Thüringer Landtag Plenarprotokoll 4/14 4. Wahlperiode 17. März 2005

14. Sitzung

Donnerstag, den 17. März 2005

Erfurt, Plenarsaal

a) Thüringer Gesetz zur Neuorga- 1385 nisation des Kataster- und Ver- messungswesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/53 - b) Zweites Thüringer Gesetz zur 1386 Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/530 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/702 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/743 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/744 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache werden der Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/743 - mit Mehrheit und der Än- derungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/744 - in nament- licher Abstimmung bei 81 abgegebenen Stimmen mit 13 Jastimmen, 43 Neinstimmen und 25 Enthaltungen (Anlage) abgelehnt.

Die Neufassung des Gesetzentwurfs in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/702 - wird in ZWEI- TER BERATUNG und in der Schlussabstimmung jeweils mit Mehrheit angenommen.

Erstes Gesetz zur Änderung des 1394 Thüringer Tierseuchengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/417 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/698 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache wird die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit mit Mehrheit angenommen. 1378 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Der Gesetzentwurf wird in ZWEITER BERATUNG und in der Schluss- abstimmung jeweils mit Mehrheit angenommen.

Erstes Gesetz zur Änderung des 1398 Thüringer Gesetzes zur Ausfüh- rung des Zweiten Buches Sozial- gesetzbuch Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/524 - dazu: Beschlussempfehlung des Haus- halts- und Finanzausschusses - Drucksache 4/693 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache wird der Gesetzentwurf in ZWEITER BERATUNG mit Mehrheit abgelehnt.

Gesetz zur Änderung des Thürin- 1404 ger Architektengesetzes, des In- genieurgesetzes und des Thürin- ger Ingenieurkammergesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/569 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/699 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache wird der Gesetzentwurf in ZWEITER BERATUNG und in der Schlussabstimmung jeweils ein- stimmig angenommen.

Erstes Gesetz zur Änderung des 1405 Thüringer Gesetzes zur Ausfüh- rung des Pflege-Versicherungs- gesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/721 - ERSTE BERATUNG

Nach Begründung und Aussprache wird der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit - federführend -, den Haushalts- und Finanzausschuss und den Innenausschuss über- wiesen.

Erstes Gesetz zur Änderung des 1419 Thüringer Straßengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/715 - ERSTE BERATUNG

Nach Begründung und Aussprache wird der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bau und Verkehr - federführend - und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen.

Eine beantragte Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenaus- schuss wird mit Mehrheit abgelehnt. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1379

Fragestunde 1426 a) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld (PDS) 1426 Beirat für Familie und Frauen - Drucksache 4/695 - wird von Staatssekretär Illert beantwortet. b) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Reimann (PDS) 1427 Förderung der Schuljugendarbeit 2005 - Drucksache 4/705 - wird von der Abgeordneten Dr. Klaubert vorgetragen und von Minister Prof. Dr. Goebel beantwortet. Zusatzfrage. c) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Matschie (SPD) 1428 Kündigung des Übungsraums der Staatskapelle - Drucksache 4/709 - wird von Minister Trautvetter beantwortet. Zusatzfragen. d) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schubert (SPD) 1429 Vertragsabschluss mit dem Betreiber der Spielbank im Grandhotel - Durcksache 4/711 - wird von Staatssekretär Schneider beantwortet. Zusatzfragen. e) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel (PDS) 1430 Insolvenz der Merkers-Rad GmbH - Drucksache 4/712 - wird von Minister Reinholz beantwortet. Zusatzfragen. f) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lemke (PDS) 1431 Bleiben Staatsanwaltschaft und Landgericht am Standort Mühlhausen erhalten oder nicht? - Drucksache 4/717 - wird von Staatssekretär Scherer beantwortet. g) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nothnagel (PDS) 1431 Zuweisungen und Zuschüsse für Maßnahmen in der Behindertenhilfe - Drucksache 4/720 - wird von Staatssekretär Illert beantwortet. h) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf (PDS) 1432 Prostitution und Hartz IV - Drucksache 4/728 - wird von Minister Reinholz beantwortet. Zusatzfrage. 1380 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 i) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn (SPD) 1433 Beurteilung des so genannten vorgerichtlichen Abwendungs- verfahrens durch die Landesregierung - Drucksache 4/729 - wird von Staatssekretär Scherer beantwortet. j) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt (PDS) 1434 Was haben Lachhasen, Überraschungseier, Würstchen und Bier mit politischer Bildung zu tun? - Drucksache 4/732 - wird von Staatssekretär Illert beantwortet. Zusatzfrage. k) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer (PDS) 1435 Verkauf der Hohen Schrecke - Drucksache 4/734 - wird von Minister Dr. Sklenar beantwortet. Zusatzfrage. l) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel (PDS) 1436 Hohe Kommunalabgaben belasten den Wirtschaftsstand- ort Thüringen - Drucksache 4/713 - wird von Minister Reinholz beantwortet. Zusatzfrage.

Wahl von Mitgliedern der Parla- 1437 mentarischen Kontrollkommis- sion gemäß § 18 Abs. 2 des Thü- ringer Verfassungsschutzgesetzes Wahlvorschlag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/738 -

Über den Wahlvorschlag wird in geheimer Abstimmung gemäß § 46 Abs. 1 GO abgestimmt, nachdem die Fraktion der CDU ge- mäß § 46 Abs. 2 GO der Abstimmung durch Handzeichen wi- dersprochen hat.

Der Wahlvorschlag der Fraktion der PDS - Abgeordneter Dr. Ro- land Hahnemann - erhält nicht die erforderliche Mehrheit der Mitglieder des Landtags.

Wahl von Vertrauensleuten für 1437, 1444 die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bei den Verwaltungsgerichten des Frei- staats Thüringen Wahlvorschläge der Fraktionen der SPD, CDU und PDS - Drucksachen 4/520/722/723 -

Über die Wahlvorschläge wird in geheimer Abstimmung gemäß § 46 Abs. 1 GO abgestimmt, nachdem die Fraktion der CDU ge- mäß § 46 Abs. 2 GO der Abstimmung durch Handzeichen wi- dersprochen hat. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1381

Gemäß § 26 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung werden nach § 9 Abs. 2 GO in Verhältniswahl für jedes der 3 Verwaltungsgerichte in Gera, Meiningen und Weimar sieben Vertrauensleute und deren Vertreter gewählt.

Entsprechend der eingereichten Wahlvorschläge in den Drucksa- chen 4/520/722/723 entfallen jeweils auf die Fraktion der CDU vier Vertrauensleute und vier Vertreter, auf die Fraktion der PDS zwei Vertrauensleute und zwei Vertreter und auf die Fraktion der SPD eine Vertrauensperson und ein Vertreter.

Landeskulturkonzept Thüringen 1438, 1445 Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/689 -

Minister Prof. Dr. Goebel erstattet einen Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags.

Auf Verlangen der Fraktion der PDS findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache zu dem Sofortbericht der Landesregierung i.V.m. einer Aussprache zu den Nummern 2 und 3 des Antrags statt.

Der Antrag der Fraktion der PDS auf Fortsetzung der Beratung des Sofortberichts der Landesregierung im Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien wird mit Mehrheit angenommen.

Gemäß § 106 Abs. 2 GO wird die Erfüllung des Berichtsersuchens zu Nummer 1 des Antrags festgestellt. Die Nummern 2 und 3 des Antrags werden einstimmig an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überwiesen.

Hartz IV in Thüringen 1450 Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/703 -

Nach Begründung erstattet Minister Reinholz einen Sofortbericht zu dem Antrag.

Auf Verlangen der Fraktion der PDS findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache zu dem Sofortbericht der Landesregierung statt.

Der Antrag der Fraktionen der PDS und CDU auf Fortsetzung der Beratung des Sofortberichts der Landesregierung im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit wird mit Mehrheit angenommen.

Die Erfüllung des Berichsersuchens wird gemäß § 106 Abs. 2 GO festgestellt.

Einbringung eines Gesetz- 1460 entwurfs zur Änderung des Schuldrechtsanpassungs- gesetzes in den Bundesrat Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/704 -

Nach Aussprache wird der Antrag mit Mehrheit abgelehnt. 1382 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Feststellung der Beendigung 1465 der Tätigkeit des Wahlprüfungs- ausschusses Antrag der Fraktionen der CDU, PDS und SPD - Drucksache 4/724 -

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

Einsetzung einer Enquetekom- 1465 mission "Zukunftsfähige Verwal- tungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thü- ringen und Neuordnung der Auf- gabenverteilung zwischen Land und Kommunen" Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/716 -

Nach Aussprache wird der Antrag an den Innenausschuss überwie- sen.

Zukünftige Ausrichtung der Wirt- 1477 schaftsförderung in Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/714 -

Minister Reinholz erstattet einen Sofortbericht zu dem Antrag.

Auf Verlangen der Fraktion der SPD findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache zu dem Sofortbericht der Landesregierung statt.

Die Erfüllung des Berichtsersuchens wird gemäß § 106 Abs. 2 GO festgestellt. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1383

Anwesenheit der Abgeordneten:

Fraktion der CDU:

Althaus, Bergemann, Carius, Diezel, Emde, Fiedler, Prof. Dr. Goebel, Grob, Groß, Grüner, Günther, Gumprecht, Heym, Holbe, Jaschke, Köckert, Kölbel, Dr. Krapp, Dr. Krause, Krauße, von der Krone, Lehmann, Lieberknecht, Mohring, Panse, Primas, Reinholz, Rose, Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski, Schröter, Schu- gens, Schwäblein, Seela, Dr. Sklenar, Stauch, Stauche, Tasch, Trautvetter, Walsmann, Wehner, Wetzel, Worm, Dr. Zeh, Zitzmann

Fraktion der PDS:

Bärwolff, Berninger, Blechschmidt, Buse, Enders, Dr. Fuchs, Gerstenberger, Dr. Hahnemann, Hauboldt, Hausold, Hennig, Huster, Dr. Kaschuba, Dr. Klau- bert, Kummer, Kuschel, Lemke, Leukefeld, Naumann, Nothnagel, Ramelow, Dr. Scheringer-Wright, Sedlacik, Skibbe, Thierbach, Wolf

Fraktion der SPD:

Bausewein, Becker, Doht, Döring, Ehrlich-Strathausen, Gentzel, Höhn, Künast, Matschie, Ohl, Pelke, Dr. Pidde, Pilger, Dr. Schubert, Taubert

Anwesenheit der Mitglieder der Landesregierung:

Ministerpräsident Althaus, die Minister Diezel, Dr. Gasser, Prof. Dr. Goebel, Reinholz, Dr. Sklenar, Trautvetter, Dr. Zeh 1384 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Rednerliste:

Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski 1385, 1387, 1389, 1391, 1392, 1393, 1394, 1395, 1396, 1397, 1398, 1399, 1400, 1401, 1402, 1403, 1404, 1447, 1448, 1449, 1450, 1453, 1455, 1458, 1459, 1462, 1463, 1464, 1465 Vizepräsidentin Dr. Klaubert 1404, 1405, 1408, 1411, 1413, 1416, 1417, 1418, 1419, 1420, 1422, 1424, 1425, 1426, 1469, 1471, 1475, 1476, 1479, 1481, 1484, 1487, 1488 Vizepräsidentin Pelke 1426, 1427, 1428, 1429, 1430, 1431, 1432, 1433, 1434, 1435, 1436, 1437, 1438, 1440, 1444 Bärwolff (PDS) 1437, 1438, 1448, 1449 Becker (SPD) 1395 Blechschmidt (PDS) 1460 Carius (CDU) 1484 Doht (SPD) 1389, 1393, 1404, 1419, 1462 Döring (SPD) 1445 Enders (PDS) 1398, 1422 Fiedler (CDU) 1469 Gerstenberger (PDS) 1402 Gumprecht (CDU) 1396 Günther (CDU) 1437, 1438, 1458 Hauboldt (PDS) 1387, 1434 Hausold (PDS) 1450 Höhn (SPD) 1426, 1433 Dr. Klaubert (PDS) 1427, 1440 Künast (SPD) 1411 Kummer (PDS) 1435 Kuschel (PDS) 1398, 1430, 1431, 1436, 1471 Lemke (PDS) 1431 Leukefeld (PDS) 1426, 1453, 1481 Matschie (SPD) 1428, 1465 Nothnagel (PDS) 1431 Panse (CDU) 1413, 1416, 1417 Pilger (SPD) 1455 Dr. Scheringer-Wright (PDS) 1395 Dr. Schubert (SPD) 1429, 1479 Schugens (CDU) 1386, 1420, 1425 Schwäblein (CDU) 1447, 1448 Taubert (SPD) 1399, 1401, 1416, 1424, 1425 Thierbach (PDS) 1394, 1408, 1416, 1417 Walsmann (CDU) 1463 Wehner (CDU) 1400, 1402 Wetzel (CDU) 1391, 1404, 1405 Wolf (PDS) 1432, 1433

Diezel, Finanzministerin 1403 Dr. Gasser, Innenminister 1475 Prof. Dr. Goebel, Kultusminister 1427, 1438 Illert, Staatssekretär 1426, 1432, 1434 Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit 1430, 1431, 1432, 1433, 1436, 1450, 1477, 1487 Scherer, Staatssekretär 1431, 1433, 1464 Schneider, Staatssekretär 1429 Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt 1435 Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr 1392, 1428 Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit 1397, 1406, 1418 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1385

Die Sitzung wird um 9.03 Uhr von der Präsidentin des uns noch einladen. Landtags eröffnet. Damit komme ich zu Hinweisen zur Tagesordnung. Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Zu TOP 1 a und b, Gesetzentwürfe der Landesre- gierung, Thüringer Gesetz zur Neuorganisation Meine sehr verehrten Abgeordneten, ich eröffne die des Kataster- und Vermessungswesens in Druck- 14. Plenarsitzung des Thüringer Landtags. Ich be- sachen 4/53 und 4/530 wurden Änderungsanträge grüße Sie alle recht herzlich, alle Abgeordneten, alle der Fraktion der PDS in Drucksache 4/743 und der Regierungsvertreter, die Medien und natürlich be- Fraktion der SPD in Drucksache 4/744 verteilt. grüße ich besonders herzlich unsere Gäste. Zu TOP 2 ist Ihnen mitzuteilen, da die Abgeord- Neben mir hat die Abgeordnete Walsmann Platz nete Jung erkrankt ist, wird die Vorsitzende des genommen und die Abgeordnete Wolf als Schrift- Ausschusses, Abgeordnete Thierbach, die Bericht- führer. Ich möchte Frau Walsmann recht herzlich zum erstattung übernehmen. Geburtstag gratulieren, die ihn heute hier feiert. Zu TOP 13: Der angekündigte Wahlvorschlag der (Beifall im Hause) Fraktion der PDS, Wahl von Mitgliedern der Par- lamentarischen Kontrollkommission, hat die Druck- Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: sachennummer 4/738. Minister Schliemann, Minister Wucherpfennig, die Abgeordnete Jung, der Abgeordnete Kretschmer, Zu TOP 15 - Fragestunde - kommen folgende der Abgeordnete Ohl und die Abgeordnete Reimann. Mündliche Anfragen hinzu: die Drucksachen 4/728/ Alle genannten Abgeordneten sind erkrankt. 729/730/732 und 734.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir heute in Weiterhin hat die Landesregierung angekündigt, zu der Mittagspause um 13.00 Uhr eine Präsentation den Tagesordnungspunkten 7, 8 und 12 von der der Stadt Steinbach-Hallenberg sehen können. Es Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. wird dort die Translozierung der Korkenzieherwerk- 2 GO Gebrauch zu machen. statt in Steinbach-Hallenberg dargestellt, das heißt, dass die Korkenzieherwerkstatt von einer Straße in Die Fraktionen sind dahin gehend übereingekom- die andere transportiert werden soll. Es ist ein sehr men, die Tagesordnungspunkte 13, Wahl von Mit- ansprechendes Video, was wir unten sehen. Es wird gliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission, uns, glaube ich, sehr lebhaft vor Augen geführt wer- und den Tagesordnungspunkt 14, Wahl von Ver- den, was für Ereignisse uns im Sommer erwarten. trauensleuten für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bei den Verwaltungsgerichten Ebenfalls vor der Cafeteria lädt heute von 9.00 Uhr des Freistaats Thüringen, unabhängig von der Ab- bis 16.00 Uhr die UNICEF-Arbeitsgruppe Erfurt zum arbeitung der Tagesordnung nach der Fragestunde Kauf von Osterkarten zugunsten von UNICEF ein. aufzurufen. Außerdem besteht Einvernehmen, schon während der Auszählung der Stimmen für die Wahl- Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass ausschüsse der Verwaltungsgerichte mit der Tages- wir heute Abend einen parlamentarischen Abend ordnung fortzufahren, damit wir die umfangreiche im Landtag erleben werden. Die Geschäftsstelle Tagesordnung heute am Donnerstag bewältigen Thüringen des Sozialverbands VdK Hessen-Thürin- können. gen hat uns eingeladen. Ich gehe davon aus, dass dieser parlamentarische Abend nach Ende der Sit- Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zu- zung beginnt, das wird zwischen 20.00 Uhr und züglich der von mir genannten Ergänzungen wider- 20.30 Uhr sein. Ich würde mich sehr freuen, wenn sprochen? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Da- viele der Abgeordneten heute Abend an dieser Zu- mit ist die Tagesordnung festgestellt und ich komme sammenkunft teilnehmen können. zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 1 in den Teilen Ich bedanke mich bei den Abgeordneten, die gestern am parlamentarischen Abend des Handwerks teilge- a) Thüringer Gesetz zur Neuorga- nommen haben. Ich glaube, das war eine recht er- nisation des Kataster- und Ver- folgreiche Veranstaltung und ebenso die Eröffnung messungswesens der Ausstellung anlässlich des 80. Geburtstags von Gesetzentwurf der Landesregierung Alfred Traugott Mörstedt. Ich ermuntere Sie, sich - Drucksache 4/53 - diese Ausstellung noch während der Sitzung anzu- sehen und auch in den nächsten Wochen wird sie 1386 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

b) Zweites Thüringer Gesetz zur rialien hat der Ausschuss ausdrücklich zum Gegen- Neuorganisation des Kataster- stand der Anhörung gemacht und damit den kom- und Vermessungswesens munalen Spitzenverbänden die Gelegenheit zur Gesetzentwurf der Landesregierung Äußerung hinsichtlich möglicher Regelungsalterna- - Drucksache 4/530 - tiven gegeben. Darüber hinaus haben sämtliche dazu: Beschlussempfehlung des Aus- Fraktionen schon zum Anhörungsverfahren ihre mög- schusses für Bau und Verkehr lichen Fragen vorgelegt. Auch diese Fragen und - Drucksache 4/702 - Regelungsmöglichkeiten wurden zum Gegenstand dazu: Änderungsantrag der Fraktion der Anhörung. Ich möchte an dieser Stelle den Frak- der PDS tionen, dem Thüringer Minister für Bau und Verkehr - Drucksache 4/743 - und der Landtagsverwaltung, hier ganz besonders Änderungsantrag der Fraktion Herrn Poschmann, für die kooperative Art der Zu- der SPD sammenarbeit danken. - Drucksache 4/744 - ZWEITE BERATUNG (Beifall bei der CDU)

Berichterstatter aus dem Ausschuss für Bau und Schon zum Zeitpunkt der zweiten Anhörung lag im Verkehr ist der Abgeordnete Schugens und ich bitte Übrigen den Anzuhörenden eine Zusammenfassung den Berichterstatter, uns zu berichten. beider Gesetzentwürfe vor, die die Lesbarkeit des Gesetzes erleichtert haben. Damit konnte der ganze Abgeordneter Schugens, CDU: Prozess beschleunigt werden.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann ich darf den Bericht geben. Dem Ausschuss für Bau über die Ergebnisse der Anhörung gesagt werden, und Verkehr lagen der Gesetzentwurf der Landes- dass eine grundlegende Reform des Kataster- und regierung zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens allgemein gewünscht und be- Vermessungswesens aufgrund eines Beschlusses grüßt wurde. Zustimmung hat grundsätzlich auch der vom 9. September 2004 zur Beratung vor. Diese gewählte Entwurf gefunden. Im Einzelnen wurde aller- Gesetzesinitiative enthielt im Wesentlichen die Re- dings gefragt, inwieweit Kommunen zu eigenständi- gelungen zur Verlagerung der für Vermessungs- gen Vermessungen berechtigt sein sollten, ferner, ob arbeiten für Private und Kommunen auf Öffentlich mit der gegebenen neuen Struktur der Liegenschafts- bestellte Vermessungsingenieure als Beliehene. und Katasterverwaltung abschließend zukunftswei- Dazu liegt Ihnen die Drucksache 4/53 vor. Ferner lag sende organisatorische und institutionelle Voraus- dem Ausschuss aufgrund eines Beschlusses vom setzungen für kostengünstige Zugriffe auf Geoinfor- 27. Januar 2005 der Entwurf eines Zweiten Thüringer mationsdaten möglich würden. Der Ausschuss hat Gesetzes zur Neuorganisation des Kataster- und mehrheitlich beschlossen, die beiden Gesetzentwürfe Vermessungswesens in Drucksache 4/530 vor. Diese zusammenzufassen und eine neue Fassung zur An- Gesetzesinitiative zielt auf die Neustrukturierung der nahme zu empfehlen. Die vom Ausschuss empfoh- Katasterverwaltung im Sinne einer Zweizügigkeit ab. lenen Änderungen betreffen insbesondere folgende Unterhalb des Ministeriums wird es nur noch ein Fragen: Landesamt mit unselbständigen Außenstellen geben. Der Ausschuss für Bau und Verkehr hat zu beiden In Artikel 1 des Gesetzes, dem Thüringer Gesetz Entwürfen mehrfach beraten und jeweils schriftliche über die Öffentlich bestellten Vermessungsingeni- Anhörungsverfahren der Fachverbände und kommu- eure, soll anstelle der vorgesehenen Partnerschaf- nalen Spitzenverbände durchgeführt. Zum ersten ten die Möglichkeit der gemeinsamen Berufsaus- Gesetzentwurf hat die Landesregierung umfassend übung in Form von Arbeitsgemeinschaften erhalten zu den Änderungsvorschlägen Stellung genommen. bleiben. Grundsätzlich erscheinen die Regelungen Im Hinblick auf die neuere verfassungsrechtliche der Arbeitsgemeinschaften besser handhabbar, da Rechtsprechung zu kommunalem Anhörungsrecht bei der Arbeitsgemeinschaft klare Rechtsverhältnisse nach Artikel 91 Abs. 4 unserer Landesverfassung herrschen. Ferner wurde in den Empfehlungen auf- hat der Ausschuss zum zweiten Gesetzentwurf ein gegriffen, die Verpflichtung zur Bestellung einer Ver- besonderes Verfahren beschritten. Dem Ausschuss tretung für den Öffentlich bestellten Vermessungs- lagen ergänzend die Stellungnahmen vor, die die ingenieur erst ab einer Abwesenheit von drei Wo- Verbände gegenüber der Landesregierung zum chen zu fordern. Damit sollen übliche Urlaubsrege- Referentenentwurf abgegeben hatten und eine Be- lungen unproblematisch und unbürokratisch möglich wertung dieser Änderungswünsche seitens der Lan- sein, dies in § 10 Abs. 1. Ferner empfiehlt der Aus- desregierung, ferner ein Bericht des Thüringer Mi- schuss, die Arten der vorgesehenen Disziplinarmaß- nisters für Bau und Verkehr zu Grundfragen der nahmen zu reduzieren und Vorgaben für die Verhän- Neuorganisation des Katasterwesens. Diese Mate- gung von Disziplinarmaßnahmen zu formulieren. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1387

Der Ausschuss empfiehlt damit klare und handhab- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: bare Regelungen, die ihrerseits wesentliche Fragen der Berufsausübung der Öffentlich bestellten Vermes- Ich danke Ihnen für den Bericht und eröffne die Aus- sungsingenieure enthalten. Dies soll in § 12 Abs. 2 sprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hauboldt geregelt sein. Gleichzeitig wurde die Ermächtigung von der PDS-Fraktion. zum Erlass von Rechtsverordnungen in § 23 entspre- chend angepasst. Abgeordneter Hauboldt, PDS:

Darüber hinaus wurden Einzelheiten der Voraus- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sollte setzung zur Entlassung aus dem Amt in Artikel 19 man dem Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr Abs. 1 Nr. 4 präziser geregelt und bei der Entlassung auf der Grundlage des heute vorliegenden Gesetz- aus dem Amt zwischen den Fällen einer endgültigen entwurfs Fleiß bescheinigen oder nicht? Ich meine, und einer vorläufigen Entlassung differenzierter und nein. spezifizierter unterschieden. Für den Fall einer ledig- lich vorläufigen Entlassung wurde ein besonderes (Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau Rechtsregime vorgesehen, dies in § 20 Abs. 1. Da- und Verkehr: Ich meine, ja.) durch soll sichergestellt werden, dass im Falle einer lediglich vorläufigen Amtsenthebung eine Fortfüh- Nur eingangs, meine Damen und Herren, zwei Be- rung des Unternehmens auch im Hinblick auf die merkungen: neues Ministerium, alte ungelöste Pro- dort beschäftigten Mitarbeiter möglich wird. Neu ein- bleme, gleicher Minister. Es geht auch nicht, wie hier gefügt hatte der Ausschuss in Artikel 8 eine Über- schon erwähnt, um Quantität, sondern viel mehr um prüfungsklausel. Danach wird die Landesregierung Qualität. verpflichtet, zum Ende des Jahres 2006 dem Land- tag einen Bericht zu Erfahrungen mit der Anwendung Uns liegen nun die Gesetzentwürfe aus dem Mi- des Gesetzes vorzulegen. Die Landesregierung hat nisterium vor, denen es insgesamt an etwas mangelt, dabei insbesondere über die Erfahrungen der funk- nämlich an Mut und Reformwillen. Ich möchte nur tionalen, organisatorischen und örtlichen Gliederung erinnern, auf dem gestrigen parlamentarischen der Verwaltung, über die Verbesserung der kosten- Abend haben Sie, Frau Kollegin Lieberknecht, es günstigen Bereitstellung der verschiedenen Geo- selbst erwähnt, Sie haben Mut für Reformen ge- daten für die Nutzung und die Entwicklung der be- fordert und dies lassen Sie, meine Damen und Her- ruflichen Stellung der Öffentlich bestellten Vermes- ren, hier mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ver- sungsingenieure zu berichten. Sie nimmt dabei auch missen. Ich will kurz darstellen, warum dies so ist. zur Notwendigkeit der Gesetzesänderung mit dem Ziel der Zusammenführung aller das Kataster- und Das uns heute zur Abstimmung vorliegende Ge- Vermessungswesen betreffenden Gesetze in einem setz zur Neuorganisation des Kataster- und Ver- Gesetz Stellung. Ihnen ist bekannt, diese Forderung messungswesens ist kein wahrhaftiger Fortschritt, gibt es seit geraumer Zeit. Mit dieser Empfehlung sondern aus Sicht der PDS-Fraktion nur Flickschus- berücksichtigt der Ausschuss die in den Anhörungen terei, was schon der eigentlich gegangene unge- deutlich gewordenen Wünsche nach einer weiteren wöhnliche Verfahrensweg andeutet. Da kann man Reform. Er empfiehlt aber zugleich die Annahme des natürlich, einige kennen sich in diesem Metier aus, vorliegenden Gesetzentwurfs, um so der Tätigkeit der Bezugspunkte zum Schach herstellen. Der erste Ge- Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure die not- setzentwurf, ich will das nur noch einmal in Erinne- wendige Sicherheit und Rechtsklarheit, und dies rung rufen, wurde ja vor anderthalb Jahren vorge- schnellstmöglich, zu schaffen. legt. Das könnte man zum Beispiel mit einer Hänge- partie vergleichen. Dem Ausschuss lagen zwei weitere Änderungsan- träge vor. Diese zielten darauf ab, einen zweistufigen (Zwischenruf Abg.Wehner, CDU: Die Er- Aufbau mit dem zuständigen Ministerium als oberste öffnung.) Behörde und acht Katasterämtern in jeweils unterer und eigenständiger Behörde vorzusehen bzw. die Den zweiten Gesetzentwurf kann man damit ver- kommunale Ebene zu stärken. Diese Anträge hat der gleichen, dass hier eine Rochade vorgenommen Ausschuss mehrheitlich abgelehnt. wurde, indem der Turm in die Mitte gestellt wird - das wäre das Landesvermessungsamt, mittig plat- Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für die ziert - und der König, Sie haben gesagt, das ist kor- Aufmerksamkeit. rekt, der geht in die Verteidigungsstellung - dazu will ich keinen Bezug herstellen -, der wird in die Ecke ge- (Beifall bei der CDU) rückt und die Bauern - das wären die Katasterämter - werden geopfert, um irgendwie hier den Erfolg zu bringen. Ich denke, das kann es letztendlich nicht 1388 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 sein. Das Resümee kann deshalb nur lauten: Auf- den Gestaltungsspielraum von Politik erheblich ein. gabe erkannt, aber das Ziel verfehlt, meine Damen Hier muss angesetzt werden. Die Zauberworte hei- und Herren. Thüringen braucht konstruktiv durch- ßen Deregulierung, Bürokratieabbau, Transparenz, dachte zukunftsfähige Lösungen. In diesem Sinne Bürgernähe und Demokratiezuwachs. So ist bei je- möchte ich zwei Ansatzpunkte nennen: dem Gesetzentwurf, also auch bei dem gegenständ- lichen, zu prüfen, ob Bedarf für eine Verlagerung von 1. grundsätzliche Aufgabenüberprüfung und Aufgaben besteht. In diesem Sinne ist eine Über- tragung der Kataster- und Vermessungsaufgaben 2. - es ist genannt worden - Stärkung der kommu- auf Landkreise und kreisfreie Städte anzustreben. nalen Ebene. Sachliche Gründe, die gegen eine Kommunalisierung sprechen, hat die Landesregierung bis heute nicht Eine grundsätzliche und umfassende Aufgabenkri- vorgetragen und sind uns auch durch die Verbände tik hat nicht stattgefunden. Auch Einsparpotenziale nicht mitgeteilt worden. Wir fordern, dass die Katas- und tatsächliche Synergieeffekte sind nicht konkret terverwaltung in Thüringen unter strikter Beachtung benannt worden. Vielleicht werden wir jetzt noch des Konnexitätsprinzips in kommunaler Trägerschaft eines Besseren belehrt. Was stattgefunden hat, ist organisiert wird, und - das sage ich eindeutig - das einmal mehr eine konzeptionslose Zusammenlegung auch zu 100 Prozent. von Ämtern. Den Katasterämtern wird ihre Selbstän- digkeit genommen, sie werden zu Dienststellen de- In Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg klariert. Folglich haben sie keine Amtsleiter mehr, hat sich die Kommunalisierung im Wesentlichen sondern nur noch Dienststellenleiter. Aber an den bewährt. Aber auch die Zusammenlegung von Prozessen an sich wird sich nichts ändern. Ich hatte Grundbuchämtern und Katasterämtern eben zu die- es in der ersten Beratung bereits erwähnt, diesbe- sen Bodenmanagementämtern, wie sie auf Bundes- züglich kann man eigentlich nur von einer so ge- ebene gerade diskutiert werden, spricht genau für nannten Türschildaktion sprechen, während Ein- unsere Forderung. Arbeitnehmer, die die übertra- sparpotenziale letztendlich nicht erkennbar sind. genen Aufgaben bisher wahrgenommen haben, sol- len in den Dienst der kommunalen Gebietskörper- Vom Übergang der dreistufigen zur zweistufigen Ver- schaften übernommen werden. Die erforderlichen waltung kann hier ebenfalls keine Rede sein. Viel- Personalumsetzungen sollen in einer für die Kom- mehr schafft die Landesregierung durch das Zu- munen annahmefähigen und für die betroffenen An- sammenlegen des Landesvermessungsamts und der gehörigen des öffentlichen Dienstes verträglichen und Katasterämter zu einem Amt für Vermessung und übersichtlichen Form erfolgen. Hier besteht aus un- Geoinformation eine Mammutbehörde - meine Da- serer Sicht noch Diskussions- und Verhandlungs- men und Herren, im Ausschuss haben die schrift- bedarf. Genannt sei das Stichwort Kommunalpakt. lichen Anhörungsverfahren mehrfach darauf hinge- Das Land und die kommunalen Spitzenverbände wiesen, ich erinnere nur an die Kritiken der Vereine bestimmen im Einvernehmen miteinander, wie die und Verbände genau zu dieser Aussage -, die sich Personalüberleitungen vollzogen werden. schwer lenken lässt und keinerlei Nutzen für die Bürger bewirkt. Der Bürgernähe wird doch damit nicht Die bisherige Doppelstruktur im Thüringer Kataster- Rechnung getragen. Auch wird damit eine Verwal- und Vermessungswesen belastet einerseits den tungsverschlankung nicht erreicht. Von gleicher Frag- Haushalt, andererseits befinden sich die zurzeit im würdigkeit ist der Kabinettsbeschluss, ich glaube, aus Land Thüringen tätigen Vermessungsingenieure, dem Jahre 2002, Dezember, mit dem die Zahl der 79 sind es wohl an der Zahl, in direkter Konkurrenz Katasterämter von 35 auf acht mit neun Außenstellen zu den Aufgaben der Kataster- und Vermessungs- reduziert wurde. Nicht genug, dass das Ministerium behörden. Daher, meine Damen und Herren, be- hier eigentlich vorbei am Landtag entschieden hat, grüßen wir die Auslagerung der Vermessungsauf- nun soll im Nachhinein per Gesetz dieser Mangel be- gabe auf die Öffentlich bestellten Vermessungsin- seitigt werden. Eine Anpassung der Liegenschaften genieure. Damit werden Doppelstrukturen beseitigt, hat bis heute nicht stattgefunden. Die in der Begrün- klare Zuständigkeiten und Transparenz geschaffen. dung erwähnten Einspareffekte sind damit auch auf Dafür treten wir im Interesse der Bürgerinnen und der Strecke geblieben. Ich erinnere auch an die Dis- Bürger und auch der Wirtschaft ein. Auch hier ver- kussion hinsichtlich der Bundesratsinitiativen zur weise ich noch mal auf die schriftlichen Stellung- Frage Bodenmanagement. Dazu möchte ich nach- nahmen der Verbände dazu. her noch einige Ausführungen machen. Aber wir gehen mit unserer Forderung noch weiter. Ein tragfähiges Konzept für Thüringen wird dadurch Wir setzen uns für eine strikte Aufgabentrennung eben nicht hergestellt. Thüringen ist überverwaltet. ein, das heißt, auch die Träger der unmittelbaren Die hohe Verschuldung, meine Damen und Herren, Landesverwaltung müssen sich mit ihren Kataster- macht das Land finanziell handlungsunfähig und engt und Vermessungsvorhaben an die Freiberufler wen- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1389 den. Der Konflikt zwischen den Interessen der Kom- schichte dieses Gesetzentwurfs ist gekennzeichnet munen und den Interessen des Verbandes der durch Lobbyismus, parteitaktische Spielchen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure ist auch lokalpolitische Erwägungen des zuständigen Mi- uns ersichtlich. Dennoch fordern wir, dass die Ver- nisters. messungsaufgaben gänzlich von den Öffentlich be- stellten Vermessungsingenieuren wahrzunehmen Führen wir uns den gesamten Weg noch mal vor sind. Augen. Die Öffentlich bestellten Vermessungsin- genieure haben schon seit längerem, eigentlich so- Lassen Sie mich noch kurz einige Gründe dazu auf- lange ich im Landtag bin, seit 1994 kenne ich das, zeigen. Das Vorhaben von Messtrupps allein für geklagt, sie haben zu wenig Aufträge, die Kataster- Katastervermessungsvorhaben von Trägern der un- verwaltung nimmt ihnen die Aufträge weg. Statt für mittelbaren Landesverwaltung ist wirtschaftlich aus einen gerechten wirtschaftlichen Ausgleich zwischen unserer Sicht nicht sinnvoll. Auch das stützt unsere Katasterverwaltung und den ÖbVIs zu sorgen, hat Forderung nach vollständiger Verlagerung der Ver- die Landesregierung im vorauseilenden Gehorsam messungstätigkeit auf die Öffentlich bestellten Ver- auf dem Verordnungsweg den Katasterämtern die messungsingenieure. Durch die vollständige Über- Vermessung im privaten Bereich untersagt, das nahme der Vermessungstätigkeit wird eine Kon- öffentliche Amt der ÖbVIs geschaffen und dann im zentration der Vermessungs- und Katasterverwaltung Nachgang den ersten Gesetzentwurf nachgescho- auf die Führung und Überprüfung des Liegenschafts- ben, der das dann durch den Landtag legitimieren katasters ermöglicht. Hier hat Thüringen - das ist uns sollte. Dieser Gesetzentwurf war so schlecht, dass auch mehrfach bescheinigt worden - noch enorme er nicht mal in der CDU-Fraktion eine Mehrheit fand. Defizite, die es aufzuholen gilt. In diesem Bereich Denn anders ist es nicht zu deuten, dass er in der kann dann auch nur das Fachpersonal gebündelt vergangenen Legislaturperiode nicht mehr verab- werden. schiedet werden konnte, sondern der Diskontinuität anheim fiel. Daraufhin hat ihn die Landesregierung zu Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, ab- Beginn dieser Legislaturperiode in fast unveränderter schließend noch eine Bemerkung. Thüringen ist das Form wieder eingebracht. Dann ging einige Zeit ins einzige Bundesland, das sich nunmehr den Luxus Land. erlaubt, vier Gesetze auf dem Gebiet des Kataster- und Vermessungswesens zu haben. Von Deregu- (Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau lierung keine Spur. Auch hier erinnere ich noch mal, und Verkehr: Also kann er nicht so schlecht wo letztendlich der Mut auch für sinnige Strukturen, gewesen sein.) für sinnige Reformen erkennbar sein soll. Die lange Zeit, die das Gesetzgebungsverfahren nun in An- Doch, er muss schlecht gewesen sein. Denn dann spruch genommen hat, hätte genutzt werden können fiel es der Landesregierung plötzlich ein, dass an und müssen, um ein modernes, zukunftsorientiertes diesem Gesetzentwurf doch einiges zu ändern wäre, Gesetz im Bereich des Thüringer Kataster- und Ver- und man hat schnell noch einen zweiten nachgescho- messungswesens zu schaffen. Im Interesse derjeni- ben. Man hatte nicht den Mut zu sagen, ich ziehe den gen, die mit diesem Gesetz arbeiten und leben müs- ersten Gesetzentwurf zurück. Nein, der Landtag, der sen und es auch praktisch anwenden müssen, wäre Ausschuss musste sich mit zwei Gesetzentwürfen dies eigentlich ein wahrer Fortschritt gewesen. Diese befassen. Die Landtagsverwaltung war mit gefordert, Chance hat die Landesregierung in anderthalb Jah- die zusammenzubasteln, damit es auch noch einiger- ren leider leichtfertig verschlafen. Ich danke Ihnen. maßen verständlich war. Das alles ist symptoma- tisch für die Arbeit dieser Landesregierung und des (Beifall bei der PDS) zuständigen Ministers.

Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Nun kommen wir heute zum letzten Akt in dieser Geschichte. Das Wort hat die Abgeordnete Doht von der SPD- Fraktion. (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Vorläufi- gen!) Abgeordnete Doht, SPD: (Beifall bei der SPD) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Ka- tasteramt - die Letzte. Wir kommen heute also zum Ja, zum vorläufig letzten Akt. letzten Akt in einer länger währenden Geschichte und diese Geschichte zeigt die gesamte Konzep- Ich muss sagen, die Gesetzentwürfe waren eigentlich tionslosigkeit dieser Landesregierung, wenn man sich so schlecht, dass wir es uns als Opposition mit Fug das Entstehen des Gesetzes betrachtet. Die Ge- und Recht hätten leicht machen und sagen können, 1390 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 wir lehnen das rundweg ab. Wir haben das nicht Dann sagt die Landesregierung, sie will ein zwei- getan; wir haben einen anderen Weg gewählt. Wir stufiges System schaffen. Das ist, Herr Hauboldt hat haben versucht, einen Änderungsantrag in den es "Türschildpolitik", ich habe es "Mogelpackung" ge- Ausschuss einzubringen, der das Katasterwesen nannt - und ich bleibe auch dabei. Wir haben de wenigstens wieder vom Kopf auf die Füße stellt. Er facto weiterhin ein dreistufiges System. Wir haben ist im Ausschuss abgelehnt worden, aber die SPD- als oberste Behörde das Ministerium, darunter wird Fraktion bringt diesen Antrag heute hier noch das Landesamt für Vermessung und Geoinforma- einmal in der Hoffnung ein, dass es vielleicht auch tion geschaffen und dann habe ich darunter die in den Reihen der CDU-Fraktion Abgeordnete gibt, Katasterämter, auch wenn sie nicht mehr Ämter die sich im Vorfeld auch kritisch zu der ganzen heißen, sondern unselbständige Dienststellen sind. Neuorganisation zum Katasterwesen geäußert haben Ich habe statt des Amtsleiters einen Dienststellen- und ich bitte Sie, noch einmal darüber nachzuden- leiter sitzen. Ich weiß nicht, ob sich die Bezahlung ken, ob unser Weg nicht der richtige wäre oder ob da so groß ändern wird, das ist sicherlich auch un- wir den verfahrenen Weg der Landesregierung weiter erheblich. Auf jeden Fall sind die Verwaltungswege gehen sollen. die gleichen wie in einem dreistufigen Aufbau. Es wird nichts verkürzt und die vergangenen Zeiten ha- Herr Schugens, was die Anhörung betraf, man kann ben ja bereits gezeigt, dass Vermessungen inzwi- sich manche Dinge auch schönreden. Es ist nicht schen länger dauern, dass es Klagen aus der In- in Abrede zu stellen, dass die Anzuhörenden eine dustrie von Betroffenen gibt. Reform des Katasterwesens gefordert haben, aber fast ausnahmslos haben alle Anzuhörenden gesagt, Deswegen sagen wir in unserem Antrag: Wir wol- das ist nicht der richtige Weg für eine Reform des len wirklich ein zweistufiges System. Wir wollen Katasterwesens. Eine Reform kann man letztend- natürlich das Ministerium als oberste Behörde, das lich nicht gegen die Betroffenen machen, sondern nur wollen wir nicht gleich abschaffen, mit ihnen, sonst wird sie von Anfang an zum Schei- tern verurteilt sein. Wie anders ist es denn zu deuten, (Zwischenruf Abg. Hauboldt, PDS: Nein.) dass sich der Ausschuss, nicht wie es sonst üblich war, um eine mündliche Anhörung bemüht hat; die obwohl man über dieses Ministerium auch nach- Anträge wurden abgelehnt. Wahrscheinlich wollte denken müsste. Es ist letztendlich nur geschaffen man den Betroffenen nicht Auge in Auge gegenüber- worden, weil ein Minister versorgt werden musste, der sitzen. Man hat sich auf eine schriftliche Anhörung als Innenminister nicht mehr tragbar war. Wir wollen beschränkt, und Herr Schugens, die Papiere aus dieses Ministerium als oberste Behörde. Wir wollen der schriftlichen Anhörung sind ganz deutlich und darunter von der generellen Zustimmung, die Sie hier als Berichterstatter genannt haben, lese ich darin relativ (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Nun ist wenig. es aber gut.)

Zu den Einzelheiten: Mit dem Gesetzentwurf wird die acht Katasterämter als eigenständige Ämter und für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure wir wollen das Landesvermessungsamt als reine ein öffentliches Amt geschaffen. Es werden Amts- Fachbehörde, nicht als dazwischen geschaltete Auf- bezirke festgelegt, in denen grundsätzlich sie die sichtsbehörde. Das Landesvermessungsamt soll als Vermessung übernehmen sollen. Eine Frage, die hier Fachbehörde die Aufgaben der Landesvermessung meines Wissens nie ausreichend diskutiert wurde, ist: wahrnehmen und im technischen Bereich, wenn es Was ist, wenn die Arbeit irgendwann nicht mehr aus- nämlich um Abmarkungen und all diese Dinge, die reicht? Wir haben momentan noch sehr viel zu ver- Vermessung vor Ort geht, sich der Unterstützung messen. Thüringen hat bedingt durch seine Ge- der zuständigen Katasterämter bedienen. Damit schichte, verschiedene Katastersysteme, aber irgend- hätten wir einen wirklich zweistufigen Aufbau im wann ist diese Arbeit nicht mehr in dem Umfang Katasterwesen. Damit wäre der Landtag als Ge- vorhanden. Was ist dann mit diesem öffentlichen setzgeber dann auch wieder gefordert, die Stand- Amt? Kommen dann Alimentationspflichten auf das orte für die acht Katasterämter festzulegen, und da Land Thüringen zu? Wenn ich einen Beamten nicht bin ich beim nächsten Punkt. Der Minister hat es ja in mehr brauche und schicke ihn in den vorläufigen einem Interview im "Freien Wort" selber zugegeben, Ruhestand, dann muss ich die Pension zahlen. Was was den Standort Schmalkalden betrifft, dass dort ist, wenn ich einen Öffentlich bestellten Vermes- nicht nach betriebswirtschaftlichen sungsingenieur nicht mehr mit Arbeit versorgen kann, welche Probleme kommen dann auf die Lan- (Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau desregierung zu? und Verkehr: Ja! Auch Zeulenroda, auch Artern.) Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1391

Erwägungen entschieden wurde, sondern dass er zum Katasterwesen gesagt haben. Das findet sich seiner Heimatstadt etwas Gutes tun wollte. Ich über- nicht in dem Gesetzentwurf der Landesregierung spitze es mal ein bisschen, aber das betrifft nicht nur wieder. Ich möchte hier auch ankündigen, dass wir Schmalkalden, das betrifft auch andere Orte. Auf der für unseren Änderungsantrag namentliche Ab- anderen Seite hat diese Landesregierung nach stimmung beantragen. Danke schön. schweren Geburtswehen einen Landesentwicklungs- plan verabschiedet, der auch gewisse zentrale Orte (Beifall bei der SPD) ausweist, ihnen Funktion zuweist, und wir haben uns an diesem Landesentwicklungsplan orientiert. Wir Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: haben gesagt, grundsätzlich gehören die Kataster- ämter erst einmal in die Oberzentren, Mit liegt eine weitere Wortmeldung des Abgeord- neten Wetzel vor. Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Hört, Hört!) Abgeordneter Wetzel, CDU: nämlich Erfurt, Jena und Gera. Damit hätte ich drei Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte - und die übrigen fünf gehören in die Mittelzentren Gäste, in unserer jetzigen Beratung, Tagesordnungs- mit Teilfunktion eines Oberzentrums und dann wird punkt 1, liegen uns die Drucksachen 4/53 und 4/530 geschaut, wo habe ich entsprechende Immobilien, sowie die Beschlussempfehlung in Drucksache wie gelingt es mir, auch die Amtsbezirke für Thü- 4/702, die letztendlich alles zusammenfügt zu einem ringen gleichmäßig zu verteilen und da kommen aus Gesetzeswerk, nämlich dem Thüringer Gesetz zur unserer Sicht Nordhausen, Eisenach, , Saalfeld Neuorganisation des Kataster- und Vermessungs- und Altenburg in Frage. So ist es in unserem Ände- wesens, vor. rungsantrag, der Ihnen vorliegt, auch aufgeführt. Meine Damen und Herren, wenn man die SPD (Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau hört, Frau Doht kämpferisch, Sie fordern eine Be- und Verkehr: Natürlich.) hördenstrukturreform und gleichzeitig verdammen Sie sie. Das ist irgendwo nicht nachvollziehbar. Es gab dann im Ausschuss Diskussionen, was soll Hätten Sie sich einmal im Ausschuss stärker ge- mit Widersprüchen geschehen? Dieses Landesver- macht und hätten Ihre Ideen und Gedanken mehr messungsamt soll ja auch Widerspruchsbehörde eingebracht, statt sie hier zu fordern. Im Ausschuss, sein. Da sagen wir, das ist nicht nötig, die Wider- meine Damen und Herren, wurden die beiden vor- spruchsverfahren können durchaus in den Kataster- liegenden Änderungsanträge der SPD und der PDS ämtern laufen. Wir können uns das so vorstellen, natürlich auch beraten und jetzt liegen uns zwei neue dass man ein Katasteramt auswählt, dort eine spe- Änderungsanträge vor. Ich muss sagen, zielle Widerspruchsabteilung einrichtet, die dann auch mit entsprechendem juristischen Sachverstand (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Was ist besetzt ist und die Widersprüche bearbeitet. Das ist daran neu?) zulässig, denn letztendlich ist nach der Verwaltungs- verfahrensgesetzgebung nur geregelt, dass ein Wi- der eine ruft: "Kommunalisierung wollen wir nicht" und derspruch nicht von demjenigen bearbeitet werden der andere ruft: "Kommunalisierung ist das einzig darf, der auch den Bescheid herausgibt. Auch das Seligmachende". Man möge das nach außen hin wäre kein Grund gewesen, unseren Antrag abzu- vor den Thüringerinnen und Thüringern richtig dar- lehnen. stellen. Ich denke, es geht nach dem bewährten Prinzip, wir machen alles ganz anders und viel bes- Wir wollten in diesem Antrag auch geregelt haben, ser, habe ich das Gefühl. Wie das ausschaut, wissen dass die Kommunen, soweit sie es denn wollen wir seit fünf Jahren. und auch dazu in der Lage sind, selbst vermessen können. Eine generelle Kommunalisierung des Ka- Meine Damen und Herren, im Änderungsantrag der tasterwesens, so wie es von der PDS gefordert wird, CDU-Fraktion, Drucksache 4/258, sind Dinge in das lehnen wir ab, das war auch nicht Forderung des Gesetzeswerk, die die Landesregierung eingebracht Gemeinde- und Städtebunds. Der Gemeinde- und hat, eingearbeitet worden. Ich betone hier an dieser Städtebund hat immer wieder gefordert, die Kom- Stelle noch einmal auch meinen herzlichen Dank an munen mögen da, wo sie selbst in der Lage sind die Verwaltung des Landtags, an Herrn Dr. Posch- und es wollen, auch selbst vermessen können, das mann, die sich das wirklich nicht leicht gemacht wollen wir mit regeln. Dieser Änderungsantrag liegt haben und die uns aber sehr unterstützt haben bei Ihnen heute noch einmal vor, und meine Damen und dem Zusammensetzen dieser beiden Gesetzent- Herren von der CDU, ich fordere Sie einfach auf, er- würfe. Insofern, denke ich, haben wir mittlerweile eine innern Sie sich an das, was Sie in der Vergangenheit Beschlussempfehlung vorliegen mit einem Gesetzes- 1392 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 werk, mit dem Thüringen eine Zweistufigkeit zumin- staats. Insofern bitte ich namens meiner Fraktion, dest versucht anzugehen, und dies mit einem ein- die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/702 an- einhalbjährigen Schutzschild dieser vier Gesetze. Es zunehmen. Danke. steht in Artikel 8 eindeutig festgeschrieben, meine Da- men und Herren - man möge ihn noch einmal lesen -, (Beifall bei der CDU) dass spitz auf Knopf gestellt wird und dann ein mo- dernes Gesetz Ende 2006/Anfang 2007 vorgelegt Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: wird und das dann zur Novellierung verabschiedet werden soll Anfang 2007. Beginnen wir doch end- Mit liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, damit lich einmal mit dieser Arbeit, die Sie uns vorwerfen, beende ich die Aussprache. Doch. Bitte, Herr Mi- wir hätten sie in der 3. Legislatur nicht richtig ge- nister. macht, Frau Doht. Ich darf Sie ... Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: (Zwischenruf Abg. Hauboldt, PDS: Gar nicht!) Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, einige wenige Punkte, die ich Herr Hauboldt, Sie waren doch gar nicht da. hier noch nennen möchte. Ich muss mich eigentlich für die Beiträge der Opposition sehr bedanken, (Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Aber lesen können wir!) (Beifall bei der PDS)

Ich habe Ihnen doch beim letzten Mal schon versucht denn wenn Sie Ihre Beiträge in dieser Plenardebatte zu erklären, ich versuche es noch mal, dass es im- einmal nachlesen, dann begründen Sie mit Ihren merhin im Bundesrat eine Initiative gab, etwas ganz Beiträgen, warum dieser Gesetzentwurf und diese anderes daraus zu machen, das wirklich modern ist, Änderung genau der richtige Weg ist. das aber im Bundestag abgeschmettert wurde durch die rotgrüne Mehrheit. Also bitte, wir hatten doch we- (Beifall bei der CDU) nigstens die Hoffnung, dass etwas Wirkliches im Sprung passiert an Neuem an Gesetzlichkeiten. Viel- (Zwischenruf Abg. Hauboldt, PDS: Das leicht wird es ja in den nächsten Jahren im Bund, müssen Sie noch mal erläutern.) dass wir dann auch wirklich nachsetzen können, denn es ist ja auch ein Stück bundespolitische Ent- Sie haben alle beide beklagt die Konkurrenzsituation scheidung, die wir ja schlecht umgehen können. zwischen staatlicher Vermessung und ÖbVIs und haben eigentlich den Kerngedanken des Gesetzes, Meine Damen und Herren, die Landesvermessungen dass man diese Konkurrenzsituation aufhebt und und Geoinformationen, denke ich, sind als weicher trennt, ausdrücklich befürwortet. Und das ist der sowie auch harter Standortvorteil im Wettbewerb für eigentliche Kernpunkt. Nur, Frau Doht, ich verstehe Thüringen wichtig. Es muss versucht werden, nun dann nicht, wenn Sie sich einmal beklagen, die endgültig Ruhe und Arbeitsfähigkeit in Verwaltung ÖbVIs hätten in Zukunft nicht mehr genug zu tun, wie in die hoheitlichen Aufgaben, übertragen an Pri- aber auf der anderen Seite im nächsten Satz fordern, vate, nämlich an die ÖbVIs, zu bekommen. Die Ver- dass die Kommunen eigene Vermessungsbehörden waltung wird genügend zu tun bekommen, denke ich, aufbauen dürfen wenn Landesvermessungsdaten ins Softwaresystem eingestellt werden müssen und Zeiträume von bis (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Die es 30 Wochen der Vergangenheit angehören sollen. wollen.) Das alles, denke ich, ist mit einer Verschlankung der Verwaltung einhergehend, Frau Doht, nicht mit einem - die es wollen -, das ist doch in sich widersprüchlich. Aufblähen. Wenn Sie nämlich die Personaldaten da- Deswegen, meine Damen und Herren, ist, glaube zu lesen, werden Sie merken, dass auch dort noch ich, der Kernpunkt, die Aufgabentrennung der rich- einmal gehörig abgespeckt werden muss in den tige Weg. Dass die PDS eine andere Struktur will, nächsten eineinhalb Jahren. Es muss weiter vor- das wundert mich nicht. angebracht werden, meine Damen und Herren, die ALK. Wir versuchen, kostengünstige Sammelver- (Beifall bei der PDS) messungen den Bürgerinnen und Bürgern anzu- bieten, denn im Freistaat ist noch viel Arbeit im (Zwischenruf aus der PDS-Fraktion) Vermessungsbereich vor uns. Und ich habe es schon gesagt, vergessen wir es nicht: Landesvermessung, Nein, Ihre Vorgängerpartei hat die Landvermesser Kataster, Geodaten sind ein wirklicher Standortvor- zur Aufgabe gezwungen. teil für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Frei- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1393

(Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Mit Zu- sind. Deswegen haben wir in der letzten Legislatur- stimmung Ihrer Vorgängerpartei, der CDU.) periode - und, Frau Doht, dazu stehe ich auch - sehr wohl politisch diese Ämterstrukturen entschieden, Das, was früher gang und gäbe war, das sage ich weil sie nicht mehr für die Bürgernähe notwendig hier auch mal so deutlich, die letzten Landvermesser sind. Deswegen sind die Standorte festgelegt worden haben in den 60er-Jahren ihre Arbeit beendet und in Zeulenroda, in Artern, in Schmalkalden und nicht früher wurden für die Bürger nur private Vermesser entsprechend der Landesplanung in Oberzentren engagiert. Nichts anderes machen wir jetzt wieder oder Mittelzentren mit Teilfunktionen eines Ober- mit den ÖbVIs. zentrums. Genau wegen der fehlenden Notwendig- keit von Bürgernähe sind diese Standorte in der Einige Bemerkungen zu den Änderungsanträgen: letzten Legislaturperiode so entschieden worden. Die SPD schlägt einen Verwaltungsaufbau vor mit acht Katasterämtern, einem Landesamt für Vermes- Meine Damen und Herren, der dritte und letzte Kern- sung und Geoinformation, quasi das Landesamt für punkt des Neuorganisationsgesetzes ist die Schaf- Vermessung und Geoinformation als technische fung von erweiterten Nutzungsmöglichkeiten für Sonderbehörde. Was ist denn daran eine bessere Geobasisdaten. In den Zeiten von Internet und E- Struktur, wenn ich neben einem zweistufigen Ver- Government sind die bisherigen Beschränkungen waltungsaufbau parallel noch eine technische Son- zur Nutzung der Geobasisdaten weder zweckmäßig derbehörde habe? Das läuft doch eigentlich genau noch zeitgemäß. Mit den nun vorgesehenen Ände- unserer Zielstellung zuwider und dadurch lässt sich rungen wird unter Beachtung des Datenschutzes weder der konzentrierte und redundanzfreie Aufbau eine umfangreiche Nutzung der Geobasisdaten er- der Geobasisdaten, der Landesvermessung und des möglicht. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit der Liegenschaftskatasters angehen, noch ist mit einer nun vorliegenden Neuorganisation der Katasterver- solchen Konstruktion ein einheitliches Geodatenmar- waltung eine ordentliche Basis haben, um die Ka- keting möglich. Die PDS-Fraktion will die Kommu- taster- und Vermessungsverwaltung zu einer zu- nalisierung. kunftsorientierten Dienstleistungsverwaltung weiter- zuentwickeln. Wir werden die Erfolgskontrolle zum (Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Das Ende des Jahres 2006 hier im Landtag vorlegen und liegt doch aber an Ihnen.) dann können wir uns trefflich darüber streiten, haben wir eine effektive Verwaltung oder haben wir keine Beide Oppositionsfraktionen beklagen unseren un- effektive Verwaltung. Herzlichen Dank allen Betei- einheitlichen Datenaufbau, unsere unterschiedlichen ligten, die konstruktiv an der Diskussion dieses Ge- Systeme, die wir in der Katasterverwaltung haben. setzes mitgewirkt haben. Ich bitte um Zustimmung zur Nur, auch wenn ich mich hier wiederhole, gerade Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und eine Kommunalisierung ist für einen einheitlichen Verkehr. Geobasisdatenaufbau doch nicht sinnvoll. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Wenn man einheitliche Systeme haben will, dann braucht man doch stattdessen eine leistungsstarke, Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Bitte, Frau flexible Kataster- und Vermessungsverwaltung, die Abgeordnete Doht. nach einheitlichen Gesichtspunkten handelt. Das gelingt am besten mit einem zweistufigen Verwal- Abgeordnete Doht, SPD: tungsaufbau, der Dienst- und Fachaufsicht vereinigt, kurze Verwaltungswege aufweist und fachliche so- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nur wie politische Vorgaben schnell umsetzen kann. noch zwei Sätze zu dem, was der Minister gesagt hat. Ich habe hier am Anfang für einen wirtschaft- Und, Herr Hauboldt, Sie beklagen mit den Ämter- lich fairen Ausgleich zwischen den ÖbVIs und der strukturen die fehlende Bürgernähe. Es muss kein Katasterverwaltung plädiert. Die Landesregierung Bürger mehr in einen Katasterbereich für seine ist dem nicht nachgekommen. Ich meine, manche Aufgaben hineingehen. Reden werden dann unlogisch, wenn man einem die Sätze im Mund herumdreht; das lasse ich mir hier (Beifall bei der CDU) von Ihnen nicht bieten. Wir brauchen uns nur den Landeshaushalt anzuschauen, 15 Mio. 0LQderein- Auch wenn ich mich ständig wiederholen muss: Die nahmen im Bereich Katasterwesen und, ich denke, Bürgernähe ist gegeben durch eine flächendeckende eine Landesregierung sollte letztendlich auch über Existenz von ÖbVIs, die die Aufgaben für die Bürger die fiskalischen Folgen ihres Tuns nachdenken. erledigen und die Ansprechpartner für den Bürger 1394 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

(Beifall bei der SPD) schlussempfehlung angenommen.

Zum Zweiten, so toll, wie Sie diesen Gesetzentwurf Wir kommen zur Schlussabstimmung über diese hier darstellen, kann er nicht sein, sonst wäre doch Beschlussempfehlung und darin enthalten die Neu- nicht von Ihrer eigenen Fraktion eine Überprüfungs- fassung des Gesetzentwurfs. Wer für die Neufassung klausel in diesen Gesetzentwurf aufgenommen wor- des Gesetzentwurfs in der Beschlussempfehlung den. Was solche Überprüfungsklauseln dann vor ist, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Gerichten bewirken können, damit dürfte doch die Wer ist gegen diese Beschlussempfehlung, den bitte Landesregierung bereits Erfahrung haben. Die sind ich auch, sich von den Plätzen zu erheben. Wer ent- nicht dazu angetan, ein Gesetz gerichtsfester zu hält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltungen. Da- machen. Ich will hier nicht auf Dinge in der Vergan- mit ist diese Beschlussempfehlung, die Neufassung genheit zurückgehen, aber es sind bereits Gesetze des Gesetzentwurfs, angenommen. wegen dieser Überprüfungsklausel vor dem Thürin- ger Verfassungsgericht gescheitert. Also insofern, Ich rufe Punkt 2 auf, Erstes Gesetz zur Änderung des so toll kann das ja nun wirklich alles nicht sein. Thüringer Tiersuchengesetzes, ein Gesetzentwurf der Landesregierung, der Ihnen in Drucksache 4/417 (Beifall bei der PDS) vorliegt. Dazu ist eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit, (Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau die Ihnen ... und Verkehr: Da reden wir in zwei Jahren drüber.) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- neten. Nach Rücksprache über die Geschäftsord- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: nung möchte ich Sie darauf hinweisen, dass klar war, dass wir über den Gesetzentwurf in der Neufassung Wird das Wort gewünscht? Es liegen keine Wort- abstimmen, und deshalb brauchen wir nicht noch meldungen mehr vor. Damit beende ich die Aus- mal eine zweite Schlussabstimmung durchzuführen. sprache und komme zur Abstimmung. Es erfolgt keine Abstimmung über die Gesetzentwürfe, da die (Beifall bei der PDS, SPD) Beschlussempfehlung auf der Grundlage beider Gesetzentwürfe eine Neufassung empfiehlt entspre- Ich komme damit zum Aufruf des Tagesordnungs- chend § 60 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung. Damit punkts 2 stimmen wir als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS ab, der in Drucksache 4/743 Erstes Gesetz zur Änderung des vorliegt. Wer ist für diesen Änderungsantrag? Wer Thüringer Tierseuchengesetzes ist gegen diesen Änderungsantrag? Wer enthält sich Gesetzentwurf der Landesregierung der Stimme? Damit ist dieser Änderungsantrag ab- - Drucksache 4/417 - gelehnt. dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie Wir kommen zu dem Änderungsantrag der Fraktion und Gesundheit der SPD, der uns in Drucksache 4/744 vorliegt, und - Drucksache 4/698 - hierzu war namentliche Abstimmung von der Fraktion ZWEITE BERATUNG der SPD beantragt worden. Wir kommen zur Abstim- mung. Berichterstatterin ist die Abgeordnete Thierbach. Es sind alle Stimmkarten eingesammelt. Ich beende Abgeordnete Thierbach, PDS: den Wahlgang und bitte um Auszählung. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am Ich gebe Ihnen das Ergebnis des Wahlgangs be- 10. Dezember 2004 ist der Gesetzentwurf "Erstes kannt. Es wurden 71 Stimmen abgegeben, davon Gesetz zur Änderung des Thüringer Tierseuchen- sind 13 Jastimmen, 43 Neinstimmen und 15 Enthal- gesetzes" federführend an den Ausschuss für So- tungen (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Da- ziales, Familie und Gesundheit und mitberatend an mit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt. den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen worden. Der Ausschuss hat in Wir kommen zur Abstimmung über die Neufassung seiner 6. Sitzung und in seiner 7. Sitzung den Ge- des Gesetzentwurfs in der Beschlussempfehlung setzentwurf beraten. Es wurde eine schriftliche An- des Ausschusses für Bau und Verkehr in Druck- hörung durchgeführt. Im Ergebnis der Beratung im sache 4/702. Wer ist für diese Beschlussempfehlung, Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist gegen wurde der mitberatende Ausschuss ermächtigt, das diese Beschlussempfehlung? Damit ist diese Be- In-Kraft-Treten des Gesetzes zu regeln, da dieses Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1395 letztendlich noch im Gesetz zu regeln war, aber bei Entwurfs der EU-Dienstleistungsrichtlinie, in dem Festsetzung dieses Datums nicht extra noch mal eine Dienstleistungen dem freien Markt unterworfen wer- weitere Ausschuss-Sitzung notwendig war, da dieses den sollen, ist das Vorhaben, gelinde gesagt, sehr Vorgehen durch die Geschäftsordnung geschützt ist. riskant, wenn nicht fahrlässig für die Zukunft der Tierseuchenkasse als solche und insbesondere für Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und die Tierhalter. Denn wenn sich eine kleine Organi- Forsten hat am 3. März den Gesetzentwurf beraten sation, wie die Tierseuchenkasse, dann letztlich am und auch die Festsetzung des In-Kraft-Tretens be- Markt behaupten müsste, wäre die Beitragsstabilität schlossen. Somit liegt Ihnen der Gesetzentwurf mit sicher nicht mehr gegeben. Sicherer und deswegen Änderungen vor. Diese Änderungen beziehen sich nachhaltiger wäre es, sich dem Liberalisierungs- hauptsächlich auf eine Festschreibung von Beiträ- zwang zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu unter- gen von mindestens 10 LQGHU.RQNUHWLVLHrung und werfen. in der Tatsache, dass mit dem 01.07. letztendlich die Arbeitsverhältnisse der beiden Bereiche zum Meine Damen und Herren, selbst wenn der Fall des 30. Juni 2005 beendet werden und am 1. Juli in dem Liberalisierungszwangs nicht eintreffen sollte, zum neuen Konstrukt wieder aktiv werden. Die Tierseu- Beispiel weil es durch demokratische Willensbildung chenkasse ist nicht rechtsfähiges Sondervermögen doch gelingt, die EU-Richtlinie grundlegend zu ver- des Landes und geht damit am 30. Juni 2005 ent- ändern und sich GATS zu entziehen, dann ist der sprechend der Schlussbilanz am 1. Juli 2005 auf die Vorteil, der sich durch die Überführung der Tierseu- Anstalt des öffentlichen Rechts über. Rechtsnach- chenkasse in eine Anstalt öffentlichen Rechts erge- folgerin des Sondervermögens wird damit die Thü- ben soll, nicht zu sehen. Da im Gesetz festgeschrie- ringer Tierseuchenkasse. ben wird, dass das Land Aufgaben nach Maßgabe des Haushalts finanziert, ist davon auszugehen, dass Die Ausschüsse empfehlen dem Landtag die An- es bei Unterfinanzierung aufgrund schlechter Haus- nahme des Gesetzentwurfs. haltslage zu einem Anstieg der Beiträge von den Tierhaltern kommen wird. Wer sonst soll zuschießen, Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: wenn es finanziell eng wird. All diese Bedenken habe ich in den Ausschüssen vorgebracht. In den Bera- Ich danke für die Berichterstattung. Zur Ausspra- tungen dazu wurden meine Bedenken nicht ausge- che hat sich gemeldet die Abgeordnete Dr. Sche- räumt. Insbesondere die fehlende Gewährsträger- ringer-Wright von der PDS-Fraktion. haftung - also dass das Land in solch einem Fall, falls kein Geld mehr vorhanden ist, die Gewährsträger- Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright, PDS: haftung übernimmt - ist der Punkt, warum ich sage, dieses Gesetz wird sozusagen auf tönernen Füßen Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und durchgejagt. Denn, meine Damen und Herren, was Herren, ich habe mir die Beurteilung dieses Ge- sind 11 Mio. im Seuchenfall; denken Sie an BSE, setzentwurfs nicht leicht gemacht. Einerseits gibt es könnte uns auch so treffen wie Großbritannien. es die Stellungnahmen, die in den Ausschüssen Wenn das Land die Gewährsträgerhaftung festschrei- beraten wurden. Insbesondere die Stellungnahme ben würde, wären wenigstens die Tierhalter besser des Thüringer Tiergesundheitsdienstes e.V. hat mich abgesichert. Das war nicht der Fall. Daher lehne ich berührt. Diese Stellungnahme besagt, dass die Tier- den vorliegenden Gesetzentwurf ab. ärzte zustimmen, weil sie im Falle einer Übernahme, die ihnen auch zugesagt wurde vom Ministerium, u.a. (Beifall bei der PDS) auf bessere Bezahlung, auf tarifliche Absicherung hoffen können. Aus den Augen dieser Tierärzte ist (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Und die damit der Übergang von der Tierseuchenkasse und Fraktion?) der Anschluss des Thüringer Tiergesundheitsdienstes in die Tierseuchenkasse in der Anstalt öffentlichen Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Rechts positiv zu bewerten. Das Wort hat die Abgeordnete Becker, SPD-Fraktion. Auf der anderen Seite schlägt dieses Gesetzes- vorhaben vor, die Tierseuchenkasse aus dem Mi- Abgeordnete Becker, SPD: nisterium, wo sie bislang angesiedelt war, heraus- zubrechen. Dieses Herausbrechen dient eigentlich Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist der neoliberalen Idee vom schlanken Staat. Ange- uns schon im Ausschuss nicht gelungen, Frau Sche- sichts der Verhandlungen und Vereinbarung, die ringer-Wright zu folgen, und es ist mir hier heute unter GATS, also dem General Agreement on Trade auch wieder nicht gelungen, diesen Ausführungen in Services, den Vereinbarungen über den Handel nachzugehen, aber die Anhörung und die Beratungen von Dienstleistungen der WTO und angesichts des in den Ausschüssen haben ja gezeigt, dass die An- 1396 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 zuhörenden sich wirklich alle sehr positiv zu diesem eine gute Zusammenarbeit, und wir als SPD-Frak- Gesetzentwurf und zu der Zusammenlegung ge- tion können diesem Gesetz auch zustimmen. äußert haben. Dass da irgendwann, irgendwo auch mal was passieren kann, das wissen wir auch. Aber Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, der kam ob das nun gerade bei diesem Gesetzentwurf zu dis- beim Bauernverband auch zur Geltung. Das ist so, kutieren ist, ob die Dienstleistungsrichtlinie, die über- wenn man immer Briefe schreiben muss. Der An- haupt noch sehr umstritten ist, so oder so kommen hörungsbrief ist scheinbar nicht angekommen beim soll, ich glaube, Sie haben sich da etwas verrannt. Bauernverband. Das war sicherlich ein Versehen Der Gesetzentwurf wurde frühzeitig mit den Be- oder man weiß es nicht genau, wo es auf dem Post- troffenen beraten, was nicht immer der Fall ist. Da- weg denn passiert ist, aber ich bitte Sie doch, meine rüber haben Sie sich äußerst positiv geäußert. Damen und Herren der CDU-Fraktion, wieder mal zur mündlichen Anhörung zurückzukehren. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der PDS, SPD) Das ist so. Wir fordern das immer, und wenn das die Tatsache ist, dann muss man das auch hier sagen. Das ist einfach die bessere Umgangsweise und bei diesem Gesetz hätten Sie auch noch positive Er- Es gab Äußerungen von den Bauern - da geht das lebnisse gehabt. Sie hätten da Zustimmung erfahren auch in Ihre Richtung, Frau Scheringer-Wright -, dass von den Anzuhörenden. Also, ich bitte die Fraktion in die Tiereseuchenkasse und die Zusammenlegung der Mitte doch darüber nachzudenken, wieder auf die der Tiergesundheitsdienste natürlich weiter die Unter- Werte zurückzukommen und mündliche Anhörungen stützung des Landes braucht. Auch darüber haben zu machen, weil man da einfach einen besseren wir debattiert, auch das ist so vorgesehen. Da gibt Stand hat und besser mit den Menschen diskutieren es nach unserer Meinung auch keine Probleme, kann und auch mit ihren Inhalten und Bedenken jetzt diesen Gesetzentwurf aufzuhalten und darüber umgehen kann. Wie gesagt, offen ist nach unserer zu debattieren, wann es irgendwann Probleme geben Meinung der Umgang mit dem Herpesvirus. Das wer- könnte. Natürlich kann es Probleme mit der Finan- den wir klären, obwohl ich da nachgelesen habe und zierung geben, aber auch darüber haben wir gespro- wir es 2001 doch noch während der Gesetzesbe- chen und die Anzuhörenden sind auch darauf einge- ratung aufgenommen haben. gangen. Dann noch was zu Herrn Grüner: Die Eierschalen- Die Anregung des Landkreistags ist die einzige in- sollbruchstelle ist nun kein Thema, was in dieses haltliche Änderung, die wir aufgenommen haben. Da Gesetz hätte reinkommen müssen. Wir können uns war auch Einvernehmen mit dieser Mindestgrenze ja noch darüber unterhalten, Frau Taubert, aber ich von 10 $XFKGDVLVWQDFK]XYROO]LHKHQGDVZDU glaube, es war nicht wesentlich, hier aufgenommen eine Anregung, die wir gern im Ausschuss aufge- zu werden. Danke schön. nommen haben. (Beifall bei der PDS, SPD) Des Weiteren ist es ja so, dass dieser Gesetzent- wurf sicherlich ein Zwischenstadium ist und der Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: einzige Punkt, Herr Dr. Zeh, der da noch offen ist, ist der Herpesvirus als Seuche. Wir haben es im Jahr Das Wort hat der Abgeordnete Gumprecht, CDU- 2001, als es die Diskussion um BSE gab, doch in Fraktion. das Landesgesetz aufgenommen. Nach Diskussion in den Ausschüssen, obwohl wir uns nicht einig wa- Abgeordneter Gumprecht, CDU: ren, ist BSE nun eine Seuche oder nicht, ist es da- mals noch im Ausschuss in das Landesgesetz auf- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und genommen worden. Diesmal haben wir gesagt, das Herren, wir haben ja schon im Dezember sehr aus- mit dem Herpesvirus bei den Karpfen nehmen wir führlich über die Inhalte und Schwerpunkte dieses nicht auf, und wir verhandeln es nebenbei, also auch Gesetzes gesprochen, die ja darin bestehen, einmal jetzt schon auf der Messe "Reiten und Jagen". Aber in der Zusammenführung von Aufgaben und in der es ist wichtig, dass es aufgenommen wird, dass wir Umwandlung der Rechtsform. Im Grundsatz waren darüber diskutieren und dass es dann inhaltlich auch sich viele hier einig, dass dies zeitgemäß und sinnvoll Eingang findet in das Gesetz. ist. Es gibt sicherlich grundsätzliche Meinungsun- terschiede, Frau Scheringer-Wright. Wir hatten dies ja (Beifall Abg. Kummer, PDS) schon bereits am 12. Dezember hier diskutiert, wir setzen einfach auf Einzelinitiative, wir setzen nicht Darüber müssen wir reden und das ist wirklich ein auf Staat. Ich denke, "schlanker Staat", das Wort, Punkt, der offen bleibt. Insgesamt war es wirklich was Sie hier gebraucht haben, das ist eigentlich Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1397 das Wesentliche, was uns unterscheidet. Der Staat (Beifall bei der CDU) kann nicht alles regeln und deshalb denken wir, ist diese Rechtsform sinnvoll und sehr verantwortlich Das Wesentliche des Gesetzes ist doch Folgendes, gewählt. Frau Scheringer-Wright: Wir führen die Tierseuchen- kasse zusammen mit den Tiergesundheitsdiensten. Außerdem, denke ich, hat es noch einen zweiten Das heißt also, diejenigen, die im Zweifelsfalle bei Aspekt. Nicht nur die Regelung innerhalb des Lan- Tierseuchen bezahlen müssen, erhalten jetzt auch des, sondern es entspricht auch einer Harmonisie- die Verantwortung für präventive Maßnahmen. Das rung von Gesetzlichkeiten der Nachbarländer un- ist doch das Beste, was wir tun können, denn die- tereinander. Ich denke, das ist ein Weg, den wir in jenigen, die letztlich zahlen müssen, haben doch das den nächsten Jahren auch beschreiten müssen - zu meiste Interesse daran, dass sie gar nicht erst be- fragen, wie sehen denn die Gesetzesinitiativen der zahlen müssen. Ein sehr logischer Zusammenhang, Nachbarländer aus? Die Länder Sachsen und Sach- der mit diesem Gesetz verwirklicht wird. Ich glaube, sen-Anhalt haben diese gleiche Rechtsform. dieses Gesetz ist ein wesentlicher Beitrag für die Tiergesundheit und damit natürlich auch für den Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die- Verbraucherschutz, wenn Sie so wollen, letztlich für sem Gesetzentwurf zuzustimmen und Ihr Votum alle Menschen zusammen. Ich wünsche der Thü- dafür abzugeben. ringer Tierseuchenkasse für die Zukunft alles Gute und bedanke mich noch mal bei den Abgeordneten (Beifall bei der CDU) für ihre Mitarbeit. Herzlichen Dank.

Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: (Beifall bei der CDU; Abg. Becker, SPD)

Das Wort hat Herr Minister Dr. Zeh. Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski:

Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Ge- Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der sundheit: Fall. Damit beende ich die Aussprache und wir kom- men zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesund- Herren Abgeordneten, ich bedanke mich ausdrück- heit. Wer für diese Beschlussempfehlung ist, den bitte lich für die Zustimmung meiner Kollegen Abgeord- ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die neten Becker und ich bedanke mich überhaupt für Beschlussempfehlung? 1 Gegenstimme. Wer enthält die Zustimmung und Mitarbeit vieler Abgeordneter. sich der Stimme? 2 Stimmenthaltungen. Damit ist die Deshalb möchte ich nur kurz auf das eingehen, was Beschlussempfehlung angenommen. Frau Scheringer-Wright hier gesagt hat. Für Ihre Kenntnis noch einmal: Die Tiergesundheitsdienste Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Lan- sind eine Einrichtung der Solidargemeinschaft der desregierung, der Ihnen in Drucksache 4/417 in Landwirte und sie sind keine freiberufliche Einrich- zweiter Beratung vorliegt. Wer ist für diesen Gesetz- tung. Deshalb ist es auch keine Frage von neo- entwurf der Landesregierung? Wer ist gegen diesen liberaler Diktion, der wir folgen, sondern wir sagen Gesetzentwurf der Landesregierung? 1 Gegenstim- ganz grundsätzlich: Der Staat muss nicht alles tun, me. Wer enthält sich der Stimme? 2 Stimmenthaltun- was andere vielleicht besser können. Insofern ist gen. Damit ist dieser Gesetzentwurf der Landesre- die Anstalt des öffentlichen Rechts, die sich gierung mit übergroßer Mehrheit angenommen. ausschließlich aus den gesetzlich verpflichteten Bei- trägen der Tierbesitzer finanziert, die im Übrigen eine Der Gesetzentwurf wurde in zweiter Beratung an- Pflichtmitgliedschaft dort mittragen müssen, und sie genommen. Damit kommen wir zur Dokumentation finanziert sich aus Einnahmen für die Tätigkeit der durch die Schlussabstimmung. Wer für diesen Ge- Tiergesundheitsdienste. Insofern ist die gesetzlich setzentwurf ist, den bitte ich, sich von den Plätzen vorgeschriebene Gewährsträgerschaft für die Tier- zu erheben. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? kasse gegeben. Ich finde es im Übrigen sehr ehrab- Wiederum 1 Gegenstimme. Wer enthält sich der schneidend, wenn Sie den Tierärzten unterstellen, Stimme? 4 Stimmenthaltungen, 1 Gegenstimme, da- dass sie nur auf eine bessere Bezahlung hoffen. mit ist dieser Gesetzentwurf mit übergroßer Mehr- heit angenommen. (Zwischenruf Abg. Scheringer-Wright, PDS: Das habe ich nicht gesagt.)

Nein, Sie haben es so explizit gesagt und deswegen: Ich möchte mich ausdrücklich gegen diese Unter- stellung verwahren. 1398 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3 dieser Sitzung wurden nochmals die unterschiedli- chen Auffassungen zum prognostizierten Einspa- Erstes Gesetz zur Änderung des rungsvolumen des Landes beim Wohngeld, zum Re- Thüringer Gesetzes zur Ausfüh- visionstermin und -verfahren geäußert. Der Aus- rung des Zweiten Buches Sozial- schuss lehnte mehrheitlich mit Verweis auf die nach gesetzbuch jetziger Gesetzeslage im November 2005 durchzu- Gesetzentwurf der Fraktion der SPD führende Landesrevision den Antrag der SPD ab - Drucksache 4/524 - und empfiehlt dem Landtag ebenfalls die Ablehnung. dazu: Beschlussempfehlung des Haus- Danke. halts- und Finanzausschusses - Drucksache 4/693 - (Beifall bei der PDS) ZWEITE BERATUNG Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Berichterstatter ist Abgeordneter Kuschel und ich bitte um die Berichterstattung. Ich danke für die Berichterstattung. Wir kommen zur Aussprache. Das Wort hat die Abgeordnete Abgeordneter Kuschel, PDS: Petra Enders, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Abgeordnete Enders, PDS: Herren, der Thüringer Landtag hat den Gesetz- entwurf der SPD-Fraktion "Erstes Gesetz zur Ände- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn rung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des der Gemeinde- und Städtebund ankündigt, gegen Zweiten Buches Sozialgesetzbuch" in Drucksache den Landeshaushalt klagen zu wollen und eine Stadt 4/524 am 27. Januar 2005 in erster Lesung bera- wie Weimar erwägt, sich diesem Schritt anzuschlie- ten und an den Haushalts- und Finanzausschuss ßen, dann wird wieder eines deutlich: Die Belas- überwiesen. tungen, die eine knappe Landtagsmehrheit und die Landesregierung den Kommunen in diesem Jahr Die SPD beantragte, dass die gesamte Entlastung zugemutet haben, haben einen Punkt erreicht, der des Landes beim Wohngeld an die Kommunen die absolute Schmerzgrenze darstellt. weitergereicht wird, dabei für das Jahr 2005 eine vorläufige Zuweisung in Höhe von 33,75 Mio. (Beifall bei der PDS) gefordert, während im Gesetz nur 20 Mio. YRUJH sehen sind. Darüber hinaus beantragt die SPD ein Meine Damen und Herren, durch Hartz IV bestehen geändertes Revisionsverfahren. weitere finanzielle Risiken für die Kommunen. Eine Anhörung hier im Thüringer Landtag durch unsere Der Ausschuss hat am 3. Februar 2005 eine Anhö- Fraktion hat das am Dienstag wiederum gezeigt. rung beschlossen. Von der Opposition war eine Jetzt ist deshalb ein Signal an die Kommunen nötig, mündliche Anhörung beantragt worden, diesem An- das zeigt, das Land ist ein Partner, der die Situation trag folgte jedoch die Ausschussmehrheit nicht. Die nicht weiter verschärfen darf. Doch mit dem vor schriftliche Anhörung musste aufgrund des Urteils wenigen Wochen beschlossenen Landesausfüh- des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 12. Ok- rungsgesetz für das SGB II wurde ein solches Sig- tober 2004 durchgeführt werden. Beim Ausschuss nal leider nicht ausgesandt. gingen schriftliche Stellungnahmen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen und des Thüringischen Bereits im vergangenen Jahr haben wir ja hier aus- Landkreistages ein. Beide Verbände befürworteten führlich zum Landesausführungsgesetz diskutiert den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion. Der Landkreis- und noch gibt es jetzt die Möglichkeit, etwas Po- tag führte darüber hinaus aus, dass aus seiner Sicht sitives für die Kommunen und die in ihnen leben- zwischen dem Ausführungsgesetz in seiner jetzigen den Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Form und der Zusage des Ministerpräsidenten auf der Landkreisversammlung eine inhaltliche Diskre- Meine Damen und Herren, lassen Sie mich daran panz besteht. Der Gemeinde- und Städtebund Thü- erinnern: Mit dem Begriff der Politikverdrossenheit ringen formulierte, aus seiner Sicht sei der vorlie- wird der Vertrauensverlust und die wachsende Dis- gende Gesetzentwurf die logische Konsequenz der tanz bezeichnet, von der Parteien, Regierungen und im Vermittlungsausschuss am 30. Juni 2004 einge- Parlamente in zunehmendem Maße betroffen sind, gangenen Verpflichtungen. und dieses geringer werdende Vertrauen trifft po- litische Akteure auch als Verlust ihrer moralischen Der Haushalts- und Finanzausschuss hat sich am Glaubwürdigkeit. Ein solcher Glaubwürdigkeitsverlust 3. März 2005 abschließend mit dem Gesetzentwurf ist vor allem durch Fehlverhalten in der Politik verur- und den Ergebnissen der Anhörung beschäftigt. In sacht. Gebrochene Versprechen von Politikern und Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1399

Regierungen werden von Menschen sehr genau Gut, können wir auch regeln. Meine Damen und Her- registriert. Und genau darum geht es auch wieder ren, was uns allerdings verwundert, ist, dass die bei diesem Thema. Da bleibe ich hartnäckig: Es geht SPD in ihrem Änderungsgesetz überhaupt keinen um nicht weniger als eine Zusage des Ministerprä- konkreten Revisionstermin mehr vorsieht. Das ist sidenten, schriftlich gegeben als Bestandteil einer uns unverständlich, denn wir haben ja erst im Haus- Protokollnotiz im Vermittlungsausschuss für das haltsausschuss und dann im Landtagsplenum über- Hartz-IV-Paket. haupt diesen konkreten Revisionstermin durchge- setzt. Und das war damals ein Kompromiss, denn (Beifall bei der PDS) eigentlich wollten wir ja zwei Revisionstermine und ich kann eigentlich nicht verstehen, weshalb Sie Die Protokollnotiz besagt eindeutig, dass die Bun- diese Forderung fallen lassen haben. Ein früherer desländer ihre Einsparungen beim Wohngeld voll- Revisionstermin könnte natürlich auch früher Klar- ständig an die Kommunen weiterreichen werden, heit bringen. um deren Belastung durch Hartz IV zu verhindern. Dennoch steht im Landesausführungsgesetz zum Meine Damen und Herren, eines wissen wir ja auch, Sozialgesetzbuch II der Betrag von 20 Mio. Die wir kennen unsere Landesregierung, wenn steht: PDS-Fraktion bleibt dabei, die Landesregierung muss "zum Jahresende Revisionstermin, Überprüfung", die Zusage des Ministerpräsidenten einhalten, dass dann wird das am 31. Dezember getan. Im Revi- alle Einsparungen des Landes, so sollte man es dann sionsverfahren ist aus unserer Sicht auch der je- auch im Gesetz formulieren, beim Wohngeld an die weilige Zahlungstermin zu hinterfragen. Wir werden Kommunen weitergeleitet werden. Diese Einsparun- dabei eine Zahlung des Landesanteils jeweils zu gen sind genau zu ermitteln. Die Argumente dafür Quartalsbeginn anregen. Trotz der von mir darge- sind bereits im Anhörungsverfahren und in der Land- stellten Kritikpunkte halten wir den Gesetzentwurf der tagssitzung im Dezember auch ausführlich darge- SPD-Fraktion insgesamt für sinnvoll. Wir plädieren stellt worden. deshalb dafür, entgegen der Empfehlung des Haus- halts- und Finanzausschusses, dem Gesetzentwurf Dabei möchte ich noch einmal darauf verweisen, zuzustimmen. dass nach übereinstimmender Sicht aller Beteiligten inzwischen deutlich geworden ist, dass die Zahl der (Beifall bei der PDS) Bedarfsgemeinschaften in der Grundsicherung für Arbeit Suchende im letzten Jahr viel zu gering ein- Dies, meine Damen und Herren, dient dem Interes- geschätzt wurde und damit wurde natürlich auch der senausgleich zwischen Land und Kommune und Finanzrahmen zu gering eingeschätzt. Für die Stadt dieser Interessenausgleich ist gerade im Ergebnis Gera hat uns das in unserer Anhörung am Dienstag des Landeshaushalts notwendig, wurde doch mit ihm die Sozialdezernentin auch noch einmal ausführ- das bisherige Vertrauensverhältnis zwischen Land lich bestätigt. In diesem Zusammenhang möchte ich und Kommune erheblich belastet. Hier könnten Sie, die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion drin- meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, auch gend auffordern, bei ihren Parteifreunden auf Bun- mal ein Zeichen setzen, ein Zeichen dafür, dass die desebene aktiv zu werden. Es sind sehr beunruhi- Kommunen auf eine kooperative Zusammenarbeit gende Nachrichten, die wir vernehmen konnten, die mit dem Land bauen können. Danke schön. wir lesen konnten, die darauf hindeuten, dass der Bund seinen Anteil von 29,1 Prozent an den ange- (Beifall bei der PDS) strebten Gesamtentlastungen der Kommunen redu- zieren will. Es tauchen jetzt schon Hinweise auf, dass Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: man den Anteil bis auf 4,5 Prozent reduzieren will. Also, bitte, Herr Matschie - nun ist er heute nicht da, Das Wort hat die Abgeordnete Taubert, SPD-Frak- aber ich denke, es wird auch hier weitergereicht - tion. unternehmen Sie alles, um die Bundesregierung und vor allem Wirtschaftsminister Clement von diesem Abgeordnete Taubert, SPD: gefährlichen Unsinn, von diesem Wortbruch abzu- bringen. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Enders, Sie können sicher sein, wir (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD) haben an dieser Stelle schon öfter gesagt, dass uns nicht alles gefällt, was in Berlin passiert. Sie können Ich habe Sie nicht verstanden, Herr Gentzel. sicher sein, dass wir auch an dieser Stelle intensiv darauf dringen werden, dass die 29,1 Prozent Er- (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Wie wäre stattung, die vereinbart wurde, auch kommt, weil die es mit einem Vier-Augen-Gespräch?) Kommunen das Geld dringend brauchen. Aber ich habe den Eindruck - das Ergebnis des Haushalts- 1400 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 und Finanzausschusses ist ja vorgetragen worden -, Eins steht jedoch heute schon fest: Bleibt es beim dass es der erklärte Wille der CDU-Fraktion hier im Ausführungsgesetz zum Zweiten Sozialgesetzbuch Landtag ist, den Kommunen finanziell die Pistole auf in unveränderter Form, müssen Thüringer Kommu- die Brust zu setzen. nen über allen anderen finanziellen Belastungen - und die stehen nun mal tatsächlich vor ihnen -, die (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Na, na, der Landeshaushalt ihnen aufbürdet, auch noch als na!) Kreditgeber für zinslose Kredite für den Freistaat herhalten. Deswegen appelliere ich nochmals an Sie Der Wille, glaube ich, ist ungebremst. An vielen Stel- alle, geben Sie den Kommunen zeitnah das für sie len haben wir es diskutiert, an dieser Stelle bleibe lebensnotwendige Geld und verschanzen Sie sich ich dabei, es ist immer noch so. nicht hinter Zahlenermittlungen, die teilweise wirklich nur grob waren und von denen alle wissen, dass sie Nicht anders ist es deswegen zu erklären, dass die einer Abrechnung dienten, nämlich dem Willen der den Kommunen zustehenden Landesmittel nicht - zu- Bundesregierung, die Kommunen insgesamt um mindest nicht zeitnah - an diese weitergeleitet wer- 2,8 Mio. LP5DKmen der Kommunalfinanzreform zu den. Wir wissen, Mehrheit ist Mehrheit, und so ist es entlasten. Diese Entlastung, denke ich, muss bei den nicht verwunderlich, dass Sie es im Haushalts- und Thüringer Kommunen auch ankommen und da müs- Finanzausschuss abgelehnt haben. Vermeintlich gute sen auch Sie, Frau Ministerin Diezel - Sie haben ja Argumente zur Reduzierung des Landeszuschusses immer die Hand auf dem Geld, was ich auch okay aus Wohngeldersparnissen an Thüringer Kommunen finde, aber an dieser Stelle natürlich nicht - tatsächlich geistern in der Presse momentan viele herum. Von das weitergeben, was versprochen wurde. Es ist erheblichen Einsparungen ist teilweise zu hören, die angesprochen worden, Herr Ministerpräsident hat es in kommunalen Haushalten schon greifen. Tatsache den Kommunen versprochen und nun muss das Geld ist aber, dass alle Arbeitsgemeinschaften, aber auch auch weitergereicht werden, deswegen bitte ich Sie die optierenden Kommunen noch gar nicht ganz ge- um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. nau einschätzen können, welche exakten Be- und Danke. Entlastungen sie im Bereich Sozialhilfe und den Unterkunftskosten im Rahmen des SGB II auf das (Beifall bei der SPD) Jahr hochgerechnet erzielen werden. Die Gründe liegen auf der Hand, es ist auch allen bekannt. Jeder, Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: der sich in einer Arbeitsgemeinschaft umgeschaut hat, der weiß das, es liegen unzählige Widersprüche Das Wort hat Abgeordneter Wehner, CDU-Fraktion. von Bürgerinnen und Bürgern vor. Ich glaube, das ist auch gerechtfertigt, dass jeder, der der Meinung ist, Abgeordneter Wehner, CDU: er kann den Bescheid nicht lesen, er kann den Be- scheid nicht bis ins Letzte verstehen oder der auch Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kollegen, der Meinung ist, er ist falsch berechnet worden, dass werte Gäste, zunächst darf ich meine Verwunderung er dann in Widerspruch geht. Es ist abzuwarten, was darüber ausdrücken, dass von den Oppositionsfrak- aus den Widersprüchen wird. Zum anderen ist auch tionen Damen hier das Wort ergriffen haben, die bei die Einzelfallbetrachtung zu den Unterkunftskosten den Ausschussberatungen im Haushalts- und Fi- ein Thema. Die ist in den Landkreisen und kreis- nanzausschuss überhaupt nicht anwesend waren. freien Städten noch nicht endgültig abgeschlossen. Das merkt man leider auch an der Qualität der Aus- Es gibt sehr unterschiedliche Maßnahmen, die von führungen zu diesem Thema. den Gebietskörperschaften getroffen wurden, die einen rechnen spitz ab, die anderen wollen Pau- (Unruhe bei der SPD) schalen ausreichen, gleich, wie hoch oder wie niedrig die Unterkunfts- und Heizungskosten sind. Dieser Sie sollten sich wirklich mal mit den Zahlen intensiv Prozess ist meines Erachtens noch nicht abgeschlos- beschäftigen. Frau Taubert, der Bund hatte mal ge- sen. Ich wünsche mir da auch von den Kommunen, plant, 2,5 Mrd.  (QWODVWXQJ ]X EULQJHQ QLFKW die ich immer sehr intensiv vertrete - das wissen Sie -, 2,8 Mio.  GDV LVW ]ZDU HLQ NOHLQHU 8QWHUVFKLHG Sie dass sie natürlich das gehörige Augenmaß an dieser haben eben von 2,8 Mio.  JHVSURFKHQ DEHU LFK Stelle haben werden. Dafür brauchen wir natürlich sehe Ihnen das nach. auch kommunal das Geld, denn man muss sehr weise entscheiden, ob man jemanden, der zwei Qua- (Unruhe bei der SPD) dratmeter mehr hat, umziehen lässt oder ob man ihn nicht umziehen lässt. Ich plädiere an dieser Stelle Ich muss aber hier an dieser Stelle dafür, das bürgerfreundlich zu entscheiden, weil es am Ende im Sinne der Kommunen und im Sinne der (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Der gesamten Gesellschaft ist. Herr Lehrer ...) Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1401 vielleicht noch mal auf die Grundsätze dieses Ge- Als Drittes haben sich die Länder verpflichtet - und setzes überhaupt eingehen, weil es mir doch scheint, das ist völlig unstrittig -, ihren Anteil bei der Wohn- dass einiges hier durcheinander geworfen wird und geldeinsparung auch tatsächlich an die Kommunen nicht so richtig klar herübergekommen ist. Richtig weiterzugeben. Hier an dieser Stelle hat die CDU- ist erst einmal: Der Bund hatte das Ziel, die Kom- Fraktion im Haushalts- und Finanzausschuss für munen mit 2,5 Mrd. ]XHQWODVWHQ$OVHUVWHU Punkt in eine Gesetzesänderung gesorgt und keineswegs, wie diesem Gesetz - und dafür hat sich die Thüringer es Kollege Kuschel vorhin sagte, der Druck der PDS, Landesregierung maßgeblich eingesetzt, weil sie dass auch eine solche Revisionsklausel in unser nämlich Partner der Kommunen ist - haben wir immer Gesetz aufgenommen wurde. Sie wissen, dass der wieder gesagt, diese Entlastungswirkung wird in Ost- Zeitpunkt November drinsteht. Ich muss an dieser kommunen anders wirken als in Westkommunen, Stelle sagen, wir kennen zum heutigen Zeitpunkt ganz einfach der Tatsache geschuldet, dass wir in die Wirkung des Gesetzes immer noch nicht hun- den Ostkommunen wesentlich mehr Arbeitslosen- dertprozentig, aber wir haben natürlich jetzt einen hilfeempfänger als Sozialhilfeempfänger prozentual Vorteil, die konkreten Zahlen der Monate Januar und hatten, als das in den Westkommunen der Fall war. Februar liegen vor und die sagen eben aus, im Ja- Deswegen ist ein Verfahren entwickelt worden, das nuar wurden von theoretisch möglich abzurufenden die so genannten SoBEZ in Höhe von 1 Mrd. Mark 11 Mio. QXU0LR DEJHUXIHQXQGLP)HEUXDU über den Umsatzsteuerausgleich der Länder von 11 nur 7,6 Mio. -HW]WLVWQDWUOLFKJDQ]NODU wenn weniger Geld abgerufen wird, ist auch der Ein- (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Euro - spareffekt des Landes beim Wohngeld logischer- Mark haben wir schon lange nicht mehr!) weise wesentlich geringer als ursprünglich geplant. Ich mache mir heute eigentlich, wenn ich diese Zah- - Euro, Entschuldigung - den neuen Kommunen zur len - ich weiß nicht, ob die sich so weiter darstellen - Verfügung gestellt hat. Diese 1 Mrd.  LVW QXU ]X hochrechne, Gedanken, ob nicht die Summe von stande gekommen, weil sich auch die Thüringer Lan- 20 Mio.  GLH ZLU LP +DXVKDOW HLQJHVWHOOW KDEHQ desregierung maßgeblich dafür eingesetzt hat. In schon zu hoch war, ob diese 20 Mio. EHUKDXSW als diesem Zusammenhang war ja auch mal strittig von Einspareffekt bei uns im Land auftreten. Da muss Ihrer Seite, dass wir unseren Anteil an dieser man einfach ein Fragezeichen zum heutigen Zeit- 1 Mrd. LQ$E]XJJHbracht haben, aber zumindest punkt machen. Ich will an dieser Stelle auch ganz das haben Sie im Gesetzentwurf weggelassen. Das deutlich sagen, klar ist, kassenwirksam muss es die- scheint also mittlerweile bei Ihnen angekommen zu ses Jahr für die Kommunen noch werden. Nämlich sein, dass das ganz solide und auch rechtswirksam nur dann haben die Kommunen auch tatsächlich ist. noch eine Möglichkeit, das in ihren Haushaltsplanun- gen zu berücksichtigen. Als zweiter Punkt: Um die 2,5 Mrd. ]XHUUHLFKHQ hat der Bund tatsächlich vorgeschlagen, sich mit Meine Damen und Herren, ich will das noch mal kurz 29,1 Prozent an den so genannten Kosten für Un- zusammenfassen: Die Bundesregierung selbst hat terkunft und Heizung zu beteiligen und hat sich selbst also einen früheren Revisionstermin, den man fest- zwei Revisionstermine gesetzt, nämlich den 01.03. gelegt hatte, schon gekänzelt. Sie schlagen aber in und den 01.10. Nun beim Thema 01.03. wissen wir Ihrem Gesetzentwurf heute vor, wir sollen diesen mittlerweile zumindest aus der Presse, dass man Revisionstermin in den März hineinlegen, obwohl die nicht mehr daran denkt, diesen Revisionstermin Bundesregierung selbst sagt, er ist gar nicht zu hal- überhaupt einzuhalten. Welcher konkrete Revisions- ten. Ehrlich wäre es an dieser Stelle, wenn Sie ein- termin dann tatsächlich kommt, ist mir zumindest fach sagen würden, wir packen unseren Gesetzent- nicht bekannt. Vielleicht wissen Sie mehr in diesem wurf wieder ein, wir ziehen ihn zurück, er ist einfach Zusammenhang. So viel zum Thema "Zuverlässig- fachmännisch unsinnig. Aus diesem Grund kann er keit der Bundesregierung". Natürlich hat das auch natürlich auch nicht die Zustimmung der Fraktion seine Gründe, warum die den 01.03. gar nicht hal- finden. Herzlichen Dank. ten können, weil nämlich die Datensätze, die man gegenwärtig hat, noch gar nicht so zuverlässig sind, (Beifall bei der CDU) dass man überhaupt Rückschlüsse auf die Wirkung dieses Gesetzes ziehen könnte. Jeder weiß auch, Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: dass wir von einer so genannten Experimentalge- setzgebung gesprochen haben, und das bedeutet Gibt es weitere Wortmeldungen? Frau Taubert. eben, der Gesetzgeber hat ein Gesetz erlassen, dessen Wirkung er erst in der Praxis letztendlich ab- Abgeordnete Taubert, SPD: schätzen will. Nur ganz kurz, Herr Wehner: Ich kann mich nicht entsinnen, die PDS hat uns dafür gescholten, dass 1402 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 wir keinen früheren Revisionstermin reingenommen Seite sind die entsprechenden Aktivitäten gekom- haben - haben wir nicht. Also, es ist nicht wahr, was men. Sie haben angefangen, uns zu interpretieren, Sie sagen, dass wir einen anderen Revisionstermin das heißt, Politik ist heute nicht mehr daran gebun- hier in das Gesetz reingeschrieben haben. Wir än- den, was an verlässlichen Aussagen gesagt wurde, dern ja das Gesetz, das schon mal hier im Landtag sondern es wird anschließend interpretiert, was denn gewesen ist, das beschlossen wurde, und wollen der Verantwortliche gemeint haben könnte mit dem, die 33 Mio. IHVWVFKUHLEHQ(VLVWWDWVlFKOLFKQLFKW was er gesagt hat. Das erleben wir ja nun tagtäglich so, wie Sie es sagen. Es kann jeder mal einen und das ist nicht allein ein Problem dieser Landes- Fehler machen, man sollte vorsichtig sein, wenn man regierung, sondern das haben wir durchaus auf Bun- die anderen gleich so intensiv kritisiert. Und dass das desebene genauso. Und darum geht es jetzt, ob Geld bei den Kommunen ankommen muss, ich diese Klarheit und diese Verbindlichkeit für unsere glaube, das ist auch unstrittig. Kommunen, die ohnehin gestraft genug sind mit die- sen Haushaltsproblemen, die aufgetürmt wurden von (Beifall bei der SPD) Landesseite, ob diese Klarheit und Verlässlichkeit nun umgesetzt wird. Deshalb sind wir als PDS-Frak- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: tion auch der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf unterstützt werden sollte und dass dieser Gesetz- Herr Gerstenberger hat um das Wort gebeten. entwurf in Kraft treten sollte. Denn es hieß bei dem Versprechen nicht, wir schauen zum Jahresende mal, Abgeordneter Gerstenberger, PDS: was rauskommt und wie wir eventuell noch zusätzlich interpretieren können, sondern es hieß - um es noch Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr mal zu sagen und deutlich -: Die volle Einsparung Wehner, es ist eben kein fiskalisches Problem, über wird weitergereicht. Wenn dieser Haushalt nur ein das wir hier diskutieren, sondern wir reden über Zu- Fünkchen Wahrheit besitzt, dann weist er diese verlässigkeit und Verlässlichkeit von politischen Aus- 35 Mio. DXV XQGGLHVLQGLP*Hsetzentwurf ent- sagen. halten und uns sollte allen daran gelegen sein, ein bisschen mehr Vertrauen in politische Aussagen in (Beifall Abg. Becker, SPD) der Bevölkerung zu erreichen durch Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit und nicht durch Uminterpreta- Es gab eine politische Aussage, die besagt hat: Die tionen von Regierungsaussagen oder Ministerpräsi- Einsparungen des Wohngeldes, die das Land aus- dentenaussagen, die im Wahlkampf ganz vorteil- weist, werden in voller Höhe den Kommunen weiter- haft waren. Danke schön. gereicht. Nun ist die Frage: Hat damals jemand ge- logen, als er das gesagt hat, oder gelten Versprechen (Beifall bei der PDS, SPD) eines Ministerpräsidenten bis zum Schluss? Gestern im Handwerkstag war zu hören: Was wir vor der Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Wahl gesagt haben, setzen wir auch nach der Wahl um bzw. gilt für uns auch nach der Wahl. Wenn also Das Wort hat der Abgeordnete Wehner. vor der Wahl der Ministerpräsident erklärt hat, die Einsparungen beim Wohngeld werden in voller Höhe Abgeordneter Wehner, CDU: an die Kommunen durchgereicht, dann muss er nach der Wahl, wenn er einen Haushalt ansetzt, in dem Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und er 35 Mio. (LQVSDUXQJHQEHLP:RKQJHOG ausweist, Herren, trotz der umfangreichen Tagesordnung muss auch 35 Mio. (LQVSDUXQJHQEHLP:RKQJHOGDQ die ich schon zu dem hier Gesagten noch mal ein paar Kommunen durchreichen, ansonsten hat er sich da- Worte sagen. Herr Gerstenberger, unstrittig ist, Ziel mals geirrt dieser Gesetzgebung - und jetzt zitiere ich hier mal mit Erlaubnis - "war die Verringerung der Hilfebe- (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das wäre dürftigkeit, insbesondere durch Eingliederung in Ar- gut.) beit." Offensichtlich scheint weder diese Seite der Opposition noch diese Seite der Opposition je davon (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Oder er überzeugt gewesen zu sein, dass dies mit diesem lügt.) Gesetz erreicht werden kann. Denn die Wiederein- gliederung in Arbeit bedeutet Eingliederung in untere oder er hat nicht ganz die Wahrheit gesagt oder er Einkommensgruppen natürlich erst. Man hatte ja - wollte nicht ganz die Wahrheit sagen. Die Kommunen der Hartz zumindest - die Vorstellung, dass es hier haben mit diesem Geld geplant. Dazu diente dieser irgendwelche Zugangsschranken in den Arbeitsmarkt Gesetzentwurf und dazu dienten übrigens auch die gäbe, dass die Leute nicht bereit wären, gering be- Anträge, die die Oppositionsfraktionen mehrfach ein- zahlte Jobs anzunehmen. Ich sage, für den Osten gereicht haben, und insbesondere auch von unserer war dieser Ansatz schon falsch und deswegen kann Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1403 das Gesetz hier auch nicht funktionieren. Bundeswirtschaftsministers ein Meinungsaustausch zwischen Bund und Ländern zur Revision statt, der (Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: ja bereits am 1. März vorgesehen war. Am 3. März Warum haben Sie dann zugestimmt?) lädt das Bundeswirtschaftsministerium ein. Im Ergeb- nis dieser Besprechung waren alle Teilnehmer der Wenn aber nun Leute in diese geringfügigen Be- Auffassung, dass die Durchführung der Revision zu schäftigungen reingehen oder in niedrig bezahlte verschieben ist - wahrscheinlich in den Juni oder Jobs, dann entstehen automatisch Wohngeldan- Juli 2005. Weiterhin haben alle Beteiligten festge- sprüche. Es ist nämlich nicht so, man muss dann hier stellt, dass zurzeit noch keine belastbaren Daten wirklich schon mal fachlich trennen, ob man über vorliegen, die die tatsächliche Be- und Entlastung Unterstützung für Heizung und Unterkunft redet oder von Bund, Ländern und Kommune widerspiegeln. über Wohngeldansprüche. Und Wohngeldansprüche Genau das haben wir bei der Diskussion zu diesem entstehen nach wie vor beim Land. Deswegen muss Gesetzentwurf immer wieder von Seiten der Landes- das Land auch regierung gesagt. Die Daten werden erst am Ende oder Mitte des Jahres belastbar vorliegen und nicht (Beifall bei der CDU) schon am 1. März. Ich erinnere an die Diskussionen hier in diesem hohen Hause. Für Thüringen zeichnet Wohngeldansprüche in seinem Haushalt planen sich ab, dass die Belastungen unserer Kommunen und die auch tragen in Zukunft. Diese Einsparungen, durch die neuen Leistungen - Kosten der Unterkunft - und da können Sie sich drauf verlassen, die dann tat- geringer als von ihnen selbst erwartet sind, natürlich sächlich eintreten - und nur davon reden wir - werden differenziert und unterschiedlich. Uns liegen die Zah- auch an die Kommunen weitergegeben. Aber die len für Januar und Februar vor. Die Kommunen Crux bei dieser Sache ist, dass weder Sie, Herr Gers- hätten in beiden Monaten 11 Mio.  DQ (Ustattungs- tenberger, noch ich die Einsparungen zum jetzigen leistungen vom Bund abfordern können. Tatsächlich Zeitpunkt wirklich beziffern können. Kommen nämlich aber haben sie im Januar 6,5 Mio.  XQG LP )H viele Leute in niedrig bezahlte Tätigkeiten, steigt auto- bruar 7,6 Mio.  (UVWDWWXQJ DEJHIRUGHUW ,FK KDEH matisch ihr Wohngeldanspruch und damit auch das, mehrfach im Zuge der Diskussion um dieses Aus- was das Land zu tragen hat. Diese Details sind näm- führungsgesetz darauf hingewiesen, dass Hartz IV lich so kompliziert auch, dass sie eigentlich in einer uns völlig neue Rahmenbedingungen schafft, auch Ausschussberatung zu diskutieren wären. Deswegen in den Finanzströmen. Sämtliche Finanzströme ba- wundere ich mich immer, dass hier Kollegen über sieren auf einer Schätzung. Es war richtig, dass wir Sachen reden, die im Ausschuss eigentlich intensiv uns an das Tableau des Bundeswirtschaftsminis- diskutiert wurden, und dann diese Details immer ein- teriums und des Bundesfinanzministeriums bei der fach weglassen. Aufstellung gehalten haben. Das war das einzige verbindliche Tableau, was auch im Vermittlungsaus- Meine Damen und Herren, ich kann noch mal sagen, schuss besprochen wurde und das erst am Ende das Wort des Ministerpräsidenten an die Kommunen, einer Laufzeit von sechs/sieben Monaten einzu- die Einsprarungen in voller Höhe - und jetzt sage ich schätzen ist, wie die Finanzströme denn tatsächlich noch mal in Klammern -, in der tatsächlichen Höhe sind. Wir wissen dies bis heute nicht definitiv, denn es weiterzugeben, gilt nach wie vor und mit dieser Re- gibt noch viel Bewegung zwischen den Anspruchs- visionsklausel, die in das Gesetz aufgenommen wur- berechtigten des neuen Arbeitslosengeldes II und de, ist das auch garantiert. Vielen Dank. den Sozialhilfeleistungen sowie dem Wohngeld. Es kann also noch zu unterschiedlichen Abrufen auch (Beifall bei der CDU) im Wohngeld kommen. Deswegen ist es richtig, dass wir die Revision an das Ende des Jahres gelegt ha- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: ben. Ich sage hier noch einmal ausdrücklich: Wir wer- den auch mit dem Bund, Frau Endes hat es genannt, Das Wort hat Ministerin Diezel. über diese 29 Prozent - dieses war auch eine ver- bindliche Zusage des Bundes und jetzt die Absen- Diezel, Finanzministerin: kung auf 4,9 Prozent, was wir aus der Besprechung mitgenommen haben - ganz definitiv reden. Es kann Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und nicht sein, dass sich der Bund auf Kosten der Län- Herren, der Gesetzentwurf der SPD zielt auf eine der entlastet. Erstattung der Wohngeldeinsparung des Landes und auf die Durchführung der Revision Ende des (Beifall bei der CDU) Jahres 2005. Das Anliegen der SPD hinsichtlich der Revision ist bereits im vorhandenen Gesetz umge- Noch etwas zur Zusage. Die Zusage des Minister- setzt. Der Gesetzentwurf oder der Änderungsantrag präsidenten steht, Herr Gerstenberger. Nur verglei- ist vom Januar. Am 3. März fand auf Einladung des chen wir nicht das Jahr 2004 mit dem Jahr 2005. 1404 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Es geht um die Wohngeldeinsparungsentlastung des dass es einer 1:1 europäischen Umsetzung bedarf. Jahres 2005. Im Juni 2003, als es die verbindliche Die Landesregierung hat in der Sitzung vom 3. März Zusage der Ministerpräsidenten gab, war die Daten- dem Ausschuss mitgeteilt, dass für alle weiteren offe- basis das Jahr 2003. Es geht um das Jahr 2005 und nen Fragen seitens der Architekten- und Ingenieur- nicht um das Jahr 2004. Vielen Dank. kammern ein weiterer Handlungsbedarf besteht und es wurde von der Landesregierung angekündigt, am (Beifall bei der CDU) Jahresende 2005 eine Novelle des Gesetzgebungs- verfahrens einzuleiten, um diese Dinge dann endgül- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: tig zu klären. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit (Beifall bei der CDU) beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Entsprechend § 60 Abs. 2 der Ge- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: schäftsordnung erfolgt keine Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanz- Ich eröffne die Aussprache. Zu Wort hat sich gemel- ausschusses in Drucksache 4/693, da diese Be- det für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Doht. schlussempfehlung die Ablehnung des Gesetzent- wurfs empfiehlt. Somit kommen wir zur Abstimmung Abgeordnete Doht, SPD: über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, der Ihnen in Drucksache 4/524 in zweiter Beratung Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem vorliegt. Wer ist für diesen Gesetzentwurf? Ich bitte heute in zweiter Beratung vorliegenden Gesetzent- um das Handzeichen. Wer ist gegen diesen Ge- wurf werden die Eintragungsfristen für Architekten setzentwurf? Ich bitte um das Handzeichen. Wer und Ingenieure auf EU-Ebene geregelt. Es gibt eine enthält sich der Stimme? Es liegt keine Stimmenthal- entsprechende EU-Richtlinie, die allgemein gültige tung vor, damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt. gleiche Eintragungsfristen vorsieht, eine Sache, die unseren Ingenieuren und Architekten sicher sehr ent- Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungs- gegenkommt. Wir hatten in Thüringen schon immer punkts 4 sehr kurze Eintragungsfristen gegenüber anderen Ländern, in denen diese durchaus länger waren. Das Gesetz zur Änderung des Thürin- wird vereinheitlicht. Dem Anliegen dieser Gesetzes- ger Architektengesetzes, des In- novelle können wir als Fraktion voll Rechnung tragen. genieurgesetzes und des Thürin- Ich denke, dass unsere Architekten und Ingenieure ger Ingenieurkammergesetzes keine Angst haben müssen vor der europäischen Gesetzentwurf der Landesregierung Konkurrenz. Sie sind gut ausgebildet. Im Gegenteil, - Drucksache 4/569 - es ergeben sich für sie hier sicherlich auch Hand- dazu: Beschlussempfehlung des Aus- lungsfelder in anderen EU-Ländern, auch in den schusses für Bau und Verkehr neuen Beitrittsländern. - Drucksache 4/699 - ZWEITE BERATUNG Ein Problem, welches von der Architektenkammer im Vorfeld an uns herangetragen wurde und welches Berichterstatter ist der Abgeordnete Wetzel. Wir wir auch mit einem Änderungsantrag im Ausschuss kommen in die zweite Beratung und ich bitte Herrn gern geregelt hätten, ist das Thema der Eintragungs- Wetzel um seinen Bericht. voraussetzungen. Die EU-Richtlinie sieht als Ein- tragungsvoraussetzung in die Architektenliste ein Abgeordneter Wetzel, CDU: mindestens 4-jähriges Studium vor. Demgegenüber ist im Thüringer Architektengesetz als Eintragungs- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im voraussetzung u. a. geregelt, dass der Bewerber Ausschuss für Bau und Verkehr wurde durch die einen Abschluss an einer deutschen Universität, Überweisung vom 25. Februar dieses Jahres am Hochschule oder Fachhochschule haben und danach 3. März dieses Jahres dieses Gesetz beraten. Die eine 3-jährige praktische Tätigkeit nachweisen muss. 6. Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr hat Inzwischen gibt es das Problem, dass an einigen das Gesetz zur Änderung des Thüringer Architekten- Hochschulen Architekten fertig geworden sind, die gesetzes, des Ingenieurgesetzes und des Thüringer einen Bachelorabschluss haben, der nur sechs Se- Ingenieurkammergesetzes einstimmig nach Beratung mester umfasst. Nach Absolvierung der entspre- angenommen. Aus diesem Grund setzt die Be- chenden Praxisphase könnten diese, wenn das so schlussempfehlung des Ausschusses an das Plenum im Thüringer Architektengesetz stehen bleibt, dann voraus, dass wir natürlich dem Plenum auch raten, auch verlangen, in die Architektenliste aufgenommen diesen Gesetzentwurf anzunehmen. Nach Beratung zu werden. Beim Ingenieurkammergesetz steht das im Ausschuss konnte sicher- und klargestellt werden, Problem in dieser Form nicht, weil hier die Aufnah- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1405 mebestimmung auf den Abschluss als Ingenieur ab- die Freizügigkeit innerhalb der EU umgesetzt wird, zielt, nicht auf das Absolvieren einer entsprechenden dass für mehr Wettbewerb gesorgt wird und dass Studieneinrichtung. Wir wollten dieses gleich mit re- die Selbstverwaltungskräfte im Ingenieurwesen ge- geln im Ausschuss. Nachdem das Ministerium aber stärkt werden. Ich denke, alle drei Positionen werden deutlich gemacht hat, dass es eine große Novelle von der CDU-Fraktion dieses Hauses rückhaltlos des Architektengesetzes plant mit entsprechenden unterstützt. Ich bedanke mich und darf für meine Anhörungen - und ich hoffe, dass die CDU-Fraktion Fraktion um Zustimmung bitten. dann auch mal von ihrer jetzigen Linie, nur noch schriftliche Anhörungen zuzulassen, abgeht und wir (Beifall bei der CDU) auch in einer mündlichen Anhörung mit den Anzu- hörenden in Kontakt treten können -, als die Landes- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: regierung dies erklärt und auch zu Protokoll gegeben hat, dass diese Novelle in spätestens anderthalb Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Jahren vorliegen soll, sahen wir keine Notwendig- Demzufolge kann ich die Aussprache schließen keit, unseren Antrag aufrechtzuerhalten. Wir werden und wir kommen zur Abstimmung über den Ge- die Landesregierung zu gegebener Zeit wieder daran setzentwurf der Landesregierung in der Drucksa- erinnern. Sollte dann von Seiten der Landesregierung che 4/569 nach zweiter Beratung. Die Beschluss- kein Entwurf vorliegen, ist es ein Leichtes für uns als empfehlung sieht die Annahme des Gesetzentwurfs SPD-Fraktion, diesen wieder einzubringen. Für den vor. So stimmen wir gleich über den Gesetzentwurf jetzt vorliegenden Gesetzentwurf haben Sie die Zu- ab. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich stimmung der SPD-Fraktion. jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich glaube, hier sind einige nicht ganz angeschlossen. Wer (Beifall bei der SPD) stimmt dagegen? Niemand. Wer enthält sich der Stimme? Auch niemand. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Unruhe bei der CDU) Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wetzel zu Wort gemeldet. Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung mit Stimmenmehrheit angenommen. Ich verweise da- Abgeordneter Wetzel, CDU: rauf, dass offensichtlich einige versäumt haben, ihre Stimme abzugeben. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Ge- setzentwurf der Landesregierung in der Druck- (Zwischenruf Abg. Fiedler; Abg. Wetzel, sache 4/569 liegen uns die gesetzlichen Änderungen CDU: Einstimmig! Einstimmig!) des Thüringer Architektengesetzes, des Ingenieur- gesetzes und des Thüringer Ingenieurkammerge- Wir dokumentieren jetzt in der Schlussabstimmung, setzes vor. Dies hatten wir am 25. Februar erstbe- wie das Abstimmverhalten ist. Wer dem Gesetzent- ratend, eigentlich geplant am 26. zweitberatend, aber wurf zustimmen möchte, möge sich jetzt von den mit einer tiefen Verbeugung vor der Opposition dann Plätzen erheben. Danke schön. Die Gegenstimmen gesagt: Dann geben wir das an den Ausschuss. bitte. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit ist der Gesetzentwurf einstim- (Heiterkeit bei der SPD) mig angenommen. Ich schließe den Tagesordnungs- punkt 4. Im Ausschuss richtig erkannt, geht es um EU-Recht, SLIM-Richtlinie, Eins-zu-eins-Umsetzung. Wenn dies (Beifall im Hause) nicht bald geschieht, wird es für Thüringen auch noch teuer. Natürlich kam die Landesregierung dann noch Sie müssen schon ein bisschen mitmachen, auch und sagte: Natürlich wissen wir der Dinge, die wer- beim Händeheben. Tagesordnungspunkt 5 den wir aber in einem anderen Tagesordnungspunkt, in einem anderen Monat dieses Jahres einbringen. Erstes Gesetz zur Änderung des Denn diese Gesetzesvorlage ist dafür nicht geeignet Thüringer Gesetzes zur Ausfüh- und das fand ich gut, dass man im Ausschuss das rung des Pflege-Versicherungs- eigentlich auch so sah und dass wir mit dem Be- gesetzes schluss diese Sache einstimmig vorangebracht ha- Gesetzentwurf der Landesregierung ben. - Drucksache 4/721 - ERSTE BERATUNG Ich denke, mit dem heutigen Gesetz ist es wichtig - uns kommt es darauf an, dass mit dem Gesetzge- Die Landesregierung wünscht das Wort zur Be- bungsverfahren, das wir hier auf den Weg bringen, gründung. Bitte, Herr Minister Dr. Zeh. 1406 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Ge- sind auch die Kosten im Teil der Kalkulation, die die- sundheit: se umlagefähig machen, insgesamt mit Null zu be- zeichnen. Das bedeutet, die Bewohner brauchten Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und diesen Anteil der Kalkulation nicht tragen. So ge- Herren, die Landesregierung legt Ihnen in der Druck- sehen lebten sie mietmäßig in diesen Heimen nahe- sache 4/721 das Gesetz zur Änderung des Thüringer zu mietfrei, wenn ich von den 2,56 3IOHJHWlJOLFK Gesetzes zur Ausführung des Pflege-Versicherungs- für Instandsetzung und laufende Sanierungskosten gesetzes vor. Um den Regelungsinhalt dieses Ge- einmal absehe. Das heißt, wir hatten bis 1997 auch setzes etwas verständlicher zu machen, möchte ich drei Arten von Pflegeheimen, was die Mietkosten- auf die Geschichte der bisherigen Förderpraxis im beiträge anging, nämlich einmal nach Artikel 52 geför- Freistaat Thüringen eingehen. Wir haben in Thürin- derte, die so ca. bei 75 SUR0RQDWODJHQ'DQQ hat- gen, was die Förderung angeht, etwas grob einge- ten wir die vor 1994 geförderten, bei denen monat- teilt, drei Arten von Pflegeheimen. lich ein Beitrag von 200 bis 300 ]XHQWULFKWHQ war, und wir hatten die nicht geförderten Heime, die bei Das sind erstens die Heime, die vor In-Kraft-Treten ca. 400  SUR 0RQDW ODJHQ 'LHVH 8QJOHLFKbehand- des Sonderinvestitionsprogramms nach Artikel 52 lung sowohl der Heimbewohner als auch der Heime, des Pflege-Versicherungsgesetzes gebaut, saniert die nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten oder angemietet worden sind. Zeitlich fällt das in die wirtschaften müssen, hat die Landesregierung seit Jahre von 1990 bis 1994. Die Förderung der Inves- der zweiten Legislaturperiode versucht dadurch auf- titionen lag damals bei ca. 30 Prozent. zulösen, indem ein Teil der nicht durch Artikel 52 ge- förderten Heime vom Land subventioniert wurde und Das sind zweitens die Heime, die nach Artikel 52 auch noch wird, und zwar im Bereich der Kapital- des Pflege-Versicherungsgesetzes gebaut worden dienstleistungen sowie Aufwendungen zur Miete und sind. Sie wurden zu 100 Prozent gefördert, das heißt, Pacht von Gebäuden sowie Anlagegütern. Dies ge- die Investitionen wurden zu 100 Prozent gefördert, schah allerdings nur bei den Heimen, die nach dem und zwar 80 Prozent aus Mitteln der Pflegeversiche- Landespflegeplan in den Bedarfsplan des Landes rung und 20 Prozent aus Mitteln des Landes, die sich aufgenommen wurden. Damit hatten wir am Ende aufteilen in direkte Zuschüsse des Landes und eine Situation, wo wir sozusagen zwei Arten von 10 Prozent im Kommunalen Finanzausgleich. Pflegeheimen hatten, nämlich die eine Art, die zu 100 Prozent subventioniert worden ist bezüglich Wir haben drittens Heime, die völlig ohne Investitions- der Investitionskosten, die im Landespflegeplan ent- hilfen des Landes gebaut worden sind. halten waren, und die, die zu 0 Prozent bei den In- vestitionskosten subventioniert waren, die außerhalb Die Regelungen nach Artikel 52 hatten zum Ziel, in des Landespflegeplans gebaut hatten. den jungen Ländern so schnell wie möglich eine Pflegelandschaft aufzubauen, die dem Niveau der Diese Praxis, nämlich einmal 100 Prozent subventio- Altländer entsprach. Dass das notwendig war, kann niert, einmal 0 Prozent subventioniert, wurde durch sich jeder nachdrücklich ins Gedächtnis rufen. Die ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Juni Pflegeinfrastruktur der DDR, das waren die so ge- 2001 verworfen und als nicht rechtens angesehen. nannten Feierabende, waren in einem erbärmlichen Deshalb musste die Landesregierung handeln. Eine Zustand. Wenn Sie nicht gerade die Heime ange- zusätzliche Subventionierung der Heime, die nicht im schaut haben, die durch Limex durch Westmark ge- Landespflegeplan ausgewiesen sind, würde eine sponsert worden sind. Das betraf, wenn Sie die Ein- Mehrbelastung von ca. 11 bis 13 Mio. EHGHXWHQ richtungen anschauen, die sanitären Anlagen, das be- Dies ist angesichts der Finanzlage des Landes traf die Unterbringung in mehrfach belegten Zim- schlechterdings nicht möglich. Außerdem, das muss mern, das betraf insgesamt die Pflegestandards. man bedenken, würden die Heime nach Artikel 52 Die Artikel-52-Heime waren insoweit ein Segen für langsam in Sanierungsinvestitionen hineinwachsen, unsere Pflegeinfrastruktur. das heißt, auch dort wären Investitionen fällig. Wir haben mittlerweile schon Heime, die fast zehn Jahre (Beifall bei der CDU) alt sind. Auch diese müssten konsequenterweise dann wiederum subventioniert werden. Wir müssen Durch die 100-prozentige Förderung wurde ein In- also weitere Subventionen in den nächsten zehn vestitionsanreiz geschaffen, der sehr schnell An- Jahren von jährlich sich aufbauenden zusätzlichen schluss an westdeutsches Niveau erzielt hat, in 36 Mio. HUwarten. Das hieße langfristig, wir hätten manchen Bereichen - behaupte ich sogar - ein bes- jährlich 60 Mio.  ]X OHLVWHQ 6LH ZHUGHQ DOOH selbst- seres Niveau. Diese positive Wirkung des Gesetzes, verständlich einsehen können, dass das weder leist- die wir natürlich nicht hoch genug einschätzen kön- bar noch verantwortbar ist. Wenn man noch berück- nen, hatte auch eine Kehrseite, nämlich, die Träger sichtigt, dass wir zusätzlichen Pflegebedarf in der der Heime hatten keine Investitionskosten und damit Zukunft erwarten müssen, dann hätten wir eine nach Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1407 oben offene Kostenspirale. Wir haben daher auch Gerichte solche Pflegeeinrichtungen, die nicht in die schon in der letzten Legislaturperiode mehrere Mo- Pflegeplanung aufgenommen worden sind, in unzu- delle des Subventionsabbaus diskutiert. Zuletzt ist lässiger Weise. Ich hatte vorhin bereits ausführlich die Frage aufgeworfen worden, ob es möglich ist, dazu Stellung bezogen. einen Solidarausgleich zwischen Heimbewohnern mit niedriger Mietbelastung und den Heimbewohnern Für den Bereich der häuslichen Pflege bleiben wei- mit hoher Mietbelastung zu regeln. Die Landes- terhin die Landkreise und kreisfreien Städte verant- regierung hat daher in der Kabinettssitzung vom wortlich. Sie haben, wie bisher auch, zu gewährleis- 09.09.2003 beschlossen, den bereits vorgelegten ten, dass ein leistungsfähiges Angebot an häuslicher Referentenentwurf zu einem solchen Gesetz zurück- Pflege zur Verfügung steht. Wie Sie wissen, wird die zuziehen, um noch einmal verschiedene Solidaraus- notwendige Pflege und Betreuung überwiegend von gleichsmodelle zu erörtern. Die Prüfung dieser Frage den Angehörigen im häuslichen Bereich erbracht. Die hat nun Folgendes ergeben: Ich verweise hier auf Angehörigen werden von zurzeit 375 ambulanten eine Stellungnahme unter anderem des Justizminis- Pflegediensten unterstützt, die von den Pflegekassen teriums, das darauf verweise, dass die Pflegeheime zugelassen sind. Alle zugelassenen Pflegedienste gemäß Pflege-Versicherungsgesetz als selbständig sollen nach den Vorstellungen der Landesregierung wirtschaftende Einrichtungen auf dem Pflegemarkt künftig förderfähig sein. Eine Begrenzung der För- im Wettbewerb stehen. Es würde ein Eingriff in die- derung auf Pflegedienste, die als bedarfsgerechte sen Wettbewerb bedeuten, wenn Bewohner von im örtlichen Pflegeplan aufgenommen sind, wird es Heimen mit geringen Investitionskosten durch einen nunmehr nicht mehr geben. Die Einschränkung über finanziellen Beitrag belastet würden, um Bewohner, die Förderung soll in der Verantwortung der Land- die in teuren Heimen wohnen, zu entlasten. Also kreise und kreisfreien Städte stehen. Landesrecht- rechtlich bestand für dieses Modell keine Möglichkeit. liche Vorgaben zur Planung und Förderung ambulan- Ein solcher Solidarausgleich wäre nur zulässig als ter Pflegedienste sieht der Gesetzentwurf nunmehr eine Sonderausgabe, die innerhalb einer, und jetzt nicht vor. nenne ich das juristische Wort, homogenen Gruppe erhoben werden. Das heißt also, ich muss eine ho- Zur stationären Pflege: Die Verantwortung für die mogene Gruppe haben, die zu einem Beitrag heran- Planung und Förderung der Pflegeheime, aber auch gezogen wird, und es muss dieser gesamten homo- der Kurzzeit- und Tagespflegeeinrichtungen, obliegt genen Gruppe auch wieder zugute kommen. Das wie bisher dem Land. Pflegekassen haben mit 224 ist bei dem vorgesehenen Solidarmodell natürlich Pflegeheimen einschließlich Kurzzeitpflegeeinrich- nicht organisierbar, denn die erste Gruppe in den tungen, die über etwa 18.400 Plätze verfügen, Ver- subventionierten Heimen würde die zweite Gruppe sorgungsverträge nach dem Elften Buch des Sozial- in den nicht subventionierten Heimen finanzieren und gesetzbuchs abgeschlossen. Davon wurden bisher hätte insgesamt in der homogenen Gruppe keinen etwa 15.000 Plätze durch das Land gefördert. Die Vorteil. etwa 3.400 Bewohner der übrigen 40 nicht geförder- ten Heime müssen die notwendigen Investitions- Deshalb legt die Landesregierung einen Gesetz- kosten zurzeit auch selbst tragen. Genauso, wie ich entwurf heute vor mit dem Ziel, den notwendigen es bereits für den Bereich der häuslichen Pflege dar- Subventionsabbau sozialverträglich zu gestalten. Das gestellt habe, wird künftig auch die Förderung der bedeutet konkret, den Heimbewohnern wird der Heime nicht mehr davon abhängig sein, ob ein Heim Übergang zu den neuen Ausführungsbestimmungen als bedarfsgerecht in die Pflegeplanung aufgenom- zum Pflege-Versicherungsgesetz durch eine Über- men wurde oder auch nicht. Damit haben grund- gangsregelung erleichtert. Diese stellt sicher, dass die sätzlich alle von den Pflegekassen zugelassenen Heimbewohner nicht von einem auf den anderen Tag Heime die Möglichkeit, für Sanierungs- oder Neu- deutlich höhere Heimkosten zu finanzieren haben. baumaßnahmen öffentliche Fördermittel zu erhal- ten. Gleiches gilt für die Einrichtungen der Tages- Ich möchte auf einige Einzelheiten im Gesetz zu und Nachtpflege, und ich denke, ich brauche hier sprechen kommen. Ziel des Gesetzentwurfs bestand nicht zu ergänzen, dass das immer nur nach Maß- natürlich darin, das Landesrecht an die aktuelle gabe des Haushalts möglich ist. Rechtsprechung anzupassen. Ich verwies gerade auf das Urteil des Bundessozialgerichtshofs. Diese (Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Da ha- Rechtsprechung hat betont, dass die Pflegeeinrich- ben Sie aber auch 4 Mio. JHNU]W tungen im Wettbewerb zueinander stehen. Daher ist es nicht zulässig, nur bestimmte Pflegeeinrichtungen Als Konsequenz der Rechtsprechung des Bundes- als bedarfsgerecht in einen örtlichen Pflegeplan oder sozialgerichts hebt der Gesetzentwurf daher die be- in einen Landespflegeplan aufzunehmen und die stehenden Rechtsansprüche der stationären Pflege- öffentliche Förderung auf diese Einrichtungen zu einrichtungen auf die so genannte laufende Inves- beschränken. Das benachteiligt nach Auffassung der titionsförderung auf. Der bisherige Kapitaldienst, 1408 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Nutzungsentgelt und Pauschalförderung, soll nicht lastungen entstehen und wie diese nachgewiesenen fortgeführt werden. Sie belasten den Landeshaushalt Mehraufwendungen angemessen ausgeglichen wer- im Moment jährlich etwa mit 11 Mio.  $OV )ROJH den können. Der lange Zeitpunkt wurde gewählt, weil müssen die Bewohner auf den davon betroffenen erst dann mit einer vollständigen Neubelegung der Pflegeplätzen die notwendigen Investitionskosten in Pflegeheime zu rechnen ist. den umlagefähigen Kosten nach § 82 Abs. 3 SGB XI angemessen mittragen. Die künftigen finanziellen Meine Damen und Herren, das Sonderinvestitions- Mehrbelastungen für den einzelnen Heimbewohner programm nach Artikel 52 des Pflege-Versiche- hängen davon ab, in welchem Umfang seine Ein- rungsgesetzes, wonach bis zum Jahr 2006 über richtung zuvor aus öffentlichen Mitteln gefördert 10.000 Heime vollständig saniert oder neu gebaut wurde. Betroffen sind vor allem 4.800 Heimbewoh- sein werden, wird durch diese Gesetzesänderung ner, deren Einrichtungen zurzeit eine umfassende nicht beeinträchtigt. Das Volumen für dieses Pro- Kapitaldienst- oder Nutzungsentgeltförderung erhal- gramm beträgt insgesamt 664 Mio. ZRYRQGLH Pfle- ten. Für die Umlage wurde aber eine Übergangs- geversicherung allein 80 Prozent trägt und 20 Prozent regelung getroffen, wie ich bereits vorhin angeführt - das hatte ich vorhin bereits ausgeführt - auf Landes- habe. Diese Belastungen sind, so meinen wir, seite hälftig, aus direktem Landeszuschuss 10 Pro- keinem der heutigen Heimbewohner zumutbar. Sie zent und 10 Prozent aus dem Kommunalen Finanz- sind beim Einzug in das Heim von deutlich gerin- ausgleich, aufgebracht werden. Da auch diese Heime geren Heimkosten ausgegangen und haben daher bald mit Ersatzinvestitionsleistungen konfrontiert sind, entsprechende Dispositionen getroffen. Zugunsten wird der Abstand zwischen nach Artikel 42 geför- dieser Heimbewohner enthält § 4 der Gesetzesvor- derten Heimen und nicht geförderten Heimen zu- lage daher eine Besitzstandsregelung. Das bedeutet, künftig immer kleiner. dass die heutigen Heimbewohner vor erheblichen finanziellen Mehrbelastungen durch Ausgleichsbe- Meine sehr verehrten Damen und Herren, das vor- träge geschützt werden sollen. Künftige Bewohner gelegte Gesetz schafft eine Grundlage, um auch in der heute noch geförderten Heime müssen dagegen Zukunft eine Pflege zu gewährleisten, die den Grund- die nötigen Investitionsaufwendungen durch die Um- sätzen der Pflegequalität, gleichzeitig aber auch der lagen angemessen mittragen. Dasselbe galt übrigens wirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung in Thü- immer schon für Bewohner von Heimen, die noch ringen gerecht wird. Ich bitte Sie daher um Unter- nie öffentlich gefördert worden sind. stützung des vorgelegten Entwurfs. Vielen Dank.

