Osterfreude in Aller Welt
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REGENSBURGER BISTUMSBLATT 86. Jg. 22./23. April 2017 / Nr. 16 www.katholische-sonntagszeitung.de Einzelverkaufspreis 1,95 Euro, 2063 Nach 38 Jahren jetzt Ein Geheimtipp in der Nachfolge in großen im Ruhestand Ewigen Stadt Fußstapfen Josef Mühlthaler, langjähriger Leiter Wer nach Rom fährt, will die Stadt Schwester Annemarie Pitzl (Foto: der Nebenstelle der Katholischen sehen – die Bleibe ist oft zweitran- Lehnen) soll künftig die Hilfsorga- Jugendfürsorge in Eggenfelden, ist gig. Das Gästehaus der Birgitten nisation Solwodi leiten. Damit folgt nach fast 38 Dienstjahren in den (Foto: KNA) an der Piazza Farnese sie auf die deutschlandweit bekann- Ruhestand verabschiedet worden ist jedoch auch selbst einen Be- te Schwester Lea Ackermann – (Foto: oba Eggenfelden). Seite V such wert. Seite 2/3 keine leichte Aufgabe. Seite 5 Vor allem … Liebe Leserin, lieber Leser Osterfreude in aller Welt apst Franziskus lässt sich en traditionellen Segen Pnicht beirren: Trotz der Ter- D„Urbi et Orbi“ erteilte roranschläge gegen die Kopten Papst Franziskus am Oster- reist er am Freitag und Samstag sonntag der Stadt Rom und (28./29. April) nach Ägypten. Das Oberhaupt der Weltkirche dem ganzen Erdkreis. Er kommt nicht nur auf Einladung hob hervor, dass in diesem der christlichen Minderheit. Jahr alle Christen gemein- Auch der Imam der Azhar- sam Ostern feierten, da es in Moschee, Ahmed Mohammed Ost- und Westkirche auf den al-Tayyeb, hat eine Einla- dung ausgesprochen. Dies zeigt, gleichen Termin el. worum es auch oder vor allem Seite 6/7 geht: um die friedliche Koexis- tenz zweier Weltreligionen. Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi hat den Papst ebenfalls eingeladen – auch das enthält große Symbolkraft. Sisi ist kein Demokrat. Die Zustände im Land gleichen, anders als beim Arabischen Frühling erträumt, einem Polizeistaat. Doch der an die Macht geputschte General scheint gegenwärtig die einzige Möglichkeit zu sein, ein Abdrif- ten des Landes in Richtung eines mittelalterlichen Gottesstaats zu verhindern. Errichten woll- ten ihn die „Muslimbrüder“, die – vermeintlich demokratisch gewählt – von einem Teil der westlichen Presse in grenzenloser Naivität gutgeheißen wurden. Mit seinem Besuch sagt Fran- ziskus unausgesprochen, dass ihm die Vernunft über wohlfeile Mehrheiten geht. Ihr Johannes Müller, Chefredakteur ePaper Foto: KNA 2 THEMA DER WOCHE 22./23. April 2017 / Nr. 16 Schwester Gertrude (rechts) bezieht mit einer Mitschwester die Betten eines Gästezimmers. Fotos: KNA BEI DER NÄCHSTEN ROMREISE Wo Engel singen Ökumenische Gastfreundschaft: Übernachten bei den Birgittenschwestern itten im Gewusel Roms ist über die weiße „Leinenkrone“ mit Besonderes Anliegen ist allerorts zum dritten Mal bei den Birgitten man plötzlich in einer an- fünf roten Punkten, ein Symbol für die Ökumene. Die im vergangenen in Rom übernachtet. Sie fühle sich Mderen Welt. Wer die monu- die Wundmale Christi. Unter ihrem Jahr heiliggesprochene Maria Elisa- sehr wohl, sagt die Witwe, die bei mentale, aus dem 15. Jahrhundert schlichten Gewand verschwindet beth Hesselblad (1870 bis 1957), die den Schwestern offensichtlich ein stammende