B R O A D W A Y I N D R E S D E N R E V U E · M U S I C A L · O P E R E T T E · P E R F O R M A N C E MATERIALMAPPE FÜR DEN UNTERRICHT

MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL Libretto von ALFRED GRÜNWALD und FRITZ LÖHNER-BEDA nach ALFRED SAVOIR | Musik von „MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL“

Lustspiel-Operette in zwei Akten mit einem Vor- und Nachspiel

Libretto von ALFRED GRÜNWALD und FRITZ LÖHNER-BEDA | nach ALFRED SAVOIR | Musik von PAUL ABRAHAM | semiszenische Aufführung

REDAKTION UND LAYOUT Marie-Claire Nickel

FOTOS Pawel Sosnowski

BROADWAY IN DRESDEN

Kraftwerk Mitte 1 | 01067 Dresden | [email protected] | www.staatsoperette.de [email protected] | 0351 32042 508

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Lesematerial 1.1 Autoren und Komponist 1.1.1 Biografie und Werksverzeichnis Paul Abraham S. 5 - 6 1.1.2 Biografie und Werksverzeichnis Alfred Grünwald S. 7 - 8 1.1.3 Biografie und Werksverzeichnis Fritz Löhner-Beda S. 09 - 10 1.1.4 Biografie und Werksverzeichnis Alfred Savoir S. 11 - 12

1.2 Das Werk 1.2.1 Inhaltsangabe S. 14 1.2.2 gesellschaftshistorische Einordnung S. 15 1.2.2.1 Zeitstrahl S. 15 - 17 1.2.2.2 die Weimarer Republik im Überblick S. 17 - 18 1.2.2 Rollen S. 19 - 20 1.2.3 Beziehungen S. 21

1.3 Die Inszenierung 1.3.1 Genreerklärung: Lustspiel S. 23 - 24 1.3.2 Aufführungsart: Semi-Szenisch S. 25 1.3.3 Inszenierungseindrücke S. 26 - 27 1.3.4 Regiestil S. 28

1.4 Faktencheck S. 30 1.4.1 Team Besetzung Aufführungsdaten 1.4.2 Themenüberblick für den Unterricht S. 31 1.4.2 Glossar S. 32

2. Zur Vorbereitung 2.1 Status! S. 34 2.1.1 Begriffserklärung S. 34 2.1.2 Statusspiele 2.1.2.1 Königlicher Statuswechsel S. 35 2.1.2.2 Statuskette S. 35 - 36 2.1.2.3 Statusraten S. 36 2.1.2.4 Körperstatus S. 36 2.1.2.5 König S. 37 2.3 Rollen-Raum-Lauf S. 37 2.3.1 Rollenkarten S. 38 - 39 2.3.2 Kostümprobe S. 39

3. Zur Nachbereitung 3.1 Beobachtungsgruppen S. 41 3.2 Beziehungen S. 41 3.3 Gute Frage S. 42 3.4 Lieblingsmoment S. 42 3.5 Zitatequiz S. 42 3.5.1 Zitate S. 43 3.5.2 Arbeitsblatt S. 44 - 46 3.5.3 Auflösung S. 47

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1. LESEMATERIAL

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1.1 AUTOREN UND KOMPONIST

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1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.1 BIOGRAFIE PAUL ABRAHAM1 (UNGARISCH – DEUTSCHER KOMPONIST)

Paul Abraham wurde am 2. November 1892 als Sohn des jüdischen Kaufmanns Jakab Abraham und dessen Frau Flora Blau geboren und wuchs in einer donauschwäbischen, deutschsprachigen Gemeinde in Apatin, damals noch Ungarn, auf. Von 1910 bis 1916 studierte er in unter Victor von Herzgfeld an der Königlichen – Ungarischen Musikakademie Komposition. Dort entstanden erste Werke, unter anderem die ungarische Serenade, ein Cellokonzert und ein Streichquartett. Anfang 1924 haben ihn jedoch, wie Abraham schilderte, „verwegene Bankgeschäfte“ als Bankrotteur mit unbekanntem Strafmaß, ins Gefängnis gebracht. Nach der Entlassung arbeitete Abraham als Jazzkellern in kleine Ensemble und dirigierte in Cafés. 1927 begann er an dem Budapester Operettentheater als Kammermeister zu arbeiten. Vor Ort komponierte er sein erstes eigenes Musiktheaterstück „Der Gatte des Fräuleins“ und vier Lieder für eine weitere Operette. In Deutschland wurde Abraham 1929/30 mit dem Lied „Bin kein Hauptmann, bin kein großes Tier…“ bekannt, welches er dem ersten UFA – Tonfilm „Melodie des Herzens“ beisteuerte. Willy Firtsch sang damals den Song in dem ersten deutschen komplett vertonten Spielfilm. Zu Beginn der 1930er Jahre siedelte er nach Berlin um und wurde zu einem der gefragtesten Komponisten seiner Zeit. In Zusammenarbeit mit den Librettisten Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda schuf er einige der erfolgreichsten musikalischen Bühnenstücke in Europa. Durch seine modernen Kompositionen, welche er mit jazzigen Rhythmen kombinierte, galt er als Erneuerer des in die Jahre gekommenen Genres Operette. Neben der Arbeit an Bühnenwerken, steuerte er auch Musik zu zahlreiche Filmproduktionen in Deutschland und in das europäische Ausland bei. Seine Karriere endete 1933 durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten. Zwar gelang es Abraham noch, die Operetten „Märchen im Grand-Hotel“, „Dschainah“ und „Roxy und ihr Wunderteam“ in Österreich herauszubringen, danach musste er aber aufgrund faschistischer Umtriebe Budapest zeitnah verlassen. Ohne seine Ehefrau flüchtete Abraham nach , über Kuba bis nach New York, wo er aber, wie viele seiner geflüchteten Kollegen, nicht mehr Fuß fassen konnte. 1946 fand man ihn geistesverwirrt auf der Madison Avenue den Straßenverkehr dirigieren. Von dort aus wurde er in das Bellevue Hospital in Manhattan und danach mnin das Creedmoor Psychiatric Center auf Long Island gebracht. Abraham war an syphilitischer Meningoenzephalitis (Syphilis) erkrankt. Eine sexuell übertragbare Krankheit, welche schwere Schädigungen des Gehirns zu Folge hat. Mit Hilfe einer Initiative, die von Walter Anatole Persich gegründeten Paul – Abraham – Komitees in Hamburg, konnte Abraham zurück nach Deutschland reisen. Hier lebte er vier Jahre mit seiner ihm nachgereisten Frau zusammen, bevor er am 6. Mai 1960 in Hamburg aufgrund einer schweren Krebserkrankung starb. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Ohlsdorf.

