser nen-Apotheke in Rosbach vor der Im vierten Quartal des 20. Jahrhun- Mitgefühl in aufrichtiger Verbunden- Tierische Drogen im . Jahrhundert Höhe, die seiner Frau Eleonora geb. derts erschienen aus Kuhlens Feder heit seiner Familie gilt. im Spiegel offi zineller und nicht offi zineller Scheibert, mit der er seit 1986 verhei- auch zahlreiche Aufsätze und Buch­ Requiescat in pace. Literatur und ihre Bedeutung in der Gegenwart ratet war, gehört. Sein Sohn Martin beiträge, vor allem im Lexikon des Peter Hartwig Graepel, Gladenbach Von Katja Moosmann ¬®¯°. X, ²³´ Seiten. ³¬ Abbildungen. (Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Bd. ¯¯°). Kartoniert. · ¬¸,°³ [D] ISBN °¹´-²-´®¸¹-²°°´-¹

JAHRESREGISTER 2019 Pain Expeller, Geheimmittel 40-56 Friedrich, Christoph 1–10 Plagiate, Dissertationen 33-39 Pommering, Tanja 11–20 Themen Photographie, Geschichte 1–10 Tekiner, Halil 21–27 Ägypten, Rezepturen 11–20 Karikatur 21–27 Persönliches Türkei, Apothekerkarikaturen 21–27 Sonstiges Arabien, 1001 Nacht 61–70 Friedrich, Christoph 28 Literatur, Apotheker 21–27; 61–70 Dalberg-Preis 30 Fuxius, Dieter 58 Ichtyol 71– 82 Neuaufnahmen 31 Ledermann, Francois 29 Tiere lieferten bereits zur Zeit der ersten Hochkulturen Heilmittel. Unna, Paul Gerson (1850–1929) 71– 82 Promotionen 30, 59, 87 Mönnich, Michael 58 Insbesondere im . Jahrhundert erlebten sie eine Blütezeit, die auf Schröter, Rudolf (1830–1900) 71– 82 Müller-Jahncke, Wolf-Dieter 28 der Verbreitung der Signaturenlehre und auf der Herausgabe des Werks „Heylsame Dreck-Apotheke […]“ von Christian Franz Paullini Arzneimittelgeschichte 71– 82 Plehn, Marcus 59 Autoren (Ÿ–) im Jahre ŸŸ fußte. Firmengeschichte 71– 82 Remane, Horst 29 Apothekenkantate 83–86 Bachour, Natalia 61–70 Wolf, Evamarie 87 Die vorliegende Studie untersucht die tierischen Drogen, die in drei Koschinsky, Fritz (1903–1969) 83–86 Boman-Degen, Stefanie 71–82 bedeutenden Pharmakopöen dieses Jahrhunderts sowie Haus- und Volksarzneibüchern und der bereits erwähnten Dreckapotheke vertreten Musik, Apotheker 83–86 Langebner, Thomas 40-56 sind. Daneben werden sowohl die Entstehungsgeschichte dieser Arznei- Mylius, Georg Heinrich (1884–1979) Müller, Johannes 33-39 bücher als auch die gesundheitliche Betreuung der unterschiedlichen 1–10 Roetz, Thomas 83–86 gesellschaftlichen Schichten im damaligen Deutschland behandelt. ­ Einzelmonographien beschreiben schließlich die pharmazeutische Nutzung der in der analysierten Literatur ermittelten Tierarten im histo- rischen Kontext und erläutern die gegenwärtige Relevanz für die Arznei- stoff forschung und -therapie. Unter den ausführlich behandelten Tierarten sind u.a. Frösche, Schlangen, Korallen, Skorpione und Krebse vertreten.

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart Birkenwaldstraße  |  Stuttgart Telefon  ­ - | Telefax  ­ - www.wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de AZ Moosmann |  | -- | sch/hi. | -- |  | Moosmann AZ Alle Preise inklusive MwSt. [D], sofern nicht anders angegeben. Lieferung erfolgt versandkostenfrei innerhalb Deutschlands. Lieferung ins Ausland zuzüglich Versandkostenpauschale von ’ ,­ pro Versandstück. 26 | Geschichte der Pharmazie | 72. Jahrgang | April 2020 | Nr.1/2 https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202103301352-0

