Radio-Aktivität Kollektive Mit Sendungsbewusstsein
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RADIO-AKTIVITÄT KOLLEKTIVE MIT SENDUNGSBEWUSSTSEIN 18. Februar – 2 . Au!u"# 2$2$ EINF%HRUNG Die Ausstellung Radio-Aktivität betrachtet ausgehend von Bertolt Brechts Radiotheorie künstlerische und politische Kollektive, die eigene Organe und Kommunikationswege schufen. !s ist eine sehr schlechte "ache , sagte Brecht 1932 über den 'ustand des neuen (ediums Radio. (an hatte plötzlich die ()glichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen. 'ehn +ahre nach den ersten ),entlichen Radiosendungen war Brecht desillusioniert und schlug vor, den Rundfunk umzufunktionieren, von einem Distributions- in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln. Dieser sollte nicht nur aussenden, sondern auch empfangen, die 'uhörer_innen nicht nur zum /)ren bringen, sondern sie zu "precher_innen und 0roduzent_innen machen. "eine 1berlegungen zu einem Aufstand der /)rer formulierte Brecht genau zu der 'eit, als das Radio in Deutschland verstaatlicht und zunehmend als 0ropagandainstrument instrumentalisiert wurde. Ab dem !nde der #$23er +ahre wurde Brechts Radiotheorie heftig diskutiert. Der Grundgedanke seiner Kritik war weiterhin aktuell: 6er hat Deutungshoheit? 6er spricht und zu wem wird gesprochen? Die 8topie schrankenloser und herrschaftsfreier Kommunikation elektrisierte. Der 9okus der Ausstellung liegt auf 0ro:ekten der #$&3-30er und #$23-70er +ahre. <n dieser 'eit gründeten sich verschiedene Kollektive, deren 'iel es war, "prache und gesellschaftliche Bedingungen nicht als gegeben hinzunehmen, sondern sie neu zu denken und 9ormen antinationaler und internationaler Kommunikation zu scha,en. M'# A""()ia#'(* re+(lu#'(*-rer b',.e*.er K/*"#ler Deu#")0la*.s 1ARBKD23 T(4a"( B'*!a3 Ha*s Br'*54a*3 6a"04ere Ra.'( Ber,'*3 Be##7 Da*(*3 Isa Ge*85e*3 Gru99e S:UR3 Kur# G/*#0er3 W',0e,4 He'"e3 Ra,; &(4a**<Ma*uela U*+er.(rbe*3 I*"#'#u#e ;(r 6(49u#a#'(*a, Va*.a,'"43 =a)>ue,'*e .e =(*!3 Lab(ra#(r'( :3 Ka#r'* Ma7er3 Kar(,'* Meu*ier3 S#e90a*ie M/ller3 A*.rea Le"ja53 Kala" L'eb;rie.3 S#e;a*ie M/ller3 Ra.'( :a9e""e3 Ma@ Ra.ler3 Ke##7 La R())a3 Ru'*e M/*)0e*3 Ru.(,; S)0,')0#er3 Aul S(lar3 Kur# We'*0(,.3 A*.reas Be'"'*!3 H. :. B'44er3 L'*a B7lla :re""e5(*#a5#: C,au.'a Weber /< T +EF 8F 2 32$2$ /< pre""e-,e*ba)00au"G4ue*)0e*..e RADIO IN DER WEIMARER RE:UBLIK Radio ging hervor aus der !ntwicklung des 9unks, insbesondere als militärisches <nstrument, in Deutschland beherrscht von der 1903 als (onopolist gegründeten >elefunken-4esellschaft. ?ach dem !rsten 6eltkrieg gab es ein @/eerA Bualifizierter 9unker. Obwohl die technische ()glichkeit vorhanden war, @An Alle“ zu senden, fürchteten "taat und 6irtschaft die ?utzung durch Kräfte der ?ovemberrevolution 1918 und die Arbeiterbewegung. !rst der durch die !rmächtigungsgesetze von 1923 gestärkte "taatsapparat erlaubte den Durchbruch des Rundfunks zu einem (assenmedium. Am &$. Oktober 1923 wurde die erste staatlich kontrollierte Rundfunksendung in Deutschland vom EoF-/aus in Berlin ausgestrahlt: !in <nfanterieregiment spielte Deutschland, Deutschland über alles. Dann nahm die 9unk-"tunde AG ihren regulären "endebetrieb auf. Die neue Kommunikationsform