STUDIEN zur Ostmitteleuropaforschung 28

Alexandra Schweiger

Polens Zukunft liegt im Osten

Polnische Ostkonzepte der späten Teilungszeit (1890-1918) Alexandra Schweiger, Polens Zukunft liegt im Osten – Polnische Ostkonzepte der späten Teilungszeit (1890-1918) STUDIEN ZUR OSTMITTELEUROPAFORSCHUNG

Herausgegeben vom Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft

28 Alexandra Schweiger Polens Zukunft liegt im Osten Polnische Ostkonzepte der späten Teilungszeit (1890-1918)

VERLAG HERDER-INSTITUT · MARBURG · 2014 Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über abrufbar

© 2014 by Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft, 35037 Marburg, Gisonenweg 5-7 Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten Satz: Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft, 35037 Marburg Druck: KN Digital Printforce GmbH, Ferdinand-Jühlke-Straße 7, 99095 Erfurt Umschlagbild: Tafel IX: Hauptkarte: Die Polen, Nebenkarte: Sprachen, in: EUGENIUSZ ROMER: Geografi czno-statystyczny atlas Polski, Warszawa – Kraków 1916 ISBN 978-3-87969-381-8 Inhalt

Danksagung ...... VII 1 Einleitung ...... 1 2 Die polnischen Ostgebiete ...... 19 3 Die Diskussion um das polnische Territorium ...... 26 4 Konzepte vom polnischen Osten ...... 54 4.1 Jan Ludwik Popławski – ohne Ostgebiete kein starkes Polen ...... 54 4.1.1 Nation statt Ethnos ...... 56 4.1.2 Polen ist ein organisches Ganzes ...... 59 4.1.3 Popławskis Bild der Ostgebiete...... 61 4.1.3.1 Die Ostgebiete sind polnisch ...... 61 4.1.3.2 Der Osten als Expansionsraum ...... 63 4.1.3.3 Die Ostgebiete als Ort des west-östlichen Zivilisationskampfes ...... 73 4.1.4 Popławskis Ostkonzept – Zusammenfassung ...... 76 4.2 Władysław Studnicki – ohne Ostgebiete kein überlebensfähiges Polen ...... 80 4.2.1 Studnickis Bild der Ostgebiete ...... 85 4.2.1.1 Ort des immerwährenden Kampfes gegen Russland 85 4.2.1.2 Eine natürliche, verteidigungsfähige Grenze im Osten ...... 89 4.2.1.3 Der Besitz der Ostgebiete ist polnisches Recht ...... 90 4.2.1.4 Die Ostgebiete als Kolonisationsraum ...... 96 4.2.2 Studnickis Ostkonzept – Zusammenfassung ...... 101 4.3 Eugeniusz Romer – ohne Ostgebiete kein natürliches Polen ...... 104 4.3.1 Das unsichtbare Ethnos ...... 108 4.3.2 Polen ist eine abgrenzbare, zusammenhängende Einheit ...... 114 4.3.3 Romers Bild der Ostgebiete ...... 124 4.3.3.1 Polens Drang nach Osten ...... 124 4.3.3.2 Ein Ostkonzept ohne Zivilisierungsmission ...... 127 4.3.4 Romers Ostkonzept – Zusammenfassung ...... 128 4.4 Oskar Halecki – ohne Ostgebiete keine polnische Staatsidee ...... 133 4.4.1 Das irrelevante Ethnos ...... 137 4.4.2 Haleckis Bild der Ostgebiete ...... 142 4.4.3 Der zivilisatorische Wert der „jagiellonischen Idee“ ...... 147

V 4.4.4 historia magistra rerum publicarum ...... 148 4.4.5 Haleckis Ostkonzept – Zusammenfassung ...... 150

5 Schluss ...... 157

6 Abstract ...... 173

7 Streszczenie ...... 179

8 Abkürzungen ...... 185

9 Quellen ...... 188 9.1 Zeitungen und Zeitschriften ...... 188 9.2 Monografi en, Sammelbände, Beiträge, Atlanten, Karten ...... 190

10 Literaturverzeichnis ...... 198 10.1 Nachschlagewerke ...... 198 10.2 Forschungsliteratur...... 198

11 Anhang ...... 241

12 Personenregister ...... 243

VI Danksagung

Dieses Buch ist eine leicht überarbeitete Fassung meiner im Oktober 2011 an der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg eingereichten und am 31. Januar 2012 verteidig- ten Dissertation. Sie entstand unter der Betreuung meines Doktorvaters, Prof. Michael G. Müller, dem ich herzlich danke: Er nahm mich als Doktorandin an, obwohl er mich zuvor nicht kannte, gewährte mir ein großes Maß an Freiheit und stand mir zugleich jederzeit mit ausführlichem Rat und wertvollen Anregungen zur Seite. Ich schätze be- sonders, dass er entgegen heutigen Tendenzen, aus Doktorarbeiten Lebensaufgaben zu machen, mich zur klaren Abgrenzung meiner Fragestellung und meines Quellenkor- pus ermutigte und nicht von mir verlangte, jeder Mode hinterherzulaufen. Außerdem danke ich Prof. Ralph Schattkowsky (Nikolaus-Kopernikus-Universität Thorn/Polen), der meine Arbeit zu Beginn mit wichtigen Denkanstößen beförderte und das zwei- te Gutachten übernahm. Hilfreiche Anregungen verdanke ich zudem meinen lieben ehemaligen Kolleginnen am Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung Dr. Heidi Hein-Kircher und Dr. Anna Veronika Wendland. Gerne danke ich auch Prof. Peter Haslinger, Direktor des Herder-Instituts, der es mir in der ersten Phase meiner Tätigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin durch fl exib le Gestaltung meiner Arbeitszeit ermöglichte, die Dissertation neben der Berufstätigkeit fertigzustellen. Kompetente Hilfe bei sprachlichen Herausforderungen des Polnischen gewährte mir stets meine Freundin Anna Helena Religa. Von ihr stammt auch die Übersetzung der Zusammenfassung ins Polnische am Ende dieser Arbeit. Dafür, dass sie sich den Mühen der Korrekturlesung unterzogen, danke ich meiner Freundin Bianca Goy und meinen Eltern, Birgit und Jürgen Haertel. Dem Verlag Herder-Institut und meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen im Verlag danke ich für das Lektorat und die Betreuung des Bandes. Für die Übernahme in die Reihe „Studien zur Ostmitteleuropaforschung“ danke ich dem wissenschaftlichen Beirat des Herder-Instituts. Ganz besonders dankbar bin ich der Konrad-Adenauer-Stiftung, ohne deren mate- rielle und ideelle Förderung sowohl während des Studiums als auch der Promotionszeit diese Arbeit sicher nicht entstanden wäre. Meine persönliche und berufl iche Entwick- lung haben besonders Dr. Kathrin Menzel und Dr. Rainer Täubrich mit großem Ver- trauen gefördert. Die wichtigste Unterstützung in der gesamten Promotionsphase aber war nicht wis- senschaftlicher, sondern privater Natur: So gilt mein größter Dank meinem Ehemann und meiner Familie.

Berlin, im Mai 2014 Alexandra Schweiger

VII

1 Einleitung

Im Jahr 2004 gab der Kluszczyński-Verlag in Krakau eine Encyklopedia Kresów (En- zyklopädie der kresy) heraus.1 Kresy – mit diesem Wort werden die ehemaligen Ostge- biete Polens bezeichnet, die heute zu Litauen, Weißrussland und der Ukraine gehören.2 Die Enzyklopädie beginnt mit einem Vorwort von Stanisław Lem3, in dem er unter dem Titel W krainie pamięci (Im Land der Erinnerung) Schlaglichter auf das Lemberg der Zwischenkriegszeit wirft. Vor dem inneren Auge des Lesers erscheinen in Weich- zeichnung der Ring mit Rathaus und Brunnen, Jesuitengarten und Stryjer Park oder der Łyczakowski-Friedhof. Lem schreibt von der „für immer verlorenen Stadt“4, als gebe es diese Orte heute nicht mehr. Auf das Lemberg nach 1945 geht er nicht ein, stattdes- sen schreibt er, es sei ein alter Traum von ihm, ein Miniatur-Diorama von Lemberg, wie es vor dem Zweiten Weltkrieg war, zu schaffen. Auch das Vorwort des Herausgebers spricht von einer „Welt, die es nicht mehr gibt“5, von „unverwechselbaren ‚gelobten Ländern‘“6, von einem „Schmelztiegel der Nationen, Rassen [sic!], Kulturen, in dem das polnische Element eine besondere, gewissermaßen elitäre Rolle spielte“7. Die Re- gion sei für die heutigen Polen von großer Bedeutung, wichtiger Bestandteil der natio- nalen Geschichte und der Topografi e des Vaterlandes (ojczysta topografi a). Ziel des als opulenter Bildband gestalteten Werkes sei es,

„die Erinnerung an die kresy zu wecken, zu vergegenwärtigen, welch wesentliche Rolle die östlichen Grenzgebiete der alten Republik in der Entwicklung unserer Kultur, in unserer politischen und nationalen Existenz spielten. […] Wir wollten nämlich die Stimmung der spezifi schen romantischen Buntheit (rozwichrzenie) vermitteln, deren polnische Variante nämlich aus den kresy stammt, und die sentimentale Gefühlsbetontheit (uczuciowość). Eine solche Erscheinung wie die kresy kann man nicht in die exakten Formeln sachlicher enzy-

1 BETLEJ. 2 Siehe zum Begriff und zu dem durch ihn bezeichneten Gebiet Kapitel 2. 3 Stanisław Lem (1921-2006) war ein polnischer Philosoph und weltbekannter Science-fi c- tion-Autor. Er stammte aus Lemberg und veröffentlichte seine Erinnerungen an Kindheit und Jugend in Lemberg in dem Buch Wysoki Zamek (Das hohe Schloss). 4 LEM, S. 5. 5 BETLEJ, S. 9. 6 Ebenda. 7 Ebenda, S. 10.

1 klopädischer Defi nitionen pressen, hier müssen Anekdoten, Erinnerungen, Empfi ndungen zu Wort kommen.“8

Der die ehemaligen Ostgebiete solchermaßen romantisierende und emotionalisierende Band erfreute sich auf dem polnischen Buchmarkt so großer Beliebtheit, dass er rasch ausverkauft war. Die Enzyklopädie ist Teil eines kresy-Schwerpunkts mit insgesamt zwölf Bänden im Programm des Verlags Kluszczyński, von denen elf vergriffen sind. Dieser Befund ist symptomatisch für das Interesse der Öffentlichkeit, aber auch für die Hinwendung der polnischen Publizistik zu den „verlorenen“ kresy seit der Wende 1989, von der eine Vielzahl populärwissenschaftlicher Bücher und Bildbände zeugen. Ein anderes Beispiel ist der Spielfi lm Ogniem i mieczem (Mit Feuer und Schwert) des international ausgezeichneten polnischen Regisseurs Jerzy Hoffman, der im Jahr 1999 große Erfolge feierte. Der Film erhielt zehn polnische Preise und lockte mit 7,15 Millionen mehr Zuschauer in die polnischen Kinos als jeder andere Film seit 1989.9 Neben der Kinoversion schuf Hoffman auch einen Vierteiler für das Fernsehen. Die Vorlage für den Film bildete der 1884 erstmals erschienene erste Teil einer Trilogie historischer Romane von Henryk Sienkiewicz (1846-1916), die in romantisierender und glorifi zierender Weise Ereignisse der polnischen Geschichte des 17. Jahrhunderts thematisieren.10 Die Handlung von Ogniem i mieczem spielt während des Aufstandes der Kosaken unter Bogdan Chmielnicki in der Ukraine, und das Buch, das noch heute Schullektüre in Polen ist, hat mit seiner Abenteuerromantik und den Bildern ruhm- reicher polnischer Vergangenheit als Großreich polnische Vorstellungen von den kresy maßgeblich geprägt.11 Das Aufl eben des Mythos von den kresy nach 1989 – nach über- wiegender Tabuisierung des Themas in der Volksrepublik12 – als die Hinwendung zu etwas ehemals Glorreichem, heute Verlorenem, dem aber zugeschrieben wird, es habe die polnische nationale Identität maßgeblich geprägt, scheint Ausdruck einer Identi- tätssuche in der dritten Republik zu sein, die Anknüpfungspunkte an die Vergangenheit sucht. So beobachtet Robert Traba

„Wandlungsprozesse des modernen Bewusstseins in Polen nach dem Jahre 1989. Ihre Merk- male sind die Rückbesinnung auf alte oder die Schaffung neuer Symbole, beziehungsweise kultureller Zeichen, die in beiden Fällen eine neue Gruppenidentität konstruieren.“13

8 Ebenda. 9 J. WRÓBLEWSKI. In der Gunst des Publikums wird er interessanterweise gefolgt von Andrzej Wajdas Verfi lmung von Adam Mickiewiczs Versepos Pan Tadeusz [Herr Tadeusz], das im selben Jahr über sechs Millionen Zuschauer in die polnischen Kinos zog, siehe ebenda. 10 Den zweiten und den dritten Band hatte Hoffman hatte bereits 1969 (Pan Wołodyjowski [Herr Wołodyjowski]) und 1974 (Potop [Die Sintfl ut]) verfi lmt. 11 KOLBUSZEWSKI, Kresy, S. 87 ff. 12 Zum Umgang mit den kresy in der Volksrepublik siehe KOCHANOWSKI, Paradoxe Erinnerun- gen. 13 TRABA, „Kresy“, S. 52.

2 Nach einem halben Jahrhundert erzwungener „Erinnerungslosig keit“14 konstatiert er eine „‚Explosion der Erinnerung‘ […] begleitet von dem Phänomen der Suche nach der sogenannten „neuen Identität“, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Entde- ckung der Multikulturalität der Region als eine Art Träger dieser Identität.“15 Dabei un- terscheidet er zwei Aspekte des Phänomens: Bei selbst aus den Ostgebieten stammen- den Zeitzeugen beobachtet er das Aufl eben eines Mythos des „verlorenen Paradieses“, dem er große Ähnlichkeit mit der Erinnerungskultur der deutschen Vertriebenen atte- stiert. Daneben erkennt er in der

„Generation der ‚Kinder‘ [, die m]it den Kresy entweder durch die Familiengeschichte oder durch die Klassiker der polnischen Literatur verbunden [sind,] ein natürliches Wissensdefi zit über Teile der vergessenen polnischen Kultur. Gerade Vertreter dieser Generation suchen jetzt das, was ich als ‚Ausgleichung der Erinnerung‘ (wyrównywanie pamięci) bezeichnen würde […, als] ein[en] Reaktionsprozess auf die Beschleunigung und die Veränderung: Die Sehnsucht nach Stetigkeit und Tradition erscheint daher natürlich. Dies in ein neues Phä- nomen, das über die einfache Konstruktion der nationalen Tradition im Verständnis des 19. Jahrhunderts hinausreicht. Es passt auch nicht zur Konstruktion der Erinnerung und des My- thos der Kresy der Generation der ‚Eltern‘.“16

Als Schöpfer eines dritten Bildes der kresy nennt er Jerzy Giedroyc17 und dessen Pariser Kultura, der die kresy „in ihrem ganzen nationalen, ethnischen und kulturellen Reichtum“18 annehme. Diesem Bild gesteht er zu, „weit von irgendeiner Sakrali sie- rung“19 entfernt zu sein und sich „auf die Realität“ zu beziehen.20 Ob der Begriff der Realität hier angemessen ist, sei dahingestellt, entscheidend ist aber der Befund, dass die kresy ein wichtiger polnischer Erinnerungsort geworden sind.21 Zum Teil dienen sie auch in der wissenschaftlichen Forschung als Projektionsfl ä che für romantische und positivistische, teils stark idealisierende Lesarten der „Republik beider Nationen“.22

14 Ebenda. 15 Ebenda, S. 52 f. 16 Ebenda, S. 54 f. 17 Jerzy Giedroyc (1906-2000) war ein polnischer Schriftsteller, Journalist und Politiker. Er stammte selbst aus den polnischen Ostgebieten, aus Minsk. Giedroyc gründete 1946 das Instytut Literacki (Literaturinstitut) in Rom, das 1947 nach Maisons-Laffi tte bei Paris verlegt wurde. Das Institut gab 1947 bis 2000 die Monatsschrift Kultura (Kultur) heraus, die als wichtigste Zeitschrift der polnischen Emigration nach dem Zweiten Weltkrieg gilt. Sie hatte großen Einfl uss auf das oppositionelle geistige Leben Polens. Die Autoren der Kultura setzten sich nachdrücklich für gute Beziehungen Polens zu Litauen, der Ukraine und Weißrussland ein. 1997 wurde Giedroyc für seine Verdienste um die polnisch-litauische Annäherung zum Ehrenbürger Litauens ernannt. Siehe WIADERNY. 18 Ebenda, S. 55. 19 Ebenda. 20 Ebenda. 21 KOCHANOWSKI, Paradoxien; HAHN/HEIN-KIRCHER. 22 WAPIŃSKI, Polska i małe; DERS., Polacy; DĄBKOWSKI; CHRZANOWSKI.

3 Die ehemaligen Ostgebiete Polens spielen also noch heute und gerade heute wie- der eine prominente Rolle in polnischen Diskussionen. Dabei werden Bilder von den kresy vermittelt, die weit ins 19. Jahrhundert, in die Romantik, zurückreichen, zu den Gedichten des patriotisch engagierten Dichters und Geografen Wincenty Pol23 (1807- 1872), dessen Werke die mit den kresy verbundenen Konnotationen in hohem Maße prägten, und zu Adam Mickiewiczs Versepos Pan Tadeusz, in dem er vom Pariser Exil aus seine litauische Heimat besang.24 Bis zum Ersten Weltkrieg und auch in der Zwi- schenkriegszeit, als die Ostgebiete „verloren“ waren25, spielten die kresy eine große Rol- le in der polnischen schönen Literatur, die ihre Landschaft geradezu mythologisierte.26 Bilder von den kresy, den polnischen Ostgebieten, sind Raumbilder – polnische Ost raumbilder. Sie begegnen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auch in politischen Diskussionen, und ebenso wie die Bilder, die die Literatur seit der Romantik schuf, wirken auch die politischen Bilder des polnischen Ostens und ihre Semantiken zum Teil bis heute fort. So schrieb Stanisław Lem im oben zitierten Vorwort auch, er sei der festen Überzeugung, „dass Stalin Lemberg und Ostgalizien der sowjetischen Herr- schaft unterwarf […], damit das sowjetische Territorium – so weit wie möglich nach Westen vorgeschoben – einen guten Brückenkopf für einen Angriff auf Westeuropa bilde“.27 Derartige militärstrategische und geopolitische Überlegungen in Bezug auf die Ostgebiete wurden in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt. Sie nutzten von der Belletristik verbreitete Bilder, um politische Ziele in den Diskussionen um Grenzen und Territorium des künftigen polnischen Staates zu verfolgen. Seit den Teilungen Polens Ende des 18. Jahrhunderts galten als Grenzen des wiederzuerrichtenden Staates selbstverständlich diejenigen von 1772, wie sie vor der ersten Teilung der polnisch-litauischen Republik verliefen. Doch Ende des 19. Jahrhun- derts war angesichts der Ethnisierung des Nationsbegriffes und konkurrierender Nati- onalbewegungen diese Gewissheit allmählich geschwunden. Die äußere Gestalt des künftigen Polens, sein „nationales Territorium“ schien verhandelbar geworden zu sein. In der Diskussion um das künftige Staatsgebiet, die in den 1890er Jahren begann und mit Kriegsbeginn unter dem Eindruck, dass die Wiedererlangung der staatlichen Un- abhängigkeit zum Greifen nah sei, deutlich aufl ebte, wurden verschiedene Raumbilder nicht nur von ganz Polen, sondern auch von einzelnen Teilen des ehemaligen Staates entworfen und wirksam. Eine herausragende Rolle spielten in diesem Zusammenhang Raumbilder von den polnischen Ostgebieten, von denen einige die Qualität regel-

23 Zu Wincenty Pol siehe Kapitel 2, S. 19 f. und Kapitel 4.3, S. 104. 24 Adam Mickiewicz (1798-1855) gilt als Nationaldichter Polens und als wichtigster Vertreter der polnischen Romantik. Das 1834 erschiene Versepos Pan Tadeusz czyli ostatni zajazd na Litwie (Herr Tadeusz oder Der letzte Einritt in Litauen) ist sein berühmtestes Werk und gilt als polnisches Nationalepos. 25 Weite Teile der Ukraine, Weißrusslands und Litauens, die 1772 zum polnisch-litauischen Staat gehört hatten, wurden nicht Teil der nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Zweiten polnischen Republik. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die polnische Ostgrenze noch weiter nach Westen verlegt, nun gehörten auch das Wilnaer und das Lemberger Gebiet nicht mehr zu Polen. 26 HADACZEK, Kresy; KOLBUSZEWSKI, Kresy; CZAPLEJEWICZ/KASPERSKI; ULIASZ. 27 LEM, S. 5.

4 rechter „Ostkonzepte“ erreichten. Ostkonzepte, weil sie mehr waren als die zahlreichen Äußerungen über den gewünschten Verlauf der Ostgrenze oder Einlassungen zu Mul- tiethnizität oder nationalen Auseinandersetzungen in den Ostgebieten. Sie basierten auf bestimmten Ostraumbildern, gingen aber inhaltlich weit über diese hinaus. Denn ein Bild vom polnischen Osten hatten alle Akteure, die sich an der Diskussion über das künftige Staatsgebiet beteiligten, wenn dieses Bild auch verschwommen, von Leere oder Bedeutungslosigkeit gekennzeichnet war. Wenn etwa Bolesław Wysłouch oder Czesław Jankowski den Besitz der Ostgebiete für verzichtbar oder gar für falsch hielten28, dann lag auch diesen Einschätzungen ein Ostraumbild zugrunde, dessen Be schaffenheit eben dazu führte, dass sie für ein Polen ohne Ostgebiete eintraten. Ostkonzepte hingegen hatten bestimmte Ostraumbilder zur Grundlage, waren aber um- fassende Vorstellungen von den Ostgebieten als essenziellem Bestandteil des polnischen nationalen Territoriums, die dadurch gekennzeichnet waren, den Ostgebieten einen für ganz Polen existenziellen Stellenwert beizumessen. In den Ostkonzepten erscheinen die Ostgebiete in gewisser Weise als ein Zentrum, wenn nicht gar als das Zentrum Polens, nicht im Sinne einer geografi sch zentral gelegenen Region oder eines wirtschaftlichen Zentrums, sondern in dem Sinne, dass sie ein identitätsbildender Schwerpunkt Polens seien oder gar die Essenz polnischer Staatlichkeit und polnischer Identität bärgen. Sie seien Zentrum Polens in dem Sinne, dass sie Eigenschaften besäßen, die ganz Polen charakterisierten, in gewissem Sinne seinen Wesenskern repräsentierten. Funktional waren sie darauf ausgerichtet, den Raumausschnitt „polnische Ostgebiete“ im zukünf- tigen polnischen Staat zu verorten, insofern waren sie in die Zukunft gerichtet und als Handlungsaufforderungen zu verstehen. Außerdem spielt eine große Rolle, mit welchen Konzepten von Polen als Ganzem die jeweiligen Ostkonzepte verbunden waren, weil es maßgeblich von den Interessen, die mit Hilfe von Raumbildern verfolgt werden, abhängt, anhand welcher Merkmale bestimmte Räume konstruiert werden. Wie in anderen nationalen Identitätsdiskursen so wurde auch im polnischen Identi- tätsdiskurs als „nationales Territorium“ defi nierter Raum als Identifi kationsobjekt kom- muniziert, damit sich die Mitglieder der Nation ihm affi rmativ selbst zuordneten. Auf diese Weise verschränkten sich die Paradigmen nationaler Integrationsprozesse „Nati- on“ und „Territorium“ so eng miteinander, dass eine Nation ohne eigenes Territorium als nicht mehr denkbar erschien. Damit einher ging die Vorstellung, dass die Nation Eigentumsrechte an ihrem Territorium habe. Durch die scheinbare Unveränderlichkeit der natürlichen Gestalt und der geografi schen Einbindung eines Territoriums konnten die nationalen Ansprüche auf seinen Besitz in besonderer Weise als unabänderlich und natürlich dargestellt werden. Damit diente umgekehrt das als Eigentum verstandene Land als konkrete Verwirklichung einer zeitlosen, räumlichen Verankerung der Nati- on, ein Aspekt, der im polnischen Falle angesichts der Staatenlosigkeit als besonders relevant erscheint. Da Land als konkreter, dinglicher Gegenstand verstanden werden konnte, von dem aus persönlicher Erfahrung bekannt war, dass man ihn konkret abzäu- nen und zum Eigentum haben kann, konnte die Vorstellung von Besitz und Verfügungs- macht der Nation in Bezug auf Territorium als evident und selbstverständlich vermittelt werden. So wurde – mit integrativer Wirkung auf die gesamte Nation – nach innen das

28 Siehe unten, S. 43 ff.

5 Wissen vermittelt, dass die polnische Nation Eigentümer des konkreten Bodens sei. Aus diesem Eigentumstitel resultierende Aufgaben und Verpfl ichtungen konnten damit als gesamtnational verbindlich kommuniziert werden. Da in den polnischen Ostgebie- ten die Bevölkerung ethnisch gemischt war und die polnische Bevölkerung in vielen Gegenden in der Minderheit war, dienten die Ostkonzepte dazu, das Territorium zu einer gegenständlichen Anspruchsgrundlage auf die Dominanz der polnischen Nation beziehungsweise des polnischen Bevölkerungsanteils in der Auseinandersetzung mit den konkurrierenden Ansprüchen der Ukrainer und Litauer zu machen. Der territoriale Aneignungsprozess wurde ergänzt durch die gleichzeitige Markierung des Landes, das hinter den Grenzen lag, als nicht nur anders, sondern als fremd. So wurde nicht nur die eigene Gruppe von der anderen Gruppe durch Sprache, Konfession und historische Traditionen abgrenzbar, sondern auch das eigene Territorium wurde vom benachbarten klar unterscheidbar. Die Andersartigkeit des Territoriums wurde einerseits von der als vorgegeben verstandenen Gliederung durch „natürliche Grenzen“ abgeleitet, anderer- seits wurde eine kontinuierliche, enge Wechselbeziehung von Boden und Nation postu- liert, im Laufe derer die Bevölkerung auf das Land und das Land auf die Bevölkerung so nachhaltig eingewirkt habe, dass dem Land die Kultur und die historischen Traditi- onen der jeweiligen Bevölkerung wie ein Stempel eingeprägt worden seien. Zwar gelten diese Beobachtungen und Mechanismen grundsätzlich unabhängig vom konkreten Raumausschnitt, doch lassen sie sich anhand von Konzepten von den polnischen Ostgebieten wie durch ein Brennglas gebündelt genau beobachten. Daher ist es das Anliegen dieser Studie, die politische Semantik der Ostkonzepte und die poli- tischen und kulturellen Zuschreibungen in Bezug auf den Osten herauszuarbeiten. Dies geschieht mit Hilfe einer systematischen Analyse der Motive, Deutungskategorien und Berufungsinstanzen, auf die sich die Konzepte bezogen. Sie orientieren sich vorrangig an drei Begriffsfeldern: Ethnos/Nation, Zivilisation und räumliche Verortung. Es steht zu vermuten, dass alle untersuchten Konzepte zwar individuelle Ausprägungen dieser drei Momente entwickeln und unterschiedliche Hierarchisierungen vornehmen, dass die zentralen Motive und die funktionalen Kontexte, in denen die Momente ihre Relevanz erhalten, aber weitgehend gleich sind. Relevant für die Ostkonzepte dürfte sein, ob ihre Urheber einem überethnischen Nationsbegriff anhängen oder ob sie ein ethnisiertes Nationsverständnis pfl egen. Darüber hinaus sind die Berufungsinstanzen der Konzepte zu beachten. Für den deutschen Ostdiskurs ist zu beobachten, dass die klassische Be- rufungsinstanz Geschichte nicht nur hinter den Sozialwissenschaften, hinter Geografi e und Demografi e zurücktreten musste, sondern dass sie geradezu überwältigt wurde von der Geografi e in Gestalt geopolitischer Argumentationen. Angesichts dieser Erkenntnis verdienen die Berufungsinstanzen polnischer Ostkonzepte besondere Aufmerksamkeit. Es ist genau zu prüfen, wie geopolitische Argumentationen hergeleitet und begrün- det werden, welche Rolle die Denkfi gur „natürliche Grenzen“ spielt und in welchem Verhältnis geografi sche Gegebenheiten zu politischen und kulturellen Faktoren stehen. Findet sich geografi scher Determinismus? Welchen Stellenwert haben volkswirtschaft- liche Argumente? Der Mythos von Polen als antemurale christianitatis, als Vormauer der Christenheit29, war zwar eine gesamtnationale Erzählung, legt jedoch die These

29 Zum antemurale christianitatis siehe Kapitel 2, S. 23 ff., Literatur siehe unten, Anm. 75.

6 nahe, dass bei der Konstruktion der Ostraumbilder die Vorstellung des zivilisierenden und kultivierenden Wirkens Polens in besonderer Weise in den Ostgebieten verortet sein dürfte. Die auch im Vorwort der Herausgeber der Encyklopedia Kresów anklin- gende Figur der kulturellen, ökonomischen und politischen Überlegenheit sowie die Zeichnung der Feinde im Osten als barbarisch und unzivilisiert lassen erwarten, dass anhand der Ostraumbilder wesentliche Elemente polnischer Wir-Diskurse über Nation, Europäizität und Zivilisation abgelesen werden können.

Theoretische Grundlagen

Theoretische Grundlage für die Dekonstruktion der Ostkonzepte bildet die Beschäfti- gung mit der räumlichen Dimension in der historischen Forschung, die den Konstrukt- charakter territorialer Einheiten deutlich herausgearbeitet hat.30 Niemand hat diese Er- kenntnis pointierter formuliert als Hans-Dietrich Schultz mit seinem vielzitierten Satz: „Räume sind nicht, Räume werden gemacht.“31 In dieser Aussage steckt die Erkennt- nis, dass in der historischen Forschung der Raum – im Gegensatz zur Zeit als Ord- nungsbegriff – lange Zeit bestenfalls als Container oder bloßer Handlungshintergrund von Geschichte verstanden wurde. Als Handlungen beeinfl ussendes Moment wurde der Raum nach dieser essenzialistischen Auffassung nicht wahrgenommen und so wur- den Fragen nach Entstehung und Wandel räumlicher Ordnungen kaum gestellt. Erst die marxistisch orientierte Humangeografi e der 1980er-Jahre rief in Erinnerung, dass Raum diskursiv – und zwar häufi g konfl ikthaft – produziert wird.32 Im Sinne anwen- dungsorientierter Forschung sollen auch die hier untersuchten einzelnen Ostkonzepte als Fallbeispiele für die Konstruktion von Räumen durch politisch-publizistisch-wis- senschaftliche Kommunikation dienen. Auf die große Bedeutung der Manifestation von Raumvorstellungen in Karten, die ebenso wie Texte keine objektive Wirklichkeit abbilden, sondern Produkte kompli- zierter Selektions- und Ordnungsprozesse und damit komplexe semiotische Gebilde sind, hat die kritische Kartografi e hingewiesen.33 Karten sind ein wesentliches Kom- munikationsmedium zur Herstellung räumlichen Wissens auf der Grundlage von Deu- tungsmacht. Damit müssen Karten ebenso wie Texte einer gründlichen Quellenkritik unterzogen und wie Texte interpretiert werden. Sie enthalten Darstellungen von Macht, repräsentieren Herrschaftswissen und fungieren als geopolitisches Instrument. Karten dienen zur Durchsetzung von Deutungsmacht über Territorialität, aber auch über Iden- tität und Alterität. In dieser Arbeit begegnen Karten bei der Untersuchung des Ostkon- zeptes von Eugeniusz Romer, dessen große Bedeutung als Geograf von seiner Bedeu- tung für die Entwicklung der polnischen Kartografi e beinahe noch übertroffen wird. Romer vermittelte sein Bild Polens und der Ostgebiete auch über seine stark rezipierten Karten und Atlanten, die sowohl topografi sche als auch thematische Karten enthalten.

30 Zur Forschungsliteratur siehe unten, S. 14 f. 31 SCHULTZ, Räume. 32 Programmatisch für diesen spatial turn waren die Arbeiten des britischen Geografen David Harvey, siehe z.B. HARVEY. 33 Grundlegende Literatur siehe Anm. 51.

7 Im Kontext des Konstruktcharakters von Räumen ist außerdem auf die Theorie der „kognitiven Landkarte“ (mental map) hinzuweisen, die räumliches Wissen im mensch- lichen Gehirn repräsentiere. Sie geht auf den Geografen Roger M. Downs und den Psy- chologen David Stea zurück, die in den 1970er Jahren „kognitives Kartieren“ als einen geistigen Vorgang erklärten, in dem Informationen über die räumliche Umwelt gesam- melt, geordnet, gespeichert und verarbeitet werden. Eine kognitive Karte „spiegelt die Welt so wider, wie ein Mensch glaubt, daß sie ist, sie muß nicht korrekt sein. Tatsäch- lich sind Verzerrungen sehr wahrscheinlich.“34 Kognitive Karten sind somit eine Form von Raumbildern, sind subjektive, innere Raumbilder eines Menschen. In Bezug auf vorliegende Untersuchung wäre also davon auszugehen, dass die kognitiven Karten, die die Autoren von den Ostgebiete n selbst „im Kopf“ hatten, in die Raumbilder, die sie in ihren Werken von ihnen zeichneten, eingefl ossen sind. Die Theorie der kognitiven Karten wird von Sozial- und Kulturwissenschaftlern jedoch nicht nur auf Individuen, sondern auch auf Gruppen angewandt, deren Vorstellungen von räumlichen Strukturen sie anhand von Texten und Bildern erforschen wollen. Dabei wird allerdings nicht im- mer beachtet, dass nicht Gruppen von Menschen bestimmte Vorstellungen entwickeln, sondern dass Gruppen Vorstellungen durch Eliten vermittelt werden.35 Um solche ver- mittelten Vorstellungen handelt es sich auch bei den hier untersuchten Ostkonzepten, die der polnischen Öffentlichkeit und auch bestimmten Kreisen im Ausland mit dem Ziel kommuniziert wurden, die Raumvorstellungen ihrer Autoren durchzusetzen und sie politisch wirkmächtig zu machen.

Methode

Um zu prüfen, welche kulturellen Deutungen, Zuschreibungen und Darstellungen das Bild der polnischen Ostgebiete konstruiert haben und welche Konzepte von Polen als Ganzem damit verbunden waren, eignen sich am besten exemplarische Detailstudien zu konkreten polnischen Ostkonzepten. So können sie mit möglichst großer Tiefen- schärfe aus den Quellen herausgearbeitet werden. Methodisch empfehlen sich für diese Aufgabe Ansätze der Diskursgeschichte36, ohne dass im Folgenden eine Diskursana- lyse durchgeführt werden soll. Der Diskurs fungiert als systematische Kategorie der Kommunikations- und Kulturanalyse, er umfasst „die Formen und Regeln öffentlichen Denkens, Argumentierens und begründungsnotwendigen Handelns als Grundprinzipien von Gesellschaftlichkeit“37. Somit regeln und ordnen Diskurse gesellschaftliches Wissen und konstituieren ganz wesentlich die Wahrnehmung von Wirklichkeit. In der historischen Diskursanalyse steht nicht, wie in der Sprachwissenschaft, der Text als Objekt im Mittelpunkt, sondern das „diskursive Feld“ kommunikativer Praktiken als gesellschaftliche Aktivität. So ermöglicht es die Diskursanalyse, argumentative Zwänge und Gestaltungsmöglichkeiten sichtbar zu machen, die sich aus der Teilnahme an

34 DOWNS/STEA, S. 24, Hervorhebung im Original. Siehe auch den Literaturbericht SCHENK, Mental Maps, und HARTL. 35 SCHENK, Mental Maps, und HARTL. 36 LANDWEHR, Diskurs; DERS., Diskursanalyse; HASLINGER, Diskurs; SARASIN. 37 KASCHUBA, S. 235 f.

8 Diskursen ergeben, und die Autorisierung, Hierarchisierung und Marginalisierung von Positionen im Kommunikationsprozess zu verdeutlichen. Der Diskurs legt bestimmte Deutungen als gültig beziehungsweise richtig fest und übt damit gesellschaftliche Macht aus. Die Diskursgeschichte dient zur Analyse von Machtverhältnissen,

„die in personenübergreifenden Rede- und Textsystemen zum Ausdruck kommen. Sie ver- deutlicht, wie Kommunikation zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten sozialen System strukturiert war und welche Denk- und Handlungsdispositionen für Einzelne und Gruppen damit verknüpft waren.“38

Die vorliegende Arbeit will aber nicht als historische Diskursanalyse mittels der Auf- deckung von Regeln zur Identifi zierung von konkreten Diskursen gelangen, in denen die Ostkonzepte funktionell kontextualisiert waren, und sie geht auch nicht der Frage nach, wie und warum sich solche Diskurse im historischen Prozess verändern und da- mit zugleich eine veränderte Wirklichkeit hervorbringen. Um es klar zu sagen: Es gab keinen polnischen Ostdiskurs.39 Die Ostkonzepte waren Teil des polnischen Identitäts- diskurses. Aber weder ist dieser Diskurs Untersuchungsgegenstand vorliegender Arbeit noch die Frage, warum es einen solchen polnischen Ostdiskurs nicht gab. Hier sollen exemplarische Detailstudien zu konkreten Raumbildern entstehen, um zu verstehen, mit welcher politischen Semantik, mit welchen Motiven, Deutungskategorien und Beru- fungsinstanzen versucht wurde, die Ostgebiete als unverzichtbaren Bestandteil Polens zu kommunizieren. Die Verbindung zur Diskursanalyse besteht höchstens darin, dass sich die Arbeit ihrer Instrumente bedient, indem sie den Sprach- und Zeichengebrauch der Ostkonzepte untersucht, um formale und inhaltliche Strukturen, Begriffsfelder, Hierarchisierungen und Motive aufzudecken, mit Hilfe derer im histo ri schen Prozess dann Formen des Wissens und der Wirklichkeit hervorgebracht werden können. Es wird versucht, bei der Untersuchung der Ostkonzepte verfl echtungsgeschicht- liche Aspekte im Sinne wechselseitiger Transfers mit in den Blick zu nehmen, um den historischen Prozesscharakter gegenseitiger Einfl üsse und Rezeptionsmechanismen zu berücksichtigen. Sie bilden aber nicht den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses, wenn auch ihre Relevanz außer Frage steht, so dass sie mit einbezogen werden, wann immer es möglich ist. So zeichnet sich die Beschäftigung mit Friedrich Ratzel, aber auch mit französischen Geografen, in den Schriften von Eugeniusz Romer ab oder die Ausei- nandersetzung Władysław Studnickis mit den Historikern der Krakauer Schule. Meist aber ist es ausgesprochen schwierig, in den Quellen Verfl echtungen nachzuvollziehen. Die Autoren selbst geben in den für die Arbeit relevanten Quellen fast nie Anhalts- punkte darauf, woher ihre Ideen stammen oder mit welchem Gedankengut sie sich aus- einandersetzen. Den ambitionierten Ansprüchen einer histoire croisée in ihrer ganzen Komplexität – nicht zuletzt in der Darstellungsform – gerecht zu werden, wäre zudem ein anderer theoretischer Ansatz, der mit der Fragestellung dieser Arbeit, nämlich der Dekonstruktion von Raumbildern vom polnischen Osten, nur schwer kompatibel wäre. Um Licht in das verfl echtungsgeschichtliche Dunkel zu bringen, wäre ein aufwendiges

38 HASLINGER, Diskurs, S. 27. 39 Siehe unten, S. 176 f.

9 zusätzliches Quellenstudium nötig, da für verfl echtungsgeschichtliche Fragestellungen andere Quellen auszuwerten wären. So muss dieser multiperspektivische, transnatio- nale Ansatz künftigen Forschungen vorbehalten bleiben.

Aufbau der Arbeit

Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von den 1890er Jahren bis zum Waffenstill- stand 1918. Seinen Anfang markiert der Beginn der Diskussion um das künftige Staats- gebiet, die in den Jahren vor der Jahrhundertwende als prominent geführte Debatte greifbar wird und mit Kriegsbeginn unter dem Eindruck, dass die Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit zum Greifen nah sei, deutlich aufl ebte. Das Ende bestimmt die entscheidende Veränderung der Diskussionsgrundlage durch die Tatsache, dass die drei ehemaligen Teilungsmächte besiegt waren und Polen damit als politisches Subjekt auf die internationale Bühne zurückkehrte. Mit der Anerkennung des polnischen Natio- nalkomitees durch die Westmächte, der Proklamation eines unabhängigen polnischen Staates durch den Regentschaftsrat am 7. Oktober 1918, der Übernahme von Oberbefehl und Staatsmacht durch Józef Piłsudski als „vorläufi ges Staatsoberhaupt“ (Tym czasowy Naczelnik Państwa) und der Kapitulation der Mittelmächte im November 1918 waren die entscheidenden Schritte zur Neugründung des polnischen Staates getan. Um die inhaltlichen Bezüge und Motive der Ostkonzepte verständlich werden zu lassen, wird zunächst auf den Begriff der Ostgebiete und die mit ihm verbundenen Konnotationen und Bilder eingegangen. Ferner wird ihre gesellschaftliche und poli- tische Struktur grob skizziert, ehe die mit dem polnischen Osten verbundenen Mythen dargestellt werden. An diesen knappen Abriss schließt sich ein umfangreicheres Kapitel an, das einen Überblick über die politische Situation und die zeitgenössische Diskussi- on um das polnische Territorium bietet, der die Entstehungskontexte der Ostkonzepte erhellt. Bevor dann die einzelnen Ostkonzepte diskutiert werden, müssen zunächst ihre Schöpfer und deren Haltungen vor dem Hintergrund ihrer Biografi en betrachtet werden. Für die Untersuchung auszuwählen waren Personen, die in den Diskus sio nen um das polnische Territorium mit ihren Beiträgen überdurchschnittlich präsent waren, deren Defi nition der Ostgebiete also als einfl ussreich gelten kann. Um der politisch-publizis- tisch-wissenschaftlichen Verschränkung der Diskussionen gerecht zu werden, sollten sowohl einfl ussreiche Politiker identifi ziert werden, die wissenschaftliche Argumente verarbeiteten, als auch einfl ussreiche Wissenschaftler, die nicht nur akademisches Re- nomme genossen, sondern auch danach trachteten, mit Vorträgen und populärwissen- schaftlichen Veröffentlichungen in die Öffentlichkeit hineinzuwirken. Zudem sollte es sich bei den Wissenschaftlern um Vertreter von Disziplinen handeln, die zur Legitima- tion von Territorialkonzepten herangezogen werden. Schließlich mussten ihre Bilder von den Ostgebieten die Qualität von Ostkonzepten wie oben dargelegt erreichen. Die vier Autoren, zwei Politiker und zwei Wissenschaftler, auf die die Wahl letzt- endlich fi el, erfüllten all diese Kriterien und waren zudem diejenigen Stimmen in der Diskussion um das polnische Territorium, die die umfassendsten Ostkonzepte entwi- ckelten. So darf davon ausgegangen werden, dass sie aufgrund ihres großen Einfl usses, ihres persönlichen Renommees und ihrer herausgehobenen Stellung in den Diskus-

10 sionen der Zeit mit ihren Ostraumkonzepten das Bild von den Ostgebieten nachhaltig geprägt haben dürften. Alle vier gehörten der Elite an, der Historiker Oskar Halecki und der Geograf Eugeniusz Romer besetzten akademische, Jan Ludwik Popławski und Władysław Studnicki politische Spitzenpositionen. Wenn sie auch nicht als Vertreter klassischer Machtelite in Charles Wright Mills’ Sinne bezeichnet werden können40, so waren sie doch Teil der einfl ussreichen zeitgenössischen Kreise, die der Öffentlichkeit maßgebliche politische und kulturelle Positionen kommunizierten und so Deutungs- macht ausübten. Während Popławski der wichtigste polnische nationaldemokratische Theoretiker seiner Zeit war, ist Studnicki ideologisch schwieriger zuzuordnen, da er in seiner politischen und publizistischen Laufbahn seine Positionen wechselte und sich mehrfach verschiedenen Parteien anschloss. Auf sein Ostkonzept hatte diese Beweg- lichkeit jedoch wenig Auswirkungen. Es ist generell augenfällig, dass die politisch-ide- ologische Orientierung oder Parteizugehörigkeit nicht automatisch mit einer bestimm- ten Haltung in der Frage des „nationalen Territoriums“ zu korrelieren schien, sich also nicht von einer politischen Orientierung auf eine bestimmte Haltung gegenüber den Ostgebieten schließen ließ, sondern Ostkonzepte in verschiedenen ideologischen Kontexten entstanden. Wie im zweiten Kapitel, in dem die Diskussion skizziert wird, anhand von Beispielen dargelegt ist, fi nden sich verschiedene Haltungen zu den Ostge- bieten quer durch alle politischen und ideologischen Richtungen. Die Diskussion über die Ostgebiete scheint somit ein offenes diskursives Feld gewesen zu sein, in dem sich die Grenzen der politischen Lager nur sehr bedingt nachzeichnen lassen. Mit den beiden Wissenschaftlern – dem Geografen Eugeniusz Romer und dem His- toriker Oskar Halecki – wurden zwei Spitzenvertreter von Disziplinen ausgewählt, die als die wichtigsten Deutungsangebote für die Frage nach dem nationalen Terri- torium gelten dürfen. Während die Geschichte als traditionelle Legitimationswissen- schaft relevant ist, muss die akademisch jüngere Geografi e im Hinblick auf aufkom- mende geopolitische Argumentationen berücksichtigt werden. Für beide Disziplinen und ihre Vertreter gilt, dass im Untersuchungszeitraum Wissenschaft und Politik nicht klar voneinander getrennt werden können. Es war üblich, dass Wissenschaftler sich als „politische Professoren“41 begriffen und engagiert an gesellschaftlichen und politi- schen Diskussionen teilnahmen, ohne einen Widerspruch zwischen nationalpolitischem Engagement und wissenschaftlicher Seriosität zu sehen. Allen voran Historiker, aber auch Vertreter sozialwissenschaftlicher Disziplinen sahen sich selbst im „Dienst an der Nation“. Die detaillierte Untersuchung der Ostkonzepte bildet den Hauptteil der Arbeit. Da- rin werden die inhaltlichen Argumentationen, die Semantiken und Berufungsinstanzen der Ostkonzepte untersucht sowie die Frage gestellt, mit welchen Konzepten von Polen als Ganzem sie jeweils verbunden waren. Am Ende werden die Ergebnisse zusammen- geführt und analytisch ausgewertet. Vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse zu den Ostkonzepten wird es am Schluss der Arbeit außerdem möglich, auf der Basis der Literatur zum deutschen Ostdiskurs Vergleiche mit deutschen Ostraumbildern anzustellen. Ein vergleichender

40 MILLS. 41 LUFT; GRAMLEY.

11 Blick auf nationale Ostraumdiskurse wird zwar seit einiger Zeit gefordert42, war aber bisher noch nicht möglich, da die Vergleichsbasis fehlte. Der Vergleich von deutschen und polnischen Wahrnehmungen der je eigenen Ostgebiete bietet sich an, denn signi- fi kante Analogien beider „Ost-Problematiken“ im 20. Jahrhundert sind offensichtlich. Beide Nationen beanspruchten Gebiete im Osten, in denen sie nicht die ethnisch- sprachlichen Mehrheiten stellten, als „integrale Bestandteile“ des eigenen Staates, beide standen deswegen in Konfl ikt mit konkurrierenden nationalen Territorialansprü- chen und beide erlebten mehrfache Veränderungen ihrer Ostgrenzen. In Polen wie in Deutschland war die Frage nach der Bedeutung der Ostgebiete zentraler Gegenstand von Diskussionen über die politische und kulturelle Identität der Nation. In beiden Fällen waren sowohl Politiker als auch Wissenschaftler am Entwurf und an der Durch- setzung nationaler Visionen von den eigenen Ostgebieten beteiligt, in beiden Fällen spielten neben geopolitischen Argumenten die Denkfi guren der „kulturellen Überle- genheit“ und der „zivilisatorischen Mission“ eine wichtige Rolle. Diesen Vergleich zu leisten, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, wohl ist es aber ihre Aufgabe, den Vergleich zu ermöglichen. Die im Schluss vorgestellten Thesen sind als Anstoß zu tiefergehender Betrachtung gedacht und wollen künftige Forschung anregen, die Entstehung und Wandlung deutscher und polnischer Ostkonzepte als Verfl echtungsgeschichte zu schreiben, gegenseitige Einfl ussnahmen nachzuverfolgen und damit die jeweiligen Raumkonzepte zu kontextualisieren.

Quellen

Die Auswahl der Quellen resultiert aus dem personenbezogenen Zugang der Untersu- chung. Herangezogenen werden möglichst alle schriftlichen Zeugnisse der Autoren der hier untersuchten Ostkonzepte, in denen sich ihr Bild von den Ostgebieten abzeichnet, jedoch ausschließlich veröffentlichte Schriften. Diese Festlegung resultiert aus dem theoretischen Ansatz und der Methode der Arbeit, die davon ausgehen, dass Raum diskursiv produziert wird. Die Ostkonzepte werden als Fallbeispiele für die Konstruktion von Räumen durch politisch-publizistisch-wissenschaftliche Kommunikation unter- sucht. Sie waren also ein Instrument zur Herstellung räumlichen Wissens, sie wurden ihrem Zielpublikum in der Absicht kommuniziert, die Raumvorstellungen ihrer Autoren politisch wirkmächtig werden zu lassen. Diese Wirkung konnten aber nur die- jenigen Äußerungen zeitigen, die von der Öffentlichkeit rezipiert werden konnten. Da Konzepte untersucht werden, die der Gesellschaft von Vertretern der Eliten vermittelt wurden, dient als Quellengrundlage, was öffentlich verhandelt werden konnte. Arti- kel in publizistischen wie wissenschaftlichen Zeitungen und Zeitschriften, Broschüren und Monografi en, Denkschriften, Schulbücher und Karten. Diese publizierten Texte hatten gesellschaftliche Orientierungs- und Anleitungsfunktion, sie waren die Medien der Wissensvermittlung und in ihnen wurden gesellschaftliche Debatten ausgetragen. Nur anhand veröffentlichter Texte und Karten können Sprach- und Zeichengebrauch der Ostkonzepte untersucht werden, um die formalen und inhaltlichen Strukturen, die Begriffsfelder, Hierarchisierungen und Motive herauszuarbeiten, mittels derer „Wissen

42 HASLINGER, Arbeit; THUM, Mythische Landschaften.

12 über den polnischen Osten“ geschaffen werden konnte, das Grundlage für die nicht hinterfragbare Einbeziehung der Ostgebiete in den polnischen Staat sein sollte. Artikel des politischen Publizisten und Journalisten Jan Ludwik Popławski erschie- nen in allen Presseerzeugnissen der Nationaldemokratie. Vorliegende Arbeit stützt sich besonders auf seine programmatischen Artikel im Przegląd Wszechpolski (Allpolnische Rundschau), in denen sich Inhalte und theoretische Grundlagen seines politischen Denkens abbilden. Diese Zeitung, die die politische und ideologische Orientierung der Nationaldemokratie entwickelte und propagierte, wandte sich an Intelligenz und Organisationselite der nationalen Bewegung. Ergänzend werden Artikel herangezo- gen, die er in anderen Zeitungen veröffentlichte, etwa seine früheren aus der Prawda und dem Głos. Broschüren oder Monografi en hat Popławski nicht veröffentlicht. Der Politiker und Publizist Władysław Studnicki veröffentlichte seine Artikel in nahezu al- len relevanten Organen seiner Zeit und zu einem bunten Strauß von Themen. Es handelt sich meist um argumentative, oft polemische Kommentare. Darüber hinaus publizierte er populärwissenschaftliche Broschüren und Monografi en zu politischen, historischen und wirtschaftlichen Fragen, oft zu Russland. Während des Ersten Weltkriegs kamen Denkschriften an Entscheidungsträger der Mittelmächte hinzu. Quellengrundlage für die Untersuchung des Ostkonzeptes des Geografen und Kartografen Eugeniusz Romer sind seine Monografi en, Artikel in wissenschaftlichen Periodika und seine Beiträge in Sammelbänden ebenso wie populärwissenschaftliche Broschüren und Zeitungsartikel. Hinzu kommen sein Geografi e-Lehrbuch für Mittelschulen und seine Karten und At- lanten, die sich sowohl an seine Fachkollegen als auch an die interessierte Öffentlich- keit wandten, sowie sein Schulatlas. Der 1916 erschienene Geografi czno-statystyczny atlas Polski43 (Geografi sch-Statistischer Atlas Polens) wandte sich nicht nur an die pol- nische, sondern an die europäische Öffentlichkeit, an Alliierte ebenso wie an die Mittel- mächte. Die relevanten Quellen für die Untersuchung von Oskar Haleckis Ostkonzept sind seine wissenschaftlichen Artikel und Monografi en. Hinzu kommen einige wenige populärwissenschaftliche Artikel aus der Kriegszeit, die sich vor allem an die österrei- chische Öffentlichkeit richteten. Um die Genese der Gedanken und Einschätzungen zu erhellen und um Licht ins verfl echtungsgeschichtliche Dunkel zu bringen, wären ergänzend Nachlässe heranzuziehen, die sich jedoch für den hier gewählten Untersu- chungszeitraum als nicht ergiebig erwiesen.44

43 ROMER, Geografi czno-statystyczny atlas. 44 Von Jan Ludwik Popławski existiert kein Nachlass (für diese Auskunft danke ich Teresa Kulak, Breslau). Der Nachlass von Władysław Studnicki befi ndet sich im Józef Piłsudski Institute of America in New York und enthält fast ausschließlich in der Emigration entstan- dene Unterlagen, Früheres ist privater Natur. Der Nachlass von Oskar Halecki wird ebenfalls in New York aufbewahrt und zwar im Polish Institute of Art and Sciences of America. Er enthält für die Zeit vor 1918 nur familiäre Papiere, aber keine Materialien zu seinen For- schungen und auch keine Korrespondenz. Der Nachlass von Eugeniusz Romer mit priva- ter Korrespondenz und Unterlagen zu seiner wissenschaftlichen Arbeit befi ndet sich in der Handschriftenabteilung der Jagiellonenbibliothek in Krakau, siehe GRZYBOWSKA/KOZIŃSKI. Er umfasst die Signaturen Rkp. BJ 10154 bis Rkp. BJ 10401. Da für die vorliegende Arbeit ein anderer Ansatz verfolgt und daher ein anderer Quellenkorpus herangezogen wird, sind die enthaltenen Papiere für die Fragestellung nicht relevant.

13 Forschungslage

Im Rahmen der Diskussion um den sogenannten spatial turn hat die Rezeption von hu- mangeografi schen Modellen von Raumkonstruktionen45 die Untersuchung von Raum- begriffen und Raumbeschreibungen in der Geschichtswissenschaft befruchtet und die frühere Ignoranz des Räumlichen in der deutschsprachigen Geschichtsschreibung überwunde n.46 Die Vernachlässigung wie auch die „Wiederkehr das Raumes“47 wur- den inzwischen zur Genüge konstatiert und erläutert48, dasselbe gilt für die zutreffende Beobachtung, dass in den Wissenschaftskulturen anderer Länder der Raum niemals verschwunden war und etwa die Traditionen der „Annales-Schule“ fortwirkten.49 Vor allem Fernand Braudel steht für den geografi schen Blick auf die Geschichte, den er als verbindliche Aufgabe für alle Sozialwissenschaftler formulierte.50 Dass dieser Vorgang ganz wesentlich auch die Manifestation von Raumvorstellungen in Karten umfasst, hat die kritische Kartografi e festgestellt.51 Es wird also zu Recht nicht mehr in Zwei- fel gezogen, dass Raumbilder das Ergebnis politisch-kulturell-sozialer Konstruktionen sind: „Personenübergreifendes räumliches Wissen basiert nicht auf identischer Wahr- nehmung, sondern wird auf der Grundlage von Deutungsmacht durch Kommunikation hergestellt.“52 Diese Erkenntnisse haben zur Diskussion der „Erfi ndung Osteuropas“ geführt. Grundlegende Studien waren Inventing Eastern Europe53 von Larry Wolff und Ima- gining the Balkans54 von Maria Todorova, die beide die Bedeutung westeuropäischer Diskurse über Europäizität, Zivilisation und Aufklärung für die „Erfi ndung“ der jewei- ligen Region herausstellen.55 Beide sind beeinfl usst von Edward W. Saids Studie zum Orientalismus, in der er den Orientalismus als eurozentristisches Superioritätsgefühl deutet, der kein unschuldiger Diskurs über das „Eigene“ und das „Andere“, sondern

45 Der Diskussion um den spatial turn in den verschiedenen Disziplinen geht die Antholo- gie DÖRING/THIELMANN nach. Sie präsentiert eine anregende Vielfalt von theoretischen und empirischen Zugängen. Einen guten Überblick bietet auch GEBHARDT. Außerdem empfeh- lenswert MIGGELBRINK. 46 SCHLÖGEL, Im Raume. Zur Kritik an Schlögel siehe DÖRING/THIELMANN, S. 21 f. 47 OSTERHAMMEL, Wiederkehr. 48 SCHLÖGEL, Wiederkehr; DERS., Kartenlesen; vielbeachtet: LÖW, S. 9 ff. 49 SCHENK, spatial turn; DÖRING/THIELMANN, S. 14 f. 50 BRAUDEL, Histoire. In diesem Aufsatz beruft er sich übrigens explizit auf Paul Vidal de la Blache, einen französischen Geografen, von dem Eugeniusz Romer beeinfl usst war, vgl. Kapitel 4.3. Am deutlichsten ist Braudels geografi scher Blick in DERS., La Méditerranée. Er stellt darin die These auf, dass der Mittelmeerraum eine historische Persönlichkeit sei. Zu Braudels Raumbegriff siehe PILTZ. 51 DÜNNE; SCHNEIDER; CRAMPTON; COSGROVE; HARLEY, Maps; DERS., Deconstructing. 52 HASLINGER, Nation, S. 11. 53 WOLFF. Zur Kritik an Wolff siehe SCHENK, Mental Maps, S. 500 f. 54 TODOROVA, Imagining. Siehe weiterhin zum Balkan: DIES., Balkan; SUNDHAUSSEN, Europa balcania. 55 Siehe dazu außerdem SCHENK, Mental Maps; MÜLLER, Wo und wann.

14 ein Spiegelbild aggressiver imperialistischer Interessen sei.56 Wolff sieht Osteuropa geprägt vom Gegensatz zwischen Barbarei und Zivilisation, als zentrale Kategorie der Zuordnung eines Landes zu Ost oder West fungiere der Grad des Fortschritts, die Position einer Gesellschaft in einer vom Westen als idealtypisch postulierten, histo- rischen Entwicklungslinie. Dasselbe Muster von westlichem Überlegenheitsgefühl und konstruierter Barbarei fand Todorova im westlichen Diskurs über den Balkan. Mit Entwürfen des Ostens in modernen nationalen politischen Diskursen hat sich die Forschung über die deutschen Ostraum-Visionen vom späten 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Detailliert untersucht wurden die ostpolitischen Debatten der Bismarck-Zeit und des späten Kaiserreichs57 und die Ostpläne im Ersten Weltkrieg58. Inhaltlich und methodisch am fruchtbarsten für vorliegende Arbeit war die Beschäftigung mit der deutschen Ostforschung59. Die Studien erhellen die enge Verknüpfung von wissenschaftlicher Aktivität mit nationalpolitischen Zielsetzungen.60 Die Ostforschung entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit und verstand sich als interdisziplinäre historische Landeskunde zur Erforschung des deutschen Volkstums im Osten. In ihrer deutsch-nationalen Ausrichtung und mit ihrem ethnozentrischen Ansatz blendete sie die Kultur und Geschichte anderer Bewohner der jeweiligen Länder aus und betrieb stattdessen Landesgeschichte als Deutschtumsgeschichte, indem sie das Wirken von Deutschen in Osteuropa übermäßig betonte. Auch im Nationalsozialismus lieferte die Ostforschung auf volksgeschichtlicher Grundlage Feigenblätter, um die Po- litik der Eroberung, Umsiedlung und Vernichtung im Osten zu legitimieren.61 Hinzu kommen Studien zu nationalsozialistischen Visionen von „deutschem Lebensraum im Osten“62. Auch zur Geschichte der Ostforschung nach 1945 liegen inzwischen Arbei- ten vor, die die Verfl echtung wissenschaftlicher Forschung mit politischen Interessen beispielhaft vorführen.63 Die Ostforschung knüpfte auch nach 1945 an ihre früheren Deutungsmuster an, die sie nun auf die Auseinandersetzung mit dem Kommunis- mus anwandte, indem sie zum Beispiel Demokratie mit westlicher Zivilisation und

56 SAID. 57 BOYSEN; BALZER; HIRCHE; BLANKE; BAIER; WEHLER; ROTHFELS. Rothfels’ Wirken an der „Grenzlanduniversität“ in Königsberg, seine Beschäftigung mit dem deutschen Osten und sei- ne Öffnung zur Volksgeschichte sind später selbst Gegenstand einer geschichtswissenschaft- lichen Kontroverse geworden. Siehe ECKEL. 58 JUREIT; ÜBEREGGER; FABISCH; DEMM; PORTZ; CZUBIŃSKI, Miejsce; EPSTEIN; BAUMGART; GEISS; CONZE. 59 Zur Geschichte und Defi nition des Begriffs MÜHLE, ‚Ostforschung‘, insbesondere S. 324 ff. 60 WOLFF-POWĘSKA; SCHUMACHER; CAMPHAUSEN, Rußlandforschung in Deutschland; HACK- MANN, Kampf; ZERNACK, Deutschland; SCHATTKOWSKY, Deutschland; FAHLBUSCH, Wo der deutsche; HACKMANN, Ostpreußen; PISKORSKI, „Deutsche Ostforschung“; GILL, Staatsgrenze; ARNOLD; KOSSERT. 61 HAAR, Historiker; FAHLBUSCH, Wissenschaft. 62 KLESSMANN; BURLEIGH; RÖSSLER; CAMPHAUSEN, Rußlandforschung im Dritten Reich; OBER- LÄNDER; RÖSSLER/SCHLEIERMACHER; MADAJCZYK; FAHLBUSCH, Wissenschaft; KESSLER, ‚Ost- forschung‘; BURKERT; HAAR ‚Ostforschung‘; KOSSERT. 63 UNGER; HACKMANN, Anfang; MÜHLE, Utracony; DERS., Grundlegung; DERS., ‚Ostforschung‘; DERS., Volk; LINNEMANN; MÖSSLANG.

15 Bolschewismus mit östlicher Barbarei gleichsetzte und beide scharf voneinander schied.64 Nach dem Ende des Stalinismus war, wie Corinna Unger herausarbeitet, die westdeutsche Ostforschung zunehmend bereit, Mittel- und Osteuropa in seiner kulturellen und politischen Eigenwertigkeit und Eigengesetzlichkeit wahrzunehmen. Zuvor hatte sie den Osten vor allem als kulturelles und ideologisches Gegenbild zum Westen gezeichnet. Als wichtigste Ursache sieht Unger im Wandel des gesellschaftlich- politischen Umfelds im Zuge der neuen Ostpolitik. Zu polnischen Ostraumbildern gibt es jedoch auch vor dem Hintergrund der starken Präsenz des Raumbegriffs nicht nur in der historischen Forschung bisher keine Untersu- chungen, die die Ergebnisse dieser intensiven Forschungsdiskussion aufgriffen. Zu den polnischen Ostgebieten, den kresy wschodnie, sind in Polen nach 1989 zwar zahlreiche Publikationen erschienen, jedoch belegen sie vor allem, dass die kresy wschodnie ein wichtiger Erinnerungsort65 geworden sind und als Projektionsfl äche für romantische und positivistische, zum Teil stark idealisierte Lesarten der „Republik beider Nationen“ dienen.66 Diese Sichtweisen blieben zwar nicht unwidersprochen67, konnten sich aber in der Forschungslandschaft etablieren. Hinzu kommen sozialgeschichtliche und litera- turwissenschaftliche Arbeiten.68 Auch die Bedeutung der Ostgebiete für das politische und gesellschaftliche Bewusstsein der Polen wurde untersucht.69 Die polnische Natio- nalismusforschung interessierte sich für das nationale Bewusstsein 70 der Polen in den Ostgebieten und ging vor allem der Frage nach, wie die Identifi kation mit Polen und zugleich mit Litauen oder Ruthenien im Sinne eines natione Polonus, gente Ruthenus71 vereinbart wurde. Zudem untersucht sie die polnischen nationalpolitischen Diskussi- onen und deren wichtigste – oder interessantere – Akteure72. Vi elfach auf die Ostge- biete beziehen sich auch Untersuchungen der Föderalismuspläne, die für den wieder- zuschaffenden Staat diskutiert wurden.73 Eine Quellensammlung zum polnischen Blick auf den Osten, die eine Vielzahl von erstmals in deutscher Übersetzung veröffentlichten Texten enthält, zeigt, dass polnische Ostpolitik meist als Auseinandersetzung mit Russ- land verstanden wurde (und wird) und dass die Einstellungen zu den anderen östlichen

64 UNGER, S. 425 ff. 65 KOCHANOWSKI, Paradoxien; HAHN/HEIN-KIRCHER. 66 Siehe Anm. 22. 67 TRABA, „Kresy“; KOCHANOWSKI, Paradoxien; DYBAŚ. 68 Zu den ersten Veröffentlichungen ohne Eingriff der Zensur gehört der Sammelband WRZESIŃSKI, Między Polską. Ein Konferenzbericht fi ndet sich in: SMOŁKA. Einen ersten Aufriss zum Forschungsstand bietet MILEWSKI. 69 WAPIŃSKI, O wpływie; DERS., Miejsce; DYBCIAK; KIENIEWICZ, Kresy. 70 KUCZYŃSKI/MICHALSKA; BARDACH, Wieloszczeblowa; DERS., O świadomości; DERS., Krajowcy; SADOWSKI; WAPIŃSKI, Miejsce; DERS., Polska i małe. 71 Siehe Kapitel 2, Anm. 18. 72 SZPOPER, Gente Lithuana; DERS., Sukcesorzy; BORUTA; KALEMBKA, Ziemie; WRZESIŃSKI, Między Polską; WIERZBICKI, Wschód; JURKIEWICZ, Rozwój; als Antwort auf Jurkiewicz sie- he BARDACH, Krajowcy. 73 Grundlegend (und aus sozialistischer Sicht verfasst) ist GRÜNBERG, Polskie koncepjce. Ferner siehe GÓRNY; WANDYCZ, Precursors; JUZWENKO, Wasilewski’s Hopes; CISEK, Piłsudski’s Federalism; ŁOJEK, Idea; HANDKE.

16 Nachbarn dieser Leitlinie in der Regel untergeordnet waren.74 Untersuchungen über die kresy als allgemeingesellschaftlichen Mythos stellen vor allem das Motiv des an- temurale christianitatis heraus.75 Ein 2007 erschienener Sammelband untersucht pol- nische Europakonzeptionen und damit die polnische Eigenwahrnehmung als Teil Euro- pas, so dass die Wahrnehmung der kresy in weiterem Rahmen kontextualisiert wird.76 Die polnische Historiografi e hat somit etliche Arbeiten zum politischen Denken über die Ostgebiete hervorgebracht, und zumindest für die Zwischenkriegszeit können die Protagonisten aus den verschiedenen politischen Lagern als erforscht gelten.77 Unter- suchungen zu polnischen Ostraumbildern, die den Vorstellungen der deutschen Ost- forschung vergleichbar wären, gibt es jedoch ebenso wenig wie eine systematische Auswertung der kresy-Diskussion in der zeitgenössischen Publizistik bis 1918. Anre- gungen zu dieser Fragestellung fi nden sich dagegen reichlich in den Forschungen zum deutschen Bild des Ostens und zum deutschen Ostdiskurs. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse wurden nationale Vergleiche angestellt und Aktivitäten, Bilder und Identi- fi zierungs- wie Abgrenzungsprozesse in den gemischt besiedelten deutsch-polnischen Regionen untersucht. Dabei hat sich die Forschung besonders für die Analogien und Unterschiede in Bezug auf die Vorstellungen vom deutschen Osten und dem polnischen Westen interessiert und herausgefunden, dass „deutsche Ostforschung“ und polnischer „Westgedanke“ (myśl zachodnia) durchaus spiegelbildlich funktioniert haben.78 Bisher wird die deutsche Ostforschung als spezifi sches Konstrukt deutscher völkisch-rassisti- scher Raumpolitik verstanden und die polnische „Westforschung“ als eine unmittelbare Reaktion auf die deutsche Herausforderung. Dagegen wurde die Frage, welche ver- gleichbaren politisch-wissenschaftlichen Konnotationen die zeitgenössische Diskus- sion über den eigenen Osten hatte, auch in Polen kaum gestellt.79 Die zur polnischen

74 CHWALBA. 75 Grundlegend und am ausführlichsten siehe TAZBIR, Polskie przedmurze; außerdem HEIN- KIRCHER, Antemurale Christianitatis; BENECKE, Kresy; mit Bezug auf das Mittelalter KRZYŻANIAKOWA. In den globalen Kontext der frontier stellt die Kresy GROSS. In diesem Zusammenhang muss die Arbeit von RHODE, Ostgrenze, Erwähnung fi nden, der damit frühzeitig den Stellenwert des polnischen Ostens für die mittelalterliche Staatsbildung erkannte. Seine Betrachtung des polnischen Ostens erfolgt aus der Perspektive eines Grenzraumes des Abendlandes mit allen Defi ziten, die das Paradigma und vor allem der seinerzeit stark eingeschränkte Zugang zu Quellen und Literatur mit sich brachten. 76 KRAFT/STEFFEN. 77 BENECKE, Ostgebiete, S. 7 ff. 78 Der polnische Westgedanke entstand Ende des 19. Jahrhunderts in der nationaldemokrati- schen Bewegung im Kontext der Diskussion um die Gestalt des wiederzugründenden polni- schen Staates. Er strebte nach „Rückgewinnung“ von ehemals slawisch besiedelten Gebieten westlich der Grenze von 1772 bis an die Oder. In der Zwischenkriegszeit schufen seine Vertreter an der Universität Posen das Zentrum des Westgedankens. Siehe einleitend HACK- MANN, Deutschlands Osten, sowie KESSLER, Zwischen Deutschland. Außerdem HACKMANN, Ostpreußen, insbesondere S. 169 ff.; PISKORSKI, „Deutsche Ostforschung“; im weiteren Sin- ne auch THUM, Bollwerk; PISKORSKI, Volksgeschichte; KRZOSKA, Nation; DERS., Polen. 79 Mit Ausnahme von Czesław Miłosz besonders in seinen Werken MIŁOSZ, Gelände, und DERS., Straßen. Vgl. dazu weiter ULIASZ; HADACZEK, Małe ojczyzny; TRYBUŚ.

17 „Westforschung“ erschienenen Arbeiten hingegen sind methodisch wie inhaltlich für diese Studie anregend und so werden hier Denkanstöße aus den Arbeiten zur deutschen Ostforschung und dem polnischen Westgedanken aufgenommen, die tiefe Einblicke in den Komplex von Forschung, Politik und gesellschaftlicher Wirkung erlauben.80 Die Zuordnung von Regionen zu nationalen Projekten ist bisher von der Nationalismus- forschung eher wenig berücksichtigt worden81, obwohl die Bedeutung von kulturell- ethnischer Großgruppenbildung und die Notwendigkeit ihrer Verortung innerhalb na- tionaler Projekte erkannt wurde82. Die Untersuchung von Zuordnungskriterien und der Legitimierung von Zuordnungen steht noch aus. Bisher veröffentlichte Studien zum Verhältnis von Regionalismus und Nationalismus wurden der Bedeutung des Räum- lichen mit seinen vielfältigen sozialen und politischen Bezügen nicht gerecht und bezo- gen sich vor allem auf das Modell der „föderativen Nation“.83 Es bleibt die Forderung, die Nationalisierung des Territoriums vor allem als einen Aushandlungsprozess zu be- greifen, der dem Raum eine „innere Logik“ verleiht und Identität vermittelt.84

Sprachliche Hinweise

Die Schreibweise von Ortsnamen folgt in dieser Arbeit dem Grundsatz, dass im deutschen Text deutsche Namen verwendet werden, zumal sie als allgemein verbreitet und bekannt gelten dürfen. Personennamen werden stets im Sinne der Identifi kation ihres Trägers verwendet. So ist etwa durchgängig von Władysław Studnicki die Rede, auch wenn er seinen Namen in seinen deutschsprachigen Publikationen zum Beispiel mit „Wladyslaw Ritter von Gizbert-Studnicki“ eingedeutscht verwendete. In der inter- nationalen Forschung etablierte polnische Herrschernamen wie Kazimierz III. Wielki werden in polnischer Form mit deutscher Übersetzung genannt. Zitate aus polnischen Quellen werden ins Deutsche übertragen, wobei wichtige, vor allem interpretations- würdige Wendungen außerdem im polnischen Original angegeben werden. Zitate in englischer und französischer Sprache werden nicht übersetzt. Generell gilt, dass alle Zitate in originaler Orthografi e wiedergegeben werden, auch wenn sie nicht der heu- tigen entspricht. Alle Übersetzungen, bei denen nichts anderes angegeben ist, stammen von der Autorin selbst.

80 JAWORSKI; PISKORSKI, „Deutsche Ostforschung“; DERS., Volksgeschichte; HACKMANN, Strukturen; PISKORSKI, Ostforschung im Spannungsfeld; KRZOSKA, Deutsche Ostfor- schung; DERS., Rückkehr; MÜHLE, Volk; PETERSEN; MIDDELL/SOMMER; LINNEMANN; DAHL MANN. 81 HROCH; SCHATTKOWSKY, Nationalismus; WEICHLEIN. 82 BREUILLY, besonders Kapitel II. 6. 83 LANGEWIESCHE/SCHMIDT. 84 KÜSTER, S. 22.

18 2 Die polnischen Ostgebiete

Begriff und Konnotationen

Die polnischen Ostgebiete werden im Polnischen meist „kresy wschodnie“ genannt. Die Etymologie des Wortes „kresy“ ist nicht eindeutig, wahrscheinlich leitet es sich von „kres“ in der Bedeutung „markierte Grenze, Ende“ ab.1 Im 17. und 18. Jahrhundert stand „kresy“ für eine Linie von Militärposten im südöstlichen Grenzgebiet zu den Tataren, der Walachei und später den Kosaken.2 Auch wenn das Attribut „wschodnie“, „östlich“, nicht hinzugefügt ist, wird die „östliche“ Konnotation in der Regel mitge- dacht.3 Im Folgenden wird im Deutschen der Begriff „Ostgebiete“ gebraucht, wie- wohl die früher verwendeten „Ostmarken“ den ebenfalls im Plural stehenden „kresy wschodnie“ historisch eher entsprechen, da mit dem Gebiet weniger die Vorstellung eines Landes vor einer linearen Grenze als vielmehr einer nicht klar bestimmbaren Grenzzone im mittelalterlichen Sinne verbunden ist. Auch hinsichtlich ihrer ideolo- gischen Aufl adung und Konnotationen sind die Begriffe „kresy wschodnie“ und „Ost- marken“ einander sehr nahe. Letzteres macht freilich die Verwendung des deutschen Wortes heutzutage außer als Quellenbegriff unmöglich.4 Während der Begriff „kresy“ also anfangs für eine Linie militärischer Grenzposten stand, verlieh ihm die schöne Literatur eine geografi sche Bedeutung. In diesem Sinne fi ndet sich der Begriff erstma- lig in der Ritter-Rhapsodie Mohort 5 (1855) des patriotisch engagierten Dichters und Geografen Wincenty Pol6 (1807-1872), der damit die Region zwischen Dnjestr und

1 DUBISZ, Bd. 2, S. 299. „Kres“ stammt seinerseits ab vom deutschen „Kreis“ im geografi schen Sinne als Wort für Gebiet oder Landschaft, vgl. BRÜCKNER, S. 266, bzw. GRIMM/GRIMM, Bd. 11, Sp. 2144 ff., bes. Sp. 2150. Siehe auch NAGÓRKO, bes. S. 43 ff. 2 In diesem Sinne noch ORGELBRAND, Bd. 16, S. 51 ff. 3 Spätestens seit 1945 wird auch die Wendung „kresy zachodnie“ (westliches Grenzland) für die sogenannten „wiedergewonnenen Gebiete“, also die 1945 von Deutschland abgetrennten Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Grenze, verwendet. In der schönen Literatur fi nden sich „kresy zachodnie“ schon 1860 bei ZACHARIASIEWICZ, dazu siehe KOLBUSZEWSKI, Kresy jako kategoria. Um 1900 tauchen sie vereinzelt im politischen Kontext auf, etwa bei Jan Ludwik Popławski. Wirklich durchgesetzt hat sich dieser Begriff im Vergleich zu den „kresy wschodnie“ aber niemals. 4 Siehe Kapitel 5. 5 POL, Poezyje. Die Rhapsodie erzählt die Geschichte des Ritters Mohort, der heldenhaft im Kampf Vaterland und Glauben verteidigt. 6 HANIK/ROSNOWSKA; GÓRKA.

19 Dnjepr bezeichnete, das von der Krone Polen beherrschte Grenzland zu den Tataren, die südöstlichen Grenzterritorien der Ukraine und Podoliens. Da das Gedicht sehr po- pulär wurde, prägte Pol den Begriff der „kresy“ und die mit ihm verbundenen Konno- tationen in hohem Maße.7 Die entsprechenden Gebiete der alten Republik lassen sich geografi sch nicht eindeutig abgrenzen, sondern rufen vor allem Assoziationen einer traumhaft schönen, weiten Landschaft mit fruchtbarer Erde hervor, eines Landes, in dem Milch und Honig fl ießen. Das Bild von den kresy wschodnie ist stark von Mythen geprägt wie dem des antemurale christianitatis oder dem der zivilisierenden und missi- onierenden Sendung der Polen, schließlich dem des Ritterethos.8 Während die kresy im Sinne Pols geografi sch nur das südöstliche Grenzgebiet Kronpolens umfassten, wurden unter dem Einfl uss der romantischen Literatur, die gleichzeitig das Exotische suchte und die Wurzeln des Eigenen propagierte, allmählich weitere Landschaften unter den Begriff gefasst. Nach und nach bezeichnete er alle östlichen Woiwodschaften der alten Republik, also auch die vom Großfürstentum Litauen eingebrachten Länder Wolhy- nien, Polesien und Weißrussland.9 Gleichzeitig wurde die Landschaft der kresy zudem immer häufi ger Sujet in der Malerei.10 Sie wurde in besonderer Weise mythologisiert und als „wertvoller“ als andere Landschaften wahrgenommen.11 Allgemeine Eigenschaften der kresy, vor allem im Hinblick auf ihre Beziehung zum nationalen Territorium, arbeitet Krzysztof Kwaśniewski heraus: Sie werden eher als Zone mit einer inhärenten Richtung denn als Gebiet verstanden, sie sind Peripherie, haben offensiven Charakter, zeugen von eher staatsbezogenem als nationalem Den- ken sowie von Einstellungen der Überlegenheit und Stärke, und sie rufen Bilder von Männlichkeit, Heldentum und Abenteuer hervor. Im Gegensatz zu Grenzgebieten im Allgemeinen gelten die Eigenschaften der kresy nur aus einer Blickrichtung, nämlich der des Herrschenden. Die Wahrnehmung als kresy zeugt von annexionistischem Den- ken und dem Streben nach Ausdehnung des Staates, sie impliziert Prozesse der Akkul- turation und Assimilation.12 Zu ergänzen ist, dass der Blick auf die Peripherie der kresy eine Ambivalenz von zivilisatorischer Rückständigkeit und dem Reiz des Exotischen vereint. Zum Begriff der „kresy“, seinen Eigenschaften, Konnotationen und Wandlungen, seiner Verwendung in der Literatur und bildenden Kunst existiert zahlreiche Literatur13, die hier nicht im Einzelnen rekapituliert werden muss, da die Schöpfer der hier unter-

7 Zur großen Popularität von Mohort siehe KOLBUSZEWSKI, Kresy, S. 6 ff.; zu dem Bild, das er von den kresy zeichnet, DERS., Kresy jako kategoria, S. 127 ff. 8 Zu den Mythen siehe unten, S. 23 ff. 9 Bis in die Zwischenkriegszeit hinein wurde Galizien in der Regel nicht als Teil der kresy betrachtet, siehe KIENIEWICZ, Kresy, S. 12. Dasselbe gilt für das nördliche Litauen, siehe KOLBUSZEWSKI, Kresy, S. 91 f. Natürlich gab es auch Ausnahmen, etwa WASILEWSKI, Kresy Wschodnie, der nicht nur Ostgalizien, sondern sogar Podlasie und Chełm hinzuzählte. 10 Hier sind vor allem die Maler Stanisław Dębicki, Juliusz Kossak, Józef Marian Chełmoński, Leon Wyczółkowski und die frühen Werke von Józef Brandt zu nennen. Kossak illustrierte übrigens eine Lemberger Ausgabe des Mohort von 1883. 11 KOLBUSZEWSKI, Kresy, S. 68 ff. 12 KWAŚNIEWSKI, Społeczne rozumienie. 13 Neben KOLBUSZEWSKI, Kresy, v.a. WAPIŃSKI, Kresy – alternatywa; TOMASZEWSKI, Kresy.

20 suchten Ostkonzepte den Begriff der „kresy“ kaum verwendet haben. Sie schrieben in der Regel von „Litwa i Ruś“ (Litauen und Ruthenien) zur Bezeichnung des ehema- ligen Großfürstentums, für die südöstlichen Gebiete verwendeten sie die historischen Landschaftsbezeichnungen „Ukraina“ (Ukraine), „Podole“ (Podolien) und „Wołyń“ (Wolhynien). Außerdem wurden Sammelbezeichnungen wie „Ruś“ für das gesamte von Ruthenen besiedelte Gebiet oder „Litwa historyczna“ (historisches Litauen) für das gesamte Großfürstentum und „byłe Wielkie Księstwo Litewskie“ (das ehemalige Groß- fürstentum) gebraucht. Auch die nach dem Wiener Kongress entstandene Bezeichnung „Ziemie Zabrane“ (weggenommene Gebiete – „weggenommen“, da man hoffte, sie würden bald zurückgegeben) für die russischen Westgouvernements wurde häufi g ver- wendet, vor allem von Popławski.14 Wenn in dieser Arbeit von den „Ostgebieten“ die Rede ist, dann sind diejenigen Länder gemeint, die östlich des ethnisch mehrheitlich polnisch besiedelten Gebietes lagen. Eine genauere geografi sche Abgrenzung ist an dieser Stelle nicht nötig, da die Abgrenzung jeweils Teil der Konzepte ist. Wichtig dagegen ist, dass die geografi schen Bezüge der Ostkonzepte unabhängig davon waren, welche Gebiete mit dem Begriff „kresy“ bedacht wurden, der vor 1918 vor allem in der schönen Literatur verwendet wurde und erst in der Zwischenkriegzeit in den allgemei- nen Sprachgebrauch einging.15 Es handelt sich aus diesem Grunde ausdrücklich nicht um kresy-Konzepte, sondern um Ostkonzepte: Konzepte, die den Ostgebieten eine für ganz Polen essenzielle Bedeutung beimaßen und ein Polen ohne die Ostgebiete als nicht akzeptabel kommunizierten. Selbstverständlich spielen die mit dem Wort „kresy“ verbundenen Konnotationen für die Ostgebiete dennoch eine große Rolle, wie sich im Folgenden erweisen wird.

Struktur

Die Ostgebiete wurden seit dem 14. Jahrhundert von der Krone Polen dem Staat an- gegliedert beziehungsweise waren Teil des Großfürstentums Litauen, mit dem Polen seit 1386 in Personalunion und seit 1569 in Realunion verbunden war. Seit dieser Zeit siedelten aus den anderen Landschaften der Krone Polens stammende Zuwanderer in den Ostgebieten. Sofern es sich dabei um Bauern und Kleinadelige handelte, passten sie sich ihrer Umgebung an und ruthenisierten sich rasch. Die ebenfalls zuwandernden Adeligen brachten ihre adelige, polnisch-lateinische Kultur mit, die wiederum der ein- heimische, ruthenische und litauische Adel aufnahm, ermöglichte sie doch die Parti- zipation an der Welt der europäischen Aristokratie und der westlichen Kultur. Diese „Polonisierung“ der Eliten stellte einen allmählichen, weitgehend freiwilligen Prozess dar. Die gemeinsame Elitenkultur und vor allem die geteilte sarmatische Herkunfts-

14 KIENIEWICZ, Kresy, S. 4. Den Begriff soll Maurycy Mochnacki in den politischen Sprach- gebrauch eingeführt haben, in seinem Hauptwerk schrieb er von zabrane gubernije (wegge- nommene Gouvernements), siehe: MOCHNACKI, z.B. Bd. 1, S. 15, 21, 25, 29, 54, 61, 64 et passim. 15 KOLBUSZEWSKI, Kresy.