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Abraham#Biographische_Arbeiten | https://www.operetten- lexikon.info/?menu=98&lang=1 | https://de.wikipedia.org/wiki/Melodie_des_Herzens Stand 08.2020 5

1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.1 WERKSVERZEICHNIS – PAUL ABRAHAM2 (AUSZUG)

Werk Jahr Art Mitwirkende 1930 Operette Imre Földes, Imre Harmath

Die Blume von Hawaii 1931 Operette Alfred Grünwald, Fritz Löhner - Beda

Ball im Savoy 1932 Operette Alfred Grünwald, Fritz Löhner - Beda

Märchen im Grand - Hotel 1934 Lustspieloperette Alfred Grünwald, Fritz Löhner - Beda

Dschainah, das Mädchen aus 1935 Operette Alfred Grünwald, Fritz dem Tanzhaus Löhner - Beda

Roxy und ihr Wunderteam 1937 Operette Alfred Grünwald, Hans Weigel

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Abraham#Werke_(Auswahl) | https://www.musikundbuehne.de/nc/stuecksuche/detail/werk/zeigen/roxy-und-ihr-wunderteam.html | http://www.radioswissclassic.ch/de/musikdatenbank/musiker/792603f9db4011f8f83c51b126729abdb7f6a/biogra phy?app=true (08.2020) 6

1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.2 BIOGRAFIE ALFRED GRÜNWALD3 (LIBRETTIST)

Alfred Grünwald wurde am 16. Februar 1884 in Wien als Sohn von Moritz Grünwald, einem Hutfabrikanten und seiner Frau Emma Grünwald geboren. Diese waren aus Budapest zugewandert. Er besuchte das Realgymnasium. Bereits während seiner Schulzeit begann er erste Kritiken zu schreiben. Nach seinem Schulabschluss arbeitete er in einem Pelzhaus und betätigte sich als Komparse und Chorsänger. Neben seiner Arbeit als Theaterkritiker für das Neue Wiener Journal schrieb er schon damals Bühnensketche und Einakter im Stil der französischen Farcen der 1890er Jahre. Alfred Grünwalds Arbeit ist stark verknüpft mit Julius Brammer, mit welchem er 1909 seine jahrzehntelange Zusammenarbeit startete. Sie gründeten die Firma „Brammer-Grünwald“ und schrieben die Textbücher für zahlreiche Operetten. Darunter Werke von („Bruder Leichtsinn“ 19174), („Der lachende Ehemann“ 19135), („Die Rose von Stambul“ 1916 6), Emmerich Kálmán („“ 19287) und . Alfred Grünwald war in dieser Zusammenarbeit meist für die Gesangstexte und Julius Brammer für die Handlungsidee und die Dialoge zuständig. Ende der 1920er-Jahre trennten sich die Wege von Grünwald und Brammer. Doch mit Fritz Löhner—Beda fand Grünwald einen neuen kongenialen Partner, mit dem er zum Beispiel Libretti für die Operetten von Paul Abraham und schrieb. 1938 wird Alfred Grünwald als Jude von der Gestapo verhaftet, doch bei einem Freigang nutzte Grünwald die Gelegenheit und flüchtete nach Paris. Über Lissabon und Casablanca emigrierte er mit seiner Familie in die USA. Dort konnte er leider nie wieder an die Erfolge vor der Flucht anknüpfen. Er verstarb am 25. Februar 1953 in New York.