traf auf ein gesellschaftliches Bedürfnis5 <nnerhalb eines +ahres gab es zehn "endestationen, wodurch fast das gesamte Reichsgebiet abgedeckt war. Das neue (edium war als nicht-kommerzieller 8nterhaltungsdienst geplant. <n ihren "elbstdarstellungen propagierten die (acher ?eutralität, sowohl parteipolitisch wie konfessionell. Eon Anfang an wurden das "taatsmonopol und die Deutungshoheit der „Kapitalistenklasse“ kritisiert. Die im /andel angebotenen Radio-Apparate waren teuer. Damit war Arbeiter_innen, Angestellten und Arbeitslosen die >eilnahme am neuen (edium erschwert. Abhilfe schuf der "elbstbau von !mpfangsgeräten. Arbeiter-Radio-Eereine bastelten gemeinsam Detektorenempfänger für das /)ren der OrtssenderG der bürgerliche 9unkverein widmete sich den auch entferntere "tationen empfangenden R)hrengeräten, für die hohe 4ebühren zu zahlen waren. Auf :eden 9all hielt das Radio rasch breiten !inzug in die private "phäre. !nde 1925 gab es über eine (illion registrierte /)rer_innen; trotz "enkung der Rundfunkgebühren im +ahr zuvor blieben noch immer unzählige ?utzer_innen unangemeldet. R)hrenempfänger konnten ohne groIen Aufwand in "endestationen umgebaut werden, was es allen technisch Eersierten erlaubte, ihre eigenen @0rivatsenderA zu bauen. !in ?otfunkgesetz unterband im +ahr 1924 diese „RadiopiraterieA, für den "endebetrieb war der !rwerb einer Kizenz vorgeschrieben. <nhalt wie 8mfang der Radioprogramme waren fortan der Kontrolle durch den "taat unterstellt. <nsbesondere die Arbeiter-Radio-Bewegung und die Kommunistische 0artei Deutschlands LKPDM formulierten eine (itbestimmungspolitik und ihren Anspruch auf eine demokratische Rundfunk-Alternative, letztendlich ohne !rfolg. Denn 1932 wurde von der neugewählten Regierung unter 9ranz von 0apen der Rundfunk zu 100 0rozent verstaatlicht, die Organisation zentralisiert und eine einheitliche Regelung durchgesetzt. ?ach Beginn der nationalsozialistischen /errschaft wurde die <nstrumentalisierung und Gleichschaltung des /)rfunks für propagandistische 'wecke weiter ausgebaut, unter anderem durch die Eerbreitung des preiswerten @EolksempfängerA-Geräts L1932 vier (illionen oNzielle /)rer, 1943 16 (illionen). :re""e5(*#a5#: C,au.'a Weber /< T +EF 8F 2 32$2$ /< pre""e-,e*ba)00au"G4ue*)0e*..e Kur# G/*#0er Gera 18F3 – S#a.#r(.a 1FHH Der Ra.'(*'"#3 192I S#aa#,')0e Mu"ee* zu Ber,'*3 Na#'(*a,!alerie Das Radio erhob durchaus Bildungsansprüche, neben 8nterhaltung, !rbauung und Belehrung der Gesamtbev)lkerung. Doch dominierte der !indruck der „leichten (use“, die von bestehenden (issständen und alltäglichen 0roblemen des modernen Kebens ablenken sollte. Die sozialdemokratische 'eitung Vorwärts kommentierte ironisch5 @Aber nun haben wir den Rundfunk, bleiben hübsch zu /ause und hören die angenehmsten und schönsten Dinge.A (it seinem „Radionisten“, auch „Kleinbürger am Radio“ genannt, zeigte Kurt Günther vermeintlich genau diese "ituation der Befriedung des "pieIers durch Radiokultur5 eine enge "tube mit Radiokasten, klemmendem Kopfhörer, Rotweinflasche, 'igarre, OpernteFtbuch. Eorbildhaft im "inne Brechts ist der Radiohörer immerhin durch seine aktive >eilnahme5 das (itlesen des Opernheftes. Eon (ax Radlers Radiohörer aus der Arbeiterklasse unterscheidet sich Günthers Radionist durch die eindeutig bürgerlichen Attribute. Die Darstellung des /)rers basiert auf einem auf den Rollstuhl angewiesenen ?achbarn Günthers, eine <nformation, die das Karikaturhafte der Darstellung wieder in 'weifel zieht5 9ür den an seine 6ohnung 4efesselten ),net das Radio tats=chlich ein 9enster zur 6elt. Kur# We'*0(,. Ber,'* 18FJ – 6a,K 1FJH Ma** 4'# Ra.'