Um im Wettbewerb der Pflegeeinrichtungen bestehen (Beifall bei der CDU) zu können, werden die nicht mehr geförderten Heime, so denken wir, alle Anstrengungen unter- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: nehmen, um ihre Investitionsaufwendungen sowie Pacht- und Mietbelastungen zu reduzieren. Sie wer- Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat den mit den Kreditgebern verhandeln, um die Dar- sich für die PDS-Fraktion Frau Abgeordnete Thier- lehensbelastung zeitlich zu strecken und so die bach zu Wort gemeldet. monatlichen Darlehensbelastungen zu verringern. Außerdem stehen teilweise hinter dem Verpächter Abgeordnete Thierbach, PDS: eines Heimes auf der einen Seite und der Träger- gesellschaft der Pächter auf der anderen Seite die- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir be- selben natürlichen Personen und auch das eröffnet finden uns in der ersten Lesung zu einem Gesetz- Verhandlungsspielräume. In welchem Umfang sich entwurf, der da heißt "Erstes Gesetz zur Änderung also die Investitonsbelastungen für die neu in die des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Pflege- betreffenden Heime einziehenden Bewohner lang- Versicherungsgesetzes". Die eben gehörte Rede fristig erhöhen werden, lässt sich gegenwärtig nicht vom Minister war technokratisch, die war durch berechnen. Reicht das Renteneinkommen eines finanzwirtschaftliche Akzente geprägt, sie ist aber Pflegebedürftigen nicht aus, um die höheren Heim- nicht davon ausgegangen, dass ca. 20.000 zu Pfle- kosten zu tragen, und kann auch kein nennenswertes gende in Heimen leben, ca. 60.000 in der ambulanten Vermögen eingesetzt werden, so besteht für die Pflege, und genau um diese Menschen geht es und Betroffenen ein Rechtsanspruch auf Hilfe zur Pflege nicht um die Einsparung von 60 Mio.  GLH LUJHQG nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Jeden- wann jährlich vielleicht auf das Land zukommen und falls muss kein Pflegebedürftiger aus rein finan- gegenwärtig um 5,6 Mio. ZRYRQ Mio. MD schon ziellen Gründen auf den erforderlichen Heimaufent- gekürzt wurden. Der Ansatz für das Einführen eines halt verzichten. solchen Gesetzes ist einfach unterschiedlich bei PDS-Fraktion und Landesregierung. Genau darin be- Durch eine Revisionsklausel wird zum 31.12.2009 steht auch das Problem, das ich bereits in der ersten überprüft, inwieweit Kommunen dadurch Mehrbe- Lesung begründen möchte, warum wir noch nicht mal Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1409 für eine Ausschussüberweisung dieses Gesetzent- zum 01.07. gestrichen. Oder aber Sie haben als wurfs sind. Fraktion ein Problem, wenn Sie diesen Gesetzentwurf jetzt doch durchgehen lassen wollen, meine Damen (Zwischenruf Abg. Schröter, CDU: Das und Herren und Kollegen aus der CDU-Fraktion, kritisieren Sie doch sonst immer.) dass Sie jetzt etwas tun, was Sie den Menschen in vielen Veranstaltungen auch in Heimen versprochen Das passiert mir in meiner 14-jährigen Landtags- hatten, nicht zu tun. Das ist ein Problem. zugehörigkeit das erste Mal und ich will Ihnen auch begründen warum. Herr Minister selbst hat erwähnt, (Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Es gibt dass es schon zwei Versuche gab, diesen Gesetz- auch ein Gerichtsurteil jetzt.) entwurf mit diesem Duktus, nicht mit demselben Wortlaut, in den Landtag einzubringen, aber zu der Herr Seela, genau an Sie habe ich gedacht: Hut ab, Zeit gab es Ablehnung durch Träger, Ablehnung wie Sie sich in Jena gegen die ersten zwei Gesetz- durch Heimbeiräte, Ablehnung durch die Liga der entwürfe verhalten haben. Aber worin besteht denn Freien Wohlfahrtspflege, Ablehnung durch die pri- die Änderung Ihrer Meinung und jetzt Ihres Einwurfs? vaten Berufsverbände, Ablehnung durch CDU-Abge- Jetzt folgen Sie den fiskalischen Gründen und nicht ordnete und Ablehnung durch SPD und PDS - und mehr den humanen Betreuungen in einem Pflege- das Ganze war vor Wahlen. Es gab einen in der heim. Das ist Ihr Problem jetzt. CDU, der war konsequent, das war der ehemalige Staatssekretär. Er hat seinem Produkt, das ich zwar (Beifall bei der PDS) ablehne, geglaubt und hat den Hut genommen. Der war konsequent zu seinem Gesetzentwurf. Die jetzi- Es wird konkret bedeuten, dass in 56 Einrichtungen - ge Regierung ist, obwohl sie keine andere ist, nämlich also Pflegeheimen - mit 4.700 Bewohnern - Pflege- eine CDU-Regierung, nicht konsequent im Verhältnis bedürftigen - diesen Plätzen zukünftig die Finanzie- zu ihrem Verhalten, warum ein Staatssekretär schon rung entzogen wird. Das bedeutet, wer nach dem mal gegangen ist. Derjenige, der den Gesetzentwurf 01.07. auf einen dieser 4.700 Plätze oder in eine vorgelegt hat, der hätte auch schon wieder gehen der 56 Einrichtungen einzieht, wird im Monat 300 müssen, weil er nämlich dem Inhalt nach etwas tut, bis 450  ]XVlW]OLFK ]XU 'LIIHUHQ] GHU .RVWHQ GLH was durch die Landesregierung eingesehen war, schon durch die gedeckelte Pflegeversicherung ..., dass es falsch war. bezahlen, zusätzlich zu den Unterbringungskosten oder was oft als Heimkosten genannt ist. Herr Mi- Nun möchte ich Ihnen auch direkt in Ihrem Gesetz- nister, da hat niemand mietfrei gewohnt, auch nicht in entwurf nachweisen, was nämlich nicht klappt. Natür- Artikel-52-Heimen, denn die Unterbringungskosten lich ist der Ausgangspunkt das Pflege-Versicherungs- sind etwas anderes als die 2,56  GLHIUGHQ,Q gesetz oder wie es andere SGB XI benennen. Was vestitionszuschuss zu zahlen waren. Darin hatten Sie ist in dem Gesetz alles nicht beachtet? Einmal ist auch noch einen Fehler, denn die Miete setzte sich nämlich nicht beachtet, dass durch die Deckelung der aus etwas ganz anderem zusammen, und zwar Leistungen, die der zu Pflegende aus der Pflegever- durch die Normalbetriebskosten und die tatsächlich sicherung erhält, keine bedarfsgerechte Finanzie- umlegbaren Kosten. Deswegen hießen sie standard- rung der Leistungen durch das Solidarprinzip in der gemäß Hotelkosten, weil nämlich jeder Bürger wohnt, Pflegeversicherung erreicht wird. Dadurch kommt auch der Pflegebedürftige. schon der erste Kostenfaktor für diejenigen, die in den Heimen leben, zustande, und seit 1996 hat sich Wir haben ein weiteres Problem, das ist die Un- dieses im SGB XI nicht verändert. Es ist aber auch gleichbehandlung nicht des Betons, nicht der Häuser, ein Weiteres nicht beachtet worden, und zwar die nicht der Träger, sondern jetzt zementieren Sie eine demographische Entwicklung. Die ist nicht im Bun- Ungleichbehandlung von zu Pflegenden. Sie machen desgesetz beachtet worden und die ist auch nicht in einem Heim für die gleiche Leistung bei zwei Men- beachtet worden im Land Thüringen, nicht in den schen eine Ungleichbehandlung mit diesem Gesetz- vorhergehenden Versuchen und auch nicht in diesem entwurf auf. Wir glauben, dass dies ein neues juris- Gesetzentwurf. Sie haben Ihr Vorhaben, dass dieses tisches Problem werden wird. Gesetz um jeden Preis durchgehen muss, als CDU- Regierung mit der CDU-Mehrheit eigentlich mit dem (Beifall Abg. Leukefeld, PDS) Haushalt schon beschlossen. Sie haben bereits die Mittel für den Kapitaldienst und die Nutzungsentgelte Es ist traurig, dass eine Landesregierung eine Gleich- gestrichen. Deswegen haben Sie jetzt entweder eine behandlung von zu Pflegenden am Ende über Ju- souveräne CDU-Fraktion, die tatsächlich ihre Auf- risterei bewiesen bekommt. Es müsste im Denken fassung aus der letzten Legislatur wieder aufleben der Landesregierung sein, dass sie jeden zu Pflegen- lässt und sagt, wir wollen so eine Art Gesetz nicht - den gleich behandelt. dann haben Sie ein Haushaltsproblem, war ja schon 1410 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Es gibt einen weiteren großen Grund, warum wir Die Rolle des Landespflegeausschusses in Bezug sagen, dieser Gesetzentwurf sollte von der Landes- auf die Landespflegeplanung ist nach meiner und regierung zurückgezogen werden, nämlich der offen- der Auffassung meiner Fraktion äußert nebulös, was sichtliche Widerspruch zu § 9 des Sozialgesetz- Sie dort geregelt haben im Gesetzentwurf. Es macht buchs XI direkt. Dort ist geregelt, dass das Land den Eindruck, als wenn Sie verschleiern wollen, dass für die Investitionen zuständig ist. Dort steht nicht, Sie gar keine Planung mehr machen wollen. Was "das kann ich mir aussuchen". Dort steht auch nicht, wollen Sie denn, wenn Sie keinen Landespflegeplan dass es den Kommunen in einer Soll-Leistung Auf- machen, was soll denn dann dieses Gremium. Das gaben zudiktiert und sich selbst aus der Verpflich- Gremium sagt dann zusätzlich "man müsste, man tung nimmt, wie Sie ja nachgewiesen haben anhand könnte, man sollte ..." Regelungskompetenz, Ihrer Kostenberechnung, dass es zukünftig pro Jahr Empfehlungskompetenz hat es keines mehr. Des- 60 Mio. 0HKUEHGDUIJlEH,FKIUDJH6LHQRFK mal: wegen, auch an dieser Stelle wäre einiges besser Wollen Sie diese 60 Mio. 0HKUEHGDUIGDQQXP möglich. legen auf Pflegeheimbewohner, denn wer soll es denn bezahlen? Wer soll denn derjenige sein, der Zu § 4 - Förderung der ambulanten Pflegeeinrich- das Geld hat? Und wenn wir jetzt die Umlage von tungen: Der bisher anerkannte Grundsatz "ambulante 5,6 Mio.  GLH LQ .DSLWDO XQG 1XW]XQJVHQWJHOWHQ Pflege vor stationärer Pflege" wird durch die Aufhe- stand, ausmachen, 11 - 17  SUR 7DJ ZDV kommt bung des Rechtsanspruchs der ambulanten Pflege- dann heraus, wenn ich 60 Mio. XPOHJHEHUDOOH dienste auf Förderung infrage gestellt, vehement. Die Heime. Ich glaube, dann bekommen wir den guten Pflegedienste, wo sollen die die Investitionskosten Qualitätsvorsprung, den wir jetzt im Lande Thüringen hernehmen? Wir haben doch jetzt schon die Pro- tatsächlich in der Pflegelandschaft haben, der wird bleme, dass sie für die tatsächliche Ersetzung ihrer dann über das Geld regiert. Der wird ganz anders Mittel, die sie für die ambulante Pflege brauchen, geregelt, weil es sich nämlich niemand mehr leisten gar nicht wissen, wo sie sie hernehmen. Wie will ich kann. Die Renten sind nicht in dem Maße wachsend, in der Fläche ohne Auto Pflege ambulant leisten? Wie wie die Pflege teuer wird. Am Ende diktieren Sie es will ich in einem Flächenkreis als privater kleiner den Kommunen, denn das ist richtig, in der Interpre- Pflegedienstanbieter - woher denn? Sie wollen nichts tation des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, fördern, Sie stellen es infrage und dann aber die Auf- dass man niemandem, egal, ob in einem geförder- gabe an denjenigen, der am Ende der Kette steht, ten oder in einem frei finanzierten Pflegeheim, der delegieren und dieses auch noch im Verhältnis zu dort wohnt, praktisch verweigern kann, dass, wenn denen, die überhaupt nicht wehrhaft sein können, er selber kein Vermögen mehr hat, dieses aus der weil sie nämlich pflegebedürftig sind. Das nenne ich Sozialhilfe zu bekommen. Das ist eine richtige Inter- auch unmoralisch. pretation. Nehmen Sie sich aber aus den Kosten für Invesitionen heraus, delegieren Sie genau diese (Beifall bei der PDS) Kosten, die dann in der Sozialhilfe wieder erscheinen, den Kommunen, und das ist das Unglaubwürdige Was am Ende Ihres Gesetzes auch als Ergebnis auch an diesem Gesetzentwurf. herauskommt, dass nämlich dieser von Ihnen so sehr favorisierte Wettbewerb im Pflegebereich, dieser (Beifall bei der PDS) Wettbewerb wird ein fiskalischer Wettbewerb, über das, was der zu Pflegende in der Lage ist aufzu- Ich möchte noch einige inhaltliche Aspekte dieses bringen oder die Familienangehörigen. Genau auch Gesetzentwurfs, warum man es auch nicht über- dieser Ansatz widerspricht vollständig dem Pflege- weisen sollte, zusätzlich benennen. Zu § 3, Pflege- Versicherungsgesetz SGB XI, weil dort geregelt ist, planung. Da scheint es auf den ersten Blick irgend- dass der Wettbewerb über die Qualität zu erfolgen wie in Ordnung zu sein, auch in Bezug auf die neue hat. Und die Qualität, die kann ich nicht kaufen, wenn Rechtsprechung. Aber schaut man sich dann tiefer ich die Investitionen bezahlen muss. Wir sollten dafür dieses Gesetz an, dann fehlt vollständig die demo- eintreten, für Qualitätsmanagement, dass die Quali- graphische Entwicklung in Thüringen, dann bleiben tätskriterien, dass wir die Bedarfsdeckung genau an Sie auf dem Niveau der letzten Pflegeplanung hän- dieser Stelle überprüfen und dass damit die Pflege- gen, dann bleiben Sie auf dem Stand von 1998 und versicherung und auch das Thüringer Ausführungs- da habe ich jetzt nicht gesagt, der stationären Pflege- gesetz novelliert wird und nicht über das Geld die planung, sondern da habe ich gesagt, Ihr Gesetz gibt Qualität nivellieren. Das kommt am Ende heraus. keine Auskunft über eine neue Pflegeplanung im Diesen Prozess hatten wir bereits, nämlich dann die ambulanten, stationären, im teilstationären Bereich. bestimmte physiotherapeutische Leistung, die die Sie wollen gar keine Planung mehr in diesem Be- Pflegeversicherung nicht bezahlt, nämlich der Träger reich. Das sagt es aus, was Sie vorhin hier dargestellt entweder vorhält und damit auf die Inanspruchnah- haben. me durch den zu Pflegenden überträgt oder diese Angebote zur ganz normalen Mobilitätshilfe, zum Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1411 ganz normalen Mobilitätstraining, die Ergotherapie gen, die die Arbeit vor Ort machen, meine Damen fliegt weg. Genau das wäre dann aber der Quali- und Herren der Landesregierung, ziehen Sie den Ge- tätsstandard, den wir nicht wollen, weil damit nämlich setzentwurf zurück. Setzen Sie sich mit den mehr- ältere Menschen schneller demobilisiert werden, fach angebotenen, durch die Liga der Freien Wohl- anstatt dass ihre Fähigkeiten weiter ausgebaut wer- fahrtsverbände angebotenen Runden hin und erar- den. Das machen Sie über Ihren Wettbewerb des beiten Sie einen neuen Gesetzentwurf für den tat- Geldes. sächlichen Novellierungsbedarf neu und dann kön- nen wir auch im Ausschuss darüber diskutieren. Ich möchte am Ende Ihnen auch noch einiges mit Danke. auf den Weg geben. Ich habe angedeutet, dass der § 9 Pflege-Versicherungsgesetz die Investitionsförde- (Beifall bei der PDS) rung von den Ländern verlangt und dass der vor- liegende Gesetzentwurf dies nicht beachtet. Darüber Vizepräsidentin Dr. Klaubert: könnte man im Ausschuss reden. Ich habe Ihnen aber angekündigt, dass ich meiner Fraktion nicht Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete empfehle, diesen an den Ausschuss zu überweisen. Künast zu Wort gemeldet. Warum nicht? Die schriftlichen Stellungnahmen zum Referentenentwurf - also bevor dieser Gesetz- Abgeordnete Künast, SPD: entwurf in den Landtag kam - will ich gar nicht kriti- sieren, dass sie wieder in einem viel zu engen Zeit- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in den korridor abverlangt wurden, da will ich auch nicht kri- letzten Monaten ist die demographische Entwicklung tisieren, dass der Erörterungstermin genau drei Tage in Thüringen und deren Folge, unsere alternde Ge- danach lag, ich will also gar nicht den Umgang mit sellschaft, in den Blickpunkt der öffentlichen Debatte denen, die die Fachkenntnis haben, kritisieren, son- geraten. Diese Diskussion ist in Thüringen sehr stark dern ich möchte Ihnen sagen, dass der Gesetzent- mit dem Jenaer Professor Peter Sedlacek verbunden, wurf und der Referentenentwurf sich überhaupt nicht dessen Thesen man sicherlich nicht in allen Punkten unterscheiden, aber der Referentenentwurf bereits folgen muss, aber zwei Dinge sind eindeutig. Erstens, abgelehnt wurde von der AWO, der Caritas, dem der Anteil alter Menschen in Thüringen im Verhältnis Paritätischen Wohlfahrtsverband in Thüringen, dem zu denen im Erwerbsleben oder noch nicht im Deutschen Roten Kreuz, der Diakonie. Welche gro- Erwerbsleben stehenden Thüringer wird erheblich ßen Träger, die für die Landesregierung als Auf- zunehmen. Zweitens, die zum Glück weiter steigen- gabenträger erscheinen, gibt es denn noch? Denn de Lebenserwartung geht einher mit einem zuneh- auch der Verband Privater Sozialer Dienste e.V. hat menden ambulanten und stationären Pflege- und schon den Referentenentwurf abgelehnt. Sie versu- Betreuungsaufwand. Wir alle wissen spätestens seit chen also mit der CDU-Fraktionsmehrheit einen dieser Diskussion, dass die Entwicklung für die näch- Gesetzentwurf durchzubringen, der rechtlich bedenk- sten Jahrzehnte zunächst unumkehrbar ist. Es wäre lich ist und der auch noch von denen, die die Leis- also nur logisch, wenn in diesem Hause und durch tungserbringer nach Pflege-Versicherungsgesetz So- diese Landesregierung Überlegungen angestellt wür- zialgesetzbuch XI sind, durchzupauken gegen deren den, wie dem sich schnell steigernden Bedarf an Willen. Warum kommen Sie nicht auf die Idee, die Pflege und Betreuung qualitativ und quantitativ ent- Angebote genau dieser Träger aufzunehmen und mit sprochen werden könnte. denen tatsächlich gemeinsam Lösungen für die Ent- wicklung der Pflegelandschaft im Lande Thüringen zu Meine Damen und Herren, es wird dabei um "mehr erarbeiten, die von den Trägern, von den Pflegever- und um besser" gehen. Die Landesregierung als Ver- tretern, praktisch auch den Heimbewohnern damit, fasser des Gesetzentwurfs aber will offenbar weniger von den Kassen, die tatsächlich dort akzeptiert wer- Förderung und schlechtere Betreuung und sie will den? Warum machen Sie es sich so schwer und heraus aus der Mitverantwortung für die Pflegever- gehen nicht in den Novellierungsbedarf bei der sicherung, meine Damen und Herren von der CDU, Pflegeversicherung, den es tatsächlich gibt, nämlich heraus aus der Mitverantwortung, für die die Länder im demographischen Bereich, in der Finanzierung der bei der Verabschiedung des Pflege-Versicherungs- ambulanten und stationären, in der Entwicklung neuer gesetzes im Bundesrat gestritten haben. Die Länder Wohnformen, in der Entwicklung ganz anderer Stru- wollten mitbestimmen, allen voran Bayern, und es kturen im ambulanten Bereich und machen das mit gehört nicht viel Phantasie dazu, um sich vorzustel- denen gemeinsam? Nein, Sie bringen in den Land- len, wie der Freistaat dann Bayern nacheiferte. Die tag einen Gesetzentwurf ein, der als Referenten- Länder wollten mitbestimmen über Art und Umfang entwurf schon abgelehnt wurde. Aus dem Grunde, des pflegerischen Angebots in ihren Regionen und da wir nach wie vor an die fachliche Kompetenz all sie sicherten zu, sich deshalb an der investiven För- derer, die ich jetzt hier auch aufgeführt habe, glauben, derung zu beteiligen. Übrigens, Herr Minister Zeh, so und ich davon überzeugt bin, denn die sind diejeni- viel investive Förderung hat das Land Thüringen noch 1412 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 nicht getan. Und auch beim Artikel 52, die 80 Pro- reicht, die Kommunen als Sozialhilfeträger zu be- zent kommen nicht aus den Pflegekassen, sondern lasten. das waren Bundesmittel und ich war froh, dass diese Mittel geflossen sind. (Beifall Abg. Taubert)

Nun scheint seit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs Weil Sie wissen, dass die Eigenmittel der Pflegebe- all das nicht mehr zu gelten. Nach Ihrem ersten ge- dürftigen oft nicht lange reichen, ist dieser Gesetz- scheiterten Entwurf, Frau Thierbach hat das vorhin entwurf gleichzeitig ein Gesetzwurf in der Tradition noch mal ausgiebig dargestellt, zur Veränderung des des vor wenigen Wochen verabschiedeten Landes- Thüringer Ausführungsgesetzes im Pflege-Versiche- haushalts. Erneut geht es darum, die Kommunen zu rungsgesetz vor der Wahl ging die Landesregierung belasten und allein zu lassen. Schließlich und endlich, von einem weiteren Bedarf von ca. 3.000 Pflege- meine Damen und Herren von der Landesregierung, plätzen aus. Dann warf ja der damalige Staatssekre- wird zum wiederholten Male dokumentiert, welchen tär die Flinte in das Korn, und nun - nach der Wahl - Vertrauensschutz auch die Träger der Einrichtungen scheinen die damaligen Bedarfe gar keine Rolle mehr bei Ihnen genießen. Wer im Vertrauen auf diese Lan- zu spielen. Stattdessen wird mit einem einzigen Satz desregierung als Träger eines Pflegeheims eine Fi- in der Drucksache 4/721 klargestellt, um was es näm- nanzierung bisher darauf aufgebaut hat, langfristig lich tatsächlich geht. Dort heißt es, ich erlaube mir eine entsprechende Kapitaldienst- oder Nutzungs- zu zitieren: "Gleichzeitig soll sichergestellt werden, entgeltförderung zu erhalten, für den endet dieses dass die Förderung des Landes besser an die Mög- Finanzierungskonzept am 01.07. dieses Jahres. lichkeiten des Landeshaushalts angepasst wird." Es Dann erhält er nur noch für die bisherigen Bewoh- geht also um Einsparung, um nichts anderes. ner einen Aufwendungszuschuss und kann zusehen, wie er die weitere Finanzierung absichert, nämlich Meine Damen und Herren, die Landesregierung und durch Umlegen auf die Pflegebedürftigen, die neu die tragende Partei verwechseln hier etwas in der hinzukommen. Wenn diese Landesregierung fair mit politischen Aufgabenstellung. Es ist nicht der Job den Trägern umgeht, dann müsste sie auch zukünftig einer Landesregierung, die Förderung eines offen- einen trägerbezogenen und nicht nur bewohnerbe- kundigen Bedarfs an die Möglichkeiten von Landes- zogenen Zuschuss geben. Und hier schließt sich der haushalten anzupassen. Nein, ich denke, es ist der Kreis, denn dem Träger wird nichts anderes übrig Job einer Landesregierung, innerhalb des Landes- bleiben, als die ihm aufgebürdeten finanziellen Ri- haushalts die Voraussetzungen dafür zu schaffen, siken auf die Bewohner und in vielen Fällen auch an dass eine bedarfsgerechte ambulante und statio- die Kommunen umzulegen. Der einzige Lichtblick, näre Pflege für alle Pflegebedürftigen in guter Qualität den ich sehe in dem Gesetzentwurf, ist die Revisions- angeboten wird. klausel. Das Hinausschieben des Revisionszeit- punkts allerdings auf den 31. Dezember 2009 be- (Beifall bei der SPD) deutet gleichzeitig, dass die Landesregierung inner- halb dieser Legislaturperiode sich auch dieser Ver- Nicht der Landeshaushalt, sondern die alten und antwortung entledigt: Nach der Wahl schauen wir pflegebedürftigen Menschen sind der Ausgangs- dann mal. Wenn Sie so weitermachen, dann laufen punkt. Sie Gefahr, in 2009 aber keinen örtlichen Träger der Sozialhilfe mehr zu haben. Einen derartig langfristigen Meine Damen und Herren, mit der Vorlage dieses Termin für die eventuelle Korrektur eines von der Gesetzentwurfs verabschiedet sich unserer Meinung Landesregierung jetzt mit Sicherheit verursachten nach die Landesregierung aus ihrer Verantwortung kommunalen Schadens zu setzen, das ist einfach für die pflegebedürftigen Menschen. Schauen Sie unverfroren. sich die Erläuterungen zu den Kosten des Gesetz- entwurfs an. Die lassen keinen anderen Schluss Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ab- mehr zu. Eines hätten Sie allerdings noch klarer schließend sagen: Der vorliegende Gesetzentwurf herausstellen sollen: Dieses Gesetz führt nicht nur belastet pflegebedürftige Menschen, er belastet deren zu einer Verringerung der bisher geleisteten Zu- Familien, er belastet die Kommunen und er stürzt die schüsse an die Träger der Pflegeeinrichtungen, nein, Träger in wirtschaftliche Risiken. Weil Politik für pfle- es führt vor allen Dingen zu einer zunehmenden Be- gebedürftige Menschen auch immer Familienpolitik lastung für pflegebedürftige Menschen in Thüringen. ist, ist dieser Gesetzentwurf auch familienfeindlich. Das ist der Kern des Gesetzes und ist das Gegenteil Ich hoffe deshalb, dass im Rahmen der weiteren Dis- davon, was Sie ansonsten in Sonntagsreden unter kussion in den Fachausschüssen - und ich schließe dem Begriff "Altern in Würde" einfordern. Mit diesen mich nicht an, dass das Gesetz heute beschlossen Gesetzentwürfen wird ein Beitrag dazu geleistet, oder nicht beschlossen werden soll, weil ich weiß, pflegebedürftige Menschen in Armut zu treiben, ihre dass die Mehrheit dieses Parlaments hier, wenn wir Ersparnisse aufzubrauchen und wenn dies alles nicht heute dieses Gesetz beschließen würden -, dieses Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1413 auch beschlossen würde. Darum hoffe ich, dass wir diese etwa 11 Mio.  GLH ZLU LQ GLHVHU Haushalts- es in den Ausschuss für Soziales, Familie und Ge- stelle stehen hatten, durch die Anzahl der Heimbe- sundheit geben, dass wir dort auch eine Anhörung, wohner, durch die Anzahl der Monate, dann kommen und zwar eine mündliche Anhörung, mit den Experten Sie auf einen durchschnittlichen Betrag von etwa haben und dass dann auch die CDU-Fraktion mit uns 190 QLFKWDXI RGHU ,QVRIHUQLVWHV un- gemeinsam noch Änderungen vorschlagen wird. redlich, wenn Sie meinen, Sie könnten die Menschen Denn wenn dieser Gesetzentwurf so realisiert wird, im Freistaat Thüringen mit so etwas verunsichern. dann ist dies eine weitere sozialpolitische Bankrott- erklärung der von der CDU getragenen Landesre- (Beifall bei der CDU) gierung. Ich befürchte, Frau Thierbach hat es schon gesagt, dass mit der Kürzung von 4 Mio. LP/DQ Wir haben mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der deshaushalt erst der Auftakt ist für das, was nach Landesregierung die Umsetzung des Punkts 6 des diesem Gesetzentwurf noch an Kürzungen kommen Entschließungsantrags zum Haushalt. Frau Thier- wird. Die Kolleginnen und Kollegen Sozialpolitiker bach, Sie haben darauf hingewiesen. Wir haben mit und Kommunalpolitiker in der CDU kann ich darum diesem Entschließungsantrag als CDU-Fraktion be- nur bitten, ihren Einfluss im Interesse der betroffenen reits deutlich gemacht, was wir wollen. Wir haben Menschen und der Kommunen dann auch mit geltend damals in diesem Entschließungsantrag - deswegen zu machen. Ich danke Ihnen. zitiere ich das auch noch mal - formuliert: "Wir wollen eine gleichberechtigte Finanzierung der Kapital- (Beifall bei der SPD) dienste und Nutzungsentgelte von Pflegeeinrichtun- gen, die vor 1994 gebaut bzw. saniert wurden, und Vizepräsidentin Dr. Klaubert: den frei finanzierten Heimen herstellen." Wir haben mit der Reduzierung der Mittel - da geht es nicht um Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete die Streichung der Mittel, sondern um die Reduzie- Panse zu Wort gemeldet. rung der Mittel - auch deutlich gemacht, wie wir uns dies vorstellen. Sie haben auch vorhin darauf hinge- Abgeordneter Panse, CDU: wiesen, es gab bereits Gesetzentwürfe. Diese ganze Geschichte hat natürlich einen längeren Hintergrund. Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Jetzt davor die Augen zu verschließen und zu sagen, sehr geehrte Frau Kollegin Thierbach, ich habe leider es ist alles ganz neu und ganz überraschend, ist na- von Ihnen hier keinerlei substanzielle Vorschläge türlich nicht dem Thema angemessen. Wir haben, als gehört, wie es anders gehen könnte. Sie haben hier wir damals diese Gesetzentwürfe miteinander disku- nur vorgetragen, wie es nach Ihrer Auffassung nicht tiert haben, festgestellt, dass es natürlich Dinge gibt, gehen soll. die wir an diesen Gesetzentwürfen anders fassen müssen. Wir haben - darauf ist der Minister eingegan- (Beifall bei der CDU) gen - infolgedessen ein Gutachten gehabt, ein Gut- achten, was uns aufgezeigt hat, wie die unterschied- Das ist natürlich etwas, darüber kann man zwar liche Finanzierung auch bei den Heimkosten erfolgen stundenlang streiten, aber das hat natürlich nichts kann, erfolgen sollte. Fakt ist aber - und das bleibt es mit substanzieller Politik zu tun, das hat auch nichts für uns -, es besteht eine Ungleichbehandlung, die wir damit zu tun, dass man bereit ist, Verantwortung zu beseitigen müssen. Darauf hat der Minister hinge- übernehmen, wenn man nur sagt, warum man etwas wiesen mit dem Urteil des Bundessozialgerichts. Die nicht möchte, stattdessen es aber verabsäumt, Alter- Ungleichbehandlung zwischen den frei finanzierten nativvorschläge zu unterbreiten. Heimen und den bis jetzt vom Land geförderten Heimen müssen wir beenden. Zu Recht beklagen die (Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, PDS: Wir Betreiber von frei finanzierten Heimen an dieser bewerten jetzt Ihr Gesetz.) Stelle eine Wettbewerbsverzerrung. Sie wissen ge- nauso gut wie wir, dass bei einem möglichen Rechts- Ich will Ihnen gleich zu Beginn noch ein Zweites streit das Land ausgesprochen schlecht aussehen sagen. Das hat so ein bisschen etwas damit zu tun, würde. Insofern sagen Sie doch dann bitte, wie Sie wie man Leute auch verunsichern kann. Wenn Sie stattdessen diese Ungleichbehandlung beseitigen sich hier vorn hinstellen und ein Szenario beschrei- wollen, und beschränken Sie sich nicht darauf, uns ben von Mehrkosten von 300 bis 450 ZLH6LHHV die Vorwürfe zu machen, wenn wir dieses Thema an- gesagt haben, haben Sie augenscheinlich entweder gehen. nicht richtig nachgerechnet oder Sie sind vielleicht der Auffassung gewesen, dass Übertreibung zwar die Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mir natür- Anschaulichkeit erhöht, aber eben natürlich dann lich im Vorfeld der heutigen Beratung mal ange- Ihrem Zweck, Ihren Mitteln dient. Rechnen Sie mal schaut, wie es die anderen neuen Bundesländer bitte nach, was wir derzeit an Förderungen bezahlen, machen. In anderen neuen Bundesländern gibt es 1414 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 teilweise andere Mehrheitszusammensetzungen, wo matisch durchaus auch ein richtiger Ansatz. So weit auch SPD oder PDS teilweise Regierungsverant- zur Förderung in den anderen neuen Bundesländern. wortung mit tragen. Dort tragen sie Verantwortung, da sind sie dieses Thema auch angegangen und Für mich ist - das sage ich auch ganz offen an haben sich mit diesem Thema auseinander gesetzt. dieser Stelle - überhaupt nicht erkennbar, welchen In Sachsen-Anhalt zum Beispiel hat man die vor dem Weg wohl die beiden Thüringer Oppositionsparteien In-Kraft-Treten des Sonderinvestitionsprogramms ge- wählen würden. Dem haben sie sich bis jetzt ver- bauten Heime nicht über die bis dahin bestehende schlossen, das haben sie uns noch nicht gesagt. Drittelförderung hinaus investitv gefördert. Das heißt Vielleicht verraten Sie es uns ja doch, wenn wir zur also, wir haben in Sachsen-Anhalt eine Situation ge- Beratung in den Ausschuss kommen; zumindest bei habt von Anfang an, die wir jetzt in Thüringen anstre- Ihnen, Frau Kühnast, habe ich gehört, dass Sie die- ben. Das ist der erste Punkt. sen Gesetzentwurf im Ausschuss mit uns diskutieren wollen. Bei den Kolleginnen und Kollegen von der Der zweite Punkt: Wenn Sie sich im Freistaat PDS bin ich gespannt, an welcher Stelle oder wann Sachsen die Situation anschauen, der Freistaat Sie uns ihre Lösungsmöglichkeiten verraten. Na- Sachsen hat eine besondere Lösung gewählt bei der türlich - das sage ich Ihnen ganz offen - hilft das Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms nach nichts, nach so einer Vogel-Strauß-Mentalität den Artikel 52 des Pflege-Versicherungsgesetzes. Dort Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: Das wird wurden nämlich die Projekte nur zu 80 Prozent statt schon alles irgendwie weitergehen und wir nehmen in wie in Thüringen mit 100 Prozent gefördert. Dies Kauf, dass wir 60 Mio.  YLHOOHLFKWPHKU investieren. hatte zur Folge, dass nämlich die Bewohner in den Wenn Sie das wollen, dann hätten Sie bei den Haus- Heimen dort in Sachsen schon wesentlich stärker haltsberatungen vor einigen Wochen ja Anträge durch die von ihnen zu zahlenden Investitionsbeträge dazu stellen müssen, aber auch dazu haben Sie belastet wurden als die Bewohner in den Heimen in keine Anträge gestellt. Sie haben diese Mehrbe- Thüringen. Die Heime, die vor dem Sonderinvesti- lastung, die Sie selber vorhin auch beschrieben tionsprogramm nach Artikel 52 gebaut wurden, er- haben, die auf das Land zukommen könnte, weder hielten im Freistaat Sachsen eine einmalige Beihilfe, damals beziffert noch durch einen Antrag untersetzt. mit der sie Baudarlehen so weit ablösen konnten, Insofern ist das nicht redlich jetzt zu sagen, wir sind dass die Restkosten aus diesen Darlehen die Heim- dafür, dass alles gleichmäßig gefördert wird, notfalls bewohner nicht stärker belasten als die Artikel-52- auch, indem es das Land 60 Mio. PHKUNRVWHW Sie Heime. Ich hatte es eben schon einmal gesagt, das wissen, was das bedeutet. liegt über dem, was wir in Thüringen haben. Ich habe das hier versucht zu erklären, dass da eine andere In einer Pressemitteilung, Frau Thierbach, sind Sie Finanzierungsvariante gewählt wurde. Die Förderung darauf eingegangen, was Ihnen insbesondere an zum Beispiel der Heime, die vor dem In-Kraft-Treten diesem Gesetzentwurf nicht gefällt. Sie haben die des Artikel-52-Gesetzes in Mecklenburg-Vorpom- Ungleichbehandlung von Heimbewohnern beklagt, mern gebaut wurden, die erfolgte in gleicher Weise die dadurch entsteht, dass wir für die jetzt in den wie in Thüringen. Aber bereits vor zwei Jahren wurde Heimen befindlichen Bewohner eine Besitzstands- dort der Kapitaldienst und die Nutzungsentgeltför- regelung eingeführt haben. Es ist eine Ungleichbe- derung abgeschafft, ohne eine Besitzstandswahrung, handlung, das sage ich ganz offen, aber eine Un- wie wir sie jetzt hier anstreben, dafür aber kompen- gleichbehandlung, die wir durch nichts lösen können, siert durch ein Pflegewohngeld, was wir auch vor denn diese Ungleichbehandlung haben Sie natürlich zwei Jahren hier schon einmal diskutiert haben, in auch zwischen den Bewohnern in den Artikel-52- Höhe von 200 PRQDWOLFKK|FKVWHQVDOV%HWUDJ Je- Heimen und in den frei finanzierten Heimen. Wir doch ist aber - wenn man sich das genauer an- haben diese Ungleichbehandlung jetzt auch in den schaut - dort eine Variante gewählt worden, die deut- Heimen, das ist aber gar kein Grund, den Menschen, lich verwaltungsaufwändiger ist und aus meiner Sicht die bis jetzt in diesen Heimen sind, diese Besitz- deswegen auch gar nicht geeignet sein kann, für uns standswahrung abzuerkennen und zu sagen, wir als Vorbild an dieser Stelle zu gelten. Aber auch wollen alles gleichmachen. Das wäre dann natür- Mecklenburg-Vorpommern - da, Frau Thierbach, lich ein Ansatz, wo man alle auch gleich behandelt tragen, glaube ich, Kolleginnen und Kollegen aus hat, der aber auch nichts mit sozial gerecht zu tun Ihrer Partei Verantwortung - ist dieses Problem an- hat, was Sie uns hier immer proklamieren. gegangen und hat sich diesem Problem gestellt und hat es nicht verdrängt. In Brandenburg im Übrigen, Zu dem, Frau Kühnast, was Sie gesagt haben - nein, der Vollzähligkeit halber, gibt es diesbezüglich gar die Kollegin Taubert war es, glaube ich - sie hat uns keine Landesförderung, auch kein Pflegewohngeld. in einer Pressemitteilung angekündigt, dass die SPD Für Hilfebedürftige tritt in Brandenburg der Sozial- Änderungsanträge dazu vorlegen wird. Ich bin ge- hilfeträger ein, also der Bedürftige wird dort geför- spannt, wenn wir das im Ausschuss diskutieren. Ich dert, der Hilfe bedarf. Ich glaube, das ist rechtssyste- setze aber auch darauf - das ist ja die aktuelle Mel- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1415 dung von heute -, dass der Bundeskanzler Schröder Sehr geehrte Damen und Herren, auch da habe ich angekündigt hat, er will die Reform der Pflegever- mir mal angeschaut, wie die anderen Bundesländer sicherung noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. mit diesen Planungsvoraussetzungen umgehen. Eini- Das hat er heute gerade erklärt, das ist zu begrüßen. ge Länder wie Baden-Württemberg, Hessen, Meck- Er hat dabei gesagt, er will die Leistungen für De- lenburg-Vorpommern verfügen über eine Pflegepla- menzkranke ausweiten. Er hat aber auch gesagt, nung in Form einer Rahmenplanung, aber im Frei- er möchte ambulant und stationär gleichstellen. Für staat Bayern - Sie hatten es, glaube ich, auch schon uns als CDU-Fraktion kann ich sagen, wir wollen am- angedeutet - ist keine Planung im Gesetz vorge- bulant stärken vor stationär. Wir werden also schrieben, sondern es erfolgt eine Analyse des Pfle- schauen, wenn die Reform der Pflegeversicherung gemarkts. Das ist aber auch in dem bayerischen in diesem Jahr auf den Weg kommt, wie weit sich da Gesetz nicht näher beschrieben. Gleichwohl wird unsere Positionen finden, aber ich finde es einen ver- es auch in Brandenburg praktiziert. Und in Bremen, nünftigen Ansatz, dass es augenscheinlich in diesem damit Sie auch ein Beispiel eines Stadtstaats mal Jahr noch geschehen soll. Ich hoffe, es bleibt nicht haben, erstellt die Senatsverwaltung lediglich einen nur bei der Ankündigung. Leitplan an dieser Stelle.

Sehr geehrte Damen und Herren, bedingt durch das Ein weiterer Punkt, sehr geehrte Damen und Herren, Urteil des Bundessozialgerichts müssen wir uns na- die Förderung von ambulanten Diensten: Die ist nach türlich auch mit der Frage der Planung auseinander dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nicht mehr setzen. Frau Thierbach, Sie sind darauf eingegan- explizit erwähnt. Sie hatten es kritisch angemerkt, gen. War es nämlich nach der alten Rechtslage so, Frau Thierbach. Wir haben aber als CDU-Fraktion dass nur über den Bedarf gesteuerte genehmigte auch bei den Beratungen in den vergangenen Wo- Einrichtungen in die Planung und daraus folgend in chen schon deutlich gemacht, dass wir die Kommu- den Investitionsplan aufgenommen werden durften, nen überall dort entlasten möchten, wo es nach un- müssen heute alle Einrichtungen Berücksichtigung serer Auffassung auch vertretbar ist. So steht in dem finden. Das hat Minister Zeh vorhin deutlich gemacht. Gesetzestext des § 2 zwar, dass die Kommunen für Aber er hatte auch, glaube ich, deutlich gemacht, die Vorhaltung der ambulanten Versorgungsstruktur dass eine genaue Landesplanung für die Zukunft verantwortlich sind, das heißt aber eben nicht im Um- heute nur schwer möglich ist. Es ist nämlich gar nicht kehrschluss, dass sie zwingend diesen Bereich för- so einfach zu beziffern, wie sich das in den Pflege- dern müssen. Denn Sie wissen selber, wenn Sie ein heimen entwickeln wird. Wir haben zwar die perspek- Stückchen durchs Land fahren, es gibt gut funktio- tivische demographische Entwicklung, das wissen wir nierende Strukturen, wo diese zwingende Förderung schon, aber wir können nicht das Verhalten der gar nicht notwendig ist. Wenn wir denen vorschrei- Pflegebedürftigen einschätzen. Wir können nicht ein- ben, dann in diesem Umfang weiter zu fördern, egal, schätzen, ob sie in ein Heim gehen oder ob sie ambu- ob diese investiven Förderungen im ambulanten Be- lante Dienste in Anspruch nehmen. Das wird auch reich dann notwendig sind oder nicht, ich glaube, tun sehr davon abhängen, wie wir unsere Förderung ge- wir sowohl der Finanzsituation im Freistaat Thüringen stalten, und es hängt eben nicht nur allein vom Grad als auch in den Kommunen nichts Gutes, zumal sich der Pflegebedürftigkeit ab. Die Kosten der Heimunter- auch keine wirklichen Verbesserungen mehr für die bringung, das Angehörigenverhalten, gerade auch Pflegebedürftigen dann erreichen lassen. unter dem Aspekt von Hartz IV, aber auch das soziale Umfeld stellen an dieser Stelle soziale Faktoren dar, Insofern, und auch das haben wir bei den Gesprä- die nur schwer einschätzbar sind für uns. chen im Vorfeld gehört, hören wir auf Signale aus Thüringer Regionen, wo gesagt wird, es funktioniert Weil Sie die Pflegeplanung für die Zukunft ange- ganz gut. Es gibt nicht geförderte ambulante Pflege- sprochen haben: Ja, im vorliegenden Gesetzentwurf dienste, die sehr gut arbeiten. Von den 375, die wir in steht zwar in § 2, dass sowohl die Kommunen als Thüringen haben, ist es nämlich mitnichten so, dass auch das Land eine Planung erstellen, aber die Form die nur dadurch gut arbeiten können, dass sie ge- und die Inhalte der Planung werden nicht weiter in fördert wurden, investiv gefördert wurden. diesem § 2 bestimmt. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Planung mehr geben kann oder geben wird; Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben im Rah- das bedeutet nur, dass natürlich sowohl regional als men der Beratung des Gesetzentwurfs sicherlich vor auch überregional eine Planung vorgenommen wer- uns die Aufgabe, diesen Gesetzentwurf in den Aus- den kann. Wenn es da nämlich notwendig ist und schüssen intensiv zu beraten. Ich möchte zuvor aber wenn es da zielgerichtete Pläne gibt, die helfen noch zwei Punkte ganz kurz ansprechen, weil die können, kann die erstellt werden und das finden wir uns in der Erstellung oder in dem jetzt vorliegenden natürlich richtig und vernünftig. Gesetzestext schon wichtig waren. 1416 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Das eine hatte ich vorhin gesagt, die Besitzstands- (Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Aber wahrung für die Heimbewohner, und zum Zweiten ist Sie müssen auch die bezahlen, die die es die Revisionsklausel, die erst zu einem sehr spä- Arbeit leisten.) ten Zeitpunkt greift, Frau Künast. Aber für diese Revisionsklausel brauchen wir verlässliche Zahlen. hier unterstellen, kann ich in dieser Form nicht so Wir müssen auch wissen, wie sich das entwickelt hat. bestätigen. Wenn Sie Erfahrung aus Ihrer Arbeit Wir können nicht schreiben, Ende dieses Jahres kor- vormals als Sozialdezernentin in dieser Frage ha- rigieren wir das und erstatten Aufwendungen, die zu ben, sollten Sie das gegebenenfalls dann auch vor diesem Zeitpunkt gar nicht zu beziffern sind. Insofern Ort mit den betreffenden Pflegediensten klären. Vie- werden wir sehr genau bei den Ausschussberatun- len Dank. gen auch schauen, wie wir mit dieser Revisions- klausel dann umgehen können. (Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Herr Abgeordneter Panse, gestatten Sie die Zwi- Frau Abgeordnete Thierbach, Sie kündigen eine schenfrage von Frau Abgeordneter Taubert? weitere Redemeldung an, ja? Bitte schön.

Abgeordneter Panse, CDU: Abgeordnete Thierbach, PDS:

Ich möchte erst den einen Satz zu Ende bringen und Meine Damen und Herren, ich bleibe dem Ansatz dann können wir uns gern darüber austauschen. der Fraktion der PDS treu. Ich werde Ihnen immer wieder sagen, warum wir heute nicht eine Verab- Namens meiner Fraktion möchte ich zum Schluss schiedung des Gesetzes wollen, sondern die Lan- die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend desregierung auffordern wollen, diesen Gesetzent- an den Ausschuss für Soziales, Familie und Ge- wurf zurückzuziehen, um ihrer eigenen Fraktion sundheit und mitberatend an den Haushalts- und nichts anzutun und zum anderen Finanzausschuss und an den Innenausschuss be- antragen. Vielen Dank. (Beifall bei der PDS)

Jetzt Frau Kollegin. einen neuen öffentlichen Diskussionsprozess zu eröffnen. Denn die Nöte, die einige Kolleginnen und (Beifall bei der CDU) Kollegen aus der CDU-Fraktion mit diesem Gesetz- entwurf haben, sind doch auch bei mir angekommen Abgeordnete Taubert, SPD: und das ist auch die Chance, die ich sehe,

Herr Panse, nur eine Frage: Stimmen Sie mir zu, (Unruhe bei der CDU) dass die Ausführungen, die Sie jetzt über die ambu- lanten Pflegedienste taten, dass die Pflegedienste, dass vieles noch geändert wird. Nun möchte ich die auch heute schon ohne zusätzliche Förderung auf einige Fragen von Herrn Panse eingehen. Herr auskommen, die wirtschaftlich auch teilweise gut da- Panse hat behauptet, ich hätte keine substanziellen stehen und die in aller Regel private Pflegedienste Vorschläge gemacht. Erster Satz, nachzulesen im sind, dass die ihre, also diese Subvention ist es ja Protokoll, und nun kommen die weiteren, die habe momentan von den Kreisen, aus den Personalkosten ich nämlich schon benannt. refinanzieren, sprich, dass sie einfach niedrigere Ge- hälter zahlen gegenüber anderen, die nach Tarif be- Erstens: Novellierung des Pflege-Versicherungsge- zahlen? setzes SGB XI, Leistungsdynamisierung, denn Leis- tung und Pflegestufe entsprechen nicht der tatsäch- Abgeordneter Panse, CDU: lichen Kostenanalyse, die heute besteht. Jede Tarifer- höhung bezahlen zu Pflegende. Das gilt seit 1995. Das weiß ich nicht, kann ich auch nicht so bestäti- gen. Es wäre auch nur Unterstellung, wenn Sie das Zweitens: Der Leistungskatalog, auf den die Bewer- pauschal diesen Pflegediensten im Freistaat unter- tungen der Gelder, die jeder Pflegedienst für jede stellen. Ich kann nur sagen, die leisten eine gute Leistung erhält, ist nicht nur zu novellieren, sondern Arbeit, und das im Interesse der Pflegebedürftigen der ist sogar so zu überarbeiten, dass die Leistungen und der Angehörigen. Insofern kann man denen den tatsächlichen Qualitätskriterien, die sich später danken, aber das, was Sie entwickelt haben und die heute auf einem hohen Standard sind, wieder entsprechen. Dazu wäre es notwendig, dass vollkommen neue Verhandlungen Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1417

über den Leistungskatalog mit den Krankenkassen Abgeordnete Thierbach, PDS: geführt werden. Wer ist die Fachaufsicht an dieser Stelle hier im Lande Thüringen? Das Ministerium. Sie haben wieder ein Problem des Hörens, ich habe angefangen mit dem Problem des Bundesrechts und Drittens - das Pflegebudget: Die Modellversuche des als Zweites den landesspezifischen, heute sich schon Pflegebudgets, wer hat sich im Lande Thüringen bis- befindenden Regelungen. Und jetzt komme ich zu her mit diesen Modellversuchen beschäftigt? Wie Mecklenburg-Vorpommern, weil Sie ja eigentlich da- ist die Tatsache der Höhe der unterschiedlichen rauf abzielen. Pflegestufe beim Pflegebudget? Wie wird dieser Vorteil im Leistungskatalog, der mit dem Lande zu Es ist doch ganz einfach. Wenn Sie tatsächlich die vereinbaren ist, von den Kassen tatsächlich akzep- Landesregierung in der Bereitschaft der Zusammen- tiert? Wer evaluiert es aus dem Land? Ich frage nicht, arbeit mit Liga, allen Vereinen darin, die ist ja ver- wer evaluiert es aus dem Bund, sondern ich frage einbart als so genannte Zukunftskommission unter tatsächlich, wo ist das Engagement dieses Bundes- dem Modell "Thüringen bleibt sozial" gegründet wor- modells hier im Land ohne bisherige Beteiligung des den, über dieses Problem gelernt hat, dann hätten Landes. Sondern man sagt, es ist ja ein Modell, wir Sie verschiedene Modelle, wie das Problem gelöst werden mal hinterher sehen. Nein, das Pflegebudget werden könnte, erfahren. Wenn die PDS-Fraktion wäre jetzt schon bei dem geltenden Recht möglich, an diesen Gesprächen beteiligt gewesen wäre, hätte über Landesrichtlinien, über die Novellierung des sie auch über das Modell Mecklenburg-Vorpommern Landesgesetzes, wenn man davon überzeugt ist, in informiert werden können. Dort werden nämlich nicht einem möglichen Rahmen einzuführen. Da hätten wir der Träger und die Ungleichbehandlung in den Hei- eine ganze Menge gewonnen. Dann hätten wir vor men aktualisiert, sondern der Pflegebedürftige, der allen Dingen eine ganze Menge gewonnen in Bezug nicht in der Lage ist, diese Investitionssummen aufzu- auf das Phänomen "ambulant vor stationär". bringen, der bekommt ein anderes Wohngeld, im Monat bis zu 250 ]ZLVFKHQ XQG  und Vizepräsidentin Dr. Klaubert: dieses ist Landesgeld. Jetzt rechnen Sie es doch mal hoch. Mecklenburg-Vorpommern ist noch ein biss- Frau Abgeordnete Thierbach, der Abgeordnete Pan- chen dünner besiedelt als Thüringen, da kommt ein se möchte Ihnen eine Frage stellen. Gestatten Sie Phänomen heraus, dass ein Tagessatz zwischen das? 11 und 13 IUGHQjenigen, der im Pflegeheim lebt, über dieses Phänomen Pflegewohngeld gezahlt wird. Abgeordnete Thierbach, PDS: Genau das ist der Duktus, den wir auch brauchen.

Na aber! Dann hatten Sie, weil Sie gefragt haben, welche Modelle ich Ihnen anbieten will, mich auch noch Vizepräsidentin Dr. Klaubert: gefragt, wo ich die Idee herhabe zwischen 300 und 450  SUR 0RQDW ,FK ZHUGH PLFK QLFKW KLQVHW]HQ Bitte, Herr Panse. und das rechnen. Das kann ich auch nicht. Aber die Träger, diejenigen, die betriebswirtschaftlich nämlich Abgeordneter Panse, CDU: genau dieses gegenüber Kassen, gegenüber dem Land, gegenüber den Banken wegen ihrem Kapital- Frau Kollegin Thierbach, meine Ausführung bezog dienst abrechnen, müssen rechnen, und diese Stel- sich darauf, dass Sie keine Vorschläge unterbreitet lungnahmen, Herr Panse, haben Sie alle bekommen. haben, wie wir diese Ungleichbehandlung lösen wol- Die haben Sie bekommen mit der Einladung durch len. Ich hatte Ihnen mehrere Varianten aufgezählt. die Liga der Freien Wohlfahrtspflege für den 06.04., Deswegen frage ich einfach sehr konkret mal nach: was nämlich vorbaut, dass es möglicherweise wieder Was würden Sie denn für eine Variante wählen, einmal nur eine schriftliche Anhörung gibt. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Bran- denburg, Sachsen? Oder hat die PDS vielleicht eine (Beifall Abg. Dr. Fuchs, PDS) eigene konkrete Vorstellung zu diesem Punkt? Dann wäre ich neugierig darauf, die zu hören und nicht Diese Einladung haben Sie bekommen. In dieser das, was wir vielleicht an der Bundesgesetzgebung Einladung hängt der Anhang der Stellungnahme zum ändern könnten oder ändern wollten. Das hatte ich Referentenentwurf drin, dort hatten Sie es schon. gemeint. Deswegen können Sie vielleicht die Frage Eine zweite Stellungnahme haben Sie bekommen, beantworten. und zwar ist das die vom Bund privater Anbieter sozialer Dienste e.V., da steht es auch drin. Dann haben Sie es auch von der Landesseniorenvertretung Thüringen bekommen, dort steht es auch drin. Wol- len Sie behaupten, Sie sind klüger als diese vielen 1418 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Leute, die sich damit fachlich beschäftigen? Tut von Forderungen aufgebaut. Sie haben nicht gesagt, mir Leid, ich schließe mich fachlichen Argumenten wie Sie diese Forderungen auch wirklich umsetzen von Fachleuten an, denn die rechnen ihre Belastung können. Natürlich haben wir auch Forderungen, die und die berechnen sie heimbezogen, platzbezogen haben wir auch immer in Richtung Ulla Schmidt erho- und nicht wie manchmal hier in der Politik pi mal d ben, Richtung Bundesregierung. Nur die Bundes- mal Fensterkreuz - streichen wir mal erst und sehen regierung kann an dieser Stelle, wo es um die Ver- wir dann, was rauskommt. Das ist die Definition für sorgung von Demenzkranken geht, natürlich das Ge- eine Revisionsklausel in diesem Gesetz. Streichen setz ändern, oder wo es darum geht, die Pflege- wir mal erst und sehen mal, was daraus wird, und kostenentgelte zu dynamisieren. Auch das können das sehen wir dann 2009. Das sind vier Jahre, die nur bundesgesetzliche Regelungen ausmachen oder man verschlafen kann an einer modernen Entwick- zum Beispiel einen Ausgleich der Pflegestufen in der lung einer Pflegelandschaft, wo wir heute wissen, wo Pflegestufe I, im ambulanten, häuslichen oder sta- der Bedarf ist, im ambulanten Bereich, in neuen tionären Bereich. Das ist eine Forderung, die wir er- Wohnformen, in neuen Pflegeformen, im Pflegebud- heben und wo wir auch als CDU bereits Lösungen get, in der tatsächlichen demographischen Berech- vorgelegt haben. Ich fordere die SPD auf, dieses nung. aufzugreifen. Und wenn der Kanzler heute gesagt hat, er bringt das Pflegegesetz in diesem Jahr auf Herr Panse - und das soll mein letzter Satz sein -, wer den Weg, dann soll es uns recht sein. Das ist eine der heute nicht in der Lage ist, bei den Generationen, die substanziellen Forderungen, die den Pflegebereich rentennah sind, die demographische Entwicklung zu auch erheblich verbessern kann. berechnen und zu schauen, wo heutzutage jeder ab 55 seinen Rentenbescheid schon einmal im Jahr (Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Was geschickt bekommt mit dem tatsächlichen Entgelt der Kanzler gesagt hat ...) und dann das Verhältnis - wir können uns nämlich nicht mehr vermehren, weil wir keine Kinder bekom- Wogegen ich mich erheblich wehre, Frau Künast, men, vor allen Dingen werden die nicht in unseren auch bei Ihnen, Frau Abgeordnete Thierbach, dass Generationen so alt geboren, wie ich schon bin -, nun eine unterschiedliche Pflege einsetzen soll. Das deswegen ist nämlich die demographische Berech- ist doch völliger Quatsch. nung auch über eine Landespflegeplanung möglich. Und sich dieser zu verschließen, heißt, bis 2009 - wie (Beifall bei der CDU) Sie mit der Revisionsklausel - streichen wir erst im Haushalt und 2009 schauen wir mal. Genau das ist Die Pflege wird in der gleichen Qualität und in der die Politik, die ich Ihnen empfehle, heute nicht im gleichen hochwertigen Form fortgeführt, wie sie be- Ausschuss weiterzumachen, sondern einen neuen reits jetzt ist. Wir haben unterschiedliche Entgelte, da Gesetzentwurf vorzulegen, der diese Probleme klärt. gebe ich Ihnen Recht, aber diese unterschiedlichen Danke. Entgelte sind natürlich nur für einen Übergangs- zeitraum fällig, die werden sich dann in einem (Beifall bei der PDS) längeren Zeitraum angleichen. Unser Problem ist doch, Frau Abgeordnete Thierbach, dass wir zwar Vizepräsidentin Dr. Klaubert: froh sind über Artikel 51

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen seitens der (Zwischenruf Abg. Künast, SPD: 52.) Abgeordneten vor. Minister Dr. Zeh noch einmal. - Artikel 52 Pflege-Versicherungsgesetz, eine Pflege- Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Ge- landschaft zu haben, die glücklicherweise diese alte, sundheit: miserable DDR-Pflegeinfrastruktur abgelöst hat,

Verehrte Frau Abgeordnete Thierbach, wir hatten (Beifall bei der CDU) nicht vor, dieses Gesetz heute zu verabschieden, so, wie Sie es vorhin versucht haben darzustellen. aber wir haben ein Problem mit dieser Sache, dass wir nämlich jetzt sehr billige und sehr preiswerte (Beifall bei der CDU) Wohnheimplätze vorhalten, übrigens noch immer 10.000 Plätze. Wir wollen es in die Ausschüsse haben und wir wollen es auch dort so diskutieren, wie es im par- (Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Das ist lamentarischen Gang üblich ist. Ich teile im Übrigen kein Problem, das ist eine ...) auch die Meinung meines Kollegen Abgeordneten Panse, Sie haben nichts Substanzielles beigetragen, Wenn Sie jetzt an die Wand malen, die würden einen um diesen Konflikt zu lösen. Sie haben einen Katalog Niedergang haben, wir haben noch wesentlich mehr Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1419 als die Hälfte eine sehr, sehr preiswerte Pflegeland- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: schaft. Das führt sogar dazu, dass sie sehr gern von Menschen aus Altbundesländern genutzt wird. Um Ich denke, ich kann jetzt die Aussprache schließen. es mal nur nebenbei zu sagen, ich habe in meinem Es ist die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Wahlkreis Nordhausen eine sehr angenehme sym- Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit be- pathische Frau, mit der ich gesprochen habe, die die antragt worden. Wer dieser Überweisung zustimmt, Pflegelandschaft hier in den jungen Ländern sehr den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke gelobt hat und die gern hierher gekommen ist. Sie schön. Das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen hat mir aber nicht gesagt, dass sie natürlich aus einer bitte. Es gibt eine Reihe von Gegenstimmen. Stimm- Region stammt, bei der ein Pflegekostenplatz we- enthaltungen? Die gibt es nicht. sentlich teurer ist. Als Zweites ist beantragt worden, den Gesetzent- Im Übrigen, Frau Abgeordnete Thierbach, Ihre Auf- wurf an den Haushalts- und Finanzausschuss zu fassung über die Kostenzuordnung teile ich nicht, überweisen. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt denn es ist natürlich so, dass Kaltmiete den Inves- um das Handzeichen. Danke schön. Auch das ist titionsleistungen durch Zins und Tilgung entspricht, eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Eine Reihe während die so genannten Hotelkosten diejenigen von Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Die gibt Nebenkosten sind, wie Heizung, Strom, die zur Un- es nicht. terkunft gehören und so auch die Verpflegung. Des- halb bleibe ich bei meiner Meinung, dass wir einen Dann ist beantragt worden, an den Innenausschuss Mietkostenbeitrag haben, der wesentlich niedriger ist zu überweisen. Wer diesem zustimmt, den bitte ich als ein vergleichbarer, der vielleicht in häuslicher jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das ist Pflege zu Hause Mietkostenbelastungen hat in einer eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Hier gibt es Privatwohnung. Deshalb glaube ich, dass wir hier einige Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? eine Steuerung in Angriff nehmen, die dazu führen Das ist nicht der Fall. wird, dass ambulante Pflegeangebote wesentlich mehr angenommen werden, weil sich schon jemand (Unruhe bei der CDU) überlegen wird, ob er einen teureren Heimplatz neh- men wird oder ob Angebote im ambulanten Bereich Damit ist an diese drei Ausschüsse überwiesen. besser sind. Das wollen ja die Leute auch, denn wenn Sie Umfragen glauben, sagen die meisten, Wir stimmen jetzt über die Federführung ab. Es ist dass sie in einer Umgebung gepflegt werden wol- beantragt worden, diese beim Ausschuss für So- len, die ihrer ursprünglichen häuslichen Umgebung ziales, Familie und Gesundheit zu haben. Wer entspricht, und nicht in Heime abgeschoben werden diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Hand- wollen. Insofern glaube ich, dass wir mit diesem Ge- zeichen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Die setz auch berücksichtigt haben, dass soziale Härten, Gegenstimmen bitte. Da gibt es einige Gegen- die auch eintreten werden, durch unser Sozialgesetz stimmen. Stimmenthaltungen? Davon gibt es auch abgefedert werden. einige. Mit Mehrheit liegt die Federführung beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Frau Abgeordnete Thierbach, dieses Wohngeld, das ist natürlich auch ein bisschen Etikettenschwindel. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5 und rufe Jeder, der diese Zahlungen hier nicht leisten kann, den Tagesordnungspunkt 6 auf wird durch unser Sozialsystem aufgefangen. Wenn es die Kommunen über die Maßen belastet, so ha- Erstes Gesetz zur Änderung des ben wir gesagt, haben wir eine Revisionsklausel und Thüringer Straßengesetzes die wird dazu führen, über einen Zeitraum, der realis- Gesetzentwurf der Fraktion der SPD tisch ist, denn wir schätzen ein, dass wir ca. in vier - Drucksache 4/715 - bis viereinhalb Jahren eine vollständige Neubelegung ERSTE BERATUNG der Heime haben, erst dann macht es Sinn, zu über- prüfen, inwieweit Belastungen der Kommunen ein- Frau Abgeordnete Doht übernimmt die Begründung getreten sind, inwieweit diese Belastungen auch für die SPD-Fraktion. angemessen ausgeglichen werden müssen. Vielen Dank. Abgeordnete Doht, SPD:

(Beifall bei der CDU) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach der bisherigen Gesetzeslage sind die Kommunen auch für den Winterdienst auf Ortsdurchfahrten von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen verantwortlich, obwohl sie dort nicht Baulastträger sind. Zum wie- 1420 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 derholten Male legt Ihnen die SPD-Fraktion heute (Beifall bei der SPD) ein Änderungsgesetz zum Thüringer Straßenge- setz vor mit dem Ziel, die Kommunen beim Win- Die SPD-Fraktion strebt mit ihrem Gesetzentwurf terdienst zu entlasten. Bereits im Januar 2002 hat drei grundlegende Dinge an: zum einen eine finan- der Landtag einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zielle Entlastung der Kommunen entsprechend dem mit der gleichen Zielrichtung beraten und dann mit Konnexitätsprinzip, zum Zweiten den Abbau von zu- CDU-Mehrheit abgelehnt. Man wollte dieses Problem sätzlichem und unnötigem Verwaltungsaufwand. auf außergesetzlichem Wege regeln. Und wirklich Drittens wollen wir mit unserem Antrag auch einen hatte damals das Wirtschaftsministerium reagiert. Die wirkungsvollen Beitrag zur Entwicklung des Winter- Kommunen konnten daraufhin ihre Aufwendungen tourismus in Thüringen leisten, einen Wirtschafts- für den Winterdienst auf Bundes-, Landes- und Kreis- faktor, den wir nicht vernachlässigen sollten. straßen gegenüber dem Wirtschaftsministerium gel- tend machen und erhielten Kostenersatz. Zuvor (Beifall bei der SPD) allerdings hatte man das dafür benötigte Geld erst einmal aus dem KFA genommen, sprich, man hat es Vizepräsidentin Dr. Klaubert: den Kommunen auf der anderen Seite wieder weg- genommen. Ich eröffne die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf und rufe für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Mit dem Haushaltsjahr 2005 wurde den Gemeinden Schugens auf. die Erstattung der Kosten für den Winterdienst auf Ortsdurchfahrten von Bundes-, Landes- und Kreis- Abgeordneter Schugens, CDU: straßen nun ganz gestrichen. Begründung für diese Maßnahme: Das Land hat kein Geld mehr und muss Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sparen. Aber auch die Kommunen sind inzwischen eigentlich wollte ich einen großen Dank der Sonne an der Grenze ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit aussprechen, die hat angekommen, mit dem Ergebnis, dass der Winter- dienst teilweise nur unzureichend gewährleistet ist. (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Tue es Wer in den vergangenen Wochen zum Wintersport doch.) im Thüringer Wald war, der kennt die Situation: me- terhohe Schneeberge an den Straßenrändern, einge- verstanden, den Schnee zu nehmen und den Früh- engte und vereiste Straßen und Fußgänger, die auf ling kommen zu lassen. diesen Straßen laufen, Touristen mit Ski. Das alles trägt nicht unbedingt dazu bei, den Tourismus in Thü- (Unruhe bei der SPD) ringen zu fördern. Auf der anderen Seite hat der Wirtschaftsminster vor ca. einem Jahr den Tourismus Manche, meine Damen und Herren, danken auch zur Chefsache erklärt. Wer aber viele Touristen in dem herrlichen Winter, nämlich die, die Wintersport die Wintersportorte bringen will, der muss auch da- treiben und die als Touristen kommen und den Tou- für sorgen, dass sie vernünftige Straßenverhältnisse rismus bei uns beleben. Ich danke allen Thüringern, vorfinden, gefahrenfrei an- und abreisen können und denen im Thüringer Wald, die trotz mancher Er- sich in den Orten auch ungefährdet bewegen können. schwernisse und Winterhärte halfen und ausharrten, Alles andere ist schlecht für den Tourismus und und jenen, die uns besucht haben. Besonders aber zurückgehende Besucherzahlen im Thüringer Wald gilt denen der Dank, die den Winter und den Schnee sind dann mit Sicherheit weiterhin vorprogrammiert. beherrscht haben. Mehr als 70.000 Tonnen Salz wur- Das Land ist also nicht nur im Interesse der Kom- den ausgebracht, eine Leistung wie nie zuvor, aber munen, sondern auch im ureigensten Interesse ge- sie hat auch eine zweite Seite, sie hat auch eine fordert, für einen reibungsfreien Winterdienst zu umweltpolitische Seite. Hunderte von Kilometern sorgen. Die SPD-Fraktion beantragt daher, mit dem wurden immer wieder geräumt und Tausende von vorliegenden Gesetzentwurf neuerdings wieder den Tonnen Schnee beseitigt. Sicher, mancher wurde Winterdienst an die Straßenbaulast zu koppeln, das überrascht, stand im Stau, kam zu spät, aber eines heißt, das Land ist für die Räumung der Ortsdurch- hatten sie alle, meine Damen und Herren, mit Ruhe fahrten von Landesstraßen und als übertragene Auf- und Besonnenheit und mit Vernunft ging das Leben gabe der Bundesstraßen verantwortlich. Die Räum- ganz normal weiter - auch in Thüringen. Ja, es war fahrzeuge der TSI brauchen dann nicht mehr am wieder ein wunderbarer Winter, so wie er früher ge- Ortseingang den Schneepflug hochzuklappen, am legentlich war. Ortsausgang dann wieder runterzuklappen oder aber, wenn die Kommunen es bezahlen, den Kommunen (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Was ist separate Rechnungen zu erstellen, was letztendlich mit dem Dank für die, die den Schnee nur mehr Verwaltungsaufwand und höhere Kosten gemacht haben?) zur Folge hat. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1421

Ja, meine Damen und Herren der SPD, wo leben Sie ist eine Infrastruktur, auf die mancher gerne schauen denn? würde. Wäre es keine höher gestufte Straße, müss- ten die Kommunen selbst für den Ausbau und die (Heiterkeit bei der SPD) Erhaltung aufkommen.

Für alle eine selbstverständliche kommunale und (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Auf wel- private Angelgenheit. Dies wollen Sie auf eine neue chem Dorf leben Sie denn?) finanzielle Seite stellen, auf neue finanzielle Beine. Schön wäre es, wenn Sie das Geld dazu hätten. Wir Denn eines ist Fakt, meine Damen und Herren, die haben das nicht. Sie kennen noch die Situation aus Bebauung an der Straße existiert meist schon der Haushaltsdiskussion. Leider ist dies nicht so und Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte. Erinnert sei es bleibt auch eine kommunale Aufgabe, eine ge- nur an so genannte Straßendörfer. Des Weiteren, meindliche Aufgabe, denn die Gemeinde hat für die man könnte ja auch Vereinbarungen mit dem, der Reinigung und für die Ordnungspflicht zu sorgen, und überörtlichen Winterdienst macht, schließen und das das gilt übrigens bundesweit. Dies bedeutet, die Problem lösen - das hat in der letzten Sitzung auch Kommune hat die Pflicht, auch Mittel im Haushalt ein- unser Minister schon dargelegt - und damit, wenn zustellen. Außerdem sei noch mal festgestellt, man das so wollte, effektiver sein und sicher meist auch kostengünstiger die Pflicht erfüllen. (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Für ihre kommunalen Straßen, das haben Sie (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Eben vergessen zu sagen.) nicht.) es könnte im Einvernehmen der Kommunen ja Was hindert eigentlich die Kommunen daran? durchaus geschehen, (Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Das (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ma- Geld!) chen Sie ja auch.) Und, meine Damen und Herren, die meisten Kom- im Gemeinde- und Städtebund könnten Lösungs- munen haben nicht nur eine Straße, das heißt, für ansätze gefunden werden. Denn, meine Damen den weit größeren Teil des Netzes kommt die Ge- und Herren, über die finanziellen Mittel des KFA meinde bzw. der Bürger sowieso auf. oder FAG hier im Haus zu entscheiden, ist, wenn die kommunale Ebene nicht mitgeht, schon eine ge- (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Die TSI wisse Leichtfertigkeit. Und da haben Sie Recht, wenn ist ja viel teurer!) Sie sagen, das Land hat aus zwei Töpfen Mittel ein- gesetzt. Das war so. Aber das muss nicht so sein, Herr Höhn, Entschuldigung, es gibt ja noch andere weil es eine klare Regelung gibt. Außerdem, meine als die TSI. Es ist doch die Frage, wie die Kom- Damen und Herren, wenn die kommunale Gemein- mune die Lösung sucht. Außerdem scheint ja die schaft diese Solidargemeinschaft sein will, dann kann TSI wirklich wirkungsvoll und effektiv zu sein, denn sie das zeigen, dann kann man sicherlich einer sol- sie hat die meisten Zuschläge in Thüringen bei der chen Lösung nachgehen. Aber solches ist bis heute Räumung bekommen. Was wollen Sie uns eigent- zumindest mir nicht bekannt geworden. lich weismachen?