3 www.wikipedia.org/wiki/Alfred_Grünwald | www.operetten-lexkon.info/?menu=295&lang=1 | www.wikipedia.org/wiki/Leo_Ascher | www.wikipedia.org/wiki/Edmund_Eysler | www.operetten- lexikon.inof/?menu=252&lang=1 | https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Herzogin_von_Chicago | https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Rose_von_Stambul (08.2020) www.wikipedia.org/wiki/Leo_Ascher www.wikipedia.org/wiki/Edmund_Eysler www.operetten-lexikon.inof/?menu=252&lang=1 www.wikipedia.org/wiki/Die_Zirkusprinzessin

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1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 8 1.1.2 ALFRED GRÜNWALD - WERKSVERZEICHNIS (AUSZUG)

Werk Jahr Art Mitwirkende

Die Rose von Stambul 1916 Operette Julius Brammer, Leo Fall

Die Bajadere 1921 Operette Julius Brammer, Emmerich Kálmán

Die Perlen der Cleopatra 1923 Operette Julius Brammer, Oscar Straus

Gräfin Mariza 1924 Operette Julius Brammer, Emmerich Kálmán

Die Herzogin von Chicago 1928 Operette Julius Brammer, Emmerich Kálmán

Viktoria und ihr Husar 1930 Operette Fritz Löhner-Beda, Paul Abraham

Die Blume von Hawaii 1931 Operette Fritz Löhner-Beda, Paul Abraham

Ball im Savoy 1932 Operette Fritz Löhner-Beda, Paul Abraham

Eine Frau, die weiß, was sie will 1932 Operette Oscar Straus

Märchen im Grand-Hotel 1934 Operette Fritz Löhner-Beda, Paul Abraham

Polnische Hochzeit 1937 Operette Fritz Löhner-Beda, Joseph Beer

Roxy und ihr Wunderteam 1937 Operette Hans Weigel, Paul Abraham

8 www.de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Grünwald (08.2020) 8

1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.3 BIOGRAFIE FRITZ LÖHNER-BEDA9 (LIBRETTIST)

Fitz Löhner-Beda, welcher als Bedřich (tschechisch für Friedrich) Löwy am 24. Juni 1883 in Böhmen geboren wurde, fügte das Pseudonym BEDA seinem Namen hinzu und nannte sich Löhner- Beda. 1888 zog seine Familie nach Wien und änderte dort 1896 ihren ursprünglichen Namen von Löwy in Löhner. Am Wiener Gymnasium Kundmanngasse machte er seine Matura und studierte anschließend bis zur Promotion Rechtswissenschaften an der Wiener Universität. Ab 1908 arbeitete er in einer Anwaltskanzlei. 1910 wurde er freier Schriftsteller und verfasste zahlreiche Sketche, Gedichte, Schlagertexte und Satiren. Auch Texte für die Wiener Sonn- und Montags-Zeitung waren darunter. Doch sein eigentliches Interesse galt der Musik, Dichtung und dem Kabarett. Franz Lehár und Fritz Löhner-Beda trafen sich im Jahr 1913 und verfassten drei Jahre später zusammen das Operettenlibretto von „Der Sterngucker“. Kurz darauf wurde Löhner-Beda im Alter von 34 Jahren im Ersten Weltkrieg eingezogen. Er blieb allerdings zeitlebens Antimilitarist. Seinen großen „Durchbruch“ feierte er mit dem Operettenlibretto zu „Das Land des Lächelns“ (1929). Auch hier arbeitete er wieder mit Franz Lehár zusammen. In enger Zusammenarbeit mit Franz Lehár, Ludwig Herzer und dem Sänger schuf er die Operetten „Friederike“ (1928), „Schön ist die Welt“ (1930) und mit Paul Knepler und Franz Lehár „Giuditta“ (1934). Mit Alfred Grünwald und Paul Abraham entstanden „Viktoria und ihr Husar“ (1930), „Die Blume von Hawaii“ (1931) und „Ball im Savoy“ (1932). Gemeinsam mit Ludwig Herzer und Joseph Beer entstand zunächst die Operette „Der Prinz von Schiras“ (1934) und zusammen mit Alfred Grünwald und Joseph Beer „Polnische Hochzeit“ (1934). Löhner-Beda hatte drei Kinder: Der 1919 geborene Sohn Bruno aus der Beziehung mit Anni Strassmann und die Töchter Liselotte (1927) und Evamaria (1929) aus der Ehe mit Helene Jellinek. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich wurde Löhner-Beda verhaftet und mit dem ersten „Prominententransport“ am 1. April 1938 in das KZ Dachau gebracht. Am 24. September 1938 wurde er ins KZ Buchenwald deportiert. Dort musste er in der Strumpfstopferei arbeiten und ab September 1939 im Gärtnerei-Kommando. Im Lager beteiligte er sich an Kleinkunst-Aufführungen und verfasste zusammen mit dem ebenfalls verschleppten Komponisten Herman Leopoldi „Das Buchenwaldlied“10.

9 www.de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Löhner-Beda | www.wollheim-memorial.de/de/fritz_loehnerbeda_18831942 | www.felix-bloch-erben.de/index.php5/aid/1541/Action/showAuthor/fbe/534f12f577a873e9a260b49a1153ce4b/ | www.buchenwald.de/1233/ | Schwarberg, Günther: Dein ist mein ganzes Herz: die Geschichte von Fritz Löhner-Beda, der die schönsten Lieder der Welt schrieb und warum Hitler ihn ermorden ließ. Göttingen: Steidl 2000. Foto: Fritz Löhner-Beda, Von Karl Winkler (Fotograf aus Wien) (08.2020) 10 Anhang 1 „Das Buchenwaldlied“ 9

Am 17. Oktober 1942 wurde Fritz Löhner-Beda mit vielen weiteren Häftlingen zusammen nach Auschwitz deportiert, wo er bei dem Bau einer Buna-Fabrik Zwangsarbeit leisten musste. Hier schrieb er auch das „Buna-Lied“11. Bereits nach wenigen Wochen erschien Fritz Löhner-Beda dem Direktor nicht mehr „arbeitsfähig“ und wurde beim Morgenappell durch die Schläge und Tritte eines SS-Mannes so schwer verletzte, dass er am 4. Dezember 1942 in seiner Zelle verstarb.