( 1&(4( Sa9ie*"23 192F :r'+a#"a44lu*! <n ihrer 9rühzeit waren Radioapparate nur für 6enige erschwinglich. 'u diesen geh)rt vermutlich der splitternackte Mann mit Radio in Kurt 6einholds Gemälde. 6einhold stellt den Rundfunk als 'eitvertreib für das gut situierte Bürgertum dar5 "ichtlich entspannt und eine 'igarre paffend, sitzt der Homo sapiens Lso der 8ntertitel) in seiner 6ohnung und lauscht. Die Kopfhörer sind an einen Detektorenempfänger angeschlossen. !in Berliner +urist aus 6einholds Bekanntenkreis saß (odell. ?icht nur Brecht, sondern auch die Autoren der damaligen Arbeiter-Radiozeitschriften betrachteten den 8nterhaltungsrundfunk, in dem Kochrezepte, Reiseberichte und 6iener 6alzer liefen, als Berieselung und politische Ruhigstellung, zugeschnitten auf die Bourgeoisie. Der Apparat wurde an-, die /)renden abgeschaltet. 6einhold selbst schlug nach dem 'weiten 6eltkrieg die Brücke von seinem Mann mit Radio zum ?ationalsozialismus5 „Das Radio als (ittel zur Eolksverdummung, wie es im Dritten Reich ausgiebig verwendet wurde. /irnaushöhlungsmaschine, 'wang, das eigene Denken auszuschalten.“ <n seiner Darstellung eines nackten Eerkabelten zielte der Künstler zudem auf den *eitgenössisch häuCg thematisierten 6iderspruch von >echnik und K)rper ab. :re""e5(*#a5#: C,au.'a Weber /< T +EF 8F 2 32$2$ /< pre""e-,e*ba)00au"G4ue*)0e*..e W',0e,4 &e'"e Wiesba.e* 18F2 – M/*)0e* 19JH Verb,/0e*.er Fr/0,'*! – Selb"#b',.*is als Ra.'(ba"#ler3 192J S#-.#'")0e Galerie '4 Le*ba)00au" u*. Ku*"#bau M/*)0e* Ohne menschliches Gegenüber arbeitet sich der Künstler durch ein Chaos an Gegenständen, das nicht nur (alutensilien und >opfpflanzen enthält, sondern auch Bauteile der damals neuesten >echnologie. Das Gewirr von Rädchen, "chrauben und Eerbindungsteilen scheint zu einer groIen 1berforderung zu führen. Der Kontakt zur AuIenwelt lässt sich nicht so einfach herstellen. 'unächst konnten sich nur 6ohlhabende die von der Reichs->elegrafen-Eerwaltung zugelassenen Geräte und die hohe Rundfunkgebühr leisten. Die groIe (asse der von der <nflation Betro,enen baute sich selbst !mpfänger und hörte „schwarz“. Radiobastler waren – im 4egensatz zu /eises vereinzelter 9igur – dabei oft in Klubs organisiert. "ie kamen zunächst ohne politische (otivation zusammen, um beim "elbstbau von einfachen Detektorenempfängern !rfahrungen auszutauschen. 1924 wurde die Radiogebühr auf zwei (ark heruntergesetzt Ldie Arbeiter-Radio- Bewegung forderte eine (arkM, viele meldeten ihre selbstgebauten Geräte nun an. Bereits 1926 wurde die erste (illion Radiogeräte registriert, die Anzahl stieg stetig. Der "iegeszug des 8nterhaltungsrundfunks begann. Ma@ Ra.ler Breslau 19$4 – M/*)0e* 1FI1 Der Ra.'(0Lrer3 1F $ S#-.#'")0e Galerie '4 Le*ba)00au" u*. Ku*"#bau M/*)0e* Die erste "endung für private Rundfunkempfänger wurde 1923 von Berlin ausgestrahlt.