21 legende16 als übernationale, verbindende Konstruktion repräsentierte ein Dach, unter dem sich Loyalität gegenüber der Republik als Ganzer mit regionaler Identifi kation oder ethnischer Abstammung vereinbaren ließ.17 Nur so ist zu verstehen, dass der ein- heimische Adelige gleichzeitig gente Ruthenus, aber natione Polonus18 sein konnte. Und nur so erklärt sich, warum Adam Mickiewiczs berühmtes Versepos Pan Tade- usz , das mit dem Anruf: „Litwo! Ojczyzno moja!“ (Litauen! Mein Vaterland!) beginnt, als das gleichsam „polnischste“ Werk der Romantik in die Nationalliteratur einging. Die Nation im Verständnis des frühneuzeitlichen polnisch-litauischen Unionsstaats umfasste ohnehin nur die Adeligen, nicht aber das Volk (lud19), hier die überwiegend ruthenischen (orthodoxen) Bauern. Die allmähliche Ausdehnung des Nationsbegriffs auf andere Bevölkerungsschichten, auf Stadtbürger und Bauern, erfolgte erst im Laufe des 19. Jahrhunderts. So hielt sich lange die Vorstellung von einer ethnisch übergrei- fenden Nation, die einerseits noch im Ständegedanken des Adels wurzelte, andererseits den Brückenschlag zum modernen Staatsbürgerbegriff der Französischen und Ameri- kanischen Revolutionen zuließ. Auch in den hier untersuchten Konzepten spielt dieses Nationsverständnis eine große Rolle, sogar für den Nationaldemokraten Jan Ludwik Popławski. Die Ostgebiete der alten Republik waren also niemals im ethnischen Sinne mehrheit- lich polnisch besiedelt, sondern die Bevölkerung war überaus heterogen strukturiert.20 Im hier betrachteten Zeitraum stellten Litauer, Weißrussen und Ukrainer die Mehrheit der Bauern, wenngleich sie in stark unterschiedlichem Maße nationalem Gedankengut zugänglich waren. Oft spielten die konfessionelle Zugehörigkeit und die Bindung an eine Kirche eine größere Rolle als die Umgangssprache, die zudem je nach gesell- schaftlichem Kontext verschieden sein konnte oder aufgrund zahlreicher Übergangs- und dialektaler Formen gar nicht so eindeutig zu bestimmen war. Polnisch dominiert war der Großgrundbesitz. Auch in den Städten stellten die Polen einen großen Anteil, insbesondere an der Intelligenz. Hinzu kamen Juden – vor allem in den Städten und Kleinstädten, den schtetelech –, Deutsche, Tschechen, Armenier. Insgesamt war der polnische kulturelle und sprachliche Einfl uss in den multikonfessionell, multiethnisch und mehrsprachlich strukturierten Ostgebieten prägend. Nationale, konfessionelle und soziale Kategorien überlagerten einander. Über 90 Prozent der Bevölkerung arbei- teten in der Landwirtschaft, die sich strukturell deutlich von derjenigen in Zentral- und

16 Die im 15. und 16. Jahrhundert von polnischen Humanisten entwickelte Legende einer gemeinsamen Abstammung von den antiken Sarmaten integrierte die adeligen Eliten der in den polnisch-litauischen Staatsverband eingegliederten Regionen über politische, konfessionelle, nationale und sprachliche Trennlinien hinweg und diente der historischen Legitimation der Republik. Siehe BÖMELBURG, Nationen, besonders S. 409 ff.; ULEWICZ. 17 Dieses zweistufi ge Selbstverständnis beschreibt für Litauen BARDACH, O świadomości. 18 Dieser Ausdruck wird in der Forschung meist auf Stanisław Orzechowski (1513-1566) zu- rückgeführt, jedoch konnte David Althoen inzwischen zeigen, dass die Formulierung bei Orzechowski bisher nicht nachweisbar ist. Ohnehin kann die Aussage der Wendung erst für das nationale Bewusstsein ruthenischer und litauischer Adeliger im 19. Jahrhundert gelten und wurde erst dann in frühere Jahrhunderte zurückprojiziert. Siehe ALTHOEN. 19 Zum Volksbegriff siehe PISKORSKI, Volksgeschichte. 20 EBERHARDT, Bibliografi a.

22 Westpolen unterschied. Von vorkapitalistischen Strukturen gekennzeichnete Wasser-, Weide- und Waldwirtschaft spielten eine große Rolle, Ackerwirtschaft war längst nicht so zentral wie in den anderen Landesteilen. Holz bildete den wichtigsten natürlichen Rohstoff dieser Region. Die Infrastruktur der Ostgebiete war vergleichsweise wenig ausgebaut, die Analphabetenrate unter der erwachsenen Bevölkerung lag bei bis zu 90 Prozent. Die ehemals ostpolnischen Gebiete, die im Untersuchungszeitraum als „Westgou- vernements“ völlig in das russische Reich integriert waren, sahen sich im Laufe des 19. Jahrhunderts einem wachsenden Russifi zierungsdruck ausgesetzt, der sich nicht auf Sprache und Konfession beschränkte. Insbesondere nach den Aufständen 1830/31 und 1863/64 wurden zahlreiche Aufständische aus den Ostgebieten hingerichtet oder nach Innerrussland oder Sibirien verbannt, etliche polnische Adelsgüter enteignet und die römisch-katholische Kirche schwer bedrängt. Diese Verfolgungen betrafen Polen aus den Ostgebieten deswegen in hohem Maße, weil die zarische Regierung mit harten Maßnahmen danach strebte, die soziale und politische Führungsposition der Polen zu beseitigen. Zwar schwächten die scharfen antipolnischen Maßnahmen den polnischen kulturellen und wirtschaftlichen Einfl uss, grundsätzlich erschüttern konnten sie ihn aber nicht. Die kurzzeitige Liberalisierung im Zuge der Revolution von 1905 belebte das gesellschaftliche und nationalpolitische Leben der Polen in den Ostgebieten, es wurden Organisationen, Schulen, Presseorgane gegründet, die römisch-katholische Kirche konnte in größerer Freiheit agieren. Diese Liberalisierungen kamen auch den nationalpolitischen – und damit häufi g antipolnischen – Bewegungen der Litauer, Weiß russen und Ukrainer zugute.

Mythen

Wie für viele umstrittene Gebiete erlangten auch für die polnischen Ostgebiete seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Raummythen eine hohe Deutungskraft. Sie

„basieren auf bestimmten territorialen Vorstellungen, die wiederum durch Raummythen in der jeweiligen Gesellschaft verankert werden und die in spezifi scher Weise der Produktion von ‚vorgestellten Räumen‘ dienen. Sie fi nden sich vor allem dort, wo der (eigene) Raum ‚abgesteckt‘, defi niert werden soll, wo also Gebiete beansprucht werden, deren Besitz ge- rechtfertigt und verteidigt werden muss. Letztlich wird daher das eigene Territorium sakrali- siert. Daher beschreiben Raummythen vor allem (umstrittene) Grenzgebiete und Bilder von der Grenze, so dass keine anderen Mythen derart helfen, die (fehlende) räumliche Kontur einer Gesellschaft ‚auszubessern‘ wie Raummythen.“21

Wichtigster und in höchstem Maße sinnstiftender Raummythos für die Ostgebiete war der des antemurale christianitatis.22 Auch die Vorstellung von einer als historische Auf-

21 HEIN-KIRCHER, Überlegungen, S. 412; DAVY. 22 HEIN-KIRCHER, Antemurale; umfangreich, aber eher deskriptiv und mit unzureichenden Quel lenangaben: TAZBIR, Polska przedmurzem; Vorläufer dieser überarbeiteten Ausgabe war DERS., Polskie przedmurze; begriffsgeschichtlich: DERS., Od antemurale.

23 gabe der Polen begriffenen, zivilisatorischen Sendung erscheint als auf die polnischen Ostgebiete bezogener Raummythos. In beiden Fällen verschränkten sich Eigenschaften des Raumes mit historischen Begebenheiten, so dass der mythisierte Raum und das mythisierte historische Ereignis miteinander verschmolzen und nicht mehr getrennt voneinander denkbar waren. Die Ostgebiete erschienen im historischen Gedächtnis der Gesellschaft als der Ort, an dem die Polen einen besonderen Beitrag zur europäisch- abendländischen Geschichte leisteten und der deswegen als lieu de mémoire eng mit der nationalen Identität verbunden war. Diese Vorstellung fi ndet sich sowohl im My- thos des antemurale christianitatis als auch im Mythos der zivilisatorischen Sendung als einer historischen, überzeitlichen Aufgabe der Polen. Der Mythos vom antemurale wurde von verschiedenen historischen Anknüpfungspunkten gespeist: Angefangen von der als Verdienst Polens verstandenen Christianisierung Litauens im 14. Jahrhundert über die militärische Abwehr der Tataren bis hin zu der Vorstellung, dass Polen die drohende osmanische Expansion aufgehalten und somit den christlichen Charakter Eu- ropas gesichert habe. Nota bene blendete der Mythos dabei gefl issentlich aus, dass das polnische Engagement bei der Abwehr der Osmanen tatsächlich zunächst gering war und dass der polnische Adel in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vom osmanischen Reich fasziniert war, was noch lange in den Adelstrachten sichtbar blieb. Das Bild vom östlichsten Vorposten des lateinischen Westens erwies sich als fl exibel anwendbar, denn es fungierte sinnstiftend in unterschiedlichen geschichtlichen Kontexten. Nicht nur gegen die Osmanen und Tataren war Polen Vormauer, im 19. Jahrhundert wurde das Bild übertragen auf die Abwehr der Russifi zierungspolitik während der Teilungen, auf die Abwehr von Byzantinismus und „asiatisch-mongolischer Anarchie und Barbarei“, im 20. Jahrhundert schließlich auf die Abwehr des „Bolschewismus“. Zwar integrierte der Mythos vom antemurale christianitatis Polen aus allen Teilen des Landes, aber immer war er in besonderer Weise in den Ostgebieten verortet, fand er im wahrsten Sinne des Wortes dort statt, wo die Polen mit all den östlichen Gefahren kämpften, die dem Raum jenseits der Ostgrenzen des polnisch-litauischen Reiches zugeschrieben wurden. Für Polen aus allen Landschaften der alten Republik konnte der Osten so zu einer zentralen Chiffre für die nationale Tradition werden. Dass der Raum hinter der Grenze als fremde, als bedrohlich empfundene Welt konstruiert wurde, spielte auch für die Ostkonzepte eine wichtige Rolle. Besonderes Element des antemurale-Mythos war das „Ritterethos“, dem zuge- schrieben wurde, die kresy-Gesellschaft nachhaltig geprägt zu haben. Es besagte, dass der Ritter, der aus Zentralpolen auszog, die christlich-lateinische Zivilisation an der Grenze zur Barbarei zu verteidigen, oft ein hartes, entbehrungsreiches und gefährliches Leben „in der Ukraine“ (ukraina, zu Deutsch „Grenzland“) führen musste, andererseits dort sehr reich werden konnte. Vor diesem Hintergrund fand das Ethos des ritterlich- adligen, später patriotischen Helden in den kresy seine besondere Verortung, womit die Vorstellung verbunden war, dass es sich dort länger hielt als im restlichen Gebiet der Republik und dass sich die Formen, Sitten und Vorzüge der alten, ständischen Gesell- schaftsordnung in reiner Form in den kresy erhalten hätten.23

23 KOLBUSZEWSKI, Kresy, S. 15, 46. Das sah auch Maurycy Mochnacki 1834 schon so: MOCH- NACKI, Bd. 1, S. 21: „Im Gegenteil, das nördliche und das südöstliche Polen, das sind Litauen

24 Eng verbunden mit dem Bild der Vormauer war auch die Vorstellung, die westlich- lateinische Kultur in die dem gefährlichen Osten entrissenen Gebiete zu bringen. Diese „zivilisatorische Missi on“ wurde als eine Aufgabe verstanden, die den Polen von der Geschichte, gar von Gott zugedacht und die als Konstante in der polnischen Geschichte seit dem 14. Jahrhundert wirkmächtig sei. Da – wie später zu zeigen ist – diese Mission auch in Gegenwart und Zukunft weiterhin polnische moralische Verpfl ichtung bleibe, erscheint sie sogar als überzeitlich. Die Idee einer „nationalen Mission“ war – in histo- risch-territorialem, nicht ethnisch-sprachlichem Nationsverständnis – schon Teil des polnischen Messianismus, der sich nach dem Novemberaufstand 1830/31 entwickelt hatte, und im polnischen politisch-philosophischen Diskurs so fest verankert, dass sie sich leicht in verschiedenen Kontexten abrufen ließ.24 Ob es sich nun bei den drei genannten Mythen – antemurale, Zivilisierungsmis- sion, Ritterethos – um drei einzelne Mythen handelt oder um einen Komplex von sich ergänzenden und verstärkenden Elementen, von denen mal das eine, mal das andere akzentuierter hervortrat – mal die konfessionell-religiöse, mal die zivilisatorisch-poli- tische Komponente –, muss hier nicht entschieden werden. Wichtiger ist, dass sie große Deutungskraft und Orientierungswert innerhalb der Ostkonzepte gewannen und sogar als handlungsleitend bezeichnet werden können.

und Ruthenien! In diesen Gegenden konservierte das ununterbrochene, seit der Teilung an- dauernde Moskauer Joch die Formen, Bräuche, Laster und Vorzüge der alten Gesellschafts- ordnung vollständig; in der Unfreiheit die der Bauern, im Patriotismus die des Adels.“ 24 Freilich war die Idee der „nationalen Mission“ nur eine von mehreren konstituierenden Charakteristika des polnischen Messianismus. Es handelt sich um ein historiosophisch- religiöses (soteriologisches und eschatologisches) Konzept, das den Glauben an die Erschaf- fung des irdischen Reiches Gottes beinhaltete. Siehe WALICKI, Mesjanistyczne koncepcje.

25 3 Die Diskussion um das polnische Territorium

Seit den Teilungen Ende des 18. Jahrhunderts galten als Grenzen Polens und damit als Grenzen des wiederzuerrichtenden Staates selbstverständlich diejenigen von 1772, wie sie vor der ersten Teilung der polnisch-litauischen Republik verliefen. Dies galt unab- hängig von der politischen Orientierung und betraf die Konservativen ebenso wie die Fortschrittlichen in Polen wie in der Emigration.1 Im Januaraufstand 1863/64 war der Anschluss der Gebiete der ehemaligen Republik beider Nationen, die als die Gouver- nements Kowno, Wilna, Grodno, Mogilew, Witebsk sowie Wolhynien, Podolien und Kiew als sogenannte „Westgouvernements“ direkt in das Zarenreich eingegliedert wor- den waren, an das Königreich Polen eine unumstrittene und zentrale Forderung.2 Die Niederlage des Aufstandes bildete jedoch in mehrerlei Hinsicht eine Zäsur. Zunächst einmal bedeutete sie das Scheitern der Strategie, Polen auf dem Wege einer Insurrekti- on als selbständigen Staat wiederherzustellen. Diese Konsequenz erkannten weite Teile der polnischen Gesellschaft, und nach dem Aufstand machten sich Ratlosigkeit und Resignation breit. Wenn nicht durch einen Aufstand, wie sollte Polen dann wieder- geboren werden? In dieser Atmosphäre entstand der „Warschauer Positivismus“ als pragmatische Antwort auf die gescheiterten Aufstände, eine der „organischen Arbeit“ (praca organiczna) zuzurechnende geistige Strömung, nach der Polen sich innerlich modernisieren und die überkommenen Reste der alten Feudalgesellschaft überwinden müsse, um der Nation eine Zukunft zu sichern.3 Die Idee der organischen Arbeit basierte auf dem Bild, dass die Gesellschaft eine Art Organismus bilde, der alle gesellschaftlichen Schichten umfasse und der nur dann gut arbeite, wenn seine einzelnen Organe stark seien. In Abgrenzung vom romanti- schen Patriotismus der Aufstände verstanden ihre Anhänger die organische Arbeit als konstruktiven Patriotismus. Sie strebten danach, die polnische Gesellschaft wirtschaft- lich, kulturell und moralisch in Selbstorganisation zu stärken und damit die Existenz als Nation auch unter den Bedingungen fortwährender Fremdherrschaft zu sichern. Zwar müsse das polnische Volk mittelfristig hinnehmen, dass es auf drei Staaten auf- geteilt sei, doch sollte es die entbehrte staatliche Einheit auf diese Weise zumindest geistig sicherstellen. Da die Vertreter der organischen Arbeit die Ursache der Nieder- lagen in der Unterentwicklung der bäuerlichen und bürgerlichen Schichten Polens sa- hen, engagierten sie sich für die Einführung moderner ökonomischer Formen in In-

1 TOMASZEWSKI, Kresy. 2 KIENIEWICZ, Wizja; FAJNHAUZ. 3 Siehe die Quellensammlung KIZWALTER, Droga.

26 dustrie, Landwirtschaft und Handel. Durch zivilisatorischen Fortschritt, zum Beispiel im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Hygiene, durch Industrialisierung und Hebung des Kultur- und Wissensniveaus sollten die nationalen Kräfte gestärkt und die gesellschaftlichen Schichten geeint werden. So sollten alle Bevölkerungsteile in solidarischer, schrittweiser Mitarbeit zum wirtschaftlichen Aufschwung des Landes, zur allgemeinen Verbesserung der Lebensbedingungen und zum besseren Zugang zu Bildung beitragen. Diese umfassende Modernisierung sollte der Politik der Germani- sierung beziehungsweise Russifi zierung der Teilungsmächte entgegenwirken. Weitere Ziele der Positivisten waren die Emanzipation der Frauen und die Assimilierung der Juden. Freilich waren die „Warschauer Positivisten“ der 1870er und 1880er-Jahre um Aleksander Świętochowski4 (1849-1938) nicht die einzige Strömung der „organischen Arbeit“. Auch die Posener „Organiker“ der 1840er-Jahre um Karol Libelt (1807-1875) nach der Niederlage des großpolnischen Aufstandes in der Provinz Posen5 und die Kra- kauer „Stańczycy“6 der späten 1860er und 1870er-Jahre um Jozef Szujski7 werden dar- unter gefasst. Berühmt ist der Positivismus als literarische Strömung: Einfl ussreiche Schriftsteller wie Bolesław Prus, Maria Konopnicka oder Eliza Orzeszkowa sahen in der Literatur ein Instrument, um soziale oder moralische Probleme zu thematisieren. Das Programm der „organischen Arbeit“ wurde in allen Teilungsgebieten – wenn auch auf unterschiedliche Art – einfl ussreich und bedeutete, die Realität der Staaten- losigkeit zumindest vorübergehend zu akzeptieren und auf den opferreichen, aber aus- sichtslosen gewaltsamen Kampf bis auf weiteres zu verzichten. Im russischen Teilungs- gebiet entstand die Richtung der „Verständigungspolitik“ (ugoda), die in Anlehnung an den galizischen Ausgleich eine polnisch-russische Verständigung forderte, um die pol- nischen Interessen zu sichern. Die Anhänger der Verständigungspolitik hofften darauf, dass sich Russland zu einem liberaleren Staat entwickeln könne. Auch diese Position setzte voraus, den Verzicht auf die Unabhängigkeit zumindest vorübergehend hinzu- nehmen. Erfolge zeitigte dieser Loyalismus nicht. Ende des 19. Jahrhunderts begannen sich neue Strömungen im politischen Denken zu entwickeln, die sich vom Warschauer Positivismus absetzten und auch die Diskussion über die innere und äußere Gestalt des künftigen Polens allmählich wieder in Gang brachten. Großen Anteil daran hatte die Generation der „Unbeugsamen“ (pokolenie niepokornych)8, die erste Generation

4 BRYKALSKA, Świętochowski. Biografi a, sowie DIES., Świętochowski redaktor. 5 MAKOWSKI. 6 Die Stańczycy waren eine in den 1860er Jahren entstandene politische Gruppierung, die nach einer Serie satirischer Briefe benannt wurde, die die Gruppe unter dem Titel Teka Stańczyka (Stańczyks Aktenmappe) 1869/70 in ihrer Zeitschrift Przegląd Polski (Polnische Rundschau) veröffentlicht hatte. In Form fi ktiver Briefe des Stańczyk, eines Hofnarren der polnischen Könige aus dem 16. Jahrhundert, dessen Aufgabe es gewesen war, dem König in humoristischer Form bittere Wahrheiten mitzuteilen, legten die Verfasser ihre Ansichten zur polnischen Gesellschaft in Galizien dar. Sie kritisierten die Heroisierung der polnischen Geschichte und machten die Polen selbst für den Verlust der staatlichen Unabhängigkeit verantwortlich. Siehe die Quellensammlung KRÓL, Stańczycy. 7 Zu Szujski siehe unten, S. 144, Anm. 565. 8 Den Begriff prägte der Historiker Cywiński mit seinem vielbeachteten Buch CYWIŃSKI. Mit dieser Studie über den Typus des politisch und gesellschaftlich engagierten polnischen

27 junger Polen nach dem Januaraufstand, die mit den Erzählungen von den Helden des Aufstandes großgeworden war und sich, geprägt von diesen Eindrücken, erneut den Idealen der polnischen politischen Romantik zuwandte, zumindest aber die Passivität der älteren Generation kritisierte und den Kampf für ein unabhängiges Polen erneut aufnahm. So geriet der Positivismus in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts in die Krise und die Neoromantik gewann an Einfl uss. Das Konzept der organischen Arbeit schien erfolglos gewesen zu sein und der Loyalismus gegenüber Russland hatte eben- sowenig eine Linderung des Russifi zierungsdrucks bewirkt wie derjenige dem Deut- schen Reich gegenüber die Germanisierungspolitik abschwächte. Eine Reaktion auf die verstärkte nationale Unterdrückung war die Hinwendung zur glorreichen Vergangen- heit als polnisch-litauisches Großreich, deren berühmtester Ausweis die Trilogie von Henryk Sienkiewicz9 wurde. In den neunziger Jahren entstand, in engem Austausch mit der künstlerischen Avantgarde im westlichen Ausland, aber auch in Russland, mit Młoda Polska (Junges Polen) eine zeitgenössische Kunstrichtung, die Musik, Literatur und bildende Kunst umfasste und einen generellen geistigen Aufbruch im intellektu- ellen Leben befruchtete.10 Eine vielfältige Publizistik blühte auf, gleichzeitig differen- zierten sich die wissenschaftlichen Disziplinen an den Hochschulen aus und die Natur- wissenschaften erlebten einen Aufschwung. Zentren der Młoda Polska waren Lemberg und Krakau11, auch Zakopane12, aber eben nicht Warschau. Zur selben Zeit begannen sich neue gesellschaftlich-politische Bewegungen zu bilden und auszudifferenzieren, die als Grundlage für spätere Parteigründungen dienten. So gerieten das kulturelle und das politische Leben in allen Teilungsgebieten wieder stärker in Bewegung. Die Politik musste sich den Herausforderungen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mo- dernisierung und der sozialen Frage stellen. Vor allem zwei neue, große Bewegungen sollten die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg prägen. Beide vertraten eine entschieden ge- samtpolnische Perspektive und beide traten mit dem Anspruch auf, ein neues Polen zu schaffen. Erste größere sozialistische Organisation war das 1882 entstandene „Proletari- at“, das durch zahlreiche Verhaftungen aber rasch wieder zerschlagen wurde.13 1892

Intellektuellen des späten 19. Jahrhunderts verfolgte Cywiński die Absicht, die damaligen Strategien der Intelligenz für die Solidarność-Bewegung fruchtbar zu machen, daher ist eine gewisse Sympathie des Autors für deren romantische Positionen nicht zu verkennen. 9 Trilogie historischer Romane, die in romantisierender und glorifi zierender Weise Ereignisse der polnischen Geschichte des 17. Jahrhunderts thematisiert (Ogniem i mieczem 1884, Potop 1886, Pan Wołodyjowski 1888). Während die Literatur des Positivismus sich von der romantisierenden Hinwendung zu den kresy gelöst hatte, stand Sienkiewicz wieder ganz in der Tradition von Pols Mohort. 10 Der Begriff „Młoda Polska“ geht auf den Schriftsteller Artur Górski (1870-1959) zurück, der unter diesem Titel 1898 in einer Reihe von Artikeln im Krakauer Życie (Leben) den literarischen Positivismus kritisierte. In einem programmatischen Manifest stellte er ihm ein literarisches Programm junger Künstler entgegen. WĘGRZYNOWSKI; TOMKOWSKI; HUTNIE- KIEWICZ. 11 CZABANOWSKA-WRÓBEL. 12 MAJDA. 13 KOBERDOWA.

28 schloss sich in Paris die patriotische Richtung der polnischen Arbeiterbewegung zur Polska Partia Socjalistyczna (Polnische Sozialistische Partei, PPS) unter der Führung von Bolesław Limanowski und Stanisław Mendelson zusammen. Im Lande selbst wur- den in allen Teilungsgebieten Organisationszentren aufgebaut, die miteinander Ver- bindung hielten. Zwar kam es schon bald zu Abspaltungen des internationalistischen Flügels14 und des jüdischen Bundes15, doch blieb die PPS bis zum Weltkrieg die größte und einfl ussreichste polnische Arbeiterpartei.16 In Galizien, dem Geburtsland aller hier behandelten Ostkonzepte, hatte sich die sozialistische Bewegung bereits in den 1870er Jahren unter Führung von Limanowski zu formieren begonnen. Das dort zunächst füh- rende Lemberger linksintellektuelle Milieu erörterte die in Galizien virulente Nationa- litätenproblematik mit dem Ziel, die nationale Gleichberechtigung von Polen, Ruthe- nen und Juden anzustreben. Dabei enthielten die programmatischen Schriften der PPS stets die Forderung nach einer „freiwilligen Föderation bei völliger Gleichberechtigung der Nationalitäten“ auf dem Gebiet der ehemaligen polnisch-litauischen Republik, auf die später zurückzukommen sein wird. Etwas später als die Sozialdemokratie entstand – zunächst in der Emigration, dann in Polen selbst – eine Bewegung, die sich als „national-demokratisch“ bezeichnete.17 Als Vorläuferorganisation gilt die 1887 in der Schweiz gegründete konspirative Liga Polska (Polnische Liga), deren Ziel es war, die polnische Unabhängigkeitsbewegung in der innerpolnischen Auseinandersetzung gegen den Loyalismus zu unterstützen.18 Im Lande selbst wurde die Bewegung in Warschau geboren, wo sich einige Studenten um Jan Ludwik Popławski, Zygmunt Balicki19 und Roman Dmowski20 und die Zei- tung Głos scharten, die als erstes nationaldemokratisches Organ gilt. Dennoch war

14 Socjaldemokracja Królestwa Polskiego (Sozialdemokratie des Königreichs Polen), seit 1900 Socjaldemokracja Królestwa Polskiego i Litwy (Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens). 15 Der Allgemeine jüdische Arbeiterbund von Litauen, Polen und Rußland wurde 1897 in Wilna gegründet. Er wollte alle jüdischen Arbeiter des Zarenreichs in einer sozialistischen Partei sammeln. ZIMMERMAN; GITELMAN; SUJECKI. 16 Zur den Anfängen der Geschichte der PPS liegt keine neuere Arbeit vor, ältere sind KANCE- WICZ; TOMICKI. 17 Zur Nationaldemokratie: WAPIŃSKI, Narodowa Demokracja 1893-1939. Zur Entwicklung des polnischen nationalistischen Gedankenguts im 19. Jahrhundert: PORTER, Nationalism. 18 KOZICKI. Kozicki war enger Mitarbeiter von Dmowski und Generalsekretär der polnischen Delegation bei der Pariser Friedenskonferenz. Hauptentstehungszeit des Buches ist 1939- 1941. Dass es keine neuere Arbeit über die Liga gibt, dürfte in der sehr schlechten Quellenla- ge begründet sein, siehe Piotr Wandyczs Rezension: WANDYCZ, Rezension. Er weist zurecht darauf hin, dass „Kozicki, who was deeply committed to the movement, could not treat the League in a detached academic manner. His personal involvement and his Weltanschau- ung, typical of the older generation of National Democrats, naturally permeate the study.“ Dennoch bietet das Buch, besonders angesichts der schlechten Quellenlage, unverzichtbares Material. 19 GROTT; KURCZEWSKA, S. 206 ff. 20 Bis heute gibt es keine moderne politische Biografi e zu Roman Dmowski. Siehe zuletzt den populärwissenschaftlichen Band KAWALEC.

29 in diesen Anfangsjahren die politische Orientierung der späteren Protagonisten der Nationaldemokratie noch etwas diffus. Popławski war von den russischen Narodniki geprägt, Balicki bezeichnete sich als Sozialist und enge Kontakte bestanden auch zu Bolesław Wysłouch, dem späteren Gründer der Volkspartei21, auch er von den Narod- niki inspiriert. Der Liga Polska und ihrem Ableger im Königreich22, dem konspirativen Studentenverband Związek Młodzieży Polskiej „Zet“ (Verband der polnischen Jugend) sowie diesen jungen Intellektuellen war „die Verbindung von nationalem Tatendrang und sozialem Befreiungsideal und die vage politische Vorstellung einer zukünftigen Nationalgesellschaft auf der Grundlage des Volkes, des Lud“23 gemeinsam. Im Laufe der 1890er Jahre bildete sich eine klarere ideologische Fundierung der späteren Natio- naldemokratie herau s: Dmowski übernahm die Führung der Liga Polska, leitete sie auf stärker nationalistische Gleise und gründete sie als Liga Narodowa (Nationale Liga) neu24, 1897 wurde das „Programm der nationaldemokratischen Partei“ als Manifest der Liga Narodowa proklamiert und 1898 der Zet der Liga untergeordnet und zugleich ideologisch schärfer ausgerichtet. Die drei Schöpfer und wichtigsten Theoretiker der Nationaldemokratie, Popławski, Balicki und Dmowski, entwickelten eine Ideologie, die auf der „Nation“ basierte –

„gedacht als eine zu homogenisierende Gemeinschaft (Verschmelzung von Lud und Naród), deren Entstehung man nicht dem Wirken der Zeit anvertrauen könne, sondern die aktiv ge- schaffen werden müsste durch (männliche) Willenskraft, Ordnung, Disziplin und Autorität, ohne moralische Restriktionen und mit klarer Benennung der ewigen, ‚natürlichen‘ Feinde.“25

Nach Inhaftierungen in Warschau aufgrund verbotener politischer Aktivitäten sie- delten sowohl Popławski als auch Dmowski nach Galizien über. Unter den vergleichs- weise günstigen Bedingungen der 1867/68 zugestandenen „Galizischen Autonomie“ hatte sich in Lemberg und Krakau das geistige Zentrum aller drei Teilungsgebiete etabliert. Nirgends konnte sich das polnische Publikationswesen besser entfalten als im österreichischen Kronland. Bereits 1897 war im Warschauer Untergrund die Nati- onaldemokratische Partei (Stronnictwo Narodowo-Demokratyczne, SND) gegründet worden, die ab 1903 in Galizien legal auftreten konnte und sich dort 1905 ebenfalls als Partei gründete.26 Durch ihre Legalisierung und ihre Beteiligung an den Dumawahlen

21 Zu Wysłouch siehe unten, S. 43 f. 22 Das „Königreich Polen“, auch bezeichnet als „Kongresspolen“, wurde 1867 in Folge des niedergeschlagenen Januaraufstandes in „Weichselland“ (Kraj Nadwiślański) umbenannt und in Form von zehn Gouvernements ins Zarenreich integriert. Da das Land von den Polen weiterhin als „Königreich“ bezeichnet wurde und der Begriff „Weichselland“ in keiner der hier untersuchten Quellen auftaucht, wurde in dieser Arbeit auch für den Zeitraum von 1867 bis 1918 der Terminus „Königreich“ verwendet. 23 BINDER, S. 114, Hervorhebung im Original. Zum Nationsbegriff der Nationaldemokratie sie- he WAPIŃSKI, Idea. 24 Die Satzung (ustawa) der Liga Narodowa ist abgedruckt in: Dokumenty. 25 BINDER, Galizien, S. 114, Hervorhebung im Original. 26 Ideologie und Programm der Nationaldemokratie werden im Kontext von Roman Dmowskis Territorialplänen (S. 45 ff.) und im Kapitel 4.1. zum Ostkonzept des Nationaldemokraten

30 gewann die Nationaldemokratie an Gewicht. Lemberg wurde ihr intellektuelles Zen- trum und ihre Steuerungszentrale, in Krakau dagegen spielte sie angesichts des großen Einfl usses von Konservativen und Demokraten nur eine kleine Rolle. Erst 1910 wur- de in Krakau in der Redaktion des Bauernblatts Ojczyzna (Vaterland) eine Filiale des Lemberger Parteibüros eingerichtet. Der Tradition der Genossenschaften folgend kam es 1895 zur Gründung einer Bau- ernpartei in Galizien, welche ab 1903 Polskie Stronnictwo Ludowe (Polnische Volks- partei) hieß.27 Die Volkspartei setzte sich vor allem für die Verbesserung der politischen, ökonomischen und kulturellen Lage der Landbevölkerung sowie für eine Landreform ein und forderte volle staatsbürgerliche Rechte für die Bauern, etwa das allgemeine Wahlrecht. 1913 spaltete sich die Partei in drei Richtungen und schwächte damit ihren Einfl uss. Daneben gründeten auch Konservative und Christdemokraten Parteien, doch waren PPS und SND als moderne, gesamtpolnisch ausgerichtete Parteien von beson- derer Bedeutung. In Lemberg war die Nationaldemokratie seit 1907 stärkste politische Kraft. Mit dem Aufschwung der breiteren gesellschaftlichen Diskussion in allen Teilungs- gebieten über die innere und äußere Gestalt des künftigen polnischen Staates geriet naturgemäß auch die Frage nach den Grenzen dieses Staates auf die Tagesordnung. Besondere Brisanz erhielt diese Frage in Bezug auf die Gebiete, in denen die Gren- zen von 1772 von den Nationalbewegungen in Frage gestellt wurden. Dies galt für die Grenzen zum Deutschen Reich, wo die Nationalisierung polnischsprachiger Be- völkerungsgruppen vor allem in Oberschlesien, aber auch im südlichen Ostpreußen Forderungen nach Veränderungen gegenüber der Grenze von 1772 laut werden ließ. Es galt aber ebenso für die Grenze im Osten. Hier wurde die alte Grenze von den Na- tionalbewegungen der Ukrainer und der Litauer, später auch der Weißrussen, in Frage gestellt. Weite Teile der polnischen politischen Elite fühlten sich durch diese konkur- rierenden Nationsbildungsprojekte herausgefordert und reagierten stark unterschied- lich: Von kategorischer Ablehnung bis hin zu enthusiastischer Begeisterung für die „erwachenden Brudervölker“ fi ndet sich ein breites Spektrum. Eine echte inhaltliche Auseinandersetzung um territoriale Ansprüche mit ukrainischen oder litauischen Stim- men kam freilich kaum zustande. Die deswegen nicht minder heftig geführte polnische Diskussion spielte sich weitgehend innerhalb polnischer Kreise ab. Sie spiegelte zum Teil die Gräben zwischen den politisch-ideologischen Lagern, wies aber mindestens ebenso häufi g auf die Gespaltenheit in dieser Frage innerhalb der Bewegungen hin. Somit wird deutlich, dass die Meinungen zur Ostgrenze häufi g nicht durch die Zuge- hörigkeit zu einem politischen Lager vorgegeben waren. Am Verhältnis der einzelnen Positionen zu den Ostgebieten lässt sich von geopolitischen Auffassungen über die be- vorzugte Gesellschaftsordnung und das Nationsverständnis bis hin zu wirtschaftspo- litischen Präferenzen vieles darüber ablesen, wie man sich das neue Polen wünschte. Insofern kam den ehemaligen östlichen Provinzen der alten Republik in der Diskussion über das Territorium des wiederzuerrichtenden Staates die Rolle eines Prüfsteines zu, denn wenn die nationale Auseinandersetzung die Diskussion um die Ostgebiete auch

Popławski ausführlicher besprochen. 27 Zur polnischen Bauernbewegung siehe zuletzt MOLENDA, Chłopi.

31 kräftig anheizte, so war die „nationale Frage“ doch nur ein Aspekt in dieser Diskussion. Sie wurde befeuert durch von den Teilungsmächten durchgeführte Volkszählungen, in deren Rahmen nach Muttersprache und Konfession gefragt wurde, zunächst 1861 in Preußen, seit der Gründung des Deutschen Reiches dann alle fünf Jahre bis 1910.28 Die erste moderne Zählung in der Habsburger Monarchie fand 1869 statt, sie wurde in den Jahren 1870, 1890, 1900 und 1910 wiederholt.29 Das Zarenreich führte die erste Zählung 1897 durch, ihre Ergebnisse waren allerdings erst 1905 vollständig veröffent- licht.30 Bereits zuvor stellten Polen Untersuchungen und Berechnungen darüber an, wie viele Landsleute wohl im russischen Teilungsgebiet lebten. Nach Veröffentlichung der Ergebnisse der staatlichen Zählung wurden derartige Berechnungen aus polnischer Sicht häufi ger, da die Ergebnisse der Teilungsmächte (zu Recht) als gefälscht abgelehnt wurden. Die erste Untersuchung zu Zahl und Siedlung der Polen in den Westgouver- nements veröffentlichte Edward Czyński 188731, sie löste eine Diskussion über Stärke und Rolle der Polen im Osten sowie später weitere Untersuchungen dieser Art aus32 und zwang dazu, sich mit der ethnisch durchmischten Siedlungsstruktur auseinander- zusetzen oder sie zumindest wahrzunehmen. Die Diskussion um die Ostgebiete wurde überwiegend in Form publizistischer Äußerungen (Zeitungsartikel, Einzelveröffentli- chungen und Memoranden), aber auch in wissenschaftlicher Fachliteratur geführt und ihre Extrempositionen reichten von der Vision eines Polens, das im Osten noch über die Grenzen von 1772 hinausreicht – so wurden große Teile der Bukowina oder Kiew als polnisch beansprucht – bis hin zu einem konsequent ethnisch defi nierten Territorium unter völligem Verzicht auf die Ostgebiete. Bevor nun die wichtigsten Positionen der Diskussion skizziert werden, damit das Diskussionsumfeld deutlich wird, in dem die zu analysierenden Ostkonzepte entstan- den, müssen ganz kurz die internationalen machtpolitischen Veränderungen durch den Ersten Weltkrieg umrissen werden, vor deren Hintergrund die Diskussion um die pol- nische Ostgrenze geführt wurde. Mit Ausbruch des Krieges standen sich die drei Großmächte, die Polen beinahe einhundertzwanzig Jahre zuvor unter sich aufgeteilt hatten und die im 19. Jahrhun- dert durch die „polnische Frage“ und durch ihre „negative Polenpolitik“33 miteinander verbunden waren, im Krieg gegenüber.34 Damit rückte die Möglichkeit, erneut einen polnischen Staat zu schaffen, nicht nur aus polnischer Sicht in greifbare Nähe. Auch die kriegführenden Staaten spielten mit dem Gedanken, aus taktischen Gründen einen wie auch immer gearteten polnischen Staat einzurichten. Zumindest sahen sie sich be- müßigt, den Polen Entgegenkommen zu signalisieren, um ihre Unterstützung im Krieg

28 Statistisches Jahrbuch. 29 DURDIK; LADSTÄTTER. 30 BAUER, Bd. A: Quellenkritische Dokumentation und Datenhandbuch, Stuttgart 1991. 31 CZYŃSKI. 32 WASILEWSKI, Ilu jest. Der Abriss von Czyński erschien 1909 in zweiter Aufl age. Außerdem DĄBROWSKI; BARTOSZEWICZ; WEINFELD; MALISZEWSKI; THUGUTT; ROMER, Ilu; ŚWIECHOW- SKI; WAKAR. Dazu siehe LEWANDOWSKI, S. 18 ff. 33 Diesen Begriff prägte ZERNACK, Polenpolitik. 34 PAJEWSKI, Odbudowa; HOLZER/MOLENDA.

32 zu gewinnen. Freilich verwendeten alle drei Mächte die polnische Unabhängigkeit sehr propagandistisch: Ein Aufruf des deutschen Generalstabs schwieg sich darüber aus, wie die polnische Unabhängigkeit aussehen solle, Habsburg äußerte sich ausnehmend vage35, auch das Manifest des russischen Oberkommandierenden war eher unverbind- lich.36 Nachdem die Mittelmächte weit in das Gebiet des Zarenreichs vorgedrungen waren und große Teile der ehemaligen Republik besetzt hatt en, proklamierten sie am 5. November 1916 ein „Königreich Polen“ als Erbmonarchie in enger Anbindung an die Mittelmächte.37 Welche Grenzen dieser Staat haben sollte, wurde zunächst offen gelassen. Die Tatsache, dass sich auch umfangreiche Teile der ehemaligen polnischen Ostgebiete in der Hand der Mittelmächte befanden, schien Polen die Möglichkeit zu er- öffnen, eine weit im Osten li egende Staatsgrenze zu erreichen. Nach dem Sturz des Za- ren in der Februarrevolution 1917 proklamierte die provisorische russische Regierung am 16. März 1917 in einem Manifest an die Polen, sie sei bereit, einen unabhängigen polnischen Staat zuzulassen, allerdings nur in engem militärischem Bündnis mit Russ- land.38 Auch in diesem Fall wurden keine Grenzen festgelegt; deren Defi nition müs- se eine verfassungsgebende Versammlung vornehmen. Einer solchen kam der erneute Umsturz im November zuvor und der Zweite Allrussische Sowjetkongress beschloss am 7. November 1917 das „Dekret über die Rechte der Völker Russlands“, laut dem jede Nation das Recht auf Selbstbestimmung, also auch auf staatliche Unabhängigkeit habe.39 Tatsächlich jedoch war das polnische Territorium von den Mittelmächten be- setzt und diese Machtverhältnisse wurden zunächst im Frieden von Brest-Litowsk fest- geschrieben. Erst mit dem Zusammenbruch der Mittelmächte im November 1918 und dem Abzug der Besatzungstruppen war der Weg frei, einen neuen polnischen Staat zu schaffen. In Paris wurde die Wiederherstellung Polens, einer der vierzehn Wilsonschen Punkte, zum Verhandlungsgegenstand der Siegermächte, doch diese zweifellos hoch- interessante Auseinandersetzung kann nicht mehr Teil dieser Arbeit sein. Stattdessen ist es nun an der Zeit, die wichtigsten Positionen in der Diskussion um die polnische Ostgrenze zu skizzieren.

Föderale Konzepte

Eine häufi g vertretene Position war es, auf dem Staatsgebiet von 1772 eine wie auch immer geartete Föderation zu schaffen. Ihre Befürworter äußerten, es sei ihr Ziel, die li- tauisch, weißrussisch und ukrainisch besiedelten Gebiete in einer Föderation mit Polen zu verbinden, gingen auf deren konkrete Ausgestaltung in der Regel jedoch nicht ein.40

35 KUMANIECKI, S. 25. 36 Ebenda, S. 27. 37 Ebenda, S. 48. PAJEWSKI, Odbudowa, S. 116 ff.; HOLZER/MOLENDA, S. 244 ff.; GROSFELD. 38 KUMANIECKI, S. 67 f. Eine englische Übersetzung der Proklamation ist abgedruckt in: BROWDER/KERENSKY, Bd. 1, S. 321 ff. Siehe auch TANTY. 39 PAJEWSKI, Odbudowa, S. 217 ff.; HOLZER/MOLENDA, S. 336 ff. 40 Zu den Anfängen der föderalen Orientierung der Sozialisten NOWAK, Wobec Rosji. Zu föderalen Konzepten der Sozialisten aus sozialistischer Sicht: GRÜNBERG, Polskie koncepcje.

33 Die PP S trat in ihrem Programm für „die völlige Gleichberechtigung der Natio- nalitäten auf der Grundlage einer freiwilligen Föderation auf dem Gebiet der ehema- ligen Republik“ ein.41 Selbständige Staaten zwischen Polen und Russland hielt sie für nicht mächtig genug, um ihre Unabhängigkeit Russland und dem Deutschen Reich gegenüber zu sichern. Der Vierte Kongress der Zweiten Sozialistischen Internationalen verabschiedete in London 1896 auf Initiative der polnischen Delegation eine Resolu- tion, die „jeder Nationalität das vollständige Recht zu[erkannte], über ihr Schicksal selbst zu bestimmen“42 – freilich hatten die polnischen Sozialisten dabei die polnische Nation im Sinn.43 Zahlreiche namhafte Sozialisten sprachen sich für weitgehende De- mokratisierung und Dezentralisierung im angestrebten gemeinsamen Staat aus.44 Die- sen Auffassungen lag der Glaube an die Kraft der sozialistischen Idee als solcher zu Grunde, die dazu führen werde, dass nach dem Sieg des Sozialismus die Völker der ehemaligen Republik selbstverständlich freiwillig eine Föderation mit Polen eingehen würden. Wenn staatliche Gegensätze und Klassenfeindschaft ausgeräumt seien, stünde der friedlichen und einvernehmlichen Lösung der Nationalitätenfrage nichts entgegen. Konkrete Überlegungen zu Grenzverläufen oder der Ausgestaltung einer Föderation, die über vage Formulierungen hinausgehen, fi nden sich nicht.45 Bolesław Limanowski, der aus Livl and gebürtige Urvater des polnischen Sozialismus46, verteidigte die Gren- zen von 1772 und das Ziel, den alten Staat entsprechend der gemeinsamen historischen Traditionen wiederherzustellen47, bis die föderale Idee 1921 scheiterte. Zugleich legte er Wert darauf, dass die Föderation freiwillig geschlossen würde:

„Die einzige und endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit obliegt den Nationen selbst. […] in freier und allgemeiner Abstimmung bestimmen sie selbst, ob sie sich durch Grenzen voneinander abtrennen oder ob sie miteinander in einer engen Föderation bleiben wollen. Was mich betrifft, so bekenne ich, dass ich als Pole, der inmitten lettischer Bevölke- rung geboren wurde, mir offen wünsche, dass die einst in Lublin von den führenden Staaten geschlossene Union in vollem Umfang von den Völkern erneuert würde.“48

41 [STANISŁAW MENDELSON:] Szkic programu Polskiej Partii Socjalistycznej [Pogrammskizze der Polnischen Sozialistischen Partei], in: Przedświt. Czasopismo socyalistyczne 5 (1893), S. 2-7, auch abgedruckt und mit Kommentaren versehen in: TYCH, Polskie programy, S. 253. Dazu mit zahlreichen Belegen: GRÜNBERG/SPRENGEL, S. 209 ff. 42 Z kongresu, in: Robotnik 17 (4.10.1896), S. 1-2, hier S. 1, auch abgedr. in: PIŁSUDSKI, S. 147. 43 JĘDRZEJEWICZ, Bd. 1, S. 85 f. 44 Zum Beispiel Bolesław Limanowski, Witold Jodko-Narkiewicz, Kazimierz Kelles-Krauz, Feliks Perl. 45 SULEJA, Kresy, S. 180 ff. 46 ŚLIWA, Limanowski; COTTAM; ŻYCHOWSKI; DUNIN-WĄSOWICZ, Limanowski; BARDACH, In- fl anty; KURCZEWSKA, S. 44 ff. 47 B.L. [BOLESŁAW LIMANOWSKI]: Dyskusje (wypowiedź w związku z artykułem Redakcji: Szkice Programowe) [Diskussionen (Wortmeldung zum Redaktionsartikel: Programmati- sche Skizzen)], in: Przegląd Społeczny 7 (1886), S. 50-54; DERS., Dzieje, S. 68. 48 Brief Limanowskis vom 28.10.1878 an die Zeitschrift Hromada, zitiert nach HAECKER, S. 256; im selben Sinne LIMANOWSKI, Naród, S. 94; DERS., Pamiętniki, Bd. 2 (1870-1907), S. 268.

34 Die Föderation müsse allen ihren Gliedern nach Schweizer Vorbild die nationale Gleich berechtigung sichern. Limanowski bewertete sprachliche und damit ethnische Kategorien als zweitrangig angesichts des übergeordneten Zieles, den historischen Staat wiederherzustellen, der sich auf viele Jahrhunderte gemeinsamer Tradition stütze. Er betonte besonders die Tradition der gemeinsamen Aufstände 1830/31 und 1863/64. Dass die potenziellen Föderationspartner Polens die staatliche Unabhängigkeit vorzö- gen, glaubte Limanowski nicht.49 Vielmehr ging er davon aus, dass die Ukrainer, Weiß- russen, Litauer und Letten angesichts gemeinsamer Geschichte, geografi scher Lage und wirtschaftlicher Interessen ihre Interessengemeinschaft mit Polen und die Chance darauf, ein machtpolitisches Gegengewicht zu Russland und Deutschland zu bilden, erkennen würden. Am häufi gsten wird die „föderale Position“ dem „Piłsudski-Lager“ der Sozialisten und insbesondere Piłsudski selbst zugeschrieben.50 Tatsächlich schimmert seine grund- sätzliche Neigung, die Ostgebiet e in den Staat einzubeziehen, in seinen Zeugnissen immer wieder durch, fassbar wird sie aber erst nach dem November 1918. Obschon Piłsudski für die praktische Verwirklichung der späteren Ostgrenze steht, hat er selbst kein Territorialkonzept formuliert, von einem Ostkonzept lässt sich erst recht nicht sprechen. Ihm war vor allem daran gelegen, Russland so weit wie möglich nach Osten abzudrängen, denn er war der Überzeugung, dass Russland – ob zarisch oder bolsche- wistisch – eine dauerhafte und ernste Bedrohung Polens sei. Wenn er also tatsächlich eine „föderale Lösung“ anstrebte, wie sie ihm von der polnischen Forschung über- wiegend zugeschrieben wird, dann in erster Linie, um Polen als Kern eines antirus- sischen Schutzbündnisses zu etablieren. Tatsächlich scheinen er und seine Mitstreiter nicht bereit gewesen zu sein, wesentliche Zugeständnisse an die anderen Nationalitäten als gleichberechtigte Föderationspartner einzugehen. Insofern sind Einschätzungen, Piłsudski habe letztendlich auch eher ein inkorporierendes Projekt verfolgt, nicht von der Hand zu weisen, insbesondere angesichts der Entwicklung nach 1918.51 Bereits ei- nige Formulierungen seines Memorandums an das japanische Außenministerium vom Juli 1904 weisen in diese Richtung: Darin traute er den „historischen Nationen“ (Polen, Finnen, Georgier) zu, in einem unabhängigen Staat zu existieren – also stark genug zu sein, um sich gegen Russland machtpolitisch zu behaupten –, den „unhistorischen Na- tionen“ (Litauer, Weißrussen, Letten, weitgehend auch Ukrainer) dagegen nicht. Des- wegen müssten sie sich entweder russischen oder eben polnischen Einfl üssen ergeben, wobei er Letzteres als natürliche Entwicklung darstellte.52 Propagandistisch beriefen sich die Föderalisten auf die Tradition der Union mit ihrem friedlichen Zusammenleben

49 DERS., Historia, S. 61; DERS.: Łączność Polski i Litwy w walkach o wolność [Die Zusam- mengehörigkeit Polens und Litauens in den Freiheitskämpfen], in: Wiadomości Polskie 1 (1915), H. 56, S. 3-5. 50 Über Piłsudskis Ostpolitik wurde viel geschrieben, zuletzt CISEK, Kilka uwag; DZIEWANOW- SKI, Piłsudski. 51 BENECKE, Ostgebiete, S. 20, siehe insbesondere das Zitat aus einem Schreiben Piłsudskis an Wasilewski. Etwas zurückhaltender, aber tendenziell ähnlich argumentierte Tomaszewski schon 1988, siehe TOMASZEWSKI, Kresy, S. 105. 52 PIŁSUDSKI, Bd. 2, S. 252. Dazu: LEWANDOWSKI, Federalizm, S. 43 f.

35 der Völker – das sie romantisch zu verklären neigten – und dem Bündnis „Gleicher mit Gleichen“, auf deren Grundlage auch in Zukunft die Beziehungen Polens zu seinen östlichen „Brudervölkern“ fußen müsse. In Analogie zum weit nach Osten ausgreifen- den Reich der Herrscherdynastie der Jagiellonen, der Rzeczpospolita obojga narodów (Republik beider Nationen), in deren Tradition als Realunion sich Föderalisten sahen, wurde die föderale Lösung als „jagiellonisches Konzept“ bezeichnet. Profi liertester Kopf und wichtigster Kenner der Ostgebiete im Lager der Sozialisten während des Krieges und in der Gründungsphase des Staates war Leon Wasilewski (1870-1936), ein enger Vertrauter Józef Piłsudskis. Nach seinem Beitritt zur PPS 1896 entwickelte er sich rasch zu einem führenden Aktivisten und Organisator der Partei, und seine publizistische Aktivität übte erheblichen Einfl uss auf die polnischen Debatten seiner Zeit zu nationalen Fragen aus.53 Aufgrund seiner Bedeutung und weil Wasilews- kis Positionen zu den Ostgebieten zentrale Elemente der Ostkonzepte von Popławski, Studnicki, Romer und Halecki aufweisen, dürfen sie hier nicht unberücksichtigt blei- ben. Andererseits entwickelte Wasilewski selbst kein regelrechtes Ostkonzept. Er setz- te sich zwar ausführlich mit den Nationalitätenfragen der Region auseinander, da er sich zeitlebens für Nationsbildungsprozesse, aber auch für Sprachwissenschaft und Ethnografi e interessierte, sein Nachdenken darüber weist aber keine ideologische Hin- wendung nach Osten auf. Er sah in den Ostgebieten weder den tieferen Charakter der polnischen Nation verortet, noch hielt er ihre Einbeziehung in den polnischen Staat für lebenswichtig zur Fortentwicklung der Nation als Ganzes. Dennoch fi nden sich zentrale Elemente der im Hauptteil dieser Arbeit untersuchten Ostkonzepte in seinen Schriften wieder, was auf deren starke Präsenz im polnischen Territoriums- und Iden- titätsdiskurs hindeutet. Stoczewska arbeitet heraus, dass sich Wasilewskis Ansichten zur litauischen, weißrussischen und ukrainischen Frage vor und während des Ersten Weltkriegs zum Teil erheblich unterscheiden.54 Bis zum Kriegsbeginn waren seine Auffassungen gekennzeichnet von der Sorge um objektive Darstellung der Entwick- lung der Nat ionalbewegungen, die er zum Teil mit deutlicher Sympathie beschrieb.55 Wasilewskis Arbeiten zu Litauen, Weißrussland und der Ukraine zeichnen sich durch gründliche Auseinandersetzung mit den historischen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Hintergründen der Nationsbildungsprozesse aus, die er im Vergleich zu vielen seiner Zeitgenossen in bemerkenswerter Weise sine ira et studio behandelte. Im Krieg dagegen gab er sein Bemühen um Objektivität auf und verfasste seine Texte von einem dezidiert polnischen Standpunkt aus.56 Er war der einzige politische Publizist,

53 WASILEWSKI, Drogi, S. XXXVIII. 54 STOCZEWSKA, Litwa, S. 114 f. Stoczewska untersucht in ihrer Arbeit Wasilewskis Schlüssel- begriffe in seiner Auseinandersetzung mit der Nationalitätenproblematik und zeigt Genese und Wandlungen seines Denkens über die Ostgebiete auf. 55 Siehe z.B. WASILEWSKI, Ukraina. 56 Eindrucksvoll deutlich wird dieser Perspektivwechsel im neuen Vorwort von WASILEWSKI, Kresy Wschodnie, das eine Neuausgabe seines Buches DERS., Litwa i Białoruś, darstellte. Während er im alten Vorwort die Gleichberechtigung aller ethnischen Gruppen herausstellte, die das Territorium des historischen Litauen bewohnten, betonte er im neuen vor allem Russland als gemeinsamen Feind.

36 der während des Ersten Weltkriegs systematisch Arbeiten zu Nationalitätenfragen ver- öff entlichte. Nach dem Sturz des Zaren im Frühjahr 1917 konzentrierte sich Wasilew- ski darauf, die Stärke der Polen in den Ostgebieten zu betonen und ihr den Mangel an staatsbildenden Eigenschaften der anderen dort lebenden Nationen gegenüberzustellen. Er äußerte sich zwar nicht dazu, wie er sich die Zukunft der Ostgebiete nach Kriegs- ende vorstellte, aus einigen seiner Aussagen lässt sich aber schließen, dass er ihren Anschluss an Polen vorsah. Obwohl er das Wort „Inkorporation“ nicht benutzte, wird deutlich, dass er eher eine inkorporierende als eine föderale Lösung anstrebte.57 Zu jeder Zeit grundlegend für Wasilewskis Argumentationen war die These, eine fundamentale Kulturgrenze trenne die westlich-lateinische von der östlich-orthodoxen Welt, dem „moskowitischen Asiatentum“58. Polen verstand er als glänzenden Vertreter ersterer und Russland als Verkörperung letzterer Sphäre. Die Ostgebiete der ehemali- gen Republik erschienen damit als Ort der Auseinandersetzung beider Mächte, die mit der Auslöschung der Republik keineswegs an ihr Ende gekommen sei:

„Dieses ganze Land war seit Jahrhunderten der Schauplatz des Kampfes und Wettbewerbes östlicher und westlicher Elemente, byzantinischer und römischer Zivilisation.“ Es sei Auf- gabe der Polen, „über die Eigenart Litauens und Weißrußlands [zu wachen], als der am wei- testen im Osten vorgeschobene Vorposten des Westens“, „[d]eshalb ist auch die Geschichte der letzten hundert Jahre in Litauen und Weißrußland im Grunde genommen die Geschichte des Kampfes zwischen Rußland und Polen.“59

In der kontroversen Frage der Beurteilung der polnisch-litauischen Union sowie der historischen Vergangenheit Litauens nahm Wasilewski einen vermittelnden Standpunkt ein, der dem der Krajowcy näher lag als dem der Nationaldemokraten.60 Dennoch be- zeichnete er die alte Republik als „polnische Staatsformation“, da die Union Litauen zu einem „integrierenden Bestandteil der Republik Polen“, zu einer Provinz habe werden lassen.61 Er betonte die außerordentliche Bedeutung des polnischen Bevölkerungstei- les, seine Kultur, Politik und Wirtschaft prägende Kraft sowohl in der Vergangenheit62 als auch für die Gegenwart, „die in keinem Verhältnisse zu der tatsächlichen nume- rischen Stärke der Polen in Litauen und Weißrußland steht“63. Mit seiner Ausdehnung nach Osten habe Polen „riesige Kolonisationsgebiete [gewonnen] und die Möglichkeit, seinen nationalen und kulturellen Einfl uss in der Bevölkerung auszudehnen“, die zu

57 L.W. [DERS.]: O wschodnią, S. 13; DERS.: Granicy wpływów Kultury polskiej [Die Ein- fl ussgrenzen der polnischen Kultur], in: Kultura Polski 1 (1917), H. 2, S. 59-65, hier S. 62; STOCZEWSKA, Litwa, S. 119. 58 WASILEWSKI, Chelm, S. 32. 59 DERS., Verhältnisse, S. 34 f.; im selben Sinne DERS., Kresy Wschodnie, S. IV, VII. 60 STOCZEWSKA, Litwa, S. 86. Zu den Krajowcy siehe S. 41 ff. 61 WASILEWSKI, Verhältnisse, S. 9 f.; DERS., Litwa i Białoruś, S. 110. 62 Zahllose Belege in DERS., Ostprovinzen; DERS., Kresy Wschodnie, S. V f. 63 DERS., Verhältnisse, S. 34; im selben Sinne DERS., Kresy Wschodnie, Stosunki kulturalno-na- rodowościowe Litwy i Białej Rusi, S. 58.

37 dem Zeitpunkt selbst noch keine „nationale Physiognomie“ ausgebildet gehabt habe.64 Diese historische Entwicklung sah Wasilewski weiterhin wirksam:

„Neben dem deutschen ‚Drang nach Osten‘ [im Original deutsch] haben wir die analoge Erscheinung des polnischen ‚Dranges nach Osten‘ [im Original polnisch: parcie ku Wscho- dowi], der sich lebhaft entwickelte und noch entwickelt, sich weder aufhalten noch durch irgendein künstliches Mittel, das Russland gegen diesen Prozess vor dem Fall des polnischen Staates angewandt hätte, ernsthaft bremsen lässt.“65

Infolge des Dranges nach Osten, der durch die dünnere Besiedlung der Länder im Osten ausgelöst sei66, setzte sich der polnische Staat aus ethnisch verschieden besiedelten Ter- ritorien zusammen. Geprägt sei er aber allein von den Polen:

„Polen unterwarf sie [die fremden Gebiete, A.S.] mit seiner zivilisatorischen Überlegenheit, die sich einerseits in der höheren Entwicklung seiner Kultur, andererseits in der größeren Fortschrittlichkeit seiner gesellschaftlich-rechtlichen Organisation äußerte. Indem Polen die mit ihm verbundenen, nicht-polnischen Territorien gegen äußere Feinde verteidigte, beschenkte es sie zugleich mit seinen zivilisatorischen Errungenschaften, deren Träger die Polen, die massenhaft nach Osten zogen, und die sich polonisierenden Vertreter der örtlichen Gesellschaften wurden.“67

Die Folgen dieser Entwicklungen sah er auch in der Gegenwart weiterhin wirksam:

„Heute ist es [das polnische Element, A.S.] der einzige ernste Faktor, auf den man die Zu- kunft des Landes aufbauen kann. Ohne Rücksicht darauf, wie sich in Zukunft das innere Le- ben Litauens und Weißrußlands entwickelt und welche Rolle dort einmal den verschiedenen lokalen Elementen zufällt – im gegenwärtigen geschichtlichen Momente sind dort die Polen das einzige organisatorische Element im staatsbildenden Sinne.“68

Wasilewski hielt Litauer und Weißrussen nicht für fähig, eigene, unabhängige Staaten zu errichten69, da „die autochthone Bevölkerung, die die Mehrheit der Landesbewohner ausmacht, größtenteils eine amorphe ethnographische Masse bildet, die oft nicht einmal ein deutliches Nationalbewußtsein be sitzt, von politischen Bestrebungen gar nicht zu reden“70. Anders verhielt es sich mit den Ukrainern, in deren Nationalität (narodowość) er außerordentlich deutlich ausgebildete individuelle Merkmale erkannte.71 Dem Na- tionalbewusstsein der galizischen Ukrainer schrieb er schon vor dem Ersten Weltkrieg

64 Ebenda, S. V. 65 Ebenda, S. V und Galicya Wschodnia, S. 39 f. 66 Ebenda, S. 40. 67 Ebenda, S. VI. 68 DERS., Verhältnisse, S. 36. 69 DERS., O wschodnią, S. 16. 70 DERS., Verhältnisse, S. 8. 71 DERS., Kresy Wschodnie, Galicya Wschodnia, S. 6.

38 ein hohes Niveau zu. Wasilewski wurde sowohl als Kenner als auch – wohl nicht zu Unrecht – als Sympathisant der ukrainischen Nationalbewegung betrachtet.72 Mit der Ukraine und den Ukrainern verbanden ihn viele persönliche Erfahrungen und Freund- schaften. Bereits in St. Petersburg weckte der Kontakt zu ukrainischen Studenten sein Interesse für die „ukrainische Frage“ und als er 1893 nach Lemberg übersiedelte, lernte er Ukrainisch und freundete sich dort mit Vertretern der ukrainischen Nationalbewe- gung an, unter anderem mit Iwan Franko.73 Dennoch war er der Ansicht, dass auch die Ukrainer, ebenso wie Litauer und Weißrussen, kulturell und politisch noch nicht reif genug seien, um einen selbständigen Staat zu bilden. Diese Einschätzung änderte er erst vorsichtig in den ersten Monaten des Jahres 1918 vor dem Hintergrund der Aufnahme des Selbstbestimmungsrechtes der Völker in Wilsons Vierzehn Punkte und des Sepa- ratfriedens des Deutschen Reiches mit der Ukraine74. Nun ging er davon aus, dass „die Interessen der örtlichen Bevölkerung“75 berücksichtigt werden müssten und es ange- sichts der raschen Entwicklung der Nationsbildungsprozesse der Ukrainer, Litauer und Weißrussen für den polnischen Staat besser sei, keine größeren nicht-polnischen Bevöl- kerungsteile zu inkorporieren. Stattdessen sollte Polen mit seinen östlichen Nachbarn „politische oder nur ökonomische Verbindungen“ (związki) eingehen. Er betrachtete sie also als potenzielle Bündnispartner und erkannte damit die konkurrierenden Na- tionalbewegungen zumindest indirekt an.76 Sollte es zu diesen – nicht weiter konkreti- sierten – Bündnissen kommen, zeigte sich Wasilewski zu einem Verlauf der Ostgrenze bereit, der größere polnische Siedlungsgebiete außerhalb des Staates gelassen hätte. Andersfalls forderte er als Minimalprogramm die Eingliederung Wilnas mit seinem Umland und die gemischt besiedelten, katholisch geprägten Gebiete Weißrusslands für Polen.77 In jedem Fall sah er jegliche Art der Einbeziehung der ehemaligen Ostgebiete in den künftigen Staat als Element eines außenpolitischen Sicherungskonzeptes gegen Russland. Keineswegs soll hier der Eindruck erweckt werden, dass die Forderung nach einem föderalen Staat in den Grenzen von 1772 Kern sozialistischer Polenkonzepte war. Ne- ben den Befürwortern einer Föderation gab es auch sozialistische Anhänger eines eth- nisch defi nierten Polen, etwa Władysław Gumplowicz78. Eine Extremposition nahm die marxistische Sozialdemokracja Królestwa Polskiego i Litwy (Sozialdemokratie des Polnischen Königreichs und Litauens, SDKPiL) ein. Sie wandte sich grundsätzlich ge-

72 DERS., Drogi, S. XLI. 73 Ebenda, S. IX. 74 Siehe Kapitel 4.4.1., S. 141, Anm. 547. 75 DERS.: Granice państwa polskiego na wschodzie, in: Kultura Polski 2 (1918), H. 6, S. 83- 85, hier S. 84. 76 Ebenda, S. 85. 77 Ebenda. 78 WŁADYSŁAW GUMPLOWICZ: Socyalizm a kwestya polska [Der Sozialismus und die polnische Frage], in: Krytyka 8 (1906), Bd. 1, S. 23-32, 143-149, 304-313, hier bes. S. 143 ff. und 304 ff. sowie in Bd. 2, S. 23-30, 139-144, 268-277, 341-348, 426-435, hier S. 30 sowie S. 268 ff. Gumplowicz (1869-1942), Sohn des bekannten Soziologen Ludwik Gumplowicz, war Geograf, Wirtschaftswissenschaftler und Publizist.

39 gen Nationalstaaten und zeigte sich überzeugt, dass die Verwirklichung des Sozialismus die nationale Idee überfl üssig machen und überwinden werde. Wichtigste Theoretikerin dieser Position war Rosa Luxemburg.79 Indessen trat zum Beispiel einer der Gründer und der geistigen Väter der Nationaldemokratie, Zygmunt Balicki, für eine Föderation ein80, auch ein Aufruf an die litauischen Brüder, der 1894 vom Komitet Centralny Ligi Narodowej (Zentralkomitee der Nationalen Liga) auf Litauisch herausgegeben worden war, äußerte sich in diesem Sinne.81 Andererseits wurden föderale Lösungen auch in anderen politischen Lagern gefordert, etwa von Józef Kajetan Izydor Wysłouch, einem führenden Aktivisten der Volkspartei im Königreich.82 Auch in der Emigration wurde seit dem Ende des 19. Jahrhunderts häufi g die Forderung vertreten, das unabhängige Polen als Föderation wiedererstehen zu lassen. Die sich zunehmend lauter artikulie- renden Nationalbewegungen im Osten der ehemaligen Republik, die man als Regio- nalismen innerhalb der politisch und kulturell polnischen dominierten Gesellschaft zu akzeptieren bereit war, sollten nicht näher bestimmte Autonomien erhalten, die aber die polnische Dominanz über das gesamte Staatsgebiet nicht in Frage stellen durften.83 Nahezu alle föderalen Pläne gingen stillschweigend davon aus, dass die poten- ziellen Föderationspartner Litauen, Weißrussland und Ukraine eine Interessengemein- schaft mit Polen bildeten und daher selbst aus Gründen der Tradition und historischen Verbundenheit, aber auch der Staatsraison ein Bündnis mit Polen für attraktiv hielten. Diese Vorannahme wurde im Grunde nicht hinterfragt. Tatsächlich trafen polnische fö- derale Pläne nicht nur auf wenig Gegenliebe bei Litauern, Weißrussen und Ukrainern, die darin die Fortsetzung polnischer Dominanz sahen, sondern fanden auch in der Brei- te der polnischen Bevölkerung immer weniger Anklang. Für die meisten Polen aus dem Königreich, aus den preußischen Teilungsgebieten und auch aus Westgalizien waren die Ostgebiete weit weg und eher Symbol vergangener Größe oder mythischer Ort als handfestes politisches Anliegen, das Engagement lohne.84 Polen, die sich für die Einbe- ziehung der Ostgebiete in einen polnischen Staat einsetzten, hielten es eher für wichtig, die polnische Präsenz im Osten zu sichern und zu stärken, als dass sie sich mit der Be- rücksichtigung vielfältiger nationaler, kultureller und religiöser Bedürfnisse der nicht- polnischen Bevölkerung der Ostgebiete auseinandergesetzt hätten.85 Generell darf die Föderationsidee aber als Versuch gelten, die polnischen Territorialvorstellungen im Os- ten mit den Forderungen der benachbarten Nationen beziehungsweise mit der Realität

79 LUKSEMBURG, Rzecz, S. 39 f.; DIES., Program, sowie die Artikelserie DIES.: Kwestja narodo- wościowa i autonomja [Die Nationalitätenfrage und die Autonomie], in: Przegląd Socjal- demokratyczny H. 6, S. 482-515, H. 7, S. 597-631, H. 8-9, S. 687-710, H. 10, S. 795-818 (1908) und H. 12, S. 136-163, H. 14-15, S. 351-376 (1909). 80 BALICKI, S. 49. 81 STOCZEWSKA, Źródła, S. 236 f.; POBÓG-MALINOWSKI, S. 103 f. 82 WYSŁOUCH, S. 25 f. Der Kapuzinerpater Wysłouch (1869-1937) arbeitete auch eng mit So- zialisten zusammen und war beim niederen Klerus sehr beliebt, vom höheren wurde er aller- dings scharf kritisiert. Später trat er aus der Kirche aus. 83 SULEJA, Kresy. 84 WAPIŃSKI, Polska i małe, S. 224. 85 EBERHARDT, Polska ludność, S. 18.

40 der gemischten Besiedlungsstruktur in Einklang zu bringen. Zugleich wird deutlich, dass traditionelle Sichtweisen auf die Ostgebiete als polnische Provinzen fortdauerten, wie sich in der Berufung auf die historischen Traditionen, auf die Vorreiterrolle der Po- len, ihre historische Mission und ihr Selbstverständnis als paternalistische Schutzmacht spiegelt. Stets wurde den Polen eine politisch und kulturell führende Rolle zugedacht. Um 1905 sammelte sich in Litauen, vor allem in Wilna, ein kleiner Kreis polnisch- sprachiger Intellektueller landadeliger Herkunft, die sogenannten „Krajowcy“86. Sie verstanden sich einerseits als polnischsprachige, von polnischer Kultur geprägte Li- tauer im historischen, staatsbürgerlichen, nicht ethnisch defi nierten Sinne und waren sich andererseits der oft ethnisch litauischen oder weißrussischen Abstammung ihrer Geschlechter bewusst. Ihr Bezugsraum war d as Großfürstentum Litauen, als dessen Bürger sie sich in der Tradition eines nicht ethnisch defi nierten Staatsbürgerbegriffs betrachteten.87 Sie vertraten den Standpunkt, dass die litauische Staatlichkeit trotz der Teilungen rechtlich weiterbestehe, daher traten sie dafür ein, auf der Grundlage natio- naler Gleichberechtigung aller beteiligter Nationalitäten – auch der Juden – das Groß- fürstentum als von Polen unabhängigen, aber eng mit ihm verbundenen Staat wieder- zubeleben. Im Gegensatz zu litauischen Nationalisten, die die Polen in Litauen oft als fremde Zugezogene und als Minderheit bezeichneten, argumentierten die Krajowcy, dass die Polen neben Litauern und Weißrussen eine von drei einheimischen und den Staat gleichberechtigt bildenden Volksgruppen seien.88 Sie verbanden zwei verschie- dene Patriotismen miteinander, der patriotyzm krajowy (Landespatriotismus) verpfl ich- tete sie zur Arbeit für das historische Litauen, also für alle seine Nationalitäten, der pa- triotyzm polski (polnischer Patriotismus) verpfl ichtete sie zugleich dazu, die kulturellen und sprachlichen Bindungen an Polen zu pfl egen. Laut Jurkiewicz haben die Krajowcy keinem der beiden Patriotismen einen Vorrang eingeräumt.89 Die Gruppe bestand aus zwei Strömungen.90 Ein fortschrittlich-demokratischer Kreis sammelte sich um Ludwik Abramowicz (1879-1939), Bronisław Krzyżanowski (1876-1943), Michał Römer (1880-1945)91 und Tadeusz Wróblewski (1858-1925), denen die Presseorgane Gazeta Wileńska (Wilnaer Zeitung, erschienen 1906) und Przegląd Wileński (Wilnaer Rundschau, erschienen 1911) zuzuordnen sind. Darüber hinaus existierte eine konservativ-landadelige Richtung um Edward Woyniłłowicz92

86 Diese Selbstbezeichnung ist schwierig ins Deutsche zu übertragen, „Landespatrioten“ oder „Landsmannschaftler“ käme in Frage. Kraj bedeutet Land und ein krajowiec ist jemand, der sich diesem Land zugehörig fühlt. Wahrscheinlich stammt die Bezeichnung von kraj północno-zachodni (nordwestliches Land), wie das ehemalige historische Litauen sowohl in der offi ziellen Terminologie als auch umgangssprachlich bezeichnet wurde, vgl. BARDACH, Krajowcy, S. 147. 87 [MICHAŁ RÖMER:] Od redakcyi [Von der Redaktion], in: Gazeta Wileńska 1, 28./15.02.1906; dazu JURKIEWICZ, Rozwój, S. 52. Zu den Ideen der Krajowcy siehe auch den Tagungsband DERS., Krajowość. 88 BARDACH, Krajowcy, S. 147. 89 JURKIEWICZ, Problem, S. 86. 90 Siehe ausführlicher JURKIEWICZ, Rozwój, S. 48 ff. 91 SOLAK; SAWICKI. 92 WOYNIŁŁOWICZ. Es ist kein weiterer Band erschienen.

41 (1847-1928), Józef Montwiłł (1850-1911), Roman Skirmunt (1868-1939), (1851-1934)93 und Stanisław Wańkowicz (1885-1943), deren Organ der Go- niec Codzienny (Tagesbote, erschienen 1910-1911) war. Sie verbanden den Anspruch auf ihre adelige Führungsrolle mit paternalistischer Hinwendung zur litauischen und weißrussischen Volkskultur. Die Krajowcy fanden mit ihrer Idee weder in weiteren polnischen Kreisen noch unter Litauern großen Anklang. Vertreter der litauischen Na- tionalbewegung sahen darin nur einen weiteren Versuch, eine polnische Vorherrschaft über das Land zu etablieren. Es gelang den Krajowcy trotz mehrerer Versuche zudem nicht, eine tatsächlich agierende Organisation zu schaffen. Als Ostkonzept können die Vorstellungen der Krajowcy deshalb nicht gelten, weil sie einen litauischen Standpunkt einnahmen und Litauen nicht von Polen aus und als Teil Polens dachten. Für sie war Wilna Hauptstadt und nicht polnische Provinz. In einem programmatischen Artikel der Gazeta Wileńska formulierte Michał Römer: „[…] wir lehnen den Standpunkt der sogenannten ‚kresy‘ ab, der unsere Länder – Li- tauen und Weißrussland – als Satelliten von etwas behandelt, deren Entwicklung von Gesetzen bestimmt werden soll, nach denen sie zu irgendeinem Zentrum gravitieren […].“94 Die Krajowcy identifi zierten sich nicht mit den Polen im Königreich, sondern wahrten eine gewisse Distanz, ähnlich wie der konservative Landadel, der in der Staats- duma zum Beispiel eine eigene Fraktion, das koło krajowe (Landesfraktion) bildete.95 Dass sich hinter den Vorstellungen der Krajowcy ebenso sehr die Verklärung der his- torischen Tradition verbarg wie zumindest teilweise Vorstellungen von der Führungs- rolle und überzeitlichen Sendung polnischer Kultur, bleibt davon unbenommen. Nach dem Krieg entschieden sich die meisten Krajowcy für Polen und bekleideten häufi g hohe Staatsämter. Ludwik Abramowicz blieb in Wilna und propagierte weiterhin die Ideen der Gruppe. Andere waren in ihrer Loyalität zu Litauen konsequent, etwa Michał Römer, der als Mykolas Römeris im unabhängigen Litauen bedeutender Verfassungs- rechtler war und Litauen am Ständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag ver- trat. Schon 1908 hatte er geschrieben, dass „die Einbeziehung der litauischen Polen in eine litauisch-nationale Staatsformation möglich ist und sich vollziehen sollte, aber nur auf der Grundlage der Staatsbürgerschaft, ohne ihre polnische kulturelle Individualität zu berühren“96. Noch weiter ging Stanisław Narutowicz (1862-1932), der häufi g in Zusammenhang mit den Krajowcy genannt wird, sich selbst aber nicht dazu zählte.97 Er sah für die litauischen Polen eine Existenz im litauischen Staat ähnlich den Wal- lonen in Belgien vor und sprach sich außerdem gegen eine Föderation mit Polen aus, da er polnische Majorisierung fürchtete und die ethnischen Litauer eine Föderation ablehnten. Narutowicz entschied sich nicht nur für die litauische Staatsbürgerschaft,

93 SZPOPER, Gente Lithuana; DERS., Krajowość. 94 [RÖMER,] Artykuł redakcyjny (wie Anm. 87). 95 JURKIEWICZ, Rozwój, S. 55 ff. 96 RÖMER, S. 96 f. Dieses Werk über Litauen verfasste Römer übrigens aus Empörung über Litwa i jej ludy von Leon Wasilewski, dem er vorwarf, mangelnde Kenntnis von Litauen zu haben und falsche Daten zu nutzen. 97 BARDACH, O świadomości, zu Narutowicz S. 254 ff.

42 er war Mitglied des Litauischen Staatsrats (Taryba) und unterzeichnete die litauische Unabhängigkeitserklärung 1918. Einige wenige Vertreter des Landadels der Ostgebiete erklärten sich zu Ukrainern, Litauern oder Weißrussen. Bei dieser Entscheidung dürfte die Hoffnung eine Rolle gespielt haben, ihre gesellschaftlich führende Rolle und ihre Güter in den sich neu formierenden nationalen Gesellschaften zu bewahren, wenngleich diese Motivation nicht allen unterstellt werden soll.98 Es gibt genug Zeugnisse dafür, dass einige eine folkloristische Faszination für die Volkskultur entwickelten oder sich mit den Interes- sen der Bauern solidarisierten. Ein gewisser paternalistischer Blickwinkel ist bei diesen Haltungen nicht zu verkennen. Insgesamt darf aber davon ausgegangen werden, dass der Großteil des Landadels in den Ostgebieten seine Zukunft im polnischen Staat sah und sich und den eigenen Status gegen Russland – besonders nach dem Sturz des Zaren – entweder durch eine Föderation oder durch die polnische Staatsgrenze weit ostwärts schützen wollte.

Ethnisches Polen

Einen Gegenentwurf zu föderalen Plänen bildet das Konzept des „ethnischen Polens“. Die Anhänger dieses Konzeptes gingen davon aus, dass der polnische Staat nur Gebiete umfassen solle, in denen die Bevölkerung in überwiegender Mehrheit Polnisch sprach. Sie erklärten, auf Gebiete östlich von Bug und Memel keinen Anspruch zu erheben. Ein solches Programm forderte als erster Bolesław Wysłouch (1855-1937)99, wichtigster Politiker der Bauernbewegung und Gründer der Volkspartei Stronnictwo Ludowe. Selbst aus einer adeligen Familie in Polesien stammend, war er vom Gedankengut der russischen Narodniki und vom Sozialismus beeinfl usst und trat in den 1880er Jahren auf die politische Bühne. Im Przegląd Społeczny (Soziale Rundschau)100, dessen He- rausgeber und Chefredakteur er war, veröffentlichte er 1886 Programmatische Skizzen, in denen er sein Konzept eines ethnischen Polens vorstellte.101 Zunächst grenzte er sich ab vom „historischen Polen“, das er für ein adeliges Projekt hielt, das nicht im Inte- resse des polnischen Volkes liege. Er argumentierte, dass jede Nationalität ein Recht auf ihr nationales Territorium habe, und ein „historisches Polen“ widerspräche diesem Grundsatz in vielerlei Hinsicht, nicht nur in Bezug auf Litauer, Weißrussen und Ukrai- ner, sondern auch auf die Polen in Schlesien und Ostpreußen, die dann ebenfalls nicht Teil des angestrebten Nationalstaats wären. Historische Rechte lehnte er als Argument grundsätzlich ab:

98 EBERHARDT, Polska ludność, S. 18. 99 KUDŁASZYK. 100 Zum Przegląd Społeczny siehe den im Erläuterungsteil mit allen Problemen seiner Ent- stehungszeit behafteten Band DUNIN-WĄSOWICZ, Przegląd. 101 [BOLESŁAW WYSŁOUCH:] Szkice Programowe [Programmatische Skizzen], in: Przegląd Spo- łeczny 2 (1886), S. 97-104; 4 (1886), S. 251-258; 5 (1886), S. 327-332; 6 (1886), S. 395-403, auch abgedr. in: PASTUSZKA.

43 „Warum sollte das Jahr 1772 als Grundlage unserer nationalen Rechte dienen und nicht irgendein anderes? Denn die Kiewer oder die Haliczer Rus bildeten doch selbständige Staa- ten, bevor sie Polen einverleibt wurden; sie könnten also mit dem gleichen Recht (und viel- leicht sogar mit größerem, weil älterem!) Eigenständigkeit fordern, gestützt auf historisches Recht.“102

Ebenso wenig könne die zivilisatorische Mission der Polen als Berufungsinstanz gel- ten:

„[…] als ob kulturelle Überlegenheit (denn nur darauf beziehen sich diese Verdienste) eine ausreichende Grundlage für die Herrschaft der einen Nation über die andere wäre. Dasselbe hören wir heute von den Kulturträgen (kulturtregerzy) von der Spree. […] Sie könnten mit dem gleichen Recht Anspruch auf polnisches Land erheben – was Schlesien und Westpreu- ßen betrifft, wäre es nach dieser […] Theorie tatsächlich notwendig, zugunsten der Deut- schen völlig auf diese Länder zu verzichten!“103

Grundlage für das nationale Territorium müsse stattdessen die ethnische Zugehörigkeit des Volkes sein. Wer in einem anderen Land lebe, müsse sich mit der Zeit zwangsläufi g dort assimilieren, das sei der normale Lauf der Dinge, denn jede Nation strebe nach Einheitlichkeit. Statt Energie auf nicht-polnische Gebiete zu verschwenden, müssten die Polen nach einem möglichst einheitlichen Polen streben und sich auf Aufgaben konzentrieren, die vor ihrer Haustür lägen. Im „eigentlichen Polen“ (Pol ska właściwa) gebe es „eine Masse fremder Elemente“ (masa pierwiastków obcych), die noch nicht assimiliert sei, die polnischen Städte seien „überfüllt vom Judentum (przepełnione żydostwem), einem Element, das den nationalen Zielen gleichgültig oder sogar feind- lich gegenübersteht“104, außerdem schöben sich im Westen immer mehr Deutsche ins Land – diesen Problemen müssten sich die Polen entgegenstellen, um ihre Nation zu stärken und zukunftsfähig zu machen. Im Anschluss an dieses innere Programm zählte er die Länder auf, die das ethnische Polen bildeten:

„Diese Grenzen umfassen alle Länder, die vom polnischen Volk besiedelt sind, und zwar: a) im russischen Teilungsgebiet: das Kongresskönigreich ohne den nördlichen Teil des Gou- vernements Suwalken, die westlichen Kreise des Gouvernements Grodno mit den Städten Grodno, Białystok, Bielsk; b) aus österreichischer Herrschaft: Westgalizien bis zum San, das Herzogtum Teschen, die ungarische Zips; c) aus preußischer Herrschaft: den südöstlichen Teil Schlesiens, Posen, West- und Ostpreußen.“105

Dass damit freilich kleine Minderheiten auf beiden Seiten der Grenzen verblieben, las- se sich nicht verhindern, wichtig sei es aber, „natürliche Grenzen“ an Ostsee, Bug und San zu erreichen. Wysłouch fand in den achtziger Jahren angesichts der damals noch

102 PASTUSZKA, S. 42 f. 103 Ebenda, S. 43. 104 Ebenda, S. 45. 105 Ebenda, S. 48.

44 starken Tradition des „historischen Polens“ mit seinem Programm wenig Anklang, die von ihm vorgeschlagene Grenzziehung stieß vielmehr auf Kritik, zum Beispiel auf die von Bolesław Limanowski106. Erst der Nationaldemokratie gelang es nach der Jahrhun- dertwende, die Vorstellung von Polen in ethnisch defi nierten Grenzen populärer zu ma- chen, und so wird bis heute – nicht ganz zu Recht, wie sich zeigen wird – mit ihr und ihrem Führer Roman Dmowski das später als „piastisches Konzept“ bezeichnete „eth- nische Polen“ assoziiert. Der Name steht in Abgrenzung zu Piłsudskis „jagiellonischem Konzept“, weil Dmowski den Schwerpunkt des polnischen Staates in West- und Zen- tralpolen sah. Sowohl von der geografi schen Lage her als auch weil der mittelalterliche Staat der Piasten als „erster polnischer Nationalstaat“ konstruiert wurde und Dmowski einen ethnisch einheitlichen Staat anstrebte, sah man ihn in der Tradition des von den Piasten beherrschten Territoriums.107 In seiner zentralen Schrift Myśli nowoczesnego polaka (Gedanken eines modernen Polen)108, in der Dmowski seine Weltanschauung und seine politischen Ziele darlegte, forderte er in scharfen Worten die entschiedene Abkehr von der Idee, im Osten die Grenze von 1772 wiederzuerrichten und die Ostge- biete als zentralen Bestandteil des polnischen Staates zu behandeln. Die Ausrichtung nach Osten hielt er für falsch und rückwärtsgewandt, stattdessen forderte er die Kon- zentration auf die ethnisch mehrheitlich polnisch besiedelten Regionen und den Ge- winn Schlesiens und des Landes bis an die Oder für Polen. Wenn Polen auch in der Vergangenheit eine Barriere gegen den Osten gewesen sei, so stelle sich diese Aufgabe heute nicht mehr, denn inzwischen hielt er das Deutsche Reich für den größten Feind Polens.109 Zwar trat er dafür ein, „nationalen Besitzstand“ (stan posiadania) im Osten nicht aufzugeben, sondern zu verteidigen, redete also keinem „Rückzug“ das Wort, aber einen hohen Stellenwert hatten die Ostgebiete für ihn nicht. Diese Konzentration auf ethnisch polnisches Territorium war Teil der nationaldemokratischen Agenda, die geteilte polnische Nation zu einen, im Innern zu konsolidieren und somit die Grundlage für den machtpolitischen Aufstieg zu schaffen. Die Theoretiker der Nationaldemokratie forderten, mit sozialdarwinistisch begründetem, „gesundem nationalem Egoismus“ polnische Interessen zu verfolgen, statt Recht und Moral zu leitenden Maßstäben zu erheben. Sie sahen „das Volk“ zur Unterordnung unter die nationale Sache verpfl ichtet und betrachteten die Auseinandersetzungen der Nationalitäten als ein natürliches, stets vorhandenes und nicht endgültig lösbares Problem. Als Referenzbeispiel zogen sie oft die Politik der inneren Konsolidierung und Expansion Preußens heran, die vor allem Dmowski rückhaltlos bewunderte und als Herausforderung an die Polen verstand, ihr eigenes nationales Interesse aktiv zu verteidigen.110 Dazu müsse es gelingen, alle Schichten der Bevölkerung zu Gemeinsinn und ökonomischer Entwicklung zu mobili-

106 Belege siehe Anm. 47. 107 Die Dynastie der Piasten regierte Polen vom 10. bis zum 14. Jahrhundert. Ihre traditionellen Herrschaftssitze lagen in Großpolen. 108 Dmowski veröffentlichte seine Gedanken zunächst 1902 als Serie im Przegląd Wszech polski unter dem Pseudonym „R. Skrzycki“, ehe sie 1903 als Einzelveröffentlichung zunächst in Florenz, 1904 dann in Lemberg erschienen. 109 DMOWSKI, Niemcy. 110 Ebenda.