1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.3 FRITZ LÖHNER-BEDA - WERKSVERZEICHNIS12 (AUSZUG)

Werk Jahr Art Mitwirkende

Das Land des Lächelns 1929 Operette Franz Lehár

Viktoria und ihr Husar 1930 Operette Alfred Grünwald, Paul Abraham

Die Blume von Hawaii 1931 Operette Alfred Grünwald, Paul Abraham

Ball im Savoy 1932 Operette Alfred Grünwald, Paul Abraham

Giuditta 1934 Operette Paul Knepler, Franz Lehár

Märchen im Grand-Hotel 1934 Operette Alfred Grünwald, Paul Abraham

Polnische Hochzeit 1937 Operette Alfred Grünwald, Joseph Beer

11 Anhang 2 „Buna-Lied“ 12 www.de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Löhner-Beda (08.2020) 10

1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.4 BIOGRAFIE ALFRED SAVOIR13

(DRAMATIKER)

Alfred Savoir14

Der französisch Komödien-Dramatiker mit jüdischer Herkunft wurde am 23. Januar 1883 in Polen geboren (damals im Russischen Reich). Er besuchte in Łódź (Polen) die öffentliche Mittelschule und studierte anschließend Jura an der Universität Montpellier. Nach seinem Abschluss zog er nach Paris. Unter dem Pseudonym Savoir veröffentlichte er als Dramatiker überwiegend französische Werke, welche hauptsächlich in Frankreich aber auch in Polen aufgeführt wurden. Seine Werke umfassten sarkastische Komödien und Varieté, aber auch einige ernste Stücke wie ein historisches Drama über Katharina die Große (La Petite Catherine). Das erste Werk, das aufgeführt wurde, war „Le troisième couvert“ (Das dritte Cover). Im ersten Weltkrieg diente er bei der französischen Luftwaffe und erhielt für seinen Mut sogar die Ehrenlegion. 1930 gründete ein Filmproduktionsstudio in St. Maurice zur Produktion aller europäischen Filme. Savoir trat die Nachfolge von Adolphe Osso als Produktionsleiter in französischer Sprache an. Die Drehbücher allerdings mussten von einem Komitee angehört und genehmigt werden. Alfred Grünwald und Fitz Löhner-Beda verfassten das Libretto von „Märchen im Grand-Hotel“ nach einer Vorlage von Alfred Savoir. Alfred Savoir starb am 26. Juni 1934 in Paris.

13 https://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_Savoir (08.2020) 14 https://en.wikipedia.org/w/index.php?curid=39660818 (08.2020) 11

1.1 AUTOREN UND KOMPONIST 1.1.4 ALFRED SAVOIR - WERKSVERZEICHNIS15

WERK JAHR MITWIRKENDE

Le Troisième Coupable 1906 Lugné-Poe (Der dritte Schuldige)

Le Baptême 1907 Fernand Nozière, Lugné-Poe (Die Taufe)

L'Épate 1913 André Picard

Madame 1914 Abel Hermant (Frau)

La Grande Duchesse et le garçon d'étage 1924 Charlotte Lysès (Die Großherzogin und der Stallknecht)

La Sonate à Kreutzer 1924 Fernand Nozière, Alfred Savoir (Die Kreutzer-Sonate)

Le Dompteur ou l'anglais tel qu'on le mange 1926 (Der Dompteur)

Les Deux Amis 1927 Lugné-Poe (Die beiden Freunde)

La Petite Catherine 1930 René Rocher (Kleine Katharina)

La Pâtissière du village ou Madeleine 1932

La Margrave 1932 Louis Jouvet (Der Markgraf)

La Voie lactée 1933 Harry Baur (Die Milchstraße)

15 https://www.wikiwand.com/en/Alfred_Savoir (08.2020) 12

1.2 DAS WERK

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1.2 DAS WERK 1.2.1 INHALTSANGABE

Vorspiel: Hollywood Filmproduzent Makintosh ist verzweifelt. Seine marode Firma Universal Star Pictures Ltd. braucht eine zündende Idee, aber „alles ist schon dagewesen“ und die Konkurrenz schläft nicht. Auftritt Marylou, seine Tochter, die mit einer ehrgeizigen Idee das Geschäft übernimmt: in einem französischen Luxushotel will sie die dort logierenden Vertreter des entmachteten europäischen Adels dazu bewegen, in einer Verfilmung ihrer privaten Dramen selbst als Hauptdarsteller aufzutreten.

1. Akt: Cannes Angekommen im Grand-Hotel, macht sich Marylou mit den Hotelgästen vertraut. Im Mittelpunkt steht die spanische Infantin Isabella, die in Begleitung ihres Verlobten, dem österreichischen Prinzen Andreas Stephan und ihrer Vertrauten, Gräfin Ramirez auf die Wiedererrichtung der spanischen Monarchie hofft. Marylou ist begeistert: vor allem vom Prinzen, den sie sogleich auf seine Filmtauglichkeit prüft. Isabella hat ebenfalls einen glühenden Verehrer: Zimmerkellner Albert, der eigentlich Sohn des Hotelbesitzers Monsieur Chamoix ist, aber inkognito in das Hotelfach eingeführt wird. Albert versucht, Isabellas Herz zu gewinnen, erntet als Bediensteter jedoch nur Spott. Um die Hotelrechnung begleichen zu können, beschließt Isabella in einer Krisensitzung, ihre Perlenkette zu verkaufen. Doch nicht nur das geliebte Erbstück stellt sich nach Prüfung eines Juweliers als wertlose Kopie heraus. Auch die Pressemeldung über die Wiedererrichtung des spanischen Hofs entpuppt sich als falsch und zerschlägt Isabellas Hoffnungen.

2. Akt Marylou hat sich, um ihren Recherchen unerkannt nachzugehen, als Stubenmädchen Mabel einstellen lassen. Auch für Albert, der sich mit „Mabel“ anfreundet, gibt es viel zu tun: die Infantin hat ihn als persönlichen Zimmerkellner engagiert und verlangt Tag und Nacht seine volle Aufmerksamkeit für ihre Capricen. Noch ahnt Albert nicht, dass seine Nähe in ihr heimliche Gefühle geweckt hat. Mabel schlägt vor, Isabella aus der Reserve zu locken und inszeniert einen Flirt an der Cocktail-Bar. Albert, der die Schikanen seiner Arbeitgeberin nicht mehr erträgt, gesteht Isabella, dass er kein Zimmerkellner, sondern ein schwerreicher Hotelerbe ist. Isabella jedoch kann nicht aus ihrer Haut und weist ihn unter dem Vorwand, sie könne keinen „Bürgerlichen“ heiraten, abermals ab.

Nachspiel: Hollywood Nach Alberts Liebesgeständnis hat Isabella den Plänen Marylous überraschend zugestimmt und ist in Hollywood als Filmdiva avanciert. Die Verlobung mit Prinz Andreas Stephan ist gelöst – sehr zur Freude Marylous, die somit den perfekten Partner gefunden hat – beruflich, wie privat. Der Film „Märchen im Grand-Hotel“ soll gedreht werden – doch einer fehlt in der Runde. Wird es ein Happy End geben?

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1.2 DAS WERK 1.2.2 GESELLSCHAFTSHISTORISCHE EINORDNUNG

Die Jahre 1919 – 1933 bezeichnet man in der deutschen Geschichte als „Weimarer Republik“, welche als erste dt. Demokratie gilt. Sie schließt sich direkt an das Ende des ersten Weltkriegs an und ist dadurch noch stark mit dessen Nachwirkungen verbunden. Die Weimarer Republik dauerte „nur“ 14 Jahre an, da sie mit andauernder Wirtschaftskriese, politischen Terror und dem mangelnden Vertrauen des deutschen Volkes in die Demokratie zu kämpfen hatte. Auf diese Zeit folgt der Aufstieg des Nationalsozialismus. Die Handlung vom „Märchen im Grand-Hotel“ spielt in den frühen 30er Jahren (1934) und ist damit eng mit dieser Zeit verbunden. Auch die Autoren und Komponisten des Werkes haben in dieser Zeit gelebt und sind somit unweigerlich durch diese Zeit geprägt. Nachfolgend finden Sie eine Auflistung der wichtigsten Ereignisse zu dieser Zeit. 1.2.2.1 ZEITSTRAHL16

OKTOBER 1829 Bau des ersten „Grand-Hotels“ (5 Sterne Hotel) [Tremont Hous in Boston mit 170 Zimmern & Speisesaal)

JANUAR 1883 Geburt von Alfred Savoir in Polen

JUNI 1883 Geburt von Fritz Löhner-Beda in Böhmen

FEBRUAR 1884 Geburt von Alfred Grünwald in Wien

NOVEMBER 1892 Geburt von Paul Abraham Ungarn (heutiges Serbien)

1896 Fritz Löhner-Beda ändert seinen Nachnamen von Löwy in Löhner

1913 Zusammentreffen von Franz Lehár & Fritz Löhner-Beda

1918 Gründung der Weimarer Republik (letzte Wochen des 1. Weltkriegs)

16 https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/etablierung-der-ns-herrschaft/roehm-putsch.html | https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Abraham | https://de.wikipedia.org/wiki/Weimarer_Republik | https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik | https://www.planet- wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/weimarer_republik/index.html | https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlamentarismus/weimar | https://klexikon.zum.de/wiki/Weimarer_Republik (08.2020) 15

NOVEMBER 1918 Novemberrevolution Matrosen in Wilhelmshaven und Kiel proben den Aufstand Die Bewegung erreicht Berlin 10.November: Kaiser geht ins Exil 11. November: Unterzeichnung des Waffenstillstands

JANUAR 1919 Bildung „Rat der Volksbeauftragten“; Wahl zur Nationalversammlung, in Deutschland finden freie Wahlen statt

1921 Alliierten Kommission legt Entschädigungsleistungen fest

1924 Gefängnisaufenthalt von Paul Abraham

1926 Deutschland wird in den Völkerbund aufgenommen

1929 Operettendurchbruch von Fritz Löhner-Beda mit „Das Land des Lächelns“

1930 Alfred Savoir tritt Nachfolge von Adolphe Osso als Produktionsleiter der Paramount Pictures an

1932 NSDAP wird stärkste politische Kraft

1933 Hitler wird zum Reichskanzler ernannt

1933 Die Karriere von Paul Abraham wird durch das NS-Regime beendet; Abraham flieht nach Österreich

JANUAR 1934 Deutsch-polnischer Nichtangriffspakt

JUNI 1934 „Röhm-Putsch“; Hitler lässt die gesamte SA-Führung durch SS-Einheiten liquidieren

JULI 1934 Ermordung des österreichischen Kanzlers Dollfuß durch einen Putsch der Nationalsozialisten

1934 Hier spielt die Handlung von „Märchen im Grand-Hotel“

AUGUST 1934 Tod des Reichspräsidenten Hindenburg Hitler übernimmt das Amt des Reichspräsidenten und ernennt sich zum „Führer & Reichskanzler“

1938 Verhaftung von Alfred Grünwald durch die Gestapo Abraham flieht nach dem „Anschluss“ Österreichs über Paris und Kuba nach New York

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APRIL 1938 Verhaftung von Fritz Löhner-Beda und Deportation durch den ersten „Prominententransport“ ins KZ Dachau; SEPTEMBER 1938: Deportation ins KZ Buchenwald (Buchenwaldlied)

OKTOBER 1942 Deportation von Fritz Löhner-Beda ins KZ Auschwitz (Budalied); DEZEMBER 1942 verstarb er an seinen schweren Verletzungen im Lager

JUNI 1943 Alfred Savoir stirbt in Paris

1946 Paul Abraham wird verwirrt in der Madison Avenue gefunden, wo er versucht, den Straßenverkehr zu dirigieren

FEBRUAR 1953 Alfred Grünwald stirbt in New York

1956 Rückführung Paul Abrahams durch das gegründete Paul – Abraham – Komitee nach Deutschland

MAI 1960 Paul Abraham stirbt im Kreise der Familie in Hamburg an Krebs

1.2.2.1 DIE WEIMARER REPUBLIK IM ÜBERBLICK17

1918/19 - Gründung der Weimarer Republik/ 1. dt. Demokratie - Die vorherrschenden Innen- & Außenpolitischen Konstellationen sowie das Kräfteverhältnis nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland begünstigen die Gründung.

NOVEMBERREVOLUTION 1918 - im Herbst 1918 war der Erste Weltkrieg für das Deutsche Kaiserreich verloren - am 3. November 1918 verweigerten sich Kieler Matrosen einem Angriffsbefehl, welcher eine landesweite Revolution auslöst - am 9. November verkündet Max von Baden die Abdankung von Kaiser Wilhelm II.; die Republik wird noch am gleichen Tag ausgerufen

KRISENJAHRE 1919 – 1923 - durch die harten Friedensbedingungen des Versailler Vertrags wurde die junge Republik stark gefordert - mehrere Putschversuche sowohl von Links als auch Rechtsextremen fanden statt; der „Spartakusaufstand“ im Januar 1919 wurde sogar blutig niedergeschlagen - 1923 führen unter anderem die nicht mehr zahlbaren Reparationen zu einer Hyperinflation

17 https://www.geschichte-abitur.de/weimarer-republik, 10.2020 17

AUSSENPOLITIK - Die Außenpolitik von Gustav Stresemann zielt auf Aussöhnung und Verständigung hin, nachdem Deutschland nach dem Versailler Vertrag international isoliert war - 1924 erzielte er eine Einigung über die Reparationszahlungen - 1925 erkennt Deutschland die Westgrenze als unverletzlich an - 1926 Deutschland wird in den Völkerbund aufgenommen und wird zu einem gleichberechtigten Partner in der europäischen Staatengemeinschaft

ENDE DER WEIMARER REPUBLIK - die Weltwirtschaftskrise 1929 leitet die Endphase der Weimarer Republik ein - seit dem Bruch der Großen Koalition 1930 findet sich keine regierungsfähige Mehrheit - Reichspräsident Hindenburg nutzt sein Notverordnungsrecht und ließ sogenannte Präsidialkabinette regieren - die NSDAP erzielt, begünstigt durch die Massenarbeitslosigkeit, große Wahlerfolge - 1932 wird die NSDAP zur stärksten politischen Kraft - am 30. Januar 1933 wird Hitler zum Reichskanzler ernannt; damit beginnt der Aufstieg des Nationalsozialismus

WARUM SCHEITERTE DIE WEIMARER REPUBLIK?

(Fabio Schwabe, 2020)18

„Der verlorene Weltkrieg, der Versailler Vertrag und die Wirtschaftskrise führten zur dauerhaften Instabilität. Die Republik wurde von links- und rechtsextremen Putschversuchen bedroht. Hinzu kam, dass selbst Reichswehr, Polizei und Justiz antidemokratisch und republikfeindlich eingestellt waren. Durch das in der Verfassung verankerte Notverordnungsrecht konnten die Grundrechte relativ leicht ausgesetzt werden. Die seit 1930 regierenden Präsidialkabinette unterlagen nicht mehr dem Vertrauen des Reichstags. Die politische Krise verhalf der NSDAP zu beträchtlichen Wahlerfolgen. Die von der Propaganda verbreitete Dolchstoßlegende fiel auf fruchtbaren Boden und beschleunigte das Scheitern der Weimarer Republik.“

18 https://www.geschichte-abitur.de/weimarer-republik, 10.2020 18

1.2 DAS WERK 1.2.2 ROLLEN

ZIMMERKELLNER ALBERT Seine Rolle: Albert, der Zimmerkellner und der Erzähler Alter: Völlig zeitlos Herkunft: Offiziell natürlich Frankreich! Warum ist er im Hotel: Für die Arbeit. Und, um die Hochzeit zwischen der wundervollen Isabella und dem schmierigen Andreas Stephan zu verhindern! Er mag: Ihre königliche Hoheit (Isabella), Lyrik und Seidenpyjamas.

INFANTIN ISABELLA Ihre Rolle: Infantin Isabella, Anwärterin auf den spanischen Thron Alter: Das verrät eine Dame nicht Herkunft: Warum ist sie im Hotel: Sie wartet dort in Begleitung ihres Verlobten, Prinz Andreas Stephan, auf die Wiedererrichtung der Monarchie Sie mag: Etikette, diskrete Kellner, ihre geerbte Perlenkette

PRINZ ANDREAS STEPHAN VON ÖSTERREICH Seine Rolle: Prinz Andreas Stephan Alter: frische 32 Jahre Herkunft: Er ist in Wien dahoam Warum ist er im Hotel: Er ist die ständige Begleitung seiner Verlobten, Infantin Isabella. Und die internationale Gesellschaft ist auch ganz nett. Aber der Mokka ist leider keine Melange. Er mag: Tanzen und polierte Uniformknöpfe

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MARYLOU MAKINTOSH Ihre Rolle: Marylou Makintosh, eine aufstrebende Filmproduzentin und Tochter von Sam Makintosh Alter: Irgendwas um Mitte 20, who cares? Herkunft: Los Angeles Warum ist sie im Hotel: Um dem eruopäischen Adel auf den Zahn zu fühlen und Material für ihren Film zu sammeln! Sie mag: Cocktails und Prinzenuniformen

SAM MAKINTOSH Seine Rolle: Sam Makintosh, Direktor von Universal Star Pictures Ltd. Alter: 45, gefühlt 78! Herkunft: L. A. Warum ist er im Hotel: Ich bin gar nicht im Hotel (für Urlaub habe ich keine Zeit), sondern verzweifle auf der Suche nach dem Stoff des Jahrhunderts! Er mag: Zigarren und gute Drehbücher

HOTELBESITZER Seine Rolle: M. Chamoix – Hotelbesitzer, eine Gräfin und der Hausmeister Alter: Variabel Herkunft: Paris! oder doch der spanische Süden? Warum ist er im Hotel: Ich bin für das Grand-Hotel, meine Gäste und meine Angestellten wie ein Vater und trotzdem das Mädchen für alles… Er mag: Meinen besten Kellner Albert sowie vertrauliche Gespräche

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1.2 DAS WERK 1.2.3 BEZIEHUNGEN19

CONFERENCIER

- Erzähler - Überblickt das gesamte Geschehen - Albert und Conferencier sind die HOTEL- gleiche Person BESITZER CHAMOIX

verliebt INFANTIN ALBERT ISABELLA persönlicher Zimmerkellner

Interesse aneinander PRINZ ANDREAS STEPHAN lieben das Tanzen MARYLOU V. ÖSTERREICH

SAM MAKINTOSH

TOMMY

19 Auflösung für die Nachbereitungsübung unter 3.2 „Beziehungen“ DAVIS 21

1.3 DIE INSZENIERUNG

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1.3 DIE INSZENIERUNG 1.3.1 GENREERKLÄRUNG: LUSTSPIEL20

Unter dem Begriff Lustspiel versteht man ein dramatisches Werk. Im deutschsprachigem Raum wird es oft aus dem Griechischen mit Komödie übersetzt. Seit des 18. Jahrhunderts bezeichnet man die deutschsprachige Komödie als ein Lustspiel. Die Komödie wiederum definiert sich durch bürgerliche Figuren und eine feine Komik, bei der die realistische Handlung im Vordergrund steht. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Lustspiel „Minna von Barnhelm“ des Dichters Gotthold Ephraim Lessing. Im Gegensatz dazu steht zum Beispiel die Operette oder die Oper, welche oft in fiktiven Welten spielen oder „unmenschliche“ Charaktere ins Zentrum ihrer Handlungen stellen. August Wilhelm Schlegel sah allerdings in seiner Vorlesung über dramatische Kunst und Literatur einen Unterschied zwischen der Komödie und dem Lustspiel. Denn laut seinen Ansichten spielt die Komödie in einer phantastischen Welt, während das Lustspiel in einer wahrscheinlichen Welt angesiedelt war. Daher pochten deutschsprachige Theoretiker wie Otto Rommel, immer wieder darauf einen Unterschied zwischen Komödie und Lustspiel aufzuzeigen. Zu den gröberen Gattungen des komödiantischen Theaters, welche mit dem Lustspiel verwandt sind, zählen die Formen Posse und Schwank. Die Posse ist hierbei ein Bühnenstück, welches auf ulkige Zufälle, Übertreibungen und Verwechslungen aufgebaut ist. Hingegen ist ein Schwank eine volksnahe Erzählung, in der sich zumeist zwei Personen über lustige oder triviale Dinge austauschen. 1759 charakterisierte Gotthold Ephraim Lessing die deutschsprachige Komödie: „Unsere Lustspiele bestanden in Verkleidungen und Zaubereien; und Prügeleien waren die witzigsten Einfälle derselben.“ Verschiedene Autoren versuchen daraufhin, diese „lustige Figur“ differenzierter zu zeichnen. Johann Elias Schlegel zum Beispiel versuchte den Figuren das Groteske zu nehmen und sie in Situationen des bürgerlichen Alltags zu zeigen. Eines der bekanntesten aus dieser Tradition hervorgehenden Lustspiele ist „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist. Ebenfalls wird das Lustspiel seit der französischen Revolution eng mit der Überwindung der Ständeklausel und der Emanzipation des Bürgertums in Zusammenhang gebracht. Der Statuskampf und die Unüberwindbarkeit zwischen den verschiedenen dargestellten Gesellschaftsschichten ist auch in der Inszenierung „Märchen im Grand-Hotel“ das zentrale Leitmotiv einiger Charaktere. Heute ist bekannt, dass der Witz der Komödie aus der Komik hervorgeht und das Lustspiel vornehmlich auf Humor basiert. Mit der Komik ist hierbei das pointierte Spielen, also das Unerwartete, mit den Wertvorstellungen des Publikums oder das Verändern von bekannten Proportionen, wie bspw. Kleidung, gemeint. Daher wirkt die Komödie so lustig, weil sie Dinge ins lächerliche zieht. Menschen werden übertrieben dargestellt oder begeben sich in komische Situationen. Der Humor beim Lustspiel weist stattdessen eine distanzierte Haltung zum gezeigten Thema auf, wo das Geschehene auf der Bühne belächelt wird. Bspw. eine Verstrickung der Protagonisten. Somit wirkt das Lustspiel insofern lustig, da der Zuschauer um die Verstrickungen des Protagonisten weiß und erheitert von seinen menschlichen Trieben und seines Übermutes ist. Allerdings wird hier keine lustige Figur, sondern eine mit individuellem Charakter gespielt.21