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Es lebe Vergleicht man die Lösung mit anderen Ländern, die Sonne.) stellt man außerdem fest, es gibt nur eine Ausnahme und das ist Sachsen-Anhalt. Da frage ich natürlich, Zurück zur Sache: Die Kommunen, die überörtlich warum? Selbst Rheinland-Pfalz, das ja auch sozial- bedeutsame Straße besitzen, sind außerdem sozu- demokratisch regiert ist, hat eine ähnliche Lösung wie sagen privilegiert. Denn eine überregionale Straße wir. Und Sachsen - mit uns durchaus vergleichbar - bedeutet Erschließung und nicht, wie Sie, meine regelt im Gesetz ähnlich wie wir oder wie folgt - ich Damen und Herren von der SPD, weismachen wol- darf zitieren: In § 51 Abs. 1 legt dort das Gesetz fest: len, eine Bürde. Die Baulast übernimmt im Wesent- "Die Gemeinden haben alle öffentlichen Straßen in- lichen ein anderer und die Anbindung an über- nerhalb der geschlossenen Ortslage zu reinigen und örtlich bedeutsame Zentren im Rahmen des Zumutbaren zu beleuchten." In Ab- satz 2 heißt es: "Die Gemeinden können durch (Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Finan- Satzung die Reinigung auf solche öffentlichen Stra- ziell schon. ßen außerhalb der geschlossenen Ortslage ausdeh- nen, an die bebaute Grundstücke angrenzen." Das heißt, auch das ist kommunales Recht, solche An- 1422 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 liegen, die außerhalb der Ortschaft sind, können Meine Damen und Herren, man könnte weiter phi- sogar durch den Bürger bezahlt werden, wenn die losophieren. Kommune nicht eine eigene Regelung schafft. Was wollen Sie eigentlich? Das Land in die letzte Ecke, (Heiterkeit bei der SPD) in das letzte Gehöft schicken? Lassen wir die Zuständigkeiten, wo sie sind. Deshalb (Unruhe bei der SPD) empfehlen wir dem hohen Haus, den Gesetzes- vorschlag unmittelbar abzulehnen. Im letzten Absatz, meine Damen und Herren, heißt es: "Die Gemeinden haben im Übrigen die öffentli- (Heiterkeit bei der SPD) chen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit vom Schnee Vizepräsidentin Dr. Klaubert: zu räumen." und dergleichen. Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Da wird Enders zu Wort gemeldet. sich der Bürger aber freuen. Sehr schön.) Abgeordnete Enders, PDS: Das heißt, die Gemeinde bleibt für die Sicherheit in- nerhalb ihres Territoriums voll verantwortlich. Das Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in der soll und wird so bleiben. Aktuellen Stunde im letzten Thüringer Landtag hat die PDS-Fraktion das Problem des Winterdienstes (Heiterkeit bei der SPD) auf die Tagesordnung gesetzt und hat auf die Pro- bleme, Herr Schugens, aufmerksam gemacht. Die Meine Damen und Herren, zu Ihrer Vorlage: In § 9, Kommunen haben kein Geld, um Winterdienst auf den Sie ändern wollen, wollen Sie die Straßenbau- Landes- und Bundesstraßen vorzunehmen. Daran lastträger - sprich das Land, den Bund und den haben Sie als Mitglied der CDU-Fraktion einen sehr Kreis - verpflichten, diesen Winterdienst zu überneh- großen Anteil. men. Dem können wir natürlich nicht zustimmen. Außerdem stelle ich die Frage - Sie haben dort hinein (Beifall bei der SPD) formuliert "unter Beachtung des Umweltschutzes" -, was bedeutet das? Bedeutet das, dass wir zukünftig Mit dem kürzlich von der CDU-Landtagsmehrheit kein Salz mehr einsetzen? beschlossenen Haushalt 2005 haben Sie, meine Damen und Herren in der Mitte dieses hohen Hau- (Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Wir ses, gleichzeitig beschlossen, dass die Thüringer wollen.) Kommunen innerhalb des Kommunalen Finanz- ausgleichs überproportionale Kürzungen hinzuneh- Es ist noch nicht erläutert worden, vielleicht tun Sie men haben. Ein Teil davon macht die Zuweisung für dies noch. Was heißt, wann sie leistungsfähig ist die Erfüllung des kommunalen Winterdienstes aus und wann sie nicht leistungsfähig ist, soll die Ver- und das sind immerhin 2,6 Mio. 'LHVHVIHKOHQGH kehrsbehörde die Regulierung übernehmen über das Geld müssen nun die Kommunen selbst aufbringen, Sperren und Öffnen der Straße? Wollen Sie damit und zwar auch für die Straßen, die nicht in ihrer Bau- auch solche Probleme auf andere übertragen wie lastträgerschaft sind. Hier hat sich das Land seiner den Versicherungsschutz? Das sind klar geregelte Pflicht entledigt und das Problem den Gemeinden Dinge im Bürgerlichen Recht in Deutschland und zur Lösung überlassen. diese gelten genauso in Thüringen. Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir natürlich nicht zu- Meine Damen und Herren, vom Grundsatz her hat stimmen. Ich sage noch einmal, meine Damen und zu gelten, dass jeder für seine Zuständigkeit die Herren von der SPD-Fraktion: Wo leben wir denn? entsprechenden Aufgaben zu erfüllen hat. Eine Über- Was soll dieser Unsinn? tragung der Aufgabenrealisierung ist unter Einhaltung des Konnexitätsprinzips zulässig. Diesen Verfas- (Heiterkeit bei der SPD) sungsgrundsatz haben CDU-Landesregierung und CDU-Landtagsmehrheit gebrochen. Wie der Presse Wollen Sie nun oder wollen Sie nicht zum Beispiel zu entnehmen war, ich habe es vorhin auch schon den Umweltschutz, den Versicherungsschutz und einmal gesagt, wird eine verfassungsrechtliche Über- andere Dinge eindeutig regeln? Es geht um die ein- prüfung der CDU-Politik durch die Kommunen beab- deutige Regelung. sichtigt. Ich bin mir ganz sicher, dass auch die Frage des kommunalen Winterdienstes und die dafür not- (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Wo le- wendige Finanzausstattung durch das Land ein Ele- ben wir denn?) ment der juristischen Überprüfung sein wird und auch Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1423 sein muss. Meine Damen und Herren, auch wenn jetzt das Frühjahr ansteht und man hier in Erfurt den Schnee Meine Damen und Herren, die jetzige Rechtslage nicht mehr wahrnehmen kann, kann ich Ihnen sagen: des Thüringer Straßengesetzes halte ich verfas- Der nächste Winter kommt bestimmt. Wir können sungsrechtlich für höchst fraglich. unsere Kommunen mit den Problemen des Winter- dienstes nicht allein lassen. Ich möchte auch einmal (Beifall Abg. Becker, SPD) ein paar Beispiele bringen, damit Ihnen vielleicht auch einmal bewusst wird, was das für eine Belastung Ich möchte hier auch noch einmal sagen: Der Herr für die Thüringer Kommunen ist. Ich habe mir zum Minister hat mir in der letzten Landtagssitzung Bei- Beispiel mal Neustadt am Rennsteig herausgesucht. spiele vorgeführt, wie das in Bayern, Schweiz und Allein in Neustadt am Rennsteig müssen über Österreich geregelt ist und wie gut dies dort funktio- 10 Prozent, man höre, 10 Prozent der frei verfügba- niert. Herr Minister Trautvetter, ich kann Ihnen dazu ren Finanzmittel für den Winterdienst ausgegeben sagen, ich habe mal nachgeschaut, und zwar im werden, und das schwerpunktmäßig für zwei Landes- bayerischen Straßen- und Wegenetz. Wissen Sie, straßen. Doch die Winterkosten sind nicht nur ein was da ganz klar und eindeutig geregelt ist? Ich zi- Problem in Neustadt am Rennsteig. Man kann auch tiere, Herr Trautvetter: "Den Gemeinden werden die andere Beispiele hier anbringen. Blankenhain, das Kosten für das Schneeräumen und für das Streuen war ja auch in der Zeitung zu lesen, hatte den Win- der gefährlichen Fahrbahnstellen und der Fußgänger- terdienst in diesem Winter nahezu eingestellt. Zwei überwege von demjenigen ersetzt, der im Allgemei- Ortsteile konnten schon nicht mehr mit dem Schü- nen für diese Straßenteile verkehrssicherungspflichtig lerverkehr angefahren werden. Welche Auswirkun- wäre." gen das Ganze hat, die Kürzungen bei dem Winter- dienst, das erleben wir zum Beispiel auch in Hild- (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Hört, hört.) burghausen. Dort hat der Bürgermeister ein Schild aufgestellt: "Eingeschränkter Winterdienst auf Bun- Also, eine ganz klare Aussage ist hier getroffen. des- und Landesstraßen". Ich denke, damit wird Sonst ist doch immer Bayern das Vorführland. doch eigentlich ganz deutlich, die Kommunen haben kein Geld und das Land ist in der Verpflichtung, auch (Beifall bei der PDS, SPD) für seine Straßen für den Winterdienst aufzukommen.

Warum nimmt sich Thüringen hier nicht auch mal (Beifall bei der PDS) ein Beispiel an Bayern? Ich wäre jedenfalls dafür. Meine Damen und Herren, Sie sollten bedenken, (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Die ha- dass die Meinung der Herrschenden nicht immer ben noch mehr Schnee als wir.) die herrschende Meinung ist. Die Kommunen haben zu Recht das Vertrauen in die CDU-Landespolitik Genau. Deshalb funktioniert es trotzdem so gut in verloren. Dass das Vertrauen in die Politik der in Bayern und weil es hier in Thüringen keine klaren Thüringen herrschenden Partei gegen null geht, ver- Regelungen gibt, haben wir eben die Probleme mit wundert uns als PDS-Fraktion nicht. Ich muss auch der Schneeräumung auf Landes- und Bundesstra- sagen, zum Kreise des Unverständnisses gehören ßen. auch die CDU-Bürgermeister. Da Sie sich ja so gut auskennen, Herr Trautvetter, wissen Sie auch, wie Meine Damen und Herren, bereits 2002 ist die Frage die politischen Verhältnisse zum Beispiel um den der kommunalen Zuständigkeit der Kommunen für Rennsteig herum aussehen. den Winterdienst auf Ortsdurchfahrten von Landes- und Bundesstraßen debattiert worden. Damals hat Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum die Landesregierung mit der Veränderung des KFA SPD-Entwurf. Der von der SPD-Fraktion vorgelegte eine Änderung des Thüringer Straßengesetzes ver- Gesetzentwurf ist ein erster Schritt aus unserer Sicht meiden können. Die Lösung, die bis zum letzten Jahr in die richtige Richtung. Eine Änderung des Ge- galt, die war zwar für uns in den Kommunen nicht setzes, welches die Zuständigkeit beim Winterdienst, optimal, aber immerhin war sie ja auch mit Zustim- auch die finanzielle Zuständigkeit an die Baulast- mung der Gemeinden zustande gekommen. Da Sie trägerschaft zwingend bindet, ist notwendig. Das nun mit dem Landeshaushalt 2005 den so genann- ist überhaupt nicht fraglich. Allerdings sind die vor- ten Winterdienstpakt einseitig gebrochen haben, ist geschlagenen Änderungen aus unserer Sicht dis- nunmehr eine Änderung des Thüringer Straßenge- kussionswürdig. setzes unvermeidlich. Eine Lösung des Problems, das haben Sie ja gezeigt in der letzten Haushaltsde- (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Was?) batte, wollten Sie ja während der Haushaltsbera- tungen nicht. 1424 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Ja. Das muss ich hier deutlich sagen. Da haben wir (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Sie ha- als PDS einen anderen Standpunkt. Mit der beab- ben sogar den Namen heute richtig aus- sichtigten Gesetzesänderung gesprochen.)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Welche?) Ich habe gelernt. Meine Kollegin Frau Doht hat auf eine Reihe von Auswirkungen der Streichung des der SPD-Fraktion würde die Wirkung erzielt, dass Landeszuschusses für den Winterdienst an die Thü- in einem Ort mehrere Auftraggeber ihren Winter- ringer Kommunen hingewiesen. Ich möchte noch mal dienst durch die Ortschaften fahren lassen müssten. kurz auf die Einlassung von Herrn Schugens ein- Wir werden stattdessen vorschlagen, dass die Kom- gehen. Ich will es noch mal deutlich sagen: Wir leben munen auch weiterhin für ihr gesamtes Gemeinde- in Thüringen, wir alle leben in Thüringen. Heute sind gebiet einschließlich der Bundes- und Landesstraßen wir mittendrin, aber wir leben auch am Rande. für den Winterdienst zuständig bleiben, also den ört- lichen Winterdienst bestellen. Aber die Gemeinden Die PDS-Fraktion hat heute Herrn Trautvetter schon müssen einen Rechtsanspruch gegenüber dem mal zum Schachkönig gemacht, zumindest beim Land, und zwar einen Rechtsanspruch auf vollstän- Spiel um die Katasterämter. Aber es kann wohl nicht dige Kostenerstattung, haben. Damit könnten Syner- sein, dass ich Herrn Schugens so verstehen soll, gieeffekte erreicht werden, die zu einer finanziellen dass wir beim König huldvoll anklopfen sollen, ob Entlastung sowohl der Kommunen als auch des Lan- unsere Gemeinde an eine Landesstraße angeschlos- des beitragen. Aber über diese Details werden wir sen wird. uns dann im entsprechenden Ausschuss ausführlich verständigen können und unseren Änderungsantrag (Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Da ma- zum SPD-Gesetzentwurf vorlegen. chen wir Sie zur Schneekönigin.)

Meine Damen und Herren, die Gesetzesänderung Die dürfen Sie krönen, ich möchte keine sein. ist im Interesse der Thüringer Kommunen notwendig und ich appelliere jetzt hier auch noch mal an die (Heiterkeit bei der CDU) CDU-Fraktion: Wenn auch die CDU die kommu- nalen Interessen für wichtig hält, darf sie sich hier Tourismus, da sind wir uns doch einig, Tourismus ist einer sachbezogenen Diskussion nicht entziehen. von Landesinteresse. Gerade das Schneeräumen Danke schön. gehört eben in den Gebieten, wo viel Schnee fällt, unbedingt dazu, um Tourismus zu ermöglichen. Auch (Beifall bei der PDS) darauf hatte ich schon hingewiesen in der letzten Plenarsitzung. Ich will deshalb auf weitere Gründe Vizepräsidentin Dr. Klaubert: eingehen, aber auch auf die Einwürfe des Ministers für Bau und Verkehr im letzten Plenum. Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Taubert zu Wort gemeldet. Der Einwurf Herrn Trautvetters war gewesen, dass die Streichung der Unterstützung von Kommunen (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Sie beim Winterdienst auf Landesstraßen, die sich macht ja alles. Helft ihr ihr nicht?) nicht in ihrer Straßenbaulastträgerschaft befinden, bundesweit üblich ist. Dem ist mitnichten so. Es gibt Abgeordnete Taubert, SPD: eine Reihe von Bundesländern, die sehr wohl ent- weder selbst die Aufgabe wahrnehmen, wenn die Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Kommunen dazu nicht leistungsfähig sind, oder aber Herren Abgeordneten, Herr Wetzel, wir sind klein. sie sind bereit, Zahlungen an Kommunen für den Die Kleinen, die dürfen öfter reden als die Großen. Winterdienst zu erbringen. Die dürfen eben über einzelne Plenarsitzungen gar nicht, manchmal einmal und wir dürfen halt immer Vizepräsidentin Dr. Klaubert: reden. Frau Abgeordnete Taubert, der Herr Abgeordnete (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Manche in Schugens möchte Ihnen, glaube ich, eine Frage stel- der ganzen Legislatur überhaupt nicht.) len. Darf er das?

Ja gut, aber ich glaube, wer sich danach drängt, darf Abgeordnete Taubert, SPD: auch einmal bei der CDU-Fraktion in fünf Jahren reden. Sind Sie so freundlich und stellen sie am Ende.

(Unruhe bei der SPD) Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1425

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Beifall bei der SPD)

Bitte am Ende, Herr Schugens. Wenn es allen gelänge, hier im Hause nicht finanz- topfweise zu denken, sondern volkswirtschaftlich, Abgeordnete Taubert, SPD: dann würden wir sofort Konsens erreichen, dass der vorliegende Antrag zur Gesetzesänderung den Unsere Nachbarländer sind schon erwähnt worden. Grundsatz der Sparsamkeit in allen Punkten erfüllt. Ich will neben dem Freistaat Bayern den Freistaat Ich möchte auch darauf verweisen, damit jeder das Sachsen hinzufügen, aber auch Hessen und möchte im Raume weiß, wir haben auch dazu einen Antrag sagen - wir haben früher so ein geflügeltes Wort ge- im Haushalt 2005 gestellt - andere Fraktionen haben habt, ich will es uminterpretieren: Von den Nach- das auch getan -, dass eben für diesen Winterdienst barn lernen, heißt siegen lernen. Ebenso Mecklen- Geld enthalten bleibt. Der ist abgelehnt worden. Des- burg-Vorpommern hat hier eine Regelung, dass zu- wegen muss man konsequenterweise jetzt eine an- mindest die Träger der Straßenbaulast, nämlich in dere gesetzliche Regelung finden. Wir fordern Sie dem Fall die Länder, entsprechend ihrer Leistungs- deshalb auf, zuzustimmen, dass wir den Gesetzent- fähigkeit über die grundsätzlichen Aufgaben der wurf der SPD-Fraktion weiter in den Ausschüssen Straßenbaulastträgerschaft hinaus auch bei Schnee beraten können. Wir möchten ihn federführend im In- und Eisglätte Straßen räumen sollen. Insofern eine nenausschuss beraten haben und begleitend im Ergänzung zu dem, was Herr Schugens gesagt hat. Ausschuss für Bau und Verkehr als auch im Aus- Sie haben zwar den Paragraphen richtig zitiert, aber schuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegen- Sie haben den § 9 im Sächsischen Straßengesetz heiten. Jetzt stehe ich für Herrn Schugens bereit. nicht zitiert. Da steht genau der Absatz drin, dass sich natürlich auch das Land, soweit es möglich ist, Abgeordneter Schugens, CDU: an der Räumung von Schnee und Straßenglätte beteiligt. Danke. Frau Taubert, können Sie eine Aussage treffen, wie denn die Kreise und der Bund zu solchem Die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, das Saar- Ansinnen stehen, als Baulastträger den Winterdienst land, Schleswig-Holstein und Bayern regeln zum Teil mitzufinanzieren? Ist Ihnen da was bekannt? darüber hinaus, dass ihre Gemeinden eine Kosten- erstattung auf unterschiedlichen Wegen erhalten. Abgeordnete Taubert, SPD: Es ist also mitnichten so, dass wir in Thüringen Exoten wären, wenn wir eine Verantwortung des Also, meines Wissens finanziert der Bund schon den jeweiligen Straßenbaulastträgers für den Winter- Winterdienst zum Teil mit und bei den Landkreisen dienst festschreiben. Zudem bleibt festzustellen, dass auch. Da haben wir so genannte Straßenbauhöfe. der Winterdienst auf Straßen, deren Baulastträger Bund, Land bzw. Kreise sind, nicht zum Kernbereich (Unruhe bei der SPD) der gemeindlichen Selbstverwaltung gehören. Er wird von den Gemeinden im übertragenen Wirkungs- Soweit mir das bekannt ist, sage ich das Ihnen gern. kreis ausgeführt. Mit der Streichung der Kostener- Danke schön. stattung dieser Aufgabe verletzt die Landesregie- rung, und das ist nicht das erste Mal, das Konnexi- (Beifall bei der SPD) tätsprinzip. Ich weiß, wir haben viel darüber gestrit- ten, inwieweit das Konnexitätsprinzip Auswirkungen Vizepräsidentin Dr. Klaubert: hat, aber in dem Fall ist es ganz gewiss so. Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Auf dem gestrigen parlamentarischen Abend des Damit kann ich die Aussprache schließen. Es sind Thüringer Handwerks wurde die Verkomplizierung jetzt folgende Ausschussüberweisungen beantragt und teilweise Unsinnigkeit, die Politik anrichtet, ge- worden, zuerst die Überweisung des Gesetzentwurfs geißelt. Das bestehende Gesetz enthält beim Win- der SPD-Fraktion an den Innenausschuss. Wer die- terdienst so eine Unsinnigkeit. Mit dem von der SPD ser Überweisung zustimmt, den bitte ich jetzt um das vorgelegten Änderungsgesetz zum Thüringer Stra- Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte. ßengesetz würde endlich einmal das Gegenteil er- Das zählen wir mal lieber. Moment bitte. Bitte noch reicht. Kein Mensch versteht, Frau Doht hat es schon einmal die Jastimmen. Danke schön. Die Gegen- angesprochen, welchen Sinn es macht, vor dem stimmen bitte. Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? Ortseingang das Schiebeschild zu heben und danach Das ist nicht der Fall. Mit einem Verhältnis von 23 Ja- wieder zu senken. In Thüringen als Flächenstaat ist und 32 Neinstimmen ist die Überweisung an den dies in den überwiegenden Regionen des Freistaats Innenausschuss abgelehnt. derzeit der Fall. Dieser Widersinn muss ein Ende haben. Ich glaube, da stimmen Sie mir alle zu. 1426 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Wir kommen zum Überweisungsantrag an den Aus- Abgeordnete Leukefeld, PDS: schuss für Bau und Verkehr. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Aha, danke Beirat für Familie und Frauen schön. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt keine Ge- genstimmen. Stimmenthaltungen? Stimmenthaltun- Im Jahr 1993 wurde bei der Staatskanzlei ein Bei- gen gibt es auch keine. Damit ist einstimmig an den rat für Familie und Frauen errichtet. Die Berufung Ausschuss für Bau und Verkehr überwiesen worden. der 24 Mitglieder erfolgt jeweils für die Zeit einer Wahlperiode des Thüringer Landtags. Seit Beginn Wir kommen zur Überweisung an den Ausschuss der 4. Wahlperiode hat sich der Beirat noch nicht für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. neu konstituiert. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegen- Ich frage die Landesregierung: stimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist einstimmig auch 1. Wann wird der Ministerpräsident zur Neukonsti- an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europa- tuierung und ersten Beratung des Landesbeirats angelegenheiten überwiesen worden. für Familie und Frauen einladen?

Jetzt hat die SPD-Fraktion die Federführung beim 2. Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden in die- Innenausschuss beantragt, das ist abgelehnt wor- ser Wahlperiode im Mittelpunkt der Tätigkeit des den. Jetzt müssten Sie sich entscheiden, bei wem Landesbeirats für Familie und Frauen stehen? Sie die Federführung jetzt beantragen wollen. Herr Abgeordneter Höhn? 3. In welcher Zusammensetzung wird der Landes- beirat für Familie und Frauen berufen? Abgeordneter Höhn, SPD: Vizepräsidentin Pelke: Wir beantragen die Federführung des Ausschus- ses für Bau und Verkehr. Danke. Es antwortet Herr Staatssekretär Illert.

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Illert, Staatssekretär:

Dann stimmen wir über diesen Antrag ab, die Feder- Meine Damen und Herren, namens der Landesre- führung beim Ausschuss für Bau und Verkehr zu gierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der haben. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um Abgeordneten Leukefeld wir folgt: das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegen- stimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthal- Zu Frage 1: Der Ministerpräsident wird zur Neukons- tungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist ein- tituierung des Beirats für Familie und Frauen und zu stimmig beschlossen worden, dass die Federführung dessen erster Beratung für den 10. Juni 2005, um beim Ausschuss für Bau und Verkehr liegt. 11.00 Uhr, in den Barocksaal der Thüringer Staats- kanzlei, Regierungsstraße 73, einladen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und wir treten jetzt in die Mittagspause ein, die um 14.00 Zu Frage 2: Den thematischen Rahmen hat der Uhr mit dem Aufruf der Fragestunde endet. Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung vom 9. September 2004 festgelegt. Er hat dort die "bes- Vizepräsidentin Pelke: sere Vereinbarkeit von Familie und Beruf" als Schwerpunkt zukünftiger Politik betont, daher wird Die Sitzung wird fortgeführt. Ich rufe den Tages- auch der Landesbeirat diese Thematik vorrangig ordnungspunkt 15 auf aufgreifen. Im Übrigen berät dieser Beirat gemäß § 3 Abs. 1 der entsprechenden Anordnung des Thü- Fragestunde ringer Ministerpräsidenten vom 20. November 2000 über die Errichtung eines Beirats für Familie und und als Erstes die Mündliche Anfrage in Drucksa- Frauen die Landesregierung in allen sozialen, recht- che 4/695 der Abgeordneten Leukefeld, PDS-Frak- lichen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen, die tion. Frauen und Familien in besonderem Maße betreffen.

Zu Frage 3: In § 4 Abs. 5 der genannten Anordnung des Thüringer Ministerpräsidenten sind die entsen- denden Institutionen genannt. Es sind dies die Lan- desverbände oder Landesarbeitsgemeinschaften des Deutschen Familienverbandes, der Evangelischen Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1427

Aktionsgemeinschaft für Familienfragen, des Fa- Landesregierung wie folgt: milienbundes der Deutschen Katholiken, die Ver- bände allein Erziehender, die Frauenhausträger, der Zu Frage 1: Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden noch Landesfrauenrat, die Evangelische und Katholische keine Gehälter aus dem Titel Schuljugendarbeit Kirche, der Landesjugendhilfeausschuss, die Liga der bewilligt. Der Landeshaushalt wurde am 24. Fe- Freien Wohlfahrtspflege, die Landesarbeitsgemein- bruar 2005 verabschiedet und nach der Veröffent- schaft Jugendschutz, die Landesarbeitsgemeinschaft lichung wird die entsprechende Bewilligung erfolgen. der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, der Die antragstellenden Maßnahmeträger der Schul- Landesbezirk des Deutschen Gewerkschaftsbundes, jugendarbeit haben jedoch im Rahmen der vorläu- der Landesverband der Deutschen Angestelltenge- figen Haushaltsführung entsprechend der Thüringer werkschaft, der Thüringer Beamtenbund, die Lan- Landeshaushaltsordnung im Januar 2005 die Geneh- desvereinigung der Arbeitgeberverbände, die Regio- migung für den vorzeitigen Maßnahmebeginn er- naldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundes- halten. Ich gehe deshalb davon aus, dass an den agentur für Arbeit und der Landeselternbeirat. betreffenden Schulen die Schuljugendarbeit auch ohne die bewilligten Mittel bereits stattfinden kann. Vizepräsidentin Pelke: Insgesamt wurden 423 Anträge gestellt, davon 264 von Regelschulen, 104 von Gymnasien, 6 von Ge- Danke schön. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht samtschulen und 49 Anträge kommen von Förder- der Fall. Dann danke ich und komme zur nächsten zentren. Es wurden 411 Genehmigungen für den Mündlichen Anfrage in Drucksache 4/705, eine An- vorzeitigen Maßnahmebeginn erteilt. In 12 Fällen, frage der Abgeordneten Reimann, vorgetragen durch in denen keine solche Genehmigung erteilt wurde, Abgeordnete Dr. Klaubert, PDS-Fraktion. geschah dies in Absprache bzw. auf Wunsch der Maßnahmeträger. Abgeordnete Dr. Klaubert, PDS: Zu den Fragen 2 bis 4: Wie schon erwähnt, sind Förderung der Schuljugendarbeit 2005 bislang keine Bewilligungen und damit Entschei- dungen über die Förderhöhe erfolgt. Damit sind Im verabschiedeten Landeshaushalt sind für die diese Fragen gegenstandslos. Schuljugendarbeit Mittel in Höhe von 2,4 Mio. ein- gestellt. Viele Schulen beklagen, dass sie bis jetzt Vizepräsidentin Pelke: trotz gegenteiliger Versicherung noch keine Mittel bewilligt bekommen haben. Daraus ergeben sich Danke. Es gibt eine Nachfrage von Frau Abgeord- folgende Fragen: neten Dr. Klaubert.

1. An wie vielen Schulen in Thüringen findet im Abgeordnete Dr. Klaubert, PDS: 2. Schulhalbjahr aufgrund bewilligter Zuschüsse von Land und Schulträger derzeit Schuljugendarbeit statt Können Sie vielleicht einmal aufschlüsseln, wie viel (aufgeschlüsselt nach Schularten) und wie hoch ist des Geldes für das erste Halbjahr geplant ist? Sie die Förderquote? sagten ja, es gab die Möglichkeit des vorzeitigen Maßnahmebeginns, dann muss man ja dazu sagen, 2. Wie viel Prozent des durchschnittlich beantrag- dass Geld nachfolgt. Wie viel sind durch solche ten Geldes wurden bewilligt? Maßnahmen im ersten Halbjahr gebunden und wie viel steht dann für das zweite Halbjahr noch zur 3. Wann und wie viele Zuschüsse (in Euro) wurden Verfügung ? in den Monaten Januar und Februar an welche Schulträger bzw. Maßnahmeträger überwiesen? Prof. Dr. Goebel, Kultusminister:

4. Welche Maßnahmen der Schuljugendarbeit wer- Eine Entscheidung oder eine konkrete Festlegung den seit dem 1. Januar 2005 trotz Antragstellung über die Aufteilung der Gesamtsumme auf die beiden nicht mehr finanziell gefördert und warum? Schulhalbjahre hat es nicht gegeben. Es wird jedoch die Aufteilung so erfolgen, dass gesichert ist, dass Vizepräsidentin Pelke: auch im ersten Schulhalbjahr des Schuljahres 2005/2006 Mittel für die Schuljugendarbeit zur Ver- Danke. Es antwortet Minister Prof. Dr. Goebel. fügung stehen.

Prof. Dr. Goebel, Kultusminister: Vizepräsidentin Pelke:

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Danke schön. Weitere Nachfragen liegen nicht vor. Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Dann rufe ich die nächste Mündliche Anfrage in 1428 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Drucksache 4/709 auf, Abgeordneter Matschie, malschutzes. Der von der Staatskapelle genutzte SPD-Fraktion. Anbau ist damit nicht vereinbar und muss nach einem denkmalpflegerischen Gutachten aus dem Abgeordneter Matschie, SPD: Jahr 1999 beseitigt werden.

Kündigung des Übungsraums der Staatskapelle Zu Frage 3: In einem Gespräch zwischen Vertretern Weimar des Landesverwaltungsamtes, der Stadt Weimar und des Deutschen Nationaltheaters ist am 14. Januar Der Staatskapelle Weimar soll zum 30. Juni 2005 vereinbart worden, dass die Staatskapelle diesen der vor fünf Jahren geschlossene Vertrag zur Nut- Raum weiterhin nutzen kann. Daher erübrigt sich zung eines Übungsraums durch das Landesver- eine Einschätzung. Im Übrigen ist die Frage nach der waltungsamt Weimar gekündigt werden. Das Objekt - dauerhaften Unterbringung der Staatskapelle in einer ein Anbau an den Gebäudekomplex Carl-August- angemessenen Räumlichkeit an den Gesellschafter, Straße 2 - wurde zuvor im Auftrag der Landesre- die Stadt Weimar, zu richten. gierung umfangreich saniert. Ich frage die Landes- regierung: Zu Frage 4: Entfällt. Ich verweise auf die letzten beiden Antworten. 1. Welche Kosten entstanden durch die Sanierung des von der Staatskapelle Weimar bisher als Vizepräsidentin Pelke: Übungsraum genutzten Objektes? Danke. Es gibt eine Nachfrage. Abgeordneter Mat- 2. Mit welcher Begründung wird der Vertrag des schie. Landesverwaltungsamtes Weimar mit der Staats- kapelle Weimar zur Nutzung des Objektes als Abgeordneter Matschie, SPD: Übungsraum gekündigt? Herr Minister, beabsichtigt die Landesregierung, 3. Wie schätzt die Landesregierung die Chance diesen Anbau nach dem denkmalpflegerischen Gut- der Staatskapelle Weimar ein, nach der Kündigung achten abzureißen, und wenn ja, welche Kosten wür- einen adäquaten Übungsraum in Weimar zu finden? den dabei entstehen?

4. Ist die Landesregierung bereit, die infolge der Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Kündigung des Übungsraums der Staatskapelle Weimar gegebenenfalls entstehenden zusätzlichen Die Frage erübrigt sich momentan, da in dem festge- Kosten - entstehend durch einen notwendigen Um- stellten Haushaltsplanentwurf, der durch den Landtag zug, einen höheren Mietzins und gegebenenfalls beschlossen ist, ein Abriss nicht vorgesehen ist. steigende Nebenkosten - zu tragen? Vizepräsidentin Pelke: Vizepräsidentin Pelke: Gibt es eine weitere Nachfrage? Bitte. Danke. Es antwortet Minister Trautvetter. Abgeordneter Matschie, SPD: Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Zu welchem Zeitpunkt ist denn von Ihnen ein Abriss Sehr geehrte Frau Präsidentin, für die Landesre- vorgesehen, Herr Minister? gierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Matschie wie folgt: Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr:

Zu Frage 1: Die Sanierungskosten betrugen rund Das wird zu gegebener Zeit zwischen dem Nutzer 240.000  des Gebäudes und dem Landesverwaltungsamt zu entscheiden sein, wenn der Landtag die entsprechen- Zu Frage 2: Eine aktuelle Kündigung, das heißt eine den Mittel zur Sanierung des Landesverwaltungs- Kündigung aus dem Jahr 2005 oder Ende 2004, ist amtes in einem Haushaltsplanentwurf bereitstellt. weder dem Nutzer noch der Landesregierung be- kannt. Allerdings wurde die Nutzungsvereinbarung Vizepräsidentin Pelke: aus dem Jahr 1995 bereits zum 31.12.2002 ge- kündigt. Eine Durchsetzung der Kündigung erfolgte Danke schön. Weitere Nachfragen liegen nicht vor. nicht, weil der Staatskapelle keine geeigneten Damit rufe ich die nächste Mündliche Anfrage in Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Die damals Drucksache 4/711, des Abgeordneten Dr. Schubert, ausgesprochene Kündigung ist Ergebnis des Denk- SPD-Fraktion, auf. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1429

Abgeordneter Dr. Schubert, SPD: Thüringer Spielbankengesetz für die Thüringer Ehrenamtsstiftung und die Spielbankgemeinde, in Vertragsabschluss mit dem Betreiber der Spiel- dem Fall die Stadt Erfurt, vorgesehen. bank im Grandhotel Erfurt Vizepräsidentin Pelke: Pressemitteilungen zufolge soll der Vertrag zwischen dem Land und dem Betreiber der geplanten Spiel- Danke. Gibt es Nachfragen? Herr Abgeordneter bank im Grandhotel in Erfurt zur Übernahme des Dr. Schubert. Mietvertrags über die Spielbank noch nicht zustande gekommen sein. Abgeordneter Dr. Schubert, SPD:

Ich frage die Landesregierung: Die erste Nachfrage: Sie sprachen von Mitteln, die die Spielbank GmbH aus Mitteln der Gesellschaft 1. Bis wann soll der oben genannte Vertrag spätes- zur Verfügung gestellt hat. Wie viele Mittel sind tens abgeschlossen werden? vom Freistaat Thüringen dafür zur Verfügung ge- stellt worden? 2. Welche monatliche Miete ist der Spielbankbe- treiber nach dem bisherigen Verhandlungsstand Schneider, Staatssekretär: bereit für die Nutzung der Spielbank zu bezahlen? Der Freistaat Thüringen ist Gesellschafter der ersten 3. In welcher Höhe hat das Land bisher für die Spielbank GmbH ... Spielbank Mietzahlungen geleistet sowie sonst im Zusammenhang mit der Anmietung der Räume im Abgeordneter Dr. Schubert, SPD: Grandhotel Erfurt Finanzmittel ausgegeben? Dann frage ich, aus dem Landeshaushalt? 4. Welche Einnahmen aus den im Thüringer Spiel- bankgesetz genannten Abgaben werden nach Ein- Schneider, Staatssekretär: schätzung der Landesregierung im Jahr 2005 für ge- meinnützige Zwecke, insbesondere für die Thüringer Das war das Kommanditkapital von, ich denke, Ehrenamtsstiftung, zur Verfügung stehen? 200.000 ,FKKDEHHVQLFKWJDQ]JHQDXLP.RSI 200.000 oder 250.000  XQG SHU SO LP OHW]WHQ Vizepräsidentin Pelke: Jahr gut 150.000 

Danke. Es antwortet Staatssekretär Schneider. Vizepräsidentin Pelke:

Schneider, Staatssekretär: Die zweite Nachfrage, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abge- Abgeordneter Dr. Schubert, SPD: ordneten, für die Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten wie folgt: Wann rechnen Sie nach dem heutigen Verhand- lungsstand damit, dass die Spielbank in Erfurt er- Zu Frage 1: Die Verhandlungen werden intensiv öffnen kann? vorangetrieben. Es ist im Interesse beider Seiten, so schnell wie möglich die Verhandlungen abzu- Schneider, Staatssekretär: schließen. Es ist nicht üblich, Details aus laufenden Verhand- Zu Frage 2: Es nicht möglich, Details aus noch lungen bekannt zu geben. laufenden Verhandlungen bekannt zu geben. Vizepräsidentin Pelke: Zu Frage 3: Insgesamt hat die erste Thüringer Spielbankgesellschaft mbH & Co. KG zur Erfüllung Danke schön. Weitere Nachfragen gibt es nicht. ihrer vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag Damit komme ich zur nächsten Mündlichen An- Mittel in Höhe von 364.362,83  YHUZHQGHW 'LH frage in Drucksache 4/712. Abgeordneter Kuschel, Finanzierung erfolgte aus Gesellschaftsmitteln. PDS-Fraktion.

Zu Frage 4: Im Haushaltsplan 2005 wurden be- kanntlich Einnahmen aus der Spielbankabgabe und den weiteren Leistungen in Höhe von insgesamt 920.100  YHUDQVFKODJW'LHVH0LWWHOVLQG QDFK dem 1430 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Abgeordneter Kuschel, PDS: einer Betriebsfortführung der Merkers-Rad GmbH & Co. KG eingebunden. Brancheninterne Schwierig- Insolvenz der Merkers-Rad GmbH keiten, Überkapazitäten am Markt und die Konsum- zurückhaltung der Verbraucher sind Gründe dafür, Die Firma Merkers-Rad GmbH befindet sich in Insol- dass kein Interessent bereit war, den bestehenden venz. Zwischenzeitlich wurde das Anlagevermögen Betrieb in Merkers fortzuführen. der Firma versteigert, so dass die Fortführung der Produktion am Standort Merkers ausgeschlossen Vizepräsidentin Pelke: scheint. Die Firma wurde im erheblichen Umfang durch den Freistaat gefördert. Vor der Eröffnung des Danke. Es gibt eine Nachfrage. Abgeordneter Ku- Insolvenzverfahrens besuchte der Thüringer Minister- schel. präsident die Merkers-Rad GmbH. Der Freistaat ge- hört zu den Gläubigern der Firma. Es gibt Vorwürfe, Abgeordneter Kuschel, PDS: die Landesregierung hätte nicht alle Optionen zur Sicherung des Produktionsstandortes hinreichend Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass rund geprüft. Ich frage die Landesregierung: 5,5 Mio. *$0LWWHOXQGHWZDVPHKUDOV Mio. Zu- lagen gewährt wurden. Erste Frage: Wann wurden 1. In welcher Höhe wurde die Merkers-Rad GmbH diese Mittel gewährt und inwieweit war bei der durch den Freistaat gefördert und in welcher Höhe Ausreichung der Mittel die von Ihnen beschriebene hat der Freistaat gegenwärtig Forderungen an die Marktlage schon bekannt, so dass man da hinter- insolvente Firma? fragen muss, inwieweit tatsächlich mit einer ent- sprechend gesicherten Prognose die Ausreichung 2. Mit welchen Ergebnissen hat die Landesregierung dieser öffentlichen Mittel erfolgte. welche Maßnahmen zur Sicherung des Produktions- standortes Merkers eingeleitet und umgesetzt? Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit: 3. Aus welchen Gründen ist es aus Sicht der Lan- desregierung nicht gelungen, eine Fortführung der Die Mittel wurden entsprechend dem Zuwendungs- Produktion am Standort Merkers zu sichern? bescheid ausgereicht. Die Zulagen sind keine Mittel des Zuwendungsbescheids, sondern in dem Falle Vizepräsidentin Pelke: wahrscheinlich Investitionszulagen, die beim Finanz- amt geltend zu machen sind. Es antwortet Minister Reinholz. Vizepräsidentin Pelke: Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit: Gibt es weitere Nachfragen? Die Zweite.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Abgeordneter Kuschel, PDS: Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel für die Thüringer Ich hatte noch nach dem Zeitpunkt der Ausreichung Landesregierung wie folgt: der GA-Mittel gefragt und inwieweit zu diesem Zeit- punkt die entsprechende Marktsituation schon durch Zu Frage 1: Für die getätigten Investitionen in Höhe die Landesregierung beurteilt wurde im Zusammen- von ca. 19,6 Mio. ZXUGHQSODQPl‰LJHQWsprechend hang mit der Ausreichung der Mittel, da es sich hier dem Zuwendungsbescheid ca. 5,46 Mio. *$=X um eine wahrnehmbar hohe Summe handelt. schüsse ausgezahlt. Zulagen erhielt das Unterneh- men in Höhe von 4,04 Mio. 1DFKGHQ$QJDEHQ Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie des Verwalters wurden diese Beträge vom Freistaat und Arbeit: als Forderungen zur Liste angemeldet. Herr Abgeordneter Kuschel, Sie wissen doch, dass Die Fragen 2 und 3 möchte ich gemeinsam beant- Ausgaben von GA-Finanzmitteln immer im Zu- worten: Der Insolvenzantrag über das Vermögen der sammenhang mit der begleitenden Hausbank ge- Merkers-Rad GmbH & Co. KG wurde Mitte Novem- schehen, die die Abschätzung des Risikos für das ber 2003 gestellt. Ab diesem Zeitpunkt war der Insol- Unternehmen vorlegt. Insofern war seinerzeit kein venzverwalter Herr des Verfahrens. Das Thüringer Risiko für das Land zu erkennen. Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat die intensiven Privatisierungsbemühungen des Insolvenzverwalters begleitet, stand in ständigem Kontakt zu ihm und war in zahlreiche Gespräche zu Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1431

Abgeordneter Kuschel, PDS: Vizepräsidentin Pelke:

Also, ich muss noch einmal nach dem Zeitpunkt fra- Danke. Es antwortet Staatssekretär Scherer. gen, es ist keine neue Frage. Scherer, Staatssekretär: Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit: Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Zum zweiten Mal: bei Ausreichung des Fördermit- Abgeordneten Lemke beantworte ich für die Lan- telbescheides. desregierung wie folgt:

Abgeordneter Kuschel, PDS: Zu Frage 1: Mit der Entscheidung der Landesregie- rung, am Standort Mühlhausen festzuhalten, wenn Wann war das? Wann wurden die GA-Mittel aus- es zu einem Investorenmodell kommt, haben sich gereicht, zu welchem Zeitpunkt? die Grundlagen für den Mietvertrag bezüglich der Staatsanwaltschaft geändert. Es ist nun eine lang- Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie fristige Gesamtunterbringung zu untersuchen. Diese und Arbeit: Prüfung hat Auswirkungen auch auf die Unterbrin- gung der Staatsanwaltschaft und damit auf den Den genauen Zeitpunkt kann ich Ihnen nicht sagen, Mietvertrag. entsprechend des Fördermittelzeitpunkts. Ich kann das Datum nachreichen. Zu Frage 2: Die beantworte ich mit Nein.

Vizepräsidentin Pelke: Zu Frage 3: Es handelt sich nicht um eine Verwei- gerung. Die Gründe für das Erfordernis zusätzlicher Damit sind die Fragen beantwortet. Weitere Nach- Verhandlungen habe ich gerade dargelegt. fragen liegen nicht vor. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage in Drucksache 4/717 des Ab- Zu Frage 4: Sobald die erforderlich gewordenen Ver- geordneten Lemke, PDS. handlungen über das Investorenmodell abgeschlos- sen sind, kann nach positiver Bewertung durch die Abgeordneter Lemke, PDS: Landesregierung ein entsprechender Vertrag ge- schlossen werden. Bleiben Staatsanwaltschaft und Landgericht am Standort Mühlhausen erhalten oder nicht? Vizepräsidentin Pelke:

Einem Bericht in der "Thüringer Allgemeinen" (Lokal- Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. seite Mühlhausen) vom 5. März 2005 zufolge hat die Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen An- Thüringer Finanzministerin den Mietvertrag zwischen frage in Drucksache 4/720 des Abgeordneten Noth- dem Landkreis Unstrut-Hainich und der Staatsan- nagel, PDS-Fraktion. waltschaft Mühlhausen nicht unterzeichnet. In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Abgeordneter Nothnagel, PDS:

1. Welche Gründe gab es, die es der Finanzmi- Zuweisungen und Zuschüsse für Maßnahmen in nisterin nicht ermöglicht haben, den Mietvertrag zu der Behindertenhilfe unterzeichnen? Im Landeshaushalt für das Jahr 2005 Einzelplan 08 2. Deutet das Nichtzustandekommen des Mietver- Kapitel 08 22 Titel 684 74 "Zuwendungen und Zu- trags darauf hin, dass die Standortfrage der Staats- schüsse für Maßnahmen in der Behindertenhilfe" anwaltschaft und des Landgerichts Mühlhausen kei- wurden die Zuwendungen an freie Träger von Be- neswegs gesichert ist? ratungsstellen festgelegt. Die Zuwendungen für das Jahr 2005 belaufen sich auf 318.500 'DVLVWLP 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Verweige- Vergleich zum Jahr 2004 eine Kürzung um ca. rung der Finanzministerin hinsichtlich der Verursa- 140.000 ,FKIUDJHGLH/DQGHVUHJLHUXQJ chung weiterer Unsicherheiten in der betreffenden Region und bei den Beschäftigten? 1. Wie viele Anträge von welchen Trägern der Behin- dertenhilfe sind bisher zur Förderung eingegangen? 4. Wann wird der Mietvertrag zwischen dem Un- strut-Hainich-Kreis und dem Finanzministerium ge- 2. Welcher Träger erhält in welcher Höhe eine För- schlossen? derung? 1432 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

3. Wann erhalten die Träger über die Bewilligung ihrem Job-Center angehalten worden sei, sich zu der Maßnahme Bescheid? einem Bewerbungsgespräch als "Nackt-Model" vor- zustellen. Der Grund sei, dass Prostitution nicht mehr Vizepräsidentin Pelke: als sittenwidrig gelte und Bordellbesitzer Steuern und Sozialabgaben zahlen. Es läge also nur an den Job- Es antwortet Staatssekretär Illert. Centern, ob sie solche Angebote an Frauen weiter- leiten oder nicht. Ich frage die Landesregierung: Illert, Staatssekretär: 1. Schätzt es die Landesregierung als rechtlich mög- Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da- lich ein, dass es in Thüringen tatsächlich zu Ver- men und Herren Abgeordnete, ich beantworte die mittlungen von Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen in Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nothnagel sexuelle Dienstleistungen kommen kann? für die Thüringer Landesregierung wie folgt: 2. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, dass Zu Frage 1: Es liegen 16 Anträge auf Förderung vor. es bislang zu solchen Fällen gekommen ist? Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Trä- ger: Landesverband der Gehörlosen Thüringen e.V.; 3. Wie wird in Thüringen sichergestellt, dass Frauen Deutscher Schwerhörigenbund, Landesverband Thü- nicht gegen ihren Willen Telefonsex machen müssen ringen e.V.; Audiovision gemeinnützige Gesellschaft oder in Jobs als Callgirls, Nackttänzerinnen oder mit beschränkter Haftung; Caritasverband für das Prostituierte vermittelt werden und dass sie keiner- Bistum Erfurt e.V.; Blinden- und Sehbehinderten- lei Kürzung ihrer Bezüge befürchten müssen, wenn verband Thüringen e.V.; Europahaus Gera e.V.; sie ein solches Angebot ablehnen, falls es doch an Diakoniezentrum Bethesda e.V.; Gehörlosenverein sie herangetragen wird? Weimar und Umland 1910 e.V.; Schwer- hörigenverein Eisenach e.V.; Diakonieverbund Eise- Vizepräsidentin Pelke: nach gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung; Thebra LV Thüringen e.V.; Johanniter-Un- Danke. Es antwortet Minister Reinholz. fallhilfe e.V.; Evangelischer Körperbehindertenver- band Anne-Rose e.V. Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit: Zu Fragen 2 und 3: Die zur Verfügung stehenden Mittel sollen so verteilt werden, dass alle bisher Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten bereits geförderten Beratungsstellen auch weiterhin Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche eine Förderung erhalten. Der Erlass für die Haus- Anfrage der Abgeordneten Wolf für die Landesre- halts- und Wirtschaftsführung für das laufende Jahr gierung wie folgt: wird in Kürze vorliegen. Erst danach können die ge- naue Förderhöhe für die einzelnen Träger benannt Die Bundesagentur für Arbeit teilte auf Nachfrage und die entsprechenden Bescheide erstellt werden. mit, man habe sich in Abstimmung mit dem Bund aus grundsätzlichen Erwägungen heraus dazu entschie- Vizepräsidentin Pelke: den, im Bereich der Prostitution keine Arbeitsver- mittlung durchzuführen. Mit dieser grundsätzlichen Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Entscheidung wird sichergestellt, dass Arbeitslose Danke schön. Damit kämen wir zur nächsten Münd- nicht ungewollt Stellenangebote aus diesem Bereich lichen Anfrage in Drucksache 4/728. Abgeordnete erhalten und ihre Persönlichkeitsrechte gewahrt blei- Wolf, PDS-Fraktion. ben. Der hier angesprochene Sachverhalt betrifft im Übrigen einen Fall, der mehr als ein Jahr zurückliegt. Abgeordnete Wolf, PDS: Die arbeitslose Frau hatte selbst nach einer entspre- chenden Stelle gefragt. Außerdem galt zu diesem Prostitution und Hartz IV Zeitpunkt das in dieser Anfrage erwähnte Arbeits- losengeld II noch nicht. Clare Chapman berichtet in einem Artikel vom 30. Ja- nuar 2005 im "Daily Telegraph" über Prostitution und Zu Frage 2: Zunächst möchte ich auf die Antwort zu Hartz IV, dass in Deutschland Frauen, die Arbeits- Frage 1 verweisen. Ergänzend informierte die Regio- losengeld II beziehen, in sexuelle Dienstleistungen naldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundes- vermittelt werden könnten und ihnen die Kürzung agentur für Arbeit zu dieser Frage wie folgt, ich zi- des Bezuges drohe, wenn Sie eine solche Stelle tiere: "Stellenangebote im Erotikbereich werden ent- ablehnen würden. Neben anderen Beispielen wie gegengenommen, jedoch nicht im Stelleninforma- zum Beispiel der versuchten Vermittlung in ein Bor- tionssystem veröffentlicht. Die Stellenangebote wer- dell nennt Chapman eine Frau aus Gotha, die von den nur auf ausdrückliche Nachfrage der Kunden Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1433 ausgehändigt. Dies alles gilt nur, soweit offensichtlich 3. Welche praktischen Erfahrungen haben nach kein Bezug zur Prostitution besteht." Kenntnis der Landesregierung die europäischen Staaten gesammelt, die mit dem vorgerichtlichen Ab- Zu Frage 3: Ich verweise auch hier noch mal auf die wendungsverfahren vergleichbare Verfahrensrege- Antworten zu Fragen 1 und 2. Durch die aufgezeigte lungen besitzen? Vorgehensweise werden auch die in der Frage an- gesprochenen Leistungskürzungen ausgeschlossen. 4. Hat das vom DGVB vorgeschlagene vorgericht- liche Abwendungsverfahren bisher Berücksichti- Vizepräsidentin Pelke: gung im Rahmen der zurzeit laufenden Beratungen zu einer "Großen Justizreform" gefunden? Danke. Es gibt eine Nachfrage. Frau Abgeordnete Wolf. Vizepräsidentin Pelke:

Abgeordnete Wolf, PDS: Danke. Es antwortet Staatssekretär Scherer.

Das heißt aber auf Ihre Antwort in Frage 1, rein recht- Scherer, Staatssekretär: lich wäre es möglich? Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des und Arbeit: Abgeordneten Höhn beantworte ich für die Landes- regierung wie folgt: Rein rechtlich, auf Nachfrage und persönlichen Wunsch der Arbeitslosen wäre es möglich. Die Landesregierung unterstützt Maßnahmen zu einem effizienteren Einzug von Forderungen und wird Vizepräsidentin Pelke: daher auch die Möglichkeiten des vorgerichtlichen Abwendungsverfahrens unter Einbeziehung berech- Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. tigter Schuldnerbelange sorgfältig prüfen. Dies vo- Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen An- rausgeschickt, beantworte ich die Fragen des Ab- frage in Drucksache 4/729. Abgeordneter Höhn, geordneten Höhn wie folgt: SPD-Fraktion. Zu Frage 1: In zwei Bund-Länder-Arbeitsgruppen, die Abgeordneter Höhn, SPD: sich mit den Themen Modernisierung des Zwangs- vollstreckungsrechts sowie der Organisation des Ge- Beurteilung des so genannten vorgerichtlichen Ab- richtsvollzieherwesens befassen, werden derzeit die wendungsverfahrens durch die Landesregierung Möglichkeiten erörtert, die das vorgerichtliche Abwen- dungsverfahren bietet. Eine endgültige Bewertung Nach erfolgter Beauftragung durch seine Bundes- des Verfahrens kann die Landesregierung derzeit versammlung hat der Bundesvorstand des Deut- noch nicht vornehmen, da abschließende Berichte schen Gerichtsvollzieher Bundes (DGVB) am der eingesetzten Arbeitsgruppen noch nicht vorlie- 3. Juli 2004 beschlossen, sich für die gesetzliche Ver- gen. ankerung eines so genannten vorgerichtlichen Ab- wendungsverfahrens in § 687 der Zivilprozessord- Zu Frage 2: Unter Hinweis auf entsprechende aus- nung (ZPO) einzusetzen. Vorteile auf der Gläubiger- ländische Erfahrungen sieht der Deutsche Gerichts- seite dieses neuen Verfahrens ergeben sich nach vollzieherbund den wesentlichen Vorteil des Abwen- Auffassung des DGVB durch eine schnelle Erlangung dungsverfahrens gegenüber dem Mahn- und Klage- eines Titels bei unbestrittenen Forderungen sowie verfahren darin, dass der Gerichtsvollzieher bereits durch eine rasche Fortsetzung des Verfahrens, wenn vorgerichtlich in unmittelbaren Kontakt mit dem der Schuldner sich nicht meldet oder die Abwen- Schuldner treten kann. Wenn es dem Gerichtsvoll- dungsvereinbarung nicht einhält. zieher gelingt, die Forderung einzuziehen, ist hiermit eine Beschleunigung gegenüber dem bisherigen Ver- Ich frage die Landesregierung: fahren verbunden. Erfahrungen im benachbarten Ausland belegen, dass das Verfahren durchaus auch 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Vor- und erfolgreich angewandt werden kann. Von Seiten der Nachteile des vom DGVB vorgeschlagenen vorge- Industrie- und Handelskammer wurde aber auch richtlichen Abwendungsverfahrens? darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren dem Schuldner weitere Möglichkeiten bietet, die Beglei- 2. Inwieweit ist das vorgerichtliche Abwendungs- chung der Forderung hinauszuzögern. Daher werden verfahren geeignet, Gläubigern schneller als bisher auch insoweit vor einer abschließenden Bewertung zur Durchsetzung ihrer Ansprüche zu verhelfen? die Ergebnisse der eingesetzten Arbeitsgruppen ab- 1434 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 zuwarten sein. tagsabgeordneten aus Mitteln der politischen Ju- gendarbeit finanziert werden? Zur Frage 3 verweise ich auf die Beantwortung der Frage 2. 3. Wie bewertet die Landesregierung die Forde- rung der Jungen Union angesichts der insgesamt Zu Frage 4: Die "Große Justizreform" wird Thema der knappen Mittel für die politische Jugendarbeit in nächsten Justizministerkonferenz im Juli dieses Thüringen? Jahres in Dortmund sein. Zur Vorbereitung dieser Konferenz wurden von den Justizministern der Län- Vizepräsidentin Pelke: der mehrere Arbeitsgruppen auf Staatssekretärs- ebene eingesetzt. Eine dieser Arbeitsgruppen be- Danke. Es antwortet Staatssekretär Illert. fasst sich auch mit den Möglichkeiten des vorge- richtlichen Abwendungsverfahrens. Die bereits ge- Illert, Staatssekretär: nannten beiden Bund-Länder-Arbeitsgruppen arbei- ten diesem Gremium zu. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da- men und Herren Abgeordneten, im Namen der Lan- Vizepräsidentin Pelke: desregierung beantworte ich die Mündliche An- frage des Abgeordneten Hauboldt wie folgt: Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Die nächste Mündliche Anfrage in Drucksache 4/730 Zu Frage 1: Die Entscheidung über den einen in des Abgeordneten Pilger, SPD-Fraktion, ist zurückge- Rede stehenden Antrag fällt der Landkreis selbst- zogen. Damit komme ich zum Aufruf der Münd- ständig im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung. lichen Anfrage in Drucksache 4/732. Abgeordneter Ich werde mich daher einer entsprechenden Be- Hauboldt, PDS-Fraktion. wertung enthalten. Auf Landesebene gilt für über- örtliche Maßnahmen grundsätzlich, dass für Veran- Abgeordneter Hauboldt, PDS: staltungen ein Tagesbeitrag erhoben werden muss, der in etwa die Kosten für Verpflegung ausgleicht. Was haben Lachhasen - ich darf kurz mal erläutern: Damit könnten diese Kosten als zuwendungsfähig Lachhasen, hier handelt es sich um die Schoko- anerkannt werden. Im Übrigen, ein entsprechender ladenhasen, in Folienpapier eingewickelt, damit es Antrag ist nicht bekannt. Alkoholische Getränke oder dann nicht zu Missverständnissen kommt - Über- andere Alltagsdrogen werden bei vom Land geför- raschungseier, Würstchen und Bier mit politischer derten Maßnahmen selbstverständlich nicht als zu- Bildung zu tun? wendungsfähig anerkannt.

Unter der Überschrift "Geld für Lachhasen" berichtete Zu Frage 2: Nein, auch hier ist ein entsprechender die "Thüringer Allgemeine" Weimar am 7. Januar Antrag nicht bekannt. 2005 über den Versuch der Jungen Union Weimarer Land, vom Landkreis Weimarer Land 1.534 )|UGHU Zu Frage 3: Hierzu gelten meine Ausführungen zu mittel für die politische Jugendarbeit zu erhalten. Der Frage 1 entsprechend. Landrat habe das abgelehnt, da es keinen An- spruchsgrund gäbe. Die Junge Union wollte, so der Vizepräsidentin Pelke: Bericht, beim Landrat unter anderem Quittungen für Lachhasen, bunte Eier und Würstchen abrechnen. Danke. Es gibt eine Nachfrage. Abgeordneter Hau- Für Bier sollten Kosten in Höhe von 128,30 HUstattet boldt. werden. Außerdem sei eine Abrechnung für "Design- Papier Marmor" für fast 100 GDEHLJHZHVHQGHVsen Abgeordneter Hauboldt, PDS: Empfänger laut Quittung das Bürgerbüro des Land- tagsabgeordneten Mike Mohring war. Herr Staatssekretär, hält es die Landesregierung jetzt für erforderlich, für Landesmaßnahmen aufgrund Ich frage die Landesregierung: dieses Vorfalls die Richtlinien für die Vergabe von Mitteln für politische Jugendarbeit zu überdenken, 1. Ist es aus Sicht der Landesregierung vertretbar, zu überarbeiten und wenn ja, sind damit inhaltliche dass der Jungen Union die Kosten unter anderem für Konsequenzen verbunden. Lachhasen, Schokolade, Würstchen und Bier aus Mitteln für die politische Jugendarbeit erstattet wer- Illert, Staatssekretär: den? Herr Abgeordneter Hauboldt, solange es keine An- 2. Hält es die Landesregierung rechtlich für zulässig, träge gibt, gibt es keinen Vorfall. dass Büromaterialien für Wahlkreisbüros von Land- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1435

(Beifall bei der CDU) Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Natur- schutz und Umwelt: Vizepräsidentin Pelke: Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen Danke. Weitere Nachfragen liegen nicht vor. Damit und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage komme ich zur nächsten Mündlichen Anfrage in des Herrn Abgeordneten Kummer beantworte ich Drucksache 4/734, Abgeordneter Kummer, PDS- für die Landesregierung wie folgt: Fraktion. Zu Frage 1: Ja. Abgeordneter Kummer, PDS: Zu Frage 2: Nein. Verkauf der Hohen Schrecke Zu Frage 3: Ja, allerdings bezieht die LEG ab- In der 9. Sitzung des Landwirtschaftsausschusses stimmungsgemäß die Abteilung Naturschutz und am 3. März 2005 berichtete die Landesregierung, Forsten des Ministeriums in die Prüfung des vom dass für den Verkauf eines Waldstücks der Hohen Bieter vorzulegenden Betriebskonzepts in forst- und Schrecke in der Größe von 1.087 Hektar durch die naturschutzfachlicher Hinsicht ein. Im Übrigen steht Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH außer Frage, dass sich die Vertragspartner an die (LEG) der Zuschlag an einen privaten Investor erteilt naturschutzfachlichen Vorgaben halten müssen, die wurde. Das Angebot des BUND, die Waldfläche mit mit der Verordnung zur Unterschutzstellung des ihrem hohen naturschutzfachlichen Wert zu erwer- Naturschutzgebiets Hohe Schrecke verknüpft sind. ben, könne nicht berücksichtigt werden, weil die Diese Verordnung umfasst auch die FFH-Thematik. gebotene Summe deutlich niedriger sei als die des privaten Investors. Vizepräsidentin Pelke:

In einer Meldung der Kyffhäuser Allgemeinen vom Es gibt eine Nachfrage. Abgeordneter Kummer. 8. März 2005 teilte die LEG im Gegensatz dazu jedoch mit, dass es noch immer intensive Verhand- Abgeordneter Kummer, PDS: lungen gäbe und auch das Angebot des BUND für die betroffene Waldfläche weiterhin geprüft würde. Herr Minister, Sie sagten, die entsprechende Ab- teilung wird mit einbezogen. Wie darf man sich (Beifall bei der PDS) denn diese Einbeziehung vorstellen? Dürfen die sagen, so geht es nicht, oder dürfen die bloß einen Auch die von der Landesregierung angekündigte Vorschlag unterbreiten? Könnten Sie da vielleicht Festschreibung naturschutzfachlicher Auflagen für noch etwas Konkretes dazu sagen? das Waldgebiet im Kaufvertrag wurde von der LEG stark eingeschränkt, da man bei solchen Summen Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Natur- die wirtschaftlichen Interessen des Käufers nicht schutz und Umwelt: ignorieren könne. Das habe ich gesagt, Herr Kummer, da haben Sie Ich frage die Landesregierung: nicht zugehört. Es gibt ein Bieterkonzept. Jeder Käufer, egal was er kauft, hat ein Bieterkonzept im 1. Sind die im Landwirtschaftsausschuss getroffenen forstwirtschaftlichen Sinne abzugeben, auch wo er Aussagen zum Verkauf der 1.087 Hektar der Hohen die naturschutzfachlichen Belange mit zu berück- Schrecke an einen privaten Investor zutreffend? sichtigen hat. Dieses Konzept wird dann bei uns von der Fachabteilung mit bewertet und mit beurteilt und 2. Hat das wirtschaftliche Interesse des Käufers dann auch demjenigen, der das Grundstück oder das Vorrang vor der Erhaltung des naturschutzfachlich Waldstück oder was auch immer zum Verkauf an- wertvollen Zustands des betroffenen Waldgebiets? geboten hat, die Abteilungsmeinung übermittelt.

3. Hat die LEG allein die Verantwortung für die Aus- Vizepräsidentin Pelke: gestaltung des Kaufvertrags oder ist die Umweltver- waltung an der Bestimmung der Auflagen beteiligt? Danke. Weitere Nachfragen liegen nicht vor. Ich stelle fest, Herr Minister Dr. Sklenar, die Abgeordneten Vizepräsidentin Pelke: hören Ihnen immer zu.

Danke. Es antwortet Minister Dr. Sklenar. (Beifall bei der PDS, SPD) 1436 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Wir kommen zur letzten Mündlichen Anfrage für hierzu in einen Dialog mit Thüringer Wirtschafts- heute in Drucksache 4/713, Abgeordneter Kuschel, verbänden und hier insbesondere dem VWT ein- PDS-Fraktion. treten.

