Rudolf Wimmer 1849 - 1915
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FLORIAN TAITSCH Der Kaisermaler Rudolf Wimmer 1849 - 1915 4 Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand unter Betreuung von Prof. Dr. Goßbert Schüß- ler, dem an dieser Stelle mein herzlicher Dank gilt. Ebenso möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Augustyn bedanken, der vor allem in der Schlussphase des Projektes wertvol- ler Impulsgeber war. Die Bearbeitung einer Thematik, bei der sich der Forschungsstand gewissermaßen in einem hundertjährigen Schlaf befindet, ist eine ebenso reizvolle wie schwierige Aufga- be. Durch indirekte Anregung von Herrn Dr. Exner vom Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege entstand jedoch nach einer ersten Sichtung schnell ein intensives Inte- resse an der Person und dem Werk des in seiner Heimat unter dem Titel Kaisermaler bekannten Rudolf Wimmer. Der Mangel an Zeitzeugen sowie eine äußerst spärliche Datenlage erforderten für das Auffinden jedes einzelnen Werkes detektivische Arbeit. Nur wenige der erhaltenen Werke Rudolf Wimmers befinden sich heute in offiziellen, katalogisierten Sammlungen. Die Mehrzahl ist in Besitz privater Sammler oder aber der unmittelbaren Nachfahren der Auftraggeber. Oftmals wurden aber gerade dort freundlichst viele Türen geöffnet und Unterstützung zu Teil, wo man es am wenigsten erwarten durfte. Den vielen privaten Besitzern sei dafür an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Ebenso dem Haus Hohenzollern, das in Person ihres Kunstberaters Herrn Ulrich Feldhahn dem Projekt aufgeschlossen und hilfsbereit gegenüberstand. 5 6 Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 Einleitung 8 Das Künstlerumfeld in München 1850-1915 10 "Der Kaisermaler" – Rudolf Wimmer 29 Rudolf Wimmer – Die Gemälde 106 Großbürger und Adel – Königshaus und Kaiser 109 Genre und Stillleben 155 Zum Ruhme der Wissenschaft – Bilder um Fraunhofer 181 Experiment und Familienalbum – Werke aus dem engsten Umkreis 203 Wimmer als Landschafter 225 Bilder der Dankbarkeit – Sakrale Werke Rudolf Wimmers 241 "Hofkunst" unter Wilhelm II. – Ein Vergleich 248 Porträtgemälde Wilhelms II. 270 Anhang 292 Literaturverzeichnis 339 Bildnachweis 349 7 Einleitung „Jede Epoche wählt aus der Schatzkammer der Vergangenheit für ihre Herzensbe- dürfnisse das aus, worin sie ihr eigenes Wesen sieht und sargt das ein, worin sie die- se Verwandtschaft nicht findet.“1 Im Jahr 2015 jährt sich die "Stunde Null" des Vergessens zum hundertsten Mal. Am 28. November 1915 verstarb Rudolf Wimmer, Hofmaler Kaiser Wilhelms II., vertrauter Maler der bayerischen Wittelsbacher und Porträtist zahlreicher Adels- und Bürgerfamili- en Europas im Alter von 66 Jahren in München. Seitdem geriet die Person, die zu Lebzei- ten das höchstmögliche Renommé in der deutschen Auftragskunst erlangte – nämlich die Gunst sowohl des deutschen Kaisers als auch des bayerischen Regenten – kontinuierlich in Vergessenheit. Nur wenig wurde bisher über den Maler Rudolf Wimmer geschrieben. Zu Beginn meiner Recherchearbeit schien es fast, als kannten ihn nur noch die älteren Einwohner seines Geburtsortes Gottsdorf bei Obernzell vom Hörensagen. In der einschlägigen Literatur ist selten bis nichts über das Werk, geschweige denn über das Leben des einstmals bekann- ten und geschätzten Hofmalers Kaiser Wilhelms II. zu lesen, der engste Verbindungen zum Hause Wittelsbach besaß und zu seiner Zeit in München als renommierter Porträt- maler anerkannt war. Sowohl das Allgemeine Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart als auch die Überblicksliteratur zur Münchner Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts wie Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst oder die Standart- werke von Heidi Ebertshäuser und Horst Ludwig gehen über die standardisierten Text- bausteine und die Erwähnung Wimmers als Porträtist und Genremaler nicht hinaus. Be- merkenswert ist ebenfalls, dass Rudolf Wimmer auch in den zahlreichen Veröffentli- chungen der letzten Jahre zur bildenden Kunst unter Kaiser Wilhelm II. negiert wird und dies, obwohl er vor allem in den ersten Jahren der Regentschaft das offizielle Bild des Kaisers wie kein anderer Maler prägte. 1 Muther, Richard: Geschichte der deutschen Malerei im 19. Jahrhundert, München 1893, S. 437. 