20 https://de.wikipedia.org/wiki/Lustspiel#Das_deutsche_b%C3%BCrgerliche_Lustspiel | https://wortwuchs.net/lustspiel/ | https://de.wikipedia.org/wiki/Posse | https://de.wikipedia.org/wiki/Schwank 08.2020

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1.3 DIE INSZENIERUNG 1.3.2 AUFFÜHRUNGSART: SEMI-SZENISCH22

Im Theater und im Besonderen im Musiktheater gibt es unterschiedlichste Aufführungsarten. Im Schauspiel ist es meist eine Frage der Regie. So entscheidet das Regieteam, welche Art von Aufführung für die jeweilige Inszenierung, aber auch für das Haus in Frage kommt. Dies entscheidet meist schon die Theaterleitung, bevor sie einen Regieauftrag vergibt. Im Musiktheater hängt die Aufführungsart nicht alleine von Personellen Entscheidungen ab. Manchmal bedingt es die Form des Werkes. Unter diese Kategorie fallen zum Beispiel alle Musiktitel die nicht im Rahme einer Handlung geschrieben wurden. Als Konzerte. Ein Konzert zeichnet aus, dass es ohne szenische Darstellung vorgeführt wird. Das Orchester, sowie der Dirigent ist gut sichtbar für das Publikum auf der Bühne positioniert. Bei reinen Orchesterkonzerten gibt es keine weiteren Akteure. Wenn man von einer konzertanten Aufführung spricht, bezeichnet das eine spezielle unterform des Konzertes. Hier wird ein Musiktheaterwerk in Form eines Konzerts auf der Bühne gespielt. Es gibt kein Bühnenbild und auch keine Kostüme. Meist sind die Solist*innen in Abendgarderobe gekleidet und manchmal ist ein Konzertzimmer aufgebaut. Das sind zu meist einfarbige Wände die um das Orchester herum aufgebaut werden um einen geschlossenen Raum zu imitieren. Manchmal hat das Konzertzimmer auch einen Klangverbessernde Funktion. Inhaltlich werden die Handlungen der gespielten Werke meist gekürzt oder in abgeänderter Form (kürzer oder nicht im vollen Umfang) aufgeführt. Die Darsteller*innen spielen meist nur angedeutet und ohne große Bewegungsabläufe oder gar Choreografien. Eine semi-szenische Aufführung unterscheidet sich vom einer konzertanten Aufführung in Hinsicht auf Kostüm, Bühnenbild und Darstellung. Auch bei dieser Aufführungsform ist das Orchester zumeist auf der Bühne oder zumindest im sichtbaren Bereich des Orchestergrabens. Auch der Dirigent spielt eine wichtige Rolle bei solchen Aufführungen, da er durch seine Sichtbarkeit auf der Bühne häufig ins spielgeschehen eingebunden wird. So auch bei unserer Inszenierung von „Märchen im Grand-Hotel“. Das Bühnenbild unterscheidet sich von einer regulären Inszenierung lediglich im Umfang. Meist wird ein kleinerer Teil der Bühne bespielt und dementsprechend ist die Ausstattung im Umfang angepasst. In der Umsetzung an der Staatsoperette Dresden ziert ein wundervoll bemalter Prospekt den Hintergrund und bildet das Grand-Hotel ab, wie es sich die Regisseurin Conny Poppe vorstellt. Auch der Requisiteneinsatz ist dezidiert. Bei einer semi-szenischen Aufführung spielen die Darsteller wie in einer regulären Vorstellung, lediglich der Umfang des Werkes ist verringert bzw. gekürzt. Auch sind die Sänger*innen in Kostüm und Maske.

22 Quelle: Marie-Claire Nickel, Dresden, 2020 24