Abgeordneter Kuschel, PDS: Zu Frage 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Ergänzend ist festzuhalten, dass die Unternehmen eine Reform Hohe Kommunalabgaben belasten den Wirtschafts- des Steuer- und Sozialabgabenrechts für vordringlich standort Thüringen halten, welches ganz überwiegend bundesgesetz- lich determiniert ist. Im Ergebnis einer Umfrage bei den Verbandsmit- gliedern kommt der Verband der Wirtschaft Thü- Zu Frage 3: Unter Kommunalabgaben versteht der ringen zur Einschätzung, dass unter anderem zu Gesetzgeber sämtliche Abgaben, die von Gemein- hohe Kommunalabgaben den Wirtschaftsstandort den und Landkreisen erhoben werden dürfen. Die Thüringen belasten. Demgegenüber hatte die Lan- Thüringer Landesregierung wird mit den Kammern desregierung während der Haushaltsberatungen und Verbänden in Kontakt treten, um ein differen- 2005 darauf verwiesen, dass die Thüringer Kom- zierteres Bild zur Einschätzung der aktuellen Höhe munen aus Gebühren, Beiträgen und Entgelten im der Kommunalabgaben zu erlangen. Erst danach bundesweiten Vergleich unterdurchschnittliche Ein- sind weitere Schlussfolgerungen möglich. nahmen erzielten, was für eine eher günstige Höhe der Kommunalabgaben sprechen würde. Ich frage Vizepräsidentin Pelke: die Landesregierung: Danke. Es gibt eine Nachfrage. Herr Abgeordneter 1. Zu welchen konkreten Ergebnissen ist der Verband Kuschel. der Wirtschaft Thüringens bei seiner Verbandsum- frage hinsichtlich der Höhe der Kommunalabgaben Abgeordneter Kuschel, PDS: gekommen und wie bewertet die Landesregierung diese Ergebnisse? Herr Minister, habe ich es hinsichtlich Ihrer Antwort 3 richtig verstanden, dass die Landesregierung gegen- 2. Welche Daten liegen der Landesregierung für eine wärtig über kein Datenmaterial hinsichtlich eines mögliche Bewertung der Belastungen der Wirtschaft bundesweiten Vergleichs der Belastung der Wirt- durch Kommunalabgaben im bundesweiten Ver- schaft durch Kommunalabgaben verfügt, sondern gleich vor und wie gestaltet sich in Auswertung dieses jetzt erst im Dialog mit den Wirtschaftsver- dieser Daten die konkrete Belastung der Thüringer bänden erarbeiten möchte? Wirtschaft durch Kommunalabgaben? Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie 3. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung und Arbeit: für erforderlich, um die Belastung der Thüringer Wirtschaft durch Kommunalabgaben wirtschaftsför- Ich habe gesagt, wir wollen die Jahresauswertung dernd zu gestalten? des VWT mit den Kammern und Verbänden be- werten. Es gibt vom Bundesverband der Deutschen Vizepräsidentin Pelke: Gas- und Wasserwirtschaft zu Trink- und Abwasser- kosten je Einwohner und Jahr für das Jahr 2003 Danke. Es antwortet Minister Reinholz. einen Datensatz, der besagt, bei Trinkwasserjahres- kosten liegt Thüringen etwa im Durchschnitt der Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie neuen Länder und unter dem Durchschnitt der alten und Arbeit: Bundesländer, im Bereich der Abwasserjahreskosten liegt Thüringen im unteren Bereich. Wir können Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht be- Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche urteilen, wie repräsentativ diese Darstellung des Anfrage des Abgeordneten Kuschel für die Thüringer BGW ist. Landesregierung wie folgt: Vizepräsidentin Pelke: Zu Frage 1: Der Landesregierung liegt das Ergebnis der Jahresumfrage 2004 des VWT vor. Die Umfrage Danke schön. Weitere Nachfragen liegen nicht vor. enthält keine inhaltlich untersetzten Ergebnisse zu Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 15, die Kommunalabgaben, vielmehr bewerten die Unter- Fragestunde. nehmer diese in ihrer Gesamtheit mit "ausreichend", Note 3,7. Die Thüringer Landesregierung wertet derzeit die Ergebnisse der Umfrage aus und wird Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1437

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13 Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fuchs, Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. Wahl von Mitgliedern der Parla- Dr. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; mentarischen Kontrollkommis- Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Ger- sion gemäß § 18 Abs. 2 des Thü- hard; Dr. Hahnemann, Roland; Hauboldt, Ralf; Hau- ringer Verfassungsschutzgesetzes sold, Dieter; Hennig, Susanne; Heym, Michael; Höhn, Wahlvorschlag der Fraktion der PDS Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke, Sieg- - Drucksache 4/738 - fried; Jung, Margit; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Köckert, Christian; Dr. Krause, Peter; Krauße, Wird die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt Horst; Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus. gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann verweise ich noch auf folgende Aspekte: Gemäß § 18 Abs. 2 Abgeordneter Bärwolff, PDS: des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes besteht die Parlamentarische Kontrollkommission aus fünf Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, An- Mitgliedern, die zu Beginn jeder Wahlperiode vom nette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Landtag aus seiner Mitte mit der Mehrheit seiner Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Mike Mitglieder gewählt werden. Vier Mitglieder wurden Mohring, Kersten Naumann, Maik Nothnagel, Eck- bereits in der 4. Plenarsitzung am 7. Oktober 2004 hard Ohl, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner gewählt. Der Wahlvorschlag der Fraktion der PDS, Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Bodo Ramelow, Abgeordneter Dr. Roland Hahnemann, erreichte in Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Wieland Rose, der 4. und 10. Plenarsitzung jeweils nicht die notwen- Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar dige Mehrheit der Mitglieder des Landtags. Die Frak- Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, tion der PDS hat nun erneut den Abgeordneten Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sed- Dr. Roland Hahnemann vorgeschlagen und der Ältes- lacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, tenrat hat in seiner 7. Sitzung am 15. Februar 2005 Harald Stauch, Carola Stauche, Christina Tasch, beschlossen, den Wahlvorschlag erneut auf die Heike Taubert, Tamara Thierbach, Andreas Trautvet- Tagesordnung zu setzen. ter, Marion Walsmann, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Christine Zitzmann. Gemäß § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, Vizepräsidentin Pelke: wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Gibt es hiergegen Widerspruch? Widerspruch ist gegeben. Hat jeder Abgeordnete seine und jede Abgeordnete ihre Stimme abgegeben? Das ist der Fall. Damit (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Wenn schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Stimmen Herr Schwäblein nicht da ist, müssen wir auszuzählen. einspringen.) Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich komme Damit kommen wir zur zweiten Möglichkeit, es findet zum Verlesen des Wahlergebnisses: abgegebene eine geheime Wahl statt. Ich erläutere kurz den Stimmzettel 84, ungültige Stimmzettel keine, gültige Stimmzettel. Auf dem Stimmzettel kann Ja, Nein oder Stimmzettel damit 84. Auf den Wahlvorschlag der Enthaltung angekreuzt werden und jeder hat na- Fraktion der PDS, Drucksache 4/738, Dr. Roland türlich nur die Möglichkeit ein Kreuz zu machen. Als Hahnemann, entfielen 39 Jastimmen, 45 Neinstim- Wahlhelfer werden berufen die Abgeordneten Ber- men, keine Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit der ninger, Carius und Künast und ich bitte die Wahl- Mitglieder des Landtags, nämlich 45 Stimmen, nicht helfer, ihre Tätigkeit aufzunehmen. Dafür brauchen erreicht und Abgeordneter Dr. Roland Hahnemann wir ersatzweise noch Schriftführer hier oben. Als nicht gewählt. Schriftführer fungieren hier ersatzweise die Abgeord- neten Günther und Hennig. Herzlichen Dank dafür. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 14 Ich rufe jetzt die Wahlhandlung auf und bitte die Namen aufzurufen. Wahl von Vertrauensleuten für die Ausschüsse zur Wahl der Abgeordneter Günther, CDU: ehrenamtlichen Richter bei den Verwaltungsgerichten des Frei- Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Bausewein, An- staats Thüringen dreas; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Ber- Wahlvorschläge der Fraktionen ninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; der SPD, CDU und PDS Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döring, - Drucksachen 4/520/722/723 - Hans-Jürgen; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde, 1438 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Wird Aussprache zu diesem Punkt gewünscht? Das Dr. Krause, Peter; Krauße, Horst; Kretschmer, Tho- ist nicht der Fall. Dann verweise ich auf folgende For- mas; von der Krone, Klaus. malien: Gemäß § 26 Abs. 1 der Verwaltungsgerichts- ordnung wird bei jedem der drei Verwaltungsge- Abgeordneter Bärwolff, PDS: richte ein Ausschuss zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bestellt. Die Wahlausschüsse bestehen Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, An- nach § 26 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Chris- unter anderem aus sieben Vertrauensleuten. Diese tine Lieberknecht, Christoph Matschie, Mike Mohring, sieben Vertrauensleute sowie deren Vertreter sind Kersten Naumann, Maik Nothnagel, Eckhard Ohl, aus den Einwohnern der jeweiligen Verwaltungsge- Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, richtsbezirke vom Landtag zu wählen. Es werden also Walter Pilger, Egon Primas, Bodo Ramelow, Michaele insgesamt 21 Vertrauensleute sowie 21 Vertreter ge- Reimann, Jürgen Reinholz, Wieland Rose, Dr. Johan- wählt. Ich bitte die Vertreter der Landesregierung, na Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, doch etwas ruhig zu sein. Nach § 9 Abs. 2 der Ge- Eckehard Kölbel, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schu- schäftsordnung entfallen für jeden Wahlausschuss bert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun der drei genannten Verwaltungsgerichte auf die Frak- Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Skle- tion der CDU vier Vertrauensleute und vier Vertre- nar, Harald Stauch, Carola Stauche, Christina Tasch, ter, auf die Fraktion der PDS zwei Vertrauensleute Heike Taubert, Tamara Thierbach, Andreas Traut- und zwei Vertreter und auf die Fraktion der SPD eine vetter, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Sieg- Vertrauensperson und ein Vertreter. fried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Christine Zitzmann. Damit komme ich jetzt zur Wahlhandlung. Ich frage, ob offene Wahl Widerspruch erfährt. Erfährt Wider- Vizepräsidentin Pelke: spruch. Damit kommen wir dann zur geheimen Wahl. Jeder Abgeordnete erhält für jedes der drei Ver- Hat jetzt jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete waltungsgerichte einen Wahlschein. Er hat für jeden seine Stimme abgegeben? Ich stelle fest, das ist dieser Wahlscheine nur eine Stimme. so. Damit schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Stimmzettel auszuzählen. (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sagen Sie das noch mal laut!) Wie vereinbart fahren wir mit der Tagesordnung fort, während die Stimmen ausgezählt werden, und Ich wurde gebeten, das zu wiederholen; machen wir ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7 doch gern. Jeder Abgeordnete erhält für jedes der drei Verwaltungsgerichte einen Wahlschein und er Landeskulturkonzept Thüringen hat für jeden dieser Wahlscheine nur eine Stimme. Antrag der Fraktion der PDS Es wird auch noch besser. Zur besseren Unterschei- - Drucksache 4/689 - dung wurden die Wahlscheine in unterschiedlichen Farben - Gera weiß, Meiningen blau und Weimar Wird die Begründung durch den Antragsteller ge- gelb - ausgefertigt und wir wählen in einem Wahl- wünscht? Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die gang. Ich denke, das ist verstanden. Damit rufe ich Landesregierung, den Sofortbericht zu Punkt 1 des die Wahlhandlung auf und bitte die Schriftführer, Antrags zu geben. die Namen aufzurufen. Prof. Dr. Goebel, Kultusminister: Abgeordneter Günther, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Bausewein, An- Herren, Thüringen ist ein Land der Kultur. dreas; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Ber- ninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; (Beifall bei der CDU, PDS) Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döring, Hans-Jürgen; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde, Vol- Wir haben fast 30.000 schutzwürdige Denkmale. ker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fuchs, Unsere Museen präsentieren Kulturschätze von Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. herausragender internationaler Bedeutung. Die Lite- Dr. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; ratur hat ihren bleibenden Stellenwert in Thüringen Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Ger- in den Traditionen des klassischen Weimar. In un- hard; Dr. Hahnemann, Roland; Hauboldt, Ralf; Hau- serem Land sind wissenschaftliche Bibliotheken mit sold, Dieter; Hennig, Susanne; Heym, Michael; Höhn, national und international bemerkenswerten Samm- Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke, Sieg- lungen zu Hause. Die Welle der Hilfsbereitschaft fried; Jung, Margit; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klau- nach dem schrecklichen Brand der Herzogin-Anna- bert, Birgit; Köckert, Christian; Dr. Krapp, Michael; Amalia-Bibliothek beweist, es gibt ein hohes Kultur- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1439 bewusstsein in unserer Bevölkerung. Zu unserem stiftung der Länder, im Haushalt vorgesehen und reichen Kulturerbe gehört die Musik. Wir fördern 13,5 Prozent werden für die Arbeit der Landesämter institutionell sieben Theater und drei Orchester mit und der Archive aufgewendet. Wenn wir die Förde- jährlich etwa 60 Mio. 0LWWHOGHV/DQGHV'DV LVW rung neu austarieren, werden wir wieder mehr fi- einmalig in Deutschland. Wir setzen auf unseren nanziellen Spielraum für Projekte gewinnen können. künstlerischen Nachwuchs. Ergänzt wird das kul- Wir stehen dabei in einem stetigen Dialog mit Kul- turelle Angebot durch Festivals wie beispielsweise turträgern, mit Verbänden und allen anderen Betei- durch das Tanz- und Folkfest in Rudolstadt oder ligten, denn das sind die Experten, auf die es an- die Kulturarena in Jena. Die kulturelle Substanz zu kommt, und mit ihnen werden wir auch die Ergeb- bewahren, zugleich aber den aktuellen Bedürfnissen nisse der jetzt angefertigten Analysen diskutieren. und unseren materiellen Möglichkeiten gerecht zu Dabei sind wir uns bewusst, dass ein Kulturkonzept werden, ist einer der wesentlichen Ausgangspunkte nichts Statisches sein kann. Kultur in einem freiheit- unserer Kulturpolitik. Wir als Landesregierung unter- lichen Land ist immer in einem Zustand der Entwick- stützen Kunst und Kultur nach Kräften. Der jüngste lung und dynamischen Veränderung. Sie lebt von Kulturfinanzbericht des statistischen Bundesamtes freier Kooperation und nicht von Kommissionen. belegt das. Die öffentlichen Haushalte in Thüringen Wenn nach Artikel 30 unserer Landesverfassung geben knapp 280 Mio. JHQDX  0LR  IU Kultur, Kunst und Brauchtum Schutz und Förderung Kultur aus. Das entspricht einem Anteil von 2,66 Pro- durch das Land und seine Gebietskörperschaften zent an den Gesamtetats der öffentlichen Haushalte genießen, dann heißt das, dass in unserem Frei- in Thüringen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei staat Verantwortung für die Kultur nur im Geiste 1,66 Prozent. Auf Einwohner bezogen geben wir einer solchen Zusammenarbeit und in gemeinsamer 115 DXVGLHDOWHQ)OlFKHQOlQGHUJHUDGHHLQPDO Verantwortung wahrgenommen werden kann. Auch 76 7KULQJHQNDQQVLFKKLHU DOVRVHKHQODVVHQ in der Kulturpolitik gilt das Prinzip der Subsidiarität. und darauf können und sollten wir stolz sein. Kulturpolitik muss dort ansetzen, wo die Kultur ihre Wurzeln hat, bei den Menschen. Das ist ein wei- Auch im Lichte der gegenwärtigen Haushaltslage terer Kerngedanke unseres Konzepts. müssen wir unsere Kulturlandschaft optimal ge- stalten. Der Ministerpräsident hat in seiner Regie- Unseren in vielen Vereinen und Initiativen enga- rungserklärung angekündigt, dass die Landesre- gierten Bürgerinnen und Bürgern danke ich, dass gierung mit einem Kulturkonzept verbindliche Ziele sie wesentlich dazu beitragen, unsere Kulturland- für die Kulturpolitik des Landes definieren wird. Als schaft zu erhalten und voranzubringen. Wir setzen Zeitpunkt der Vorlage habe ich stets Mitte des in unserem Kulturkonzept stark auf Vereine und Jahres 2005 genannt. Insofern kann ich Ihnen heute auf bürgerschaftliches Engagement und wir wollen nur einige erste Analyseergebnisse und Prämissen alle Chancen auch für Mäzenatentum in der Kultur des Kulturkonzepts nennen. Dieses Konzept kann nutzen. Laut KMK-Statistik aus dem Jahr 2003 liegen im Übrigen keine planerische Vorgabe des Landes in Thüringen die Finanzierungsanteile für Kultur über- für die kulturelle Entwicklung im Freistaat sein; solche wiegend beim Land, obwohl das Land faktisch keine Zeiten haben wir, Gott sei Dank, überwunden. Unser eigenen Einrichtungen hat, sieht man einmal vom Kulturkonzept soll Potenziale für Vielfalt in unserem Panoramamuseum Bad Frankenhausen und vom Land erschließen und fördern. Das wird nicht nur da- Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar ab. durch geschehen, dass wir als Freistaat finanzielle Mittel bereitstellen. Wir wollen landesweite Initiativen Bei uns in Thüringen stehen bei den Kulturausgaben unterstützen und Schwerpunkte in der Kulturarbeit 56 Prozent Landesanteil 44 Prozent der Kommunen gezielt fördern. Gegenwärtig sind wir dabei, für die gegenüber. Auf Bundesebene ist die Relation bei einzelnen Kultursparten Entwicklungslinien und För- den Flächenländern 38 Prozent Landesanteil und derbedingungen zu analysieren. Wir wollen dabei die 62 Prozent Kommunalanteil. In Thüringen beträgt der Relationen zwischen den einzelnen Kultursparten Landesanteil also das 1,5-fache des Bundesdurch- nach den bestehenden Bedürfnissen optimieren und schnitts. Rechnet man das in absolute Beträge um, Schwerpunkte setzen. Ein Beispiel: Gegenwärtig so ist es sogar das Doppelte. Mit unserem Kultur- fließen 49 Prozent der Thüringer Kulturausgaben in konzept werden wir die Kulturfinanzierung auf eine die Theater. Für die Projektförderung bleiben ledig- breitere Basis stellen. Nach unserer Prämisse, dass lich 3,8 Prozent. Außerdem stehen etwa 9 Prozent weder das Land noch die Städte, Gemeinden und der Mittel für institutionelle Förderung der Museen, Landkreise ihre Kulturausgaben erhöhen können, Musikschulen, Bibliotheken, die Stiftung Weimarer sind Prioritäten zu setzen und Neuordnungen erfor- Klassik und die Stiftung Buchenwald zur Verfügung. derlich, um finanzielle Spielräume zu eröffnen. Kultu- 4,7 Prozent gelten Investitionen bei Museen, Musik- relle Prozesse sind langfristig und müssen von Ver- schulen, Bibliotheken, den Stiftungen. 20 Prozent lässlichkeit getragen sein. Insofern sind von einem sind für überregionale Rechtsverpflichtungen, wie die Kulturkonzept keine schnellen Wunder zu erwarten. Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Kultur- Wir werden und müssen gemeinsam mit den Kom- 1440 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 munen eine behutsame, längerfristige Neuordnung sagte: "Das Wachstum der Welt ist Kultur." Die der institutionellen Landesförderung zur Sicherung Mal- und Zeichenschule Weimar wirbt für ihre Aus- und Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur stellung im Gang zum Kunstturm mit einer kurzen einleiten. Dazu werden wir miteinander einen Kon- Formel, zwei Worten und einem mathematischen sens über die Kulturausgaben in den nächsten Jah- Zeichen: "Kultur = Kapital". Beide Aussagen könnten ren suchen. Das Kulturkonzept soll eine Grundlage nach unserer Auffassung als Überschrift eines Lan- sein für praktisches Regierungshandeln in einem für deskulturkonzepts taugen, welches Ministerpräsi- unser Land bedeutsamen Bereich in den kommen- dent Althaus in seiner Regierungserklärung zu Be- den Jahren, indem es Schwerpunkte und Strategien ginn dieser Legislaturperiode angekündigt hat. Herr der Kulturförderung beschreibt. Ich berichte dem Minister Goebel, Sie verwiesen darauf. Er sagte dort: hohen Haus gern zum gegebenen Zeitpunkt weiter "Mit einem Kulturkonzept definieren wir bis Mitte über den jeweiligen Sachstand unserer Arbeit am 2005 die verbindlichen Ziele für die Kulturpolitik des Kulturkonzept. Natürlich werden auch die Vorschläge Landes." Es folgte dann: "Nicht alles, was wün- aus der heutigen Debatte Beachtung finden. Im schenswert wäre, lässt sich immer finanzieren und Übrigen halte ich es mit Theodor Heuss, der einmal deshalb müssen wir zu Weiterentwicklungen kom- geschrieben hat: "Mit Politik kann man keine Kultur men." Zu dieser Äußerung möchte ich bereits hier machen, aber vielleicht kann man mit Kultur Politik zwei Anmerkungen machen. machen". Ich darf ergänzen, Kultur verstanden als Lebensweise, das ist sicherlich die glaubwürdigste Erstens: Dass es ein Landeskulturkonzept geben Politik. Vielen Dank. soll, ist ausdrücklich zu begrüßen. Wenn die Re- gierung eine gute Idee hat, kann das auch von der (Beifall bei der CDU) Opposition einmal ausgesprochen werden.

Vizepräsidentin Pelke: (Beifall bei der PDS)

Danke schön. Für den Sofortbericht der Landesre- Ich möchte davor warnen, ein solches Konzept mit gierung wird Aussprache zum Bericht durch die Kulturplanung früherer Art zu vergleichen, verweise PDS-Fraktion gewünscht. Damit kommen wir zur aber darauf, dass Kulturraumplanung im euro- Aussprache und als erste Rednerin hat sich ge- päischen Raum durchaus ihre Berechtigung hat meldet Frau Abgeordnete Dr. Klaubert, PDS-Fraktion. und in vielen Ländern angewandt wird. Wenn Sie ganz einfach mal in der Suchmaschine "Google" das Abgeordnete Dr. Klaubert, PDS: Wort "Kulturkonzept" eingeben, finden Sie über 3.000 Hinweise auf Kulturkonzepte. Die meisten Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, davon finden Sie mit Schweizer Adressen, sehr viele Sie haben einen sehr kurzen Bericht gegeben, Herr mit kommunalen Adressen, aber auch einige mit Minister Prof. Dr. Goebel. Ich frage mich immer, wann Landesbezug. bekomme ich Sie in welcher Form zu einer leiden- schaftlichen Regung für Kultur. Als zweite Anmerkung möchte ich sagen: Dass zur Begründung eines solchen Konzepts die Finanznot (Heiterkeit und Beifall im Hause) herhalten muss, ist ausdrücklich nicht zu loben, denn die erste Frage muss sein: Welche und wie viel Ich bin ja schon froh, dass Sie den Bericht zum Kultur brauchen wir? Wir haben in diesem hohen Tagesordnungspunkt 7 insofern gegeben haben, Hause mehrfach Debatten gehört, nach welchen das dass Sie in sehr allgemeiner Form statistische Diktat der Finanzen inhaltliche Themen bestimmte. Größen der Finanzierung des Kulturhaushalts dar- Zum Beispiel zur Pflegeversicherung am heutigen gelegt haben. Das entspricht wahrscheinlich dem Morgen gab es eine heftige Debatte um das Ver- mathematischen Verständnis des Kultusministers. hältnis des Inhalts solcher Pflegeleistungen zu den Aber zum Wert der Kultur und zu den Erwartungen, dafür benötigten Finanzen. Immer wieder stellen die meine Fraktion an ein Landeskulturkonzept stellt, wir unter dieser Landesregierung fest, zuerst sind es sind Sie leider nicht gekommen. Nun haben Sie ja die Finanzen und dann kommt der Inhalt. Ich glaube, die Möglichkeit eröffnet, aus der Debatte zu diesem der Weg ist falsch. Antrag einiges aufzunehmen, und es erfüllt mich mit der Hoffnung, dass ich Sie doch noch ein bisschen (Beifall bei der PDS) weiterführen kann. Wir werden uns also auch nach der mathematischen (Heiterkeit im Hause) Berichterstattung zum Thema mit dem Begriff "Wei- terentwicklung" befassen müssen, wenn der ernst- Ich beginne mit einem Zitat von dem russischen hafte Wunsch besteht, Kunst und Kultur im Freistaat Lyriker Alexander Bloch aus dem Jahre 1919. Er wachsen und gedeihen zu lassen. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1441

Lassen Sie mich zunächst folgende Feststellungen Spätestens zu den Beratungen zum Landeshaus- treffen: Der Freistaat Thüringen hat historisch be- halt 2005 und in finanzpolitischen Entscheidungen dingt und durch die Residenzen geprägt ein dichtes durch die Landesregierung wurde die Gefährdung und über das ganze Land verteiltes Netz kultureller der Thüringer Kulturlandschaft deutlich. Erst leise und Schwerpunkte. Thüringen ist nicht das Land der dann immer lauter regten sich die Proteste. Die Metropolen, sondern der Vielfalt kultureller Attrak- Heidecksburg sollte keinerlei Zuschüsse mehr be- tionen. Ich könnte jetzt das anfügen, was Sie am kommen, die Museen der Landeshauptstadt eben- Beginn Ihrer Rede gesagt haben, denn ich habe auch falls nicht. Den Kommunen mit hoher kultureller auf der Internetseite des Kultusministeriums nach- Belastung wurde die Unterstützung aus dem Kom- geschaut. Dort findet man nämlich die Informationen, munalen Finanzausgleich verwehrt. In einer Thürin- mit denen Sie Ihren Bericht begonnen haben. Ich ger Tageszeitung sprach man vom Schritt zur kul- möchte aber darauf verweisen, Weimar reicht als turellen Einebnung des Landes. Leuchtturm weit über Thüringen hinaus. Und ich gebe an dieser Stelle zu bedenken: Der Ambivalenz des Hier sei mir eine Randbemerkung gestattet: In der Ortes wird gerade im 60. Jahrestag der Befreiung Auseinandersetzung damit wurde mir zum wieder- von Nationalsozialismus und Krieg in vielfältiger holten Male - ich glaube, immer von Herrn Schwäb- Weise gedacht. Doch in jeder Ecke des Landes fin- lein - die Rolle der Kassandra zugeordnet. Eigentlich den wir Bedeutsames, um welches man uns benei- könnte mich dieser Vergleich ehren, doch ich gebe zu den könnte. "Kultur = Kapital", sagen die Kinder bedenken, Sie haben das sicher inzwischen auch der Mal- und Zeichenschule. Die Schlussfolgerung recherchiert: Kassandra hatte Recht; es glaubte ihr wäre, dieses Kapital ständig zu mehren, denn die nur keiner. Die Fähigkeit aus Weissagung und Nicht- Dichte der kulturellen Landschaft ist beachtlich. verstandenwerden war für sie die Strafe aus ihrer Doch manche meinen inzwischen, dass das alles viel Weigerung, eine Beziehung zu Apollon einzugehen. zu viel sei für ein so kleines Völkchen in der Mitte Ich möchte das nur zur Richtigstellung mancher Europas, welches sowieso wirtschaftlich schwach Vorwürfe aus vergangenen Kulturdebatten hier an- auf der Brust ist und an Einwohnern ständig ver- merken. Ich möchte übrigens mit meinen Mahnungen liert. Der Reichtum wird inzwischen immer mehr als auch nicht Recht haben, doch die Befürchtungen Last denn als Lust verstanden. Die Kommunalpo- dafür konnte bisher noch keiner zerstreuen. litiker stöhnen unter dieser Last und werden inzwi- schen gefragt, ob in diesen wirtschaftlich schwie- (Zwischenruf aus dem Hause) rigen Zeiten so viel Geld überhaupt noch in die Kultur fließen kann bzw. muss. In den Kommunen, Nein, ich habe nicht gesagt, dass Herr Schwäblein die ein Theater haben, blickt man auf die Zielmarke Apollo ist. 2008. Dann laufen die Theaterfinanzierungsverträge aus. Wir wissen alle, dass bis Mitte des nächsten (Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Jahres die Weichen gestellt werden für die Zeit ab Nein, Sie haben vorhin den Kultusmi- 2009. Nun denke ich, dass bis zu den Bürgermeister- nister angehimmelt.) und Landratswahlen 2006 keiner offen bekennen wird, dass er sein Theater schließen oder verkleinern Haben wir also eine Chance, diese scheinbar aus- möchte. Doch was wird danach in Bewegung kom- sichtslose Situation noch zu retten? Für die PDS- men? Die Schlösser und Gärten des Landes, die Fraktion möchte ich diese Frage mit Ja beantworten. Denkmale in den Händen der Kommunen und des Wir haben diese Chance und wir haben die Pflicht, Landes prägen die Landschaft, doch sie wollen un- diese zu nutzen. Um das zu erreichen, brauchen terhalten und genutzt werden. Wer kann sich das wir verbindliche Standards für die Kulturpolitik des leisten und vor allem wie? Frau Finanzministerin, ich Landes. Diese gilt es zu vereinbaren und zum Schutz nehme jetzt gleich einmal Bezug auf eine Beratung der Thüringer Kultur auch als Maßstab für künftige zwischen Ihnen und mir. Ich habe eine Anfrage Haushalts- und Strukturentscheidungen zu nehmen. gestellt nach den Denkmalen in Landeshand. Die Um diese Herausforderung anzunehmen, brauchen Zahl ist derartig groß, ich greife noch keiner Zahl wir die vorbehaltlose Akzeptanz des Thüringer Reich- voraus, dass wir uns inzwischen über eine Verfah- tums an Kultur - und ich schließe auch an - und rensfrage geeinigt haben, welche dieser Denkmale Natur, denn von beiden haben wir viel. Keiner kann in der Hand des Landes mit welcher Nutzung wir heute noch davon ausgehen, dass wir eine Indus- durch unsere Fragestellung genauer beleuchten trialisierung nach dem Modell des 18. oder 19. Jahr- können. Das zeigt, dass wir hier einen Reichtum hunderts vorantreiben könnten oder sollten. Künf- haben, der derzeit brach liegt und nicht genutzt wird. tige Produktionsstrukturen werden kleinteiliger sein, Ich denke, das kann nicht allein in der Verant- hoch effizient und in starker Abhängigkeit von glo- wortung eines Kultusministeriums liegen. balen Prozessen. Doch das wäre ein weiteres Pro- blemfeld. Ich möchte nur darauf verweisen: Wenn es in früheren Jahren häufig Mäzene gab und Sie 1442 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 heute gesagt haben, wir setzen auf dieses Mä- vorgelegt wird und wonach man sich dann zu richten zenatentum, muss ich Sie leider enttäuschen. Ein hat. Wir glauben, dass eine solche Herangehens- derartiges Mäzenatentum, geprägt vom Willen die weise falsch ist. Kultur zu befördern, finden wir heute kaum noch. Das Maximale, was wir erreichen können, ist ein Spon- Ich widerspreche auch all denjenigen, die sagen, soring und dann muss schon das Firmenschild auf dass man in einem frühen Stadium erst einmal mit dem Gemälde oder am Theatervorhang kleben. den einzelnen Betroffenen sprechen muss, ehe man sie in größeren Gruppen zusammenführt. Sicher, (Beifall bei der PDS) auch das ist notwendig, doch zur Arbeit an einem Zukunftskonzept für die Kultur gehört das gemein- Thüringen sollte nach unserer Auffassung ein Land same Nachdenken, der Wettbewerb und das Streiten des Wissens und der Kultur sein. Die Substanz um Ideen, die Erweiterung der Erfahrung und die dazu haben wir und die Zukunft wird in intelligenten Nutzung des guten Beispiels - manchmal übrigens Lösungen zur Meisterung des Daseins liegen. Weil auch des schlechten. Neudeutsch könnte ich sagen, wir älter werden - und das ist eigentlich gut so -, aber bis jetzt fehlt uns das Brainstorming. auch weil wir weniger werden, gilt es gerade die Kreativität zu entwickeln, wie solche Zukunftspro- Insofern werbe ich an dieser Stelle für den zweiten zesse gemeistert werden können. Jede Ressource Punkt unseres Antrags, der auch fordert, eine Art - ich sage jede - ist dazu zu nutzen. Das heißt nach Sachverständigen- oder Expertenkommission ein- Lesart meiner Fraktion, dass wir auch für jeden Men- zurichten, die sich der Entwicklung des Landes- schen ohne Behinderung durch soziale Schranken kulturkonzepts auf der Basis analytischer Daten die Chancen ermöglichen müssen, sich zu beteiligen. widmet und Zielvorstellungen formuliert. Ich möchte Somit sollte ein Landeskulturkonzept ein Zukunfts- gleichzeitig dazu anmerken, dass uns dabei ein konzept für den Freistaat Thüringen sein. Eine Sym- Fehler unterlaufen ist, der sich im Nachgang zum biose von Tradition und Moderne könnte das Leitbild Formulieren des Antrags und in Vorbereitung auf die Thüringens im Herzen eines europäischen Raums heutige Debatte herausstellte. Wir haben bei denen, sein. Thüringen lädt ein zum Verweilen und zum Be- die wir dort benannt haben als Vertreter der Kultur- such und sichert sich die Möglichkeit zur Gestaltung einrichtungen und der kommunalen Körperschaften, aus eigener Kraft. vergessen, die Kirchen ausdrücklich mit in den An- trag hineinzuformulieren. Doch wir meinen, diese So weit zu einigen grundsätzlichen Ansprüchen, die Erweiterung müsste auf alle Fälle vonstatten gehen sich für meine Fraktion vor dem Hintergrund der und ich werbe damit eigentlich um die Erweiterung Ankündigung des Ministerpräsidenten stellen und, unseres Antrags in Punkt 2, wollte allerdings keine Herr Minister Prof. Goebel, ich dachte, einige dieser Neufassung verteilen. Dinge führen Sie hier auch aus, vielleicht nicht ganz in dieser Lesart, aber doch sehr grundsätzlich. Vor Ich fasse damit den Gedanken zusammen: Ein diesem Hintergrund formulierten wir auch unseren Kulturkonzept für ein ganzes Land kann nicht am ersten Punkt des Antrags, welcher sich auf das grünen Tisch entstehen. Wir brauchen sowohl das Berichtsersuchen bezog. Bis Mitte des Jahres ist Verwaltungshandeln als auch die Einbeziehung des nur noch wenig Zeit. Die Ankündigung der Vorlage Erfahrungsschatzes der Kulturmacher und wir brau- des Landeskulturkonzepts war für Mitte des Jahres chen die Einbeziehung des Parlaments in diesen 2005 vorgesehen. Arbeitsprozess.

Wie wichtig übrigens gerade in der heutigen Situation Im Nachgang zu diesem Plädoyer für eine gemein- ein derartiges Konzept ist, bestätigten uns in jüngsten same Arbeit gestatten Sie mir zwei weitere Bemer- Gesprächen auch Vertreter verschiedener Kultur- kungen zur Arbeit in den anderen Bundesländern. verbände, Landesarbeitsgemeinschaften und Ein- Unser Nachbarland Sachsen-Anhalt hat bereits Er- richtungen und natürlich auch der Träger. Bei diesen fahrungen bei der Erarbeitung eines Landeskultur- gibt es trotz der Enttäuschungen zum Landeshaus- konzepts. Grundlage dieses war eine Zustandsbe- halt 2005 noch immer eine große Offenheit und schreibung der kulturellen Situation. Diese wurde Bereitschaft, an sinnvollen Schwerpunktsetzungen dem Landtag gemeinsam mit kulturpolitischen Grund- mitzuarbeiten und eigene Erfahrungen einzubringen. sätzen sowie einem Zeitplan zur Einhaltung des Kon- Bisher, so wurde uns jedenfalls gesagt, gab es noch zepts vorgelegt. Der Landtag beauftragte dann die keine Einbeziehung derartiger Kompetenzen. Dass Landesregierung, einen Bericht zu den bisherigen am Landeskulturkonzept gearbeitet wird, ist bekannt - Schwerpunkten des Engagements des Landes und wenigstens bei den Betroffenen. Eine Einbeziehung zur bisherigen Förderpraxis zu geben. Im Kultus- der Fachleute blieb bisher aus. Demzufolge drängt ministerium wurde zur Umsetzung des Auftrags eine sich der Verdacht auf, dass die Arbeit allein eine Projektgruppe gebildet. Zur Vorbereitung der not- Exekutive umfasst, an deren Ende etwas steht, was wendigen Organisation der Erhebungen gab es eine Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1443

Auftaktveranstaltung, in der allen Beteiligten der Auf- ist falsch. Investitionen in Kultur und Bildung sind trag des Landtags erläutert wurde. Damit konnte wirtschaftliche Investitionen, gerade in einem Land bereits in der Erhebungsphase ein breiter Konsens von der Prägung Thüringens. Ein solches Verständ- hergestellt werden. nis wird übrigens gern in Sonntagsreden verkauft. Da sind sich alle schnell einig, Kultur und Bildungs- Ich denke, solche Erfahrungen sollte man nutzen investitionen sind Investitionen in die Zukunft. Fi- und in unsere Arbeit einfließen lassen. Aber wir nanzpolitisch sieht es dann meistens anders aus. haben bis jetzt davon noch nichts gemerkt. Erwähnt Ich denke, wir haben dort noch keinen Anwendungs- sei übrigens an dieser Stelle, dass der Landkreistag modus gefunden. Sachsen-Anhalts und der Städte- und Gemeinde- bund dort erhebliche Vorbehalte gegen ein Landes- Demzufolge plädieren wir dafür, dass Erfahrungen, kulturkonzept zum Ausdruck brachten, weil es nach Hinweise und Anregungen aus allen Ministerien in ihrer Auffassung dem Verfassungsauftrag zuwider- ein Landeskulturkonzept einfließen sollten. Dann laufe und den Erhalt und die Entwicklung einer kul- wäre auch die Interaktion zu diesen Ministerien turell vielseitigen, pluralen Landschaft eher beein- möglich, so dass man in diese Ministerien hinein Im- trächtigen würde. Solche Einwände muss man früh- pulse geben könnte und sich jeder Minister ein biss- zeitig beachten. Ich plädiere immer noch für die Ein- chen als Kulturminister empfinden könnte. Warum beziehung der Kommunen, aber nichts wäre schäd- soll nicht Herr Reinholz zum Beispiel das Arbeits- licher, als wenn das Landeskulturkonzept auf dem kräftepotenzial im Kulturbereich als seine ureigenste Tisch der Verfassungsrichter landen würde. Angelegenheit betrachten? Sie haben einen Staats- sekretär, der kommt aus dem anderen Ministerium, Als zweites Beispiel möchte ich das sächsische an- Sie hätten also die Synergieeffekte schon in den Äm- führen. Das Nachbarland Sachsen hat Erfahrungen tern angelegt. Warum soll - jetzt ist der Bauminister mit einem Kulturraumgesetz. In Thüringen ist die Dis- nicht da - nicht aus dem Bauministerium heraus ein kussion um dieses in den letzten Jahren sehr still Förderprogramm "Junges Wohnen in alten Denkma- geworden. Wir hatten vor der Jahrtausendwende das len aufgelegt werden"? eine oder andere Mal das Aufflackern dieser Dis- kussion. Wir hatten dann andere Formen der insti- (Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für tutionellen und der Projektfinanzierung gefunden. Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Aber, das gebe ich jetzt anzumerken, werden jetzt Das ist gut.) nicht auch die Weichen gestellt für zukunftsfähige Verwaltungsstrukturen? Und müsste man im Zusam- Die zahlreichen Häuser in Städten und Dörfern menhang mit den veränderten Verwaltungsstruktur- könnten jungen Familien mit Fördermitteln kosten- diskussionen - ob das unser Modell von vier grö- günstig angeboten werden und es entstünde Wohn- ßeren Einheiten oder das Modell der SPD-Fraktion raum in gewachsener Infrastruktur und mit viel Iden- von der Hälfte der bisherigen größeren Einheiten tifikation mit dem Ort. Gleichzeitig würde ein Beitrag oder ein ganz anderes Modell sein sollte - nicht zur kulturellen Bereicherung des Landes geleistet. auch einmal diskutieren, ob man das Modell der Vielleicht - und das sage ich jetzt insbesondere an Kulturräume Sachsens mit einem solchen Kultur- die beiden sich streitenden Parteien um die Eigen- raummodell verbinden kann? Innerhalb solcher Kul- heimzulage - könnte dieses Modell genutzt werden, turräume könnte man dann gegebenenfalls Mittel um einen vernünftigen Vorschlag zur Eigenheim- zur Verfügung stellen und die Kultur innerhalb dieser zulage zu machen, und dann geht die Thüringer Lan- ausgestalten lassen. Nun kommt dieser Vorschlag desregierung in den Bundesrat und bringt diesen von der Opposition. Die Frage wird sein, wo wird er Vorschlag der PDS-Fraktion in die bundesdeutsche beerdigt werden? Oder gehört er zu den Anregungen, Debatte ein. Das wäre doch gut. nach welchem Sie sagten, Sie wollen sie gerne aus der heutigen Debatte aufnehmen? (Beifall bei der PDS)

Einen weiteren Aspekt möchte ich anfügen. Kultur Was Kultur bewegen kann, möchte ich am Beispiel durchdringt alle Bereiche des Lebens. Betrachtet des Bürgermeisters von Palermo, Leoluca Orlando, man Kultur als Ressortaufgabe eines Ministeriums, anführen. Es mag im Moment weit hergeholt klingen, wird es keine umfassende Weiterentwicklung geben doch ich verweise darauf, dass er als mutiger Mann können. Daran krankte auch Ihr Bericht, Herr Mi- bekannt wurde, der mit Kultur den scheinbar aus- nister. Sie haben tatsächlich nur von den klassischen sichtslosen Kampf gegen die Hegemonie der Mafia Kulturbereichen gesprochen. Wir meinen aber, es in seiner Heimatstadt aufnahm. Das hat ihm auf müsste interministeriell gedacht und gehandelt wer- dieser Seite viele Feinde eingebracht. Ich glaube, er den. Viel zu sehr wird im konkreten Handeln und vor steht noch immer unter Personenschutz. Doch er hat allem natürlich dann im Finanzierungsgebaren Kultur das Leben in Palermo zivilisieren können. Ich möchte auf den rein konsumtiven Aspekt beschränkt. Das jetzt keinesfalls Thüringen mit der sizilianischen 1444 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Metropole vergleichen. lassen zu können.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Es (Beifall bei der PDS, SPD) gibt Ähnlichkeiten.) Vizepräsidentin Pelke: Es gibt gute Gründe, das nicht zu tun. Doch der An- satz Orlandos ist interessant. Er spricht von Recht Danke. Ich unterbreche an dieser Stelle kurz die und Bürgersinn als zwei Seiten einer Medaille. Er Aussprache, um die Wahlergebnisse zu Tages- aktivierte Kulturstätten in der Innenstadt und brachte ordnungspunkt 14 vorzutragen. das öffentliche Leben im besten Sinne wieder in Gang. Ich möchte das mit einem Zitat von ihm zu- Niederschrift über das Ergebnis der Wahl von Ver- sammenfassen: "Jeder Mensch muss seine Kultur trauensleuten für die Ausschüsse zur Wahl der und damit seine Identität kennen und achten, damit ehrenamtlichen Richter bei den Verwaltungsge- er auch bereit ist, sie gegen Missbrauch zu vertei- richten des Freistaats Thüringen, Verwaltungsgericht digen. Mit Kultur meine ich nicht nur Musik, Literatur Gera: abgegebene Stimmzettel 84, gültige Stimm- oder Theater, sondern zugleich ein Bewusstsein da- zettel 84. Von den abgegebenen gültigen Stimm- für, dass man in eine gemeinsame Vergangenheit zetteln entfielen auf den Wahlvorschlag der Frak- eingebunden ist und eine gemeinsame Vorstellung tion der SPD 15 Stimmen, Fraktion der CDU 43 Stim- von Zukunft entwickeln kann, also ein Zeitgefühl." men, Fraktion der PDS 26 Stimmen. Damit sind gemäß § 9 Abs. 2 GO nach dem d'Hondt'schen Ich wünsche uns bei der weiteren Arbeit am Landes- Höchstzahlverfahren als Vertrauensleute und deren kulturkonzept auch ein bisschen mehr Mut, gegen Stellvertreter für den Ausschuss zur Wahl der eh- den aktuellen Zeitgeist der durchgehenden Kapita- renamtlichen Richter beim Verwaltungsgericht Gera lisierung aller Werte anzugehen. Erst dann werden gewählt: Wahlvorschlag der SPD-Fraktion 1 Ver- wir unsere eigene Kreativität herausfordern und trauensperson und Stellvertreter; Wahlvorschlag der nicht ohnmächtig den Abbauprozessen der Kultur CDU-Fraktion 4 Vertrauensleute und deren Stell- hinterhersehen. vertreter und Fraktion der PDS 2 Vertrauensleute und deren Stellvertreter. Herr Minister Goebel, in einem Interview gleich nach Ihrer Amtseinführung sagten Sie: "Wir haben Die Niederschrift über das Ergebnis für den Bereich uns zum Ziel gesetzt, ein Kulturkonzept für Thüringen Verwaltungsgericht Meiningen: abgegebene Stimm- zu erstellen - ein Gesamtkonzept zur Entwicklung zettel 84, gültige Stimmzettel 84. Von den abgege- unserer reichen Kulturlandschaft, das Hoch- und benen gültigen Stimmzetteln entfielen auf den Wahl- Breitenkultur, Tradition und Moderne in ein ausgewo- vorschlag der SPD-Fraktion 14 Stimmen, der CDU- genes Verhältnis bringt." An dieser Stelle nehmen wir Fraktion 44 Stimmen und der PDS-Fraktion 26 Stim- Sie beim Wort. Wir fordern Sie allerdings auf, Ver- men. Damit sind gemäß § 9 Abs. 2 Geschäftsord- treter aller Kulturbereiche an diesem Prozess zu nung nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren beteiligen. als Vertrauensleute und Stellvertreter für den Aus- schuss zur Wahl der ehrenamtlichen Richter beim Namens der PDS-Fraktion beantrage ich die Fort- Verwaltungsgericht Meiningen gewählt: SPD-Fraktion beratung des recht mageren Berichts und die 1 Vertrauensperson und Stellvertreter; CDU-Fraktion Überweisung des Antrags der PDS-Fraktion an den 4 Vertrauensleute und deren Stellvertreter und PDS- Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien. Ich Fraktion 2 Vertrauensleute und deren Stellvertreter. habe gesagt, dass der Punkt 2 zu qualifizieren ist und dass man sicher zu Punkt 3 zur Verabschiedung Und schließlich der Bereich Verwaltungsgericht Wei- des Konzepts vor den Haushaltsberatungen zum mar: abgegebene Stimmzettel 84, gültige Stimm- Doppelhaushalt 2006/2007 noch einmal miteinander zettel 84. Von den abgegebenen gültigen Stimm- beraten müsste. Wir meinen, dass wir eine ordent- zetteln entfielen auf den Wahlvorschlag der SPD- liche Vorarbeit geleistet haben, möchten jedoch ganz Fraktion 14 Stimmen, der CDU-Fraktion 44 Stimmen im Sinne unseres Antrags durch die Ausschuss- und der PDS-Fraktion 26 Stimmen. Damit sind eben- arbeit Ihre Mitarbeit herausfordern. Betrachten wir falls gemäß § 9 Abs. 2 Geschäftsordnung nach dem unseren Antrag als Stein des Anstoßes für einen d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren als Vertrauens- demokratischen Prozess der Erarbeitung eines leute und deren Stellvertreter für den Ausschuss zur Landeskulturkonzepts, welches den Stürmen der Wahl der ehrenamtlichen Richter beim Verwaltungs- Haushaltsberatungen - die Finanzministerin ist gleich gericht Weimar gewählt: Wahlvorschlag der SPD- gegangen, hat nur den Staatssekretär dagelassen Fraktion 1 Vertrauensperson und Stellvertreter; CDU- - und der Wahlkämpfe künftiger Jahre standhält. Ich Fraktion 4 Vertrauensleute und deren Stellvertreter danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, einige An- und PDS-Fraktion 2 Vertrauensleute und deren Stell- regungen auch in das Regierungshandeln einfließen vertreter. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1445

Zum Abschluss stelle ich fest, dass alle Gewählten sind um 20 Prozent gekürzt worden. Bei den Zuwei- die Wahl annehmen. Dem wird nicht widersprochen. sungen an Musik- und Jugendkunstschulen gab es Damit kann ich den Tagesordnungspunkt 14 be- Einsparungen von 415.000  %HL GHU )|Uderung enden und offiziell schließen. kommunaler Investitionen in Museen sind 61 Prozent der Mittel - das ist 1 Mio.   ZHJJHIDOlen. Und Wir kommen zur Fortsetzung der Aussprache zu schließlich wurde noch der Ausgleich besonderer Tagesordnungspunkt 7. Als nächster Redner hat kommunaler Belastungen im kulturellen Bereich auf das Wort Herr Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion. 0 JHVHW]W:DVGDVIUGLH.XOtureinrichtungen in Thüringen bedeutet, ist bereits während der Haus- Abgeordneter Döring, SPD: haltsberatungen deutlich gesagt worden. Der Ge- meinde- und Städtebund hat von drohendem kultu- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, "Mein rellen Kahlschlag gesprochen und der Museums- Konzept ist kein Konzept", heißt es an zentraler verband von Sterbehilfe. Erst vor wenigen Tagen Stelle in einem deutschen Kinofilm "Verschwende hat der Bibliotheksverband in den Medien erneut deine Jugend". darauf hingewiesen, dass viele kommunale Träger sich aufgrund der Kürzungen des KFA wohl gezwun- (Unruhe bei der CDU) gen sehen werden, ihre Bibliotheken zu schließen.

Wenn man sich das Agieren der Landesregierung im Meine Damen und Herren, wenn wir Thüringens Kulturbereich in den vergangenen Jahren vor Augen reiche Kulturlandschaft erhalten und weiterentwickeln führt, bekommt man den Eindruck, diese ironische wollen, dann ist das Land in der Pflicht, und das ins- Sentenz ist eine Art kulturpolitisches Leitmotiv des besondere auch finanziell. Deshalb müssen in einem Freistaats. Da wird das Lucas-Cranach-Jahr einfach Landeskulturkonzept zuvörderst die notwendigen verschlafen. Der großen Bach-Ausstellung in Erfurt materiellen Rahmenbedingungen für Kultur definiert fehlt die Wahrnehmbarkeit über die Landesgrenzen und langfristig festgeschrieben werden. Nur so wird hinweg und der Weg zur Landesausstellung in Son- es möglich sein, den Kulturbereich in Thüringen vor dershausen ist für nicht Ortskundige nur mit Mühe weiteren Rotstiftattacken abzuschirmen und den Kul- zu finden. Wie weit in diesem Jahr wirklich "Schiller tureinrichtungen ebenso wie ihren Trägern zumin- lockt", bleibt angesichts der bisherigen Erfahrungen dest Planungssicherheit für die nächsten Jahre zu abzuwarten. geben. Dass eine derartige verbindliche Festschrei- bung ausreichender Landesmittel für Kultur dringend Schon der Blick auf die genannten kulturellen Groß- notwendig ist, erweist sich erneut mit Blick auf die ereignisse und den Umgang mit ihnen macht eines prekäre Situation bei den öffentlichen Bibliotheken deutlich: Ein auf Langfristigkeit angelegtes, die ein- im Freistaat. Standen ihnen Anfang der 90er-Jahre zelnen Kultursparten angemessen berücksichtigen- noch um die 2 Mio. DQMlKUOLFKHQ/DQGHVzuweisun- des und in ein größeres Ganzes sinnvoll integrie- gen zur Verfügung, so waren es 2001 lediglich noch rendes sowie vor allem ein mit den Kulturschaffen- 728.000  XQG  ZHUGHQ HV VRJDU EOR‰ QRFK den selbst abgestimmtes Landeskulturkonzept ist 54.000 VHLQ in Thüringen dringend notwendig und, ich denke, auch schon seit Jahren überfällig. Daher haben wir Die Folgen dieser Politik stellen sich wie folgt dar: die Ankündigung eines solchen Konzepts in der Waren im Jahr 1990 mehr als zwei Drittel aller Regierungserklärung des Ministerpräsidenten natür- öffentlichen Bibliotheken hauptamtlich geführt, so sind lich zunächst einmal positiv zur Kenntnis genommen. es gegenwärtig nur noch 119 von 301. Auch die Per- Was im Landtag kurz darauf aber als Kulturetat für sonalstellen sind seit 1990 drastisch von 940 auf 380 2005 vorgelegt und von der Mehrheit des Hauses zurückgegangen. Noch schwer wiegender erscheint auch nahezu unverändert beschlossen wurde, das mir aber, dass den Bibliotheken für den Erwerb neuer zeugt erneut von der sattsam bekannten kulturpo- Medienbestände nur noch 0,68 SUR(LQZRKQHU zur litischen Konzeptionslosigkeit der Landesregierung. Verfügung stehen. Im Jahr 1991 waren es noch Obwohl Thüringens gewachsene kulturelle Iden- 2,23 DOVRPHKUDOVGUHLPDOVRYLHO8QWHUGHUDUW tität in ihrer Reichhaltigkeit ganz wesentlich auf der kümmerlichen Rahmenbedingungen bewegen sich kulturellen Infrastruktur in den Kommunen basiert viele der Thüringer Bibliotheken am Existenzmini- und obwohl die kommunalen Träger den Erhalt die- mum, wie die Leiterin der Stadt- und Kreisbiblio- ses ebenso bedeutenden wie umfangreichen kultu- thek Hildburghausen vor kurzem zu Recht betont hat. rellen Erbes nur mit Hilfe des Freistaats meistern Eine systematische Bestandserweiterung und konti- können, sind die Landesmittel im Kulturbereich nuierliche Bestandspflege ist den Einrichtungen oft- drastisch zusammengestrichen worden. mals gar nicht mehr möglich.

Um noch einmal daran zu erinnern: Die Zuweisungen Meine Damen und Herren, neben der Festschreibung an Museen, Museumsverbände und Kunstinstitute der notwendigen finanziellen Ressourcen für Kultur 1446 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 sollte das Landeskonzept einen weiteren Schwer- im diesjährigen Landeshaushalt findet sich nicht punkt in einer auf Dauer angelegten Lösung für die einmal mehr der entsprechende Leertitel. Theater- und Orchesterproblematik haben. Wenn die Theater- und Orchesterlandschaft in Thüringen Meine Damen und Herren, ein Landeskulturkonzept bewahrt werden soll, dann sind echte Strukturrefor- muss und kann hier ausgleichend wirken. Da gehen men, eine weit gehende Kooperation der einzelnen einige Aussagen des Ministers in die richtige Rich- Standorte und die Schaffung größtmöglicher Syner- tung und wir werden ihn da genau beobachten. Es gieeffekte vonnöten. Das alles ist bislang ausge- muss zwischen den einzelnen Kultursparten vermit- blieben. Die mit den Theatern und Orchesterträgern teln, ihren jeweiligen Ansprüchen gerecht werden, geschlossenen Verträge des Landes bieten ledig- aber auch im Sinne eines größeren Ganzen be- lich eine gewisse Finanzierungssicherheit bis 2008, stehende Abgrenzungen überwinden und Ungleich- mehr nicht. Eine Perspektive über dieses Jahr hi- gewichte so weit wie möglich ausbalancieren. naus, eine konkrete Vorstellung davon, wie die Theater- und Orchesterlandschaft mittel- und lang- Mein Damen und Herren, so viel zu den möglichen fristig beschaffen sein soll, fehlt hingegen. Die Lan- Hauptschwerpunkten eines Thüringer Landeskul- desregierung darf hier nicht länger auf Aussitzen turkonzepts. Ich könnte noch weitere wichtige Ein- und Verschleppen bauen. Sie darf die Zeit bis zum zelaspekte benennen, doch ich möchte abschließend Auslaufen der Verträge nicht ungenutzt verstreichen lieber auf einen anderen Punkt eingehen, nämlich auf lassen. Bereits jetzt muss gemeinsam mit den The- das notwendige weitere Procedere bei der Konzept- ater- und Orchesterträgern und den betroffenen erarbeitung. Diese weiteren Arbeitsphasen müssen Institutionen selbst eine zukunftsfähige, auf Dauer als öffentlicher kulturpolitischer Diskurs organisiert tragfähige Lösung der Theater- und Orchesterfrage werden. Die Thüringer Kulturschaffenden müssen gefunden werden. Noch einmal können wir uns eine ebenso wie der in diesem Haus vertretene kulturpo- Situation wie 2002 nicht leisten, als mit den Trägern litische Sachverstand in die weitere Konzeptentwick- im Schnellverfahren Verträge geschlossen wurden, lung einbezogen werden und deshalb unterstützen die auf keinem umfassenden, auf das ganze Land wir natürlich die Forderung der PDS nach Einrichtung bezogenen Theater- und Orchesterkonzept basierten. einer Expertenkommission nachdrücklich. Um die Das darf 2008 nicht erneut geschehen. Nutzen wir Schaffung eines derartigen breiten Gremiums haben daher die Zeit und die mit einem Landeskulturkon- nicht zuletzt der Thüringer Museumsverband und die zept gebotene Möglichkeit, die Existenz und Weiter- Museumsträger während der vergangenen Haus- entwicklung der Thüringer Theater- und Orchester- haltsberatungen einhellig gebeten. Ich bin sicher, landschaft zu sichern. dass auch die übrigen Kulturverbände und Landes- arbeitsgemeinschaften diese Position teilen. Meine Damen und Herren, als möglicher dritter Schwerpunkt des Landeskulturkonzepts wäre die Meine Damen und Herren, ich fordere daher die Überwindung des seit Jahren bestehenden und sich Landesregierung auf, sich mit dem Wissenschafts- immer stärker ausprägenden Ungleichgewichts zwi- und Kulturausschuss dieses Hauses über die Ein- schen etablierter Hochkultur auf der einen Seite und richtung einer derartigen Expertenkommission zu ver- den zusehends in eine Nischenexistenz gedrängten ständigen. Nur so können wir zu einem abgestimm- übrigen Kulturpartnern auf der anderen Seite zu ten, in der Breite ebenso wie auf Dauer tragfähigen nennen. Während für Theater und Orchester, für die Landeskulturkonzept kommen. Was hingegen von verschiedenen Stiftungen und die Denkmalpflege, um Konzepten der Landesregierung zu halten ist, die im nur einige Förderbereiche der Hochkultur zu nennen, stillen Ministeriumskämmerlein entstehen, erleben wir landesseitig jährlich mehr als 90 Mio. aufgewendet ja gerade jetzt bei dem Papier "Bildung und Be- werden, sind es beispielsweise für die Literaturför- treuung von 2 bis 16". derung gerade einmal 100.000 XQGGDVLP Schiller-Jahr. Ähnlich sieht es bei der Musikförderung Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich aus. Die Landeszuschüsse werden in diesem Be- geworden, dass wir das Anliegen der PDS-Fraktion reich seit Jahren immer mehr zusammengestrichen; unterstützen. Auch wir fordern ein langfristig ange- 2006 stehen der Musikförderung noch ganze legtes, die einzelnen Kultursparten angemessen be- 57.000 ]XU9HUIJXQJ(UZlKQWVHLVFKOLH‰OLFK auch rücksichtigendes und in ein größeres Ganzes sinn- noch die immer dramatischer werdende finanzielle voll integriertes sowie von allen, vor allem ein mit den Situation bei der Breiten- und Soziokultur. Hier hat Kulturschaffenden selbst abgestimmtes Landeskul- es auch im aktuellen Landeshaushalt Mittelredu- turkonzept. Seine Hauptschwerpunkte sollten in der zierungen gegeben, so dass die Landesförderung auf Sicherung ausreichender materieller Grundlagen für nur noch 1,7 Mio.  ]XVDPPHQgeschmolzen ist. die Kultur, in der Lösung der Theater- und Orchester- Gleichzeitig hat sich die Landesregierung offenbar problematik sowie in der Austarierung des Ungleich- von der zu Zeiten der großen Koalition noch ge- gewichts zwischen Hoch- und "Nischenkultur" liegen, planten Stiftung Breitenkultur ganz verabschiedet; die Erarbeitung der weiteren Details muss unter Ein- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1447 beziehung des außerministeriellen kulturpolitischen dürfnisse befriedigt. Sachverstands erfolgen. Wir haben mit der Kultur, wie wir sie hoffentlich (Beifall bei der SPD) nach meiner Einschränkung jetzt hier alle verstehen, in Thüringen eine große Aufgabe vor uns. Wir haben So weit unsere Vorstellungen zum Landeskultur- ein reiches Erbe übernommen, wir haben es zu be- konzept. Sie decken sich vielfach mit jenen der PDS wahren und zu mehren. Und hier kommt wahrschein- und daher wird die SPD-Fraktion dem vorliegenden lich das erste Mal ein Auseinanderlaufen der Mei- Antrag zustimmen. Ich danke Ihnen. nungen zwischen den Fraktionen auf. Herr Döring, das fast ausschließlich oder schwerpunktmäßig mit (Beifall bei der PDS, SPD) den Finanzen in Verbindung zu bringen, wird dem Kulturbegriff nicht gerecht. Sie haben gegen Ende Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Ihrer Rede sehr wohl dann mehr geleistet, als am Anfang zu befürchten war, denn Sie haben ja eine Das Wort hat der Abgeordnete Schwäblein, CDU- Haushaltsdebatte nachgeholt und ich dachte, nanu, Fraktion. das war doch eigentlich vor vier Wochen dran. Also insoweit werden wir auszubalancieren haben, wo die Abgeordneter Schwäblein, CDU: Schwerpunkte in Thüringen liegen, auch zwischen den verschiedenen Verantwortungsebenen und da Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr verehrten wird es nicht so sein können, dass alle Verantwor- Damen und Herren, wir reden heute erfreulicher- tung für Kultur bei der Landesregierung verhaftet weise ein weiteres Mal über Kultur und das ist die- wird, sondern wir haben eine mindestens genauso sem Lande angemessen. Zwar braucht es diesen große Verantwortung der kommunalen Ebene. Inso- Antrag nicht, um die Regierung zur Jagd zu tragen, weit wird es tatsächlich spannend sein, wie wir das wie das zu einem anderen Thema in Berlin der Fall austarieren. Der Minister hat ja schon auf Unterschie- ist. Ich darf doch einmal diesen Vergleich ziehen, wir de Thüringens zu anderen Ländern hingewiesen. sind doch nicht frei von den Einflüssen der Bundes- politik, auch was unsere finanziellen Möglichkeiten Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dö- anbelangt. So weit ist dieser Vergleich also zulässig. ring hat die Regierung ohne zeitliche Einschränkung So ist es eigentlich mehr der Ungeduld der PDS zu kritisiert, dass sie fortwährend bei der Kulturpolitik verdanken, dass wir heute diesen Antrag haben, und der Arbeit mit Kultur Fehler machen würde. Ich denn ich gehe sicher davon aus, dass die Landes- kann mich an Zeiten erinnern, als der Kulturminister, regierung das, was Sie in Ihrem Punkt 2 stehen der für Kunst zuständige Minister von der SPD ge- haben, nämlich die Kulturträgerverbände dieses stellt wurde, und die Vorbereitung der ersten Lan- Landes einzubeziehen, von sich aus tun wird. Dazu desausstellung "Der junge Bach" fällt wohl noch in braucht es den Antrag eigentlich nicht. seine Amtszeit und der Versuch, die Theater von Weimar und Erfurt einander näher zu bringen, der Aber nun reden wir über Kultur, ohne den Begriff erste Versuch, fällt in seine Amtszeit. auch nur annähernd definiert oder eingeschränkt zu haben. Wenn man sich einer Definition nähert, (Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Hört, hört.) kommt man schnell auf das, was die Menschheit als Ganzes geschaffen hat. Nun können wir wohl kaum Und der Versuch, das Suhler Orchester aufzulösen, in dieser Breite hier diskutieren, auch das Konzept ist mit seinem Namen verbunden. Herr Döring, waren der Regierung wird in dieser Breite nicht leistbar sein, Sie so mutig, weil er nicht im Raum ist, oder würden denn ich will noch ein paar Begriffe aufwerfen, die Sie es auch machen, wenn Herr Dr. Schuchardt hier sich auch mit Kultur verbinden bzw. verbinden sollten anwesend wäre? Zumindest ist diese Pauschalkritik wie Esskultur, Trinkkultur, Agrarkultur, Wirtschafts- kultur, selbst die Gesetzgebung, die die Menschheit (Unruhe bei der CDU, SPD) geleistet hat, ist mit Kultur verbunden, die Sprach- entwicklung und vieles andere mehr. Ich hoffe, Ihre von Ihrer Seite verwunderlich. Eventuell haben Sie Übereinstimmung dafür zu erzielen, dass wir uns ein eingeschränktes Wahrnehmungsvermögen. Viel- im Wesentlichen auf die Hochkultur und bestimmte leicht können Sie es irgendwann noch einmal er- Bereiche der Breitenkultur verständigen, wenn wir klären, denn zu Zeiten der großen Koalition hier im engeren Sinne über Kultur reden. Die Mas- senkultur, die insbesondere von den Massenmedien (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Schon betrieben wird, muss nicht zwingend in ein Landes- drei Jahre her.) kulturkonzept eingebunden werden, da sie üblicher- weise nur der Mehrung des Gewinns einzelner Grup- konnten Sie die Arbeit der Landesregierung, die- pierungen dient oder teilweise auch niedere Be- sen Punkt betreffend, nicht genügend loben. 1448 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Mi- Abgeordneter Bärwolff, PDS: nister hat einen Bericht gegeben, der von der PDS als zu schmal kritisiert wurde. Ich finde ihn angesichts Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und des Arbeitsstandes, wir sind noch nicht am Ende des Herren, wir, die PDS-Fraktion, fordern heute in un- Kulturberichts, für angemessen. Wir könnten jetzt serem Antrag das vom MP angekündigte Landes- glatt erklären, der Sofortbericht ist gegeben worden. kulturkonzept ein. Das Antragsansinnen ist in dem Punkte erfüllt. Wir könnten Punkt 2 ablehnen oder müssten ihn ableh- (Unruhe bei der SPD) nen, weil Sie darauf bestehen, neben den Verbän- den, die natürlich in die Arbeit einzubeziehen sind, Können wir mal ein bisschen ruhiger sein, Herr unbedingt auch Parlamentarier einzubeziehen. Und Gentzel und die Freunde von der CDU? Das ist wir müssten Punkt 3 ablehnen, weil Sie offensichtlich unhöflich, finde ich. nach dem Text darauf bestehen, dass das Kultur- konzept hier vom Landtag beschlossen wird. Dies (Beifall bei der PDS) ist ganz formal eine Vermischung der exekutiven und legislativen Tätigkeit, denn die Regierung hat dieses (Glocke der Präsidentin) Konzept angekündigt. Sie wird es auch verfassen. Aber wir scheuen uns überhaupt nicht, diese Materie Dabei steht für mich im Vordergrund, wie die Kul- im Ausschuss weiterzubehandeln. turarbeit für die jungen Menschen in unserem Lande, in Thüringen, gesichert werden kann. In den (Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Ich letzten Jahren, so auch in diesem, wurde der Etat werd' nicht wieder.) für die Jugendkulturarbeit gekürzt. Folge dessen ist ein massiver Abbau von Strukturen und eine An- Nein, nein, das hat nichts mit meinen Frühlingsge- gebotsreduktion seitens der Träger. Die Politik der fühlen zu tun, da unterscheide ich mich von Ihnen, Landesregierung stellt die Träger vor die Überlebens- das hat was mit rationellem Ansatz zu tun. frage. Aber ist es nicht gerade für Projekte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, das Wichtigste, (Heiterkeit und Beifall im Hause) dass ihre Arbeit eine gewisse Kontinuität hat?

Kultur ist schlicht zu wichtig. Da das Kulturkonzept Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: heute noch nicht vorliegen kann, auch entsprechend allen Ankündigungen heute noch nicht vorliegen Abgeordneter Bärwolff, gestatten Sie eine Zwischen- kann, tun wir gut daran, die Regierung zu begleiten, frage von Herrn Schwäblein? ohne ihre Arbeit zu übernehmen. Und so werden wir garantiert bis zum Vorliegen des Kulturkonzepts Abgeordneter Bärwolff, PDS: diesen Antrag im Ausschuss halten und zu gege- bener Zeit immer wieder auf die Tagesordnung set- Ja. zen, damit wir dort möglicherweise auch gemeinsam um ein möglichst gutes Kulturkonzept für Thüringen Abgeordneter Schwäblein, CDU: ringen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung für den Umstand, dass der Bericht heute korrekterweise Herr Abgeordneter, halten Sie die Aufschrift auf gegeben wurde, es die Materie aber erfordert, in der Ihrem Nicki dem Kulturthema für angemessen? Sache weiter zu diskutieren und zu gegebener Zeit einen weiteren Bericht hier zu erfahren. Ihre beiden Abgeordneter Bärwolff, PDS: weiteren Punkte werden wir nicht gleich ablehnen, sondern möglicherweise im Ausschuss modifizieren. Also bei der Politik der Landesregierung auf jeden Fall. (Heiterkeit bei der PDS) (Unruhe bei der SPD) Daher bitte ich den Gesamtantrag an den Ausschuss zu überweisen. Vielen herzlichen Dank. (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Nicki, war das zu DDR-Zeiten. Heute heißt das (Beifall bei der CDU) T-Shirt.)

Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: (Glocke der Präsidentin)

Wird weiterhin das Wort zur Aussprache gewünscht? Ja bitte, Herr Bärwolff. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1449

Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: gigen Einzelunterricht auf einem Instrument statt bisher 500 XQG&HQWQXQ EH]DKOHQ'DV Meine Abgeordneten, ich bitte um Ruhe. Fahren Sie sind 100 PHKU'LHVH6WHLJHrung betrifft 262 Schü- fort, Herr Abgeordneter Bärwolff. ler. Ich finde, an dieser Stelle findet ein unzulässiger Ausschluss finanzschwacher Schichten statt, den Abgeordneter Bärwolff, PDS: man so auf gar keinen Fall tragen kann,

Die Träger, auch der Jugendkulturarbeit, brauchen (Beifall bei der PDS) Sicherheit, damit sie die nächsten Jahre gestalten können. denn es sind nicht nur die Kinder gut verdienender Eltern, die Musikunterricht in Anspruch nehmen, son- (Unruhe bei der CDU, SPD) dern auch Kinder ganz normaler Familien. Diese Gebührenerhöhung kann eine ganz normale Familie, Und sie brauchen keine Zitterpartien, ob sie das zum Beispiel eine allein erziehende Frau mit zwei nächste Jahr auch noch gefördert werden. Wir Kindern, kaum verkraften. Ich habe arge Zweifel da- begehen in diesem Jahr ja das Einstein-Jahr, aber ran, dass nach der Gebührenerhöhung mehr Kinder auch das Schiller-Jahr, aber im Land der Dichter an der Jenaer Jugend- und Musikschule am Unter- und Denker ist eben nicht alles relativ, sondern die richt teilnehmen. Durch diese Politik kann eine quali- Situation ist ernst. Immer mehr Bibliotheken stehen tativ hochwertige Arbeit überhaupt nicht gehalten angesichts der finanziellen Schwierigkeiten vor dem werden. Mit ihren Kürzungen stellt die Landesre- Aus. Diese Angebote sind für die Breitenbildung von gierung die Musikschulen und im Übrigen die ge- großer Bedeutung, vor allem auch für Kinder und für samte Jugendkulturarbeit in Frage und die Landes- Jugendliche. Wenn wir nun noch diese Angebote regierung muss sich fragen lassen, was ihr die Kultur schließen, dann wird es auch mit der PISA-Studie überhaupt noch wert ist, denn auch Jugendkultur nichts, denn selbst wenn unsere Schülerinnen und schafft Werte. Schüler sich außerschulisch fortbilden wollten, dann könnten sie es bald gar nicht mehr, da sie kaum noch (Beifall bei der PDS) eine Bibliothek im Lande finden, Nicht nur Bibliotheken und Kunstschulen sind von (Beifall bei der PDS) den massiven Einschnitten betroffen, nein, auch Ju- gendtheater. Hier trifft es besonders die Jugend- (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ach red' theater, die sich in freier Trägerschaft befinden, wie hier nicht so einen Schwachsinn.) bspw. die Erfurter Schotte. Ob sie im Jahre 2006 noch weiterspielen wird, das kann heute keiner sa- und das im Land der Dichter und Denker, wo man gen. Diese Theater betreiben eine hervorragende sich ja rühmt, wie der Herr Kultusminister vorhin ge- kulturelle Jugendbildung. Die Schotte beispielsweise sagt hat, berühmte Kulturschätze zu beherbergen. hatte sogar ein Gastspiel in der europäischen Kul- Aber die jungen Menschen finden nicht einmal eine turhauptstadt, in Lille. Wenn diese Einrichtungen ordentliche Bibliothek, wenn es so weitergeht. keine eindeutige Perspektive erhalten, dann kann eine so hochwertige Arbeit kaum noch gesichert (Beifall bei der PDS, SPD) werden, zumal die Arbeit in der Schotte großteils ehrenamtlich abgesichert wird. In ähnlicher Weise verhält es sich auch mit den Musikschulen. Jeder von Ihnen, meine Damen und (Beifall bei der PDS) Herren, lässt sich ja gern in solchen Häusern blicken, vor allem wenn es darum geht, Spenden zu über- Das Land förderte bislang 13 Stellen im Bereich reichen oder an einem Konzert teilzunehmen. Aber der kulturellen Jugendbildung. Mit der Kürzung um wenn es wirklich darauf ankommt, dann lassen Sie 100.000 PVVHQ]HKQ6WHOOHQDEJHEDXWZHUGHQ die Musikschulen, die Lehrerinnen und Lehrer und Daran sieht man zum Ersten, wie wenig Förderung vor allem die Kinder im Stich. die kulturelle Jugendbildung bislang erhielt, und zweitens sieht man daran, welche fatalen Folgen (Beifall bei der PDS) auch so eine geringe Kürzung haben kann. Das riesige Potenzial kreativer junger Menschen in Thü- Immer mehr müssen die Eltern an Beiträgen auf- ringen muss weiter gefördert und weiterentwickelt bringen oder die Schulen entlassen die Fachkräfte. werden. Diese Potenziale und Talente kann man Ein Beispiel dafür ist die Jugendkunstschule in Jena, nicht sich selbst überlassen, nein, sie brauchen Un- die nach einer entsprechenden Vorlage im Stadtrat terstützung. Damit die Träger der kulturellen Jugend- von Jena ab 1. Mai die Gebühren drastisch erhöhen bildung weiter Bestand haben und ihre Arbeit in der muss. So müssen Eltern für den leistungsabhän- gewohnten Qualität fortsetzen und weiterentwickeln 1450 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 können, brauchen sie finanzielle Zuwendungen vom Abgeordneter Hausold, PDS: Land und von den Kommunen. Angesichts der haus- haltspolitischen Entscheidung der Landesregierung Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und scheint die Jugend- und Breitenkultur ganz finan- Herren, Hartz IV hat heute bekanntermaßen auch ziellen Zwängen zum Opfer zu fallen. Die Chance, den Deutschen Bundestag beschäftigt. Kanzler über ein Landeskulturkonzept verbindliche Rahmen Schröder wird vor allen Dingen damit zitiert, dass er und Standards für den Erhalt der kulturellen Jugend- die positiven Wirkungen von Hartz IV mit den Ver- bildung weiterzuentwickeln, müssen wir nutzen, und, besserungen für Sozialhilfeempfänger bewertet, aber wie Frau Klaubert bereits ausgeführt hat, müssen in - und darum geht es uns mit dieser Beantragung - diese Diskussion Fachleute, Wissenschaftler, Poli- "Hartz IV - Menschen in Arbeit bringen" ist der Titel tiker, Träger, kurzum alle, die mit diesem Thema zu einer Informationsbroschüre der Bundesregierung tun haben, eingebunden werden. Danke. vom Januar 2005. Die Umsetzung der Agenda 2010 und aller arbeitsmarktpolitischen Hartz-Gesetze wird (Beifall bei der PDS) vom Bundesministerium als "Grundlage einer neuen Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung" dar- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: gestellt und auch die CDU bezeichnet es als Ziel von Hartz IV, Menschen in Arbeit zu bringen, und begrün- Wird das Wort zu dem Sofortbericht noch ge- det ihre Zustimmung unter anderem genau damit. wünscht? Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich Seit dem Start des Gesetzes wird jedoch permanent die Aussprache zum Sofortbericht. Es ist die Fort- über erhebliche Probleme, Mängel, Fehler berichtet. setzung der Aussprache im Ausschuss beantragt Sie betreffen unterschiedliche Bereiche, finanzielle, worden von der Fraktion der PDS. Die Fraktion der rechtliche, organisatorische Probleme, aber auch so- PDS hatte auch die Aussprache beantragt, also stim- ziale Themen. men wir über diesen Antrag ab. Die PDS-Fraktion stellt mit Ihrem Antrag auf ein Be- Wer ist dafür, dass die Aussprache über den Sofort- richtsersuchen heute hier die arbeitsmarktpolitischen bericht im Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Konsequenzen aus der Umsetzung der Sozialge- Medien fortgesetzt wird, den bitte ich um das Hand- setzbücher II und III in Thüringen in den Mittelpunkt. zeichen. Danke. Wer ist gegen die Fortsetzung der Wir wollen also Hartz IV in der Analyse auf seine Aussprache? Wer enthält sich der Stimme? 1 Stimm- Grundfunktion zurückführen, die seine Befürworter enthaltung. Damit ist mit übergroßer Mehrheit die hervorheben auf das Ziel, Verbesserungen auf dem Fortsetzung der Aussprache im Ausschuss beschlos- Arbeitsmarkt zu erreichen. sen worden. (Beifall bei der PDS) Wir kommen zur Abstimmung zu den Nummern 2 bis 3 des Antrags. Ich würde zuerst feststellen wollen, Neben dem Fordern sollte das Fördern von Arbeits- dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des An- losen im Mittelpunkt dieser Gesetzgebung stehen. trags im Plenum gemäß § 106 Abs. 2 Geschäfts- Am Ziel, Menschen in Arbeit zu bringen, werden das ordnung erfüllt ist. Gibt es Widerspruch? Es gibt Gesetz und seine Befürworter zu Recht in der Öf- keinen Widerspruch, so ist die Erfüllung bestätigt und fentlichkeit und von den Betroffenen gemessen wir kommen zur Abstimmung zu den Nummern 2 werden. Dies also möchten wir gern heute hier im bis 3 des Antrags. Hier ist ebenfalls Ausschussüber- Rahmen des Plenums debattieren. Danke schön. weisung beantragt worden. Es wurde die Überwei- sung beantragt an den Ausschuss für Wissenschaft, (Beifall bei der PDS) Kunst und Medien. Wer ist für die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist gegen Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: die Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist einstimmig die Die Landesregierung nimmt die Möglichkeit der Überweisung an den Ausschuss befürwortet worden. Erstattung eines Sofortberichts wahr. Bitte, Herr Minister Reinholz. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8 Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie Hartz IV in Thüringen und Arbeit: Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/703 - Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die bisherige Umsetzung von Möchte die PDS-Fraktion den Antrag begründen? Hartz IV konzentrierte sich in Thüringen und in Bitte. Deutschland insgesamt vor allem auf organisato- rische Aufgaben sowie die Berechnung und Aus- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1451 zahlung des neuen Arbeitslosengelds II. In Thüringen angestrebten Betreuungsschlüsseln zum Ausdruck. haben sich dazu als neue Leistungsträger 20 Ar- Bei der Vermittlung Jugendlicher sollen künftig von beitsgemeinschaften aus kommunalen Trägern und einem Fallmanager nur noch 75 Hilfebedürftige be- örtlichen Arbeitsagenturen sowie zwei kommunale treut werden, bei den über 25-Jährigen sind es 125. Träger nach dem Optionsmodell ohne größere Pro- Dies ist ein wesentlich günstigeres Verhältnis als bis- bleme gegründet und waren zum Start des neuen her bei den Arbeitsagenturen, wo der Betreuungs- SGB II am 01.01.2005 funktions- und arbeitsfähig. schlüssel nicht selten bei 1 : 600 lag. Am 16. Fe- Das erste Arbeitslosengeld II für den Januar 2005 bruar 2005 fand ein umfassender Informations- und konnte rechzeitig ausgezahlt werden, obwohl die Erfahrungsaustausch zwischen der Regionaldirek- gesetzlichen Regelungen zum Übergang von der tion, dem TMWTA und den Geschäftsführern der bisherigen Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Thüringer Arbeitsgemeinschaften statt. Im Mittelpunkt Arbeitslosengeld II kompliziert, teilweise unklar und standen dabei das Fallmanagement der Arbeitsge- auslegungsbedürftig sind. Das betrifft zum Beispiel meinschaften und die Wiedereingliederungsinstru- die Zuständigkeit für die berufliche Rehabilitation, die mente und Beschäftigungsmöglichkeiten des SGB II Zuständigkeit für Berufsberatung und Ausbildungs- besonders für Jugendliche. vermittlung sowie Fragen der Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften. Ziel des neuen SGB II und Die vorrangige Zielsetzung der Bundesagentur für damit zentrale Aufgabe der Leistungsträger ist die Arbeit besteht darin, im Jahr 2005 jeden arbeitslosen Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit. Ich denke, wir Jugendlichen innerhalb von drei Monaten in eine sind uns einig, dass dies nicht das Hauptproblem Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit zu ver- des Arbeitsmarkts ist; das Hauptproblem ist und mitteln. Bis Ende März sollen dazu die Eingliede- bleibt die Schaffung neuer zusätzlicher Arbeitsplätze, rungsvereinbarungen mit allen Jugendlichen abge- aber es ist sicher eines der Probleme, die gelöst wer- schlossen sein. Der Geschäftsführer der Regional- den müssen. Die Leistungen zur Eingliederung in direktion teilte am 15. März in einer Abstimmungs- den Arbeitsmarkt selbst umfassen die Beratung und runde im TMWTA mit, dass dieses Ziel erreicht wird. eigentliche Vermittlung, den Abschluss von Integra- An möglichen Eingliederungsmaßnahmen stehen tionsvereinbarungen, die Förderung der Aufnahme dabei zur Verfügung das Fallmanagement, die Aus- einer Beschäftigung, auch einer selbständigen Tä- bildung, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, tigkeit, die Förderung der Ausbildung, Berufsbildung Qualifizierungsmaßnahmen, die Aufnahme einer Tä- und der beruflichen Weiterbildung, die Förderung von tigkeit, Arbeitsgelegenheiten nach SGB II, ehrenamt- Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die Vergabe von liche Tätigkeiten sowie Modellprojekte, unter denen je Vermittlungsgutscheinen und die Beauftragung an- nach konkretem Betreuungsfall und erforderlicher derer arbeitsmarktpolitischer Einrichtungen mit Ein- Betreuungsintensität ausgewählt und kombiniert wer- gliederungsmaßnahmen. Nach dem SGB II gehören den kann. Im Verlauf des Gesprächs im Februar diese auf die Arbeitsgemeinschaften übertragenen wurde aber weiterhin auch deutlich, dass die Ver- Aufgaben zum Leistungsbereich der Agenturen für mittlungsaktivitäten der einzelnen Arbeitsgemein- Arbeit. Die beiden optierenden Kommunen in Thü- schaften bislang noch unzureichend und zudem re- ringen sind selbst Leistungsträger, auch für die ar- gional recht unterschiedlich sind. So werden die an- beitsmarktpolitischen Aufgaben. Wir haben deshalb gestrebten Betreuungsschlüssel zum Teil noch nicht sowohl die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thü- erreicht, da die Bundesagentur keine ausreichende ringen der Bundesagentur für Arbeit als auch die Zahl von Mitarbeitern für die Vermittlung und Bera- optierenden Kommunen gebeten, uns über den tung in den ARGEn abstellt. Hinzu kommt, dass die Stand der jeweiligen arbeitsmarktpolitischen Maß- Bearbeitung des Arbeitslosengelds II und der Wi- nahmen zu informieren. Von der Regionaldirektion dersprüche derzeit noch viele Kapazitäten bindet. wurde uns mitgeteilt, dass es derzeit noch keine Dabei ist allerdings auch die zwischenzeitlich ge- umfassende Statistik zu den bisherigen Vermittlungs- stiegene Anzahl von Hilfebedürftigen zu berück- bemühungen gibt, man aber mit Hochdruck daran sichtigen. Das Zwischenfazit lautet: Die Situation arbeite. Konkrete Förderzahlen liegen also für die bei den ARGEn kann zum jetzigen Zeitpunkt noch 20 Arbeitsgemeinschaften in Thüringen derzeit nicht nicht zufrieden stellen. Der wichtigste Ansatzpunkt vor, deshalb stützt sich die Beantwortung auf ar- zur Verbesserung der Situation besteht aus unserer beitsmarktpolitische Zielvorgaben und die bisherigen Sicht vor allem darin, dass die Bundesagentur den Abstimmungen zwischen den Beteiligten. Arbeitsgemeinschaften für den Aufgabenbereich Fallmanagement und Vermittlung die notwendige Kommen wir zur Frage der Wiedereingliederung organisatorische und vor allem personelle Unter- langzeitarbeitsloser Jugendlicher: Selbstverständlich stützung gewährt. sind hier von allen Leistungsträgern, das heißt den Arbeitsgemeinschaften und den optierenden Kom- Meine Damen und Herren, während die Regional- munen, ganz besondere Anstrengungen gefordert direktion bislang noch keine belastbaren Aussagen und auch vorgesehen. Dies kommt vor allem in den zu den Vermittlungsergebnissen und Förderzahlen 1452 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 machen kann, haben die beiden optierenden Kom- arbeitsloser Jugendlicher bis 25 Jahre. Im Mittelpunkt munen in Thüringen, der Landkreis Eichsfeld und die dieses Programms stehen Einstellungszuschüsse Stadt Jena, bereits konkrete Informationen vorgelegt. und Zuschüsse für die Qualifizierung, Beratung und Offenbar wirkt sich hier die organisatorische und per- Begleitung von Jugendlichen. Leitziel ist es, für die sonelle Einheit bei den Optionskommunen vorteilhaft Teilnehmer sozialversicherungspflichtige Beschäfti- aus. So hat das Grundsicherungsamt im Landkreis gungsverhältnisse zu finden, zu schaffen und diese Eichsfeld derzeit bereits mit über 1.000 erwerbs- auch zu stabilisieren. Wir wollen mit dem Programm fähigen Hilfebedürftigen Eingliederungsvereinbarun- rund 650 Arbeitsplätze für junge Leute im ersten gen abgeschlossen. Insbesondere für Maßnahmen Arbeitsmarkt fördern. der beruflichen Weiterbildung, für Trainingsmaßnah- men, für psychosoziale Leistungen werden bereits Auch darüber hinaus werden aber im Bereich ak- die Dienste örtlicher Träger in Anspruch genommen. tive und präventive Arbeitsmarktpolitik erhebliche Zudem wurde mit den regionalen Bildungswerken Mittel zur Vermeidung bzw. zur Bekämpfung von das Vermittlungscoaching für Jugendliche und Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit eingesetzt. Schwerbehinderte vertraglich vereinbart. Diese Maß- Durch das Land erfolgt allerdings keine Aufstockung nahmen laufen seit dem 1. März 2005. der Förderung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehr- aufwandsentschädigung gemäß § 16 SGB II, das Auch im Eigenbetrieb "jenarbeit" der Stadt Jena wer- heißt von so genannten Ein-Euro-Jobs. Bei diesen den seit Anfang Januar Vermittlungen und Beschäf- Arbeitsgelegenheiten handelt es sich um keine re- tigungsmaßnahmen, Umschulungsprojekte und Ein- gulären Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des gliederungen mit Lohnkostenzuschüssen durchge- Arbeitsrechts. Sie sind vielmehr nur in vertretbarem führt. Derzeit wird hier wegen der gestiegenen Zahl Umfang und gezielt für im öffentlichen Interesse von Hilfebedürftigen zusätzliches Personal einge- liegende zusätzliche Arbeiten zu nutzen. Sie dürfen stellt. Außerdem werden gemeinsam mit der GfAW nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen und nicht und IHK Ostthüringen regionale Arbeitsmarktkon- zum Regelfall der Beschäftigung von erwerbsfähigen zepte entwickelt. Hilfebedürftigen werden. Somit sind Ein-Euro-Jobs im Vergleich zur Ausbildung und regulären Beschäf- Allerdings gehen auch die optierenden Kommunen tigung keine vorrangigen, sondern eher nachge- genau wie die Arbeitsgemeinschaften davon aus, ordnete Instrumente der Arbeitsmarktpolitik. dass erst ab Mitte 2005 die angestrebte Effizienz bei Fallmanagement und Vermittlung erreicht werden Priorität in der Landesarbeitsmarktpolitik behält wei- kann. Bis dahin wird ein Großteil der Ressourcen terhin die Förderung von Existenzgründern aus der noch durch die Anlaufschwierigkeiten bei der Leis- Arbeitslosigkeit. Sie erfolgt unter qualitativen Ge- tungsfeststellung und die erste Runde der Wider- sichtspunkten konzentriert auf tragfähige Gründun- spruchsverfahren gebunden. Es ist sehr zu hoffen, gen hin. Ich betone, es handelt sich dabei um eine dass sich die Arbeitsgemeinschaften und Options- eigenständige Förderung durch das Land. Sie wird kommunen dann intensiver ihren arbeitsmarktpo- in solchen Fällen gewährt, in denen kein Anspruch litischen Aufgaben zuwenden können. auf Leistungen der Arbeitsagenturen oder SGB II- Arbeitsgemeinschaften für Gründer durch Über- Meine Damen und Herren, das Landesausführungs- brückungs- und Einstiegsgelder sowie Existenzgrün- gesetz zur Umsetzung von Hartz IV sieht vor, dass derzuschüsse zur Ich-AG besteht. das TMWTA die Kommunen in der Durchführung ihrer arbeitsmarktpolitischen Aufgaben unterstützt Meine Damen und Herren, das TMWTA steht bei und begleitet. Deshalb wurden in Übereinstimmung allen wichtigen Fragen und Umsetzungen des SGB II mit der europäischen Beschäftigungsstrategie unter in Thüringen in engem Kontakt mit den relevanten anderem die ESF-Förderinstrumente besser auf Akteuren. Gemeinsam mit der Regionaldirektion der Hartz IV abgestimmt und ihre präventive Ausrichtung BA und den kommunalen Spitzenverbänden wurde verstärkt. Hierüber sind Akteure und Träger der Ar- ein Koordinierungskreis gebildet, der zuletzt vor zwei beitsmarkt- und Berufsbildungspolitik auf der ESF- Tagen, am 15. März, getagt hat. Fragen der Ver- Trägerkonferenz am 7. März 2005 umfassend infor- besserung und Intensivierung von Fallmanagement miert worden. Auch die Fraktionen des Thüringer und Vermittlung wurden dabei beraten. Zudem finden Landtags waren zu dieser Veranstaltung eingeladen. regelmäßig Informations- und Erfahrungsaustausche bei den Arbeitsgemeinschaften und den optierenden Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusam- Kommunen statt. menhang natürlich die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, deren Anteil an den Lang- Darüber hinaus hat die Thüringer Landesregierung, zeitarbeitslosen aktuell bei 13,2 Prozent liegt. Neu wie Sie wissen, eine Vielzahl von Nachbesserungen entwickelt wurde daher das Jugendsofortprogramm an den Hartz IV-Regelungen angeregt. Dazu zählt Thüringen, ein Programm zur Integration langzeit- beispielsweise die Angleichung der unterschied- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1453 lichen Leistungshöhen in Ost 331  XQG LQ :HVW breitet werden, betreffen vor allem die steuerliche 345 GLH(UK|KXQJYRQ)UHLEHWUlJHQEHLP+LQzu- Entlastung von Unternehmen. Der Bundeskanzler verdienst, was ja offensichtlich heute auch Thema im hat heute in seiner Rede die Hartz-Reform gelobt. Deutschen Bundestag war, und der Schutz auch pri- Es fand sich nur eine Änderung bei Hartz IV, die vater, nicht staatlich geförderter Formen der Altersvor- Veränderung der Zuverdienstregelungen. Darüber sorge. Konkrete Schritte der Bundesregierung, meine hinaus will er Beschäftigungspakete für Langzeit- Damen und Herren, sind bisher ausgeblieben. Ich arbeitslose mit 250 Mio.  I|UGHUQ 'RFK ZDV GLH hoffe, das wird sich ändern. Herzlichen Dank. Steuersenkung angeht, meine Damen und Herren, wer will die Milchmädchenrechnung, dass Steuer- (Beifall bei der CDU) senkung Arbeitsplätze schaffen würden, heute noch glauben. Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: (Beifall bei der PDS) Wird die Aussprache zum Sofortbericht gewünscht? Die PDS-Fraktion beantragt Aussprache. Damit er- Sie wird meines Erachtens jeden Monat mit der öffne ich die Aussprache zum Sofortbericht der Veröffentlichung der Zahlen in Nürnberg ad absur- Landesregierung. Das Wort hat die Abgeordnete dum geführt. Der Anteil der Unternehmersteuern am Leukefeld von der PDS-Fraktion. Gesamtsteueraufkommen beträgt gerade mal noch 1,8 Prozent. Ich will daran erinnern, dass es zu Be- Abgeordnete Leukefeld, PDS: ginn von Rotgrün 6,7 Prozent waren und unter Kohl in den 80er-Jahren 14,3 Prozent. Vor allem die Groß- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bei der konzerne haben noch nie so wenig Steuern gezahlt Einführung von Hartz IV war, so die öffentliche Dar- wie heute. Deutschland ist Exportweltmeister trotz stellung, eines der entscheidenden Ziele die schnel- angeblich der so hohen Steuerbelastung. Ich sage lere und bessere Integration von Langzeitarbeits- Ihnen, wer Milliardengewinne macht, der soll ordent- losen in den Arbeitsmarkt. Fördern und fordern war lich Steuern zahlen. und ist die Devise. Als die Agenda 2010 von Gerhard Schröder auf den Weg gebracht wurde, (Beifall bei der PDS) erklärte der Bundeskanzler, ich zitiere mit Ihrer Er- laubnis: "Wir wollen das Ziel nicht aufgeben, dass Wenn man schon eine Steuerreform machen will, jeder, der arbeiten kann und will, dazu auch die dann eine, die dem Klein- und Mittelstand gerecht Möglichkeit bekommt." wird. Es ist richtig, auch wenn der Bund für viele arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Maß- Wie sieht nun die Realität aus? Der Abbau sozialer nahmen zuständig ist, erwartet die PDS-Fraktion, Sicherungssysteme wurde vor allem auf dem Rücken dass die CDU-Regierung in Thüringen ihre Verant- der Familien mit Kindern, der Arbeitslosen, der Men- wortung wahrnimmt. Das heißt, sich aktiv für die Ko- schen mit Behinderungen, der Alten und Kranken finanzierung beschäftigungspolitischer Maßnahmen ausgetragen. Die mit der Reform verbundenen Ziele einzusetzen und die Mittel des ESF zielgerichtet für wurden fast komplett verfehlt. Erinnern Sie sich bitte, eine personenbezogene Förderung und die Schaf- es sollte mit den Hartz-Gesetzen die Arbeitslosig- fung von Arbeitsplätzen zu nutzen. Zu den traurigsten keit halbiert werden. Jetzt haben wir 5,2 Millionen Fakten des aktuellen Haushalts gehört die Arbeits- Arbeitslose in Deutschland und Minister Clement marktpolitik. Von den nur 22 Mio. DQ)|UGHUmitteln verheißt eine Senkung um ein Drittel bis 2010. In im wohlklingenden Titel "Arbeit für Thüringen" waren Thüringen waren im Februar 239.000 Menschen bereits zum Zeitpunkt der Haushaltsausarbeitung arbeitslos. Davon fast 90.000 Langzeitarbeitslose. mehr als 18 Mio. VFKRQJHEXQGHQ'LH Forderung Die registrierte Arbeitslosigkeit in Thüringen wird, der PDS nach einem Arbeitsmarktprogramm für das ist richtig, jetzt realistischer abgebildet, da auch Nichtleistungsbezieher wurde abgelehnt - übrigens arbeitsfähige frühere Sozialhilfeempfänger auftau- nicht nur von der CDU, sondern auch von der SPD. chen, die natürlich aber auch schon vorher arbeits- Gerade heute macht Ministerpräsident Althaus in der los waren. TLZ deutlich - er ist nicht da -, dass für ihn Mittel der Arbeitsmarktpolitik nur Manövriermasse zur Gegen- Meine Damen und Herren, zum Erreichen der Ziele finanzierung der Wachstumsideologie der CDU sind. von Hartz IV ist es vor allem erforderlich, alle An- strengungen zu unternehmen, um Arbeit zu schaffen, Meine Damen und Herren, wie ist die Situation heute anstatt Menschen mit Almosen abzufinden. Dazu in Thüringen? Da es bisher verständlicherweise die hat auch Minister Reinholz gesprochen. Die Ideen, Leistungsgewährung war, die im Mittelpunkt gestan- die allerdings heute mit der Regierungserklärung und den hat - und das hat Minister Reinholz auch ge- der Kanzlerrunde sowie der präsidialen Aufforde- sagt -, hinken die Eingliederungsleistungen deutlich rung "Vorfahrt für Arbeit" vor wenigen Tagen ver- zurück. Bisher waren die ARGEn, aber auch Jena 1454 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 und der Eichsfeldkreis mit dem gewählten Options- geführt - es sind ja über 10.400 Jugendliche betrof- modell sehr stark mit sich selbst beschäftigt, um fen -, aber eine unverzügliche Vermittlung in Aus- ihre eigene Arbeitsfähigkeit herzustellen und einiger- bildung bzw. in Arbeit ist derzeitig nicht möglich. Der maßen mit der Bürokratie und den vielen ungeklärten Betreuungsschlüssel - 1 : 75 ist genannt worden - für Problemen fertig zu werden. Jugendliche wurde derzeit auch noch nicht erreicht. Selbst der Arbeitgeberpräsident Hundt wirft der Die PDS-Fraktion hat am Dienstag zum Start von Bundesregierung deshalb Wortbruch vor. Hartz IV in Thüringen Experten und Akteure ange- hört. Schade, dass die Kollegen der anderen Frak- 5. Nur wenige Leistungsbezieher erhalten mehr Geld tionen die Gelegenheit nicht wahrgenommen haben. als im Vorjahr, und wenn, dann sind es in der Regel Ich habe ja in der Hartz-IV-Runde beim DGB extra die Sozialhilfeempfänger. Dafür entfallen bekannter- darauf aufmerksam gemacht und da eigentlich auch maßen die Hilfen in besonderen Lebenslagen und die Einladungen ausgesprochen. In der Anhörung die Pauschalen. Die Menschen werden ärmer, die wurde aus unterschiedlichem Blickwinkel ein erstes Binnenkaufkraft sinkt und die regionale Wirtschaft Fazit gezogen. Ich will darüber einiges sagen: erzielt weniger Einnahmen. Das ist schlichtweg ein Teufelskreis, denn er führt über Insolvenzen zu neuer 1. Das Gesetz Hartz IV hat in Thüringen bislang kaum Arbeitslosigkeit. Auch das muss man ganz klar sa- neue Stellen für Langzeitarbeitslose gebracht, dafür gen, dass in besonderer Weise hier auch Existenz- aber eine Vielzahl von sozialen und rechtlichen Pro- gründer betroffen sind, die versuchen, erst mal Fuß blemen. Arbeitslose konnten von den Arbeitsgemein- zu fassen. Darüber muss man nachdenken, wie man schaften und optierenden Kommunen bisher nur nicht nur Existenzgründung fördert, sondern wie man punktuell vermittelt werden. Herr Minister, Sie haben bei dem Grundsatz anfängt, wirklich mehr Kaufkraft von arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben gespro- zu bekommen und mehr Menschen in Arbeit zu brin- chen, das ist das eine, aber der Kollege von der gen, die dann eben auch konsumieren und Dienst- Regionaldirektion für Arbeit hat betont, dass es in leistung in Anspruch nehmen können. Thüringen kein Vermittlungsproblem gibt, sondern schlichtweg Arbeitsplätze in der Wirtschaft fehlen. Daneben wurden in der Anhörung eine ganze Reihe Weniger Bedarf gäbe es auch bei einfachen Tätig- von Problemen weiterhin genannt. Es ist auch hier keiten, wohlgemerkt weniger Bedarf, denn die Wirt- schon gesagt worden, die Anträge und die Bescheide schaft braucht qualifizierte Fachleute. sind zu kompliziert, oft unverständlich - selbst für die Mitarbeiter. Es gibt viele Widersprüche. Die Be- 2. Bei den Mitarbeitern der Arbeitsgemeinschaften willigungszeit von teilweise nur drei Monaten ist auch besteht noch ein erheblicher Nachschulungsbedarf für die ARGEn eine hohe Belastung, wobei man für qualifiziertes Fallmanagement und ihre hohe Ar- eines sagen muss, dass die Forderungen nach ver- beitsbelastung führt zu einer bisher nicht unerheb- einfachten Verfahren der nochmaligen Antragstellung lichen Fehlerquote. Es ist ganz klar gesagt worden, ja offensichtlich erhört wurden. die ARGEn sind insgesamt bisher nur eingeschränkt arbeitsfähig. Sehr bedrückend, meine Damen und Herren, wa- ren die Schilderungen über soziale Auswirkungen, 3. Ein-Euro-Jobs bergen die große Gefahr, vorhan- vor allem in Familien mit Kindern. Auch durch die dene Beschäftigung zu verdrängen. Diese Warnung AOK Thüringen wurde zum Beispiel auf ein drama- muss ernst genommen werden, anstatt zu überlegen, tisch zu nennendes Problem aufmerksam gemacht, sie noch weiter in die Wirtschaft hinein auszudehnen. denn für allein stehende Nichtleistungsbezieher be- Es ist gut, heute auch von Minister Reinholz zu hö- steht bekanntermaßen keine Pflichtversicherung in ren, dass die Förderung von Arbeitsgelegenheiten der gesetzlichen Krankenkasse mehr, ebenso wenig mit Mehraufwandsentschädigung eher weit hinten für ihre Kinder, wenn die Familien versichert waren. angesiedelt ist. Das ist den Betroffenen oftmals gar nicht bekannt und sie werden darüber auch nicht informiert. 4. Der Rechtsanspruch Jugendlicher auf sofortige Vermittlung in Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgele- Als Nachbesserungsbedarf wurde immer wieder die genheiten ist derzeit nicht umsetzbar. Das ist ganz Angleichung der Sätze in Ost und West und ihre Er- klar eingeschätzt worden. Da wundere ich mich höhung genannt. Die Parität hat dafür einen Grund- schon über die Aussage, Herr Minister, die Sie jetzt bedarf von mindestens 419 HUUHFKQHW$X‰HUGHP eben von der Regionaldirektion hier verkündet haben, - und das sagen ja alle - muss sich Arbeit lohnen, bis Ende März wäre das mit Eingliederungsvereinba- deshalb werden dringende Änderungen beim Zu- rungen geregelt. Es ist ganz klar in der Anhörung verdienst gefordert. Gut, dass es dazu jetzt schein- gesagt worden, dass diese Terminierung bis Ende bar Bewegung gibt. des Jahres hinausgeschoben wurde, weil es gegen- wärtig nicht möglich ist. Es werden erste Gespräche Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1455

Aus der Sicht der PDS - das muss ich ganz klar sa- besteht. Dann, meine Damen und Herren, müssen gen - haben sich die Erwartungen der Befürworter wir aber auch so ehrlich und so fair sein, das auch von Hartz IV nicht erfüllt. Wir halten es deshalb für versicherungspflichtig auszugestalten. Wenn Hartz IV erforderlich, dass die Landespolitik mit mehr Konse- eines bewiesen hat, dann die Notwendigkeit von quenz an folgenden Schwerpunkten arbeitet: öffentlich geförderter Arbeit.

1. die Herstellung der vollen Arbeitsfähigkeit der Ar- (Beifall bei der PDS) beitsgemeinschaften, der Beiräte und Gewinnung der Partner für Vermittlungs- und Integrationsleistungen, Der ÖBS schafft Arbeitsplätze und kann dazu bei- tragen, Defizite in der öffentlichen Daseinsvorsorge 2. Eingliederungsvereinbarungen mit allen Jugend- abzubauen, so im Gesundheitswesen, in der sozialen lichen und Umsetzung der Priorität abgeschlossene Betreuung, im Bildungs- und Kulturbereich. Ich will Schulausbildung, abgeschlossene berufliche Aus- die Forderung bekräftigen, dass aktive Arbeitsmarkt- bildung, Vermittlung in Arbeit und als letzte Möglich- politik in Verbindung mit Wirtschaftsförderung not- keit Arbeitsgelegenheiten. wendig ist. Das erfordert eine Zielorientierung für eine wirksamere Verknüpfung der regionalen Arbeits- 3. Die Integration in versicherungspflichtige Arbeits- marktkonzepte und, Herr Minister, da hätte ich mir plätze auf dem ersten Arbeitsmarkt muss oberstes schon noch einige Ausführungen etwas konkreter Ziel bleiben. Dazu bedarf es der engeren Zusammen- gewünscht. Das Land kann sich hier nicht aus der arbeit mit der Wirtschaft. Das heißt auch, Förderins- Verantwortung nehmen und das nur auf die Re- trumentarien und Richtlinien den neuen Bedingungen gionen abdelegieren. Es deutet sich schon jetzt an, anzupassen, sie zu evaluieren und auf ihre Effek- dass im Wettbewerb um Vermittlungsquoten und tivität und Tragfähigkeit zu überprüfen. Budgets an Kreisgrenzen Halt gemacht wird. Das muss man ganz klar sehen. Es sollte alles dafür 4. Ausgestaltung der beschäftigungspolitischen Maß- getan werden, die Regionalbeiräte zu stärken und nahmen so, dass eine sinnvolle Tätigkeit für den Ein- sowohl Arbeitsagenturen als ARGEn in den Prozess zelnen und für das Gemeinwesen mit zielgerichteter der Ideenfindung und Projektentwicklung mit einzu- Qualifizierung verbunden wird. Das gilt insbesondere beziehen. In der Verzahnung von Mitteln für eine für die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach personenbezogene Förderung, wie es der ESF vor- § 16 SGB II, was aber eben nicht nur Ein-Euro- sieht, müssen gleichzeitig Wirtschafts- und Kommu- Jobs bedeutet. Es ist die Entscheidungsfreiheit der nalpolitik mit bedacht werden. Ich meine, das eröffnet ARGEn, dafür auch Arbeitsgelegenheiten mit Entloh- Chancen und ist rechtzeitig in Bezug auf das neue nung bzw. ABM auszuschreiben. Das müsste beiden Operationelle Programm für den neuen Förderzyklus Partner, den Arbeitsagenturen und den Kommunen des ESF zu bedenken. Ich fordere die Landesre- entgegenkommen, denn für Menschen, die auf diese gierung auf, dafür ein Konzept für gemeinwohlorien- Weise in versicherungspflichtige Arbeit gehen und tierte Arbeit zu entwickeln und Förderinstrumenta- Lohn erhalten, braucht eben auch kein Arbeitslosen- rien zu schaffen. Ich denke auch, dass wir über geld II und brauchen auch keine Kosten für Heizung diesen Antrag und die begonnene Debatte im Aus- und Unterkunft gezahlt werden. schuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit weiter- diskutieren sollten. Vergessen wir nicht, wir haben 5. Ich möchte auf das Problem aufmerksam machen, es mit Menschen zu tun und nicht mit Fällen aus dass derzeit viele Vereine und Verbände als freie einer immer bedrohlicher werdenden Statistik. Ich Träger in Bedrängnis kommen. Das wissen Sie aus danke Ihnen. Ihrer praktischen Arbeit sicherlich auch, denn mit dem Wegfall von ABM und SAM wird vielen von diesen (Beifall bei der PDS) Trägern die Finanzierungs- und damit auch die Exis- tenzgrundlage entzogen. Die Kommunen sind zuneh- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: mend bemüht, Arbeitsgelegenheiten zu schaffen und so selbst auch über die Sachkosten zu verfügen. Es Das Wort hat der Abgeordnete Pilger, SPD-Fraktion. geht dort natürlich um gemeinnützige und zusätzliche Aufgaben. Wenn die Kommunen über den finan- Abgeordneter Pilger, SPD: ziellen Spielraum verfügen würden, wären selbstver- ständlich Aufträge an Unternehmen oder der Erhalt Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und bzw. die Einstellung von qualifiziertem Personal die Herren, ich begrüße es, dass sowohl die Landes- bessere Lösung. Aber über die Ursachen dieser regierung als auch die PDS-Fraktion sich, allerdings Situation brauche ich ja hier an dieser Stelle nicht zu von unterschiedlichen Standorten aus, auf die Po- reden, die kennen Sie ja. Die Konjunktur von Arbeits- sition zubewegen, die wir mit unseren Anträgen hier gelegenheiten zeigt jedenfalls, dass der Bedarf nach in diesem Haus im ersten Halbjahr bereits ange- Arbeitsplätzen im gemeinwohlorientierten Bereich boten haben. Es ist gut, dass wir uns heute erneut 1456 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 mit der Umsetzung des SGB II befassen. Die PDS geschaffen werden. Ich weiß aber genauso gut, dass hat hier durch Frau Leukefeld und auch in der wir damit die Chancen der Menschen zur beruflichen Presse veröffentlichte Ergebnisse - in der Anhö- Integration verbessern können, dass wir das Selbst- rung von vorgestern konnte man das nachlesen - wertgefühl und das Vertrauen in die eigene Kraft auf viele kritische Entwicklungen hingewiesen, die erhalten und stärken können. Genau deshalb ist auch nach unserer Auffassung bemerkenswert sind diese Förderung in Regionen mit fehlenden Arbeits- und die wir angehen müssen. Ich finde es schlimm plätzen weder überflüssig noch wirkungslos. Im Ge- und bedrückend, dass zum Beispiel durch fehlerhafte genteil, individuelle Förderung ist gerade in diesen Bescheide und nicht ausreichende Nutzung vorhan- Regionen das entscheidende Instrument, um über- dener Ermessensspielräume Menschen in Notlagen haupt Chancen zu erhalten und um gemeinsam mit gebracht oder verunsichert und verängstigt werden. den Arbeit suchenden Menschen Perspektiven zu Hier ist es erforderlich, dass durch eine kritische Be- erarbeiten. Wer hier auch nur im Unterton Wirkungs- gleitung, auch des Landtags und seiner Fraktionen, losigkeit unterstellt, der liefert im Zweifelsfall die Be- schnell für Abhilfe gesorgt wird. Ziel muss es sein, gleitmusik für die von der CDU auf Bundesebene das Verwaltungshandeln schnell zu verbessern und bereits angestrebten Kürzungen beim Zuschuss an die Ermessensspielräume im Interesse der Men- die Bundesagentur für Arbeit. schen zu nutzen. Es ist aber auch erforderlich, in einer gemeinsamen und parteiübergreifenden Kraft- Vor nicht allzu langer Zeit war die Verunglimpfung anstrengung dafür zu sorgen, dass gesetzliche Un- von ABM und SAM der Auftakt für die Minimierung gereimtheiten schnell beseitigt werden. Die bis- und weit gehende Zerstörung dieser ganz konkreten herige Zusammenarbeit mit den Kollegen der PDS Fördermöglichkeiten für Tausende von Arbeit Su- und der CDU in der Monitoringgruppe des DGB chenden. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wie- Thüringen ist ein guter Auftakt. Wir sollten dieses derhole, die bessere Förderung und bessere Be- konstruktive Arbeitsklima im Interesse der betrof- treuung arbeitsloser Menschen, insbesondere lang- fenen Menschen weiter nutzen und pflegen. Lassen zeitarbeitsloser Menschen, ist seit Jahren überfällig Sie mich aber dennoch eines ohne jede Beschöni- und heute wichtiger denn je. Deswegen, liebe Kolle- gung voranstellen und betonen: Die Zusammen- ginnen und Kollegen, sollten wir das Totschlagar- legung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe war und gument, Hartz IV bringt nichts und wir wussten es ist richtig. schon immer, wirklich nicht anklingen lassen. Wir sollten uns stattdessen damit auseinander setzen, (Beifall bei der SPD) die Förderung endlich zu verbessern. Was sich dort derzeit abzeichnet, kann bestenfalls ein Beginn sein. Wir können uns sicherlich darüber streiten, zu wel- Leider ist es an vielen Stellen ein Beginn in eine chen Bedingungen dies erfolgte. Dass wir aber end- falsche Richtung, in eine Richtung, die vom Gesetz lich auf allen politischen Ebenen und in der Medien- so auch nicht vorgesehen ist. In der öffentlichen berichterstattung die arbeitsfähigen und Arbeit su- Debatte entsteht ja seit Wochen der Eindruck, dass chenden Sozialhilfeempfänger mit im Blick haben offenbar die Mehraufwandsentschädigungen, die so und sie nicht weiter ins gesellschaftliche Abseits genannten Ein-Euro-Jobs, das einzige Instrument drängen, das, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte sind, welches durch das Sozialgesetzbuch II bereit- ich unverändert für einen großen Fortschritt. Dabei gestellt wird. Tatsächlich befürchte ich, dass es hier geht es mir nicht vorrangig um die finanzielle Ent- geradezu zu einem negativen Wettbewerb der Ar- lastung der Kommunen. Nein, es geht mir darum, die beitsgemeinschaften untereinander und der Arbeits- Menschen ernst zu nehmen, ihnen Hilfe anzubieten gemeinschaften mit den optierenden Kommunen und ihre Chancen zur beruflichen Integration zu ver- kommt. Noch erfolgt dies ohne finanzielle Not, da bessern. Fördern ist Intention des Gesetzes und mit nach unseren Informationen überhaupt noch nicht Förderung endlich ernst zu machen, ist das Gebot klar ist, inwieweit die aktivierende Arbeitsmarktför- der Stunde. Das SGB II bietet dazu unstrittig Mög- derung des SGB II und die dafür bereitgestellten lichkeiten und ich nenne neben der verbesserten Mittel ausreichen und - nicht zu vergessen - inwieweit Betreuung durch Fallmanager ausdrücklich die Ein- die Förderung des Landes und des ESF sinnvoll gliederungsvereinbarung. Eine derartige Vereinba- ergänzen könnten. All das ist unverändert unklar. rung setzt den Willen und das Können auf beiden Eines aber scheint in den wenigen Wochen des In- Seiten voraus, auf Seiten der Mitarbeiter in den Kraft-Tretens des Sozialgesetzbuchs II mehr als deut- Jobcentern und auf Seiten des Arbeit Suchenden lich zu sein: Wir benötigen regionale Förderkonzepte selbst. Noch aber scheint die notwendige Balance mit landesweit gültigen Qualitätsstandards und mit zwischen Fordern und Fördern nicht vorhanden zu einer überregionalen Abstimmung. Berufliche Einglie- sein. Nun weiß ich, liebe Kolleginnen und Kollegen derung kann nicht am Kirchturmdenken scheitern von der PDS, dass allein mit einer verbesserten oder sich darauf begrenzen. Es kann nicht sein, dass Betreuung, mit Eingliederungsvereinbarung und mit sozusagen ein Wettbewerb nach unten stattfindet, bei Förderinstrumenten noch keine neuen Arbeitsplätze dem es einzig und allein um Quantität geht. Auch Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1457 hier verweise ich wieder auf die Erfahrung mit ABM die Grundstrukturen für den neuen Förderzeitraum und SAM. Wir dürfen den Fehler "Masse statt Klasse" der Jahre 2007 und folgende gelegt werden müssen nicht wiederholen, sind aber auf dem besten Weg und dass es gelte, innovativ zu sein. All das sind nur dazu. Hierfür, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist wenige Stichworte von dieser Tagung und sie kamen eben nicht allein die Bundesregierung und nicht allein sämtlich aus dem Ministerium für Wirtschaft, Tech- Nürnberg zuständig. Hierfür sind die Landkeise und nologie und Arbeit. Wenn ich mir das anschaue, lässt kreisfreien Städte gemeinsam mit den regionalen sich zumindest feststellen, dass unser Antrag zur Arbeitsagenturen wesentlich mitverantwortlich und verstärkten Förderung Langzeitarbeitsloser zwar hier es ist die Landesregierung mitverantwortlich, die in im Plenum abgelehnt wurde, innerhalb des Ministe- der vergangenen und der neuen Legislaturperiode riums scheint er aber durchaus Anklang gefunden zu mehrfach von der SPD-Landtagsfraktion zur Unter- haben. Damit kann die SPD-Landtagsfraktion gut stützung der Landkreise und kreisfreien Städte auf- leben, zeigt es doch immerhin, dass die Landes- gefordert wurde, leider immer vergeblich. regierung nach mehr als einjähriger Bedenkzeit ihre Mitzuständigkeit langsam erkennt. Meine Damen und Herren von der CDU, ich darf daran erinnern, in der Plenarsitzung im Dezember (Zwischenruf Abg. Pidde, SPD: Das wurde unser Antrag einer verbesserten Förderung wurde auch Zeit.) Langzeitarbeitsloser von Ihnen abgelehnt. Minister Reinholz erklärte, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: Das lässt uns hoffen, vielleicht sogar hoffen, dass "Eine grundlegende Veränderung der Arbeitsmarkt- sich dieses Haus samt der Landesregierung in Kürze politik des Freistaats Thüringen ist weder notwendig einmal im Rahmen einer mündlichen Anhörung mit noch sinnvoll, wenngleich, das gebe ich zu und daran den Experten aus der Praxis auseinander setzt. arbeiten wir, kleine Anpassungen vorgenommen werden." Der Kollege Kretschmer bezeichnete in Zurück zum Ministerium für Wirtschaft, Technologie diesem Zusammenhang unsere Forderungen nach und Arbeit: Nun kann es nicht nur der Anspruch von Förderungskonzepten und nach Abstimmung der Ministerien sein, auf Förderkonzepte zu warten, wie Landesarbeitsmarktförderung mit den Kommunen es auf der genannten Tagung vom zuständigen Ab- und der Bundesagentur als "bürokratisches Mons- teilungsleiter eingefordert wurde. Ein Ministerium ist trum". Heute, nur wenige Wochen nach dieser Dis- schließlich etwas anderes als eine Wartehalle. Es kussion im Plenum und im Ausschuss für Wirtschaft, sollte doch wohl gewisse Rahmenbedingungen Technologie und Arbeit wird offensichtlich, wie not- setzen und durch flankierende Förderung und quali- wendig Förderkonzepte und qualitative Standards fizierte Beratung auch steuern. Die Prioritäten- wären und wie notwendig eine konstruktive Zu- setzung dafür können Sie ja unschwer unserem sammenarbeit der Akteure vor Ort und auf Landes- damaligen Antrag entnehmen. Nur zur Erinnerung, ebene wären. Trotz aller Beweihräucherung scheint die Ein-Euro-Jobs haben Nachrang. Vorrang haben ja einiges schief zu laufen und man kann den Ein- sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Quali- druck gewinnen, die Landesregierung würde viel- fizierung, Ausbildung und öffentliche Beschäftigungs- leicht endlich wach. Ja, meine Damen und Herren förderung. Schauen Sie sich an, was zum Beispiel von der Landesregierung, da wurde viel Zeit vertan, bei den unter 25-Jährigen derzeit geschieht. Be- die Hände in den Schoß gelegt und in bewährter währte Ausbildungsprojekte, wie zum Beispiel das Tradition gewartet, bis sich die Probleme häufen. in Ihrer ESF-Broschüre genannte Projekt "Stellwerk" Deshalb erfüllt es mich nur wenig mit Genugtuung, sind gefährdet. Regionale Konzepte existieren, wenn wenn am 7. März, und heute hat der Minister in überhaupt, fast nur auf dem Papier. Wenn Sie hier ähnlicher Weise hier vorgetragen, anlässlich der endlich beratend und unterstützend mit dem ESF Vorstellung der ESF-Förderung für den Rest der För- eingreifen wollen, ein anderes Förderinstrument gibt derperiode durch die GfAW gemeinsam mit dem es ja dank Ihrer Haushaltspolitik fast nicht mehr, Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit dann scheint mir eines überfällig: Sie müssen die plötzlich neue Töne anklingen. Der Abteilungsleiter Regionalisierung der Landesarbeitsmarktpolitik neu des Ministeriums spricht in seiner Rede von einer ordnen und beleben. Sie müssen endlich gemeinsam Ergänzung der Förderung der Arbeitsgemeinschaften mit den Kommunen, den Tarifpartnern und den an- und der optierenden Kommunen und es ging munter deren Akteuren eine Struktur entwickeln, die hand- weiter. Aus den Regionen sollen Anregungen aufge- lungsfähig ist und die in den Regionen Innovation nommen werden. Ausbildung und sozialversiche- zulässt. Gerade aber sind Sie dabei, die zarten rungspflichtige Arbeitsplätze hätten Vorrang, Jugend- Pflänzchen der Regionalbeiräte und des Landes- liche sollen ein Förderschwerpunkt sein. Das Minis- beirats durch mangelnde Pflege und mangelnde terium erhoffte sich regionale Förderkonzepte und bat Einbeziehung endgültig zu zerstören. Diese Gremien um Anregung. Dann wurde gar von der "Förderung müssen tatsächlich mitbestimmen können, ernst von Beschäftigungsentwicklern" gesprochen und genommen und über Projektinteressen hinaus an der immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass jetzt Arbeitsmarktentwicklung der Regionen und des Lan- 1458 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 des beteiligt werden. Auch "Beschäftigungsentwick- am 7. März und die heutige Berichterstattung lassen ler" ist ein gutes Schlagwort, wenn es nicht aufge- mich zumindest hoffen. Vielen Dank für Ihre Aufmerk- setzt, sondern mit den regionalen Akteuren ent- samkeit. wickelt wird und wenn Beschäftigungsentwickler oder ein Angebot mit einer solchen Intention auf einer (Beifall bei der SPD) fachlichen und politischen Ebene installiert werden, auf der Politikberatung für Kommune und Land Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: gewährleistet ist und angenommen wird. Gestalten und Verwalten ist angesagt. Noch überwiegt jedoch Das Wort hat der Abgeordnete Günther, CDU-Frak- in der Beratung des Ministeriums und der GfAW die tion. Verwaltung. Die Bewilligung eines ESF-Antrags ist nach wie vor die hohe Kür des Verwaltungshandelns Abgeordneter Günther, CDU: und eine tatsächliche Arbeitsbeschaffung für Pro- jektträger. Noch findet sich das, was bei der Konfe- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Be- renz auf der Messe anklang, längst nicht in der Rea- reitschaft der Regierung zu einem solch umfas- lität der ESF- und Landesarbeitsmarktförderung senden Sofortbericht ist schlicht und einfach zu wieder. Deshalb meine Damen und Herren, will ich danken, obwohl die Arbeitsgemeinschaften und op- den heutigen Bericht zum Anlass nehmen und Sie tierenden Kommunen zunächst von der Leistungs- auffordern, nehmen Sie unseren Antrag zur Förde- bereitschaft und der organisatorischen Findung voll in rung Langzeitarbeitsloser, packen Sie all Ihre Ab- Anspruch genommen waren. Folglich konnte dem sichtserklärungen auf der ESF-Konferenz dazu, Anliegen des Antrags aus objektiven Gründen noch setzen Sie sich endlich mit der Bundesagentur für nicht in vollem Umfang Genüge getan werden. Ich Arbeit, den Arbeitsgemeinschaften und mit den op- glaube, das ist auch das Ergebnis Ihrer jüngsten tierenden Kommunen sowie den Regionalbeiräten Anhörungen, meine Damen und Herren von der in Verbindung und unterstützen Sie endlich abge- PDS. Die Monitoring-Gruppe beim DGB kommt zu stimmte Förderkonzepte einschließlich qualitativer ähnlichen Erkenntnissen. Aktionismus allerdings ist Mindeststandards. Dann wären wir noch vor der bei dieser großen gesellschaftlichen Reform unan- Sommerpause entscheidende Schritte weiter bei gebracht. Ich werde deshalb auch nicht auf die von der Umsetzung des SGB II in Thüringen. Dieser Kollegen Pilger geäußerten Worte eingehen. Nur Umsetzungsteil wird in Thüringen zu gewährleisten eins, das Operationelle Programm steht und ist nach sein und Landes- und Kommunalpolitik wird daran unserer Auffassung ausreichend. Die Zusammen- gemessen werden, wie gut uns das gelingt. arbeit mit den Regionalbeiräten funktioniert recht gut. Meine Ausführungen werden deshalb kurz ge- Eine andere Frage sind die notwendigen Nachre- halten und ich schlage vor, diesen Antrag nach gulierungen im Rahmen des Monitoringprozesses einem Zuwachs von zuverlässigen Statistiken und von Hartz IV auf Bundesebene. Dabei können Sie neu geschaffenen Förder- bzw. Engliederungsmaß- sicher sein, dass die SPD-Landtagsfraktion für nahmen im Ausschuss fortzuberaten. gleiche Fördersätze in Ost und West eintritt, für die Verbesserung der Zuverdienstmöglichkeiten, für den Meine ersten Erfahrungen, die ich bei der Umsetzung Vertrauensschutz der so genannten 58er-Regelung des Hartz-IV-Gesetzes machte, sind sehr unter- und für die Beseitigung all der Ungereimtheiten, die schiedlicher Natur. Zweifelsohne kann man sowohl sich im Rahmen des Gesetzesvollzugs als unsinnig ARGEn als auch optierenden Kommunen großen erweisen, Respekt für den reibungslosen Übergang zu dem neuen Leistungsbezugssystem zollen. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) zum Beispiel bei der Frage der Nutzung von Wohn- eigentum. Wir werden uns dafür einsetzen, Personen Doch eines scheint deutlich zu werden: Die optie- ohne Anspruch auf Unterhaltsleistung, was häufig renden Kommunen arbeiten derzeitig mit mehr Effi- Frauen sind, gleichberechtigt von den Instrumen- zienz. ten der aktivierenden Arbeitsmarktförderung profi- tieren zu lassen. All dies wird Gegenstand einer (Beifall bei der CDU) ersten Bilanz der SPD-Landtagsfraktion zu Hartz IV am 25.04.2005 in diesem Hause sein. Ich lade Sie Statistische Zahlen können hier zum Beispiel abge- schon heute dazu ein, an der Veranstaltung teilzu- fragt werden, wohl sicher auch, weil hier die Fach- nehmen. Mit der Untätigkeit der Landesregierung und und Rechtsaufsicht deutlich und klar geklärt ist. Mehr der sich ständig wiederholenden Verantwortungs- Effizienz, weil eben auf bestehende kommunale zuweisung an die Bundesregierung und an die Kom- Netzwerke zurückgegriffen wird, auch, weil klar ist, munen muss endlich Schluss sein. Die ESF-Tagung was zum Beispiel ein Fallmanager zu leisten hat Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1459 und wie dieser qualifiziert sein muss. turbetriebe.

Zum Sachstand und Problem - Frau Leukefeld hat (Beifall bei der CDU) vieles davon angesprochen und das deckt sich mit meiner Kritik: Berge von Papier, Formulare nicht Es gibt Hoffnung. Mein Kollege Schugens hat es verständlich, Bescheide nicht nachvollziehbar, von heute Morgen schon mal gesagt, es wird Frühling. Integration wenig zu spüren. Aber das ist kein Re- gelungsbedarf der Landesregierung. Statistische Aus- (Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Das ist wertung nur über Nürnberg - warum? Fallmanager eine Erkenntnis.) gerade im Bereich U25 in keiner Weise befriedigend, für mich ein besonders schwerwiegendes Problem. (Heiterkeit und Beifall bei der PDS) Weder die von Minister Clement versprochenen Fall- manager arbeiten so, wie aus dem Acht-Punkte- Schön, Herr Kuschel, dass Sie es auch gemerkt Programm der BA zu entnehmen ist, noch ist eine haben. Es wird nicht nur Frühling in der Natur, son- flächendeckende Versorgung mit Integrationsverein- dern auch auf Bundesebene barungen für Jugendliche garantiert. Zu wenig und nicht ausreichend qualifiziertes Personal steht hier (Unruhe bei der SPD) zur Verfügung. Fallmanager sind Schlüsselfiguren im Vermittlungsprozess. Fallmanager müssen hoch scheint einiges zu beginnen zu sprießen. Es sprießt qualifiziert sein, soziale Sensibilität besitzen und ein die Erkenntnis, dass unsere Forderungen nach kla- hohes Maß an beruflicher Erfahrung mitbringen. Ihr ren echten Reformen gerechtfertigt sind. Einfluss auf den Eingliederungsvertrag und die Ge- staltung des Förderplans ist die Grundvoraussetzung (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Bei dem für eine sinnvolle Vermittlung. Hier besteht drin- einen früher, bei dem anderen später.) gender Handlungsbedarf, wenn es uns ernst ist und wir die benachteiligten Jugendlichen wirklich Der Pakt für Deutschland der Unionsfraktion zeigt dort abholen wollen, wo sie jeweils stehen. einen klaren Weg, der zu Wachstum und zu Arbeit führt. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Befürchtungen, dass Arbeitsgelegenheiten bis in den gewerblichen Bereich hinein überhand nehmen, sind Ich hoffe auf gute Ergebnisse des heutigen Gipfels. nicht eingetreten. Es bleibt zu hoffen, dass die Po- Zumindest eine unserer Forderungen, die Senkung sitivliste der Kammern auch weiterhin Wirkung zeigt. des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung, wird sich Es ist allerdings geboten, an den zwangsläufig ein- durchsetzen - davon bin ich überzeugt. setzenden Drehtüreffekt zu erinnern. Der Integra- tionsgedanke muss deutlich mehr in den Vorder- Meine Damen und Herren, ich kehre zum Ausgangs- grund rücken. Derzeit wird eben nur verwaltet. Die punkt meines Beitrags zurück und beantrage für angenommene Steigerung der Kosten der Unter- meine Fraktion die Überweisung des Antrages zur kunft scheint sich als Fehlprognose herauszustellen. weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Aus der aktuellen Lage heraus kann man wohl Technologie und Arbeit. Vielen Dank. sagen, dass die Kommunen zumindest beim Wohn- geld entlastet werden, was nicht bedeuten soll, dass (Beifall bei der CDU) es hier keine Probleme gibt. Auch hier fehlt es an belastbarem Zahlenmaterial, welches uns aber - da Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: bin ich überzeugt - sicher in Kürze von der Landes- regierung vorgelegt werden kann. Mir liegen derzeit keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist beantragt die Überweisung an den Aus- Die Anrechnung von Eigenheimzulagen auf das schuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer ALG II, das dann wieder zum Wegfall desselbigen stimmt der Überweisung dieses Antrags zur weiteren führt, ist nur ein Punkt, der sicher von Minister Rein- Diskussion zu, den bitte ich um das Handzeichen. holz wie auch den übrigen mehrfach erwähnten Wer stimmt der Überweisung des Antrags nicht Nachbesserungen im Rahmen der Monitoringrunden zu? Es sind keine Gegenstimmen. Wer enthält sich nachhaltig gefordert werden wird. der Stimme? Also ist der Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Eines allerdings, meine Damen und Herren, ist sehr Arbeit mit übergroßer Mehrheit zugestimmt worden. deutlich geworden: Hartz IV allein schafft keine Ar- Ich stelle zum Abschluss fest, dass das Berichts- beitsplätze. Das war zumindest uns immer klar. Wir ersuchen im Plenum gemäß § 106 Abs. 2 Geschäfts- brauchen Reformen und keine ständigen Repara- ordnung erfüllt ist. Gibt es Widerspruch gegen diese 1460 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Feststellung? Das ist nicht der Fall. § 12 Abs. 2 Schuldrechtsanpassungsgesetz steht nach unserer Auffassung im Widerspruch zu Arti- Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 9 kel 14 Abs. 3 des Grundgesetzes.

Einbringung eines Gesetz- (Beifall bei der PDS) entwurfs zur Änderung des Schuldrechtsanpassungs- Leider hat der Landtag den damaligen PDS-Antrag gesetzes in den Bundesrat abgelehnt. Das Gesetz wurde im Frühjahr 2002 in Antrag der Fraktion der PDS mehreren Punkten auf Bundesebene novelliert, - Drucksache 4/704 - ohne die Notwendigkeit einer Änderung des § 12 Abs. 2 zu berücksichtigen. Wir haben die Entwicklung Wünscht die Fraktion der PDS das Wort zur Be- seit 2002 aufmerksam verfolgt und müssen fest- gründung. Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir stellen, dass unser Antrag aus dem Jahr 2001 richtig zur Aussprache. Zur Aussprache hat sich gemeldet war und nach wie vor die Änderung des § 12 Abs. 2 der Abgeordnete Blechschmidt, PDS-Fraktion. Ich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes erforderlich erteile ihm das Wort. ist. Worin zeigt sich dies, meine Damen und Herren? Das zeigt sich einerseits in der Auffassung zahl- Abgeordneter Blechschmidt, PDS: reicher Grundstückseigentümer, dass sie bereits gegenwärtig die Nutzer von Garagen und Erholungs- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolle- grundstücken kündigen, ohne zu einer Entschä- gen, werte Gäste, Vertreter des VdG, des Verban- digung bereit zu sein. Für die Nutzer bleibt dann nur des Deutscher Grundstücksnutzer und der Interes- die Klage vor Gericht, wozu vor allem Garagen- sengemeinschaft der Garagenbesitzer, der Beitritt der eigentümer in der Regel aufgrund des Risikos und DDR zur Bundesrepublik Deutschland war auch von des relativ geringen Streitwerts nicht bereit sind. einem Umbruch der Eigentumsverhältnisse im Bei- Grundstückseigentümer kündigen den Nutzern von trittsgebiet begleitet. Erinnert sei hier an das Prin- Garagengrundstücken bereits jetzt an, dass die zip "Rückgabe vor Entschädigung", durch dessen An- bestehenden Nutzungsverträge ab 2007 entschädi- wendung für zehntausende ostdeutsche Familien gungslos aufgelöst werden und sie dann die Mög- ein Kampf um Haus und Hof ausgelöst wurde, den lichkeit hätten, ab diesem Zeitpunkt ihre jetzige viele verloren haben und der für etliche noch nicht Garage für einen monatlichen Mietpreis von 30 bis beendet ist. Aber auch das Eigentum von Garagen 50  ]X PLHWHQ ,P 9HUJOHLFK KHXWH EH]DKOHQ VLH und Erholungsgrundstücken auf fremdem Grund und 70 bis 90 SUR-DKU*DUDJHQHLJHQWPHUQZLUG durch Boden wurde einer radikalen Neubewertung unter- die Grundstückseigentümer der Verkauf der Garage zogen. Das bürgerliche Recht der Bundesrepublik oftmals altersbedingt verwehrt, da den potenziellen Deutschland kennt - bis auf wenige gesetzliche Käufern Neuverträge angeboten werden, die keinerlei Regelungen - keine grundsätzlichen Ausnahmen Bestandsschutz bieten. Das führt dann oftmals zum selbständigen Eigentums auf fremdem Grund und freiwilligen und entschädigungslosen Verzicht. Ins- Boden. Ziel unseres heutigen Antrags, der inhaltlich gesamt zeigt sich, dass die vom Gesetz her ab 2007 an den Antrag der PDS-Fraktion der 3. Legislatur- bzw. 2023 vorhandene Möglichkeit der entschädi- periode aus dem Jahr 2001 - Drucksache 3/1290 - gungslosen Kündigung bereits jetzt zu verfassungs- anknüpft, war und ist es, eine Novellierung insbeson- widrigen Enteignungen führt und rapide zunehmen dere der Änderung des § 12 des Schuldrechtsan- wird. Es zeigt sich, dass es dringend geboten ist, passungsgesetzes vorzunehmen, der einer zeitlichen durch eine Änderung des Gesetzes von vornherein Begrenzung der Entschädigungspflicht bei Kündi- und grundsätzlich eine jede Möglichkeit der ent- gung durch die Grundstückseigentümer für Garagen schädigungslosen Kündigung auszuschließen. bis zum 31.12.2006 und für Erholungsgrundstücke bis 31.12.2022 festlegt. Meine Damen und Herren, welche Argumente werden von Landes- und Bundespolitikern ver- In Anbetracht der hohen Vermögenswerte, die Ga- wendet, um die Notwendigkeit einer Änderung des ragen zu diesem Zeitpunkt haben - allein in Thü- § 12 Abs. 2 des Gesetzes zu bestreiten bzw. zu- ringen ca. 100 Mio. XQG(UKROXQJVJUXQGstücke, rückzuweisen. Es wird behauptet, dass mit dem Urteil deren Wert im Jahre 2022 heute noch nicht richtig des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 feststellbar ist, halten wir die Möglichkeit einer ent- keinerlei rechtliche Besserstellung der Nutzer mög- schädigungslosen Kündigung für rechtlich äußerst lich sei als im Schuldrechtsanpassungsgesetz fest- bedenklich, ja für verfassungswidrig. gelegt war. Also, das Urteil des Bundesverfassungs- gerichts würde keine Änderung des § 12 Abs. 2 zu- (Beifall bei der PDS) lassen. Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1461