1-1 S_QuS_119_Moosmann_3998.indd 1 20.03.20 13:36 1-1 S_QuS_119_Moosmann_3998.indd 1 ISBN °¹´-²-´®¸¹-²°°´-¹ Kartoniert. ·¬¸,°³ [D] der Pharmazie, Bd.¯¯°). (Quellen und Studien zur Geschichte ¬®¯°. X, ²³´ Seiten. ³¬ Abbildungen. Von Katja Moosmann Literatur und ihre Bedeutung in der Gegenwart im Spiegel offizineller und nicht offizineller Tierische Drogen im .Jahrhundert Geschichte der Pharmazie von von ’ Versandkostenpauschale ,­ins zuzüglich Ausland Lieferung pro Versandstück. Deutschlands. innerhalb versandkostenfrei erfolgt Lieferung angegeben. [D], anders nicht MwSt. sofern inklusive Alle Preise https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202103301352-0 www.wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de Telefon  ­ - | Telefax  ­ - Birkenwaldstraße  |  Stuttgart Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart Krebse vertreten. Tierarten sind u.a. Frösche, Schlangen, Korallen, Skorpione und stoffforschung und -therapie. Unter den ausführlich behandelten rischen Kontext und erläutern die gegenwärtige Relevanz für die Arznei- Nutzung der in der analysierten Literatur ermittelten Tierarten im histo- ­ Einzelmonographien beschreiben schließlich die pharmazeutische gesellschaftlichen Schichten im damaligen Deutschland behandelt. bücher als auch die gesundheitliche Betreuung der unterschiedlichen sind. Daneben werden sowohl die Entstehungsgeschichte dieser Arznei- Volksarzneibüchern und der bereits erwähnten Dreckapotheke vertreten bedeutenden Pharmakopöen dieses Jahrhunderts sowie Haus- und Die vorliegende Studie untersucht die tierischen Drogen, die in drei (Ÿ–) im Jahre ŸŸ fußte. „Heylsame Dreck-Apotheke […]“ von Christian Franz Paullini der Verbreitung der Signaturenlehre und auf der Herausgabe des Werks Insbesondere im . Jahrhundert erlebten sie eine Blütezeit, die auf Tiere lieferten bereits zur Zeit der ersten Hochkulturen Heilmittel. 20.03.20 13:36

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Wichtige Mitteilung!

Die Biennale in Detmold vom 24. – 27. April 2020 fällt aus!

Die Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie e. V. wird voraussichtlich im Rahmen der Herbstveranstaltung der Landesgruppen Baden und Württemberg am

17. Oktober 2020 um 12.00 Uhr Neues Kloster Schussenried Pater-Mohr-Raum Neues Kloster 1 88427 Bad Schussenried

stattfinden.

Näheres in der „Geschichte der Pharmazie“ Nr. 3 vom 13. August 2020

Der Vorstand gez. Prof. Dr. Sabine Anagnostou, Dr. Gabriele Beisswanger, Dr. Ute Jutta Götz Marburg, 20. 03. 2020

pondenzadresse: Lindenstr. 11, D-57548 Bei Einzelbezug jährlich Euro 52,– (zzgl. Geschichte der Pharmazie Kirchen/Sieg), unter Mitarbeit von Prof. Dr. 13,80 Euro Versandkosten Inland). Christoph Friedrich, Marburg, und Prof. Dr. Einzelheft Euro 16,– (versandkostenfrei). Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Frank Leimkugel, Mülheim. Alle Preise inkl. MwSt. Geschichte der Pharmazie e. V. Jede Verwertung der „Geschichte der Phar- „Geschichte der Pharmazie“ bis 1989 Redaktionelle Bearbeitung: mazie“ außerhalb der Grenzen des Urhe- „Beiträge zur Geschichte der Pharmazie“, Kathrin Pfister, Heidelberg berrecht-Gesetzes ist unzulässig und straf- erscheint vierteljährlich als regelmäßige bar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Beilage der „Deutschen Apotheker Zeitung“. Redaktionsbeirat: Nachdruck, Mikroverfilmung oder ver- Prof. Dr. Sabine Anagnostou, Marburg; gleichbare Verfahren sowie für die Speiche- Verantwortlich für den Inhalt: Dr. P. H. Graepel, Gladenbach; Prof. Dr. rung in Datenverarbeitungsanlagen. Prof. Dr. W.-D. Müller-Jahncke, Hermann- P. Dilg, Regensburg; Dr. L. Leibrock-Plehn, Schelenz-Institut für Pharmazie- und Kul- ­Brackenheim; Dr. F. Vongehr, Marburg; © 2020 Deutscher Apotheker Verlag, turgeschichte in Heidelberg e. V., Zwinger- Prof. Dr. U. Meyer, Berlin; Prof. Dr. Michael Stuttgart. straße 14 – 16, 69117 Heidelberg (Korres- Mönnich, Karlsruhe. Printed in . ISSN 0939-334X

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