45 sieren, den Bildungsstand zu heben und die Polen „national bewusst“ zu machen. Wo die Polen im Osten auf eher diffuse ukrainische und litauische Ansprüche träfen, müssten sie einen entschiedenen Konkurrenzkampf führen, der entweder zur Polonisie- rung der Bevölkerung führe oder zur Etablierung machtvoller litauischer und ukrai- nischer nationaler Strukturen, die die Polen dann respektieren müssten. Die Grundla- gen dieses Programms, das für die Zeit der Staatsgründung als „Inkorporationismus“ bekannt wurde, stammen von Popławski, der sich im Gegensatz zu Dmowski oft und gründlich mit den Ostgebieten auseinandersetzte. Während Dmowski sich stärker am Modell des Nationalstaats orientierte, stand Popławski eindeutig in der Tradition des Staates als multiethnisches Großreich, wie die Untersuchung seines Ostkonzeptes zei- gen wird. Aus der Zeit vor Ausbruch des Krieges gibt es keine eindeutigen schriftlichen Aussagen Dmowskis zur Frage der Ostgrenzen. Im Weltkrieg ging er davon aus, dass die Alliierten mit Russland siegen würden und Letzteres weitere polnische Gebiete annektieren würde. Ein so großes Polen unter dem Dach des Zarenreichs müsse dann zwangsläufi g eine Autonomie erhalten. So betrachtete er Russland zumindest als tak- tischen Verbündeten.111 Er war davon überzeugt, dass Polen Russland brauche, um das Deutsche Reich, das er für Polens Hauptfeind hielt, in Schach zu halten. Als Leiter der polnischen Delegation bei den Pariser Friedensverhandlungen 1919 erwies sich Dmow- ski allerdings als einer Grenze weit östlich des geschlossenen polnischen Siedlungsge- biets weniger abgeneigt, als es aufgrund seiner früheren Äußerun gen zu erwarten ge- wesen wäre. Schon in einem Memorandum, das er dem britischen Außenminister Arthur James Balfour 1917 vorlegte, vertrat er zwar den Standpunkt, dass „die Grund- lage von Polens Stärke ein Gebiet ist, in dem die Masse der Bevölkerung Polnisch spricht, sich ihrer polnischen Nationalität bewusst ist und der polnischen Sache ergeben ist“112. In den russischen Westgouvernements überwiege zwar die „polnische Zivilisa- tion“ und bildeten die Polen „den einzigen Fortschrittsfaktor“, aber die nicht-polnische Bevölkerung könne allzu leicht anti-polnischer (russischer) Agitation unterliegen und sei damit ein Polen schwächender, gar gefährdender Faktor. Dennoch beanspruchte er die Gouvernements Kowno, Wilna, Grodno und den größeren Teil von Minsk sowie Wolhynien, denn er glaubte, dass diese Gebiete, „in den polnischen Staat inkorporiert, ein sich rasch entwickelndes Land würde[n] und die Stärke des polnischen Staates er- heblich vergrößerte[n]“113. Es wird deutlich, dass ein „starkes Polen“ die Leitschnur seiner Politik war und er sich der Probleme, die ein großer Anteil nationaler Min- derheiten im polnischen Staat verursachen könnte, bewusst war. Dennoch trat er dafür ein, Gebiete zu inkorporieren, die nicht mehrheitlich polnisch besiedelt waren, wenn die Polen in der Lage seien, sie zu beherrschen und möglichst auch zu polonisieren114.

111 ENGELGARD. 112 Das Memorandum ist abgedruckt in: DMOWSKI, Pisma, Bd. 6, S. 262. 113 Ebenda, S. 264. 114 Den Nationaldemokraten wird in der Forschung häufi g die Forderung nach Polonisierung der nicht-polnischen Bevölkerung in den Ostgebieten zugeschrieben, was zumindest für Dmowski korrekt ist. Für die Bewegung pauschal gilt das jedoch nicht, wie sich in Kapitel 4.1. am Beispiel von Popławski zeigen wird, der bis zu seinem Tod 1908 der wichtigste nationaldemokratische Theoretiker war.

46 In seinem „Memorandum über das Territorium des polnischen Staates“ für Präsident Wilson vom 8. Oktober 1918 schlug er die Teilung der Westgouvernements in einen polnischen und einen russischen Teil vor, wobei das litauische besiedelte Gebiet – frei- lich ohne Wilna – ein autonomes, mit Polen verbundenes „Land“ (kraj) werden solle.115 In einer Note der polnischen Delegation über die Ostgrenzen Polens vom März 1919 ist Dmowskis Vorstellung vom Verlauf der polnischen Ostgrenze recht detailliert festge- halten, wiederum mit Litauen als „eigenem Land, mit eigenem, national-litauischem System“116 als Teil Polens. Nach dieser, später „Dmowski-Linie“ genannten Grenzzie- hung wären Minsk sowie der Großteil Podoliens und Wolhyniens zu Polen gekommen. Doch war das Konzept des „ethnischen Polens“ keineswegs Domäne der Nationalde- mokratie. Nicht nur dass Wysłouch, Führer der Volkspartei, es erstmals propagiert hat- te, viele demokratisch orientierte Politiker hielten es für der neuen Zeit angemessen. So auch Wilhelm Feldman (1868-1919), mit dem „Jungen Polen“ verbundener Literatur- kritiker und Publizist, langjähriger Herausgeber der einfl ussreichen Zeitschrift Krytyka (Kritik): Er verurteilte die Orientierung nach Osten in scharfen Worten, sie sei den „von unstillbarem Appetit getriebenen Kolonisatoren“117 geschuldet, und da der Adel nicht in der Lage gewesen sei, den Osten zu ordnen und zu sichern, habe er sich als „Ge- schwür am Körper der Republik [erwiesen], das ihr Blut vergiftet und am ganzen Kör- per Wundbrand ausgelöst habe“118. Die Lubliner Union werde idealisiert, Litauen habe seine Eigenständigkeit nie verloren und Ruthenien sei von Polen unterworfen, annek- tiert worden.119 Feldman war der Ansicht, dass die Expansion nach Osten die Kernge- biete Polens fi nanziell, wirtschaftlich und kulturell geschwächt habe. Auch für die Ge- genwart forderte er, Polen in seinem ethnischen Kern zu stärken und sich eher auf den Gewinn Schlesiens und Pommerns zu konzentrieren. Das Argument „historischer Rechte“ ließ er nicht gelten, es zähle einzig und allein der aktuelle Wille eines Volkes. Feldman schwebte ein Staat vor, der sich sowohl national als auch religiös neutral ver- halte und in dem „die Nationalität Privatsache ist, die Angehörigen einer jeden Natio- nalität sich in eigenen Korporationen organisieren und ihre Bedürfnisse mit eigenen Mitteln befriedigen […]. In so einer Gesellschaft hätte selbst die kleinste nationale Oase vollständige Autonomie und die Möglichkeit zu größter Blüte.“120 Als Vorbilder betrachtete er die Schweiz und die USA. Dennoch glaubte auch er, dass „die Ukrainer, wenn sie sich aus der Unterdrückung durch Russland befreien wollen, die Polen brau- chen und sie immer brauchen werden“121. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der gemeinsamen russischen Bedrohung trat er für ein freiwilliges Bündnis der drei unab-

115 Ebenda, S. 361-385, hier S. 381, weiter unten verwendet Dmowski das Wort unia. 116 Ebenda, S. 393-396, hier S. 395. Vgl. dazu auch die Karte XI im Polski atlas kongresowy. 117 (f) [WILHELM FELDMAN]: Na Wschód! [Gen Osten!], in: Krytyka 4 (1902), Bd. 1, S. 365-370, hier S. 365. 118 Ebenda, S. 366. 119 (f) [DERS.]: Rusini a sprawa ruska [Die Ruthenen und die ruthenische Frage], in: Krytyka 4 (1902), Bd. 1, S. 1-12. 120 (f) [DERS.]: Polityka galicyjska czy polska [Galizische oder polnische Politik], in: Kryty- ka 35 (1912), H. 7-8, S. 1-7, hier S. 6. 121 Ebenda.

47 hängigen Staaten Polen, Litauen und der Ukraine ein, äußerte sich aber nicht über die konkrete Ausgestaltung.122 Mit dem Ausbruch des Krieges gewannen die bis dato mehr theoretischen Kon- zepte an Aktualität, da nun die staatliche Unabhängigkeit Polens in greifbarer Nähe zu sein schien. Doch bereits kurz vor Kriegsbeginn entspann sich eine Diskussion um ein ethnisch defi niertes Polen in der Warschauer Presse.123 Sie wurde ausgelöst durch eine Artikelserie124 von Czesław Jankowski (1857-1929)125, einem Dichter, Literaturkriti- ker und Publizisten aus der Gegend von Wilna, der für viele Zeitungen geschrieben, in den Jahren 1906-1908 den Kurier Litewski (Litauer Kurier) herausgegeben hatte und Abgeordneter der Ersten Duma war. Jankowski war in seinen politischen und ge- sellschaftlichen Ansichten dem Konservatismus des Landadels der Ostgebiete verbun- den, dem er selbst entstammte. Er arbeitete mit den Krajowcy zusammen, zeigte sich in seinen Publikationen aber auch von einzelnen Gedanken der Nationaldemokratie beeinfl usst. Die erwähnten Artikel erschienen etwas später in überarbeiteter Form als Broschüre unter dem Titel Naród polski i jego ojczyzna (Die polnische Nation und ihr Vaterland).126 Jankowski trat darin für ein künftiges Polen auf ethnischer Grundlage ein und stellte unmissverständlich fest:

„Somit zeigt sich, dass die Bezeichnung ‚polnisches Land‘ nur den Gegenden zusteht, wo die Polen die Mehrheit der Bevölkerung bilden. Wo müssen wir diese Gegenden suchen? Natür- lich im ethnischen, nicht aber im historischen Polen. [...] Auf jeden Fall betrachten wir auf der Grundlage der Statistik als polnische Länder: das Königreich Polen, das Großfürstentum Posen, Westgalizien, das Herzogtum Teschen und den Regierungsbezirk Oppeln im preu- ßischen Schlesien, wo die Polen 75 bis 54 Prozent der Gesamtbevölkerung stellen.“127

Angesichts der Notwendigkeit, die ethnischen Grenzen Polens festzulegen, dürfe man sich eben nicht scheuen,

„zum Beispiel einen Teil des Gouvernements Suwalken als ethnisch litauisches und die öst- lichen Teile (dzielnicy) Galiziens als ethnisch ruthenisches Territorium anzuerkennen und natürlich jegliche Konsequenzen dieser Anerkennung zu tragen“128.

122 (f) [DERS.]: Przesilenie w idei polskiej [Wendepunkt in der polnischen Idee], in: Krytyka 10 (1908), Bd. 1, S. 513-521; DERS.: Irredenta polska [Die polnische Irredenta], in: Krytyka 12 (1910), Bd. 3, S. 165-175; DERS.: Za wzorem sprzed lat pięciuset czy pięćdziesięciu? [Nach dem Muster von vor 500 Jahren oder von vor 50?], in: Krytyka 39 (1913), H. 12, S. 238-243. 123 KULAK, Polska. 124 CZESŁAW JANKOWSKI: Wskazania [Weisungen], in: Prawda 34 (1914), H. 1, S. 6-7; H. 2, S. 7-8; H. 3, S. 7-8; H. 4, S. 8-9; H. 5, S. 8-9; H. 6, S. 11-12; H. 7, S. 7-8; H. 8, S. 11-12. 125 STOKOWA, Jankowski; JURKOWSKI, W lisiej szubie; DERS., Jankowski. 126 JANKOWSKI, Naród. 127 Ebenda, S. 5 f. 128 Ebenda, S. 59.

48 Entsprechend entschieden lehnte er die Einbeziehung der ehemaligen Ostgebiete in einen künftigen polnischen Staat ab. Die expansive, anfangs „aggressive, primitive und vulgäre“129 Politik der Unterwerfung von Ländern und Stämmen sei in Imperialismus gemündet, den er zwar nicht per se moralisch ablehnte, dessen Zeit aber inzwischen vorbei sei:

„Die Bildung großer Agglomerate nach Art des Imperium Romanum ist zu Ende. Die histo- rische Ära der ethnischen Territorien ist angebrochen; Territorien, in denen einzelne Natio- nen oder gar Völker oder Stämme (plemiona lub szczepy) ein ruhiges Dasein führen können, ungestört von Streit und Kämpfen um ‚nationale Rechte‘. Der heutige […] Nationalismus […] ist nichts anderes als [...] den eigenen Acker einzunehmen, das eigene Häuschen zu beziehen, und mag es auch ganz eng sein, so ist es doch das eigene. Aggressiver Nationalis- mus, hier und da noch praktiziert, ist Relikt der Epoche politischer Expansivität, ist die letzte Zuckung einer bankrotten Idee.“130

Obwohl Jankowski also der in erster Linie der Nationaldemokratie zugeschrie- benen Vorstellung von der Konzentration auf das ethnisch-polnische Kerngebiet folgte – das er nach dem Rezept der organischen Arbeit131 entwickelt sehen wollte –, setzte er sich doch klar ab von nationalistischem Chauvinismus und trat für ein friedliches Miteinander der Nationen ein.132 Nachdem die Grenzen des ethnischen Polens defi niert seien, müsse es als nationale Pfl icht anerkannt werden, das ethnische Polen mit allen „kulturellen und fi nanziellen Kräften, die aus den sogenannten ‚Kresy der ehemaligen Republik‘ abgezogen werden müssen“133, zu stärken. Die versammelten Kräfte und die hohe Bevölkerungsdichte würden sich positiv auf das Geistesleben auswirken und schöpferische Kräfte freisetzen.134 In den nur wenig von Polen besiedelten Ostgebieten könne sich die Nation dagegen nicht gedeihlich entwickeln. Als Analogie zog er die Landwirtschaft heran:

„Schlechte Felder zu bewirtschaften und auf ihnen zu säen – Felder, die sich auch durch Düngen nicht anreichern lassen, zudem vom Hof weit entfernt liegen –, widerspricht ratio- naler Wirtschaftsweise. Auch in der polnischen nationalen Politik müssen wir von extensiver auf intensive Wirtschaft umstellen. Denn über hundert Jahre lang haben wir, trotz widriger, manchmal sogar verzweifelter Bedingungen, mit einem Beharrungsvermögen, würdig der heiligsten Sache, den Boden der ‚jagiellonischen Idee‘ bestellt. Es gab fruchtbare Jahre […], gewöhnlich aber zahlte sich die Anstrengung nicht aus. Viele Sorgen, unermessliche Mühe, beträchtliche Kosten, riesige Aufwendungen und kein Ergebnis oder nur ein minimales. […] Was hat unser nationales Interesse in Ausübung der ‚jagiellonischen Idee‘ gewonnen? […] Gewonnen haben wir, dass eine Unmenge [...] unserer nationalen Kräfte [...] in den soge-

129 Ebenda, S. 47. 130 Ebenda S. 49 f. 131 Ebenda, S. 46. 132 Ebenda, S. 50 f. 133 Ebenda, S. 59. 134 Ebenda, S. 60.

49 nannten kresy nicht eine Spanne solchen polnischen nationalen Besitzstandes errungen hat, die für die Konsolidierung unseres Vaterlandes Bedeutung haben könnte.“135

Im Gegenteil fehlten die im Osten verschwendeten Kräfte im Zentrum, dort, wo sie viel wertvoller gewesen wären, um ein blühendes und starkes Polen zu schaffen. Diese Interpretation fi ndet sich schon bei dem Historiker Michał Bobrzyński136 (1849-1935), einem Hauptver treter der sogenannten „Krakauer historischen Schule“ und wich - tigstem Erneuerer der polnischen Historiografi e im Positivismus. Es überrascht nicht, dass Jankowskis Vorstellungen auf entschiedenen Widerstand trafen. Seine Gegner er- widerten, das polnische Volk drohe in den engen ethnischen Grenzen mate riell und geistig zu verarmen137 oder zu ersticken und benötige deshalb Platz, sich zu ent falten138, und es benötige die Ostgebiete als Pufferzone gegen die Russifi zierung der polnischen Kerngebiete139. Man warf ihm vorauseilenden Verzicht auf konkrete Rechte und die Propagierung von „liquidierenden Tendenzen“140 vor. Auch zu persönlichen Angriffen kam es.141 Weitverbreitet war das Vertrauen in die Attraktivität der polnischen Kultur

135 Ebenda, S. 52 ff. 136 Michał Bobrzyński (1849-1935) war Historiker und konservativer Politiker, Professor der Jagiellonen-Universität in Krakau, Mitbegründer der Krakauer historischen Schule und Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Als Politiker war er einer der Anführer der Gruppierung der Stańczycy, Mitglied des Galizischen Landtags und des österreichisch-un- garischen Reichrats, 1908 bis 1913 Statthalter in Galizien und 1917 Minister für Galizien. Siehe ŁAZUGA, Ostatni stańczyk; DERS., Bobrzyński, ältere Literatur siehe dort. Speziell zu Bobrzyńskis Beurteilung der polnischen Ostausdehnung MATERNICKI, Bobrzyński. Zu den Belegen für Bobrzyńskis These in seinen Werken siehe unten, S. 97, Anm. 268. 137 Unter dem Titel Pomniejszyciele ojczyzny (Vaterlandsverkleinerer) veröffentlichte der sozialistisch orientierte Philosoph Edward Abramowski im Kurier Warszawski zwei Artikel in Reaktion auf Jankowskis Publikation: Kurjer Warszawski 84 (25.03.1914), S. 3-4 und 85 (26.03.1914), S. 2-3, auch abgedr. in: ABRAMOWSKI, Bd. 4, S. 268-278, im selben Sinne auch DERS.: Ludność Polski [Die polnische Bevölkerung], Handschrift, wahrscheinlich von 1914, abgedr.: ebenda, S. 279-287; zu Abramowski siehe AUGUSTYNIAK; DOBRZYCKA. 138 I[ZA] MOSZCZEŃSKA: Polska etnografi czna [Das ethnografi sche Polen], in: Prawda 10 (1914), S. 8-10. Die Publizistin Moszczeńska (1864-1941) stand der Sozialdemokratie nahe und engagierte sich sehr für die Emanzipation der Frauen sowie für Mädchen- und Volksbildung. 139 J. HŁ. [JÓZEF HŁASKO] in: Kurjer Litewski 44 (1914). Hłasko (1856-1934) war ein führender Nationaldemokrat, Redaktionsmitglied zahlreicher nationaldemokratischer Presseorgane so- wie Mitbegründer der nationaldemokratischen Partei und enger Mitarbeiter von Popławski und Dmowski. 140 Kritik von nationaldemokratischer Seite: Uwagi (c) Tendencye likwidacyjne [Liquidations- tendenzen], in: Tygodnik Polski 3 (1914), H. 9, S. 142; Uwagi (s) W sprawie szlachty za- ściankowej na Litwie [Zur Frage des Kleinadels in Litauen], ebenda, H. 10, S. 157-158; Polskość na kresach [Das Polentum in den kresy], in: Kurjer Warszawski 74 (1914), S. 4-5. 141 O Czesławie z Konopi słów kilka [Einige Worte über Czesław aus Konopia], in: Tygodnik Polski 3 (1914), H. 12, S. 189. „Czesław aus Konopia“ ist eine Abwandlung des polnischen Sprichworts „Filip z Konopi“ für jemanden, der voreilig ist, etwas zum falschen Zeitpunkt tut. In diesem Artikel wurde ihm vorgeworfen, dass er das Gut seiner Familie in Polany bei Oszmiana verkauft hatte, in den Augen des anonymen Autors ein Vergehen, das den

50 und deren assimilierende Wirkung. Doch gab es auch gemäßigte Wortmeldungen, die zur Abkehr vom Sendungsbewusstsein und zu friedlichem Ausgleich aufriefen142, und offene Zustimmung143. „Kehren wir zurück!“144, forderte Aleksander Świętochowski, Vertreter des Warschauer Positivismus, Gründer und Chefredakteur der Prawda, ein- fl ussreicher liberaler Publizist und bekannter Schriftsteller, und meinte die Rückkehr aus dem Osten. Die Diskussion wurde in zahlreichen Warschauer Blättern, aber auch von Wilna und Kiew aus geführt, von wo man ihn noch heftiger angriff. Jankowski wurde jedoch nicht nur von konservativen Landadelskreisen – prominent der krajo- wiec Ludwik Abramowicz145 –, sondern auch von Sozialisten, Demokraten und Natio- naldemokraten kritisiert, auch Stanisław Smolka schaltete sich von Krakau aus ein146. Jankowski selbst bekräftigte seinen Stand punkt im August 1914, unmittelbar nach dem Ausbruch des Krieges, indem er ein schmales Bändchen unter dem Titel Polska etno- grafi czna (Das ethnische Polen) herausgab.147 Den Ausgangspunkt für seine Erörte- rungen bil det das Manifest des Großfürsten Nikolaus vom 14. August 1914, in dem dieser die Vereinigung aller polnischen Teilungsgebiete unter dem Zaren ankündigte, sowie, diesem Polen nach dem gewonnenen Krieg Autonomie zu gewähren.148 Jan- kowski glaubte den Moment für ein ethnisches Polen gekommen und war bereit, dafür auf das Gebiet Chełm und auf Ostgalizien – Gebiete, auf die das Zarenreich Ansprüche

polnischen Besitzstand im Wilnaer Gebiet schwächte. Zur persönlichen Rechtfertigung habe er seine Broschüre herausgegeben. Vgl. JURKOWSKI, W lisiej. 142 MIECZYSŁAW NIEDZIAŁKOWSKI: Polityka polska na Litwie i Białorusi I [Die polnische Politik in Litauen und Weißrussland I], in: Prawda 35 (1915), H. 3, S. 6-8, und II, ebenda H. 4, S. 4-5. Niedziałkowski (1893-1940) war ein sozialistischer Publizist aus Wilna. Außerdem [ALEKSANDER ŚWIĘTOCHOWSKI:] Wywłaszczanie się [Selbstenteignung], in: Humanista Pol- ski 1 (1914); [DERS.:] Dokument polemniczy [Ein polemisches Dokument], in: Humanista Polski 4 (1914); [DERS.:] Dalszy ciąg kresowości [Fortsetzung des kresytums], in: Humanista Polski 6 (1914). 143 [ANDRZEJ NIEMOJEWSKI:] Naród i jego ojczyzna [Die Nation und ihr Vaterland], in: Myśl Niepodległa 9 (1914), H. 272, S. 380 (Rezension zu Jankowskis Band); [DERS.:] Z Prasy [Aus der Presse], in: Myśl Niepodległa 9 (1914), H. 273, S. 428. Der Schriftsteller und Publi- zist Niemojewski (1864-1921) stand politisch zunächst der Sozialdemokratie nahe und war Gründer und Herausgeber der Myśl Niepodległa (Unabhängiger Gedanke). Sein zunehmen- der Antisemitismus führte jedoch 1910 zum Bruch mit der Sozialdemokratie und näherte ihn der Nationaldemokratie an, als deren Zeitung die Myśl Niepodległa fortan gesehen wurde. 144 [ALEKSANDER ŚWIĘTOCHOWSKI:] Wracajmy [Kehren wir zurück], in: Humanista Polski 3 (1914). 145 L[UDWIK] ABRAMOWICZ: Problemat litewsko-białoruski [Das litauisch-weißrussische Pro- blem], in: Strażnica 1 (1914), S. 9-11. 146 [STANISŁAW SMOLKA:] Odstępstwo [Abfall], in: Świat 18-21 (1914). Stanisław Smolka (1854-1924) war Historiker, Mitbegründer und wichtiger Vertreter der „Krakauer histori- schen Schule“, Lehrstuhlinhaber in Lemberg und Krakau, Mitglied und später auch General- sekretär der Krakauer Akademie der Wissenschaften (Akademia Umiejętności). 147 JANKOWSKI, Polska. 148 Ebenda, S. 3 f.

51 erhob – zu verzichten.149 Er schlug einen konkreten Grenzverlauf vor, nach dem – grob skizziert – die westlichen Teile von Suwalken und Białystok sowie Bielsk, Drohiczyn, Siedlce, Westgalizien und das Teschener Schlesien zu Polen, Grodno, Tomaszów Lu- belski und Przemyśl dagegen zum russländischen Reich gehören würden. Posen (bis Meseritz), Westpreußen (mit Danzig, Marienburg und Elbing), Masuren (Deutsch Eylau, Allenstein, Lyck) und weite Teile Schlesiens (bis Trebnitz!) sollten vom Deut- schen Reich an Polen abgetreten werden.150 Dass bei dieser Grenzziehung hüben wie drüben Minderheiten verblieben, sei nicht zu verhindern.151 Diese erneute Wortmel- dung Jankowskis heizte die Diskussion erwartungsgemäß weiter an, und mit dem Vor- rücken der Mittelmächte nach Osten gerieten die Ostgebiete in der Diskussion stärker in den Blick. Weitere Wortmeldungen zugunsten eines ethnischen Polen stammen von dem Wirtschaftswissenschaftler und Publizisten Włodzimierz Wakar (1885-1933), der jedoch von seinem eigenen Prinzip aus strategischen Gründen gerade hinsichtlich der Ostgrenze bemerkenswert abwich; als Ostgrenze Polens schlug er die Grenze zwischen katholischer und orthodoxer Bevölkerung vor.152 Einen originellen Vorschlag präsen- tierte Jan Czekanowski in einer von Eugeniusz Romer herausgegebenen Studie: Er regte an, die Ostgrenze Polens als „Gleichgewichtslinie“ festzulegen, und zwar so, dass östlich der Grenze ebenso viele Polen siedelten wie westlich der Grenze Nicht-Polen. Alternativ könne man das Prinzip auch auf den Landbesitz anwenden.153 In beiden Fällen wäre die Grenze weit östlich der Grenze des ehemaligen Königreichs verlaufen. Czekanowski präsentierte seinen Vorschlag den Mittelmächten, freilich ohne Gehör zu fi nden. Darüber hinaus engagierten sich während des gesamten Krieges polnische Exilpoli- tiker in der Schweiz, in London, Paris und den USA für die Wiedererrichtung des pol- nischen Staates. Die Emigration in Frankreich hatte bald nach dem Januaraufstand ihre Schlüsselstellung verloren, doch als sich der Konfl ikt zwischen den Teilungsmächten abzeichnete und noch mehr im Weltkrieg selbst, verstärkte die Polonia – wie die pol- nische Emigration meist genannt wird – ihr Engagement, vor allem ihr einfl ussreicher Zweig in den USA. Der berühmte Komponist und Pianist Ignacy Jan Paderewski (1860-1941), später auch Ministerpräsident und Außenminister, vertrat das Polnische Nationalkomitee (Polski Komitet Narodowy) zwischen 1917 und 1919 in den USA und nutzte seine guten politischen Kontakte, um die polnische Sache in den USA zu propa- gieren. Gemeinsam mit Roman Dmowski führte er, der selbst aus Podolien stammte, später die polnische Delegation auf der Friedenskonferenz in Paris. Anfang 1917 hatte er Präsident Wilson ein Memorandum überreicht, in dem er den künftigen polnischen

149 Dass die Bindung an Russland eine pragmatische und keine Herzensentscheidung war, zeigen seine kaum ein halbes Jahr zuvor entstandenen Ausführungen zu Russland in Naród polski i jego ojczyzna, vgl. JANKOWSKI, Naród, S. 24 ff. 150 JANKOWSKI, Polska, S. 6 f., mit Karte am Ende. 151 Ebenda, S. 8. 152 [WŁODZIMIERZ WAKAR:] Program terytorialny [Territorialprogramm], in: Polska. Pismo poświęcone zagadnieniom ideologii patryotycznej, Nr. 2, S. 1-16; Nr. 4, S. 14-16; Nr. 5, S. 15-16, Warszawa 1917. 153 CZEKANOWSKI.

52 Staat als Föderation defi nierte, die im Westen über die Grenzen von 1772 hinausging, da er Westpreußen, Ostpreußen, Preußisch-Schlesien, Österreichisch-Schlesien, die Zips und Arwa (Orawa) einbezog.154 Im Osten forderte er Litauen, Weißrussland und Ruthenia (Wolhynien, Podolien, Ukraine). Polen müsse stark und unabhängig sein, um nicht wieder zum Spielplatz mächtiger Nachbarn zu werden. Dieser Staat, den er „The United States of Poland“ taufte, sollte in fünf autonome Königreiche untergliedert sein: Polen, Litauen, Polesien, Galizien-Podolien und Wolhynien, miteinander verbunden durch die Person des Königs in Personalunion. Es ist unverkennbar, dass eine gewisse romantische Begeisterung für die historische Tradition der Union Paderewskis Doku- ment durchzieht. Harmonisches Zusammenleben sollte die friedliche Entwicklung der einzelnen Völker ermöglichen: „The more variety there is, the more harmony is need- ed. Harmony is the primordial condition, not only of beauty, but of strength.“155 Da- rüber hinaus verwies er ausdrücklich auf die Anerkennung individueller und gemein- schaftlicher Rechte: „By a sound constitution and equitable legislation it [der Staat, A.S.] must assure a maximum of reasonable liberty to individuals and collectivities as well.“156 Die hier skizzierten Positionen zeigen das Spektrum in den Debatten um das pol- nische Territorium, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts geführt wurden. Es ist au- genfällig, dass die politisch-ideologische Orientierung oder Parteiangehörigkeit nicht automatisch mit einer bestimmten Haltung in der Frage des „nationalen Territoriums“ korrelierte.157 So wie sich die Anhängerschaft des „ethnischen Polens“ aus ideologisch ganz verschiedenen Orientierungen rekrutierte – von der Volkspartei über Sozialisten und Nationaldemokraten bis hin zu Konservativen –, gilt auch für die Befürworter von föderalen Lösungen, dass sie in allen politischen Lagern vertreten waren. Hinzu kommen erhebliche Unterschiede im Verständnis von der anzustrebenden Föderation, die die Vorstellungen über die Ausgestaltung des Bündnisses und vor allem die Rol- le der Föderationspartner betreffen. Dass eine freiwillige Verbindung „Gleicher mit Gleichen“ gefordert wurde, musste nicht bedeuten, dass die Partner als souverän und gleichberechtigt anerkannt wurden und dass ihre Entscheidung gegen ein Bündnis mit Polen akzeptiert worden wäre. Die Erkenntnis, dass sich nicht von einer politischen Orientierung auf eine bestimmte Haltung gegenüber dem Territorialkonzept des pol- nischen Staates und damit gegenüber den Ostgebieten schließen lässt, führt zu der Hy- pothese, dass es sich mit den Anhängern einer expliziten polnischen Orientierung nach Osten ebenso verhält. Und tatsächlich werden die folgenden Kapitel zeigen, dass Ost- konzepte in verschiedenen ideologischen Kontexten entstanden.

154 Das englische Original des Memorandums ist abgedruckt in: STANKIEWICZ/PIBER, Bd. 1, S. 100-109. Siehe dazu SUKIENNICKI. 155 STANKIEWICZ/PIBER, Bd. 1, S. 107. 156 Ebenda. 157 Der entgegengesetzten These, nämlich dass „die Haltung zu den Ostgebieten und zur pos- tulierten Ostgrenze Polens […] Ausweis der politischen und ideologischen Orientierung“ gewesen sei, die zum Beispiel Piotr Eberhardt vertritt, wird hier ausdrücklich nicht gefolgt; vgl. EBERHARDT, Polska ludność, S. 17.

53 4 Konzepte vom polnischen Osten

4.1 Jan Ludwik Popławski – ohne Ostgebiete kein starkes Polen

Jan Ludwik Popławski, 1854 in der Nähe von Lublin in eine landadelige Familie gebo- ren, war als politischer Publizist und Journalist bis zu seinem Tod 1907 der wichtigste Ideologe der Nationaldemokratie, er schuf die theoretischen Grundlagen ihres politi- schen Denkens.1 Seine publizistische Tätigkeit begann er Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts in Warschau. Während seines Jurastudiums an der Warschauer Uni- versität beteiligte er sich an konspirativen Vorbereitungen für einen neuen Aufstand, die jedoch aufgedeckt wurden. Popławski wurde 1878 verhaftet und zur Verbannung in Sibirien verurteilt, wo er sich intensiv mit den Gedanken der russischen Narodniki be- schäftigte. Nach Warschau zurückgekehrt wurde er 1883 Redakteur des liberalen War- schauer Wochenblatts Prawda (Wahrheit), das von Aleksander Świętochowski heraus- gegeben wurde.2 Für die Prawda schrieb Popławski vor allem zu Wirtschaftsthemen, besonders beschäftigte er sich mit der bäuerlichen Landwirtschaft. Als Świętochowski die Zeitung auch Sozialisten öffnen wollte, kündigte Popławski seine Mitarbeit auf, zumal er sich in der Wahl seiner Themen durch Świętochowski zunehmend einge- schränkt fühlte.3 Zusammen mit seinem Schwager Józef Potocki gründete er 1886 die sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft widmende Wochenzeitung Głos (Stimme), deren faktischer Chefredakteur und wichtigster Autor er wurde.4 Vor dem Hintergrund der Krise von Positivismus und Organischer Arbeit suchten die Autoren des Głos neue ideologische und realpolitische Wege zur staatlichen Unabhängigkeit. Es fanden sich Vertreter unterschiedlicher politischer Orientierungen zusammen, neben Anhängern der Volksbewegung und anderen Fortschrittlichen schrieben auch patriotische Sozia- listen für den Głos. Künftig einfl ussreiche Nationaldemokraten wie Ludwik Krzywic- ki und Józef Hłasko arbeiteten schon damals mit Popławski zusammen, ebenso der später renommierte Geograf Wacław Nałkowski. Als Korrespondent in der Schweiz ist der spätere Gründer der Liga Polska, Zygmunt Miłkowski, zu nennen. Der Głos war also nicht das Organ eines konkreten politischen Lagers, sondern fungierte eher

1 KULAK, Wpływ; DMOWSKI, Popławski. 2 KMIECIK, Prasa polska w Królestwie, S. 35 ff.; zu Świętochowski BRYKALSKA, Świętochowski. Biografi a, sowie DIES., Świętochowski redaktor. 3 Zu Popławskis Zeit bei der Prawda siehe KULAK, Popławski, Bd. 1, S. 94-164. 4 Zu Popławskis Tätigkeit für den Głos und zum Głos allgemein siehe ebenda, S. 165-271, sowie STOKOWA, Głos.

54 als eine offene Diskussionsplattform. Einig war sich die Redaktion in der Ablehnung des Loyalismus (ugoda), in nationalem Tatendrang und sozialem Befreiungsideal so- wie in der starken Betonung der Rolle des Volkes5 (lud) für den Kampf um die Unab- hängigkeit. Dennoch ist offensichtlich, dass Popławski als politischer Redakteur den ideologischen Ton der Zeitung angab. Der Głos wurde die Wiege der Nationaldemo- kratie, seine Gründung charakterisiert Teresa Kulak als „Umbruch in der Geschichte der polnischen Nation seit den Aufständen“6. Ab 1891 griff die Zensur zunehmend in die redaktionelle Arbeit ein und 1895 lösten die zarischen Behörden den Głos auf, nachdem Popławskis Schwager und Mitherausgeber Józef Potocki sowie weitere Re- daktionsmitglieder im Zusammenhang mit Kundgebungen anlässlich des hundertsten Jubiläums des Kościuszko-Aufstandes 1894 verhaftet worden waren. Auch Popławski wurde wieder inhaftiert, und nach seiner Freilassung auf Kaution im Dezember 1895 nutzte er die Gelegenheit zur illegalen Übersiedlung nach Lemberg. Die gut zehn Jahre bis 1906, die Popławski in Galizien verbringen sollte, waren die entscheidenden Jahre seines politischen und publizistischen Schaffens. Galizien war dank der weitreichenden Landesselbstverwaltung und des breitgefächerten Pressewesens das geistige und orga- nisatorische Zentrum zahlreicher politischer Gruppierungen und Bewegungen. Diese verhältnismäßige Freiheit von der Zensur schuf eine Atmosphäre, in der Popławski sein politisches und ideologisches System nationaler Werte relativ frei entwickeln konnte. Auch Dmowski war bereits nach Galizien gegangen, hatte dort den von Wiktor Un- ger herausgegebenen Przegląd Emigracyjny7 (Emigrationsrundschau) übernommen und führte ihn als Przegląd Wszechpolski 8 (Allpolnische Rundschau) weiter. Im Januar 1896 trat Popławski in die Redaktion des Przegląd Wszechpolski ein9, selbständig redi- gierte er ihn von 1897 bis 1901. Um diese zunächst vierzehntägig, ab 1898 monatlich erscheinende Zeitung gruppierten sich allmählich die Lemberger Mitglieder und Sym- pathisanten der ehemaligen Liga Polska und Popławski und Dmowski organisierten in diesem Kreis die wichtigste Basis der Liga Narodowa in Lemberg. Die neue Zeitung sollte die politische Orientierung der Liga theoretisch und ideologisch entwickeln und propagieren. Sie sollte sich explizit an alle Teilungsgebiete wenden.10 Adressaten wa- ren die Intelligenz und Organisationselite der nationalen Bewegung, die der Przegląd Wszechpolski zum patriotischen Dienst am Volk aufrief. Inhaltlich bildeten berichtende und programmatische Artikel den Schwerpunkt. Während seiner gesamten Erschei- nungszeit schrieb Popławski die Kolumne Z całej Polski (Aus dem ganzen Polen). Im Jahre 1896 rief er außerdem die Monatsschrift Polak (Der Pole) ins Leben, die sich

5 Zum Volksbegriff siehe PISKORSKI, Volksgeschichte. 6 POPŁAWSKI, Wybór pism, S. 7. 7 Der Przegląd Emigracyjny war das Organ der Handelsgeografi schen Gesellschaft und blieb dies auch offi ziell während seiner ersten sechs Monate als Przegląd Wszechpolski (künftig PW). Siehe JAKUBOWSKA, Prasa, S. 16. 8 WAPIŃSKI, Przegląd. 9 KULAK, Popławski, S. 272 ff. Popławski schrieb bereits ab Nummer 6 (März 1895) für den PW, vgl. JAKUBOWSKA, Prasa, S. 17. 10 Zum PW siehe WAPIŃSKI, Przegląd.

55 an die dörfl iche und kleinstädtische Bevölkerung im Königreich wandte.11 Der Polak berichtete über aktuelle Politik, vermittelte den Bauern aber auch praktische Informa- tionen über rechtliche Vorschriften, Steuern, Gemeindeverwaltung und Kriegsdienst. Daneben diente er dem erklärten Ziel Popławskis, das Volk national und politisch zu bilden, informierte also über polnische Geschichte, Sprache, Kultur und Gebräuche und propagierte Nationalstolz und das Ziel der staatlichen Unabhängigkeit. 1901 kam das Wochenblatt Ojczyzna (Vaterland) hinzu und in den Jahren 1901-1902 erschien in Lemberg die erste nationaldemokratische Tageszeitung Wiek XX (Das 20. Jahrhundert), deren Erscheinen mit der Übernahme der größten galizischen Tageszeitung Słowo Pol- skie (Das polnische Wort) durch die Nationaldemokratie, dessen politischer Redakteur und Hauptpublizist Popławski von 1902 bis 1906 war, eingestellt wurde. Zwar lag der Schwerpunkt von Popławskis Engagement für die nationaldemokra- tische Bewegung auf der Publizistik, doch engagierte er sich auch organisatorisch für die Liga Narodowa und die spätere nationaldemokratische Partei. So wurde er 1887 Landeskommissar der Liga Polska im Königreich und schuf 1897 das erste unabhän- gige Programm des Stronnictwo Demokratyczno-Narodowe (Nationaldemokratische Partei) im russischen Teilungsgebiet.12 1904 organisierte er als Landeskommissar der Liga die Parteigründung in Galizien. Seine Stärke lag aber wen iger in parteipolitisch- organisatorischer Tätigkeit, sondern in seiner Rolle als Ideologe seines Lagers. Bis 1902, bis zum Umzug des Przegląd Wszechpolski nach Krakau und dessen Übernah- me durch Dmowski, kann Popławski als Anführer des nationaldemokratischen Lagers gelten. Erst anschließend nahm Roman Dmowski, dessen politisches Denken sehr von Popławski beeinfl usst war13, diese Position ein. Im Dezember 1906 kehrte Popławski nach Warschau zurück, um dort Dmowski bei dessen Wahlkampagne zu unterstützen und um die Gazeta Polska (Polnische Zeitung) als erste nationaldemokratische Tageszeitung des Königreichs herauszugeben. Er er- krankte Mitte 1907 an Krebs und starb im März 1908 im Alter von 54 Jahren.

4.1.1 Nation statt Ethnos

Dreh- und Angelpunkt in Popławskis Denken war die Nation und ihr „nationales Interesse“.14 Er verstand sie als historisch gewachsene Gemeinschaft, die durch ge- meinsame geistige Ideale, Kultur, historische Tradition und materielle Interessen defi - niert sei und alle gesellschaftlichen Schichten umfasse: „Die Grundlage der modernen Nation ist nicht die Einheit von Rasse und Sprache, sondern […] die geistige und ma-

11 JAKUBOWSKA, Prasa, S. 25 ff.; KULAK, Popławski, Bd. 1, S. 275 ff. 12 KULAK, Popławski, Bd. 1, S. 276. 13 KULAK, Wpływ; DMOWSKI, Popławski. 14 Zum Stellenwert des „nationalen Interesses“ siehe: Program Stronnictwa Demokratyczno- narodowego w zaborze rosyjskim [Das Programm der nationaldemokratischen Partei im rus- sischen Teilungsgebiet], in: PW 9 (1903), H. 10, S. 721-758, hier S. 725 f. Zum Stellenwert der Nation für Popławski am ausführlichsten KULAK, Popławski, Bd. 2, S. 523 ff.

56 terielle Gemeinschaft verbindet Stämme zu Nationen und Nationen zu Staaten.“15 Er betrachtete die polnische Nation als überethnische Gemeinschaft derjenigen, die die polnische Kultur angenommen hätten und ohne Vorbehalte für das polnische nationale Interesse einträten. Der ethnische Begriff des Volksstammes (plemię) stand für ihn im Gegensatz zur Nation als historisch-politische Größe.16 Das Sortieren von Menschen gemäß ihrer ethnischen Eigenschaften, „wie ein Schaf in der Herde“17, ohne Rücksicht auf die anderen Faktoren, die eine politische und kulturelle Nation schüfen, war für ihn „kindische Spielerei“18 und ein „ nicht zu verwirklichendes Hirngespinst“19. Somit er- gab die Aufteilung von Staatsterritorium auf ethnischer Grundlage für ihn keinen Sinn, zumal er sie aufgrund gemischter Besiedlung für praktisch undurchführbar hielt. Den Versuch, durch geänderte Grenzziehung ethnisch einheitliche Territorien zu schaffen, bezeichnete er als „vereinfachend“20 und „mechanisch“21, da er die ethnisch gemischte Besiedlung ignoriere und eine „brutale Vergewaltigung der nationalen Individualität“22 bedeute. Sprache und ethnische Zugehörigkeit waren für Popławski auch deswegen kei- ne ausschlaggebenden Kriterien, weil er sie für rasch veränderbar hielt. Die Geschichte der letzten Jahrhunderte habe oft gezeigt, wie schnell sich diese Faktoren unter dem Einfl uss politischer und kultureller Veränderungen wandeln könnten.23 Die Sprache be- zeichnete er „als ein nur äußerliches Anzeichen der nationalen Individualität“24, auf die sie sogar verzichten könne – er verwies auf Irland –, „und die ohne die Beteiligung an- derer Faktoren sie [die Individualität, A.S.] ganz und gar nicht schütze“25. So konnten die Kriterien Ethnie und Sprache für ihn kein Argument gegen Staaten mit Einwohnern mehrerer Sprachen und Ethnien sein. Aus diesem Nationsbegriff folgte für ihn, dass die zahlenmäßige Kraft der polnischen Nation deutlich größer sei als die der polnischen ethnischen Gruppe.26 Zum Vergleich zog er Frankreich heran, wo die nationale Einheit

15 JAN LUDWIK POPŁAWSKI: Polska Współczesna [Das gegenwärtige Polen], in: DERS., Szki- ce, S. 203-314, hier S. 274; im selben Sinne [DERS.:] Roszczenia litewskie [Litauische Ansprüche], in: PW 2 (1896), H. 15, S. 337-340, hier S. 338; [DERS.:] Nasz demokratyzm [Unsere Demokratie], in: PW 6 (1900), H. 3, S. 129-138, hier S. 136. Die ethnisch-rassische Nationsdefi nition der Nationaldemokratie wurde primär von Dmowski entworfen und fi ndet sich in Popławskis Schriften noch nicht. 16 DERS.: Lud i naród [Volk und Nation], in: Głos 3 (1888), H. 19, S. 217-218. Trotz dieser theoretischen Unterscheidung zwischen „Nation“ und „Volksstamm“ verwendete Popławski den Begriff der Nation in seinen Artikeln auf beiden Ebenen, als politische und als ethnisch- sprachliche Gemeinschaft. 17 [DERS.:] Nasze stanowisko na Litwie i Rusi [Unsere Stellung in Litauen und Ruthenien], in: PW 2 (1896), H. 8, S. 169-172, hier S. 170. 18 Ebenda. 19 Ebenda. 20 [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 136. 21 Ebenda. 22 Ebenda. 23 [DERS.:] Jubileusz pruski [Preußisches Jubiläum], in: PW 7 (1901), H. 1, S. 1-14, hier S. 11 f. 24 DERS., Polityka, S. 26. 25 Ebenda, S. 33 f. 26 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 274.

57 bereits erreicht sei, und auch Korsen, Bretonen und Basken Franzosen seien.27 Der Unterschied etwa zwischen der langue d’oc und dem Französischen sei so groß wie der zwischen der polnischen und der ruthenischen Sprache. Die rassische und sprachliche Verwandtschaft sowie der Unterschied im kulturellen Niveau zwischen den Bretonen und den Franzosen seien ungefähr so, wie diejenigen zwischen Polen und Litauern. Da der polnische Staat gerade zu der Zeit nicht existierte, als in ganz Europa ein staatlicher Zentralisierungsprozess stattfand und sich die modernen Nationen herausbildeten, habe Polen diesen Prozess nicht durchlaufen können, sonst – so ist impliziert – bildeten auch ethnische Litauer, Ruthenen und Polen inzwischen eine ebenso einheitliche polnische Nation wie die Franzosen. Und ebenso wie ein französischer Patriot keinen Separatis- mus zulasse, könnten und wollten dies auch die Polen nicht. Obwohl Popławski den Unterschied zwischen dem französischen und dem polnischen Beispiel erkannt hatte – denn ein paar Seiten zuvor hatte er ausgeführt, dass in Polen dieser alle Bewohner des Staates umfassende Nationsbildungsprozess durch den Verlust des Staates unter- brochen worden sei28 –, beanspruchte er für Polen dieselbe nationale Einheit. Dass Grenzgebiete gemischt besiedelt seien, hielt er für normal, es gebe keinen einzigen Staat auf der Welt, dessen Staatsgrenzen zugleich ethnische Grenzen seien.29 Wo eine Grenze verlaufe, hänge viel mehr von topografi schen, wirtschaftlichen und politischen Aspekten ab als von ethnischen. Zudem zeige der Blick in die Geschichte, dass sich Nations- und Staatsgrenzen änderten, dass ethnische Einheiten verschwänden und neue entstünden. So sei es weder möglich, eindeutige Grenzen der polnischen Nation noch des zukünftigen polnischen Staates zu ziehen. Etliche Nationen wiesen überdies Sied- lungsgebiete in anderen Staaten auf – er nannte Deutsche, Italiener, Rumänen, Franzo- sen – und jede Nation kümmere sich selbstverständlich um den nationalen Charakter ihrer im Ausland lebenden Mitglieder, ohne dass sie zwangsläufi g Annexionspolitik betreibe. Wenn einst, nach der Errichtung eines polnischen Staates, Angehörige der polnischen Nation außerhalb dieses Staates lebten, wären sie ein überaus wichtiger Faktor für die Entwicklung und Ausweitung des polnischen geistigen und wirtschaftli- chen Schaffens und Einfl usses. Wenn also polnische Minderheiten in anderen Staaten lebten, so müsse es Ziel der ganzen polnischen Nation sein, dass diese Minderheiten in ihren Staaten kulturell und gesellschaftlich sowie in gewisser Hinsicht politisch das herrschende Element seien, wie etwa die Schweden in Finnland. Die Deutschen ver- stünden diesen Zusammenhang und nützten ihn hervorragend. Die Nation besaß für Popławski aber auch ein eigenes politisches Bewusstsein und ein Gefühl für ihre innere Einheit. Ähnlich dem Menschen schrieb er ihr Gefühle und Ideale, Individualität und Charaktereigenschaften zu.30 Seiner Ansicht nach habe jede Nation von Natur aus den Drang, ihren geistigen und materiellen Besitz auszudehnen

27 Ebenda, S. 272 f. 28 Ebenda, S. 269. 29 Der ganze folgende Absatz beruht auf: DERS.: Zadania polityki narodowej na kresach [Die Aufgaben nationaler Politik in den kresy], Teil 1, in: PW 9 (1903), H. 8, S. 567-575, und Teil 2, in: PW 9 (1903), H. 9, S. 672-683, hier S. 673. 30 W.B. [DERS.]: Polityka i historya IV. [Politik und Geschichte IV.], in: PW 6 (1900), H. 7, S. 413-422, hier S. 414.

58 und nach politischer Unabhängigkeit und innerer Einheit zu streben.31 Aus dem Schei- tern der Aufstände hatte Popławski den Schluss gezogen, dass die Unabhängigkeit nicht nur in einem Teilungsgebiet erreicht werden könne, sondern in allen zugleich erkämpft werden müsse. Deswegen begriff er es als Kernaufgabe, die Einheit der Nation über die Teilungsgrenzen hinweg zu stärken und das ganze Volk für den Kampf gegen Rus- sifi zierung und Germanisierung und für die Unabhängigkeit zu gewinnen. Das „ganze Volk“ bedeutete für ihn nicht nur, die Polen in allen drei Teilungsgebieten, sondern auch alle Schichten der Nation zu mobilisieren und zu einer Einheit zusammenzufüh- ren. In Absetzung vom Adel, den er für moralisch und wirtschaftlich bankrott hielt32, wandte er sich vor allem dem „einfachen Volk“ (lud) zu. Für ihn wie für die National- demokratie insgesamt spielten Bildung und „nationale Mobilisierung“ des Volkes die Schlüsselrolle zur Stärkung der polnischen Nation; eine Stärkung, die sowohl Selbst- zweck als auch Hauptinstrument zur Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit war.

4.1.2 Polen ist ein organisches Ganzes

Popławski bezeichnete sich selbst als „Politiker, für den sich Polen von der Oder bis an den Dnjepr und von der Ostsee nicht nur bis zu den Karpaten, sondern vielleicht bis zum Schwarzen Meer erstreckt und der in seinen Überlegungen und in seiner Tätigkeit immer diese Einheit im Sinn hat“33. Der Begriff der Einheit, des zusammengehörenden Ganzen (całość) war für ihn von zentraler Bedeutung. Aus verschiedenen Ländern und Stämmen sei Polen über Jahrhunderte zu einer politischen Einheit zusammengewach- sen und vereine Menschen verschiedener Rassen, Religionen und Sprachen. Ermög- licht habe dies die „natürliche Neigung, eine einzige staatliche und nationale Orga- nisation herauszubilden“34. Die einzelnen Landesteile bildeten für ihn eine natürliche Verbindung (związek przyrodzony), „eine abgegrenzte, organische Einheit (odrębna całość), die verbunden ist durch gemeinsame territoriale Faktoren, wirtschaftliche Interessen, schließlich historische Tradition“35. Diese gemeinsamen territorialen Fak- toren benannte er nicht konkret, in Kenntnis seiner Schriften dürfen aber „natürliche Grenzen“ dahinter vermutet werden, auf deren Notwendigkeit für einen starken Staat er an anderen Stellen einging. „Natürliche Grenzen“ böten nämlich günstige territoriale Bedingungen für die Herausbildung nationaler Einheit.36 In Zeiten, in denen Polen im Westen und im Osten keine „natürlichen Grenzen“ gehabt habe, habe dieser Missstand

31 [DERS.:] Niepodległa Polska i polityka chwili bieżącej [Das unabhängige Polen und die ak- tuelle Politik], in: PW 3 (1897), H. 13, S. 285-288, hier S. 285. 32 DERS.: Środki obrony I [Instrumente der Verteidigung I], in: Głos 2 (1887), H. 39 S. 609- 610, hier S. 609; ähnlich J. L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 8 (1902), H. 8, S. 599-607, hier S. 602. 33 [DERS.:] Sprawa Ruska [Die ruthenische Frage], in: PW 7 (1901), H. 12, S. 709-171, hier S. 710. 34 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 202 f.; [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 6 f. 35 [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 11; ebenso DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 205 ff. und 274. 36 [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 6.

59 „die Kräfte von Nation und Staat so sehr in Anspruch genommen, dass [Polen] nicht einmal seine Grenzen am Meer im Norden und Süden“37 habe halten können. Ande- rerseits operierte er zuweilen auch mit dem Bild Polens als eines „Übergangslandes“ (kraina przejściowa) zwischen Ost und West.38 Diesen Begriff prägte der einfl ussreiche Geograf Wacław Nałkowski, dessen Werke Popławski zweifellos rezipiert hatte.39 Popławski sah offenbar keinen Widerspruch in der Auffassung von Polens Territorium als einem „organischen Ganzen“ mit „natürlichen Grenzen“ und dem Verständnis von Polen als Übergangsland.40 Dies vielleicht deswegen, weil er diese geografi sche Lage für günstig hielt, da sie Polen als Transitland zwischen Europa und Asien eine wirt- schaftlich starke Stellung verschaffe. Nałkowski sah im Gegensatz dazu in dieser Lage den Hauptgrund für Polens Untergang als Staat.41 Die von Popławski im Osten entlang von Düna und Dnjepr gezogene Grenze entsprach grob der von 1793, also der nach der Ersten Teilung. Unmittelbar an die Schwarzmeerküste hatte die polnisch-litauische Staatenunion nur wenige Jahre unter Witold/Vytautas dem Großen (1350-1430) zwischen den Mündungen von Dnjepr und Dnjestr gereicht. In den folgenden Jahrhunderten blieb die Republik durch das Khanat der Krim beziehungsweise das Osmanische Reich von der Küste abgeschnitten. Die Oder war zuletzt Mitte des 13. Jahrhunderts Grenze eines polnischen Staates gewesen. Er forderte also kein „historisches Polen“ im Sinne der Rückkehr zu den Grenzen von 1772 (denn so wurde der Territorialbegriff „Polska historyczna“ in der Regel verwen- det). Popławski beobachtete die Entstehung polnischer nationaler Bewegungen in Ge- bieten, die 1772 nicht zur Republik gehört hatten, wie in Oberschlesien, im Herzogtum Teschen und in Ostpreußen, und diese Entwicklung führte ihn dazu, die Forderung nach den Grenzen von 1772 in Frage zu stellen.42 Er selbst griff deutlich über diese hinaus und betonte, dass der Staat im Westen die „uralten Sitze“43 (odwieczne siedziby) des polnischen Volkes, die Wiege der Nation, besitzen müsse sowie den Zugang zum Meer, „ohne den eine moderne Nation nicht normal leben kann“44. Ohne von seinem über- ethnischen Nationsbegriff abzurücken, fügte er mit Blick auf die Gebiete im Westen als Kriterium ihrer Zugehörigkeit noch die Willensäußerung der Bevölkerung und ihr nationales Zugehörigkeitsgefühl hinzu – Faktoren, die er der ethnisch nicht polnischen Bevölkerung im Osten freilich nicht zubilligte.

37 DERS., Polska współczesna (wie Anm. 15), S. 209. 38 Ebenda, S. 206 f. 39 Zum Beispiel in: [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 6, bezieht sich Popławski auf Nałkowski. Zu Nałkowski siehe Kapitel 4.3.2, S. 115. 40 [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 6 f. 41 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 210 f. Vgl. NAŁKOWSKI, Terytorium. 42 POPŁAWSKI, Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 205 f.; im selben Sinne DERS., Środki obrony I (wie Anm. 32), S. 609. 43 J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 8 (1902), H. 1, S. 37- 44, hier S. 43. 44 Ebenda.

60 4.1.3 Popławskis Bild der Ostgebiete

In Popławskis Polenkonzept waren die Ostgebiete in dreierlei Hinsicht von grundle- gender Bedeutung: Erstens waren sie elementarer Teil der Ganzheit Polens, zweitens polnischer Expansions- und Entwicklungsraum und drittens waren sie als Ort des zivi- lisatorischen Kampfes zwischen Ost und West ein Ort der polnischen Selbstdeutung.

4.1.3.1 Die Ostgebiete sind polnisch

Die Ostgebiete waren für Popławski elementarer Bestandteil des „organischen Ganzen“ Polens. Er maß ihre Bedeutung für Polen anhand ihres „geistigen und materiellen Ka- pitals“, also in Bevölkerungsanteil, Wirtschaftskraft (vor allem Landbesitz) sowie kulturellem und politischem Einfl uss der dort ansässigen Polen – diese Faktoren be- schrieben für ihn die tatsächliche und die potenzielle Stärke der Ostgebiete.45 Er war sich dessen bewusst, dass die Polen in weiten Teilen des Landes einen verhältnismäßig geringen Bevölkerungsanteil stellten46 und dass vor allem Litauen und Ruthenien kein ethnisch polnisches Land waren. Aufgrund der politischen, kulturellen und wirtschaft- lichen Dominanz der dort lebenden Polen sei das Land aber sehr wohl polnisch, denn diese Faktoren wogen für ihn wesentlich schwerer.47 Er betrachtete alle Zeugnisse von Kultur und Zivilisation in den Ostgebie ten als Manifestationen polnischer Kultur, als von Polen geschaffen und allein von Polen – soweit unter den Bedingungen der Fremd- herrschaft möglich – am Leben erhalten. In allen Bereichen des wirtschaftlichen Le- bens, in Landwirtschaft, Handel, Industrie und Kreditwesen, seien in erster Linie Polen engagiert. Die Angehörigen der freien Berufe, Ärzte und Anwälte, seien vorwiegend Polen.48 Aus diesem Grunde sei das Land Eigentum der Polen, da sie es mit ihrem Blut und ihrer Arbeit Schweiß, einst auch mit dem Schwert in Besitz genommen hätten.49 Auf die Ostgebiete zu verzichten, kam für Popławski also nicht in Frage, das wäre für ihn „die schändliche Vergeudung des nationalen Erbes mehrerer Jahrhunderte“50, der Verzicht auf das über Jahrhunderte angesammelte, ungeheure Kapital, das die geistige und materielle Vorrangstellung darstelle, und die „nationale Auslöschung“51 (zagłada) von drei Millionen Polen. Einen formalen, rein taktischen Verzicht auf Gebiete des

45 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17). 46 DERS.: Nasze siły. Kraje Zabrane [Unsere Kräfte. Die weggenommenen Gebiete], in: PW 8 (1902), H. 6, S. 425-433, hier S. 425. 47 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 270. 48 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 172; DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 428 ff.; J. L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], PW 10 (1904), H. 1, S. 42-52, hier S. 48, und DERS.: Żywioł polski w Galicyi Wschodniej [Das polnische Element in Ostgalizien], Teil 1, in: PW 9 (1903), H. 4, S. 263-273, und Teil 2, in: PW 9 (1903), H. 5, S. 338-350, hier Teil 1, S. 271. 49 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 43), S. 43; im selben Sinne [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 172. „Mit dem Schwert“ hätten die Polen freilich nicht gegen die autochthone Bevölkerung, sondern gegen deren fremde Unterdrücker gekämpft. 50 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 169. 51 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 569.

61 ehemaligen Großfürstentums zugunsten Russlands hielt er dagegen für möglich, falls das nötig werden sollte, um die Unabhängigkeit überhaupt zu erlangen.52 Ein solcher „formaler Verzicht“ bedeutete für ihn allerdings nicht, die Ansprüche auf die Ostgebie- te aufzugeben, und erst recht nicht das Ende polnischer nationalpolitischer Aktivitäten dort, die auch separatistische Forderungen nach dem Anschluss an Polen beinhalten könnten. „Formaler Verzicht“ bedeutete nur, dass Popławski, um die staatliche Un- abhängigkeit zu erreichen, vorübergehend auf die Einbeziehung der kraje zabrane zu verzichten bereit gewesen wäre. Einen ähnlichen „formalen Verzicht“ hielt er auch in Bezug auf Posen und Oberschlesien für möglich.53 Im Grunde lehnte er es aber als sinn- los, gar schädlich, ab, über diesen Verzicht auch nur zu spekulieren, um nicht Glauben, Selbstvertrauen und Energie der dort lebenden Polen zu schwächen.54 In der Forschung wird bisher die These vertreten, dass ihm letztendlich die Westgebiete wichtiger ge- wesen seien, unter anderem, weil er angeblich zum taktischen Rückzug im Westen – im Gegensatz zum Osten – nicht bereit gewesen sei.55 Diese These scheint auf sehr selektiver Lektüre seiner Schriften zu basieren und ist nicht haltbar. Popławski selbst schrieb nicht nur explizit, dass er „formal“ auf Posen und Oberschlesien zu verzichten bereit wäre, sondern auch, dass die in der polnischen Öffentlichkeit teilweise vertretene – von ihm abgelehnte! – Forderung, auf die Ostgebiete endgültig zu verzichten, um die Westgebiete zu erlangen, auf der falschen Annahme beruhe, der Hauptgrund für den Verlust der polnischen Staatlichkeit sei die Hinwendung nach Osten bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Westens gewesen. In erster Linie sah er diese These von Michał Bobrzyński vertreten.56 Zu dieser Frage hatte sich seine Einschätzung im Laufe der Zeit allerdings gewandelt. Im Głos hatte er 1887 nämlich noch genau wie Bobrzyński dar- gelegt, der Verzicht auf die Gebiete im Westen und die Eroberungen im Osten seien der Grund für den politischen Untergang gewesen und Polen müsse nach vielen Jahrhun- derten des Umherirrens auf Abwegen im Osten auf den alten Weg zurückkehren.57 Doch schon 1901 argumentierte er, dass der Kausalzusammenhang genau umgekehrt sei: Nur aufgrund der machtvollen Beherrschung des Ostens habe Polen seine Westgebiete effi - zient verteidigen können.58 Als Beispiel führte er den Sieg über den Deutschen Orden an, den Polen nur gemeinsam mit dem Großfürstentum habe erringen können. Erst das Bündnis mit dem östlichen Nachbarn habe Polen so mächtig gemacht, da ss es die Aus- breitung des Ordens aufhalten konnte. Ebenso deutlich wurde er im Artikel Jubileusz

52 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 172; [DERS.,] Roszczenia litewskie (wie Anm. 15), S. 338; im selben Sinne DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 571. 53 [DERS.,] Roszczenia litewskie (wie Anm. 15), S. 338. 54 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 172. 55 Zuletzt ENGELGARD, S. 76. Davor EBERHARDT, Twórcy, S. 27 ff.; DERS., Polska, S. 73. Eberhardt gibt Popławski fälschlicherweise den Vornamen Stanisław. KULAK, Kresy; KIE- NIEWICZ, Kresy, S. 8. 56 POPŁAWSKI, Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 571. Zu Bobrzyński siehe Kapitel 3, Anm. 136. 57 DERS.: Środki obrony III [Instrumente der Verteidigung III], in: Głos 2 (1887), H. 41, S. 633- 634, hier S. 634. 58 Leider fi ndet sich in Popławskis Zeugnissen nirgends ein Hinweis darauf, was diesen Sinnes- wandel verursacht haben könnte.

62 pruski, in dem er schrieb, dass Polen im Osten wichtigere und für seine staatliche und nationale Existenz dringendere Aufgaben gehabt habe.59 Wer diese Hinwendung zum Osten kritisiere, urteile sinnlos, lächerlich anachronistisch und ungerecht. Mit der Be- freiung der benachbarten Länder von der Fremdherrschaft, ihrer Besiedlung und ihrem kulturellen Aufbau, schließlich der Verteidigung Europas gegen Osmanen und Tataren habe Polen im Osten nicht nur bedeutende zivilisatorische Aufgaben wahrgenommen, sondern vor allem seine ureigenen Interessen verfolgt.60 Obwohl diese Aufgaben für Polen wichtiger gewesen seien als die Konzentration auf den Westen, weil eben von Osten die größeren Gefahren gedroht hätten, hätten sie dennoch die polnischen Kräfte überstiegen und somit zum Untergang beigetragen. Als Grund für den Untergang sah er aber nicht die Hinwendung nach dem Osten, sondern vielmehr, dass Polen seine Ostpolitik nicht energisch und mutig genug betrieben habe.61 Entschieden führte er dem Leser sofort die Parallelen vor Augen: „Heute muss unsere nationale Politik an zwei Fronten geführt werden, denn von beiden Fronten droht uns gleich große Gefahr.“62 Die Forderung der Anhänger des „ethnischen Polens“, alles nationalpolnische Handeln auf eine „Front“ oder auf das ethnisch polnische Territorium zu konzentrieren, lehnte Popławski strikt ab.63 Das sei nicht nur sinnlose Selbstbeschränkung, sondern auch praktisch unmöglich, da nationale Aktivität, ihre Kräfte und Instrumente, nicht beliebig transportiert oder reguliert werden könnten, sondern ortsgebunden seien. Explizit dis- tanzierte er sich von Forderungen, „jeglichen Kampf, sogar jegliche nationale Arbeit in den kresy wschodnie aufzugeben und stattdessen alle Kräfte auf die kresy zachodnie zu richten“.64 Wann immer Polen stark gewesen sei, habe es aktive Politik im Osten wie im Westen betrieben. In Zeiten der Schwäche habe es seine Interessen dagegen an bei- den Grenzen vernachlässigt65: „Unsere Politik muss an zwei Fronten geführt werden, andernfalls verlieren wir an der einen, was wir an der anderen gewinnen.“66

4.1.3.2 Der Osten als Expansionsraum

Popławski trat nachdrücklich dafür ein, im Westen die Wiege der Nation, ihre „uralten Sitze“ (odwieczne siedziby) und, vor allem aus wirtschaftlichen und verkehrsstrate- gischen Gründen, den Zugang zur Ostsee zu verteidigten.67 Im Westen verortete er den Ursprung der Nation, im Osten aber sah er Raum für ihre Fortentwicklung. Er argumen- tierte, dass das ethnisch polnisch besiedelte Territorium, das preußische Teilungsgebiet sowie Ostpreußen und Oberschlesien eingeschlossen, nicht einmal 5000 Quadratmei-

59 [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 239 f. 60 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 43); [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 717. 61 Im selben Sinne [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 711 ff. 62 [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23), S. 240. 63 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 570 ff. 64 Ebenda. 65 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 572 f. 66 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 43), S. 44. 67 Ebenda, S. 43.

63 len umfasse. Auf einem solchen Gebiet könne sich eine große, in die Zukunft gewandte Nation nicht entwickeln. Nur im Osten hätten die Polen angemessenen Raum (obszar) zur Entwicklung ihrer Macht und ihres nationalen Schaffens. Litauen und Ruthenien umfasse ein Gebiet, das doppelt so groß sei wie das ethnisch polnische Territorium, hier liege die Zukunft: „Jede Politik – sei es die preußische, sei es die polnische – ist im Verhältnis zu anderen Nationalitäten aggressiv (zaborcza), muss stets danach streben, neue Territorien zu erringen oder verlorene wiederzugewinnen.“68 In seiner Artikelserie Co to jest Polska69 (Polen – Was ist das) umriss Popławski den politischen und kulturellen Einfl ussbereich Polens, den Expansionsraum (obszar naszych aspiracji politycznych), wie er an anderer Stelle formulierte70, für die sich kraftvoll und expansiv entwickelnde polnische Nation. Er zählte ausführlich die Län- der auf, „die das polnische Gebiet (obszar) darstellen“71: das Großherzogtum Posen, Westpreußen (Königlich Preußen), Oberschlesien, einige Kreise Mittelschlesiens, Ost- preußen, die drei pommerschen Provinzen Stolp, Lauenburg und Bütow, Galizien, das Herzogtum Teschen, die Hälfte der Bukowina, die Zips, einige Kreise Oberungarns72, das Königreich Polen, Litauen und Weißrussland, Wolhynien, Podolien, die Ukraine. „Geografi sch“73 gehörten auch die Schwarzmeerküste (die Gouvernements Cherson und Jekaterinoslaw) sowie der nördliche Teil Bessarabiens zum polnischen Gebiet. Politisch seien sie jedoch nicht polnisch. Historisch und geografi sch gehöre Kurland zu Polen, das seit der Mitte des 16. Jahrhunderts Herzogtum unter polnischer Ober- hoheit gewesen sei. Kurland wiederum stelle eine geografi sche und ethnische Einheit mit dem südlichen Livland dar, dem Einzugsgebiet der westlichen Düna. Nach Auf- zählung dieser „polnischen Länder“ räumte er ein, dass die Bukowina, die Zips, Kur- land und Livland nur geringen Anteil am zeitgenössischen politischen Leben Polens hätten. Hinsichtlich der Bukowina schwebte ihm noch eine zweite Möglichkeit vor, denn im Zusammenhang mit der breit diskutierten, auf Władysław Studnicki zurückge- henden Idee der „Absonderung Galiziens“ (wyodrębnienie Galicji) forderte Popławski

68 [DERS.:] Polityka polska w zaborze pruskim [Die polnische Politik im preußischen Teilungs- gebiet], in: PW 5 (1899), H. 1 S. 1-8, hier S. 2. Diese Auffassung, nur expandierende Völker könnten überleben, vertrat zur selben Zeit in Deutschland Friedrich Ratzel, der Völkern und Staaten im „Kampf um Raum“ ein naturgesetzlich determiniertes Verhalten unterstellte, ei- nen „Expansionstrieb [als] Merkmal der höchsten Kultur“, siehe RATZEL, Menschheit, S. 85; im selben Sinne DERS., Anthropo-Geographie, S. 113 ff.; DERS., Lebensraum, S. 153; DERS., Erde, Bd. 2, S. 593. 69 Dabei handelt es sich um eine zwischen 1896 und 1904 im Polak erschienene Artikelserie, die Józef Hłasko nach Popławskis Tod erneut herausgegeben und mit dem Sammeltitel Polska współczesna (Das gegenwärtige Polen) versehen hatte. Sie sind in POPŁAWSKI, Szkice, enthalten, allerdings als durchgängiger Text ohne Quellenangaben. 70 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 709. 71 DERS., Polska współczesna (wie Anm. 15), S. 205 f. 72 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 682. 73 Den Begriff des „geografi schen Polen“ verwendete er auch in anderen Artikeln, zum Beispiel [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33). Zwar defi nierte er ihn nirgends, doch lässt sich aus dem Kontext ersehen, dass er damit das von „natürlichen Grenzen“ umgebene Gebiet zwischen Deutschland und Russland meinte.

64 die Abrundung Galiziens durch den nördlichen Teil der Bukowina im Rahmen einer einvernehmlichen Aufteilung des Landes zwischen Polen und den in der Bukowina an- sässigen Rumänen in Einfl usszonen (strefy wpływów).74 Die polnische Bevölkerung in der Bukowina stelle zwar nur einen sehr kleinen Anteil, aber sie sei gut organisiert und spiele als Beamte und Grundbesitzer im politischen Leben eine wichtige Rolle.75 Au- ßerdem wies er darauf hin, dass die Bukowina, als sie zum Fürstentum Moldau gehörte, polnisches Lehen76 und in der Zeit von 1786 bis 1849 Teil des Kronlandes Galizien und Lodomerien gewesen sei. Popławski zeichnete einen Expansionsraum, der sich vor allem östlich des ethnisch polnischen Territoriums ausdehnte. Umgeben von „natürlichen Grenzen“ stellt dieses „geografi sche Polen“ den Raum dar, den Polen langfristig mit seiner Macht – nicht zwangsläufi g mit seinem Staatsgebiet – ausfüllen müsse.77 Er erweckte den Eindruck, dass dieser Raum von der Natur vorgezeichnet sei und dass es somit natürlich sei, wenn er von einer Macht eingenommen würde. Begünstigt sah er entsprechende polnische Bestrebungen durch bereits bestehende polnische Einfl üsse sowie durch ein gewisses Machtvakuum im Expansionsraum, das er zwischen den Zeilen evozierte. Auf diese Weise vermittelte er den Eindruck, geistige Fortentwicklung sowie Machtzuwachs für Polen seien nur im Osten möglich. Zugleich wird deutlich, dass er territoriale Größe als Voraussetzung für Macht annahm, denn er wünschte sich Polen „so groß und so mächtig wie möglich“78. Interessanterweise korrespondierte bei Popławski die Bezeichnung „kresy“ nicht mit den „ziemie zabrane“. Er unterschied hinsichtlich des Begriffs zwischen „kresy“ in politischer und in territorialer beziehungsweise ethnischer Bedeutung: Letztere waren für ihn schlicht Grenzgebiete mit ethnisch gemischter Bevölkerung. Politisch betrach- tete er als „kresy“

„die Provinzen, in denen sich das polnische Element, sei es einheimisch (tuziemczy) oder zugewandert (napływowy), deutlich in der Minderheit befi ndet, und sogar die ethnisch pol- nischen Gebiete, wo die Bevölkerung kein Nationalbewusstsein in politischem Sinne hat. Das sind Provinzen, die entweder nicht zum polnischen Staat gehörten oder sich vor langer Zeit von ihm getrennt haben oder in denen die kulturelle und politische Herrschaft des pol- nischen Elements ernsthaft erschüttert und geschwächt ist.“79

Mit dieser Defi nition eines qualitativen Attributs „kresy“ beschränkte er sich keines- wegs auf Litauen, Wolhynien, Podolien und die Ukraine, sondern schloss Ostpreußen,

74 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 262 f. und 292 f., sowie J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 9 (1903), H. 3, S. 208-217, hier S. 214 f., und DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 681 f. 75 Ebenda. 76 Das Fürstentum Moldau war von 1404 bis 1430 unter dem Fürsten Alexandru cel Bun (Alexander der Gute) polnisches Lehen. 77 DERS., Polska współczesna (wie Anm. 15), S. 208 f. 78 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 710. 79 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 672.

65 Teile von Niederschlesien, das Herzogtum Teschen, die Zips (beziehungsweise „den polnischen Teil Oberungarns“80) und die Bukowina mit ein. Er legte den politischen und kulturellen Einfl uss der Polen in den jeweiligen Gebieten zugrunde, um ihren Cha- rakter als „kresy“ zu beschreiben. Ostgalizien schloss er explizit und konsequent aus, weil der polnische Bevölkerungsanteil dort politisch und kulturell überwiege. Sein qua- litativer „kresy“-Begriff war somit dynamisch, denn er hing von der Intensität der nati- onalpolitischen Aktivität der dort beheimateten Polen ab. Besonders deutlich wird dies am Beispiel Oberschlesien, das nur bis zur Reichstagswahl 1903 „kresy“ gewesen sei.81 Die ehemaligen Ostgebiete der Republik ebenso wie der darüber hinausreichende polnische Expansionsraum könnten aber nicht einfach nur für Polen reklamiert werden, sie müssten tatsächlich national erobert und beherrscht werden. Wenn sich Popławski auch überzeugt vom polnischen Charakter der Ostgebiete zeigte, so nahm er dennoch wahr, dass dort einerseits die von den Eliten getragene polnische Kultur schwand und dass andererseits das kulturelle Niveau der polnischen Landbevölkerung gering war und sich deren Nationalbewusstsein häufi g auf die römisch-katholische Konfession beschränkte.82 Mit geradezu missionarischem Eifer bekämpfte er die Hinnahme die- ser Entwicklung und forderte eine gesamtnationale Anstrengung der Polen, um die polnische Kultur wieder stärker zu verbreiten und im Niveau zu heben.83 Ihren Nie- dergang im ehemaligen Großfürstentum schrieb er dem Druck der zarischen Ausnah- megesetze zu, und obwohl er selbst den Vergleich zu den Westgebieten anstellte und erkannte, dass dort der Germanisierungsdruck zur Stärkung und inneren Festigung des polnischen Patriotismus führte, erklärte er die Ursachen für die unterschiedlichen Entwicklungen in Ost und West nicht. Er appellierte an die historische Sendung der Polen, an ihre zivilisatorische Rolle, und betonte, dass es im Interesse der polnischen Nation liege, diese erneut aktiv auszuüben. Popławski bezeichnete diesen Vorgang als „nationale Expansion“.84 Sie galt ihm als Ausweis nationaler Lebendigkeit und Kraft und hatte zwei Dimensionen: Einerseits verstand er sie als Intensivierung der gesell- schaftlichen, politischen und kulturellen Aktivitäten der Polen, andererseits aber auch als räumliche Ausweitung des polnischen nationalen Territoriums. Beide Formen der Expansion waren für Popławski untrennbar miteinander verbunden, da die Intensivie- rung der Aktivität zur Steigerung der nationalen Kraft führe, die automatisch das natür- liche Bedürfnis nach räumlicher Ausbreitung entwickele und die territoriale Expansion wiederum nur durch die Intensivierung des nationalen Lebens verwirklicht und abge- sichert werden könnte. Instrumente der territorialen Expansion sollten die „nationale Bewusstmachung“ sein, also die kulturelle und nationalpolitische Mobilisierung von Bevölkerungsschichten, die er als polnisch bezeichnete, die sich jedoch selbst nicht

80 Ebenda, S. 682. 81 Ebenda, S. 672 und 679; im selben Sinne DERS., Środki obrony III (wie Anm. 57), S. 633; DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 680. In dieser Wahl wurde Wojciech Korfanty als erster polnischer Abgeordneter Schlesiens Mitglied des Deutschen Reichtags. 82 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 428 f. 83 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 43), S. 43. 84 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29).

66 unbedingt oder nicht in erster Linie als Polen sahen85, ferner die wirtschaftliche und kulturelle Stärkung der polnischen Bevölkerung, die Kolonisierung und schließlich die Assimilation von Bevölkerungsteilen, die keine eigene deutliche nationale Individu- alität86 besäßen. Für diese gesamtnationale Aufgabe nahm er alle sozialen Schichten der Nation in die Pfl icht, das bäuerliche Volk ebenso wie die Groß grundbesitzer, die städtische Intelligenz und den Klerus. Den Landbesitzer, sei er bäuerlich oder adelig, betrachtete er als praktischen „Ver- teidiger polnischen Bodens“.87 Besonders deutlich wird dies an einer Kampagne, die der Głos unter Popławskis Führung gegen Polen in Posen und in Westpreußen ausfocht, welche ihr Land an Deutsche verkauft hatten. Neben ihren Namen wurden auch die genaue Lage des Grundstücks und der Verkaufserlös abgedruckt. Noch dringlichere Warnungen vor dem Übergang polnischen Landeigentums in fremden, hier russischen Besitz druckte er im Wiek XX, der nationaldemokratischen galizischen Tageszeitung. Im russischen Teilungsgebiet sei

„jeder Verlust schlimmer als der Verkauf an die Ansiedlungskommission [gemeint ist die „Königlich Preußische Ansiedlungskommission in den Provinzen Westpreußen und Posen“, A.S.], denn unter den heutigen Bedingungen ist er unumkehrbar. […] Wir weichen also von unserer historischen Position zurück. Das polnische Landgut war und ist Bollwerk des Polentums.“88

Auch im Przegląd Wszechpolski griff Popławski auf diese Taktik gegenüber Landver- käufen an Russen zurück und druckte die Namen von Polen, die in den Ostgebieten Land veräußerten, unter Angabe von Größe und Kaufpreis und verbunden mit der Auf- forderung, diese Verkäufer noch schärfer zu ächten als diejenigen in Posen, da man diese Ländereien nicht zurückkaufen könne.89 Die Irreversibilität der Landverluste so- wie die nominale Größe des aus polnischer Hand gegebenen Landes waren die Grün- de dafür, dass Popławski die Verluste im Osten als schwererwiegend bewertete.90 Im Osten sah er den Landbesitz als entscheidenden polnischen Machtfaktor, Landverlust war gleichbedeutend mit Verlust an Einfl uss.91 Die Hauptursache für die Veräußerung

85 Ebenda, S. 678. 86 Zum Begriff der „nationalen Individualität“ bei Popławski siehe KULAK, Kresy, S. 189 f. 87 Zu Popławskis Auffassung vom lud siehe DIES., Popławski, S. 434-522. 88 JAN LUDWIK POPŁAWSKI: Własność polska na Litwie i Rusi [Der polnische Besitz in Litauen und Ruthenien], in: Wiek XX 427 (7.07.1901). Die Aufgaben der 1886 gegründeten preußi- schen Ansiedlungskommission waren der Ankauf polnischer Güter, ihre Parzellierung sowie die Anwerbung von Siedlern aus dem Reichsinneren zum Zweck der Germanisierung der Provinzen. 89 J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 2 (1896), H. 11, S. 248-251, hier S. 249; [DERS.:] Kronika, in: PW 7 (1901), H. 12, S. 755. 90 DERS.: Ilu nas jest na Wołyniu, Podolu, Ukrainie [Wie viele sind wir in Wolhynien, Podolien, der Ukraine], in: Wiek XX 604 (20.09.1902), im selben Sinne J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 43), S. 42. 91 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 432, sowie J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 9 (1903), H. 8, S. 609-617, hier S. 617.

67 polnischen Großgrundbesitzes in den Ostgebieten sah Popławski in der Unfähigkeit und dem Unwillen der Gutsbesitzer, sich unter schwierigen Bedingun gen mit Land- wirtschaft zu befassen.92 Zwar sei diese Situation auch den russischen Gesetzen ge- schuldet, aber der implizite Vorwurf an die Gutsbesitzer, sie erfüllten ihre nationale Pfl icht nicht, ist unüberhörbar. Doch nicht nur Landbesitzer sah er in der Pfl icht, den „polnischen Besitzstand“ (polski stan posiadania) zu sichern und auszubauen – eine Formulierung, die als Popławskis ceterum censeo gelten darf. Er verstand es als historische Aufgabe der Na- tionaldemokratie, alle Polen in den Ostgebieten zu mobilisieren, dass sie sich an der politischen und kulturellen Arbeit beteiligen.93 Popławski betrachtete die Kulturarbeit als erste und grundlegende Form der nationalen Stärkung des Polentums in den Ostge- bieten.94 Er übertrug das Beispiel Oberschlesiens auf die Ostgebiete und leitete daraus die These ab, dass sich das polnische Element auch im Osten unter guten Bedingungen schneller als erwartet entwickeln könne.95 Neben den Landbesitzern wandte er sich vor allem an die Intellektuellen, deren Vorreiterrolle im Nationalisierungsprozess er klar erkannte. Er erwartete von ihnen „offene und opferbereite“96 Arbeit für die Bildung des Volkes, regte die Gründung von Vereinen, religiösen Gesellschaften, Chören, Ama- teurtheatern und ähnlichen Einrichtungen an und forderte, sie zum Träger und Sprach- rohr des nationalen Gedankens zu machen. Vertretern der Intelligenz legte er außerdem nahe, sich aus nationalem Pfl ichtgefühl zahlreich in den Ostgebieten anzusiedeln, um die dort dünne Intelligenzschicht zu stärken und national mobilisierend auf die Bevöl- kerung einzuwirken. Diesen Aufruf richtete er besonders an Polen, die aus den Ostge- bieten stammten, aber im Königreich oder in Russland lebten, sie sollten in ihre Heimat zurückkehren, dort unternehmerisch tätig werden und gesellschaftlich einfl ussreiche Positionen besetzen.97 Für Umzüge ins Königreich machte er vor allem den falsch ver- standenen Grundsatz der nationalen Konzentration auf das ethnisch polnische Territo- rium verantwortlich. Dieser sei mitschuldig am Niedergang des Polentums in den Ost- gebieten, denn er habe dazu geführt, dass wertvolle Kräfte für die Ostgebiete verloren gingen98 und dass sich die Intelligenz von jeder nationalen Tätigkeit dort verabschiedet habe. Man möge sich nur die polnischen Geistesgrößen aus dem vergangenen Jahrhun- dert vor Augen führen, die im Verhältnis zur Bevölkerungszahl in viel größerem Maße

92 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 171; J.L.P. [DERS.]: Polska własność ziemska na Litwie i Rusi [Der polnische Landbesitz in Litauen und Ruthenien], in: PW 3 (1897), H. 9, S. 197-200, hier S. 199; im selben Sinne [DERS.:] Optymizm nieuzasadniony [Unbegründeter Optimismus], in: PW 4 (1898), H. 23, S. 355-357, hier S. 356. 93 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 431. 94 Ebenda, S. 433. 95 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 679. 96 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 32), S. 602. 97 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 171; DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 433, sowie DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 568, und Teil 2, S. 676 f. 98 Ebenso argumentierte auch Studnicki, siehe STUDNICKI, Polityka, S. 227; DERS.: Problemat polski na Litwie i Rusi [Das polnische Problem in Litauen und Ruthenien], in: NaP 2 (1907), H. 14, S. 609-626.