8 Wie Erich Muther 1893 bemerkt, wurde stets die Erinnerung an jene Maler „eingesargt“, die nicht mehr ins Bild, das sich nachfolgende Generationen von der Epoche erwarteten, passten. Oder aber mit den Worten von Sibylle Einholz zu sprechen: "Auch Kunstge- schichte wird von Siegern geschrieben."2 Zu viele strahlende Malerhelden und -fürsten schien die Gründerzeit hervorgebracht zu haben, als dass die Kunstgeschichte bisher in Erwägung gezogen hätte, in den Viten der- jeniger zu forschen, welche die Basis Münchens als Kunststadt bildeten, aber aus man- nigfachen Gründen ihrem zu Lebzeiten erstklassigem Ruf in der Kunstgeschichte der Jetzt-Zeit nicht ansatzweise gerecht werden. Gerade für die zweite Hälfte des 19. Jahr- hunderts scheint es, als habe sich nur die Erinnerung an jene Künstler erhalten, die das Wagnersche Modell des Gesamtkunstwerks gleichsam von der Bühne auf ihr gesamtes Leben übertrugen. Der Fall – und das im doppelten Sinne – Rudolf Wimmer zeigt dies deutlich. Als offiziel- ler Maler des Kaisers, der bayerischen Regenten und der Münchner gehobenen Gesell- schaft sind heute zumeist nicht mehr als die Eckdaten seines Lebens bekannt. Die vorliegende Arbeit soll diesen Status verändern. Sie will auf wissenschaftlicher Basis den Namen Rudolf Wimmer mit Leben erfüllen und das Werk des Malers zugänglich machen, ohne dabei ins Pathos eines folkloristischen Heimatbuches abzudriften. Das Le- ben, die Lebensumstände, die Person Rudolf Wimmer im privaten und beruflichen Um- feld und vor allem das künstlerische Schaffen des Malers sind Bestandteil dieser Arbeit. Erstmals wurden in umfangreichen Maße Nachlässe aus Wimmers Umfeld ausgewertet. Außerdem bestand Zugriff auf mehrere private Sammlungen, die es nun erstmals ermög- lichen der Porträt- und Genrekunst Wimmers Aspekte seiner Tätigkeit als Landschafter und Maler religiöser Motive hinzuzufügen. Diese Dissertation soll den Forschungsgegenstand Rudolf Wimmer auf einen Stand brin- gen, der es zukünftigen wissenschaftlichen Untersuchungen ermöglicht, den Maler und sein Werk vollwertig in den Mikrokosmos der Münchner Malerei des 19. Jahrhunderts mit einzubeziehen. 2 Einholz, Sibylle: Reinhold Begas und sein Kreis. Schüler und Weggefährten, in: Esther Sophia Sünderhauf (Hrsg.): Begas. Monumente für das Kaiserreich. Eine Ausstellung zum 100. Todestag von Reinhold Begas (1831-1911), Berlin 2010, S. 170. 9 Das Künstlerumfeld in München 1850-1915 Das Künstlerumfeld in München 1850 - 1915 „Das Wort Berlin wirkt auf die Nerven wie ein Trompetenstoss, Dresden erweckt Märchenträume, aber wenn der Name der bayerischen Hauptstadt genannt wird, leuchten die Augen auf."1 "Hier herrscht die Künstlerschaft fast wie ein Staat im Staa- te.“2 Hauptstadt der Kunst – Deutsches Rom – Isar-Athen3 Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte München als die unangefochtene Haupt- stadt des deutschen Kunstbetriebs. Vor allem durch das Protektorat der bayerischen Krone entwickelte sich in der Königsstadt eine künstlerische Blüte ersten Ranges. Bereits Ludwig I., König in Bayern (1825-1848, gest. 1868), hatte während seiner Regent- schaft München neuen künstlerischen Glanz eingehaucht. Mit der Förderung der 1808 ge- gründeten Akademie der bildenden Künste, den zahlreichen öffentlichen Aufträgen zur Demonstration der wittelsbachischen Hausmacht und den weitreichenden Expansionsplä- nen für seine Residenzstadt legte der Philhellene den Grundstein für die goldene Zeit Mün- chens als deutsche Kunsthauptstadt der Gründerzeit. Architekten wie, Leo von Klenze, August von Voit, Karl von Fischer, Friedrich Gärtner, die Brüder Thiersch und andere gaben München mit ihren Schöpfungen ein neues, moder- nes Antlitz. Dazu steigerten die großen Museen mit ihren wertvollen, seit der Regentschaft 1 Lichtwark, Alfred: Deutsche Königsstädte. Berlin-Potsdam-Dresden-München-Stuttgart, 2. Auflage, Berlin 1912, S. 109. 2 Mylarch, Elisabeth: Akademiekritik und moderne Kunstbewegung in Deutschland um 1900. Zum Ver- ständnis der ideengeschichtlichen, kulturideologischen und kunstmarktpolitischen Implikationen des Kunst- urteils über moderne Malerei in den Kunst- und Kulturzeitschriften Gesellschaft, Kunstwart und Freie Bühne, Frankfurt am Main 1994, S. 200. 3 Die Bezeichnung "Deutsches Rom" trug München seit dem 16. Jahrhundert. Allgemeine Verbreitung fand der Beiname durch einen Kirchenführer für die sakralbauten Münchens des Jesuitenpaters Anton Crammer ab 1776. "Isar-Athen" wurde für München ab dem 19. Jahrhundert als Titel gebräuchlich. Zum genauen bedeutungsgeschichtlichen Kontext beider Beinamen und dessen Entwicklung vgl. Lehmbruch, Hans: "Isar- Athen" – Zur Geschichte und Bedeutung eines Epitheton ornans, S. 23-36, in: Christian Fuhrmeister/Birgit Joos (Hrsg.), Isar/Athen. Griechische Künstler in München – Deutsche Künstler in Griechenland, München 2008. 10 Das Künstlerumfeld in München 1850-1915 Ludwigs frei zugänglichen Sammlungen4, der gute Ruf der Akademie und die reizvolle Landschaft des Münchner Umlandes die Attraktivität für auswärtige Kunstschaffende. Ohne Zweifel war München in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die international meistbeachtete Kunstmetropole Deutschlands. Der Münchner Kunstmarkt mit seinen re- gelmäßigen internationalen Kunstausstellungen entwickelte sich kurzzeitig sogar zum um- satzstärksten Europas. Bei der Internationalen Münchner Kunstausstellung im Jahr 1888 wurde beispielsweise ein Rekorderlös von 1,05 Millionen Mark erzielt.5