Eingangstür der Casa die zierliche Schwester aus Indien den Orden neu belebte, wurde als zweites Zuhause gefunden hat. di Santa Brigida, des Gästehauses fast ebenso wie hinter dem dunk- evangelische Christin geboren, trat der Birgittenschwestern, durch- len Holztresen. Herzlich begrüßt sie jedoch mit 32 Jahren zum Katholizis- Kleine Glaubensgespräche schreitet und in der noblen Bieder- Gäste, reicht Zimmerschlüssel, Post- mus über. Ihr Zimmer ist inzwischen meier-Empfangshalle steht, hat den karten und Infobroschüren. zu einem Mini-Museum im Gäste- Eigentlich wollte sie ja nur kurz et- Trubel der nur wenige Schritte ent- haus geworden, für Besucher jedoch was aus ihrem Zimmer holen, bevor fernt gelegenen Piazza Farnese oder Präsenz Gottes im Gast normalerweise nicht zugänglich. An- es wieder zum Italienisch-Sprach- die Patrouillen vor der französischen ders ist das bei den drei Zimmern der kurs geht, doch spontan ergibt sich Botschaft schräg gegenüber sofort Schwester Gertrude, seit 1987 im Heiligen Birgitta: Hier organisieren ein Plausch auf den Plüschsesseln. vergessen. Schwere Teppichböden römischen Gästehaus der Birgitten, die Schwestern gerne Führungen – Zwischen Mutter Elisa, die eini- dämpfen den Schritt, rote Polster- ist unter anderem für die Zimmer- auch für Leute, die nicht bei ihnen ge Zeit in der deutschsprachigen sessel laden zum Verweilen ein, an buchungen zuständig. „Gastlichkeit übernachten. Gerade ist eine Grup- Schweiz verbrachte, und der Frank- der Decke prangt ein Kronleuch- bedeutet für mich, in jedem Besu- pe aus Baden-Baden in den Räumen furterin, die grade Italienisch lernt, ter. Wie ein typisches Kloster wirkt cher die Präsenz Gottes zu sehen: mit Original-Holzdecke, Gemälden geht es in deutsch-italienischem Mi- das alles nicht – eher schon wie ein Keiner soll sich bei uns verloren und beeindruckenden Schmuckglas- schmasch hin und her. Die Unter- mondänes Hotel. fühlen, sondern wie in einer Fami- fenstern. Kaum vorstellbar, dass hier haltung mit den Gästen ist für die Der Geist, der hier weht, ist je- lie“, erklärt sie. Gerade in ihrem Or- die Heilige früher auf Stroh schlief. Ordensfrau auch eine Möglichkeit, doch ein anderer. Die Ordens- den spielt die Gastfreundschaft eine Ökumene und Gastfreundschaft über den Glauben ins Gespräch zu schwestern, die das Gästehaus be- besondere Rolle: Weltweit betrei- sind zwei wichtige Elemente in der kommen. Das ergebe sich natürlich treiben, haben Armut, Keuschheit ben die Schwestern in 19 Ländern Spiritualität des Ordens. Der Glau- nicht immer, aber manchmal. Gera- und Gehorsam gelobt. Am Empfang Gästehäuser wie das in Rom. Sie be der Gäste spielt keine Rolle, jeder de geht es jedenfalls um Papst Fran- steht deshalb auch kein Portier in beherbergen Touristen auf Kuba, in ist herzlich willkommen. „Persön- ziskus. „Er hat bei einem Treffen mit Livree, sondern Schwester Gertrude Finnland, Indien oder Indonesien. lich aufgenommen zu werden, ist Ordensoberinnen gesagt, dass eine in typischer Ordenstracht: grauer Auch in Bremen bieten die Birgitten mir sehr wichtig“, sagt eine ältere Welt ohne Ordensfrauen tot wäre“, Habit, schwarzer Schleier und dar- Unterkunft. Dame aus Frankfurt, die bereits berichtet die Birgittin. 22./23. April 2017 / Nr. 16 THEMA DER WOCHE 3 Die Casa di Santa Brigida je- denfalls halten die Ordensfrauen definitiv am Leben, denn sie über- nehmen sämtliche Arbeiten des Gästebetriebs. Zwischen 9 und 12 Uhr, wenn das Frühstück vorbei ist und die Gäste zur Stadtbesichtigung ausfliegen, sorgen die guten Geister des Hauses dafür, dass das Mittages- sen vorbereitet wird, Zimmer gerei- nigt, Gehwege gefegt werden. Eine besondere Aufgabenverteilung gibt Schwester es nicht. „Eine für alle und alle für Gertrude reicht eine“, sagt Schwester Gertrude la- zwei deutschen chend. Die Arbeiten rotieren unter Gästen an der den insgesamt etwa 20 bis 30 Birgit- Rezeption ten des Hauses. Informationsbro- schüren. Auf dem Himmlisch-süßer Duft Tresen liegen Zimmerschlüssel, Da am Empfang gerade nichts los an der Wand ist, unterstützt Schwester Gertrude hängt ein die Küche: Kartoffelschälen für das Kruzifix. Mittagessen. Immerhin wollen um 13 Uhr rund 30 Gäste und ebenso viele Schwestern beköstigt werden. vielen Leidenden auf der Welt, beim von einer bayerischen Firma restau- Info So werden Fleischbällchen gerollt, Abtrocknen daran, die Tränen Jesu riert. frische Artischocken und Obst ver- oder seinen Schweiß zu trocknen.“ Nicht nur die bunten Lichtmus- arbeitet. Auf dem Gasherd brodeln Ordensleben heißt, sich für Gott ter, die die Sonne durch die Glasfens- Die Casa di Santa Brigida an der Birnen, verbreiten himmlisch-sü- entscheiden, sich selbst für ihn und ter auf Boden und Bänken zeichnet, Piazza Farnese (Via Monserrato ßen Duft. Obwohl hier viele flei- die anderen hinzugeben, macht schaffen eine besondere Stimmung 54) verfügt über 23 Gästezimmer ßige Schwestern werkeln, herrscht Schwester Gertrude klar. Auch in der Basilika. Jeden Morgen sitzt (Einzel- und Doppelzimmer). Sie friedlich-konzentrierte Arbeits-at- wenn das Gästehaus in Rom pracht- Schwester Gertrude bei der Messe sind nicht besonders groß, die mosphäre. Besteckgeklapper ja, aber voll ist, betont sie: „Wir verdienen an der Orgel und begleitet den Ge- Ausstattung ist zweckmäßig: eige- Gespräche untereinander oder Ra- nichts, uns gehört hier nichts.“ Die sang der Schwestern. Wer um 7.30 nes Bad, W-Lan-Empfang, kein TV diogedudel? Fehlanzeige. Einnahmen – je nach Saison kostet Uhr lieber noch schlafen will, kann auf den Zimmern, dafür ein klei- Küchenarbeit dient zur Kontem- die Übernachtung mit Frühstück übrigens trotzdem von der Mor- ner Fernsehsaal auf dem Flur. Die plation: „Ora et labora“ lautet das etwa 75 Euro pro Person – fließen genmusik geweckt werden. „Eine Unterkunft ist nicht behinderten- Motto. Musik und Gespräche sind in die Missionen des Ordens, etwa Besucherin, die vor vielen Jahren gerecht. Es gibt am Abend keine nicht erlaubt. Bei jeder Arbeit ver- in Indien oder auf den Philippinen. bei uns war, hat mir gesagt, dass sie Schließzeit. richten die Ordensfrauen innerlich Ein Teil des Geldes wird auch für sich noch heute an den ‚Gesang der Die Preise werden auf Anfrage ge- Gebete, erklärt Schwester Gertrude. Unterhalt und Betrieb des riesigen Engel‘ erinnert, der von der Kirche nannt. Je nach Saison kostet die Inzwischen poliert sie mit einem Hauses benötigt. Erst kürzlich wur- aus ihr Zimmer erreichte“, erzählt