68 aus den Ostgebieten stammten als aus den ethnisch polnischen Ländern, um das riesige Ausmaß des drohenden Verlustes zu verstehen. Auch in Bezug auf Ostgalizien betonte er die Bedeutung der städtischen Intelligenz für die Bewahrung und Steigerung der polnischen Überlegenheit. Ihre Angehörigen würden jedoch zunehmend von Ukrainern und Juden aus ihren Positionen in Bürokratie und freien Berufen verdrängt.99 Da das Anwachsen der ukrainischen und jüdischen In- telligenz nicht verhindert werden könne, müsse als Gegengewicht die polnische Intel- ligenz gestärkt werden, und zwar durch Förderung der Industrialisierung und Hebung des Bildungsniveaus in den Städten wie auf dem Land, auch um der Ruthenisierung der polnischen Landbevölkerung entgegenzuwirken. Konkret forderte Popławski, die Anzahl der römisch-katholischen Kirchen und Pfarreien zu erhöhen und den Klerus zur nationalen Arbeit heranzuziehen. Das Bildungsniveau müsse durch die Gründung polnischer Schulen und Bibliotheken gehoben werden, was allerdings auf gesetzge- berischem Wege kaum zu erreichen sei, da zu wenig fi nanzielle Mittel zur Verfügung stünden. Deswegen seien Privatunterricht, Schulen in freier Trägerschaft und die Schaf- fung einer Institution wandernder Lehrer nötig.100 Das nationale polnische Leben müs- se durch die aktive Teilnahme der örtlichen polnischen Bevölkerung in der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Arbeit belebt werden. Hierbei zielte Popławski vor allem darauf ab, die Selbständigkeit der Bevölkerung zu wecken. Schließlich müsse die wirtschaftliche Situation der Landbevölkerung durch die Gründung von landwirt- schaftlichen Zirkeln, Raiffeisenkassen, Erzeuger-Kooperativen, Kredit- und Handels- gesellschaften sowie von Sparkassen zur Kreditvergabe an Bauern verbessert wer- den.101 Nach dem Vorbild der Parzellierungsaktion in Posen und Pommern forderte Popławski auch für Ostgalizien, mit Hilfe einer polnischen Parzellierungsorganisation mittelgroße Bauernhöfe zu schaffen und damit nicht nur den polnischen Bevölkerungs- teil insgesamt zu stärken, sondern auch soziale Spannungen innerhalb der polnischen Bevölkerung zu mindern.102 Neben der wirtschaftlichen und kulturellen Stärkung der polnischen Bevölkerung nannte Popławski als weiteres Instrument der nationalen Expansion die Kolonisation. Kolonisation sei eine der wichtigsten Aufgaben nationaler Politik, da jede lebendige Nation, die sich ihrer Kraft bewusst sei, expansiv (zdobywczy) sein müsse.103 Ange- sichts der Tatsache, dass es Polen unter den Bedingungen der Fremdherrschaft sowohl in Russland als auch in Preußen kaum möglich war, Land zu erwerben, begrüßte er

99 Im selben Sinne POPŁAWSKI, Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 343 f. 100 Ebenda, S. 349. 101 Ebenda. 102 J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 10 (1904), H. 2, S. 121-130, hier S. 124. 103 J. Nieborski [POPŁAWSKI]: Kilka uwag w sprawie kolonizacji polskiej [Einige Bemerkungen zur Frage der polnischen Kolonisation], in: PW 5 (1899), H. 10, S. 588-598, hier S. 588; [DERS.:] Program (wie Anm. 14), in: PW 3 (1897), H. 11, S. 241-247, hier S. 243. Diese These vertrat auch Friedrich Ratzel in seiner Anthropo-Geographie, S. 116 ff.

69 zwar auch die Auswanderung nach Übersee104, viel größere Bedeutung als Kolonisa- tionsgebiet maß er aber den Ostgebieten zu, die er als das am besten zur Kolonisation geeignete Territorium bezeichnete.105 Die riesigen, dünn besiedelten Gebiete Litauens und Weißrusslands böten ausreichend geeigneten Raum und seien wegen des pol- nischen kulturellen Einfl usses dort ohnehin das traditionelle und natürliche (przyro- dzony) Kolonisationsgebiet der Polen. Da die polnische Bevölkerung anwachse, müsse sie zwangsläufi g dorthin abfl ießen.106 Polnische Siedler, insbesondere aus dem König- reich, würden im Osten die Entwicklung von Landwirtschaft und Industrie und damit den Fortschritt vorantreiben. Schließlich seien die ziemie zabrane ein natürlicher Markt für Handel und Industrie des Königreichs, der bisher noch zu wenig genutzt werde, da im Königreich weder Handel noch Industrie in überwiegend polnischen Händen seien. Diese wünschenswerte Kolonisationsbewegung müsse organisiert und gefördert ablau- fen, was zurzeit jedoch durch das Verbot für Polen, Land zu erwerben, stark erschwert sei.107 Für die Zukunft war er aber optimistisch:

„Es müssen sich nur die politischen Verhältnisse im russischen Staat ändern, dann wird eine breite Welle der polnischen Kolonisation […] nach Osten rollen, nach Wolhynien, Podolien und in die Ukraine. Und mit dieser Welle wird sich die polnische Kultur wieder ausbreiten, wird sie die verlorenen Posten zurückerobern und wieder aufbauen.“108

Weiterhin erachtete er Oberungarn und die Bukowina als attraktives und natürliches Siedlungsgebiet für Polen, weil die Länder ebenfalls relativ dünn besiedelt und somit für das überbevölkerte benachbarte Galizien ein natürliches Ziel seien. Die Auswan- derung dorthin betrachtete er als nationale Aufgabe bereits in na her Zukunft und er befürwortete nachdrücklich ein einvernehmliches Vorgehen mit den Rumänen. Auch in Ostgalizien hielt er eine planvolle polnische Kolonisation für nötig, wie es sie bis- her nicht gebe. Eine große polnische Parzellierungsbank müsse geschaffen werden, die dafür Sorge trage, dass polnischer Großgrundbesitz, der parzelliert werde, in den Besitz polnischer Bauern übergehe109, ferner müsse es eine Übersiedlungskommission geben.110 Die Polen sollten sich vor allem dort ansiedeln, wo bereits Polen in größerer Zahl wohnten oder wo ihre Siedlungen verstärkt werden müssten. Popławski betonte

104 Nur in diesem Sinne ist seine Aussage zu verstehen, dass die einzige Möglichkeit zur Kolo- nisation aktuell nur Amerika sei. 105 [DERS.:] Ruch emigracyjny [Die Emigrationsbewegung], in: PW 5 (1899), H. 4, S. 193-204, hier S. 200; im selben Sinne [DERS.,] Optymizm nieuzasadniony (wie Anm. 92), S. 357. 106 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 306. 107 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 677 f. Das Verbot galt bis 1905. 108 J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], PW 11 (1905), H. 3-4, S. 217-225, hier S. 224. 109 DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 349. 110 J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], PW 10 (1904), H. 2, S. 121- 130, hier S. 121.

70 dabei ausdrücklich, dass die erwünschte polnische Kolonisation nicht die Verdrängung (wypieranie) der Ruthenen zum Ziel habe.111 Eine weitere Möglichkeit, die nationale Expansion voranzutreiben, sah Popławski in der Assimilierung von Bevölkerungsteilen, die selbst keine deutliche nationale Indi- vidualität besäßen.112 Indem er die Ostgebiete als Ort der Assimilierung erscheinen ließ (von Assimilierung in den Westgebieten ist bei ihm niemals die Rede), wurden sie auch zu einem Ort, an dem sich Macht und Attraktivität der polnischen Kultur erwiesen. Dabei bezog er sich vor allem auf die römisch-katholischen Weißrussen, die aufgrund ihrer Konfession ohnehin dem Polentum zuneigten113 und bei denen er kein nationales, sondern nur ein Stammesbewusstsein (świadomość plemienna) erkannte. Es handele sich um ein ausschließlich bäuerliches Volk „politisch passiven Charakters“114, das sich seiner Stammeseigenart (odrębność plemienna) nicht bewusst sei und ein sehr geringes Bildungsniveau aufweise. Ein Weißrusse, der zu höherer Bildung gelange, werde heu- te ein Russe, wie er früher ein Pole geworden sei.115 Popławski hielt es für möglich, die Weißrussen für das polnische Bevölkerungselement zu gewinnen (przyciągnąć).116 Bei den Ukrainern im russischen Teilungsgebiet, also in Podolien, Wolhynien und der Ukraine – er bezeichnete sie als Kleinrussen (Małorusini) –, erkannte er zwar eine etwas größere Stammeseigenart als bei den Weißrussen, aber ebenfalls kein nationales Bewusstsein. Aufgrund ihrer orthodoxen Konfession seien sie den Polen gegenüber tra- ditionell wenig wohlgesinnt und deswegen auch nicht so leicht zu assimilieren.117 Die Polonisierung der ukrainischen Bevölkerung lehnte er ab, weil er ein Polen anstrebte, in dem so viele Ukrainer leben sollten – er ging von etwa 15 bis 16 Millionen aus –, dass ihre Polonisierung schlicht unmöglich wäre.118 In der ukrainischen Nationalbewe- gung in Ostgalizien sah er eine ernste Gefahr für die kulturelle und politische Überle- genheit der Polen.119 Dass sich eine recht zahlreiche ruthenische Intelligenz entwickelt habe, die nach völliger kultureller Eigenart strebe120, begrüßte er zwar grundsätzlich, doch nur so lange, wie der Besitzstand und die politische und kulturelle Überlegenheit der Polen nicht eingeschränkt würden.121 Trotzdem hielt er einen unabhängigen ukrai-

111 DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 349 f. 112 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 1, S. 568; im selben Sinne Teil 2, S. 678. 113 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 427; im selben Sinne [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 138. 114 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 427; im selben Sinne [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 138. 115 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 427; im selben Sinne [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 138. 116 DERS., Zadania polityki (wie Anm. 29), Teil 2, S. 678. 117 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 429. 118 [DERS.,] Sprawa Ruska (wie Anm. 33), S. 710; Ablehnung der Polonisierung auch DERS.: Nasze siły. Zabór austryacki [Unsere Kräfte. Das österreichische Teilungsgebiet], in: PW 8 (1902), H. 4, S. 252-264, hier S. 256. 119 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 716. 120 DERS., Nasze siły. Zabór austryacki (wie Anm. 118), S. 256. 121 DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 338 und 342 ff.; im selben Sinne [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 715 f.

71 nischen Staat für nicht möglich, denn seiner Einschätzung nach verfügten die Ukrai- ner nicht über die unabdingbaren Voraussetzungen für eine staatsbildende Nation: eine historisch gewachsene Gemeinschaft, die durch gemeinsame geistige Ideale, Kultur, historische Tradition und materielle Interessen defi niert war. Eine solche politisch und kulturell selbständige Einheit hätten die Ukrainer niemals besessen und inzwischen sei es auch zu spät, die entscheidenden Merkmale auszubilden, denn das Jahrhundert der Wiedergeburt der Nationen sei das 19. Jahrhundert gewesen.122 Der Versuch, eine ukrainische Nation zu schaffen, werde zwar noch lange andauern, könne aber nicht zum Erfolg führen und werde die Ukrainer am Ende vor die Wahl zwischen Polen und Russland stellen. Mit einem der beiden Staaten müssten sie sich zwangsläufi g kulturell und politisch verbinden.123 Von möglicher Assimilierung der Litauer ist bei Popławski nicht die Rede. Sein Bild von den Litauern war von mehr Achtung und Wohlwollen geprägt, ihnen gestand er nicht nur Stammesindividualität, sondern auch ein nationales Bewusstsein und eine litauische Intelligenz zu. Ihre Kultur schätzte er als verhältnismäßig hoch ein.124 Er sah Parallelen zwischen der litauischen und der polnischen Nationalbewegung125 und zeigte Verständnis für das erwachende nationale Bewusstsein der Litauer, sogar da- für, dass der Patriotismus einer jungen Intelligenz in seiner ersten Entwicklungspha- se einseitig (ciasny) und aggressiv (zaborczy) sei.126 Die Entwicklung der Litauer hin zur nationalen Selbständigkeit sah er begünstigt durch sehr starke natürliche (przy- rodzony) Grundlagen in den geografi schen Gegebenheiten, durch ihren eigenständigen „Volkscharakter“127 und durch die Andersartigkeit ihrer Sprache. Natürlich war sich Popławski der litauischen Staatstradition und der polnisch-litauischen Union, die er äußerst positiv bewertete, bewusst. Da der litauische Patriotismus gegen die Russi- fi zierung Litauens kämpfte, hielt er ihn für Polen nützlich und forderte, ihn zu un- terstützen.128 Offensichtlich schien ihm im Vergleich zur Russifi zierung der litauische Nationalismus als die geringere Gefahr für Polen und so betrachtete er die litauische Intelligenz wohl stärker als (potenziellen) Verbündeten denn als Gegner.129 Dazu passt, dass er polnisch-litauische Konfl ikte ausschließlich als vorübergehende soziale Ausei- nandersetzungen erklärte, als „Klassenfrage“.130 Popławski war sich grundsätzlich der Tatsache bewusst, dass die Beschaffenheit des polnischen Großgrundbesitzes überall in den Ostgebieten soziale Konfl ikte mit der bäuerlichen Bevölkerung verursachte, und er

122 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 108), S. 223. 123 Ebenda, S. 224 f. 124 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 427 ff. 125 Ebenda, S. 430. 126 [DERS.,] Roszczenia litewskie (wie Anm. 15), S. 337. 127 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 430. 128 Ebenda. 129 Das gilt auch für Dmowski, zum Beispiel: Narodowiec [ROMAN DMOWSKI]: W naszym obo- zie. Listy do przyjaciół politycznych [In unserem Lager. Briefe an politische Freunde], in: PW 7 (1901), H. 10, S. 609-625. 130 Das galt anfangs auch für die „ruthenische Frage“, siehe J.L. Jastrzębiec [POPŁAWSKI]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], in: PW 2 (1896), H. 19, S. 438-441, hier S. 440.

72 erkannte auch, dass sich diese Konfl ikte national aufl uden.131 Die Hauptursache dafür sah er jedoch in der Politik der zarischen und österreichischen Teilungsmächte, die die Auseinandersetzungen gezielt schürten.132 Gern warf er auch polnischen Sozialisten vor, aus Hass auf alles Polnische die wahren Erfi nder des litauischen und ukrainischen Separatismus zu sein und sich als „humanitäre Verteidiger der Rechte und radikale Rächer oftmals erfundenen Unrechts an den Litauern und Ruthenen“133 zu gerieren. Sobald aber die litauische Bewegung stark genug und die Russen als intrigierender Faktor ausgeschlossen seien, werde der polnisch-litauische Gegensatz verschwinden und die grundsätzliche Interessengemeinschaft zu friedlichem Zusammenwirken der litauischen und der polnischen nationalen Bewegung führen.

4.1.3.3 Die Ostgebiete als Ort des west-östlichen Zivilisationskampfes

Drittes entscheidendes Element in Popławskis Raumbild von den Ostgebieten war die Vorstellung, dass sie der Ort seien, an dem sich Ost und West einen existenziellen Zivilisationskampf lieferten. Damit verortete er Polens historische Sendung als ante- murale in besonderer Weise in diesem umkämpften Gebiet und konnte alle Bilder, die sich im polnischen historischen Gedächtnis mit dem antemurale-Mythos verbanden, abrufen und nutzen. Der Kampf manifestiere sich maßgeblich im polnisch-russischen Ringen um den Besitz der Länder zwischen dem ethnisch russischen und dem eth- nisch polnischen Territorium, das als Machtvakuum erscheint, also zwangsläufi g von der einen oder der anderen Seite mit Macht gefüllt werden müsse.134 Popławski lehnte unabhängige Staaten zwischen Russland und Polen nicht nur als dem polnischen In- teresse zuwiderlaufend ab, er traute auch weder Litauern noch Ukrainern zu, einen selbständigen und überlebensfähigen Staat zu bilden, da sie die dafür nötigen (oben genannten) Voraussetzungen nicht mitbrächten. Daraus folgte für ihn, dass die Länder politisch nur polnisch oder russisch sein könnten, womit das Zarenreich als einziger ernstzunehmender Konkurrent um die Ostgebiete blieb. In besonderer Weise verortete er den west-östlichen Zivilisationskampf in Ostgali- zien, da die „ruthenische Frage“, so legte er dar, im Grunde genommen keine nationale oder soziale Auseinandersetzung sei, sondern in ihrem tieferen Wesen der Kampf der europäischen, westlichen Kultur mit der östlich-byzantinischen135, der er die Ukrainer zuordnete136. Auch im ehemaligen Großfürstentum fi nde dieser Zivilisationskampf statt, allerdings mit dem Unterschied, dass die dortigen Ruthenen in der Auseinandersetzung

131 Siehe zum Beispiel DERS., Nasze siły. Zabór austryacki (wie Anm. 118), S. 256. 132 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 710 (Bezug Russland); J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 32), S. 604 f., und J.L. Jastrzębiec [DERS.]: Rzut oka na sprawy pol- skie w ubiegłym dziesięcioleciu (1895-1905) [Ein Blick auf die polnischen Angelegenheiten im letzten Jahrzehnt], in: PW 10 (1905), H. 7, S. 433-452, hier S. 449 f. (Bezug Habsburg). 133 [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 137. 134 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 169. 135 Im selben Sinne J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 108), S. 223. 136 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 717; im selben Sinne J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 108), S. 223.

73 eine passive Rolle spielten und die Litauer selbst gegen Russifi zierung kämpften. Da er in Galizien aber die Ukrainer als dritten Akteur in diesem Ringen betrachtete und er für die Polen in Galizien unter den Bedingungen der Autonomie die Möglichkeit einer relativ selbständigen Politik gegenüber den Ukrainern sah, behandelte er die Frage des „west-östlichen Zivilisationskampfes“ bevorzugt am galizischen Beispiel. Popławski vertrat die These, die so verstandene „ruthenische Frage“ sei einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Grund für den Untergang Polens gewesen, für die Schwä- chung seiner Macht und die Zerrüttung seiner staatlichen Organisation. Den Ursprung der „ruthenischen Frage“ sah er in der Kolonisierungspolitik von Kazimierz III. Wielki (dem Großen, 1310-1370), die er als klug und stark lobte und die im Ergebnis zur Uni- on mit Litauen geführt habe. Er betonte ausdrücklich, dass die Union nur möglich und gedeihlich gewesen sei, da zuvor Kazimierz und sein Vater, Władysław I. Łokietek (La- dislaus Ellenlang, 1260-1333), durch harte, zum Teil grausame, aber stets umsichtige und weitblickende Politik Polen geeint, vergrößert und gestärkt hätten. Mit eiserner Hand (und nicht ohne Blutvergießen) hätten sie Ordnung in das Land gebracht und die geistige Kraft der Nation (moc ducha narodu) gestärkt. An seinen Beispielen und Argu- menten wird deutlich, welche Ostpolitik Popławski für den künftigen polnischen Staat propagierte: Eine starke, nationalbewusste und ihre geistigen und materiellen Kapazi- täten selbstbewusst nutzende Nation wäre in der Lage, eine entschlossene und offensi- ve Ostpolitik zu betreiben, wie er sie eindeutig befürwortete. Polemisch distanzierte er sich damit von polnischen Stimmen, die in der Union „ausschließlich ein Zeichen brü- derlicher Liebe sähen“137. Ohnehin instrumentalisierte er das in der polnischen Gesell- schaft überwiegend positiv besetzte Bild der polnisch-litauischen Union ausschließlich im nationalpolnischen Sinne. Denn er strebte keine Föderation gleichberechtigter Part- ner an, sondern die Inkorporation der Ostgebiete in den polnischen Staat. Ein Bündnis „Gleicher mit Gleichen“ hätte für ihn der absoluten Priorität des polnischen nationalen Interesses widersprochen. So wies er auch entgegen naiven Verklärungen darauf hin, dass die Union von Horodło138 die Privilegierung des Katholizismus zur Voraussetzung hatte. Indem Polen für die Verbreitung der römisch-katholischen Konfession gesorgt habe, habe es auch der westlichen Kultur Geltung verschafft und schließlich der pol- nischen Kultur das Tor nach Osten geöffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte lobte Popławski das Vorgehen der polnischen Könige und stellte es kaum verhüllt sei- ner Gegenwart als Vorbild vor Augen. Ihren Nachfolgern aber warf er die Abkehr von dieser entschiedenen Politik vor, was im Ergebnis zum Scheitern Polens in der „ruthe- nischen Frage“ geführt habe, die sich schon damals als grundsätzlicher Antagonismus zwischen der westlichen und der östlichen Zivilisation in Bezug auf Religion, Politik

137 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 717. 138 Die Union von Horodło, geschlossen 1413 als dynastisches Bündnis zwischen dem König von Polen, Władysław II. Jagiełło, und seinem Cousin, dem Großfürsten von Litauen, Vy- tautas dem Großen, ergänzte und vertiefte die Unionen von Krewo sowie von Wilna und Radom. Die Union gewährte den römisch-katholischen Adeligen Litauens dieselben Rechte, wie sie der polnische Adel besaß, nicht aber den ruthenischen Adeligen griechisch-ortho- doxen Bekenntnisses. Original und polnische Übersetzung siehe KUTRZEBA/SEMKOWICZ, Dok. 50, S. 55-59.

74 und Gebräuche abgezeichnet habe. Zwar hätten auch bestimmte historische Ereignisse, wie etwa tatarische Überfälle, die Entwicklung höherer Kultur und polnischer Kolo- nisation in Ruthenien verhindert und zur Verwilderung der ruthenischen Bevölkerung geführt, und zwar habe der Aufstieg Moskaus Unterstützung für die Orthodoxie be- deutet, den entscheidenden Fehler sah er aber in der zu zaghaften polnischen Ostpo- litik.139 Dass die zivilisierende Tätigkeit nicht konsequent verfolgt worden sei, sowie die mangelnde Sorge um römisch-katholische Seelsorge und die Pfl ege der polnischen Sprache warf er dem polnischen Adel vor.140 Auch die Kirchenunion141 kritisierte er, die die Orthodoxie nicht geschwächt, sondern sie im Gegenteil durch die Anerkennung des östlichen Ritus gestärkt habe.142 Seine Zeitgenossen tadelte er dafür, aus der Geschich- te nicht einmal die Erkenntnis gewonnen zu haben, dass der Antagonismus zwischen Polen und Ruthenen auf dem grundsätzlichen Unterschied zweier Kulturen beruhe. Wenn Popławski sich mit den Anhängern einer gemeinsamen polnisch-ukrainischen Politik in der Tradition der Union auseinandersetzte, warf er ihnen stets Realitätsver- weigerung vor. Ihre heroischen, ehrenwerten Ideen seien zwar edel, aber völlig unrea- listisch.143 Die tatsächlichen Gegebenheiten erforderten stattdessen eine entschlossene Politik nach dem Beispiel von Władysław I. Łokietek und Kazimierz III. Wielki.144 Die Polen müssten ihre „zivilisierende Mission im Kampf der westlichen Kultur mit den byzantinisch-östlichen Elementen und der mongolischen Barbarei, heiße sie Moskauer Absolutismus oder ruthenischer Radikalismus“145, wieder aufnehmen. Bemerkenswertes Element dieses Kampfes ist, dass Popławski den Besitz der Ost- gebiete nicht nur als polnisches Recht aufgrund dort erbrachter Zivilisierungsleistungen ansah, sondern auch als eine Art Gewinn im freien Wettbewerb mit Russland und den (chancenlosen) Litauern, Weißrussen und Ukrainern.146 Gelänge es Polen, den Sieg davonzutragen, so würde die Nation davon profi tieren, weil er sie stärken und ihren Einfl uss ausweiten würde, aber die Nation müsse sich anstrengen, sich selbst bemühen, das Land für sich zu gewinnen. Dabei habe sie keine schlechte Ausgangsposition, da die Russen verhasst und nur jüngst zugezogen, nicht mit dem Land verwurzelt seien

139 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 711 ff. 140 Im selben Sinne DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 338. Ebenso hatte bereits Michał Bobrzyński argumentiert, siehe BOBRZYŃSKI, Bd. 2, S. 163 f. Siehe zu Bobrzyński Kapitel 3, Anm. 136. 141 Im Jahr 1596 schlossen die dem Patriarchat von Konstantinopel unterstehenden orthodoxen Bischöfe Polen-Litauens mit der römisch-katholischen Kirche die Kirchenunion von Brest, aus der die griechisch-katholische (auch „unierte“) Kirche hervorging. Sie behielt den by- zantinischen Ritus und eine eigenständige kirchliche Hierarchie bei. 142 Popławskis negative Einschätzung der Kirchenunion zeigt sich vor allem in den Arti- keln J.L. Jastrzębiec [JAN LUDWIK POPŁAWSKI]: Z całej Polski [Aus dem ganzen Polen], PW 11 (1905), H. 5-6, S. 297-308, und J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 108). 143 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 717. 144 Ebenda, S. 711 f. 145 Ebenda, S. 717. 146 In diesem Sinne auch [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 172.

75 und nichts für dessen Gedeih getan hätten.147 Die polnische Nation in diesem Kampf anzuleiten und zu motivieren – wobei sie sich an die konkreten Bedürfnisse des jewei- ligen Landesteils anpassen müsse148 – sah er als historische Aufgabe der Nationalde- mokratie an.

4.1.4 Popławskis Ostkonzept – Zusammenfassung

Jan Ludwik Popławski hat maßgeblich die Ideologie der polnischen Nationaldemokra- tie entwickelt und so mag es überraschen, dass viele seiner hier dargelegten Ansichten nicht ganz dem Bild entsprechen, das die Forschung von der Endecja149 zeichnet und das zumindest teilweise auch Popławski persönlich zugeschrieben wird. Sein hier un- tersuchtes Ostkonzept ist geprägt von fünf Faktoren: von seinem überethnischen Nati- onsbegriff sowie von den Überzeugungen, dass Polen eine Ganzheit bilde, deren ele- mentarer Teil die Ostgebiete seien, dass die Ostgebiete in ihrem entscheidenden Wesen polnisch seien, dass sie polnischer Expansionsraum seien und der Ort eines immerwäh- renden west-östlichen Zivilisationskampfes, den Polen in seiner Funktion als antemu- rale zwangsläufi g führen müsse. Popławski verstand die Nation als eine historisch gewachsene, durch gemeinsame Kultur, Tradition und Interessen defi nierte Gemeinschaft, die nicht unbedingt auf ge- meinsamer ethnischer Abstammung und Sprache, sondern eher auf freier Willensent- scheidung im Renanschen Sinne beruhe, wobei diese Willensentscheidung das Eintre- ten für das polnische nationale Interesse beinhalte. Dieses nationale Interesse stellte für ihn den höchsten moralischen Wert dar und so bestimmte er auch die Bedeutung der Ostgebiete für Polen nach diesem einzigen Maßstab. Popławski war davon über- zeugt, dass Polen eine Ganzheit (całość) bilde, die räumlich von „natürlichen Gren- zen“ umgeben sei und die es machtpolitisch und kulturell durchdringen müsse. Diese Ganzheit erstrecke sich von der Oder im Westen bis zur Linie Düna-Dnjepr und bis zur Schwarzmeerküste im Osten beziehungsweise Südosten und sei durch gemeinsame wirtschaftliche und historische Traditionen geprägt. Während die Bedeutung der West- gebiete für Polen im Besitz des Ursprungsortes der Nation (odwiezcne siedziby) und im Besitz der verkehrsstrategisch wichtigen Weichselmündung liege, hatten die Ost- gebiete ihren entscheidenden Stellenwert als Ort der polnischen Fortentwicklung, als Ort der Zukunft. Ebenso wie für den Westen forderte er auch für den Osten nicht die Grenzen des „historischen Polens“ von 1772, sondern griff deutlich darüber hinaus. Popławski war davon überzeugt, dass die Ostgebiete polnischen Charakter hätten, den er weniger anhand der zahlenmäßigen Stärke der dort ansässigen Polen maß, als viel-

147 Ebenda. Dass Russland sich nicht für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes engagiert habe, betonte auch Studnicki, siehe WŁ[ADYSŁAW] STUDNICKI: Z powodu programu „Stron- nictwa krajowego Litwy i Białejrusi“ [Anlässlich des Programms der „Landespartei von Litauen und Weißrussland“], in: NaP 2 (1907), H. 12, S. 520-527, hier S. 524 f. 148 DERS., Nasze siły. Kraje Zabrane (wie Anm. 46), S. 433, sowie J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 91), S. 617. 149 Häufi ge polnische Bezeichnung der Nationaldemokratie nach den beiden Anfangsbuchstaben ND.

76 mehr anhand deren politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Einfl usses. Auf dieser Grundlage unternahm er in seinen Artikeln Bestandsaufnahmen des tatsächlichen und des potenziellen polnischen Gewichtes in den Ostgebieten. Darüber hinaus waren ihm die nationale Aktivität und das nationale Bewusstsein der Polen entscheidender Faktor: Je stärker die Einwohner eines Landes kulturell und politisch polnisch agierten, für desto wertvoller – und realistischer – hielt er den Anschluss des jeweiligen Gebiets an den polnischen Staat. Grundsätzlich kamen dafür alle Länder des „geografi schen Raumes Polen“ in Frage.150 Basierend auf den Bestandsaufnahmen stellte er sein Pro- gramm der „nationalen Expansion“ vor, denn er war überzeugt, dass Polen, wie jede sich machtvoll entwickelnde Nation, zwangsläufi g expansiv sein müsse, ein natürliches Bedürfnis nicht nur nach Ausweitung seines Einfl usses, sondern auch nach räumlicher Ausbreitung entwickeln müsse. Dafür sah er vier Instrumente vor: erstens die Steige- rung des Nationalbewusstseins der Polen durch Bildungsarbeit sowie durch verstärkte nationalpolitische Mobilisierung – dabei war das Nationalbewusstsein für Popławski einerseits Selbstzweck, andererseits Triebkraft nationaler Expansion. Zweitens gelte es, die kulturelle und wirtschaftliche Stellung der Polen zu stärken. Dabei kam ange- sichts der Wirtschaftsstruktur als Agrarland dem Landbesitz entscheidende Bedeutung zu: „Es gibt zwei grundlegende, natürliche Faktoren des nationalen Daseins: Bevöl- kerung und Land.“151 Für die kulturelle Stärkung spiele die „geistige Kapazität“ der dortigen Polen eine wichtige Rolle, die an deren hohem Anteil an der Intelligenz und im geistigen Schaffen deutlich werde: Kunst und Literatur, Bildung und Wissenschaft, jegliche Zeugnisse der Zivilisation in den Ostgebieten schrieb Popławski nahezu aus- schließlich dem polnischen Wirken zu. Dieses Pfund gelte es einerseits einzusetzen und damit zu wuchern. Andererseits leitete er aus dieser polnischen Leistung auch das Anrecht auf den Besitz der Ostgebiete und das Anrecht auf Vorrangstellung ab, zumal keine andere Nationalität in der Lage sei, die Leistungen zu erbringen, die bisher die Polen erbrächten. Insofern hatten die Manifestationen polnischer Kultur in den Ostge- bieten für Popławski drei Funktionen: Er behandelte sie als Instrument zur Ausweitung polnischen Einfl usses, als Rechtstitel auf Besitz der Ostgebiete und auf Vorrangstellung sowie als moralische Verpfl ichtung, sie zu pfl egen und gewinnbringend zu nutzen. Drit- tes Instrument der „nationalen Expansion“ war für Popławski die Kolonisierung der dünn besiedelten Gebiete, in denen die wachsende polnischen Bevölkerung nicht nur ausreichend Land, sondern auch polnische Kultur und polnische historische Traditi- onen vorfi nde. Als viertes Instrument betrachtete Popławski die Assimilierung von Be- völkerung ohne eigenes Nationalbewusstsein durch die Attraktivität polnischer Kultur. Den nötigen Raum für diese „nationale Expansion“ sah er aufgrund ihrer gro ßen Fläche, der dünnen Besiedlung, der historischen Traditionen und den Zeugnissen pol- nischer Kultur in den Ostgebieten. Dort sei der Boden praktisch schon bereitet. Hinzu

150 In DERS., Wybór, S. 15, vertritt Kulak die These, dass Popławski insgesamt drei Varianten eines Territorialprogramms für das zukünftige Polen entwickelt habe, von denen er zwei für realistisch hielt, während er eine dritte als langfristige Perspektive einführte. Diese Interpretation eines konzisen, dreistufi gen Pogramms, das je nach internationaler Lage verwirklicht werden sollte, scheint bei kritischer Durchsicht seiner Artikel nicht haltbar. 151 J.L. Jastrzębiec [DERS.], Z całej Polski (wie Anm. 91), S. 616.

77 kam, dass er die potenziellen Konkurrenten um die Länder für machtpolitisch bezwing- bar hielt. Gestützt auf die Überzeugung vom höheren Niveau der polnischen Zivilisa- tion und Kultur und von der (bisherigen) Unfähigkeit, einen selbständigen Staat zu bilden, waren die Litauer, Weißrussen und Ukrainer für ihn keine ernsthaften Konkur- renten. Anders verhielt es sich mit dem Zarenreich, das er aber grundsätzlich ebenfalls als für den Polen zivilisatorisch unterlegen erachtete. Das gegenwärtige und zukünfti- ge polnisch-russische Ringen um die Gebiete zwischen dem polnischen und dem rus- sischen ethnischen Siedlungsraum ordnete er in einen seit Jahrhunderten währenden „zivilisatorischen Kampf zwischen West und Ost“ ein, den zu führen Polens historische Bestimmung sei. Zentrale Berufungsinstanz für Popławski waren die Nation, ihr nationales Interesse und der nationale Besitzstand. Jede konkrete Forderung, die er aufstellte, und jede lang- fristige Vision, mit der er die Zukunft beschrieb, waren dieser Maßgabe unterworfen. Da ihm die Nation nicht nur höchster politischer, sondern auch höchster moralischer Wert war, betrachtete er als moralisch richtig, was der Nation diente. Darüber hinaus war zivilisatorischer und kultureller Fortschritt für ihn eine entscheidende Größe, auf die er sich häufi g berief. Das Streben nach Fortschritt verstand er als natürlichen Impuls, der grundsätzlich gut sei und den es auszuleben gelte, da er Stärke verleihe. Als Teil des zivilisatorischen Fortschritts betrachtete er auch die „nationale Bewusstwerdung“. In den Ostgebieten sah er allein die Polen als Träger von Kultur und Zivilisation, da die anderen dort lebenden Nationalitäten oder „Stämme“ in ihrer Entwicklung, in ihrem Streben nach Fortschritt noch nicht weit genug seien. Angesichts dessen verwundert es nicht, dass die Idee des selbstlosen polnischen Engagements zur Hebung des kultu- rellen und zivilisatorischen Niveaus im Osten in Popławskis Gedankengebäude nicht begegnet. Zivilisatorische Leistungen zu vollbringen, hatte für ihn nur Sinn, wenn sie im nationalen Interesse lagen. Sich für allgemeinmenschlichen Fortschritt einzusetzen, von dem Polen nicht profi tiere, betrachtete er nicht als seine Aufgabe. So erscheint die Zivilisierungsmission der Polen in seinen Schriften zwar, aber ausschließlich unter dem Gesichtspunkt ihres Nutzens für die polnische Nation, also dem nationalen Interesse untergeordnet. Auch religiöse Werte waren für Popławski der Nation untergeordnet, die Verbreitung der römisch-katholischen Konfession zum Beispiel begrüßte er nur insofern, als sie zugleich die Ausweitung polnischen Einfl usses bedeutet habe.152 Popławski äußerte sich nicht dazu, wie der künftige polnische Staat im Innern ge- ordnet sein sollte, und begründete das damit, dass er sich mit den aktuellen politischen Herausforderungen auseinandersetze und es für müßig halte, sich detailliert mit zu- künftigen Problemen zu beschäftigen, die von zu vielen unbekannten Variablen abhin- gen.153 Dennoch lässt sich seinen Artikeln einiges darüber entnehmen, wie er sich die innere Ordnung dieses Polens vorstellte, denn er knüpfte sowohl territorial als auch mit Nationsbegriff und Staatstradition häufi g an die polnisch-litauische Republik an. Auch wenn sein künftiges Polen sich statt auf eine oligarchische Schicht auf die Volksmassen stützen sollte, konnte das nach Lage der Dinge nur ein multiethnisches, vielsprachiges Polen sein. Mit Verweis auf die Tradition der multiethnischen Republik forderte er ein

152 DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 338 f. 153 [DERS.,] Roszczenia litewskie (wie Anm. 15), S. 339 und 340.

78 friedliches Zusammenleben von den Nationalitäten ein, die zusammen mit den Polen die Bevölkerung des Staates bilden würden. In der Geschichte habe Polen niemals an- dere Völker unterworfen, sondern habe sich nur über freiwilligen Zusammenschluss im gemeinsamen Interesse mit anderen Ländern territorial ausgedehnt. Dabei sei es nie- mals zu erzwungener Assimilation gekommen, denn Polen habe den anderen Völkern stets ihre Andersartigkeit, ihre Individualität gelassen.154 In dieser Tradition trachte Po- len auch heute nicht danach, die Besonderheiten anderer Länder in ihrer natürlichen Entwicklung zu behindern.155. Mit derartigen Äußerungen erweckte er den Eindruck, für einen toleranten Staat einzutreten. Ganz klar geht aus seinen Artikeln aber auch her- vor, dass für ihn die Grenzen dieser Toleranz dort lagen, wo die polnischen nationalen Interessen begannen, denn Entwicklungsfreiheit gestand er anderen Nationalitäten nur zu, solange er darin keinen Nachteil für die Polen sah.156 Insofern sind all seine Beteue- rungen von nationaler Gleichberechtigung, alle Bekenntnisse zu gegenseitiger Toleranz und Zusammenarbeit immer unter der Prämisse zu sehen, dass die polnische kulturelle, ökonomische und politische Vormachtstellung gewahrt bleiben müsse. Dabei schlossen sich für ihn polnische Überlegenheit und die Gleichberechtigung anderer Nationali- täten nicht aus.157 Im Przegląd Wszechpolski erklärte er sein Verständnis von Gleichbe- rechtigung folgendermaßen:

„Nationale Gleichberechtigung bedeutet keineswegs die faktische Gleichmachung (zrówna- nie) zweier oder mehrerer Nationalitäten, die sich in ihrem kulturellen Niveau und ihrer politischen und gesellschaftlichen Entwicklung unterscheiden. Sie soll nur jeder Nation die Möglichkeit sichern, ihre kollektive Individualität allseitig zu entwickeln und dieselben Bür- gerrechte in Anspruch zu nehmen wie die herrschende Nationalität.“158

Der Hinweis auf die „herrschende Nationalität“ verdeutlicht, dass nationale Gleichbe- rechtigung für Popławski also nicht bedeutete, dass eine Minderheit Einfl uss auf die staatliche Politik ausüben dürfe. Er gestand offen ein, dass die polnische Position in den nationalen Auseinandersetzungen immer die Position einer beteiligten Partei sei, die nachdrücklich eigene Interessen verfolge, also mitnichten objektiv sei. Insofern kön- ne man weder erwarten, dass die Gegenseite die eigenen Ansichten übernehme, noch behaupten, dass nur die eigenen Interessen berechtigt seien. Für Popławski war die Vergewisserung der eigenen Stärke und der eigenen Maximalposition beider Parteien

154 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 202 f. und 269; im selben Sinne [DERS.,] Ot- warte karty [Offene Karten], in: PW 3 (1897), H. 2, S. 25-28, hier S. 27; [DERS.,] Jubileusz pruski (wie Anm. 23). 155 DERS., Polska Współczesna (wie Anm. 15), S. 273. 156 [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 135 f.; im selben Sinne [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 716; DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 344 ff.; [DERS.,] Nasze stano- wisko (wie Anm. 17), S. 172. 157 [DERS.,] Nasze stanowisko (wie Anm. 17), S. 172; DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 273. 158 [DERS.,] Roszczenia litewskie (wie Anm. 15), S. 339.

79 die Grundlage, auf der anschließend ein Kompromiss zu suchen sei.159 In diesem Sinne strebte er auch einen modus vivendi im Zusammenleben mit den Ukrainern in Ostgali- zien an.160 Wenn verschiedene Nationalitäten dauerhaft zusammenlebten, könne nicht Wettstreit, sondern müsse Zusammenwirken die leitende Norm sein. Nicht Kampf, sondern gemeinsame fruchtbare Arbeit sei also gefragt. Dass die Realität anders aus- sehe, erklärte Popławski damit, dass in der gegenwärtigen Zeit Absonderung und Be- wusstwerdung der eigenen nationalen Identität erst begännen und jede Absonderung und Bewusstwerdung sich durch Gegenüberstellung des eigenen „Ich“ dem Fremden äußere. Der Kampf werde manchmal unausweichlich, sei aber nur als Instrument zur Normierung des gegenseitigen Verhältnisses legitim und dürfe nicht als Grundlage des Zusammenlebens verkannt werden. Dass der modus vivendi bisher noch nicht gefunden werden könne, zeuge auch davon, dass die Polen „bislang den wirklichen Charakter der ruthenischen Frage nicht verstanden haben und deswegen Fehler begehen“161. Mit der Zeit, so zeigte er sich überzeugt, würden die Herausbildung einer ukrainischen Intelli- genz und die wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritte der Ukrainer das friedliche Zusammenleben erleichtern.162 Tatsächlich radikalisierte sich erst nach Popławskis Tod die Haltung der Nationaldemokratie gegenüber den Ukrainern. Erst 1909 erklärte ein Parteitag die alle Lebensbereiche umfassende Verteidigung des „nationalen Besitz- standes“ gegen die als omnipräsente Gefahr dargestellten Ukrainer zur vorrangigen Aufgabe nationaldemokratischer Politik.163

4.2 Władysław Studnicki – ohne Ostgebiete kein überlebensfähiges Polen

Der Politiker und Publizist Władysław Studnicki-Gizbert wurde von der Forschung erst relativ spät wiederentdeckt, doch wird er heute zu den Schöpfern des polnischen poli- tischen Denkens des 20. Jahrhunderts gezählt. Er war einer der wichtigsten Vertreter des polnischen Irredentismus vor und während des Ersten Weltkriegs, und seine politi- schen Ideen fi nden sich in fast allen politischen Bewegungen seiner Zeit.164 Geboren wurde er 1867 in Dünaburg165 als Spross einer verarmten Adelsfamilie. Sein Vater war während des Januaraufstandes Vertreter der Nationalregierung in Livland (Infl anty)166

159 [DERS.,] Nasz demokratyzm (wie Anm. 15), S. 137. 160 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 711; DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 338. 161 [DERS.,] Sprawa ruska (wie Anm. 33), S. 711. 162 DERS., Żywioł polski (wie Anm. 48), S. 338. 163 So eine Resolution des Parteitags von 1909, siehe Zjazd stronnictwa demokratyczno-naro- dowego [Parteitag der nationaldemokratischen Partei], in: Słowo Polskie 11 (8.01.1909), S. 1-2. 164 GZELLA, Myśl, S. 5; PISKOZUB, Myśl, S. 29, 33, 37. Stanisław Mackiewicz-Cat gilt als einer seiner Bewunderer, siehe ebenda, S. 29. 165 Dünaburg gehörte seit 1561 zur Republik und kam 1772 mit der ersten Teilung an das Zarenreich. 166 WŁADYSŁAW STUDNICKI: Wspomnienie pośmiertne [Nachgelassene Erinnerungen], in: NaP 3/4 (1906), S. 105-106.

80 gewesen, und in seinen Memoiren schrieb Studnicki, dass ihn als junger Mensch nichts so sehr geprägt habe, wie die Tradition des Aufstandes von 1863, der seine Phantasie überaus beschäftigt und in seiner Familie eine große Rolle gespielt habe.167 Auch er war ein Vertreter der „Generation der Unbeugsamen“ (poko lenie niepokornych).168 Als Schüler kam er mit sozialistischen Ideen in Berührung und entwickelte Sympathien für die russischen Revolutionäre.169 Seit 1887 lebte er in Warschau, wo er die höhere Han- delsschule besuc hte und im Rahmen des Untergrund-Bildungswesens Vorlesungen in politischer Ökonomie, Soziologie und Geschichte für Warschauer Arbeiter hielt. In die- ser Zeit lernte er die führenden Warschauer Sozialdemokraten Ludwik Kulczycki, Stanisław Kasjusz, Marcin Kasprzak und Rosa Luxemburg kennen, mit denen er das sogenannte „Zweite Proletariat“170 gründete. Wegen revolutionärer Aktivitäten wurde er 1888 verhaftet und später nach Sibirien verbannt. Durch Vermittlung Józef Hłaskos konnte er während seiner Verbannung Artikel in Popławskis Głos veröffentlichen.171 Im Jahr 1893 zog Studnicki nach Tobolsk, dem Verwaltungszentrum des Gouvernements Sibirien, und arbeitete dort als Strafverteidiger. Zugleich veröffentlichte er in der rus- sischen Presse Artikel zu Wirtschaft, Gerichtswesen und Verwaltung. Nach sechs Jah- ren Verbannung ließ er sich 1896 zunächst in Sankt Petersburg nieder, kehrte aber bald nach Warschau zurück, schloss sich dort der PPS an und wurde Leon Wasilewskis Stellvertreter als Chefredakteur des Przedświt (Morgengrauen)172. In seiner 1897 veröf- fentlichten Broschüre Stosunki polsko-rossyjskie173 (Die polnisch-russischen Bezie- hungen) bezeichnete er Russland erstmals als größten Feind Polens. Er schrieb wieder für den Głos und außerdem für den Kurier Lwowski (Lemberger Kurier), ein Organ der Volkspartei. Ab 1898 hielt er sich in Heidelberg auf, um dort Max Weber zu hören, und setzte anschließend seine Studien in Wien und Zürich fort.174 Im Przedświt veröffent- lichte er zum ersten Mal sein künftig über Jahre mit großem Nachdruck verfolgtes Autonomieprojekt der „Absonderung Galiziens“ (wyodrębnienie Galicji), das er als

167 DERS., Z przeżyć, S. 7 ff. Dieser erste Band seiner Erinnerungen reicht bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Zwar hatte er eine Fortsetzung angekündigt, fand aber keine Zeit mehr, sie zu verwirklichen. 168 Siehe Kapitel 3, Anm. 8. 169 DERS., Od socyalizmu, S. 7. 170 Die Sozial-Revolutionäre Partei „Proletariat“ sah sich in der Nachfolge des 1886 zerschlage- nen „Ersten Proletariats“, siehe DERS., Od socyalizmu, S. 7 f.; KOBERDOWA. 171 Zum Beispiel WŁADYSŁAW STUDNICKI: Kilka słów o emigracyi I [Einige Worte zur Emi- gration I], in: Głos 5 (1890), H. 14, S. 164-165, und II, ebenda 5 (1890), H. 15, S. 176-177; DERS.: W sprawie „inteligencyi“ [Zur „Intelligenz“], ebenda 47 (1890), S. 564-566; DERS.: Mały motory pod względem ekonomicznym [Kleine Motoren aus ökonomischer Sicht], ebenda 6 (1891), S. 63. 172 JUZWENKO, Myśl. Der Przedświt (L’Aurore) war die wichtigste Zeitung der polnischen So- zialdemokratie. Er erschien von 1881 bis 1920 in Genf, Leipzig, London, Paris, Krakau, Warschau und Lemberg. 173 STUDNICKI, Stosunki. 174 STUDNICKI-GIZBERT, S. 58 f.

81 Vor stufe zur Erlangung eines vollends unabhängigen Staates betrachtete.175 Zunächst strebte er noch eine sozialistische Gesellschaftsordnung an. Sein Bemühen, dem pol- nischen Sozialismus einen stärker nationalen Charakter zu verleihen und das Ziel der Unabhängigkeit in den Vordergrund treten zu lassen, entfernte ihn aber zunehmend von den Anführern der Bewegung.176 Im April 1901 ließ er sich in Lemberg nieder und trat dort der Polska Partia Ludowa (Polnische Volkspartei) bei, die unter seinem Einfl uss in einer Resolution die „Absonderung Galiziens“ forderte. Er arbeitete nun auch in der Redaktion des Kurier Lwowski, für den er bereits früher geschrieben hatte. Schon 1902 brach Studnicki wieder mit der Volkspartei, enttäuscht von deren mangelnder Unter- stützung für die „Absonderung Galiziens“ und angesichts von Meinungsverschieden- heiten, da Studnicki gegen den Agrarstreik in Ostgalizien Position bezog. Auch mit der unbestimmten Haltung gegenüber den Ruthenen in Galizien war er unzufrieden.177 Er trat zum sich damals im Aufbau befi ndlichen Stronnictwo Narodowo-Demokratyczne (National-Demokratische Partei, SND) über. In der 1902 in Lemberg gegründeten Szkoła Nauk Politycznych (Schule der Politischen Wissenschaften) lehrte er politische Ökonomie. Im Jahr 1903 gründete er den mit dem SND verbundenen Tygodnik Polski (Polnische Wochenzeitung) und fungierte als dessen Chefredakteur. Darüber hinaus publizierte er im Słowo Polskie (Polnisches Wort) und im Krakauer Głos Polski (Pol- nische Stimme). Zusammen mit Marian Kukiel178 gründete er die geheime Armeeorga- nisation Nieprzejednani (Die Unnachgiebigen). Spätestens als er während des russisch- japanischen Krieges versuchte, die polnische Fraktion im Wiener Staatsrat dazu zu bringen, dass sie auf einen russisch-österreichischen Krieg dränge, waren die gegen- sätzlichen Haltungen zu Russland zwischen Studnicki und den führenden Nationalde- mokraten um Dmowski nicht mehr zu überbrücken. Er zog nach Sankt Petersburg, von wo er für die Gazeta Warszawska (Warschauer Zeitung) und den Kurier Warszawski (Warschauer Kurier) schrieb und mehrere Arbeiten über Russland und die polnisch- russischen Beziehungen publizierte.179 Nach seinem Bruch mit der Nationaldemokratie schloss er sich keiner Partei mehr an, sondern beabsichtigte zunächst, selbst eine Partei zu gründen. 1905 verfasste er das Programm für eine Partia Państwowości Polskiej (Partei der polnischen Staatlichkeit), in welchem er es als Pfl icht der Polen bezeichnete,

175 Veto [WŁADYSŁAW STUDNICKI]: Wyodrębnienie Galicyi [Die Absonderung Galiziens], in: Przedświt 11 (1898), S. 5-11; Veto [DERS.]: Austrya a proletariat [Österreich und das Prole- tariat], ebenda 1 (1899), S. 2-5; Veto [DERS.]: Wyodrębnienie Galicyi a kwestya narodowo- ściowa (Odpowiedź Rzędzianowi, Daszyńskiemu i S-ce) [Die Absonderung Galiziens und die Nationalitätenfrage (Antwort auf Rzędzian, Daszyński und S)], ebenda 9 (1899), S. 9-14. 176 DERS.: Socyalna demokracya a sprawa polsko-ruska w Galicyi [Die Sozialdemokratie und die polnisch-ruthenische Frage in Galizien], Teil 1, in: Słowo Polskie 350 (18.07.1902), und Teil 2, ebenda 351 (19.07.1902), neu abgedr. in: DERS., Od socyalizmu, S. 126-135; DERS., Z przeżyć, zum Beispiel S. 37 f. 177 DERS.: Polskie stronnictwo ludowe w Galicyi [Die Polnische Volkspartei in Galizien], in: Tygodnik Polski 3 (1914), H. 7, S. 102-105, hier S. 105. 178 Marian Kukiel (1885-1973), Historiker und später hoher Militär. 179 DERS., Historya; DERS., Konstytucya; DERS., Polityka.

82 den unabhängigen Staat wiederherzustellen.180 Studnicki entwickelte darin zwei Szena- rien für die Schaffung des polnischen Staates: Neben der Möglichkeit einer dynasti- schen Union mit Ungarn hielt er unter dem Eindruck der Revolution sogar eine Föde- ration mit Russland für möglich, allerdings nur mit einem durch die Niederlage gegen Japan geschwächten Russland, welches das russische Teilungsgebiet freigäbe.181 1906 kehrte er nach Warschau zurück und attackierte im Duma-Wahlkampf die Nationalde- mokratie und ihren Kandidaten Roman Dmowski scharf. Für seine eigene Partei konn- te er jedoch keine Anhänger gewinnen. Da er sich inzwischen auch mit der Warschauer Presse überworfen hatte und deswegen seine Ansichten nicht mehr publizieren konnte, gründete er die Zeitschrift Naród a Państwo (Nation und Staat), die bis Oktober 1907 erschien. Drei weitere Versuche, eine Zeitung herauszugeben, scheiterten an den za- rischen Behörden182, so dass er im Oktober 1908 erneut nach Galizien zog. Dort schrieb er für den Kurier Lwowski, den Warschauer Goniec (Bote) und veröffentlichte einen Aufsatz zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Litauen und Ruthenien in dem Sammelband Polska. Obrazy i opisy (Polen. Bilder und Beschreibungen).183 Auf dem polnischen Kongress in Washington 1910 hielt er ein Referat, in dem er die Tei- lungszeit als permanenten polnisch-russischen Kampf darstellte, eine offene Diskussi- on um die Unabhängigkeit und ein Ende der Rücksichten auf die Teilungsmächte for- derte.184 Im selben Jahr veröffentlichte er die Arbeit Sprawa Polska185, eine polnische Geschichte der Teilungszeit, anhand derer er sein eigenes politisches Programm dar- legte. Darin forderte er, die polnische Unabhängigkeit gestützt auf die Mi ttelmächte durch Schaffung einer trialistischen, österreichisch-ungarisch-polnischen Monarchie zu erlangen, sowie – unter dem Eindruck des nahenden Krieges – die Schaffung eigener polnischer Militärkräfte. Dieser Aufgabe widmete er sich in Krakau und Kiew nach seiner Rückkehr aus den USA im September 1911. Für seine trialistische Konzeption warb er weiterhin in Feldmans Krytyka und im Wiek Nowy (Das neue Jahrhundert) so- wie unter österreichischen und ungarischen Politikern mit den deutschsprachigen Bro- schüren Denkschrift für ungarische Staatsmänner186 und Die österreichisch-ungarische Frage187. Hintergrund seines trialistischen Programms war seine Überzeugung, dass Russland niemals der Wiederherstellung eines polnischen Staates zustimmen würde und Habsburg aufgrund seines angespannten Verhältnisses zum Zarenreich am ehesten gegen Russland Krieg führen würde. Mitte des Jahres 1915, als Polen und Litauen von den Mittelmächten besetzt waren, kam Studnicki zu der Überzeugung, dass die Habs- burger Monarchie nicht mehr fähig sei, das polnische Unabhängigkeitsstreben zu unter-

180 Program Partyi Państwowości Polskiej [Das Programm der Partei der polnischen Staatlich- keit], in: DERS., Wskazania, S. 33-37, das Programm erschien erstmalig 1905. 181 Ebenda, S. 35. 182 Sprawa Polska, Warszawa 1908, zwei Ausgaben; Myśl Polityczna, Warszawa 1908, eine Ausgabe; Votum Separatum, Sankt Petersburg, zehn Ausgaben, April bis September 1908. 183 DERS., Stosunki społeczne. 184 DERS., Sprawa polska w dobie. 185 DERS., Sprawa polska. 186 DERS., Denkschrift. 187 DERS., Frage.

83 stützen. So nahm er Abstand von seiner trialistischen, austro-polnischen188 Konzeption und sprach sich für einen polnischen Staat als deutsches Protektorat aus, der so weit wie möglich nach Osten reichen sollte. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte er 1915 die Broschüre Die Umgestaltung Mittel-Europa’s durch den gegenwärtigen Krieg. Die Po- lenfrage in ihrer internationalen Bedeutung, in der er sich erstmals öffentlich zu dem Verzicht auf Westpreußen und Posen bereiterklärte, dafür aber das ganze russische Tei- lungsgebiet und Grenzen an Düna und Beresina forderte.189 Nach der Einnahme War- schaus durch die deutschen Truppen verwandte er seine ganze Energie darauf, einen polnischen Staat zu schaffen. Der spätere Reichskanzler Matthias Erzberger bezeichne- te ihn als den „po lnischen geistigen Vater der Polenproklamation“190 vom 5. Oktober 1916, da er es war, der den Generalgouverneur Hans von Beseler davon überzeugte, einen polnischen Staat zu proklamieren. Zunächst erhielt er die Erlaubnis, einen „Klub Państwowców Polskich“191 zu gründen, der sich nach dem Willen Studnickis darauf konzentrieren sollte, gestützt auf das deutsche Besatzungsgebiet und die ehemaligen Gouvernements Grodno und Wilna einen polnischen Staat zu schaffen und die Legi- onen in eine polnische Armee umzuformen. Ziel war, die Mittelmächte so zu unterstüt- zen, dass sie Russland einen möglichst großen Anteil der polnischen Länder entreißen könnten.192 Im Fall ihres Sieges sollte das polnische Staatsgebiet auf Kosten Russlands vergrößert werden. Dieses Programm stellte Studnicki in einer Denkschrift Całkowite rozwiązanie sprawy siły zbrojnej polskiej (Die vollständige Lösung der Frage der pol- nischen bewaffneten Kräfte) an die deutschen Machthaber dar.193 Im Falle der Ableh- nung dieses Programms sah er eine Übergangsvariante ohne konkrete Grenzen vor, nach der ein polnischer Staat mit einem deutschen Fürsten als Monarchen geschaffen werden sollte. Studnicki wurde auf Betreiben der deutschen Machthaber Mitglied des Vorläufi gen Staatsrats (Tymczasowa Rada Stanu), doch seine Vorstellungen von der deutsch-polnischen Zusammenarbeit und sein persönliches Auftreten isolierten ihn mit der Zeit so sehr, dass er im August 1917 aus dem Rat ausgeschlossen wurde.194 Von der deutschen Niederlage und der polnischen Unabhängigkeit 1918 wurde er überrascht. Nun wandte er sich in seiner Publizistik der Frage zu, wie Polen in seiner Selbständig- keit gestärkt werden könne. In der Zwischenkriegszeit setzte Studnicki seine publizis- tische Tätigkeit fort und war mit der konservativen Wilnaer Zeitung Słowo (Das Wort) verbunden. Weiterhin sah er in Russland den Hauptfeind und warb für ein Bündnis mit Deutschland. Sogar im Zweiten Weltkrieg blieb er Befürworter eines Bündnisses mit Deutschland, kritisierte aber den nationalsozialistischen Terror in Polen und wurde mehrfach inhaftiert. Nach dem Krieg emigrierte er nach London und bekämpfte von

188 SULEJA, Orientacja. 189 STUDNICKI, Umgestaltung. 190 ERZBERGER, S. 179; STUDNICKI-GIZBERT, S. 60 f. 191 Der Terminus ist nur schwer zu übersetzen. Ein państwowiec widmet sich selbstlos dem Dienst am Aufbau des polnischen Staates. Im Deutschen wäre vielleicht an einen „Staats- Patrioten“ zu denken. 192 GZELLA, Zaborcy, S. 79 f. 193 Ebenda, S. 80, Anm. 168. 194 Ebenda, S. 84.

84 dort aus die sowjetische Fremdbestimmung Polens. Von Zeitgenossen wurden Studnic- kis große Einsatzbereitschaft und sein Mut anerkannt, andererseits war er bekannt für sein kompromissloses und scharfes Auftreten und sein wenig umgängliches Wesen, weshalb er als enfant terrible der polnischen Politik seiner Zeit galt.195 Er starb 1953 in London und hatte bis zum Ende seines Lebens wortgewaltig für die Wiederangliede- rung der ehemaligen polnischen Ostgebiete an den polnischen Staat gekämpft.196

4.2.1 Studnickis Bild der Ostgebiete

Studnickis Bild von den Ostgebieten war sowohl durch seine historischen Auffas- sungen geprägt als auch durch die aktuellen Bedürfnisse, die er dem neuzuschaffenden polnischen Staat zuschrieb. Er ging erstens davon aus, dass der Kampf gegen Russ- land eine unveränderliche Konstante der polnischen Geschichte sei und dass sich die- ser Kampf in den Ostgebieten und um die Ostgebiete abspiele. Zweitens war für ihn von entscheidender Bedeutung, dass Polen im Osten einer natürlichen, verteidigungs- fähigen Grenze bedürfe. Drittens war er einerseits wegen polnischer zivilisatorischer Leistungen in den Ostgebieten und andererseits wegen der postulierten politischen und kulturellen Schwäche der Litauer und Ukrainer davon überzeugt, dass die Polen ein unanfechtbares Recht auf den Besitz der Ostgebiete hätten. Viertens hielt er einen pol- nischen Staat ohne die Ostgebiete für wirtschaftlich und geopolitisch nicht überlebens- fähig.

4.2.1.1 Ort des immerwährenden Kampfes gegen Russland

Grundlegendes Element von Studnickis Bild der Ostgebiete ist ihre Konstruktion als Ort des ewigen polnisch-russischen Kampfes. Für ihn war Russland der Hauptfeind Polens, und zwar zunächst einmal, weil das Zarenreich mit achtzig Prozent den ganz überwiegenden Teil des Staatsgebiets von 1772 okkupiert hatte. Deswegen war es für Studnicki folgerichtig, dass der Wiederaufbau des polnischen Staates von diesem Kern ausgehen müsse.197 Weil er jedoch in Russland sowohl in Regierungskreisen als auch in der russischen Gesellschaft keinerlei Bereitschaft sah, ein unabhängiges Polen zu- zulassen198, hielt er Russland zugleich für den schärfsten Gegner der polnischen Un- abhängigkeit und ging davon aus, dass das Zarenreich sich einen so großen Teil seines Staatsgebiets nur mit Gewalt entreißen ließe. Doch interpretierte Studnicki die pol- nische Geschichte nicht erst seit den Teilungen als unablässigen polnisch-russischen Kampf, und seine Einschätzung Russlands als Hauptfeind Polens bezog sich nicht nur auf die Teilungszeit und Russlands Rolle als Fremdherrscher199, sondern er legte die

195 RYŃCA/SULEJA; Junius [WILHELM FELDMAN]: Współcześni politycy polscy [Die zeitgenössi- schen Politiker Polens], III. Wł. Studnicki, in: Krytyka 11 (1909), Teil 1, H. 3, S. 187-190. 196 STUDNICKI, Polska. 197 DERS.: Nasza irredenta [Unsere Irredenta], in: Tydzień. Dodatek literacko-naukowy Kurjera Lwowskiego 10 (1902), H. 4, S. 55-58. 198 DERS., Od socyalizmu, S. 375. 199 DERS., Sprawa polska w dobie, S. 12 f.

85 Geschichte der gesamten polnisch-russischen Beziehungen als einen seit Jahrhunderten andauernden Kampf aus. Auch die polnisch-litauische Union bewertete er in erster Li- nie als Manöver in diesem Kampf: Seiner Auffassung nach musste das Großfürstentum die Union mit Polen eingehen, weil es sonst von Moskau erobert worden wäre. Dass es damit auch Sicherheit vor dem Deutschen Orden erlangte, erscheint bei ihm zweit- rangig. Moskau sei die größere Gefahr für Litauen gewesen.200 In der Vergangenheit habe Polen den Kampf mit Moskau nicht gewinnen können, weil es gleichzeitig auch gegen das Osmanische Reich habe kämpfen müssen.201 Zuweilen bezeichnete er den polnisch-russischen Kampf auch als Kampf zwischen dem Katholizismus und der Or- thodoxie202, doch stand der religiöse Aspekt für Studnicki nie im Vordergrund, sondern erscheint als ein weiteres trennendes Element unter anderen. Den polnisch-russischen Gegensatz verstand er als unveränderliche Konstante, er sah keinen Weg, ihn auszu- räumen.203 Einzige Ausnahme bildet die Zeit der Revolution 1905, als er sich Russland und einer möglichen polnisch-russischen Zusammenarbeit gegenüber für seine Verhält- nisse geradezu enthusiastisch äußerte – eine Begeisterung, die allerdings ein schnelles Ende fand, da er, von den politischen Forderungen der ersten Duma enttäuscht, zu seiner antirussischen Haltung zurückkehrte.204 Fortan galt: „Wir vertrauen weder dem zarischen Russland noch dem bürgerlich-liberalen noch dem revolutionären der Arbei- ter und Bauern. Jegliches Russland war und ist uns feindlich.“205 Er bezeichnete es als Polens historische Aufgabe bis in die Gegenwart, diesen Kampf zu führen. Aus dieser Erkenntnis, die er aus den polnisch-russischen Beziehungen der letzten Jahrhunderte gewonnen hatte, leitete er auch einen Wegweiser in die Zukunft ab und interpretierte sie als einen die polnische Entwicklung fördernden Kraftquell:

„Wenn wir uns in die Zukunft der polnischen Nation hineindenken, müssen wir danach stre- ben, dass der polnisch-russische Antagonismus nicht erlischt, sondern unsere Psychologie färbt (zabarwić naszą psychologię). Er ist nämlich Refl ex gegen Unterjochung, […] er ist ein Gegengift gegen die russischen zersetzenden Einfl üsse. Die Perspektive der russischen Gefahr, die Furcht aus der Zeit der Unterjochung kann für Polen ein Faktor der Entwicklung und der Anspannung seiner Kräfte sein.“206

200 DERS., Sprawa polska, S. 26. 201 Ebenda, S. 25. 202 DERS.: Problemat polski na Litwie i Rusi [Das polnische Problem in Litauen und Ruthenien], in: NaP 2 (1907), H. 14, S. 609-626, hier S. 623; DERS.: Kwestja rusińska w Rosji [Die ruthe- nische Frage in Russland], in: NaP 2 (1907), H. 21, S. 909-917, hier S. 912; DERS., Ostmar- kenfrage, S. 19. Zur Verwendung von Studnickis auf Deutsch verfassten Denkschriften als Quellengrundlage ist grundsätzlich anzumerken, dass sich die darin dargestellten Positionen mit seinen gegenüber seinen Landsleuten auf Polnisch vertretenen Ansichten decken. 203 DERS., Sprawa polska w dobie, S. 17. 204 GZELLA, Zaborcy, S. 54. 205 [WŁADYSŁAW STUDNICKI:] Program Stronnictwa P.[aństwowców] P.[olskich] [Das Pro- gramm der Partei der polnischen Staats-Patrioten], in: NaP 5 (1918), S. 1-5. 206 DERS.: W poszukiwaniu dróg wyjścia. Warunki obiektywne przymierza polsko-niemieckie- go [Auf der Suche nach einem Ausweg. Objektive Bedingungen für ein polnisch-deutsches Bündnis], in: NaP 3 (1918), S. 1-6, hier S. 2.

86 Die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in den Ostgebieten war für ihn ein Teil dieses umfassenden Kampfes.207 Das lässt sich besonders gut an seiner Haltung gegen- über der ukrainischen Nationalbewegung beziehungsweise der Stellung Ostgaliziens ablesen, die er immer als Teil des Kampfes gegen Russland begriff.208 Hinsichtlich der Zugehörigkeit ganz Galiziens zum künftigen polnischen Staat waren seine Posi- tionen einem Wandel unterworfen, der meist von aktuellen Entwicklungen bestimmt war. Zu Beginn seiner publizistischen Karriere, als er noch mit den Sozialisten ver- bunden war, sprach er sich angesichts ukrainischer Forderungen nach der Teilung Galiziens für einen unabhängigen ukrainischen Staat aus Ostgalizien und dem ukra- inischen Teil Russlands aus.209 Voraussetzung dafür sollte aber sein, dass die Ukra- iner eine eigene Intelligenz hervorbrächten und als Nation stark genug würden, um russische Einfl ussnahmen abzuwehren. Bisher hielt er die Ukrainer freilich nicht für eine Nation.210 Die Polen forderte Studnicki dazu auf, die Ukrainer auf diesem Wege zu unterstützen. Studn ickis Motiv für diese Option war aber weniger die Entwicklung der Ukraine um ihretwillen, als vielmehr das übergeordnete, im polnischen Interesse liegende Ziel, Russland zu schwächen. Aus diesem Grund lehnte er die Teilung Gali- ziens ohne Einbeziehung russischen Territoriums ab, denn er ging davon aus, dass ein selbständiges ukrainisches Ostgalizien leichte Beute für das Zarenreich wäre und sich das „ethnografi sche Material“ der Ruthenen im russischen Volk „aufl ösen“ würde. Um aber Russland zu schwächen, war er zu diesem Zeitpunkt sogar bereit, auf Lemberg zu verzichten.211 Auch als Studnicki 1898 im Przedświt erstmals sein Projekt der „Abson- derung Galiziens“ vorstellte, hielt er einen ukrainischen Staat für möglich.212 Während seiner Zeit bei der Volkspartei trat die ukrainische Frage für Studnicki in den Hinter- grund, aber in Äußerungen anlässlich der Unruhen um die Lemberger Universität 1901 lässt sich eine gewisse Verhärtung seiner Haltung den Ukrainern gegenüber beobach- ten213, die sich bis etwa 1908 steigerte.214 Ebenso wie Popławski forderte Studnicki, den „nationalen Besitzstand“ zu verteidigen; die Vermutung, dass er diesen Begriff von Popławski und der Nationaldemokratie übernommen hatte, liegt nahe. Sowohl dessen

207 DERS., Sprawa polska, S. 22 f. und 25; DERS., Ostmarkenfrage, S. 17 f. 208 DERS., Wyodrębnienie, S. 92; DERS., Socyalna demokracya (wie Anm. 176). 209 V-o [DERS.]: Zjazd radykałów ruskich we Lwowie [Eine Versammlung der radikalen Ruthe- nen in Lemberg], in: Przedświt 9 (1897), S. 18-20. 210 Veto [DERS.], Wyodrębnienie Galicyi a kwestya narodowościowa (wie Anm. 175). 211 V-o [DERS.], Zjazd radykałów (wie Anm. 209), S. 18-20. 212 Veto [DERS.], Wyodrębnienie Galicyi (wie Anm. 175), S. 10. 213 DERS.: W obronie polskości uniwersytetu lwowskiego [In Verteidigung des Polentums der Lemberger Universität], in: Kurjer Lwowski 377 (5.07.1901), S. 1-2. 214 DERS.: Patriotyzm a antagonizm narodowy I [Patriotismus und nationaler Antagonismus], in: Tydzień. Dodatek literacko-naukowy Kurjera Lwowskiego 10 (1902), H. 24, S. 380- 382; Teil 2: ebenda H. 25, S. 391-392; DERS.: Jeszcze w sprawie antagonizmów narodowych [Nochmals zur Frage nationaler Antagonismen], ebenda 10 (1902), H. 26, S. 408-411; DERS., Socyalna demokracya (wie Anm. 176); DERS.: Koncesje na rzecz Rusinów kosztem naszym [Konzessionen auf unsere Kosten zugunsten der Ruthenen], in: NaP 2 (1907), H. 22, S. 941- 947; DERS.: Kwestja ruska w Galicji [Die ruthenische Frage in Galizien], in: Votum separa- tum 2 (1908), S. 1-9.

87 Verständnis als auch die angestrebte Verwirklichung deckt sich bei beiden Publizisten: Die Bewahrung des „nationalen Besitzstandes“ bedeutete für beide die Aufrechterhal- tung des bestehenden Kräfteverhältnisses zwischen Polen und Ukrainern. Verwirklicht sahen sie diese nur, wenn jedes Zugeständnis der Regierung an die Ukrainer, etwa eine neue Schule oder Kultureinrichtung, ein analoges Zugeständnis an die Polen nach sich zöge.215 Unter dem Eindruck der polenfeindlichen Haltung der ukrainischen Na- tionalbewegung lehnte Studnicki einen unabhängigen ukrainischen Staat zunehmend ab und strebte stattdessen die Zugehörigkeit der ukrainisch besiedelten Gebiete zum polnischen Staat an. Erst unmittelbar vor Ausbruch des Krieges hielt er die Entstehung eines ukrainischen Staates wieder für möglich, aber – im Unterschied zu seinen ur- sprünglichen Vorstellungen – in Grenzen, die nicht über die Grenzen der Republik von 1772 hinausgehen sollten, weil er andernfalls zu starken russischen Einfl uss fürchtete. Dieser Staat sollte von galizischer Intelligenz, von Polen und Juden gestützt werden, bis sich eine ukrainische Nation herausbilde, die stark genug sei, um ihre Unabhän- gigkeit gegenüber Russland zu sichern.216 Als 1917 mit Unterstützung des Deutschen Reiches die Ukrainische Republik geschaffen wurde, war er sicher, dass sie innerhalb kürzester Zeit von Russland annektiert würde.217 Davon abgesehen war er überzeugt, dass der polnische Irredentismus die Ukraine ohnehin zerschlagen würde. Die erneute Wendung wird wiederum angesichts des Gesamtbefundes verständlich, dass Studnickis Vorstellungen von der polnischen Staatsgrenze im Südosten von dem übergeordneten Ziel abhängig waren, den Hauptfeind Russland zurückzudrängen und zu schwächen. Die Unterstützung der Ukrainer und eines möglichen Staates Ukraine betrachtete er na- hezu ausschließlich als Manöver im polnisch-russischen Kampf. 1918 erschien ihm das von Krieg, Revolution und Bürgerkrieg erschütterte Russland offenbar so geschwächt, dass ein starkes, mit Deutschland verbündetes Polen einer unabhängigen Ukraine zur Schwächung Russ lands nicht mehr bedurfte. Auch in Bezug auf das ehemalige Großfürstentum war Studnicki sicher, dass Russ- land einen polnischen Verzicht als Schwäche interpretieren und seine Ansprüche auf polnisches Territorium noch weiter nach Westen ausdehnen würde.218 Er zeigte sich davon überzeugt, dass ein polnischer Staat, der nur aus dem Königreich und Erwer- bungen im Westen bestünde, den Keim einer erneuten Teilung bereits in sich trüge, die zur Unterordnung bedeutender Gebiete Polens sowie letztlich des ganzen polnischen Staates unter Russland führen müsse: Wenn

„Polen durch ein fi ktives Ruthenien, durch ein fi ktives Litauen von Russland getrennt würde, wird Polen, des Objekts seines Streits mit Russland beraubt, dann nicht eine Spielfi gur auf dem russischen Schachbrett werden, wird es dann nicht ein neues Serbien?“219

215 DERS., Od socyalizmu, S. 374; DERS., Koncesje (wie Anm. 214). 216 [DERS.:] Materjały w sprawie ukraińskiej [Materialien zur ukrainischen Frage], in: NaP 7 (1918), S. 6-11, hier S. 11. 217 DERS., Bedingungen, S. 6. 218 DERS., Polityka, S. 134; DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 625. 219 Wł. St. [DERS.]: Co teraz? [Was nun?], in: NaP 6 (1918), S. 3-10, hier S. 6.

88 Studnickis Abneigung gegen Russland dürfte nicht unbeeinfl usst von seinen persön- lichen Erfahrungen geblieben sein, jedenfalls stellte er selbst diesen Zusammenhang wiederholt her: Seine Familie stammte aus Livland und hatte die Russifi zierungs- und Unterdrückungspolitik unmittelbar miterlebt, seine Kindheit stand unter dem Eindruck der Repressionen nach dem Januaraufstand, als Jugendlicher war er beeinfl usst von den Schriften der russischen Sozialisten, die den zarischen Unterdrückungsapparat gei- ßelten.220 Schließlich war er sechs Jahre nach Sibirien verbannt. In seinen Erinnerungen beschrieb er seine Eindrücke von Russland und den Russen, er schilderte sie als grob, unkultiviert und unzivilisiert, als wild und barbarisch. Er habe einen solchen Widerwil- len gegen die Russen verspürt, dass

„ich bei mir dachte, es sei für unser Volk besser zu sterben, es sei besser, sich zu germani- sieren, als den Mongolen als Dünger zu dienen. Dieser Eindruck hinterließ tiefe Spuren in meiner Seele und war die Grundlage für mein künftiges Verhältnis zu Russland mein ganzes Leben lang.“221

4.2.1.2 Eine natürliche, verteidigungsfähige Grenze im Osten

Für Studnicki war die ethnische Zugehörigkeit der Bevölkerung eines Staatsgebiets sekundär. Entscheidend waren seiner Ansicht nach andere Faktoren wie geopolitisch- strategische Überlegungen, volkswirtschaftliche Strukturen und die Prägung durch historische und kulturelle Traditionen. Dazu gehörte die Vorstellung, ein Staatsterri- torium müsse mit einer geografi schen Einheit korrespondieren und von „natürlichen Grenzen“ umgeben sein. Im Falle Polens bildeten die Länder der alten Republik für ihn eine solche geografi sche Einheit zwischen Ostsee und Schwarzem Meer222 und er argumentierte, nur wenn die Staatsgrenze entlang der natürlichen Ostgrenze Polens an Düna und Beresina verlaufe, würde dieser Einheit Rechnung getragen.223 Einer Ost- grenze, die vom ethnisch polnischen Siedlungsraum bestimmt wäre, sprach er diese Eigenschaft ab, allein die Linie der Flüsse Düna und Beresina sei sinnvoll. Gegen den Hauptfeind Russland bedürfe Polen unbedingt dieser gut zu verteidigenden Grenze, die zudem den Vorteil habe, dass sie aus russischer Sicht keine vorteilhafte Westgrenze sei, den Polen also eine bessere strategische Position an dieser Grenze verschaffe.224 Es gibt einige Hinweise darauf, dass Studnicki von der von Eugeniusz Romer so nachdrück- lich vertretenen These von der geografi schen Einheit Polens beeinfl usst war.225 Romers Einschätzung, dass der Charakter dieser geografi schen Einheit Polens eine geografi sch besonders günstige Lage biete, ist Grundlage von Studnickis wirtschaftlichen Betrach- tungen.226 Ferner wies Studnicki in mehreren Publikationen auf die große Bedeutung

220 DERS., Od socyalizmu, S. 7. 221 DERS., Z przeżyć, S. 21, fast wörtlich ebenso schon in: DERS., Od socyalizmu, S. 9. 222 DERS., Stosunki społeczne, S. 733. 223 DERS., Ostmarkenfrage, S. 33. 224 Ebenda, S. 13. 225 Zum Ostkonzept von Eugeniusz Romer siehe Kapitel 4.3. 226 DERS., Stosunki społeczne, S. 736.

89 der Wasserwege hin, insbesondere als Verbindung zur Ostsee und zum Schwarzen Meer. In diesen geografi schen Voraussetzungen sah er die Chance zur besseren Ent- wicklung von Handel und Industrie, und er forderte nachdrücklich den Bau von weite- ren Kanälen.227 Diese Betonung der Bedeutung von Flüssen als Verkeh rswegen und für das Wirtschaftsleben eines Staates ist ein markantes Kennzeichen fast aller Schriften von Eugeniusz Romer. Schließlich erwähnte Studnicki den Geografen, mit dem er in Lemberg in gutem Kontakt gestanden habe, in seinen Erinnerungen lobend.228

4.2.1.3 Der Besitz der Ostgebiete ist polnisches Recht

Studnicki verstand sowohl das ehemalige Großfürstentum als auch die südöstlichen Länder, die zur polnischen Reichshälfte gehört hatten, als Teile Polens, als „polnische Provinzen“229. Er schrieb stets vom „polnischen“ – nicht polnisch-litauischen – Staats- territorium von 1772 und verwendete die Bezeichnungen „Litauen und Ruthenien“ (Litwa i Ruś) als geografi sche Begriffe für das ehemalige Großfürstentum, teilweise nannte er es auch schlicht „Litauen“. Das von den Ukrainern besiedelte Territorium er- scheint in der Regel als Ostgalizien, zuweilen auch als Ruthenien (Ruś). Studnicki war davon überzeugt, dass Polen ein Anrecht auf den Besitz der Ostgebiete hatte. Dieses Anrecht leitete er von zwei Befunden ab: Erstens sei die politische, wirtschaftliche und kulturelle Stellung der Polen in den Ostgebieten so stark, dass sie ihnen das Recht auf den Besitz des Landes verleihe und zweitens sprach er den Litauern und Ukrainern die Fähigkeit ab, einen unabhängigen Staat zu schaffen, und sah deswegen die Polen als einziges staatsbildendes Element in den Ostgebieten:

„Denn wir sind durch unsere materiellen und kulturellen Kräfte, durch unsere politischen Traditionen die natürlichen Hegemonen dieses Landes. Nur unsere nationale Entwicklung kann die richtige wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des ganzen Landes, aller seiner Stämme sichern.“230

Studnicki ging von einer engen Verbundenheit der Länder Polen und Litauen und ihrer Bewohner aus. Seine Einschätzung beruhte in erster Linie auf der als ein sechs Jahrhunderte währendes Zusammenleben begriffenen Geschichte. Als Ursprung die- ser gemeinsamen Geschichte nannte Studnicki die Ansiedlung polnischer Sklaven im heidnischen Litauen, die Christianisierung Litauens von Polen aus, die Prägung der litauischen kirchlichen Institutionen durch polnische Kirchenstrukturen und die Ein- wanderung polnischer Siedler231, auf die weiter unten ausführlicher einzugehen ist. Er- gebnis dieser gemeinsamen Geschichte sei die intensive Durchdringung der Länder des

227 DERS.: Z powodu programu „Stronnictwa krajowego Litwy i Białejrusi“ [Anlässlich des Programms der „Landespartei von Litauen und Weißrussland“], in: NaP 2 (1907), H. 12, S. 520-527, hier S. 524; DERS., Mowa, S. 14. 228 DERS., Z przeżyć, S. 299. 229 DERS., Ostmarkenfrage, S. 15 und 21. 230 DERS., Z powodu (wie Anm. 227), S. 522. 231 STUDNICKI, Mowa, S. 13 f.; DERS., Ostmarkenfrage, S. 34 f.

90 ehemaligen Großfürstentums mit polnischer Siedlung und polnischer Kultur, so dass Polen Litauen und Ruthenien für die westliche Kultur gewonnen habe, wie es seine historische Aufgabe gewesen sei.232 In Bezug auf die Ukraine stellte er den besonderen Zusammenhang zwischen der positiv en Rolle der polnischen Siedlung und der Vertei- digung des Landes gegen Tataren und Osmanen als polnisches Verdienst heraus.233 Da er die Lubliner Union aus litauischer Sicht in erster Linie als Schutz gegen Moskau für notwendig erachtete und den Kampf Polens gegen Russland für eine immerwährende Konstante hielt, blieb für ihn natürlich auch die Verbindung von Polen und Litauen ein unveränderliches, bis in die Gegenwart andauerndes Erfordernis. Studnicki ging also auch in Bezug auf Gegenwart und Zukunft von einer polnisch-litauischen Interes- sengemeinschaft aus, die sich aktuell erneut auf den gemeinsamen russischen Gegner konzentriere. Seit der Union hätten beide Länder den Kampf gegen den gemeinsamen Feind auch gemeinsam geführt, was die beiden Völker untrennbar miteinander ver- bunden habe.234 Studnicki betonte sehr, dass die Staatenunion mit Litauen historisch richtig gewesen sei, da sie Polen gestärkt habe. In Sprawa Polska bezeichnete er sie als Polens „Rückendeckung im Osten“ (plecy od wschodu).235 Er schrieb es zwar nicht ex- plizit, stellte aber die Zusammenhänge so dar, dass klar wurde, dass Polen den Zusam- menschluss mit Litauen gebraucht habe, denn „sonst hätte es sich unter den Habsbur- gischen Erblanden wiedergefunden“.236 Das ist insofern bemerkenswert, als polnische Autoren in der Regel umgekehrt argumentierten und darauf hinwiesen, dass Litauen Polen gegen den Orden gebraucht und Polen großmütig Hilfe geboten habe.237 Vor dem Hintergrund der engen historischen Verfl echtung Polens und Litauens bewertete er die antipolnische Ausrichtung der litauischen Nationalbewegung als eine unhistorische Verirrung. Ihr Entstehen erklärte er, ebenso wie Popławski, mit der russischen Unter- drückung des Landes, die den polnischen Einfl uss in Litauen verringert und zu zivili- satorischem Verfall geführt habe. Er betonte, dass der Separatismus im Widerspruch zu den Traditionen Litauens stehe, das „im Laufe von sechs Jahrhunderten keinen einzigen Tropfen polnischen Blutes vergossen“238 und in den Aufständen mit Polen gemeinsam gegen die russische Okkupation gekämpft habe.

232 DERS.: „Nasza niwa“ tygodnik białoruski [Die weißrussische Wochenzeitung „Nasza niwa“], in: NaP 2 (1907), H. 1, S. 40-41; DERS., Sprawa polska, S. 22 f. 233 DERS., Socyalna demokracya (wie Anm. 176); DERS.: Nowy głos w sprawie samodzielności Galicyi II [Eine neue Stimme in der Frage der galizischen Unabhängigkeit II], in: Słowo Polskie 163 (8.04.1903), S. 2-3; W.S. [DERS.]: Strajki rolne w Galicji II [Bauernstreiks in Galizien II], in: Słowo Polskie 463 (5.10.1903), S. 2; DERS.: Historyczno-polityczne wskaza- nia p. hr. Wojciecha Dzieduszyckiego III [Die historisch-politischen Weisungen des Grafen Wojciech Dzieduszycki III], in: Słowo Polskie 396 (23.08.1904), S. 1. 234 Wacław Gizbert [DERS.]: Czy istnieje narodowość litewska? [Gibt es eine litauische Natio- nalität?], in: NaP 5 (1907), S. 234-238, hier S. 236; DERS., Sprawa polska w dobie, S. 16; im selben Sinne DERS., Sprawa polska, S. 491. 235 Ebenda, S. 21. 236 Ebenda. 237 Am prominentesten Oskar Halecki, siehe Kapitel 4.4. 238 DERS., Sprawa polska, S. 491; im selben Sinne DERS., Umgestaltung, S. 13.