Dazu ist Folgendes zu sagen: Gegen das Schuld- reichende Vollmacht hatte der Einigungsvertrag dem rechtsanpassungsgesetz vom 21. September 1994 Gesetzgeber nicht eingeräumt. Das war auch aus- hatten sieben Grundstückseigentümer Beschwerde drücklich in diesem Urteil festgehalten. beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Ihre Be- schwerde richtete sich gegen den Kündigungsschutz, Aus diesen Gründen schlagen wir vor, die zeitliche gegen die Entschädigungspflicht bei Kündigung Befristung der Entschädigung zum Zeitwert bei durch den Grundstückseigentümer, gegen die le- Vertragsbeendigung aufzuheben. Es steht zu be- diglich stufenweise Anhebung des Nutzungsent- fürchten, dass eine große Anzahl von Klagen Be- gelds und die fehlende Möglichkeit, Nutzer an den troffener diese gegenwärtige gesetzliche Regelung öffentlichen Lasten zu beteiligen. Zwei der sieben angreifen werden. Es steht weiter zu befürchten, Beschwerdeführer waren Eigentümer von Grund und dass weder dem sozialen Frieden noch dem politi- Boden, auf denen Garagen standen. Einer wollte schen Frieden im Lande gedient ist, wenn eine Re- sein Grundstück zurück; zwei hatten sich gegen gelung beibehalten wird, die so offensichtlich gegen die Zahlung der Grundsteuer von jeweils 84 bzw. das Grundgesetz verstößt, dass sie nur dem nicht 53 DM gewehrt. Lediglich zwei hatten zum Zeitpunkt ins Auge fällt, der aus politischen Gründen sie nicht der Verfassungsbeschwerde bereits Anschlussbei- sehen will. träge für Trinkwasseranschlüsse zu zahlen gehabt. Meine Damen und Herren, es wird behauptet, dass Mit den in diesem Zusammenhang stehenden Vor- trotz des § 12 Abs. 2 entschädigungsrechtliche schriften, die angegriffen worden waren, hatte sich Ansprüche des Nutzers bei Kündigung des Ver- das Bundesverfassungsgericht auseinander zu trags durch den Grundstückseigentümer bestehen, setzen und am 14. Juli 1999 mit fünf zu drei Rich- und zwar dann, wenn erstens durch die Bebauung terstimmen den Kündigungsschutz für Garagen nach eine Verkehrswerterhöhung des Grundstücks ein- Ablauf vom 31. Dezember 1999 für nichtig erklärt. Mit getreten ist nach § 12 Abs. 3 und wenn bereiche- der Begründung jedoch, dass Garagen kündbar rungsrechtliche Ansprüche nach BGB § 812 vor- seien, wurde es ausdrücklich abgelehnt, Eigen- liegen. Dazu wäre zu sagen, der Gesetzgeber hat tümer von Garagen auf fremden Grund und Boden vermieden, zu definieren, wann der Verkehrswert des an den öffentlichen Lasten zu beteiligen. Für die Grundstücks durch die Investitionen des Nutzers in Teilkündigung von großen, übergroßen Grundstücken Baulichkeit und Grundstückseinrichtung erhöht ist. und die Beteiligung von Nutzern an den einmaligen In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs und den wiederkehrenden öffentlichen Lasten wur- zum Schuldrechtsanpassungsgesetz ist ausgeführt, den dem Gesetzgeber Vorgaben für eine von ihm dass eine Werterhöhung grundsätzlich nur dann geforderte gesetzliche Regelung aufgegeben, der Entschädigungspflichten nach sich ziehen, wenn dem der Gesetzgeber mit der Änderung des Schuld- Grundstückseigentümer nach Vertragsbeendigung rechtsanpassungsgesetzes vom 17. Mai 2002 nach- ein für ihn realisierbarer Wert zufließt. Damit wird gekommen ist. dem Grundstückeigentümer ein subjektives Bestim- mungsrecht zugebilligt. Das heißt, in all den Fällen, in Meine Damen und Herren, es ist jedoch ein Märchen, denen der Grundstückseigentümer nach Vertrags- einfach zu schön, um wahr zu sein, dass zu mehr beendigung die Investitionen des Nutzers, Garage, oder anderem der Gesetzgeber nicht befugt gewesen Datsche etc., nicht nutzt, besteht in der Regel kein wäre. Natürlich gehört der rechtliche Tatbestand, Entschädigungsanspruch für den Nutzer. Hinzu dass bei Vertragsbeendigung und Ablauf der sieben- kommt die Bestimmung des § 11 Schuldrechtsan- jährigen Investitionsschutzfrist das Eigentum der passungsgesetz, wonach bei Beendigung von DDR- Garagen- und Datscheneigentümer auch bei Kün- Verträgen das Gebäudeeigentum in das Eigentum digung durch den Grundstückseigentümer nicht mehr des Grundstückseigentümers übergeht und zum we- zum Zeitwert entschädigen und entschädigungslos sentlichen Bestandteil des Grundstücks wird. Un- auf den Grundstückseigentümer übergehen kann, gerechtfertigte Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB nicht zu den von dem Grundstückseigentümer vor liegt jedoch nur dann vor, wenn der Eigentumsüber- dem Bundesverfassungsgericht angegriffenen recht- gang ohne rechtlichen Grund erfolgt. Also dürften lichen Regelungen. Naturgemäß musste sich das auch die Behauptungen bereicherungsrechtlichen Bundesverfassungsgericht damit auch nicht befassen Entschädigungsansprüchen äußerst zweifelhaft sein. und hat es tunlichst vermieden. Möglicherweise wäre es sonst zu der Feststellung gelangt, dass ein ohne Es wird weiterhin behauptet, viele private Grund- Zeitwertentschädigung erfolgter Eigentumsübergang stücke seien ohne Zustimmung der Grundstücks- von schätzungsweise 500.000 Garagen und etwa eigentümer zu DDR-Zeiten mit Garagen bebaut wor- 1.000.000 Datschen Kraft Gesetz erstens ab den. Das stimmt so nicht. Fast 90 Prozent der Ga- 1. Januar 2007 - letzteres spätestens ab 1. Januar ragengrundstücke sind in den meisten Städten Kom- 2023 - mit der Eigentumsgarantie des Artikel 14 des munalgrundstücke, die ganz bewusst durch die Grundgesetzes nicht vereinbar ist. Eine so weit Stadtverwaltungen zumeist in den 70er-Jahren für 1462 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 die Garagenbebauung freigegeben worden sind. Es PDS-Antrag, der zum Ziel hat, eine Bundesratsini- wird auch behauptet, der überwiegende Teil der Ga- tiative einzuleiten, um das Schuldrechtsanpassungs- ragen sei verschlissen oder in marodem Zustand. gesetz zu ändern. Bereits 1999 haben wir das Pro- Der Zeitwert tendiert gen null. Deshalb sei die zeit- blem hier im Landtag diskutiert und es ist eben immer liche Begrenzung der Entschädigungspflicht bis zum so, wenn teilweise Probleme bestehen, dann springt 31. Dezember 2006 gerechtfertigt. Dies ist einfach die PDS auf den Zug auf, greift diese Dinge hier auf, falsch. Sicherlich gibt es marode Garagenkomplexe, vor allem an peripheren Standorten an den Städten (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Hau die und dort, wo keine Sicherungsmaßnahmen durchge- PDS nicht so!) führt wurden - Umzäunung oder Bewachung -, aber der überwiegende Teil der Garagenkomplexe befin- ohne - ich kann ja nicht nur immer euch hauen - det sich in einem guten bis sehr guten Zustand. (Unruhe bei der PDS) Es gibt einen Ratgeber des Verbandes deutscher Grundstücksnutzer e.V., der sich mit der Berechnung letztendlich des Zeitwerts von Reihengaragen befasst hat. Da- nach beträgt der Zeitwert in der Regel ca. 1.500 bis (Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Hau 2.000  ZHQQ HLQH NRQWLQXLHUOLFKH ,Qstandhaltung zuerst mal zu?) gewährleistet ist; in Thüringen ca. 50.000 Garagen, insgesamt in den neuen Bundesländern 500 000. auch abzuwägen, inwieweit die Dinge von Erfolg Oftmals liegt auch der Verkehrswert wesentlich über gekrönt sein können. Ich sehe hier, was das Urteil dem Zeitwert. des Bundesverfassungsgerichts betrifft, einiges doch anders als Herr Blechschmidt. Meine Damen und Herren, in zweieinhalb Jahren ist nach derzeitigem Recht jeder betroffen, der noch Aber lassen Sie mich noch mal etwas zur Geschichte eine Garage auf Pachtland sein Eigen nennen kann. sagen: Bei der Anpassung der Rechts- und Eigen- Das sind - wie gesagt, ich wiederhole mich hier - tumsordnung der DDR an das Rechtssystem der 500.000 in den neuen Bundesländern. Das ist ge- Bundesrepublik Deutschland und bei den Verträgen, meinsam mit dem Verband der Deutschen Grund- die die Erholungs-, Garagen- und Freizeitgrundstücke stücksnutzer und den Interessengemeinschaften der betraf, stand der Gesetzgeber vor der schwierigen Garagennutzer, der die Interessen der Betroffenen Aufgabe, die Interessen von Nutzern und Eigen- vertritt, eine, finde ich, schon beträchtliche Kraft, um tümern in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. auf kommunaler Ebene, auf Landes- und Bundes- Dabei waren auf Seiten der Nutzer mehrere Aspekte ebene Dinge, auch politische Verhältnisse zu ver- besonders zu berücksichtigen. Insbesondere war zu ändern. Um die aufgezeigten gesellschaftlich nicht beachten, dass die Nutzer von Erholungsgrund- unbedeutenden Verwerfungen einzuebnen, die deut- stücken in der DDR eine erheblich stärkere Rechts- lich sichtbaren Ungerechtigkeiten aufzuheben, lassen position gegenüber den Eigentümern hatten, als dies Sie uns mit diesem Antrag eine Bundesratsinitiative nach dem Pachtrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch zur Veränderung herbeiführen. Bei der Eindeutigkeit der Fall gewesen wäre. Schließlich war aber auch des Antrags und der aufgezeigten Argumente sieht zu berücksichtigen, dass viele Nutzer das Grundstück meine Fraktion keine Notwendigkeit, eine Überwei- zum Teil erst mit großer Mühe nutzbar gemacht sung an den Ausschuss vorzunehmen. Ich bitte Sie, haben, was zum Teil auch auf die Garagengrund- unseren Antrag heute hier zu unterstützen und ab- stücke zutrifft. Der Gesetzgeber hatte aber natürlich zustimmen. Sollten, wie aus der Presse zu entneh- auch die Interessen der Grundstückseigentümer zu men war, in der Mehrheitsfraktion Bemühungen berücksichtigen. Diese haben ein legitimes Interesse existieren, dennoch diesen Antrag im Ausschuss be- daran, ihr Grundstück entweder selbst zu nutzen raten zu wollen, werden wir uns nicht verweigern. oder, wenn ihnen dies wegen des weit gehenden Danke. Kündigungsschutzes nicht möglich ist, zumindest ein kostendeckendes Nutzungsentgelt zu verlangen. Die (Beifall bei der PDS) besondere Interessenlage der Nutzer hat der Gesetz- geber bereits mit dem Schuldrechtsanpassungsge- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: setz von 1994 versucht weit gehend zu berücksich- tigen. Auch in der DDR handelte es sich um Ver- Das Wort hat die Abgeordnete Doht, SPD-Fraktion. träge zur Nutzung fremder Grundstücke. Sie mussten deshalb in das Pacht- und Mietrecht des Bürger- Abgeordnete Doht, SPD: lichen Gesetzbuchs überführt werden. Einziges Ziel des Schuldrechtsanpassungsgesetzes von 1994 war Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nicht und ist es, diese Überführung im Interesse der zum ersten Mal beschäftigen wir uns hier mit einem Nutzer sozial abzufedern und zu strecken. Bezüglich Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1463 der genutzten Grundstücke ist entscheidend, dass Ihnen sagen, wir können diesen Populismus hier die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland im Thüringer Landtag nicht mitmachen. grundsätzlich keine Trennung von Eigentum am Grundstück und an den darauf stehenden Bauwer- (Beifall Abg. Kuschel, PDS) ken kennt. Daher sieht das Schuldrechtsanpas- sungsgesetz natürlich auch einen Ausgleich für den Ja, Herr Kuschel, wenn ich Sie da so klatschen sehe, Verlust des Eigentums am Gebäude vor, das nach da frage ich mich, ob Sie nicht vielleicht dann gleich Beendigung des Nutzungsvertrags auf den Eigen- einen Antrag auf eine Bundesratsinitiative zur Strei- tümer des Grundstücks übergehen muss. Kündigt chung des Artikels 14 zum Grundgesetz hätten stel- der Eigentümer, hat der Nutzer aus Gründen des len sollen. Vertrauensschutzes Anspruch auf Wertersatz für das von ihm errichtete Bauwerk in Höhe des Zeit- (Beifall bei der SPD) werts. Wenn der Nutzer den Vertrag dagegen selbst kündigt, kann er eine Entschädigung nur insofern Also, manchen Leuten in Ihrer Fraktion unterstelle verlangen, wie der Verkehrswert des Grundstücks ich das durchaus, das so was gewollt ist, nicht allen. durch das Bauwerk erhöht ist. Gegen diese Ansicht Aber Ihrem Antrag können wir hier nicht zustimmen. der zu nutzerfreundlichen Regelung des Schuld- rechtsanpassungsgesetzes haben einige Eigentümer (Beifall bei der SPD) von Freizeit- und Erholungsgrundstücken bzw. Gara- gengrundstücken geklagt - und, Herr Blechschmidt, Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: Entschuldigung, aber es ist völlig unerheblich, ob hier sieben geklagt haben oder 7.000 geklagt hätten, Fakt Das Wort hat die Abgeordnete Walsmann, CDU- ist, dass das Bundesverfassungsgericht ein Urteil ge- Fraktion, das Geburtstagskind heute. fällt hat und dass es das gesamte Gesetz darauf- hin geprüft hat und in beiden Teilen für verfassungs- Abgeordnete Walsmann, CDU: mäßig erklärt hat, dass es aber letztendlich beim Kündigungsschutz und den Entschädigungsregelun- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und gen hier Regelungen vom Gesetzgeber verlangt hat, Herren, die rechtliche Anpassung der Nutzungsver- die den Eigentümern zugute kamen. Fakt ist auch, hältnisse von Grundstücken gehörte von Anfang an dass der Gesetzgeber letztendlich an dieses Urteil zu den schwierigen Kapiteln des Einigungsvertrags. des Bundesverfassungsgerichts gebunden ist, dass Grundstückseigentümer und Grundstücksnutzer er sich eben nicht darüber hinwegsetzen kann. Ich kämpfen daher seit Jahren für ihre Interessen. Dabei habe Verständnis dafür, wenn Garageneigentümer begleitet ein Spannungsbogen aus Emotionen und Briefe schreiben und schreiben, weil das Bundes- Verunsicherungen diesen Angleichungsprozess. Wir verfassungsgericht 1999 entschieden hat und die alle wissen ob der vielen Petitionen, Schreiben oder Bundesregierung dem gefolgt ist, ergeben sich die Veranstaltungen vor Ort, die die bestehenden Re- und die Folgen. Ja, die Bundesregierung musste gelungen seit Jahren begleiten und daher den dem folgen. Das müssten Sie als Abgeordneter im Rechtsfrieden anscheinend nur schwer einkehren Thüringer Landtag eigentlich wissen. Die Frage ist lassen. Die emotionale Betroffenheit der Nutzer ist dann letztendlich, wenn Sie jetzt hier wieder den An- sicher verständlich. Wer seit Jahren ein Grundstück trag auf eine Bundesratsinitiative einbringen und Sie nutzt, es mit einem eigenen Bauwerk unter den auf den Artikel 14 des Grundgesetzes, die Eigen- damaligen Bedingungen der DDR bebaut hat, es tumsgarantie, abstellen, dann wird es wieder Klagen hegt und pflegt, auch wenn es ihm nach dem Papier von Seiten der Eigentümer geben und wahrschein- und auf dem Papier nicht gehört, der entwickelt eben lich, so sehen wir zumindest die Situation, werden, ein sehr persönliches Verhältnis zu dem Grundstück wenn wir hier zu nutzerfreundlichen Regelungen und kämpft für sein Vertrauen in den Fortbestand kommen, die wieder durch das Bundesverfassungs- dieser Verhältnisse. Aber wer vor dem Grundstück gericht gekippt werden. Ich muss Ihnen auch eines steht und von der Nutzung langfristig ausgeschlossen sagen: Dieser Bewertung haben sich grundsätzlich ist, obwohl es sein Eigentum ist, von dem er viel- alle Regierungen der neuen Länder angeschlossen, leicht sogar vertrieben wurde, und er es bis heute auch Regierungen, in denen die PDS mit sitzt. Des- selbst nicht nutzen kann, vielleicht für den Rest wegen sollten Sie sich vielleicht noch mal mit Ihren seines Lebens nicht, versteht die Welt nicht mehr. Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern unterhalten. Das sind Schicksale, das sind Enttäuschungen, für die eine SED-Diktatur verantwortlich ist und nicht Wir halten Ihren Antrag eigentlich nur für einen po- das Schuldrechtsanpassungsgesetz. pulistischen Schachzug. Sie möchten den Garagen- eigentümern, deren Sorgen und Nöte wir durchaus (Beifall bei der CDU) verstehen, beweisen, dass Sie die einzige Partei sind, die sich ihrer Probleme annimmt. Nur, ich muss 1464 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Deshalb, meine Damen und Herren von der PDS, aufgezeigt. So wird eben in dem Beschluss aus- muss ich Frau Abgeordneten Doht Recht geben. Es geführt, dass der Gesetzgeber mit den abgestuften ist mehr als offensichtlich, dass es Ihnen mit dem Kündigungsregelungen die schutzwürdigen Inter- vorliegenden Antrag, dessen Inhalt ja wirklich keines- essen von Eigentümern und Nutzern grundsätzlich wegs neu ist und eigentlich nur ein neuer Aufguss, in ein ausgewogenes Verhältnis gestellt hat. Ich be- für den Sie ja nicht einmal die Unterstützung eines tone es noch einmal, einseitige Bevorzugung oder Bundeslandes erhalten würden, in dem die PDS Benachteiligung, wie mit dem vorliegenden PDS- mitregiert. Deshalb ist es eben offensichtlich, dass es Antrag verfolgt, sind mit dem Artikel 14 des Grund- um nichts anderes als um eine Instrumentalisierung gesetzes nicht zu vereinbaren. Aus den vorge- der Nutzer zu politischer Profilierung geht. Der Ge- nannten Gründen wird die CDU-Fraktion dem An- setzgeber hat bei der Erfüllung des ihm in Artikel 14 trag nicht zustimmen. Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes erteilten Auftrags sowohl der verfassungsrechtlich garantierten Rechts- (Beifall bei der CDU) stellung der Eigentümer als auch dem aus Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes folgenden Gebot einer so- Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: zial gerechten Eigentumsordnung Rechnung zu tra- gen. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abge- ordneten vor. Das Wort hat Staatssekretär Scherer. (Beifall bei der CDU, SPD) Scherer, Staatssekretär: Er musste deshalb die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Herren Abgeordneten, ich will mich kurz fassen. Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit den Die von der PDS-Fraktion angestrebte Novellierung verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozial des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ist aus ver- gebundenen Privateigentums nicht im Einklang. Des- fassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Die Lan- halb sieht die CDU-Fraktion aus verfassungsrecht- desregierung hat stets die Auffassung vertreten, dass lichen Gründen keinen Raum und keine Chance für mit diesem Gesetz eine sozial verträgliche Regelung die von der PDS-Fraktion angestrebte Novellierung und im Hinblick auf die Interessen der betroffenen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Mit dem Grundstückseigentümer und Nutzer ein Kompro- Schuldrechtsanpassungsgesetz in seiner vorliegen- miss gelungen ist, die Bodennutzungsverhältnisse den Fassung ist es eben gerade im Hinblick auf die der ehemaligen DDR in die dem Bürgerlichen Ge- unterschiedlichen Interessen von betroffenen Grund- setzbuch entsprechenden Rechtsvorschriften zu stückseigentümern und Nutzern sozial verträglich und überführen und diese Auffassung deckt sich mit der- ausgewogen gelungen, die Bodennutzungsverhält- jenigen der jetzigen und der vorherigen Bundes- nisse der ehemaligen DDR in die dem Bürgerlichen regierung und der Regierung aller anderen neuen Gesetzbuch entsprechenden Rechtsformen zu über- Länder. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu führen. Diese Auffassung wird im Übrigen von allen eine maßgebliche Entscheidung getroffen und sie ist neuen Bundesländern vertreten. Hinsichtlich der Aus- maßgeblich im Gegensatz zu Ihren Worten, Herr führung zu dem Beschluss des Bundesverfassungs- Abgeordneter Blechschmidt. Es hat nämlich festge- gerichts teile ich nicht die Auffassung und die In- stellt mit seinem Beschluss vom 14. Juli 1999 zu terpretation von Herrn Blechschmidt. Überprüft wurde mehreren Verfassungsbeschwerden, die unter an- eben gerade durch das Bundesverfassungsgericht derem auch gegen die in § 12 des Schuldrechtsan- auch die Verfassungsmäßigkeit der in § 12 des passungsgesetzes enthaltenen Entschädigungsre- Schuldrechtsanpassungsgesetzes geregelten Ent- geln gerichtet waren, dass die Bestimmungen des schädigung für das Bauwerk im Falle der Beendi- Schuldrechtsanpassungsgesetzes im Wesentlichen gung des Rechtsverhältnisses und dieses wurde verfassungsgemäß sind und das hat es ausdrück- für verfassungsmäßig im Wesentlichen befunden. lich zu Artikel 12 bzw. zu § 12 auch so festgestellt, Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht, und das wortwörtlich. Es hat sogar festgestellt, dass diese ist auch zu Recht schon dargestellt worden, festge- Verbesserungen, die zum Teil enthalten sind in stellt, dass im Hinblick auf einzelne Bestimmungen diesem Gesetz, zugunsten der Grundstückseigen- bestimmte Verbesserungen zugunsten der Grund- tümer notwendig sind und hat Veränderungen ge- stückseigentümer erforderlich sind. Diese hat der fordert, die dann später mit einem entsprechenden Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz von 2002 Gesetz auch vorgenommen worden sind. Es hat vorgenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat vor allen Dingen darauf abgestellt, dass es keine in dem erwähnten und hier zur Rede stehenden Be- einseitigen Benachteiligungen oder Bevorteilungen schluss klar auch die Grenzen für den Gesetzgeber der einen oder anderen Seite geben darf, was bezüglich der immer wieder geforderten einseitigen letztlich sogar dazu geführt hat, dass es zugunsten Ausdehnung der Rechte der Nutzer der Grundstücke der Grundstückseigentümer Veränderungen gefor- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1465 dert hat. Die jetzige Gesetzeslage stellt einen sach- Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Be- gerechten Kompromiss dar und wenn der Grund- gründung? Sie wünscht keine Begründung. Damit stückseigentümer während der so genannten sieben- kommen wir unmittelbar zur Aussprache und ich jährigen Investitionsschutzfrist kündigt, muss er den erteile dem Abgeordneten Matschie das Wort. Zeitwert ersetzen, aber auch wenn er danach kündi- gen würde, muss der Garagenbesitzer nicht zwangs- Abgeordneter Matschie, SPD: läufig leer ausgehen, denn in diesem Fall muss der Grundstückseigentümer die mit der Bebauung ver- Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, bundene Verkehrswerterhöhung ersetzen, sofern ich will mit einem Satz von Albert Schweitzer be- eine solche unter Berücksichtigung der künftigen ginnen, der, wie Sie wissen, ja ein sehr klares Gespür Nutzung des Grundstücks noch besteht. Letztlich für die wichtigen Dinge des Lebens hatte. Von ihm bleibt festzustellen, das Begehren der PDS-Fraktion stammt der schöne Satz: "Mich interessiert vor allem steht nicht im Einklang mit der Verfassung. die Zukunft, denn den Rest meiner Tage werde ich dort verbringen." Wir wollen uns heute mit solchen (Beifall bei der CDU) Zukunftsfragen beschäftigen, denn wir alle wissen, Zukunft ereilt uns schnell. Wenn wir nicht aufpassen, Präsidentin Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski: ist Zukunft auch sehr schnell die Zeit, in der wir be- reuen, dass wir das, was wir heute tun können, nicht Mir liegt kein Antrag auf Überweisung an einen getan haben. Ausschuss vor, deshalb kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der (Beifall bei der SPD) PDS in Drucksache 4/704. Wer ist für den Antrag der PDS? Wer ist gegen den Antrag der PDS? Wer Zukunft passiert nicht einfach so, sie kann gestaltet enthält sich der Stimme? Damit ist dieser Antrag werden und wir haben die politische Verantwortung, der PDS abgelehnt. sie zu gestalten. Dazu müssen wir unsere künftigen Möglichkeiten analysieren. Wir müssen unsere Ziele Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungs- beschreiben und wir müssen auch überlegen, welche punkts 10 Wege zu diesen Zielen führen. Es gibt ein etwas aus der Mode gekommenes Wort für eine solche groß Feststellung der Beendigung angelegte Untersuchung. Der französische Begriff der Tätigkeit des Wahlprüfungs- für eine umfassende Erhebung der aktuellen Lage ausschusses und der Suche nach Handlungsoptionen lautet "En- Antrag der Fraktionen der CDU, quete". Die SPD-Fraktion beantragt eine Enquete- PDS und SPD kommission des Thüringer Landtags zur Zukunft - Drucksache 4/724 - der Verwaltungs- und Gebietsstrukturen in Thürin- gen. Wir sind davon überzeugt, dass es dringend Wünscht eine der Fraktionen das Wort zur Begrün- notwendig ist, gemeinsam nach neuen Lösungen für dung? Das ist nicht der Fall. Mir liegen keine Wort- unser Land zu suchen. Drei Bereiche müssen wir meldungen zur Aussprache vor, damit kommen wir dabei in den Blick nehmen. Wir müssen uns verstän- unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag der digen über die Ausgangslage und die Rahmenbe- Fraktionen der CDU, PDS und SPD in Drucksache dingungen. Wir müssen die Möglichkeiten ausloten, 4/724. Wer ist für diesen Antrag? Wer ist gegen die wir in den nächsten Jahren haben, und wir müs- diesen Antrag? Wer enthält sich der Stimme? Da- sen uns anschauen, welche Hindernisse uns erwar- mit ist dieser Antrag einstimmig angenommen. ten, und nach Wegen suchen natürlich, diese Hin- dernisse auch zu überwinden. Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungs- punkts 11 Eines ist in den letzten Wochen in all den Debatten hier im Landtag immer wieder deutlich geworden: Einsetzung einer Enquetekom- Der Freistaat steht finanziell mit dem Rücken an mission "Zukunftsfähige Verwal- der Wand. Der Schuldenberg der Landesregierung tungs-, Gemeindegebiets- und ist auf mittlerweile mehr als 14 Mrd. DQJHwachsen. Kreisgebietsstrukturen in Thü- Dazu kommen dann auch noch die versteckten ringen und Neuordnung der Auf- Schulden aus den so genannten alternativen Finan- gabenverteilung zwischen Land zierungsmodellen, noch einmal rund 800 Mio.  und Kommunen" Besserung zeichnet sich nicht ab. Auch in diesem Antrag der Fraktion der SPD Jahr wird die Landesregierung mindestens eine wei- - Drucksache 4/716 - tere Milliarde Schulden machen und auch im kom- menden Jahr geht es nach Planung der Finanz- minister in ähnlicher Größenordnung weiter. Für 2006 1466 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 sind 800 Mio.  VFKRQ MHW]W DQ QHXHQ 6FKXOGHQ wir stemmen müssen. Auf der anderen Seite ziehen vorgesehen. Thüringen hat im laufenden Haushalts- der demographische Wandel und die Abwanderung jahr die höchste Kreditfinanzierungsquote aller neuen die Entwicklung des Landes nach unten. Jeden Tag Bundesländer. Sie beträgt hier 11 Prozent. Ich sinkt die Einwohnerzahl im Durchschnitt um 49 Thü- nehme mal zum Vergleich unseren östlichen Nach- ringerinnen und Thüringer, 21 fehlen, weil mehr Men- barn Sachsen. Dort ist die Kreditfinanzierungsquote schen sterben als Kinder geboren werden, weitere 2005 nur 2 Prozent. 11 Prozent hier, 2 Prozent dort - 28 wandern ab und suchen ihre Zukunft jenseits das zeigt, wie schwierig die Situation hier in Thü- der Landesgrenzen. Damit verschwindet jede Woche ringen ist, und jeder von uns weiß, die Schulden ein Dorf der Größenordnung von 340 Einwohnern von heute kommen uns morgen teuer zu stehen. und im Jahr verlieren wir die komplette Einwohner- Schon in diesem Jahr müssen wir mehr als 700 schaft einer mittelgroßen Stadt. Im letzten Jahr 2004 Mio. DXIEULQJHQXPGLH=LQVHQIUGLHVH6FKXO waren das 17.800 Menschen. Das entspricht in etwa den abzuzahlen. der Einwohnerzahl von Heiligenstadt.

Die Antwort ist also klar: Damit unser Land eine Den rasanten Prozess der sinkenden Geburten- gestaltbare Zukunft hat, müssen wir jetzt handeln. zahlen und der Abwanderung werden wir vielleicht Das heißt auch, Verwaltungskosten spürbar redu- etwas eindämmen können, zum Beispiel durch eine zieren. moderne Familienpolitik, durch bessere Jobange- bote, aber aufhalten können wir diese Entwicklung Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nicht. Schon heute steht fest: Die Elterngeneration beim Planen der zukünftigen Entwicklung müssen in 10 bis 20 Jahren ist nur halb so groß wie ihre wir eine zweite Tatsache bedenken. Der finanzielle eigene Elterngeneration. Das bedeutet einerseits, Spielraum, mit dem wir den weiteren Aufbau unseres dass immer weniger Menschen die vorhandene In- Landes gestalten können, wird nicht weiter, sondern frastruktur bezahlen müssen, es bedeutet aber auch, aller Voraussicht nach enger. Die Sonderhilfen des dass Thüringen weniger Mittel aus dem Länderfi- Bundes, die so genannten Bundessonderergän- nanzausgleich erhält. Gleichzeitig sinken mit den Ein- zungszuweisungen im Solidarpakt II, aber auch die wohnerzahlen auch die eigenen Steuereinnahmen Mittel der EU werden in den kommenden Jahren des Landes. An den Zahlen aus den letzten Jahren zurückgehen. Eine bessere Konjunktur allein wird kann man das bereits gut nachvollziehen. Wenn Thü- diese Lücken nicht schließen können. Zwischen 2009 ringen heute noch die gleiche Einwohnerzahl hätte und 2019 sinken die Mittel aus dem Solidarpakt Jahr wie vor 10 Jahren, wären in diesem Jahr 300 Mio. für Jahr. In diesem Jahr stehen Thüringen noch mehr im Haushalt. Im kommenden Jahr wird allein 1,5 Mrd.  ]XU 9HUIJXQJ ,P -DKUH  ZHUGHQ durch den Rückgang der Bevölkerung eine Größen- es schon 140 Mio. ZHQLJHUVHLQXQG werden ordnung von 40 Mio.  ZHQLJHU LP +DXVKDOW VHLQ uns noch 300 Mio. ]XU9HUIJXQJVWHKHQ$XFK die Diese Rechnung lässt sich Jahr für Jahr fortsetzen. Zuweisungen aus der EU werden mit der Neuge- staltung der Strukturfonds ab 2007 mit Sicherheit Werte Kolleginnen und Kollegen, wenn man die weniger werden. Wir kämpfen zwar als Thüringer Ausgangslage noch einmal zusammenfasst, kann SPD dafür, dass wir das durch nationale Mittel man Folgendes festhalten: ausgleichen, ich würde mich auch freuen, wenn wir hier auch bei der CDU Unterstützung finden, denn Erstens: Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und ich glaube nicht, dass es sehr realistisch ist, dass trotz der massiven Kürzungen bei den Kommunen wir das Problem dadurch lösen, dass Deutschland setzt die Landesregierung gegenwärtig den Kurs noch mehr Mittel in die EU gibt und dann einen massiver Verschuldung fort - 1 Mrd. QHXH6FKXOGHQ kleinen Teil davon als Strukturfonds hierher zurück- in diesem Jahr, wahrscheinlich 800 Mio. LP nächs- kommt. ten Jahr.

(Beifall bei der SPD) Zweitens: Durch sinkende Sonderhilfen des Bundes und der EU engt sich unser Finanzspielraum zu- Auf dieses Absinken der Sonderbeihilfen des Bundes sätzlich ein. und der Strukturmittel der EU ist Thüringen bisher nicht ausreichend vorbereitet und damit geraten wir Drittens: Tag für Tag sinkt die Einwohnerzahl und hier in eine gefährliche Schere. Die Schulden des mit ihr sinken die Einnahmen aus dem Länderfi- Landes wachsen, die Sonderhilfen sinken. Wir dürfen nanzausgleich und die Steuereinnahmen. diese beiden Entwicklungslinien nicht noch weiter auseinanderklaffen lassen. Und viertens: Perspektivisch müssen immer weniger Einwohner die vorhandene Infrastruktur und Ver- Werte Kolleginnen und Kollegen, sinkende Bundes- waltung bezahlen. und EU-Zuweisungen sind das eine Gewicht, was Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1467

Das sind Herausforderungen, die wir bewältigen müs- (Beifall bei der SPD) sen. Mir ist klar, diese Herausforderungen brauchen Antworten auf vielen Gebieten. Über eine Antwort Werte Kolleginnen und Kollegen, natürlich muss man wollen wir heute diskutieren. auch die Frage stellen: Gibt es dazu eine vernünftige Alternative? Können wir auch ohne umfassende Unsere Verwaltung ist - so wie sie ist, das muss man Verwaltungs- und Gebietsreform über die Runden feststellen - zu teuer. Das zeigt uns jeder Länder- kommen? Auch die Frage muss berechtigt hier ge- überblick. Im Vergleich aller neuen Länder hat Thü- stellt werden: Ist die vorgeschlagene Enquetekom- ringen seit Jahren eine der höchsten Personalaus- mission der richtige Weg oder gibt es bessere Wege, gabenquoten und mit die niedrigste Investitions- um zum Ziel zu kommen? quote, nachzulesen im aktuellen Fortschrittsbericht der Landesregierung zum Aufbau Ost. Die hohen Zum ersten Punkt: Der Ministerpräsident hat im Kosten unserer Landesverwaltung gehen deutlich letzten halben Jahr eine Behördenstrukturreform zulasten der Investitionen, der Bildung, aber auch des vorbereitet, er reagiert damit nach eigenen Angaben sozialen Ausgleichs in Thüringen. An der schlech- auf die Finanzentwicklung und auf die sinkenden ten Stellung Thüringens im Ländervergleich ändert Bevölkerungszahlen. Abgesehen davon, dass in die- leider auch der als Kraftanstrengung angekündigte sem Konzept aus meiner Sicht wenig Reform und Landeshaushalt 2005 wenig. Die Investitionsquote noch weniger Struktur erkennbar ist, will ich etwas verharrt bei niedrigen 19 Prozent, unser Nachbarland zum Einsparpotenzial dieser Maßnahmen sagen. Sachsen bringt im Vergleich dazu eine Investitions- Als das Konzept am 2. März vorgestellt wurde, fand quote von 27 Prozent auf. Die Thüringer Personal- sich darin der Satz: "Wenn alle Maßnahmen 2020 ausgaben liegen dagegen sehr hoch bei mehr als umgesetzt sind, werden wir über 324 Mio. HLQge- 26 Prozent. Hier nehme ich mal einen anderen Ver- spart haben." Dieser Satz ist schon fast ein Offenba- gleich, um nicht immer die Sachsen zu strapazieren. rungseid. Nehmen wir diese Vorgabe als Grundlage, Brandenburg hat eine Personalausgabenquote von ergibt sich pro Jahr eine Einsparung von 0,2 Prozent 21 Prozent. Unsere Verwaltung ist aber nicht nur des Landeshaushalts. Da frage ich mich: Meint die im Vergleich sehr teuer, sie ist auch sehr kompli- Landesregierung ernsthaft, dass dies ausreichen ziert. Wir haben zu vieles aus dem Westen über- kann? Im Jahr 2020, dem anvisierten Abschluss- nommen, was uns jetzt die Beweglichkeit nimmt. Wir jahr aller Maßnahmen, werden nach heutigen Be- haben in einem überschaubaren Land eine schwer rechnungen des Statistischen Landesamts 240.000 überschaubare Verwaltung. Bis zu vier Ebenen sind Menschen weniger in Thüringen leben, das sind rund da zugange. Wenn die Landesregierung mit ihrem 10 Prozent der heutigen Bevölkerung. Experten Behördenkonzept die neue Parole ausgibt, dass gehen davon aus, dass wir dadurch rund eine jetzt die Daten laufen sollen, finde ich das in Ord- halbe Mrd. ZHQLJHULP+DXVKDOWKDEHQ$OVR selbst nung, aber das allein wird nicht reichen. Wir müs- wenn man das noch so wohlwollend betrachtet: sen auch die Wege kürzer machen und wir müssen Was die Landesregierung hier als Behördenstruk- so viel wie möglich ortsnah entscheiden. Dann kom- turkonzept vorgelegt hat, reicht nicht aus. Und man men die bearbeiteten Daten auch schneller wieder muss dazu sagen: Es wurde obendrein teuer er- zurück und werden nicht auf undurchschaubaren kauft. Denn ohne wirklich Spielraum für die zukünf- Wegen hin und her geschickt. Deshalb brauchen tige Gestaltung und Entwicklung des Landes zu ge- wir nach meiner Überzeugung eine umfassende Ana- winnen, hat die Landesregierung mit diesem Vor- lyse der Aufgaben, der Verwaltungsabläufe von Land gehen fast alle Akteure, die sie für die Reformen und von Kommunen. Dann können wir über kosten- braucht, gegen sich aufgebracht. Das ist ein hoher günstige Aufgabenzuordnung und schnelle Verwal- Preis für wenig Effekt. tungswege entscheiden. (Beifall bei der PDS) Damit möglichst viele Aufgaben ortsnah und ohne komplizierte Instanzenwege erledigt werden können, Vielleicht hätte es sich doch gelohnt, etwas gründ- brauchen wir größere Gemeinde- und Kreisstruk- licher vorzugehen und auch die Betroffenen in die turen. Aber wir brauchen größere und kostengüns- Suche nach Lösungen einzubinden. Nehmen wir tigere Einheiten natürlich auch deshalb, weil sonst mal das Beispiel Justizstandort Mühlhausen. Als es immer weniger Bürger die gleiche Infrastruktur be- die Landesregierung nach langen und harten Pro- zahlen müssen, was für den Einzelnen eine stei- testen endlich zugelassen hat, dass auch die Be- gende Belastung bedeutet. Verwaltungs- und Ge- troffenen mit ihren Ideen zu Wort kommen, fand sich bietsreformen lassen sich deshalb gar nicht sinn- schnell eine kostengünstige Alternative zur Schlie- voll voneinander trennen. Wenn wir klug sind, stim- ßung des Landgerichts. Ich bin sicher, wenn wir die men wir also beide Prozesse aufeinander ab, das Betroffenen in die Überlegungen einer grundsätz- ist das Ziel der Enquetekommission, die wir heute lichen Strukturreform einbinden, werden viele gute beantragen. Ideen zu Tage gefördert, wie wir in Thüringen Ver- 1468 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 waltung kostengünstiger gestalten können. ringen nicht lösen, sondern die Probleme hier im Land weiter verschärfen. Die Leid Tragenden sind (Beifall bei der SPD) nicht wir hier im Landtag, die Leid Tragenden sind die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen. Werte Kolleginnen und Kollegen, ein zweites Ar- gument gegen eine gezielte Neuordnung der Ver- (Beifall bei der SPD) waltungs- und Gebietsstruktur ist ebenfalls häufig zu hören, nämlich das Argument, es sei besser, die Werte Kolleginnen und Kollegen, wenn die Lan- Dinge von unten wachsen zu lassen. Ist es das desregierung nicht handeln will, muss das Parla- wirklich? Schauen wir uns zwei Beispiele an. Rund ment das Heft des Handelns in die Hand nehmen. um die Stadt Themar haben sich die Gemeinden zu Es lohnt sich überdies bei dem schwierigen Thema einer Art Belagerungsring gegen die Stadt zusam- "Verwaltungs- und Gebietsreform", nach einer par- mengeschlossen und eine eigene Verwaltungsge- teienübergreifenden Lösung zu suchen. Eine solche meinschaft mit dem Namen "Feldstein" gebildet. Lösung könnte auch dann mit einer breiten Mehr- Jetzt sitzen in der Stadt zwei beinahe identische Ver- heit hier im Thüringer Landtag getragen werden. waltungen, nämlich die Stadtverwaltung von Themar auf der einen Seite und der Sitz der Verwaltungs- (Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Warten gemeinschaft "Feldstein" auf der anderen Seite. Das wir erst mal Schleswig-Holstein ab.) heißt, Ordnungsamt, Bauamt, Kämmerei, all das gibt es zweimal in Themar, nämlich einmal für die Stadt Und allen, die am Sinn einer solchen gemeinsamen und einmal für die Verwaltungsgemeinschaft. Suche nach Lösungen zweifeln, sage ich, es gibt natürlich auch Alternativen zu einer solchen gemein- Ein zweites Beispiel - die Gemeindeneugliederung samen Suche nach Lösungen. Wir könnten uns wei- Uhlstädt-Kirchhasel: Auch hier haben sich die Ge- ter die jeweiligen Positionen um die Ohren hauen, meinden gegen das eigentliche Zentrum der Region, die PDS will Thüringen in vier Bezirke aufteilen, nämlich Rudolstadt, zusammengeschlossen. Auch hier haben wir eine Entwicklung, die eigentlich allen (Zwischenruf Abg. Hauboldt, PDS: Nein, landesplanerischen Zielen entgegenläuft. Das heißt, in Regionalkreise, Herr Matschie!) selbst wenn man auf freiwillige Zusammenschlüsse setzt, muss man Vorgaben machen, man muss sa- die CDU weiß noch nicht ganz genau, was sie gen, welche Kriterien für die Zusammenschlüsse wollen darf. Die SPD will etwa die Zahl der Land- gelten sollen, man muss sagen, welche Gemeinde- kreise halbieren und die Gemeindegröße auf min- größen, welche Strukturen man anstrebt und welche destens 7.000 Einwohner festlegen, dazu eine zwei- Aufgaben Gemeinden und Städte und die Kreise in stufige Verwaltung. Aber es gibt auch noch eine wei- Zukunft erfüllen sollen. Wenn die Landesregierung tere Alternative: Wir könnten vielleicht einfach ab- diesen Prozess dem Selbstlauf überlässt, werden warten und nichts unternehmen. Eine dritte Alter- wir niemals zu effizienten Strukturen in Thüringen native ist mir in den Sinn gekommen, als ich - wie kommen. Davon bin ich überzeugt. vielleicht einige von Ihnen auch - im "Spiegel" dieser Woche das Interview mit dem Quantenphysiker (Beifall bei der SPD) David Deutsch gelesen habe, der eine Theorie von Paralleluniversen entworfen hat. Dieser Theorie zu- Selbst im Gemeinde- und Städtebund wird der Ruf folge sind Universen wahrscheinlich, die dieses nach klaren Vorgaben der Landesregierung für eine Problem, was wir noch vor uns haben, schon gelöst Verwaltungs- und Gebietsreform laut. Der schei- haben. Wir können uns also in ein solches Pa- dende Geschäftsführer Gnauck hat sich mit den ralleluniversum absetzen. Worten zitieren lassen: "In größeren Städten und kleineren Gemeinden will man endlich ein klares Werte Kolleginnen und Kollegen, bei solchen Al- Wort aus Erfurt hören." Vier weitere Jahre zu warten, ternativen ist es mir lieber, wir stellen unsere je- so wie es Dieter Althaus angekündigt hat, ist keine weiligen Ideen in einer gemeinsamen Kommission überzeugende Haltung angesichts der drängenden zur Diskussion. Wir laden uns Experten aus der Probleme. Am Ende dieser Legislaturperiode im Wissenschaft, aus der Verwaltung, aus den Kom- Jahr 2009 werden nach der amtlichen Statistik munen dazu ein und diskutieren mit ihnen unsere 78.400 Menschen weniger in Thüringen leben. Das Lösungswege und -vorschläge und suchen gemein- entspricht der Einwohnerzahl des Landkreises Söm- sam nach dem besten Weg für Thüringen. Eins ist merda. Diese Größenordnung - ein ganzer Landkreis mir dabei allerdings wichtig, dass wir einen klaren - wird bis zum Ende der Legislaturperiode ver- Zeitrahmen abstecken, das darf keine Endlosde- schwunden sein. Stillstand in der Frage Verwaltungs- batte werden. Mir erscheinen eineinhalb Jahre ein und Gebietsreform oder Wildwuchs bei Gebietszu- angemessener Zeitraum für eine solche Arbeit. Im sammenschlüssen werden die Probleme in Thü- Herbst des nächsten Jahres sollten die Vorschläge Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1469 auf dem Tisch liegen. möchte an der Stelle das unbedingt auch mit in den Raum stellen, ich möchte mich bedanken bei den Natürlich gibt es auch die Frage, Bodo Ramelow Kommunen, hat sie ja öffentlich gestellt: Was wird aus den Er- gebnissen einer solchen Enquetekommission? Wer- (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das eine den die Empfehlungen auch umgesetzt? Ich sage hat mit dem anderen nichts zu tun.) es Ihnen ganz offen, diese Frage hängt vom Mut der Abgeordneten in diesem Landtag ab, die seit 1990 - und ich erinnere Sie daran, dass es die Kommunen eher gab als das Land, dass hier (Beifall bei der SPD) viel, viel Arbeit geleistet wurde, um diesen Freistaat und dieses Land aufzubauen. Und dafür mein herz- natürlich in allererster Linie der Kolleginnen und liches Dankeschön an alle Gemeinderäte, Stadträte, Kollegen von der Mehrheitsfraktion. Wir als SPD Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte und alle, jedenfalls sind bereit, uns dieser schwierigen Auf- die noch mitgewirkt haben. gabe gemeinsam mit Ihnen zu stellen. Ich wünsche mir, dass die anderen Fraktionen hier im Landtag (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Danke, bei diesem Versuch mitziehen, eine Verwaltungs- Wolfgang.) und Gebietsreform für Thüringen auf den Weg zu bringen und möchte am Schluss Wilhelm Tell zi- Ja, ich denke, dass das notwendig ist, daran zu tieren mit dem Satz: "Wir könnten viel, wenn wir erinnern, weil hier teilweise der Eindruck erweckt zusammenstünden." Lassen Sie es uns doch einmal werden soll, bewusst oder unbewusst, dass die versuchen. kommunale Selbstverwaltung, das ist ja auch ein wichtiges Wort, was wir Gott sei Dank nach 1990 (Beifall bei der SPD) wieder hatten, dass sich die kommunale Selbstver- waltung überhaupt ausprägen konnte. Ich bin sehr Vizepräsidentin Dr. Klaubert: froh, dass wir diese kommunale Selbstverwaltung damals so aufgebaut haben. Es gab, ich will Sie Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete daran erinnern, natürlich schon Gebietsreformen in Fiedler zu Wort gemeldet. Thüringen. Die eine haben wir mit dem verehrten Kollegen Richard Dewes hier im Lande durchgeführt. Abgeordneter Fiedler, CDU: Ich erinnere mich durchaus an einige Absprachen und wie dort die Gebietsreform dann zu Stuhle kam. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr ge- Ich denke, am Ende gesehen ist eine Gemeinde- und ehrte Frau Präsidentin, wir haben ja nun gerade die auch Kreisgebietsreform oder umgedreht hier von- Vorschläge des sehr verehrten Kollegen Matschie statten gegangen. Wir haben entsprechende Struktu- gehört, der heute, man müsste fast denken, Kreide ren aufgebaut, die sich durchaus sehen lassen kön- gefressen hat, um das vorzutragen, nen. Wir hatten noch mehrfach mit den Kommunen, mit den Gebietskörperschaften, wenn es um Ände- (Beifall bei der PDS) rungen entsprechender Gesetze, Kommunalordnung u.ä. ging, immer wieder nachgefragt, wie sie denn zu um die lieben Kollegen der Mehrheitsfraktion hier den entsprechenden Größenordnungen etc. stehen. aufzufordern, entsprechende Dinge mit umzuset- Natürlich kann man nicht zuvörderst von den Kom- zen. Selbst in Richtung PDS, obwohl die die alten munen verlangen, dass sie als Erstes sagen, in wel- Bezirksstrukturen wiederhaben wollen, hat er sich chen Größenordnungen sie sich entwickeln wollen. sehr moderat verhalten. Natürlich ist das Beharrungsvermögen des einen oder anderen da, aber ich denke, in den Grundsätzen (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Und du und Grundlagen hat es sich im Freistaat Thüringen siehst aus wie...) bewährt.

Aber lieber Kollege Matschie, ich möchte Sie, da Ich möchte auch daran erinnern, dass gerade in Sie das angemahnt haben, also ich kann es Ihnen den letzten Wochen und Monaten, Herr Kollege nicht ersparen, schauen wir doch mal nach Schles- Matschie, und es ist Ihnen ja wahrscheinlich nicht wig-Holstein, nachdem der vierte Wahlgang durch entgangen, Sie haben einige Dinge vorgetragen, ist, sollten sich auch dort die Genossen vielleicht mal dass die Landesregierung, an der Spitze der Minister- einig werden, wie sie denn dort weitermachen. Ich präsident Dieter Althaus, hier begonnen hat, entspre- kann Ihnen nur sagen, wir werden in Thüringen mit chende schwierige Strukturen aufzubrechen, umzuar- unserem Kurs, den wir gemeinsam mit der Landes- beiten, um anzupassen, leider an den Bevölkerungs- regierung ja von Anfang an getragen haben, wei- rückgang, an die demographische Entwicklung und termachen. Ich will Sie einfach daran erinnern und alles, was damit im Zusammenhang steht, dass die- 1470 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 ses von ihm angepackt wurde. Und ich erinnere da- so genannte goldene Zügel, denke ich, doch einige ran, wie bei vielen auch aus Ihrer Fraktion und ande- Effekte dort noch auf den Weg bringen kann. Ich ren sofort der Aufschrei losging, wenn es darum ging, glaube, dass das der richtige Weg ist. wenn eine bestimmte Region betroffen war oder be- stimmte Dinge. Da erinnere ich Sie nur daran, dass Wir bleiben dabei, meine sehr verehrten Damen und auch dieses von den unterschiedlichen Seiten natür- Herren, dass wir in dieser Legislatur - und ich sage lich sofort kommt, wenn es in die eigenen Beritte Ihnen das gleich noch mal, damit es gar nicht erst hineingeht. Aber ich denke, es ist hier eine Behör- falsch irgendwo rüberkommt -, wir werden in dieser denstruktur durch die Landesregierung auf den Weg Legislatur freiwillige Zusammenschlüsse, die natürlich gebracht worden, die sich durchaus sehen lassen im Kontext mit dem Übrigen im Land stehen, es darf kann und wo man nicht nur Positives einheimst, son- keine weißen Flecken etc. geben, fördern. In dieser dern wo man, und Sie erleben das alle mit, wir als Legislatur, wie auch durch Landesregierung und Mehrheitsfraktion in der Landesregierung natürlich Fraktion zugesagt ist, wird es keine Gebietsreform vorneweg, dass wir natürlich hier flächendeckend von oben geben. Das ist das Ziel und das bleibt im Lande, wenn Amtsgerichte geschlossen werden das Ziel. Es ist natürlich durchsichtig, Herr Kollege oder wenn Finanzämter geschlossen werden müs- Matschie, wenn Sie auf der einen Seite in dem An- sen, wenn aus 42 Forstämtern 28 werden, wenn aus trag, den Sie uns vorgelegt haben, natürlich erstens 11 Flurneuordnungsämtern 7 werden und ich könnte mal gleich festlegen, dass diese Enquetekommission es weiter durchdeklinieren - Bitte? bis zum 30. November fertig sein muss. Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass natürlich, (Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Land- wirtschaftsämter.) (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: 2006.)

Landwirtschaftsämter, danke. Vielen Dank, ich mer- natürlich, natürlich, ja, 30. November, ich habe nicht ke, dass auch Kollege Köckert mir aufmerksam zu- mehr gesagt, 2006. Ich kann es natürlich noch an- hört. Vielen Dank. Ja, er macht das immer, weil wir merken. Aber wir haben es alle vorliegen und kön- uns gegenseitig zuhören. Das ist eben bei uns so nen es nachlesen. Es ist Ihr eigener Antrag, dass es Sitte. Dass wir diese Behördenstruktur angegangen darum geht, dass Sie hier schon wieder vorgeben, sind, ich glaube, dass dieser Weg, der natürlich auch das soll bis dahin fertig sein. Sie wissen doch, wie auf dem Hintergrund der demographischen Ent- Abläufe, auch parlamentarische Abläufe sind. Wenn wicklung der richtige Weg ist. Eins kann ich mir beim wir das ernst nehmen in solchen wirklich essen- besten Willen nicht vorstellen, Herr Kollege Matschie, ziellen Grundsätzen und Menschen im Lande, Gut- bisher waren das immer ganz andere Äußerungen achter und andere mit befragen wollen und müssen, - bisher hieß es immer, es muss von unten wachsen, da bin ich durchaus Ihrer Meinung. Ich glaube, wir auch in der letzten Legislatur, wir müssen diejenigen müssen auch dabei bedenken, dass auf der einen mit einbeziehen - und jetzt auf einmal über Nacht Seite die Exekutive ist und auf der anderen Seite soll das alles von oben passieren. Es wird von oben die Legislative ist. Auch diese Vermischung muss verordnet und das Ganze nicht mehr gemeinsam mit beachtet werden, dass wir hier nicht in bestimmte den Betroffenen. Ich muss Ihnen sagen, das lehnen Belange eingreifen. Aber ich will durchaus darauf wir natürlich ab. Ich denke auch, Kollege Matschie, hinweisen, dass wir diese Eingrenzung schon wieder, Sie sollten mit den Betroffenen vor Ort mehr reden, wann wir fertig sein sollen, diese Kommission, dass denn es ist durchaus Bereitschaft da, sich in einigen das von Ihnen mehr als durchsichtig ist. Sie wissen, Punkten, wir haben es erlebt - gerade, wenn ich nach dass wir 2006 auch Wahlen in diesem Land haben Leinefelde-Worbis sehe - und was hier an Bewegung und ich will das alles gar nicht bis ins Letzte aus- ist. Wir sind dafür, jawohl Kollegin Tasch, natürlich. formulieren. Ich will auch nicht zu dem ganzen Schul- Deswegen hat der Landtag festgelegt, dass entspre- denstand Sachsen, was Sie alles noch hineinge- chendes Geld auch bereitgestellt wird für freiwillige mischt haben, sprechen. Sie wissen genauso gut wie Zusammenschlüsse von ich, wir haben die Kommunen gerade in den letzten Jahren viel besser als in Sachsen behandelt. Auch (Beifall Abg. Tasch, CDU) wenn es dort unsere Freunde sind, das ist nachge- wiesen, dass wir sie besser behandelt haben. Und (Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Das ist deswegen sind wir zurzeit etwas schlechter dran in eine Luftnummer.) der finanziellen Lage.

- Herr Kollege Kuschel, Sie können das ja so sehen. (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das mer- Wir finden, dass das keine Luftnummer ist, sondern ken wir.) wir haben damit durchaus gute Erfahrungen damals in der Gebietsreform, wo es um Zusammenschlüsse Und ich widerspreche auch dem verehrten Kolle- von Verwaltungsgemeinschaften ging - dass man hier gen Rusch, der als neuer Geschäftsführer des Ge- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1471 meinde- und Städtebunds gekürt wurde. Ich arbeite dass Herr Fiedler vor mir geredet hat, schon viele Jahre mit ihm zusammen. Aber wenn er jetzt anfängt, eine Kreisgebietsreform vorzuschlagen (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich vom Gemeinde- und Städtebund, da bin ich schon hätte lieber nach Ihnen geredet.) sehr überrascht. insofern konnte er in seiner Rede auf mich nicht (Unruhe bei der PDS) Bezug nehmen. Deshalb kann ich ihn jetzt nur auf- fordern, mit Aufmerksamkeit zuzuhören und sich Er sollte sich da mal mit der kommunalen Familie gegebenenfalls noch mal zu Wort zu melden. Des- des Landkreistags zusammensetzen, dass der Land- halb möchte ich anfangen, jetzt mal auf Sie Bezug kreistag ein ganz klares Votum auf den Weg ge- zu nehmen, bracht hat, (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das war (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Er hat die Präsidentin, Sie ist schuld daran. ) keine Ahnung.) weil ich die Gelegenheit ja so häufig auch noch nicht dass es keine Kreisgebietsreform geben sollte. hatte. Das ist ein ganz klares Votum des Landkreistags, vor kurzem noch einmal ausdrücklich dokumentiert. Herr Fiedler, wenn Sie immer von kommunaler Selbstverwaltung reden, habe ich schon mehrfach Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich könnte in diesem Hause betont, müssen alle Alarmglocken jetzt auf viele Dinge noch eingehen. Ich denke, wir schrillen. Sie definieren offenbar kommunale Selbst- sollten erstens diesen Antrag, der uns hier vorgelegt verwaltung letztlich so, dass der Letzte noch das wurde, beraten, wo es unter anderem auch um Geld Licht ausmachen darf und dass sich darauf dann geht, da steht unter anderem drin: kommunale Selbstverwaltung reduziert. Das gilt es zu verhindern. Was passiert, wenn kommunale (Beifall bei der PDS) Selbstverwaltung ohne Rahmengesetzgebung voll- zogen wird, macht allein die Entwicklung im Bereich "Finanzierung: Der Enquetekommission werden Wasser/Abwasser bei den kommunalen Aufgaben- Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt". Ich könnte trägern deutlich. das alles durchdeklinieren, was noch so drinsteckt. Im Namen meiner Fraktion werden wir diesen An- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Davon trag an den Innenausschuss überweisen. Der In- haben die Kommunen keine Ahnung.) nenausschuss wird sich mit der Formulierung des Antrags befassen und, wenn der Innenausschuss Da werden aus drei leistungsfähigen Betrieben dieses auf den Weg gebracht hat, können wir über 220 kommunale Aufgabenträger gebildet und mit das weitere Procedere dann hier gemeinsam reden. einem Aufwand von 500 Mio. 6WUXNWXUPLWWHOQVLQG Wir verweigern uns nicht dieser Enquetekommission, wir jetzt bei 178. Wenn das nachher noch kommunale aber wir weigern uns, dass schon Termine vorge- Selbstverwaltung ist, die Sie verteidigen, dann sagen geben werden. Wir werden das gemeinsam bespre- wir, wir haben ein vollkommen anderes Konzept. chen, was dort alles möglich und notwendig ist. Ich will Ihnen nicht den § 84 Enquetekommission noch Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Vorlage mal vorlesen, was dort alles drinsteht. Ich gehe davon eines Gesamtkonzepts - und ich betone noch mal aus, Sie haben das selber gelesen, also Überweisung "eines Gesamtkonzepts" - für eine Funktional-, an den Innenausschuss. Dort wird das fachlich be- Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen ist raten und dann kommt es zurück in den Landtag. wegen der Komplexität eigentlich keine klassische Ich denke, das ist der richtige Weg. Vielen Dank. Aufgabe der Opposition, denn die Oppositionspar- teien verfügen im Gegensatz zur Landesregierung (Beifall bei der CDU) nicht über gleichwertige logistische, personelle oder finanzielle Kapazitäten, um auf gleicher Augenhöhe Vizepräsidentin Dr. Klaubert: mit der Landesregierung hier in einer solchen Re- formdebatte zu agieren. Deshalb kann man zu Recht Für die PDS-Fraktion hat sich Abgeordneter Kuschel erwarten, dass die Landesregierung hier handelt zu Wort gemeldet. und ihre konzeptionellen Reformvorstellungen dem Landtag und der Öffentlichkeit zur Diskussion stellt. Abgeordneter Kuschel, PDS: Die Landesregierung ist hier am Zuge und wir müs- sen einschätzen, dass die Landesregierung dies- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und bezüglich ihre Aufgaben nicht erfüllt hat. Herren, bisher ist es nicht sehr häufig vorgekommen, 1472 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

(Beifall bei der PDS) Chaostheorie bringt nützliche Ergebnisse hervor, was man vom Regierungshandeln in Thüringen nicht Dabei ist es völlig egal, ob das aus Unvermögen immer behaupten kann. oder aus dem Nichtwollen resultiert - beides ist nicht in Ordnung. Es ist ein Skandal, dass die Lan- (Beifall bei der PDS) desregierung die Herausforderung der Zeit nicht aufgreift, den Einstieg in eine umfassende Funk- Doch die Regierung ist nicht nur gescheitert, sondern tional-, Verwaltungs- und Gebietsreform verweigert sie ist offensichtlich auch unfähig und unwillig, die und stattdessen Detailfragen versucht zu lösen und notwendigen Reformschritte einzuleiten. dies auch noch sehr amateurhaft. (Beifall bei der PDS) (Beifall bei der PDS) Die notwendigen Veränderungen im Land und den Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Op- Kommunen werden zunehmend den parteipoliti- positionsparteien stehen durchaus in der Verant- schen Interessen geopfert, und das ist nicht länger wortung, sie können und müssen Grundsätze und hinnehmbar. Thüringen hatte in den letzten Jahren Ziele für ein solches Reformvorhaben entwickeln die Chance, durch eine moderne, transparente, bür- und damit die Diskussion bereichern. Die PDS hat gernahe und effiziente Landes- und Kommunalver- dies getan und bereits vor Monaten ihr Konzept für waltung beispielgebend für die Bundesrepublik zu eine Funktional- und Verwaltungsreform vorgestellt. werden. Diese Chance hat Thüringen leichtfertig Zu dieser Zeit war die Landesregierung noch damit vertan, und dies hat Gründe, die nicht oft genug ge- beschäftigt, für Andreas Trautvetter ein neues Zu- nannt werden können. Die Regierung handelt wei- hause zu finden. testgehend konzeptions- und ziellos, um die partei- politischen Positionen im Lande und den Kommunen (Beifall bei der PDS) nicht zu gefährden.

Zu Recht kann man den Eindruck haben, als wären (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Deswegen in Thüringen die Rollen zwischen Regierung und werden sie nicht wahrer.) Opposition vertauscht. Die Landesregierung bastelt an Einzelfragen, macht irgendwelche Vorschläge, Dies schadet Thüringen und verbaut Perspektiven die später erst geprüft werden, und dabei stellt sich - Perspektiven, die Thüringen dringend brauchte. Die oft heraus, dass eine Umsetzung unmöglich ist, CDU verharrt in Stagnation, zwei Beispiele sollen während die Opposition, also zumindest die PDS, dies belegen. Bis 2009 will die Landesregierung Konzeptdiskussionen mit klaren Zielen und Grund- ohne jegliche Rahmengesetzgebung nur freiwillige sätzen führt. Deshalb stimmt unsere Einschätzung, Gemeindeneugliederungsmaßnahmen unterstützen die Landesregierung hat in diesem Politikfeld völlig und auch die Kreisstruktur nicht antasten. Ich hatte versagt. vorhin bereits den Einwurf gemacht, als Herr Fiedler von der angeblichen finanziellen Förderung freiwil- (Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Oh, wie liger Gemeindeneugliederungsmaßnahmen gespro- schön!) chen hat. Im entsprechenden Haushaltstitel steht eine Null, deswegen ist es zurzeit eine Nullnummer. In- (Beifall bei der PDS) wieweit dieser Haushaltstitel überhaupt mit Finanz- mitteln gefüllt wird, zeigt sich erst im Ergebnis der Die Landesregierung ist in den Fragen Funktional-, Veräußerung von Landesvermögen. Nämlich erst, Verwaltungs- und Gebietsreform seit Jahren hand- wenn mehr als 6,3 Mio. /DQGHVYHUP|JHQYHUäußert lungsunfähig. Bis 1999 konnten die Regierungspar- wurde, wird dieser Titel überhaupt angesprochen. teien die Schuld für das Versagen jeweils dem an- So sieht Ihre Förderung aus - es war ja auch nur ein deren Koalitionspartner noch anlasten. Seit 1999 Versuch, Herrn Köckert zum Schluss doch dazu zu geht das nun nicht mehr, denn bekanntlich regiert bewegen, "lieber einem schlechten Haushalt zuzu- seitdem die CDU allein. Doch es zeigt sich nicht nur stimmen als gar keinem", um noch mal mit seinen hier, dass absolute Mehrheiten einer Partei im Land- Worten zu sprechen. Hierzu bemerkt der CDU-Bür- tag das Land nicht unbedingt voranbringen, sondern germeister aus Gräfenroda/Ilm-Kreis - ich zitiere mit auch bestimmte Entwicklungen blockieren. Alle Ver- Erlaubnis der Präsidentin aus der "Thüringer Allge- suche der Landesregierung, in Teilbereichen die Ver- meinen" Ilmenau, von heute: "Höhler" - so heißt der waltung auf die neuen Herausforderungen auszu- Bürgermeister von Gräfenroda - "empfindet die Vari- richten, sind einfach gescheitert. Was auf den Weg ante Bildung einer Einheitsgemeinde aus einer Ver- gebracht wurde, war Stückwerk, hat zu Verunsiche- waltungsgemeinschaft heraus unter finanziellen As- rung geführt und entspricht nicht einmal in den pekten durchaus als sinnvoll. Allerdings möchte er Grundsätzen der Chaostheorie, denn selbst die dies schon per Gesetz vorbereitet wissen und nicht Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1473 durch Oder ich erinnere an eine andere Idee: Fusionierung von Apolda und Jena. (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das kann er doch selber machen.) (Unruhe im Hause) den seitens der Landesregierung favorisierten Weg Ohne Rahmengesetzgebung besteht die Gefahr, von unten. Das, so Höhler in seiner deutlichen Art, dass derartige fragwürdige Dinge dann tatsächlich halte er nämlich für" - ich zitiere - "absoluten diskutiert werden. Das kann weder im Landes- noch Schwachsinn." im kommunalen Interesse sein. Doch die Landesre- gierung übt sich hier in verantwortungsloser Zurück- (Beifall bei der PDS) haltung, ganz nach dem Motto: Probleme, die man heute aussitzt, sind morgen schmerzhafte Hämor- So, meine sehr geehrten Damen und Herren von riden. Da müssen Sie dann die Gesundheitspolitiker der CDU, Sie brauchen ja nicht auf die PDS zu hören gegebenenfalls hinzuziehen. Die PDS hat sich dazu, in diesem Fall, aber wenigstens auf die eigenen anders als die CDU, der Aufgabe gestellt und für Leute sollten Sie doch hören. Thüringen ein Zukunftsprojekt für eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform entwickelt. Unser Zweitens: Überall in Thüringen gibt es Überlegungen Konzept zeigt auf, wie wir uns eine zukunftsfähige zur Bildung neuer Kommunalstrukturen. All diese und bürgernahe Verwaltung auf Landes- und kom- Überlegungen sind jedoch nicht immer sinnvoll, munaler Ebene vorstellen. Dabei geht es uns nicht auch nicht nachhaltig und oft eben auch als Reak- nur ausschließlich um das Geld, wie das bei der tion zu verstehen, gegen andere beteiligte Kom- Rede von Herrn Matschie so etwas herausgeklungen munen eine Lösung zu finden, und zwar aus- ist, dass ausschließlich fiskalische Gründe die Not- schließlich für sich. So wird über die Fusionierung wendigkeit einer Funktional-, Verwaltungs- und Ge- des Wartburgkreises und des Kreises Schmalkal- bietsreform begründen, sondern es geht, das hat er den-Meiningen nachgedacht - durch CDU-Politiker - auch wieder im Zusammenhang mit den Finanzen und das unter Ausschluss der Städte Eisenach und benannt, um Fragen der Demographie. Es geht um Suhl. Was soll denn das werden, meine Damen und Fragen der Demokratie. Es geht um Fragen der Ver- Herren? Das ist ein Unding. änderung der Arbeitswelt und damit Reaktion öf- fentlicher Verwaltung und es geht aber auch um ver- (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das war änderte Anforderungen der Bürger an Verwaltungs- schon immer so. Das ist nichts Neues!) handeln. All diese Dinge begründen die Notwendig- keit einer solchen Reform. Unser Konzept hat die Zum Beispiel, ja. Ich trinke erst mal was, dann kön- Diskussion belebt. Herr Fiedler hat nur noch nicht nen Sie beide ihren Disput weiterführen. mitbekommen, dass wir jetzt das Vier-Kreis-Modell favorisieren und offenbar hat er Realitäten Ihr Ministerpräsident, Herr Althaus, hat in dem Zu- sammenhang gesagt, es gibt bis 2009 keine Kreis- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nein, gebietsreform. ich habe … Wenn Sie meinen, ich habe das nicht mitbekommen.) (Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Woher wollen Sie das wissen?) vor 1989 so weit ausgeblendet, dass er gar nicht mehr weiß, wie viele Bezirke es auf dem jetzigen Die beteiligten CDU-Kommunalpolitiker haben das Gebiet von Thüringen gab, oder vielleicht haben offenbar nicht so verinnerlicht, Sie ja berücksichtigt, dass Altenburg und Artern zu uns gestoßen sind und deshalb sagen Sie, es waren (Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Wird einmal vier Bezirke, aber es waren nachweislich drei. diskutiert.) Wir wollen dieses Vier-Kreis-Modell. Wir wissen, dass auch zu unserem Konzept bei Detaildiskussionen aber ich verweise darauf, die Halbwertzeiten der durchaus kontrovers diskutiert wird, sowohl innerhalb Aussagen des Thüringer Ministerpräsidenten sind der PDS als auch in der Öffentlichkeit. Dies ist normal nicht bekannt. Das macht es ja wieder hoffnungsvoll. und allemal produktiver als das, was die Landesre- Es gab schon andere CDU-Politiker - daran könnte gierung hier präsentiert. sich Herr Althaus orientieren -, die darauf verwiesen haben, was interessiert mich mein Geschwätz von (Beifall bei der PDS) gestern. Auch das macht wieder hoffnungsvoll, dass die Diskussion doch nicht so ergebnisoffen ist, wie Meine Damen und Herren, wenn es noch eines das Herr Althaus hier verkündet hat. letzten Beweises für das Scheitern des Regierungs- handelns bedurfte, dann hat die Landesregierung 1474 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 diesen mit ihrem so genannten Behördenstruktur- Einstieg in eine Funktional-, Verwaltungs- und Ge- plan erbracht. Dieses so genannte Behördenstruk- bietsreform. Wenn das die Regierung täte, würden turkonzept verdient zu Recht nur die Bewertung wir uns als PDS nicht verweigern. Die Bildung der planlos und perspektivlos. Es ist dem Grunde nach Enquetekommission darf nicht durch die Landesre- nur ein Behördenstandortschließungsprogramm. gierung zum Anlass genommen werden, die ange- kündigten Veränderungen bei den Behörden durch- (Beifall bei der PDS) zusetzen, und dies nach dem Prinzip "koste es was es wolle" oder nach dem Motto "was interessiert mich Die Umsetzung führt weder zu höherer Effizienz das Geschwätz in einem Landtagsgremium, wir als noch zu einer größeren Transparenz oder mehr Landesregierung machen sowieso, was wir wollen". Bürgernähe. Zum Beispiel wird jetzt das Finanzamt Dies darf nicht passieren, weil dadurch auch die par- von Bad Salzungen nach Eisenach verlagert, dafür lamentarische Demokratie im Lande Schaden neh- das Landwirtschaftsamt von Arnstadt Richtung Eise- men würde. nach und dann nach Bad Salzungen, so dass die Bauern nördlich des Thüringer Waldes künftig zu den (Zwischenruf Abg. Grob, CDU: So ein Verwaltern der Landwirtschaft in den Süden müssen Schwachsinn.) - ich kenne ja die Fahrtstrecke zwischenzeitlich -, aber dann muss das Land auch dafür sorgen, dass Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, heute die Ortsdurchfahrt in Winterstein einmal in Ordnung und hier zu erklären, wie sie die Arbeit der bean- gebracht wird, weil sonst die Bauern nur noch mit tragten Enquetekommission bewertet und wie sie Pferden dort hinreiten können - die Arbeitsergebnisse in das Regierungskonzept einfließen lassen wird. Wenn die Landesregierung (Heiterkeit bei der PDS) hier eine Stellungnahme verweigert, besteht tatsäch- lich die Gefahr, dass die Enquetekommission ein aber das ist wieder ein anderes Thema - oder den Debattierklub wird, während die Landesregierung Umweg über die Hohe Sonne in Eisenach nehmen harte Tatsachen schafft, die auch nach Abschluss müssen. Aber die Ortsdurchfahrt von Eisenach be- der Arbeit der Enquetekommission nicht mehr zu darf auch erst noch der Rekonstruktion. korrigieren sind.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Rede Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte du von deinem Nest.) nochmals betonen, auch wenn die bisherigen Erfah- rungen mit Enquetekommissionen hinsichtlich der Also wieder wurde eine Chance vertan, meine Da- Wirksamkeit nicht die besten waren, wir werden uns men und Herren, stattdessen wurden Verunsiche- im vorliegenden Fall einer aktiven Mitarbeit nicht ver- rungen erzeugt. "Top Thüringen" - darunter haben die weigern. Voraussetzung ist jedoch, dass die Zwi- Menschen sich tatsächlich etwas anderes vorgestellt schenergebnisse der Kommissionsarbeit durch die und, meine Damen und Herren von der CDU, "küm- Landesregierung Beachtung finden und dass die mern.de" sieht im Übrigen auch sehr anders aus. Landesregierung endlich ihre eigenen Hausaufgaben macht und ein Konzept vorlegt, das den Namen (Beifall bei der PDS) auch verdient hat.

Meine Damen und Herren, der Antrag der SPD Meine Damen und Herren, es gibt vielfältige Erfah- macht einerseits durchaus Sinn, birgt andererseits rungen bei der Umsetzung einer Funktional-, Ver- aber auch Risiken. Während der Landtag in einer waltungs- und Gebietsreform. So sind andere Bun- Enquetekommission noch nach Lösungen sucht, desländer viel weiter als Thüringen. Insofern braucht schafft die Landesregierung Tatsachen mit irrepa- die Enquetekommission nicht bei null anzufangen. rablen Schäden. Das ist das Dilemma, in dem wir uns Notwendiges Datenmaterial liegt letztlich auch vor. heute hier bei der Entscheidung bewegen. Notwendig Zwischenergebnisse könnten sofort umgesetzt wer- wäre eigentlich ein sofortiges Handlungsmoratorium den, vorausgesetzt CDU und Landesregierung sind der Landesregierung hinsichtlich der Funktional-, dazu bereit. Keinesfalls können wir warten, bis die Verwaltungs- und Gebietsreform. Das wäre im Abschlussergebnisse der Kommission im Novem- Übrigen sowieso angesagt, um weiteren Schaden ber 2006 vorliegen. Da war die Bundestagswahl, das von Thüringen abzuhalten. Aber andererseits be- ist eine ganz andere Sache. Aber viel entscheidender deutet jeder weitere Zeitverlust eine Verzögerung ist, zu diesem Zeitpunkt haben auch bereits die Wah- notwendiger Reformen. Die Lösung kann nur eine len der Oberbürgermeister, hauptamtlichen Bürger- Art Doppelstrategie sein. Deshalb erwarten wir von meister und Landräte stattgefunden. Die werden der Landesregierung die sofortige Korrektur ihres dann bis 2012 gewählt. Jeder weiß, dass sich na- nicht durchdachten Behördenchaoskonzepts und türlich immer eine Umsetzung eines solchen Kon- die Vorlage eines Rahmengesetzentwurfs für den zepts an derartigen Wahlterminen und auch Lauf- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1475 zeiten von Amtsperioden orientiert. Bis dahin geht (Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: aus unserer Sicht viel Zeit verloren, Zeit, die wir nicht Braucht er nicht, das kann er alleine.) haben. Sie haben gesagt, alle Versuche der Landesregie- Meine Damen und Herren, drei weitere wesentliche rung seien seit Jahren gescheitert. Ich glaube, es ist Voraussetzungen sind für den Erfolg einer Funk- Ihnen entgangen, dass sich die Landesregierung seit tional-, Verwaltungs- und Gebietsreform aus Sicht dem 08.07.2004 im Amt befindet. Aber lassen wir unserer Fraktion notwendig: das, Sachlichkeit ist bei Ihnen wenig zu spüren, und wenden wir uns der Angelegenheit in der Sache zu. 1. der Dialog mit den Bürgern und der Wirtschaft zu den Grundsätzen und Zielen - dies dient auch der (Unruhe bei der PDS) Akzeptanz der Reformumsetzung und würde zudem einen Beitrag zur Ausgestaltung der kommunalen De- Meine Damen und Herren, seit der Wiedergründung mokratie bilden; des Freistaats Thüringen vor mehr als 14 Jahren haben alle Beteiligten auf allen Ebenen mit viel En- 2. Einbeziehung der Beschäftigten - es wird immer gagement und großer Anstrengung an der zukunfts- ein Spannungsfeld der unterschiedlichen Interes- fähigen Ausgestaltung dieses Landes gearbeitet. senslagen geben; Bürger haben andere Interessen Vieles wurde inzwischen erreicht, worauf wir mit als die Beschäftigten in einer Verwaltung. Diese Recht stolz sein können. Es ist aber bekanntlich eine unterschiedlichen Interessen müssen abgewogen Binsenwahrheit, dass es eine allgemeine und vor werden. Reformen gegen die Interessen der Be- allem endgültige optimale Ausgestaltung für ein staat- schäftigten müssen zwangsläufig scheitern und die liches Gemeinwesen nicht geben kann. Sie muss Beschäftigten werden sich nicht verweigern, wenn sich vielmehr an den jeweiligen gesamtgesellschaft- man sie ernsthaft einbezieht und ihren Sachver- lichen Rahmenbedingungen orientieren. Diese Rah- stand und ihre Kreativität nutzt; menbedingungen unterliegen natürlich einem steten Wandel und sind zudem nur prognostisch vorher- 3. Absprache mit der kommunalen Ebene - hier muss sehbar. Das gilt gerade für unsere heutige Zeit und erst wieder sehr viel Vertrauen geschaffen werden, unseren modernen Verfassungsstaat. Es gehört nachdem im Zusammenhang mit dem Landeshaus- deshalb zu den wichtigsten Aufgaben der Politik, die halt die Beziehungen zwischen Land und Kommunen aktuellen Entwicklungen zu beobachten und das stark belastet wurden. staatliche Gemeinwesen im Wege fortwährender Selbstkritik an die jeweiligen Notwendigkeiten anzu- Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hat passen. Namentlich in Thüringen und in anderen jun- sich bisher aktiv in die Diskussion zur Funktional-, gen Bundesländern haben sich die gesamtgesell- Verwaltungs- und Gebietsreform eingebracht und schaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten wird dies auch künftig tun. Die Enquetekommission Jahren wesentlich verändert und überdies anders allein ist nicht der Schlüssel zum Erfolg, sie kann entwickelt, als dies bei objektiver Betrachtung zu nur ein Element sein. Deshalb verweigern wir uns erwarten war. Hierzu gehören vor allem die anhaltend nicht. Wir werden aber gleichzeitig und immer wieder schwierige Wirtschaftslage einschließlich der damit die Landesregierung nicht aus ihrer Verantwortung verbundenen Steuerausfälle für die öffentliche Hand entlassen. Danke. einerseits sowie der beunruhigende demographische Wandel andererseits. Dies haben wir nicht zu ver- (Beifall bei der PDS) antworten, das hat die Thüringer Landesregierung nicht zu verantworten, sondern das ist letztlich eine Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Folge der wirtschaftlichen Situation.