91 Während Studnicki einerseits die Rolle der Polen in Geschichte, Kultur und Wirt- schaft der Ostgebiete als stark und prägend, die polnische Seite als die gebende dar- stellte, vermittelte er von der anderen, ausschließlich nehmenden Seite ein Bild der kulturellen und politischen Schwäche. Studnicki war überzeugt, dass im ehemaligen Großfürstentum nur die Polen den Kampf gegen Russland führen könnten, da die we- nigen Litauer, geschwächt durch versprengte Siedlung und eine zu schwache Intelli- genzschicht, sich der Russifi zierung nicht erwehren könnten.239 Studnicki sprach den Litauern die Fähigkeit ab, zu einer Nation240 zu werden. Sie seien ein Stamm (szczep, plemię), der zwar eine eigene Sprache habe, aber durch die Übernahme polnischer staatlicher Institutionen Polen so ähnlich geworden sei, dass sich trotz jahrhunderte- langer rechtlich-staatlicher Eigenständigkeit in der Union eine eigene litauische Nation nicht habe ausbilden können.241 Ebenso wie Popławski verstand Studnicki die Nation als unter dem Dach eines Staates historisch gewachsene Gemeinschaft, die sich aus verschiedenen Stämmen zusammensetze.242 Dabei bezog er sich explizit auf Stanisław Smolka, Historiker der Krakauer Schule.243 Und ebenso wie Popławski verwies auch Studnicki auf das französische Beispiel der Nationsbildung: Er setzte die Litauer den Bretonen gleich, ein Bretone sei gente bretonus, natione Francius wie die Litauer na- tione Poloni, gente Lituani seien.244 Studnicki operierte also ebenso wie Popławski mit einem überethnischen polnischen Nationsbegriff. Ergänzend sah er – ähnlich wie die Krajowcy – eine Art „Landesbürgerschaft“ (obywatelstwo krajowe), nach der ein Bewohner des historischen Litauen, gleich ob polnischer oder litauischer Abstam- mung und Muttersprache, hinsichtlich seiner regionalen Zugehörigkeit (pod względem obywatelstwa miejscowego, prowincjonalnego) Litauer sei245, wie er es auch für sich selbst immer wieder betonte. Ein litauischer Landesbürger sei demnach zum Beispiel auch ein frisch in Litauen akklimatisierter Pole aus dem Königreich, sofern er das nur wolle und sich für Litauen einsetze: „Die Arbeit für das Land entscheidet über die Landesbürgerschaft.“246 Zugleich kritisierte er die Krajowcy scharf für das Programm ihrer 1907 gegründeten „Landespartei von Litauen und Weißrussland“ (Stronnictwo krajowe Litwy i Białejrusi), weil es der litauischen Nationalbewegung keine Positi- on der Stärke, sondern „sentimentale Phrasen“247 entgegensetze und kein vernünftiges Entwicklungskonzept für Litauen vorlege.

239 Ebenda, S. 12. 240 Studnicki verwandte die Begriffe „naród“ und „narodowość“ synonym für „Nation“. Ihnen gegenüber stellte er die ebenfalls synonym verwandten Wörter „plemię“, „szczep“ und (selten) „lud“. Siehe z.B. DERS., Od socyalizmu, S. 367. 241 Wacław Gizbert [DERS.], Czy istnieje (wie Anm. 234). 242 Veto [DERS.], Wyodrębnienie Galicyi a kwestya narodowościowa (wie Anm. 175); Program Partyi (wie Anm. 180), S. 33; DERS., „Nasza niwa“ (wie Anm. 232), S. 40. 243 Ebenda, S. 234. Zu Smolka siehe Kap. 3, Anm. 146. 244 Wacław Gizbert [DERS.], Czy istnieje (wie Anm. 234); zu Popławskis Vergleich siehe Kapitel 4.1.1. 245 Ebenda, S. 237. 246 Ebenda. 247 DERS., Z powodu (wie Anm. 227), S. 524. Das Programm der Partei, die von konservativen Krajowcy gegründet wurde und für ein Zusammenwirken aller Nationalitäten zum Wohle des

92 Nach Studnickis Verständnis könne eine Nation nur im Rahmen eines eigenen Staates heranwachsen, da es derzeit aber keinen litauischen Staat gebe, könne sich auch keine litauische Nation bilden, so seine Schlussfolgerung.248 Die Anknüpfung an die litauische Staatstradition aus der Zeit vor der Union ließ er ebenso wenig gelten wie den Bezug auf die in der Union fortbestehende Staatlichkeit, da sie sich, „heidnisch und barbarisch“, „nebulös und verschwommen“, mangels eigenem zivilisatorischem Erbe in keiner Weise dafür eigne, eine litauische Nation zu bilden oder wiederzubeleben.249 Einen eigenen Staat zu schaffen und am Leben zu erhalten, seien die Litauer somit ebenfalls nicht in der Lage. Die bereits angeführten Argumente ergänzte er um die The- se, dass das litauische Volk zahlenmäßig zu klein sei, um eine Hochkultur zu schaffen, die geistige Bedürfnisse angemessen befriedige.250 Derartige kulturelle Leistungen hät- ten in Litauen immer nur Polen vollbracht: „Die kulturelle und wirtschaftliche Trieb- kraft des Landes ist also rein polnisch.“251 Da die Litauer keine Stadtkultur besäßen, werde sich das auch nicht ändern. Aus der Einschätzung, dass keine litauische Nation existiere, folgerte Studnicki aber nicht, dass der ethnografi sch litauischen Bevölkerung das Recht auf eigene Schulen, Presse und Verlage abgesprochen werden dürfe. Er trat dafür ein, dass in der Schule, in der Kirche und auf Ämtern die litauische Sprache im ethnischen Litauen als Landessprache genutzt werde.252 Als weiteren Grund, warum die Litauer nicht in der Lage seien, eine eigene Nation und einen eigenen Staat zu schaffen, nannte er die Tatsache, dass sie über kein abgegrenztes, eine wirtschaftliche und geografi sche Einheit darstellendes Territorium verfügten.253 Einerseits wies er den Litauern also vor dem Hintergrund der ruhmvollen gemeinsamen Geschichte einen scheinbar gleichberechtigten Platz neben Polen im Kampf gegen Russland zu, ande- rerseits erscheinen sie als schwaches, passives Element, das der Polen politisch wie kulturell bedürfe. Ebenso wie Popławski sah Studnicki noch weniger als eine litauische eine weiß- russische Nation; da die Weißrussen die bereits in Bezug auf die Litauer angeführten Kriterien nicht erfüllten, seien sie bloßes ethnisches Material:

„Von einer weißrussischen Nation kann keine Rede sein, denn Nation ist ein politischer Be- griff und die Weißrussen haben keinerlei eigene politische Traditionen. Von einer weißrussi- schen Kultur zu sprechen, ist unmöglich, denn es gibt dort keine kulturelle Einheit, sondern es kreuzen sich dort polnische und russische Einfl üsse. [...] In ethnischer Hinsicht sind die

Landes, für wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung, die Gleichberechtigung der Juden sowie für die Neuordnung des bäuerlichen Grundbesitzes und das Ende der Dienstbarkeit eintrat, druckte Studnicki in derselben Nummer seiner Zeitung ab, siehe ebenda, S. 232-235. 248 DERS., „Nasza niwa“ (wie Anm. 232), S. 40; Wacław Gizbert [DERS.], Czy istnieje (wie Anm. 234). 249 Ebenda, S. 236. 250 Ebenso DERS., „Nasza niwa“ (wie Anm. 232), S. 41; DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 622; DERS., Z powodu programu (wie Anm. 227), S. 522. 251 DERS., Ostmarkenfrage, S. 36. 252 Wacław Gizbert [DERS.], Czy istnieje (wie Anm. 234), S. 237. 253 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 622.

93 Weißrussen nicht einheitlich, denn sie haben in ihren Adern in dem einen Ort polnisches, in einem anderen litauisches oder lettisches Blut, in wieder einem anderen das der alten Drew- lanen und Polanen; ihre Sprache setzt sich aus verschiedenen Dialekten zusammen, abhän- gig jeweils von polnischen oder russischen Einfl üssen. Das Weißrussentum (białorusinizm) ist ethnisches Material, es füllt eine Form aus, die nicht durch polnische oder russische Ein- fl üsse angefüllt ist.“254

Bei den Bauern des ehemaligen Großfürstentums, gleich ob litauischer oder ruthe- nischer Abstammung, konnte er keine Ablehnung gegen die Einbeziehung des Lan- des in den polnischen Staat feststellen. Ebenso wie Popławski sah Studnicki in dieser Bevölkerung in den Ostgebieten national noch indifferentes Potenzial, das sich zwar in anti-polnische politische Kräfte entwickeln könnte, das aber auch für die polnische Nation gewonnen werden könne.255 Studnickis Haltung Litauen gegenüber, wie sie hier gezeigt wird, hat sich im Grund- satz im Laufe seiner publizistischen Tätigkeit bis zum Ende des Ersten Weltkriegs nicht verändert. Äußerungen, die dem entgegenzustehen scheinen, hatten aktuelle politische Anlässe und waren in hohem Maße taktisch bedingt oder sind als vorübergehende Zwischenstufen auf dem Weg zum angestrebten Ziel der Einbeziehung der Länder in den polnischen Staat zu verstehen. Auch das stets übergeordnete Ziel der Schwächung Russlands ist immer mitzudenken, das so manches scheinbare Zugeständnis Studnickis erklärt. In der Diskussion um ein litauisches Autonomiestatut256 äußerte er zum wün- schenswerten Status des ehemaligen Großfürstentums zum Beispiel die Ansicht, dass eine litauische Autonomie in der Lage wäre, die Russifi zierungsprozesse aufzuhalten, und dass sie dazu führen würde, dass die Ergebnisse des jahrhundertealten Prozesses der Zivilisierung, Kolonisierung und Polonisierung nicht völlig verschwänden.257 Er sprach sich für eine wirtschaftliche Autonomie aus, die ein Landesparlament und eine ihm verantwortliche Regierung mit Kompetenzen für Finanzangelegenheiten und Wirt- schaftspolitik beinhalten sollte.258 Insofern war dieses Konzept ähnlich seinem Projekt der „Absonderung Galiziens“. Einen solchen eigenen rechtlichen Status für Litauen verstand er aber nicht als polnischen Verzicht auf das Land, sondern nur als taktisches Manöver zur Schwächung Russlands. Nach dem Ende der Diskussion um das Auto- nomiestatut verfolgte auch Studnicki diese Idee nicht weiter. Mitte 1918 hielt er einen funktionierenden litauischen Staat für möglich, allerdings begrenzt auf das Gebiet von

254 DERS., Sprawa polska, S. 493; ebenso fast wörtlich schon in: DERS., „Nasza niwa“ (wie Anm. 232), S. 40; DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 623; DERS., Ostmarkenfrage, S. 27 f. 255 DERS., Z powodu programu (wie Anm. 227), S. 521. 256 Im Zuge der Revolution trat im November 1905 in Wilna ein litauischer Landtag zusammen und forderte eine litauische Autonomie mit eigenem Parlament, siehe WASILEWSKI, Litwa i jej ludy, S. 51 f. 257 DERS., Polityka, S. 224. 258 DERS., Problemat agrarny w guberniach wielkoruskich i u nas [Das Agrarproblem in den großrussischen Gouvernements und bei uns], in: Biblioteka Warszawska 4 (1906), H. 1, S. 1-27, hier S. 20; Wacław Gizbert [DERS.], Czy istnieje (wie Anm. 234), S. 236 f.; DERS., Z powodu programu (wie Anm. 227), S. 525 f.

94 Kowno und im Bündnis mit Deutschland und Polen.259 Das übergeordnete Interesse, einvernehmlich mit dem Deutschen Reich zu handeln, um bestmögliche Konditionen für Polen zu erreichen, dürfte auch diese Stellungnahmen motiviert haben. Angesichts der Schaffung des litauischen Staates durch das Deutsche Reich stimmte er seiner Exis- tenz zu und unterstrich, dass polnisch-litauische Territorialstreitigkeiten gemäß dem Willen der Bevölkerung gelöst werden sollten, wobei er davon überzeugt war, dass sich die Bevölkerung in jeder Konfl iktsituation für die Zugehörigkeit zum polnischen Staat aussprechen würde.260 Entscheiden und den Willen der Bevölkerung zum Ausdruck bringen sollten die Körperschaften der Kreis- und städtischen Selbstverwaltung, bei denen Studnicki freilich davon ausging, dass sie polnisch dominiert wären.261 Um die entscheidende Rolle der Polen in den Ostgebieten zu beschreiben, ging Studnicki ausführlich auf ihre wirtschaftliche Stellung ein. Er betonte die starke Positi- on polnischer Unternehmer in der Lebensmittelindustrie, die sich aus dem Großgrund- besitz ergebe, sowie in Handel und Handwerk: „Das ist der wirtschaftliche Titel für unsere Hegemonie.“262 Er ging davon aus, dass im ehemaligen Großfürstentum mehr als die Hälfte des Bodens in polnischem Besitz sei. Durch die gesetzlichen Beschrän- kungen der Polen in Bezug auf Landerwerb sah er den polnischen Großgrundbesitz als „Grundfeste des Polentums“ jedoch schwinden, und ab 1917 sah er ihn von der Zwangsenteignung bedroht, falls die Länder an Russland fi elen.263 Weiteres wirtschaft- liches Argument neben der Bewahrung des Großgrundbesitzes war für Studnicki die Sicherung der Länder als Absatzmarkt für Polen.264 Die Industrie des Königreichs sei auf den östlichen Markt ausgerichtet, und was Litauen und Ruthenien bisher aus Russ- land bezögen, könne zukünftig das Königreich liefern. Darüber hinaus strebte er den Ausbau der Infrastruktur und die Trockenlegung von Sümpfen an, um Beschäftigungs- möglichkeiten für die arbeitslose Bevölkerung zu schaffen, deren Auswanderungsziel die Ostgebiete werden sollten. Durch Förderung der Verkehrsinfrastruktur und durch Kolonisation würden die Ostgebiete zudem als Absatzmarkt attraktiver.265 Studnicki wies wiederholt darauf hin, dass die polnische Emigration nach Westeuropa und Über- see einen Verlust für die Nation bedeute, und er sah die Lösung dieses Problems in der Umlenkung der Auswandererströme in die Ostgebiete. Dieser Aspekt wird im Zusam- menhang mit Studnickis umfangreichen Kolonisationsplänen ausführlicher erläutert. Studnickis Argumentation in Bezug auf die Zugehörigkeit Ostgaliziens zu Polen war in weiten Teilen bezüglich des ehemaligen Großfürstentums gleich. Die prägende Rolle der polnischen Siedlung, der polnischen Kultur, die wirtschaftliche Bedeutung

259 DERS.: Z powodu oświadczenia Rady Litewskiej [Anlässlich der Erklärungen des Litauischen Rats], in: NaP 11 (1918), S. 2-5; Wł. St. [DERS.]: Odezwa Białorusinów [Der Aufruf der Weißrussen], in: NaP 9-10 (1918), S. 35-37. 260 [DERS.:] Uwagi nad mową hr. Czernina [Bemerkungen zur Rede von Graf Czernin], in: NaP 4 (1918), S. 23-25, hier S. 24. 261 DERS., Bedingungen, S. 24. 262 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 620. 263 DERS., Ostmarkenfrage, S. 11. 264 Ebenda, S 44. 265 DERS., Umgestaltung, S. 17.

95 des polnischen Großgrundbesitzes und des Engagements von Polen in Industrie und Handel sowie der polnische Bevölkerungsanteil waren die Punkte, mit welchen er für beide Länder den polnischen Anspruch zu begründen suchte. Hinzu kam die Widerle- gung konkurrierender Ansprüche der Litauer und Ukrainer, denen er jeweils den Status als Nation, die nötige politische Reife sowie die Fähigkeit, einen überlebensfähigen Staat zu bilden und eine eigene Hochkultur auszuprägen, absprach. Er erklärte diese Unfähigkeit damit, dass die Ukrainer ein bäuerliches Volk beinahe ohne eigene Intel- ligenz seien, ohne eigene historische Traditionen, ohne nationales Bewusstsein, ohne ukrainisches Stadtbürgertum und ohne Arbeiterklasse. Für beide Länder kam er also zu dem Schluss, dass nur die Polen dort in der Lage seien, Staatsmacht zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Jedoch fallen auch Unterschiede ins Auge: Zwischen Polen und Litauen sah Studnicki eine enge Verbundenheit, wie er sie besonders unter seinem gern gewählten historischen Blickwinkel mit den ehemaligen kronpolnischen Ländern im Südosten der alten Republik sicher auch hätte erkennen können, wenn er gewollt hätte. Auch das Moment des gemeinsamen Kampfes gegen Russland, welches er in Bezug auf Litauen so betonte, ließe sich leicht auf den Südosten ausdehnen. Über die Gründe seiner „Vorliebe“ für Litauen lässt sich freilich nur spekulieren, doch dass seine per- sönliche Verbundenheit mit dem Land Einfl uss auf seine Haltung hatte, ist zumindest möglich. Auch die litauische Staatstradition und die Tatsache, dass die Lubliner Union zwischen Polen und Litauen bestand und die Ukraine eben nicht Teil eines Dreierbünd- nisses war, mögen zumindest unterbewusst eine Rolle gespielt haben. Schließlich ist ein weiterer Unterschied zu nennen, der sowohl in Studnickis historischen Betrach- tungen als auch in seinem Konzept für das künftige unabhängige Polen eine große Rolle spielte: die Eignung Litauens und Rutheniens als polnisches Siedlungsgebiet. Denn aus Studnickis Bewertung der bestimmenden Rolle der Polen im Osten einerseits und der postulierten politischen und kulturellen Schwäche der Litauer und Ukrainer andererseits ergab sich für ihn, dass „Polen das bevorzugte, fast angeborene Recht auf das Land, das einen selbständigen Staat nicht zu bilden vermag“266, zustehe.

4.2.1.4 Die Ostgebiete als Kolonisationsraum

Schrieb Studnicki über die polnische Siedlung in den Ostgebieten, so betonte er stets, dass die daraus resultierende gemischte Besiedlung und das Zusammenleben die Län- der und ihre Völker eng miteinander verbanden. Dabei verwendete er das Phänomen nicht nur als Symbol der gemeinsamen Vergangenheit, sondern leitete daraus auch ein Programm für Polens Zukunft ab. Zunächst aber ein Blick auf seine Bewertung der polnischen Ostsiedlung in der Geschichte. Studnicki erklärte die Migration mit den Unterschieden in der Bevölkerungsdichte der Länder sowie mit der Attraktivität der fruchtbaren Böden vor allem im Süden des Großfürstentums, die ganz natürlich zu der Wanderungsbewegung geführt hätten.267 In Sprawa Polska setzte er sich ausführlich mit dem Standpunkt Michał Bobrzyńskis

266 DERS., Ostmarkenfrage, S. 29; im selben Sinne S. 34. 267 STUDNICKI, Socyalna demokracya (wie Anm. 176); DERS., Sprawa polska, S. 23; DERS., Sto- sunki społeczne, S. 733.

96 auseinander, der in seinem vielbeachteten Werk Dzieje Polski w zarysie die These ver- trat, dass die Auswanderung polnischer Bauern nach Osten Polen innerlich geschwächt habe.268 Bobrzyński legte dar, dass die Überbevölkerung auf dem Lande, hätte sie kein Ventil in der Auswanderung gefunden, zur besseren Entwicklung von Handel und Ge- werbe in den Städten geführt hätte. Wäre das im Osten verschwendete Kapital an Ar- beit und Geld im ethnisch polnischen Territorium geblieben, hätte sich ein starkes Bür- gertum entwickelt, das ein politisches Gegengewicht zum Adel hätte bilden können, so seine These. Außerdem argumentierte er, dass schwierigere Lebensbedingungen und ein härterer Kampf ums Dasein den polnischen nationalen Charakter geschärft hätten:

„[…] sie hätten Leidenschaft geweckt, Energie geschaffen, das Denken vertieft und die Ta- ten gesteigert. Angestiftet zu gefährlichen, aber entschiedenen inneren Kämpfen, hätten wir aus ihnen eine starke Regierung und eine klare Richtung für weiteres Streben und Arbeiten davongetragen.“269

Dass es so nicht gekommen sei, lastete er der Siedlungsbewegung und im Endeffekt der Union mit Litauen an. Gegen diese These von Bobrzyński wandte sich Studnicki entschieden.270 Für die gedeihliche Entwicklung von Handel und Gewerbe sei vielmehr äußere Sicherheit nötig. In Bezug auf die Kolonisation argumentierte Studnicki, erstens sei das Ausmaß der Auswanderung nicht so stark gewesen, dass von Entvölkerung die Rede sein könne, und zweitens habe die Flucht der Bauern vor den harten Lasten des Frondienstes dazu geführt, dass die adeligen Landbesitzer gezwungen gewesen sei- en, den Druck auf die Bauern zu reduzieren, um sie auf ihren Ländereien zu halten. Dies wiederum habe zu Bevölkerungswachstum geführt. Darüber hinaus habe die Bevölkerungszahl aufgrund von Seuchen und Kriegen bis ins 16. Jahrhundert immer stark geschwankt. Nach verschiedenen Berechnungen kam Studnicki zu dem Schluss, dass die Ostsiedlung die polnische Bevölkerung insgesamt sogar gestärkt habe. Sie sei in den Kolonisationsgebieten viel schneller gewachsen als in Kronpolen, weil die Landbevölkerung auf der schwarzen Erde Rutheniens fruchtbarer sei als diejenige der masowischen Ebenen. Studnicki betrachtete die Ostgebiete also als Quelle der wirtschaftlichen und zahlenmäßigen, auch machtpolitischen Stärkung der Nation.271 Er schrieb, dass es eigentlich sogar im Interesse des Staates gelegen hätte, noch weiter nach Osten auszugreifen, und wertete es als Fehler Polens, nicht dauerhaft bis ans Schwarze Meer vorgestoßen zu sein.272 Neben der wirtschaftlichen und zahlenmäßigen Stärkung durch Union und Ostsiedlung konstatierte Studnicki auch eine geistige Stärkung. Zwar stimmte er Bobrzyńskis These zu, dass die schlechte geistliche Versorgung der Polen in den Kolonisationsgebieten dazu geführt habe, dass diese über den orthodoxen

268 BOBRZYŃSKI, Bd. 2, S. 338 f. Schon Józef Szujski hatte die polnische Siedlung im Osten scharf kritisiert, siehe SZUJSKI, O młodości, S. 408 ff.; DERS., Historyi, S. 297. Zu Szujski siehe unten, S. 144, Anm. 565. 269 BOBRZYŃSKI, Bd. 2, S. 338. Siehe zu Bobrzyński Kapitel 3, Anm. 136. 270 STUDNICKI, Sprawa polska, S. 19 ff. 271 DERS., Socyalna demokracya (wie Anm. 176). 272 DERS., Sprawa polska, S. 21 f.; ebenso schon DERS., Socyalna demokracya (wie Anm. 176).

97 Ritus ruthenisiert und damit für die polnische Nation verlorengegangen seien. Dennoch hätten Litauen und Ruthenien Polen genau das gegeben, was Bobrzyński als „Schärfung des nationalen Charakters“ bezeichnete, zu der es laut Bobrzyński aufgrund der Auswanderung nicht gekommen sei. In Studnickis Augen dagegen seien die Polen gerade in den Ostgebieten mit geistiger und die Lebendigkeit steigernder Kraft bereichert worden, die sie „widerstandsfähiger machte im Kampf um das Dasein“273. Den Ursprung dieser besonderen Kraft sah er in der „Beimischung ruthenischen und litauischen Blutes“274. Gerade diese Polen aus den Ostgebieten „weckten Leidenschaft, schufen Energie, vertieften das Denken und steigerten die Taten“275, schrieb er in Ab wandlung des Zitats aus Borzyńskis Dzieje276. Und in einem Artikel in Naród a Państwo heißt es:

„Diesen Menschenschlag bringen bei uns nur die kresy hervor. Der polnische Stamm ist sehr begabt, aber seine Psyche erinnert an jenen masurischen Sand, auf dem sich nichts lange abzeichnen kann. Nur die Beimischung germanischen, weißrussischen, litauischen, sogar ukrainischen Blutes gibt uns Menschen, die aus Fels gehauen, aus Stahl gegossen sind.“277

Indem er so argumentierte, suggerierte er seiner zeitgenössischen Leserschaft, dass es auch gegenwärtig noch gedeihlich für den polnischen Staat sei, weit nach Osten auszu- greifen, weil die Polen dort geistige und charakterliche Kräfte gewinnen könnten, die anderswo nicht zu haben seien und deren Verlust die Nation verarmen ließe. Studnickis Auseinandersetzung mit Bobrzyńskis Thesen wird hier deswegen relativ großer Raum gegeben, weil sie exemplarisch und sehr anschaulich zeigt, wie Studnic- ki aus der Geschichte seine Argumente für das umfangreiche Kolonisationsprogramm schöpfte, welches er für den wiedererstandenen polnischen Staat anstrebte. Inspiriert dazu war er aber nicht nur von der polnischen Geschichte, sondern auch von Russland, mit dessen innerer und äußerer Entwicklung er sich zeitlebens beschäftigte. Schon während seiner Verbannung in Sibirien dachte er darüber nach, woher Russlands Stärke rühre, und kam zu dem Schluss, dass es seine Kraft sowohl aus seiner Größe als auch aus dem Kolonisationsprozess schöpfe, der zu natürlichem Wachstum führe und für Aufschwung in den Auswanderungs- ebenso wie in den Einwanderungsprovinzen sor- ge.278 Aus dieser Erkenntnis leitete er einerseits die Forderung ab, dass es für Russlands westliche Nachbarn bedeutend sei, das Zarenreich von seinen Kolonisationsgebieten im Osten abzuschneiden, um es zu schwächen. Andererseits übertrug er sie aber auch auf seine eigenen Kolonisationspläne, die er für die polnischen Ostgebiete ausarbeite- te und mit Nachdruck propagierte. Die gezielte Ansiedlung von Polen betrachtete er als das einzige Mittel, um in den Ostgebieten, die seiner Ansicht nach wirtschaftlich weit hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben, die Entwicklung von Landwirtschaft,

273 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 612; DERS., Od socyalizmu, S. 257. 274 DERS., Sprawa polska, S. 24. 275 Ebenda. 276 BOBRZYŃSKI, Bd. 2, S. 338. 277 STUDNICKI, Problemat polski (wie Anm. 202), S. 618. 278 DERS., Rosja.

98 Industrie und Handel zu stimulieren.279 Die Siedler sollten den Bodenertrag steigern, indem sie Arbeitskräfte und höherentwickeltes landwirtschaftliches und technisches Wissen ins Land bringen. Dieselbe Chance sah er auch für die Industrie und zog den Vergleich zum wirtschaftlichen Engagement von Deutschen im Königreich Polen, nach deren Vorbild auch Polen im Osten „Sauerteig“ sein sollten.280 Er war davon überzeugt, dass das Königreich zu dicht besiedelt, ja übervölkert sei, so dass er in jedem Fall mit dauerhafter Auswanderung rechnete. Die Emigration nach Übersee bezeichnete er als für die Nation verloren, die Übersiedlung in die Ostgebiete aber führe zur Stärkung der nationalen Kräfte.281 Bei staatlicher Einheit der Länder Litauen und Ruthenien mit dem Königreich und Galizien erwartete er, dass aufgrund der deutlich höheren Be- völkerungsdichte in Letzteren, wie schon in der Vergangenheit, eine natürliche Wan- derungsbewegung von Polen in die dünner besiedelten Gebiete einsetzen würde, die somit das natürliche Kolonisationsgebiet der Polen seien.282 Diese natürliche Migration sollte aber der polnische Staat nach dem Vorbild der preußischen Ansiedlungskom- mission zusätzlich unterstützen.283 Anders als Popławski, der durch Kolonisation neue polnische Siedlungsinseln schaffen beziehungsweise bestehende polnische Siedlungs- kerne verstärken wollte, blieb Studnicki seinem Bild vom Sauerteig treu und sprach sich gegen die geschlossene Ansiedlung von Polen im Osten aus, denn er argumen- tierte, dass die Versprengung der Kolonisten ihre Eingliederung und „die Auffrischung von Blut und Geist“284 der vorhandenen Bevölkerung erleichtere. In erster Linie sah er enteigneten russischen Großgrundbesitz zur Besiedlung vor285, ferner regte er die Trockenlegung von Sümpfen an286 und trat für zumindest teilweise Parzellierung pol- nischer Güter ein287. Darüber hinaus sollte ein regelrechtes Infrastrukturprogramm mit Kanal-, Eisenbahn- und Straßenbau für die strukturschwachen Ostgebiete einerseits Arbeitsplätze für Kolonisten schaffen, andererseits die wirtschaftliche Entwicklung der Länder stärken.288 Da er bei gleichbleibendem Bevölkerungswachstum im König- reich und in Galizien eine millionenfache Auswanderung irischen Ausmaßes erwartete, schätzte er die Ostgebiete als Absatzmarkt und Wachstumsmotor für die volkswirt- schaftliche Entwicklung als hochbedeutend ein. Das Projekt der Kolonisation spielte auch eine große Rolle in seinen Bemühungen während des Weltkriegs, das Deutsche Reich als Bündnispartner gegen Russland zu gewinnen und von der Proklamation eines unabhängigen polnischen Staates, der auch die Länder des ehemaligen Großfürstentums umfassen würde, zu überzeugen. Dabei

279 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 624 f.; DERS., Mowa. 280 DERS., Stosunki społeczne, S. 742 und 759. 281 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 624; DERS., Mowa. 282 DERS., Socyalna demokracya (wie Anm. 176), S. 134; DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 624; DERS., Umgestaltung, S. 13 f. 283 Ebenda, S. 17. Zur Ansiedlungskommission siehe oben, S. 67, Anm. 88. 284 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 625. 285 DERS., Ostmarkenfrage, S. 35. 286 DERS., Mowa; DERS., Bedingungen, S. 7. 287 DERS., Problemat agrarny (wie Anm. 258). 288 DERS., Mowa.

99 betonte er mit Entschiedenheit den polnischen Charakter der Länder und das Anrecht der Polen auf ihren Besitz. Geschickt zog er Vergleiche zu den deutschen Ostgebie- ten: Ebenso wie die Deutschen Ansprüche aus ihrer kulturellen Tätigkeit in Posen, Westpreußen und Schlesien ableiteten, müsse „man das historische Litauen als ein pol- nisches Erbe betrachten“289, und er setzte die Bedeutung Kurlands für Deutschland der von Litauen für Polen gleich: „Kurland ist ein Land deutscher Kultur, wie Litauen eines polnischer Kultur ist.“290 Strategisch argumentierte er, dass es für Deutschland umso besser sei, je größer der polnische Staat und je weiter er nach Osten gegen Russland vorgeschoben sei, denn so diene er dem Reich als „Schutzwall gegen Russland“.291 Er sicherte sogar zu, dass der künftige polnische Staat darauf verzichten würde, das preußische Teilungsgebiet zurückzufordern, denn er verfolgte die Strategie, die von der deutschen Armee Russland entrissenen polnischen Landesteile für den polnischen Staat zu erlangen. Um diese Strategie nicht zu gefährden – so seine Argumentation ge- genüber seinen Landsleuten –, dürften die Polen auf gar keinen Fall bei den Deutschen den Eindruck erwecken, sie wollten das preußische Teilungsgebiet zurück. Stattdessen stellte er dem umworbenen deutschen Partner in Aussicht, dass der polnische Staat die Polen aus Posen und Westpreußen in die Ostgebiete umsiedeln würde.292 In einer Denkschrift für deutsche Staatsmänner bezeichnete er deswegen 1917 den polnischen „Besitz seiner Ostmark“ als Vorbedingung eines deutsch-polnischen Bündnisses. Bei dieser „Ostmark“ handele es sich um die „Länder, welche östlich vom ethnografi schen Polen sich befi nden und bisher den Gegenstand des geschichtlichen Streits zwischen Polen und Russland gebildet haben“.293 Eine zusätzliche Funktion schrieb er der Kolonisation in Ostgalizien zu, denn dort strebte er zeitweise an, die Ukrainer durch Ansiedlung von Polen und durch Assimi- lierung zu einer Minderheit werden zu lassen. Diese Forderung stellte er auf dem Hö- hepunkt seiner Radikalisierung in der ukrainischen Frage, den seine Artikel im Votum Separatum 1908 bilden. Darin bezeichnete er die möglichst weitgehende Assimilierung der Ukrainer als einzige Lösung der ukrainischen Frage.294 Zu seinem Verständnis von Polonisierung äußerte er sich 1907 ausführlich: Die Liberalen fassten „Polonisierung, Russifi zierung, Germanisierung, Litauisierung“295 als etwas im Grundsatz Unethisches auf. Dabei handele es sich um:

„soziologische Prozesse, die nicht mit dem Maß der Individualethik gemessen werden können. Sie setzen sich aus einer ganzen Reihe individueller Prozesse zusammen, die dem moralischen Kriterium unterliegen müssen. Wenn für die Einpfl anzung (zaszczepienie) der eigenen Nationalität Gewalt angewendet wird, wenn man die kulturellen Institutionen der anderen Nation vernichtet, wenn man ihr geistiges Niveau senkt […], dann begeht man die

289 DERS., Ostmarkenfrage, S. 41 f. 290 Ebenda. 291 DERS., Umgestaltung, S. 17 f., im selben Sinne DERS., Nasza akcja, S. 12. 292 DERS., Ostmarkenfrage, S. 10. 293 Ebenda, S. 11. 294 DERS., Koncesje (wie Anm. 214), S. 8; DERS., Kwestja ruska (wie Anm. 214). 295 DERS., Problemat polski (wie Anm. 202), S. 621.

100 schwerste Sünde gegen den Geist, […] gegen eine derartige Verbreitung sogar der eigenen Nationalität muss man protestieren. Aber wer zu seiner Nationalität hinzieht, indem er ihre geistigen Schätze verbreitet und Fremde dafür eint, indem er eine gesellschaftliche oder gei- stige Kultur zur eigenen Gesellschaft hinzieht – der begeht keine sündigen Taten im Hinblick auf die Individualethik, sondern der erfüllt eine zivilisatorische Sendung, wie sie den Mit- gliedern einer historischen Nation obliegt. Eine Nation anziehen, assimilieren kann sie nicht auf dem Wege der Gewalt, sondern durch ihre heldenhafte Vergangenheit, durch große Ziele, die sie sich setzt. Unser Polonisierungsprozess steht unermesslich viel höher als der Prozess der Litauisierung, den die Litwomanen unternehmen, weil Ersterer eine reichere geis tige Sphäre für die weißrussischen und litauischen Massen eröffnet, Letzterer sich hingegen auf eine geistig ärmere Sphäre beschränkt, ohne Schätze in der Vergangenheit, ohne großartige Aussichten für die Zukunft.“296

Dieses Zitat zeigt anschaulich, welch unterschiedliche Rolle die Polonisierung bei Popławski und bei Studnicki spielte. Studnicki setzte die Polonisierung der Ukrainer mit Zivilisierung gleich und deutete sie als ethisch gute Tat, zu der die Polen als zi- vilisatorisch höher entwickelte Nation im Dienste allgemeiner Humanität geradezu verpfl ichtet seien. Dasselbe stellte er in Bezug auf Litauen und Ruthenien fest: „In diesen Ländern sind der Prozess der Polonisierung und der Prozess der Zivilisierung identisch.“297 Für Popławski dagegen war die Polonisierung in erster Linie die natio- nale Mobilisierung von Bevölkerungsteilen, die (bisher) kein Nationalbewusstsein aus- geprägt hätten. Sicher war dieser Prozess für ihn auch mit zivilisatorischer Höherent- wicklung verbunden, doch war sein Ziel die Stärkung und Verbreitung der polnischen Nation. Für ihn handelte die polnische Nation nicht im Dienste der Humanität oder des Fortschritts als Wert an sich, sondern in ihrem eigenen „nationalen Interesse“, wodurch er den Fortschrittsgedanken der Nationalisierung unterwarf. Verglichen mit Popławskis Äußerungen zur Siedlungspolitik waren Studnickis Ideen viel umfangreicher und grundsätzlicher. Popławski hielt die natürliche wie auch die organisierte Ansiedlung von Polen im großen Stil in den Ostgebieten zwar theore- tisch für wünschenswert, aber praktisch nicht für möglich.298 An die Möglichkeit, die Ukrainer durch polnische Kolonisation in Ostgalizien zur Minderheit werden zu lassen, glaubte er nicht. Bei ihm erscheint die Kolonisation also als ein – eher sekundäres – Mittel zur „Wahrung des polnischen Besitzstandes“, wohingegen sie für Studnicki das zentrale Instrument zur Sicherung nicht nur der Ostgebiete für Polen, sondern der pol- nischen Volkswirtschaft und staatlichen Unabhängigkeit überhaupt wurde.

4.2.2 Studnickis Ostkonzept – Zusammenfassung

Knapp zwei Monate vor dem Ende des Ersten Weltkriegs, am 22. September 1918, trat Studnicki vor einer Versammlung auf, die von einer Gruppe aus den Ostgebieten stam-

296 Ebenda, S. 621 f. 297 Ebenda, S. 621. 298 Siehe Kapitel 4.1.3.2.

101 mender Polen in Warschau organisiert wurde.299 In seiner Rede betonte er die Schlüs- selstellung, die er den Ostgebieten für das Gedeihen des unabhängigen polnischen Staates zuschrieb:

„In den Ländern Kongresspolens und Galiziens können wir nicht leben und uns nicht entwi- ckeln. Wir können unsere grundlegenden wirtschaftlichen Probleme nicht lösen. Wir können die Agrarfrage nicht lösen, wir können keine reichen Märkte für unsere Industrie haben, wir können keine starke Industrie schaffen. Unsere Industrie war an die russischen Märkte angepasst und das, was in den Statistiken oftmals als Ausfuhr nach Russland auftaucht, wur- de in diese unsere kresy wschodnie ausgeführt. […] Wir stehen jetzt am Scheideweg. Das Schicksal einer großen Nation erwartet uns, sofern wir ein ausreichend großes Territorium haben werden.“300

In Studnickis Konzept für den unabhängigen polnischen Staat waren die Länder des Großfürstentums sowie Podolien, Wolhynien und die Ukraine nicht nur unverzicht- barer Bestandteil Polens, sondern sie erhielten eine Schlüsselstellung für die Frage, welche Entwicklung der unabhängige Staat nehmen würde. In oben genannter Rede fasste Studnicki selbst die wirtschaftlichen Gründe zusammen, derentwegen er den Be- sitz der Ostgebiete als existenziell bezeichnete. Er vertrat die Ansicht, dass das ethno- grafi sch polnisch besiedelte Gebiet übervölkert sei und deswegen der dünn besiedelten Länder im Osten als Siedlungsgebiet bedürfe. Darüber hinaus betrachtete er den Besitz der Länder als notwendig, um die polnische Volkswirtschaft nicht nur funktionsfähig zu halten, sondern sie sich entwickeln und wachsen zu lassen. Seine Auffassungen zu den Ostgebieten sind außerdem immer vor dem Hintergrund seiner Überzeugung zu sehen, dass Polen sich in einem immerwährenden Kampf mit seinem Hauptfeind Russ- land befi nde. Deswegen forderte er die Ostgebiete auch aus strategisch-geopolitischen Gründen, da er die Ostgrenze an Düna, Beresina und Dnjepr für strategisch günstig und gut zu verteidigen hielt und er es als Grundsatz der polnischen Staatsraison verstand, Russland so weit wie möglich nach Osten zurückzudrängen. Sollte das nicht gelingen und Russland im Besitz der ehemaligen polnischen Ostgebiete bleiben, hielt Studnicki Polen für so geschwächt, dass eine erneute russische Okkupation nur eine Frage der Zeit wäre. Er glaubte nicht an ein überlebensfähiges unabhängiges Polen ohne die Ost- gebiete. Für ihn gab es nur die beiden Extreme eines starken, mächtigen, sich ausdeh- nenden Polens oder eines marginalisierten, im schlimmsten Falle vor seiner erneuten Annexion durch Russland stehenden Polens. Dem russisch-polnischen Kampf schrieb er aber eine noch weitergehende Bedeutung zu:

„Eigentlich sind nur zweierlei Arten Polen möglich, die sich als politische Organismen von internationaler Bedeutung bestimmen lassen: Ein Polen mit östlichen Grenzgebieten,

299 Weitere Redner waren Eustachy Sapieha, Alfons Parczewski, Marceli Nałęcz-Dobrowolski, Zygmunt Marczewski, Józef Sienkowski, Mirosław Obiezierski. 300 DERS., Mowa, S. 15 f.

102 oder ein solches mit westlichen. Das erste richtet sich gegen Russland, das zweite gegen Deutschland.“301

Für Studnicki kam nur das gegen Russland gerichtete Polen in Frage und er verstand diese Ausrichtung als „Erneuerung des Dranges nach Osten“302 als Polens natürlicher Stoßrichtung und somit als Erfüllung seiner historischen Aufgabe. Dabei schrieb er dem postulierten immerwährenden Kampf mit Russland einen die polnische Entwick- lung fördernden Kraftquell zu, der den Polen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe vor Augen stelle und sie in ihrer nationalen Entwicklung stärke. Studnicki machte so- mit Polens politischen Charakter von seiner territorialen Gestalt abhängig. Dass er an der künftigen Westgrenze praktisch kein Interesse zeigte, erscheint somit folgerichtig. Studnicki trat nicht für eine föderale Verbindung Polens mit den Ostgebieten, sondern für die unmittelbare Eingliederung der Gebiete in den polnischen Staat ein. Entschei- dend für diese Option war, dass er nicht an die Fähigkeit der Litauer und der Ukrainer glaubte, ein eigenes Staatswesen zu organisieren und aufrechtzuerhalten. Dazu sah er nur die Polen in der Lage, ein Aspekt, der das ohnehin aus der Geschichte resultierende Recht der Polen auf die Ostgebiete seiner Ansicht nach zusätzlich bestärkte. Für Studnicki war die Geschichte eine wichtige Berufungsinstanz. Er zog vielfach historische Ereignisse und Entwicklungen als Beispiele heran, aus denen er Analogien zur Gegenwart bildete und Handlungsempfehlungen ableitete. Aus der Geschichte der polnisch-russischen Beziehungen, die er als permanenten Kampf verstand, hatte er die Erkenntnis gewonnen, dass es sich bei diesem Kampf um eine überzeitliche Kon- stante handele, die auch in der Zukunft Polens Politik würde prägen müssen. Weiteres anschauliches Beispiel dafür, wie Studnicki Lehren aus der Geschichte zog, ist seine positive Bewertung der Kolonisation als ein die wirtschaftliche und geistige Entwick- lung Polens förderndes Instrument und seine diesbezügliche Auseinandersetzung mit Bobrzyński. Das Beispiel der Kolonisation weist aber auch auf seine zweite, wichtigere Berufungsinstanz, die Volkswirtschaft. Studnicki belegte den polnischen Charakter der Ostgebiete und die prägende Rolle der Polen in den Ostgebieten in besonderem Maße mit ihrer beherrschenden wirtschaftlichen Position. Auch in seinen Darlegungen zu der Frage, warum für den polnischen Staat der Besitz der Ostgebiete so zentral sei, warum er darauf angewiesen sei, dass sie zum Staatsterritorium gehören, argumentierte er ganz überwiegend volkswirtschaftlich: Er betonte ihre Funktion als Kolonisationsgebiet, um das Bevölkerungswachstum volkswirtschaftlich nutzbar zu machen, ihre Bedeutung als Absatzmarkt und als Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Polens durch ihren zu erwartenden wirtschaftlichen Aufholprozess, den er mit einem Infrastruktur- programm zu stimulieren forderte. Die Volkswirtschaft spielte für keinen der drei ande- ren Autoren eine auch nur annähernd so große Rolle wie für Studnicki, der die höhere Handelsschule besucht und Vorlesungen in politischer Ökonomie gehalten hatte. Wie schon für seine Haltung Russland gegenüber festgestellt, ist Studnickis Blick auf die Ostgebiete von persönlicher Betroffenheit zumindest mitgeprägt: Er begriff sich selbst explizit als Polen aus den kresy wschodnie und bezeichnete sich selbst als

301 DERS., Bedingungen, S. 8. 302 Ebenda, S. 15.

103 „kresowiec“303. Mit offensichtlichem Stolz berichtete er, dass er zur Angabe der geo- grafi schen Herkunft als „Litauer“ bezeichnet werde und sah sich damit in einer Reihe mit nationalen Größen wie Kościuszko, Mickiewicz und Traugutt.304 Selten verwende- te er in seinen Memoiren den Begriff der „kresy wschodnie“ ohne das Possessivpro- nomen „unsere“.305 Sprechendes Beispiel ist auch eine Formulierung über Bolesław Wysłouch, den Anführer der Volkspartei; Studnicki schrieb, dass es auf seine politi- schen Beziehungen zu Wysłouch positiven Einfl uss gehabt habe, dass dieser ebenfalls aus den ziemie pólnocno-wschodnie (nord-östliche Gebiete) stamme, so dass Studnicki eine „rassische Nähe“ (rasowa bliskość) beider trotz Unterschieden in der Persönlich- keit gespürt habe.306 Seine emotionale Bindung an die Ostgebiete und seine persönliche Betroffenheit durch deren zukünftige Stellung ist also deutlich erkennbar und dürfte zumindest ein Grund dafür gewesen sein, dass er den Ostgebieten in seiner Publizistik und in seinem Polenkonzept einen so herausragenden Stellenwert einräumte.

4.3 Eugeniusz Romer – ohne Ostgebiete kein natürliches Polen

Eugeniusz Mikołaj Romer, geboren 1871 in Lemberg, war einer der bedeutendsten pol- nischen Geografen und Kartografen seiner Zeit.307 Er studierte Geschichte, Geologi e, Geografi e und Meteorologie an der Jagiellonen-Universität in Krakau sowie in Halle/ Saale und in Lemberg, wo er 1894 promoviert und – nach Forschungsaufenthalten in Wien und Berlin – 1899 habilitiert wurde. Romer übte in einer Zeit, als die Geogra- fi e weltweit aufblühte, auf die Entwicklung ihres polnischen Zweigs einen immensen Einfl uss aus. Er etablierte Klimatologie und Geomorphologie, Hydrografi e und Re- gionalgeografi e als neue Teildisziplinen und revolutionierte zusammen mit Wacław Nałkowski und Ludomir Sawicki die Geografi e in Polen, die bisher unter den Wissen- schaften eine nur marginale Rolle gespielt hatte. Sie hatte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als universitäre Disziplin entwickelt, wobei als erster polnischer Geograf Wincenty Pol gelten kann, der – obwohl Autodidakt auf diesem Gebiet308 – 1849 erster Professor für Geografi e in Polen wurde und damit den weltweit zweiten Geografi elehrstuhl nach Karl Ritter in Berlin inne hatte. Dieser erste Lehrstuhl an der Jagiellonen-Universität in Krakau wurde aber schon 1853 von den österreichischen Behörden geschlossen, da seine Feldexpeditionen als politisch subversiv erachtet wur- den. Erster Lehrstuhlinhaber nach der Wiedereröffnung 1877 war Franciszek Czerny-

303 Z.B. DERS., Od socyalizmu, S. 7. 304 DERS., Ostmarkenfrage (wie Anm. 202), S. 27 f. 305 DERS., Z przeżyć, z.B. S. 59. 306 Ebenda, S. 41. Studnicki verwendete den Begriff der Rasse nicht im rassentheoretischen oder gar rassistischen Sinne, also weder ethnisch noch biologisch, sondern eher im Sinne verbindender psychischer Disposition, vgl. ebenda, S. 27, 28. 307 Jüngere Literatur zu Romer: MROCZKO; EBERHARDT, Twórcy, S. 63-80; OSTROWSKI; JĘDRZEJ- CZYK/WILK; ältere Literatur zu Romer siehe dort. Einen Katalog aller Atlanten, Karten und Globusse von Romer mit zahlreichen Reproduktionen bietet PRZYŁUSKA. 308 Pol hatte Philosophie und Rechtswissenschaften studiert, siehe HANIK/ROSNOWSKA.

104 Schwarzenberg (1847-1917), von Ausbildung Historiker309, bei ihm studierte Romer. Der zweite Inhaber eines Geografi elehrstuhls in Polen und Romers Vorgänger in Lem- berg war Antoni Rehman (1840-1917), der Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Botanik studiert hatte und bei dem Romer seine Dissertation schrieb und sich habili- tierte. Beide, Schwarzenberg-Czerny und Rehmann, bedienten sich einer im Vergleich mit den Entwicklungen in Westeuropa rückständigen310, beschreibenden Methode und arbeiteten nicht innovativ. Sie zogen keine Schüler an und können daher beide nicht als akademische Lehrer Romers gelten, dessen Meister im Ausland zu suchen sind: In Halle studierte er bei Alfred Kirchhoff 311, in Berlin waren Ferdinand von Richthofen, Wilhel m Bezold, Richard Assmann und Arthur Berson seine Lehrer. In Wien arbeitete er vor allem bei Albrecht Penck, dem späteren Schöpfer des Konzepts von Volks- und Kulturboden312. Ferner war er angeregt und beeinfl usst von Eduard Brückner sowie von den führenden Geografen Frankreichs und der Schweiz: Gaston de la Noë, Emmanuel de Margerie, Paul Vidal de la Blache313, Jean Brunhes, Maurice Lugeon. Außerdem war er begeisterter Anhänger der Thesen des US-Amerikaners William Morris Davis.314 Romer zeichnete sich schon sehr früh als selbständiger W issenschaftler aus und be- diente sich moderner Methoden wie etwa der Feldforschung. Während seiner vielen Studien- und Forschungsaufenthalte im Ausland sowie auf ungezählten internationa- len Kongressen knüpfte er zahlreiche Kontakte, so dass er international hervorragend vernetzt war. Seine Arbeiten wurden im Ausland viel beachtet, wovon Rezensionen, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den großen Geografen der Welt, mit Penck, Brückner und Davis, und nicht zuletzt die Nachrufe auf ihn zeugen.315 Als Romer 1910 die Professur in Lemberg übernahm, richtete die Universität unter seiner Führung eine geografi sche Abteilung ein, die nach einem Jahr in ein Geografi sches Institut umge- wandelt wurde. Auch gesellschaftlich und politisch war Romer aktiv, schon als Schüler engagierte er sich in einer geheimen patriotisch-romantischen Organisation Jugendlicher. Später hielt er zahlreiche öffentliche, populärwissenschaftliche Vorträge mit dem Ziel, das Nationalbewusstsein in der polnischen Bevölkerung zu stärken. In den Jahren 1905 bis 1907 gab er geheime Geografi evorlesungen in den Lehrerfortbildungskursen der Polska Macierz Szkolna (Polnische Schulunion) in Warschau.316 Seit 1908 war er Theo retiker und Mit-Organisator der Zeitschrift Zarzewie (Fackel), dem Organ der gleichnamigen patriotischen Jugendorganisation, für das er Artikel unter dem Pseudo-

309 KRAWCZYK. 310 Zur Entwicklung der Geografi e vor allem in Deutschland, aber auch in Frankreich gibt einen guten Überblick FLIEDNER. 311 Romer hat sich Zeit seines Lebens mit Hochachtung über Kirchhoff geäußert, vgl. ROMER, Pamiętniki, S. 54 f., 66 f., dort auch zu seinem Aufenthalt in Halle. Zu Kirchhoff siehe SCHACH; SCHULTZ, Vaterland. 312 PENCK. 313 Zu Vidal de la Blache siehe THOMALE, S. 41 ff. 314 MAZURKIEWICZ-HERZOWA, S. 70. 315 LORD; ROSE; ZABORSKI; C. 316 ROMER, Pamiętniki, S. 92.

105 nym M. Odmęt schrieb.317 In den Jahren 1911 bis 1913 war er Vorsitzender der Rada Naczelna Zarzewiackich Polskich Drużyn Strzeleckich (Oberster Rat der polnischen Schützengefolgschaften des Zarzewie).318 Vor allem der sich abzeichnende europäische Krieg trieb Romer zu gesellschaftlichem und politischem Engagement. In Lublin und Warschau hielt er geheime, in Galizien öffentliche Vorträge zur Chełmer Frage319. Zudem war Romer als amtlicher Revisor für geografi sche Lehrmittel in Galizien tätig und entsetzt über das Niveau der Schulbücher.320 Aus diesem Grund verfasste er 1904 das Lehrwerk Geografi a dla klasy pierwszej szkół śr ednich321 (Geografi e für die erste Klasse an Mittelschulen). Das Schulbuch befasste sich mit allgeme iner und polnischer Geografi e und war das Erste seiner Art, das eine polnische Sicht und nicht diejenige einer der Teilungsmächte wiedergab. Zudem verwendete es konsequent pol- nische Eigennamen. Von Preußen wurde es eilends verboten. Ergänzend zum Schul- buch veröffentlichte Romer 1908 einen überaus sorgfältig gezeichneten Atlas geografi - czny322 (Geografi scher Atlas), der großes Aufsehen und Begeisterung unter Geografen weltweit hervorrief.323 Romers Hauptmotiv für diesen Atlas war, ein Kartenwerk für die Schule zu schaffen, das nicht – wie die bisher im Unterricht in Galizien verwendeten Karten – eine deutsche Sicht wiedergab. Bis 1958 erschien der Atlas als Mały Atlas Geografi czny (Kleiner Geografi scher Atlas) in 16 Aufl agen und über 2 Mio. Exem- plaren und er gilt als das Fundament der modernen polnischen Kartografi e. Dieser Atlas verwendete als Erster weltweit konsequent die hypsometrische Karte, eine Neuerung in der Kartografi e, die um die Jahrhundertwende entwickelt wurde und der Romer zum Durchbruch verhalf.324 Vor ihm gab es nur ganz wenige dieser modernen Karten.325 Während des Krieges veröffentlichte Romer geografi sche Publikationen, die argu- mentatives Material für die Unabhängigkeit Polens bieten sollten und nicht nur auf Polnisch, sondern auch auf Deutsch und Französisch, zum Teil auch auf Englisch, er- schienen. Zunächst ist sein zweites kartografi sches Werk zu nennen: Der Geografi czno- statystyczny atlas Polski326 (Geografi sch-Statistischer Atlas Polens) gilt als Prototyp

317 GARLICKA, Zarzewie. 318 Ebenda. 319 Im Jahr 1912 trennte die russische Regierung als Reaktion auf die massenhafte Konversion von ehemaligen Unierten zur römisch-katholischen Kirche nach dem Toleranzedikt von 1905 ein „Gouvernement Chełm“ vom Königreich Polen ab. In der polnischen Öffentlichkeit löste dieses Vorgehen heftige Gegenreaktionen aus. Siehe KINDLER. 320 ROMER, Pamiętnik paryski, S. 7. 321 DERS., Geografi a. 322 DERS., Atlas geografi czny. 323 Zur Entstehungsgeschichte siehe MAZURKIEWICZ-HERZOWA, S. 110 ff.; NOWAK-FERDHUS/ SZYNKIEWICZ. 324 SZYNKIEWICZ. 325 Für Polen gab es nur MAJERSKI, Mapa ścienna; DERS., Mapa ziem. Romer bewertete Majerskis Arbeit sehr positiv, siehe seine Rezensionen in: Muzeum. Czasopismo to- warzystwa nauczycieli szkół wyższych 12 (1896), H. 4, S. 217-225, ebenda 13 (1897), H. 9-10, S. 681-685, ebenda 18 (1902), H. 6, S. 425-427. Zu Majerskis Bedeutung für die Kartografi e siehe KOBZDEJ. 326 ROMER, Geografi czno-statystyczny atlas. Dazu: GURBA/MOŚCIBRODA.

106 der polnischen Nationalatlanten. Romer hatte Lemberg nach Kriegsausbruch 1914 verlassen, da er für sein Engagement in der Chełmer Frage mit Verhaftung durch die zarischen Behörden rechnen musste. Er ging nach Wien, wo er, unterstützt von weite- ren polnischen Wissenschaftlern327, mit der Erarbeitung dieses großen Atlasses begann, der Polen umfassend darstellen und die Welt über die Verhältnisse in Polen unterrich- ten sollte. Die Mittelmächte versuchten, die Verbreitung des Atlasses, von dem Romer selbst sagte, er sei „geladen mit dem Dynamit polnischer Staatlichkeit“328, zu verhin- dern, jedoch gelang es, ein Exemplar zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag und weiter in die USA zu schmuggeln, wo photografi sche Abzüge angefertigt wurden und 1918 der ganze Atlas herausgegeben wurde. Der deutsche Generalstab forderte von Ös- terreich aufgrund des Atlasses die Inhaftierung Romers wegen Hochverrats und wollte ihn vor ein Kriegsgericht stellen, Österreich jedoch verweigerte seine Auslieferung.329 Der Geografi czno-statystyczny atlas Polski spielte auf der Pariser Friedenskonferenz eine große Rolle bei der Festlegung der Grenzen des polnischen Staates.330 Die Jahre 1916 bis 1918 verbrachte Romer wieder in Lemberg, wo er mehrere Ar- beiten mit dem Ziel publizierte, das Recht Polens auf einen unabhängigen Staat zu dokumentieren. In Polska. Ziemia i państwo331 (Polen. Land und Staat) wies er anhand von Geologie, Relief, Klima sowie Flora und Fauna die Zugehörigkeit Polens zu West- europa nach und erklärte zugleich historische Entwicklungen aus der Physiogeografi e Polens heraus. In Polska i Polacy332 (Polen und die Polen) stellte er die Frage, was denn das polnische Territorium sei und wie seine Lage in Europa einzuordnen s ei. Zusam- men mit Ignacy Weinfeld gab er 1917 den Rocznik Polski. Tablice statystyczne333 (Pol- nisches Jahrbuch. Statistische Tabellen) heraus, eine Arbeit, die auch auf Deutsch334 und Französisch335 erschien und später auf der Pariser Friedenskonferenz genutzt und geschätzt wurde336. 1918 organisierte Romer in vielen Städten Polens sowie in Wien Versammlungen, Diskussionen und Vorträge zur Frage der künftigen polnischen Grenzen und Polens Recht auf einen Zugang zum Meer. Im Dezember 1918 wurde er eingeladen, Mitglied der polnischen Delegation auf der Friedenskonferenz zu werden. Er entschied sich jedoch, stattdessen die geografi sche Abteilung des polnischen Kongreßbüros in Paris

327 Sie sind im Vorwort aufgelistet. 328 ROMER, Pamiętniki, S. 103. 329 MAZURKIEWICZ-HERZOWA, S. 171. 330 DERS., Pamiętnik paryski, S. 151, 160; JĘDRZEJCZYK/WILK, S. 115 ff.; EBERHARDT, Twórcy, S. 68 f.; HERB, S. 34 ff. 331 ROMER, Polska; auf Englisch: DERS.: Poland: The Land and the State, in: The Geographical Review 4 (1917), S. 6-25; zuvor schon mit einigen Abweichungen auf Französisch: J. Sa- ryusz [DERS.]: La Pologne: le Sol et l’État, in: Bibliothèque Universelle et Revue Suisse 80 (1915), H. 10, S. 132-157, und H. 11, S. 334-355. 332 DERS., Polska i Polacy. 333 DERS./WEINFELD, Rocznik Polski. 334 DIES., Statistisches Jahrbuch. 335 DIES., Annuaire. 336 ROMER, Pamiętnik paryski, S. 111.

107 zu übernehmen. Zusammen mit internationalen Experten organisierte er über 70 Ta- gungen zur Frage der polnischen Grenzen. Während der Konferenz erarbeitete Romer außerdem den 1921 in Lemberg herausgegebenen Polski atlas kongresowy (Polnischer Kongressatlas), in dem er die Ergebnisse der Arbeit des geografi schen Büros veröffent- lichte. Noch 1918 initiierte er die unter seiner Redaktion erscheinende Reihe Prace Geo- grafi czne (Geografi sche Arbeiten), deren erste Bände sich mit den ethnisch gemischt besiedelten Randgebieten Polens befassten: Die Nordost- und Südostgebiete, aber auch Schlesien, Pommern und Ostpreußen waren Gegenstand. Auch diese mit Tabellen, Kar- ten und fremdsprachigen Zusammenfassungen versehenen Werke wurden während der Friedenskonferenz konsultiert. Die Serie wurde bis 1939 herausgegeben. Während der polnisch-ukrainischen Kämpfe um Lemberg verfasste Romer zusammen mit Stanisław Zakrzewski und Stanisław Pawłowski die gemäßigte Arbeit W obronie Galicji Wschod- niej337 (Zur Verteidigung Ostgaliziens). Mit dem Institut Kartografi czny (Kartogra- fi sches Institut) begründete Romer 1921 die eigenständige polnische Kartografi e. Ab 1923 gab er die Vierteljahrsschrift Polski Przegląd Kartografi czny (Polnische Kar- tografi sche Rundschau) heraus, die bis 1934 erschien. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er den Lehrstuhl für Geografi e und die Leitung des Geografi schen Instituts der Jagiellonen-Universität und setzte seine beeindruckende wissenschaftliche Karriere fort. Er war Mitglied der Polnischen Akademie der Wissenschaften und vieler wissen- schaftlicher Gesellschaften in Polen und der ganzen Welt. Eugeniusz Romer starb 1954 in Krakau. Er war einer der bekanntesten Geografen und Kartografen weltweit und sein Name wurde im Ausland zum Synonym für die polnische Geografi e. Im Laufe seines langen und ertragreichen Forscherlebens veröffentlichte er eine nahezu unüberschau- bare Menge von Artikeln, Monografi en und Kartenwerken, von denen hier nur diejeni- gen Erwähnung fi nden, die bis zum Ende des Ersten Weltkriegs entstanden und seine Sicht auf die polnischen Ostgebiete wiedergeben.

4.3.1 Das unsichtbare Ethnos

Eugeniusz Romer hielt die Grenzen von vor den Teilungen für weitgehend natürlich.338 Sie entsprachen im Großen und Ganzen den von ihm geforderten Kriterien, nicht ent- lang Flüssen zu verlaufen und Naturräume voneinander abzugrenzen.339 Im Festhal- ten an diesen Grenzen unterschied sich Romer von Popławski und Studnicki, die für die Ostgrenze entlang der Flüsse Düna und Dnjepr eintraten. Wenn Romer über Polen schrieb und darüber, wie der polnische Staat beschaffen sein müsse, dann begründete er dies mit der physikalischen Geografi e, mit Relief und Flussverläufen, mit Klimato- logie, mit Pfl anzen- und Tiergeografi e. Seine Kernforderung war, dass der polnische Staat den ihm von der Natur zugedachten Raum einnehmen müsse. Nur wenn auf diese Weise der natürliche Zustand hergestellt, beziehungsweise die Gesetze der Natur er-

337 ROMER/ZAKRZEWSKI/PAWŁOWSKI. 338 ROMER, Polska, S. 27 f. 339 Darauf, dass die Grenze südlich von Gomel durchaus entlang des Dnjepr verlief, ging Romer nicht ein.

108 füllt würden, hätten Staat und Gesellschaft die optimalen Bedingungen für die wirt- schaftliche und geistige Entwicklung. Diese Auffassung von der Erfüllung natürlicher Vorgaben durch die Staaten war auch Kernbestandteil der deutschen Länderkunde, die dafür eintrat, die Staatsterritorien mit den „natürlichen Ländern“ zur Deckung zu bringen.340 Wie die deutschen Länderkundler war Romer entschiedener Vertreter eines geografi schen Determinismus, denn er verstand die Geografi e als dem menschlichen Willen und damit der Politik übergeordnet. 341 In den Arbeiten, die er bis zum Ende des Ersten Weltkriegs publizierte, wird seine Überzeugung deutlich, dass die Geschichte von Völkern und Staaten von der Geografi e vorgezeichnet sei.342 Auch auf ethnische und psychische Eigenschaften der Völker habe die Gestalt der Erde Einfl uss.343 Ge- gen die Vorgaben der Natur könnten Staaten nur vorübergehend und nur mit größter Kraftanstrengung handeln. Das käme allerdings einer Vergewaltigung der Natur gleich und müsse zwangsläufi g eines Tages scheitern.344 Da auch die Existenz des polnischen Staates in seiner Gestalt von vor den Teilungen im Einklang mit der Physiogeografi e gestanden habe345, sei seine Beseitigung ein im höchsten Grade unnatürlicher Zustand, der nicht für immer Bestand haben könne. Das Territorium des polnischen Staates im Einklang mit dem von der Natur vor- gegebenen Raum wiedererstehen zu lassen, war Romers entschiedenes Ziel, für das er in seinen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Werken ebenso wie in öffentlichen Vorträgen stritt. Während nun andere Vertreter der Diskussion um die Ost- gebiete, auch Popławski, sich in Bezug auf die Ostgebiete vor allem mit der Frage ihrer ethnisch gemischten Bevölkerung und der zahlenmäßig geringen Präsenz der Polen in dem Gebiet auseinandersetzten, streifte Romer diesen Aspekt höchstens. So spielte die Bevölkerungsstatistik in seinen Schriften eine untergeordnete Rolle. In Polska i Polacy ging er auf die Bevölkerung nur sehr am Rande ein, in anderen Publikationen wie Przy- rodzone podstawy Polski historycznej, Polska. Ziemia i panstwo, Ziemia. Geografi a fi zyczna ziem Polskich oder seinen drei Artikeln in der Encyklopedia Polska erwähnte er sie erst gar nicht. Als Manifestation sozialer Beziehungen sprach er in der Regel von Staatsorganisationen als unpersönlichen Größen, auch die „Nation“ führte in seinen Schriften vergleichsweise ein Schattendasein. Dort, wo er sich zum polnischen Terri- torium äußerte, erschien die nichtpolnische Bevölkerung des von ihm für Polen bean- spruchten Gebiets nicht nur als passiver Statist, sondern er erweckte durch das völlige Ignorieren ihrer politischen Bewegungen und Ansprüche den Eindruck, es gebe sie gar nicht. Die ethnische Herkunft der Bewohner der Ostgebiete, ihre Sprache, Konfession

340 So zum Beispiel HETTNER, Grundlagen, S. 569: „Ist das Deutschland, wie wir es wünschen, geographisch möglich, oder wie muß es aussehen, um geographisch möglich zu sein?“ Siehe zur Länderkunde SCHULTZ, Theorie, S. 18 ff. Zu Hettner siehe WARDENGA. 341 ROMER, Warunki, S. 35 und 40 f. Die in diesem Band versammelten Vorträge waren 1917 an der Jagiellonen-Universität gehalten worden und hatten sich großer Aufmerksamkeit erfreut, siehe MATERNICKI, Idee, S. 352 ff. 342 ROMER, Polska i Polacy, S. 8; DERS., Polska, S. 3 und 20. 343 Ebenda, S. 24. 344 DERS., Polska i Polacy, S. 16; DERS., Polska, S. 3. 345 DERS., Polska i Polacy, S. 19.

109 und ihre (national)politischen Forderungen spielten für ihn keine Rolle. Wenn er sich zum Beispiel zur Zugehörigkeit der Ukraine zu Polen äußerte, erwähnte er die ruthe- nische Bevölkerung mit keinem Wort, als handele es sich um unbesiedeltes Land.346 Wie es die postcolonial studies für imperiale Sichtweisen festgestellt haben347, scheint Romer das Land, von dem er schrieb, in gewisser Weise als menschenleer gedacht zu haben. Die Staatsgrenzen wollte er allein anhand physiogeografi scher Faktoren gezo- gen sehen.348 Diejenige Publikation Romers, in der die Bevölke rung die größte Rolle spielte, war der schmale Band Ilu nas jest?349 (deutscher Titel Die Gesamtzahl der Polen), mit dem er einen Vortrag publizierte, den er im Januar 1917 zweimal in Le mberg gehalten hatte. In dem Vortrag setzte er sich mit Fälschungen der offi ziellen Bevölkerungsstatistiken der Teilun gsmächte auseinander und versuchte, zu einer realistischeren Einschätzung zu kommen, wie viele Polen es gebe. In Bezug auf die Fälschung der russischen Stati- stiken zuungunsten der Polen legte er dar, warum die Nachweise zum Landbesitz und die Semstwo350-Wählerlisten aussagekräftiger seien351, und kam damit zu polnischen Bevölkerungszahlen, die ihn an eine starke und zukunftsfähige Position der Polen in den russischen Westgouvernements glauben ließen. Die nichtpolnische Bevölkerung erschien ausschließlich im Hintergrund wie eine Kulisse, deren Zusammensetzung nicht interessierte und die nur als Objekt zu betrachten sei. Dass der Band überhaupt in dieser Ausführlichkeit der Bevölkerungsstatistik gewidmet war, obwohl sie bei Romer keinen großen Stellenwert genoß, erklärt sich vielleicht aus seinem Ursprung als po- pulärwissenschaftlicher Vortrag, da die Lemberger Bevölkerung an diesen Fragen sehr interessiert war.352 Dass ethnografi sche Daten für Romer nachrangig waren, zeigt auch seine Wojenno- Polityczna Mapa Polski353 (Kriegspolitische Karte Polens, siehe Anhang Abb. 1). Sie erschien zusammen mit einem achtseitigen Begleitheftchen anlässlich des Manifests vom 5. Novemb er 1916354 und hatte nach eigener Aussage zum Ziel,

346 DERS., Geografi czne położenie, S. 2. 347 Zur Einführung siehe GANDHI; CONRAD/RANDERIA. 348 Dafür trat auch Ratzel ein, siehe RATZEL, Politische Geographie, S. 31 f. 349 ROMER, Ilu. Siehe auch Anm. 209. 350 „Semstwo“ (Landschaft) war die Bezeichnung für lokale Selbstverwaltungseinheiten, die 1864 im Zarenreich, aber erst 1911 in den russischen Westgouvernements eingeführt wurden. Siehe BAZYLOW, S. 391 ff. 351 ROMER, Ilu, S. 19 ff. Dieselbe Argumentation verfolgte er auch in DERS., Polska i Polacy, S. 23 ff.; DERS.: Geografi czno-statystyczny atlas, „Polacy na Litwie i Rusi“ (ohne Seitenan- gabe). Auch die Daten für die DERS., Wojenno-Polityczna Mapa, berechnete er entsprechend. 352 Er wurde beinahe sofort auch in der Zeitschrift Polen. Wochenschrift für polnische Interessen (Nr. 127-129, S. 196-200, 229-231, 267-272) sowie als Einzelband (ROMER, Gesamtzahl) in Wien veröffentlicht. Die Wochenschrift war das Wiener Organ des Naczelny Komitet Narodowy (Oberstes Nationalkomitee). 353 DERS., Wojenno-Polityczna Mapa. 354 Siehe S. 33, Anm. 37.

110 „Informationen zum polnischen ethnischen Besitzstand (polski etnografi czny stan posiada- nia) und zu polnischen Interessensphären zu verbreiten sowie ein Bild der politischen und militärischen Verwaltung und zumindest in groben Zügen des Kriegsverlaufs in den pol- nischen Ländern zu vermitteln“355.

Das Begleitheft defi niert den Begriff „ethnisch polnisches Gebiet“ sowie eine erste und eine zweite „Sphäre polnischer Interessen“. Die Karte selbst enthält zahlreiche Infor- mationen und ist nicht leicht zu entschlüsseln. Dennoch richtete sie sich nicht so sehr an die geografi sche Fachöffentlichkeit, als vielmehr an die breite Öffentlichkeit. Sie zeigt Polen in den Grenzen von 1772, markiert mit dicker, dunkelblauer Linie. Des Weiteren sind die Staatsgrenzen vor Kriegsausbruch sowie das von 1809 bis 1815 bestehende Herzogtum Warschau und das 1815 bis 1831 bestehende Königreich Polen, ferner die österreichischen Provinzen, die preußischen Regierungsbezirke, die russischen Gou- vernements sowie lokale Kreise eingezeichnet. Hinzu kommen fünf verschiedenar- tige Linien, die die unterschiedlichen Frontverläufe während der ersten Kriegsjahre kennzeichnen, sowie sieben verschiedenfarbige fl ächige Markierungen mit und ohne Schraffuren. Letztere bezeichnen das „ethnisch polnische Gebiet“, die erste und die zweite „Sphäre polnischer Interessen“ sowie Galizien und österreichische wie deutsche Besatzungszonen im ehemaligen Kongresspolen, letztere noch nach der Wahlordnung differenziert. Das „ethnisch polnische Gebiet“ und die erste und die zweite „Sphä- re polnischer Interessen“ sind jeweils blau in verschiedener Schraffur bezeichnet und umfassen insgesamt sehr große Teile des Staatsgebiets von 1772, außerdem Oberschle- sien, Masuren, einen Teil der Zips und von Arwa (Orawa). Nur Teile von Kurland, Teile des Landes östlich von Düna und Sosch, Teile der Pripjetsümpfe und der östliche Zipfel des Landes um Tscherkassy (Gouvernement Kiew) sind nicht markiert. Gemäß der Erklärung im Begleitheft werden zum „ethnisch polnischen Gebiet“ die Kreise ge- zählt, in denen auf 100 Einwohner mehr als 50 Polen entfallen.356 Zur „ersten Sphäre polnischer Interessen“ gehören Kreise, deren Bevölkerung zu über 20 Prozent polnisch ist und die im preußischen Teilungsgebiet eine starke genossenschaftliche Entwicklung zeigen oder im österreichischen Teilungsgebiet ein fünfmal höheres Steueraufkommen haben als die Ruthenen. In den russischen Westgouvernements würden die Kreise zu dieser Sphäre gezählt, in denen Polen und katholische Weißrussen mehr als 50 Prozent Wähler in die Semstwa357 hätten.358 Zur zweiten Interessensphäre zählte Romer im ös- terreichischen und polnischen Teilungsgebiet

„einige Regionen (dzielnicy) aus territorialen und wirtschaftlichen Gründen, die außerdem eine beträchtliche polnische Minderheit aufweisen, aus denselben Gründen wird ein Teil der Zips und von Arwa hinzugefügt. Vier Kreise des Gouvernements Suwalken werden nur aus territorialen Gründen hinzugefügt. Von Litauen und Ruthenien werden der zweiten Sphäre

355 DERS., Wojenno-Polityczna Mapa, S. 1. 356 Ebenda, S. 2. 357 Siehe S. 110, Anm. 350. 358 DERS., Wojenno-Polityczna Mapa, S. 5.

111 die Kreise zugewiesen, in denen die Zahl polnischer und katholisch-weißrussischer Wähler zu den Semstwa mindestens 33 Prozent beträgt.“359

Wenn die „Kriegspolitische Karte“ auch mittelbar ethnische Daten darstellt, so han- delt es sich dennoch nicht um eine ethnografi sche Karte. Aussageziel war nicht die ethnografi sche Zusammensetzung der Bevölkerung des dargestellten Gebietes, denn die nicht-polnische, also deutsche, litauische, weißrussische, ukrainische oder jüdische Bevölkerung taucht weder im Text noch in der Karte auf. Romer bildete vielmehr pol- nische territoriale Ansprüche ab. In seinen Erinnerungen schrieb er, mit der Karte habe er darlegen wollen, dass die Mittelmächte Polen nicht wieder aufrichten, sondern es erneut teilen wollten.360 Mit „Polen“ identifi zierte er somit fast das gesamte Staatsge- biet von 1772, ging im Süden und Westen sogar darüber hinaus. Ebenso wie in seinen übrigen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen geografi schen Veröffentli- chungen forderte er mit dieser Karte das „geografi sche Polen“, das im Osten bis an die östlichen Wasserscheiden von Düna und Dnjepr reiche.361 Im Begleittext wird eben- falls deutlich, dass Romer nicht ethnografi sch argumentierte, wenn er schrieb, dass bestimmte Gebiete „aus territorialen und wirtschaftlichen Gründen“362 zur polnischen Interessensphäre gehörten, und er selbst in der „ersten polnischen Interessensphäre“ ethnografi sche mit wirtschaftlichen Daten vermischte, um die Bedeutung des bean- spruchten Gebiets für Polen zu belegen. Dass er dennoch zwischen „ethnisch polni- schem Gebiet“ sowie erster und zweiter „Sphäre polnischer Interessen“ unterschied, dürfte erneut in der großen Präsenz ethnischer Argumente in der polnischen Diskussion um das nationale Territorium begründet liegen. Nur an einer Stelle treten bei Romer Angehörige nicht ethnisch-polnischer Bevöl- kerung als Akteure auf, nämlich die Ruthenen in dem Artikel Die Nationalitäten in Chełm und Podlachien von 1918, in dem er darauf hinwies, dass beide Länder von Polen und Ruthenen gemischt besiedelt seien, aber dank der Toleranz des polnischen Staates das jahrhundertelange friedliche Zusammenleben die Bevölkerung „dermaßen kulturell amalgamiert [hat], daß ihre Zugehörigkeit zum polnischen Volksorganismus seit altersher über allen Zweifeln stand“363. Denn diese Amalgamierung sei wegen der Attraktivität der polnischen Kultur praktisch eine Polonisierung gewesen. In Bezug auf diesen Artikel ist aber zu beachten, dass er sich an die Leserschaft der Mittelmächte richtete, und zwar vor dem Hintergrund der Abtrennung von Chełm und Podlachien von Kongresspolen und deren Anschluss an den ukrainischen Staat im Vertrag von Brest-Litowsk, gegen die er sich wandte. So forderte er, die Entscheidung über die staatliche Zugehörigkeit des Gebiets müsse einzig den „ethnischen Verhältnissen, oder, wie in dem gegebenen Fall, dem Stande des nationalen Willens überlassen

359 Ebenda, S. 7. 360 DERS., Pamiętnik paryski, S. 25. 361 Zu Romers Verständnis vom „geografi schen Polen“ siehe Kapitel 4.3.2. 362 DERS., Wojenno-Polityczna Mapa, S. 7. 363 Eugeniusz von Romer [DERS.]: Die Nationalitäten in Chełm und Podlachien, in: Polen. Wochenschrift für polnische Interessen 169 (1918), S. 359-365, hier S. 359.

112 werden“364. Selbstverständlich war er sich sicher, dass die Entscheidung zugunsten Po- lens ausfi ele. In seinem Geografi czno-statystyczny atlas Polski sind unter dem Gesichtspunkt des Ethnos die beiden Karten relevant, auf denen er den Anteil der Polen an der Gesamtbe- völkerung sowie die Sprachverteilung zeigte (siehe Anlage, Abb. 2). Ersteren stellte er so dar, dass er das Land in sechs verschiedenfarbige Bereiche einteilte: über 75 Prozent, 50-75 Prozent, 25-50 Prozent, 5-25 Prozent, ein bis fünf Prozent und unter ein Prozent polnische Bevölkerung. Während er über 25 Prozent polnische Bevölkerung damit sehr grob rasterte, teilte er den Bereich unter 25 Prozent in drei weitere Stufen auf, um die Unterschiede in diesem Gebiet hervorzuheben. Dies ist nun die einzige Karte zur Dar- stellung ethnischer Gegebenheiten im Territorium von 1772. Karten, die die Verteilung der Ruthenen oder Litauer anzeigten, gibt es nicht.365 Auf diese Weise erweckt die Kar- te den Eindruck, das ganze Gebiet sei von Polen besiedelt, zwar in unterschiedlichem Maße, aber fl ächendeckend. Sie suggeriert einen geschlossenen polnischen Raum. Dass ein Bevölkerungsanteil von unter fünf Prozent Polen im Umkehrschluss mindes- tens 95 Prozent nicht-polnische Bevölkerung bedeutet, wird zwar nicht geleugnet, der Betrachter muss diese Information aber aktiv schlussfolgern. Auch die Farbgebung für die verschiedenen Flächen suggeriert geschlossene polnische Besiedlung. Zwar sind Gebiete mit hohem polnischen Bevölkerungsanteil von über 75 Prozent dunkelrot, die drei folgenden Stufen, 50-70, 25-50 und fünf bis 25 Prozent, dann in abnehmender Farbintensität orange, dunkelgelb und beige gezeichnet, doch wählte er für die beiden Bereiche mit noch geringerem polnischen Bevölkerungsanteil nicht weitere Aufhellun- gen derselben Farbe, sondern fuhr mit Hellblau und Dunkelblau fort, so dass Gebiete mit einer polnischen Bevölkerung von weniger als einem Prozent dunkelblau und da- mit in einer kräftigen, eine dichte Bevölkerung suggerierenden Farbe markiert sind. Folgerichtig wäre es stattdessen gewesen, die rote Grundfarbe immer heller werden zu lassen. So unterstützte Romer mit seiner Karte zumindest indirekt die einseitige Wahrnehmung der Bevölkerung des Landes, nämlich nur, insofern sie polnisch sei.366 Hinzu kommt, dass er durch die Flächenmethode der Kartenzeichnung außerdem das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit nicht auf die Bevölkerung bezog, sondern auf die Fläche, also auf das Land. Damit markierte er das Land als polnisch. Nachdrücklich wies er außerdem darauf hin, dass die gesellschaftliche und wirtschaftliche Rolle der Polen viel größer sei, als die Bevölkerungszahlen dies ausdrücken könnten. Eine sehr viel kleinere Nebenkarte zeigt die Sprachverteilung, wobei zu bemerken ist, dass nur die Kerngebiete der Sprachen, aber keine Überlappungen oder Sprachinseln dargestellt sind. Im Erklärungstext heißt es dazu, „daß die Minoritäten und lokale Majoritäten nicht berücksichtigt werden, sofern sie der Kolonisation ihre Entstehung verdankten“. Sofort aber wird hinzugefügt: „Es handelt sich hier um den streng linguistischen Cha-

364 Ebenda, S. 361, Hervorhebung im Original. 365 Eine Ausnahme sind die Juden, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung in einem anderen Kontext dargestellt wird, vgl. ROMER, Geografi czno-statystyczny atlas, Tafel IX (ohne Seiten angabe). 366 Zur Verzerrung von Datengrundlagen durch Karten siehe zur Einführung JORDAN.

113 rakter der Gebiete, nicht aber um den historischen oder nationalen.“367 Text und Karte zur Sprachverteilung stammen nicht von Romer selbst, sondern von dem Sprachwis- senschaftler Kazimierz Nitsch (1874-1958). Dennoch ist es legitim, Text und Karte hier heranzuziehen, da Romer wohl keine Darstellungsweisen oder Formulierungen in seinem Atlas geduldet hätte, die nicht seine Billigung fanden. Umfang und Bedeutung des Atlasses im Blick und eingedenk der Tatsache, dass Romer den Atlas gezielt zur Unterstützung der polnischen Position im Rahmen internationaler Verhandlungen zur Wiedererrichtung des polnischen Staates erarbeitet hatte368, wird verständlich, warum er diesen Informationen, die für die Polen ungünstig waren, so wenig Platz im At- las einräumte. Dazu passt, dass Romer statt der Bevölkerungszahlen die Wähler- und Vertreterlisten der Semstwo-Versammlungen stärker betonte, die „die Bedeutung aller polnischen Stände in Litauen und Ruthenien in das richtige Licht gebracht“369 hätten. Aus diesen Listen schloss er, dass mindestens 38 Prozent des Landes in polnischem Besitz seien.

„Der Schluss dieser Betrachtung ist folgender: wenigstens 180 000 km2 Oberfl äche von Litauen und Ruthenien befi nden sich im polnischen Privatbesitz, sicherlich mehr als die Oberfl äche des polnischen Eigentums im Königreich Polen, im ehemaligen Teil Polens von Österreich und Preußen zusammengenommen!“370

Indem Romer derartig imposante Zahlen herausstrich, die für die Polen ungünstige Be- völkerungsstatistik in Litauen und Ruthenien aber so beiläufi g wie möglich behandelte, überzeugte er seine Leser weniger argumentativ, als vielmehr sehr subtil von der selbst- verständlichen Zugehörigkeit der Länder zu Polen. Für ihn selbst war die Kategorie Ethnos nicht relevant in der Frage der Zugehörigkeit der Ostgebiete zu Polen, denn für ihn galt allein die Einheitlichkeit des Gesamtraumes Polen. Angesichts der großen Be- deutung, die der ethnischen Zugehörigkeit in der öffentlichen Diskussion eingeräumt wurde, hielt er es aber wohl für nötig, auch selbst darauf einzugehen. Romer ging es nicht um Abgrenzung der ethnischen Polen gegenüber Ruthenen oder Litauern, sondern um die Abgrenzung des Gesamtraumes Polen nach außen. Die Ruthenen und Litauer betrachtete er nicht als Gegner oder gar als Feinde, sie gehörten zu dem Gesamtraum, gehörten nach „innen“, erschienen dabei aber als passiv und als dem Land zugehörig, beinahe als Teil der Natur.

4.3.2 Polen als abgrenzbare, zusammenhängende Einheit

Auf die Frage, welche Bilder des Ostens Romer vermittelte, muss zunächst der Blick etwas geweitet und Romers Vorstellung von ganz Polen als einer geografi schen Einheit, als deren Teil er die Ostgebiete sah, betrachtet werden. Denn die Bedeutung der Ost- gebiete resultierte für Romer vor allem daraus, dass Polen ohne sie nicht vollständig,

367 ROMER, Geografi czno-statystyczny atlas, Tafel IX „Języki“ (ohne Seitenangabe). 368 Ebenda, Przedmowa (ohne Seitenangabe). 369 Ebenda, „Polacy na Litwie i Rusi“ (ohne Seitenangabe). Im selben Sinne DERS., Ilu, S. 21 f. 370 DERS., Geografi czno-statystyczny atlas, „Polacy na Litwie i Rusi“ (ohne Seitenangabe).

114 gleichsam amputiert sei und dass ein Polen ohne die Ostgebiete nicht den Vorgaben der Natur entspräche, deren Erfüllung allein dem Staat die beste wirtschaftliche und geistige Entwicklung sichern könne. Den Kern von Romers Auffassungen zum polnischen Territorium bildete seine These von der geografi schen Einheit Polens, die er stets in deutlicher Abgrenzung von der Vorstellung von Polens „Übergangscharakter“ positionierte. Besonders deutlich wird dies in seiner 1912 erschienenen Arbeit Przyrodzone podstawy Polski historycznej371 (Die natürlichen Grundlagen des historischen Polens), die er nahezu ausschließlich dem Zweck widmete, „die Frage des Übergangscharakters Polens ein für alle Mal aus der Literatur und den Gedanken der polnischen Gesellschaft zu tilgen“372. Er setzte sich darin ausführlich mit der am prominentesten von Wacław Nałkowski (1851-1911) vertretenen These auseinander, Polen weise von Natur aus einen „Übergangscharak- ter“ auf, da hier west- und osteuropäische Eigenschaften ineinander übergingen, und sei somit physiogeografi sch nicht defi niert.373 Der „Übergangscharakter“ sei zudem eine Hauptursache für die Teilungen gewesen.374 Diese Ansicht, mit der laut Romer schließlich auch die „Nichtexistenz des politischen und die Nicht-Defi niertheit des his- torisch-politischen Begriffes von Polen einhergehe“375, bekämpfte Romer scharf. Sein Hauptvorwurf gegen das Übergangskonzept bestand nicht in erster Linie im falschen Verständnis der Physiogeografi e, sondern in den daraus folgenden politischen und ge- sellschaftlichen Konsequenzen. Romer setzte dem Übergangskonzept seine Auffassung von Polen als geografi scher, zusammenhängender, nicht teilbarer, weil „natürlicher“ Einheit entgegen. In dieser Einheit sah Romer die Grundlage für Polens Machtentfal- tung und er zeigte sich davon überzeugt, dass aus ihr die politische Unabhängigkeit und die mehrere Jahrhunderte währende Existenz des Staates in den Grenzen von vor den Teilungen resultiere. Seiner Meinung nach lag in der geografi schen Einheit auch der Grund dafür, dass Polen trotz politischer Zerschlagung nicht zu existieren aufgehört habe. Die These von der geografi schen Einheit Polens stützte er auf drei Hauptargumente: auf die aus Relief und Flussnetz resultierende zusammenhängende Einheit, auf den Brückencharakter Polens und auf das „eigene polnische Klima“. Die geografi sche Einheit eines Territoriums verstand er weniger als von deutlichen „natürlichen Gren- zen“ defi niert, deren Bedeutung Popławski und Studnicki so betonten, als vielmehr dadurch, dass die einzelnen Landesteile auf natürliche Weise miteinander verbunden

371 DERS., Przyrodzone podstawy. 372 Ebenda, S. 27. 373 NAŁKOWSKI, Polska; DERS., Polska, jako kraina; DERS., Terytorium, S. 22; DERS., Materja- ły. Romer formulierte seine Gegenposition erstmals in ROMER, Ziemia, am breitesten je- doch in: DERS., Przyrodzone podstawy, S. 4 f. Auch in Deutschland wurde die These vom „Übergangscharakter“ Polens zwischen Ost und West vertreten, zum Beispiel von HETTNER, Grundzüge, Bd. 1, S. 232, und HANSLIK. Romer setzte sich auch mit diesen beiden Vertretern auseinander, vgl. EUGENIUSZ ROMER: Czy Polska jest krainą przejściową? Odpowiedż na wywody Hanslika [Ist Polen ein Übergangsland? Eine Antwort auf die Ausführungen von Hanslik], in: Ziemia 16 (1910), S. 241-243, und DERS., Polska, S. 32 f. 374 NAŁKOWSKI, Polska, jako kraina, S. 643. 375 ROMER, Przyrodzone podstawy, S. 4 f.

115 seien. In dieser Auffassung zeigte er sich beeinfl usst von Friedrich Ratzel, der ebenfalls gegenüber den „natürlichen Grenzen“ die innere Zusammengehörigkeit eines Landes für wichtiger erachtete.376 Generell weist Romers Vorstellung von der geografi schen Einheit Polens Züge eines Ratzel’schen „Naturgebiets“ auf.377 Weiterhin hielt Romer die Einheit durch eine klar ausgeprägte und günstige geografi sche Lage für befördert. Beides, so wohl die günstige Lage als auch die innere Verbundenheit, sah Romer für das geografi sche Polen als vollkommen erfüllt an, da die polnischen Länder, privilegiert zwischen zwei Meeren gelegen, durch die natürlichen Verkehrswege der Flusstäler mit- einander verbunden seien. Zwar operierte auch Romer mit dem in seiner Zeit sehr populären Begriff der „na- türlichen Grenzen“, allerdings verwendete er ihn nur sehr eingeschränkt und kritisierte besonders seine Anwendung auf Flüsse, die

„als durch die Natur gewiesene, am leichtesten zu nutzende Wege […] eigentlich nicht als natürliche Grenzen angesehen werden [sollten], denn natürlich siedelt sich jede Nation ent- lang eines Flusses an; andererseits stellen Flüsse in Querrichtung [gesehen] einen Damm dar. Diese beiden Eigenschaften der polnischen Flüsse führten dazu, dass Polen in seiner Blütezeit die Grenzen Düna, Dnjepr und Oder überschritt und sich in Zeiten der Schwäche hinter die Flüsse als Verteidigungslinie zurückzog.“378

Als „natürliche Grenzen“ betrachtete Romer nur größere Verkehrshindernisse, neben Meeresküsten und Wüsten auch Gebirgskämme, die Siedlungsgrenzen sind379 – Flüsse hingegen nie. In seinem Schulbuch lehrte er die Schüler, dass man „Staatsgrenzen, die nicht entlang Meeresküsten oder Gebirgskämmen verlaufen, politische oder künstliche Grenze nennt“380. Romer hielt es deswegen für natürlich und optimal für einen Staat, wenn Grenzen entlang Wasserscheiden verliefen und nicht entlang Flüssen.381 In Pols- ka. Ziemia i Państwo sch rieb er:

„Eine Grenze ist eine Momentaufnahme des historischen Lebens. Aber wenn eine Grenze Ergebnis des Lebens ist, dann verläuft sie wohl nur vorübergehend oder als Anzeichen des

376 RATZEL, Politische Geographie, S. 487 f. Romer äußerte sich mehrfach hochachtungsvoll über Ratzel, z.B. in ROMER, Warunki, S. 30 und 42 f. Die Spuren von Ratzels Theorien in den Schriften von Romer zu verfolgen, dürfte ein sehr aufschlussreiches Unterfangen sein, das hier freilich nicht erschöpfend geleistet werden kann, Interessierten aber dringend ans Herz gelegt sei! 377 Ratzel beschrieb es so: „Die natürlichen Eigenschaften [eines Staatsgebiets, A.S.] ver- binden sich mit denen des Volkes und Staates zu der Summe der allgemeinen Merkmale des Staates. […] Aber mit und durch sein Volk wird das Land individualisiert, und so entsteht der politisch-geographische Organismus des Staates, der sich sein Na- turgebiet schafft.“ Hervorhebung im Original, RATZEL, Politische Geographie, S. 155 ff. 378 DERS., Ziemia, S. 6 f. 379 DERS., Geografi a z atlasem, S. 76; DERS., Rola rzek, S. 1 f. 380 DERS., Geografi a z atlasem, S. 76. 381 DERS., Polska i Polacy, S. 19 f.

116 Zerfalls entlang der Täler wichtiger Flüsse. Denn das Haupttal ist zugleich die Hauptarterie des nationalen Lebens.“382

Aufgrund ihrer Eigenschaft als Verkehrs- und Handelsweg schade es darüber hinaus der Wirtschaft eines Staates, wenn Flüsse als Grenzen dienten.383 Hinzu kam der mili- tärisch-strategische Aspekt: Grenzfl üsse, die mit dem inneren Flusssystem des Landes verbunden sind, wie es bei Polen der Fall sei, eröffneten den aggressiven Nachbarn Wege, den Staat empfi ndlich anzugreifen.384 Im deutschen Kontext hatte August Leo- pold Bucher, ein Danziger Gymnasiallehrer, schon 1812 Wasserscheiden für „natürli- che Grenzen“ gehalten.385 Später betrachteten teilweise auch Vertreter der deutschen Nationalbewegung Wasserscheiden als „natürliche Grenzen“ zur Abwehr der franzö- sischen Forderung nach der Rheingrenze.386 Wenn Jakobiner ein „natürliches“ Frank- reich zeichneten, dessen ideale Ostgrenze der Rhein sei, wurden auf deutscher Seite einerseits das grundsätzlich andere Sprachkonzept entgegengestellt, andererseits aber auch die Wasserscheiden zu den wahren „natürlichen Grenzen“ erklärt. So argumen- tierte etwa „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn, der eine Wasserscheide für „die un- verrückbarste Grenze zu Lande“387 hielt, „hier hat die Natur jedem Volke sein Ziel gesteckt, damit es nicht in die Welt hineinirre“388. Im selben Sinne äußerte sich später auch Friedrich Ratzel.389 Die Betonung des verbindenden Charakters von Flüssen und ihrer Eigenschaft als Verkehrswege zieht sich wie ein roter Faden durch Romers Werk. Schon in seiner frü- hen Arbeit Rola rzek w historyi i geografi i narodów390 (Die Rolle der Flüsse in Ge- schichte und Geografi e der Völker) legte er ausführlich dar, inwiefern die Lage an Flüssen Städte und Länder privilegiere. In der starken Betonung der einende n Wirkung von Flüssen auf ein Land und ihrer Bedeutung als Verkehrswege zeigte sich Romer ebenfalls angeregt von Friedrich Ratzel, der dasselbe Phänomen beobachtete.391 Aber schon bei Wincenty Pol, dem romantischen Dichter und ersten Inhaber eines Geogra- fi elehrstuhls in Polen, fi ndet sich dieser Gedanke.392 Die Dichter der Romantik waren geradezu fasziniert von den Flüssen im Osten und besangen sie in ihrer Poesie.393 Nach

382 DERS., Polska, S. 22. 383 DERS., Polska i Polacy, S. 20 und 26; DERS., Rola rzek, S. 2 f. 384 DERS., Warunki, S. 38. 385 SCHULTZ, Theorie, S. 15, 22 ff.; BUCHER, S. 38 ff. 386 SCHULTZ, Theorie, S. 14 ff. 387 JAHN, S. 139. 388 Ebenda, S. 138. 389 RATZEL, Erde, Bd. 2, S. 141 f. 390 ROMER, Rola rzek. 391 RATZEL, Deutschland, S. 114 f.; DERS., Menschheit, S. 75 und 92 ff.; DERS., Erde, Bd. 2, S. 127 ff., 141, 611. Zum Fluss als Verkehrsweg ebenda, S. 139 ff., davor schon in DERS., Politische Geographie, S. 483. 392 POL, Historyczny obszar, S. 13 ff. 393 Und zwar so berühmte Vertreter wie Adam Mickiewicz, Juliusz Słowacki (z.B. Beniowski, Pieśń piąta), Julian Ursyn Niemcewicz, Seweryn Goszczyński, Jan Zachariasiewicz, Teofi l

117 Romer sei Polen geprägt durch ein besonders günstiges Flussnetz, erstens weil die Flüsse die Verbindung zu zwei Meeren, zur Ostsee und zum Schwarzen Meer, herstell- ten, „in beide polnischen [sic!] Meere“394 fl össen und zweitens weil die Wasserscheiden zwischen diesen Flüssen nur sehr fl ach und kurz, also leicht zu überwinden seien und die größten Zufl üsse der Hauptfl üs se ineinandergriffen und sich auf diese Weise mitei- nander verbänden. Auch sei Polen nicht von Bergketten durchzogen. Aufgrund all die- ser Aspekte bildeten die polnischen Flüsse in ihrer Gesamtheit einen ausgezeichneten Verkehrsraum (obszar komunikacyjny).395 Sowohl den besonders guten inneren Zusammenhalt der polnischen Länder als auch seine hervorragenden Verkehrsmöglichkeiten sah Romer zusätzlich gestärkt durch die Lage Polens zwischen zwei Meeren. Er begriff Polen als Landbrücke zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer und griff mit diesem Verständnis auf das in Polen seit Jahrhunderten vorhandene Bild vom międzymorze (Land zwischen Meeren) zurück.396 Laut Romer gehöre diese Lage zwischen zwei Meeren, als Toren zur ganzen Welt, zu den günstigsten Lagen, die ein Staat überhaupt haben könne: „Die Beherrschung des Raumes zwischen zwei Meeren gibt einer Nation oder einem Staat die Vermittlung zwischen einer ganzen Gruppe von Ländern mit Meereszugang.“397 Und an anderer Stelle schrieb er: „Das Meer ist der stärkste Schutzschild gegen Feinde und zugleich das breiteste und freieste Feld für geistigen und materiellen Austausch.“ Noch einmal gesteigert sah er Gunst und Bedeutung dieser Lage in der Tatsache, dass die polnische Landbrücke die letzte Verbindung der beiden Meere vor „der großen östlichen Land- masse“ Russlands sei.398 Schließlich zog Romer als Beleg der eindeutigen geografi schen Einheit der pol- nischen Länder – und damit erneut gegen die These vom „Übergangscharakter“ Polens – das Klima heran. Er entwickelte die These vom speziellen „polnischen Klima“, die er in seinem Artikel Ziemia. Geografi a fi zyczna ziem Polskich399 erstmals schriftlich vertrat.400 In seiner Argumentation stützte er sich auf den thermischen Gradienten, auf jährliche Isothermen und Isohyeten401, an denen man ablesen könne, dass Polen „sein abgegrenztes, eigenes, polnisches Klima“ (swój odrębny, swoisty, polski klimat) habe.

Lenartowicz, Kazimierz Brodziński. Wincenty Pol selbst schrieb Gedichte An den Dniepr, An den Njemen, An die Düna, An den Dnjestr, An den Boh, aber auch An die Oder und An die Weichsel. Sie sind Teil der Gedichtsammlung Z podróży po burzy, in: DERS., Dzieła, Bd. 5, S. 41 ff. 394 ROMER, Ziemia, S. 67. 395 Ebenda; DERS., Geografi czno-statystyczny atlas. 396 TROEBST, „“, S. 542 ff. 397 ROMER, Ziemia, S. 67. 398 DERS., Geografi czne położenie, S. 5; DERS., Polska, S. 40 f. 399 DERS., Ziemia. 400 Hier und nicht erst in: DERS., Klimat, wie Brzozowski in seinem Artikel zu Romer im Polski słownik biografi czny behauptet, stellt er diese These erstmals vor. Vgl. BRZOZOWSKI, S. 637. 401 Linien gleicher Niederschlagsmenge.

118 Auch in seinen späteren Arbeiten fi ndet sich diese These unverändert.402 Der Warschau- er Meteorologe Władysław Gorczyński (1870-1953) nahm Romers Überlegungen zum „polnischen Klima“ auf und führte sie weiter aus403, und der berühmte französische Geograf Emmanuel de Martonne führte den Begriff des „polnischen Klimas“ in die geografi sche Weltliteratur ein404. Die klar abgrenzba re, zusammenhängende Einheit, als die Romer das polnische Territorium betrachtete, begründete er nicht nur mit seinem inneren Zusammenhang, sondern auch mit der Abgrenzung nach außen. Als Abgrenzungslinien nannte Romer die Küsten von Ostsee und Schwarzem Meer sowie im Süden die Gebirgskämme von Sudeten und Karpaten. Auch zu den Abgrenzungen nach Westen und nach Osten äu- ßerte sich Romer, wobei sein Schwerpunkt eindeutig auf der Behandlung der Ostgrenze lag. Mit ihr setzte er sich viel gründlicher und häufi ger auseinander, zog für ihre Ab- grenzung auch deutlich mehr Faktoren heran. Romer sah die Grenze zwischen Ost und West in eins fallen mit der Grenze zwischen Polen und Russland und lokalisierte sie entlang der östlichen Wasserscheiden von Düna und Dnjepr. Den Grenzverlauf begründete er, indem er es als Charakteris tikum West- europas beschrieb, dass sein Flussnetz asymmetrisch ausgebildet sei, da alle Hauptfl üs- se vorrangig von östlichen, aber kaum von westlichen Zufl üssen gespeist würden.405 Dieses Phänomen erreiche seinen Höhepunkt im Einzugsgebiet der Weichsel, werde östlich von ihr schwächer und verschwinde vollständig hinter Düna und Dnjepr. Dort ende folglich Westeuropa und beginne der Osten406, über den er apodiktisch feststellte: „Den Osten stellt Russland dar.“407 Die alten polnischen Ostgebiete – er nannte stets die Einzugsgebiete der Flüsse als Synonyme für die Länder, hier also Düna, Dnjepr, Memel und Windau – ordnete er klar und eindeutig dem Westen und damit Polen zu.408 Neben der Anordnung der Zufl üsse leitete er die Grenze zwischen Ost und West aus einem zweiten Aspekt des Flussnetzes her, nämlich aus seiner Eigenschaft als natür- licher Verkehrsweg. Gerade für Russland hätten die Flüsse besonders große Bedeutung, da Russland eine sehr schlechte Infrastruktur an Landwegen aufweise. So seien alle russischen Flüsse durch Kanäle miteinander verbunden.

402 Eugène Romer [DERS.]: Esquisse climatique de l’ancienne Pologne, in: Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles 46 (1910), S. 203-233; DERS., Klimat; DERS., Przyrodzone podstawy, S. 23 f.; DERS., Geografi czno-statystyczny atlas; DERS., Polska, S. 44 ff. 403 GORCZYŃSKI. 404 DE MARTONNE, Bd. 1, S. 219. Die dem Werk beigegebene hypsometrische Weltkarte ist eine vereinfachte Kopie einer Karte Romers aus seinem Atlas geografi czny von 1908, siehe dazu EUGENIUSZ ROMER: Pogląd na klimat Polski [Eine Ansicht zum Klima Polens], in: Czasopis- mo Geografi czne 16 (1938), S. 193-224, hier S. 194. 405 DERS., Geografi czno-statystyczny atlas , „Hypsometrya“ (ohne Seitenangabe). 406 In einem Artikel zu Romers Behandlung der Westgebiete kommt Bernard Piotrowski auf der Grundlage des Geografi czno-statystyczny atlas Polski zu der erstaunlichen Einschätzung, dass Romer die Grenzlinie zwischen Ost- und Westeuropa an Oder und Lausitzer Neiße gezogen habe. Wie er zu dieser Erkenntnis kommt, bleibt freilich sein Geheimnis. Vgl. B. PIOTROWSKI, S. 53. 407 ROMER, Polska i Polacy, S. 12 f. 408 Ebenda, S. 16.

119 „Aber kein Grenzfl uss des alten Polen, weder Düna noch Dnjepr, ist mit einem Fluss des russischen Flussnetzes verbunden. Wie es früher war, ist es auch heute und es ergibt sich aus dem Relief, dass es immer so sein wird.“409

Diese Gewißheit schöpfte er aus der Überzeugung, dass es im Relief – keineswegs zu- fällig! – keinen Ort gebe, wo ein solcher Kanal nutzbringend verlaufen könne.410 Als zweites Abgrenzungsmerkmal neben dem Flussnetz nannte Romer die geolo- gische Beschaffenheit: „Die gleichförmige, ausgedehnte russische Platte bildet Ost- europa; der verschiedengestaltige und [erdgeschichtlich, A.S.] unterschiedlich alte Rest bildet Westeuropa.“411 Und Romer stellte unmissverständlich fest, dass Polen im östlichen Teil Westeuropas liege und am ganzen Formenreichtum dieser vielgestal- tigen Festlandmasse teilhabe412, also – so ist politisch impliziert – gleichberechtigt an Westeuropa teilhabe und nicht etwa dem Osten zuzuordnen sei, als dessen Vorhof er auch „Mitteleuropa-Konzepte“ begriff, die er als Ausdruck deutscher Expansionspro- gramme413, ja deutschen nationalen Chauvinismus414 rigoros ablehnte. Dennoch fi ndet sich auch bei Romer einmal der Begriff „Mitteleuropa“, allerdings nicht in Abgrenzung zu Westeuropa, sondern als Teil dessen. In Polska i Polacy defi nierte er Deutschland und Polen als klimatisch kontinental geprägtes Mitteleuropa in Abgrenzung zum oze- anisch geprägten Westeuropa. Unmissverständlich stellte er aber klar: „Mitteleuropa gehört zu Westeuropa und dieses Westeuropa reicht bis an Düna und Dnjepr.“415 Drittens schied Romer West und Ost und damit Polen und Russland anhand ihres Reliefs voneinander, indem er den geringen Höhenunterschieden zwischen Polen und Russland eine große Bedeutung beimaß. Während das polnische Tiefl and in seiner Breitengrad-Achse leicht gesenkt (zaklęsły) sei, erhebe sich die mittelrussische Platte dagegen in ihrem mittleren Teil leicht gewölbt (wypukły): „In einem Gebiet mit nur geringen Höhenunterschieden sind das bedeutsame Gegensätze, sie üben Einfl uss auf das Klima aus, auf die Verbreitung und Wanderung der Pfl anzen und sind mächtig in der Geschichte.“416 Und noch deutlicher:

„Dieser Gegensatz in der Form der Ebenen, […] ist vielleicht jene grundlegende Eigenschaft in den physiogeografi schen Verhältnissen Europas, der durch die Kraft der natürlichen Ver- hältnisse die Besonderheit und Eigenständigkeit des politischen Systems Polens und Russ- lands verursachte und bedingte.“417

409 DERS., Geografi czne położenie, S. 8. Ebenso in: DERS., Przyrodzone podstawy, S. 42; DERS., Polska i Polacy, S. 16, und DERS., Warunki, S. 32. 410 DERS., Polska, S. 29. 411 DERS., Geografi czne położenie, S. 3; DERS., Przyrodzone podstawy, S. 31. 412 DERS., Geografi czne położenie; im selben Sinne DERS., Czy Polska (wie Anm. 373), S. 243; DERS., Polska, S. 36. 413 Ebenda, S. 30 ff. 414 DERS., Czy Polska (wie Anm. 373), S. 242. 415 DERS., Polska i Polacy, S. 14. 416 DERS., Geografi czne położenie, S. 8; ebenso in DERS., Polska, S. 18. 417 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 43.

120 Vier Jahre später formulierte er den gleichen Gedanken schon ohne die vorsichtige Einschränkung „vielleicht“ und viel nachdrücklicher: Diese Unterschiede

„übten entschiedenen Einfl uss aus, nicht nur auf die politischen Bestrebungen beider Natio- nen und Staaten, auf ihre geschichtliche Entwicklung, sondern auch auf den nicht ausgleich- baren Gegensatz in der Kultur beider Nationen“418.

Angesichts dieser von der Natur vorgegebenen Grenze interpretierte Romer ihre Über- windung durch Russland in Gestalt der Teilungen Polens als widernatürliches Phäno- men, das nur temporär und unter Gewaltanwendung aufrechterhalten werden könne.419 Schließlich schöpfte er Argumente aus der Klimatologie, um zu belegen, dass Po- len Teil Westeuropas, Russland dagegen der Osten sei: Er vertrat die Ansicht, dass der Verlauf aller thermischen Linien in Europa zwei Systeme zeige: Das osteuropäische verlaufe entlang der Breitengrade und sei durch die Sonneneinstrahlung reguliert, das westeuropäische, „in dem die Sonneneinfl üsse der Macht der atlantischen Einfl üsse unterliegen“420, verlaufe entlang der Längengrade. Er lokalisierte die Grenze zwischen beiden „Welten“ ungefähr im Gebiet der Ostgebiete des alten Polen. Die Untersuchung der Temperaturschwankungen in Europa führe zu demselben Ergebnis.421 Sogar am Beispiel der Ausbreitung der Wandermuschel (Dreyssena polymorpha) legte Romer Polens Zugehörigkeit zum Westen dar: Die Wandermuschel habe im 18. Jahrhundert nur in den Mündungen von Dnjepr und Dnjestr gelebt, sich dann aber durch Kanalbau und Schiffsverkehr Richtung Westen auf ganz Europa ausgebreitet, was beweise, dass die Lebensbedingungen dort überall ähnlich seien. Dass sie aber in keinem einzigen russischen Fluss lebe, sah Romer als erneuten Beleg der Andersartig- keit Russlands.422 Indem Romer das polnische Territorium so entschieden vom russischen abgrenzte, bezog er die nicht zum Königreich Polen gehörenden Ostgebiete als Teil der geogra- fi schen Einheit Polens mit ein. Im Falle des ehemaligen Großfürstentums sowie Podo- liens und Wolhyniens ergibt sich das mittelbar aus der Grenzziehung, in Bezug auf die Ukraine äußerte sich Romer aber explizit und ging auf Relief, Flussnetz und Klima der Ukraine gesondert ein. Hinsichtlich des Reliefs bezog er sich offenbar auf eine These, die besagte, dass „die ukrainische Platte einen individuellen, in ihrer Umgebung bei- nahe fremden“423 Charakter aufweise. Es wird nicht deutlich, um wessen These es sich dabei handelt, möglicherweise bezog sich Romer hier auf Stepan Rudnyc’kyj, der die Ansicht vertrat, die Ukraine weise eine besondere tektonische Charakteristik auf.424

418 DERS., Polska i Polacy, S. 15; ebenso DERS., Przyrodzone podstawy, S. 44. 419 DERS., Polska i Polacy, S. 16. 420 DERS., Polska, S. 45 ff. 421 Im selben Sinne schon in DERS., Przyrodzone podstawy, S. 24. 422 DERS., Polska, S. 67 f. 423 DERS., Geografi czne położenie, S. 2. 424 Siehe RUDNYĆKYJ, S. 9 ff. Sein Titel Ukraina. Land und Volk. Eine gemeinfassliche Landes- kunde lässt eine gewisse Parallelität zu Romers Titel Polska. Ziemia i Państwo (Polen. Land und Staat) nicht übersehen, zumal die ursprüngliche ukrainische Version von Rudnyc’kyjs

121 Der Lemberger Privatdozent – und damit Kollege Romers – Rudnyc’kyj (1877-1937) hatte ebenso wie Romer in Lemberg bei Rehman und in Wien bei Penck studiert und gilt als Begründer der ukrainischen Geografi e als wissenschaftliche Disziplin. Seine Publikationen zeugen von dezidiert national-ukrainischer Perspektive. Der These von der tektonischen Eigenständigkeit hielt Romer entgegen, dass die Ukraine zwar in der Tat ein besonderes Relief aufweise, jedoch gewichtete er dessen Eigenart geringer und bezeichnete die Frage als entscheidend, mit welcher Seite – Ost oder West – sie stär- ker verbunden sei. Seine Antwort ist wenig überraschend: Natürlich sei die Ukraine geografi sch stärker mit der westlichen, polnischen Seite verbunden, da sie mit ihr viele geologische Merkmale, Bergtypen und Flussverläufe teile. Ähnlich argumentierte er in Bezug auf das Klima. Da Romer von einem eigenen polnischen Klima, das sich räumlich in etwa mit dem Staatsterritorium von 1772 decke, überzeugt war, musste er die These von Emmanuel de Martonne425, es gebe auch ein ukrainisches Klima, ableh- nen.426 Romer billigte dem schmalen Streifen Landes zwischen den Mündungen von Donau und Don, auf den de Martonne sich beziehe, zwar eine klimatische Individuali- tät zu, aber entscheidend sei, dass das Klima dort keinen Typus bilde, sondern nur ein Übergangsklima sei:

„Das ukrainische Klima des de Martonne ist also ein klimatisches Übergangsland, das phy- sisch durch so viele Bande mit Polen verbunden ist, dass die Eigenschaften seines Über- gangsklimas nicht im Stande sind, diese Bande zu zerrütten.“427

Schließlich wies er anhand von Relief und Flussverläufen nach, dass die Ukraine sehr ungünstige natürliche Verkehrswege aufweise, die zudem so gestaltet seien, dass das Land praktisch nur von Polen aus erschließbar sei. Die Ukraine sei nämlich auf- grund eiszeitlicher Entwicklungen von tiefen Schluchten durchzogen, die das Gelände unwegsam machten und die im Grunde nur von außen umgangen werden könnten. Alle Wege aber, die am Rande der ukrainischen Platte verliefen (drogi obwodowe), münde- ten in das Einzugsgebiet der Weichsel, was Polen eine Schlüsselstellung zur Verkehrs- erschließung der Ukraine verschaffe.428 Mit diesen Befunden erklärte er auch, warum die Ukraine kein eigenes, dauerhaft mächtiges Staatsgebilde hervorbringen konnte, sondern stattdessen die polnische Vorrangstellung in dem Gebiet des międzymorze von der Natur vorgegeben gewesen sei. Dem ruthenischen Staat habe es nämlich an den

Buch Korotka heohrafi ja Ukrajiny. Fizyčna heohrafi ja (Kurze Geografi e der Ukraine. Phy- sische Geografi e) betitelt war (Bd. 1: Kiev 1910, Bd. 2: L’viv 1914). Romer kann sich in seinem Beitrag Geografi czne położenie ziem polskich von 1912 wenn, dann nur auf den 1910 erschienenen ersten Band der ukrainischen Version bezogen haben. Zu Rudnyc’kyj: HAUSMANN. 425 DE MARTONNE, S. 218. 426 ROMER, Polska, S. 50 f. 427 Ebenda, S. 50. 428 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 38 ff.; DERS., Polska, S. 72 f.; DERS., Geografi czno-statys- tyczny atlas, „Uprawa roli“, „Komunikacya“ (ohne Seitenangabe).

122 günstigen geografi schen Bedingungen gefehlt.429 Die Rus habe fast ausschließlich aus Steppe bestanden, die so harte Lebens- und Wirtschaftsbedingungen bot, dass darauf kein starker Staat habe entstehen können. Der überwiegende Steppencharakter des Landes und dessen Monotonie in Relief, Bodenbeschaffenheit und Klima habe auch dazu geführt, dass die Rus nur eine eingeschränkte Bandbreite von Produkten herstel- len konnte, was die Ausbildung einer leistungsfähigen Wirtschaft verhindert und das Land ökonomisch abhängig gemacht habe.430 Romer war nämlich der Ansicht, dass ein Staat nur dann stark werden könne, wenn er Gebiete vereine, die unterschiedliche Pro- dukte und Kulturgüter hervorbrächten, damit so viele wirtschaftliche und kulturelle Be- dürfnisse der Gesellschaft wie möglich befriedigt werden könnten. Aus diesem Grunde könnten Steppengebiete niemals unabhängig, sondern immer nur Bestandteil sie um- gebender Staatsgebilde sein, die sich auf landwirtschaftliche Kultur und Kolonisation stützten. Diese These ist schon in Romers früher Arbeit Rola rzek von 1901 angelegt, in der er ausführte, dass Steppenvölker, die „ihre ganzen physischen, aber besonders ihre moralischen Kräfte“ dafür aufwenden müssten, der unwirtlichen Natur Lebensmittel abzutrotzen, „ihrer Energie nach außen, ihrer Tatkraft beraubt seien, und überhaupt sehr wenig widerstandsfähig gegenüber Migrationsdruck von außen sind“.431 Aufgrund dieser ungünstigen Voraussetzungen unterlag die Ukraine dem von der Natur besser bedachten Polen. Und dieses Polen

„schwang sich als Folge historischer Prozesse auf kulturell höchstes Niveau auf und be- herrschte (sic) das vereinte Litauen und Ruthenien auf allen Wegen, es war dazu bestimmt, das Bindeglied dieser drei Bestandteile des physisch […] einen Territoriums zu sein“432.

Den politischen Subtext von Romers Thesen zur geografi schen Beschaffenheit der Uk- raine zu entschlüsseln, ist nicht schwierig: Indem er den „individuellen Charakter der ukrainischen Platte“ und das ukrainische Klima ablehnte, stattdessen die vielfältige Verbindung mit Polen und die Einseitigkeit der landwirtschaftlichen Produkte betonte, vermittelte er die Überzeugung, dass die Ukraine aus geografi scher Sicht niemals po- litisch selbständig sein könne. Zusammen mit der deterministischen Auffassung, dass menschliches Handeln geografi schen Gegebenheiten unterworfen sei, erhält dieses Ur- teil übergeordnete, zeitlose Gültigkeit. Grundsätzlich war Romer überzeugt, dass das Flussnetz der Weichsel denjenigen der Memel und des Dnjepr überlegen sei, denn von den neun wichtigen, doppelten Fluss- und damit Verkehrsknoten433, die Polen im Ganzen verbänden, entfi elen auf die Weichsel sechs, auf Memel und Dnjepr dagegen nur je drei. Drei weitere ordnete er der Oder, der Düna zwei und dem Dnjestr nur einen zu. Dieser Verteilung schrieb er großen historischen Einfl uss zu, denn daraus, dass die große Mehrzahl an Verbindungsknoten im Allgemeinen auf die westlichen Länder und im Besonderen auf die Weichsel entfal-

429 DERS., Geografi czne położenie; DERS., Przyrodzone podstawy, S. 38. 430 DERS., Polska, S. 71. 431 DERS., Rola rzek, S. 10 f. 432 DERS., Polska, S. 74. 433 Romer defi nierte nicht, worin für ihn diese Knoten bestanden.

123 le, schloss er, dass Überlegenheit und Herrschaft im geografi schen Polen zwangsläufi g der polnischen Nation zufallen musste und nicht Litauen oder Ruthenien.434 Zur Abgrenzung des polnischen Territoriums gegen Deutschland im Westen äußerte sich Romer dagegen viel seltener und wies nur knapp darauf hin, dass die Oder, im Gegensatz zu allen großen Flüssen in Polen, keine wichtigen Zufl üsse von Osten her aufnehme. Im Gegenteil habe sie von der Mündung der Lausitzer Neiße an praktisch gar keine Zufl üsse mehr. Insofern trage das untere Einzugsgebiet der Oder Züge einer Grenzregion: „Die Oder wies also nicht den Weg zur Expansion nach Westen, war eher eine große Verteidigungslinie des Staates, den die natürliche Beschaffenheit der Erde nach Osten trieb.“435

4.3.3 Romers Bild der Ostgebiete

4.3.3.1 Polens Drang nach Osten

Einen großen Stellenwert in Romers Schriften nahm seine These von Polens natür- lichem „Drang nach Osten“436 ein. Sie ist ein anschauliches Beispiel für Romers de- terministische Auffassung, nach der sich der Verlauf der Geschichte aus der Geogra- fi e eines Landes ableite. Denn Romer verstand den „Drang nach Osten“ als eine aus dem Relief und dem Flussnetz des Landes resultierende natürliche Konstante in der Geschichte der westeuropäischen Länder. Das Phänomen, dass alle Hauptzufl üsse die großen Flüsse von Osten her speisten, wohingegen die westlichen Zufl üsse untergeord- nete Bedeutung hätten, dass das Einzugsgebiet der Flüsse also asymmetrisch entwickelt sei, hatte er bereits als charakteristisch für Westeuropa gedeutet. Diese Einseitigkeit der hydrografi schen Systeme entscheide, laut Romer, über die Richtung der natürlichen Wege, als die er Flüsse in erster Linie betrachtete, und bestimme somit die Entwick- lungstendenzen der an diese Wege gebundenen Völker vorher.437 Zu einem gewissen Grade sah er diese Eigenschaft Westeuropas in Frankreich am Werk, in Deutschland und Polen sei sie vorherrschend. Eine Ausnahme bilde der Rhein, dessen Zufl üsse sym- metrisch, also von Ost wie West gleich bedeutend seien.438 Das Phänomen der nach Osten weisenden Richtung der Flüsse, und damit der „Drang nach Osten“, werde nach Osten hin stärker, erreiche seinen Höhepunkt im Einzugsgebiet der Weichsel, nehme östlich der Weichsel ab und ende hinter Düna und Dnjepr ganz. Damit las er auch die Reichweite der natürlichen Ostausdehnung am Flussnetz ab. Das Einzugsgebiet der

434 DERS., Ziemia, S. 67, ebenso DERS., Polska i Polacy, S. 17. 435 DERS., Geografi czne położenie, S. 7 f.; ebenso in DERS., Przyrodzone podstawy, S. 41 f. 436 Im Gegensatz zu vielen seiner polnischen Zeitgenossen verwendete Romer nicht den deut- schen Ausdruck, sondern schrieb parcie na wschód und fügte die Appositionen prawo (Ge- setz), dążenie (Bestreben), tendencja (Tendenz), predestynacja (Vorherbestimmung) oder przeznaczenie (Berufung, Bestimmung) hinzu (einzige Ausnahme: In DERS., Polska, S. 17, verwendete er den deutschen Ausdruck). 437 DERS., Geografi czno-statystyczny atlas, „Uwagi ogólne“, „Hypsometrya“ (ohne Seitenanga- be); ebenso DERS., Polska i Polacy, S. 11; DERS., Polska, S. 17 ff. 438 So deutete Romer auch an, dies sei der Grund für das historische Ringen um den Rhein.

124 Düna, die überhaupt arm an Zufl üssen sei, sei nach Polen hin geöffnet, es handele sich also um ein typisches polnisches Grenzgebiet (typowa graniczna dziedzina polska), das Einzugsgebiet des Dnjepr dagegen, symmetrisch ausgebildet, habe eher Übergangs- charakter und sei deswegen Streitobjekt zwischen Ost- und Westeuropa.439 Wo die na- türlichen Verkehrswege endeten, beginne die große russische Erhebung. Dort verortete Romer die Grenze zwischen zwei Naturgebieten und damit auch das natürliche Ende der Expansion nach Osten.440 Doch wiesen nicht nur die Richtung der Flüsse, sondern auch ihre natürlichen Verfl echtungen (sploty) nach Osten und damit der Expansion Po- lens den natürlichen Weg:

„Das geografi sch bedingte Zentrum Polens war das Einzugsgebiet der Weichsel; die Expan- sion nach Osten hatte ihre Gründe in der Tatsache, dass das Einzugsgebiet der Weichsel der Schlüssel war für die Wege, die am Rande der ukrainischen Platte verliefen (drogi obwodo- we), der Knoten für den zentralen litauischen Weg, für den Njemen.“441

Als weitere Ursache des „Dranges nach Osten“ sah Romer die „charakteristischste Eigenschaft“ der polnischen Ebene, nämlich dass sie die Gestalt einer leicht von West nach Ost gerichteten Rinne (koryto) aufweise, die wie die Flüsse den Weg nach Osten weise.442 Auch die Bedeutung der Landenge, die das międzymorze bilde, habe dazu ge- führt, dass Polen sich nach Osten ausgedehnt habe, „darin liegt nämlich das Wesen der Entwicklung politischer Organismen, dass eine Nation die Eigenschaften der Erde und ihrer Lage erkennt und ausnutzt“443. Europa sei von Dänemark nach Griechenland 2500 Kilometer lang, die Linie zwischen den Mündungen von Weichsel und Dnjestr betra- ge dagegen nur ein Viertel dieser Entfernung. Diese Achse bilde somit die kürzeste Verbindung zwischen Norden und Süden und habe es für den polnischen Staat attrak- tiv gemacht, seinen Schwerpunkt nach Osten zu verlagern, um diese überaus günstige Brückenlage einzunehmen.444 Bereits das piastische Polen habe nach Ruthenien und zum Schwarzen Meer gestrebt, da es schon seit ältester Zeit „das lebendige Bewusst- sein seiner geografi schen Lage [hatte], es fühlte sich als das, was es in Wirklichkeit ist, als Brücke zwischen zwei Meeren“445. Die Vorstellung, dass Völker oder Nationen einen Instinkt dafür besäßen, den ihnen von der Natur zugedachten Raum ein- zunehmen, war wichtiges Element der deutschen Länderkunde, ein anonymer Verfasser hatte sie schon 1833 vertreten.446 Doch Romer erklärte auf diese Weise nicht nur den Verlauf der Geschichte und die Gründe für Polens Expansion nach Osten, er hielt die grundsätzliche Ostausrichtung Polens für auch in der Gegenwart weiterhin wirksam. Er benannte zwei „Achsen des

439 Ebenso in DERS, Warunki, S. 33 f. 440 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 44. 441 Ebenda, S. 41. 442 DERS., Polska i Polacy, S. 15; DERS., Polska, S. 19. 443 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 36 f. 444 DERS., Geografi czne położenie; im selben Sinne DERS., Polska, S. 39 f. 445 DERS., Ziemia, S. 67; Hervorhebung im Original. 446 VERFASSER DER BULLETINS, S. 356 f.; siehe dazu SCHULTZ, Theorie, S. 19 f.

125 polnischen Lebens“, die in nordöstlicher Richtung nach Litauen und in südöstlicher Richtung nach Ruthenien führten und die die stärkste und natürlichste Verbindung zwi- schen Polen und den beiden Ländern geschaffen hätten. Diese Achsen, die er auch als „Entwicklungsachsen des polnischen Staates“ bezeichnete, markierten die Gebiete, in denen sich die Polen am günstigsten entwickeln könnten.447 Als Verkehrs- und Han- delswege bildeten sie Linien des Austauschs von Ideen und Gütern und seien somit Li- nien der wirtschaftlich-kulturellen und politischen Kristallisation, aus deren Bedeutung man bis zu einem gewissen Grade alle künftigen, natürlich begründeten, staatlichen Verschiebungen oder Verbindungen herleiten könne.448 Romer zeigte sich davon über- zeugt, dass sich das Leben der polnischen Gesellschaft und des polnischen Staates auch gegenwärtig entlang dieser Linien entwickele und konzentriere und

„dass auch die gegenwärtige Entwicklung der Polen denselben Gesetzen unterliegt, die über die historische Entwicklung des polnischen Staates entschieden, dass auch die gegenwär- tigen Leitlinien der Entwicklung der Polen identisch sind mit den Leitlinien des alten pol- nischen Staates“449.

Romer war der Ansicht, dass das Polentum noch immer im Westen an Menschen, Land- besitz und Einfl uss verliere, im Osten dagegen gewinne und dass die Prozesse, die die Polen im Osten zum politisch bedeutenden Element machten, noch immer aktiv seien.450 Für die Entwicklung des polnischen Territoriums Richtung Westen fand Romer da- gegen keine natürlichen Grundlagen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens stehe dem Ausgreifen nach Westen das völlige Fehlen „natürlicher Grenzen“ in der polnischen und deutschen Ebene entgegen. Es sei für den polnischen Staat nicht attraktiv gewe- sen, ausgedehnte gleichartige Gebiete zusammenzuführen, da ein Staat danach streben müsse, durch möglichst verschiedene Gebiete möglichst verschiedene Güter zu pro- duzieren, das mache ihn wirtschaftlich stark.451 Zweitens spräche die Beschaffenheit der Flüsse als natürliche Verkehrswege dagegen, da sie eben nach Osten wiesen. Dem Einzugsgebiet der Oder schrieb er dagegen den Charakter einer Grenzregion zu.452 In Polska i Polacy ging er sogar so weit, die Ausdehnung der polnischen Siedlung nach Westen als „Störung des Gesetzes vom ‚Drang nach Osten‘“ zu bezeichnen.453 Die Tatsache, dass die enorme räumliche Ausdehnung nach Osten von der Geogra- fi e vorgezeichnet sei, habe die staatliche Expansion in der Geschichte nicht nur ermög- licht, sondern sogar „leicht“ (łatwo) gemacht, und das, obwohl „Gesellschaft und Staat

447 DERS., Polska i Polacy, S. 17 und 22. 448 Ebenda, S. 10 und 14. 449 DERS., Polska i Polacy, S. 27. 450 DERS., Geografi czno-statystyczny atlas, „Żydzi. Zmiany stanu posiadania nardowego“ (ohne Seitenangabe); DERS., Polska i Polacy, S. 27; DERS., Ilu, S. 21 f. 451 Als generelle These schon in DERS., Przyrodzone podstawy, S. 34. 452 Vgl. S. 152, Anm. 134. 453 DERS., Polska i Polacy, S. 8.

126 frei von psychischem Expansionstrieb und ohne entsprechende Organisation waren“454. In Letzterem sah er den Grund für den Untergang des polnischen Staates, denn es sei ihm nicht gelungen, das ganze Staatsgebiet organisatorisch wirklich zu erfassen und zu integrieren und damit dauerhaft zu sichern. Dafür hätte die Nation den erforderlichen Sinn (zmysł) für die politische Expansion und für die Organisation der Grenzverteidi- gung entwickeln müssen, ihr Dasein als Expansionsmacht quasi verinnerlichen müs- sen. Dies umso mehr, als die langen Grenzlinien und die politisch so verschiedenen Nachbarn Polens die Sicherung der staatlichen Integrität zusätzlich erschwert hätten. Nur weil dies nicht geschehen sei, müsste der Staat in dieser territorialen Ausdehnung schließlich scheitern.455 Romer setzte sich nicht weiter mit der Frage auseinander, wa- rum die Gesellschaft diesen Sinn nicht entwickelt habe, sondern legte ihre Beantwor- tung in die Hände von „Experten“456. Er mutmaßte allerdings, die Schnelligkeit und die Leichtigkeit der Expansion könnten die Wachsamkeit der Gesellschaft eingeschläfert und in der Nation vielleicht sogar das Verständnis für den Wert politischer Beherr- schung von Territorium geschwächt haben.457 Es ist kein Zufall, dass hier viel von Expansion, aber wenig von der Union mit dem Großfürstentum die Rede ist. In der Tat erschien bei Romer der polnische Staat als der alleinige Akteur und das Staatsgebiet von 1772 als „Polen“.458 Die Union erwähnte Ro- mer fast nie und die für den Blick seiner Zeit auf die Ostgebiete so typischen feierlichen Beschwörungen der Brüderlichkeit und des Bündnisses Gleicher mit Gleichen fehlen bei Romer fast völlig.459 Für ihn war das ehemalige Staatsterritorium eine Einheit, die sich nicht erneut aus den ehemaligen Bündnispartnern zusammenfi nden müsse, son- dern in Erfüllung der Vorgaben der Natur nur von einem einzigen Staat eingenommen werden könne.

4.3.3.2 Ein Ostkonzept ohne Zivilisierungsmission

Romer glaubte nicht an eine zivilisatorische Mission, nach der Polen, oder Völker über- haupt, anderen Völkern Zivilisation brächten. Mit dieser Einschätzung setzte er sich klar von Vertretern eines „Übergangskonzeptes“ ab, die sich auf Nałkowski beriefen und für die die Zivilisierungsmission der Polen aus dem Charakter ihres Landes folgte. Romer legte demgegenüber dar, dass Zivilisierungsprozesse nur einträten, wenn ein Kulturgefälle bestehe, und wenn sich dieses Kulturgefälle einebne, die Zivilisierung also vollzogen worden sei, dann wandere die Zivilisierung weiter, bis zum nächsten Kulturgefälle, im konkreten Falle weiter nach Osten. Dabei handele es sich um einen natürlichen Prozess, der sich nach Romers Verständnis ganz ohne moralisch überhöhte „Sendung“ vollzog. Auf diese Weise sei die Zivilisierung dem Kulturgefälle im Laufe

454 DERS., Warunki, S. 34. 455 Ebenda, S. 35 ff. 456 Ebenda, S. 36. 457 Ebenda, S. 44. 458 Da war es nur konsequent, dass er die Ukraine und Podolien zuweilen als „Südpolen“ bezeichnete, z.B. in: DERS., Ziemia. 459 Einzige Ausnahme: DERS., Polska, S. 20 ff.

127 der Jahrhunderte von Italien nach Frankreich, von Frankreich nach Deutschland und von Deutschland nach Polen gefolgt.460 Insofern konnte Romer auch nicht das von den Anhängern des Übergangskonzeptes postulierte Kulturgefälle auf polnischem Land als Kriterium für das Übergangskonzept akzeptieren, weil das Kulturgefälle nach seinem Verständnis wanderte und er zur Beschreibung eines Naturgebiets nur dauerhafte, „na- türliche“ Eigenschaften akzeptierte. Für seine eigene Zeit lokalisierte er das Kultur- gefälle an der polnisch-russischen Grenze.461 Bemerkenswerterweise erwähnte Romer nicht einmal die Zivilisierung Litauens oder Rutheniens durch Polen, obwohl doch sonst kein Autor, der die Ostgebiete für Polen beanspruchte, darauf verzichtete, sie als Verdienst an der Kultur als solcher und an den Litauern und Ruthenen herauszustrei- chen. Selbst in seinen breiten Ausführungen zum natürlichen „Drang nach Osten“, der die Geschichte des polnisches Staates über Jahrhunderte entscheidend geprägt habe462, ist die Vorstellung einer Zivilisierungsmission, die historische Aufgabe der Polen sei, nicht enthalten.

4.3.4 Romers Ostkonzept – Zusammenfassung

Es war Gegenstand vieler Schriften, die Eugeniusz Romer vor der Pariser Friedenskon- ferenz verfasste, wissenschaftliche Antworten auf die Frage nach dem polnischen Terri- torium zu geben. Diese Aufgabenstellung empfand er als neu, da während der jahrhun- dertelangen Existenz des polnischen Staates der Begriff Polen niemals in Frage gestellt worden sei, so dass auch keine Notwendigkeit seiner Begründung bestanden habe. Auch nach der Aufteilung des Staates habe diese Eindeutigkeit fortbestanden, und erst nach der Niederschlagung des Januaraufstandes habe eine solche Orientierungslosig- keit im polnischen Unabhängigkeitsstreben um sich gegriffen, dass sich Polen nun wie- der klar darüber werden müsse, was es sei und wonach es streben müsse. Der Klärung dieser Frage sah er sich als Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung und als Geograf verpfl ichtet.463 Für Romer war die Geografi e Werkzeug im Kampf für die Unabhän- gigkeit Polens. Das lässt sich einerseits an den Fragestellungen seiner Publikationen und an der Art ihrer Behandlung ablesen, andererseits formulierte er es auch zuweilen. So bezeichnete er es als das Leitmotiv des Geografi czno-statystyczny atlas Polski, die Kenntnisse über Polen zu vermitteln, die diejenigen bräuchten, die das Land befreien, und diejenigen, die es regieren wollten.464 Er leitete also aus der Geografi e nicht nur die grundsätzliche staatliche Daseinsberechtigung Polens ab, indem er seine Existenz und Unabhängigkeit in der Physiogeografi e vorgegeben sah465, er schuf ganz bewusst eine Argumentationsgrundlage für die Festlegung der Staatsgrenzen des wiedererstandenen Polen. Für Romer gilt, was im Folgenden auch für Oskar Halecki festzustellen ist, näm- lich dass im hier behandelten Zeitraum für Polen keine klare Trennlinie zwischen Wis-

460 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 15. 461 Ebenda, S. 44. 462 Siehe Kapitel 4.3.2.2. 463 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 1. 464 DERS., Geografi czno-statystyczny atlas, Przedmowa. 465 DERS., Przyrodzone podstawy, S. 4.

128 senschaft und Politik gezogen werden kann. Es war üblich, dass Wissenschaftler in die Diskussionen über aktuelle Fragen eingriffen und sich als „politische Professoren“466 begriffen, ohne einen Widerspruch zwischen nationalpolitischem Engagement und wis- senschaftlicher Seriosität zu sehen. Nicht nur Historiker sahen sich buchstäblich im „Dienst an der Nation“, sondern auch Vertreter sozialwissenschaftlicher Disziplinen. Romer schrieb in seinen Erinnerungen von sich selbst, er habe der Politik „als wissen- schaftlicher Gehilfe und Agent in der internationalen Wissenschaft“467 gedient. Romer verstand Polen als eine zusammenhängende, abgegrenzte Einheit und er ver- wendete die Kriterien Relief, Geologie, Klima, Flussnetz und Lage als Landbrücke zwischen zwei Meeren, um seine Auffassung zu begründen. Dabei legte er besonderen Wert auf den inneren Zusammenhang der einzelnen Landesteile, den er am stärksten durch das Flussnetz verwirklicht sah. Er lokalisierte diese geografi sche Einheit zwi- schen der Ostsee im Norden, dem Schwarzem Meer und den Gebirgskämmen von Sudeten und Karpaten im Süden sowie zwischen der Oder und den östlichen Wasser- scheiden von Düna und Dnjepr. Damit umfasste das „geografi sche Polen“ alle Gebiete der alten Republik, wie sie sich vor den Teilungen darstellte, ging aber im Nordwesten und im Südosten darüber hinaus, wenn er das Land bis zur Oder, bis zur östlichen Wasserscheide des Dnjepr und bis zur Schwarzmeerküste einbezog. Dieses ganze von Wasserwegen zusammengehaltene und bezeichnete Gebiet müsse vom Staatsterritori- um umfasst werden.468 Die Vorstellung von Polen als „geografi scher Einheit“ spielte auch für das Polenbild von Popławski und Studnicki eine große Rolle, jedoch unterschied sich Romers Ver- sion insofern, als er entlang Flüssen verlaufende Staatsgrenzen als ungünstig ablehnte und stattdessen Wasserscheiden als Grenzen befürwortete. Für Popławski und Studnic- ki endete das geografi sche Polen dagegen an den Flüssen Düna, Beresina und Dnjepr, beide hielten Flüsse für natürliche Grenzen und besonders Studnicki hielt sie für gute Verteidigungslinien. Demgegenüber war Romer der Ansicht, dass Polen im Osten über die Täler von Düna und Dnjepr hinausgreifen musste und dies auch weiterhin müsse, wenn es eine sichere Grenze im Osten haben wolle.469 Hinzu kommt, dass Romer die geografi schen Faktoren als nahezu allein entscheidend ansah und damit deutlich stär- ker gewichtete als Studnicki und Popławski. Für Letzteren kamen physiogeografi sche Aspekte an dritter Stelle nach nationalen und historischen. Studnicki legte besonderen Wert auf die wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten sowie auf zur Kolonisation ge- eignetes Land, wenn er die Notwendigkeit des Besitzes der Ostgebiete darlegte. Für Popławski war der Begriff der Einheit, des zusammengehörenden Ganzen von beinahe ebenso zentraler Bedeutung bei der Bestimmung des wünschenswerten Staatsterrito- riums wie für Romer. Jedoch unterschieden sich die Vorstellungen insofern, als diese Einheit für Popławski zwar auch physiogeografi sch in der Natur vorhanden war, vor

466 Diese Beobachtung von Robert Luft ist auch auf den polnischen Fall übertragbar, LUFT; GRAMLEY. 467 ROMER, Pamiętniki, S. 115. Dennoch hatte er keine hohe Meinung von der Politik, siehe ebenda, S. 114 f. und 116. 468 DERS., Warunki, S. 45. 469 Ebenda, S. 38.

129 allem aber von der gemeinsamen historischen Tradition der Republik geschaffen bezie- hungsweise vertieft wurde, die damit zudem einen eigenen Wirtschaftsraum gebildet habe. Entscheidender Unterschied zu Romer ist dessen geografi scher Determinismus, den Popławski nicht teilte. Dieser Determinismus, der ein zentrales Merkmal der von Friedrich Ratzel begründeten Anthropogeografi e war470, bestand in einem faktischen Primat der Natur über den Menschen und damit des Territoriums über den Staat.471 Wie Romer favorisierte auch Ratzel keinen ethnisch homogenen Nationalstaat, den er als ungeografi sch verurteilte, sondern er glaubte, dass der Boden die nationale Kategorie besiegen werde.472 Für Romer war das Territorium die einzig denkbare Grundlage für ein politisches Gebilde, und so musste sich nach seinem Verständnis auch das polnische Unabhängigkeitsstreben vor allem auf das Territorium stützen.473 Deswegen empfand er es als dringende Notwendigkeit, angesichts der Orientierungslosigkeit der polnischen Unabhängigkeitsbewegung die Frage zu stellen, welches denn das polnische Territori- um sei. Entscheidend für ihn war, dass es im Einklang mit dem von der Natur vorgege- benen Raum stehen müsse, denn das Staatsgebiet müsse so beschaffen sein, dass „die Natur des Landes den Taten und Aktivitäten des organisierten polnischen Willens keine Hindernisse in den Weg stellen, sondern ihnen eher helfen wird“474. Teil dieser Einheit waren auch die Ostgebiete, die für Romer in zweierlei Hinsicht besondere Bedeutung hatten. Erstens fand an ihrer Grenze die Abgrenzung nach Os- ten, zu Russland, statt. Nach Romers Verständnis stießen hier zwei „Naturgebiete“ auf- einander, die so verschieden seien, dass sich Geschichte, Traditionen und politisches System der durch diese Grenze getrennten Staaten in so unterschiedliche Richtungen entwickelt hatten, dass er von zwei „Welten“ sprach. Zweitens bildeten sie das Ziel für Polens „natürlichen Drang nach Osten“, den Romer ebenfalls seinem determinis- tischen Verständnis nach aus der Physiogeografi e, aus Flussnetz und Bodenformation, ableitete und den er als Naturgesetz verstand. Dieses Naturgesetz sah er zum Teil auch in Frankreich, natürlich aber in Deutschland am Werk, und an der Tatsache, dass er die deutsche Ostkolonisation mit keinem Wort verurteilte, im Gegenteil die deutsche zivilisierende Arbeit im Osten lobte und bewunderte475 – keineswegs typisch für seine Zeit –, ist klar zu erkennen, dass der „Drang nach Osten“ für ihn keinerlei moralische Dimension hatte. Romer war überzeugt, dass sich Polen im Osten gedeihlich entwicke- le, dass die Polen dort einen natürlichen Bevölkerungszuwachs verzeichneten und sich wirtschaftlich und geistig eher dort fortentwickelten als im Westen, wo er das Polen-

470 Das Deterministische in der Anthropogeografi e dieser Zeit ist ihr kausaler Erklärungsansatz, bei dem von der Wirkung auf die Ursache rückgeschlossen wird. Er setzt voraus, dass gleiche Erscheinungen gleiche Ursachen haben und dass menschliches Handeln von Naturgesetzen bestimmt wird. 471 Die von Daniel Piotrowski vertretene These, dass für Romer der „Wille einer Nation“ die gleiche Macht besitze wie die Physiogeografi e, ist bei gründlicher Lektüre von Romers Schriften nicht haltbar, vgl. D. PIOTROWSKI, Rola, S. 33. 472 RATZEL, Politische Geographie, S. 31 f.; im selben Sinne DERS., Menschheit, S. 74 f. 473 ROMER, Przyrodzone podstawy, S. 2 f. 474 Ebenda, S. 4. 475 DERS., Ilu, S. 24.

130 tum im Schwinden begriffen sah.476 In der Geschichte des polnischen Staates machte er zwei Achsen aus, die jeweils vom Zentrum des Staates, das er im Einzugsgebiet der Weichsel verortete, nach Nordosten beziehungsweise nach Südosten liefen und an denen sich das polnische materielle und geistige Leben konzentriere. Auch diese Ach- sen sah Romer in der Physiogeografi e vorgezeichnet und in der Gegenwart weiterhin wirksam, so dass der Besitz der von ihnen erschlossenen Gebiete für den Staat und die Gesellschaft essenziell nötig sei. Hinzu kam die Lage zwischen zwei Meeren, die Romer verkehrstechnisch und damit für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes als besonders wichtig erachtete. Diese Landbrücke nahm Polen aber nur ein, wenn es die Ostgebiete besaß. Ähnlich wie Studnicki sah auch Romer die Zukunft der polnischen Gesellschaft im Osten, nicht im Westen, und diese Entwicklungsrichtung verstand er als Naturgesetz, dessen Wirken der Mensch ohnehin nicht dauerhaft aufhalten könne. Anders als das von Popławski und Studnicki enthielt Romers Bild der Ostgebiete nicht die Vorstellung des zivilisierenden und kultivierenden Wirkens als historische Mission der Polen. Er wies zwar darauf hin, dass die Polen in den Ostgebieten die politisch, sozial und kulturell führende Schicht seien, leitete aus dieser Erkenntnis aber keine Mission der Polen ab, den Litauern und Ruthenen Kultur und Fortschritt zu bringen. Zivilisierung verstand er ohne moralische Überhöhung als einen natürlichen Prozess, der automatisch stattfi nde, wo immer ein Kulturgefälle herrsche. Damit unterschied er sich deutlich von Popławski und Studnicki, die beide entschiedene Vertreter einer polnischen zivilisierenden Sendung waren. In diesem Bild von den Ostgebieten waren ethnische Gegebenheiten für Romer irre- levant. Nationalpolitische Ansprüche der nicht-polnischen Bevölkerung nahm er nicht wahr. In seinem deterministischen Verständnis war das durchaus konsequent, denn es ordnete auch ethnisch-nationale Aspekte dem Primat der geografi schen Einheit unter. So erwartete Romer im Grunde, dass die anderen Völker die von der Natur vorgege- bene geografi sche Einheit und die polnische Führungsrolle akzeptierten und erkannten, dass sie sich nicht über die Natur hinwegsetzen könnten.477 Angesichts der Beschaf- fenheit des Territoriums hielt Romer nationale Eigenarten ohnehin für unbedeutend.478 Im Hinblick auf den Faktor Ethnos unterschied er sich damit stark von Popławski, da er weder die Litauer noch die Ukrainer als Gegner im Ringen um das Land betrach- tete, während sich Popławski auf vielen Hundert Seiten mit den Forderungen und der Politik beider Nationalbewegungen auseinandersetzte. Für Romer war – ebenso wie für Studnicki – in Bezug auf die Ostgebiete allein Russland Konkurrent. So fi nden sich in Romers Schriften, die bis zum Ende des Weltkriegs entstanden, auch keinerlei

476 Bernard Piotrowski interpretiert Romers Verständnis vom „Drang nach Osten“ nicht nach- voll ziehbar als „besonders gefährlich“ sowie als „Ausdehnung in Richtung des ‚geringsten Widerstandes‘“ und ist der Ansicht, Romer habe die Gebiete an Oder und Weichsel als optimales Entfaltungsgebiet für Polen gesehen. Dabei ignoriert er, dass Romer das Phänomen nicht moralisch bewertete, sondern es als „Naturgesetz“ verstand, das den Polen als Ent fal- tungsraum den Osten zuwies, wie er überhaupt Romers Polenbild höchst eigenwillig deutet. Vgl. B. PIOTROWSKI, insbesondere S. 48 ff. und 69. 477 ROMER, Przyrodzone podstawy, S. 48. 478 DERS., Polska, S. 74.

131 Hinweise darauf, wie er sich das Zusammenleben mit den nationalen Minderheiten im künftigen polnischen Staat vorstellte. Dass Eugeniusz Romer weder bei den Pariser Friedensverhandlungen noch in der Zwischenkriegszeit für föderale Konzepte, weit- gehende Minderheitenrechte oder regionale Autonomien eintrat, sondern in Minder- heitenfragen den Positionen der Nationaldemokratie nahestand, hat Daniel Piotrowski gezeigt.479 Diese politische Haltung war in seinen Betrachtungen zu Polen, die er vor Kriegsende verfasste, bereits angelegt. Dass Romer, der niemals Mitglied einer Partei war, auch sonst eher den Positionen der Nationaldemokratie nahestand, darauf weisen immer wieder Formulierungen in seinen Werken hin, die typisch für die nationaldemo- kratische Diktion waren.480 Romer hatte immer die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen seiner Forschungen im Blick und hatte auch die Bedeutung der Schulen zur Vermittlung von Raumbildern erkannt. Davon zeugen Übungsaufgaben aus seinem Schulbuch, die etwa lauten: „Zeig den Landstreifen, in dem die Entfernung zwischen Ostsee und Schwar- zem Meer am kürzesten ist!“, „Nenne die Flüsse, die die polnischen Länder durchfl ie- ßen und gleichzeitig verbinden!“ oder auch „Nenne die großen Städte der alten pol- nischen Republik!“.481 Es mag banal klingen, dass der Geograf Eugeniusz Romer sich zur Begründung sei- ner Thesen und Forderungen in Bezug auf Polen auf die Disziplin der Geografi e stützte, jedoch war seine damit verbundene Ablehnung der Geschichte als nicht objektiv in der Diskussion einmalig. Zwar gab es Positionen wie die von Popławski oder Jankow- ski, die die Wirksamkeit „historischer Rechte“ für die Gegenwart bestritten, doch war Romer der einzige, der der Geschichte Untauglichkeit als Berufungsinstanz vorwarf und sie bei Behandlung der Frage, was denn Polen sei, schlichtweg ignorierte. Romer hielt nur die Geografi e für neutral und damit objektiv. Das galt besonders für seine Kartenwerke. Der Geografi czno-statystyczny atlas Polski, der auf thematischen Karten Auskunft über Hypsometrie, Geologie, Klima, Flora, Fauna, Geschichte, Verwaltung, Bevölkerung, Landwirtschaft, Industrie und Verkehr gab, habe – so betonte Romer – ein Bild geschaffen, „das grundsätzlich jegliche allgemeine Synthese vermeidet, damit sich jeder auf der Grundlage dieses Bildes selbst sein Urteil bilden kann, ohne jegliche Beeinfl ussung dessen, der die Zahlen sammelte“. Diese Daten hielt Romer für unbe- stechlich und für die Abbildung der reinen Wahrheit: „Die Zahlen zeigen, wie die Welt regiert werden soll!“482 Auch in Polska i Polacy wird Romers Vertrauen in scheinbar unbestechliche Daten deutlich; er schrieb, die statistische Kartei sei „die Essenz der Summe aller historischer Fakten, sie veranschaulicht nämlich das Recht einer großen Zahl, sie kann nicht zwei Wahrheiten dienen und sie kann nicht irren.“483 An dieser Textstelle ist klar erkennbar, dass Romer die Geografi e der Geschichte als Berufungs- instanz und Legitimationswissenschaft eindeutig überordnete, denn die Methode der

479 PIOTROWSKI, Problem, S. 90-98. 480 Zum Beispiel der „nationale Besitzstand“ oder der „nationale Organismus“. Auch in seinen Erinnerungen äußerte er sich dementsprechend, siehe ROMER, Pamiętniki, S. 116 f. 481 ROMER, Geografi a, S. 77. 482 DERS., Geografi czno-statystyczny atlas, Przedmowa. 483 DERS., Polska i Polacy, S. 6.

132 Geografi e sei frei von politischen oder historischen Prämissen, die zur Verfälschung der Wahrheit führten.484 Ebenso erkennbar wird, dass er die Daten und Karten als Mittel der Geografi e zuweilen überschätzte, etwa wenn er schrieb, er habe im Geografi czno- statystyczny atlas Polski alle Seiten des nationalen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens auf dem Gebiet des alten Polen dargestellt.485 Mit seinem Konzept der abgegrenzten geografi schen Einheit Polens als Landbrü- cke zwischen zwei Meeren war Romer eine gewichtige Stimme in der Diskussion und Entwicklung polnischer geopolitischer Konzepte.486 Ob Romer selbst schon als Geo politiker zu bezeichnen ist, oder ob er nicht eher ihrer Vorläuferin, der politischen Geografi e, zuzurechnen ist, von deren wichtigstem Vertreter, Friedrich Ratzel487, er vielfältig angeregt war, muss hier nicht entschieden werden. Folgt man der Defi nition von Rainer Spengel, der die Geopolitik nicht als eine geografi sche Schule, sondern als Diskurs versteht, der die historische Entwicklung dem geografi schen Determinismus unterwirft488, so mag auch Eugeniusz Romer dazugehören. In jedem Fall prägten seine Ansichten die Wahrnehmung der geografi schen Lage Polens in der polnischen geogra- fi schen Wissenschaft maßgeblich.489 Durch sein Wirken als Sachverständiger bei den Pariser Friedenverhandlungen und in Riga 1920-1921 übte er großen Einfl uss auf die Festsetzung der polnischen Ostgrenze aus. Was er in diesen Jahren zu verwirklichen suchte, hatte er in den hier behandelten Arbeiten wissenschaftlich vorbereitet.

4.4 Oskar Halecki – ohne Ostgebiete keine polnische Staatsidee

Oskar Halecki war einer der führenden Mittelalter- und Frühneuzeithistoriker im Polen der Zwischenkriegszeit. Insofern ist er einerseits in der Forschung kein Unbekannter, wie in seinem Namen verliehene Preise490 und eine internationale „Oskar-Halecki- Vorlesungsreihe“491 belegen. Halecki hat den Ostmitteleuropabegriff durchgesetzt492, und zu Recht verzichtet keine Abhandlung zu Ostmitteleuropa als historischer Struk-

484 Ebenda, S. 4. 485 Ebenda, S. 21. 486 Nur als Überblick eignet sich der unzureichend mit Quellen belegte Band EBERHARDT, Twórcy. Einen knappen, aber grundlegenden Überblick über die Geopolitik mit Analyse weiterführender Literatur gibt OSTERHAMMEL, Wiederkehr. 487 So auch der Titel seines Hauptwerkes: RATZEL, Politische Geographie. 488 SPRENGEL. 489 WAPIŃSKI, Polska i małe ojczyzny, S. 202 ff. 490 Die Auszeichnung „Nagroda im. Oskara Haleckiego“ (Oskar-Halecki-Preis) wird jährlich vom Instytut Pamięci Narodowej (Institut für Nationales Gedenken) sowie von Polskie Radio (Polnisches Radio) und Telewizja Polska (Polnisches Fernsehen) für das beste historische Buch verliehen. Davon unabhängig vergibt die Polish American Historical Association den „Oskar Halecki Prize“ für wichtige Werke zu polnischen Erfahrungen in den USA. 491 Veranstalter ist das Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) an der Universität Leipzig. 492 Insbesondere auf den Band HALECKI, Limits, nimmt die Forschung auch heute noch regel- mäßig Bezug. Zusammen mit der 1952 erschienenen Monografi e DERS., Borderlands, ver-

133 turregion darauf, auf seine wegweisenden Schriften zu rekurrieren493. Andererseits stellt Hans-Jürgen Bömelburg völlig zu Recht fest, dass „sich die historiografi sche Re- fl exion kaum mit dem Gesamtwerk Haleckis, dessen konzeptioneller Anlage, zentralen Aussagen und Leerstellen beschäftigt“494 hat. Weder sei n historiografi sches noch sein publizistisches Werk sind ausreichend untersucht495, wobei Bömelburg im genannten Aufsatz den Weg dafür einladend bereitet. Oskar Halecki wurde am 26. Mai 1891 in Wien geboren, sein Vater, Oskar sen., war als Feldmarschall-Leutnant ein hoher österreichischer Offi zier, seine Mutter, Leo- poldina de Dellamanić, stammte aus einer kroatischen Familie.496 Die Familie Halecki gehörte zum polnisch-litauischen Adel, Oskar jun. selbst widmete eine seiner ersten wissenschaftlichen Publikationen dem Ursprung seines Geschlechts und den Lebens- läufen seiner Ahnen von vor 1569.497 Dass sein familiäres Umfeld und der Kontext seiner Bildung stark vom europäischen Adel und dessen Gesellschafts- und Elitenbild geprägt war, wurde mehrfach zu Recht hervorgehoben und muss auch hier erwähnt werden, da sich dieser persönliche Hintergrund in seinen politischen und gesellschaft- lichen Auffassungen spiegelt. Haleckis persönliche, affi rmative Identifi kation mit ade- ligen Traditionen498 wird nicht nur in seinem familiär-genealogischen Zugang zur ex- plizit als „eigene“ empfundenen Geschichte deutlich, sondern auch darin, dass er seine ersten auf Deutsch verfassten Arbeiten als „Oskar Ritter von Halecki“ publizierte. Mit merklichem Stolz wies er darauf hin, dass einer seiner Vorfahren die Lubliner Union unterzeichnet habe.499

ankerte er den Ostmitteleuropabegriff in der Geschichtsschreibung. Siehe zuletzt TROEBST, Region. 493 Siehe dazu unten ausführlicher auf S. 151 ff. 494 BÖMELBURG, Halecki, S. 100. 495 Als Gründe für die fehlende Beschäftigung nennt Bömelburg überzeugend Haleckis Rolle als Exilhistoriker und die damit verbundenen, teils verbittert geführten Richtungskämpfe der volkspolnischen und der exilpolnischen Historiker, die Tatsache, dass Halecki aufgrund von Krieg und Exil keine Schule bilden konnte, sowie seine auf „orthodoxem Katholizismus“ fußende geschichtsphilosophische Theorie. Siehe ebenda, S. 100 f. 496 Es gibt bisher keine Monografi e zu Oskar Halecki. Siehe zuletzt neben BÖMELBURG, Ha- lecki, die Aufsätze KŁOCZOWSKI, Halecki; MORAWIEC; ältere Aufsätze siehe dort. Haleckis Nachlass befi ndet sich im Archiv des polnischen Instituts in New York. Zu Haleckis Biografi e siehe Nachrufe und Erinnerungen: DZIEWIANOWSKI, Nachruf (Übersetzung aus den Londoner Wiadomości, Nr. 47/1443 vom 25.11.1973); PAJEWSKI, Halecki; WANDYCZ, O dwóch; RHODE, Historiker; JASNOWSKI. 497 HALECKI, Chaleccy, zuvor erschienen in: Miesięcznik Heraldyczny 3 (1911). Er verfasste auch die Einträge zu seinen Vorfahren im Polski słownik biografi czny, hier Bd. 3, S. 246 ff. 498 DERS.: De consolatione historiae, in: Przegląd Powszechny 34 (1918), H. 1-2, S. 20-32, hier S. 26 f. Der Aufsatz ist eine wohlwollende Besprechung von Duch dziejów Polski (Geist der Geschichte Polens) von Antoni Chołoniewski, einer Generalabrechnung mit den Thesen der Krakauer Schule, die erstmals 1917 in Krakau erschienen war und großen Erfolg hatte. Siehe dazu WIERZBICKI, Wokół „Ducha“; MATERNICKI, Idee, S. 342 ff. 499 HALECKI, Chaleccy, S. 11.

134 Halecki besuchte das traditionsreiche Schottengymnasium in Wien, ehe er an der Jagiellonen-Universität in Krakau bei Wiktor Czermak, Wacław Sobieski und Stanisław Krzyżanowski Geschichte studierte. Bei der Wahl seines Studienortes mag eine Rolle gespielt haben, dass sein „vollständig germanisierter“500 Vater sich am Ende seines Lebens mit seinen polnischen Wurzeln beschäftigt und in seinem Testament den Wunsch geäußert hatte, sein Sohn möge in Krakau studieren. Halecki spezialisierte sich früh auf das jagiellonische Reich. Bei Krzyżanowski wurde er 1913 mit der Arbeit Przyłączenie Podlasia, Wołynia i Kijowszczyzny do Korony w roku 1569 (Die Anglie- derung von Podlachien, Wolhynien und Kiew an die Krone im Jahre 1569) promoviert und bereits zwei Jahre später über die polnisch-litauischen Beziehungen im 15. Jahr- hundert501 habilitiert. In den Jahren 1914/15 absolvierte er einen Forschungsaufenthalt in Wien, anschließend dozierte er am Lehrstuhl für Historische Hilfswissenschaften502 der Jagiellonen-Universität. Von dort wechselte er 1919 an die erneuerte Universität Warschau, wo er den ersten polnischen Lehrstuhl für die Geschichte Osteuropas über- haupt übernahm. Dort forschte und lehrte er vor allem zu Themen der mittelalterlichen Geschichte Polens, den polnisch-litauischen Beziehungen bis zur Lubliner Union und zur Geschichte Osteuropas bis in die frühe Neuzeit. Auch auf die Diskussion um eine „polnische Ostpolitik“ als vordringliche außenpolitische Frage der frühen 1920er Jahre nahm er einigen Einfl uss.503 Die moderne polnische Geschichtswissenschaft entwickelte sich nach dem Januar- aufstand vor allem in Galizien, begünstigt durch die relativen Freiheiten der Autonomie und der damit verbundenen Repolonisierung der Universitäten.504 In den intellektu- ellen Zentren des Kronlandes blühte die universitäre historische Forschung ebenso auf wie die außeruniversitäre. An den Universitäten Krakau (1869) und Lemberg (1882) wurden Lehrstühle für polnische Geschichte eingerichtet.505 Im Jahre 1872 wurde die Akademia Umiejętności (Akademie der Wissenschaften506) in Krakau gegründet, 1886

500 KŁOCZOWSKI, Halecki i jego walka, S. 397. Das väterliche Testament fi ndet auch bei RHODE, Drei polnische Historiker, S. 529, Erwähnung. 501 HALECKI, Ostatnie lata. 502 Diesen Lehrstuhl hatte sein Lehrer Stanisław Krzyżanowski eingerichtet, siehe OSKAR HA- LECKI: Die neueste polnische Geschichtsforschung, in: Österreich. Zeitschrift für Geschich- te 1 (1918), S. 70-82, hier S. 73. 503 BÖMELBURG, Halecki, S. 108 f., und JENA. 504 Es gibt keine neuere Gesamtdarstellung der polnischen Historiografi egeschichte. Die umfangreichste ältere Darstellung ist SEREJSKI, Zarys. GRABSKI, Zarys, bietet einen eher populärwissenschaftlichen Überblick. Zum liberalen Klima in Galizien siehe BIEBERSTEIN. 505 HULEWICZ. 506 „Polska Akademia Umiejętności“ (PAU) bedeutet wörtlich „Polnische Akademie des Kön- nens“, die PAU bezeichnete sich jedoch selbst auf Deutsch als „Akademie der Wissenschaften“. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Polska Akademia Nauk (PAN, Polnische Akademie der Wissenschaften), die 1951 von den kommunistischen Machthabern als Ersatz für die PAU und zur Kontrolle über die Wissenschaft gegründet wurde, siehe http://www.instytucja. pan.pl/index.php?option=com_content&view=article&id=15&Itemid=22 (13.04.2010). Die PAU wurde zugleich praktisch aufgelöst und ihre Bestände der PAN übergeben. Siehe REDE- ROWA.

135 entstanden in Lemberg das Polskie Towarzystwo Historyczne (Polnische Historische Gesellschaft) und 1887 die historische Fachzeitschrift Kwartalnik Historyczny (Histo- rische Vierteljahrsschrift). Die Polnische Historische Gesellschaft organisierte ab 1890 gesamtpolnische Historikertage. Oskar Halecki gehörte zu einer jüngeren Generation von Historikern, die sich ab 1900 unter dem Einfl uss von Neoromantik und Nationalbe- wegung von den Traditionen der älteren Krakauer Schule abwandte und einen affi rma- tiven Zugang zur polnischen Geschichte suchte. Gerade Halecki forderte eine positive Hinwendung und er suchte in der polnisch-litauischen Vergangenheit als Großmacht Vorbilder und Lösungsansätze für aktuelle (national)politische Herausforderungen. Während des Ersten Weltkriegs gehörte er dem Naczelny Komitet Narodowy (Oberstes Nationalkomitee, NKN) an, einer 1914 gegründeten Vereinigung, die eine austropolnische Lösung anstrebte507, und veröffentlichte einige Artikel im Czas (Zeit), der Zeitung der Krakauer Konservativen, sowie in Polen. Wochenschrift für polnische Interessen, dem Wiener Organ des NKN, in denen er für diese Orientierung warb. An der Pariser Friedenskonferenz nahm er als Experte der polnischen Delegation und als Generalsekretär des Biuro Prac Kongresowych (Büro für die Kongressarbeit) teil. Auf der Konferenz trat er für einen vereinigten polnischen Staat aus Polen, Litauen und der Ukraine ein, außerdem widmete er sich dem Beweis der polnischen „historischen Rechte“ auf Ostgalizien und Wolhynien508. Unter der Regierung von Józef Piłsudski war er 1919 Leiter der Bildungsabteilung des Außenministeriums. Als Anhänger von Piłsudskis Ostpolitik entwarf er Vorschläge für die polnische Ostgrenze und die künf- tige Ostpolitik. Dabei trat er weiterhin für eine Föderation mit Litauen und der Ukrai- ne ein, wobei Ostgalizien zum polnischen Reichsteil gehören sollte. Für angrenzende Gemeinden mit ethnisch polnischer Bevölkerung im ehemaligen Großfürstentum for- derte er Plebiszite über die Zugehörigkeit zum polnischen Teil, nicht angrenzende Ge- meinden sollten eine weitgehende Autonomie erhalten.509 Dies Beispiel soll nur als ein Beleg für die Kontinuität von Haleckis Ostkonzept in die Zwischenkriegszeit hi- nein dienen. Auch auf das monumentale Werk Dzieje Unii Jagiellońskiej (Geschichte der Jagiellonischen Union), das 1919 bis 1920 erschien, soll hier noch hingewiesen werden, da es für Haleckis Fortführung seiner Interpretation der Union steht und für die wissenschaftliche Fundierung und Popularisierung der „jagiellonischen Idee“ der Zwischenkriegszeit zentral war.510 In den Jahren 1922 bis 1924 wirkte er in Genf in der Commission internationale de Coopération intellectuelle de la Société des Nations511, wo „er ein beachtliches Netzwerk europäisch gesinnter Intellektueller aufbaute“512, zu dem beispielsweise Henri Bergson, Albert Einstein und Marie Curie-Skłodowska ge- hörten. In der Zwischenkriegszeit war Halecki ein angesehener, international hervorra-

507 SULEJA, Orientacja. 508 HALECKI, Le droits. 509 DERS.: Granice z roku 1772, a nasz program obecny, in: Wschód Polski (1920), 3, S. 1-6, und 4, S. 1-11. 510 DERS., Dzieje. 511 DERS., La Commission, S. 181-195. 512 MORAWIEC, S. 218.

136 gend vernetzter Historiker.513 Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte er über die Schweiz, Frankreich und England in die USA, wo er an der Fordham University des Jesuitenordens in New York eine neue akademische Heimat fand und auch nach 1945 blieb, da er in ein sowjetisch fremdbestimmtes Polen nicht zurückkehren wollte.514 An der Fordham University hatte er von 1944 bis zu seiner Emeritierung 1961 den Lehr- stuhl für Osteuropäische Geschichte inne.515 Darüber hinaus war er von 1942 bis 1953 Direktor und von 1953 bis 1962 Präsident des Polnischen Instituts in New York516, das er zusammen mit sechs weiteren Mitgliedern der Polska Akademia Umiejętności 1942 gegründet hatte.517 Er starb am 17. September 1973 in White Plains bei New York. Eine vollständige Bibliografi e von Haleckis Werken ist bisher nicht erschienen, allerdings führt eine 1935 für ihn entstandene Festschrift seine Publikationen bis zum Jahre 1934 auf.518

4.4.1 Das irrelevante Ethnos

Oskar Haleckis politische Anschauungen fußten unverkennbar auf seinem Verständ- nis von der alten Republik als supranationalem Staatsgebilde, dessen Staatsbürger durch gleiche Ideale, gemeinsame Geschichte und Traditionen, historische Aufgaben und gemeinsame Kämpfe, schließlich durch Gottes Vorsehung miteinander verbunden seien.519 So bezeichnete er die Völker der Polen, Litauer und Ruthenen wiederholt als Interessengemeinschaft, die seit dem Mittelalter aufeinander angewiesen sei und durch ihre gemeinsame große historische Aufgabe zusammengeschweißt wurde.520 Wenn er, was vereinzelt vorkam, das Bild der Familie gebrauchte, die durch „Bande des Blutes geeint“521 sei, so liegt diesem Bild keineswegs die Vorstellung einer Abstammungs- gemeinschaft zugrunde. Stattdessen verwendete er das emotionale Bild des Blutes, um den Grad der Verbundenheit der Polen und Litauer anschaulich zu beschreiben sowie um auf die zahlreichen verwandtschaftlichen Bindungen hinzuweisen.522 In der

513 Ebenda; BÖMELBURG, Halecki, S. 116. 514 MORAWIEC, S. 221. 515 Zu Haleckis weiterem wissenschaftlichen und politischen Wirken siehe ebenda, S. 219 ff. 516 Das Polish Institute of Art and Sciences of America (PIASA) wurde 1942 als Fortsetzung der Tätigkeit der Krakauer PAU gegründet, die 1939 vom deutschen Besatzungsregime geschlossen worden war. Siehe zum Institut die Tätigkeitsberichte im Rocznik Polskiej Akademii Umiejętności (Jahrbuch der Polnischen Akademie der Wissenschaften). 517 GROMADA. 518 Księga. 519 OSKAR HALECKI: Polen und der Weltfrieden, in: Polen. Wochenschrift für polnische Interessen 12-13 (1915), S. 300-305, 399-342, hier S. 341; Oskar von Halecki [DERS.]: Zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, in: Österreich. Zeitschrift für Geschichte 1 (1918), H. 3, S. 190-210, hier S. 191. 520 Ebenda S. 196; ebenso DERS., Ekspansya, S. 75 (die in diesem Band versammelten Vorträge waren 1917 an der Jagiellonen-Universität gehalten worden); HALECKI, Geschichte, S. 1. 521 Zum Beispiel DERS., Unia, S. 12 f. 522 HALECKI, Geschichte, S. 103 f.; DERS.: Sejm obozowy szlachty litewskiej pod Witebskiem w r. 1562 i jego petycja o unię z Polską [Der Lagersejm des litauischen Adels vor Witebsk

137 deutschsprachigen523, vom NKN herausgegebenen Publikation Das Nationalitäten- Problem im alten Polen kritisierte er die Rückprojizierung des modernen Nationsbe- griffs auf die Verhältnisse in der alten Republik:

„Während es niemand einfallen würde, unsere heutigen sozialen oder wirtschaftlichen Be- griffe kritiklos z.B. ins ausgehende Mittelalter zu übertragen […], spricht man von natio- nalen Gegensätzen jener Generation in eben demselben Sinne, wie er seit der Mitte des XIX. Jahrhunderts geläufi g geworden ist.“524

Im Folgenden legte er die Unterschiede zwischen modernem Nationalismus und dem vormodernen Nationsverständnis dar und kam zu dem Schluss, dass in d er Republik,

„zwischen den verschiedenen Völkern des Reiches, seinen Nationen im heutigen Sinne des Wortes, der Gegensatz nicht so stark war, als dass sie nicht gemeinsam Träger seines Staats- gedankens sein konnten. Dieser Gedanke war die Vereinigung der verschiedensten Territo- rien […] zu einer politischen Gesamtheit, einer ‚natio‘ in der damaligen noch im Mittelalter wurzelnden Bedeutung, der ihre Schöpfer, die Polen, den Namen gaben.“525

Aus diesem Verständnis von Staatsbürgergemeinschaft, die für ihn einen höheren Wert darstellte als die moderne, ethnisierte Nation, resultierte seine Vision eines konfl ikt- freien Zusammenlebens der Angehörigen verschiedener Ethnien und Konfessionen in einem Großreich. Dass er diesen Staat dennoch als „polnisch“ begriff, zeigt sein Sprachgebrauch, da er in der Regel vom „polnischen Reich“, „polnischen Staat“ und schlicht von „Polen“ auch in Bezug auf die Union von vor 1596 schrieb. Wie im obigen Zitat resultierte die Polonität des Staates für ihn daraus, dass es die Polen waren, die ihn geschaffen sowie kulturell, politisch und religiös geprägt hätten. Sprechend ist auch die Feststellung, dass Litauen im eigenen Empfi nden immer mehr zu einem Teil des

1562 und seine Petition um die Union mit Polen], in: Przegląd Historyczny 18 (1914), H. 3, S. 320-352, hier S. 342. 523 Haleckis zahlreiche Veröffentlichungen in deutscher Sprache während des Krieges waren offensichtlich an die verantwortlichen Habsburger Kreise gerichtet, jedoch ist davon auszugehen, dass sie auch von der polnischen (galizischen) Öffentlichkeit aufmerksam gelesen wurden. Seine darin veröffentlichen Ansichten deckten sich mit denen in seinen polnischsprachigen Publikationen. 524 HALECKI, Nationalitäten-Problem, S. 27. Dass er auf S. 13 desselben Bandes feststellte: „Das Reich der Piasten [war] ein ausgesprochener Nationalstaat“, zeigt, wie sehr auch er vom aktuellen Nationaldiskurs geprägt war. In der Arbeit wandte sich Halecki gegen Vorwürfe in der deutschen und russischen Geschichtsschreibung, dass Polen „die Mehrheit sei ner Bewohner, Angehörige anderer Nationen, […] unterdrückte und entrechtete“ (S. 9). Demgegenüber pries er das friedliche Wachstum des Staates und seine innere Toleranz. Zugleich richtete er seine Verteidigung der polnischen Geschichte auch gegen die ukrainische Geschichtsschreibung und namentlich gegen Mychajlo Hruševs’kyj, den er als Wissenschaftler lobte, dessen „polenfeindliche Haltung“ er aber kritisierte, siehe S. 9 ff. bzw. 102 f. 525 Ebenda, S. 27.

138 „gemeinsamen Vaterlandes, zur dritten ‚Provinz‘ der Republik, neben Großpolen und Kleinpolen“ geworden sei.526 Als historisches Vorbild für das wiederzuerschaffende Reich – tatsächlich verwen- dete er in seinen deutschsprachigen Publikationen stets den Reichsbegriff – diente ihm wiederum die alte Republik, nach deren Muster er den polnischen Staat neugeschaf- fen sehen wollte. Ein gedeihliches, konfl iktfreies Zusammenleben hielt Halecki auf der Grundlage von nationaler Gleichberechtigung und religiöser Toleranz für möglich. Er war sich dessen bewusst, dass ethnisch-nationale Auseinandersetzungen seine Ge- genwart prägten und ein Problem darstellten, das der neue Staat würde lösen müssen, zumal eine Grenzziehung entlang ethnisch defi nierter Siedlungsgrenzen aufgrund der gemischten Besiedlungsstruktur unmöglich war. Da er für einen Staat eintrat, der das gesamte Gebiet von 1772 umfassen sollte, waren ethnische Siedlungsgrenzen für ihn ohnehin irrelevant. Er sah einzig in einem föderalen Staatsgebilde die Möglichkeit, den litauisch-polnischen und den ruthenisch-polnischen (Territorial-)Streit zu lösen, weil die Abgrenzung zwischen „Polen im engeren Sinne“ und den anderen Ländern dann „eine innere Frage des gemeinsamen Staatswesens“527 wäre. Darüber hinaus hielt er die jeweiligen Konfl ikte ohnehin für überwiegend sozialer Natur, die der gemein- same, unabhängige Staat würde lösen müssen und können.528 Er strebte eine tiefgrei- fende Verständigung an und sah sich als Historiker in der Pfl icht, „die Fabel, dass die- ses und jenes Volk sich seit den Anfängen ihrer Geschichte als hasserfüllte Gegner gegenüberstehen“529, zu widerlegen. Stattdessen beteuerte er:

„Zu den Ruthenen und Litauern, […] deren Blut in den Adern von so vielen unter uns rollt, ebenso wie unseres in denen von vielen unter ihnen, von denen uns keine Grenze teilen kann, ohne dass hüben und drüben bedeutende Minoritäten blieben, möchten wir mit Worten der Eintracht und des Friedens kommen und nicht als Phantom einer feindlichen, fremden, gefahrdrohenden Gewalt.“530

Halecki erkannte grundsätzlich die Existenzberechtigung eines selbständigen litau- ischen oder ruthenischen Staates an531, nur hielt er die Schaffung dreier Einzelstaaten auf dem Gebiet der ehemaligen Republik für unvernünftig, da sie die grundlegenden Probleme auf dem Gebiet nicht lösten und die Staaten zudem schwach wären. Abwei- chend vom untergegangenen Staat forderte er das neue polnisch-litauisch-ruthenische Reich als dezentral organisierte Dreierföderation mit Selbstverwaltungsorganen für die einzelnen Föderationssubjekte.532 In seinen fachhistorischen wie populärwissen- schaftlichen Werken nannte er als einen wichtigen Grund für den Untergang des Uni- onsstaates wiederholt die Tatsache, dass er eben nicht aus den drei Gliedern bestand,

526 DERS., Geschichte, S. 19. 527 HALECKI, Ostgrenze, S. 1. 528 Ebenda, S. 3. 529 DERS., Nationalitäten-Problem, S. 11. 530 Ebenda, S. 103 f. 531 DERS., Ostgrenze, S. 4. 532 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 341; DERS., Ostgrenze, S. 44.

139 sondern die ruthenischen Gebiete zwischen Litauen und Polen aufgeteilt waren.533 In seinem Habilitationsvortrag äußerte er dazu:

„Hier ist nicht der Ort, die Ursachen zu ermitteln, warum es nicht zu einer solchen [trialis- tischen, A.S.] Lösung der ruthenischen Frage kam; die Hauptgründe liegen möglicherweise im nicht ausreichend entwickelten Nationalgefühl Rutheniens selbst sowie darin, dass die Losung ihrer Abtrennung von einem so ‚antistaatlichen‘ Element erhoben wurde, das die Republik so wenig verstand und das zugegebenermaßen umgekehrt so wenig von ihr ver- standen wurde, wie die Kosaken.“534

Den Grund für das ungenügend entwickelte Nationalgefühl der Ruthenen sah er darin, dass die ruthenische Staatstradition schon lange vor der Union unterbrochen worden sei.535 Dass der Erste der Schläge, die die Republik schließlich untergehen ließen – nämlich der Verlust Kiews und des linken Dnjeprufers –, von den Kosaken ausgegan- gen sei, zeige, dass die ungelöste Trialismusfrage sich als Achillesferse des Staates erweisen würde.536 Zwar warf er den Kosaken „unerhörte, unmenschliche Greuel“, Mangel an Einigungswillen und die Entfesselung von Hass vor, andererseits schrieb er auch unumwunden, dass einige Forderungen der Kosaken berechtigt gewesen seien und die Maßnahmen der Krone, das „Kosakenproblem“ zu lösen, „unkonsequent und verfehlt“ waren.537 Um also die „ruthenische Frage“ zu lösen und die neue Föderation auf sichere Füße zu stellen, trat er nachdrücklich für eine trialistische Lösung ein. Er zeigte sich zutiefst davon überzeugt, dass der Grundsatz der nationalen Gleich- berechtigung die nationalistischen Bewegungen „besiegen“ werde.538 Auch diese Ge- wissheit entnahm er der Geschichte: Wenn „einträchtiges Zusammenleben und -wirken [früher] möglich war, dann müsste es doch auch im XX. Jahrhundert durchführbar sein!“539 Den Boden dafür habe der Unionsstaat bereitet, indem er die zu Beginn des Zusammenschlusses bestehenden kulturellen Gegensätze seiner historischen Länder durch Mission der Litauer und schließlich die Gewinnung Rutheniens für den Katho- lizismus durch die Kirchenunion nahezu zum Verschwinden gebracht habe.540 Daraus wird deutlich, dass er kulturelle Unterschiede als Folge des Glaubensunterschieds deu- tete. Dass er die Gegensätze für verschwunden hielt, heißt nicht, dass er nicht trotzdem von der Existenz ethnisch-nationaler Unterschiede zwischen Polen, Litauern, Weiß- russen und Ruthenen ausging.541 Diese seien jedoch auf der Grundlage von Toleranz

533 DERS., Nationalitäten-Problem, S. 21; DERS., Unia, S. 29 ff. 534 DERS., Unia, S. 31; im selben Sinne DERS., Nationalitäten-Problem, S. 91 f. 535 Im selben Sinne DERS., Ekspansya, S. 62 f., DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 210. 536 DERS., Unia, S. 29; im selben Sinne DERS., Nationalitäten-Problem, S. 94; O. v. Halecki [DERS.]: Warum Polen unterging?, in: Berichte des Forschungsinstituts für Osten und Orient in Wien 1 (1916), S. 20-27, hier S. 21. 537 DERS., Nationalitäten-Problem, S. 86 ff.; DERS., Ekspansya, S. 69 f. 538 DERS., Ekspansya, S. 74. 539 DERS., Nationalitäten-Problem, S. 12 und 97. 540 DERS., Ekspansya, S. 53 und 57; DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 341. 541 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 304; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 43.

140 und Gleichberechtigung für das friedliche Zusammenleben bedeutungslos. Mehrfach versicherte er, dass die Polen ihren „Brudervölkern“ diese Grundsätze gewähren wür- den: „Ihre nationalen Rechte wird weder Litauern noch Ruthenen ein vernünftiger pol- nischer Patriotismus jemals absprechen wollen, ebensowenig als es je der polnische Staatsgedanke getan hat.“542 An anderer Stelle heißt es: „wie einst unsere Väter, so wollen auch wir die Rechte anderer achten, nicht nur an unsere Freiheit denken, son- dern auch an die jener Völker, mit denen uns die Geschichte so innig verknüpft hat“543. In Haleckis Beschwörungen von Toleranz, gegenseitigem Verständnis und freiwilligen Konzessionen der Polen zugunsten eines friedlichen Zusammenlebens wird einerseits seine affi rmative, in Teilen unkritische Hinwendung zur Union als Prototyp übernatio- naler Reiche, gepaart mit paternalistischem Blick auf die nicht-polnische Bevölkerung deutlich.544 So schrieb er zum Beispiel von Nachgiebigkeit und Verständnis als der polnischen Methode, inneren Antagonismen zu begegnen.545 Andererseits ist Haleckis tiefe Prägung durch seinen christlichen Glauben zu beachten. Er war überzeugter Ka- tholik, und an vielen Stellen seiner Schriften wird deutlich, dass ihm, wenn er von tolerantem Staat und innerem Frieden sprach, auch das Reich und der Friede Gottes als Vorbild und letztendliches Ziel stets gegenwärtig waren.546 Innerhalb seiner eigenen Argumentation war es folgerichtig, dass für Halecki die ethnisch-national motivierten Auseinandersetzungen auf dem Gebiet der ehemaligen Republik seiner Zeit nahezu keine Rolle spielten. Weder in seinen wissenschaftlichen Schriften noch in seinen publizistischen Veröffentlichungen äußerte er sich in nennens- wertem Maße dazu, weil er sie in einem unabhängigen Staat für leicht lösbar hielt. So bemühte er auch keine statistischen Daten, wie sie seine Zeitgenossen hingebungsvoll auswerteten. Die einzige Ausnahme stellen seine Artikel zur sogenannten „Chełmer Frage“ dar, mit denen er unmittelbar in die Tagespolitik einzugreifen suchte. Sie bezo- gen sich nicht auf relativ abstrakte Zukunftsvisionen für den unabhängigen Staat, son- dern auf die konkrete Angliederung des Gebietes Chełm im Separatfrieden („Brotfrie- den“) von Brest-Litowsk an die Ukrainische Volksrepublik im Februar 1918547. Zwar führte er auch in diesem Kontext „wissenschaftliche Tatsachen aus zehn Jahrhunderten wie aus der Gegenwart“548 und „historische Rechte“549 als Argumente ins Feld, doch argumentierte er darüber hinaus mit ethnografi schen Daten. Anhand der Ergebnisse der letzten österreichischen Volkszählung wies er nach, dass Chełm weit überwiegend von polnischer, katholischer Bevölkerung bewohnt sei und die Polen somit neben

542 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 341. 543 DERS., Nationalitäten-Problem, S. 103. 544 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 341. 545 DERS., Ekspansya, S. 66 ff. 546 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 341 f.; DERS., De consolatione (wie Anm. 498), S. 32; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 102. 547 JANUSZ, Odbudowa, S. 229 ff.; Quellen zur Geschichte, Bd. 8: Der Friede von Brest-Litowsk, S. 305 ff., mit einer Kartenskizze des Gouvernements Chełm S. 717. 548 Oskar Ritter von Halecki [DERS.]: Das Land Chełm. Der polnische Standpunkt, in: Neue Freie Presse, Abendblatt (8.03.1918), S. 2. 549 Ebenda.

141 „einwandfreie[n] historische[n auch] nationale Rechte“550 auf das Land hätten. Dass er hier auch zu diesem populären Mittel der Statistik griff, ist offensichtlich der Dringlich- keit des Widerstandes gegen diese Angliederung geschuldet. Vor dem Hintergrund, dass Halecki den polnisch-litauischen Unionsstaat als Ide- altypus eines Staates und als Muster für den wiederzuschaffenden polnischen Staat betrachtete, der als Interessengemeinschaft der verschiedenen Völker und Konfessi- onen auf der Grundlage von Gleichberechtigung und Toleranz am besten geeignet sei, inneren Frieden zu stiften, kam den Ostgebieten eine Schlüsselposition zu. Denn sie, die ethnisch und konfessionell gemischt besiedelten Landschaften, waren der Ort, an dem die Ideale der Union zu verwirklichen waren. Nicht im ethnisch polnisch besie- delten Zentralpolen würden sich die Tauglichkeit und der hohe moralische Wert sei- ner Grundsätze erweisen und den polnischen Staat zu etwas Besonderem und ethisch Höherwertigem machen, sondern dort, im ehemaligen Großfürstentum, in Wolhynien und Podolien und der alten Ukraina. Dass dieselben Grundsätze für das Zusammenle- ben mit Deutschen oder Tschechen in anderen gemischt besiedelten Regionen ebenso große Bedeutung hätten, fi ndet bei Halecki keine Berücksichtigung.551 Sein Blick war nach Osten gerichtet, im Osten sah er die besonderen Charakteristika des polnischen Staates, dort sah er seine historische Mission und die Grundlage für seine Macht und Stabilität. So war für Oskar Halecki schlicht undenkbar, einen polnischen Staat ohne die historischen Ostgebiete anzustreben. Ein solcher Rumpfstaat wäre für ihn nicht nur rechtswidrig, territorial und somit machtpolitisch amputiert, sondern vor allem völlig unhistorisch, weil er seiner Besonderheiten und der Quelle höheren moralischen Wertes beraubt wäre. Nach Haleckis Maßstäben, der Polonität nicht ethnisch, sondern über- national und historisch, beinahe ethisch verstand, wäre er damit – obwohl vielleicht ethnisch überwiegend polnisch – geradezu „unpolnisch“.

4.4.2 Haleckis Bild der Ostgebiete

Haleckis Vision des friedlichen, gedeihlichen Zusammenlebens der Ethnien und Kon- fessionen korrespondiert eng mit anderen Aspekten seines Bildes von den Ostgebieten. So sah er das fruchtbare Zusammenwirken der Bevölkerung befördert durch den Cha- rakter der Landschaft, die Frieden und Ruhe atme: „Es wäre eine reizvolle Aufgabe, den inneren Zusammenhang von Landescharakter, Volksseele und der auf beider Grundla- ge ersprossenen Kultur zu erschließen.“552 Haleckis Glauben an eine enge Verbindung und Wechselwirkung dieser Faktoren passt zu seiner Vorstellung von einem „selten innige[n] Gefühl des Zusammenhanges mit dem Grund und Boden“553 – Elemente, die gemeinsam implizit das Bild von an das Land gebundenen Charakteristika und

550 Ebenda. Im selben Sinne Oskar von Halecki [DERS.]: Polens historische Rechte auf das Chełmer Land und Podlachien, in: Polen. Wochenschrift für polnische Interessen 164 (1918), S. 206-210. 551 Auch die Juden kamen in Haleckis Vision des idealen Polen nicht vor, obwohl sie nicht weniger zum Völkergemisch im Osten beitrugen. 552 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 324. 553 Ebenda S. 341.

142 Werten evozieren, die es besonders wertvoll machen. Auf dieser Grundlage konnten – so Halecki – die verschiedenen Völker eine fruchtbare Verbindung von Ost und West eingehen, die die Kultur des Landes erblühen ließ. Die Spuren dieser gedeihlichen Entwicklung sah er dem Land auf ewig eingeschrieben:

„Die Expansion des polnischen Staates nach dem Osten war […] vor allem ein Weitertragen der vom Westen übernommenen und zu individueller Entfaltung gebrachten Kultur. Ihre Spuren reichen noch heute so weit, wie einst die äußersten Grenzen des Reiches. Sowohl im geschlossenen polnischen Sprachgebiete, als auch weit darüber hinaus leben in heiligen Traditionen, die keine Veränderung der wechselvollen Zeiten zu verwischen vermag, die Erinnerungen der gemeinsamen, großen historischen Kulturmission des einstigen Völker- verbandes zwischen Ostsee und Schwarzem Meer. In den Kirchen von Wilno, auch dort, wo die Orthodoxie von ihnen Besitz ergriffen hat, sprechen sie nicht weniger deutlich als in der Kathedrale auf dem Wawel – und bis zur Düna und zum Dnjepr fi ndet man auf Schritt und Tritt die Spuren jahrhundertelanger Friedensarbeit und Kultureinfl üsse in den alten Städten wie in den stillen Edelhöfen.“554

Die für Haleckis Gegenwart gültige Aussage ist klar: Politische Grenzen können ver- schwinden, Zivilisationsgrenzen und Einfl usssphären geistiger Werte dagegen niemals! Der zitierte Abschnitt enthält ein weiteres, für Haleckis imaginäre Landkarte der Ostge- biete charakteristisches Element: Sie waren Ort der Kultivierung und der Zivilisierung nicht nur durch die Polen, sondern als gemeinsames Werk aller beteiligter Ethnien.555 Er betonte, Litauen und Ruthenien hätten die Dynastie und zahlreiche Geis tesgrößen zum gemeinsamen Ruhm beigetragen556 und würdigte ausdrücklich die Beiträge der Litauer und der Ruthenen für die Entwicklung des Landes:

„Im Laufe jener Jahrhunderte, da die besten Söhne Polens neben den tüchtigsten der Ein- heimischen an der Ostgrenze in treuer Wacht standen, um das Land durch ihr gemeinsam vergossenes Blut vor Türken und Tataren zu schützen, war [es] eine freie, blühende Provinz geworden, wo sich Jahr um Jahr neue Dörfer erhoben, neue Städte entstanden oder ältere als Kulturzentren aufblühten, wie vor allem […] Lemberg, wo sich in ruhiger Arbeit West und Ost verbanden und sich eben in allerletzter Zeit in einem neuen ‚Ausgleiche‘ zu friedlicher Wirksamkeit zusammengefunden hatten.“557

Zugleich erscheinen die Ostgebiete bei Halecki aber auch als Ort pol nischer Führung aufgrund der höheren politischen Reife und des höheren kulturellen Niveaus der Po- len.558

554 Ebenda S. 342. 555 DERS., Warum Polen (wie Anm. 536), S. 21. 556 DERS., Ekspansya, S. 76 f. 557 OSKAR HALECKI: Hat Russland historische Rechte auf Galizien?, in: Polen. Wochenschrift für polnische Interessen 22 (1915), S. 218-221, hier S. 221. 558 Siehe dazu Kapitel 4.4.3.

143 Halecki verstand die Ostexpansion des polnischen Staates als historische Notwen- digkeit, da er aktiv habe verhindern müssen, dass an der Ostgrenze des ethnografi schen Polen ein Machtzentrum entstand, das langfristig Polens Existenz bedroht hätte.559 Denn zwischen Mittel- und Osteuropa liege ein Grenzgebiet (nicht eine Grenzlinie!), das einen historischen und geografi schen Übergangsraum bilde560, der dauerhaft um- kämpft gewesen wäre, wenn die polnisch-litauische Union ihn nicht eingenommen hät- te. Auch bei Halecki erschienen die Ostgebiete also als „Übergangsraum“, der quasi als Verfügungsmasse zwischen Ost und West liege, ein Machtvakuum und damit eine potenzielle Gefahrenquelle darstelle, sofern er nicht territorialstaatlich und machtpoli- tisch ausgefüllt werde. In seinem Vortrag Ekspansya i tolerancya (Expansion und Tole- ranz) legte er die Bedeutung der Ostexpansion für Polen ausführlich dar: Er zog einen Vergleich zwischen Österreich und Polen und argumentierte, das Österreich der Ba- benberger verhalte sich zum Österreich der Habsburger wie das Polen der Piasten zum Polen der Jagiellonen: „In beiden Fällen wurden die Vielfalt der Territorien mit starken Traditionen der Eigenart und die national-kulturelle Vielfalt physisch mit hydrogra- fi schen Wegen und geistig mit der Idee des Kampfes mit dem Osten verbunden.“561 Durch die Expansion wurden beide Staaten zu Großmächten. Hätten sie aber nicht nach Osten expandiert, so wären sie schwach gewesen und Polen „hätte das Schicksal der anderen kleinen Nationalstaaten geteilt, die im Osten an das römische Reich anschlos- sen, Böhmen oder Ungarn“562. Zugleich hätte Polen aber ohne die Expansion „vor ganz ähnlichen politischen Aufgaben gestanden wie diejenigen, die durch die Union ent- standen, aber es hätte ihnen in ungleich schlechteren und schwierigeren Bedingungen begegnen müssen“563. Deswegen sei die Ostexpansion machtpolitisch eine Existenzfra- ge gewesen. Hätte Polen sich nicht nach Osten ausgedehnt, hätte es einerseits „einen ewigen Kampf nach außen um einen historischen und geografi schen Übergangsraum austragen müssen“564 und wäre andererseits zugleich, da schwächer, in den Machtbe- reich des deutschen Reiches geraten, so polemisierte er gegen die Einschätzungen Józef Szujskis565. Mit Anklängen an Eugeniusz Romer wies auch Halecki darauf hin, dass dieser „Übergangsraum“ außerdem hydrogra fi sch und aufgrund fehlender natürlicher Gren- zen eng mit ganz Polen verknüpft sei, so dass auch bei Halecki die Angliederung der Ostgebiete an Polen als „natürlich“ erschien, weil der Staat damit den ihm von der Natur vorgezeichneten Raum einnahm, der durch die Flüsse als „historischen Wegen“

559 DERS., Warum Polen (wie Anm. 536), S. 21; DERS., Ekspansya, S. 63 f. 560 DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 190 f.; DERS., Geschichte der Union, S. 1. 561 DERS., Ekspansya, S. 61. Dieselbe Argumentation legte er in DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), dar. 562 DERS., Ekspansya, S. 62. 563 Ebenda. 564 Ebenda, S. 63. 565 Józef Szujski (1835-1883) war Historiker und Politiker, wie Bobrzyński Mitbegründer der Krakauer historischen Schule, wichtiger Vertreter der Stańczycy, Galizischer Landtagsabge- ordneter und Abgeordneter des österreichisch-ungarischen Reichsrats. SZUJSKI, O młodości, S. 408 ff.; DERS., Kilka uwag, S. 199. Dazu MATERNICKI, Szujski.

144 in seiner Gesamtheit zusammengehalten werde.566 Aufgrund seiner geografi schen Lage sei Polen damit die historische Pfl icht zugefallen, den Osten mit all seiner Bedrohung in Schach und vom Westen fernzuhalten, seine „Hauptfront gegen Südosten, bezie- hungsweise Osten“567 zu richten. In der Beschwörung des antemurale-Bildes fand der Wissenschaftler Halecki nicht weniger dramatische Worte als die zeitgenössischen Po- litiker: Je nach Kontext ist von Türken, Tataren und Moskau, aber auch von Despo- tie, „Barbarei der asiatischen Horden“568, „Tatarenfl ut“569 oder „russischer Gefahr“570 die Rede. Diese Gefahren abzuwehren, der überzeitlichen „Idee des Kampfes mit dem Osten“ zu dienen und dafür Opfer zu bringen, beschrieb Halecki immer wieder als historische Mission Polens und des Unionsstaates.571 Dabei erscheinen bei ihm die Ostgebiete als Ort der Opfer und als Ort der Tapferkeit – Charakterzüge, die nicht nur die dortige Bevölkerung tief geprägt, sondern auch auf ganz Polen Wirkung ge- habt hätten. Doch resultierten für Halecki aus der historischen Mission im Osten nicht nur Auseinandersetzung und Kampf, sondern war es ebenso „vornehmste historische Mission, die feindlichen Gegensätze zwischen Okzident und Orient in bedeutsamen Übergangsformen zu mildern und auszugleichen“572. Dies sah er am eindrucksvollsten in der Kirchenunion als Übergangsform zwischen Orthodoxie und Katholizismus ge- lungen, sie erschien bei Halecki immer wieder als Ausweis der polnischen Erfolge in der Verbreitung von Katholizismus und westlich-lateinischer Kultur. Ähnlich wie bei Studnicki573 fi ndet sich auch bei Halecki der Gedanke, dass die gewaltigen Aufgaben im Grenzgebiet zu einer „Anspannung nationaler Kräfte [führten], die ihre Entwick- lung förderten“574. Schließlich enthalten auch Haleckis Schriften die von Romer vertretene geopoli- tische Vorstellung von der Brückenlage Polens zwischen der Ostsee und dem Schwar- zen Meer. Dabei waren Dnjeprmündung und Schwarzes Meer für ihn in südöstlicher Richtung „die einzig mögliche natürliche Grenze“ für ein polnisches Staatsgebilde.575 Diese „natürlichen“ Grenzen zu erreichen, musste und müsse dem Staat als über- zeitliches Erfordernis der Sicherheit und wirtschaftlichen Pros perität allzeit vor Au- gen stehen. Halecki räumte ein, dass Polen nur sehr kurz beide Küsten zugleich be- herrscht hatte, stellte diesen Grenzverlauf aber als einzig zufriedenstellende Lösung der

566 HALECKI, Warum Polen (wie Anm. 536), S. 21; DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 191; DERS., Ekspansya, S. 75. 567 DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 191. 568 DERS., Ekspansya, S. 75. 569 DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 210. 570 Ebenda; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 19; DERS., Geschichte, S. 15. 571 DERS., Hat Russland (wie Anm. 557), S. 221; DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 303 f.; DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 210. 572 Ebenda S. 191; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 38 und 101. 573 Siehe Kapitel 4.2.1.2, S. 97. 574 DERS., Warum Polen (wie Anm. 536), S. 21. 575 DERS., Geografi a polityczna, S. 15; im selben Sinne DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 191 f.

145 „baltische[n] wie [der] pontische[n] Frage“576 dar und vertrat die These, dass es „gewiß eine der entscheidendsten Ursachen von Polens Untergang“577 war, dass es dem Staat nicht gelungen sei, diesen Grenzverlauf vollständig und dauerhaft zu sichern. Denn so hätten nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile der Brückenlage nicht genutzt wer- den können, sondern seien auch die Grenzen ungeschützt geblieben. Indem Polen die „ursprüngliche Ukraina“578, also das Gebiet am unteren Dnjepr, verlor, habe sich das Machtgleichgewicht zugunsten Moskaus verschoben.579 In Bezug auf die wirtschaft- liche Bedeutung der Brückenlage wies Halecki ebenso wie Romer darauf hin, dass die kürzeste Verbindung zwischen Ostsee und Schwarzem Meer zwischen Weichsel- und Dnjestrmündung liege, diese Landbrücke also hohe verkehrsstrategische Bedeutung habe.580 Hinsichtlich des südöstlichen Grenzverlaufs stellte Halecki heraus, dass nur die Union es ermöglicht hatte, das Schwarze Meer zu erreichen.581 Die „Beherrschung der Mündungen der großen Wasserwege, deren Einzugsgebiete die natürliche Grundla- ge Polens, Litauens und Rutheniens bildeten und sich zur Brücke zwischen Ostsee und Schwarzem Meer verbanden“582, war für ihn das große außenpolitische Ziel nach der Union von Krewo583 1385. Er deutete die Geschichte der Union als andauernden Ver- such, beide Küsten zu erreichen, als die allem übergeordnete außenpolitische Aufgabe, von der Sicherheit und wirtschaftliche Prosperität des Gesamtstaates abhingen. Das Ziel, die Landbrücke zwischen beiden Meeren einzunehmen, ließ Halecki damit als geradezu universell und überhistorisch erscheinen, nach dem deshalb nicht nur Polen, sondern logischerweise auch Moskau strebte.584 Was oben für den Faktor des Ethnos festgestellt wurde, gilt ebenso für andere Ele- mente von Haleckis imaginierter Landkarte der Ostgebiete und des ganzen Staates: Die alte Republik diente ihm als Muster und Vorbild für den wiederzuerrichtenden pol- nisch-litauisch-ukrainischen Staat. Da sich Geografi e und geostrategische Lage Polens nicht geändert hätten, hätten sowohl die historische Mission des Bollwerks gegen den nach wie vor gefährlichen Osten als auch die Interessengemeinschaft der drei Völker weiterhin Bestand. So waren für Halecki dieselben Gründe, die im Mittelalter Polens Expansion nach Osten notwendig erscheinen ließen, genauso relevant für seine Forde- rung, den neuen Staat in den alten Grenzen wiederzuerrichten. Dem auf diesem Wege

576 Ebenda, S. 191. 577 Ebenda, S. 192. 578 Ebenda. 579 Ebenda. 580 Ebenda, S. 194. 581 Ebenda, S. 196. 582 DERS., Ekspansya, S. 53. 583 Im Jahr 1385 schlossen das Königreich Polen und das Großfürstentum Litauen angesichts gemeinsamer Bedrohungen durch den Deutschen Orden und das Großfürstentum Moskau in Krewo eine Personalunion. Der heidnische litauische Großfürst Jogaila heiratete die polnische Königin Hedwig, ließ sich taufen und wurde als Władysław II. Jagiełło polnischer König und Begründer der Dynastie der Jagiellonen. Der Unionsvertrag regelte unter an- derem die Rückgabe litauisch besetzter Gebiete und die Abtretung der südlichen Gebiete Litauens an Polen. 584 DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 208.

146 zu erreichenden Frieden schrieb er eine weit über die eigentlichen Gebiete hinausge- hende Bedeutung zu, wenn er behauptete:

„daß von den neuen Grenzlinien, die aller Wahrscheinlichkeit nach entstehen werden, keine von größerer Bedeutung sein wird, als die, welche die künftige Scheidewand gegen den ge- fährlichen nordöstlichen Nachbarn bildend, wieder einmal eine neue politische Konfi gurati- on auf polnischem Gebiete entstehen lassen wird. Die Zukunft aber, der möglichst dauernde Weltfriede, hängt davon ab, ob diese Gestaltung des Verhältnisses im Nordosten, diese durch so schwere Opfer erkaufte Grenze so bestimmt werden wird, daß sie, der historischen Ent- wicklung dieser Gebiete entsprechend, nicht eine Quelle neuer Verwicklungen, der Unzu- friedenheit, des unseligen nationalen und staatlichen Haders bildet, sondern alle in Betracht kommenden Fragen endgültig löst.“585

4.4.3 Der zivilisatorische Wert der „jagiellonischen Idee“

Die historische Mission Polens bestand für Halecki im Kampf gegen den Osten586 – verstanden als Despotie und Barbarei der Tataren, Osmanen und Russen – und in der Zivilisierung des Übergangsraumes zwischen Ost und West, den Ostgebieten des ehe- maligen polnischen Staates. Beide Aspekte waren naturgemäß eng miteinander verbun- den, da das militärisch beherrschte Gebiet zivilisatorisch gehoben und damit dauerhaft für den Westen gewonnen werden musste.587 Insofern war die Zivilisierung auch für Halecki eine Schlüsselkategorie in seiner Wahrnehmung der Ostgebiete. Den Zivilisierungsprozess verstand er als ein aktives Weitertragen der vom Westen übernommenen, zu ind ividuell-polnischer Entfaltung gebrachten lateinischen Kultur des katholischen Abendlandes.588 Insofern erscheinen die Polen bei Halecki als klas- sische Kulturträger, auch wenn er das Wort selbst nicht verwendete. Seit der Union von Krewo beobachtete Halecki die rechtliche und kulturelle Fortentwicklung der Ostge- biete durch die fortschreitende Rezeption polnischer Einrichtungen und Einfl üsse.589 Während die polnische Gesellschaft sich diese Errungenschaften mühsam selbst habe erkämpfen müssen, seien die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte den Li- tauern und Ruthenen „fast mühelos in den Schoß“590 gefallen. Das zivilisierende Wir- ken der Polen war für Halecki ein großer „historischer Verdienst des Polentums“591,

585 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 301. 586 Ebenda, S. 304. 587 Oskar von Halecki [DERS.]: Die Beziehungen der Habsburger zum litauischen Hoch- adel im Zeitalter der Jagiellonen, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Ge- schichtsforschung 36 (1915), H. 4, S. 595-660, hier S. 596. 588 DERS., Die Beziehungen (wie Anm. 587), hier S. 599; DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 342. 589 DERS., Geschichte, S. 8 f. 590 DERS., Die Beziehungen (wie Anm. 587), S. 599, DERS., Das Land Chełm (wie Anm. 548), S. 2. 591 DERS., Nationalitäten-Problem, S. 99.

147 dessen Führungsrolle in diesem Prozess selbstverständlich sei: „In ihm [dem gemein- samen Staat, A.S.] fällt natürlich die Führung dem Teil zu, aus dem die Idee der Ver- einigung hervorging, der die anderen überragt, nicht an Raum und Bevölkerung, son- dern an politischer Reife und kulturellem Niveau.“592 Stets betonte Halecki, dass die Zivilisierung und kulturelle Assimilierung auf dem Wege der Toleranz und nicht unter Zwang geschehen sei.593 Im Ergebnis schufen die Polen gemeinsam mit den kulturell und zivilisatorisch gehobenen Litauern und Ruthenen ein antemurale der Zivilisation vor der östlichen Gegenwelt von asiatischer Despotie und Barbarei. Die Spuren dieses Wirkens sah er den Ostgebieten in Form von „heiligen Traditionen“594 und geistigen Werten sowie materialisiert in Bauten und Literatur ewig eingeschrieben. Der nun zi- vilisierte und natürlicherweise polnisch geprägte595 Übergangsraum war für Halecki dann im Ergebnis „in seiner historischen Eigenart unverkennbar“596, und zwar bis in seine Gegenwart. Da nur durch die Union mit dem Großfürstentum die zwischen Ost und West schwankende autochthone Bevölkerung für den Westen gewonnen werden konnte und Halecki in einer – auf drei Glieder ausgeweiteten – Föderation die einzige Möglichkeit sah, Frieden und kulturelle Entwicklung in den Ostgebieten zu sichern, wurde die „jagiellonische Idee“ für ihn ein zivilisatorischer Wert an sich.597 Halecki schuf ihn zwar nicht598, popularisierte aber den Begriff der „jagiellonischen Idee“, der bis heute in der Forschung verwendet wird. Im Unterschied zu Popławski und Studnic- ki propagierte Halecki keine polnische Zivilisierungsmission mehr für die Gegenwart oder Zukunft. In seinen Publikationen erschienen die Ostgebiete bereits als kultiviert und zivilisiert, so dass die Aufgabe darin bestand, diese Errungenschaften zu sichern und gegen den Osten – derzeit in Gestalt des Zarenreichs – zu sichern.

4.4.4 historia magistra rerum publicarum

Halecki hielt es für seine Pfl icht als Historiker, positive Bilder der Vergangenheit zu verbreiten. Dies nicht nur, weil sie in seinen Augen Lösungen für die Zukunft bot, son- dern auch als Selbstzweck: „Die Ehre jener zu vertreten, die einst treue Wacht hielten an den Grenzen der christlichen Welt und der europäischen Kultur […] – dies ist eine ernste Pfl icht für jeden polnischen Historiker“599 und „eine der ethischen natio- nalen Pfl ichten“600. Er war auch der Ansicht, dass es Fälle gebe, in denen „sich die

592 DERS., Ekspansya, S. 60 f.; DERS., Geschichte, S. 2. 593 DERS., Ekspansya, S. 71; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 25 f. 594 DERS., Ekspansya, S. 77; DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 342. 595 DERS., Hat Russland (wie Anm. 557), S. 220. 596 DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 190 f. 597 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 303; DERS., Geschichte, S. 20 f. 598 Der Begriff „idea jagiellońska“ stammt von Stanisław Krzemiński (1839-1912, Mitglied des Nationalrates 1863, Publizist und Literaturkritiker), siehe [KRZEMIŃSKI]. 599 HALECKI, Nationalitäten-Problem, S. 12; im selben Sinne DERS., Unia, S. 1. 600 OSKAR HALECKI: List do redakcji Roku Polskiego [Brief an die Redaktion des Rok Polski], in: Rok Polski. Czasopismo poświęcone zagadnieniom życia narodowego 1 (1916), H. 9, S. 94-95, hier S. 95, Hervorhebung im Original.

148 Geschichtswissenschaft in den Dienst der Politik stellen muß“601, sah den Historiker aber immer der wissenschaftlichen Methode verpfl ichtet. Auch Halecki war ein „poli- tischer Professor“602. Wann immer sich Halecki also im Dienst der Politik fühlte, war seine zentrale Berufungsinstanz die Geschichte im umfassenden Sinne, auch in ihren Aspekten der gelebten Traditionen603 und der Erinnerungen. „Historische Wahrheit“ und „wahre historische Rechte“ waren für ihn Titel, die „nie verjähren“604. Für Halecki war die Geschichtswissenschaft die magistra vitae et rerum publicarum schlechthin und war es besonders in Bezug auf die Frage, wie der künftige unabhängige polnische Staat beschaffen sein solle. Für ihn war klar,

„daß die polnische Frage eben keine Frage der Tagespolitik ist […], sondern ein historisches Problem, bei dessen Lösung auch die Geschichtswissenschaft ein ernstes Wort mitzureden hat. […] Mag es auch altmodisch oder gar reaktionär erscheinen, in der historischen Ent- wicklung vergangener Jahrhunderte Aufschlüsse und Mahnworte für die Zukunft zu suchen, etwa die alte ‚historia‘ noch immer als ‚magistra vitae‘ betrachten zu wollen, so fühlt man es doch gerade in den heutigen Tagen, wie sehr alles, was unsere Generation erlebt und weiter- zugestalten hat, nichts anderes ist als eine Folge des scheinbar längst im Schoße der Vergan- genheit Verklungenen. Es enthüllen sich ungeahnte weltgeschichtliche Zusammenhänge und vergessene Traditionen erwachen, die Zukunft mitzubestimmen.“605

Er betrachtete die Republik, wie sie vor den Teilungen bestand, als auch für die Zukunft anzustrebendes Modell eines föderalen, dann allerdings trialistischen Unions- staates. In ihm sah er alle existenziellen Fragen wie Sicherheitsbedürfnis, außenpoli- tische Macht, geostrategisch und ökonomisch günstige Lage, natürliche Grenzen und das gedeihliche Zusammenleben der heterogenen Bevölkerung im Innern bestmöglich gelöst.606 Zutiefst davon überzeugt, dass für alle aktuellen Herausforderungen die Ge- schichte die richtigen Antworten bereit halte607, argumentierte er stets auf ihrer Grund- lage. Zwar zog er punktuell auch die Geografi e heran, doch behandelte er sie stets als historische Hilfswissenschaft der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Ge- schichte.608 Seine zweite wichtige Berufungsinstanz war das (katholische) Christentum als Quelle der lateinisch-westlichen Kultur, wobei Halecki als gläubiger Katholik nicht nur die Werte und Kultur des Christentums verteidigt sehen wollte, sondern einen Staat anstrebte, in dem das eschatologische Ziel von Gottes Frieden auf Erden so umfassend

601 DERS., Ostgrenze, S. 4. 602 Siehe Kapitel 4.3.4, S. 128 f. 603 DERS., Geschichte, S. 20; im selben Sinne DERS., De consolatione (wie Anm. 498), S. 32. 604 DERS., Hat Russland (wie Anm. 557), S. 220; im selben Sinne DERS., Das Land Chełm (wie Anm. 548), S. 2; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 11; [DERS.,] Polens historische Rechte (wie Anm. 550); DERS, Ostgrenze, S. 42. 605 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 301. 606 DERS., Geschichte, S. 20. 607 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 301 f. 608 DERS., Geografi a polityczna, S. 6 und 21.

149 wie möglich verwirklicht sein sollte.609 In diesem Sinne verstand er den polnischen Messianismus, die Vorstellung von Weltsühne und Welterlösung durch das eigene Leid zwar als „hoffärtige[n] Traum“610, aber zugleich als „schmerzvolle[n] Ruf nach dem Reiche Gottes, dem Reiche des Friedens auf Erden“611. Auch Haleckis Verweise auf ethische Grundsätze, Menschlichkeit und „brüderliche Liebe“ sind als Aspekte der Be- rufungsinstanz „Christentum“ einzuordnen.

4.4.5 Haleckis Ostkonzept – Zusammenfassung

Für Oskar Halecki stellte der polnisch-litauische Unionsstaat – erweitert um die Ukrai- ne als drittes Glied – den Idealtypus eines Staates dar und er führte ihn seinen Lesern bewusst als Muster für den wiederzuschaffenden polnischen Staat vor Augen.612 Er ver- stand ihn als institutionelle Form der grundsätzlichen Interessengemeinschaft der betei- ligten Ethnien und Konfessionen, die sich im alltäglichen friedlichen Zusammenleben gespiegelt habe und in das gemeinsame Werk der Kultivierung und Zivilisierung der Ostgebiete gemündet sei. Dabei waren für ihn die Ostgebiete die Essenz des Charakters der alten Republik. In ihnen beobachtete er alles, was die Besonderheit des polnischen Staates ausgemacht habe, und in ihnen fand für ihn der Lackmustest auf die Taug- lichkeit der Ideale der Union statt. Eben in den Ostgebieten erwies sich für Halecki, dass der Unionsstaat auf der Grundlage von Gleichberechtigung und Toleranz inneren Frieden zu stiften vermöge. Sein Ostkonzept fußte auf der Vorstellung, dass die Ostge- biete einen Übergangsraum zwischen Ost und West bildeten. Diesen Übergangsraum sah er durch zwei Aspekte geprägt, einerseits erscheint er als Ort, an dem Polen einen überzeitlichen Kampf gegen den als barbarisch und despotisch gezeichneten Osten in der Geschichte erfolgreich ausgefochten habe613 und noch immer auszufechten berufen sei. Diesen Kampf sowie die Tapferkeit und die Opfer, die er erfordere, verstand er als gemeinsame, verbindende Aufgabe aller Völker der alten Republik. Denn andererseits ging Halecki davon aus, dass Polen durch die Versöhnung der Gegensätze von Ost und West in den Ostgebieten einen Raum von ganz besonderer Eigenart geschaffen habe, in dem sich die Kulturen und religiösen Traditionen beider Himmelsrichtungen gedeihlich miteinander verbänden. Beide Aspekte – Kampf und Milderung der Gegen- sätze – waren für ihn Teil der historischen Mission Polens, antemurale zu sein. Diese Besonderheit der Ostgebiete als Ort der historischen Mission ganz Polens sah Halecki dem Land in Form von Zivilisationsgrenzen und Einfl usssphären geistiger Werte ge- radezu physisch eingeschrieben. Für Halecki bewies die Erfüllung dieser Mission in

609 Erste Gedanken zu Haleckis komplexer christlicher Geschichtsphilosophie macht sich STO- BIECKI, S. 586 ff. 610 DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 342. 611 Ebenda; DERS., Nationalitäten-Problem, S. 102. 612 Halecki äußerte sich freilich mit keinem Wort darüber, wie die Wiedererlangung der Unabhängigkeit vonstatten gehen sollte. Nur in DERS., Ostgrenze, S. 1, wies er darauf hin, dass es gegenüber dem besiegten Russland machtpolitisch kein Problem sein dürfte, die Grenze von 1772 wiederzuerrichten. 613 DERS., Zwischen Ostsee (wie Anm. 519), S. 210.

150 den Ostgebieten den hohen moralischen Wert der Ideale des Unionsstaats und sie ließ ihn insgesamt zu etwas ethisch Höherwertigem werden.614 Und diese „jagiellonische Idee“ war für Halecki die Staatsidee für das Gesamtreich. Ein der Ostgebiete beraubter polnischer Staat wäre für ihn somit nicht nur ein rechtswidrig beschnittenes, in beson- derem Maße unhistorisches Polen, sondern vor allem ein Polen ohne seine leitenden Traditionen und Ideale gewesen – und damit für Halecki damals nahezu undenkbar, auf jeden Fall inakzeptabel. Er betonte zwar, dass der erneute Zusammenschluss von Po- len, Litauen und der Ukraine freiwillig geschehen müsse, jedoch nahm er den Wunsch der Litauer und Ukrainer nach der Erneuerung der Union als selbstverständlich an.615 Für den zu schaffenden Staat verwendete Halecki den Begriff des Reiches, der auf imperiale Züge in seiner Staatskonzeption hinweist, wie sie sich auch in seiner Auf- fassung vom universellen Selbstverständnis der polnischen Staatsnation oder der so- ziokulturellen Diversität des von ihm favorisierten Staates fi nden. Diese imperialen Züge sind jedoch längst nicht so stark ausgeprägt wie bei Popławski und Studnicki. Auch geostrategisch erklärte Halecki die Ostexpansion und die machtpolitische Be- herrschung des Übergangsraums zu einer übergeordneten, zeitlosen Staatsräson für Po- len, denn der Besitz der Ostgebiete sichere dem polnischen Staat Macht, Sicherheit und wirtschaftliche Prosperität. Ohne sie wäre er gezwungen, nicht nur einen permanenten Abwehrkampf im Osten zu führen, sondern würde auch, solchermaßen geschwächt, im Westen leichte Beute. Der Besitz der Ostgebiete wurde damit zur Existenzfrage für den gesamten Staat. Halecki stützte diese Auffassung mit der geografi sch-deterministischen Vorstellung, dass der Staat die ihm von der Natur vorgezeichneten Grenzen ausfüllen müsse, was ihm zudem in eine verkehrsstrategisch und damit wirtschaftlich vorteilhafte Lage bringe. Alle vorgenannten Einschätzungen und Wertungen bezog Halecki in der Regel auf die Vergangenheit, auf die alte Republik als seinen Forschungsgegenstand. Die Analogien zu den Erfordernissen des wiederzuschaffenden polnischen Staates la- gen aber stets offen zu Tage und hin und wieder stellte Halecki sie auch selbst her:

„Wenn wir aber jetzt wiedergeboren werden sollen, dann dürfen wir ihre Stimme [die der großen Unionsidee, A.S.] nicht unterdrücken, die uns aus den entfernten Jahrhunderten in den Seelen klingt, erhaben über kleinliche innere Zwistigkeiten, über wirtschaftliche Ge- winnrechnungen, über kalte übertriebene Kritik an den heiligen Traditionen, die heute noch geliebt werden.“616

Im Jahre 1952 veröffentlichte Halecki in New York die als universitäres Lehrbuch angelegte Arbeit Borderlands of Western Civilization. A History of East Central Eu- rope. Dieses Buch gilt bis heute als wegweisend, da er darin seine Konzeption der his- torischen Strukturregion Ostmitteleuropa entwickelte, die bis heute für die Forschung hoch relevant ist.617 Doch reichen die Wurzeln seiner Gedanken zu Ostmitteleuropa

614 DERS., Unia, S. 34 f. 615 Ebenda; im selben Sinne DERS., Ekspansya, S. 68. 616 Ebenda, S. 77. Ein anderes Beispiel ist DERS., Weltfrieden (wie Anm. 519), S. 341. 617 Zu Rezeption und Weiterentwicklung von Haleckis Konzeption siehe TROEBST, „Ge- schichtsregion“.

151 wesentlich weiter zurück. Bereits auf dem Fünften Internationalen Historikerkongress 1923 hielt er einen Vortrag mit dem Titel L’histoire de l’Europe orientale. Sa division en époques, son milieu géographique et ses problèmes fondamentaux618, in dem er die These vertrat, dass Osteuropa aufgrund zahlreicher gemeins amer Strukturmerkmale eine große europäische Geschichtsregion bilde. Dieser Ansatz war insofern innova- tiv, als die Geschichtsschreibung in Ostmitteleuropa bis dahin meist die Geschich- te von Staaten behandelte, „wobei sie mit ethnisch konnotierten Kollektivbegriffen operierte[n], bevorzugt mit dem ‚Slaventum‘“.619 Halecki ordnete Polen, Balten, Rus- sen, Ukrainer und Weißrussen Osteuropa zu, Tschechen, Slowaken, Ungarn und Ru- mänen dagegen nicht. Zwar unterschied er ein Osteuropa nördlich der Karpaten – im Grunde das historische Polen-Litauen – von Südosteuropa, doch sah er die entscheiden- de Zweiteilung Osteuropas im Hinblick auf seine Teilhabe an der westlichen Zivilisati- on in der Gegenüberstellung dieses „westlichen“ Osteuropas einerseits und Russlands und des Osmanischen Reiches andererseits, es existiere „la divergence profonde entre ses deux parties“620. „Osteuropa“ beschränkte er auf die geografi sche Beschreibung des Gebiets, kulturell dagegen habe es – mit Ausnahme Russlands – stets zu Westeuropa gehört. Er führte diese Teilung bis in die Gegenwart fort und sah sie in der Gegenüber- stellung der neuen, demokratisch orientierten Staaten und Sowjet-Russlands andauern. Eine eigene Bezeichnung für das „nicht-russische Osteuropa“ hatte er damals noch nicht. Auf dem Siebten Internationalen Historikerkongress 1933 in Warschau vertrat Halecki seine These erneut und löste die erste Grundsatzdebatte über das Selbstver- ständnis der historischen Teildisziplin Osteuropäische Geschichte aus.621 Unterstüt- zung in dem Bemühen, die Geschichte Osteuropas als Einheit zu erfassen und zu pe- riodisieren, erhielt er vom Warschauer Historiker Marceli Handelsman622 (1882-1945) und dem Prager Historiker Jaroslav Bidlo (1868-1937), der den Begriff allerdings auf die orthodoxen Bereiche anwenden wollte und damit andere Einteilungen vornahm als Halecki und Handelsman.623 Die auf dem Kongress „in vollen Schwung gekommene Diskussion resultierte binnen weniger Jahre in einen nachgerade zentraleuropäischen Konsens: Das multiethnische ‚Osteuropa‘ wurde aus historischer Perspektive nun nicht länger mit dem ‚Slaventum‘ gleichgesetzt, sondern in internationaler Kooperation als Geschichtsregion sui generis begründet“624. 1950 unterschied Halecki in seiner viel- zitierten Studie The Limits and Divisions of European History vier europäische Ge- schichtsregionen: Westeuropa und Osteuropa sowie ein dazwischen liegendes Mittel-

618 HALECKI, L’histoire. 619 TROEBST, Einführung, S. 5. 620 HALECKI, L’histoire, S. 91. 621 WANDYCZ, East European; siehe auch den Konferenzbericht von DOROŠENKO; ferner LEMBERG, Mitteleuropa; TORKE; ZERNACK, Osteuropa, S. 20-30, 88-92, weist auf die politischen Implikationen der Diskussion hin. 622 BISKUPSKI; GIEYSZTOR; MANTEUFFEL. 623 BIDLO. Bidlo operierte grundsätzlich mit einer Zweiteilung Europas in einen germanisch- romanischen Westen und einen orthodoxen Osten. Haleckis Gegenposition: HALECKI, l’Eu- rope orientale; HANDELSMAN. 624 TROEBST, Einführung, S. 6, Hervorhebung im Original.

152 europa, das seinerseits aus einem westlichen und einem östlichen Teil bestehe. Den westlichen Teil bildeten Deutschland und die deutsch besiedelten Gebiete Österreichs, das östliche schließlich „all the many peoples between Germany and Russia“625. Die- se genaueren Unterscheidungen waren bereits in seinen früheren Einlassungen zum Osteuropa-Begriff angelegt, schon 1923 hatte er zwischen geografi scher Zugehörigkeit zu Osteuropa bei gleichzeitiger kultureller Zugehörigkeit zu Westeuropa unterschieden und im Laufe der Geschichte verschiedene Phasen der Zugehörigkeit ausgemacht. Mit der Geschichte des östlichen Mitteleuropa beschäftigte er sich ausführlich in Border- lands of Western Civilization. „This […] fi eld“, so schrieb er in der Vorrede, „represents a clearly distinct unity which occupies a special place in the development of mankind“, und in seinem Buch unternahm er es, „to understand the past of that large area as a whole“626. Auffällig ist nun, dass sich zahlreiche Elemente seines früheren Konzeptes vom polnischen Osten in diesem großen Panorama der ostmitteleuropäischen Geschichte wiederfi nden. Er betonte die Bedeutung der Union von Krewo als Wendepunkt für Europa, als Beginn eines neuen Zeitalters627, blieb bei seiner Einschätzung, nach der Polen das Großfürs- tentum Litauen mit der Union vor dem Untergang gerettet habe628, und betrachtete die Realunion von Lublin als Vereinigung beider Völker zu einer Nation629. Daraus sei eine enge Verbundenheit Litauens mit Polen entstanden und beide bildeten bis in die Gegen- wart eine Interessengemeinschaft.630 Russland zeichnete er auch in den Borderlands weiterhin als „asiatisch“, „despotisch“, nur „oberfl ächlich verwestlicht“, eben als „ganz anders“.631 Der Bolschewismus war für ihn nur eine Spielart des ewigen russischen Im- perialismus.632 Doch interessanter als diese Kontinuitäten ist eine andere Beobachtung: Halecki sah eine klare Scheidelinie zwischen dem von ihm katholisch defi nierten Ost- mitteleuropa und dem orthodoxen, russischen Osteuropa: „[...] the clear distinction be- tween the two is a prerequisite for a correct understanding of European history“633. Vor diesem scharfen Dualismus von Ost und West zeichnete er Ostmitteleuropa in Border- lands jedoch zugleich als einen Raum, „which does not belong in toto to either part“634, sondern eine Übergangsform darstelle. Ganz ähnlich hatte er früher für die polnischen Ostgebiete festgestellt, dass Polen dort durch die Versöhnung der Gegensätze von Ost und West einen Raum von ganz besonderer Eigenart geschaffen habe. Diese Ambiva- lenz zwischen der Konstruktion eines scharfen Gegensatzes zwischen Ost und West

625 HALECKI, Borderlands, S. v, dabei bezog er auch Griechenland und Finnland mit ein. 626 Ebenda. 627 Ebenda, S. 114-124. 628 Ebenda, S. 114. 629 Ebenda, S. 172. 630 Ebenda, S. 82, 169, 337, 385 f. 631 Ebenda, S. 77 f., 112, 144, 179, 208, 217, 227. 632 Ebenda, S. 377, 415 f., 473. Er schrieb auch stets von „Soviet Russia“, nicht von „Soviet Union“, sofern nicht explizit der ganze Staat im Gegensatz zu nur Russland gemeint war. 633 Ebenda, S. 5. 634 Ebenda, S. 4, Hervorhebung im Original; als Übergangszone betrachtete er die Ukraine, S. 189.

153 einerseits und andererseits der Vorstellung von einem Raum „dazwischen“, der von westlicher Kultur geprägt, aber doch „anders“ sei, fi ndet sich in seinen Arbeiten also erst in Bezug auf die polnischen Ostgebiete und dann in Bezug auf Ostmitteleuropa. Dabei hielt er die Trennlinie, die er synonym als Zivilisations-635 oder Kulturgrenze636 bezeichnete, zwischen Ost und West für variabel: „The boundary between the two re- gions, hardly a natural frontier, fl uctuated back and forth of course.“637 In dem Maße, in dem sich also die Westgrenze Russlands verschob, verschob sich für Halecki auch die Grenze zwischen Ost und West.638 Diese Unterscheidung und die Beweglichkeit führte er so konsequent zu Ende, dass er die Grenze zu Osteuropa in der Nachkriegszeit in Deutschland lokalisierte, das nun wieder „unmittelbarer Nachbar“ Russlands und damit „äußerste Verteidigungszone der westlichen Welt“ geworden sei.639 Der Parallele in Haleckis Raumbildern von den polnischen Ostgebieten und Ost- mitteleuropa lässt sich noch Polen als dritte, mittlere Parallele hinzufügen. Denn sehr häufi g präsentierte er in den Borderlands Polen als Verkörperung der Charakteristika Ostmitteleuropas, zuweilen verschmolz er beide miteinander.640 Schon in seinem Vor- trag auf dem Historikerkongress 1923 hatte er den Osteuropa-Begriff praktisch auf die polnisch-litauische Republik bezogen und ihre Entwicklung als ein Modell für die Region dargestellt.641 Somit erscheinen seine ursprünglich in Bezug auf die Ostgebiete entwickelten Charakteristika wie in drei Vergrößerungsstufen: polnische Ostgebiete – Polen – Ostmitteleuropa. Zum Beispiel sah er zuerst die polnischen Ostgebiete, dann ganz Polen642 und schließlich ganz Ostmitteleuropa643 in hohem Maße durch die geo- grafi sche Mittellage geprägt. In Bezug auf den Nachbarn Russland wird das nicht zu- letzt im Titel sehr anschaulich. Ein weiteres Beispiel bietet der Kulturtransfer: In den Borderlands stellte Halecki Polen im Laufe seiner Geschichte immer wieder in zwei Hauptfunktionen vor, als Transmissionsriemen in der Vermittlung westlicher Kultur Richtung Osten644 und als Verteidiger der Freiheit für ganz Ostmitteleuropa645. Beide Eigenschaften hatte er schon früher den Polen in den Ostgebieten zugeschrieben, die als „Kulturträger“ den östlichen Ländern die westliche Zivilisation und eine freiheit- liche Rechtsordnung gebracht hätten. In den Borderlands erscheint andererseits nicht nur Polen, sondern ganz Ostmitteleuropa als ein vom Kulturtransfer gekennzeichnetes Gebiet und als ein Hort der Freiheit.646 Und wie er die Ostgebiete als antemurale chris- tianitatis konstruiert hatte, so betonte er 1952 ganz parallel dazu einerseits Polens Rolle

635 Ebenda, S. 189. 636 Ebenda, S. 226. 637 Ebenda, S. 5. 638 Ebenda, S. 63 f., 75 f., 144 f., 189, 196, 226. 639 Ebenda, S. 474. 640 Ebenda, S. 193. 641 HALECKI, L’histoire; WANDYCZ, Halecki, S. 47. 642 HALECKI, Borderlands, S. 387, 435. 643 Ebenda, S. 73, 435. 644 Ebenda, S. 164 f., 168 f., 179, 193. 645 Ebenda, S. 138, 242, 377. 646 Ebenda, S. 73, 435.

154 als Vormauer647 und andererseits, dass Ostmitteleuropas „role as a bulwark of Europe as a whole, of Christendom and Western culture, can […] hardly be overrated“648. Es scheint also, dass Haleckis Nachdenken über die polnischen Ostgebiete und über die Verortung Polens in Bezug auf Europäizität und „Östlichkeit“ ein Raumbild hervorge- bracht hat, das seine Verortung Polens und Ostmitteleuropas in denselben Koordinaten geprägt hat. Haleckis Idee, dass der Verlauf der Grenze zwischen Osteuropa und Ostmittel- europa (als Teil Westeuropas) maßgeblich durch die russische Einfl usszone markiert sei, erwies sich als bemerkenswert langlebig. Denselben Gedanken vertrat Krzysztof Pomian649, polnischer Historiker und Philosoph, noch vierzig Jahre später. Ebenso wie Popławski, Studnicki, Romer und Halecki hielt auch Pomian die Grenze zwischen Mit- teleuropa (l’Europe centrale) und Osteuropa für „un fait absolument crucial“650. Sie sei von einer ursprünglich religiösen zu einer kulturellen Grenze geworden, die zu- nächst vor allem im Bereich von Literatur und Kunst sichtbar geworden sei. Zugleich trenne sie zwei Regionen, die sich historisch völlig unterschiedlich entwickelt hätten, wobei er sich besonders auf die Invasionen der Nomadenvölker bezog, die die osteu- ropäischen Gebiete von Entwicklungen in Mittel- und Westeuropa, wie der Errichtung von Universitäten oder dem Buchdruck, abgeschnitten hätten. Während Pomian bis zu diesem Punkt seiner Ausführungen die zwei Entwicklungen als unterschiedlich beein- fl usst, aber gleichwertig darstellte – nämlich indem er sich jeglicher Wertung enthielt –, erscheint von diesem historischen Moment an nur die westliche Entwicklung als „europäisch“:

„Tout cela [die Beherrschung durch Nomadenvölker, A.S.] a produit une coupure par rap- port à l’histoire européenne: la non-participation de l’espace religieusement orthodoxe et culturellement grec à l’histoire commune de l’Europe occidentale et de l’Europe centrale.“651

Er defi nierte also – ebenso wie die vier Autoren der hier untersuchten Ostkonzepte – die Andersartigkeit Osteuropas maßgeblich durch die Negation „Nicht-Teilhabe“. Zur Be- schreibung der Grenzen zwischen Osteuropa, Mitteleuropa und Westeuropa bediente sich Pomian dann derselben Idee, die zuvor Halecki vertreten hatte:

„[...] j’estime qu’appartiennent à l’Europe centrale les pays qui sont immédiament exposés au contact de l’Europe de l’Est, prise en l’occurrence non seulement en un sens religieux

647 Ebenda, S. 81, 218. 648 Ebenda, S. 6. 649 Krzysztof Pomian (geb. 1934) erhielt seine akademische Ausbildung an der Universität War- schau. Im Zuge der Unruhen 1968 verlor er dort seine Stelle, 1972 emigrierte er nach Frank- reich, wo er 1984 Professor am Centre national de la recherche scientifi que wurde. Seit 1999 lehrt er auch an der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Thorn und seit 2001 ist er Direktor des Musée de l’Europe in Brüssel. Pomian ist ausländisches Mitglied der Polska Akademia Umiejętności (Polnische Akademie der Wissenschaften) in Krakau. 650 L’Europe centrale. 651 Ebenda, S. 12.

155 et culturel, mais aussi et sourtout en un sens politique. Or l’espace politique de l’Europe de l’Est a beaucoup varié, principalement en raison de l’expansion et de la concentration de l’Empire russe. De ce fait, la frontière entre l’Europe centrale et l’Europe occidentale a beaucoup varié, elle aussi.“652

Damit war für Pomian das entscheidende Kriterium der Zugehörigkeit zu Mitteleu- ropa die Nachbarschaft zu Russland, wobei er diesen Faktor im Vergleich zu Halec- ki, der Ostmitteleuropa als eigene Strukturregion, als Zwischenraum verstand, noch stärker gewichtete. Pomian gebrauchte nahezu dieselben Beispiele wie Halecki. Er führte an, dass Deutschland, solange das Deutsche Reich an das Zarenreich gegrenzt habe, ein Teil Mitteleuropas gewesen sei, ebenso die Bundesrepublik während des Kal- ten Krieges, da sie an die Deutsche Demokratische Republik als Teil des russischen Machtgebiets grenzte, in der „de troupes russes“653 – nicht sowjetische! auch dies eine Parallele zu Halecki654 – stationiert waren. Schließlich fi ndet sich auch in Pomians Nachdenken über (Ost-)Mitteleuropa das Moment der Bedrohung als gemeinschafts- stiftendes Element:

„Je suis assez enclin à suivre cette idée d’une identité produite par la menace. En fait, c’est bien la menace commune – qu’elle fût allemande ou russe – qui, fondamentalement, suscitait de bouffées identitaires.“655

Ebenso hatten die Autoren der Ostkonzepte stets die Interessengemeinschaft der Litau- er, Weißrussen, Ukrainer und Polen gegenüber Russland betont.

652 Ebenda, S. 14. 653 Ebenda. 654 Siehe oben, S. 153, Anm. 632. 655 L’Europe centrale, S. 16.

156 5 Schluss

Zusammenführung der Konzepte

Die vier hier untersuchten Ostkonzepte wiesen unterschiedliche Schwerpunkte und un- terschiedliche Blickwinkel, zum Teil auch unterschiedliche Berufungsinstanzen, aber doch bemerkenswerte Gemeinsamkeiten auf. Ihnen allen lag ein überethnischer Na- tionsbegriff zu Grunde, der die Nation als Gemeinschaft der zur politischen Teilhabe berechtigten Staatsbürger verstand, unabhängig von ihrer ethnischen Abstammung und ihrer Muttersprache. Doch die Autoren der Ostkonzepte konnten nicht umhin, sich mit der ihre Zeit prägenden Ethnisierung des Nationsbegriffs auseinanderzusetzen, was dazu führte, dass sie sich bewusst von dem Konzept abgrenzten, indem sie die eth- nische Abstammung als politischen Ordnungsfaktor ablehnten und ihr andere Krite- rien überordneten. Anders als die Anhänger des „ethnischen Polens“ vertraten alle vier die Ansicht, dass die ethnische Besiedlung nicht der entscheidende Faktor sein dürfe, nach dem das Territorium des wiederzuerrichtenden polnischen Staates zu bestimmen sei. Für wichtiger hielten sie, dass der Staat von „natürlichen“, gut zu verteidigenden Grenzen umgeben sei, ein organisches Ganzes bilde und den ihm „von der Natur vor- gegebenen Raum“ einnehme. Dabei forderte keines der Konzepte exakt das Staatsge- biet, wie es vor der ersten Teilung gewesen war. Zwar wurde häufi g mit den Formeln „historisches Polen“ oder „die Grenzen von 1772“ gearbeitet, doch wird bei genauerer Untersuchung der Konzepte deutlich, dass es sich bei diesen Schlagworten eher um ein Symbol für ein, wie in der Vergangenheit, mächtiges polnisches Großreich „von der Oder bis zum Dnjepr und von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer“ handelte.1 Diese von Wasser, Meeren und Flüssen, gezogenen Grenzen wurden überwiegend für die geforderten „natürlichen“ gehalten. Die Ausnahme bildet der Geograf Eugeniusz Ro- mer, der demgegenüber auf die verbindenden Eigenschaften von Flüssen hinwies und deswegen Wasserscheiden für natürliche Grenzen hielt und als Staatsgrenzen forderte, zumindest im Osten. Die Autoren sahen Polen aber nicht nur durch den geografi sch zusammengehörigen Raum und die natürlichen Grenzen defi niert, sondern auch durch die Prägung dieses Raumes durch die polnische Kultur als östlicher Vorposten der westlich-lateinischen Zivilisation. Sie vermittelten ein Bild, nach dem die jahrhunder- telange staatliche Tradition der Republik auf dem geforderten Territorium quasi einen

1 Dass damit auch im Westen die Grenzen von 1772 weit überschritten wurden, sei bemerkt, steht hier aber nicht im Fokus.

157 polnischen Stempel hinterlassen habe, der nun einerseits als Eigentumstitel verstanden wurde, andererseits als Verpfl ichtung, seinen Abdruck zu bewahren. Der Blick auf die Ostgebiete war von dieser Idee der Prägung des Raumes durch polnisches zivilisierendes und kultivierendes Wirken in besonderem Maße betroffen. Die Autoren der Ostkonzepte waren davon überzeugt, dass die Ostgebiete ihrem Wesen nach polnisch seien, dass sie untrennbar zum polnischen Staat und zum polnischen Ter- ritorium gehörten. Den polnischen Charakter der Ostgebiete leiteten sie nicht so sehr aus der Zahl der dort lebenden Polen ab – dass diese in manchen, vor allem ländlichen Gegenden durchaus gering war, räumten sie offen ein –, sondern aus der kulturellen, ökonomischen und politischen Vormachtstellung der Polen in den Ostgebieten sowie aus den Interessen und Bedürfnissen, die die polnische Nation beziehungsweise der polnische Staat dort habe. Aus dieser Vormachtstellung leiteten sie das Recht auf den Besitz des Landes ab. Als weiterer Anspruchsgrund galten die historischen Leistun- gen, die die Polen in den Ostgebieten erbracht hatten, indem sie die Länder von den Tataren und Osmanen befreit und über Jahrhunderte gegen Angreifer verteidigt hätten. Diese Leistungen wurden als Teil einer seit dem Mittelalter andauernden, historischen Mission der Polen im Osten verstanden, die darin bestehe, die Länder und ihre Bevöl- kerung zu christianisieren, zu zivilisieren, zu kultivieren, ihnen die als höherwertig klassifi zierte polnische, und damit westlich-lateinische Kultur zu bringen. Die Autoren der hier untersuchten Ostkonzepte konstruierten damit eine hierarchische Beziehung zwischen den Polen und den anderen Nationalitäten in den Ostgebieten. Da diese keine eigene Hochkultur, keine Intelligenz und keine politischen Traditionen besäßen, spra- chen sie ihnen die Fähigkeit ab, einen eigenen Staat zu gründen und am Leben zu er- halten. Sie wurden vor allem von Studnicki und Halecki mit paternalistischem Blick als schwach und schutzbefohlen gezeichnet, woraus beide die Aufgabe, gar die moralische Verpfl ichtung der Polen ableiteten, weiterhin ihrer historischen Mission nachzukom- men. Mit Hilfe des Bildes von der historischen Mission, das im kulturellen Gedächtnis der polnischen Gesellschaft tief verankert war, zogen die Autoren eine kontinuierliche Traditionslinie nicht nur bis in ihre Gegenwart, sondern verlängerten sie in die Zukunft, indem sie die Mission weiterhin als nationale, durch Geschichte und Tradition legiti- mierte Aufgabe vermittelten.2 Zweites wichtiges Element der Mission war die Vertei- digung der Ostgebiete und mit ihnen ganz Polens (oder ganz Europas) gegen Russland. Alle vier Autoren verbindet die Charakterisierung Russlands als fremd und gefährlich, als asiatisch oder mongolisch, auf jeden Fall als barbarisch und unzivilisiert. Dieses als

2 Insofern ist zu fragen, ob es stimmt, was Hans Henning und Eva Hahn in ihrem sehr le- senswerten Aufsatz zum Mythos vom „deutschen Osten“ feststellen: „Der deutsche Mythos vom ‚Osten‘ unterscheidet sich von anderen ‚Ost‘-Mythen durch den – positiv formuliert – Aspekt der Aufgabe, der zivilisatorischen Mission. Ähnliches gilt auch für den Mythos des ‚deutschen Ostens‘, bei dem aber darüber hinaus der Besitzanspruch hinzukommt. Mit einem Wort: Wir haben es mit einem „Kolonialmythos“ zu tun, der auf den eigenen Konti- nent ausgerichtet ist und in diesem Sinne auch gleich die gesamte mittelalterliche Geschichte vereinnahmt. Dieser dynamische Aspekt ist weit mehr als die Bollwerk- und Antemurale- Ideologie, die anderweitig zu fi nden ist.“ HAHN/HAHN, S. 388. Auf der Grundlage der hier untersuchten Ostkonzepte darf durchaus festgestellt werden, dass auch der polnische Mythos vom „polnischen Osten“ Züge eines kolonialen Mythos aufweist.

158 der andere, der fremde Osten (im Gegensatz zum eigenen, polnischen Osten) gezeich- nete Russland aus Europa fernzuhalten, entspreche Polens jahrhundertealtem Selbst- verständnis als antemurale nicht nur christianitatis, sondern hier vor allem humanitatis et culturae. Für alle vier Autoren bildete die Grenze zwischen Polen und Russland die Scheidelinie zweier Kultursphären, die der Geograf Romer zudem in Bodenrelief und Flussverläufen von der Natur vorgezeichnet sah. Und alle vier sahen Polen einen immerwährenden, quasi überzeitlichen west-östlichen Zivilisationskampf gegen Russ- land ausfechten. Besonders für Halecki war dies auch ein Kampf des Katholizismus ge- gen die Orthodoxie. Im Zeichen dieses Kampfes, den Polen für ganz Europa führe, er- schienen die Ostgebiete als wichtigster Kriegsschauplatz. Da die Litauer und Ukrainer – von Weißrussen gar nicht zu reden – als zu schwach dargestellt wurden, um in diesem Kampf eine eigene Position zu beziehen, bildeten die Ostgebiete ein Machtvakuum, in dem nur Russland oder Polen die Vorherrschaft haben könne. Alle Aspekte, die in den Ostkonzepten das Verhältnis Polens zu Russland kennzeichnen, auch die scheinbar rein kulturell begründeten, sind immer auch machtpolitisch zu verstehen. Ausgesprochen oder, wesentlich häufi ger, unausgesprochen war es grundlegendes Motiv der vier Au- toren, Polen als möglichst mächtig gegenüber Russland zu positionieren. Bei Studnicki war sogar seine Haltung zu den Nationalbewegungen der Litauer und vor allem der Ukrainer maßgeblich von dem übergeordneten Ziel bestimmt, Russland zu schwächen. In Haleckis Schriften fi ndet sich der Gedanke, dass sich in den Ostgebieten im Zuge der Auseinandersetzung von Ost und West Übergangsformen bildeten, die die feindlichen Gegensätze milderten und als deren eindrucksvollstes Beispiel er die Kirchenunion als Verschmelzung zwischen Orthodoxie und Katholizismus anführte. Im Ergebnis ent- stand in den Ostgebieten damit, so Halecki, ein Übergangsraum von unverkennbarer Eigenart. Vergleichbare Vorstellungen entwickelten die anderen drei nicht. Alle Au- toren glaubten an die Höherwertigkeit und damit selbstverständliche Attraktivität der polnischen Kultur, was zu einem natürlichen Assimilierungsprozess bei den Bevölke- rungsteilen führe, die kein explizites Nationalbewusstsein besäßen. Studnicki, Romer und Halecki erwarteten langfristig auch die Assimilierung, beziehungsweise Polonisie- rung – diese Begriffe wurden gleichgesetzt –, der Bevölkerung mit litauischem oder ukrainischem National(itäten)bewusstsein als natürlichen Prozess der Höherentwick- lung im Sinne menschlichen Fortschritts. So verstanden erscheint Polonisierung bei ihnen als soziale und kulturelle Emanzipation. Indem die Autoren sie als natürlichen Prozess begriffen, war es auch logisch, dass sie keine aktive Polonisierung forderten beziehungsweise diese, wie Studnicki3, als moralisch verwerfl ich ablehnen könnten. Für alle vier Autoren hatten die Ostgebiete eine Schlüsselstellung für die künftige Entwicklung Polens, waren sie polnischer Expansionsraum, denn sie glaubten, dass sich die polnische Nation nur in den Ostgebieten oder zumindest im Besitz der Ost- gebiete fortentwickeln könne. Somit erscheinen die Ostgebiete als eine bisher nicht ausgeschöpfte Kraftquelle der Nation, in der Polens verheißungsvolle Zukunft liege. Diese Vorstellung wurde davon gespeist, dass die Ostgebiete als Machtvakuum und als dünnbesiedelter, bisher schwach entwickelter Raum wahrgenommen wurden, in den

3 Vgl. Kapitel 4.2.1.4., Zitat S. 100 f.

159 die Polen kraftvoll vorstoßen könnten. Dieses Bild weist deutliche Züge des Topos vom „leeren Raum“ auf, ein narratives Konstrukt von Einwanderergesellschaften, das die Vorstellung vermittelte, als höher entwickelte Bevölkerungsgruppe in ein unkulti- viertes Land einzuwandern und somit rechtmäßig Besitz davon zu ergreifen.4 Dies wird besonders bei Eugeniusz Romer deutlich, der die Ostgebiete geradezu als menschen- leer zeichnete, wie es die postcolonial studies für imperiale Sichtweisen festgestellt haben.5 In Beantwortung der Frage, warum der Besitz der Ostgebiete existenzielles polnisches Interesse sei, setzten die Autoren gemäß ihren zentralen Berufungsinstanzen ihre Schwerpunkte durchaus verschieden: Für Popławski waren die Nation und das „nationale Interesse“ der übergeordnete Maßstab. Die Ostgebiete galten ihm für das polnische Nationalbewusstsein als der Expansionsraum, der das entscheidende Poten- zial für die Stärkung der Nation als Ganzes berge. Studnicki sah den größten Wert der Ostgebiete in ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung als Kolonisationsgebiet, als Absatzmarkt und als Motor und Rückgrat der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Po- lens. Romer berief sich auf die Geografi e als oberste Berufungsinstanz: Für ihn waren die Ostgebiete essenzieller Bestandteil des geografi schen Polens, eines von der Natur vorgezeichneten Raumes, den das Staatsterritorium umfassen müsse, damit sich Staat und Gesellschaft gedeihlich entwickeln könnten. Nach seinem geografi sch-determinis- tischen Verständnis hatte diese Entwicklung eine von der Physiogeografi e vorgegebene Richtung, und zwar entlang geografi scher Entwicklungsachsen gemäß dem Gesetz von Polens „natürlichem Drang nach Osten“. Daraus folgte für ihn, dass sich Polen ohne die Ostgebiete nicht entwickeln könne. Als Geograf und Kartograf stand Romer mit seinen Karten neben dem Text ein weiteres, hochwirksames Instrument zur Ausübung seiner räumlichen Deutungsmacht zur Verfügung. Karten haben, neben der argumen- tativen, auch visuelle Überzeugungskraft, die ihnen eine höhere scheinbare wissen- schaftliche Objektivität verleiht, als sie ein Text besitzt: „Ihre naturwissenschaftliche Produktion verleiht der Landkarte eine geradezu unüberwindbare Plausibilität: Die Nachprüfbarkeit der Lage einzelner verzeichneter Orte im Raum macht es schwierig, die damit diskursiv verknüpften Aussagen abzulehnen.“6 Die so erzeugte scheinbare Deckungsgleichheit von Land und Karte macht aus einer guten Karte ein „Kunstwerk an persuasiver Kommunikation“7. Halecki argumentierte historisch-reichstraditionell: Er betrachtete die polnisch-litauische Republik als Idealtypus eines supranationalen Staates und sah in den Ostgebieten die Essenz ihres Charakters verwirklicht, die Taug- lichkeit ihrer Ideale bewiesen. Hier hatte Polen durch die Versöhnung der Gegensätze von Ost und West einen Raum von ganz besonderer Eigenart geschaffen, der den hohen moralischen Wert seiner Ideale bewies und den Unionsstaat insgesamt zu etwas ethisch Höherwertigem werden ließ. Nur im Besitz der Ostgebiete könne sich Polen somit von seiner Staatsidee, der „jagiellonischen Idee“, leiten lassen.

4 Siehe dazu die gleichnamige Sektion auf dem 48. Deutschen Historikertag 2010: Ta gungs- bericht HT 2010: Der Topos des leeren Raumes. 5 Siehe S. 110, Anm. 347. 6 HASLINGER, Nation, S. 14. 7 HARLEY, Deconstructing, S. 11.

160 Die Ostkonzepte hatten die Ostgebiete insgesamt zum Gegenstand und bezogen ihre Begriffsfelder und Kernforderungen auf das gesamte Gebiet. Im Detail konnten ihre Bilder von Litauen, Weißrussland und Ostgalizien jedoch durchaus signifi kant vonei- nander abweichen. Das gilt vor allem für die Konzepte von Popławski und Studnicki, weniger für Haleckis und gar nicht für Romers. Letzterer betonte stark die geografi sche Einheit des gesamten Landes, ethnografi sche Gegebenheiten spielten für ihn keine Rol- le, er argumentierte allein (physio)geografi sch. Sein Bild von den Ostgebieten lässt sich nicht nach Litauen, Ruthenien und Ostgalizien differenzieren. Auch bei Halecki fi nden sich dafür fast keine Ansatzpunkte. Wie Romer die geografi sche Einheit im Blick hatte, argumentierte Halecki stets von der Einheit des Reiches aus. Er wies darauf hin, dass es ein Defi zit der „Republik beider Nationen“ gewesen sei, sich nicht mit der Ukraine als drittem Partner trialistisch verbunden zu haben und trat dafür ein, diesen Mangel bei der Neugründung des Staates zu beheben. Über diesen Aspekt hinaus spielten jedoch in seinem Ostkonzept Unterschiede zwischen den Gebieten des ehemaligen Großfürsten- tums und Galizien keine Rolle. Etwas anders liegen die Dinge bei Popławski und Stud- nicki. Popławski bezog in seine Argumentationen zum Beispiel durchaus mit ein, dass in Litauen und Ruthenien deutlich weniger Polen lebten als in Ostgalizien. Im Hinblick auf Kolonisation im Osten betrachteten sowohl Popławski als auch Studnicki die beiden Gebiete differenziert. Sie argumentierten, dass die dünn besiedelten Gebiete Litauens und Weißrusslands ausreichend geeigneten Raum für die Ansiedlung von Kolonisten böten und dass sie wegen des polnischen kulturellen Einfl usses dort das traditionelle und natürliche Kolonisationsgebiet der Polen seien. Galizien hingegen bezeichneten sie als übervölkert und traten dafür ein, dass galizische Siedler in das benachbarte ehe- malige Großfürstentum abwanderten. Studnickis und Popławskis Anschauungen über die Weißrussen decken sich ebenfalls: Sie betrachteten sie als Bevölkerungsgruppe, die noch nicht über ihre nationale Zugehörigkeit entschieden habe und aus der bei entspre- chendem polnischem nationalisierendem Werben Polen würden. Studnicki bezeichnete sie als bloßes „ethnisches Material“8, Popławski hielt sie für ein ausschließlich bäuer- liches Volk „politisch passiven Charakters“9 von geringem Bildungsniveau und ohne National-, nur mit Stammesbewusstsein. Für Popławski war die Assimilierung der Weißrussen, die er aufgrund ihrer römisch-katholischen Konfession ohnehin als dem Polentum zuneigt betrachtete, Teil seines Plans der nationalen Expansion. Das war ein deutlicher Unterschied zu seinen Auffassungen den Ukrainern in Ostgalizien, deren As- similierung er ablehnte, da sie schlicht zu viele seien, und den Litauern gegenüber. Die Assimilierung Letzterer war für ihn kein Thema. Er beobachtete in Litauen nationales Bewusstsein und eine litauische Intelligenz, schätzte die litauische Kultur als verhält-

8 STUDNICKI, Sprawa polska, S. 493; ebenso fast wörtlich schon in: DERS.: „Nasza niwa“ tygo- dnik białoruski [Die weißrussische Wochenzeitung „Nasza Niwa“], in: NaP 2 (1907), H. 1, S. 40-41, hier S. 40; DERS.: Problemat polski na Litwie i Rusi [Das polnische Problem in Litau en und Ruthenien], ebenda, H. 14, S. 609-626, hier S. 623; DERS., Ostmarkenfrage, S. 27 f. 9 POPŁAWSKI: Nasze siły. Kraje Zabrane [Unsere Kräfte. Die weggenommenen Gebiete], in: PW 8 (1902), H. 6, S. 425-433, hier S. 427; im selben Sinne [DERS.:] Nasz demokratyzm [Unsere Demokratie], in: PW 6 (1900), H. 3, S. 129-138, hier S. 138.

161 nismäßig hoch ein und zeigte Verständnis für das erwachende nationale Bewusstsein und den Patriotismus der Litauer, den er, da gegen die Russifi zierung Litauens kämp- fend, eher als (potenziellen) Verbündeten denn als Gegner betrachtete. Nach Befreiung Litauens von den Russen und nach Beilegung einiger sozialer Konfl ikte würden die Po- len und die Litauer in Interessengemeinschaft friedlich zusammenwirken, so glaubte er. Damit liegt er in seiner Einschätzung Litauens nah bei Studnicki, der die Litauer zwar nicht als Nation sah und ihnen absprach, jemals eine Nation werden zu können, der die Völker der Polen und Litauer angesichts ihrer gemeinsamen Staatstradition und ihres gemeinsamen Kampfes gegen Russland aber ebenfalls eng miteinander verbunden sah. Eine ähnlich enge Verbindung mit den ehemaligen kronpolnischen Ländern im Südos- ten der alten Republik fi ndet sich in seinen Schriften nicht. Im Hinblick auf Ostgalizien dominierte für beide Autoren das Feindbild der ukrainischen Nationalbewegung, in der zwar nicht Studnicki, der von der Attraktivität und Überlegenheit der polnischen Kultur überzeugt war, aber Popławski trotz derselben Überzeugung sehr wohl eine ernste Gefahr für die kulturelle und politische Überlegenheit der Polen in Ostgalizien sah. Hinzu kam, dass er den west-östlichen Zivilisationskampf in besonderer Weise in Ostgalizien verortete, da die polnisch-ukrainischen Auseinandersetzungen im Grunde genommen keine nationale oder soziale Konfrontation, sondern Symptom des grund- sätzlichen Kampfes der europäischen, westlichen Kultur mit der östlich-byzantinischen seien. Schließlich bezog Popławski die Bezeichnung „kresy“ auch explizit nicht auf Ostgalizien, wohl aber auf Litauen, Wolhynien, Podolien und die Ukraine.10 So wird deutlich, dass die Ostkonzepte verschieden mit den unterschiedlichen Län- dern Litauen, Weißrussland und Ostgalizien und deren Bevölkerungsgruppen umgin- gen. Während für Halecki und Romer, die einen sehr integrativen Blick auf die Ost- gebiete pfl egten, die Unterschiede zwischen den Ländern aus den genannten Gründen keine Rolle spielten, nahmen die Ostkonzepte von Popławski und Studnicki vielfach auf die Unterschiede Bezug. Die vier Berufungsinstanzen der Autoren – Nation, Nationalökonomie, Geografi e, Geschichte – bieten Anhaltspunkte für Beobachtungen, die hier nur als Thesen for- muliert werden sollen. Zweifellos spielte die Geschichte bei allen vier Autoren als Berufungsinstanz eine wichtige Rolle. Allen voran Halecki, aber auch Popławski und Studnicki beriefen sich explizit auf Lehren aus der Geschichte, und Romer sah sich gezwungen, sie explizit als Berufungsinstanz abzulehnen, denn sie war zu mächtig, als dass er sie stillschweigend hätte übergehen können. Die Autoren erklärten aktuelle Zu- stände und Strukturen mit historischen Entwicklungen und zogen Lehren, etwa wenn es darum ging, den Untergang des Staates zu erklären oder aus früherer Ostpolitik der Republik Argumente für die aktuelle Hinwendung zum Osten zu schöpfen. Dabei setzten sie alle die Geschichte der Republik mit der Geschichte der polnischen Nation gleich. Am stärksten bezog sich natürlich Halecki als professioneller Historiker auf die magistra vitae. Bei den anderen dreien ist aber zu beobachten, dass die traditionsreiche Geschichtswissenschaft, die sich in der polnischen Gesellschaft um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ungebrochener Wertschätzung erfreute, etwas in den Hintergrund geriet. Als konkurrierende Sinnstiftungsangebote traten das „nationale Interesse“, die

10 Siehe S. 65 f.

162 Nationalökonomie und die Geografi e in Erscheinung. Auch soziologische Argumenta- tionen schimmern durch den ein oder anderen Text, etwa wenn es um Assimilierungs- prozesse geht. Es scheint, dass sich in den hier untersuchten Ostkonzepten nicht gerade die Ablösung der Geschichte als zentrale Bildungsmacht – das gälte für Polen vielleicht nicht einmal heute –, aber ihre Herausforderung durch jüngere, sozialwissenschaftliche Disziplinen abzeichnet, wenn es darum ging, der Nation die maßgeblichen Leitlinien und Ziele ihres Handelns zu benennen. Populärwissenschaftliche Publikationen und Vorträge sowohl von Halecki als auch von Romer (sein Engagement für Schulbücher) weisen darauf hin, dass sich die bei- den Wissenschaftler als nationalpädagogische Popularisatoren ihrer wissenschaftlichen Ansichten verstanden. Damit lagen sie durchaus im Trend. Nicht erst nach Ausbruch des Weltkriegs empfanden es viele polnische Wissenschaftler als ihre Pfl icht, ihre Wis- senschaft in den Dienst der polnischen Sache zu stellen. Die Politisierung und Nationa- lisierung, in jedem Falle die scharfe Polarisierung der Historiker im Ersten Weltkrieg war freilich ein allgemeines, nicht nur Polen betreffendes Phänomen.11 Historiker auf allen Seiten lieferten historische Argumente für Grenzrevisionen und Herrschaftsan- sprüche, so dass die Begründung territorialer Ansprüche geradezu als Funktion der His- toriografi e verstanden wurde. Wie hier gezeigt wurde, setzten alle vier Autoren in ihren Schriften ihre Raumkon- zepte von den Ostgebieten ein, um die damit verbundenen Expansionsprogramme als notwendig erscheinende Handlungsstrategien und als gesamtnational verbindlich zu kommunizieren. Mit diesen Konzepten begaben sie sich in die Auseinandersetzung um die Macht über kollektive Deutungen des polnischen Territoriums. Dabei bedienten sie bestimmte funktionale Kontexte in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Zunächst hatten alle Konzepte eine außenpolitisch-strategisch-geopolitische Dimen- sion, wenn verkehrsstrategisch, mit der Verteidigungsfähigkeit von Grenzen oder mit ökonomischen Potenzialen argumentiert wurde. Diese Dimension richtet sich beinahe ausschließlich gegen Russland. Auch die stets vorhandene Grundannahme, Größe be- deute Macht, gehört in diesen Kontext. Die Konzepte beziehen aber auch zumindest indirekt Stellung in der Auseinandersetzung um die künftige Gestalt der polnischen Gesellschaft im unabhängigen Staat und sie sind, dies vor allem, Teil der Verortung innerhalb polnischer Wir-Diskurse über Nation, Europäizität und Zivilisation. Mit der Selbstbeschreibung als antemurale, als Träger westlich-lateinischer Kultur, als zivi- lisierendes Ferment, als im Ausgleich von Ost und West entstandene Eigenart, aber auch als im Zivilisationskampf besonders widerstandsfähig geworden – mit diesen Ele- menten der Imagination der Ostgebiete kam ihnen in diesen Diskursen ein besonderer Stellenwert als Ort der polnischen Selbstdeutung vor dem Kontrastbild des Ostens, des „Anderen“ zu.

Ansätze für den Vergleich mit Deutschland

Nahezu alle Elemente der hier gezeigten polnischen Bilder von den polnischen Ost- gebieten fi nden sich auch im deutschen Bild vom „deutschen Osten“. Im Folgenden

11 Für Polen siehe MATERNICKI, Idee; für Deutschland BRUCH; SCHWABE.

163 sollen einige Parallelen und Unterschiede skizziert werden, die sich als Anstoß zu tiefer gehender Betrachtung verstehen. Schon der Begriff „deutscher Osten“ führt mit- ten hinein in eine solche vergleichende Betrachtung: Sein Vorgänger ist der Begriff „Ostmarken“, auf dessen Ähnlichkeiten zum „kresy“-Begriff eingangs bereits hin- gewiesen wurde. Im November 1895 wurde in Posen der „Verein zur Förderung des Deutschthums in den Ostmarken“, der spätere „Ostmarkenverein“ gegründet.12 Sein satzungsgemäßes Ziel, „Kräftigung und Sammlung des Deutschthums in den mit polni- scher Bevölkerung durchsetzten Ostmarken des Reichs durch Hebung und Befestigung deutschnationalen Empfi ndens sowie durch Vermehrung und wirthschaftliche Stärkung der deutschen Bevölkerung“13, entspricht bis in die Formulierung hinein Popławskis Programm der Verteidigung des „polnischen Besitzstandes“ und der „nationalen Ex- pansion“. Beide malten dieselbe Bedrohung an die Wand: die Furcht vor der demogra- fi schen Niederlage. Während diese Furcht im deutschen Ostdiskurs eine große Rolle gespielt hat14, fi ndet sie sich in den hier untersuchten polnischen Ostkonzepten allein bei Popławski wieder. Studnicki, Romer und Halecki scheinen eine polnische demo- grafi sche Unterlegenheit in den Ostgebieten nicht gefürchtet zu haben, was gemäß ihrer eigenen Kriterien, anhand derer sie die Ansprüche Polens herleiteten, auch folgerichtig ist. Popławski lehnte zwar auch die ethnische Abstammung als entscheidendes Krite- rium für die Zuordnung von Territorien ab, da er aber vor allem nach der Verbreitung polnischen Nationalbewusstseins strebte, befand er sich doch in einem Kampf um „je- den einzelnen Kopf“ egal welcher Abstammung, wenn er sich nur zu Polen bekenne. Dem Ostmarkenverein gelang es mit massiver Propaganda, in der öffentlichen Mei- nung die Vorstellung zu wecken, in den „Ostmarken“ tobe ein Kampf zwischen Deut- schen und Polen. Dabei etablierte er den Begriff der „Ostmarken“, der zuvor die mittel- alterlichen Grenzgebiete Bayerns und Sachsens bezeichnet hatte, im neuen Sinne, denn er bezog sich nun auf die preußischen Ostprovinzen mit gemischter deutsch-polnischer Bevölkerung.15 Die Imagination der deutschen „Os tmarken“ als Ort des Kampfes zwi- schen Deutschen und Polen (oder zwischen Germanen und Slawen) weist deutliche Parallelen zum polnisch-russischen „Zivilisationskampf“ auf, der in den Ostkonzepten beschworen wurde. Unterschiede scheinen in der Betrachtung des Gegners zu liegen: Im polnisch-russischen Kampf wurde den anderen Nationalitäten der Ostgebiete die Fähigkeit abgesprochen, in diesem ewigen Ringen eine aktive Rolle zu spielen, ein- zig Russland wurde als Gegner ernst genommen. Aus deutschem Blickwinkel dagegen erschienen durchaus die Polen als Hauptgegner und als Deutschland aktiv bedrohend. Freilich gab es auch in der deutschen Diskussion die Vorstellung von einer eher amor- phen, permanenten Gefahr aus dem Osten, unter die alle Invasionen aus dem asia- tischen Raum, Hunnen, Awaren, Magyaren, Mongolen, später der Kommunismus oder der „jüdische Bolschewismus“ subsummiert werden konnten. Das damit verbundene Selbstverständnis, eine Vormauer der Kultur und Zivilisation gegen die „Slawenfl ut“16

12 GRABOWSKI. 13 § 1 der Satzungen in: Satzungen des Vereins zur Förderung des Deutschthums, S. 3. 14 WIPPERMANN, Ordensstaat, S. 66 f. 15 THUM, Traumland, S. 183 f. 16 Zu den Meeres- und Flutbildern siehe WEGER, S. 259, mit interessanten Belegen.

164 zu sein, war für den deutschen Ostdisk urs ebenso konstituierend wie das antemurale für die polnischen Konzepte.17 Im Zusammenhang mit dem Bild des Zivilisationskampfes, aber auch der Zivilisie- rungsmission fi ndet sich bei Studnicki und bei Halecki die These, dass die gewaltigen Aufgaben in den Ostgebieten den Charakter der Polen schärfe, sie widerstandsfähiger, aber auch lebenskräftiger machten. Eine parallele Vorstellung von der „Stählung“ Preu- ßens „in langwierigen und schweren Kämpfen um die Dominanz des ‚Deutschtums‘ in den Ostmarken“ konnte die Germanistin Izabela Surynt in preußisch-deutscher „Kreuz- ritterliteratur“ ausfi ndig machen.18 Dieser Gedanke erinnert außerdem an das „Fronti er- Konzept“ des US-amerikanischen Historikers Frederick Jackson Turner (1861-1932). Turner hielt 1893 einen berühmt gewordenen Vortrag mit dem Titel The Signifi cance of the Frontier in American History, in dem er Überlegungen zur Ausprägung von Be- sonderheiten der amerikanischen Gesellschaft an der sich voranschiebenden Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis anstellte. Damit schuf er einen Mythos der US- amerikanischen nationalen Identitätsbildung.19 Turner war beeinfl usst von Friedrich Ratzels Arbeiten und Ratzel – und andere Geopolitiker – wiederum war inspiriert von Turners These. Ratzel war überzeugt, dass die Möglichkeit fortwährender Eroberung, Erschließung und Besiedlung neuer Räume die Gesellschaft der USA jung, dynamisch und kraftvoll gehalten habe.20 Auch Studnickis Kolonisationspläne fi nden ihr Pendant im deutschen Kontext: Nach der Reichsgründung 1871 wurden in Deutschland Forderungen erhoben, die mil- lionenfache Auswanderung nach Amerika in das angrenzende Osteuropa umzulenken, um damit das deutsche Siedlungsgebiet zu erweitern, die „unsicheren“ östlichen Pro- vinzen politisch zu stabilisieren und wirtschaftlichen Profi t zu erlangen.21 In diesem Sinne äußerte sich zum Beispiel der nationalistische Publizist Paul de Lagarde22. Ernst Hasse, geschäftsführender Vorsitzender des Alldeutschen Verbands23 und Abgeordneter des Reichstags für die Nationalliberale Partei, forderte 1895 unter Pseudonym in An- lehnung an Friedrich Ratzel „Grenzkolonisation“ im Osten und Südosten:

„Nach Südosten und nach Osten sind der Entwicklung des Deutschtums natürliche Grenzen nicht gesteckt [...] Auch in Zukunft kann und wird es nicht anders sein, als daß die Volkskraft der Deutschen dorthin vorwärts drängt. Bis wohin? Wer kann es sagen?“24

17 Am Beispiel von Ostpreußen TRABA, „Wschodniopruskość“, S. 180-244. 18 SURYNT, Sendungsbewusstsein, S. 190. 19 WAECHTER. Waechter zeichnet die Turner-Debatte bis in die Gegenwart nach und ermöglicht damit die Prüfung des Frontier-Konzepts auf seine Eignung als universalgeschichtliche Kategorie. Zu Turners gesamtem Wirken BILLINGTON. 20 RATZEL, Politische Geographie, S. 339; dazu STEINWEIS. 21 SURYNT, Sendungsbewusstsein, S. 190 ff., sowie HAHN/HAHN, S. 393. 22 LAGARDE (zuerst 1885), S. 25 ff.; siehe auch SIEG, S. 173 f.; WIPPERMANN, Ordensstaat, S. 64. 23 Zum Alldeutschen Verband siehe S. 169, Anm. 43. 24 [HASSE], S. 7.

165 Ein 1897 erschienener Deutscher Kolonial-Atlas von Paul Langhans stellte die „deutsche Ostkolonisation“ auf eine Stufe mit der Kolonialpolitik des Deutschen Rei- ches in Übersee:

„Neben den reichsdeutschen Schutzgebieten“ behandelte er auch „die deutschen Ackerbau- Kolonien. Die zähe Eroberungs- und Ansiedlungspolitik der Welfen, Askanier, Hohenzollern und auch Habsburger, sowie des Deutschen Ordens nach Osten hin hat die Länder zwi- schen Elbe und Weichsel und große Teile der ungerländischen Ebenen und Bergbezirke ver- deutscht. An die Tätigkeit ersterer knüpft die Arbeit der ‚Ansiedlungskommission‘ an […] Und doch steht auch heute noch die deutsche Ackerbaukolonisation des Ostens nicht still.“25

Dass der Alldeutsche Verband 1900 die Veröffentlichung eines Auszugs dieses Atlasses als Alldeutscher Atlas förderte, macht die gedankliche Verbindung von Kolonialpoli- tik und bevölkerungspolitischen Vorstellungen im Osten erneut augenfällig.26 Friedrich Ratzel gab 1898 mit seinem „Lebensraum“-Konzept dieser geopolitischen Forderung Rückhalt, indem er die Diskussion um kontinentale „Grenzkolonisation“ als Alterna- tive zur transatlantischen Kolonisation aufnahm.27 Studnicki hatte ganz ähnlich argu- mentiert, sah allerdings die Kolonisation nur im künftigen polnischen Staatsgebiet vor. In Deutschland wurde bereits im 19. Jahrhundert von Historikern und Publizisten die mittelalterliche Ostsiedlung in ein zielgerichtetes politisches Programm einer „deut- schen Ostkolonisation“ umgedeutet, das nun zur Legitimation imperialistischer An- sprüche im Osten diente.28 Der Mythos der „deutschen Ostkolonisation“ war zentraler Bestandteil der Propaganda des Ostmarkenvereins, der für ihre Wiederaufnahme stritt. Auf Zusammenhänge zwischen Deutschlands Verlust der Kolonien und seinem Sta- tus als Großmacht nach dem Ersten Weltkrieg einerseits und gesteigerter Hinwendung nach Osten andererseits weist Gregor Thum hin:

„Die Existenz des ‚deutschen Ostens‘ faszinierte die politische Publizistik der Zwischen- kriegszeit gerade auch als vermeintlich koloniale, auf die Siedlungsbewegung des Mittel- alters zurückgehende Errungenschaft der Deutschen. Auf diese Weise fand die koloniale Rhetorik […] im Osten Europas einen neuen Gegenstand.“29

25 LANGHANS, Kolonial-Atlas, Zur Einführung. Auf den Karten des Atlasses wird die „deutsche Ostkolonisation“ gleichrangig mit den Kolonien dargestellt, terminologisch unterscheidet er aber zwischen den „Schutzgebieten“ und der „deutschen Kolonisation im Osten“. Weitere Auswanderung, z.B., nach Amerika, behandelte er unter dem Schlagwort „Verbreitung des Deutschtums“. 26 DERS., Alldeutscher Atlas. Der Atlas erschien bereits 1903 in zweiter und 1905 in dritter Aufl age, was auf reges Interesse deutet. Siehe auch WEGER, S. 245 f. Weger weist auf die Karriere dieses Zusammenhangs in späteren Publikationen hin: KUNTZE; ZIEGFELD. 27 RATZEL, Lebensraum. 28 WIPPERMANN, Ordensstaat; DERS., Ostsiedlung. Zu Heinrich von Treitschke SURYNT, Sendungsbewusstsein, S. 203 f. 29 THUM, Traumland, S. 194.

166 Angesichts der verlorenen Kolonien in Übersee sei der Mythos der „deutschen Ostko- lonisation“ zur „Kompensationsideologie“ geworden, schreibt Thum. Wie gezeigt, sind die Wurzeln des Zusammenhangs zwischen überseeischer und Ostkolonisation jedoch mindestens zwanzig Jahre älter. Doch nicht nur deutsche, auch polnische Ostkonzepte rekurrierten in hohem Maße auf mittelalterliche Siedlungsbewegungen nach Osten. Der beiderseitige Rückgriff da- rauf war eng verbunden mit der Vorstellung, die eigene, kulturell und zivilisatorisch höher stehende Nation habe die rückständige autochthone Bevölkerung zivilisiert, beziehungsweise sei noch immer dazu berufen. Die polnische historische Zivilisie- rungsmission ist ganz parallel zur deutschen „Kulturträgertheorie“ zu sehen, die ein Geschichtsbild durchzusetzen suchte, das dem deutschen Volk als dem Träger einer angeblich überlegenen Kultur als historische Aufgabe eine politische und kulturelle Mission gegenüber seinen slawischen Nachbarvölkern zuwies.30 Beiden Sichtweisen war die Vorstellung gemein, die eigene Nation habe die historische Aufgabe, den aus sich selbst heraus zu einer dauerhaften Ordnung unfähigen „Ostraum“ von außen her zu befrieden und zu ordnen. Gemäß den Ostkonzepten von Studnicki und Romer wurde die Zivilisierungsmission befördert von einem „Drang nach Osten“, den Romer in der Physiogeografi e Polens wie Deutschlands von der Natur vorgegeben sah. Die beiden Autoren verwendeten dieses in der polnischen Diskussion so präsente Schlagwort je- doch nicht in seinem üblichen ideologischen Sinne, in dem es eine stringente Kontinui- tät deutscher expansiver Ostpolitik und Unterwerfung der Slawen seit dem Mittelalter unterstellte und kritisierte31, sondern betrachteten diesen „Drang“ als eine neutrale, übernationale Naturkonstante. Das deutsche Bild enthielt die Vorstellung, der Osten sei ein grenzen- und struk- turloser Raum, der von den Deutschen geordnet werden müsse, eine „zivilisatorische tabula rasa, die nach der Hand des deutschen Kolonisten rief“32. Auch die polnischen Ostkonzepte strebten nach imperialer Ordnung des Raumes, jedoch enthielten sie nicht die Vorstellung eines strukturlosen Raumes, sondern sie rekurrierten gerade auf vor- handene Strukturen, indem sie nachdrücklich darauf hinwiesen, diese seien allein von Polen geschaffen worden. Zwar enthielten auch die polnischen Konzepte das Bild eines Vakuums in den Ostgebieten, jedoch handelte es sich um ein Machtvakuum, das aus- gefüllt werden müsse. Wie im Falle des „west-östlichen Kampfes“ ist eine Asymmetrie in der Wahl des Gegners zu beobachten. Die polnischen Ostkonzepte übergingen die autochthone Bevölkerung in den Ostgebieten (mit Ausnahme von Popławski) als fol- kloristische Statisten und sahen wiederum Russland als Antagonisten im Ringen um den Polen wie Russland benachbarten Raum, wohingegen in deutschen Ostraumbildern die Einheimischen, die „Slawen“, sehr häufi g also die Polen, als Antagonisten erschei-

30 Als Schöpfer der „Kulturträgertheorie“ gilt Reitemeier, der die mittelalterliche Ostsiedlung mit der „Colonisation und Einwanderung der Europäer nach Nordamerika“ verglich, siehe REITEMEIER, Bd. 1, S. 33, 35, 477, 494, 503, 528. WIPPERMANN, Ordensstaat, S. 59 ff. 31 So schon SZAJNOCHA, Bd. 2, S. 10 f.; WIPPERMANN, Der ‚deutsche Drang‘, S. 12 ff.; zur Ab- senz des Schlagwortes „Drang nach Osten“ in der deutschen Diskussion MEYER. 32 THUM, Traumland, S. 8, Hervorhebung im Original; SURYNT, Sendungsbewusstsein, S. 206; HAHN/HAHN.

167 nen. Im deutschen Ostdiskurs gab es die Vorstellung, „der Osten“ sei zu Urzeiten von Germanen besiedelt gewesen, die vorübergehend von den sich westwärts ausbreitenden Slawen verdrängt worden seien. Insofern galt in völkischer Anschauung der mittel- alterliche Landesausbau als „deutsche Wiederbesiedlung des Ostens“33 oder „Rück- besiedlung Ostdeutschlands“34. Ein vergleichbares Narrativ enthalten die polnischen Ostkonzepte nicht. Romers Konstruktion des „geografi schen Polens“ als „Naturraum“ in Ratzels Sinne weist zahlreiche gemeinsame Züge mit Vorstellungen des völkischen „Kulturraumkon- zepts“ auf, nach dem eine dem Volk adäquate Kulturlandschaft die optimale ethnische, kulturelle und ökonomische Entwicklungsfähigkeit garantiert.35 Den hier untersuchten polnischen Ostkonzepten fehlt allerdings das „völkische“ Element, das auf rasseide- ologischer Grundlage in der Überzeugung bestand, in der bäuerlichen Landbevölke- rung habe eine „authentische ethnische Substanz“ und „gesunde deutsche Eigenart“ überdauert.36 Im polnischen Falle wurde überwiegend auf hochkulturelle „Eigenarten“ rekurriert – mit einigen Ausnahmen bei Popławski –, ethnisch-rassische Nat ionsdefi - nitionen oder Argumentationen spielten aber keine Rolle. Die der völkischen Bewe- gung eigene Fixierung auf „ethnisch reine“ Abstammung war den polnischen Ostkon- zepten völlig fremd, da sie Multiethnizität in der Tradition der alten Republik positiv bewerteten. Sie erscheint als Symbol und Erbe der Vergangenheit als Großmacht, bei Studnicki sogar als Bereicherung und die Lebenskraft und Charakterschärfe steigernde „Beimischung von Blut“37. Ihr überethnischer, staatsbürgerlich-kulturell defi nierter Nationsbegriff stand im Gegensatz zu völkischen Ideen, deren wichtigste Konstrukte das ethnisch, später rassisch defi nierte „Volk“ als Gegenbegriff zur Nation der fran- zösischen Aufklärung und ein homogener Volksraum waren. Eine der Raumkategorie „deutscher Volksboden“ entsprechende Figur enthalten die Konzepte insofern nicht, als der „Volksboden“ nicht nur geschlossene deutschsprachige Siedlungsgebiete, son- dern auch Sprachinseln und Gebiete gemischter Besiedlung mit deutschsprachigem Anteil umfasste.38 Dem sprachlich geschlossenen Siedlungsgebiet könnte sonst das „ethnische Polen“ entsprechen, das jedoch die gemischte Bevölkerung darüber hinaus unberücksichtigt ließ. Anders verhält es sich mit dem „deutschen Kulturboden“, der durch „‚deutsche Leistung‘ und ‚deutschen Arbeitsgeist‘ geprägt sei.39 Jene Gebiete konnten infolge der deutschen sozioökonomischen Dominanz festgelegt werden“40. Diese Vorstellung deckt sich durchaus mit dem Bild vom polnischen Territorium, das die Autoren der Ostkonzepte vermittelten. Unterschiede liegen dann wieder darin, dass im polnischen Falle, anders als im deutschen, der staatlich geprägte Raumbegriff weiter

33 ZIEGFELD, S. 14 f.; WEGER, S. 255 f.; HACKMANN, „Volksgeschichte“, S. 183 f. 34 ZIEGFELD, S. 27. 35 OBERKROME, Entwicklungen, S. 71 ff., bzw. ausführlicher DERS., Volksgeschichte. 36 Zur Denkfi gur des „Völkischen“ und zur Volksgeschichte siehe als Literaturbericht MID- DELL/SOMMER; ferner HACKMANN, „Volksgeschichte“. 37 Siehe S. 98. 38 HERB, S. 55 ff.; FAHLBUSCH, Wo der deutsche ..., S. 270; WOLFF-POWĘSKA, S. 185. 39 PENCK, S. 64 ff. 40 FAHLBUSCH, Wo der deutsche ..., S. 270; HACKMANN, „Volksgeschichte“, S. 183.

168 wirksam war und im deutschen Fall alle Gebiete gemeint sein konnten, in denen Deut- sche lebten, also auch in Übersee. Bei diesen Überlegungen ist freilich zu beachten, dass die „deutsche Volks- und Kulturbodenforschung“ sich erst nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte. Sie war Teil des geopolitischen Diskurses der Zwischenkriegszeit und zielte darauf ab, mit der Konstruktion „ethnischer Grenzen“ die Grenzziehung von Versailles anzugreifen. Ihr zugrunde lagen Vorstellungen eines „großdeutschen Reiches“, als deren mythisches Muster das Reich Karls des Großen diente. Mit Gründung der Stiftung für deutsche Volks- und Kulturbodenforschung 1920 in Leipzig institutionalisierte sich die „deut- sche Volks- und Kulturbodenforschung“.41 Doch fanden sich ihre Paradigmen bereits früher in der Zeitschrift Deutsche Erde42, die gemeinsam vom Alldeutschen Verband43 und dem Deutschbund44 herausgegeben wurde. Zu den Herausgebern gehörten auch Friedrich Ratzel, von dem Eugeniusz Romer stark beeinfl usst war, und Albrecht Penck, Romers Wiener Lehrer. Penck war es, der die These vom Volks- und Kulturboden ent- wickelte.45 Die „Volks- und Kulturbodenforschung“ war Element der „deutschen Ostfor- schung“, die sich als interdisziplinäre historische Landeskunde zur Erforschung des deutschen Volkstums im Osten verstand.46 Die „Ostforschung“ war strukturell in be- sonderen Lehrstühlen und Instituten, Fachorganen und Verbänden organisiert. In ihrer deutsch-nationalen Ausrichtung und mit ihrem ethnozentrischen Ansatz blendete sie die Kultur und Geschichte anderer Bewohner der jeweiligen Länder aus. Stattdessen betrieb sie Landesgeschichte als Deutschtumsgeschichte und betonte das Wirken von Deutschen in Osteuropa übermäßig.47 Grundlage war die sozialdarwinistische Über- zeugung, nach der die deutsche Kultur slawischen Kulturen überlegen sei. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg entwickelte die Ostforschung einen ausgeprägten Antisla- wismus und war an der Ausbildung der Herrenmenschenideologie beteiligt. In ihrem Zentrum standen Rassenlehren und die Gewinnung von „Lebensraum“ im Osten. Die Ostforscher sahen sich stets auch in politikberatender Funktion und bemühten sich, ihre Konzeptionen in praktische Handlungsanweisungen zu überführen. Der Begriff des „deutschen Ostens“ entstand ebenfalls erst nach dem Ersten Welt- krieg, als der Verlust von Gebieten im Osten des Reiches dazu führte, dass sich der „deutsche Osten“ allmählich auf alle Gebiete im Osten erweiterte, die deutschsprachige Siedlung aufwiesen, und ihn damit gleichsam in territorialer Unbestimmtheit aufl öste.48

41 FAHLBUSCH, Wo der deutsche ... . 42 Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. Beiträge zur Kenntnis deutschen Volkstums allerorten und allerzeiten, Gotha 1902-1915. 43 Siehe zuletzt HERING. Mitglied des Alldeutschen Verbands war auch der Geopolitiker Karl Haushofer (1869-1946), dessen Schriften im Nationalsozialismus zur Begründung der „Eroberung von Lebensraum im Osten“ herangezogen wurden. 44 FRICKE. 45 PENCK. Siehe dazu WOLFF-POWĘSKA; HERB, S. 55 ff. 46 Mit zahlreicher weiterführender Literatur siehe MÜHLE, ‚Ostforschung‘. 47 HACKMANN, Ostpreußen. 48 THUM, Traumland, S. 184.

169 Damit wurden auch Landstriche, die niemals zu einem deutschen Staat gehört hatten, wie das Baltikum, Galizien oder Siebenbürgen, Teil des „deutschen Ostens“ und der Begriff der Ostmarken wurde mit der Zeit verdrängt. Diese „Entgrenzung“ oder territo- riale Unbestimmtheit des „deutschen Ostens“ fi ndet keine Entsprechung in den Bildern vom polnischen Osten, da diese sich immer auf eine frühere staatliche Zugehörigkeit der entsprechenden Gebiete zu Polen bezogen, mag sie auch sehr lange her oder sehr kurzzeitig gewesen sein. Dies gilt natürlich für die Gebiete innerhalb der Grenzen von 1772, es gilt aber auch für Smolensk, Kiew und sogar die Schwarzmeerküste. Im deut- schen Kontext verlor der Staat an Bedeutung und traten „völkische“ Ideen an seinen Platz. Insofern entspricht das Bild der deutschen „Ostmarken“, die das gemischt besie- delte Grenzgebiet des Staates bezeichnet hatten, dem Bild der polnischen Ostgebiete wesentlich mehr. Der Nationalsozialismus verstärkte die rassische Aufl adung des Volksbegriffs und einen gesteigerten imperialen Anspruch auf den Osten. Auch um neuen „Siedlungs- raum“ im Osten für das deutsche „Volk ohne Raum“49 zu erobern, wurde der Zweite Weltkrieg geführt (Generalplan Ost). Die „Volk-ohne-Raum“-These ging davon aus, dass Deutschland für seine Bevölkerung weder genug Bodenschätze habe noch ge- nug Nahrungsmittel produzieren könne und deswegen Kolonisationsgebiete gewinnen müsse. In der Forschung wird die nationalsozialistische Besatzungspolitik im Osten immer wieder auch als Kolonialherrschaft gedeutet.50 Man könnte den Vergleich erweitern auf Bilder des Ostens in der deutschen Belle- tristik und auf polnische kresy-Bilder, die von der schönen Literatur gezeichnet wurden, und weitere Analogien fi nden. Beide Bilder beschworen eine heile, stille, liebenswert rückständige Welt, in der Mensch und Natur in Einklang miteinander lebten. Beide wurden in hohem Maße über Landschaftsbilder evoziert und emotionalisiert – Steppe, Flüsse, Grabhügel (mogiły) auf polnischer, stille Seen, tiefe Wälder und majestätische Elche auf deutscher Seite. Gregor Thum konstatiert eine Ambivalenz der deutschen Wahrnehmungen, die zwischen „Traum und Alptraum oszillieren“51. Diffuse Sehn- süchte nach einer von der Modernisierung kaum erfassten, „anderen“ Welt widerstrit- ten mit der Apostrophierung des Ostens als Raum der Bedrohung und der Barbarei. Den besonderen Reiz habe die Kombination von Nähe und Exotik ausgemacht, für die der Osten gestanden habe. Vergleichbare Befunde dürfen auch für den polnischen Fall gelten, insbesondere für die schöne Literatur, in der der Blick auf die Peripherie der kresy zivilisatorische Rückständigkeit romantisch verklärte und in der kulturellen Viel- falt den Reiz des Exotischen sah. Aber das führte hier zu weit. Wie eingangs polnische kresy-Bilder in der Literatur, in Erinnerungen und in der Kunst ausgespart wurden, so

49 Der Begriff geht auf den gleichnamigen Roman des völkischen Schriftstellers Hans Grimm zurück; GRIMM. 50 ZIMMERER, Nationalsozialismus; Zimmerer nahm Bezug auf GERWARTH/MALINOWSKI; CONRAD, S. 103 ff.; BLACKBOURN, S. 323; ZIMMERER, Geburt. 51 THUM, Traumland, S. 15.

170 müssen auch die deutschen Bilder des Ostens in diesen Genres unberücksichtig blei- ben.52 Am Ende dieser kursorischen Gedanken ist zusammenfassend festzuhalten, dass zentrale, konstituierende Elemente polnischer und deutscher Ostkonzepte einander sehr ähnlich waren. Einige klare Parallelen sind zu beobachten wie das Verständnis der Ostgebiete als Vormauer westlicher Zivilisation, die Berufung auf mittelalterliche Siedlungsbewegungen nach Osten oder die Vorstellung, einer historischen Zivilisie- rungsmission als „Kulturträger“ verpfl ichtet zu sein. Daneben fi nden sich Momente, die eine gemeinsame Grundtendenz aufweisen, aber in Details voneinander abweichen. So entsprechen das Konzept des „geografi schen Polens“ und das deutsche Kulturraum- konzept einander bis auf die Tatsache, dass Letzteres im Unterschied zum polnischen Pendant völkisch konnotiert war. Das deutsche Kulturbodenkonzept, das von der so- zioökonomischen Dominanz der Deutschen im Osten ausging, fi ndet sich auch im polnischen Kontext, allerdings mit dem Unterschied, dass die polnischen Autoren im Gegensatz zu den deutschen auf einen staatlich geprägten Raumbegriff rekurrieren. In der Konstruktion der Ostgebiete als Ort des zivilisatorischen Kampfes zwischen Ost und West liegt der Unterschied nur in der Wahrnehmung der Gegner. Deutsche wie polnische Konzepte enthielten parallele Kolonisationsvorhaben, wobei die pol- nischen Pläne der strukturierten Ansiedlung sich im Unterschied zu den deutschen ausschließlich auf Gebiete richteten, die als polnisches Staatsterritorium vorgesehen waren. Grundsätzlich strebten beide die imperiale Ordnung des „Ostraumes“ an, in der deutschen Diskussion wurde er jedoch als ein „leerer Raum“, eine tabula rasa gezeich- net, wohingegen die polnischen Konzepte auf vorhandene, von Polen in Jahrhunderten geschaffenen Strukturen aufbauten. Schließlich fi nden sich auch substanzielle Unter- schiede zwischen den deutschen und polnischen Ostkonzepten. So operierten beide mit qualitativ unterschiedlichen Nationsbegriffen und bewerteten demgemäß auch Multi- ethnizität grundverschieden. Während sie in der deutschen Diskussion als unbefriedi- gender, teils bedrohlicher, jedenfalls zu beseitigender Defekt erschien, stand sie in der polnischen Debatte als Symbol für das Erbe eines multiethnischen und multikonfessio- nellen, mächtigen Großreiches, für die ruhmvolle Vergangenheit. Ein dem deutschen „Volksboden“ vergleichbares Konstrukt fi ndet sich in den polnischen Ostkonzepten nicht, auch die deutsche Furcht vor der demografi schen Niederlage in den Ostgebieten hat praktisch kein polnisches Pendant. Schließlich stand der Entgrenzung des Begriffs vom „deutschen Osten“ der Bezug der polnischen Ostgebiete auf staatliche Traditionen gegenüber. Bei all diesen Überlegungen ist jedoch zu beachten, dass einige Elemente des deutschen Ostdiskurses sich erst in der Weimarer Republik voll ausgebildet haben. Um Anregungen zur Kontextualisierung und Historisierung der polnischen Ostkon- zepte zu geben, wurden sie hier aber dennoch herangezogen. Ausgangspunkt der Arbeit war die Beobachtung, dass in der polnischen Diskussion über das Territorium des polnischen Staates Raumbilder von den polnischen Ostgebie- ten eine besondere Rolle spielten, dass sie die Qualität von „Ostkonzepten“ erreichten.

52 Einleitende Literatur zum entsprechenden kresy-Bild siehe Kapitel 2. Für den deutschen Fall gibt Thum einen guten Überblick und die in dem Band versammelten Beiträge bieten Fallbeispiele, die zu weiteren Untersuchungen anregen, ebenda, auch HAHN/HAHN.

171 An vier Beispielen wurde gezeigt, auf welchen Bildern vom polnischen Osten diese Konzepte basierten und auf welche Weise sie den Ostgebieten einen für ganz Polen existenziellen Stellenwert beimaßen. Kerngedanke der Konzepte war, dass die Ostge- biete, jahrhundertelang durch die polnische Kultur geprägt, ihrem Wesen nach polnisch seien. Damit gehörten sie untrennbar zum polnischen Territorium, das als nationales Eigentum verstanden wurde. Mit diesem Argument und mithilfe ihres überethnischen Nationsbegriffs und der Denkfi gur der natürlichen Grenzen wurde die Vorstellung von einem polnischen nationalen Territorium als ein organisches Ganzes vermittelt, dessen essenzieller Bestandteil die Ostgebiete waren. Doch beschrieben die Ostkonzepte die Ostgebiete nicht nur als unverzichtbaren Teil des Ganzen, sondern sie konstruierten sie als Essenz Polens, als seinen Wesenskern. Sie waren der Ort des antemurale christiani- tatis, wo die Polen die historische Mission zu erfüllen hatten, einen immerwährenden Kampf zwischen Ost und West auszufechten und den Osten zivilisatorisch zu heben. Diese welt- oder menschheitsgeschichtliche Aufgabe habe die Polen so sehr geprägt, dass die Ostgebiete zu einem zentralen Ort der Nation geworden seien. Hinzu kam die Bedeutung, die die Ostkonzepte den Ostgebieten als demografi schem, volkswirtschaft- lichem und, dies vor allem, machtpolitischem Expansionsraum zumaßen. Die genannten Vorstellungen und Argumente verliehen den Ostgebieten eine Schlüsselstellung für die Zukunft des Staates und der Nation. So hatten die Ostkonzepte die Funktion, ein Polen ohne die Ostgebiete als nicht nur nicht akzeptabel, sondern als nicht denkbar zu kom- munizieren. Wäre dies so umfassend gelungen, dass andere Raumbilder von Polen als Ganzem und von den Ostgebieten in der Diskussion über das polnische Territorium nicht hätten geäußert werden können, so hätte man von einem polnischen Ostdiskurs sprechen können. Wichtige Eigenschaft von Diskursen ist die Verknappung von Aussagemög- lichkeiten. Diskurse sorgen dafür, „dass nicht alles zu jeder Zeit gesagt werden kann“53. Ein solcher Ostdiskurs hätte also die Deutungen der Ostkonzepte als allein gültig bezie- hungsweise richtig festgelegt und insofern gesellschaftliche Macht ausgeübt. Wie oben dargelegt, wurden jedoch sehr verschiedene, konkurrierende Territorialkonzepte für den polnischen Staat diskutiert, etwa das „ethnische Polen“ oder die Konzentration auf die Westgebiete, und es war durchaus möglich, ein Polen ohne die Ostgebiete zu fordern. Während für die polnische Diskussion über die Ostgebiete also kein machtaus- übender Ostdiskurs beobachtet werden kann, legen die Forschungen zur deutschen Diskussion über den „deutschen Osten“ nahe, dass es einen solchen Diskurs gab. Un- zweifelhaft ist, dass auch deutsche Raumbilder von den Ostmarken und dem „deut- schen Osten“ ausgeprägte „Ostkonzepte“ waren, denn sie maßen den Gebieten einen mindestens ebenso großen Stellenwert zu, wie die hier gezeigten Ostkonzepte dem „polnischen Osten“. Der Besitz der „Ostmarken“ und die Sicherung beziehungsweise Herstellung der demografi schen, politischen und kulturellen deutschen Dominanz in diesen Provinzen wurden als entscheidend für das Schicksal des Deutschen Reiches dargestellt. Schließlich schien auch den Deutschen kein Raum, laut Thum, „als Be- zugspunkt besser geeignet, um ihre eigene Kultur und um ihre Rolle in der Welt zu defi nieren“54.

53 LANDWEHR, Diskurs (19.07.2010). 54 THUM, Ex oriente, S. 7.

172 6 Abstract

Poland’s former eastern territories continue to play a prominent role in Polish discus- sions up to the present day, and in these discussions certain conceptions of the kresy are mediated, which reach back far into the 19th century and the period of Romanti- cism. Up until the end of the First World War and also in the inter-war years, when these eastern territories were ‘lost’, the kresy occupied a signifi cant position in Polish literature, and this landscape became extensively mythologised. These conceptions of the former Polish eastern territories are essentially conceptions of space. From the late 19th century onwards, they can also be encountered in political discussions and, just as the images created in literature since the Romantic period do, they continue to shape the political image and semantics of the ‘Polish East’ today. In the decades leading up to the First World War, building upon these literary images, certain military-strategic and geopolitical considerations were developed in relation to these eastern territories in order to pursue particular aims in ongoing discussions over the borders and territories of the future Polish state. Following the Partitions of Poland at the end of the 18th century it was understood to be only natural that the borders of the state which was to be reconstituted were to be the same as those of 1772, before the First Partition of the Polish-Lithuanian Com- monwealth. However, by the end of the 19th century, thanks largely to the ethnicisation of the concept of the nation and the emergence of competing national movements, this certainty had gradually disappeared. The shape of the future Poland and its ‘national territory’ appeared to have become negotiable. In the Polish case, just as in other natio- nal identity discourses, the space defi ned as the ‘national territory’ was communicated as an object of identifi cation. In the discussions over the borders of the future state which emerged in the 1890s, and which really took off following the outbreak of the war, various conceptions emerged, not only of the territory of Poland as a whole, but also of the territory of particular areas of the former Polish state. In this, a very signi- fi cant role was played by spatial conceptions of the eastern Polish territories, some of which reached the status of veritable ‘Eastern Concepts’. These Eastern Concepts amounted to more than just the sum of the numerous statements over the desired course of the eastern border and observations on multi-ethnicity or national confl icts in the re- gion. They did have their foundations in certain spatial conceptions of the east, but they also constituted comprehensive conceptualisations of the eastern territories as an essen- tial component of the entire Polish national territory, and were therefore characterised by their allocating to the kresy an existential importance to Poland and the future Polish state. In these Eastern Concepts, the region was portrayed as central to the nation in that

173 it constituted a focal point for the creation of a Polish identity, and even represented the essence of Polish statehood and the national character. This paper investigates the ‘Eastern Concepts’ of four authors, politicians and sci- entists, who, on the basis of their great infl uence, personal reputations and prominent position in the discussions of the time, have succeeded in having a lasting impact upon conceptualisations of the eastern territories. All four belonged to the Polish elite, with the historian Oskar Halecki and the geographer Eugeniusz Romer holding important academic positions, and Jan Ludwik Popławski and Władysław Studnicki holding key political posts. They were all members of those infl uential contemporary circles who, to a great extent, communicated political and cultural positions to the broader public, thereby exercising substantial power to shape opinions. Furthermore, in the two aca- demics, I have chosen to look at leading representatives of those two disciplines which should perhaps be considered as the most important in terms of interpreting the ques- tion of the national territory. The research objective of this paper is to identify the political semantics of these Eastern Concepts and to investigate what characteristics were attributed to the East in a political and cultural sense. This will be achieved on the basis of a systematic analysis of the motifs, categories of interpretation and frames of reference upon which these concepts were based. The theoretical framework will draw on recent developments in historical research in relation to the spatial dimension, which have clearly established the constructed nature of territorial units. In this respect, the Eastern Concepts under investigation here will thus also constitute a case-study of the ways in which space is constructed through political, journalistic and academic communication. Furthermore, on the basis of these spatial conceptions of the East it should be possible to identify certain key elements of the Polish ‘we-discourse’ on the nation, ‘Europeanness’ and civilisation. Methodologically speaking, exemplary detailed studies on concrete East- ern Concepts will provide an optimal basis for investigating exactly which cultural interpretations, attributions and representations have served to shape conceptions of the Polish eastern territories and which concepts of the nation as a whole were related to these. With the aid of instruments drawn from discursive history, the linguistic and symbolic nature of these Eastern Concepts will be analysed in order to uncover the for- mal and actual structures, conceptual fi elds, hierarchies and motifs through which the forms of knowledge and reality were produced in historical processes. Finally, on the basis of the results of this investigation parallels will be drawn with German ‘Eastern Concepts’. This paper demonstrates that, although the various Eastern Concepts had different priorities and perspectives, and sometimes differing frames of reference, they also showed remarkable similarities. They were all based on a supra-national conception of the nation, which saw it as a community of citizens entitled to political participation, irrespective of their ethnic background or native language. Thus, they represented the notion that the ethnicity of the population was not to be the decisive factor in determin- ing the national territory. They all held it to be of greater importance that the state was protected by ‘natural’ borders which were easy to defend, that it constituted an organic whole, and that it occupied the ‘space given to it by nature’. As a result, none of the concepts called for a reconstitution of the state territory exactly as it had been before

174 the First Partition. Rather they sought, as had been in the past, a powerful Polish state stretching ‘from the Oder to the Dnieper and from the Baltic to the Black Sea’. These borders, defi ned by water, seas and rivers, were overwhelmingly taken to be the ‘natu- ral’ borders which the Polish state demanded and required. However, the authors did not see Poland as solely defi ned by this geographically- cohesive space and natural borders, but also by the fact that this territory had been strongly shaped by Polish culture as the eastern outpost of Western-Latin civilisation. To a large extent, the image of the eastern territories was shaped by the idea of the impact made on this region by the civilizational and cultivating Polish mission. The architects of these Eastern Concepts were convinced that the kresy were essentially Polish in nature, that they were inseparable from the Polish state, and that they fun- damentally belonged to the Polish territory. They inferred the Polish character of the region from the cultural, economic and political hegemony of the Poles in the area, as well as the interests and concerns which the Polish nation, or rather he Polish state, had there. A further basis for their claims were also the historical achievements of the Poles in liberating the Eastern territories from the Tatars and Ottomans and in defending these lands over centuries from potential invaders. These achievements were understood as part of the historical mission of the Poles in Eastern Europe, dating back to the Middle- Ages. The authors of these four Eastern Concepts thereby constructed a hierarchical relationship between the Poles and the other nationalities in the region which denied them the requisite capacity for establishing their own state. This mission was portrayed as an enduring national task, legitimated by history and tradition, and a major element of it was seen to be the defence of the eastern territories against Russia, which was depicted as foreign and dangerous, Asiatic or Mongolian, and in any respect barbarian and uncivilised. The preservation of Europe from this ‘other’, the strange and foreign East as embodied by Russia, spoke to Poland’s centuries-old conceptualisation of it- self as the antemurale not only christianitatis, but also, and here above all, humanitatis et culturae. Accordingly, the Eastern Concepts construed the border between Poland and Russia as constituting the dividing line between two separate cultural spheres. For Romer, this dividing line was also preordained by nature in the ground relief and river courses of the region, and Poland’s task here was to wage an eternal civilizational struggle against Russia. For Halecki in particular this was also a confl ict between Catholicism and Ortho- doxy. In this concept of the eternal struggle, the eastern territories were seen to be the most important battlefi eld. Since the Lithuanians, Ukrainians and Belarusians were depicted as too weak to take their own position in this confl ict, the kresy constituted a power vacuum in which it was possible only for either Russia or Poland to establish its dominance. As a result the need to establish Poland in the strongest possible position in relation to Russia constituted a central motif for all four of the authors examined in this paper. In Halecki’s writings, one can also fi nd the opinion that, in the course of this confl ict between East and West, certain transitional forms developed, softening the contradictions between the two, perhaps the clearest example of which was the Uniate Church as a composite between Catholicism and Orthodoxy. As a result, his analysis went, there had developed in the eastern territories a space of an undeniably distinctive nature. All the authors were convinced of the superiority and therefore self-evident

175 attractiveness of the Polish culture, and that this would lead to a process of assimila- tion among those segments of the population who did not possess any explicit national consciousness. Understood in this way, Polonisation appeared to them to be a form of social and cultural emancipation, and was understood as a natural process. For all four authors the eastern territories held a particular importance for the future development of Poland and offered room for Polish expansion, since they believed that the Polish nation could only continue to develop in these areas, or at least in possession of them. Therefore, these territories were seen as a previously underexploited source of power for the nation and the region in which Poland’s promising future lay. This idea was fur- ther fed by the fact that the eastern territories were perceived as a power vacuum, and as a sparsely populated, previously underdeveloped space, into which the Poles could push forward forcefully. The main frame of reference differed from author to author: For Popławski the na- tion and the ‘national interest’ constituted the primary benchmark. He saw the eastern territories as the room for the expansion of Polish national identity, and as such they carried a decisive potential for the strengthening of the nation as a whole. Studnicki saw the greatest value of the region in its economic signifi cance as an area for colonisation, as a market for goods, and as the driving force and backbone for the entire economic development of Poland. For Romer, the main point of reference was geography. He saw the eastern territories as an essential part of geographical Poland, an area pre-ordained by nature, which the territory of a future state would have to encompass in order for the state and society to fully develop and prosper. According to his geographical-determi- nist understanding, this process followed a path pre-described by physical geography and it was along these geographical developmental-axes that Poland’s ‘natural Drang nach Osten’ was to occur. In his opinion, it therefore followed that Poland could not develop without these eastern territories. Halecki argued in a historical, traditional and imperial manner: he saw in the Polish- Lithuanian Commonwealth the ideal embodiment of a supranational state, and in the kresy the realisation of the essence of this character and proof of the workability of its ideas. Here, through the reconciliation of differences between East and West, Poland had created a space of a very special nature, thereby demonstrating the high moral value of its ideals and turning the Commonwealth into something ethically superior. It was therefore only in possession of its eastern territories that Poland could be guided by its principle idea of state – the ‘Jagiellonian Idea’. True, history did play an important role in the thinking of the other three authors, but at the same time it should be recog- nised that in their competing ideas of the ‘national interest’, the national economy and geography, they were also somewhat in opposition to traditional historical interpreta- tions. In terms of the key aims and guiding forces, which they identifi ed in their Eastern Concepts, it is apparent that the emerging socio-scientifi c disciplines posed a certain challenge to the established historical sciences. The conceptions and arguments referred to above lent the eastern territories a posi- tion of central importance for the future of the state and the nation. Therefore, the East ern Concepts not only had the function of communicating a future Poland without the eastern territories as unacceptable, but also as unimaginable. Had they succeeded in doing so they would have created a situation where other competing spatial-con-

176 ceptions of the Eastern territories and of Poland as a whole could no longer be open- ly expressed in discussions over Polish territory, and where one could therefore have spoken of a Polish ‘eastern-discourse’. Such an eastern-discourse would have been successful in imposing its own interpretations of the Eastern Concepts as the only valid and correct ones, thereby exercising considerable societal power. However, very diffe- rent territorial concepts for the future Polish state continued to exist and compete, such as calls for an ‘ethnic Poland’ or for a focus on the western territories, and it certainly remained possible to advocate a Poland without the eastern territories. The authors utilised their Eastern Concepts in order to portray the expansion pro- gramme which they entailed as necessary and binding for the entire nation. In so doing they entered fully into the contemporary power-struggles over the collective interpreta- tion of the Polish territory, serving particular functional contexts in the ongoing political discussions. Firstly, all of these concepts had a strategic and geopolitical foreign policy dimension, for example when arguing in terms of the defensibility of the borders, or in terms of the potential for economic development. This dimension was directed almost exclusively against Russia. However, all of the concepts also take up a position in the debates over the shape of Polish society in a future independent state, and they should be seen above all as part of the internal Polish ‘we-discourse’ about the nation, ‘Euro- peanness’ and civilisation. Through their self-understanding as an antemurale, as bear- ers of the Western-Latin culture, and as a font of civilisation with a unique character deriving from the meeting of East and West, but also as a nation which had proven itself particularly resilient in the civilizational struggle – through all of these elements the eastern territories entered into the imagination in this discourse as a venue of Polish self-interpretation in opposition to the contrasting image of the East, the ‘Other’. Almost all of the elements which one can identify in Polish images of the Polish eastern territories can also be found in German images of the ‘German East’. At the end of this paper, I will proceed to draw out both certain parallels and also clear dif- ferences between these two conceptualisations. The central, fundamental elements of the Polish and German Eastern Concepts are very similar to each other. Clear parallels can be seen, for example, in the understanding of the respective eastern territories as a bulwark of western civilisation, in their reference to medieval settlement movements, or in the idea that they were committed to a historical civilising mission as ‘bearers of culture’. Alongside these, there were also certain elements which demonstrated a com- mon basic tendency, but which differed from each other somewhat in the details. The Polish concept of a ‘geographical Poland’ and the German one of a German ‘cultural space’ (Kulturraum) comply with each other only up to the extent that, in opposition to its Polish counterpart, the latter had clear ethnic-nationalist connotations. The German ‘cultural soil concept’ (Kulturbodenkonzept), which assumed the socio-economic dom- inance of the Germans in the East, also has its counterparts in the Polish context, albeit with the important difference that, in contrast to German authors, the Polish ones tend to refer to spatial-conceptions in which the state was dominant. In their construction of the eastern territories as the space of the civilizational struggle between East and West the key difference lies only in the perception of the enemy. Both, German and Polish, concepts had similar colonial aims but, in contrast to the German ones, Polish plans for a structured colonisation referred exclusively to those areas which were earmarked for

177 the Polish state-territory. While both sets of concepts fundamentally foresaw an imperi- al structuring of the ‘eastern lands’, these were depicted in the German discussion as an ‘empty space’, a tabula rasa, whereas Polish conceptions built upon existing structures, constructed by Poles over the centuries. Finally, one can also fi nd areas of substantial difference between the German and Polish Eastern Concepts. Thus, for example, they were based upon fundamentally different concepts of the nation, and therefore also took a fundamentally different approach to the question of multi-ethnicity. Whereas this was portrayed in German discussions as something unsatisfactory, perhaps even threatening, and in any case something to be done away with, in the Polish debate it was seen as a symbol of the multi-ethnic and multi-confessional heritage of the once powerful and great state, and of the glorious past. Furthermore, one cannot fi nd any equivalent to the idea of the German ‘national soil’ (Volksboden) in Polish Eastern Concepts, nor to the often articulated German fear of demographic defeat in the eastern territories. Thus, the redefi nition of the notion of the ‘German East’ (Deutscher Osten) blurring the concept of ‘territorial borders’ ultimately contrasted with Polish concepts underpinned by longstanding traditions of Polish statehood in the East.

178 7 Streszczenie

Byłe ziemie wschodnie Polski do dziś odgrywają dużą rolę w polskich debatach, a przedstawiane w nich obrazy Kresów sięgają głęboko wstecz do XIX-to wiecznego romantyzmu. Do odzyskania niepodległości, ale także i w okresie dwudziestolecia międzywojennego, kiedy ziemie wschodnie uchodziły za „utracone“, Kresy odgrywały doniosłą rolę w literaturze pięknej, która krajobrazom kresowym przypisywała charak- ter wręcz mitologiczny. Obrazy polskich ziem wschodnich to wyobrażenia obszarów, polskie wyobrażenia obszarów wschodnich. Pod koniec XIX-go wieku pojawiły się one także w debatach politycznych i podobnie jak obrazy literackie wykreowane w okresie romantyzmu, także i te będące wynikiem politycznych debat jak i ich seman- tyki, do dziś pozostawiły ślady w wyobrażeniach polskiego Wschodu. Przed I wojną światową rozważano kwestie strategiczno-wojskowe i geopolityczne dotyczące ziem wschodnich. Posługując się obrazami rozpowszechnionymi przez beletrystykę dążono do osiągnięcia celów politycznych dotyczących granic i terytorium przyszłego państwa polskiego. W początkowym okresie zaborów planowane granice przyszłego państwa pol- skiego miały naturalnie przebiegać tak jak przed rokiem 1772. Jednakże pod koniec XIX-go wieku, wraz ze stopniowym krystalizowaniem się pojęcia narodu jako grupy etnicznej, jak również w obliczu konkurujących ze sobą ruchów narodowościowych, oczywistość ta uległa stopniowemu osłabieniu. Okazało się tym samym, że zewnętrzny kształt przyszłej Polski, „narodowe terytorium“ państwa, miał charakter negocjacyj- ny. Podobnie jak w innych dyskursach dotyczących tożsamości narodowej, także w pol skich debatach, przestrzeń określana jako „terytorium narodowe“ pojmowana była jako przedmiot identyfi kacji. Wraz z debatą dotyczącą przyszłych terenów państwa polskiego, która zarysowała się w latach 90-tych XIX-go wieku, i która nasiliła się w obliczu wybuchu wojny, pojawiły się różne wyobrażenia obszarów dotyczące nie tylko całego kraju, ale i poszczególnych części byłego państwa polskiego. W tym kon- tekście doniosłą rolę odgrywały wyobrażenia obszarów polskich ziem wschodnich, niektóre z nich osiągnęły status faktycznych koncepcji Wschodu. Znaczyły one znacz- nie więcej niż tyko życzenia odnośnie przebiegu wschodnich granic czy wypowiedzi na temat wieloetniczności i sporów narodowych na ziemiach wschodnich. U podstawy koncepcji Wschodu leżały konkretne wyobrażenia ziem wschodnich, które stanowiły kompleksowe wizje na temat obszarów wschodnich jako istotnego składnika polskiego terytorium narodowego, ich zasadniczą cechą było przypisanie ziemiom wschodnim egzystencjalnego znaczenia dla całej Polski.

179 Koncepcje Wschodu przypisywały ziemiom wschodnim status centrum Polski, jako istoty budującej tożsamość Polski i generalnie zabezpieczającej kwintesencję państwo- wości państwa polskiego i polskiej tożsamości. W poniższej pracy poddano analizie koncepcje Wschodu czterech autorów – po- lityków i naukowców, którzy ze względu na swój ogromny wpływ, osobistą renomę i znamienne stanowiska w dyskusjach owych czasów najprawdopodobniej trwale ukształtowali wyobrażenia obszarów wschodnich. Wszyscy czterej reprezentowali elitę: historyk Oskar Halecki i geograf Eugeniusz Romer posiadali wysokie stanowiska akademickie, zaś Jan Ludwik Popławski i Władysław Studnicki – polityczne. Wszyscy należeli do ówczesnych wpływowych kręgów, które informowały opinię publiczną o istotnych stanowiskach politycznych i kulturalnych i tym samym posiadały niekwe- stionowane znaczenie opiniotwórcze. Obydwaj naukowcy reprezentują czołowych przedstawicieli dziedzin, które należy uznać za najważniejsze propozycje interpretacyjne dotyczące kwestii terytorium narodowego. Cel poniższego badania naukowego stanowiło opracowanie politycznej semantyki koncepcji Wschodu, jak również politycznych i kulturowych znaczeń przypisywanych Wschodowi, które nastąpiło za pomocą systematycznej analizy motywów, kategorii interpretacyjnych i instancji odwoławczych, do których te koncepcje nawiązują. Pod- stawą teoretyczną był wymiar przestrzenny w ujęciu historycznych badań naukowych, które wypracowały konstruktywny charakter jednostek terytorialnych. Tym samym poniższe koncepcje Wschodu służą jako przykłady konstrukcji obszarów poprzez poli- tyczno-publicystyczno-naukową komunikację. Na podstawie analizy wyobrażeń ziem wschodnich możliwe jest odczytanie istotnych elementów polskich dyskursów tożsa- mościowych dotyczących narodu, europejskości oraz cywilizacji. Przykładowe bada- nia konkretnych koncepcji Wschodu metodycznie najlepiej nadają się do sprawdze- nia, jakie kulturowe interpretacje, przypisywania znaczeń i obrazowania konstruowały wyobrażenie polskich ziem wschodnich i jakie koncepcje Polski jako całości były z tym związane. Za pomocą narzędzi jakie oferuje historia dyskursu w poniższej pracy poddano analizie zastosowanie języka i znaków jakie były stosowane w koncepcjach Wschodu, aby wydobyć formalne i merytoryczne struktury, obszary pojęć, hierarchi- zację i motywy, za pomocą których tworzono w procesie historycznym formy wiedzy i rzeczywistości. Na podstawie wyników badań możliwe stanie się przeprowadzenie porównań z niemieckimi wyobrażeniami obszarów Wschodu. Praca pokazuje, że pomimo różnic pomiędzy poszczególnymi koncepcjami Wscho- du odnośnie ich istoty i perspektyw, jak również ich instancji odwoławczych, posiadały one też istotne podobieństwa. Koncentrowały się one przede wszystkim wokół pojęcia ponadetnicznego narodu, które defi niowało go jako wspólnotę obywateli uprawnio- nych do politycznego uczestnictwa, niezależnie od ich etnicznego pochodzenia i ich języka. Według nich, etniczne osiedlenie nie powinno uchodzić za decydujący faktor określenia terytorium narodowego. Za ważniejsze uważano, że państwo powinno być otoczone „naturalnymi“, solidnymi granicami, a ponadto stanowić integralną całość i zajmować „teren wyznaczony mu przez naturę“. Przy tym należy zaznaczyć, iż żadna z tych koncepcji nie postulowała dokładnie takiego terytorium państwa jak przed roz- biorami. Intencją tych koncepcji było raczej wielkie polskie mocarstwo „od Odry po Dniepr, od Bałtyku aż po Morze Czarne“. Takowe granice wyznaczane przez wody,

180 czyli morza i rzeki, uważano jako „naturalne“ i pożądane. Autorzy ci uważali ponad- to, iż istotą wyznaczającą terytorium polskie jest nie tylko geografi czna przestrzeń z naturalnymi granicami, ale także kształtowanie tej przestrzeni poprzez polską kulturę, pojmowaną jako wschodnie przedmurze cywilizacji zachodnio-łacińskiej. Owa idea kształtowania przestrzeni poprzez polskie działanie cywilizacyjne i kultywujące w szcze - gólny sposób wpłynęła na obraz ziem wschodnich. Autorzy koncepcji Wschodu byli przekonani, że ziemie wschodnie w swojej istocie są polskie i nierozerwalnie należą do państwa i terytorium polskiego. Ich polski charakter wywodził się z kulturalnej, ekonomicznej i politycznej hegemonii Polaków na ziemiach wschodnich, jak również z interesów i potrzeb, jakie naród polski względnie państwo polskie wiązało z tymi terenami. Za dalszy powód postawy roszczeniowej uchodziły historyczne osiągnię- cia Polski na ziemiach wschodnich, jako ich wyzwoliciela od Tatarów i Osmanów i obrońcy przed najeźdźcami. Upatrywano w nich część historycznej misji Polski na Wschodzie trwającej od średniowiecza. Tym samym autorzy analizowanych w tej pracy koncepcji wschodu konstruowali hierarchiczny stosunek pomiędzy Polakami i innymi narodowościami osiedlonymi na ziemiach wschodnich, którym odmawiano umiejęt- ności utworzenia własnego państwa. W związku z tym misję tą argumentowano jako trwałe, uzasadnione przez historię i tradycję zadanie narodowe. Istotnym elementem tej misji była obrona ziem wschodnich, a wraz z tym całej Polski przeciw obcej, niebez- piecznej, azjatyckiej czy też mongolskiej, – generalnie barbarzyńskiej i niecywilizo- wanej – Rosji. Tak pojmowana Rosja – jako inny, obcy Wschód, który należy trzymać z dala od Europy, odpowiadała kultywowanej od wieków polskiej samoświadomości jako antemurale nie tylko christianitatis, ale co więcej humanitatis et culturae. Tym samym koncepcje Wschodu tworzyły granice pomiędzy Polską a Rosją jako linię de- markacyjną dwóch sfer kulturowych. Geograf Romer wnioskował ponadto ich różny charakter na podstawie zróżnicowania rzeźby terenu i przebiegu wód i argumentował jako powód odwiecznej walki cywilizacyjnej jaką Polska toczy z Rosją. Halecki zaś upatrywał w tym również walkę między katolicyzmem a prawosławiem. W odbiciu tej walki ziemie wschodnie stanowiły miejsce bojów. Ponieważ Litwini, Ukraińcy i Bia- łorusini byli przedstawiani jako zbyt słabi, aby móc wypracować własne stanowisko w tej walce, ziemie wschodnie stanowiły wobec tego pewnego rodzaju próżnię władzy, w której jedynie Rosja lub Polska może posiadać hegemonię. Z tego powodu pod- stawowym motywem wszystkich czterech autorów było upozycjonowanie Polski jako potężniejszej wobec Rosji. W pismach Halickiego przeplata się myśl, że pod wpływem sporu między Wschodem i Zachodem na ziemiach wschodnich wytworzyły się formy przejściowe, które łagodzą wrogie przeciwieństwa. Jako najbardziej dobitny przykład przedstawił unię kościelną, ukazywaną przez niego jako stopienie się prawosławia i katolicyzmu. Według Halickiego wytworzyła się na tych terenach przestrzeń przej- ściowa o niewątpliwej specyfi ce. Wszyscy autorzy byli przekonani o wyższości i tym samym atrakcyjności polskiej kultury. To z kolei prowadziło do naturalnego procesu asymilacyjnego części ludności, która nie posiadała wykrystalizowanej świadomości narodowej. Tak rozumiana polonizacja stanowiła społeczną i kulturową emancypację pojmowaną jako naturalny proces. Według wszystkich czterech autorów ziemie wschodnie posiadały kluczową wartość dla przyszłego rozwoju Polski, stanowiły bowiem teren polskiej ekspansji. Byli oni przekonani, że naród polski może rozwinąć się tylko

181 na ziemiach wschodnich albo przynajmniej poprzez posiadanie terenów wschodnich. Tym samym tereny wschodnie jawiły się jako niewyczerpane do tej pory źródło dzia- łania i energii narodu, w której tkwi obiecująca przyszłość Polski. To wyobrażenie posilało się przekonaniem, że ziemie wschodnie pojmowane były jako próżnia władzy i jako rzadko zasiedlona i tym samym słabo rozwinięta przestrzeń, do której Polacy mogliby się wedrzeć. Główne instancje odwoławcze analizowanych autorów różniły się od siebie cał- kowicie. Dla Popławskiego kryterium nadrzędnym był naród i „interes narodowy“. Według niego, ziemie wschodnie stanowiły obszar ekspansji polskiej świadomości narodowej, w której zawierał się decydujący potencjał dla wzmocnienia narodu jako całości. Studnicki natomiast upatrywał największą wartość ziem wschodnich w ich znaczeniu gospodarczym, jako obszaru kolonialnego, rynku zbytu i motoru oraz krę- gosłupa ogólnego rozwoju gospodarczego. Romer powoływał się na geografi ę jako najwyższą instancję odwoławczą. Uważał, że ziemie wschodnie były istotną częścią geografi cznej Polski, przestrzeni wyznaczonej przez naturę, którą musi obejmować terytorium państwa, aby zarówno państwo jak i społeczeństwo owocnie się rozwijało. Według jego geografi cznie zdeterminowanego sposobu myślenia, rozwój ten charak- teryzował się wyznaczonym przez geografi ę fi zyczną kierunkiem, a mianowicie wy- znaczonym przez geografi czne osi rozwoju według naturalnego prawa polskiego „parcia na Wschód“. Wynikało z tego, że Polska bez ziem wschodnich nie będzie w stanie się rozwijać. Argumentacja Haleckiego miała charakter historyczno- oraz odnośnie Rzeczpos- politej -tradycyjny. W unii polsko-litewskiej upatrywał idealny typ ponadnarodowego państwa, a w ziemiach wschodnich urzeczywistnienie kwintesencji charakteru unii, które dowiodły zdolności ich ideału. Poprzez zjednanie swoich przeciwieństw Wscho- du i Zachodu na tym obszarze wytworzyła się Polska przestrzeń o specyfi cznej wartoś- ci, która dowiodła wysokiej wartości moralnej jej ideałów i uczyniła państwo związ- kowe czymś etycznie bardziej wartościowym. Według niego, tylko poprzez posiadanie ziem wschodnich Polska dałaby się kierować ideą państwowości – „ideą jagiellońską“. W prawdzie historia odgrywała ważną rolę także u pozostałych trzech autorów, jed- nakże trzeba zaznaczyć, że z bogatymi w tradycję naukami historycznymi zmierzyły się inne, konkurujące oferty, przypisujące sens „interesu narodowego“, jak ekonomia narodowa i geografi a, a także w pewnym sensie socjologia. Wydaje się, że badane w tej pracy koncepcje Wschodu nakreśliły wyzwanie dla nauk historycznych postawione przez młodsze nauki społeczne odnośnie przyznania narodowi zasadniczych celów i legitymizacji jego działania. Wyżej nazwane wyobrażenia i argumenty nadały ziemiom wschodnim kluczową pozycję w kwestii przyszłości państwa i narodu. W ten sposób funkcją koncepcji Wschodu był o przedstawienie Polski bez wschodnich ziem nie tylko jako nie do przyję- cia, ale także jako niewyobrażalną. Gdyby powiodło się niedopuszczenie do dyskusji na temat polskiego terytorium innych wyobrażeń przestrzeni dotyczących Polski jako całości, mogłaby być wtedy mowa o polskim dyskursie wschodnim. Taki dyskurs na temat Wschodu uznałby interpretacje koncepcji Wschodu jako jedynie obowiązujace, względnie jako jedynie właściwe i o tyle posiadałby władzę społeczną. Jednakże tema- tem dyskusji były różne, konkurujące ze sobą koncepcje państwa polskiego, jak „et-

182 niczna Polska“, albo skoncentrowanie na terenach zachodnich, i postulowanie Polski bez ziem wschodnich było całkiem możliwe. Autorzy analizowanych koncepcji Wschodu powoływali się na nie, aby związany z tym program ekspansyjny przedstawić jako konieczny i obowiązujący dla całego na- rodu. Tym samym wdali się w dyskusję na temat władzy nad zbiorowymi interpretacja- mi terytorium polskiego i posługiwali się określonymi kontekstami funkcjonalnymi w dyskusji politycznej. Pierwotnie wszystkie koncepcje miały wymiar dotyczący polityki zagranicznej jak i strategiczno-geopolityczny, natomiast jeśli były one komunikacyj- no-strategiczne to argumentowano je obronną zdolnością granic bądź potencjałem eko- nomicznym. Ten wymiar skierowany był praktycznie tylko i wyłącznie przeciw Rosji. Koncepcje te jedynie pośrednio reprezentują stanowisko w dyskusji na temat przyszłe- go kształtu polskiego społeczeństwa w niepodległym państwie i są przede wszystkim elementem umiejscowienia się w ramach dyskursów na temat narodu, europejskości i cywilizacji. Poprzez samookreślenie jako antemurale, czy też jako nośnik kultury zachodnio-łacińskiej, jako cywilizacyjnego fermentu, jako odrębności powstałej dla zrównoważenia elementów Wschodu i Zachodu, ale także nabytej odporności w walce cywilizacyjnej, koncepcjom Wschodu przypadło szczególnie znaczenie jako miejsca polskiego samookreślenia w stosunku do kontrastowego – „innego“ Wschodu. Niemalże wszystkie elementy polskich wyobrażeń na temat polskich terenów wscho dnich można znaleźć w niemieckim obrazie „niemieckiego Wschodu“. W koń- cowej części pracy zostały przedstawione podobieństwa jak i wyraźne różnice. Za- sadnicze elementy polskich i niemieckich koncepcji Wschodu były bardzo do siebie zbliżone. Widoczne podobieństwa można zauważyć w rozumieniu ziem wschodnich jako przedmurza zachodniej cywilizacji, w odwołaniu do średniowiecznego ruchu osiedleniowego na Wschodzie oraz jako wyobrażenia „nośnika kultury“ misji cywili- zacyjnej. Obok tego znajdują się jednak,mimo wspólnych podstaw, rożniące się od sie- bie elementy. Na tej zasadzie koncepcja „geografi cznej Polski“ odpowiada niemieckiej koncepcji przestrzeni kulturowej (Kulturraum), z tą jednak różnicą, że ta ostatnia w przeciwieństwie do polskiego odpowiednika miała odniesienia ludowe (völkisch). Nie- miecką koncepcję ziemi kulturowej (Kulturboden), która zakładała społeczno-ekono- miczną dominację Niemców na Wschodzie, można znaleźć także w polskim kontek- ście, z tą jednak różnicą, że polscy autorzy w odróżnieniu od niemieckich nawiązywali do kształtowanego przez państwo pojęcia przestrzeni. W konstruowaniu terenów wschod nich jako miejsca walki cywilizacyjnej pomiędzy Wschodem a Zachodem różni- ca tkwi jedynie w ujęciu przeciwnika. Zarówno polskie jak i niemieckie koncepcje zawierały podobne zamierzenia kolonizacyjne, przy czym polskie plany osiedlenia inaczej niż niemieckie koncentrowały się tylko na terenach, które były wyznaczo- ne jako polskie terytorium państwowe. Zasadniczo obydwie koncepcje zmierzały do imperialistycznego uporządkowania obszaru wschodniego, przy czym w niemieckiej dyskusji ten obszar jawił się jako „pusta przestrzeń“, jako tabula rasa, podczas gdy polskie koncepcje opierały się na istniejących strukturach utworzonych przez Polaków w przeciągu wieków. I wreszcie istnieją zasadnicze różnice pomiędzy polskimi i nie- mieckimi koncepcjami Wschodu – operują one jakościowo r óżnymi pojęciami narodu i odpowiednio inaczej oceniają wieloetniczność. Podczas gdy w niemieckiej dyskusji jawiła się ona jako niezadowalający, po części niebezpieczny, w każdym razie jako

183 należący do usunięcia defekt, w polskiej debacie reprezentowała symbol dziedzictwa wieloetnicznego, wielowyznaniowego wpływowego imperium oraz symbol sławnej przeszłości. W polskich koncepcjach Wschodu na próżno szukać odpowiednika do niemieckiego wytworu „ziemi narodowej“ (Volksboden). Podobnie niemiecka obawa przed porażką demografi czną na terenach wschodnich nie ma polskiego odpowiednika. Ostatecznie w obliczu odgraniczenia pojęcia „niemieckiego Wschodu“ znajdowało się powołanie się polskich ziem wschodnich na państwowe tradycje.

184 8 Abkürzungen

AAAG Annals of the Association of American Geographers

BdL Berichte zur deutschen Landeskunde

BJoG Berliner Jahrbuch für osteuropäische Geschichte

CG Czasopismo geografi czne [Geografi sche Zeitschrift]

DN Dzieje Najnowsze [Neueste Geschichte]

EEQ East European Quarterly

EEPS East European Politics and Societies

ER Europa Regional

GG Geschichte und Gesellschaft

GJ The Geographical Journal

GR Geographical Review

GRu Geographische Rundschau

IF Inter Finitimos. Jahrbuch zur deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte

JBfGOE Jahrbücher für Geschichte Osteuropas

JCEA Journal of Central European Affairs

KHNT Kwartalnik Historii Nauki i Techniki [Vierteljahrsschrift der Wissen- schafts- und Technikgeschichte]

KHPP Kwartalnik Historii Prasy Polskiej [Vierteljahrsschrift der polnischen Pressegeschichte]

185 KS Kultura i Społeczeństwo [Kultur und Gesellschaft]

KW Kwartalnik Historyczny [Historische Vierteljahrsschrift]

NA Nordost-Archiv

NaP Naród a Państwo [Nation und Staat]

NPL Neue Politische Literatur

ORP Odrodzenie i Reformacja w Polsce [Renaissance und Reformation in Polen]

PG Przegląd Geografi czny [Geografi sche Rundschau]

PH Przegląd Historyczny [Historische Rundschau]

PHG Progress in Human Geography

PHu Przegląd Humanistyczny [Humanistische Rundschau]

PPK Polski Przegląd Kartografi czny [Polnische Kartografi sche Rundschau]

PR The Polish Review

PW Przegląd Wszechpolski [Allpolnische Rundschau]

PWsch Przegląd Wschodni [Östliche Rundschau]

PZ Przegląd Zachodni [Westliche Rundschau]

RDSG Roczniki Dziejów Społecznych i Gospodarczych [Jahrbücher der Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte]

RH KUL Roczniki Humanistyczne Katolickiego Uniwersytetu Lubelskiego [Humanistische Jahrbücher der Katholischen Universität Lublin]

RHCP Rocznik Historii Czasopiśmiennictwa Polskiego [Jahrbuch der Geschichte des polnischen Zeitschriftenwesens]

RIEŚW Rocznik Instytutu Europy Środkowo-Wschodniej [Jahrbuch des Ost- mitteleuropa-Instituts]

RKH Rocznik Komisji Historycznoliterackiej [Jahrbuch der Historisch- Literarischen Kommission]

186 RO Rocznik Olsztyński [Allensteiner Jahrbuch]

RPAU Rocznik Polskiej Akademii Umiejętności [Jahrbuch der Polnischen Akademie der Wissenschaften]

SEER The Slavonic and East European Review

SH Studia Historyczne [Historische Studien]

SR Slavic Review

SS Studia Sląskie [Schlesische Studien]

TAJB Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte

TH Teki Historyczne [Historische Aktenmappen]

WDO Wissenschaftlicher Dienst für Ostmitteleuropa

WF Westfälische Forschungen

ZaH Zapiski Historyczne [Historische Notizen]

ZfG Zeitschrift für Geschichtswissenschaft

ZfO Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung

ZfoG Zeitschrift für osteuropäische Geschichte

ZH Zeszyty historyczne [Historische Hefte]

ZP Zeszyty prasoznawcze [Pressekundliche Hefte]

VfZ Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte

187 9 Quellen

9.1 Zeitungen und Zeitschriften

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188 Myśl Polityczna. Dwutygodnik poświęcony polityce i naukom politycznym [Politi- sches Denken. Halbmonatsschrift für Politik und politische Wissenschaften], War- szawa 1908. Naród a Państwo. Dwutygodnik poświęcony sprawom politycznym [Nation und Staat. Halbmonatsschrift für politische Angelegenheiten], St. Petersburg 1906-1907, 1918. Neue Freie Presse, Wien 1864-1939. Österreich. Zeitschrift für Geschichte, Wien 1918-1919. Polak. Pismo dla wszystkich [Der Pole. Zeitschrift für alle], Kraków – Warszawa 1896-1909. Polen. Wochenschrift für polnische Interessen, Wien 1915-1918. Polska. Pismo poświęcone zagadnieniom ideologii patryotycznej [Polen. Zeitschrift für Fragen patriotischer Ideologie], Warszawa 1917-1918. Prawda [Die Wahrheit], Warszawa 1881-1915. Przedświt. Czasopismo socyalistyczne [Die Morgenröte. Sozialistische Zeitschrift], Genewa u.a. 1881-1920. Przegląd Historyczny [Historische Rundschau], Warszawa 1905-dato. Przegląd Powszechny. Miesięcznik poświęcony sprawom religijnym, kulturalnym i społecznym [Allgemeine Rundschau. Monatsschrift für religiöse, kulturelle und ge- sellschaftliche Fragen], Warszawa 1884-dato. Przegląd Socjaldemokratyczny. Organ Partij Socjaldemokratycznej Królestwa Polskie- go i Litwy [Sozialdemokratische Rundschau. Organ der Sozialdemokratischen Par- tei des Königreichs Polens und Litauens], Zurych – Kraków 1902-1904, 1908-1910. Przegląd Społeczny. Pismo naukowe i literackie [Gesellschaftliche Rundschau. Schrift für Wisssenschaft und Literatur], Lwów 1886-1887. Przegląd Wszechpolski. Miesięcznik poświęcony polityce narodowej oraz zagadnie- niom życia społecznego, ekonomicznego i umysłowego [Allpolnische Rundschau. Monatsschrift für nationale Politik und gesellschaftliches, wirtschaftliches und geis tiges Leben], Lwów – Kraków 1895-1905, seria druga [zweite Folge] Poznań 1922-1926. Robotnik. Organ Polskiej Partyi Socjalistycznej [Der Arbeiter. Organ der Polnischen Sozialistischen Partei], Warszawa u.a. 1894-1906. Rok Polski. Czasopismo poświęcone zagadnieniom życia narodowego [Das polnische Jahr. Zeitschrift für Fragen des nationalen Lebens], Kraków 1916-1918. Słowo Polskie [Das polnische Wort], Lwów 1896-1915. Sprawa Polska [Die polnische Frage], Warszawa 1907. Sprawozdania z posiedzeń Towarzystwa Naukowego Warszawskiego [Sitzungsbe- richte der Warschauer Wissenschaftlichen Gesellschaft], Warszawa 1913-1918. Strażnica. Organ Ligi Państwowości Polskiej [Der Wachturm. Organ der Liga der Pol- nischen Staatlichkeit], Łódź u.a. 1915-1917. Świat [Die Welt], Warszawa 1906-1918. The Geographical Review, Oxford 1916 – dato. Tydzień. Dodatek literacko-naukowy Kurjera Lwowskiego [Die Woche. Literarisch- wissenschaftliche Beilage des Lemberger Kuriers], Lwów 1893-1906. Tygodnik Polski. Pismo poświęcone zagadnieniom życia narodowego w zakresie poli- tycznym, społecznym, naukowym, literackim i artystycznym [Polnisches Wochen-

189 blatt. Zeitschrift für Fragen des nationalen Lebens in Politik, Gesellschaft, Wissen- schaft, Literatur und Kunst], Warszawa 1912-1914, 1915-1916. Votum Separatum, Petersburg 1908. Wiek XX [Das 20. Jahrhundert], Lwów 1901-1902. Wiadomości Polskie [Polnische Nachrichten], Cieszyn – Piotrków 1914-1919. Wschód Polski. Dwutygodnik polityczny [Der polnische Osten. Politische Halbmo- natsschrift], 1919-1922, 1924. Ziemia. Prace i materiały krajoznawcze [Die Erde. Erdkundliche Arbeiten und Materi- alien], Warszawa 1910-dato.

9.2 Monografi en, Sammelbände, Beiträge, Atlanten, Karten

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240 11 Anhang

Abb. 1: EUGENIUSZ ROMER: Wojenno-Polityczna Mapa Polski (Z powodu manifestu z 5 listopada), Lwów 1916

241 Abb. 2: Tafel IX: Hauptkarte: Die Polen, Nebenkarte: Sprachen, in: EUGENIUSZ ROMER: Geografi czno- statystyczny atlas Polski, Warszawa – Kraków 1916

242 12 Personenregister

Abramowicz, Ludwik 41, 42, 51 Dmowski, Roman 29, 30, 45, 46, 47, Abramowski, Edward 50 50, 52, 54, 55, 56, 57, 72, 82, 83 Assmann, Richard 105 Downs, Roger M. 8

Balfour, Arthur James 46 Einstein, Albert 136 Balicki, Zygmunt 29, 30, 40 Erzberger, Matthias 84 Bergson, Henri 136 Berson, Arthur 105 Feldman, Wilhelm 47, 83, 85 Beseler, Hans von 84 Franko, Iwan 39 Bezold, Wilhelm 105 Bidlo, Jaroslav 152 Giedroyc, Jerzy 3 Bobrzyński, Michał 50, 62, 75, 92, 97, Gorczyński, Władysław 119 98, 103, 144 Górski, Artur 28 Bömelburg, Hans-Jürgen 22, 134, 135, Goszczyński, Seweryn 117 137 Gumplowicz, Władysław 39 Brandt, Józef 20 Braudel, Fernand 14 Halecki, Oskar 11, 13, 36, 91, 128, Brodziński, Kazimierz 118 133-156, 158-165, 174-176, 180-181 Brückner, Eduard 19, 105 Handelsman, Marceli 152 Brunhes, Jean 105 Hanslik, Erwin 115 Bucher, August Leopold 117 Hasse, Ernst 165 Hettner, Alfred 109, 115 Chełmoński, Józef Marian 20 Hłasko, Józef 50, 54, 64, 81 Chmielnicki, Bohdan 2 Hoffman, Jerzy 2 Curie-Skłodowska, Marie 136 Hruševs’kyj, Mychajlo 138 Czermak, Wiktor 135 Czerny-Schwarzenberg, Franciszek Jahn, Friedrich Ludwig 117 104, 105 Jankowski, Czesław 5, 48-52, 132 Czyński, Edward 32 Jurkiewicz, Jan 16, 41, 42

Davis, William Morris 105 Kasjusz, Stanisław 81 de Dellamanić, Leopoldina 134 Kasprzak, Marcin 81 Dębicki, Stanisław 20 Kazimierz, III. Wielki 18, 34, 74, 75, 114, 118

243 Kirchhoff, Alfred 105 Obiezierski, Mirosław 102 Konopnicka, Maria 27 Orzechowski, Stanisław 22 Korfanty, Wojciech 66 Orzeszkowa, Eliza 27 Kościuszko, Tadeusz 55, 104 Kossak, Juliusz 22 Paderewski, Ignacy Jan 52, 53 Krzemiński, Stanisław 148 Parczewski, Alfons 102 Krzywicki, Ludwik 54 Pawłowski, Stanisław 108 Krzyżanowski, Bronisław 41 Penck, Albrecht 105, 122, 168, 169 Krzyżanowski, Stanisław 135 Piłsudski, Józef 10, 13, 16, 34-36, 45, Kukiel, Marian 82 136 Kulak, Teresa 13, 55 Pol, Wincenty 4, 19, 104, 117, 118 Kulczycki, Ludwik 81 Pomian, Krzysztof 155, 156 Popławski, Jan Ludwik 11, 13, 19, 21, Lagarde, Paul de 165 22, 29, 30, 36, 46, 47, 50, 54, 55-81, Langhans, Paul 166 87, 91-94, 99, 101, 108, 109, 115, Lem, Stanisław 1, 4 129-132, 148, 151, 155, 160-162, Lenartowicz, Teofi l 118 164, 167, 168, 174, 176, 180 Libelt, Karol 27 Potocki, Józef 54, 55 Limanowski, Bolesław 29, 34, 35, 45 Prus, Bolesław 27 Lugeon, Maurice 105 Luxemburg, Rosa (in den Fußnoten als Ratzel, Friedrich 9, 64, 69, 110, 115- Luksemburg) 40, 81 117, 130, 133, 165, 166, 168, 169 Rehman, Antoni 105, 122, Majerski, Stanisław 106 Reitemeier, Johann Friedrich 167 Marczewski, Zygmunt 102 Richthofen, Ferdinand von 105 Margerie, Emmanuel de 105 Ritter, Karl 104 Martonne, Emmanuel de 119, 122 Romanow, Nikolai Nikolajewitsch Mendelson, Stanisław 29, 34, (Nikolaus) Mickiewicz, Adam 2, 4, 22, 104 Romer, Eugeniusz 7, 9, 11, 13, 14, 32, Miłkowski, Zygmunt 54 36, 52, 89, 90, 104, 105-133, 144- Mills, Charles Wright 11 146, 155, 157, 159-164, 167-169, Mochnacki, Maurycy 21, 24 174-178, 180-182 Montwiłł, Józef 42 Römer, Michał 41, 42 Moszczeńska, Iza 50 Rudnyc’kyj, Stepan 121, 122

Nałęcz-Dobrowolski, Marceli 102 Said, Edward W. 14, 15 Nałkowski, Wacław 54, 60, 104, 115, Sapieha, Eustachy 102 127 Sawicki, Ludomir 41, 104 Narutowicz, Stanisław 42 Schultz, Hans-Dietrich 7, 105, 109, Niedziałkowski, Mieczysław 51 117, 125 Niemcewicz, Julian Ursyn 117, Sienkiewicz, Henryk 2, 28 Niemojewski, Andrzej 51 Sienkowski, Józef 102 Nitsch, Kazimierz 114 Skirmunt, Roman 42 Noë, Gaston de la 105 Skirmuntt, Konstancja 42 Słowacki, Juliusz 117

244 Smolka, Stanisław 51, 92 Vidal de la Blache, Paul 14, 105 Sobieski, Wacław 135 Spengel, Rainer 133 Wakar, Włodzimierz 52 Stea, David 8 Wańkowicz, Stanisław 42 Studnicki, Władysław 9, 11, 13, 18, Wasilewski, Leon 16, 20, 32, 35-39, 36, 64, 68, 74, 80-99, 101-104, 108, 42, 81, 94 115, 129, 131, 145, 148, 151, 155, Weber, Max 81 158-162, 164-168, 174, 176, 180, Weinfeld, Ignacy 32, 107 182 Wilson, Woodrow 33, 39, 46, 52 Surynt, Izabela 165-167 Władysław I. Łokietek 74, 75 Świętochowski, Aleksander 27, 51, 54 Wolff, Larry 14, 15 Szajnocha, Karol 167 Woyniłłowicz, Edward 41 Szujski, Jozef 27, 97, 144 Wróblewski, Tadeusz 41 Wyczółkowski, Leon 20 Thum, Gregor 12, 17, 164, 166, 167, Wysłouch, Bolesław 5, 30, 43, 44, 47, 169-172 104 Todorova, Maria 14, 15 Wysłouch, Józef Kajetan Izydor 40 Traba, Robert 2, 16, 165 Traugutt, Romuald 104 Zachariasiewicz, Jan 19, 117 Turner, Frederick Jackson 165 Zakrzewski, Stanisław 108 Ziegfeld, Arnold Hillen 166, 168, Unger, Wiktor 15, 16, 55

245

Verlag Herder-Institut Marburg 2014

ISBN 978-3-87969-381-8