Seitens der Abgeordneten liegen mir jetzt keine Meine Damen und Herren, diese Entwicklung ver- Redeanmeldungen mehr vor. Für die Landesregie- kennt die Landesregierung nicht. Herr Ministerprä- rung Herr Innenminister Dr. Gasser. sident Althaus hat dementsprechend in seiner Re- gierungserklärung vom 9. September des vergan- Dr. Gasser, Innenminister: genen Jahres angekündigt, die Strukturen unseres Landes auf den Prüfstand zu stellen und die not- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und wendigen Reformen durchzuführen. Davon sind die Herren, das war ja wohl wieder einmal ein echter seit der Wiedervereinigung aufgebauten Verwal- Kuschel. Ich weiß nicht, Herr Kuschel, wer Ihnen tungsstrukturen ebenso betroffen wie die bisherige diesen Unfug aufgeschrieben hat. Aufgabenerfüllung. Die gesamte Landesverwaltung einschließlich der Kommunalverwaltungen ist zu (Beifall bei der CDU, SPD) straffen. Die Verwaltungsabläufe müssen transpa- renter, einfacher und insgesamt effektiver gestaltet 1476 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 werden. Die Gemeindefinanzen müssen reformiert aufgrund freiwilliger Beschlüsse der beteiligten Ge- werden und hierzu sind wir zunächst auf uns allein meinden zum Beispiel eine neue Stadt Leinefelde- gestellt, weil die angekündigte Gemeindefinanzre- Worbis mit mehr als 21.000 Einwohnern und eine form des Bundes bisher nicht in Angriff genommen neue Gemeinde Gerstungen mit mehr als 6.000 worden ist. Einwohnern gebildet. Weitere Städte und Gemeinden beraten derzeit über die Schaffung leistungsfähiger Zur Umsetzung dieser Vorgaben hat die Landes- kommunaler Strukturen. Die Städte Zeulenroda und regierung bereits wichtige Schritte unternommen. Triebes haben bereits Beschlüsse für ein Zusammen- Anfang dieses Monats hat sie der Öffentlichkeit gehen gefasst. das Konzept zur Behördenstrukturreform vorgestellt, dessen Maßnahmen bereits ab dem Doppelhaus- (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das kön- halt 2006/2007 zu mehr Effizienz, Bürgernähe und nen wir nun wirklich nicht.) Flexibilität in der Landesverwaltung führen werden. Ferner hat die Landesregierung das Innenministerium Das habe ich auch nicht behauptet, Herr Höhn. beauftragt, in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie in Zusammenarbeit mit allen Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, Ressorts Vorschläge zum Abbau kommunal belas- die Landesregierung ist sich der aktuellen Erforder- tender Standards sowie zur Deregulierung zu er- nisse sehr wohl bewusst und hat bereits entspre- arbeiten. Die hiermit befasste "Arbeitsgemeinschaft chende Maßnahmen eingeleitet. Weitere müssen Kommunales" hat in den vergangenen Wochen ent- ohne Zweifel folgen. Dabei kann die beantragte sprechende Vorschläge erarbeitet. Diese befinden Einsetzung einer Enquetekommission durchaus hilf- sich derzeit in der Feinabstimmung und werden in reich sein. Sie ermöglicht es, im Konsens mit allen Kürze dem Kabinett vorgelegt werden. Gleichzeitig politischen Kräften und unter Beteiligung externen wird die weitere Kommunalisierung von staatlichen Sachverstands die Gebiets- und Verwaltungsstruk- Aufgaben geprüft. turen sowie die Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen zum beiderseitigen Wohle und Meine Damen und Herren, was für das Land gilt, damit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger gilt gleichermaßen aber auch für die Kommunen. weiter zu optimieren. Allerdings scheint mir die Be- Auch deren Strukturen müssen im Lichte der aktu- schreibung des Auftrags der Enquetekommission ellen Entwicklung fortgeschrieben werden. Zwar hat noch nicht hinreichend durchdacht. Dieser wird an bereits das Gemeindeneugliederungsgesetz vom der einen oder anderen Stelle erweitert, einge- Dezember 1996 die kommunalen Verwaltungsstruk- schränkt oder schlicht präzisiert werden müssen. turen neu gestaltet und an die Vorgaben der Kom- Dabei ist auch auf die Einhaltung verfassungsrechtli- munalordnung angepasst, die Situation namentlich cher Grenzen zu achten, insbesondere darf auch der kleineren Gemeinden hat sich aber aufgrund eine Enquetekommission nicht in den exekutiven der genannten Entwicklungen inzwischen sehr deut- Kernbereich eingreifen. Eine so wichtige Angelegen- lich verschärft. Fest steht, dass angesichts der ange- heit bedarf sorgfältigster Vorbereitung. Schnellschüs- spannten Finanzsituation des Landes die finanziellen se sind hier fehl am Platz. Deshalb sollte der Kom- Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich künftig mission auch ausreichend Zeit für ihre Arbeit gege- nicht mehr in der bisherigen Höhe zur Verfügung ben werden. Der Berichtstermin 30.11.2006 dürfte stehen werden. Darum müssen wir die vorhandenen insoweit doch eher knapp bemessen sein. Ressourcen stärker konzentrieren. Das soll zum einen durch die Neuordnung der Finanzbeziehungen (Zwischenruf Abg Matschie, SPD: Ehr- zwischen dem Land und den Kommunen, vor allem geizig.) durch eine Veränderung der Hauptansatzstaffel ge- schehen, zum anderen müssen wir aber auch in Vor dem Hintergrund dieser Bedenken regt die Zukunft verstärkt freiwillige Gemeindezusammen- Landesregierung an, den Antrag der SPD-Fraktion schlüsse fördern. Dazu haben Sie, meine sehr ge- auf Einsetzung einer Enquetekommission an den ehrten Damen und Herren Abgeordneten, sich in Innenausschuss zu überweisen. Vielen Dank für der vergangenen Plenarsitzung auch eindeutig be- Ihre Aufmerksamkeit. kannt. Dieses Bekenntnis fügt sich in die bereits be- stehende Praxis der Landesregierung ein, die frei- (Beifall bei der CDU) willige Bildung größerer Gemeindestrukturen durch umfassende Beratung zu unterstützen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Ein Beispiel für erfolgreiche Gebietsveränderungen ist Mit liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen das Thüringer Gesetz zur Neugliederung verschie- vor. Die Anregung des Innenministers hat ja der Ab- dener kreisangehöriger Gemeinden vom 8. März geordnete Fiedler schon aufgenommen und den An- des vergangenen Jahres. Mit diesem Gesetz wurden trag gestellt, diesen Antrag an den Innenausschuss Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1477 zu überweisen. Das stelle ich jetzt zur Abstimmung. Meine Damen und Herren, es ist eine Binsenweisheit: Wer dem folgt, dass der Antrag der SPD-Fraktion zur Unternehmen investieren dort, wo sie aus ihrer Einsetzung einer Enquetekommission im Innenaus- Sicht die besten Voraussetzungen und Entwick- schuss beraten wird, den bitte ich jetzt um das Hand- lungsperspektiven vorfinden und nicht dort, wo es der zeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Staat gerne hätte. Ich halte daher eine staatliche Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Gibt es Festlegung von Regionen, auf die die Wirtschafts- einige. Mit Mehrheit ist die Überweisung an den In- förderung konzentriert werden soll, für den völlig nenausschuss erfolgt. falschen Weg. Sollen wir ein hoch innovatives Un- ternehmen etwa nur aus dem Grund weniger fördern, Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12 (Beifall bei der CDU)

Zukünftige Ausrichtung der Wirt- weil es sich an einem Ort ansiedeln will, den wir schaftsförderung in Thüringen nicht als Wachstumskern klassifiziert haben? Oder Antrag der Fraktion der SPD sollen wir einem Investor die Förderung verweigern, - Drucksache 4/714 - der in einer besonders strukturschwachen Region Arbeitsplätze schaffen will? Der Sachverständigenrat Soweit mir bekannt ist, wird keine Begründung ge- hat sich in seinen letzten Jahresgutachten ausführ- wünscht, weil von der Möglichkeit des Sofortberichts lich mit der wirtschaftlichen Situation in den neuen Gebrauch gemacht wird. Ich bitte Minister Reinholz Ländern und mit der Förderung des Aufbaus Ost um die Berichterstattung. auseinander gesetzt. Die Wissenschaftler betonen, dass es für die Förderung weder einen Königsweg Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie noch Patentrezepte gibt. Unter anderem führen sie und Arbeit: Folgendes aus - ich darf zitieren: "So wird immer wieder gefordert, die Fördermittel auf Wachstums- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten kerne oder Wachstumspole zu konzentrieren. Em- Damen und Herren, die vor wenigen Tagen vom pirisch lässt sich eine solche Empfehlung kaum Statistischen Landesamt veröffentlichten Wirtschafts- begründen." Herr Matschie, Textziffer 618 zum Nach- daten des Monats Januar 2005 belegen, dass die lesen. Thüringer Wirtschaft gut in das Jahr gestartet ist. Der Gesamtumsatz des verarbeitenden Gewerbes Richtschnur der Wirtschaftspolitik der Landesregie- und des Bergbaus stieg im Januar 2005 gegenüber rung wird auch in Zukunft die möglichst weit ge- dem Januar 2004 um immerhin 11 Prozent. Bei den hende Nutzung der Entwicklungspotenziale aller Auslandsumsätzen war ein Plus von 24 Prozent zu Regionen des Freistaats bleiben. Eine formale Fest- verzeichnen. Ich denke, diese Daten unterstreichen, legung regionaler Förderschwerpunkte leistet nach dass die Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes unserer Überzeugung zur Erreichung dieses Ziels immer mehr zur tragenden Stütze unserer Wirt- keinen Beitrag. Auch das zweite Element der von der schaftsentwicklung wird. Bundesregierung seit bald einem Jahr angestrebten, aber bisher durch nichts konkretisierten Neuausrich- Die Fragen, die Herr Matschie an die Landesregie- tung der Förderung auf so genannte Wachstumszen- rung richtet, sollten auch in Richtung Berlin gestellt tren und -branchen zielt in die falsche Richtung. Der werden, wo die SPD die Regierungsverantwortung Staat sollte nicht durch Fördermaßnahmen, die auf trägt. einzelne Branchen gerichtet sind, in den Wettbewerb eingreifen. Es klingt zwar im ersten Moment plau- (Beifall Abg. Carius, CDU) sibel, wenn gefordert wird, vorzugsweise so genannte Wachstums- und Zukunftsbranchen zu fördern. Wie Dort herrscht seit langem Sendepause, wenn es soll man solche Branchen aber identifizieren? Das um allgemeine Wirtschaftspolitik geht, bleibt immer wieder offen.

(Beifall Abg. Wetzel, CDU) Die damit verbundenen Informationsprobleme sind nicht zu lösen. Entsprechend groß ist die Gefahr, insbesondere aber zu der Frage, wie der Aufbau dass falsche Wirtschaftszweige ausgewählt werden Ost weiter voranzubringen ist. Um es vorweg zu und dass sich die Förderung zu stark auf einzelne, nehmen, die Landesregierung wird nicht den Vor- gerade als modern angesehene Bereiche konzen- schlägen der Dohnanyi-Kommission folgen, die offen- triert. Festlegungen von Politik und Verwaltungen bar auch von Minister Stolpe unterstützt werden. können die Auslese am Markt nicht ersetzen, die Darin sind sich die Ministerpräsidenten der neuen Erfolg versprechende Ideen von weniger Erfolg ver- Bundesländer - mit Ausnahme Brandenburgs - einig. sprechenden trennt. Um es ganz deutlich zu sagen, es wird dem Staat auch nicht durch massiven Ein- 1478 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 satz von Fördermaßnahmen gelingen, neue wettbe- Prozesses der Clusterbildung, die Etablierung eines werbsfähige Branchenschwerpunkte zu etablieren. qualifizierten Projektmanagements und die Förderung Wer glaubt, der Staat sei dazu in der Lage, gibt sich von Koordinierungsstellen. Ebenfalls wichtig ist die einer Illusion hin. Wir haben das leidvoll 40 Jahre in Förderung von Verbundprojekten, insbesondere im der DDR verspürt. Bereich Forschung und Entwicklung und bei der Aus- und Weiterbildung. Auch am Beispiel der Biotechnologie oder der IT- Branche zeigt sich, dass durchaus zukunftsorien- Zwei Punkte sollten uns allerdings im Zusammen- tierte Branchen, in die viel Geld investiert wurde, nicht hang mit der Clusterförderung immer bewusst sein. die Entwicklung durchlaufen haben, die man sich Erstens muss die Initiative zur Bildung von Clustern seinerzeit erhofft hat. Die Liste industriepolitischer von der Wirtschaft ausgehen. Auch muss es eine Fehlschläge ist lang. Daran ändert auch nichts das ausreichende Basis von Unternehmen geben, die immer wieder zitierte Erfolgsbeispiel von Airbus. eine solche Initiative trägt. Wichtig ist dagegen, dass bestehende regionale Entwicklungsansätze und Cluster durch abgestimm- Zweitens: Es sollte klar sein, dass die Clusterbildung ten Einsatz der zur Verfügung stehenden Instru- zwar ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftsför- mente gestärkt werden müssen. Investitionen, zum derung ist, aber nicht allein im Zentrum der Förder- Beispiel in die Verkehrsinfrastruktur, müssen sich strategie stehen kann. In Thüringen ist die Cluster- ebenso am Profil der regionalen Wirtschaft aus- förderung Teil eines geschlossenen Förderkonzepts, richten wie die Ansiedlung und der Ausbau von For- das sich in seinen Grundelementen auch bewährt schungs- und Technologieeinrichtungen. Das ist aber hat. Wir brauchen in Thüringen keine grundlegende nicht neu, das wird in Thüringen seit Jahren so auch Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung. Das mag praktiziert. in anderen Ländern anders sein. In Brandenburg hat man jetzt 17 so genannte Branchenkompetenzfelder Die Entwicklung in Thüringen belegt, dass es richtig festgelegt, die an 23 regionalen Wachstumskernen ist, in der Wirtschaftspolitik auf die Verbesserung der und in 58 Branchenschwerpunktorten bevorzugt Rahmenbedingungen für Unternehmen zu setzen und gefördert werden sollen. Ich frage mich allerdings, wo unternehmerische Standortentscheidungen nicht ak- angesichts der Haushaltssituation die Spielräume tiv zu beeinflussen. Eine solche Politik führt keines- für eine höhere Förderung herkommen sollen, wenn wegs dazu, dass Fördergelder wirkungslos in der eine so große Zahl an Branchen und Orten in den Fläche versickern. Sie führt vielmehr zur Heraus- Genuss von Vorzugsbehandlung kommen soll. bildung wettbewerbsfähiger Strukturen. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle hat im vergangenen Bei uns, meine Damen und Herren, geht es um Fein- Jahr untersucht, inwieweit sich in Ostdeutschland auf steuerung. Im Vordergrund steht die fortlaufende regionaler Ebene sektorale Spezialisierungen heraus- Überprüfung der Wirksamkeit der Förderprogramme. gebildet haben, die sich zudem durch Vernetzung An den Eckpfeilern, dem auf den Bedarf der Wirt- zwischen den regionalen Akteuren und besonders schaft abgestimmten Ausbau der Infrastruktur, der innovativen Aktivitäten auszeichnen. Die Studie be- Förderung betrieblicher Investitionen im verarbeiten- stätigt nicht nur die breite Diversifizierung der Thü- den Gewerbe und der Stärkung des Innovations- ringer Industrie. Fast alle Industriezweige leisten bei potenzials kleiner und mittlerer Unternehmen, meine uns einen höheren Beitrag zur Beschäftigung als im Damen und Herren, wird sich nichts ändern. ostdeutschen Durchschnitt. Darüber hinaus haben sich in Thüringen acht so genannte ökonomische Ein grundlegendes Datum für die Weiterentwick- Entwicklungskerne herausgebildet, in denen die drei lung der Förderung ist die Haushaltssituation, die eben genannten Kriterien erfüllt sind. auch in den nächsten Jahren schwierig bleiben wird. Immer knapper werdende Mittel machen vor Die Bezeichnung "ökonomischer Entwicklungskern" allem Prioritätensetzungen innerhalb der einzelnen dient dabei der Konkretisierung des Clusterbegriffs. Förderprogramme dringend erforderlich. Ein Beispiel Die technologischen Schwerpunkte dieser Thüringer hierfür ist die noch stärkere Ausrichtung der betrieb- Entwicklungskerne sind zum Beispiel die Kunststoff- lichen Investitionsförderung auf die Schaffung von industrie, die Kraftfahrzeugtechnik, der Maschinen- Arbeits- und Ausbildungsplätzen, die wir mit der Neu- bau, die Mess-, Prüf- und Steuerungstechnik, die fassung der Thüringer GA-Richtlinie im vergangenen Medizintechnik, Optik sowie neue Materialien und Jahr auch vorgenommen haben. Im Bereich der För- Werkstofftechnik. Innovative Cluster und Netzwerke derung der wirtschaftsnahen Infrastruktur liegt der stärken die Wettbewerbsfähigkeit der eingebundenen Schwerpunkt auf der qualitativen Verbesserung des Unternehmen und geben wichtige Impulse für die Bestehenden. Bei Gewerbeflächen steht die Nutz- regionale Wirtschaftsentwicklung. Wir werden sie barmachung brachliegender Industrie- und Gewer- daher auch weiter aktiv fördern. Ansatzpunkte für beflächen im Vordergrund. Entscheidendes Krite- staatliche Unterstützung sind die Begleitung des rium für die Förderentscheidung ist der jeweils be- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1479 stehende Bedarf. Wir schließen aber keine Region die Förderung zahlreicher Beratungsangebote. von der Förderung aus. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Neben der Prioritätensetzung in den Programmen Damen und Herren, Thüringen hat ein klar struktu- geht es auch darum, neuen Anforderungen gerecht riertes, eng aufeinander abgestimmtes System von zu werden und das Instrumentarium systematisch Wirtschaftsförderinstrumenten, das ständig weiterent- zu ergänzen. So haben wir angesichts der zuneh- wickelt wird. In Kürze werden wir den Auftrag für die menden Probleme kleinerer und mittlerer Unterneh- Evaluierung der Förderprogramme aller Ressorts men bei der Unternehmensfinanzierung eine Reihe vergeben. Das Ziel ist die Erschließung von Wirt- von Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis schaftlichkeitsreserven und die Beseitigung even- auf den Weg gebracht. Dazu gehören Angebote wie tueller Überschneidungen. zum Beispiel das Thüringen-Kapital und die Mietfa- brik sowie die Neuordnung der Beteiligungsförderung. Meine Damen und Herren, es ist mir schon klar, Mit Auflegung des neuen PET-Fonds werden wir dass ein solcher Ansatz der kontinuierlichen Wei- die Bedeutung der Bereitstellung von Eigenkapital terentwicklung weniger spektakulär ist als ein mit im Spektrum der Thüringer Wirtschaftsförderung großem Getöse vorgestelltes neues Konzept. Letzt- weiter stärken. lich, meine Damen und Herren, ist es aber der Erfolg, der zählt, und da bin ich mir sicher, dass wir weiterhin Im Bereich der Technologiepolitik arbeiten wir nach als Freistaat Thüringen gut abschneiden werden. der Zusammenführung der Zuständigkeiten für die Herzlichen Dank. Technologieförderung und die wirtschaftsnahe For- schungsförderung an einer grundlegenden Überar- (Beifall bei der CDU) beitung und Zusammenführung der Förderrichtlinien. Neben der Unterstützung bei der Durchführung Vizepräsidentin Dr. Klaubert: eigener Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten steht vor allem das Ziel im Vordergrund, eine stärkere Wird die Aussprache zu diesem Bericht gewünscht? Nutzung der in Forschungseinrichtungen erzielten Ja, von der SPD-Fraktion. Dann eröffne ich diese Ergebnisse in den Unternehmen zu erreichen. Dazu Aussprache. Herr Dr. Schubert, wenn Sie schon kommt es unter anderem darauf an, dass die wirt- stehen, dann beginnen Sie die Rede. Bitte, ich rufe schaftsnahen Forschungseinrichtungen ihre Arbeiten Sie zum Pult. stärker am Bedarf der mittelständischen Wirtschaft ausrichten. Hierzu soll kurzfristig die Neuregelung Abgeordneter Dr. Schubert, SPD: der Förderung von F- und E-Fremdleistungen (all- gemein bekanntes Stichwort "Forschungscheck") bei- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr tragen. Die grundlegende Neufassung der Richt- geehrter Herr Minister Reinholz, es freut uns na- linien wird mit dem Beginn der neuen EU-Förder- türlich alle hier im Raum ganz besonders, dass die periode in Kraft treten. Thüringer Wirtschaft im verarbeitenden Gewerbe so deutlich zugelegt hat. Aber wenn wir uns das Jahr Kurz vor dem Start steht mit dem Thüringen-Stipen- 2004 ansehen, dann hat das verarbeitende Gewerbe dium eine Maßnahme, die sowohl der Stärkung der in Thüringen die Spitzenposition in Deutschland ver- technologischen Kompetenz der Unternehmen als loren, ist mittlerweile auf den 5. Platz abgerutscht und auch der Bindung hoch qualifizierter Fachkräfte an die Beschäftigungszahlen im verarbeitenden Gewer- die Thüringer Wirtschaft dienen soll. Auch der letzt- be sind aufgrund der Bauwirtschaft im vergangenen genannte Aspekt ist ein wichtiges Gestaltungskri- Jahr um mehrere Tausend zurückgegangen. Ich terium in unserer Wirtschafts- und Arbeitsmarkt- denke, das zeigt uns, dass doch Handlungsbedarf politik. Festzuhalten ist allerdings, dass es derzeit besteht, immer wieder darüber nachzudenken, ob die in Thüringen keinen Fachkräftemangel gibt und nach vorhandenen Förderinstrumentarien und -programme den vorliegenden Studien auch in den kommenden die richtigen sind. Jahren nur in Teilbereichen Engpässe entstehen könnten. Dass Mängel bei der Fachkräfteversorgung Zweifellos ist es so, dass die deutsche und die nicht zum Wachstumshemmnis werden, verlangt ge- europäische Wirtschaftsförderung in der Vergan- meinsame Anstrengung von Wirtschaft, Verwaltung, genheit als auch in der Zukunft eine sehr hohe Gewerkschaften und Politik. Alle Beteiligten arbeiten Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung im in Thüringen in einer Managementarbeitsgruppe eng gesamten Osten und somit auch für Thüringen hat. zusammen. Die Landesregierung leistet in diesem Die bisher eingesetzten Fördermittel haben Früchte Rahmen einen erheblichen Beitrag. Ich nenne hier getragen; ein erfolgreicher Aufbau Ost wird lang- nur die Verpflichtung, die wir im Rahmen des Aus- fristig dem gesamten Land nützen. Thüringen braucht bildungspakts eingegangen sind, die Förderung von daher auch zukünftig effektive und zielgenaue Wirt- Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und schaftsprogramme. Viele der Programme laufen aber 1480 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 in absehbarer Zeit aus; es ist daher unerlässlich, wir mehr Bundesmittel bekommen. Dann kann ja bereits jetzt die Debatte über die Fortführung, die jedes Bundesland, wie zum Beispiel Sachsen, die finanzielle Ausstattung und die inhaltliche Ausstat- sich das sicher aufgrund ihrer viel besseren Haus- tung dieser Programme zu führen. Über die euro- haltssituation leisten können, entsprechende höhere päischen Programme hatten wir ja hier in diesem Kofinanzierungen entgegensetzen. Haus bei der letzten Plenartagung gesprochen, deshalb möchte ich mich heute auf die nationalen Zur inhaltlichen Ausgestaltung der GA: Ich denke, Programme konzentrieren. Da haben wir zuallererst Herr Reinholz, Sie haben uns versucht zu sagen, die Investitionszulage für gewerbliche Ausrüstungs- dass man überhaupt nicht eingreifen soll in das investitionen, die in Ostdeutschland 2004 immerhin Marktgeschehen. Derweil ist es doch so, dass die 1 Mrd.  DQ ,QGXVWULHunternehmen zugeführt hat. GA-Richtllinie, wie sie jetzt vorliegt, das ebenfalls tut. Dieses Programm hat trotz des oft kritisierten Sie fördern ganz bestimmte Branchen und ganz Mitnahmeeffekts einen nicht zu unterschätzenden bestimmte Regionen, also, es gibt immer einen Ein- Einfluss auf die Investitionstätigkeit auch in Thü- griff in den freien Wettbewerb. Bisher gilt ja das ringen. Die Förderung ermöglicht zusätzliche wirt- Prinzip in Thüringen, dass schwache Teilräume schaftlich sinnvolle Investitionen und unterstützt ins- stärker gefördert werden sollen als stärkere. Damit besondere Unternehmen hinsichtlich ihrer Eigen- wurde das Ziel verfolgt, einen Ausgleich zwischen kapitalausstattung. Die Investitionszulage ist aller- den stärkeren und den schwächeren Teilräumen zu dings nach dem Investitionszulagengesetz bis Ende erreichen, um gleiche Lebensverhältnisse im Land 2006 befristet. Es sollte deshalb rechtzeitig eine zu schaffen. Dieser Ansatz ist durchaus nachvollzieh- Abstimmung und entsprechende Initiativen der ost- bar und es gab lange Zeit auch Konsens darüber, deutschen Bundesländer geben, um eine Fortführung doch seit einiger Zeit wird von Seiten der Wirtschafts- der Zulage wenigstens bis zum Jahre 2008 zu si- wissenschaft und auch in der Wirtschaftspolitik zu- chern. Hier darf es eben nicht, wie bei der Investi- nehmend der Ansatz vertreten, wonach sich die tionszulage für den Miet- und Wohnungsbau - ich Förderung verstärkt auf Wachstumszentren bzw. erinnere daran, wir haben darüber debattiert und es Cluster und Netzwerke konzentrieren soll. Von be- ist leider nun eingetreten - dazu führen, dass diese sonderer Bedeutung ist die von Ihnen auch schon ausläuft und nicht fortgeführt wird, nur aufgrund der erwähnte Studie des Instituts für Wirtschaftsförde- Tatsache, dass die ostdeutschen Bundesländer sich rung Halle vom Oktober 2004. Aber auch auf der untereinander nicht einigen konnten. Entsprechende Ebene des Landes gibt es bereits Empfehlungen positive Signale des Bundes müssen gemeinsam des von der Landesregierung im Wahlkampf ein- mit allen ostdeutschen Ländern genutzt werden und gesetzten Thüringer Wirtschaftsbeirats vom No- es muss vor allen Dingen der Widerstand der süd- vember 2004. Die Empfehlungen haben wir bereits deutschen Länder hier beachtet werden. im letzten Wirtschaftsausschuss besprochen. Bis- lang gibt es aber keine konkreten Aussagen der (Beifall bei der SPD) Landesregierung, ob und wie weit sie aufgrund dieser Empfehlungen des Thüringer Wirtschaftsbeirats eine Die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Anpassung ihrer Wirtschaftspolitik vorzunehmen regionalen Wirtschaftsstruktur ist wohl das wich- gedenkt. In anderen Bundesländern - Brandenburg tigste Wirtschaftsförderprogramm in Deutschland haben Sie bereits erwähnt - werden bereits Maß- überhaupt. Seit 1990 sind in Thüringen insgesamt nahmen diskutiert, wie der Ansatz der gezielten För- 5,3 Mrd. *$0LWWHOHLQJHVHW]WZRUGHQXQGGDPLW derung der regionalen Stärkung umgesetzt werden Tausende Arbeitsplätze geschaffen und gesichert kann. Auch für Thüringen brauchen wir eine Ana- worden. Die Praxis aber, die zur Verfügung stehen- lyse, wie wir zukünftig die Wirtschaftsförderung unter den Bundesmittel verfallen zu lassen, hat die Thü- Berücksichtigung unserer regionalen Besonderheiten ringer Wirtschaft allein in den vergangenen drei effektiver an die sich ändernden Rahmenbedingun- Jahren ca. 225 Mio. JHNRVWHW'LHLQGLHVHP Haus- gen anpassen können. Es genügt eben nicht, im halt veranschlagten Globalen Minderausgaben in Wahlkampf ein hochrangig besetztes Gremium ein- Ihrem Bereich, Herr Reinholz, lassen darauf schlie- zuberufen und dann die unter Umständen politisch ßen, dass das in diesem Jahr wieder ähnlich sein unbequemen Ergebnisse einfach zu ignorieren. Wir wird. Man sollte endlich so ehrlich sein und zugeben, stehen in einem immer stärkeren Wettbewerb zwi- dass man dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, als schen den Regionen und Unternehmen. Um inves- Freistaat Thüringen die 50 Prozent Kofinanzierung toren- und fachkräftefreundliche Voraussetzungen in aufzunehmen und sollte mit den anderen ostdeut- diesem Wettbewerb zu gewinnen, sind nach herr- schen Ländern, die es betrifft, mal darüber verhan- schender Auffassung in der Wirtschaftswissenschaft deln, ob man nicht beim Bund erreichen kann, dass spezifische regionale Kompetenzen, die Vorteile für der Mindestanteil der Länder auf 25 Prozent gesenkt einige Unternehmen und Fachkräfte mit sich bringen, werden kann bei gleich bleibenden Bundesmitteln. erforderlich. Dazu zählt zum einen eine gute Infra- Mir ist klar, dass wir nicht erreichen können, dass struktur, aber auch in immer stärkerem Maße ein in- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1481 novationsfreundliches Umfeld, stark ausgeprägte der Wirtschaftspolitik ist vor allem die Bundesre- Netzwerkbeziehungen zwischen den Unternehmen gierung zuständig, doch es gibt auch eine deutliche und eine räumliche Konzentration einzelner Bran- Landesverantwortung. Es gibt doch klare Spiel- chen. räume für Landesaktivitäten, auf die ich dann noch zu sprechen kommen werde. Es ist nun Aufgabe der Landesregierung, ein Leit- bild zu entwickeln, wie Thüringen bei diesem Wettbe- Ich möchte dennoch mit einer etwas globaleren werb mitwirken soll. Künftige Prioritäten- und Schwer- Betrachtung beginnen, mit der Frage: Wie stellt sich punktsetzungen müssen dabei auf Länderebene ent- die wirtschaftliche Situation in Deutschland im Jahr schieden werden. Das ist klar. Thüringen hat dabei im 2005 dar, vor allem die Situation der ostdeutschen Unterschied zu anderen Ländern noch keine erkenn- Bundesländer? Es gibt wahrscheinlich keinen ernst bare Position entwickelt, auch aus Ihrer heutigen zu nehmenden Politiker oder Wissenschaftler, der Rede konnte ich das nicht so erkennen. Künftig soll- folgender Aussage widersprechen würde: Die An- ten verstärkt Maßnahmen gefördert werden, die gleichung zwischen Ost- und Westdeutschland ist einen hohen Struktureffekt aufweisen. Das gilt an- auch heute, 15 Jahre nach der Vereinigung, nicht gesichts unerträglich hoher Arbeitslosigkeit in Thü- erreicht. Doch ich möchte es bewusst noch etwas ringen zuallererst hinsichtlich der Schaffung neuer pointierter forumulieren: Diese Angleichung ist auch Arbeitsplätze, aber auch hinsichtlich der Entwicklung heute noch illusionär. Darüber hinaus gibt es in von Potenzialen bei Forschung und Entwicklung den ostdeutschen Bundesländern noch nicht einmal sowie der Herstellung innovativer Produkte. Dabei ein selbsttragendes Wachstum, eines, das vor allem müssen auch Fördertatbestände wie Clustermana- aus regionaler Gewinnbildung und steuerlicher Eigen- gement und Netzwerkbildung eine Rolle spielen. finanzierung in diesen Ländern resultiert. Das ist die Ziel muss es sein, die nur noch begrenzt zur Verfü- Lage, von der ausgehend die von der SPD bean- gung stehenden Fördermittel so effektiv wie möglich tragte Debatte zur Zukunft der Wirtschaftsförderung zum größtmöglichen Nutzen aller Teilräume einzu- zu führen ist, denn diese Situation ist auch Ergebnis setzen. Das ist nämlich genau der Punkt. Es wird in der bisherigen Wirtschaftsförderung. Die Koalition Zukunft nicht mehr - das haben Sie selbst gesagt - aus SPD und Grünen stand schon nach kurzer Re- so viel Geld zur Verfügung stehen. Und wenn die gierungszeit bei einer einseitig angebotsorientierten Investitionszulage gar auslaufen sollte, dann wird es Wirtschaftspolitik. Diese Politik und formale Stabi- noch schwieriger und die GA-Mittel, darüber haben litätskriterien werden für den Preis einer wirtschaft- wir auch schon x-Mal geredet, können nicht mehr lichen Stagnation durchgesetzt. Dieser Stagnation kofinanziert werden, also muss ja neu entschieden dürfte kein ernst zu nehmender Diskussionsteil- werden, wie die geringeren Fördermittel in Zukunft nehmer widersprechen. Wer Wirtschaftsförderung eingesetzt werden können. Es ist einfach falsch, den so organisiert, wird keine Arbeitsplätze schaffen. Leuten glaubhaft machen zu wollen, dass weiter und wie bisher mit der Gießkanne alle Regionen bzw. Lassen Sie mich an der Stelle aus der "Frankfurter nahezu alle Branchen gleichmäßig gefördert werden Allgemeinen Zeitung" von gestern zitieren, wo der können. Daher müssen die im Rahmen der Wirt- Präsident des Zentralverbands der Elektrotechnik schaftspolitik zur Verfügung stehenden Instrumente und Elektroindustrie gesagt hat - wenn Sie gestat- Priorität haben. Die IWH-Studie bietet bereits erste ten, Frau Präsidentin: "Die Abwanderung von Ar- Orientierungshilfe für die Ermittlung der vorrangig beitsplätzen in der Elektroindustrie ist bisher kein zu fördernden Stärken der einzelnen Regionen. Das großes Thema. Deutschland verliert in der Elek- sollten wir in Thüringen nicht länger ignorieren. troindustrie viermal so viele Arbeitsplätze durch den Produktivitätsfortschritt wie durch die Verlage- (Beifall bei der SPD) rung von Produktionen ins Ausland."

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Gestatten Sie mir auch eine Bemerkung zur Rede des Bundespräsidenten, die ja sehr schnell von Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete den Parteien vereinnahmt wurde. Herr Köhler - ich Leukefeld zu Wort gemeldet. zitiere - "mahnt politische Vorfahrtsregeln für Arbeit an." Dieses Ziel ist richtig, seine Schlussfolgerungen Abgeordnete Leukefeld, PDS: allerdings führen meines Erachtens nicht gerade- wegs zur Sache. Vor allem scheint er mir eines nicht Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen zu sehen, obwohl es sich fast mit den Händen greif- Sie mich aus gutem Grund mit einem Satz beginnen, bar darstellt: Maßgebend für die Binnennachfrage ist der in diesem Plenarsaal eigentlich zum Standard- eben noch immer das Einkommen der Beschäfti- repertoire anderer Redner gehört, der Landesre- gung, also die Kaufkraft. gierung nämlich und der CDU, aber ich will ihn etwas abwandeln: Ja, für die Rahmenbedingungen 1482 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Auch die heutige Rede des Bundeskanzlers war bestimmte Regionen endgültig abgehängt und das mit der Ankündigung undifferenzierter Steuersen- kann eine verantwortungsbewusste Landespolitik kungen kein großer Wurf. Die Erfahrungen, die div- nicht in Kauf nehmen. erse Steuerreformen zeigen, dass weitere Senkun- gen nur Sinn machen, wenn dadurch Investitionen Meine Damen und Herren, selbst wenn sich auf angeregt werden, das ist bei den vorgestellten Plä- diese Weise einige Cluster innovativen Wachstums nen nicht erkennbar. Was fehlt, ist Steuergerech- entwickeln, würde das nicht verhindern, dass weite tigkeit. Ich erspare mir an dieser Stelle ... Teile Ostdeutschlands auf dem Weg in eine Armuts- region wären. Damit bin ich bei der landesspezifi- (Beifall bei der PDS) schen Wirtschaftspolitik in Thüringen. Sie steht zwei- fellos vor einer Reihe einschneidender Verände- (Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für rungen. Wie wird sich die Bundespolitik entwickeln? Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Wie werden sich die Strukturfonds der EU ver- Ach, jetzt kommt es wieder.) ändern? Was bringt die demographische Entwick- lung? Wie reagiert das Land auf die neuen Heraus- Ich erspare mir das an dieser Stelle. Es kommt nicht forderungen und reagiert es überhaupt? Ich denke, wieder, Herr Minister Sklenar. Das habe ich ja heute solche Fragen bilden den Hintergrund des Antrags hier schon gesagt, die 1,8 Prozent, die nur an Steuer- der SPD. Landeswirtschaftspolitik ist aber auch durch einnahmen von Unternehmen gebracht werden. weitere problematische Rahmenbedingungen ge- kennzeichnet. Ich denke da besonders an die enorme Ich komme zur Wirtschaftspolitik zurück: Ihre allge- Landesverschuldung, die es hier in Thüringen und meinen Schwerpunkte für den Solidarpakt II, veröf- auch anderswo gibt. Und, Minister Reinholz, wenn fentlicht im August 2004, sind Investitions- und Mit- Sie sagen, wir brauchen keine veränderte Wirt- telstandsförderung, Forschungs- und Innovationsför- schaftspolitik, dann, denke ich, bleibt das hinter den derung, Verkehrswege-, Städtebauförderung und Anforderungen, wie sie heute stehen, doch deutlich ländliche Entwicklung. Eine konkrete Untersetzung zurück. der Schwerpunkte, die eigentlich nur Schlagworte sind, findet sich in den Veröffentlichungen der Bun- Mit dem immer wieder von der Landesregierung desregierung nicht. Es bleibt unklar, welche strate- beschworenen Spitzenplatz unter den ostdeutschen gischen Zielstellungen sie hat und vor allem, wie Ländern scheint es auch nicht so weit her zu sein. diese auch erreicht werden sollen. Das ist ja hier auch Thüringen hatte im vergangenen Jahr ein statis- schon gesagt worden. Ich ziehe die Schlussfolge- tisches Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent. Dabei rung, dass sich die Entwicklung in Ostdeutschland stieg sogar die Erwerbstätigkeit minimal um 2.900 für die Bundesregierung weit gehend unbestimmt Personen an. Die IHK Erfurt formuliert in ihrem darstellt. Man hat mitunter den Eindruck, dass die Wirtschaftsmagazin im März 2005: "Der Beschäfti- Tendenz der Abkopplung stillschweigend hingenom- gungsgewinn im Freistaat ist vor allem auf eine men wird. Einzige Neuerung ist der Vorschlag, die deutliche Zunahme der geringfügig Beschäftigten Wirtschaftsförderung verstärkt auf so genannte sowie der Ich-AG's zurückzuführen. Die Zahl der Leuchttürme, auf regionale Wachstumskerne zu sozialversicherungspflichtig Vollbeschäftigten war konzentrieren. Doch was passiert mit den Regionen, dagegen weiter rückläufig." für die schon heute eine krisenhafte Entwicklung zu konstatieren ist? Oder, um es plastisch zu machen, Ich komme an der Stelle noch einmal auf unsere was hat der Kyffhäuserkreis davon, möchte ich hier Anhörung zurück. Da hat nämlich der Kollege Leh- einmal fragen, dass die Stadt Jena als besonders mann, der für das SGB II verantwortliche Direktor der zu fördernder Wachstumskern identifiziert wird? Regionaldirektion der Arbeitsagentur gesagt, dass Thüringen jährlich 15.000 bis 20.000 sozialversiche- (Beifall bei der PDS) rungspflichtige Stellen verliert. Wir können das ja auch in der Statistik nachsehen. Trotz des Wirt- Bitte verstehen Sie mich richtig, ich achte natürlich schaftswachstums kam es in Thüringen also nicht zu die Region Jena, für die wirklich eine innovative einer Zunahme der versicherungspflichtigen Be- Atmosphäre charakteristisch ist. Aber ich bezweifle, schäftigung, und das ist doch eine eindeutige Absage dass sie, sagen wir, bis nach Artern ausstrahlt. Mi- an die unreflektierte Wachstumsideologie, wie sie nister Reinholz, nicht eingreifen und wegsehen, was immer wieder auch von Ministerpräsident Althaus sich auf wirtschaftlichem Gebiet tut, das stimmt vertreten wird. Wachstum fördern reicht eben allein erstens nicht, das macht ja die Landesregierung auch nicht aus. nicht, und zweitens wäre das auch keine Lösung. Ich denke, die liegt in einer attraktiven und unbürokra- Welche Bedeutung die Mittelstandsförderung für tischen Ansiedlungspolitik und in einer gezielten För- die Landesregierung und die CDU jenseits wohlfeiler derpolitik. Ich denke, mit dieser Ausrichtung würden Sonntagsreden wirklich hat, da kann man auch einen Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1483

Blick in den Landeshaushalt werfen. Dort wurde zum Die PDS-Fraktion hält es für nötig, dass eine Reihe Beispiel die Handwerkerförderung nahezu halbiert. von Schwerpunkten die künftige Wirtschaftspolitik Auch die Mittel für die Beratung kleiner und mitt- bestimmt. lerer Unternehmen sind um ein Drittel gesunken. Das steht im krassen Widerspruch zur angeblich Erstens: Es müssen mehr Anreize für private wirt- mittelstandsfreundlichen Politik der Landesregierung. schaftliche, vor allem industrielle Investitionen ge- Deutlich rückläufig ist auch die Unternehmensför- schaffen werden, die es nach regionalen und Bran- derung mit Landesprogrammen außerhalb der GA. chenschwerpunkten zu bündeln gilt. Das sollte Wie sieht es mit einer Strategie hinter der Wirt- durch eine gezielte Steuer- und Förderpolitik erfol- schaftspolitik aus? Wir haben in Thüringen eine Viel- gen. Auf die Bundespolitik muss dabei über Bun- zahl von Berichten, Studien und Thesenpapieren, die desratsinitiativen Einfluss genommen werden. alle irgendwann in Auftrag gegeben und sicher auch bezahlt wurden. Das sind der Abschlussbericht der Zweitens: Die Eigenkapitalbildung der kleinen und Enquetekommission, der Bericht zur Fachkräftesitua- mittleren Unternehmen, die ja in Thüringen einen tion, das Betriebspanel, die Thesen des Wirtschafts- Großteil aller Firmen ausmachen, muss durch beirats des Ministerpräsidenten, die Jahreswirt- Förder- und Beteiligungspolitik und die Bereitstel- schaftsberichte und so weiter und so fort. lung von Krediten erheblich verbessert werden. Wie Sie ja wissen, arbeiten wir aktuell an der Idee eines Ich frage Sie, wann werden diese vielen Seiten Mikrodarlehens, weil wir glauben, dass der Bedarf Papier endlich aufgenommen und zusammenge- an solchen Darlehen bis 10.000  YRU DOOHP EHL bracht und zu einem zukunftsfähigen Konzept ge- kleinen und Kleinstunternehmen besteht. Die haben bündelt? Die Landesregierung kann oder will das nämlich volle Auftragsbücher und bekommen von nicht leisten. Was wir sehen, das ist Stückwerk. den Banken trotzdem keine Kredite, weil sie nicht Einmal werden Fördermittel gegenfinanziert, ein- über die banküblichen Sicherheiten verfügen. Hier mal nicht und ich glaube, der Verzicht auf GA-Mit- gilt es tatsächlich, eine Förderlücke zu schließen. tel, das ist eben schon ein Problem, was hier auch kritisch zu beleuchten ist. Drittens: Die Förderung muss stärker auf die Ko- operation der Unternehmen ausgerichtet werden, Die PDS-Fraktion spricht sich dagegen für eine Wirt- auch über Landesgrenzen hinweg. Eifersüchtige schaftspolitik aus, die auf einen selbsttragenden Ent- Kleinstaaterei ist eine verfehlte Herangehensweise. wicklungspfad führt, der die Defizite reduziert. Wir Die stärkere Verzahnung der Landesförderung steht sind ganz klar für die Mobilisierung endogener Ent- an. Wie Kooperation nicht funktioniert, hat die ge- wicklungspotenziale in Thüringen, mit der kleine und scheiterte "Initiative Mitteldeutschland" der drei CDU- mittlere Unternehmen in eine bessere Situation ge- Ministerpräsidenten ja gezeigt. Die PDS hat schon bracht werden. Ich betone, dass für die PDS die Wirt- im vergangenen Jahr ihre Position unter dem Motto: schaftsförderung kein Selbstzweck ist. Das Ziel muss "Region entwickeln, Kooperation statt Konkurrenz" immer die Schaffung oder zumindest die Sicherung deutlich gemacht. Initiativen zur Clusterbildung müs- von Arbeitsplätzen sein. Es kann auch nicht sein, sen aber, das will ich hier betonen, von den Unter- dass Unternehmen, die gefördert werden, wenn der nehmen ausgehen. Die Politik kann dabei nur An- Förderzyklus abgelaufen ist, einfach hier wieder ver- stöße geben. schwinden. Da muss man auch schon einmal die Fra- ge nach der Rückzahlung von Fördermitteln stellen. Viertens: Wichtiges Element der Wirtschaftspolitik muss die Förderung von Forschungs- und Ent- Machen wir uns doch nichts vor, durch Umstruktu- wicklungsleistungen Thüringer Unternehmen sowie rierung und Rationalisierung, die nicht selten mit deren Vernetzung mit Hochschulen und der wirt- öffentlichen Mitteln gefördert werden, werden letzt- schaftsnahen Forschung bilden. Wichtige Institute endlich Arbeitsplätze eingespart. Da ist schon die der wirtschaftsnahen Forschung müssen über die Frage legitim: Wo sollen denn die Menschen be- Projektförderung hinaus eben auch institutionell schäftigt werden? Wie soll damit umgegangen wer- gefördert werden. den, dass in den kommenden Jahren jeder zehnte Beschäftigte in Thüringen altersbedingt aus dem Fünftens: Wir benötigen bessere Vermarktungs- Erwerbsleben ausscheidet? Wie verkraftet es die strategien für Produkte aus Thüringen für den Bin- Wirtschaft, dass ab 2006 die geburtenschwachen nenmarkt wie für ausländische Märkte. Jahrgänge, die seit 1990 zu verzeichnen sind, die Schulen verlassen und auf dem Ausbildungs- und Sechstens: Bei der Einwerbung externer Investoren Arbeitsmarkt dann letztendlich durchschlagen? Die gilt es, auch für kleine und mittlere Unternehmen Landesregierung hat meines Erachtens auf diese tätig zu werden. Es ist notwendig, etwas zu unter- Zukunftsfragen keine verständliche Antwort. nehmen, dass größere Unternehmen endlich zur Verlagerung ihrer Zentralen nach Thüringen motiviert 1484 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 werden. Ansiedlungsaktivitäten sollten stärker auf- ist mit Ihrer Fraktion oder mit Ihrem Parteiprogramm. einander abgestimmt werden. Deswegen will ich mich dem auch gar nicht weiter widmen. Siebentens: Wirtschaftliche Entwicklung darf nicht zulasten der Menschen gehen. Wenn unter dem (Unruhe bei der PDS) richtigen Stichwort "Entbürokratisierung" die Aufwei- chung oder sogar Abschaffung von Arbeitsschutz- Ach, wissen Sie, wenn eine Abgeordnete hier bei und Jugendschutzgesetzen propagiert wird, dann Ihnen das Tierseuchengesetz ablehnt wegen der sagen wir nein. Wir halten ein Landesvergabegesetz neoliberalen Tendenzen, dann zeigt das doch ganz für dringend geboten, das für öffentliche Aufträge offen, wes Geistes Kind Sie sind. verbindliche Kriterien und Standards vorgibt. Das steht im bewussten Gegensatz zur Dienstleistungs- (Beifall bei der CDU) richtlinie der EU, die zu einem ruinösen Dumping- wettbewerb führen würde. Quer zu diesen Vor- (Unruhe bei der PDS) schlägen, meine Damen und Herren, sprechen wir uns für Aktivitäten aus, die sich generell auf die Herr Dr. Schubert, Sie haben hier ja auch ein be- Rahmenbedingungen der Wirtschaftsförderung in sonderes Glanzstück geleistet. Thüringen beziehen. Ich meine die Evaluierung be- stehender Förderprogramme, ihre Bündelung und (Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das Fortschreibung. Regionale Wirtschaftskreisläufe kann doch wohl nicht wahr sein.) müssen stärker als bisher in den Fokus geraten. Wirtschaftsförderung ist stärker als bisher auch als Die Quadratur - vielleicht können Sie ja mal zuhören - Darlehen auszureichen. Herr Dr. Schubert, Sie haben hier die Quadratur des Kreises aufgeführt. Die Studie der Gesellschaft für Finanz- und Regio- nalanalysen, die im Dezember 2004 vorgestellt (Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Bei so wurde, kommt zum Ergebnis, dass in Thüringen einer Unverschämtheit hört man nicht zu.) von 1997 bis 2003 immerhin 2,2 Mrd. GHU*$LQ die einzelbetriebliche Förderung flossen. Damit wurden, Sie haben zum einen das Verlangen einer Förderung rechnet man die Verdrängung und Substitution von in allen Teilräumen aufgestellt. Das widerspricht so- Arbeitsplätzen dagegen, 10.000 zusätzliche Stellen in gar Ihrem Antrag. Sie haben dann im nächsten Thüringen geschaffen. Das sind Kosten von durch- Satz das Gießkannenprinzip mit Bausch und Bogen schnittlich 220.000 SUR$UEHLWVplatz. Neben dem verurteilt, um wiederum im nächsten Satz dann zur Warten auf Wirtschaftswachstum, das sich nicht Investitionszulage zu kommen und dort zu sagen, die selten als trügerische Hoffnung erweist, müssen Be- Investitionszulage müsste um jeden Preis erhalten schäftigungsfelder im gemeinwohlorientierten Bereich werden. Wenn wir uns mal über die Investitionszu- ernst genommen und gefördert werden. Ansonsten, lage ganz kurz unterhalten wollen: Der eigentliche das sage ich auch noch mal ganz klar, ist es nicht Grund - es sind sich alle einig, die Investitionszulage möglich, die Arbeitslosigkeit in nennenswertem Um- hat enorme Mitnahmeeffekte und dient in keiner fang zurückzudrängen. Doch genau das erwarten Weise einer vernünftigen wirtschaftspolitischen die Menschen von uns und darin, meine Damen und Steuerung. Aber sie fördert die Wirtschaft insbe- Herren, sehen sie die wichtigste Zukunftsaufgabe sondere in den neuen Ländern und wir waren uns der Politik. Danke. nur deswegen einig, die Investitionszulage zu er- halten, weil wir gesagt haben, wenn wir die Inves- (Beifall bei der PDS) titionszulage kürzen, würde das nicht dazu führen, dass die GA-Mittel dann dementsprechend anstei- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: gen, sondern das wäre eine Kürzung der Förderung insgesamt. Aber sonst spricht aus wirtschaftspoliti- Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete scher Sicht nicht sehr viel für den Erhalt der Inves- Carius zu Wort gemeldet. titionszulage.

Abgeordneter Carius, CDU: Lassen Sie mich nun zur zweiten Vorbemerkung kommen: Wenn ich Ihren Antrag lese, dann schrei- Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau ben Sie hier: "Angesichts von mehr als fünf Millionen Präsidentin, lassen Sie mich vielleicht zwei Vor- Arbeitslosen in Deutschland, steigender Arbeitslo- bemerkungen machen zu meinen Vorrednern. sigkeit in Thüringen" etc. - also hier ist doch ganz Zum einen, Frau Leukefeld, das, was Sie hier vor- eindeutig der Versuch herauszulesen, dass Sie getragen haben, ist sicher alles ganz schön, aber ich uns hier im Land, den Ländern und ihrer Wirtschafts- bin mir nicht ganz sicher, ob das auch abgestimmt förderpolitik jetzt die fünf Millionen Arbeitslosen der Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1485

Schröderschen Bundesregierung zuschieben wollen, inlandsproduktwachstum von 1,7, lagen damit kurz und das möchte ich für meine Fraktion mit Ent- hinter Sachsen mit 2,3 Prozent. Wir hatten 2004 schiedenheit zurückweisen. einen Produktivitätsanstieg, Umsatz pro Beschäf- tigter um 6,8 Prozent, einen Beschäftigtenanstieg um (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Da haben 0,3 Prozent, während die anderen neuen Länder bei Sie Recht, an 5,2 Mio. Arbeitslosen sind minus 0,1 Prozent lagen. Wir hatten ein Wachstum Sie nicht schuld.) des Industrieumsatzes um 7,7 Prozent gegenüber 2003 und letztlich auch ein Ansteigen des Auslands- Denn im Grunde wissen wir doch alle, wozu der umsatzes um 15,3 Prozent, während der deutsche Jobgipfel letztlich da ist, es geht nämlich um die Durchschnitt bei 9 Prozent lag. Um aber auf die insgesamt deutschen Rahmenbedingungen, um Frage, wie man eine gesunde wirtschaftliche Entwick- die deutschen wirtschaftlichen Rahmenbedingun- lung befördern kann, damit die viel zu hohe Arbeits- gen. Weswegen fehlt es denn an Wachstum? Es losigkeit abgebaut wird, noch mal näher einzugehen, fehlt deswegen an Wachstum, weil wir eine unge- schauen wir doch mal auf Ihren Antrag. Und da rechte steuerliche Bevorzugung von Kapitalgesell- scheint es ganz unterschiedliche Ansätze zu geben. schaften gegenüber mittelständischen Personen- Anders als das, was Sie hier, Herr Dr. Schubert, dar- gesellschaften haben, weil wir nach wie vor eine zu gestellt haben, wollen Sie doch hier von vornherein große Koppelung von Sozial- und Gesundheitskosten eine Festlegung auf eine bestimmte Region und an Arbeitskosten haben Branche und andere Regionen und Branchen aus- schließen von der Förderung. Wir hingehen sehen, (Unruhe bei der PDS) dass wir bei knapper werdenden Mitteln natürlich nicht jeden Sektor der Wirtschaft fördern können, - und das hat ja der Bundeskanzler in der Regie- aber wir schließen deshalb nur solche Sektoren aus, rungserklärung auch nicht hinreichend erkannt - wo durch bestehende Überkapazitäten eine Förde- und weil wir Überregulierungen im Kündigungs- rung den Preiswettbewerb noch einmal künstlich an- schutz sowie dem Betriebsverfassungsrecht ha- heizen würde. Das heißt etwa, dass wir natürlich ben. Hier ließe sich noch vieles anfügen. Fördermittel für Investitionen in der Bauwirtschaft, dem Einzelhandel etc. nicht als sonderlich sinnfällig Nun lassen Sie mich zur Wirtschaftsförderung im ansehen können. Und wenn Sie mir hier vielleicht Land kommen. Diese hat zahlreiche Facetten, wie wir Recht geben, so müssen Sie sich doch fragen las- wissen. Hier sind Themen wie der Bürokratieabbau, sen, warum Ihre Kollegen in Berlin denn letztlich die Behördenstruktur zu nennen, denen wir uns im Land Einführung der Ich-AGs befürwortet haben. Man kann derzeit ja auch sehr intensiv widmen. Sie umfasst nicht müde werden, das Kind, das Sie hier mit dem aber auch die Technologiepolitik, die Förderung und Bade ausgekippt haben, auch beim Namen zu nen- Weiterentwicklung wirtschaftsnaher Infrastruktur so- nen. Die Ich-AGs, das ist staatlich subventionierter wie im Speziellen der einzelbetrieblichen Förderung Wettbewerb, der geeignet ist, gerade dem qualitäts- und auf die möchte ich mich im Folgenden konzen- orientierten Bauhandwerk über Dumpingpreise den trieren. Garaus zu machen. Aber der entscheidende Unter- schied zwischen uns beiden - SPD und CDU - ist, Vorab möchte ich da vielleicht noch ergänzend zu dass wir im Grundsatz eben vorab nicht bestimmte den Haushaltsberatungen sagen: Uns allen ist es Regionen und Branchen als alleinige Wachstums- schwer gefallen, dass wir aufgrund der vielen Steuer- regionen sehen und andere ausschließen, sondern ausfälle, mit denen uns Rotgrün in den vergangenen wir setzen auf eine atmende und letztlich auch offene Jahren beglückt hat, nicht mehr alle Fördermittel Wirtschafts- und Wachstumspolitik, denn wir meinen, ausreichend kofinanzieren können. Ich will auch hier dass der Staat mit seiner unzureichenden Markt- ganz deutlich sagen, wir sollten uns auch im näch- kenntnis überhaupt nicht in der Lage ist, mittels der sten Doppelhaushalt intensiv darüber unterhalten, Förderpolitik steuernd auf das Wirtschaftsleben der inwieweit wir nicht vielleicht doch zurückkommen zu nächsten Jahre einzuwirken. Wir maßen uns eben der Lösung, dass bereits bewilligte Fördermittel, die nicht an, den Markt besser einschätzen zu können als nicht zur Auszahlung gekommen sind, übertragen die Marktteilnehmer. werden ins nächste Jahr. Das wird eine Frage sein, mit der wir uns sicher noch mal intensiv auseinander (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das setzen müssen. Da sollten wir über diese Frage nicht glaube ich.) vergessen, dass wir insgesamt doch eine sehr er- freuliche Entwicklung gerade in der Thüringer Wirt- Ziel unserer Förderpolitik muss es deswegen auch schaft haben. Ich möchte hier noch einige wenige sein, Investorenanfragen in jeder erdenklichen Hin- Schlagzeilen der Pressemitteilung des Landesamtes sicht zu unterstützen und nicht hinzugehen und für Statistik vortragen, die Ihr Minister auch noch beispielsweise MDC oder N 3 zu sagen, ihr wollt in- nicht genannt hat. Wir hatten 2004 ein reales Brutto- vestieren, dann aber nur hier und nicht dort. Oder 1486 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 stellen Sie sich vor, es gibt in unserem Land Bür- Aber was spräche eigentlich gegen eine Förderung, germeister, VG-Vorsitzende und Landräte - übrigens die man dann auf das ganze Bundesgebiet bezieht, meist nicht Ihrer Couleur -, die auf Unternehmen statt nur auf die neuen Länder? In diesem Fall zugehen und denen erklären: Wir haben hier eine scheint es mir nur so, dass wir uns eigentlich - folgt hervorragende gewerbliche Infrastruktur, wir haben man Ihrer Wachstumstheorie von Leuchttürmen - nur Arbeitskräfte, wir machen euch ein Angebot, hier auf die Metropolregionen von München, Hamburg zu investieren. Das passiert etwa in einer Region wie und Frankfurt konzentrieren dürften. In diesem Fall Hildburghausen, Sonneberg, dann bis zum Grabfeld wird doch ganz deutlich, dass die Förderung dann oder Kölleda. Wenn die es dann geschafft haben, ein unter dem Grundsatz stünde, der Teufel macht nur Unternehmen zu überzeugen, dass es die Investi- auf den größten Haufen. Zwangsläufig kommen wir tionsentscheidung zugunsten der Region trifft, dann damit zu der Frage, kommen Sie und erklären denen mal bitte, dass Sie diese Region nicht als Wachstumsregion und die (Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Was Branche nicht als Branchenschwerpunkt für Thürin- war mit dem Teufel?) gen festgesetzt haben. Nein, meine Damen und Her- ren von der SPD, Sie und auch Sie, Herr Matschie, ob die einzelbetriebliche und infrastrukturelle För- befinden sich auf dem Holzweg. derung aus GA-Mitteln nicht obsolet geworden wäre.

(Heiterkeit bei der SPD) Ja, es wäre gut, wenn Sie nicht nur schön daher- reden, sondern auch zuhören könnten. (Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Was reden Sie denn da für einen Unsinn?) (Heiterkeit bei der SPD)

Wir wollen Entwicklungen und Investitionen im (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wer redet ganzen Land und gerade auch in benachteiligten denn schön daher?) Regionen unterstützen. Mit Ihrer Konzeption hin- gegen scheinen Sie den Charakter der GA als dem Ich befürchte, das ist letztlich auch des Pudels Kern, wichtigsten Förderinstrumentarium schlechthin ins- nämlich dass Sie mit der Umsetzung Ihrer Pla- gesamt zu verkennen, denn die Mittel der GA die- nungsziele erreichen wollen, dass der Bund aus der nen sowohl dem Ausgleich als auch dem Wachs- Verantwortung für die neuen Länder entlassen wird tumsziel, indem Wachstum eben in benachteiligten und wir am Ende überhaupt keine wirtschaftliche Regionen erreicht wird. Die Förderung soll ein An- Förderung mehr hätten. Im Übrigen, wenn wir uns reiz sein, dort zu investieren, wo ein Unternehmen noch mal Ihr Beispiel anschauen, was Sie jetzt beispielsweise alle produktionsrelevanten Faktoren vielleicht noch hochhalten würden, auf das Schild vorfindet, aber einer Investitionsentscheidung erhöhte setzen würden, nämlich Brandenburg, die derzeit Transaktionskosten und höhere kapitale Nutzungs- ja eine Ausrichtung nach sektoralen und Branchen- kosten entgegenstehen. Ja, hören Sie ruhig gut zu. gesichtspunkten betreiben. Schauen wir es uns an, dann werden Sie feststellen, dass die Identifikation (Heiterkeit bei der SPD) von 17 Branchenkompetenzfeldern in 23 regionalen Wachstumskernen und 58 Branchenschwerpunk- Mit anderen Worten, die Mittel der Gemeinschafts- torten nach einem Paradoxon vorgenommen wer- aufgabe sind ein Nachteilsausgleich. Mir scheint, den wird, und zwar folgendem: Wir fördern die diesen Charakter der Wirtschaftsförderung haben Starken, ohne die Schwachen zu vernachlässigen. Sie nicht hinreichend berücksichtigt, sondern gehen Eine solche Wirtschaftspolitik, meine Damen und eher davon aus, die GA sei ein staatliches Planungs- Herren, die Ihnen wohl auch hier vorschwebt, die instrument, mit dem man die Wirtschaft lenken könne. ist weder praktikabel, noch wird sie erfolgreich sein. Wenn wir Ihren Gedanken der Beschränkung auf Wir brauchen hingegen eine aktive Förderung, die Wachstumskerne in der einzelbetrieblichen Förde- am wirtschaftlichen Bedarf und den haushalts- rung übrigens konsequent zu Ende denken wollten, mäßigen Möglichkeiten orientiert ist. Dass wir hier dann müsste man in einem ersten Schritt - unter- unsere Hausaufgaben gemacht haben, das hat stellt wir würden Wachstumsbranchen und Region unser Wirtschaftsminister bereits dargelegt und die überhaupt definieren können - sich nur auf die Entwicklung der Thüringer Wirtschaft der letzten Wachstumskerne in den neuen Ländern konzentrie- Jahre belegt dies auch. Doch wir brauchen vor allem ren und nicht allein auf die in unserem Freistaat. in Deutschland insgesamt bessere Rahmenbedin- Dann wäre aber zweifelsohne nur noch eine För- gungen für die Wirtschaft. Eine einseitige Förderung derung der Wirtschaftsräume um Berlin, und von Wachstumskernen und Clustern, wie Sie sie hier vielleicht auch noch Jena möglich, denn diese Sied- fordern, oder überflüssige Knebel, wie Ihr kulturre- lungszentren der neuen Länder stehen auch jetzt volutionäres Antidiskriminierungsgesetz im Bund, schon als Leuchttürme wirtschaftlicher Ballung da. führen uns eher in eine Sackgasse als auf die Über- Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1487 holspur. Vielen Dank, meine Damen und Herren. Jetzt, kleiner mathematischer Nachhilfeunterricht: 188 Mio. KDEHLFKGLHVHV-DKU]XU9HUIJXQJ Eine (Beifall bei der CDU) Reduzierung um 25 Prozent sind 47 Mio. GDVLVW mehr als meine Globale Minderausgabe. Was Vizepräsidentin Dr. Klaubert: haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?

Seitens der Abgeordneten liegen mir keine Rede- (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Für Ihre anmeldungen mehr vor und für die Landesregie- Globale Minderausgabe können wir doch rung hat sich Minister Reinholz noch einmal zu nichts.) Wort gemeldet. Frau Leukefeld, was ich mir gedacht habe, ich freue Reinholz, Minister für Wirtschaft, Technologie mich richtig, dass Sie meine eigenen Argumente und Arbeit: verwenden. Mein eigenes Argument war ja immer: Jena strahlt nicht über den Kyffhäuser in den ehe- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und maligen Landkreis Artern bis nach Artern aus. Und Herren, ich will es in Anbetracht der fortgeschritte- was Sie zu der Aussage gesagt haben: Ich hätte nen Zeit kurz machen, gesagt, wir brauchen keine Veränderungen in der Wirtschaftspolitik. Ich zitiere mich jetzt noch mal (Beifall bei der SPD) selber, letzter Absatz meiner Rede: "Mir ist schon klar, dass ein solcher Ansatz der kontinuierlichen aber zwei Dinge muss man einfach noch mal ge- Weiterentwicklung (der Wirtschaftsförderung) weniger rade rücken. Herr Dr. Schubert, wenn Sie da von der spektakulär ist, als ein mit großem Getöse vorge- I-Zulage sprechen, sind wir 1 : 1 beieinander. Aber ich stelltes neues Konzept." Wenn Sie zukunftsfähige erinnere mal daran, dass die I-Zulage eigentlich am Konzepte fordern, dann will ich Ihnen sagen, die hat 31.12.2004 auslaufen sollte die Thüringer Landesregierung.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Eigent- (Beifall bei der CDU) lich!) Das Thüringen-Kapital ist die einzige Förderung im und nur auf massives Drängen der ostdeutschen Eigenkapital in dieser Form in ganz Deutschland - Ministerpräsidenten, vorrangig des Ministerpräsi- einmalig und wird einmalig angenommen. Wir sind denten des Freistaats Thüringen, momentan dabei, darüber nachzudenken, den Wert nach oben zu vergrößern, weil der Bedarf da ist, (Unruhe bei der SPD) und nach unten zu gehen auf diese 10.000 XP auf die Mikrodarlehen zu kommen. Das Konzept haben hat sich der Bundeskanzler überhaupt bereit er- wir schon eine ganze Weile. Und ich will noch eins klärt, das zu verlängern. sagen: Der neu einzuführende PET-Fonds - Privat Equity Thüringen - wird 90 Mio.  EHLQKDOWHQ 6LH (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wer ist haben es ja selbst im Haushalt mit beschlossen - denn das?) ach nein, Sie nicht, das hätten Sie aber an der Stelle wirklich tun sollen. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben es doch durchaus in der Hand, überzeugen Sie (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Es war ja Ihren Kanzler doch, dass er ab morgen verlängert nicht einzeln zu machen.) bis 2008/2010, Ja, gut, aber ich sehe, Sie sehen das richtig. Ich (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Danke, will Ihnen nur mal einen Vergleich machen. Thüringen Dieter.) hat 2,4 Mio. Einwohner, dafür stellen wir einen PET- Fonds von 90 Mio. ]XU9HUIJXQJ1RUGrhein-West- da sind wir sofort dabei. Und noch eins, Herr falen plant etwas Ähnliches, Nordrhein-Westfalen hat Dr. Schubert: Ihr Rechenbeispiel war schon Spitze, 14,5 Mio. Einwohner und wird 70 Mio. KLQHLQWXQ Ihr Rechenbeispiel zu sagen, wir reduzieren den Also, Sie können wirklich nicht davon sprechen, dass Landesanteil an der GA-Förderung um 25 Prozent in Anbetracht der Tatsache, dass uns allen bewusst auf 25 Prozent bei gleich bleibender Größe des ist, dass verlorene Zuschüsse, dass die einzelbe- Bundesanteils. triebliche Förderung weniger werden wird, uns nicht andere Konzepte am Herzen liegen und uns auch (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das habe vorschweben und die wir auch in die Realisierung ich auch gerechnet.) führen werden. 1488 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

Abschließend, meine Damen und Herren, und das richte ich ganz besonders an die Kollegen von der SPD: Die beste Wirtschaftsförderung für Deutsch- land wäre der Rücktritt von Rotgrün. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da wird es ja noch schlechter!)

Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Gibt es jetzt noch weitere Redewünsche? Das ist nicht der Fall, damit kann ich die Aussprache schlie- ßen. Ich stelle fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist; dem wird auch nicht widersprochen. Damit kann ich den Tagesordnungspunkt 12 schließen.

Seitens der SPD-Fraktion ist so seit einer halben Stunde eine sehr große Unruhe drin, wobei ich gar nicht so richtig weiß, woran diese liegt. Ich möchte wenigstens noch bekannt geben, dass wir uns heute um 20.00 Uhr zum parlamentarischen Abend des VdK Hessen-Thüringen treffen, dass die nächsten Plenarsitzungstage

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Deshalb ist ja so eine Unruhe!)

- ausdrücklich für Sie, Herr Höhn - am 21. und 22. April 2005 stattfinden, dass wir uns über eine längere Zeit nicht sehen. Dazwischen liegt die Osterzeit. Ich wünsche Ihnen einige Tage der Erholung, ein frohes Osterfest und ich will natürlich ausdrücklich dazu sagen, auch viele Schmunzelhasen. Ich schließe damit die heutige Plenarsitzung. Auf Wie- dersehen.

E n d e d e r S i t z u n g: 19.56 Uhr Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005 1489

Anlage

Namentliche Abstimmung in der 14. Sitzung am 17.03.2005 zum Tagesordnungspunkt 1 a und b a) Thüringer Gesetz zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/53 - b) Zweites Thüringer Gesetz zur Neuorgani- sation des Kataster- und Vermessungswesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/530 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/702 - hier: Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/744 -

1. Althaus, Dieter (CDU) nein 40. Krapp, Dr. Michael (CDU) nein 2. Bärwolff, Matthias (PDS) Enthaltung 41. Krause, Dr. Peter (CDU) nein 3. Bausewein, Andreas (SPD) ja 42. Krauße, Horst (CDU) nein 4. Becker, Dagmar (SPD) ja 43. Kretschmer, Thomas (CDU) 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 44. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 6. Berninger, Sabine (PDS) Enthaltung 45. Künast, Dagmar (SPD) ja 7. Blechschmidt, André (PDS) Enthaltung 46. Kummer, Tilo (PDS) Enthaltung 8. Buse, Werner (PDS) Enthaltung 47. Kuschel, Frank (PDS) Enthaltung 9. Carius, Christian (CDU) nein 48. Lehmann, Annette (CDU) nein 10. Diezel, Birgit (CDU) nein 49. Lemke, Benno (PDS) Enthaltung 11. Doht, Sabine (SPD) ja 50. Leukefeld, Ina (PDS) Enthaltung 12. Döring, Hans-Jürgen (SPD) ja 51. Lieberknecht, Christine (CDU) nein 13. Ehrlich-Strathausen, Antje (SPD) ja 52. Matschie, Christoph (SPD) ja 14. Emde, Volker (CDU) nein 53. Mohring, Mike (CDU) nein 15. Enders, Petra (PDS) Enthaltung 54. Naumann, Kersten (PDS) Enthaltung 16. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 55. Nothnagel, Maik (PDS) Enthaltung 17. Fuchs, Dr. Ruth (PDS) Enthaltung 56. Ohl, Eckhard (SPD) 18. Gentzel, Heiko (SPD) ja 57. Panse, Michael (CDU) nein 19. Gerstenberger, Michael (PDS) 58. Pelke, Birgit (SPD) ja 20. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 59. Pidde, Dr. Werner (SPD) ja 21. Grob, Manfred (CDU) nein 60. Pilger, Walter (SPD) 22. Groß, Evelin (CDU) nein 61. Primas, Egon (CDU) nein 23. Grüner, Günter (CDU) nein 62. Ramelow, Bodo (PDS) Enthaltung 24. Gumprecht, Christian (CDU) nein 63. Reimann, Michaele (PDS) 25. Günther, Gerhard (CDU) nein 64. Reinholz, Jürgen (CDU) nein 26. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) Enthaltung 65. Rose, Wieland (CDU) nein 27. Hauboldt, Ralf (PDS) Enthaltung 66. Scheringer-Wright, Dr. 28. Hausold, Dieter (PDS) Enthaltung Johanna (PDS) Enthaltung 29. Hennig, Susanne (PDS) Enthaltung 67. Schipanski, Prof. Dr.-Ing. habil. 30. Heym, Michael (CDU) nein Dagmar (CDU) nein 31. Höhn, Uwe (SPD) ja 68. Schröter, Fritz (CDU) nein 32. Holbe, Gudrun (CDU) nein 69. Schubert, Dr. Hartmut (SPD) ja 33. Huster, Mike (PDS) Enthaltung 70. Schugens, Gottfried (CDU) nein 34. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 71. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 35. Jung, Margit (PDS) 72. Sedlacik, Heidrun (PDS) Enthaltung 36. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) Enthaltung 73. Seela, Reyk (CDU) nein 37. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) Enthaltung 74. Skibbe, Diana (PDS) Enthaltung 38. Köckert, Christian (CDU) 75. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 39. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 76. Stauch, Harald (CDU) nein 1490 Thüringer Landtag - 4. Wahlperiode - 14. Sitzung, 17. März 2005

77. Stauche, Carola (CDU) nein 78. Tasch, Christina (CDU) nein 79. Taubert, Heike (SPD) ja 80. Thierbach, Tamara (PDS) Enthaltung 81. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 82. Walsmann, Marion (CDU) nein 83. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 84. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 85. Wolf, Katja (PDS) Enthaltung 86. Worm, Henry (CDU) nein 87. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein