Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Master of Arts“ (M.A.) im Studiengang „European Studies“ an der Europa-Universität Viadrina

Das Mehrebenenspiel der Fraktionen des Deutschen Bundestags bei der Europäischen Bürgerinitiative

Vorgelegt von: Linn Selle

Mat.Nr.: 4. Fachsemester, SS 2012

Eingereicht am: 28. September 2012

Betreuer und Erstgutachter: Prof. Dr. Timm Beichelt Zweitgutachter: Dr. Jan Wielgohs Abstract This thesis aims to take a closer look at the modes of Governance, German Members of Parliament (MdB's) deploy in order to get involved in the policy-process of the European Union (EU). In using a Multi-level Governance approach the author is able to explicitly analyse the activity of German parliamentarians on the European level. In order to test current research on the Europeanisation of the German , a so called 'integrationist' dossier is chosen as case study – the European citizens' initiative (ECI). Under the research question “To what extent, German Members of Parliament use modes of European Governance within the European citizens' initiative?” it is argued that the form of a given dossier is exerting influence on the respective strategies of the MdB's towards their activity on a national and European level. It will be shown that within the ECI as an 'integrationist' dossier, the vertical dimension of governance is more important for the German parliamentarians than the national one and that the strategies of MdB's tend to align regardless of their respective party affiliation. Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ...... i 1. Einleitung ...... 1 1.1 Fragestellung und Struktur ...... 2 1.2 Forschungsstand ...... 3 1.3 Hypothesen ...... 6 2. Methodischer Rahmen...... 8 2.1 Methodische Herangehensweise und Forschungsdesign ...... 8 2.2 Fallauswahl und zeitlicher Rahmen...... 10 2.3 Interviews ...... 11 3. Theoretischer Hintergrund ...... 13 3.1 Das europäische Mehrebenensystem ...... 15 3.2 Europäische Governance ...... 17 3.3 Analysekategorien ...... 23 4. From Victims to Competitive Actors? Nationale Parlamente in der EU ...... 25 4.1 Die Rolle nationaler Parlamente in der Europäischen Union...... 25 4.2 Die institutionelle Einbindung des Bundestags in der Europäischen Integration...... 28 4.3 Strategische Antworten auf den legislativen Machtverlust ...... 32 5. Die Europäische Bürgerinitiative ...... 34 5.1 Die Bürgerinitiative als integrationistisches Dossier...... 34 5.2 Positionen und Interessen der Akteure ...... 37 6. Analyse: Die Einbindung des Bundestags im EBI-Dossier...... 41 6.1 Koordination im Politikprozess ...... 41 6.1.1 Horizontale Dimension...... 41 6.1.2 Vertikale Dimension ...... 43 6.1.3 Zusammenfassung...... 44 6.2 Form der Zusammenarbeit ...... 45 6.2.1 Horizontale Dimension ...... 45 6.2.2 Vertikale Dimension ...... 48 6.2.3 Zusammenfassung ...... 49 6.3 Akteurkonstellationen...... 51 6.3.1 Horizontale Dimension ...... 51 6.3.2 Vertikale Dimension ...... 52 6.2.3 Zusammenfassung ...... 52 7. Auswertung: Einordnung der Einbindung des Bundestags bei der EBI ...... 54 7.1 Relevanz der EBI bei der europapolitischen Einbindung des Bundestags ...... 54 7.2 Das Mehrebenenspiel der Bundestags-Fraktionen ...... 56 7.3 Überprüfung der Hypothesen ...... 60 8. Schlussbetrachtung ...... 65 Literatur ...... 67 Anhang I: Kategorien der qualitativen Inhaltsanalyse...... 81 Anhang II: Transkriptionen der Interviews...... 93 Interview-Leitfaden EBI ...... 93 1/CDU/CSU; 2/CDU/CSU ...... 96 3/CDU/CSU...... 100 1/FDP...... 105 1/SPD...... 111 1/Grüne; 2/Grüne ...... 115 1/Linke ...... 123 Abkürzungsverzeichnis

AA Auswärtiges Amt AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union BKA Bundeskanzleramt BMI Bundesministerium des Innern BT Bundestag CDU Christlich Demokratische Union Deutschlands CSU Christlich-Soziale Union in Bayern EBI Europäische Bürgerinitiative EP Europäisches Parlament EU Europäische Union EUD Europa-Union Deutschland EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union EUZBBG Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union FDP Freie Demokratische Partei H.i.O. Hervorhebungen im Original IntVG Integrationsverantwortungsgesetz KOM Europäische Kommission MdB Mitglied des Deutschen Bundestags MEP Mitglied des Europäischen Parlaments MLG Multi-level Governance MP Mitglied des Parlaments OMK Offene Methode der Koordinierung SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands VO Verordnung ZG Zivilgesellschaft

i 1. Einleitung Repräsentative Demokratien waren seit ihrer Entstehung immer wieder Veränderungsprozessen unterworfen – sie zeichneten sich daher nie durch einen „monolithischen Charakter“ (Nolte 2011: 10) aus. Diese Veränderungen beschleunigten sich zum Ende des 20. Jahrhunderts und wurden seitdem aus den verschiedensten Perspektiven diskutiert: Seien es postmoderne Argu- mentationen (vgl. Crouch 2009), die Kritik einer Entparlamentarisierung der westlichen Regie- rungssysteme (vgl. Benz 1998; Börzel 2000) oder die Zunahme von Partizipations- und Pro- test-Formen von Demokratie (vgl. Ritzi/Schaal 2010; Bussemer 2011; Kohler-Koch/Quittkat 2012). Ihnen allen ist gemein, dass sie die heutigen Regierungssysteme – scheinbar? – verändern. Diese gewandelten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind allumfassend; sie wirken auch durch eine steigende Internationalisierung, Komplexität und Spezialisierung, wie sie Robert Dahl (1989) bereits Ende der 1980er Jahre beschrieben hat, in nahezu jede vormals ausschließlich na- tionalstaatliche Domäne hinein. Der Prozess der Europäischen Integration ist in dieser Gemen- gelage ein wichtiger Strang in der „Transformation des Staates“ (Leibfried/Zürn 2006) – es kann argumentiert werden, dass er diese gar auf eine neue Stufe gehoben hat. Trotz dieser vielfältigen Herausforderungen, denen repräsentative Demokratien heute ausgesetzt sind, stellen sie doch fraglos das Fundament unserer Gesellschaften und ein wichtiges kulturelles Leitbild dar. Aus ei- ner institutionellen Perspektive sind hier die Parlamente die „Herzstücke“ (Abels/Eppler 2011: 19) repräsentativer Demokratien und ein Legitimationsanker demokratischen Regierens. Sie sind „[…] zentrale Legitimations- und Entscheidungsorgane einer repräsentativen Demokratie“ (Kirchhoff 1994: 18), denn es sind die gewählten Abgeordneten, die das Ideal der Volkssouverä- nität verkörpern, ihre Regierungen kontrollieren, politische Entscheidungen öffentlich diskutieren und Gesetze beschließen. Das Bild der Parlamente als „Herzstücke“ repräsentativer Demokratien verliert jedoch ein wenig seinen Glanz, wenn nach ihrer konkreten Mitwirkung im Prozess der Europäischen Integration gefragt wird. Gerade bei der Betrachtung des europäischen Mehrebenensystems stellt sich die Frage, welche Rolle die nationalen Volksvertretungen hier eigentlich noch spielen. Denn gerade die Parlamente haben im Integrationsprozess durch die Verlagerung von Gesetzgebungskompe- tenzen auf die europäische Ebene unbestritten an Einfluss verloren. Sie erleben allerdings seit ei- niger Zeit eine Renaissance, die paradoxerweise in ihrem Einflussverlust begründet ist: Die Ein- sicht seit Ende der 1990er Jahre, dass die Europäische Union (EU) trotz substantieller Vertiefun- gen in absehbarer Zeit nicht zu einem Input-legitimen Gebilde (vgl. Scharpf 1999: 16ff.) trans-

1 formiert werden könne1, führte zu einer Hinwendung zu den nationalen Parlamenten als „zweiter Säule der europäischen Demokratie“ (Benz/Broschek 2010: 2) neben dem Europäischen Parla- ment als erster Säule (vgl. O'Brennan/Raunio 2007: 11; Delcamp/Sicard 2012: 14-16). Diese zweite Säule ist solange unverzichtbar, wie supranationale Institutionen noch nicht dieselbe de- mokratische Legitimität wie ihre nationalen Counterparts erreicht haben (vgl. Jessop 2004: 66). Die legitimierende Funktion der Parlamente spiegelt sich im Vertrag von Lissabon (2009) wider, der auch als „Vertrag der Parlamente“ (Brok/Selmayer 2008) bezeichnet wurde und worin die Volksvertretungen eine stärkere Verankerung und Mitwirkung im europäischen Politikprozess er- fahren. Dies wurde nochmals durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Lissa- bon-Vertrag (2009) unterstrichen. Auch in der öffentlichen Diskussion im Rahmen der der euro- päischen Staatsschuldenkrise werden die Parlamente verstärkt wahrgenommen und beachtet (vgl. u.a. Moos 2012; The Economist 2012).

1.1 Fragestellung und Struktur Aus Sicht der Europawissenschaft ist an dieser Stelle besonders interessant, wie nationale und eu- ropäische Institutionen zusammenwirken und das europäische Mehrebenensystem im Sinne eines „Mehrebenenparlamentarismus“ (Maurer 2002; Abels 2012) mit Leben füllen können. Es wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass die Prozesse der Europäischen Integration auf die parla- mentarischen Strukturen des deutschen Regierungssystems einwirken und einen Einfluss auf die Behandlung von EU-Dossiers durch die Bundestags-Fraktionen haben. Hierbei ist vor allem von Interesse, wie deutsche Abgeordnete ihre Positionen auf deutscher und europäischer Ebene ver- treten und einbringen. Bislang wird die europapolitische Einbindung des Bundestags vor allem im Lichte unterschiedlicher Strategien von Regierungs- und Oppositionsfraktionen gesehen, um die Interessenartikulation und -durchsetzung der einzelnen Fraktionen zu erklären (vgl. Auel 2006; Benz/Broschek 2010). In dieser Arbeit wird allerdings argumentiert, dass auch die Art des Dos- siers einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Strategiewahl der Abgeordneten hat, da Parla- mentarier jeweils diejenige Strategie wählen, die ihnen am meisten Nutzen verspricht. Aus diesem Grund wurde mit der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) ein „integrationistisches“ Dossier für die Analyse gewählt, mit dem die Aktivitäten der Parlamentarier im deutschen und europäischen Politikprozess nachvollzogen werden sollen. Unter dem analytischen Prisma der Mehrebenengovernance werden die europapolitischen Strategien der Bundestagsabgeordneten ei-

1 Eine substantielle Vertiefung der EU wurde im Lichte des nur knapp ratifizierten Maastrichter Vertrags in Dänemark und Frankreich und allgemein europaskeptischen Tendenzen großer Teile der europäischen Gesellschaften als nicht möglich erachtet (vgl. Tömmel 2008: 229-230).

2 ner Prüfung unterzogen. Die Fragestellung dieser Arbeit lautet folglich: Inwieweit nutzen die Abge- ordneten des Deutschen Bundestags Formen der europäischen Governance im Rahmen der Europäischen Bürgerin- itiative? Diese Fragestellung ist auch deswegen für die aktuelle Forschung interessant, da empirisch orientierte Multi-Level Governance-Ansätze in der Betrachtung nationaler Parlamente bis dato eher spärlich Verwendung gefunden haben, da hier Ansätze der Europäisierung verbreiteter sind (vgl. Raunio 2009: 324). In dieser Arbeit wird wie folgt vorgegangen: Nach der einleitenden Vorstellung des Forschungs- stands und der Hypothesen, die dieser Analyse zugrunde liegen, wird in Kapitel 2 der methodi- sche Rahmen vorgestellt. Die theoretischen Grundlagen werden mit der Betrachtung des europäi- schen Mehrebenensystems als Systemstruktur und europäischer Governance als Analysefokus in Kapitel 3 gelegt. Kapitel 4 gibt einen Überblick über die Rolle nationaler Parlamente und beson- ders des Deutschen Bundestags im europäischen Mehrebenensystem. Ein besonderer Fokus wird hier auf die Unterscheidung zwischen formellen und strategischen Formen der Anpassung gelegt. In Kapitel 5 wird der gewählte Fall – die Europäische Bürgerinitiative – vorgestellt; hier liegt der Schwerpunkt auf einer Einordnung der EBI als „integrationistisches“ Dossier in die europäische Governance-Architektur und die Vorstellung der relevanten politischen Perspektiven und Interes- sen der deutschen Akteure. Kapitel 6 führt die bis dahin erarbeiteten Fäden in der Analyse zu- sammen und betrachtet die konkrete Einbindung des Deutschen Bundestags im Dossier der Eu- ropäischen Bürgerinitiative. Eine Auswertung der Ergebnisse und die Überprüfung der eingangs aufgestellten Hypothesen folgen schließlich in Kapitel 8.

1.2 Forschungsstand Das in dieser Arbeit als systemischer Rahmen verwendete EU-Mehrebenensystem ist seit den 1990er Jahren ein intensiv erforschtes Themengebiet. Es hat breite Anerkennung gefunden und eine intensive Beschäftigung mit sich gebracht (vgl. u.a.: Bache/Flinders 2004; Enderlein 2010). Der sogenannte „Governance turn“ (Kohler-Koch/Rittberger 2006) in der Europawissenschaft steht in engem Zusammenhang mit der Frage, was die Europäische Union überhaupt ist. Seit den 1990er Jahren antwortet der Multi-Level Governance-Ansatz (MLG) hierauf mit einer Betrach- tung der EU als Regierungssystem denn als Internationale Organisation und ist eine Antwort auf das zunehmend staatsähnliche Design und die Komplexität der EU (vgl. Marks et al. 1996). Der Governance-Rahmen, der in dieser Arbeit als Analysekategorie genutzt wird, erfreut sich also großer Beliebtheit. So wurden im Rahmen des CONNEX-Netzwerks2, das sich mit „Efficient 2 Das von der Europäischen Union geförderte Network of Excellence CONNEX (Connecting Excellence on European Governance) machte es sich zwischen 2004 und 2008 zur Aufgabe, europaweite Forschungs-

3 and Democratic Multilevel Governance in Europe“ beschäftigte, mehr als 1.600 Forschungspro- jekte aus 30 europäischen Ländern zum Thema vernetzt (vgl. Kohler-Koch/Rittberger 2006: 28) – eine beeindruckende Anzahl und Reichweite. Nachdem der Governance-Ansatz in der Vergan- genheit eine breite Verwendung für Politikfeldanalysen (Kohler-Koch/Heinelt 2011; Tömmel/Verdun 2010), konzeptionelle Untersuchungen (Peters/Pierre 2000; Schuppert 2005; Benz et al. 2007) und ländervergleichende Studien (Kohler-Koch/Larat 2009) gefunden hat, wan- delte sich sein Fokus in den vergangenen Jahren. So wird in der Forschung zunehmend die demo- kratische Legitimation von Governance-Prozessen betrachtet, um die Legitimation informellen Regierens und die Rolle von Governance im Lichte des demokratischen Defizits der EU zu un- tersuchen (Rittberger 2010; Benz 2010; Kohler-Koch/Quittkat 2011). Obwohl Multi-Level Go- vernance mehr „sozialwissenschaftliches Konzept“ (Benz et al. 2007: 9) denn 'große Integrations- theorie' ist, hat sie sich zu einem geeigneten Erklärungsmuster europäischen Regierens im 21. Jahrhundert entwickelt. Die Forschung zur Rolle nationaler Parlamente in der Europäischen Integration wurde lange Zeit vernachlässigt; sie befindet sich erst seit der Verabschiedung des Vertrags von Maastricht auf dem Vormarsch und wurde durch den Verfassungskonvent in den Jahren 2002/03 weiter intensiviert. 3 Die Parlamente wurden zunächst vor allem als Verlierer und Nachzügler der Europäischen Inte- gration betrachtet, die sich im Mehrebenensystem nicht gegenüber der Vormachtstellung der Exekutiven behaupten konnten (Maurer/Wessels 2001; Maurer 2002; Wessels et al. 2003). Im Lichte des Verfassungsvertrags beziehungsweise des Vertrags von Lissabon wird diese Debatte al- lerdings differenzierter geführt; es wird nun von Prozessen der Entparlamentarisierung und Re- parlamentarisierung gesprochen (Abels/Eppler 2011: 22; Maurer 2011: 58). Im Rahmen der Dis- kussion einer Entparlamentarisierung wird vor allem die formal-rechtliche Beteiligung und Kon- trollfunktion nationaler Parlamente betrachtet (vgl. Auel 2011: 66). Die meisten Untersuchungen zum Thema sind deskriptiver Natur und nehmen einen Europäisierungsansatz als Ausgangs- punkt. Sie vergleichen die Reaktionen nationaler Parlamente in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Zier 2005; Auel/Benz 2004; 2005; Holzhacker 2005), oder führen detail- lierte Einzelfallstudien durch (Schulz 2011). Weitere Analysen beschäftigen sich mit der for- mal-rechtlichen Stellung nationaler Parlamente im Lissabonner Vertrag (Hölscheidt 2008; Crespo 2012; Heise 2012). Auch sind erste umfassende Sammelbände zum Thema erschienen

stränge zum Thema Governance im EU-Mehrebenensystem zusammenzubringen (vgl. CONNEX 2008). 3 Im Vertrag von Maastricht wurden den Parlamenten erstmals konkrete Beteiligungs- und Informations- rechte zugeschrieben; der Verfassungskonvent zeichnete sich durch eine starke Parlamentsbeteiligung aus (siehe hierzu auch Kapitel 4).

4 (Auel/Benz 2005; O'Brennan/Raunio 2007; Abels/Eppler 2011; Auel/Raunio 2012) und weiter- führende Forschungsprojekte initiiert worden.4 Eine wichtige Änderung in der Forschung zu nationalen Parlamenten wird in den letzten Jahren deutlich: Stand zu Beginn des neuen Jahrtausends noch die formale Kontrollfunktion nationaler Parlamente und ihr Wirken über die Regierung in den Ministerrat hinein im Mittelpunkt, wird seit einigen Jahren zunehmend die Akteurqualität der Parlamente anerkannt und das konkrete Verhal- ten und die Adaption der Abgeordneten an den europäischen Integrationsprozess untersucht (Goetz/Meyer-Sahling 2008; Auel 2006). Weiterhin beschäftigt sich ein Gros der Literatur auch heute noch vor allem mit der Kontrollfunktion nationaler Parlamente im europäischen Mehrebe- nensystem (Karlas 2012; Sprungk 2010; O'Brennan/Raunio 2007; Raunio 2005), die Erweiterung auf die Wahl- und Öffentlichkeitsfunktion nationaler Parlamente steht hier noch am Anfang. 5 Eine weitere Lücke in der Forschung stellen die noch nicht hinreichend betrachteten Verbindun- gen zwischen dem Europäischen Parlament (EP) und nationalen Parlamenten dar: In den meisten Publikationen werden zwar beide Akteure benannt, aber nicht hinreichend im Sinne eines „Mehrebenenparlamentarismus“ (Maurer 2002) miteinander verbunden. Einen ersten Anfang machte hier der Sammelband von Abels und Eppler (2011), der auch den Versuch unternahm, die vorliegenden empirischen und konzeptuellen Forschungsergebnisse im Sinne einer Theorieent- wicklung zu systematisieren. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Beschäftigung mit nationalen Parlamenten mit dem Vertrag von Lissabon eindeutig an Fahrt aufgenommen hat, die Forschung insgesamt aber immer noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen steckt. Mit der Europäischen Bürgerinitiative befasst sich die Forschung seit dem Verfassungskonvent im Jahr 2002/03. Hier kann zwischen zwei Forschungssträngen unterschieden werden: Auf der einen Seite steht ein praxisnaher Diskurs, der vor allem aus Perspektive der Verfechter direkter Demokratie geführt wird.6 Dieser Strang hat seither zahlreiche Beiträge zur Umsetzung, Ausge- staltung und Handhabung der EBI veröffentlicht, besitzt aber immer eine gewisse Voreingenom- menheit (u.a. Pichler 2008; Green Europe Foundation 2010; Pichler/Kaufmann 2011; 2012). Im zweiten Strang befindet sich die klassische akademische Forschung, die den Prozess der Verord- nungsdiskussion begleitet hat, aber zum Teil auch stark normativ an das Thema herangeht (Mau- rer/Vogel 2009; Kammel/Möller 2010; Cuesta-López 2012; Knaut/Plottka 2012). Weiterhin ha-

4 Das internationale Forschungsprojekt OPAL (Observatory of Parliaments after Lisbon) beschäftigt sich beispielsweise zwischen 2011 und 2014 mit der Rolle nationaler Parlamente nach dem Vertrag von Lissa- bon, http://www.opal-europe.org/ (letzter Zugriff: 20. August 2012). 5 Der Öffentlichkeitsfunktion nationaler Parlamente widmet sich ein Forschungsprojekt am IHS Wien. 6 An dieser Stelle sei besonders auf das Initiative and Referendum Institute (IRI) und seine Publikationen verwiesen.

5 ben sich auch zivilgesellschaftliche Initiativen wie beispielsweise die Europa-Union Deutschland publizistisch in den Prozess eingebracht (Kaufmann/Plottka 2012). Die Bewertung und Analyse der Europäischen Bürgerinitiative ist allerdings noch stark in Bewegung, da sich mit dem Ab- schluss erster Initiativen – voraussichtlich im Dezember 2013 – neue Ansätze und Analysehori- zonte eröffnen werden.

1.3 Hypothesen Die Verbindung der Europäischen Bürgerinitiative als „integrationistischem“ Dossier mit den Grundlagen der Governance- und Parlamentsforschung bringt drei Hypothesen mit sich, die sich herleiten aus einem weiten Governance-Ansatz und Annahmen zur strategischen Anpassung des Deutschen Bundestags an die Europäische Integration. Sie sollen mit der Beantwortung der For- schungsfrage überprüft werden. Die erste Hypothese befasst sich mit der konkreten Form europäischer Governance durch den Deutschen Bundestag bei der Europäischen Bürgerinitiative. Governance fußt im europäischen Mehrebenensystem nicht allein auf nicht-hierarchischer Einflussnahme auf politische Entschei- dungen, sondern schließt in seiner weiten Definition auch hierarchisches Decision-Making – das klassische Regieren – mit ein (vgl. Börzel 2007; 2008). Auf das Verhalten der deutschen Abgeord- neten in der EBI bezogen, wird davon ausgegangen, dass im nationalen Regierungssystem Modi des klassischen Regierens vorherrschen, während auf europäischer Ebene Governance-Formen dominieren. Aus diesem Grund lautet die erste Hypothese (H1): Die Fraktionen des Deutschen Bundestags nutzen Modi des klassischen Regierens im natio- nalen Regierungssystem und Formen der Governance in der Interaktion auf europäischer Ebene. Die beiden weiteren Hypothesen beschäftigen sich mit dem Einfluss eines sogenannten integra- tionistischen Dossiers auf die Governance-Modi der Bundestagsabgeordneten. Es wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass die Art des Dossiers einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Form der Einbindung der deutschen Parlamentarier hat. Diese haben sich zunehmend zu Akteu- ren im europäischen Mehrebenensystem entwickelt, weswegen angenommen werden kann, dass sie diejenige Strategie und Ebene nutzen, die ihnen am ehesten erfolgversprechend erscheint. Da sich „integrationistische“ Dossiers durch eine besonders hohe EU-Relevanz auszeichnen und durch EU-Experten im Deutschen Bundestag begleitet werden, müssen an diese andere Stan- dards angelegt werden als bei einer allgemeinen Betrachtung informeller Anpassungsstrategien im Bundestag. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass in „integrationistischen“ Dossiers an-

6 dere Strategien vorherrschen als in bisherigen Studien zur strategischen Anpassung des Deut- schen Bundestags beschrieben, die davon ausgehen, dass die Aktivität deutscher Parlamentarier abhängig ist von ihrer Regierungs- oder Oppositionszugehörigkeit und dem unterschiedlichen Zugang zur nationalen Exekutive (vgl. ausführlich: 4.3). Da aber gerade in „integrationistischen“ Dossiers die EU-Relevanz weitaus höher ist und horizontale Wege der Einflussnahme als weniger gewinnbringend angesehen werden können, geht die zweite Hypothese (H2) von Folgendem aus: Die vertikale Dimension der Koordination spielt in „integrationistischen“ Dossiers wie der Europäischen Bürgerinitiative eine größere Rolle als die horizontale Dimension. Diese verschiedenen Gelegenheitsstrukturen bei integrationistischen Politikfeldern können wei- terhin bedeuten, dass die Akteure andere Strategien verfolgen, als dies in primär nationalen Dos- siers mit EU-Bezug der Fall ist, da hier die europäische Regierungsebene von noch größerer Be- deutung für die Formulierung der Politiken ist. Insofern könnte argumentiert werden, dass alle Abgeordnete die meisten Vorteile in einer direkten Kooperation mit der europäischen Ebene se- hen und dies nicht nur bei Oppositionsabgeordneten der Fall ist. Es müssen dementsprechend hauptsächlich die einzelnen Akteure betrachtet werden, da die strategische Anpassung der Abge- ordneten nicht unbedingt einer Dichotomie zwischen Mehrheits- und Oppositionsfraktionen un- terliegen muss. Hieraus leitet sich die dritte Hypothese (H3) ab: Bei „integrationistischen“ Dossiers gleichen sich die europapolitischen Strategien der einzelnen Bundestags-Fraktionen an. Diese Hypothesen unternehmen den Versuch, der existierenden Forschung weitere empirische Beobachtungen hinzuzufügen. Die Betrachtung eines „integrationistischen“ Dossiers mithilfe ei- nes Governance-Ansatzes ermöglicht es, weitere Facetten der Einbindung nationaler Parlamente erfassen zu können. Die Hypothesen werden operationalisiert durch Kategorien, die aus der ak- tuellen Governance-Forschung hergeleitet werden. So werden die Koordination im Politikpro- zess, die Art der Zusammenarbeit der deutschen Abgeordneten sowie die beteiligten Akteure je- weils auf deutscher und europäischer Ebene betrachtet (vgl. ausführlich: Kapitel 3.3).

7 2. Methodischer Rahmen

2.1 Methodische Herangehensweise und Forschungsdesign „Theorie ist das Netz, das wir auswerfen, um 'die Welt' einzufangen, – sie zu rationalisieren, zu erklären und zu beherrschen. Wir arbeiten daran, die Maschen des Netzes immer enger zu machen.“ (Popper 2005: 36) Als epistemologische Grundlage dieser Arbeit dienen die Werke von Karl Raimund Popper, des- sen Arbeiten die heutige Sozialwissenschaft stark geprägt haben. Im Gegensatz zu positivisti- schen Vertretern geht Popper in seinem Kritischen Rationalismus davon aus, dass „jeder wissen- schaftliche Satz vorläufig ist“ (Popper 2005: 269, H.i.O.), da er nur so lange Gültigkeit beanspru- chen kann, bis er widerlegt, also falsifiziert wird. Aus Poppers Sicht sind alle Theorien Lösungs- versuche wissenschaftlicher Probleme, die eine Lücke zwischen existierender Theorie und zu be- obachtender Empirie herstellen. Dementsprechend sind diejenigen Theorien vorzuziehen, die die erkennbaren Probleme am besten zu lösen vermögen. Somit setzt sich „wahre Wissenschaft […] dem Risiko des Scheiterns aus“ (Pies 1999: 5). Mit dieser Vorläufigkeit wissenschaftlicher For- schung und Erkenntnis sind weitreichende Folgen verbunden: Zum einen verändert sich die Ziel- setzung der Wissenschaft, die fortan keine teleologische ist und eine 'endgültige Wahrheit' heraus- zufinden versucht, sondern sie bedeutet einen dauerhaften Erkenntnisfortschritt, gleichsam ei- nem „Spiel“ ohne Ende (Popper 2005: 30). Zum anderen wirkt sich diese Vorläufigkeit auf die Methoden der Wissenschaft aus, denn diese werden auf den Prozess der Theoriebildung ausge- richtet, der nach besseren theoretischen Alternativen sucht (vgl. Suchanek 1998: 87). Poppers Grundannahme ist also – verkürzt – das Lernen aus Fehlern: Wissenschaftliche Probleme werden erkannt, Lösungen ausprobiert und die festgestellten Fehler durch neue Theorien eliminiert. Es reicht also nicht aus zu erkennen, dass eine Theorie falsch ist, sondern es muss versucht werden herauszufinden, warum sie falsch ist – erst dann können Theorien falsifiziert werden (vgl. Popper 1995: 150f.). Das wissenschaftliche Arbeiten sollte sich laut Popper also nur auf diejenige For- schung konzentrieren, die der existierenden Theorie oder den existierenden Hypothesen etwas Neues hinzufügt (Popper 2005: 58). Für diese Arbeit bedeutet das Gedankengerüst Poppers, dass versucht werden soll, die Annah- men über die europapolitische Ausrichtung des Deutschen Bundestags zu verfeinern und gegebe- nenfalls anzupassen. Allerdings muss hier angemerkt werden, dass in der vorliegenden Analyse keine Theorie im Popper'schen Sinne widerlegt werden soll, sondern vielmehr das empirische Konzept der „strategischen Anpassung“ des Bundestags verfeinert wird. Dieses muss sich aber

8 dennoch an denselben falsifizierbaren Maßstäben messen lassen, wie die „allgemeinen Sätze“ Poppers (2005: 36).7 Im Sinne eines wissenschaftlichen Problems soll erklärt werden, warum das bereits vorhandene Konzept der strategischen Anpassung nicht auf alle EU-Dossiers anwendbar ist und weswegen es gegebenenfalls einer Anpassung bedarf. Bei der Wahl des konkreten Forschungsdesigns stellt sich zunächst die Frage, ob die Fragestellung nach analytischer Tiefe oder empirischer Breite verlangt, was je nach Antwort qualitative oder quantitative Methoden bedingen würde. In dieser Arbeit ist die Entscheidung offensichtlich und spricht für einen qualitativen Ansatz, da die gewählte Einzelfallstudie eine qualitative, tiefgehende Analyse verlangt und keinen quantitativen Längsschnitt, der auf verallgemeinerbare Resultate ab- zielt (vgl. Bähr et al. 2008). Qualitative Analysen zeichnen sich durch eine kleine Stichprobe, keine Verwendung quantitativer Variablen und statistischer Methoden sowie eine Vielschichtigkeit der Perspektiven aus (vgl. Lamnek 2005: 3; Flick 2007: 26-30). Ziel ist die Rekonstruktion sozialer Prozesse. Bei der gewählten Methode handelt es sich jedoch nicht um eine offene qualitative Analyse, denn es werden auch Elemente quantitativer Forschung miteinbezogen, da sich die vor- liegende Arbeit gleichwohl an Hypothesen und einer konkreten Methodik orientiert – dem Kon- zept der strategischen Anpassung des Bundestags im europäischen Mehrebenensystem. Aller- dings geht es dieser Arbeit und qualitativer Forschung allgemein nicht um den Anspruch einer numerischen oder theoretischen Generalisierung, sondern vielmehr um eine theoretische Generali- sierbarkeit der gefundenen Ergebnisse (vgl. Flick 2008: 260). Es gibt unterschiedliche Ziele qualitativer Studien: Beschreibung, Hypothesenprüfung sowie Theoriebildung (ebd.: 258). Diese Arbeit wird sich mit einer Hypothesenprüfung beschäftigen, die ein „strafferes Forschungsdesign“ (Miles/Huberman 1994: 16-20) bedingt, als Studien zur Be- schreibung oder Theoriebildung. Aus diesem Grund wird eine Ex-ante-Hypothesenbildung vor- genommen. Obwohl qualitative Analysen ein größtmögliches Maß an Offenheit erfordern, ist die Hypothesenbildung auch in qualitativen Designs denkbar und ermöglicht einen Rückgriff auf be- reits vorhandenes Wissen. Dies ist in dieser Arbeit vonnöten, da auf bereits bestehende Konzep- te zurückgegriffen wird, um die aktuelle Forschung widerzuspiegeln und zu verfeinern (vgl. Mei- nefeld 2008: 272). Hinsichtlich der verwendeten Methoden bietet sich für die Analyse der Governance bei der Euro- päischen Bürgerinitiative eine Verbindung zweier klassischer Methoden rekonstruierender Unter- suchungen an: Das Experteninterview und die qualitative Inhaltsanalyse. Die Verbindung dieser 7 Grundbedingungen für Theorien im Sinne Poppers sind: Widerspruchsfreiheit; Unabhängigkeit von anderen Theorien; hinreichend sein zur Deduktion aller nötigen Sätze des Gebietes und notwendig sein (vgl. Popper 1935; 2005: 48).

9 beiden ermöglicht eine möglichst hohe Validierung der gesammelten Daten durch die Verknüp- fung reaktiver (Experteninterview) und nicht-reaktiver Verfahren (Dokumentenanalyse). Beide Methoden ergänzen sich hierbei gegenseitig (vgl. Flick 2008a: 310-12). Die qualitative Inhaltsana- lyse stellt eine systematische, regel- und theoriegeleitete Analyse fixierter Kommunikation dar (Mayring 2007: 13). In dieser Arbeit werden vor allem relevante Dokumente der jeweiligen Regie- rungsebenen und die Interviewaussagen der mit dem Dossier befassten Akteure (vgl. Abschnitt 2.3) untersucht. Die Inhaltsanalyse untersucht öffentlich zugängliche, verifizierbare Dokumente (vgl. Creswell 2003: 186). Allerdings finden sich hier nur „institutionalisierte Spuren“ wieder (Wolff 2008: 503), denn formelle Dokumente lassen nur selten Rückschlüsse auf ihr Zustande- kommen und vorherige Kommunikationsprozesse zu. Das Experteninterview hingegen kann die- se Lücke schließen, indem es Informationen über Prozesse, persönliche Einschätzungen und Kommunikationswege geben kann. Hier besteht allerdings die Gefahr, anstelle von Fakten „nur“ Meinungen gesagt zu bekommen, oder einer „Schönfärberei“ durch den Interviewten zu unterlie- gen (vgl. Gläser/Laudel 2004: 109; Creswell 2003: 186). Experte oder Expertin ist hierbei diejeni- ge Person, die über Zugang zu einem bestimmten Tätigkeitsbereich und über Informationen in einem bestimmten Feld verfügt. Er oder sie ist an Entscheidungsprozessen beteiligt und kann Sachzusammenhänge erhellen (vgl. Mieg 2005: 6-7).

2.2 Fallauswahl und zeitlicher Rahmen Die Form der Arbeit als Einzelfallstudie stellt gleichsam den „Extremtypus“ qualitativer Analysen dar (vgl. Lamnek 2005: 3). Diese zielt auf die genaue Analyse eines Falls ab, der einen sozialen Sachverhalt zu rekonstruieren versucht. Ziel ist es, möglichst alle Informationen, die zum Verste- hen dieses Falls benötigt werden, zusammenzutragen (vgl. Gläser/Laudel 2004: 34; Flick 2008: 253), wobei die Auswahl des Falls immer der Beantwortung der Forschungsfrage entgegenstreben sollte. Die Forschungsfrage dieser Arbeit bedingt eine Fallauswahl, die nach möglichen empiri- schen Gegenbeispielen sucht, um das Konzept der strategischen Anpassung erklärend widerlegen oder anpassen zu können. Diese Widerlegung kann auch schon mit nur einem Fall geschehen, von dem gegebenenfalls auf weitere ähnliche Fälle geschlossen werden kann. Es soll aber nicht darum gehen, von einer Stichprobe auf eine Gesamtheit von Fällen zu schließen. Da die Fallauswahl auch immer eine „Konstruktion des Forschers“ (Gläser/Laudel 2004: 95) ist, soll im Folgende die konkrete Fallauswahl erläutert werden. Das Besondere am Dossier der Euro- päischen Bürgerinitiative ist, dass es sich um ein sogenanntes integrationistisches Dossier, also ein gewissermaßen konstitutionelles Dossier, mit einem übergreifendem EU-Bezug handelt. Wie sich

10 bereits bei der Herleitung der Hypothesen zeigte, ist es fraglich, ob sich die Annahmen, die bis- lang mit „strategischer Anpassung“ beschrieben wurden, auch im Hinblick auf solche „klassi- schen europapolitischen Dossiers“ angewendet werden können. Aus diesem Grund wurde die Europäische Bürgerinitiative als Fallbeispiel ausgewählt, um zu untersuchen, wie sich ein derarti- ges „integrationistisches“ Dossier auf das Mehrebenenspiel von Abgeordneten auswirkt.8 Die zeitliche Dimension der Untersuchung erstreckt sich auf die gesamte Diskussion der Verord- nung Nr. 211/2011 über die Europäische Bürgerinitiative sowohl auf europäischer Ebene als auch im deutschen Regierungssystem. Der Zeitraum beginnt mit der Veröffentlichung des Grün- buches durch die Europäische Kommission am 11. November 2009 und endet mit der Verab- schiedung des Durchführungsgesetzes im Deutschen Bundestag am 15. Dezember 2011.

2.3 Interviews Beim Rückgriff auf Experteninterviews ist es von zentraler Bedeutung, die jeweils mit dem Un- tersuchungsgegenstand befassten „Gatekeeper“ zu identifizieren und in den Interviewprozess mit einzubinden (vgl. Merkens 2008: 288). Diese Schlüsselpersonen sollten aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz als wichtigste Gesprächspartner dienen, können aber auch dank ihrer exponierten Stellung Kontakte zu weiteren Gesprächspartnern vermitteln. Die Anzahl der erforderlichen In- terviews ergibt sich hierbei aus der Verteilung der Information unter den Akteuren (vgl. Gläser/Laudel 2004: 104). Für diese Arbeit wurden die jeweils relevanten Akteure im Bundestag und in der Zivilgesellschaft interviewt.9 Um ein möglichst umfassendes Bild der Verordnungsdis- kussion zeichnen zu können wurde versucht, Vertreter aller Bundestagsfraktionen zu interviewen. Fachliches Kriterium war eine dezidierte Beschäftigung mit dem Dossier der EBI während der Verordnungsdiskussion oder dem Durchführungsgesetz, beispielsweise als Berichterstatter in ei- nem der federführenden Ausschüsse. Die Interviews mit Vertretern der Zivilgesellschaft dienten einer Überprüfung der von den Abgeordneten genannten Informationen.10 Die Interviews wurden mithilfe eines Leitfadens geführt. Leitfadeninterviews sind nicht-standar- disierte Interviews (vgl. Gläser/Laudel 2004: 107), die es ermöglichen, durch einen vom Forscher entwickelten Fragenkatalog bestimmte Themen vorzugeben, die aber trotzdem anhand von offe- nen Fragen beantwortet werden. Der Leitfaden wird unter Zuhilfenahme der Forschungsfrage

8 Zur genaueren Beschreibung der EBI als „integrationistischem“ Dossier vgl. Kapitel 5. 9 Die Datenerhebung fand statt im Rahmen des von der Bertelsmann Stiftung (2012) geförderten Projektes „Nationale Parlamente in der Europäischen Union“. 10 Die die Interviews mit den ZG-Akteuren sowie dem ehemaligen MdB nicht direkt in dieser Arbeit Verwendung fanden, sondern vor allem einer Verifizierung der Aussagen der Abgeordneten dienten, sind sie nicht als Transkriptionen dieser Arbeit angefügt.

11 und der Hypothesen nach Themenblöcken geordnet und systematisiert.11 Denn: „nur wer weiß, was er herausbekommen möchte, kann auch danach fragen“ (Gläser/Laudel 2004: 63). Für die vorliegende Untersuchung wurden zwischen dem 15. Mai und dem 28. Juli 2012 insge- samt elf Interviews geführt. Acht Interviews fanden mit Bundestagsabgeordneten oder ihren wis- senschaftlichen Mitarbeitern statt, zwei mit Vertretern der Zivilgesellschaft, ein Interview wurde mit einem ehemaligen Bundestagsabgeordneten geführt. Die interviewten Abgeordneten reprä- sentieren alle im Bundestag vertretenen Fraktionen und sind, mit einer Ausnahme, alle Mitglieder des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union. Hinsichtlich der Auswahl und der Kontaktaufnahme zu den Interviewpartnern ist festzuhalten, dass es sich zum Teil als durchaus schwierig herausstellte, Bundestagsabgeordnete für ein wissenschaftliches Interview zu gewinnen. Während einige Abgeordnete solche Interviews kategorisch ablehnten, unterlagen die meisten er- folgreichen Interviewanfragen den vollen Terminkalendern und kurzfristigen Änderungen im parlamentarischen Betrieb. Trotzdem konnten Mitglieder aller Fraktionen (bzw. deren Mitarbei- ter) interviewt werden, obwohl fraglos eine größere Stichprobe vorteilhafter für die Analyse ge- wesen wäre. Einige Interviewpartner äußerten den Wunsch einer Anonymisierung ihrer Aussagen. Aus die- sem Grund werden die Interviewaussagen in dieser Arbeit kodiert. Jedem Interviewpartner wur- de eine Nummer zugeordnet, die unter der Nennung der Fraktionszugehörigkeit verwendet wird. So ergeben sich folgende Angaben: 1/FDP; 2/CDU/CSU et cetera. Die Auswertung der Interviews folgt ebenfalls der qualitativen Inhaltsanalyse, die eine

„von den Ursprungstexten verschiedene Informationsbasis [aufbaut und; LS] nur noch die Informationen enthalten soll, die für die Beantwortung der Untersuchungsfrage relevant sind“ (Gläser/Laudel 2004: 194). Dementsprechend wurde ein – der Fragestellung dieser Arbeit entsprechendes – Kategoriensys- tem gebildet, das die wichtigsten Variablen der Analyse abbildet (vgl. Anhang I). Es handelt sich um ein deduktives Vorgehen, das sich von der Theorie zum konkreten Material bewegt (vgl. May- ring/Gläser-Zikuda 2005: 11). Diesen Kategorien wurden in der Folge die jeweiligen Aussagen der Interviewpartner zugeordnet, um die Aussagen zu kategorisieren und systematischer in der Analyse verwenden zu können.

11 Der Interviewleitfaden sowie die Transkriptionen der geführten Interviews finden sich im Anhang II dieser Arbeit.

12 3. Theoretischer Hintergrund „Theory helps us to see the wood for the trees.“ (Stoker 1995: 16-17) Sozialwissenschaftliche Theorien helfen uns, wie obiges Zitat trefflich beschreibt, unsere Welt zu strukturieren und soziale Phänomene beschreib- und klassifizierbar zu machen. Diese Funktion von Theorien zur Selektion und Strukturierung der Wirklichkeit ist unerlässlich, da die Realität andernfalls viel zu komplex wäre, um sie analytisch erfassen zu können. Dementsprechend ist die Wahl des theoretischen Untergrundes einer Arbeit überaus bedeutend, da dieser die Brille darstellt, durch die in der wissenschaftlichen Analyse die Welt betrachtet wird:

„Theories may stand and fall according to rather more than whether they can successfully des- cribe a phenomenon or predict the consequences of that phenomenon“ (Rosamond 2000: 9). Hierbei ist allerdings ebenfalls zu beachten, dass auch Theorien menschengemacht sind und dementsprechend keine „neutralen“ Werkzeuge darstellen. Wie Artur Benz analysiert, haben Theorien und Konzepte immer ein „doppeltes Verhältnis zur Realität“ (Benz et al. 2007: 9), da sie „für eine bestimmte Sicht [stehen], mit der Forscherinnen und Forscher die Wirklichkeit in- terpretieren […] und sie […] gleichzeitig Teil der Wirklichkeit [sind; L.S.], die sie durch ihre Effekte auf das Handeln von Menschen, Gruppen oder Organisationen beeinflussen.“ (ebd.) Somit ist es unerlässlich, den wissenschaftlichen und historischen Kontext von Theorien und Konzepten zu beschreiben und gegebenenfalls zu hinterfragen. Übertragen auf die Analyse der Europäischen Union wird deutlich, dass diese immer eng mit dem tatsächlichen Prozess der euro- päischen Integration verbunden war. Dieser Prozess wurde fortlaufend durch Theoriebildung be- gleitet (vgl. Rosamond 2000: 189-197), wodurch die jeweiligen historischen Kontexte eine wichti- ge Rolle in Theorien europäischer Integration eingenommen haben und einnehmen. In diesem Zusammenhang repräsentiert das Konzept des europäischen Mehrebenensystems eine „new wave of thinking of the EU as a political system“ (Bache/Flinders 2004: 2), in der der Übergang von einer Betrachtung der Europäischen Integration als Prozess hin zu einer Konzep- tualisierung ihrer Struktur manifest wird. Die EU als Regierungssystem eigener Art („sui generis“) ist – wie schon eingangs erwähnt – eines der Resultate der Transformation moderner Demokratien. Das MLG-Konzept beschreibt vor diesem Hintergrund die Funktionsweise und die Systemstruktur des EU-Regierungssystems (vgl. Bache/Flinders 2004: 3) und kann deswegen nicht als klassische Integrationstheorie bezeichnet werden, die auf einer Stufe mit funktionalisti- schen oder intergouvernementalen Denkschulen steht. Oder in kritischeren Worten ausgedrückt: Es ist ein Konzept, das eher eine Beschreibung denn eine Theorie darstellt (Jordan 2001: 201).

13 Der Multi-level Governance Ansatz kann also – wie jedoch noch genauer zu zeigen sein wird – als „sozialwissenschaftliches Konzept“ (Benz et al. 2007: 9) gelten, dass durch seine deskriptive Ausrichtung eine Verbindung verschiedener Integrationstheorien darstellt und über die klassische Dichotomie von intergouvernementalem und supranationalem „Theory-building“ hinausgeht (vgl. George 2004: 107). Trotzdem soll versucht werden, das Konzept in den größeren Kontext des europäischen Theorie- gebäudes einzuordnen. Der MLG-Ansatz erkennt das Bestehen vielfältiger Arenen und Akteure an, zwischen denen Interaktionen stattfinden. Somit sind weder die Mitgliedsstaaten noch supra- nationale Institutionen die hauptsächlichen Akteure in der europäischen Politik. An dieser Stelle soll argumentiert werden, dass das europäische Mehrebenensystem vor allem in der Tradition des institutionalistischen und funktionalistischen Denkens beheimatet ist.12 Institutionen werden hier als „intentional etablierte Ordnungsmuster“ (Schimank 2007: 162) betrachtet, die der Interdepen- denzbewältigung dienen und Akteure prägen und beeinflussen. In seiner Ausprägung als histori- scher Institutionalismus geht er vor allem auf die Rolle historisch gewachsener Institutionen ein, die sowohl aus der Vergangenheit auf gegenwärtige Entscheidungen wirken, als auch Einfluss auf die Ausgestaltung künftiger Institutionen haben und somit starke Pfadabhängigkeiten auf das Handeln von Akteuren ausüben (vgl. Pierson 1998; Hall/Taylor 1996: 10). „Not only do institutions provide strategically-useful information, they also affect the very identities, self-images and preferences of the actors.” (ebd.: 8) Auf die EU angewendet bedeutet dies, dass durch die Struktur des Mehrebenensystems Institu- tionen geschaffen werden, in denen sich die vielfältigen europäischen, nationalen und subnationa- len Akteure bewegen, in wechselnden Konfigurationen zusammenarbeiten und Allianzen mit su- pranationalen Institutionen bilden (vgl. Eising/Lenschow 2007: 327; George 2004: 112). Diese spezifischen Regelungsstrukturen führen zu Pfadabhängigkeiten, die besonders bei der späteren Betrachtung parlamentarischer Verfahren als wichtig zu erachten sind, da sie sich direkt auf das Handeln von Akteuren auswirken (vgl. Mayntz 2005: 13-14; Benz/Broschek 2010: 20). Die Struktur der Mehrebenendifferenzierung innerhalb der Europäischen Union zieht zwei wei- tere Konzepte nach sich, die in den 1990er Jahren etwa zur selben Zeit in der EU-Forschung auf- kamen und bis heute „en vogue“ sind: Europäisierung und Governance. Während ersteres „the process by which distinct structures of governance at the European level affect domestic structures and domestic politics” (Caporaso 2007: 27)

12 Obwohl fraglos auch argumentiert werden kann, dass es gerade eine der Stärken des Konzeptes des Mehrebenensystems ist, dass es die Dichotomie der Integrationstheorien und die „Privilegierung bestimmter Akteurgruppen“ (Börzel 2009: 34) überwinden kann.

14 beschreibt, geht die Governance-Forschung stärker auf konkrete Interaktions- und Koordinie- rungsformen der involvierten Akteure ein. Derweil in der Europäisierungsforschung die jeweili- gen Governance-Konstellationen als unabhängige Variablen betrachtet werden, um nationale Transformationen zu beschreiben (vgl. Kohler-Koch/Rittberger 2006: 38), nimmt diese Arbeit eine umgekehrte Perspektive ein. Die Governance-Perspektive ist somit die Brille durch die Ko- operations- und Interaktionsprozesse zwischen europäischer und nationaler Ebene in der Euro- päischen Bürgerinitiative betrachtet und erklärt werden sollen. Somit zeichnet sich gleich zu Beginn der analytischen Beschäftigung mit dem Thema bereits eines der Probleme MLG-Konzeptes ab: seine Vielschichtigkeit. MLG kann nicht nur als Struktur- merkmal angesehen werden, sondern umfasst ebenfalls politische Prozesse und Koordinations- formen vertikaler und horizontaler Art (vgl. Benz 2007: 298). Durch die analytische Trennung zwischen Mehrebenensystem und Governance soll in diesem Kapitel versucht werden, die strukturel- len- von den prozessualen Merkmalen zu lösen.

3.1 Das europäische Mehrebenensystem An dieser Stelle soll zunächst das europäische Mehrebenensystem als zugrunde liegende Systemstruktur beschrieben werden, das „einen Rahmen für verschiedene Koordinationsmodi“ (Eising/Lenschow 2007: 329) bildet. Mehrebenensysteme finden sich nicht nur in der Europaforschung, sondern auch in den Internationalen Beziehungen und der Föderalismusforschung wieder (vgl. Benz 2010: 111). In der Föderalismusforschung gibt es innerhalb von Systemen des funktionalen Föderalismus13 zwar eigene Forschungsstränge hinsichtlich der Koordinierung zwischen einzelnen Regierungsebenen14, allerdings weisen Mehrebenensysteme trotzdem recht ähnliche Strukturen auf: Sie zeichnen sich aus durch einen hohen Grad an Komplexität und Interdependenzen auf einer vertikalen sowie horizontalen Dimension, was in einer hohen Eigendynamik der Akteure und Abhängigkeiten der jeweiligen vertikalen Instanzen resultiert, die fortan ihre Entscheidungen koordinieren müssen (vgl. Christiansen 1997: 65; Benz 2007: 297). Da es keine Über- oder Unterordnung der einzelnen Ebenen gibt, münden politische Autorität und Hierarchie in sogenannten „intermeshing competencies“ (Marks/Hooghe 2001: 24). Der Mehrebenenansatz

13 Funktionaler Föderalismus, auch Verbundföderalismus, beschreibt die funktionale Verflechtung der verschiedenen Regierungsebenen. Gegenbeispiel ist der amerikanische Dualföderalismus, in dem die einzelnen Ebenen strikt voneinander getrennt sind (vgl. Braun 2004). 14 Diese Herausforderungen des deutschen Föderalismus wurden bereits in den 1970er Jahren von Fritz W. Scharpf in seiner berühmten, später auf die Europäische Union angewandten, „Politikverflechtungsfalle“ beschrieben (vgl. u.a. Scharpf 1978).

15 steht somit klassischen etatistischen Denkweisen gegenüber, denn er „disaggregiert den Staat und fragt nach der Entscheidungsmacht einzelner staatlicher Instanzen“ (Marks 1996: 339). Artur Benz fasst diese Aspekte von Mehrebenenstrukturen wie folgt zusammen: „[...] wenn Befugnisse und Mittel zur Verwirklichung verbindlicher Entscheidungen auf territorial abgegrenzte, zentrale und dezentrale Organisationen aufgeteilt sind“ (Benz 2007: 298). Auf die historischen Genese des Konzepts des europäischen Mehrebenensystems in der EU angewandt wird deutlich, dass dieses mit einem generellen Wandel der Betrachtung der Europäischen Union einherging. Wie bereits beschrieben, folgt der Mehrebenenansatz einem strukturalistischen Leitbild, was bei seinem Aufkommen in den 1990er Jahren das bis dahin herrschende Leitbild der Europäischen Integration als Prozess15 ablöste. Die Gründe hierfür waren vielfältiger Natur: In der Folge des Beschlusses der Einheitlichen Europäischen Akte im Jahr 1987 nahm der Integrationsprozess nach Jahren der Stagnation wieder deutlich an Fahrt auf, was im Abschluss des Vertrags von Maastricht und der Einigung über die Wirtschafts- und Währungsunion gipfelte. Diese neue Dynamik brachte der EU die zunehmende Zuschreibung von Akteurqualitäten und Attributen eines „normalen“ Regierungssystems, was durch die Ausweitung ihrer Politikfelder und die Zunahme von Mehrheitsentscheidungen geschah und die EU immer mehr von einer internationalen Organisation unterschied (vgl. Bache/Flinders 2004: 2-3). Auch lösten die neuen Abstimmungsverfahren eine Neubewertung des Verhältnisses zwischen europäischer und nationaler Politik aus (vgl. Scharpf 1999). Durch diese tiefgehenden Umwälzungen veränderte sich in der EU der Begriff der Souveränität, der nicht länger in direktem Zusammenhang mit (National-)Staatlichkeit gedacht wurde. Durch diese „signifikante Vertiefung“ (Kohler-Koch/Rittberger 2006: 32) wurde es zunehmend interessant, die neuen Strukturen der EU detaillierter zu betrachten. Einen Anfang machte hier Gary Marks mit seiner Studie der Strukturfonds (1992), die die Veränderungen in der EU-Strukturpolitik nach ihrer Reform im Jahr 1988 durch die gleichzeitige Verlagerung von Kompetenzen auf die europäische und auf die subnationale Ebene beschrieb. Seine Ideen wurden in der Folge weiterentwickelt, um allgemeiner auf die Entscheidungsprozesse in der EU eingehen zu können. Die Einführung des Mehrebenenansatzes in die EU-Forschung kennzeichnet „the end of the separate treatment of European and national politics“ (Lenschow 2005: 56).

15 Bis dahin hatten sich Integrationstheorien vor allem dem Prozess und der Entwicklung der europäischen Integration zugewandt und nicht dem Regierungssystem als solchem.

16 Der Mehrebenenansatz trägt also dem Fakt Rechnung, dass sich die Europäische Union dauerhaft „im Werden“ befindet, gleichwohl aber mittlerweile über staatsähnliche Kompetenzen 16 verfügt und deswegen zunehmend als Regierungssystem – wenn auch als ein System eigener Art – wahrgenommen wird. Autorität ist hier nicht mehr allein auf nationalstaatlicher Ebene angesiedelt, sondern es überlappen sich häufig Kompetenzbereiche und eine Vielzahl von Akteuren ist in dauerhaften Verhandlungssystemen eingebunden (vgl. Rosamond 2000: 111). Doch wie genau soll diese so besondere Mehrebenenstruktur definiert werden? Während Gary Marks in einer frühen Definition noch recht allgemein von „a system of continuous negotiation among nested governments at several territorial tiers“ (Marks 1993: 392) spricht, verändert sich der Fokus mit der Zeit hin zu einer stärkeren Beschreibung der miteinander agierenden Ebenen. So beschreibt Wolfgang Wessels die EU als „a system of complex, multi-tied, geographically overlapping structures of governmental and non-governmental élites“ (Wessels 1997: 291), während Artur Benz die Interdependenzen zwischen regionaler, nationaler und europäischer Politik als „general feature of the political system of the EU“ (Benz 2010a: 214) beschreibt. An dieser Stelle soll jedoch die strukturalistische Beschreibung von Hubert Heinelt und Michèle Knodt der Vorrang gegeben werden, um die Komplexität dieser Regierungsstruktur fassen zu können. Das europäische Mehrebenensystem wird fortan verstanden als: „political structure formed by vertically layered territorial political units, which are supplemented by functionally determined political units not bound to territorial levels but rather span across them” (Heinelt/Knodt 2011: 14).

3.2 Europäische Governance Durch die begrenzten eigenständigen Kompetenzen seiner supranationalen Ebene muss das eu- ropäische Mehrebenensystem vor allem auf solche Regierungsmodi rekurrieren, die möglichst viele Akteure in seine Strukturen mit einbindet. Dieser Herausforderung hat sich seit den 1990er Jahren der Governance-Ansatz angenommen und seitdem einen „Siegeszug“ (Benz et. al 2007: 9) in der EU-Forschung angetreten. „Governance“ und ist zu einem „catchword“ (Wallace 2003: 1) sowohl in der akademischen als auch in der politischen Welt geworden, ist aber – ähnlich wie auch der Mehrebenenansatz – „notoriously slippery“ (Peters/Pierre 2000: 7). Aus einer lexikalischen Perspektive betrachtet, bedeutet Governance „the act or manner of go- verning“ (The Concise Oxford Dictionnary 1990: 511).17 Dies macht bereits deutlich, dass es

16 Interessant ist hier die Unterscheidung von Frank Nullmeier (2009) zwischen territorialer und funktionaler Staatlichkeit. Bei dieser verfügt die EU zwar nicht über territoriale aber über funktionale Staatlichkeit. 17 Sprachwissenschaftlich lässt sich „Governance“ zurückführen auf das altgriechische „kybernân“ bzw. das lateinische „gubernare“ (steuern) (vgl. Knodt/Große Hüttemann 2006: 223).

17 nicht ausreicht, Governance allein mit dem Begriff „Regieren“ zu beschreiben, weshalb in der deutschsprachigen Diskussion Begriffe wie „Steuerung“ (u.a. Mayntz 2006) oder „Regieren mit großem R“ (Kohler-Koch 1998) verwendet wurden. Diese Ansätze gingen allerdings einher mit weiteren inhaltlichen Ausdifferenzierungen des Konzeptes, weswegen in dieser Arbeit allein der Begriff „Governance“ verwendet wird. Eine Analyse aus Governance-Sicht ist insofern sinnvoll, da sie sich der Koordination kollektiven Handelns innerhalb des europäischen Mehrebenensys- tems annimmt und besonders diejenigen politischen Prozesse, die territoriale Ebenen überschrei- ten, beschreibt und einordnet. Ebenso wie der Mehrebenenansatz ist Governance keine Theorie, sondern steht als analytisches Konzept für eine Perspektive auf die Realität und untersucht „wie verschiedene Koordinationsformen sowie ihre Kombination bei der Bewältigung der [durch die Mehrebenenstruktur vorgegebenen, L.S.] Interdependenzprobleme funktionieren“ (Benz et al. 2007: 16). In der konkreten Anwendung muss der Begriff „Governance“ allerdings differenziert betrachtet werden, da er von Politikfeld zu Politikfeld und zwischen Mitgliedstaaten und Regionen divergiert (vgl. Rosamond 2000: 110). Neben seinen differenzierten Anwendungsfeldern hat der Gover- nance-Begriff zwei unterschiedliche Hintergründe – aus der Institutionenökonomik und aus der Politikwissenschaft –, die ihn zu einem wissenschaftlichen „Brückenbegriff“ (Schuppert 2005: 373) machen. Es sind auch diese Ambiguitäten, die dazu führen, dass Governance ein mittlerweile umfassend verwendeter Begriff ist. Seine konzeptionelle Verschwommenheit wird in diesem Zusammenhang sowohl als „ambiguous and under-specified“ (Kohler-Koch, Rittberger 2006: 42-43) als auch als „secret of its success“ (Schneider 2004: 25) angesehen. Da es bis heute keine allgemeinverbindli- che Definition von Governance gibt, kann das Konzept als „Werkzeugkasten zur Beschreibung und zum Verstehen kollektiven Handelns“ (Benz et al. 2007: 18) angesehen werden. Im Folgen- den soll der Governance-Begriff eingegrenzt werden, um ihn als sinnvolle Analysekategorie nut- zen und eine Abgrenzung zwischen nationalstaatlichem Regieren und europäischer Governance herzustellen zu können. In der politikwissenschaftlichen Diskussion, auf die sich im Folgenden beschränkt werden soll, steht der Governance-Begriff in der Tradition der Steuerungstheorie, die er in den 1990er Jahren weitestgehend abgelöst hat.18 In der Governance-Forschung werden Regelsysteme und Koordina-

18 Laut Renate Mayntz (2005), einer der Hauptvertreterinnen der Steuerungstheorie (vgl. Mayntz 1987; Mayntz/Scharpf 1995), kann Governance als „Nachfolger“ der Steuerungstheorie angesehen werden, dass das Konzept der Steuerung durch das gemeinsame Interesse an der Regelung kollektiver Sachverhalte aufgegriffen und im Hinblick auf heutige Herausforderungen angepasst und weiterentwickelt hat.

18 tionsprozesse untersucht, die ohne einen Souverän auskommen und die Aspekte der Regelung, Steuerung und Koordination hervorheben (vgl. Eising/Lenschow 2007: 325).19 Governance be- schreibt also die Fokussierung „auf die wachsende Bedeutung nicht-hierarchischer Formen der Koordination von Politik“ (Benz et al. 2007: 16), die in einer stark vernetzten („interconnected“ [Hooghe/Marks 2001: 4]) Umgebung stattfinden. Diese Vernetzung des Politikprozesses bringt es mit sich, dass Entscheidungsfindung auf verschiedenen Ebenen im EU-Regierungssystem stattfindet und nicht mehr ausschließlich an öffentliche Akteure gekoppelt ist. Ebenso ist Politik durch eine stärkere Konsensorientierung sowie einer Zunahme informeller Strukturen gekenn- zeichnet (vgl. Kohler-Koch 2003: 12; Kohler-Koch/Rittberger 2006: 34; Benz 2004: 116). In die- sem Zusammenhang stellt die Gemeinschaftsmethode20 in der Europäischen Union die prakti- sche Umsetzung europäischer Governance dar, da vielfältige institutionelle und informelle Akteu- re in den Politikprozess mit eingebunden und gemeinsam mit verschiedenen Regierungsebenen an der Entscheidungsfindung beteiligt sind. Allerdings gibt es unterschiedliche Ansätze innerhalb der Governance-Forschung. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle sowohl auf den engen als auch den weiten Governance-Begriff einge- gangen werden sowie eine Unterscheidung zwischen Governance als Struktur und Governance als Prozess vorgenommen werden. Der breit gefasste Governance-Ansatz beschreibt die „Ge- samtheit aller nebeneinander bestehenden Formen der kollektiven Regelung gesellschaftlicher Sachverhalte“ (Mayntz 2004: 66). Er bezieht sich also auf alle institutionellen Regelsysteme, ge- nauer gesagt auf „modes of social coordination which influence the behaviour of actors.“ (Bör- zel 2007: 4). Hinsichtlich seiner Struktur umfasst dieser Governance-Begriff zunächst die institu- tionellen Konfigurationen zwischen Akteuren (vgl. Börzel 2008: 63). Diese Muster können drei unterschiedliche Regelungsformen beinhalten: Markt, Staat und Netzwerk. Während sich in der ersten Regelungsform allein private Akteure gegenüberstehen, agieren im Staat ausschließlich öf- fentliche Akteure miteinander. In der Netzwerk-Konfiguration können sowohl rein öffentliche bzw. rein private als auch öffentlich-private Kontakte bestehen (vgl. Börzel 2005: 76). Gover- nance als Prozess geht hingegen auf die Formen der Handlungskoordination und Interaktions- prozesse ein, die auf „(wechselseitige) Verhaltensänderungen der beteiligten Akteure abzielen“ (Börzel 2008: 63): Hier wird unterschieden zwischen hierarchischen und nicht-hierarchischen Formen der Handlungskoordination. Hierarchische Koordinationsmuster können sowohl aus ho-

19 Governance wird hier dementsprechend nicht in seiner normativen Ausprägung, die vor allem mit Begriffen wie „Good Governance“ belegt ist, sondern als empirischer Analysebegriff verstanden. 20 Die Gemeinschaftsmethode repräsentiert das „ordentliche Gesetzgebungsverfahren“ der Europäischen Union, festgeschrieben in Art. 294 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

19 heitlichen Weisungen als auch aus Mehrheitsentscheidungen bestehen, denen sich die jeweilige Minderheit beugen muss. Auf das europäische Regierungssystem angewendet, stellt die Umset- zung von EU-Verordnungen eine hierarchische Form von Governance dar, da die Mitgliedstaaten umsetzen müssen, was innerhalb des europäischen Politikprozesses entschieden wurde.21 Inner- halb des Gesetzgebungsprozesses haben dann aber auch nicht-hierarchische Governance-Formen ihren Raum, was Tanja Börzel (2007; 2008) mit „Verhandlungen im Schatten von Hierarchie“ be- schreibt. Nicht-hierarchische Kontakte bestehen aus Verhandlungen und konsensualen Entschei- dungen, die vor allem – aber nicht nur – in intergouvernementalen Situationen vorkommt (vgl. Börzel 2005: 77). Governance-Prozesse und -Strukturen hängen somit insofern zusammen, als dass Governance-Strukturen die Arenen bilden, in denen Handlungskoordination in Form von Governance-Prozessen stattfindet. Der eng gefasste Governance-Begriff ist klar bezogen auf die Policy-Dimension und wird als spezifische Form „politischer Steuerung“ verstanden (Benz 2004: 18). Er beschäftigt sich mehr mit konkreten Politikinstrumenten (vgl. Eising/Lenschow 2007: 326). Dieser – auch „neue For- men des Regierens“ (Héritier 2003, vgl. auch NEWGOV 2008) betitelte Ansatz – geht stärker auf die direkte Einbindung nicht-staatlicher Akteure in die Formulierung und Umsetzung von politi- schen Entscheidungen ein und betrachtet auf Freiwilligkeit beruhende Mechanismen der Koordi- nierung (vgl. Eising/Lenschow 2007: 331). Hinsichtlich der Prozess-Dimension wird also aus- schließlich auf nicht-hierarchische Formen politischer Steuerung zurückgegriffen (vgl. Börzel 2005: 78). Mit Blick auf die Governance-Struktur dieses eng gefassten Begriffes werden allein Netzwerke zwischen öffentlichen und privaten Akteuren zu den Governance-Formen gezählt. Ein praktisches Beispiel für diese enge Fassung des Governance-Begriffes auf europäischer Ebe- ne ist die Offene Methode der Koordinierung.22 Zwar wird der weite Governance-Begriff oft als zu schwammig und analytisch unscharf beschrie- ben (vgl. Eising/Lenschow 2007: 331); durch seine inklusive Definition erweist er sich aber als nützlich, um die verschiedenen Facetten europäischen Regierens widerzuspiegeln – dem Ziel die- ser Arbeit. Aus diesem Grund wird im Folgenden ein weiter Governance-Begriff verwendet. Da in der vorliegenden Studie untersucht werden soll, inwiefern die Abgeordneten des Deut- schen Bundestages sich Formen von Governance in ihrer parlamentarischen Arbeit bedienen, ist

21 Die Diskussion von VO'en findet natürlich wiederum unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten statt, worauf genauer in Kapitel 4 eingegangen wird. 22 Die Offene Methode der Koordinierung (OMK) wurde in den 1990er entwickelt und beschreibt einen „move from 'hard law' to 'soft law'“ (Mosher/Trubek 2003: 64) durch eine Hinwendung zu zwischenstaatli- chen Abstimmungen, best-practice-Austausch und Benchmarking.

20 es in diesem Zusammenhang besonders wichtig, Governance explizit von klassischen Formen des Regierens abzugrenzen, wie sie beispielsweise in Nationalstaaten – aber auch innerhalb der Europäischen Union – vorkommen. Wie oben bereits beschrieben, ist Multi-level Governance ein Resultat der veränderten Rolle des Staates in einer globalisierten, fragmentierten und komple- xen Welt. Governance stellt demzufolge einen Gegenentwurf zum klassischen Regieren dar und geht auf diese neuen Herausforderungen ein (vgl. Wallace 2003: 1). Das klassische Regieren („go- vernment“) stellt eine strukturierte Hierarchie dar und verfügt über bestimmte Institutionen, die die vielfältigen Belange von Bürgern zu lösen versuchen und Autorität ausüben können (vgl. Ro- senau 2004: 31). Außerdem kann in hierarchischen Regelsystemen „a reasonably clear linkage bet- ween elected officials, public policies and the electorate“ (Peters/Pierre 2006: 31) hergestellt wer- den. Der Governance-Ansatz hingegen betont stärker das „unfertige Element“ der Europäischen Integration und repräsentiert ein breiteres Konzept, da es „any collectivity, private or public, that employs formal as well als informal steering mechanisms“ (Rosenau 2004: 31) umfasst. Somit sind hier die Orte der Autorität und Verantwortlichkeit nicht immer eindeutig festzustellen (Ritt- berger 2010: 247). Den Unterschied zwischen beiden Formen der politischen Entscheidungsfin- dung bringen Kohler-Koch und Rittberger trefflich auf den Punkt: „Governance is thus different from government, the latter stressing hierarchical de- cision-making structures and the centrality of public actors, while the former denotes the participation of public and private actors, as well as non-hierarchical forms of decision-mak- ing.” (Kohler-Koch/Rittberger 2006: 28) In den letzten beiden Zitaten wird deutlich, dass das „klassische Regieren“ – so es dieser weiten Definition unterliegt – als ein Teil von Governance angesehen werden kann, wenn auch als spezi- fische Unterform. In der EU finden sich somit sowohl Formen des Regierens mit hierarchischen Entscheidungen als auch nicht-hierarchische Governance-Netzwerke wieder (vgl. Kohler- Koch/Rittberger 2006: 32), wenn es auch Stimmen gibt, die vor einer Überbewertung von Letz- teren warnen (vgl. Börzel 2007). Wird Governance aber in einem weiten Sinne gebraucht, um- fasst es sowohl klassisches Regieren als auch nicht-hierarchische Governance Strukturen und Pro- zesse, was für diese Arbeit sehr nützlich ist. Abschließend soll jedoch noch auf einige Kritikpunkte am Mehrebenen- und Gover- nance-Ansatz eingegangen werden: Zunächst wird seine deskriptive Ausrichtung kritisiert, da der Mehrebenenansatz nicht über eine konkrete Zielvorstellung oder Finalität der Europäischen Inte- gration verfügt. Hiermit verbunden ist die Kritik, MLG-Ansätze seien durch ihren Fokus auf das Handeln der jeweiligen Akteure, ein „ahistorisches“ Konzept, das zwar das „Wie“ der Interaktio-

21 nen beschreibe, jedoch keine Antwort auf das „Warum“ gebe (vgl. Benz et al. 2007: 20). Diese Punkte mögen zwar formal korrekt sein, sie übersehen allerdings, dass der strukturalistische An- satz des Mehrebenensystems die Finalitäts- oder „Warum-Frage“ der Europäischen Integration durch seine Policy-Perspektive weder erklären kann noch will. Was in der Tat kritisch diskutiert werden kann und sollte, ist, dass Multi-level Governance-Ansät- ze nicht ausreichend auf die demokratische Legitimation ihrer Prozesse eingehen. Denn durch MLG würden Werte des demokratischen Regierens eingetauscht gegen multiple Verhandlungsare- nen, unklare Legitimationsketten und intransparente Entscheidungen im Namen der Effektivität und des Konsenses (vgl. Peters/Pierre 2004: 76, Rittberger 2010: 247). Diese Anforderung, auf der einen Seite effektive Entscheidungen zu treffen, die gleichzeitig aber auch gesellschaftliche Akzeptanz finden sowie demokratisch legitim und transparent sind, ist in Mehrebenensystemen schwer zu vereinbaren (vgl. Benz 2010: 117). Sie stellt eine Herausforderung künftiger Forschung in diesem Feld dar, auf die an dieser Stelle leider nicht detaillierter eingegangen werden kann. Es wurde gezeigt, dass die Europäische Union über einzigartige Systemeigenschaften verfügt, die sie von klassischen Nationalstaaten auf der einen, und Internationalen Organisationen auf der anderen Seite abgrenzen. Sie erfüllt heute wichtige Staatsfunktionen, hat aber trotzdem noch kein Gewaltmonopol und kann keine Steuern erheben (vgl. Jachtenfuchs 2010: 204).23 Diese besonde- re Verteilung institutioneller Konfigurationen, politischer Macht und Politikfelder führt dazu, dass der Prozess des Regierens andere Formen annimmt, als dies in Nationalstaaten der Fall ist. Zusammenfassend kann Governance im Mehrebenensystem also wie folgt beschrieben werden:

„‘Multi-level’ thus signifies the interdependence of actors operating at different territorial levels – local, regional, national, supranational – while ‘governance’ refers to the growing im- portance of non-hierarchical forms of policy-making such as dynamic networks which in- volve public authorities as well as private actors.” (Hooghe and Marks, 2001: 4)

23 Die EU hat nicht das Recht, EU-weite Steuern zu erheben. Sie kann aber in ihrer eigenen Finanzierung auf Zolleinnahmen zurückgreifen, die bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern erhoben werden und die als „Traditionelle Eigenmittel“ direkt in das EU-Budget einfließen. Diese stellen jedoch nur einen geringen Teil der Einnahmen dar und können nicht mit klassischen Steuereinnahmen vergleichen werden. Vgl. http://ec.europa.eu/budget/explained/budg_system/financing/fin_de.cfm

22 3.3 Analysekategorien Um Governance-Prozesse operationalisierbar zu machen, sollen im Folgenden die Analysekate- gorien eingeführt werden, mit denen in der Studie gearbeitet werden wird, um die Europäische Bürgerinitiative genauer in den Blick zu nehmen. Im Gegensatz zu quantitativen Studien, die zu- meist den Unterschied zwischen Strukturen von Governance aufzeigen, die zwischen Markt und Hierarchie oszillieren (vgl. Bähr et al. 2008; Holzinger et al. 2006), werden in dieser qualitativen Einzelfallstudie die konkreten Interaktionsmodi (Governance-Prozesse) in den Blick genommen. Denn:

„[...] neben den durch institutionelle Regeln bedingten Funktionsmechanismen ist die Art und Weise, wie Prozesse in den Ebenen und zwischen Ebenen verbunden sind, relevant“ (Benz 2004: 120). Diese Verbindungsprozesse entscheiden darüber, über welche Spielräume Akteure verfügen, um ihre Interessen durchzusetzen, wobei vor allem interessant ist, ob und inwiefern diese Koordinationsformen zwischen den Akteuren im Politikprozess divergieren und mit wem und in welcher Form Bundestagsabgeordnete sich koordinieren. Um die Mehrebenenaktivität der Abgeordneten und die Vernetzung zwischen deutscher und europäischer Regierungsebene besser herausstellen zu können, wird in der Analyse zwischen einer vertikalen und einer horizontalen Dimension unterschieden. Die vertikale Dimension betrachtet das Zusammenspiel zwischen der deutschen und europäischen Regierungsebene und die horizontale Ebene die Koordination innerhalb des deutschen Regierungssystems. Um einen Einblick in die konkrete Ausgestaltung der Governance-Prozesse im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative zu erlangen, wird zwischen drei Variablen unterschieden, die sich aus der vorangegangenen theoretischen Einordnung herleiten und eine genauere Analyse der Akteure, sowie der Formen der Interaktion ermöglichen sollen. Die Variablen umfassen dementsprechend: Die Koordination im formellen Politikprozess, die Art und Weise der Zusammenarbeit sowie die Akteurkonstellation. Im Hinblick auf die Koordination im Politikprozess wird zwischen hierarchischen und nicht-hierarchischen Formen unterschieden. Während in hierarchischen Modi Entscheidungen wie bereits beschrieben durch hoheitliche Weisung oder Mehrheitsentscheidungen fallen, denen sich die Akteure unterwerfen müssen, werden diese in nicht-hierarchischen Modi durch Verhandeln, Überzeugung oder Wettbewerb getroffen. Verhandeln bezeichnet hier einen Modus „in dem Akteure direkt über Ziele und Interessen kommunizieren, in der Absicht, zu einer Vereinbarung zu gelangen“ (Benz/Dose 2004: 255),

23 Koordination kommt zustande, da gemeinsame Interessen verwirklicht werden müssen. Verhandlungen finden „vor dem Hintergrund feststehender Akteursinteressen“ (Börzel 2008: 65) statt und nehmen die Form des 'bargaining' an. In anderer Ausprägung können ebenfalls Ausgleichs- und Überzeugungsprozesse stattfinden, die wiederum die Form des 'arguing' annehmen. Die Zusammenarbeit der Bundestagsabgeordneten mit Akteuren im deutschen und europäischen Regierungssystem kann weiterhin formelle und informelle Formen annehmen. Diese Unterscheidung soll stärker eine interaktionsorientierte Perspektive einnehmen Formelle Zusammenarbeit wird als kodifizierte Zusammenarbeit verstanden, die sowohl hierarchische als auch nicht-hierarchische Formen annehmen kann (Abstimmung im Bundestag versus Grünbuchkonsultation). Informelle Formen beschreiben Akteurbeziehungen, die über keine vertragliche beziehungsweise gesetzliche Grundlage verfügen. Als letzte Kategorie sollen die jeweiligen Akteurkonstellationen in den Blick genommen werden. Hier wird untersucht, ob die deutschen Abgeordneten bei der EBI vor allem innerhalb rein öffentlicher oder öffentlich- privater Netzwerke kommunizieren.24 Tabelle 1: Analyserahmen Koordination im Form der Akteurkonstellation Politikprozess Zusammenarbeit Vertikale Hierarchische Koordination Formelle Öffentliche Akteure Dimension / (Weisung, Mehrheitsentscheidung) Zusammenarbeit Horizontale Nicht-hierarchische Koordination Informelle Öffentlich-private Dimension (Verhandeln, Überzeugung) Zusammenarbeit Akteure Quelle: Eigene Darstellung, angelehnt an Börzel 2005: 79; 2008: 69). Diese Kategorien sollen, im Anschluss an die empirische Darstellung der Koordination bei der Europäischen Bürgerinitiative, eine Einordnung der Rolle deutscher Abgeordneten im europäischen Mehrebenensystem ermöglichen. Es wird zu untersuchen sein, inwieweit die Parlamentarier die Gelegenheitsstrukturen des Mehrebenenspiels bei der EBI nutzten und wie sie sich auf europäischer und deutscher Ebene einbrachten.

24 Bei klassischen Governance-Ansätzen werden an dieser Stelle auch rein private Netzwerke aufgeführt. Da es sich hier jedoch um eine Analyse öffentlicher Akteure handelt, wurde diese Dimension fallen gelassen.

24 4. From Victims to Competitive Actors?25 Nationale Parla- mente in der EU Ein nicht unerheblicher Teil der nationalstaatlichen Gesetzgebung wird heute durch EU-Ent- scheidungen vorbestimmt, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden müssen.26 Dies verschiebt zunehmend Legislativfunktionen von nationalen Institutionen – und hier vor allem von den na- tionalen Parlamenten – hin zur EU-Ebene; die Parlamente werden also zu „Juniorpartnern“ der europäischen Institutionen (vgl. Beichelt 2009: 244). Das anzustrebende Gleichgewicht zwischen „autonomieschonenden“ und gleichzeitig „gemeinschaftsverträglichen“ Politiken (vgl. Scharpf 2003: 244-247) wird also zunehmend disparat. Im folgenden Abschnitt soll dementsprechend dis- kutiert werden, über wie viel Einfluss nationale Parlamente heute verfügen und wie sie diesen Einfluss ausüben. Hierbei wird mehrstufig vorgegangen: Zunächst werden die formellen europäi- schen Vorgaben zur Einbindung nationaler Parlamente nach dem Vertrag von Lissabon und ihre historische Entwicklung in den Blick genommen, um anschließend auf die formelle und strategi- sche Anpassung des Deutschen Bundestags einzugehen.

4.1 Die Rolle nationaler Parlamente in der Europäischen Union Trotz ihrer zentralen Verortung in modernen Demokratien durch ihre Legislativ-, Kontroll-, Wahl-, Repräsentativ- und Öffentlichkeitsfunktion (vgl. Patzelt 2003) haben nationale Parlamente lange Zeit „kaum Beachtung“ (Maurer 2001: 13) in der Europawissenschaft gefunden. Erst sub- stanzielle Machttransfers von der nationalen auf die europäische Ebene und die Diskussion über die Legitimität europäischen Regierens ab dem Vertrag von Maastricht brachten eine stärkere Fo- kussierung der akademischen Debatte auf die Parlamente mit sich. Im institutionellen Setting der Europäischen Union spielen sie auch heute keine besonders hervorgehobene Rolle, da nationale Parlamente kein direkter Teil des institutionellen Dreiecks der EU sind. Die Parlamente sind aber insofern wichtig, weil sie als Vehikel demokratischer Legitimierung der EU betrachtet werden. Die Diskussion dieses demokratischen Defizits findet ihren Ausdruck im Schlagwort der „Ent- parlamentarisierung“ (vgl. u.a. Börzel 2000; Auel/Rittberger 2006; Goetz/Meyer-Sahling 2008), das im Umkehrschluss auch eine „Exekutivierung“ von Politik beschreibt. In der Betrachtung des

25 Vgl. O'Brennan/Raunio (2007). 26 Die genaue Anzahl der durch die EU vorbestimmten Rechtsakte ist umstritten: Während Herzog/Gerken (2007) davon ausgehen, dass zwischen 1998 und 2004 84% der deutschen Rechtsetzung ihren Ursprung in der EU habe, beziffert Plehwe (2007) diese Anzahl auf nur 30%; ähnliche Zahlen (39,1%) beschreibt Töl- ler (2008), während König/Mäder (2008) nur 25% der Gesetzgebung auf europäische Impulse zurückfüh- ren. Unbestritten ist, dass die Zahlen je nach Politikfeld stark variieren: So ist die Umweltgesetzgebung bei- spielsweise stärker betroffen als Bereiche der inneren Sicherheit (vgl. Töller 2006; 2008).

25 europäischen Regierungssystems wird deutlich, dass zwar immer mehr (sub-)nationale Akteure am europäischen Mehrebenenprozess mitwirken, dies aber auf Kosten der formellen parlamenta- rischen Einbindung stattfindet. Im Prozess der Europäischen Integration konnten somit vor al- lem die Akteure der Exekutive einen Zuwachs von Entscheidungsbefugnissen verbuchen, wo- durch sie lange Zeit eine „Gatekeeper“-Funktion (vgl. Moravcsik 1994) in den nationalen Syste- men innehatten.27 Parlamentarische Kontroll- und Beteiligungsmöglichkeiten wurden gleichzeitig verringert (vgl. Raunio 1999; Raunio/Hix 2000; O'Brennan/Raunio 2007: 1). Dieser exekutive „Brückenkopf“ (Steinhilber 2005: 169) liegt auch in der Struktur der EU begründet: Durch die komplexen institutionellen Arrangements europäischer Governance werden nationale Exekutiven als Entscheidungsarenen begünstigt (vgl. Beichelt 2009: 247; Börzel 2007), während das Europäi- sche Parlament nicht über mit den nationalen Parlamenten vergleichbare Kontroll- und Wahl- funktionen verfügt (vgl. Follesdal/Hix 2006: 535-536).28 In der historischen Betrachtung nationaler Parlamente in der EU können vier Phasen unterschie- den werden (vgl. Norton 1995; zit. nach O'Brennan/Raunio 2007: 9). Die erste Phase (1950er bis 1970er Jahre) war gekennzeichnet von eingeschränkter Mitwirkung und einem geringen Interesse nationaler Parlamentarier an der Europäischen Integration. Dies änderte sich ab Mitte der 1970er Jahre (zweite Phase), als die Parlamente versuchten, Antworten auf die europäische Herausforde- rung zu finden, was durch erste Gründungen von EU-Ausschüssen und durch die Gründung des COSAC29 im Jahr 1989 geschah. Ab dem Vertrag von Maastricht begannen die Volksvertretungen in der dritten Phase, sich verstärkt mit dem demokratischen Defizit der EU zu beschäftigen, in dessen Folge Europaausschüsse in nahezu allen Mitgliedstaaten gegründet und zunehmend ein- flussreicher wurden (vgl. O'Brennan/Raunio 2007: 10). Außerdem wurden mit dem Vertrag von Maastricht nationale Parlamente erstmals offiziell in einer unverbindlichen Deklaration genannt; eine rechtlich bindende Rolle wurde ihnen aber erst durch ein Protokoll zum Vertrag von Ams- terdam zuteil, wo zu einer „stärkeren Beteiligung der einzelstaatlichen Parlamente“ (Europäische Union 1999) aufgerufen und den Volksvertretungen bestimmte Informationsrechte zugesichert

27 Der Ministerrat und große Teile der Kommission bestehen aus Vertretern der nationalstaatlichen Regierungen; auch in Beratungsausschüssen und dem Ausschuss der Regionen sind die Exekutiven überrepräsentiert (vgl. Tömmel 2008: 231). Der Zuwachs von Entscheidungsbefugnissen spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass nationalstaatliche Exekutiven im Rat legislative Funktionen übernehmen (vgl. Beichelt 2011). 28 Trotz einer stetigen Ausweitung seiner Rechte verfügt das Europäische Parlament bis heute nur über eingeschränkte Kontrollrechte gegenüber der Europäischen Kommission; außerdem gibt es noch keine europäischen Wahlen, die über die Zusammensetzung einer europäischen Regierung entscheiden und somit zu einer „contestation for political leadership“ (Hix/Follesdal 2006: 534) führen. 29 Das Akronym COSAC bedeutet „Conférence des Organes Spécialisés dans les Affaires Communautaires“ in dessen Rahmen sich Vertreter der nationalen EU-Ausschüsse halbjährlich treffen.

26 wurden. Trotz dieser Anpassungen waren die Parlamente jedoch bis Ende der 1990er Jahre „Nachzügler der europäischen Integration“ (Maurer/Wessels 2001), denn das „involvement of parliaments in the EU policy-cycle remain[-ed, L.S.] weak and largely reactive“ (Wessels et al. 2003: 433). Eine vierte – von der Autorin hinzugefügte – Phase begann mit dem Verfassungskon- vent im Jahr 2002 und könnte mit „Aktive Teilhabe“ betitelt werden; denn im Konvent setzte sich erstmalig eine Arbeitsgruppe explizit mit der Rolle nationaler Parlamente auseinander.30 Der Vertrag von Lissabon, der auch „Vertrag der Parlamente“ (Abels/Eppler 2011: 17) bezeichnete Nachfolgevertrag des gescheiterten Verfassungsvertrags, erlangte im Dezember 2009 seine Gül- tigkeit und sprach den nationalen Parlamenten erstmals einen „eigenen“ Artikel im Vertrag zu. Sie wurden somit zu einem Teil der „erweiterten Systemstruktur“ (Tömmel 2008a: 143) der EU und erhielten mehr Kontroll-, Informations- und Subsidiaritätskontrollrechte (vgl. Maurer 2011: 43- 44). Insofern haben sich die Parlamente mit der Zeit zu einem festen Bestandteil der MLG- Architektur der EU entwickelt. Der mit dem Vertrag von Lissabon eingeführte „Frühwarnmechanismus“31 erlaubt den Parlamen- ten bereits bei Gesetzesentwürfen der Kommission einen frühzeitigen Hinweis auf die Verlet- zung nationalstaatlicher Subsidiaritätsrechte und reicht bis hin zu einer Subsidiaritätsklage vor dem Europäischen Gerichtshof.32 Weiterhin verfügen die Parlamente jetzt auch über direkte In- formationsrechte gegenüber den europäischen Institutionen, die allerdings „recht diffus“ (Höl- scheidt 2008: 261) bleiben.33 Auch die interparlamentarische Zusammenarbeit zwischen EP und den nationalen Parlamenten wird im Artikel 12 EUV betont (vgl. Vollrath 2011: 188). Somit er- fahren nationale Parlamente im Vertrag von Lissabon durch Subsidiaritätskontrolle, direkte Infor- mation und Kooperation mit dem EP eine signifikante Stärkung. Trotzdem weisen diese zusätzli- chen Rechte den nationalen Vertretungen vor allem eine „kontrollierende bis blockierende Funk- tion“ (Maurer/Vogel 2009: 30) zu. Ihre Inklusion soll primär dazu dienen, die Legitimität euro- päischen Regierens zu erhöhen, weswegen die formelle Rolle nationaler Parlamente stärker auf die Kontrolle europäischer Politik denn auf deren Gestaltung ausgerichtet ist – sie sind mehr „In- tegrationswächter“ denn Politikgestalter (vgl. Sprungk 2011: 211).

30 Dies ist wohl auch großteils der Zusammensetzung des Konvents zu verdanken, in dem 56 der 105 Teil- nehmer nationale Parlamentarier waren (vgl. Hölscheidt 2008: 259). 31 Vgl. Art. 3 Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union sowie Art. 6 Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, AEUV. 32 Vgl. Art. 8, Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, AEUV. 33 Vgl. Art. 12 EUV. Diese direkte Information durch die Institutionen umfasst auch Konsultationsdokumen- te, politische Strategien, Entwürfe zu Gesetzgebungsakten und Vertragsveränderungsverfahren (vgl. Proto- koll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union).

27 So sind – trotz der beschriebenen Verbesserungen im Rahmen der Verfassungsvertragsdebatte, die auch als „Re-Parlamentarisierung“ (Goetz/Meyer-Sahling 2008: 5) begrüßt wurden – die Ver- änderungen durch den Lissabonner Vertrag nur eingeschränkt als positiv zu bewerten. Neben den bereits genannten Mängeln in der Gestaltung und Kontrolle europäischen Regierens führt auch die Ausweitung der – auch als „new mode of Governance“ bezeichneten – Offenen Metho- de der Koordinierung zu einer weiteren Schwächung der Parlamente, da diese außerhalb des regu- lären Gesetzgebungsprozesses stattfindet (vgl. O'Brennan/Raunio 2007; Benz/Broschek 2010; Maurer 2011: 44). Außerdem ist bis heute keine direkte Konvergenz innerstaatlicher Institutionen zu erkennen (vgl. Zier 2005: 332), die einem „Mehrebenenparlamentarismus“ den Weg bereiten könnte: Nationale Volksvertretungen unterscheiden sich teils stark in ihren jeweiligen Antworten auf die Europäische Integration, die immer noch als stark pfadabhängig beschrieben werden kann. Dies betrifft sowohl die institutionellen Arrangements, die im Zuge des Vertrags von Lissa- bon von den nationalen Parlamenten getroffen wurden (vgl. Crespo 2012; Schulz 2012: 33), als auch die politischen Einstellungen der Parlamentarier gegenüber der EU und die Wahrnehmung ihrer eigenen Rolle im europäischen Politikprozess (vgl. Wessels 2005; Kiiver 2007: 76).

4.2 Die institutionelle Einbindung des Bundestags in der Europäischen Integration Um dieser Heterogenität auf den Grund zu gehen, sollen hier die konkreten Antworten des Deutschen Bundestags auf den europäischen Integrationsprozess genauer betrachtet werden. Der Bundestag ist eines der pro-europäischsten Parlamente der EU: Seine Parlamentarier haben mit einer Zustimmung von 80 Prozent mit das höchste Vertrauen in EU-Entscheidungen (vgl. Wessels 2005: 452). Diese empirische Beobachtung unterstreicht einen „permissive consensus“ (Lindberg/Scheingold 1970) in der Europäischen Integration: Im Bundestag überwiegt ein pro- europäischer Konsens, offen anti-europäische Parteien sind im deutschen Parlament nicht vertre- ten (vgl. Auel/Benz 2005: 385-86).34 Die EU wird von den Parlamentariern als vitales Interesse wahrgenommen, was in der Praxis oftmals bedeutet, dass EU-Themen – aufgrund einer „still- schweigenden Zustimmung“ (Laumen/Maurer 2006: 5) der Parlamentarier zum Integrationspro- zess als Ganzem – weniger kontrovers behandelt werden und parteipolitische Auseinandersetzun- gen weniger dominant sind. Formell betrachtet hat der Bundestag, ebenso wie alle anderen euro- päischen Volksvertretungen, an Einfluss verloren (vgl. Töller 2006: 11).

34 Die Fraktion Die Linke wird zwar oft als EU-kritisch beschrieben, sieht die Europäische Union aber als „eine unverzichtbare politische Handlungsebene“ (Die Linke 2011: 66) an, wenn auch die Strukturen der EU grundlegend geändert werden müssten.

28 Dies wiegt in seinem Fall jedoch umso schwerer, da es sich um ein klassisches Arbeitsparlament handelt, das im deutschen Regierungssystem weitgehende legislative Funktionen übernimmt (vgl. Schmidt 2004: 512). Der Bundestag ist ein „powerful legislator“ (Auel 2006: 250; vgl. auch Strel- kov 2012: 12) in einem insgesamt Konsens-orientierten politischen System. Es soll im Folgenden gezeigt werden, dass der Bundestag zwar über weitreichende Kontrollfunktionen und Informati- onsrechte verfügt, seine institutionellen Rechte aber nur in geringem Umfang wahrnimmt. Erst in den 1990er Jahren ist der Bundestag aus seinem „Dornröschenschlaf“ (Schulz 2012: 33) erwacht und hat – auf Initiative des Bundesrates – eine Grundgesetzänderung hinsichtlich seiner verbesserten europapolitischen Einbindung angestoßen (vgl. Sprungk 2005: 135). Diese ist seither in Art. 23 GG festgehalten und wird in verschiedenen Begleitgesetzen konkretisiert. Die europa- politische Einbindung des BT ist an drei Punkten festzumachen: Erstens, der frühestmöglichen Unterrichtung des Bundestags durch die Bundesregierung (Art. 23 Abs. 2 GG). Hiermit soll das Handeln der Bundesregierung im europäischen Mehrebenensystem an jeder institutionell vorge- sehen Stelle sichtbar gemacht werden (vgl. Beichelt 2009: 248). Zweitens, die Möglichkeit einer Stellungnahme des Bundestags gegenüber der Bundesregierung (Art. 23 Abs. 3 GG) sowie drittens die Berücksichtigung dieser Stellungnahme bei den Ratsverhandlungen (ebd.). Diese Stellungnahme bedeutet zwar keine rechtliche Bindung der Bundesregierung, die Forschung ist sich aber einig, dass es sich hierbei de facto um eine politische Bindung handelt. Spezifiziert wurden die Bestim- mungen des Grundgesetzes im Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG). Die Unterrichtung des Bundestags nimmt eine prominente Rolle ein, auch da Informationen als „key factor in shaping the relations between the government and the parliament“ (O'Brennan/Raunio 2007: 7) angesehen werden können. Aus diesem Grund wurde im Zuge der Verfassungsvertragsdebatte im Jahr 2006 eine interinstitutionelle Vereinbarung verabschiedet, die zum Ziel hatte, die Mitwirkungs- und Kontrollrechte des Bundestags durch einen verbesserten Informationsfluss zu stärken (vgl. Beichelt 2009: 256). Demzufolge werden heute zum Beispiel auch Drahtberichte aus den Ratsarbeitsgruppen an den BT weitergeleitet. Außerdem wurde im Bundestag mit dem Referat PA1 ein Europareferat geschaffen, das über Büros in Brüssel und Berlin verfügt und in dem Mitglieder des wissenschaftlichen Dienstes und der Fraktionen vertre- ten sind. Das Referat soll für einen direkten und unabhängigen Informationsfluss aus Brüssel in den Bundestag sorgen und spielt heute eine wichtige Rolle in der Information der Parlamentarier (vgl. Schulz 2012: 247).

29 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die „Integrationsverantwortung“ des Bun- destags im Nachgang der Verabschiedung des Vertrags von Lissabon im Jahr 2009 zog weitere Gesetze nach sich, unter ihnen das Integrationsverantwortungsgesetz (IntVG) sowie eine Anpas- sung des EUZBBGs. Im IntVG wurden insgesamt 25 Änderungsverfahren festgelegt, an denen der Bundestag beteiligt werden muss (vgl. Hölscheidt et al. 2009: 771), unter anderem die Ratifi- kation neuer Souveränitätstransfers – auch durch Passerelle-Klauseln – sowie das konkrete Proze- dere bei einer Subsidiaritätsrüge. Obwohl die Vereinbarungen seit dem Jahr 2006 als „Bausteine“ einer weiteren Verbesserung und Stärkung des Bundestags angesehen werden (vgl. Beichelt 2009: 270), bleiben dennoch Herausforderungen bestehen: Auf institutioneller Ebene ist es als proble- matisch zu bewerten, dass Stellungnahmen des Bundestags aufgrund fortwährender Verhandlun- gen im europäischen Mehrebenensystem meist erst dann eingebracht werden können, wenn Bera- tungen schon abgeschlossen oder in einer neuen Runde angelangt sind (vgl. Auel 2006; Höl- scheidt 2008). Außerdem besteht weiterhin keine Pflicht zur Informationsbeschaffung seitens der Bundesregierung (vgl. Beichelt 2009: 254), wie es in nationalen Systemen durch kleine oder Große Anfragen möglich ist. Eine weitere Säule der europapolitischen Arbeit des Bundestags und „zentraler Ort des europa- politischen Entscheidungsprozesses“ (Benz/Broschek 2010: 9) ist seit 1994 der Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union35. Der EU-Ausschuss36 ist einer der wenigen Ausschüs- se des BT mit Verfassungsrang (Art. 45 GG) und soll die im Grundgesetz genannten europa- politischen Mitwirkungsrechte wahrnehmen. Der Ausschuss kann außerdem Stellungnahmen (Art. 23 Abs. 3 GG) im Namen des Plenums verfassen.37 Durch seine Zusammensetzung aus 35 Mitgliedern des Bundestags (MdB) und 16 nicht-stimmberechtigten Mitgliedern des EP38 ist er ei- ner der größten Ausschüsse des Bundestags. Er ist ein klassischer Querschnittsausschuss, in dem konstitutionelle Grundsatzfragen der EU diskutiert werden. Die Umsetzung von EU-Themen mit konkretem Sachbezug liegt jedoch bei den jeweiligen Fachausschüssen. Somit ist der Aus- schuss für die großen integrationistischen Fragen zuständig; durch die pro-europäische Grund- stimmung des Bundestags wird seine Arbeitsweise zumeist als Konsens-orientiert beschrieben (vgl. Töller 2006: 15).

35 Der Ausschuss bestand vorher schon unter verschiedenen Namen, hat aber erst im Nachgang der Ratifizierung des Maastrichter Vertrags sein heutiges Design und Aufgaben zugewiesen bekommen. 36 Laut Eigenbezeichnung des Bundestags soll im Folgenden die Bezeichnung EU-Ausschuss verwendet werden, vgl. http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a21/aufgaben_und_arbeit/index.html (letzter Zugriff: 27.7.2012). 37 Von dieser Möglichkeit hat der Ausschuss seit seinem Bestehen allerdings noch keinen Gebrauch gemacht (vgl. Brosius-Linke 2009: 733). 38 Die Zahlen beziehen sich auf die 17. Legislaturperiode.

30 Insgesamt hat der Bundestag versucht, seine verlorene Macht durch zusätzliche Informations- und Kontrollrechte auszugleichen. Die beschriebenen formellen Bestimmungen ermöglichen eine relativ starke Kontrollposition vis-à-vis der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäi- schen Union (vgl. Karlas 2012): Umfassende Informationen, ein EU-Ausschuss, der die Europa- politik der Bundesregierung begleitet und durch die Anhörung von Experten oder dem Verfassen von Stellungnahmen kontrollieren kann sowie die Möglichkeit, die Bundesregierung durch Stel- lungnahmen de facto zu binden. Dieser formell starken Rolle zum Trotz wird empirisch immer wieder deutlich, dass die Parlamentarier ihre Prüfrechte nur unzureichend nutzen. Bei vielen eu- ropapolitischen Themen werden keine Stellungnahmen oder auch nur Beschlussempfehlungen verabschiedet, außerdem werden EU-Themen selten explizit im Plenum diskutiert (vgl. Auel/Rittberger 2006: 135; Auel 2006: 254-255; Beichelt 2009: 226).39 Diese „Adaption zur Ko- operation statt Konfrontation“ (Maurer 2002: 231) liegt im deutschen Regierungssystem begrün- det, in dem ein „generalisiertes gegenseitiges Vertrauen“ (Beichelt 2009: 250) zwischen der Mehr- heitskoalition im Bundestag und der Bundesregierung herrscht, die mehr eine Unterstützung der Regierung denn eine Kontrollinstanz darstellt (vgl. Benz/Broschek 2010: 9). Außerdem bedeutet das Verfassen einer Stellungnahme des Bundestags auch, dass die Bundesregierung wenig Spiel- raum in den Ratsverhandlungen hat und Gefahr laufen kann, überstimmt zu werden, was im Zweifel auch den Interessen des Parlaments widerspricht (vgl. Auel 2006; Auel/Benz 2004). Die- ses Dilemma der Kontrolle einerseits und der Ermöglichung von Verhandlungsspielraum ande- rerseits ist bedingt durch die Komplexität des deutschen Regierungssystems sowie des europäi- schen Mehrebenensystems gleichermaßen. Weitere Gründe für die formelle Passivität der MdBs sind auch die geringe Attraktivität europapolitischer Themen, da Wahlen immer noch mit innen- politischen Themen gewonnen werden und die Verbindung von geringer medialer Aufmerksam- keit mit hoher Komplexität der meisten EU-Dossiers (vgl. Beichelt 2009: 263; Auel/Raunio 2012: 14). Diese Anreize ihre formellen Rechte nicht wahrzunehmen bringen es mit sich, dass die Parla- mentarier zunehmend auf informelle Wege rekurrieren, um ihre Interessen durchzusetzen.

39 Eine Ausnahme sind hier sicherlich die Debatten im Rahmen der Eurokrise, ebenso wie einige wenige europapolitische Kontroversen wie beispielsweise die Dienstleistungsrichtlinie.

31 4.3 Strategische Antworten auf den legislativen Machtverlust „One has to look beyond the formal institutions and take the strategies into account, which parliamentary actors develop to deal with the power or lack thereof.“ (Auel/Benz 2005: 388) Lange Zeit hat sich die Betrachtung nationaler Parlamente in europapolitischen Fragen auf deren Kontakte gegenüber der eigenen Regierung bezogen (vgl. bspw. Maurer 2002; Töller 1995). Die Aktivitäten der Abgeordneten im europäischen Mehrebenensystem, unter anderem durch For- men der strategischen Einflussnahme,40 werden erst seit einigen Jahren genauer unter die Lupe genommen. Grund für diese „mikropolitischen Anpassungsstrategien“ (Benz 2004b: 2) sind so- wohl die Suche nach direkten und unabhängigen Informationsquellen als auch der Versuch, di- rekten Einfluss auf Politikentscheidungen zu nehmen (vgl. Sprungk 2011: 216). Hierbei kann zwischen drei Strategien unterschieden werden: Die Herstellung von Öffentlichkeit; informeller Kooperation auf einer horizontalen Ebene sowie vertikalem By-passing der Exekutive. Im Bundestag überwiegen Strategien der informellen Kooperation und des By-passings. Bei der jeweiligen Strategiewahl wird außerdem zwischen Regierungs- und Oppositionsakteuren unter- schieden, da die Parlamentarier diejenige Strategie wählen, die ihnen am meisten Nutzen und Ein- fluss verspricht (vgl. Auel/Benz 2005; Auel 2004; 2006; Kohler-Koch 2004). Da Mehrheitsfrak- tionen über einen direkten Zugang zur Regierung verfügen, nutzen sie zumeist informelle Wege im deutschen Regierungssystem im Rahmen von Fraktions- oder Arbeitsgruppensitzungen, um die Position der Bundesregierung direkt zu beeinflussen. Oppositionsakteure haben diese Mög- lichkeit nicht und nutzen vielmehr das By-passing, indem sie versuchen durch direkte Kontakte zu anderen Mitgliedsstaaten oder zu europäischen Institutionen die benötigten Informationen zu erhalten oder Einfluss auszuüben (vgl. Auel 2006: 261-263). Der Zugang zu direkten und unab- hängigen Informationen wird von allen Akteuren zumeist durch informelle Kontakte zu anderen MPs, MEPs oder europäischen Institutionen hergestellt, die dazu dienen die Regierung zu kon- trollieren oder europäische Entscheidungen zu beeinflussen (vgl. Auel/Benz 2005: 386). Trotz intensivierter Kontakte wird diese strategische Anpassung unterschiedlich bewertet: Einer- seits wird betont, dass informelle Mechanismen es den Abgeordneten erlauben, Einfluss auf EU- Entscheidungen auszuüben und sich ans europäische Mehrebenensystem anzupassen (vgl. Abels/Eppler 2011: 28; Sprungk 2011: 222; Auel 2006: 262-63). Andere Stimmen schätzen den Erfolg dieser direkten Aktivitäten als eher gering ein, was auf die Vielzahl der Akteure und Inter- essen im europäischen Mehrebenensystem und die geringe Priorisierung interparlamentarischer

40 Diese Strategien werden auch als „attitudnial“ beziehungsweise „behavioural adoption“ beschrieben (vgl. Tömmel 2006; Auel 2006).

32 Kooperationen vonseiten nationaler Abgeordneter zurückgeführt wird (vgl. Benz/Broschek 2010; Kiiver 2006; Raunio 2009). Vor dem Hintergrund dieser informellen Strategien bietet das europäische Mehrebenensystem allerdings eine Gelegenheitsstruktur, die es den parlamentari- schen Akteuren durch informelle und nicht-hierarchische Modi ermöglicht, Einfluss auf europäi- sches Regieren zu nehmen (vgl. Rittberger 2010: 242). Folglich wählen die Parlamentarier diejeni- gen Strategien, die ihnen am meisten zielführend erscheinen. Hierdurch können die Abgeordne- ten die Regierung umgehen, indem sie direkt auf europäischer Ebene aktiv werden (vgl. O'Bren- nan/Raunio 2007: 4). Die Exekutive ist im Mehrebenensystem also nur noch ein bedingter Gate- keeper: Ihre Dominanz wurde zwar nicht gebrochen (Sprungk 2005: 149), nationale Parlamente können aber eigene – strategische – Akzente setzen und als Akteur in der europäischen Gover- nance-Struktur in Erscheinung treten. Dieses geht allerdings einher mit einer gewissen Deinstitu- tionalisierung der Entscheidungsfindung, da die Abgeordneten zunehmend informell und hinter verschlossenen Türen an der Willensbildung mitarbeiten (vgl. Kohler-Koch 2004: 18; Benz/Auel 2005: 390). Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass nationale Parlamente im europäischen Mehrebenen- system insgesamt an legislativem Einfluss verloren haben. Zwar hat der Bundestag institutionelle Rechte hinzugewonnen, diese können aber durch die politischen und institutionellen Realitäten nur begrenzt als Instrumente der Kontrolle und Politikgestaltung genutzt werden. Aus diesem Grund wird zunehmend ein Rückgriff auf informelle, „strategische“ Instrumente zur Informati- on und Interessendurchsetzung vonseiten der Parlamentarier festgestellt. Nationale Parlamentari- er unterliegen einem Wandel ihrer Funktionen auf EU-Ebene und werden zunehmend zu „Inte- grationswächtern“ und „Netzwerkern“ (vgl. Sprungk 2011).

33 5. Die Europäische Bürgerinitiative Die Europäische Bürgerinitiative ist ein Dossier, das im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art 294 AEUV) auf EU-Ebene beschlossen wurde. Formell betrachtet unterlag die Verord- nung 211/2011, die im Folgenden als EBI-Verordnung bezeichnet werden wird, also keiner unionsrechtlich geforderten Zustimmung des Deutschen Bundestags (vgl. Niedobitek 2011: 159). Trotzdem haben sich die deutschen Abgeordneten proaktiv an der Verordnungsdiskussi- on beteiligt, da das Dossier als „klassisches parlamentarisches Thema“ (1/SPD) wahrgenom- men wurde. An dieser Stelle soll das Dossier überblicksartig vorgestellt werden, auch um seine Relevanz als „integrationistisches“ Dossier zu verdeutlichen. Weiterhin soll auf die wichtigsten politischen Positionen und die formelle Behandlung im Deutschen Bundestag eingegangen werden.41

5.1 Die Bürgerinitiative als integrationistisches Dossier Die Europäische Bürgerinitiative ist das weltweit erste transnationale Element partizipativer Demokratie und eine der bedeutenden Neuerungen des Vertrags von Lissabon (EUV). Die In- itiative soll die Union ihren Bürgerinnen und Bürgern näher bringen und versuchen dazu bei- zutragen, die Legitimität europäischen Regierens zu erhöhen. Eine Bürgerinitiative kann mit der Unterstützung von einer Million EU-Bürgern aus mindestens sieben Mitgliedstaaten die Europäische Kommission zu einem Rechtsakt auffordern. Dies bedeutet, dass es sich nicht um ein klassisches Instrument direkter Demokratie handelt, sondern dass die EBI allein eine Agenda-Initiative ist (vgl. Cuesta-López 2012: 8), mit der die Kommission zu einem Rechtsakt aufgefordert werden kann.42 Hierdurch wird „weder das Initiativmonopol der Kommission be- schnitten, noch die Bürger am eigentlichen Rechtsetzungsverfahren beteiligt“ (Knaut/Plottka 2012: 86). Die Initiative kann aber trotzdem als „Nukleus direkter Demokratie auf EU- Ebene“ (Kaufmann/Plottka 2012: 13) verstanden werden, denn direkte Teilhabe43 und reprä- sentative Demokratie werden auch auf EU-Ebene zunehmend als komplementäre Strategien verstanden (vgl. Cuesta-López 2012: 24). Die EBI besteht somit aus einer Verbindung von partizipativen (die Bürger als Agendasetter) und repräsentativen Elementen (die Kommission als Entscheidungsträger). Dementsprechend behandelt Artikel 11 des Vertrags von Lissabon

41 Der folgende Abschnitt orientiert sich an Selle 2012. 42 Dieses Recht hat seit Langem schon der Rat (vgl. ursprünglich Art 152 EWG-Vertrag; heute Art. 241 AEUV) und seit dem Maastrichter Vertrag auch das Europäische Parlament (vgl. Art 225 AEUV). 43 Beispielsweise durch die EBI oder andere Formen partizipativer Demokratie, wie etwa die Konsultationen der Kommission zu Grün- und Weißbüchern.

34 nicht nur die Zusammenarbeit mit repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft, son- dern spricht in seinem vierten Absatz alle Bürgerinnen und Bürger an: „Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Europäische Kommission auffor- dern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen.“ Nicht nur aus dieser offensichtlich inhaltlichen, sondern auch aus einer formellen Perspektive kann die EBI als ein „integrationistisches“ Dossier beschrieben werden: Bei ihr handelt es sich erstens um ein Gesetzesvorhaben mit einem in der Sache ausschließlichen EU-Bezug. Im Ver- trag von Lissabon wurde die EBI in den Titel II des EUV „Bestimmungen über die demokra- tischen Grundsätze“ aufgenommen und ist somit zweitens ein Dossier mit einem gewisserma- ßen konstitutionellen Rang in der Europäischen Union. Durch die Bürgerinitiative werden dementsprechend neue, gemeinsame Regeln geschaffen, die eine stärkere demokratische Ver- ankerung der gesamten Union zu Ziel haben. Die mitgliedstaatlichen Implikationen, beispiels- weise auf Fragen nationaler Souveränität oder nationaler Regelungsbereiche, beschränken sich drittens allein auf die Einsetzung einiger weniger technischer Systeme durch die Mitgliedstaa- ten, wodurch eine genuine EU-Steuerung des Prozesses unterstrichen wird. Weiterhin sind es, im Hinblick auf den nationalstaatlichen parlamentarischen Prozess, viertens die Politiker des EU-Ausschusses, die federführend für das Dossier zuständig waren. Diese „integrationistische“ Ausrichtung des EBI-Dossiers wurde im Gesetzgebungsverfahren noch unterstrichen durch einen, nun näher zu beschreibenden, nahezu idealtypischen EU- Politikprozess. Die Ausgestaltung von Art. 11 Abs. 4 wurde einer Verordnung überlassen, mit deren Ausarbeitung mit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags im Dezember 2009 begonnen wurde. Hierin waren bereits die inhaltlichen Eckpunkte vorgegeben, sie ließen aber trotzdem noch viel Handlungs- und Interpretationsspielraum. Durch seine Form als Verordnung hatte der Rechtsakt allgemeine und in jedem Mitgliedstaat unmittelbare Geltung (vgl. Art 288 AEUV). Das institutionelle Dreieck – bestehend aus Europäischer Kommission, Rat und Eu- ropäischem Parlament – führte den Gesetzgebungsprozess an. Auf europäischer Ebene be- gann der Politikprozess mit einer Grünbuchkonsultation im November 2009, an der sich mehr als 300 Personen und Organisationen beteiligten und der somit ein großes zivilgesellschaftli-

35 ches Interesse widerspiegelt.44 Ein erster Verordnungsentwurf wurde im März 2010 durch die KOM vorgelegt, der in der Folge vom Rat für Allgemeine Angelegenheiten und dem Europäi- schen Parlament bearbeitet wurde. Nach einem interinstitutionellen Kompromiss wurde die EBI-Verordnung im Februar 2011 beschlossen und im März 2011 im Amtsblatt der Europäi- schen Union veröffentlicht (vgl. Europäische Union 2011). Allerdings ist die Verordnung erst am 1. April 2012 in Kraft getreten, um den Mitgliedstaaten Zeit für die Durchführungsgesetz- gebung zu lassen. Im Hinblick auf den Prozess der Verordnungsdiskussion handelte es sich also um einen ungewöhnlich schnellen Gesetzgebungsprozess, der von der Veröffentlichung des Grünbuches bis zum Inkrafttreten der Verordnung nur zweieinhalb Jahre in Anspruch ge- nommen und eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Akteure in seinen Prozess eingebunden hat.45 Auf mitgliedstaatlicher Ebene war das Auswärtige Amt für die Bundesregierung im Rahmen der Ratsdiskussion an dem Dossier beteiligt, die Durchführungsgesetzgebung wurde durch das Bundesministerium des Innern (BMI) angeführt. Im Deutschen Bundestag war der EU-Aus- schuss federführend mit der Verordnung befasst und hat hier die inhaltliche Ausgestaltung der Verordnung begleitet. Die Regierung wurde in der Verordnungsdiskussion nicht formell durch eine Stellungnahme an eine bestimmte Verhandlungsposition gebunden, die entsprechenden Anträge der Fraktionen Die Linke (2010), Bündnis 90/Die Grünen (2010) und SPD (2010) wurden von den Mehrheitsfraktionen abgewiesen. Beim Durchführungsgesetz, über das am 15. Dezember 2011 abgestimmt wurde, war der Innenausschuss des Bundestags mit der EBI befasst. Zwar waren die meisten politischen Diskussionen und Prozesse mit dem Beschluss der Verordnung auf europäischer Ebene eigentlich abgeschlossen, im deutschen Fall führte je- doch der Plan des federführenden BMI, die EBI für ihre Initiatoren kostenpflichtig zu machen zu einer zivilgesellschaftlichen Mobilisierung unter der Federführung des Grünen-Abgeordne- ten . Die EBI war, aus einer rein quantitativen Perspektive, ein aktiv rezipiertes europapolitisches Dossier im Deutschen Bundestag. Vergleicht man die Stellungnahmen zur EBI mit der allge- meinen Aktivität des Parlaments in EU-Fragen, wird deutlich, dass in der 17. Legislaturperiode bis September 2011 insgesamt 41 Stellungnahmen gemäß Art. 23 Abs. 3 GG im Bundestag be- handelt wurden (vgl. Vollrath 2011: 185) – drei von ihnen betrafen wie bereits beschrieben die Europäische Bürgerinitiative. Da im selben Zeitraum insgesamt 42 Verordnungen oder Richtli-

44 Die Grünbuchkonsultation fand statt zwischen dem 11. November 2009 und 31. Januar 2010, an ihr beteiligten sich 329 Individuen, Organisationen und Behörden (vgl. Europäische Kommission 2010: 2). 45 Wobei hier die Responsivität der zivilgesellschaftlichen Einbindung infrage zu stellen ist, da diese in der Verordnungsdiskussion eine geringere Rolle spielte als noch im Verfassungskonvent (vgl. Adler 2012).

36 nien beschlossen wurden, ist diese Aktivität nicht bei allen Verordnungen oder Richtlinien der Fall. Die Parlamentarier haben bei der Europäischen Bürgerinitiative also aktiv ihre parlamen- tarischen Rechte genutzt, trotzdem dieses Dossier nicht im direkten Fokus der medialen oder parlamentarischen Öffentlichkeit stand.46 Denn trotz dieser vergleichsweise aktiven Einbin- dung der Abgeordneten stand die EBI nicht sonderlich weit oben auf der parlamentarischen Agenda. Dies ist unter anderem daran zu erkennen, dass bei drei der vier Beratungen im Bun- destag die Reden nur zu Protokoll gegeben wurden (vgl. Deutscher Bundestag 2010a und 2011a/b), außerdem war das Dossier zumeist recht weit hinten auf den Tagesordnungen posi- tioniert.

5.2 Positionen und Interessen der Akteure Im Prozess der Verordnungsdiskussion stellte sich – sowohl auf deutscher als auch europäi- scher Ebene – keine politische Opposition gegen das Instrument der Bürgerinitiative an sich. Politische Konflikte betrafen vielmehr die konkrete Ausgestaltung des Instruments. Von allen beteiligten Institutionen wurde die Nutzerfreundlichkeit als wichtigstes Ziel im Umsetzungs- prozess der EBI bezeichnet. Diese – zunächst rhetorische – Bewertung wurde in der Debatte von jedem beteiligten Akteur verwendet und kam fast schon einem Allgemeinplatz nahe, was vom damaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt durch die Bezeichnung der EBI als „unter dem Gesichtspunkt der political correctness ganz wichtiges Instrument“ (vgl. Weingärtner 2010) noch unterstrichen wurde. Trotz dieser recht ähnlichen Rhetorik können im Rahmen der Verordnungsdiskussion auf al- len beteiligten Regierungsebenen verschiedene Interessen und Positionen unterschieden wer- den. Auf EU-Ebene nahm die Europäische Kommission die zurückhaltendste Position ein und betonte vor allem das „Unionsinteresse“ (Europäische Kommission 2009a: 4), dem Bür- gerinitiativen entsprechen müssten sowie den Schutz des kommissionseigenen Initiativrechts. Diese skeptische Position äußerte sich in einem eher zurückhaltenden Verordnungsentwurf, der recht hohe Hürden bei der Durchführung einer Bürgerinitiative vorsah (vgl. Europäische Kommission 2010a; Kammel/Möller 2010). Demgegenüber war das Europäische Parlament die der EBI am positivsten gesonnene EU- Institution. Das EP hat sich von Beginn an sehr intensiv mit dem Dossier beschäftigt 47 und 46 Die Öffentlichkeit nahm mehr Notiz von der erstmaligen Nutzung eines iPad's durch den MdB denn vom Thema der EBI, vgl. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1210593 (letzter Zugriff: 18. September 2012). 47 Die Berichterstatter des Petitionsausschusses schrieben sogar, „dass es in der Geschichte der Tätigkeit des Parlaments nie zuvor eine so umfassende und offene Debatte über einen Vorschlag für eine Verordnung

37 sich für möglichst geringe Hürden eingesetzt. Hierin war das Parlament auch durchaus erfolgreich, denn es konnte weitreichende Vereinfachungen gegenüber der Kommissionsposition und der des Rates durchsetzen. Diese Vereinfachungen wurde erreicht durch die Herabsenkung der Anzahl der beteiligten Mitgliedstaaten bei einer Antragstellung von einem Drittel auf ein Viertel, einer vereinfachten Zulässigkeitsprüfung bei der Einreichung einer EBI, der Möglichkeit einer informellen Beratung von Initiatoren durch die Kommission sowie die Anhörung erfolgreicher Initiativen durch Kommission und Parlament. Das Parlament hatte somit durch seine aktive Rolle einen großen Einfluss auf das endgültige Design der Verordnung. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten, der vonseiten der Mitgliedstaaten mit dem Dossier befasst war, nahm eine Position zwischen Kommission und Parlament ein. So setzte er sich zwar für eine vereinfachte Zulässigkeitsprüfung ein, bestand aber auf restriktiveren Bedingungen hinsichtlich der Zeichnung von Initiativen und einer thematischen Eingrenzung von Initiativen allein auf die Kompetenzen der Kommission (vgl. Rat 2010: 14; Rat 2010a). Der Rat befasste sich vorrangig mit solchen Themen, die für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten wichtig waren, wie beispielsweise die Zertifizierung von Unterschriften und Online-Sammelsystemen. Insgesamt spiegeln die Positionen der europäischen Institutionen also deren jeweilige institutionelle Rollen und die damit verbundenen Interessen wider, wobei der Rat und die Kommission zurückhaltendere Positionen vertreten haben als das Europäische Parlament (vgl. Adler 2012: 63). Auch im deutschen Regierungssystem wurden divergierende Interessen deutlich: Die Bundes- regierung beziehungsweise das in dem Dossier federführende Auswärtige Amt nahm bei der EBI ebenfalls eine recht zurückhaltende Rolle ein. Die Regierung setzte sich im Rat zunächst dafür ein, die Angabe von Passnummern für die Zeichner von Initiativen als obligatorisch fest- zulegen, wovon im Laufe der Verhandlungen allerdings abgesehen und einer jeweils national- staatlichen Regelung zugestimmt wurde. Weitere wichtige Themen waren für die Bundesregie- rung solche, die in den Mitgliedstaaten geregelt werden würden, wie beispielsweise die Ausge- staltung der Online-Sammlung von Unterstützungsbekundungen und die innerstaatliche Um- setzung der Verordnung (vgl. Auswärtiges Amt 2010; Deutscher Bundestag 2010). Die Regie- rung unterstützte den Vorschlag der KOM ein Drittel der Mitgliedstaaten als „erheblich“ zu definieren und eine Zulässigkeitsprüfung erst nach 100.000 Unterschriften durchzuführen. Im Bundestag lag durch die allgemein positive Besetzung der EBI, sowohl als „klassisches par- lamentarisches Thema“ (1/SPD) und als einfach zu vermittelndes europapolitisches Dossier

gegeben hat.“ (Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments 2010: 3).

38 ebenfalls der rhetorische Schwerpunkt aller Fraktionen auf einer bürgerfreundlichen Ausge- staltung. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützte die EBI vor allem auf Grundlage des Kommissionsvorschlages, da gewisse Hürden nötig seien, um Missbrauch bei diesem In- strument zu vermeiden (vgl. Holmeier 2010). Außerdem wurde betont, die Bürgerinitiative könne nur eine Ergänzung zur repräsentativen Demokratie sein (vgl. Dörflinger; Holmeier 2010). Dies kann mit einem gewissen Spannungsverhältnis innerhalb der Unionsfraktion er- klärt werden: Durch die Ablehnung direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene stellte die EBI an sich zwar kein kontroverses Thema in der Fraktion dar, wurde aber eher verhalten unterstützt (vgl. 1/CDU/CSU). Die FDP-Fraktion strebte eine Balance zwischen Effektivität und Nutzerfreundlichkeit einerseits und dem Schutz vor Missbrauch durch Unternehmens- oder Verbandsinteressen andererseits an (vgl. Ruppert 2010). Dies ging einher mit der Forde- rung nach einer möglichst frühen Zulässigkeitsprüfung bei Einreichung der Initiative sowie ei- nem Viertel der Mitgliedstaaten, in denen Unterschriften gesammelt werden müssten. Es wird also deutlich, dass auch innerhalb der Regierungskoalition durchaus divergierende Positionen existierten; während die CDU/CSU-Fraktion vor allem die Position der Regierung unterstütz- te, lag die FDP in diesem Dossier vielmehr auf der Linie des Europäischen Parlaments. Für die SPD-Fraktion stellte die Bürgerinitiative auch insofern ein wichtiges Thema dar, da das Dossier maßgeblich durch einen SPD-Abgeordneten in den Konvent zur Zukunft Europas eingebracht und dort auch durchgesetzt wurde.48 Im Interesse der Sozialdemokraten lag eine möglichst unbürokratische Ausgestaltung der Initiative, die Ausdehnung des Zeitraums für die Unterschriftensammlung auf 18 Monate in nur einem Viertel der Mitgliedstaaten, die Teilnah- me an einer EBI nicht von der Staatsangehörigkeit, sondern vom Wohnort abhängig zu ma- chen sowie eine möglichst einfache technische Umsetzung (vgl. SPD 2010). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen strebte ebenfalls möglichst geringe Hürden und eine einfache Nut- zung der Initiative an, was durch die tiefe Verankerung direkt- und basisdemokratischer Ele- mente in der Partei erklärt werden kann. Dementsprechend wurden für eine möglichst einfa- che Nutzung und hohe Datenschutzstandards plädiert, diese umfassten beispielsweise das Recht auf eine informelle Beratung durch die Kommission, die Möglichkeit von Onlineunter- schriften, eine Teilnahme aller EU-Bürger ab 16 Jahren, ein Widerspruchsrecht und ein Recht auf Anhörung durch die Kommission (vgl. Bündnis 90/Die Grünen 2010). Allerdings lag es

48 Der Konvent zur Zukunft Europas (auch Verfassungskonvent oder Europäischer Konvent) fand zwischen dem 28. Februar 2002 und dem 20. Juli 2003. Die Bürgerinitiative wurde – wenn auch knapp mit nur 66 von insgesamt 107 Unterschriften – in Artikel I-46 des Verfassungsentwurfes aufgenommen, vgl. Maurer/Vogel 2009: 20; Efler o.D.

39 nicht im Interesse der deutschen Grünen möglichst die geringsten Hürden durchzusetzen, da die EBI von den Abgeordneten perspektivisch als erster Schritt in Richtung direkter Demokra- tie angesehen wurde (vgl. 1/Bündnis 90/Die Grünen). Die Fraktion Die Linke wiederum kriti- sierte die EBI als „zahnloses Instrument“ und „unverbindliche Massenpetition“ (vgl. Dehm 2010: 4382 f.), da die Kommission nicht an Forderungen gebunden werden könne und Pri- märrechtsänderungen durch die Initiative ausgeschlossen seien. Im Sinne eines ersten Schritts zu partizipativer Demokratie sollte die EBI allerdings so transparent und unbürokratisch wie möglich ausgestaltet sein. Dies umfasste für die Fraktion die Möglichkeit einer Online-Samm- lung von Unterschriften, eine Beteiligung von nur fünf Mitgliedstaaten, ein europaweites Wahlalter von 16 Jahren sowie die Kostenerstattung für die Initiatoren ab der Sammlung von 100.000 Unterschriften (vgl. Die Linke 2010). Insgesamt haben sich also, abgesehen von der Unionsfraktion, alle Bundestagsfraktionen für einfachere und niedrigere Hürden zur Europäischen Bürgerinitiative im Gegensatz zum ur- sprünglichen Vorschlag der Kommission sowie der Position des Rates ausgesprochen. Die Po- sitionen der Abgeordneten standen somit denjenigen des Europäischen Parlaments am nächs- ten, was auch an dem Dossier an sich, das von vielen Parlamentariern als „klassisch parlamen- tarisches Thema“ bezeichnet wurde (vgl. 1/Bündnis 90/Die Grünen; 1/SPD).

40 6. Analyse: Die Einbindung des Bundestags im EBI-Dossier An dieser Stelle soll untersucht werden, wie die Bundestagsabgeordneten konkret mit dem Dos- sier der Europäischen Bürgerinitiative umgegangen sind, um herauszufinden, ob und inwiefern sich die Koordinationsformen der deutschen Parlamentarier im deutschen und europäischen Politikprozess unterscheiden. Hierbei wird differenziert zwischen einer horizontalen und einer vertikalen Dimension, innerhalb derer Koordinationsprozesse stattfanden, um die Einbindung der Abgeordneten im deutschen Regierungssystem sowie auf EU-Ebene vergleichen zu können.

6.1 Koordination im Politikprozess Bei der Untersuchung der Koordination im Politikprozess wird eine institutionalistische Perspek- tive eingenommen, die zwischen hierarchischen und nicht-hierarchischen Formen der Koordina- tion unterscheidet. Während in hierarchischen Modi Entscheidungen durch hoheitliche Weisung oder Mehrheitsentscheidungen fallen, denen sich die Akteure unterwerfen müssen, werden diese in nicht-hierarchischen Modi durch Verhandeln oder Überzeugung getroffen. Diese Pro- zess-Dimension betrachtet sowohl die Positionsfindung der Bundestagsabgeordneten als auch ihre Teilnahme am formellen Gesetzgebungsverfahren im deutschen und europäischen Politik- prozess.

6.1.1 Horizontale Dimension Im Hinblick auf die Positionierung gegenüber dem Dossier der Europäischen Bürgerinitiative waren es – aufgrund der Fraktionsdisziplin im Bundestag – Mehrheitsentscheidungen in den je- weiligen Fraktionssitzungen, die die Positionierung zur EBI letztendlich beschlossen haben. Al- lerdings spielten die Fraktionen in der Diskussion der EBI-Verordnung insgesamt keine beson- ders hervorgehobene Rolle. Bedingt durch den inhaltlichen Konsens in der Bürgerinitiative waren es vor allem die Arbeitsgruppen und die jeweiligen Berichterstatter der Fraktionen, die Positionen erarbeiteten, die von der Fraktion dann „abgesegnet“ wurden. Somit unterlag die eigentliche Posi- tionsbestimmung de facto einem Aushandlungsprozess innerhalb der Arbeitsgruppen unter Fe- derführung der Berichterstatter für die EBI, die durch eine Fraktionsabstimmung dann allerdings hierarchisch bestätigt wurde, wie die Interviewpartner bestätigten:

„Ja, [in der Fraktionssitzung, L.S.] wurde die Linie der Fraktion beschlossen, es gab aber keine großen Diskussionen […]. Die Position wurde in der AG Europa vorbereitet” (1/SPD). „In der Fraktion selbst […] stand es nur einmal auf der Tagesordnung und wurde dort dann be- schlossen” (1/FDP).

41 „Nach meiner Erinnerung war das kein eigener Tagesordnungspunkt in der Fraktion, das war in der Arbeitsgruppe Gegenstand der Beratungen, aber auch nicht besonders ausführlich” (3/CDU/CSU). „Es gab eine gewisse Debatte [in der Fraktion, L.S.], aber die war jetzt auch nicht sonderlich kontrovers oder intensiv” (1/Die Linke). Eine dezidiert hierarchische Beschlussfassung spielte nur bei der Positionierung der Grünen eine Rolle, da es hier zwischen „deutschen“ und „europäischen“ Vertretern der Partei Auseinanderset- zungen über die konkrete Ausgestaltung der EBI gab: „Die [fraktionsinterne Polarisierung, L.S.] haben wir dann aber eigentlich gelöst bekommen, in- dem wir dann eine gemeinsame Parteitagsbeschlussfassung organisiert haben und dann waren die Konflikte beigelegt” (1/Grüne). Der formelle Gesetzgebungsprozess im Deutschen Bundestag (im Rahmen der Verordnungsdis- kussion und der Durchführungsgesetzgebung) fand in einem hierarchischen Modus statt, der je- weils durch formelle Abstimmungen entschieden wurde. Im Rahmen der Verordnungsdiskussion stellten die Oppositionsfraktionen im Mai und Juni 2010 Anträge auf eine Stellungnahme des Bundestags gegenüber der Bundesregierung nach Art. 23 Abs. 3 GG, um die Verhandlungspositi- on der Bundesregierung de facto zu binden (vgl. SPD 2010; Die Linke 2010; Bündnis 90/Die Grünen 2010). Diese Anträge wurden aber mit der Regierungsmehrheit von FDP und CDU/CSU sowohl im EU-Ausschuss (vgl. Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union 2010) als auch im Bundestagsplenum (vgl. Deutscher Bundestag 2010b) abgewiesen. Auch die Beratungen über das Durchführungsgesetz liefen in einem hierarchischen Modus ab mit dem Unterschied allerdings, dass die Abstimmungen über das Durchführungsgesetz im federfüh- renden Innenausschuss und im mitberatenden EU-Ausschuss sowie auch die letztendliche Ab- stimmung im Bundestagsplenum einstimmig gefallen sind – einzig die Fraktion Die Linke enthielt sich (vgl. Innenausschuss 2011; Deutscher Bundestag 2011b). Die horizontale Koordination in- nerhalb der Fraktionen nahm bei der EBI also ähnliche Züge an. Sie war vor allem hierarchisch geprägt, wenn auch die hierarchische Entscheidungshoheit der Fraktionen durch innerfraktionelle Aushandlungsprozesse abgemildert wurde, da die vorbereiteten Positionen mangels politischer Kontroversen oder Interessen in der Fraktion nur noch „durchgewunken“ wurden. Die Bearbei- tung im Bundestag nahm hingegen klare hierarchische Formen an und war geprägt von einer klassischen Regierung/Opposition-Dichotomie.

42 6.1.2 Vertikale Dimension Das Verfahren der Verordnungsdiskussion insgesamt war – wie bereits beschrieben – von einem hierarchischen Modus bestimmt. An dieser Stelle soll allein die konkrete Einbindung deutscher Abgeordneter in diesen Prozess betrachtet werden. Das einzige dem Bundestag hier zur Verfü- gung stehende hierarchische Instrument, die Subsidiaritätsrüge, wurde im Dossier der EBI nicht angewandt. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn es handelte sich um ein konstitutionelles Thema, das von einem großen parlamentarischen Konsens getragen wurde und durch seine genu- in europäische Ausrichtung keine Verstöße gegen nationale Subsidiaritätsrechte erkennen ließ. Auf einer vertikalen Ebene spielte die Positionsfindung bei den Bundestagsfraktionen eine eher geringe Rolle, auch wenn einige Abgeordnete sich mit ihren Kollegen im Europäischen Parlament hinsichtlich ihrer jeweiligen Positionen abgestimmt haben (vgl. 1/Grüne; 1/SPD; 3/CDU/CSU). Allein in der FDP-Fraktion wurde ein gemeinsames Positionspapier zwischen (MdB) und Alexandra Thein (MEP) erarbeitet, das als Grundlage für den Beschluss der Bundes- tagsfraktion diente und somit eine klare vertikale Ausrichtung der Positionsfindung zeigte.

„Unser Arbeitskreis 4 [hat, L.S.] eine Position formuliert und Frau Thein hat für die Europaab- geordneten eine Position formuliert, und die haben wir dann in einem gemeinsamen Papier in Abgleich gebracht.” (1/FDP; vgl. auch Ruppert/Thein 2010). Im Hinblick auf das Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene beteiligten sich die Frak- tionen SPD und Die Grünen (vgl. SPD 2010a; Bündnis 90/Die Grünen 2010a) an der Grün- buchkonsultation der Europäischen Kommission, die den formellen Politikprozess auf europäi- scher Ebene einleitete, und brachten somit ihre Positionen in diesen Prozess ein. Durch die kon- sultative Ausrichtung des Instruments handelte es sich um eine nicht-hierarchische Koordination, die im Modus des Arguing stattfand. Weiterhin fand am 30. September 2010 ein interparlamenta- risches Treffen statt, das von den beiden federführenden Ausschüssen im Europäischen Parla- ment, dem Petitionsausschuss und dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen, organisiert wurde und das einem Ideen- und Positionsaustausch zur EBI diente – eine ebenfalls nicht-hierarchische Form der Koordination. Dieses Treffen wurde nur vom SPD-Abgeordneten Michael Roth be- sucht (vgl. Committee on Constitutional Affairs 2010).49 CDU/CSU, FDP und Linke beteiligten sich demnach weder an der Grünbuchkonsultation noch am interparlamentarischen Treffen. FDP und Linke erklärten dies mit der Neuordnung in den Fraktionen im Nachgang der Bundestagswahl im September 200950:

49 Bundestag und Bundesrat hätten insgesamt vier Vertreter zu dem Treffen entsenden können. 50 Die konstituierende Sitzung des 17. Deutschen Bundestags fand am 27. Oktober 2009 statt; die

43 „Das [war, L.S.] gerade in der Übergangszeit, wo ich hier in den BT gekommen bin. […] Wir hat- ten da einen Wechsel im Europaausschuss, als ich in den Europaausschuss gekommen bin und ich hatte das dann in der Phase […] einfach nicht auf dem Schirm.“ (1/Die Linke). „Das [die Nichtteilnahme an der Konsultation, L.S.] lag auch ein bisschen daran, dass ich erst im September 2009 Abgeordneter im Deutschen Bundestag wurde” (1/FDP).

6.1.3 Zusammenfassung Der Politikprozess auf nationaler Ebene ist vor allem einem hierarchischen Muster gefolgt, wenn auch die Entscheidungsfindung innerhalb der im Bundestag vertreten Fraktionen zum Teil in ei- nem nicht-hierarchischen Arguing-Prozess stattfand, da die Fraktionen selbst keine große Rolle in der Positionierung gespielt haben. Allein die FDP hat sich innerhalb eines vertikalen Prozesses und unter Einbindung einer Parteikollegin im Europäischen Parlament positioniert, indem ein ge- meinsames Positionspapier ausgehandelt wurde. Durch die inhaltliche Positionierung und die Teilnahme an der Grünbuchkonsultation fand die vertikale Koordination insgesamt in einem nicht-hierarchischen Modus statt. An der Konsultation beteiligten sich allerdings nur SPD und Grüne.

Tabelle 2: Koordination im Politikprozess Hierarchisch Nicht-hierarchisch Horizontale CDU/CSU BT: ✓ Fraktion: (✓ ) – Dimension FDP BT: ✓ Fraktion: (✓ ) – SPD BT: ✓ Fraktion: (✓ ) – Grüne BT: ✓ Fraktion: ✓ – Die Linke BT: ✓ Fraktion: (✓ ) – Vertikale CDU/CSU – – Dimension FDP – ✓ SPD – ✓ Grüne – ✓ Die Linke – – Quelle: Eigene Darstellung. Die Unionsfraktion und die Fraktion Die Linke haben sich auf vertikaler Ebene nur wenig betei- ligt, was allerdings auf unterschiedliche Beweggründe zurückgeführt werden kann: Während in der Fraktion Die Linke viele Abgeordnete gerade neu in den Bundestag eingezogen waren und

Grünbuchkonsultation begann am 11. November 2009.

44 noch nicht über große Erfahrung der Möglichkeiten einer Aktivität auf europäischer Ebene ver- fügten, war das Thema der EBI für die Union insgesamt nicht sonderlich hoch auf der partei- politischen Agenda angesiedelt, denn:

„Die Union hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie von Elementen der direkten Demokra- tie auf Bundesebene relativ wenig hält. […] Insofern stand es in einem direkten Spannungsver- hältnis zu dem, was die Partei eigentlich sagt.“ (3/CDU/CSU).

6.2 Form der Zusammenarbeit Nach dem oben untersuchten Politikprozess rücken an dieser Stelle die formellen und informel- len Formen der Interaktion innerhalb des Prozesses in den Blickpunkt. Aus diesem Grund wird eine stärker akteurszentrierte Perspektive eingenommen, um zu untersuchen wie und mithilfe welcher Arten der Zusammenarbeit das EBI-Dossier verfolgt wurde. Formelle Zusammenarbeit sind kodifizierte Kooperationen, die sowohl hierarchische als auch nicht-hierarchische Formen annehmen können, wie beispielsweise Grünbuchkonsultationen, interparlamentarische Treffen oder schriftliche Fragen. Informelle Formen beschreiben diejenigen Kontakte, die über keine ver- tragliche oder gesetzliche Grundlage verfügen, wie Positionspapiere, informeller Austausch und Arbeitsgruppen.

6.2.1 Horizontale Dimension Auf der horizontalen Dimension werden zunächst die wichtigsten Institutionen betrachtet: Das Bundeskanzleramt (BKA), die an der EBI beteiligten Bundesministerien sowie der Bundestag mit seinen Strukturen. Das Kanzleramt spielte sowohl bei der Regierung als auch der Opposition keine nennenswerte Rolle. Weder auf einer formellen noch auf einer informellen Ebene wurden direkte Kontakte hierhin unterhalten. „Uns als Berichterstatter [gehen, L.S.] natürlich die jeweiligen Vermerke zu, aus dem AA. Insofern bestand da schon ein Kontakt, aber der war jetzt nicht so intensiv, als dass ich da im entsprechenden Referat oder in der Abteilung nachgefragt hätte, wie die Bundesregierung jetzt darüber denkt.” (3/CDU/CSU). Die Sachstandsberichte aus den jeweiligen Ministerien wurden von Union und FDP zur Kenntnis genommen, im Rahmen der EBI wurden aber keine informellen Kontakte zu Ministerialbeamten oder der politischen Ministerialebene gesucht. Die Oppositionsfraktionen wandten sich mittels schriftlicher Anfragen in formeller Weise an die beteiligten Ministerien. Sie wurden gestellt von Manuel Sarrazin (Grüne; vgl. Deutscher Bundestag 2010; Auswärtiges Amt 2010; Bundesministe- rium des Innern 2011) und Michael Roth (SPD; vgl. Deutscher Bundestag 2011).

45 „Unsere Rolle war, dass wir die Bundesregierung getrieben haben im Verfahren im Rat und dass die entscheidenden Mitarbeiter in der Regierung wussten, [dass, L.S.] wenn sie Sachen machen, die böse sind, […] das hier thematisiert wird.” (1/Grüne). SPD und Grüne bedienten sich dementsprechend den formellen parlamentarischen Mitteln, um die Regierung zu kontrollieren. Der EU-Ausschuss spielte formell eine wichtige Rolle in der Diskussion und der letztendlichen Beschlussempfehlung zur EBI. Hier wurden die Anträge der Oppositionsfraktionen diskutiert und Experten angehört.51 Aber: „Was den Umfang angeht: ich glaube in zwei Sitzungen war das abgefrühstückt.” (3/CDU/CSU). „Also wir haben im EU-Ausschuss natürlich auf die Regierung Druck machen können, Fragen stellen können, unsere Position noch einmal einer Öffentlichkeit darstellen können. Im Wesentlichen ist für die Positionierung wichtig gewesen, was wir selber finden“ (1/Grüne). Für die Meinungsbildung und -beeinflussung waren hingegen das Bundestagsbüro in Brüssel auf formeller Ebene sowie fraktionsinterne, Ebenen-übergreifende Koordinationsrunden auf informeller Ebene bedeutsamere Instanzen.52 Dementsprechend stellte das Bundestagsbüro in Brüssel – und hier vor allem die Mitarbeiter der jeweiligen Fraktionen vor Ort – bei der Bürgerinitiative ein wichtiges formelles Instrument der Informationsbeschaffung dar. Auch wenn es in Berlin und Brüssel angesiedelt ist, wird es aufgrund seiner rechtlichen Verortung im deutschen Regierungssystem zu den horizontalen, formellen Kontakten gezählt. Abgeordnete aller Fraktionen, die mit der Bürgerinitiative betraut waren, hatten Kontakte zur Brüsseler Dependance des Bundestags. „Das [BT-Büro in Brüssel, L.S.] ist für uns eine wahnsinnig wichtige Informationsquelle” (2/CDU/CSU). Allerdings hat die Zusammenarbeit bei der EBI unterschiedliche Formen angenommen, je nach dem wie gut die Kontakte des jeweiligen Abgeordneten auf EU-Ebene waren:

„Das Bundestagsbüro in Brüssel war erste Anlaufstelle für Infos. Beispielsweise zur Frage 'Wer sind die jeweiligen Berichterstatter?'“ (1/SPD). „[…] Direkte Zusammenarbeit mit dem Büro eher wenig, weil es ja die direkten Kontakte ins EP gab. Die sind ja eigentlich immer eher Informationsbeschaffer” (2/Grüne).

51 Bei den Experten handelte es sich um Gabriele Bischoff (Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschafts- bundes, Bereich Europa) und Christian Wohlfahrt (Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht) (Deutscher Bundestag 2010c). 52 Arbeitskreise verfügen über keine explizit rechtliche Stellung im deutschen Regierungssystem, sie werden spiegelbildlich zu den bestehenden BT-Ausschüssen gegründet und deshalb zu informellen Formen der Zusammenarbeit gezählt, vgl. www.bundestag.de/dokumente/datenhandbuch/05/05_08/ (letzter Zugriff: 10.09.2012).

46 „Wir haben fast jeden Tag miteinander gesprochen, ich habe ihn [Fraktionsmitarbeiter im Verbindungsbüro, L.S.] oft darauf angesprochen, er hat mir Materialien dazu [zur EBI, L.S.] gegeben.” (1/Die Linke). „Mit denen stehen wir eigentlich immer in Kontakt, also insbesondere dann, wenn einer von uns federführend für die Berichterstattung für ein Thema ist, dann gibt es da einen regen Austausch zwischen dem Bundestagsbüro in Brüssel und natürlich auch dem Fraktionsbüro“ (3/CDU/CSU). Das Büro in Brüssel diente demnach nicht nur als wichtige Informationsquelle der Abgeordneten, sondern unterstützte auch die Verzahnung der europapolitischen Arbeit der Fraktionen bei der Bürgerinitiative:

„Unser Büro in Brüssel ist bei jeder Sitzung der Arbeitsgruppe Europa bei uns hier in Berlin. [...] Damit der Informationsfluss gegeben ist, dass die wissen, was ist grade mit in der Pipeline, und wir haben diese Verbindung nach Brüssel.” (1/CDU/CSU). Neben diesen institutionellen Kontakten, die zumeist formeller Natur waren, waren auf einer in- formellen Ebene auch die persönlichen Kontakte von Bedeutung. Die Abgeordneten hatten hier vor allem Verbindungen zu Parteifreunden in den Bundesländern, die allerdings hauptsächlich ei- nem Informationsaustausch dienten. Die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Vertretern und Institutionen nahm ebenfalls eine informelle Form an. Im Rahmen der Verordnungsdiskussi- on waren es vor allem die Oppositionsfraktionen, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen wie „Mehr Demokratie“ und der Europa-Union Deutschland in Kontakt standen, dieser Aus- tausch von Informationen und Positionen fand im Rahmen der Positionierung statt.

„Wir haben uns hier intensiv mit der EUD ausgetauscht“ (1/SPD). „Ich habe vor allem mit dem Michael Efler [Sprecher, „Mehr Demokratie“, L.S.] eng zusam- mengearbeitet [...] und wir haben Positionen entwickelt” (1/Die Linke). Im Vorfeld des Durchführungsgesetzes wurden diese zivilgesellschaftlichen Kontakte nochmals intensiviert: Als Folge einer schriftlichen Anfrage durch Manuel Sarrazin (Grüne) konnten rele- vante zivilgesellschaftliche Akteure mobilisiert werden, um gegen eine mögliche kostenpflichtige Umsetzung der EBI Einspruch zu erheben. „Das kann man glaube ich mehreren NGOs und uns zuschreiben, dass wir da gemeinsam […] – parlamentarisch, außerparlamentarisch – eine kleine Kampagne gemacht haben, die diese Vor- stellung der Regierung abbiegen konnte” (1/Grüne). Hier wurde gezielt die organisierte und mit dem Thema der EBI befasste Zivilgesellschaft einge- bunden, um Druck auf das federführende Innenministerium auszuüben.

47 6.2.2 Vertikale Dimension Im Hinblick auf die formelle Vernetzung deutscher Akteure auf der vertikalen Ebene ist allein die Teilnahme an der Grünbuchkonsultation zu nennen. Die Grünbuchkonsultation ist zwar kein vertraglicher Rechtsakt, wird aber durch seine Form als „atypischer Rechtsakt“ als formelle Form der Zusammenarbeit betrachtet.53 An der Konsultation nahmen, wie bereits unter 6.1.2 beschrie- ben, allein die SPD- und Grünen-Fraktion teil. Im Gegensatz zur geringen formellen Einbindung unterhielten alle Parlamentarier rege informel- le Kontakte zur europäischen Ebene, wobei die Abgeordneten des Europäischen Parlaments hier- bei mit Abstand die wichtigsten Ansprechpartner waren.

„Weil das informell läuft, mit kurzem Draht, und da auch Vertraulichkeit gewährleistet ist. Das ist nicht nur in dem Fall, sondern auch in vielen anderen Fällen nützlich und hilfreich. […] Mit einem Kollegen stand ich im Austausch, […] ein Abgeordneter mit dem ich mich eigentlich ständig [austausche, L.S.] […] wenn da irgendwas auf dem Tisch liegt, was entweder er federfüh- rend macht oder ich. Dann ist der Griff zum Telefon eigentlich normal.“ (3/CDU/CSU). Dies galt ebenfalls für die Oppositionsfraktionen: „Aus Oppositionssicht ist es am sinnvollsten, mit den jeweiligen Partnerfraktionen im EP zu- sammenzuarbeiten, die sich dann auf der europäischen Ebene einbringen.“ (1/SPD) „Ja, [wir haben, L.S.] schon sehr eng mit den EP-Leuten zusammengearbeitet, […] da das EP ja auch sozusagen entscheidend mitbeteiligt war.“ (1/Grüne). Die Kontakte zu den deutschen MEPs der eigenen Partei wurden von allen Abgeordneten als wichtigster Kontakt im EBI-Dossier bezeichnet (vgl. Anhang I). Diese informellen Absprachen mit den Partnern im Europäischen Parlament hatten allerdings unterschiedliche Funktionen: Zum einen diente das EP als „Informationsscharnier“ (1/SPD) und Frühwarnsystem, das die deutschen Parlamentarier frühzeitig über Entwicklungen auf der europäischen Ebene in Kennt- nis setzte; was vor allem von der Opposition betont wurde:

„Beispielsweise haben wir von den Kollegen in Brüssel dann erfahren, dass die Bundesregierung plant, die Passnummern [für die Zeichnung von Initiativen erforderlich zu machen, L.S.], und dann haben wir […] hier Druck gemacht, dass das nicht geht mit den Passnummern und dann hat die Regierung diese Position auch räumen müssen“ (1/Grüne). Eine weitere wichtige Komponente war zum anderen die Positionsfindung und -diskussion zwi- schen BT und EP, die von allgemeinen Absprachen bis hin zu einer gemeinsamen Position – wie

53 Vgl. hierzu: Atypical acts: http://europa.eu/legislation_summaries/institutional_affairs/decisionmaking_ process/ai0037_de.htm (letzter Zugriff: 24.09.2012).

48 bei der FDP geschehen – reichte:

„Also wir haben uns […] in der Sache ausgetauscht, also abgeklopft, wie die Brüsseler Kollegen bzw. Straßburger Kollegen darüber denken, innerhalb der EVP-Fraktion, dass wir da nicht völlig unterschiedlich auflaufen.“ (3/CDU/CSU). „[das war, L.S.] der Austausch von Positionen und der Versuch das einzuordnen und sich zu po- sitionieren“ (1/Die Linke). „Wo wir sozusagen die Position als Berichterstatter für Wahlrecht, demokratische Beteiligung auf Bundestagsebene […] und Frau Thein, die dafür auf europäischer Ebene zuständig ist […] erarbeitet [haben, L.S.].“ (1/FDP). Doch nicht nur bei den einzelnen Abgeordneten, auch auf Fraktionsebene wurde eine intensi- vierte Kooperation zwischen BT und EP deutlich, da einige Fraktionen informelle Koordinati- onsrunden ins Leben gerufen haben, die der Koordination europapolitischer Positionen zwischen EP und Bundestag dienen. Auch die EBI wurde an dieser Stelle thematisiert und diskutiert.

„Die FDP-Fraktion [hat, L.S.] eine Koordinationsrunde, die erst in unmittelbaren zeitlichen Zu- sammenhang damit [mit der EBI, L.S.] eingerichtet wurde, um genau solche Themen und Schnittstellen gemeinsam zu besprechen.” (1/FDP). „Wir haben da so ein Treffen europapolitischer Sprecherinnen, da sind dann wir da und Vertre- ter aus dem EP, Vertreter aus den Ländern, die europapolitischen Sprecher und Vertreter der Stiftung [Transform Europe, die parteinahe Stiftung der Europäischen Linken, L.S.], die damit zu tun haben und da haben wir uns auch konkret über die EBI ausgetauscht.“ (1/Die Linke). Neben den Kontakten zum Europäischen Parlament verfolgten die Parlamentarier nur wenige weitere informelle Kontakte auf europäischer Ebene. Die Linke stand in Kontakt mit Akteuren des Europarats, die SPD tauschte sich mit anderen nationalen Parlamentariern im Rahmen des in- terparlamentarischen Treffens aus, an dem allein der SPD-Abgeordnete Michael Roth teilnahm (vgl. Committee on Constitutional Affairs 2010), die Grünen hielten Kontakt zu zivilgesellschaft- lichen Initiativen auf EU-Ebene. Diese Interaktionen dienten allein einem Informations- und Po- sitionsaustausch. Die Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen beschränkten sich auf die Koopera- tionen mit dem Europäischen Parlament.

6.2.3 Zusammenfassung Bei der Gegenüberstellung beider Interaktionsebenen, wird deutlich, dass die vertikale Kooperati- on zwischen deutscher und europäischer Regierungsebene für die Parlamentarier bedeutsamer war als die innerdeutsche, horizontale Koordinierung. Abgeordnete aller Fraktionen bezeichne- ten die Zusammenarbeit mir dem Europäischen Parlament als wichtigsten Mechanismus der Ko-

49 ordination und Interessenvertretung beim Dossier der Europäischen Bürgerinitiative, ungeachtet der Regierungs- oder Oppositionszugehörigkeit. War das EP für die Oppositionsfraktionen ne- ben seiner Informationsfunktion vor allem ein Frühwarnmechanismus für Entwicklungen auf europäischer Ebene zur Kontrolle der deutschen Regierung, diente es den Regierungsfraktionen zur Informationsbeschaffung und Positionsbestimmung. Diese Interaktionen spielten nicht nur auf einer persönlichen Ebene zwischen Abgeordneten des Bundestags und des Europäischen Parlaments bei der Bürgerinitiative eine Rolle, sondern wurden von einigen Fraktionen auch in deren Arbeitsabläufe integriert. Auf deutscher Regierungsebene ähnelte die Zusammenarbeit klassischen parlamentarischen Modi, wo die Oppositionsfraktionen (hier allerdings nur SPD und Grüne) durch Stellungnahmen und schriftliche Fragen formellen Einfluss auf die Position der Bundesregierung zu nehmen ver- suchten, während die Regierungsfraktionen dies abgewiesen haben. Eine Besonderheit ist aller- dings die – wenn auch in europapolitischen Fragen eher typische – einstimmige Verabschiedung des Durchführungsgesetzes im Bundestag, die den bereits erwähnten „permissive consensus“ deutscher Abgeordneter in EU-Fragen widerspiegelt. Auf einer formellen Ebene war bei der EBI weiterhin das im Jahr 2007 eingerichtete Bundestagsbüro in Brüssel von großer Bedeutung, des- sen Fraktionsmitarbeiter vor Ort auch bei der Bürgerinitiative für einen reibungslosen „Draht nach Brüssel“ sorgten. Die Intensität dieser Kontakte hing allerdings auch davon ab, wie gut die direkten Kontakte der jeweiligen Abgeordneten auf EU-Ebene waren, da enge Kontakte ins Eu- ropäische Parlament das Büro zum Teil überflüssig machten (vgl. 1/Grüne). Tabelle 3: Form der Zusammenarbeit Formell Informell Horizontale CDU/CSU (✓ ) – Dimension FDP (✓ ) – SPD ✓ ✓ Grüne ✓ ✓ Die Linke ()✓ ✓ Vertikale CDU/CSU – ✓ Dimension FDP – ✓ SPD ✓ ✓ Grüne ✓ ✓ Die Linke – ✓ Quelle: Eigene Darstellung.

50 Interaktionen mit zivilgesellschaftlichen Initiativen spielten vor allem auf einer horizontalen Ebe- ne und hier nur bei den Oppositionsfraktionen eine Rolle. Diese Kontakte wurden teilweise ge- zielt genutzt (Die Grünen) oder dienten dazu, Positionen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren auszutauschen und bei der eigenen Positionierung zu berücksichtigen (Die Linke, SPD). Auf ver- tikaler Ebene spielte deren Einbindung – abgesehen von der Grünen-Fraktion – kaum eine Rolle.

6.3 Akteurkonstellationen Bei den Akteuren wird unterschieden nach Interaktionen zwischen Bundestagsabgeordneten und rein öffentlichen Akteuren, wie beispielsweise den Mitgliedern von Ministerien, Verwaltungen oder supranationalen Institutionen und der Zusammenarbeit zwischen Bundestagsabgeordneten und privaten Akteuren wie zivilgesellschaftlichen Vertretern, Wissenschaftlern et cetera. Es soll herausgestellt werden, ob öffentliche oder vielmehr private Akteure bei der Umsetzung des EBI- Dossiers in Deutschland von Bedeutung waren.

6.3.1 Horizontale Dimension Innerhalb des deutschen Regierungssystems hatten die mit der EBI befassten Abgeordneten so- wohl Kontakt zu öffentlichen als auch zu privaten Akteuren und hier vor allem zu Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Fraktion Die Linke arbeitete eng mit dem Sprecher von „Mehr Demokratie“, Michael Efler, zusammen, dessen Position als bedeutsam für die eigene Positionierung der Fraktion beschrieben wurde (vgl. 1/Die Linke). Die Grünen haben vor allem im Rahmen der Durchführungsgesetzge- bung zivilgesellschaftliche Akteure auf deutscher Ebene mobilisiert, um Druck auf die Bundesre- gierung auszuüben (vgl. 1/Grüne). Die Fraktion unterhielt auch in der Phase der Grünbuchkon- sultation enge Kontakte zur deutschen Zivilgesellschaft wie der Europa-Union Deutschland oder „Mehr Demokratie“. Die SPD nahm ebenfalls die Stellungnahmen deutscher Initiativen im Rah- men der Grünbuchkonsultation bei ihrer Positionierung zur Kenntnis (vgl. 1/SPD). FDP und Unionsfraktion standen eher reaktiv mit zivilgesellschaftlichen Vertretern in Verbindung: „Wir haben E-Mails bekommen von Organisationen zur EBI“ (1/CDU/CSU). „Ja, ich bin in der Folge immer wieder eingeladen worden von Vertretern von direkter Demokratie, kann aber auch nicht mehr genau sagen, wann und bei wem ich da auf dem Podium gesessen habe.“ (1/FDP). Die Kontakte zu öffentlichen Akteuren hingegen waren bei allen Fraktionen intensiv. Die Abge- ordneten tauschten sich mit ihren Parteikollegen in Landesparlamenten oder -ministerien zum

51 Thema EBI aus und nahmen auch die Position des Bundesrates zur EBI zur Kenntnis. Weitere wichtige öffentliche Kontakte stellten die bereits beschriebenen bundestagsinternen Beziehungen wie beispielsweise zum Brüsseler Bundestagsbüro oder auch – wenn auch weniger wichtig bei der EBI – dem wissenschaftlichen Dienst dar. Abgesehen von den durch die Ministerien zugesandten Sachstandsberichten spielten Kontakte zu den Ministerien als weiteren öffentlichen Akteuren bei CDU/CSU und FDP keine Rolle. Die Fraktionen der SPD und der Grünen standen durch schriftliche Anfragen mit dem Auswärtigen Amt und dem Innenministerium in Kontakt.

6.3.2 Vertikale Dimension Auf europäischer Ebene sind, durch die herausragende Rolle des Europäischen Parlaments, nahe- zu ausschließlich rein öffentliche Netzwerke zu beobachten. Diese schließen neben den Kontak- ten zum Europäischen Parlament auch – wenn auch weniger intensiv – Kontakte zu Parlamenta- riern anderer Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und dem Rat mit ein. Allein die Grünen-Fraktion unterhielt einige Kontakte zu auf EU-Ebene tätigen NGOs, um direkte Infor- mationen aus Anhörungen in Brüssel zu erlangen (vgl. 1/Grüne).

6.2.3 Zusammenfassung Hinsichtlich der Unterschiede zwischen Akteuren von Regierung und Opposition ist zu erkennen, dass die Regierungsfraktionen auf deutscher wie europäischer Ebene nahezu ausschließlich mit öffentlichen Akteuren zusammenarbeiteten. Tabelle 4: Akteurkonstellation Zwischen öffentlichen Akteuren Öffentlich-private Akteure Horizontale CDU/CSU ✓ – Dimension FDP ✓ – SPD ✓ ()✓ Grüne ✓ ✓ Die Linke ✓ ✓ Vertikale CDU/CSU ✓ – Dimension FDP ✓ – SPD ✓ – Grüne ✓ ()✓ Die Linke ✓ – Quelle: Eigene Darstellung.

52 Die Oppositionsfraktionen haben auf der deutschen Ebene hingegen relevante zivilgesellschaftliche Akteure mit eingebunden, die bei den Positionierungen eine Rolle spielten. Die Grünen-Fraktion konnte zudem relevante zivilgesellschaftliche Akteure im Rahmen des Durchführungsgesetzes mobilisieren. Auf europäischer Ebene hingegen waren es allein die Grünen, die Kontakt zu europäischen NGOs hatten, um sich über den Stand der Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten. Insgesamt war bei der Bearbeitung der Bürgerinitiative also die Interaktion mit rein öffentlichen Akteuren dominant.

53 7. Auswertung: Einordnung der Einbindung des Bundestags bei der EBI Auch wenn in der vorangegangenen Analyse hierauf nicht näher eingegangen werden konnte, soll an dieser Stelle zunächst ein kurzer Blick auf die Parlamentsfunktionen geworfen werden, die im Bundestag bei der EBI genutzt wurden. Wie schon in der Analyse deutlich wurde, war es vor al- lem die parlamentarische Kontrollfunktion, die bei der Bürgerinitiative zum Tragen kam. Die vor- rangige Legislativfunktion fand auf europäischer Ebene statt. Zwar hat der Bundestag auch über das Durchführungsgesetz abgestimmt, der eigentliche Gesetzgebungsprozess verlief aber zwi- schen dem Rat und dem Europäischen Parlament. Die Öffentlichkeitsfunktion des Bundestags wurde von den Fraktionen hingegen unterschiedlich genutzt. Die Abgeordneten von SPD und Grünen haben die EBI medial durch detaillierte Pressemitteilungen begleitet; die Grünen haben des Weiteren eine Informationstour durch mehrere deutsche Bundesländer organisiert (vgl. 1/Grüne).54 Die weiteren Fraktionen waren hier weniger aktiv und beschränkten sich auf die Ver- öffentlichung ihrer Reden im Bundestagsplenum (vgl. 3/CDU/CSU).55 Im Folgenden soll nun die vorangegangene Analyse der Einbindung deutscher Abgeordneten im Dossier der Europäischen Bürgerinitiative ausgewertet werden. Hierfür wird zunächst kurz er- neut auf die inhaltliche Relevanz der EBI als „integrationistisches“ Dossier eingegangen, um an- schließend das Mehrebenenspiel der Abgeordneten auswerten zu können. Schließlich werden die eingangs aufgestellten Hypothesen genauer betrachtet.

7.1 Relevanz der EBI bei der europapolitischen Einbindung des Bundestags In dieser Arbeit wird argumentiert, dass die Form des Dossiers einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Strategiewahl der deutschen Abgeordneten hat. Aus diesem Grund soll zu Beginn der Auswertung nochmals akzentuiert auf die Europäische Bürgerinitiative und ihre Bedeutung für die europapolitische Arbeit des Deutschen Bundestag eingegangen werden. Die EBI ist insofern relevant für diese Analyse, da es ein Dossier mit einem in der Sache nahezu ausschließlichen EU-Bezug ist und deswegen in dieser Arbeit als „integrationistisch“ gekenn-

54 Vgl. Internetseite Manuel Sarrazin: http://www.manuelsarrazin.de/search/node/ebi; Internetseite Michael Roth: http://michaelroth.eu/mod_search/index.php?action=search&rubric=4&q=europ%E4ische+b %FCrgerinitiative (jeweils letzter Zugriff: 19. September 2012). 55 Vgl. Internetseite Karl Holmeier, MdB: http://www.holmeier.de/reden-im-plenum/articles/rede_b %C3%BCrgerinitiative.html; YouTube-Kanal der Fraktion Die Linke: https://www.youtube.com/watch? v=8TH2T_fyU_4 (jeweils letzter Zugriff: 19. September 2012).

54 zeichnet wurde. Trotz dieses herausragenden EU-Bezugs in der Sache, haben die deutschen Ab- geordneten sich nicht auf die Vertretung der Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bür- ger durch das Europäische Parlament verlassen, sondern haben aktiv an der Diskussion und Um- setzung der Verordnung auf europäischer wie auf deutscher Ebene mitgewirkt. Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag haben der Initiative zugestimmt; die Abstimmung im Bundestag zum Durchführungsgesetz ist nahezu einstimmig gefallen. Die EBI ist also auf den ersten Blick ein europapolitisches Konsensthema im Bundestag gewesen. Allerdings war das Dossier gleichwohl einigen Kontroversen im Hinblick auf ihre konkrete Ausgestaltung ausgesetzt, die sich auch in der Positionierung der Fraktionen im Deutschen Bundestag widerspiegelten. Die intensive Verfolgung der Bürgerinitiative ist nicht zuletzt auch ihrer Wahrnehmung als „klas- sisches parlamentarisches Thema“ (1/SPD) geschuldet, das auch aus diesem Grund von den Bundestagsabgeordneten besonders aufmerksam beobachtet wurde – wenn auch mit unterschied- licher Intensität. So sind Themen der Bürgerbeteiligung und der partizipativen Demokratie eng mit dem Parlament verbunden, dessen Aufgabe es ist, als Organ des Volks zu wirken. In der Sa- che hatten gerade die drei Oppositionsfraktionen SPD, Grüne und Linke sowie die an der Regie- rung beteiligte FDP – ihren jeweiligen parteipolitischen Traditionen folgend – das größte Interes- se am Thema der direkten Bürgerbeteiligung. Die Unionsfraktion tat sich hiermit hingegen schwerer; CDU und CSU stimmten dem Dossier zwar zu, begleiteten es aber im Gegensatz zu den anderen Fraktionen weniger intensiv und proaktiv. Denn die EBI stand „im offenen Missverhältnis […] zu dem, was wir im Deutschen Bundestag in unserem eigenen Staatsgefüge vertreten.“ (3/CDU/CSU). Hierin spiegeln sich also auch eine gewisse parteipolitische Bedeutung des EBI-Dossiers und auch verschiedene parteipolitische Interessen wider. Aus einer formellen Sicht hatte die EBI zwar keine außergewöhnliche politische Bedeutung im Bundestag und in der deutschen Öffentlichkeit, allerdings war dies aus parlamentarischer Sicht kein großer Nachteil, denn es handelte sich um ein Thema,

„das zwar nicht so in der Öffentlichkeit ist, das aber, wenn sich das Parlament dafür interessiert auch schon was passiert, auch wenn es nicht breit in der Zeitung steht, sondern weil es reicht, wenn sich einzelne Abgeordnete einmischen.” (1/Grüne). Insofern ist die Bürgerinitiative aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung und den politischen Posi- tionierungen der Fraktionen ein gutes Beispiel, um das Mehrebenenspiel der deutschen Abgeord- neten in einem „integrationistischen“ Politikfeld genauer unter die Lupe zu nehmen.

55 7.2 Das Mehrebenenspiel der Bundestags-Fraktionen Im Rückgriff auf die in der Analyse beschriebene Einbindung der Bundestagsabgeordneten bei der Europäischen Bürgerinitiative lässt sich bei einer zusammenfassenden Darstellung der Ergeb- nisse zunächst feststellen, dass sich die Koordination auf horizontaler Ebene von der Koordinati- on auf vertikaler Ebene unterscheidet (vgl. Tabelle 5). In der Zusammenfassung aller Koordinati- onsprozesse ergibt sich dementsprechend das folgende Bild:

Tabelle 5: Zusammenfassung der Mehrebenenkoordination bei der EBI Koordination im Form der Akteurkonstellation Politikprozess Zusammenarbeit Hierarchisch Nicht- Formell Informell Öffentlich Öff.-Privat hierarchisch Horizontale Dimension ✓ – (✓) (✓) ✓ (✓)

Vertikale Dimension – (✓) – / (✓) ✓ ✓ –

Quelle: Eigene Darstellung. Die grauen Hervorhebungen beschreiben die jeweils zwischen den Fraktionen vorherrschenden Mechanismen. Zwar arbeiten die Bundestagsabgeordneten auf beiden Ebenen, also sowohl im deutschen Regie- rungssystem als auch auf EU-Ebene, zumeist mit öffentlichen Akteuren zusammen; die Formen der Koordination und der Zusammenarbeit laufen insgesamt aber unterschiedlich ab. Während die innerdeutsche Koordination in einem hierarchischen Modus und in einer überwiegend for- mellen Form stattfindet, ist die Zusammenarbeit mit der EU-Ebene hingegen nicht-hierarchisch und informell geprägt. Ein Blick auf die detaillierten Ergebnisse, organisiert nach Fraktionszugehörigkeit, zeigt die Un- terschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Akteuren im Bundestag auf (vgl. Ta- belle 6). Bei den Gemeinsamkeiten zwischen den Fraktionen dominierte die Zusammenarbeit mit öffentlichen Akteuren, also der Verwaltung, Ministerien und EU-Institutionen. Die Koordination auf deutscher Ebene war ebenfalls zwischen den Fraktionen recht ähnlich, da hier hierarchische Modi der Koordination überwogen. Abgesehen von Kontakten zu zivilgesellschaftlichen Initiati- ven vonseiten der Oppositionsfraktionen spielten informelle Formen der Zusammenarbeit auf der deutschen Regierungsebene kaum eine Rolle. Auf EU-Ebene hingegen ist eine gegensätzliche Tendenz zu beobachten: Die Koordination fand in einem nicht-hierarchischen Modus statt; wei- terhin arbeiteten alle Abgeordneten im EBI-Dossier in einer informellen Form mit der EU-Ebe-

56 ne zusammen. Sowohl Abgeordnete der Koalition als auch der Opposition waren also in einer in- formellen Form auf europäischer Ebene aktiv. Die Analyse zeigt weiterhin, dass die Parlamentari- er unabhängig ihrer Fraktionszugehörigkeit eng mit dem Europäischen Parlament zusammenar- beiteten.

Tabelle 6: Mehrebenenkoordination bei der EBI nach Fraktionen Koordination im Form der Akteurkonstellation Politikprozess Zusammenarbeit Hierarchisch Nicht- Formell Informell Öffentlich Öff.-Privat hierarchisch Horizontal Union BT: ✓ F: ( ✓ ) – (✓ ) – ✓ – FDP ✓ / (✓ ) – (✓ ) – ✓ – SPD ✓ / (✓ ) – ✓ ✓ ✓ ()✓ Grüne ✓ / ✓ – ✓ ✓ ✓ ✓ Linke ✓ / (✓ ) – (✓ ) ✓ ✓ ✓ Union – – – ✓ ✓ – Vertikal FDP – ✓ – ✓ ✓ – SPD – ✓ ✓ ✓ ✓ – Grüne – ✓ ✓ ✓ ✓ ()✓ Linke – – – ✓ ✓ – Quelle: Eigene Darstellung; BT bezeichnet die Koordination im Bundestag, F innerhalb der Fraktion.

Allerdings wurden in der genauen Betrachtung der Europäischen Bürgerinitiative auch Unter- schiede zwischen den einzelnen Fraktionen deutlich: Auf einer horizontalen Ebene ist hier zu er- kennen, dass die Fraktionen der Grünen, Linken und der – wenn auch weniger intensiv – SPD informell und nicht-hierarchisch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammengearbeitet haben. Dies war bei der FDP- und Unionsfraktion nicht der Fall. Darüber hinaus haben sich SPD und Grüne auf deutscher Ebene stärker in den Politikprozess eingebracht, da sie neben den Anträgen auf Stellungnahme des Bundestags nach Art. 23 Abs. 3 GG auch schriftliche Fragen an das Au- ßen- bzw. Innenministerium stellten. Auf europäischer Ebene betrafen die offensichtlichsten Un- terschiede die Koordinierung im Politikprozess: Hier waren nur die Fraktionen FDP, SPD und Grüne auf europäischer Ebene aktiv. Dies betraf die Grünbuchkonsultation und das interparla- mentarische Treffen einerseits sowie die Positionsabstimmung des FDP-Abgeordneten mit seiner EP-Kollegin andererseits. Alle Koordinationen fanden allerdings in einem nicht-hierarchischen Modus statt. Linke und CDU/CSU haben sich auf dieser Ebene nicht aktiv in den europäischen Politikprozess eingebracht. Im Hinblick auf die Form der Zusammenarbeit waren es allein SPD

57 und Grüne, die durch ihre Stellungnahmen zum Grünbuch formelle Wege der Zusammenarbeit nutzten. Die weiteren Abgeordneten rekurrierten allein auf informelle Wege, hauptsächlich zum Europäischen Parlament. Die Zusammenarbeit mit Vertretern europäischer zivilgesellschaftlicher Institutionen spielte bei allen Fraktionen kaum eine Rolle, nur die Grünen-Fraktion ließ sich durch zivilgesellschaftliche Vertreter in Brüssel über den jeweiligen Stand der Verhandlung infor- mieren.

Die Intensität der Beschäftigung mit der Europäischen Bürgerinitiative war zwischen den einzel- nen Fraktionen ziemlich unterschiedlich. Die aktivsten Fraktionen waren die SPD und die Grü- nen, die sich sowohl auf europäischer Ebene als auch im deutschen Regierungssystem am meis- ten engagierten. Die Fraktion Die Linke zeigte zwar auf der deutschen Ebene sowohl im parla- mentarischen Prozess als auch im Austausch mit zivilgesellschaftlichen Vertretern Einsatz, hat sich aber weniger auf EU-Ebene eingebracht. Umgekehrt war dies bei der FDP, die sich durch ein gemeinsames Papier klar europäisch positionierte, darüber hinaus aber wenig auf der deut- schen Ebene aktiv war. Die Unionsfraktion brachte sich im Rahmen der EBI am wenigsten ein, was angesichts ihrer zwiespältigen Positionierung in diesem Dossier und in Fragen der direkten Demokratie insgesamt nicht weiter verwunderlich ist. Es sei aber angemerkt, dass sich die Frakti- on trotzdem mit ihren Kollegen im EP abgestimmt und Kontakte auf europäischer Ebene ge- pflegt hat. Dementsprechend kann die Aktivität der Abgeordneten im europäischen Mehrebenen- system wie folgt eingeordnet werden, um ihre Einbindung in den europäischen Politikprozess zu verdeutlichen (vgl. Tabelle 7).

Tabelle 7: Anpassung der Bundestagsfraktionen an das EU-Mehrebenensystem bei der EBI Beteiligung auf nationaler Ebene

Stark Schwach

Beteiligung Stark Mehrebenenspieler Europäischer Spieler auf ************************************ ************************************ EU-Ebene Grüne (FDP) SPD Nationaler Spieler Schwacher Spieler ************************************ ************************************ Die Linke CDU/CSU Schwach Quelle: Eigene Darstellung, nach Maurer/Mittag/Wessels 2003: 66. Neben den formellen Unterschieden in der Aktivität der Abgeordneten im Rahmen der Europäi- schen Bürgerinitiative soll im Folgenden ebenfalls auf die konkreten Unterschiede zwischen den Fraktionen eingegangen werden, um darauffolgend einige Besonderheiten herauszustellen.

58 Bei der EBI nutzten im deutschen Regierungssystem sowohl Regierung als auch Opposition je- weils klassische parlamentarische Mittel. Die formellen Elemente der Kontrolle der Regierung durch die Oppositionsfraktionen nahmen hierbei den größten Raum ein, hier nutzten SPD und Grüne aktiv den By-passing-Modus. Die Regierungsfraktionen versuchten indes nicht durch in- formelle Wege – wie beispielsweise in Fraktionssitzungen, durch das Kanzleramt oder die Minis- terien – die Position der Regierung zu diskutieren oder gar zu beeinflussen. Auf europäischer Ebene war den Fraktionen gemein, dass alle Interviewpartner „ihre“ MEP's als wichtigsten Kontakt bei der Bearbeitung der Europäischen Bürgerinitiative beschrieben haben. Allerdings hatten diese Ansprechpartner jeweils unterschiedliche Funktionen: Allen Fraktionen ging es um die Erlangung direkter Vor-Ort-Informationen aus Brüssel und die Einschätzungen und Positionsabgleichung mit ihren Kollegen aus dem Europäischen Parlament. Bei der Grünen- und SPD-Fraktion wurde das EP darüber hinaus auch als Informationsquelle genutzt und stellte einen Frühwarnmechanismus dar, der es den Abgeordneten erlaubte, im deutschen Regierungs- system eine gezielte Kontrolle der Bundesregierung auszuüben. Auch bei der detaillierten Be- trachtung der fraktionellen Behandlung der EBI lässt sich also kein eindeutiger Gegensatz zwi- schen Regierungs- und Oppositionsfraktionen erkennen. Insgesamt haben die Bundestagsabgeordneten ihre Vorteile und Möglichkeiten im europäischen Mehrebenensystem also mehr oder weniger aktiv wahrgenommen. Die Europäische Bürgerinitia- tive ermöglichte es den Parlamentariern, sich aufgrund ihrer Interessen aktiv einzubringen und das Dossier als „parlamentarisches Asset“ wahrzunehmen. Zwar wurde von den Parlamentariern auch der Komplexitätszuwachs durch das Mehrebenensystem benannt, es böten sich aber auch neue Möglichkeiten durch die Verschränkung zwischen deutscher und europäischer Regierungs- ebene (vgl. 1/Grüne). Die Wahrnehmung dieser neuen Möglichkeiten durch das europäische Mehrebenensystem wurde jedoch unterschiedlich genutzt: Die Abgeordneten der SPD und der Grünen waren hier mit Abstand die aktivsten Mehrebenenspieler im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative. Diese Aktivität kann nach Meinung der Autorin allerdings nicht allein durch den Fakt erklärt werden, dass beide Fraktionen besondere Interessen mit dem EBI-Dossier verbun- den haben, oder dass sie aufgrund ihrer Oppositionsrolle besonders aktiv waren. Denn auch die Fraktionen Die Linke und FDP waren, ihren parteipolitischen Traditionen folgend, eng mit The- men der direktdemokratischen Mitwirkung verbunden und hatte recht spezifische Interessen in der Verfolgung des Dossiers. Im Rahmen der Interviews ist jedoch immer wieder deutlich geworden, dass auch die jeweilige europapolitische Erfahrung einen großen Einfluss auf die Arbeit der Parlamentarier im europäi-

59 schen Mehrebenensystem hat. Dies wurde bei der EBI besonders deutlich, denn die im Dossier federführenden Abgeordneten von FDP und Linke sind erst mit dem Beginn der Grünbuchkon- sultation in den Bundestag gewählt worden. Sie verfügten zum Zeitpunkt der Verordnungsdiskus- sion noch nicht über die europapolitische Erfahrung anderer aktiver Europapolitiker, wie bei- spielsweise Michael Roth (SPD) oder Manuel Sarrazin (Grüne). Dementsprechend könnte eine Erklärung für die unterschiedlichen Grade der Aktivität der deutschen Abgeordneten in der EBI – abgesehen von der Einbindung der CDU/CSU-Fraktion, die aufgrund des Themas weniger ak- tiv war – auch deren Erfahrung und Kenntnisse des europäischen Mehrebenensystems sein. Zwar kann bei einem „integrationistischen“ Dossier, das federführend durch den EU-Ausschuss be- treut wird, davon ausgegangen werden, dass die zuständigen Europapolitiker der Fraktionen gut mit Formen der Mehrebenenkoordination vertraut sind, es zeigte sich aber, dass es anscheinend doch zu nicht unerheblichen Anpassungsphasen kommen kann.

7.3 Überprüfung der Hypothesen Nachdem die Ergebnisse einer allgemeinen Auswertung der augenfälligsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede unterzogen wurden, soll nun auf die eingangs aufgestellten Hypothesen zu- rückgegriffen und diese gemeinsam mit der Beantwortung der Forschungsfrage „Inwieweit nutzen die Abgeordneten des Deutschen Bundestags Formen der europäischen Governance im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative?“ überprüft werden. Die beschriebenen Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Ebenen des europäischen Regie- rungssystems wurden durch einen weiten Governance-Ansatz in dieser Arbeit zu fassen versucht. Dieser Ansatz vereint sowohl hierarchisches Regieren als auch spezifische Governance-Formen in sich, die eine Konsens-orientierte Entscheidungsfindung innerhalb informeller Strukturen zwi- schen öffentlichen und privaten Akteuren umfasst. Der konkrete Unterschied zwischen beiden Formen der Entscheidungsfindung wurde in Kapitel 3.2 wie folgt beschrieben:

„Governance is thus different from government, the latter stressing hierarchical de- cision-making structures and the centrality of public actors, while the former denotes the participation of public and private actors, as well as non-hierarchical forms of decision-mak- ing.” (Kohler-Koch/Rittberger 2006: 28). Diese Feststellungen wurden zum Ausgang für die erste Hypothese (H1) genommen, die sich mit den konkreten Governance-Formen in der Europäischen Bürgerinitiative beschäftigte und von folgender Annahme ausgeht:

60 Die Fraktionen des Deutschen Bundestags nutzen Modi des klassischen Regierens im nationa- len Regierungssystem und Governance-Formen in der Interaktion auf europäischer Ebene. Zur Beantwortung dieser Hypothese sind die Variablen „Koordination im Politikprozess“ und „Akteurkonstellation“ der Analyse von Bedeutung (vgl. Tabelle 6: 57). Es ist deutlich zu erken- nen, dass in der EBI auf deutscher Regierungsebene hierarchische Beschlüsse vorrangig waren. Zwar wurden im Hinblick auf die Akteurkonstellation auch zivilgesellschaftliche Initiativen und Akteure in den Prozess der Positionierung – der einen Aushandlungscharakter besaß – mit einbe- zogen, öffentliche Akteure überwogen aber fraglos. Dies wird besonders deutlich, wenn die ab- schließende Entscheidungsfindung betrachtet wird, da diese durch die Fraktionen beziehungswei- se das Bundestagsplenum jeweils in hierarchischen Abstimmungen getroffen wurde. Auf europäi- scher Ebene hingegen wurden allein nicht-hierarchische Modi der Koordination genutzt. Hier muss allerdings einschränkend hinzugefügt werden, dass diese nur von drei der fünf Bundestags- fraktionen wahrgenommen wurden. Die Akteure auf europäischer Ebene, mit denen die deut- schen Parlamentarier zusammengearbeitet haben waren nahezu ausschließlich öffentlicher Natur. H1 kann dementsprechend nicht vollständig zugestimmt werden. Auf deutscher Ebene arbeiteten die Ab- geordneten zwar in einem vor allem hierarchischen und auf europäischer Ebene in einem nicht- hierarchischen Modus, allerdings waren sowohl auf deutscher als auch auf EU-Ebene allein öf- fentliche Akteure in den Entscheidungsprozess involviert. Dies entspricht nicht der Definition von Governance als Verbindung öffentlicher und privater Akteure. Nichtsdestotrotz nimmt aber auf europäischer Ebene die nicht-hierarchische Entscheidungsfindung in einem informellen Rah- men für die Bundestagsabgeordneten einen weitaus größeren Raum ein als das „klassische Regie- ren“, das im deutschen Regierungssystem vorherrscht. Allein die geringe Einbindung nicht- öffentlicher Akteure bedingt, dass diese These nicht vollkommen verifiziert werden kann. Die zweite und dritte Hypothese bezieht sich vor allem auf die in 4.3 benannten Anpassungsstra- tegien deutscher Parlamentarier an das europäische Multi-level Governance System in einem „in- tegrationistischen“ Dossier. Hier sollen die Relevanz der europäischen Dimension von Mehrebe- nengovernance (H2) und die jeweiligen Strategien der Bundestagsfraktionen im EBI-Dossier (H3) überprüft werden. Hintergrund dieser Hypothesen ist die Prüfung der bisherigen For- schungsansätze zum Thema, die davon ausgehen, dass deutsche Parlamentarier zwar auf EU- Ebene aktiv sind, diese Aktivität jedoch abhängig von ihrem jeweiligen Einfluss auf deutscher Ebene ausüben. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass Abgeordnete der Regierungs- und Op- positionsfraktionen jeweils unterschiedliche Strategien verfolgen, was durch einen unterschiedli- chen Zugang zur nationalen Exekutive begründet wird (vgl. ausführlich: 4.3).

61 Die zweite Hypothese (H2) beschäftigt sich folglich mit der Relevanz der europäischen gegen- über der nationalen Ebene: Die vertikale Dimension der Koordination spielt in „integrationistischen“ Dossiers wie der Europäischen Bürgerinitiative eine größere Rolle als die horizontale Dimension. Aufgrund der Interviewaussagen der Bundestagsabgeordneten kann H2 eindeutig verifiziert werden. Auf einer qualitativen Ebene schätzten alle Abgeordneten die Zusammenarbeit mit dem Euro- päischen Parlament – also der vertikalen Ebene – als wichtigste Instanz für ihre Interessendurch- setzung bei der EBI ein. Nicht nur die Opposition arbeitete eng mit „ihren“ Abgeordneten im EP zusammen: „Aus Oppositionssicht ist es am sinnvollsten, mit den jeweiligen Partnerfraktionen im EP zu- sammenzuarbeiten, die sich dann auf der europäischen Ebene einbringen. Eine Stellungnah- me nach Art. 23 funktioniert ja als Oppositionspartei nicht, um über die Bundesregierung Einfluss auf die Verhandlungen im Rat zu nehmen.“ (1/SPD).

Auch die Regierungsfraktionen unterhielten einen intensiven Kontakt zum EP, „weil das infor- mell läuft, mit kurzem Draht und da auch Vertraulichkeit gewährleistet ist.“ (3/CDU/CSU). Kann also – angesichts der bisherigen Beobachtungen – noch von unterschiedlichen Strategien zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen gesprochen werden? In Kapitel 4.3 wurde be- reits beschrieben, dass in der Forschung häufig von unterschiedlichen Strategien zwischen Regie- rungs- und Oppositionsfraktionen ausgegangen wird. Während Erstere sich vor allem einer in- formellen Kooperation mit „ihrer“ Regierung bedienen, sei es die Opposition, die die Regierung umgehe und direkt auf EU-Ebene aktiv werde. Angesichts des dezidiert „integrationistischen“ Dossiers, sollte H3 untersuchen, ob sich die europapolitischen Strategien der Bundestagsfraktio- nen auch hier dieser Trennung zwischen Regierungs- und Oppositionsakteuren unterwerfen. Dementsprechend ging die dritte Hypothese dieser Arbeit von folgendem aus: Bei „integrationistischen“ Dossiers gleichen sich die europapolitischen Strategien der einzel- nen Bundestags-Fraktionen an. Im EBI-Dossier wurden zwar unterschiedliche Strategien wahrgenommen, diese orientierten sich allerdings nicht unbedingt an einer Trennlinie zwischen den Regierungs- und den Oppositions- fraktionen. So waren SPD und Grüne mit Abstand die aktivsten Akteure unter den Fraktionen, während hingegen Linke und CDU/CSU weniger aktiv waren; die FDP nahm eine Mittelposition ein. Betrachtet man allein die deutsche Regierungsebene, ist noch eine klare Dichotomie zwischen den Lagern zu erkennen, was die Kontrolle der Bundesregierung durch die Nutzung parlamenta- rischer Mittel und der Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure anbetrifft. Dieses Bild ver-

62 schwimmt hingegen auf europäischer Ebene, wo alle Abgeordneten mit ihren Partnern im Euro- päischen Parlament zusammenarbeiteten und dieselben informellen Kanäle nutzten. Entgegen dem Konzept der strategischen Anpassung (vgl. u.a. Auel/Benz 2005) arbeitete die Regierungs- fraktion bei der EBI nicht mit dem Bundeskanzleramt oder den relevanten Bundesministerien zu- sammen, um die nationalstaatliche Exekutive auf informellem Wege zu beeinflussen. Diese Dy- namik wurde gleichsam auf die europäische Ebene verschoben, wo die jeweiligen Interessen di- rekt umgesetzt werden konnten. Insofern kann H3 partiell verifiziert werden: Eine Angleichung der europapolitischen Strategien kann mit Blick auf die EU-Ebene bestätigt werden, während auf na- tionalstaatlicher Ebene diese Strategien weiterhin recht unterschiedlich und vor allem von der parlamentarischen Kontrolle der Opposition geprägt sind. Weiterhin ist bei der Angleichung der Strategien auch bedeutsam, inwieweit die Akteure über Erfahrungen im europäischen Mehrebe- nensystem verfügen. Tabelle 6: Zusammenfassung: Hypothesen H1: H2: H3: Governance/Regieren Kooperationsebenen Angleichung der Strategien Zustimmung? (✓ ) ✓ ✓/()✓ Quelle: Eigene Darstellung.

Nach der Überprüfung der Hypothesen soll nun abschließend versucht werden, die Forschungsfrage zu beantworten. Diese Studie strukturierte sich anhand der Frage „Inwieweit nutzen die Abgeordneten des Deutschen Bundestags Formen der europäischen Governance im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative?“. Nach eingehender Betrachtung des Dossiers der Europäischen Bürgerinitiative kann festgestellt werden, dass die deutschen Parlamentarier sich im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative bestimmter Governance-Mechanismen bedient haben. Die Kooperation mit der EU-Ebene unterlag hier vor allem diesen Governance-Formen, während die nationalstaatliche Ausgestaltung weitgehend nationalen Regierungsmodi unterlag. Auf EU-Ebene waren es vor allem die informelle Zusammenarbeit zwischen den deutschen und europäischen Akteuren und der nicht-hierarchische Aushandlungscharakter der Kooperation. Allerdings fanden die Kontakte vor allem innerhalb eines rein öffentlichen Rahmens statt, weswegen eine eindeutige Klassifizierung als „Governance“ nicht erfolgen kann. Nichtsdestotrotz beteiligten sich die deutschen Abgeordneten aktiv am europäischen Mehrebenenspiel, um ihre Interessen in den europäischen Politikprozess einzubringen. Im deutschen Regierungssystem verfügt der Bundestag zwar über weitreichende Informations- und Kontrollrechte europäischer Politik, aber gerade bei die Europäische Integration direkt

63 betreffenden Themen agieren die Abgeordneten lieber direkt mit der EU-Ebene und beschaffen sich ihre Information selbst durch persönliche Kontakte oder das Bundestagsbüro in Brüssel. Die europäische Mehrebenen-Architektur ist in diesem Zusammenhang eine nützliche Gelegenheitsarchitektur zur Interessenartikulation und -durchsetzung für die deutschen Abgeordneten.

64 8. Schlussbetrachtung Diese qualitative Einzelfallanalyse sollte einen Blick auf die Strategien der Abgeordneten des Deutschen Bundestags in einem „integrationistischen“ Dossier werfen. Hauptanliegen war es herauszustellen, wie nationale Parlamente – als „Herzstücke“ der repräsentativen Demokratie – mit europäischen Institutionen zusammenwirken und wie die deutschen Abgeordneten ihre Inter- essen und Positionen in den europäischen Politikprozess einbringen. Die Untersuchung der Eu- ropäischen Bürgerinitiative mithilfe von Analysekategorien aus der Multi-level Governance er- möglichte es, die konkrete Einbindung der deutschen Parlamentarier nachzuvollziehen. Diese Arbeit hat sich mit der geistigen Haltung Karl Raimund Poppers dem Thema genähert, der davon ausgegangen ist, dass „jeder wissenschaftliche Satz vorläufig ist“ (Popper 2005: 269 H.i.O.). Es konnte gezeigt werden, dass die Behandlung der Europäischen Bürgerinitiative im europäi- schen Mehrebenensystem nicht vollständig mit den bisherigen Annahmen über die „strategische Anpassung“ der deutschen Parlamentarier übereinstimmt. Im Sinne einer Weiterentwicklung die- ses Konzeptes kann der bestehenden Forschung hinzugefügt werden, dass die Strategien der Ab- geordneten sowohl Kontext- als auch Dossier-abhängig sind. Es wurde gezeigt, dass sich die Stra- tegien der Abgeordneten unter Umständen, wie beim hier vorliegenden „integrationistischen“ Fall, stark ähneln und sie sich insgesamt stärker auf die europäische Ebene, zum Europäischen Parlament hin verlagern, als dies noch vor einiger Zeit beschrieben wurde. Weiterhin brachten die durchgeführten Interviews zur Europäischen Bürgerinitiative ans Licht, dass nicht nur das jeweili- ge Dossier die Einbindung der Abgeordneten beeinflusst, sondern auch deren europapolitische Erfahrung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die jeweilige Aktivität der deutschen Parlamentarier im EU-Mehrebenensystem ausübt. Doch kann diese Einzelfallstudie auf weitere Fälle oder gar auf das Verhalten der Bundestagsab- geordneten insgesamt übertragen werden? Durch das qualitative Forschungsdesign war bereits eine Generalisierung ausgeschlossen, es wurde aber eine gewisse Generalisierbarkeit angestrebt (vgl. Kapitel 2.1). Die Europäische Bürgerinitiative verkörpert hier allein einen Ausschnitt aus der europapolitischen Realität, es lässt aber durchaus Rückschlüsse auf andere „integrationistische“ Politikfelder zu, wie beispielsweise europäische Bürgerrechte und Wahl- oder Visafragen, wo ge- gebenenfalls ähnliche Interessenkonstellationen zum Tragen kommen. An dieser Stelle wird es vor allem interessant sein, ein „integrationistisches“ Dossier mit einem „normalen“ EU-Dossier zu vergleichen, das nicht von EU-Experten, sondern auf der Ebene der Fachausschüsse feder- führend behandelt wird. In diesem Zusammenhang könnte untersucht werden, inwieweit es sich

65 bei der Dossierform tatsächlich um eine unabhängige Variable handelt, oder ob sich die europa- politische Arbeit der deutschen Abgeordneten insgesamt verändert und stärker zur europäischen Ebene hin verlagert hat. Es wurde deutlich, dass Bundestagsabgeordnete in der EBI weniger abhängig von „ihrer“ Regie- rung waren, als dies nach Auswertung der Literatur zu vermuten gewesen wäre. Sowohl im Hin- blick auf die Erlangung von Informationen als auch auf die Durchsetzung ihrer Interessen war die europäische Ebene für die deutschen Parlamentarier bedeutsamer. Anstatt über die Regierung in den Rat zu wirken, nutzten die Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen ebenfalls den Modus, der bislang eher der Opposition zugeschrieben wurde: Sie engagierten sich direkt auf EU-Ebene und bildeten gemeinsam mit dem Europäischen Parlament eine Governance-Koalition. Auf na- tionaler Ebene hingegen überwog innerhalb des Bundestags noch immer eine klassische Dichoto- mie zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen, was auch in der zurückhaltenden Nutzung formeller parlamentarischer Rechte deutlich wurde. Die deutschen Parlamentarier haben sich also durch die informelle und nicht-hierarchische Ausrichtung ihrer Kooperation mit der europäi- schen Ebene vor allem ihrer „Netzwerker“-Funktion bedient. Inwiefern die bei der Bürgerinitiati- ve beobachteten Koalitionen einem „informellen Mehrebenenparlamentarismus“ entsprechen, bedarf jedoch detaillierterer Untersuchungen. Trotzdem der Bundestag ebenso wie andere nationale Parlamente, als stark pfadabhängig in sei- ner Anpassung an das europäische Mehrebenensystem beschrieben werden kann, hat sich im vor- liegenden Fall ein „EU-spezifischer Kontrollmodus“ (Sprungk 2011: 211) herausgebildet, der al- lerdings vor allem von den Oppositionsakteuren genutzt wurde. Die Abgeordneten haben hier ihre Kontakte zum Europäischen Parlament nicht nur zur Positionsbestimmung und zum Positi- onsaustausch genutzt, sondern haben die dort gesammelten Informationen effektiv zur Kontrolle der eigenen Regierung eingesetzt. Dies zeigt auch, dass die innerstaatlichen Kontrollfunktionen im Deutschen Bundestag trotzdem noch weitgehend dem Muster nationaler Dossiers folgen., was die Frage nach sich zieht, inwiefern sich nicht auch die nationalstaatlichen Kontrollmodi stärker anpassen müssten, um eine effektive Kontrolle der Regierung in europapolitischen Fragen zu er- möglichen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die nationalen Parlamente im europäischen Mehrebenensystem zum großen Teil Politik-kontrollierende und -legitimierende Funktionen inne- haben.

66 Literatur

Monographien Adler, Jona Kathrin (2012): Von der Idee zur Verordnung – Die Rolle zivilgesellschaftlicher und institutioneller Akteure im Entstehungsprozess der Europäischen Bürgerinitiative, im Erscheinen. Beichelt, Timm (2009): Deutschland und Europa, Die Europäisierung des politischen Systems, Wiesbaden. Benz, Artur (1998): Regions in European Governance: The Logic of Multi-level Interaction, San Domenico. Bussemer, Thymian (2011): Die erregte Republik, Wutbürger und die Macht der Medien, Stuttgart. Creswell, John W. (2003): Research Design, Qualitative, quantitative and Mixed Methods Approaches, 2. Auflage, Thousand Oaks. Crouch, Colin (2009): Postdemokratie, Frankfurt/Main. Dahl, Robert (1989): Democracy and its Critics, New Haven. Flick, Uwe (2007): Qualitative Sozialforschung, Eine Einführung, erweiterte Neuausgabe, Hamburg. Gläser, Jochen/Laudel, Grit (2004): Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen, Wiesbaden. Heise, Daniel (2012): Neue Macht den Parlamenten!, Die nationalen Parlamente in der Europäischen Union als Wächter der Subsidiarität?, Marburg. Hix, Simon (1999): The political System of the European Union, Basingstoke/London. Hooghe, Liesbet/Marks, Gary (2001): Multi-level Governance and European Integration, Lanham. Lamnek, Siegfried (2005): Qualitative Sozialforschung, Lehrbuch, 4. Auflage, Basel. Marsh, David/Stoker, Gerry (1995): Theory and Method in Political Science, Basingstoke. Mayring, Philipp (2007): Qualitative Inhaltsanalyse, Grundlagen und Techniken, 9. Auflage, Weinheim. Miles, Matthew B./Huberman, Michael A. (1994): Qualitative Data Analysis – An Expanded Sourcebook, Thousand Oaks. Maurer, Andreas (2002): Parlamentarische Demokratie in der Europäischen Union, der Beitrag des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, Baden-Baden. Peters, Guy/Pierre, Jon (2000): Governance, Politics and the State, Palgrave. Popper, Karl R. (1995): Alles Leben ist Problemlösen, 6. Auflage, Erstauflage 1972, München. Popper, Karl R. (2005): Logik der Forschung, 11. Auflage, Erstauflage 1935, Tübingen. Rosamond, Ben (2000): Theories of European Integration, Basingstoke. Scharpf, Fritz W. (1999): Governing in Europe, effective or democratic?, Oxford. Scharpf, Fritz W. (2000): Interaktionsformen. Akteurzentrierter Institutionalismus in der Politikforschung, Opladen. Schmidt, Manfred G. (2004): Wörterbuch zur Politik, Stuttgart.

67 Schulz, Fabian (2011): Die Mitwirkung des Deutschen Bundestags in europäischen Angelegenheiten, Politikgestaltung im Spannungsfeld von Europäisierung und Entparlamentarisierung, Münster. Töller, Annette E. (1995): Europapolitik im Bundestag: Eine empirische Untersuchung zur europapolitischen Willensbildung im EG-Ausschuss des 12. Deutschen Bundestages, Frankfurt/Main. Tömmel, Ingeborg (2008a): Das politische System der EU, 3. Auflage, München/Wien. Zier, Matthias (2005): Nationale Parlamente in der EU, Göttingen.

Sammelwerke56 Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (Hrsg.) (2011): Auf dem Weg zum 'Mehrebenen- parlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden. Allen, Robert E. (Hrsg.) (1990): The Concise Oxford Dictionnary of Current English, 8. Auflage, Oxford. Auel, Katrin/Raunio, Tapio (Hrsg.) (2012): National Parliaments, Electorates and EU Affairs, Wien. Bache, Ian/Flinders, Matthew (Hrsg.) (2004): Multi-level Governance, Oxford. Benz, Artur (Hrsg.) (2004): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen – Eine Einführung, Wiesbaden. Benz, Artur/Lütz, Susanne/Schimank, Uwe/Simonis, Georg (Hrsg.) (2007): Handbuch Governance, Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden. Benz, Artur/Dose, Nicolai (Hrsg.) (2010): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen, Eine Einführung, 2. Auflage, Wiesbaden. Bertelsmann Stiftung (2012): Nationale Parlamente in der EU, Forschungsprojekt, im Erscheinen. Bieling, Hans-Jürgen/Lerch, Marika (Hrsg.) (2006): Theorien der europäischen Integration, 2. Auflage, Wiesbaden. Enderlein, Hendrik/Wälti, Sonja/Zürn, Michael (Hrsg.)(2010): Handbook on Multi-Level Governance, Cheltenham/Northhampton. Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Steinke, Ines (Hrsg.) (2008): Qualitative Sozialforschung, Ein Handbuch, 6. Auflage, Hamburg. Graziano, Paolo/Vink, Maarten P. (Hrsg.) (2007): Europeanization, New Research Agendas, Houndmills. Heinelt, Hubert/Knodt, Michèle (Hrsg.) (2011): Policies within the EU Multi-Level System, Instruments and Strategies of European Governance, Baden-Baden. Kohler-Koch, Beate (Hrsg.) (1998): Regieren in entgrenzten Räumen. PVS-Sonderheft 29, Opladen. Kohler-Koch, Beate (Hrsg.) (2003): Linking EU and National Governance, Oxford. Kohler-Koch, Beate/Larat, Fabrice (Hrsg.) (2009): European Multi-Level Governance, Contrasting Images in National Research, Cheltenham. Kohler-Koch, Beate/Quittkat, Christine/Altides, Christina (Hrsg.) (2011): Die Entzauberung partizipativer Demokratie: Zur Rolle der Zivilgesellschaft bei der Demokratisierung von EU- Governance, Frankfurt/Main. Leibfried, Manfred/Zürn, Michael (2006) (Hrsg.): Die Transformation des Staates?, Frankfurt/Main. 56 Es werden hier einschlägige Sammelwerke mit besonderer Relevanz für diese Arbeit zitiert.

68 Maurer, Andreas/Nickel, Dietmar (Hrsg.) (2005): Das Europäische Parlament, Supranationalität, Repräsentation, Legitimation, Baden-Baden. Marks, Gary et al. (Hrsg.) (1996): Governance in the European Union, London. Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W. (1995) (Hrsg.): Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung, Frankfurt/Main. O'Brennan, John/Raunio, Tapio (Hrsg.) (2007): National Parliaments within the enlarged European Union, from 'victims' of integration to competitive actors?, Oxon/New York. Pichler, Johannes W. (Hrsg.) (2008): Verändern wir Europa! Die Europäische Initiative – Art. 8b(4) Vertrag von Lissabon, Wien. Pichler, Johannes W./Kaufmann, Bruno (Hrsg.) (2011): The next big Thing: Making Europe Ready for the Citizens' Initiative, Wien/Graz. Pichler, Johannes W./Kaufmann, Bruno (Hrsg.) (2012): Modern Transnational Democracy: How the 2012 Launch of the European Citizens' Inititiative can change the World, Wien/Graz. Pies, Ingo/Leschke, Martin (Hrsg.) (1999): Karl Poppers kritischer Rationalismus, Tübingen. Richardson, Jeremy (Hrsg.) (2006): European Union, Power and policy-making, 3. Auflage, Oxon, New York. Schuppert, Gunnar F. (Hrsg.) (2005): Governance Forschung, Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien, Baden-Baden. Tömmel, Ingeborg /Verdun, Amy (Hrsg.) (2008): Die Europäische Union, Governance und Policy- Making, Wiesbaden. Wessels, Wolfgang/Maurer, Andreas/Mittag, Jürgen (Hrsg.) (2003): Fifteen into one: The European Union and it's Member States, Manchester.

Aufsätze und Policy Paper Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (2011): Auf dem Weg zum 'Mehrebenenparlamentarismus'?, in: Dies. (Hrsg): Auf dem Weg zum 'Mehrebenenparlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden, S. 17-40. Auel, Katrin (2006): The Europeanisation of the German Bundestag: Institutional Change and Informal Adaption, in: German Politics, Vol. 15, Nr. 3, S. 249-268. Auel, Katrin/Benz, Artur (2004): National Parliaments in EU Multi-level Governance – Dilemmas and Strategies of Adaptation, in: polis-Arbeitspapiere, Nr. 59. Auel, Katrin/Benz, Artur (2005): The Politics of Adaptation: The Europeanisation of National Parliamentary Systems, in: Journal of Legislative Studies – Special Issue –, Vol. 11, Nr. 3/4, S. 372-393. Auel, Katrin/Rittberger, Berthold (2006): Fluctuant nec merguntur, The European Parliament, national parliaments and European Integration, in: Richardson, Jeremy (Hrsg.): European Union, Power and policy-making, 3. Auflage, Oxon, New York, S. 122-145. Auel, Katrin/Raunio, Tapio (2012): Introduction: National Parliaments, Electorates and EU Affairs, in: Dies. (Hrsg.): National Parliaments, Electorates and EU Affairs, Wien, S. 7-28. Bache, Ian/Flinders, Matthew (2004): Themes and Issues in Multi-level Governance, in: (Dies.) (Hrsg.): Multi-level Governance, Oxford, S. 1-14.

69 Bähr, Holger/Treib, Oliver/Falkner, Gerda (2008): Von Hierarchie zur Kooperation? Zur Entwicklung von Governance-Formen in zwei regulativen Politikfeldern der EU, in: Tömmel, Ingeborg (Hrsg.): Die Europäische Union, Governance und Policy-Making, Wiesbaden, S. 92-115. Beichelt, Timm (2011): Regierungen als quasi-parlamentarische Akteure: Die Rolle der nationalen Exekutiven im Mehrebenenparlamentarismus, in: Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (Hrsg.): Auf dem Weg zum 'Mehrebenenparlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden, S. 119-131. Benz, Artur (2004): Governance – Modebegriff oder nützliches sozialwissenschaftliches Konzept?, in: Ders. (Hrsg): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen – Eine Einführung, Wiesbaden, S. 11-28. Benz, Artur (2004a): Multi-level Governance – Governance in Mehrebenensystemen, in: Ders. (Hrsg): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen – Eine Einführung, Wiesbaden, S. 111- 136. Benz, Artur (2004b): Europäisierung der Arbeit nationaler Parlamente, Abschlussbericht, Hagen. Benz, Artur/Dose, Nicolai (2004): Von der Governance-Analyse zur Policy-Theorie, in: Benz, Artur (Hrsg): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen – Eine Einführung, Wiesbaden, S.251-276. Benz, Artur/Lütz, Susanne/Schimank, Uwe/Simonis, Georg (2007): Einleitung, in: Dies. (Hrsg.): Handbuch Governance, Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden, S. 9- 25. Benz, Artur (2007): Multi-level Governance, in: Benz, Artur/Lütz, Susanne/Schimank, Uwe/Simonis, Georg (Hrsg.): Handbuch Governance, Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden, S. 297-310. Benz, Artur (2010): Multilevel Governance – Governance in Mehrebenensystemen, in: Benz, Artur/Dose, Nicolai (Hrsg.): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen, Eine Einführung, 2. Auflage, Wiesbaden, S. 111-136. Benz, Artur (2010a): The European Union as a loosely coupled multi-level system, in: Enderlein, Hendrik/Wälti, Sonja/Zürn, Michael (Hrsg.): Handbook on Multi-Level Governance, Cheltenham/Northhampton, S. 214-226. Benz, Artur/Broschek, Jörg (2010): Nationale Parlamente in der europäischen Politik, Funktionen, Probleme und Lösungen, Internationale Politikanalyse, Friedrich Ebert Stiftung. Börzel, Tanja A. (2005): European Governance – nicht neu aber anders, in: Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg): Governance-Forschung, Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien, Baden-Baden, S. 72-93. Börzel, Tanja A. (2007): European Governance – Negotiation and Competition in the Shadow of Hierarchy, Paper prepared for the European Union Studies Association Meeting, Montreal May 17- 20, 2007. Börzel, Tanja A. (2008): European Governance – Verhandlungen und Wettbewerb im Schatten der Hierarchie, in: Tömmel, Ingeborg (Hrsg.): Die Europäische Union, Governance und Policy- Making, Wiesbaden, S. 61-91. Börzel, Tanja A. (2009): Informelle Politik in Europa, Regieren in oder durch Netzwerke?, in: Gehler, Michael et al. (Hrsg.): Netzwerke im europäischen Mehrebenensystem von 1945 bis zur Gegenwart, Wien/Köln/Weimar, S. 27-38.

70 Braun, Dietmar (2004): Föderalismus, in: Ludger Helms /Uwe Jun (Hrsg.): Politische Theorie und Regierungslehre, Frankfurt a.M./New York, S. 130-162. Brok, Elmar/Selmayr, Martin (2008): Der 'Vertrag der Parlamente' als Gefahr für die Demokratie? Zu den offensichtlich unbegründeten Verfassungsklagen gegen den Vertrag von Lissabon, in: Integration, Vol. 31, Nr. 3, S. 217-234. Brosius-Linke, René (2009): Der Europaausschuss der 16. Wahlperiode: Strake Struktur, unambitioniert in den eigenen Reihen, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 4, S. 731-746. Caporaso, James A. (2007): The Three Worlds of Regional Integration Theory, in Graziano, Paolo/Vink, Maarten P. (Hrsg.): Europeanization, New Research Agendas, Houndmills, S. 23- 34. Christiansen, Thomas (1997): Reconstructing European Space: From Territorial Politics to Multi-level Governance, in: Jørgensen, Knud E.(Hrsg.): Reflective Approaches to European Governance, Basingstoke, S. 51-68. CONNEX (2008): Efficient and Democratic Governance in a Multi-Level Europe, Network of Excellence CONNEX, Publishable final activity report, 1. August 2008, Mannheim. Crespo, Enrique Barón (2012): Parliamentary Democracy and the Treaty of Lisbon, OPAL Online Paper, Nr 1. Cuesta-López, Víctor (2012): A Preliminary Approach to the Regulation on European Citizens‘ Initiative from Comparative Constitutional Law, in: Bruges Political Research Papers, Nr. 24, S. 6-22. Delcamp, Alain/Sicard, François (2012): Les parlements nationaux et l'Union européenne: De Reconnaissance à l'engagement, OPAL Online Paper, Nr. 2. Efler, Michael (o.D.): A Rollercoaster Ride to Democracy, http://www.democracy- international.org/story.html (letzter Zugriff: 2. August 2012). Eising, Rainer/Lenschow, Andrea (2007): Europäische Union, in: Benz, Artur/Lütz, Susanne/Schimank, Uwe/Simonis, Georg (Hrsg.): Handbuch Governance, Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden, S. 326-338. Flick, Uwe (2008): Design und Prozess qualitativer Forschung, in: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Steinke, Ines (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung, Ein Handbuch, 6. Auflage, Hamburg, S. 252-264. Flick, Uwe (2008a): Triangulation in der qualitativen Forschung, in: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Steinke, Ines (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung, Ein Handbuch, 6. Auflage, Hamburg, S. 309-318. Follesdal, Andreas/Hix, Simon (2006): Why There is a Democratic Deficit in the EU: A Response to Majone and Moravcsik, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 44, Nr. 3, S. 533-562. George, Stephen (2004): Multi-level Governance and the European Union, in: Bache, Ian/Flinders, Matthew (Hrsg.) (2004): Multi-level Governance, Oxford, S. 107-126. Goetz, Klaus H./Meyer-Sahling, Jan-Hinrick (2008): The Europeanisation of national political systems: Parliaments and Executives, in: Living Reviews in European Governance, Vol. 3, No. 2. Green Europe Foundation (2010): Handbuch zur Europäischen Bürgerinitiative, Eine Gebrauchsanweisung zur transnationalen, direkten Demokratie, Belgien.

71 Hall, Peter/Taylor, Rosemary (1996): Political Science and the three new Institutionalisms, MPIFG Discussion Paper, Nr. 6, Köln. Heinelt, Hubert/Knodt, Michèle (2011): Introduction: EU Policies in the European Multi- Level System, in: (Dies.) (Hsrg.): Policies within the EU Multi-Level System, Instruments and Strategies of European Governance, Baden-Baden, S. 7-20. Heinelt, Hubert/Knodt, Michèle (2011): Conclusion, in: (Dies.) (Hsrg.): Policies within the EU Multi-Level System, Instruments and Strategies of European Governance, Baden-Baden, S. 385- 408. Héritier, Adrienne (2003): New Modes of Governance in Europe: Increasing Political Capacity and Policy Effectiveness?, in: Börzel, Tanja A./Cichowski, Rachel (Hrsg.): The State of the European Union, Vol. 6, Law, Politics and Society, Oxford, S. 105-126. Holzhacker, Ronald (2005): The Power of Opposition Parliamentary Party Groups in European Scrutiny, in: Journal of Legislative Studies, Vol. 11, Nr. 3/4, S. 428-445. Holzinger, Katharina/Knill, Christoph/Schäfer, Ansgar (2006): Rhetoric or Reality? 'New Governance' in EU Environmental Policy, in: European Law Journal, Vol. 12, S. 403-420. Hölscheidt, Sven (2008): Formale Aufwertung – geringe Schubkraft: die Rolle der nationalen Parlamente gemäß dem Lissabonner Vertrag, in: Integration 3/2008, S. 254-265. Hölscheidt, Sven/Menzenbach, Steffi/Schröder, Birgit (2009): Das Integrationsverantwor- tungsgesetz – ein Kurzkommentar, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 4, S. 758-773. Jachtenfuchs, Markus (2010): The institutional framework of the European Union, in: Enderlein, Hendrik/Wälti, Sonja/Zürn, Michael (Hrsg.): Handbook on Multi-Level Governance, Cheltenham/Northhampton, S. 203-213. Jessop, Bob (2004): Multi-level Governance und Multi-level Metagovernance, in: Bache, Ian/Flinders, Matthew (Hrsg.) (2004): Multi-level Governance, Oxford, S. 47-74. Jordan, Andrew (2001): The European Union: an evolving system of multilevel governance ... or government?, in: Policy and Politics Nr. 29 Vol. 2, S. 193-208. Kammel, Arnold/Möller, Almut (2010): Mehr Demokratie wagen: Der Entwurf zur Europäischen Bürgerinitiative muss überarbeitet werden, AIES-Fokus, 5/2010. Karlas, Jan (2012): National Parliamentary Control over EU Affairs: Institutional Design after Enlargement, in: West European Politics, Vol. 35, Nr. 5, S. 1095-1113. Kaufmann, Sylvia-Yvonne/Plottka, Julian (2012): Die Europäische Bürgerinitiative: Start in ein neues Zeitalter partizipativer Demokratie auf EU-Ebene, EUD-konkret 1/2012. Kiiver, Philipp (2006): The National Parliaments in the European Union: A Critical View on EU Constitution-Building, Den Haag. Kiiver, Philipp (2007): European Scrutiny in National Parliaments, Individual Efforts in the Collective Interest?, in O'Brennan/Raunio (Hrsg.): National Parliaments within the enlarged European Union, from 'victims' of integration to competitive actors?, Oxon/New York, S. 66-78. Kirchhoff, Paul (1994): Das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in: Hommelhof, Peter/Kirchhoff, Paul (Hrsg.): Der Staatenverbund der EU, Heidelberg, S. 11-24. Knaut, Anette/Plottka, Julia (2012): Die Europäische Bürgerinitiative: Ein (kleiner) Schritt zu 'mehr' europäischer Demokratie!, in: Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 25/1, S. 85-89.

72 Knodt, Michèle/Große Hüttemann, Martin (2006): Der Multi-Level Governance Ansatz. In: Bieling, Hans-Jürgen/Lerch, Marika (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2. Auflage, Wiesbaden, S. 223–248. Kohler-Koch, Beate (1998): Effizienz und Demokratie. Probleme des Regierens in entgrenzten Räumen, in: Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Regieren in entgrenzten Räumen. PVS- Sonderheft 29, Opladen, S. 11-25. Kohler-Koch, Beate (2004): Interdependent European Governance, in: Dies. (Hrsg.): Linking EU and National Governance, Oxford, 10-24. Kohler-Koch, Beate/Rittberger Berthold (2006): Review Article: The 'Governance Turn' in EU Studies, in: Journal of Common Market Studies, Vol.44, Supplement 1, S. 27-49. König, Thomas/Mäder, Lars (2006): Das Regieren jenseits des Nationalstaates und der Mythos der 80-Prozent-Europäisierung in Deutschland, in: Politische Vierteljahresschrift, Vol. 49, Nr. 3, S. 438-464. Laumen, Anne/Maurer, Andreas (2006): Jenseits des „Permissive Consensus“: Bevölkerungsorientierungen gegenüber Europäischer Integration im Wandel?, SWP- Diskussionspapier, FG 1, 13. August 2006. Lenschow, Andrea (2005): Europeanization of Public Policy, in Richardson, Jeremy (Hrsg.): European Union, Power and Policy-making, 3. Auflage, London, S. 55-72. Majone, Giandomenico (1998): Europe's 'Democratic Deficit': The Question of Standards, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 4, Nr. 1, S. 5-28. Marks, Gary (1992): Structural Policy in the European Community, in: Sbragia, Alberta (Hrsg.): Europolitics: Institutions and Policy Making in the 'New' European Community, Washington D.C., S. 191-224. Marks, Gary (1993): Structural Policy and Multilevel Governance in the EC, in Cafruny, Alan/Rosenthal, Glenda (Hrsg.): The State of the European Community, New York, S. 391- 410. Marks, Gary (1996): Politikmuster und Einflußlogik [sic!] in der Strukturpolitik, in: Jachtenfuchs, Markus/Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Europäische Integration, Opladen, S. 313-344. Marks; Gary/Hooghe, Lisbet/Blank, Kermit (1996): European Integration from the 1980s: State Centric vs. Multi-Level Governance, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 34, Nr. 4, S. 341-378. Maurer, Andreas/Wessels, Wolfgang (2001): National Parliaments after Amsterdam: From Slow Adaptors to National Players? In: Dies. (Hrsg.): National Parliaments on their Ways to Europe: Losers or Latecomers?, Baden-Baden, S. 425-475. Maurer, Andreas/Mittag, Jürgen/Wessels, Wolfgang (2003): National Systems' Adaption to the EU System: Trends, Offers, Constraints, in: Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Linking EU and National Governance, Oxford, S. 53-81. Maurer, Andreas/Vogel, Stephan (2009): Die Europäische Bürgerinitiative, Chancen, Grenzen, Umsetzungsempfehlungen, SWP-Studie, Berlin.

73 Maurer, Andreas (2011): Mehrebenenparlamentarismus – Konzeptionelle und empirische Fragen zu den Funktionen von Parlamenten nach dem Vertrag von Lissabon, in: Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (Hrsg): Auf dem Weg zum 'Mehrebenen-parlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden, S. 43-63. Mayntz, Renate (1987): Politische Steuerung und gesellschaftliche Steuerungsprobleme – Anmerkungen zu einem theoretischen Paradigma, in: Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft Bd. 1, Baden-Baden, S. 89-110. Mayntz, Renate (2004): Governance im modernen Staat, in: Benz, Artur (Hrsg.): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen, Eine Einführung, Wiesbaden, S. 65-76. Mayntz, Renate (2005): Governance Theory als fortentwickelte Steuerungstheorie?, in: Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg): Governance-Forschung, Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien, Baden-Baden, S. 11-20. Mayring, Philipp/Gläser-Zikuda, Michaela (2005): Neuere Entwicklungen in der qualitativen Forschung und der Qualitativen Inhaltsanalyse, in: Dies. (Hrsg.): Die Praxis der Qualitativen Inhaltsanalyse, Einheim/Basel, S. 7-20. Meinefeld, Werner (2008): Hypothesen und Vorwissen in der qualitativen Sozialforschung, in: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Steinke, Ines (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung, Ein Handbuch, 6. Auflage, Hamburg, S. 265-275. Merkens, Hans (2008): Auswahlverfahren, Sampling, Fallkonstruktion, in: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Steinke, Ines (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung, Ein Handbuch, 6. Auflage, Hamburg, S. 286-298. Mieg, Harald (2005): Experteninterviews, Zürich, http://www.mieg.ethz.ch/education (letzter Zugriff: 21. August 2012). Moos, Christian (2012): Krise und Demokratie in Europa, Europas Werden und seine eigentliche Finalität, in: Europa-Aktiv, 3/2012. Moravcsik, Andrew (1994) Why the European Union Strengthens the State: Domestic Politics and International Cooperation, CES Working Paper Series, Nr. 52, Cambridge. Moravcsik, Andrew (2002): In Defence of the Democratic Deficit: Reassessing Legitimacy in the European Union, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 40, Nr. 4, S. 603-624. Mosher, James S./ Trudbek, David M. (2003): Alternative Approaches to Governance in the EU: EU Social Policy and the European Employment Strategy, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 41, Nr. 1, S. 63-88. NEWGOV (2008): New Modes of Governance, European University Institute, Integrated Project, Priority 7, Citizens and Governments in a Knowledge-based Society, 2004-2008. Niedobitek, Matthias (2011): Die Integrationsverantwortung von Bundestag und Bundesrat nach dem „Lissabon-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts, in: Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (Hrsg): Auf dem Weg zum 'Mehrebenenparlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden, S. 159-176. Nolte, Paul (2011): Von der repräsentativen zur multiplen Demokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 1–2, 2011. Norton, Philip (1994): The legislative Powers of Parliament, in: Flindermann C. (Hrsg.): The Evolving Role of Parliaments in Europe, Antwerpen, S. 15-32.

74 Norton, Philip (1995): Conclusion: Addressing the democratic Deficit, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 1, Nr. 3, S. 177-193. Nullmeier, Frank (2009): Formen der Staatlichkeit, Zu einer Analytik politischer Einheiten, in: Deitelhoff, Nicole/Steffek, Jens (Hrsg.): Was bleibt vom Staat?, Demokratie, Recht und Verfassung im globalen Zeitalter, Frankfurt/New York, S. 35-56. O'Brennan, John/Raunio, Tapio (2007): Introduction, Deparliamentarization and European Integration, in: Dies. (Hrsg.): National Parliaments within the enlarged European Union, from 'victims' of integration to competitive actors?, Oxon/New York, S. 1-26. Patzelt, Werner J. (2003): Parlamente und ihre Funktionen, in: Ders. (Hrsg.): Parlamente und ihre Funktionen, Institutionelle Mechanismen und institutionelles Lernen im Vergleich, Wiesbaden, S. 13- 49. Peters, Guy B./Pierre Jon (2004): Multi-Level Governance and Democracy: A Faustian Bargain?, in: Bache, Ian/Flinders, Matthew (Hrsg.) (2004): Multi-level Governance, Oxford, S. 75-92. Pierson, Paul (1998): The Path to European Integration: A Historical Institutionalist Analysis, in: Sandholtz, Wayne/Stone Sweet, Alec (Hrsg.) European Integration and Supranational Governance, Oxford, S. 27-58. Pies, Ingo (1999): Einleitung, in: Pies, Ingo/Leschke, Martin (Hrsg.): Karl Poppers kritischer Rationalismus, Tübingen, S. 3-39. Plehwe, Dieter (2007): Zahlenpolitik. EU-Recht und nationalstaatliche Gesetzgebung, in: WZB- Mitteilungen, Nr. 117, S. 7-11. Popper, Karl R. (1972; 1995): Wissenschaftslehre in entwicklungstheoretischer und in logischer Sicht, in: Ders.: Alles Leben ist Problemlösen, 6. Auflage, München, S. 15-45. Raunio, Tapio (1999): Always One Step Behind? National Legislatures and the European Union, in: Government and Opposition, Vol. 34, Nr. 2, S. 180–202. Raunio, Tapio (2005). Holding Governments Accountable in European Affairs: Explaining Cross-national Variation, in: Journal of Legislative Studies, Vol. 11, Nr. 3–4, S. 319–42. Raunio, Tapio (2009): National Parliaments and European Integration: What We Know and Agenda for Future Research, in: Journal of Legislative Studies, Vol. 15, Nr. 4, S. 317-334. Raunio, Tapio/Hix, Simon (2000): Backbenchers learn to fight back: European integration and parliamentary government, in: West European Politics, Vol. 23, Nr. 4, S. 142-168. Rittberger, Berthold (2010): Multi-level Governance and Parliaments in the European Union, in: Enderlein, Hendrik/Wälti, Sonja/Zürn, Michael (Hrsg.): Handbook on Multi-Level Governance, Cheltenham/Northhampton, S. 239-252. Ritzi, Claudia/Schaal, Gary S. (2010): Politische Führung in der „Postdemokratie“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 2–3, 2010. Rosenau, James N. (2004): Strong Demand, Huge Supply: Governance in an Emerging Epoch, in: Bache, Ian/Flinders, Matthew (Hrsg.) (2004): Multi-level Governance, Oxford, S. 31-48. Scharpf, Fritz W. (1978): Die Theorie der Politikverflechtung, in: Hesse, Jens Joachim (Hrsg.) Politikverflechtung im föderativen Staat, Baden-Baden, S. 21-31. Scharpf, Fritz W. (2003): Politische Optionen im vollendeten Binnenmarkt, in: Kohler-Koch, Beate/Jachtenfuchs, Markus (Hrsg.): Europäische Integration, Opladen, S. 219-253.

75 Schimank, Uwe (2007): Neoinstitutionalismus, in: Benz, Artur/Lütz, Susanne/Schimank, Uwe/Simonis, Georg (Hrsg.): Handbuch Governance, Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden, S. 161-175. Schneider, Volker (2004): State Theory, Governance and the Logic of Regulation and Administrative Control, in Warntjen, Andreas and Wonka, Arndt (Hrsg.): Governance in Europe, Baden-Baden. Schuppert, Gunnar Folke (2005): Governance im Spiegel der Wissenschaftsdisziplinen, in: Ders. (Hrsg.): Governance Forschung, Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien, Baden- Baden, S. 371-469. Selle, Linn (2012): Die Europäische Bürgerinitiative, Fallstudie im Rahmen des Forschungsprojektes „Nationale Parlamente in der Europäischen Union“, im Erscheinen. Sprungk, Carina (2007): The French Assemblée National and the German Bundestag in the European Union, Towards Convergence in the 'old' Europe?, in: O'Brennan/Raunio (Hrsg.): National Parliaments within the enlarged European Union, from 'victims' of integration to competitive actors?, Oxon/New York, S. 132-162. Sprungk, Carina (2010): Ever more or ever better scrutiny? Analysing the conditions of effective national parliamentary involvement in EU affairs, European Integration online Papers (EIoP), Vol. 14, Nr. 2. Sprungk, Carina (2011): Parlamentarismus im europäischen Mehrebenensystem. Zum Wandel von Rollenanforderungen an nationale Parlamente in EU-Angelegenheiten, in: Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (Hrsg.): Auf dem Weg zum 'Mehrebenenparlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden, S. 211-226. Steinhilber, Jochen (2005): Liberaler Intergouvernementalismus, in: Bieling, Hans-Jürgen/Herch, Marika (Hrsg.): Theorien der Europäischen Integration, Wiesbaden, S. 169-196. Stoker, Gerry (1995): Introduction, in: Marsh, David/Stoker, Gerry: Theory and Method in Political Science, Basingstoke, S. 1-16. Strelkov, Alexander (2012): Searching for the right tool in a brand new toolbox: Comparing factors of effective parliamentary scrutiny of EU affairs after the Treaty of Lisbon, Opal Online Paper, 3/2012. Suchanek, Andreas (1999): Kritischer Rationalismus und die Methode der Sozialwissenschaften, in: Pies, Ingo/Leschke, Martin (Hrsg.): Karl Poppers kritischer Rationalismus, Tübingen, S. 85- 104. Töller, Annette E. (2006): How European Integration impacts on National Legislatures: The Europeanization of the German Bundestag, Working Paper Series, Vol. 6, Nr. 2. Töller, Annette E. (2008): Mythen und Methoden. Zur Messung der Europäisierung der Gesetzgebung des Deutschen Bundestags jenseits des 80-Prozent-Mythos, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 1, S. 3-17. Vollrath, Sven (2011): Herausforderungen bei der Umsetzung der neuen Rechte nach dem Vertrag von Lissabon durch den Deutschen Bundestag und die Begleitgesetzgebung, in: Abels, Gabriele/Eppler, Annegret (Hrsg.): Auf dem Weg zum 'Mehrebenenparlamentarismus'?, Funktionen von Parlamenten im politischen System der EU, Baden-Baden, S. 177-194. Wallace, Helen (2003): Contrasting Images of European Governance, in: Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Linking EU and National Governance, Oxford, S. 1-9.

76 Weiler, Joseph H.H./Haltern, Ulrich R./Mayer, Franz (1995): European Democracy and its Critique, in: West European Politics, Vol. 18, Nr. 3, S. 4-39. Wessels, Wolfgang (1997): An ever closer Fusion, A Dynamic Macropolitical view on Integration Process, in: Journal of Common Market Studies, Nr. 35, Vol. 2. Wessels, Bernhard (2005): Roles and Orientations of Members of Parliaments in the EU: Congruence or Difference? Europeanisation or Not?, in: Journal of Legislative Studies, Vol. 11, Nr. 3-4, S. 446-465. Wolff, Stephan (2008): Dokumenten- und Aktenanalyse, in: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Steinke, Ines (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung, Ein Handbuch, 6. Auflage, Hamburg, S. 502-513.

Dokumente Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union (2010): Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/2013, 10. Juni 2010. Auswärtiges Amt (2010): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Dr. , , Ulrike Höfken u.a. und der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, Europäische Bürgerinitiative – Mögliche Änderungen an der Allgemeinen Ausrichtung des Rates, Drucksache 17/2521, 7. Juli 2010. Bundesministerium des Innern (2011): Schriftliche Fragen des Abgeordneten Manuel Sarrazin vom 8. Juli 2011, Arbeits-Nr. 7/90, 91, 92, 93, 15. Juli 2011. Bundesverfassungsgericht (2009): Urteil des Zweiten Senats zum Vertrag von Lissabon, 30. Juni 2009, http://www.bverfg.de/entscheidungen/es20090630_2bve000208.html (letzter Zugriff: 29. Juli 2012). Bündnis 90/Die Grünen (2010): Europäische Bürgerinitiative – Für mehr Bürgerbeteiligung in der EU, Antrag zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok 8399/10 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 GG, BT-Drucksache 17/1781, 19. Mai 2010. Bündnis 90/Die Grünen (2010a): Stellungnahme - Grünbuch zur Europäischen Bürgerinitiative KOM(2009) 622 endgültig, 28. Januar 2010. Committee on Constitutional Affairs (2010): Interparliamentary Committee Meeting, European Electoral Procedure and Citizens' Initiative, Final List of Participants, National Parliaments, 30. September 2010. Dehm, Diether (2010): Rede vor dem Deutschen Bundestag, 43. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 20. Mai 2010, S. 4382-4383. Deutscher Bundestag (2010): Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 17. Mai 2010 eingegangenen Antworten der Bundesregierung; Seite 3-4: Antwort der Staatsministerin Dr. auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Manuel Sarrazin, Drucksache 17/1812, 21. Mai 2010. Deutscher Bundestag (2010a): 43. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 20. Mai 2010. Deutscher Bundestag (2010b): 46. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 10. Juni 2010.

77 Deutscher Bundestag (2010c): Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union, zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative, BT-Drucksache 17/2013, 10. Juni 2010. Deutscher Bundestag (2011a): 139. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 10. November 2011. Deutscher Bundestag (2011b): 149. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 15. Dezember 2011. Deutscher Bundestag (2011): Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 18. April 2011 eingegangenen Antworten der Bundesregierung, Drucksache 17/5638(neu), 21. April 2011. Die Linke (2010): Die Europäische Bürgerinitiative bürgerfreundlich gestalten, Antrag zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Bürgerinitiative KOM(2010) 119 endgültig; Ratdok. 8399/10 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 GG, BT- Drucksache 17/1967, 9. Juni 2010. Die Linke: YouTube-Kanal der Fraktion: https://www.youtube.com/watch?v=8TH2T_fyU_4 (jeweils letzter Zugriff: 19. September 2012). Die Linke (2011): Programm der Partei DIE LINKE, Beschluss des Parteitages der Partei DIE LINKE vom 21./22./23. Oktober 2011 in Erfurt. Dörflinger, Thomas (2010): Rede vor dem Deutschen Bundestag, 43. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 20. Mai 2010, S. 4378-4379. Europäische Kommission (2009): Grünbuch zur Europäischen Bürgerinitiative, KOM(2009) 622 endgültig, Brüssel 11. November 2009. Europäische Kommission (2010): Outcome of the public consultation on the Green Paper on a European Citizens' Initiative, SEC(2010) 370, Brüssel 31. März 2010. Europäische Kommission (2010a): Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rats über eine Bürgerinitiative, COM(2010)119 endgültig, Brüssel, 31. März 2010. Europäische Kommission (2012): Finanzplanung und Haushalt, Woher kommt das Geld? http://ec.europa.eu/budget/explained/budg_system/financing/fin_de.cfm (letzter Zugriff: 23. Juli 2012) Europäische Union (1999): Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt Nr. C 340, 10. November 1999, http://eur- lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:11997D/AFI/UE: EN:HTML (letzter Zugriff: 30. Juli 2012). Europäische Union (2009): Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Amtsblatt Nr. C115/49, 9. Mai 2009, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex UriServ.do?uri=OJ:C:2008:115:0047:0199:de:PDF (letzter Zugriff: 30. Juli 2012). Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG), BGBl. I S. 311, 12. März 1993, http://www.gesetze-im-internet.de/euzbbg/BJNR031100993.html (letzter Zugriff: 30. Juli 2012)

78 Gesetz über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (Integrationsverantwortungsgesetz – IntVG) http://www.gesetze-im internet.de/intvg/BJNR302210009.html (letzter Zugriff: 22. August 2012). Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, http://www.gesetze-im-internet.de/gg/ (letzter Zugriff: 30. Juli 2012) Holmeier, Karl (2010): Rede vor dem Deutschen Bundestag, 43. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 20. Mai 2010, S. 4379-4380. Innenausschuss (2011): Beschlussempfehlung und Bericht, zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative, Drucksache 17/8029, 1. Dezember 2011. Internetseite Karl Holmeier, MdB: http://www.holmeier.de/reden-im-plenum/articles/rede_b %C3%BCrgerinitiative.html (letzter Zugriff: 19. September 2012). Internetseite Manuel Sarrazin: http://www.manuelsarrazin.de/search/node/ebi (letzter Zugriff: 19. September 2012). Internetseite Michael Roth: http://michaelroth.eu/mod_search/index.php?action=search& rubric=4&q=europ%E4ische+b%FCrgerinitiative (letzter Zugriff: 19. September 2012). Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments (2010): Stellungnahme des Petitionsausschusses für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative, Verfasser: Gerald Häfner, Diana Wallis, Dokument: PE450.890v02-00, 23. November 2010. Rat (2010): Note, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the Citizen's initiative, Dokument 10626/1/10, Brüssel 11. Juni 2010. Rat (2010a): Agreement on draft regulation implementing the European citizens' initiative, Dokument 11099/10, Presse 178, Luxemburg 14. Juni 2010. Ruppert, Stefan (2010): Rede vor dem Deutschen Bundestag, 43. Sitzung des Deutschen Bundestages, Donnerstag, 20. Mai 2010, S. 4381-4382. Ruppert, Stefan/Thein Alexandra (2010): Positionspapier Europäische Bürgerinitiative, 18. Juni 2010. SPD (2010): Europäische Bürgerinitiative bürgerfreundlich gestalten, Antrag zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative, Ratsdok. 8399/10, hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes, BT-Drucksache 17/1975, 9. Juni 2010. SPD (2010a): Stellungnahme der SPD-Bundestagsfraktion zum Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Europäischen Bürgerinitiative (KOM(2009) 622 endgültig), o.D., Berlin.

79 Zeitungsartikel Economist, The (2012): The Euro Crisis, An ever deeper democratic Deficit, erschienen: 26. Mai 2012 (Printedition), http://www.economist.com/node/21555927 (letzter Zugriff: 27. Juli 2012). Herzog, Roman/Gerken, Lüder (2007): Europa entmachtet uns und unsere Vertreter, in: Die Welt, 13. Januar 2007, www.welt.de/politik/article715345/Europa-entmachtet-uns-und-unsere- Vertreter.html (letzter Zugriff: 27. Juli 2012). Weingärtner, Daniela (2010): Das Mitmach-Europa, Europäische Volksbegehren, in die tageszeitung, 14. Juni 2010, http://taz.de/Europaeische-Volksbegehren/!53931/ (letzter Aufruf: 6. August 2012). Der Spiegel (2012): Monti fürchtet Auseinanderbrechen Europas, in: Der Spiegel, 5. August 2012, http://www.spiegel.de/politik/ausland/italiens-premier-monti-warnt-im-spiegel-vor- auseinanderbrechen-europas-a-848280.html (letzter Zugriff: 16. August 2012).

80 Anhang I: Kategorien der qualitativen Inhaltsanalyse EU-Ebene Deutsche Ebene

1) Koordinationsmodus Hierarchisch 1/SPD: Ja, da wurde die Linie der Fraktion beschlossen, es gab aber keine großen Diskussionen in der Fraktion. Die Position wurde in der AG Europa vorbereitet. 1/Die Linke: Ja gut, da ich Berichterstatter war, war ich derjenige, der die Position formuliert hat. Es gab eine gewisse Debatte [in der Fraktion, LS], aber die war jetzt auch nicht sonderlich kontrovers oder intensiv. [...] es gab einen großen Konsens für den Antrag, dass wir für eine Erleichterung der Möglichkeiten sind, also dass wir den Antrag stellen, war völlig unumstritten. 1/CDU/CSU: [Frage: wichtigste Akteure] Ja der wichtigste war, der Europausschuss, dann die Fraktion, das ist in der Fraktion sicher mit angesprochen worden. Das Kanzleramt, ja, bei so europäischen Themen binden wir schon das Kanzleramt mit ein. Im Bereich bestimmter Entscheidungen oder wir fragen Meinungen im Kanzleramt, ja die Bundeskanzlerin, das Kanzleramt, leistet hier eine gute Europapolitik. 1/FDP: in der Fraktion selbst, die ja einmal die Woche tagt und dann drei Stunden lang, stand es nur einmal auf der Tagesordnung und wurde dort dann beschlossen. Also, das wurde bei uns auch schon bei anderen AK’s zur Kenntnis genommen. Also auch beim Arbeitskreis 3, für Außen- Sicherheits- und Europapolitik, man kann also sagen, dass es schon diskutiert wurde. 3/CDU/CSU: Nach meiner Erinnerung war das kein eigener Tagesordnungspunkt in der Fraktion, das war in der Arbeitsgruppe Gegenstand der Beratungen, aber auch nicht besonders ausführlich. Wir haben uns mit dem Grünen- Antrag auseinandergesetzt, der dann irgendwann im April oder Mai auf den Tisch lag, aber darüber hinaus war das kein Anlass für größere Diskussionen.

81 1/Grüne: wir haben im EU-Ausschuss natürlich auf die Regierung Druck machen können, Fragen stellen können, unsere Position noch einmal einer Öffentlichkeit halt darstellen können. Im Wesentlichen ist für die Positionierung wichtig gewesen, was wir selber finden und das dann von unserer AG mitgetragen wird. Natürlich steht dann dahinter auch die Fraktion, aber es war jetzt nicht das Mega-Thema in den Fraktionssitzungen. 1/Grüne: [Fraktionsinterne Polarisierung] Haben wir dann aber eigentlich gelöst bekommen, indem wir dann eine gemeinsame Parteitagsbeschlussfassung organisiert haben und dann waren die Konflikte beigelegt. Nicht-hierarchisch 1/SPD: Wir haben uns schon ganz früh in den 1/Grüne: Unsere Rolle war, dass wir die Konsultationsprozess eingebracht, das war im Bundesregierung getrieben haben im Verfahren Rahmen der Grünbuchkonsultation. im Rat und dass die entscheidenden Mitarbeiter in 1/Die Linke: [Frage: Nicht-Teilnahme der Regierung wussten, wenn sie Sachen machen, Grünbuchkonsultation] dann war das gerade in die böse sind, dass das hier thematisiert wird. der Übergangszeit, wo ich hier in den BT 1/SPD: Austausch mit EUD. Wir haben in der gekommen bin. Also ich denke nicht das das SPD außerdem natürlich die eine politische Entscheidung war, ich weiß jetzt Grünbuchkonsultationen und die Stellungnahmen auch nicht genau, was eine der Initiativen verfolgt. Grünbuchkonsultation ist. Aber ähm ich 1/Die Linke: Ich habe vor allem mit dem Michael vermute mal, dass das eher war, wir hatten da Efler eng zusammengearbeitet, mit dem ich auch einen Wechsel im Europaausschuss, als ich in eng in Kontakt stehe. Wir haben ja auch ein paar den Europaausschuss gekommen bin und ich kritische Positionen, die auch die Begrenztheit hatte das dann in der Phase – als ich gerade in darstellen und haben Positionen entwickelt, die den BT gekommen bin – dann einfach nicht auch eine Erleichterung… auf dem Schirm. Gerade als kleine Fraktion ist 1/Grüne: wir gemeinsam mit ein paar NGOs und oft so das man einige Dinge nicht auf dem zivilgesellschaftlichen Institutionen letztlich ähm Schirm hat den Versuch der Bundesregierung, die Teilnahme 1/Grüne: wir haben sozusagen seit dem an der EBI kostenpflichtig zu machen, abwenden Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon alle konnten. Das kann man glaube ich mehreren Verfahrensschritte begleitet, haben – oh ich NGOs und uns sozusagen zuschreiben, dass wir erinnere mich da gar nicht mehr richtig – uns da eine gemeinsam eine parlamentarisch, auch an der Konsultation zum Grünbuch außerparlamentarisch eine kleine Kampagne beteiligt als Fraktion. gemacht haben, die diese Vorstellung der 1/FDP: Ja, ich habe mit meiner Kollegin aus Regierung abbiegen konnten. dem Europäischen Parlament, der Frau Thein, 1/Grüne [Zusammenarbeit Zivilgesellschaft] haben wir ein Positionspapier gemacht. EUD, CfE, Mehr Demokratie

82 2) Form der Zusammenarbeit Formell (Kodifizierte Zusammenarbeit) 1/SPD: Wir haben uns schon ganz früh in den 1/SPD: Er war Berichterstatter für die EBI und Konsultationsprozess eingebracht, das war im somit in der Fraktion hierfür zuständig. Außerdem Rahmen der Grünbuchkonsultation. hat er für unsere Fraktion am 1/SPD: [Frage Zusammenarbeit mit KOM] Ja, interparlamentarischen Treffen zwischen durch das interparlamentarische Treffen mit Europäischem Parlament und Deutschem KOM Szefkovic und die Bundestag teilgenommen. Grünbuchkonsultation. 1/SPD: Bundestagsbüro in Brüssel war erste 1/FDP: [Frage: nicht an der Anlaufstelle für Infos. Beispielsweise zur Frage Grünbuchkonsultation teilgenommen?] Nein, “Wer sind die jeweiligen Berichterstatter?” das lag auch ein bisschen daran, dass ich erst Direkter Kontakt zum Büro in Brüssel. im September 2009 Abgeordneter im 1/SPD: Sachstandsbericht wurde angefordert. Deutschen Bundestag wurde und die Außerdem wurde der wissenschaftliche Dienst zur Konsultation war ja schon davor. Da ich ja erst Authentifizierung von Onlinesystemen angefragt. ab September 2009 im BT war, war ich 1/SPD: BMI wurde über parlamentarische natürlich auch erst ab dann mit der Anfrage kontaktiert Berichterstattung betraut. 1/ Die Linke: Gut, ich habe einmal dazu geredet, 1/Grüne: wir haben sozusagen seit dem es gab eine Debatte, wenn ich mich richtig Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon alle erinnere. Es gab mehrere Debatten im Ausschuss, Verfahrensschritte begleitet, haben – oh ich das war vor eineinhalb Jahren, das war dann so die erinnere mich da gar nicht mehr richtig – uns Phase, wo es hier eine Beschäftigung damit gab, auch an der Konsultation zum Grünbuch danach eigentlich nicht mehr. beteiligt als Fraktion. 1/Die Linke: Dem Verbindungsbüro, ja ja. Wir 1/Die Linke: [Frage Nicht-Beteiligung haben fast jeden Tag miteinander gesprochen, ich Grünbuch] Dann war das gerade in der habe ihn oft darauf angesprochen, er hat mir Übergangszeit, wo ich hier in den BT Materialien dazugegeben. gekommen bin. Also ich denke nicht das das 1/CDU/CSU: Europaausschuss eine politische Entscheidung war, ich weiß jetzt auch nicht genau, was eine 1/CDU/CSU: [BT-Büro Brüssel] Die kommen Grünbuchkonsultation ist. Aber ähm ich eigentlich immer wieder gern. Zum Beispiel unser vermute mal, dass das eher war, wir hatten da BT-Büro in Brüssel ist bei jeder Sitzung der einen Wechsel im Europaausschuss, als ich in Arbeitsgruppe Europa bei uns hier in Berlin. [...] den Europaausschuss gekommen bin und ich wenn es in den Sitzungen um Europa geht, der ist hatte das dann in der Phase – als ich gerade in immer mit eingebunden. Damit der den BT gekommen bin – dann einfach nicht Informationsfluss gegeben ist, dass die wissen, auf dem Schirm. was ist grad mit in der Pipeline, und wir haben diese Verbindung nach Brüssel. 2/CDU/CSU: Also das [BT-Büro Brüssel] ist für uns eine wahnsinnig wichtige Informationsquelle. 1/FDP: [Kontakt PA1] Ja, das war eher auf der Mitarbeiterebene. Mein zuständiger Mitarbeiter hatte dazu Kontakt. [auch regelmäßigen Kontakt?] Ja, es ging darüber, ich bin ja auch Berichterstatter für das EUZBBG, und offen gesagt, damals habe ich die noch nicht so intensiv genutzt mit dem

83 Referat. Heute bin ich mit denen eher regelmäßig in Kontakt, weil die gute Arbeit machen. 3/CDU/CSU: Ja, insofern als uns als Berichterstatter natürlich die jeweiligen Vermerke zugehen, aus dem AA. Insofern bestand da schon ein Kontakt, aber der war jetzt nicht so intensiv, als dass ich da im entsprechenden Referat oder in der Abteilung nachgefragt hätte, wie die Bundesregierung jetzt darüber denkt. Das ist nicht erfolgt. 3/CDU/CSU: [Beratung EU-Ausschuss] Also wir waren, wenn ich mich richtig erinnere, federführend bei dieser Geschichte. Also insofern war es dort dann schon „etwas“ ausführlicher, aber es nahm beileibe nicht die Dimensionen an wie die Beratungen über den kompletten Lissabonvertrag. Was den Umfang angeht: Ich glaube in zwei Sitzungen war das abgefrühstückt. 3/CDU/CSU: [BT-Büro Brüssel] Mit denen stehen wir eigentlich immer in Kontakt, also insbesondere dann, wenn einer von uns federführend für die Berichterstattung für ein Thema ist, dann gibt es da einen regen Austausch zwischen dem Bundestagsbüro in Brüssel und natürlich auch dem Fraktionsbüro und dem einen oder anderen Kollegen im EP. 3/CDU/CSU: [BMs] Also meines Wissens hatten wir eine Vorlage aus dem AA dazu, aber das war mehr ein Sachstandsbericht. 1/Grüne: Rolle war, dass wir die Bundesregierung getrieben haben im Verfahren im Rat und dass die entscheidenden Mitarbeiter in der Regierung wussten, wenn sie Sachen machen, die böse sind, dass das hier thematisiert wird. 1/Grüne: wir haben da mit der Regierung schon richtig gefochten und ja schon was erreicht, mit den klassischen parlamentarischen Mitteln, plus Aufmerksamkeit in der zivilgesellschaftlichen, also der interessierten Öffentlichkeit. 2/Grüne: [BT-Büro BXL]: Zusammenarbeit wenig, weil es ja die direkten Kontakte ins EP gab. Die sind ja eigentlich immer eher Informationsbeschaffer. 1/Grüne: Kontakt wegen kleiner Anfrage zum BMI und AA

84 Informell (Nicht-kodifizierte Zusammenarbeit) 1/SPD: [Frage: Kontakte mit EP]: Es wurde 1/CDU/CSU: [Kanzleramt] Auch hier kommen Kontakt zur PES Fraktion gepflegt, sowohl zu bestimmte Anfragen und wenn wir etwas wissen deutschen als auch europäischen MEPs sowie wollen, dann fragen wir beim Kanzleramt nach. zur Berichterstatterin. Kontakt EP und BT als 1/CDU/CSU: Der BR spielt schon bei vielen Informationsscharnier: Intensive Kontakte und Entscheidungen eine Rolle, für uns persönlich Austausche. Mathias Grote und binden wir den schon mehr mit ein, weil ich Berichterstatterin des EP, Sonia Masini (SPE, persönlich kenne die bayrische Europaministerin IT). Beim interparlamentarischen Treffen recht gut, die zur Zeit dir Koordinatorin im BR informelle Gespräche und Austausch zwischen ist. Und die binden wir immer mit ein, oder wir nationalen Parlamentariern. fragen bei ihr nach. Oder reden einfach, auch hier 1/Die Linke: im Rahmen des Europarats mit in Berlin finden immer Gespräch mit statt, also es Akteuren zusammengestoßen bin, die sich finden immer wieder Gespräche auf der Ebene intensiv mit dem Thema beschäftigt haben und des BR statt, also mit Ländervertretungen. da habe ich Gespräche mit denen geführt. 1/FDP: Unserer Staatssekretärin im Zum Beispiel Andreas Große aus der Schweiz. Justizministerium in Hessen, der Frau Baer, mit Aber jetzt nicht speziell, es [EBI, LS] ist jetzt der habe ich da auch auf Parteiebene drüber auch nicht wirklich mein Schwerpunkt. gesprochen. Das war aber eher ein Austausch von 1/Die Linke: [Frage: Zusammenarbeit EP] Ja, Informationen, als eine gemeinsame mit unserer Abgeordneten stand ich da in Positionierung. Kontakt. Das lief auch über das 1/FDP: [Kontakt BMs] Ja, zum Auswärtigen Amt Verbbindungsbüro, der Austausch. Wir haben [War das regelmäßig und auf welcher Ebene] Auf da so ein Treffen europapolitischer der Fachebene. Nicht auf der politischen Ebene Sprecherinnen, so alle zwei bis drei Monate, da 3/CDU/CSU: [Einbindung LVs] Ich meine ja, sind dann wir da und Vertreter aus dem EP, mit der eigenen LV, in diesem Fall der in BaWü. Vertreter aus den Ländern, die europapolitischen Sprecher und Vertreter der 2/Grüne: Abstimmung mit grünen Ländern Stiftung die damit zu tun haben und da haben 1/FDP: FDP-Fraktion eine Koordinationsrunde, wir uns auch konkret über die EBI die erst in unmittelbaren zeitlichen ausgetauscht. Also eher Austausch von Zusammenhang damit eingerichtet wurde, um Positionen und der Versuch das einzuordnen genau solche Themen und Schnittstellen und sich zu positionieren. gemeinsam zu besprechen. Zwischen 1/CDU/CSU: [EP] Da gibt es viele Europaparlamentariern und persönliche Kontakte mit den Abgeordneten Bundestagsabgeordneten, aber das unterscheidet aus der Oberpfalz, wo ich herkomme. Oder sich insofern das es komplizierter ist, mit den mit den niederbayrischen Abgeordneten. Man beteiligten Personen zu koordinieren. Und es kann trifft sich, man trifft sich auch vor Ort auf natürlich auch sein, dass in der ALDE-Fraktion Terminen, und dann spricht man solche Dinge sich Änderungen ergeben in der Fraktionsdebatte, natürlich schon mit an. [Frage: Aber es gab als in der Bundestagsfraktion. jetzt keine gemeinsamen Positionspapiere?] 1/FDP: Insofern habe ich in unserem Arbeitskreis Nein. 4 [der Fraktion, Anm. LS], das ist der Arbeitskreis 1/FDP: Ja, ich habe mit meiner Kollegin aus für Innen- und Rechtspolitik, eine Position dem Europäischen Parlament, der Frau Thein, formuliert und Frau Thein hat für die haben wir ein Positionspapier gemacht, wo wir Europaabgeordneten eine Position formuliert und sozusagen meine Positionen als Berichterstatter die haben wir dann in einem gemeinsamen Papier für Wahlrecht, demokratische Beteiligung auf in Abgleich gebracht. 1/Grüne: wir gemeinsam mit ein paar NGOs und

85 Bundestagsebene betrifft, und Frau Thein, die zivilgesellschaftlichen Institutionen letztlich ähm dafür auf europäischer Ebene zuständig ist den Versuch der Bundesregierung, die Teilnahme und wir gemeinsam ein Positionspapier dazu an der EBI kostenpflichtig zu machen, abwenden erarbeitet haben. [...] Insofern habe ich in konnten. Das kann man glaube ich mehreren unserem Arbeitskreis 4 [der Fraktion, Anm. NGOs und uns sozusagen zuschreiben, dass wir LS], das ist der Arbeitskreis für Innen- und da eine gemeinsam eine parlamentarisch, Rechtspolitik, eine Position formuliert und außerparlamentarisch eine kleine Kampagne Frau Thein hat für die Europaabgeordneten gemacht haben, die diese Vorstellung der eine Position formuliert und die haben wir Regierung abbiegen konnten. dann in einem gemeinsamen Papier in Abgleich gebracht. 1/FDP: FDP-Fraktion eine Koordinationsrunde, die erst in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit eingerichtet wurde, um genau solche Themen und Schnittstellen gemeinsam zu besprechen. Zwischen Europaparlamentariern und Bundestagsabgeordneten, aber das unterscheidet sich insofern das es komplizierter ist, mit den beteiligten Personen zu koordinieren. Und es kann natürlich auch sein, dass in der ALDE-Fraktion sich Änderungen ergeben in der Fraktionsdebatte, als in der Bundestagsfraktion.1/FDP: [Kontakte KOM] Nein, den Part hat bei der Erarbeitung des Positionspapiers die Frau Thein übernommen. 1/FDP: [Weitere Kontakte KOM] Einmal auf einer Klausurtagung mit der portugiesischen Abgeordneten Alvaro, die im EP auch noch Innen- und Rechtsthemen vertreten, das war aber eher auch der Austausch von Informationen und nicht zur Erarbeitung von Positionen 1/FDP: [Rat]: Das wäre wenn dann auch die Aufgabe von Frau Thein gewesen. 3/CDU/CSU: [EP] Das ja, zumindest mit einem Kollegen stand ich im Austausch, Andreas Schwab, mein südbadischer Kollege, ein Abgeordneter mit dem ich mich eigentlich ständig – erst heute morgen wieder – wenn da irgendwas auf dem Tisch liegt, was entweder er federführend macht, oder ich, dann ist der Griff zum Telefon eigentlich normal. Also wir haben uns weniger in der Sache ausgetauscht, also abgeklopft, wie die Brüsseler Kollegen bzw. Straßburger Kollegen darüber denken, innerhalb der EVP-Fraktion, dass wir da nicht völlig unterschiedlich auflaufen. 1/Grüne: [EP]

86 ja schon sehr eng mit dem EP-Leuten zusammengearbeitet, und da das EP ja auch sozusagen entscheidend mitbeteiligt war. [Haben Sie gemeinsam Positionen abgestimmt?] Ja genau, ich glaube wir haben sogar, wenn ich mich richtig erinnere, eine kleine Infotour gemacht, dass wir gesagt haben wir machen zur EBI so ein Veranstaltungsformat, was in mehreren Ländern dann stattgefunden hat, haben also auch versucht Landtagsabgeordnete und Etablierte aus den Parteien in den Ländern und haben dann so auch vier oder fünf Veranstaltungen zur EBI in vier oder fünf Hauptstädten von deutschen Ländern gemacht. wir hatten da mehrere TKs (Telefonkonferenzen) und dann war da dieser Landratsbeschluss oder BK-Beschluss, das weiß ich nicht mehr genau, relativ wichtig. Und dann hat man tatsächlich immer stetig sich ausgetauscht und beispielsweise haben wir von den Kollegen in Brüssel dann erfahren, das die BReg plant, die Passnummern und dann haben wir in die Verordnung hier eingeholt und haben hier Druck gemacht, dass das nicht geht mit den Passnummern und dann hat die Regierung diese Position auch räumen müssen und darauf war das dann mit den Passnummern in der Verordnung auch draußen. 3) Akteurkonstellation Öffentliche Akteure 1/SPD: [Frage: Wichtigste politische 1/SPD: [Frage: Wichtigste politische Protagonisten auf europäischer Ebene?] Auch Protagonisten auf deutscher Ebene?] Das das Europäische Parlament, das ist ja ein Parlament, das ist ja ein klassisches Thema für ein Parlamentarierthema durch und durch, das Parlament. diejenigen die demokratisch repräsentieren 1/SPD: Bundestagsbüro in Brüssel war erste natürlich besonders berührt. Anlaufstelle für Infos. Beispielsweise zur Frage 1/SPD: [Frage Zusammenarbeit mit KOM] Ja, “Wer sind die jeweiligen Berichterstatter?” durch das interparlamentarische Treffen und Direkter Kontakt zum Büro in Brüssel. die Grünbuchkonsultation. Sachstandsbericht wurde angefordert. Außerdem 1/SPD: [Frage: Kontakte mit EP]: Es wurde wurde der wissenschaftliche Dienst zur Kontakt zur PES Fraktion gepflegt, sowohl zu Authentifizierung von Onlinesystemen angefragt. deutschen als auch europäischen MEPs sowie 1/SPD: BMI wurde über parlamentarische zur Berichterstatterin. Kontakt EP und BT als Anfrage kontaktiert. Informationsscharnier: Intensive Kontakte und 1/Die Linke: Dem Verbindungsbüro, ja ja. Wir Austausche.Interparlamentarisches Treffen mit

87 KOM Szefkovic 1/Die Linke: [Frage: haben da ja einen Vertreter – nur einen leider – Zusammenarbeit EP] Ja, mit unserer der im Augenblick auch im Vaterschaftsurlaub ist, Abgeordneten stand ich da in Kontakt. Wir wir haben also im Moment gar keinen. Das ist haben da so ein Treffen europapolitischer ganz furchtbar in dieser Phase. Der wechselt ja Sprecherinnen, so alle zwei bis drei Monate, da zwischen Brüssel und hier, der sitzt in Berlin sind dann wir da und Vertreter aus dem EP, gegenüber von meinem Büro und wir haben fast Vertreter aus den Ländern, die jeden Tag miteinander gesprochen, ich habe ihn europapolitischen Sprecher und Vertreter der oft darauf angesprochen, er hat mir Materialien Stiftung die damit zu tun haben und da haben dazugegeben. Und vor allem ging es um eine wir uns auch konkret über die EBI Einschätzung und das war sehr intensiv. ausgetauscht. 1/CDU/CSU: [BT-Büro Brüssel] Die kommen 1/FDP: Ja, ich habe mit meiner Kollegin aus eigentlich immer wieder gern. Zum Beispiel unser dem Europäischen Parlament, der Frau Thein, BT-Büro in Brüssel ist bei jeder Sitzung der haben wir ein Positionspapier gemacht, Arbeitsgruppe Europa bei uns hier in Berlin. [...] 3/CDU/CSU: [Zusammenarbeit mit EP] Das wenn es in den Sitzungen um Europa geht, der ist ja, zumindest mit einem Kollegen stand ich im immer mit eingebunden. Damit der Austausch [...] Andreas Schwab, mein Informationsfluss gegeben ist, dass die wissen, südbadischer Kollege […] ein Abgeordneter was ist grad mit in der Pipeline, und wir haben mit dem ich mich eigentlich ständig – erst diese Verbindung nach Brüssel. heute morgen wieder – wenn da irgendwas auf 2/CDU/CSU: Also das [BT-Büro Brüssel] ist für dem Tisch liegt, was entweder er federführend uns eine wahnsinnig wichtige Informationsquelle. macht, oder ich, dann ist der Griff zum 1/CDU/CSU: [EP] Da gibt es viele persönliche Telefon eigentlich normal.[…] Also wir haben Kontakte mit den Abgeordneten aus der uns weniger in der Sache ausgetauscht, also Oberpfalz, wo ich herkomme. Oder mit den abgeklopft, wie die Brüsseler Kollegen bzw. niederbayrischen Abgeordneten. Man trifft sich, Straßburger Kollegen darüber denken, man trifft sich auch vor Ort auf Terminen, und innerhalb der EVP-Fraktion, dass wir da nicht dann spricht man solche Dinge natürlich schon völlig unterschiedlich auflaufen. mit an. 1/ Grüne: [Zusammenarbeit mit KOM] Ja, ja, 1/FDP: Ansonsten im Parlament glaube ich war klar da haben wir auch auf jeden Fall auch das auch nicht eines der Themen das sehr irgendwas mit gemacht. Fragen Sie da nochmal konfliktgeprägt war. Die einen hätten das die Frau Holzhäuser, ob wir da auch noch vielleicht eher direkt ausgestaltet, die anderen informelle Kontakte hatten, im Zweifelsfall waren da etwas vorsichtiger. Und da bilden sich kam auf jeden Fall der Entwurf von denen. dann schnell die üblichen Positionen wie bei Ach, da war ja noch dieses Hearing in Brüssel, Fragen der direkten Demokratie ab: Wo die CDU wo wir zwar nicht selber waren, aber mit den sage ich mal die zurückhaltendste Fraktion und NGO’s und so… Grüne und FDP vielleicht eher die befürwortenden Fraktionen. Die SPD nehme ich da – aber dass muss man sie natürlich auch fragen – als relativ zerrissen wahr. 1/FDP: [Kontakt PA1] Ja, das war eher auf der Mitarbeiterebene. Mein zuständiger Mitarbeiter hatte dazu Kontakt. [auch regelmäßigen Kontakt?] Ja, es ging darüber, ich bin ja auch Berichterstatter für das EUZBBG, und offen gesagt, damals habe ich die noch nicht so intensiv genutzt mit dem Referat. Heute bin ich mit denen eher regelmäßig in Kontakt, weil die gute Arbeit machen.

88 3/CDU/CSU: Ja, insofern als uns als Berichterstatter natürlich die jeweiligen Vermerke zugehen, aus dem AA. Insofern bestand da schon ein Kontakt, aber der war jetzt nicht so intensiv, als dass ich da im entsprechenden Referat oder in der Abteilung nachgefragt hätte, wie die Bundesregierung jetzt darüber denkt. Das ist nicht erfolgt. 2/Grüne: [BT-Büro BXL]: Zusammenarbeit wenig, weil es ja die direkten Kontakte ins EP gab. Die sind ja eigentlich nur immer eher Informationsbeschaffer 2/Grüne: Zusammenarbeit mit grünen Ländern. Kontakt zum Bundesrat durch Bund-Länder Koordination, das war in Form einer Abstimmung zwischen uns und denen. 1/Grüne: [Zusammenarbeit mit BMI] Ja, ja genau. Und auch wenn wir es im Ausschuss hatten, dann war da normalerweise auch das Fachministerium da als Counterpart. Und wir haben da damals, also der Punkt war damals die Passnummern, dass das sozusagen in Deutschland gesetzeswidrig wäre. Das war natürlich ein wichtiger Hinweis, dass die Regierung diese Position auch im Rat nicht vertreten hat. So… also auch diese Information haben wir wahrscheinlich vom BMI dann bekommen.

Öffentlich-private Akteure 1/ Grüne: [Zusammenarbeit mit KOM] Ja, ja, 1/SPD: Austausch mit EUD. Wir haben in der klar da haben wir auch auf jeden Fall auch SPD außerdem natürlich die irgendwas mit gemacht. Fragen Sie da nochmal Grünbuchkonsultationen und die Stellungnahmen die Frau Holzhäuser, ob wir da auch noch der Initiativen verfolgt. informelle Kontakte hatten, im Zweifelsfall 1/Die Linke: Ich habe vor allem mit dem Michael kam auf jeden Fall der Entwurf von denen. Efler eng zusammengearbeitet, mit dem ich auch Ach, da war ja noch dieses Hearing in Brüssel, eng in Kontakt stehe. Wir haben ja auch ein paar wo wir zwar nicht selber waren, aber mit den kritische Positionen, die auch die Begrenztheit NGO’s und so… darstellen, und haben Positionen entwickelt, die auch eine Erleichterung… 1/Die Linke: [Frage: wichtigste Akteure auf deutscher Ebene] Also da würde ich schon Mehr Demokratie benennen und konkret Michael Efler, ich glaube die haben schon eine sehr wichtige Rolle gespielt. Aber gerade in diesem Prozess vor 2010, das habe ich dann auch nicht so wahrgenommen. 1/CDU/CSU: [Frage: ZG- Akteure] Wir haben Schreiben bekommen, wir

89 haben E-Mails bekommen von Organisationen zur EBI 1/FDP: Ja, ich bin in der Folge immer wieder eingeladen worden, von Vertretern von direkter Demokratie, kann aber auch nicht mehr genau sagen wann und bei wem ich da auf dem Podium gesessen habe. Aber vielleicht zwei bis dreimal. 3/CDU/CSU: Also jetzt nicht im Beratungsverfahren selbst aber danach, da war es schon verabschiedet. Weil es eine Initiative gab oder noch gibt, die den Sonntagsschutz zum Thema einer EBI machen wollte. 1/Grüne: wir gemeinsam mit ein paar NGOs und zivilgesellschaftlichen Institutionen letztlich ähm den Versuch der Bundesregierung, die Teilnahme an der EBI kostenpflichtig zu machen, abwenden konnten. Das kann man glaube ich mehreren NGOs und uns sozusagen zuschreiben, dass wir da eine gemeinsam eine parlamentarisch, außerparlamentarisch eine kleine Kampagne gemacht haben, die diese Vorstellung der Regierung abbiegen konnten. 1/Grüne: wir haben da mit der Regierung schon richtig gefochten und ja schon was erreicht, mit den klassischen parlamentarischen Mitteln, plus Aufmerksamkeit in der zivilgesellschaftlichen, also der interessierten Öffentlichkeit. 1/Grüne [Zusammenarbeit Zivilgesellschaft] EUD, CfE, Mehr Demokratie Welche Akteure waren – subjektiv – am wichtigsten? 1/SPD: Aus Oppositionssicht ist es am sinnvollsten mit den jeweiligen Partnerfraktionen im EP zusammenzuarbeiten, die sich dann auf der europäischen Ebene einbringen. Eine Stellungnahme nach Art. 23 funktioniert ja als Oppositionspartei nicht, um über die Bundesregierung Einfluss auf die Verhandlungen im Rat zu nehmen. 1/Die Linke: In dem Fall war es schon das Verbindungsbüro, das war wirklich sehr intensiv [Pause] und auch die Kontakte mit dem Europaparlament. 1/FDP: Ja, der Kontakt mit der Partnerin im EP. 3/CDU/CSU: Also das ist schon der Kontakt in EP, weil das informell läuft, mit kurzem Draht und da auch Vertraulichkeit gewährleistet ist. Das ist nicht nur in dem Fall, sondern auch in vielen anderen Fällen nützlich und hilfreich. 1/Grüne: Ich glaub das war relativ wichtig, dass das EP seinen Job gemacht hat und sich gleichzeitig der Bundestag in seinem legislativen Part des Rats aktiv eingemischt hat. Und dann ja glaube auch, wenn man eine gute Fachöffentlichkeit hat und auf bestimmte Dinge hingewiesen wird, die einem anders gar nicht auffallen – da war glaube ich die Zusammenarbeit mit dem EP am wichtigsten.

90 Zeitraum und Intensität der Beschäftigung 1/SPD: Wir haben uns schon ganz früh in den 1/SPD: [Frage wie oft mit Dossier beschäftigt?] Konsultationsprozess eingebracht [...] haben Sehr oft. Sowohl in Anträgen als auch in das Dossier sehr kontinuierlich im gesamten Debatten, sowohl im EU-Ausschuss als auch im Prozess verfolgt. Plenum. 1/Die Linke: [Frage: Und wie oft standen Sie 1/Die Linke: Im Kontext meines Mandats hier in Kontakt mit dem EP?] Nicht viel, das war [im BT, LS], da ich im Europaausschuss bin. schon jetzt begrenzt. 1/ Die Linke: Es gab mehrere Debatten im 1/FDP: Aber das konkrete Thema EBI- Ausschuss, das war vor eineinhalb Jahren, das war Ausgestaltung. Das war natürlich nach der dann so die Phase, wo es hier eine Beschäftigung Herausgabe des Grünbuchs im November damit gab, danach eigentlich nicht mehr. Und das 2009, aber wie gesagt Themen der direkten war auch die Zeit, wo ich mich für vier Wochen Demokratie haben wir allgemein schon immer intensiv, intensiver damit beschäftigt habe und drüber geredet. dann kamen wieder andere Sachen. 1/FDP: Also auf meiner persönlichen Agenda 1/Die Linke: Dem Verbindungsbüro, jaja. Der stand das recht weit oben. Also es ist ja jetzt wechselt ja zwischen Brüssel und hier, der sitzt in auch schon zwei Jahre her, dass das bei uns auf Berlin gegenüber von meinem Büro und wir der Tagesordnung stand, deswegen kann ich haben fast jeden Tag miteinander gesprochen, ich Ihnen jetzt nur schwer sagen wie oft genau. habe ihn oft darauf angesprochen, er hat mir Vielleicht 8 oder 9 Mal, 8 oder 9 Mal in Materialien dazugegeben. verschiedenen Sitzungen der Fraktion oder in 1/CDU/CSU: das erste Mal, dass wir das im Arbeitskreisen darüber gesprochen wurde, aber Europaausschuss behandelt haben, das dürfte in ganz genau kann ich Ihnen das jetzt nicht etwas der Mai 2010 gewesen sein. Es hat natürlich sagen. Das kommt natürlich auch darauf an, schon ein bisschen eine Rolle mitgespielt im welche Treffen man wertet, wenn man jetzt Europawahlkampf 2009. Treffen mit Frau Thein, oder ausgiebige 1/FDP: Also auf meiner persönlichen Agenda Telefonkonferenzen mit Frau Thein wertet, ist stand das recht weit oben. Also es ist ja jetzt auch man vielleicht eher bei 12 und wenn man jetzt schon zwei Jahre her, dass das bei uns auf der nur da, wo es formal auf der Tagesordnung Tagesordnung stand, deswegen kann ich Ihnen stand wertet, dann sind es vielleicht eher vier jetzt nur schwer sagen wie oft genau. Vielleicht 8 oder fünf. oder 9 Mal, 8 oder 9 Mal in verschiedenen 1/Grüne: also ich bin seit 2008 im Deutschen Sitzungen der Faktion oder in Arbeitskreisen Bundestag und vorher natürlich im Rahmen darüber gesprochen wurde, aber ganz genau kann der ganzen Debatten um den ich Ihnen das jetzt nicht sagen. Das kommt Verfassungsvertrag und dann im Rahmen der natürlich auch darauf an, welche Treffen man Umsetzungsgesetzgebung im Rahmen des wertet, wenn man jetzt Treffen mit Frau Thein, Lissabonvertrags aber es war natürlich immer oder ausgiebige Telefonkonferenzen mit Frau ein wesentlicher Punkt, sozusagen einer der Thein wertet, ist man vielleicht eher bei 12 und positiven Aspekte des Vertrags von Lissabon. wenn man jetzt nur da, wo es formal auf der Dann haben wir uns fachlich damit beschäftigt, Tagesordnung stand wertet, dann sind es vielleicht nach dem Inkrafttreten des Vertrags von eher vier oder fünf. Lissabon wie die Umsetzung läuft zunächst der 3/CDU/CSU: [erstmalige Beschäftigung Dossier] deutsche Anteil an der Umsetzung auf Das war, als ich das als Berichterstatter auf den europäischer Ebene das heißt die Schreibtisch bekam. [...] also Juni 2010 ist der Ausgestaltung der Verordnung Vermerk der Fraktion, die Plenarrede war am 20. 1/Grüne: wir haben sozusagen seit dem Mai, also gehe ich davon aus, dass das März / Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon alle April 2010 bei mir auf dem Schreibtisch gelandet

91 Verfahrensschritte begleitet. an der [ist, LS]. 3/CDU/CSU: Nach meiner Erinnerung Konsultation zum Grünbuch beteiligt als war das kein eigener Tagesordnungspunkt in der Fraktion und wir haben dann natürlich den Fraktion, das war in der Arbeitsgruppe Gesetzgebungsprozess, den die Regierung im Gegenstand der Beratungen, aber auch nicht Rat mitbestimmt dann auch in Absprache mit besonders ausführlich. Wir haben uns mit dem bzw. in Nicht-Absprache mit verfolgt und dann Grünen-Antrag auseinandergesetzt, der dann auch einen Parteitagsbeschluss oder einen irgendwann im April oder Mai auf den Tisch lag, Länderratsbeschluss zu dem Thema gefasst, in aber darüber hinaus war das kein Anlass für dieser Phase der Diskussion der Verordnung. größere Diskussionen.1/Grüne: Nachdem die Genau also so das ist ja genauso, wie die Verordnung dann beschlossen war, ist ja europäische Rechtssetzung laufen sollte, dass sozusagen die deutsche Umsetzung die Frage man sich an einer Konsultation im Rahmen gewesen und da haben wir uns halt sehr engagiert, eines Grünbuchs beteiligt, dass man sich dann so weil es da ja einige komische Vorstellungen gab. an dem Rechtssetzungsprozess der Verordnung beteiligt und dass man danach natürlich auch wieder an der nationalen Umsetzung befasst.

92 Anhang II: Transkriptionen der Interviews

Interview-Leitfaden EBI

Europäische Dimension der EBI In welchem Kontext haben Sie sich erstmal mit dem Dossier der EBI beschäftigt? Wann war das?

Haben Sie sich abgesehen von den Diskussionen im Bundestag mit dem EBI-Dossier beschäftigt?

Haben Sie an der Grünbuchkonsultation teilgenommen? Wenn nein warum nicht?

Parlamentarische Arbeit im Bundestag Charakterisieren Sie Ihre wesentlichen Interessen und die Ihrer Fraktion bei der EBI

Beschreiben Sie Ihre Rolle bei der Umsetzung der EBI

Welche Rolle spielten die Fraktionssitzungen für ihre Positionierung?

Welche Rolle spielte die Regierung für ihre Positionierung?

Welche Rolle spielte der EU-Ausschuss?

Wenn Sie die Entscheidungsfindung bei der EBI mit nationalen Dossiers vergleichen, ist diese eher ähnlich oder eher unterschiedlich?

Polarisierung innerhalb des Bundestages Wie konflikthaft schätzen Sie das Dossier ein? − innerhalb der eigenen Fraktion − zwischen den Fraktionen des Bundestags

In welchen Punkten gab es unterschiedliche Positionierungen zwischen ihrer Koalition und der Opposition?

Haben Sie diese Polarisierung als stärker oder schwächer im Vergleich zu nationalen Dossiers wahrgenommen?

93 Charakterisierung der parlamentarischen Netzwerke Inwieweit standen Sie mit den folgenden Akteuren im Rahmen der EBI in Kontakt?

Institution Zusammen- Form der Häufigkeit der Ziel der arbeit Zusammenarbeit Zusammenarbeit Zusammenarbeit Ja/Nein? (formell/informell) (im EBI-Prozess) Bundestags büro in Brüssel PA 1

Kanzleramt

Bundes- ministerien (Welches?) Bundesrat

Länder- vertretung (Welche?) EU- Kommission EP

Rat

Einzelne MdEP's (Welche?) MP's anderer EU- Staaten (Welche?)

Welche Kontakte erscheinen Ihnen am meisten zielführend zur Durchsetzung der eigenen Position?

Haben Sie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen / Initiativen zusammengearbeitet? Wenn ja welche?

Öffentlichkeitsstrategien Wie öffentlichkeitswirksam schätzen Sie das Dossier ein und warum?

Haben Sie oder Ihre Fraktion bei der EBI gezielt die mediale Öffentlichkeit genutzt?

94 Haben Sie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen / Initiativen zusammengearbeitet?

Politische Protagonisten Zum Abschluss möchte ich noch kurz die ihrer Meinung nach politischen Protagonisten in der Europäischen Bürgerinitiative abfragen:

Wer waren Ihrer Meinung nach die relevanten Akteure in der eigenen Fraktion? (Name und Position)

Wer waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten politischen Protagonisten auf deutscher Ebene? (Institutionen, Personen)

Wer waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten politischen Protagonisten auf europäischer Ebene? (Personen, Institutionen)

Abschlussfrage Wie bewerten Sie das Ergebnis der EBI (Verordnung und Durchführungsgesetz) vor dem Hintergrund ihrer eigenen Interessen?

95 1/CDU/CSU; 2/CDU/CSU Mitglied EU-Ausschuss; Mitarbeiter Interview am 24. Mai 2012

LS: Dass wir zur EBI übergehen. Aber das war auf jeden Fall schon mal sehr interessant, was Sie so gesagt haben zu den Netzwerken, über die sich der BT einbringt. Das interessiert mich bei der EBI auch vor allem. Vielleicht können Sie kurz sagen, wann Sie sich das erste Mal mit dem Dossier der Bürgerinitiative befasst haben. 1/CDU/CSU: Also ich glaube, das erste Mal, dass wir das im Europaausschuss behandelt haben, das dürfte in etwas der Mai 2010 gewesen sein. Es hat natürlich schon ein bisschen eine Rolle mitgespielt im Europawahlkampf 2009 und ich habe das jetzt nicht mehr ganz im Kopf, aber so- wie ich weiß, hat die CSU schon damals eine Europäische Volksabstimmung mit uns Gespräch gebracht. Das war zwar nicht diese EIB, aber sowas ähnliches mit Abstimmung. Ja das andere war früher Mai 2010. LS: Und Ihre wesentlichen Interessen in der EBI, gibt es da so ein paar Schlagworte, die Sie nennen können, die Ihnen wichtig waren? 1/CDU/CSU: Also wir stehen dazu. Man muss natürlich feststellen, dass ein Defizit, das sehen wir dann, wenn es mal dazu kommt, sind eine Million Unterschriften aus 12 Ländern glaube ich.. 2/CDU/CSU: ich glaube einem Viertel. LS: sieben Länder momentan 1/CDU/CSU: Ja das ist mit Sicherheit auch ein Versuch, ein Weg die Bürger ein bisschen früher für Europa zu interessieren, für Europa zu sensibilisieren. Und sich da ein bisschen mit zu beteili- gen, das merkt man ja zur Zeit überall. Und das wird dann die große Herausforderung 2014 mit der Europawahl, das Interesse an Europa geht zurück, das ist ein Riesenproblem, vielleicht hängts ja damit zusammen, mit dem Euro, mit dieser ganzen Unsicherheit. Obwohl Brüssel mit Sicherheit nichts dafür kann, dass der Euro so schwach ist. Aber das Problem ist ja nicht die Schwäche des Euro, sondern das Problem ist die Politik der Länder in den vergangenen Jahren. Also das ist mit ein Weg die Bürger ein bisschen mit für Europäische Themen zu interessieren. LS: Wer waren im deutschen Regierungssystem so für Sie die wichtigsten Akteure, da kann innerhalb des BT, aber auch darüber hinaus sein? 1/CDU/CSU: Ja der wichtigste war, der Europausschuss, dann die Fraktion, das ist in der Frakti- on sicher mitangesprochen worden. Das Kanzleramt, ja, bei so europäischen Themen binden wir schon das Kanzleramt mit ein. Im Bereich bestimmter Entscheidungen oder wir fragen Meinun- gen im Kanzleramt, ja die Bundeskanzlerin, das Kanzleramt, leistet hier eine gute Europapolitik. Wir informieren uns dann halt und holen uns zusätzliche Tenorpunkte. LS: Wenn Sie die Entscheidungsfindung im BT vergleichen, mit so genuin nationalen Themen, sehen Sie das ähnlich oder schon unterschiedlich? 1/CDU/CSU: Also diese Entscheidung im Bundestag, ich weiß jetzt die Mehrheitsverhältnisse nicht mehr ... LS: Ich glaube, die ist einstimmig gefallen... 1/CDU/CSU: Also die ist einstimmig gefallen, also es hat dort lange Diskussionen gegeben. (An- merkung JK: Müsste es nicht keine langen D. heißen?)

96 LS: Und wenn Sie jetzt so die Diskussionen in Ihrer Fraktion betrachten, schätzen Sie das Dossier als eher wenig konflikthaft ein oder gab es da schon Diskussionen um die Aus- gestaltung? 1/CDU/CSU: ...... (ne?) LS: Ok, und wie schätzen Sie im BT so allgemein die Stimmungslage? War das eher kon- flikthaft? 1/CDU/CSU: Es Reden im deutschen BT dazugegeben, ich habe selber dazu gesprochen. Aber da waren keine Konfrontationen, sondern das war eigentlich von allen Parteien, von allen Frak- tionen... 2/CDU/CSU: Man war sich einig, dass es unkompliziert und unbürokratisch und praktikabel sein sollte, das war das Wichtigste. LS: In diesem Sinne würden Sie eine Polarisierung zwischen den Fraktionen im BT wür- den Sie als eher schwächer... 1/CDU/CSU: Ja, eher schwächer. LS: Für meine Fallstudie ist es wichtig, eine Einbettung in die jeweiligen Netzwerke zu machen. Also die Personen, mit denen Sie zusammengearbeitet haben im Rahmen der EBI. Ich würde ein- fach so ein paar Akteure kurz abfragen. LS: haben Sie mit dem BT-Büro in Brüssel zusammengearbeitet für die EBI? 1/CDU/CSU: Ja. Die kommen eigentlich immer wieder gern. Zum Beispiel unser BT-Büro in Brüssel ist bei jeder Sitzung der Arbeitsgruppe Europa bei uns hier in Berlin, dass heißt also, wir haben hier eine .... ---Unterbrechung des Interviews durch „Heimatbesuch“--- 1/CDU/CSU: Na wir organisieren Reisen für Besucher, Vereine, Schulklassen, Privatpersonen. Und wenn die kommen, dann müssen die auch sehen, wie es im BT ist. Das gehört mit dazu. 2/CDU/CSU: So kann man Politik ja auch viel näher bringen. Das reduziert ein bisschen die Di- stanz, die immer wieder aufkommt. Das ist schon ganz hilfreich. LS: Auch wenn man seinen Abgeordneten mal persönlich kennengelernt hat, das ist schon viel wert. 1/CDU/CSU: Aber noch einmal zurück. Also dieser Verbindungsmann, der für uns laufend in Brüssel ist, also wenn wir Sitzungswochen haben in Berlin, dann ist der, der ist zum Beispiel in je- der Sitzung da, wenn es in den Sitzungen um Europa geht, der ist immer mit eingebunden. Da sind auch die Vertreter der Bundesländer mit eingebunden. Das heißt also von den Bundeslän- dern ist in den Arbeitsgruppensitzungen Europa immer jemand mit bei. Damit der Informations- fluss gegeben ist, dass die wissen, was ist grad mit in der Pipeline, und wir haben diese Verbin- dung nach Brüssel 2/CDU/CSU: Wir sind da auch sehr gut vernetzt in Brüssel. Also das ist für uns eine wahnsinnig wichtige Informationsquelle. Wenn wir irgendwas wissen müssen, brauchen wir nur dort anrufen, die wissen das alles, die haben ihre Kontakte, die können im Zweifel auch nachfragen. Weil wir sind da natürlich nicht ständig vor Ort und wir kennen die Leute nicht so. 1/CDU/CSU: Also der Herr P. fährt auch gerade im Juni wieder für vier Wochen oder zwei bis drei Tage nach Brüssel. 2/CDU/CSU: Nein zwei bis drei Tage.

97 1/CDU/CSU: Um einfach die Kontakte wieder ein bisschen zu pflegen und sich ein bisschen ak- tuell zu informieren. Auch das ist wichtig. Auch wir selber als Europaausschuss, wir fahren auch ein bis zweimal im Jahr nach Brüssel. Wir haben auch immer mal wieder Europaabgeordenete bei uns in den Ausschüssen. Es sind immer wieder Mitglieder des Europäischen Parlaments bei uns im Europaausschuss, also aus dem deutschen Bereich, aber auch Franzosen warn jetzt schon da, Ungarn waren da. LS: ja man liest nur immer, dass das nicht so angenommen wird, weil sich auch die Sitzungszeiten überschneiden. 2/CDU/CSU: Also das ist nicht in jeder Sitzung, aber schon recht häufig. 1/CDU/CSU: Aber wichtig ist, dass die Verbindungsleute in Brüssel immer hierher zu den Sit- zungswochen kommen, um auch die Kontakte zu knüpfen. LS: Haben Sie bei der EBI auch mit dem PA1 hier im BT zusammengearbeitet? 2/CDU/CSU: Also die gehören ja zusammen, Das Bundestagsbüro in Brüssel ist ja PA1. Also extra noch mit PA1 hier eher weniger. LS: das Kanzleramt haben Sie ja schon erwähnt. 1/CDU/CSU: Auch hier kommen bestimmte Anfragen und wenn wir etwas wissen wollen, dann fragen wir beim Kanzleramt nach. LS: Und im Rahmen der EBI? 1/CDU/CSU: Ich glaube schon, ja. LS: Haben Sie bei der EBI auch mit Bundesministerien Kontakt gehabt? 1/CDU/CSU: Ich glaube weniger, weil Europapolitik ist im Kanzleramt. LS: Der Bundesrat? 1/CDU/CSU: Der BR spielt schon bei vielen Entscheidungen eine Rolle, für uns persönlich bin- den wir den schon mehr mit ein, weil ich persönlich kenne die bayrische Europaministerin recht gut, die zur Zeit dir Koordinatorin im BR ist. Und die binden wir immer mit ein, oder wir fragen bei ihr nach. Oder reden einfach, auch hier in Berlin finden immer Gespräch mit statt, also es fin- den immer wieder Gespräche auf der Ebene des BR statt, also mit Ländervertretungen. LS: Haben Sie bei der EBI mit der KOM Kontakt gehabt? 1/CDU/CSU: Ich glaube nicht. LS: Mit dem EP, mit einzelnen Abgeordneten? 1/CDU/CSU: Da gibt es viele persönliche Kontakte mit den Abgeordneten aus der Oberpfalz, wo ich herkomme. Oder mit den niederbayrischen Abgeordneten. Man trifft sich, man trifft sich auch vor Ort auf Terminen, und dann spricht man solche Dinge natürlich schon mit an. LS: Aber es gab jetzt keine gemeinsamen Positionspapiere. 1/CDU/CSU: Nein. 2/CDU/CSU: Das liegt aber auch hier an dem Thema mit, das war wirklich nicht sehr streitig. 1/CDU/CSU: Genau, aber wo wir viele Kontakte haben momentan, das ist die Europäische Strukturförderung die 2013 ausläuft und da haben wir gerade heute Vormittag einander, wo wir 98 hin und herschreiben mit den Europaabgeordneten, mit der KOM, wie geht’s hier weiter, weil das einfach ein ganz anderes Thema ist und hierzu eigentlich alle was sagen. Deswegen ist das ein ganz anderes Thema, das geht schnell drüber und nüber. LS: Zum Abschluss noch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren. Standen Sie in Kontakt mit denen? 1/CDU/CSU: Wir haben Schreiben bekommen, wir haben E-Mails bekommen von Organisatio- nen zur EBI: Da schreiben wir natürlich Dinge zurück. Aber ich kann hier nicht mehr sagen, wer das hier genau war. Aber es waren auf jeden fall Anfragen bei uns da und die E-Mails, die gekom- men sind, bitte unterstützen und so weiter 2/CDU/CSU: Die Europaunion Deutschland hat sich auch, da sind Sie auch Mitglied, hat sich auch stark dafür eingesetzt 1/CDU/CSU: Aber es sind auch von anderen Organisationen Schreiben gekommen. LS: Ja gut, das wars dann auch schon. 1/CDU/CSU: ich glaube, dass das Thema Euro mit Sicherheit eines der ersten Themen wird. LS: Ja es ist dann auch sicher wichtig, wie solche Themen dann auch bearbeitet werden, ob sie von der KOM ernst genommen werden und so weiter. 1/CDU/CSU: Das ist schon wichtig. Wenn so etwas kommt, dann darf man das nicht einfach wegwischen, sondern da muss man sich ernsthaft damit befassen, weil sonst wird das ja bedeu- tungslos. Ziel ist es ja das Interesse für Europa zu wecken und dass, die Bürger dafür die Wichtig- keit sehen. Ein Zurück kann es nicht geben. Jetzt ist erst einmal wichtig, dass wir Ruhe bekom- men, dass wir den Euro stabilisieren. Allerdings bin ich mir sicher, dass im Hintergrund alle Lö- sungen vorbereitet werden. LS: Wie sind da so Ihre Rückkoppelungen im Wahlkreis, nehmen die Bürger das als brennendes Thema auf? 1/CDU/CSU: Also wir bekommen zurzeit viele Briefe, auch böse. 2/CDU/CSU: Das ist das Thema, zu dem zurzeit die meisten Zuschriften kommen. 1/CDU/CSU: Positive Zuschriften kommen weniger als negative. Aber man merkts halt draußen auf Veranstaltungen, dass das momentan das größte Thema ist, was die Menschen betrifft. Wie geht’s weiter. Wie kann man die Leute dazu bringen, dass es auf der Bank bleibt. Wir haben ges- tern diskutiert, ob es denn sinnvoll wäre, dass wir eine Garantie abgeben, dass das Geld auch nach der Umstellung, wenn eine neue Währung kommen sollte, dass das dann noch als Euro er- halten bleibt. JK: Gut, vielen Dank, wir haben die dreißig Minuten sogar fast eingehalten.

99 3/CDU/CSU EBI-Berichterstatter im EU-Ausschuss Interview am 28. Juni 2012, 15h15

LS: Ich würde gerne erst einmal die europäische Dimension der EBI abfragen und wie und ab wann Sie in die EBI eingebunden waren. In welchem Kontext haben Sie sich erstmal mit dem Dossier der EBI beschäftigt? 3/CDU/CSU: Das war, als ich das als Berichterstatter auf den Schreibtisch bekam. Müsste ich jetzt nachgucken, wann das war, also Juni 2010 ist der Vermerk der Fraktion, die Plenarrede war am 20. Mai, also gehe ich davon aus, dass das März / April 2010 bei mir auf dem Schreibtisch ge- landet [ist, LS].

LS: Davor hatten Sie sich nicht mit dem Thema der Bürgerinitiative auseinandergesetzt? 3/CDU/CSU: Ne.

LS: Ich hatte in meinen Recherchen gesehen, dass die CDU/CSU-Fraktion sich nicht an der Grünbuchkonsultation beteiligt hat – wissen Sie da mehr oder können Sie Gründe hierfür nennen? 3/CDU/CSU: Ist mir nicht bekannt.

LS: Was waren denn ihre wesentlichen Interessen und die Ihrer Fraktion in der EBI? 3/CDU/CSU: Zunächst einmal fällt auf, dass das was Gegenstand der Beratungen ist, im offenen Missverhältnis steht zu dem, was wir im Deutschen Bundestag in unserem eigenen Staatsgefüge vertreten. Die Union hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie von Elementen der direkten Demokratie auf Bundesebene relativ wenig hält. Ungeachtet der Tatsache, dass es immer andere Wortmeldungen gab, die aber die Ausnahme waren. Die offizielle Linie der Partei und die offiziel- le Linie der Fraktion ist darüber reden wir auf der Bundesebene nicht, darüber kann man auf der Länderebene reden, darüber ist geredet worden und ist praktiziert worden auf der kommunalen Ebene, insofern stand es in einem direkten Spannungsverhältnis zu dem, was die Partei eigentlich sagt. Da es aber bereits europäisches Recht war, war die Auseinandersetzung darüber ob man das weniger gut oder gut findet relativ müßig, sondern es ging letztlich um die handwerkliche Ausge- staltung dessen, was auf dem Tisch lag. Das, was man auf der nationalen Ebene als Befürchtung angesehen hat, auf europäischer Ebene vermieden wird, wenn es also um Quoren geht, um die Zulassung bestimmter Fragen oder so.

LS: Was war genau Ihre Rolle bei der EBI? 3/CDU/CSU: Ich war Berichterstatter für unsere Fraktion im Europaausschuss und in dieser Funktion habe ich das in unserer Fraktion federführend betreut in unserer Fraktion. Allerdings muss ich sagen, dass war nicht das ganz große Diskussionsthema. Das sieht man auch, wenn man im Protokoll verfolgt, zu welchen Uhrzeiten das besprochen wurde, oder beziehungsweise der Tatsache, dass diese Rede hier [zeigt auf Rede vom Mai 2010, LS] ausformuliert vorliegt, das war eine Rede, die zu Protokoll ging. Das war spätabends irgendwann zwischen 23 Uhr und Mitter- nacht, wo mir eh nicht mehr jeder zugehört hätte.

LS: Wir würden auch gerne ein bisschen versuchen, wie die Entscheidungsfindung stattgefunden hat. Welche Rolle spielten die Fraktionssitzungen bei ihrer Entscheidungsfindung? 3/CDU/CSU: Um es auf einen Punkt zu bringen: Keine.

100 LS: Haben Sie das in der Fraktion diskutiert, das Thema? 3/CDU/CSU: Nach meiner Erinnerung war das kein eigener Tagesordnungspunkt in der Frakti- on, das war in der Arbeitsgruppe Gegenstand der Beratungen, aber auch nicht besonders aus- führlich. Wir haben uns mit dem Grünen-Antrag auseinandergesetzt, der dann irgendwann im April oder Mai auf den Tisch lag, aber darüber hinaus war das kein Anlass für größere Diskussio- nen.

LS: Standen Sie in irgendeiner Weise in Austausch mit der Bundesregierung, was den Austausch von Informationen oder Positionen angeht? 3/CDU/CSU: Ja, insofern als uns als Berichterstatter natürlich die jeweiligen Vermerke zugehen, aus dem AA. Insofern bestand da schon ein Kontakt, aber der war jetzt nicht so intensiv, als dass ich da im entsprechenden Referat oder in der Abteilung nachgefragt hätte, wie die Bundesregie- rung jetzt darüber denkt. Das ist nicht erfolgt.

LS: Und der EU-Ausschuss, welche Rolle hatte der? 3/CDU/CSU: Also wir waren, wenn ich mich richtig erinnere, federführend bei dieser Geschich- te. Also insofern war es dort dann schon „etwas“ ausführlicher, aber es nahm beileibe nicht die Dimensionen an wie die Beratungen über den kompletten Lissabonvertrag, kein Vergleich, oder auch jetzt die Beratungen über alles, was mit dem ESM zusammenhängt oder dem Fiskalpakt, etc. pp. Was den Umfang angeht: Ich glaube in zwei Sitzungen war das abgefrühstückt.

LS: Und wenn Sie jetzt die Entscheidungsfindung und Diskussion mit nationalen Dos- siers vergleichen, würden Sie sagen, dass das eher ähnlich oder eher unterschiedlichen vonstatten gegangen ist? 3/CDU/CSU: Ne, also wenn jetzt die gleiche Geschichte auf der nationalen Ebene vorgelegen hätte, wäre das sicherlich, auch aufgrund der bisherigen Positionierung der Fraktion wesentlich intensiver diskutiert worden. Es hat zwar so offen niemand ausgesprochen, aber unter der Hand hatte man immer den Eindruck, dass über etwas diskutiert wird, was sowieso nie stattfindet. Oder eher theoretischer Natur ist.

LS: Sie hatten ja schon gesagt, dass sie eine relativ geringe Konflikthaftigkeit gesehen haben, trotzdem würde ich das gerne noch einmal abfragen: Wie konflikthaft schätzen Sie die EBI ein, also einerseits innerhalb ihrer eigenen Fraktion und dann auch zwischen den Frak- tionen im Bundestag. 3/CDU/CSU: Also es war sowohl in der Fraktion als auch interfraktionell per se kein großer Streitpunkt. Es ging um ein paar Details, wie man an dem Grünen-Antrag seinerzeit ablesen kann. Wo es darum ging wieviele Unterschriften man haben muss, damit das zugelassen wird, oder in wievielen Ländern das gleichzeitig stattfinden muss. Wie die KOM darauf reagieren darf oder muss, wie sich da Konsequenzen für die KOM ergeben.

LS: Wie haben Sie sich da positioniert? Haben Sie da aktiv, zum Beispiel die Grünen haben da ja auch einen Antrag eingereicht, inwiefern haben Sie da Ihre Position, für mich war das sehr schwer zu sammeln... 3/CDU/CSU: Also ein Punkt war da zum Beispiel, wenn ich das noch richtig im Kopf habe, dass in dem Grünen-Antrag man der KOM auferlegt hätte, bestimmte Beratungsdienstleistungen für die Antragsteller zu erbringen. Das war nicht in unserem Ansinnen, erstens jetzt weniger, weil wir die KOM vor Arbeit schützen wollten, das war weniger unser Antrieb. Sondern die Tatsache, wenn jemand eine solche Initiative ergreift, muss er schon selber für die Beratung sorgen. Zumal nicht unbedingt sichergestellt ist, dass die Beratung, die dann von der KOM erfolgt dann auch die

101 notwendige Objektivität hat. Das darf man nicht von vornherein unterstellen, insofern stellt sich die Frage, ob es überhaupt in ihrem eigenen Interesse Sinn gemacht hätte, eine solche zu installie- ren.

LS: Wie würden Sie die Polarisierung beschreiben? Als eher schwächer oder eher stärker im Vergleich zu nationalen Dossiers? 3/CDU/CSU: Wesentlich schwächer.

LS: Und würden Sie sagen, dass diese Einschätzung auch generell für europäische Themen gilt, oder war das jetzt speziell die EBI? 3/CDU/CSU: Es gibt natürlich schon im Europaausschuss zwischen den Fraktionen so einen gewissen europapolitischen Grundkonsens. Deswegen sind bestimmte Fragen, wenn Sie jetzt an Visaangelegenheiten denken, oder den Verzug von Schengen oder so etwas – was jetzt zum Bei- spiel mit Blick auf die Gesamtfraktion mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen aus dem In- nenausschuss wesentlich kontroverser diskutiert werden könnte. Bei uns [Europaausschuss, LS] eher konsensual angelegt ist. Wenn es jetzt um Fragen geht, wie jetzt zum Beispiel wie agieren wir visapolitisch gegenüber Serbien oder dem Kosovo, um denen einerseits die europäische Perspek- tive zu eröffnen und andererseits nicht Tür und Tor zu öffnen und unser Ausländerrecht außer Kraft zu setzen, dann geht der normale Europapolitiker eher einen Schritt weiter oder zwei ge- genüber dem Innenpolitiker, der natürlich gleich in aller Regel – und zwar unabhängig von der Fraktion – eher abwinkt.

LS: Für uns in diesem Projekt sind vor allem auf Ihre Netzwerke von Interesse, also mit wem sie zusammengearbeitet haben und welche Form diese Zusammenarbeit angenommen hat. Deswe- gen würde ich einfach mal verschiedene Akteure abfragen und Sie sagen mir einfach, wie Sie sich erinnern, ob Sie mit denen zusammengearbeitet haben.

LS: Das Bundestagsbüro in BXL, das Verbindungsbüro 3/CDU/CSU: Mit denen stehen wir eigentlich immer in Kontakt, also insbesondere dann, wenn einer von uns federführend für die Berichterstattung für ein Thema ist, dann gibt es da einen re- gen Austausch zwischen dem Bundestagsbüro in Brüssel und natürlich auch dem Fraktionsbüro und dem einen oder anderen Kollegen im EP.

LS: Das Kanzleramt? 3/CDU/CSU: War nicht involviert.

LS: Bundesministerien? 3/CDU/CSU: Also meines Wissens hatten wir eine Vorlage aus dem AA dazu, aber das war mehr ein Sachstandsbericht.

LS: Bundesrat. 3/CDU/CSU: Nein

LS: Ländervertretungen? 3/CDU/CSU: Ich meine ja, mit der eigenen LV, in diesem Fall der in BaWü.

LS: Um auf die EU-Ebene zu springen: Standen Sie in Kontakt mit der KOM? 3/CDU/CSU: Nein

102 LS: Mit dem EP? 3/CDU/CSU: Das ja, zumindest mit einem Kollegen stand ich im Austausch. LS: Wissen Sie noch wie der hieß? 3/CDU/CSU: Andreas Schwab, mein südbadischer Kollege LS: Also auch ein Abgeordneter der EVP? 3/CDU/CSU: Ja, genau, ein Abgeordneter mit dem ich mich eigentlich ständig – erst heute mor- gen wieder – wenn da irgendwas auf dem Tisch liegt, was entweder er federführend macht, oder ich, dann ist der Griff zum Telefon eigentlich normal. LS: Welche Form hatte dann die Zusammenarbeit mit dem Herrn Schwab?Also war das eher ein Informationsaustausch oder haben Sie auch Positionen abgeglichen? 3/CDU/CSU: Also wir haben uns weniger in der Sache ausgetauscht, also abgeklopft, wie die Brüsseler Kollegen bzw. Straßburger Kollegen darüber denken, innerhalb der EVP-Fraktion, dass wir da nicht völlig unterschiedlich auflaufen.

LS: Standen Sie mit dem Rat in Kontakt? 3/CDU/CSU: Nein

LS: Als Letztes: Parlamentarier anderer EU-Staaten 3/CDU/CSU: Nein

LS: Wenn Sie zurückblicken, können Sie sagen, dass einer der Kontakte am meisten ziel- führend war zur Durchsetzung Ihrer Interessen? 3/CDU/CSU: Also das ist schon der Kontakt in EP, weil das informell läuft, mit kurzem Draht und da auch Vertraulichkeit gewährleistet ist. Das ist nicht nur in dem Fall, sondern auch in vielen anderen Fällen nützlich und hilfreich.

LS: Haben Sie mit ZG-Organisationen Kontakt gehabt? 3/CDU/CSU: Also jetzt nicht im Beratungsverfahren selbst aber danach, da war es schon verab- schiedet. Weil es eine Initiative gab oder noch gibt, die den Sonntagsschutz zum Thema einer EBI machen wollte. Ich weiß nicht, wie weit das inzwischen gediehen ist, und da war ich auch mit – zunächst mit dem „eigenen“ Verband, also dem Kolpingswerk Deutschland – aber auch mit an- deren Nationalverbänden in Europa in Kontakt, die nachgefragt hatten, welche Chancen ich so einer Initiative geben würde und was man machen sollte.

LS: Was uns auch noch interessiert sind auch Öffentlichkeitsstrategien: Zunächst wie öffentlich- keitswirksam schätzen Sie das Dossier der EBI ein? 3/CDU/CSU: Das wird man erst abschätzen können, wenn das wirklich einmal gelaufen ist. Also von dem Beratungsverfahren selbst hat die Öffentlichkeit – wenigstens nach meiner Einschät- zung – kaum Notiz genommen. Und zwar jetzt nur deswegen, weil das Thema im Plenarbetrieb zu ungünstigen Zeiten verhandelt wurde, die Sitzungen des Ausschusses waren ansonsten öffent- lich. Wenn es jetzt wirklich einmal zu einer Initiative käme, die jetzt ein Petitum zum Gegenstand hat, das die Leute berührt oder aufregt, das muss jetzt nicht sowas sein wie das Minarettverbot in der Schweiz, jetzt nicht von der politischen Richtung her, aber ähnlich von der Dimension; ich glaube schon, dass dann über die einschlägige Literatur hinaus auch beim „Otto Normal Verbrau- cher“ eine Sensibilisierung für das Thema gibt.

LS: Haben Sie während des Beratungsprozesses gezielt die mediale Öffentlichkeit genutzt? 3/CDU/CSU: Nein

103 LS: Gut, dann sind wir auch schon fast am Ende. Ich würde als letzten Punkt dann gerne noch einmal abfragen, wer ihrer Meinung nach die wichtigsten politischen Protagonisten waren. Zunächst auf deutscher Ebene, sowohl Institutionen als auch Personen. 3/CDU/CSU: Das waren zunächst einmal die im direkten Umfeld, die Kollegen aus der AG Eu- ropa der Fraktion, dann spiegelbildlich, die gleiche Personengruppe aus dem Ausschuss der ande- ren Fraktionen und als „federführendes Ministerium“ das AA, bzw. der Kollege und die Kollegen aus dem Europäischen Parlament. Das waren Hauptprotagonisten in dem Verfahren.

LS: Gut meine nächste Frage wäre gewesen die Protagonisten auf europäischer Ebene also würden Sie da dann auch das EP nennen? 3/CDU/CSU: Ja

LS: Gut, noch zum Abschluss: Wie bewerten Sie das Ergebnis der EBI vor Hintergrund Ihrer Interessen? 3/CDU/CSU: Ich glaube, dass das Thema etwas unter Wert geschlagen worden ist. Was tatsäch- lich an Potential in diesem Punkt liegt, wird den meisten erst deutlich werden, wenn das einmal gelaufen ist. Und einmal erfolgreich gelaufen ist. Ich kann mir selbst nicht ausmalen, weil es im Wortsinn ja keine europäische Öffentlichkeit gibt, sondern 27 nationale Öffentlichkeiten; das jetzt tatsächlich so ein Rauschen durch den Blätterwald geht, wie das jetzt heute der Fall ist, wenn die Regierung in Frankreich oder Italien dies oder jenes tut, wenn so etwas ausgelöst werden könnte, dann glaube ich schon das man da dann nochmal genauer draufguckt, was sich damit dann so für Möglichkeiten verbinden.

LS: Gut, das war kurz und knackig, vielen Dank.

104 1/FDP

Berichterstatter EU-Ausschuss Telefonisches Interview am 22. Mai 2012; 12h00

LS: In welchem Kontext haben Sie sich erstmal mit dem Dossier der EBI beschäftigt? Wann war das? 1/FDP: Also eigentlich haben uns Formen der direkten Demokratie schon immer beschäftigt, auch auf europäischer Ebene, Fragen der europäischen Öffentlichkeit allgemein. Aber das kon- krete Thema EBI-Ausgestaltung. Das war natürlich nach der Herausgabe des Grünbuchs im No- vember 2009, aber wie gesagt Themen der direkten Demokratie haben wir allgemein schon im- mer drüber geredet.

LS: Haben Sie sich bei der Diskussion über die Verordnung also auch auf europäischer Ebene eingebracht? 1/FDP: Ja, ich habe mit meiner Kollegin aus dem Europäischen Parlament, der Frau Thein, ha- ben wir ein Positionspapier gemacht, wo wir sozusagen meine Positionen als Berichterstatter für Wahlrecht, demokratische Beteiligung auf Bundestagsebene betrifft, und Frau Thein, die dafür auf europäischer Ebene zuständig ist, und wir gemeinsam ein Positionspapier dazu erarbeitet ha- ben.

LS: Aber wenn ich das richtig sehe, haben Sie nicht an der Grünbuchkonsultation teilge- nommen? 1/FDP: Nein, das lag auch ein bisschen daran, dass ich erst im September 2009 Abgeordneter im Deutschen Bundestag wurde und die Konsultation war ja schon davor. Da ich ja erst ab Septem- ber 2009 im BT war, war ich natürlich auch erst ab dann mit der Berichterstattung betraut.

LS: Ansonsten hatte sich die FDP Fraktion nicht explizit an dieser Grünbuchkonsultati- on beteiligt? 1/FDP: Das weiß ich nicht offen gesagt, weil ich nicht weiß ob ein Kollege aus dem Europapar- lament das schon vorher gemacht hat. Weil die Frau Thein kam damals schon so mit einigen Ide- en an, aber das müsste man sie natürlich fragen.

LS: Im Folgenden will ich mit den Fragen ein wenig mehr auf die parlamentarische Bearbeitung im Bundestag abzielen. Vielleicht könnten Sie zunächst kurz ihre wesentlichen Interessen und die der FDP Fraktion charakterisieren. 1/FDP: Ja also das wesentliche Interesse war die Balance zwischen Nutzerfreundlichkeit und die von mir nicht in dem Maße gesehene aber von einigen Kollegen betonte Missbrauchsgefahr zu finden. Also wir wollten das es so ausgestaltet ist, dass man nicht über das konkrete Verfahren das Instrument selbst schon beschädigt. Auf der anderen Seite wollten wir das Instrument als Bürger- und nicht als Lobbyinitiative, oder Verbandsinitiative, die dann Bürger mobilisieren das kann man nur schwer durch das Verfahren her regeln. Aber das war schon so das muss ein In- strument für den europäischen Bürger sein und nicht für europäische Institutionen oder Lobbyis- ten.

LS: Welche konkrete Rolle hatten Sie bei der Diskussion und Umsetzung der EBI im Bundestag der Verordnung? 1/FDP: Gut, ich bin der Berichterstatter im Innenausschuss für Wahlrecht und direkte Demokra-

105 tie und bei usn gilt eigentlich, das sozusagen das ist ja Instrument das auch in Deutschland ange- wendet wird und sich deshalb auch das Parlament damit beschäftigen muss. Insofern habe ich in unserem Arbeitskreis 4 [der Fraktion, Anm. LS], das ist der Arbeitskreis für Innen- und Rechts- politik, eine Position formuliert und Frau Thein hat für die Europaabgeordneten eine Position formuliert und die haben wir dann in einem gemeinsamen Papier in Abgleich gebracht.

LS: Und wie oft haben sie sich im Bundestag etwa mit der EBI beschäftigt? Also wie oft haben sie sich formell, also in Ausschüssen oder so damit beschäftigt, und vielleicht auch wie hoch es auf ihrer Agenda stand. 1/FDP: Also auf meiner persönlichen Agenda stand das recht weit oben weilo es für mich ein Einstieg ist in das Thema der europäischen Öffentlichkeit und auch ein Beginn einer Diskussion über Beteiligung europäischer Institutionen an den Bürgern. Also es ist ja jetzt auch schon zwei Jahre her, dass das bei uns auf der Tagesordnung stand, deswegen kann ich Ihnen jetzt nur schwer sagen wie oft genau. Vielleicht 8 oder 9 Mal, 8 oder 9 Mal in verschiedenen Sitzungen der Faktion oder in Arbeitskreisen darüber gesprochen wurde, aber ganz genau kann ich Ihnen das jetzt nicht sagen. Das kommt natürlich auch darauf an, welche Treffen man wertet, wenn man jetzt Treffen mit Frau Thein, oder ausgiebige Telefonkonferenzen mit Frau Thein wertet, ist man vielleicht eher bei 12 und wenn man jetzt nur da, wo es formal auf der Tagesordnung stand, wer- tet, dann sind es vielleicht eher vier oder fünf.

LS: Welche Rolle spielten denn die Fraktionssitzungen für Ihre Positionierung? 1/FDP: Also, das wurde bei uns auch schon bei anderen AK’s zur Kenntnis genommen. Also auch beim Arbeitskreis 3, für Außen- Sicherheits- und Europapolitik, man kann also sagen, dass es schon diskutiert wurde. Allerdings in der Fraktion selbst, die ja einmal die Woche tagt und dann drei Stunden lang, stand es nur einmal auf der Tagesordnung und wurde dort dann be- schlossen.

LS: Und die Grundlage dazu war dann Ihr Positionspapier 1/FDP: Ja, genau.

LS: Die EBI wurde ja auch im EU-Ausschuss behandelt. Welche Rolle spielten dann hier der EU-Ausschuss für Ihre Positionierung? 1/FDP: Das passt bei insofern gut, dass ich damals noch stellvertretendes Mitglied im EU-Aus- schuss war und mittlerweile ordentliches Mitglied bin. Und halt diese rechtlichen Themen sowohl im EU-Ausschuss als auch im Innenausschuss vertreten habe. Im EU-Ausschuss war das der Kollege Schulz, der sich damit beschäftigt hat.

LS: Wenn Sie die Entscheidungsfindung bei der EBI mit nationalen Dossiers verglei- chen, ist diese eher ähnlich oder eher unterschiedlich, ob des genuin europäisches The- mas des Dossiers? 1/FDP: Ja, das unterscheidet sich, weil sie nicht alleine der Herr des Verfahrens sind, sondern weil sie hier auch noch andere – wie hier die Kollegin aus dem Europaparlament – mit einbezie- hen müssen. Und sie unsere Position dort vertreten hat, die eine abgestimmte Position zwischen Bundestag und Europaparlament, sodass dort der Koordinationsaufwand größer ist. Es gibt bei uns in der FDP-Fraktion eine Koordinationsrunde, die erst in unmittelbaren zeitlichen Zusam- menhang damit eingerichtet wurde, um genau solche Themen und Schnittstellen gemeinsam zu besprechen. Zwischen Europaparlamentariern und Bundestagsabgeordneten, aber das unterschei- det sich insofern das es komplizierter ist, mit den beteiligten Personen zu koordinieren. Und es kann natürlich auch sein, dass in der ALDE-Fraktion sich Änderungen ergeben in der Fraktions-

106 debatte, als in der Bundestagsfraktion. Das war aber in diesem Fall nicht so.

LS: Um nochmal auf diese Koordinationsrunde zurückzukommen: Die tagt dann regel- mäßig und bespricht dann diejenigen europapolitischen Themen, die dann gerade auf der Agenda stehen? 1/FDP: Genau, es gibt bei uns in der Fraktion ja auch die Möglichkeit dass die Europaabgeord- neten auch bei den Fraktionssitzungen der FDP teilnehmen und das machen sie dann auch hin und wieder. Einige Mitglieder der ALDE-Fraktion mehr als andere. Zusätzlich gibt es dann aber jetzt noch diesen Europakoordinationsbereich, indem sowohl europäische als auch nationale Re- levanzen diskutiert werden.

LS: Okay, dann ein nächster Themenkomplex: Die Frage der Polarisierung. Also zunächst die Frage wie konflikthaft Sie das Dossier einschätzen, also sowohl innerhalb der eigenen Fraktion als auch zwischen den Fraktionen des Bundestags. 1/FDP: Innerhalb der FDP Fraktion waren die Meinungsunterschiede begrenzt, weil man glaube ich auch starke Anhänger einer rein repräsentativen Demokratie gesagt haben, dass die EBI ja kein Entscheidungsrecht ist, sondern vielmehr das Recht, etwas auf die Tagesordnung zu bringen und behandeln zu lassen. Und insofern konnten sich in dieser Form sowohl die Vertreter einer ausschließlichen oder sehr stark repräsentativ geprägten Demokratie einverstanden erklären als auch die Mitglieder, die eher für direktdemokratische Elemente bei der Entscheidungsfindung sind. Deswegen war bei uns dieses Gefälle relativ gering, da war die Angst eher, ist das ein Lob- byisteninstrument. Ansonsten im Parlament glaube ich war das auch nicht eines der Themen das sehr konfliktge- prägt war. Die einen hätten das vielleicht eher direkt ausgestaltet, die anderen waren da etwas vor- sichtiger. Und da bilden sich dann schnell die üblichen Positionen wie bei Fragen der direkten Demokratie ab: Wo die CDU sage ich mal die zurückhaltendste Fraktion und Grüne und FDP vielleicht eher die befürwortenden Fraktionen. Die SPD nehme ich da – aber dass muss man sie natürlich auch fragen – als relativ zerrissen wahr.

LS: Könnten sie dann vielleicht kurz noch einschätzen, in welchen Punkten es unter- schiedliche Positionierungen gab im Bundestag? 1/FDP: Also, in den Gesprächen war immer wieder diese rechtliche Prüfung – wann solle die er- folgen – dann die Quoren bei den MS – 1/3 oder ein ¼ der MS – dann die Zahl derer die unter- schreiben müssen. Das waren die Hauptpunkte, die bei den Verhandlungen eine Rolle spielten.

LS: Inwiefern haben sich die unterschiedlichen Positionierungen auf die Sitzungen des EU-Ausschusses ausgewirkt? 1/FDP: Ich habe offen gesagt keine Erinnerungen mehr an die Sitzungen des EU-Ausschuss an den Tagen. Da zerfließen dann die Gespräche, die man mit einzelnen Mitgliedern des EU-Aus- schusses geführt habe, und dadurch das ich ja Berichterstatter bin, sind ja die Sitzungen des Aus- schusses dann ja auch oft eher ein formales Über die Bühne bringen eines Projektes sind, was vorher ja eher bilateral besprochen wird. Sie können ja nicht in diesem EU-Ausschuss 8 oder 10 TOP haben, wenn wir dann als Berichterstatter anfangen eine Riesendiskussion vom Zaun zu brechen, würden einige der Kollegen sagen, dass hättet ihr doch mal vorher klären können. Inso- fern findet das oft auch schon auf Berichterstatter-Ebene statt.

LS: Wie war denn das Verhältnis zwischen dem EU-Ausschuss und dem Innenausschuss? Wie haben Sie das Verhältnis wahrgenommen? 1/FDP: Das ist ein – nicht nur in diesem Thema bestehendes – Problem, dass der EU-Ausschuss

107 auch bei machtpolitischen Fragen wie 9er Gremium oder ähnlichen, das in der Regel die Fachaus- schüsse nicht bereit sind, eine originäre Federführung des EUA zu akzeptieren. Das hat jetzt aber nichts mit der EBI zu tun, sondern mit der allgemeinen Auffassung, dass man sagt, dass rechts- politische Themen im Rechtsausschuss und innenpolitische Themen im Innenausschuss beraten. Und der EU-Ausschuss bekommt dann eine mitberatende Funktion. Nach diesem Verständnis bleibt die Dominanz der Fachausschüsse gegenüber dem Haushaltsausschuss und gegenüber dem EU-Ausschuss bestehen. Deswegen glaube ich nicht, dass das jetzt ein Sonderthema der EBI war.

LS: Für uns ist in unseren Fallstudien auch besonders wichtig, mit welchen Akteuren die jeweili- gen Bundestagsabgeordneten zusammengearbeitet haben, darum würde ich sie jetzt bitten, einige Akteure durchzugehen und sie mir sagen, ob sie mit den Akteuren im Rahmen der EBI zusammengearbeitet haben und welche Form diese Zusammenarbeit angenommen hat.

LS: Haben Sie mit dem Bundestagsbüro in Brüssel zusammengearbeitet? 1/FDP: Nein. Ich muss aber einen kleinen Vorbehalt machen, das ist alles ja mittlerweile zwei Jahre her und es kann sein das die mir mal eine Position zugeschickt haben, aber ich hatte jetzt kein Treffen oder so mit denen.

LS: Hatten Sie Kontakt mit dem PA 1? 1/FDP: Ja, das war eher auf der Mitarbeiterebene. Mein zuständiger Mitarbeiter hatte dazu Kon- takt. LS: Und auch regelmäßigen Kontakt? 1/FDP: Ja, es ging darüber, ich bin ja auch Berichterstatter für das EUZBBG, also das Beteili- gungsgesetz des Bundestages in Fragen der Europäischen Integration, und offen gesagt, damals habe ich die noch nicht so intensiv genutzt mit dem Referat. Heute bin ich mit denen eher regel- mäßig in Kontakt, weil die gute Arbeit machen.

LS: Hatten Sie Kontakte zum Kanzleramt? 1/FDP: Außer in einem Gespräch mit einem Abteilungsleiter bei einem allgemeinen Gespräch, war das also nur einmal Thema. LS: Was war dann so gesagt Ziel dieses Kontaktes? 1/FDP: Das war eher ein allgemeines Kennenlerngespräch, als ich neu im BT war.

LS: Hatten Sie Kontakt zu Bundesministerien? 1/FDP: Ja, zum Auswärtigen Amt LS: War das regelmäßig und auf welcher Ebene? 1/FDP: Auf der Fachebene. Nicht auf der politischen Ebene

LS: Standen Sie in Kontakt zum Bundesrat? 1/FDP: Nur im Rahmen des formalisierten Verfahrens mit dem Vertreter, der für die FDP die Koordination mit dem Bundesrat macht, dem Bundesratsbeobachter, der auch an unseren Tref- fen des AK 4 teilnimmt. Und mit unserer Staatssekretärin im Justizministerium in Hessen, der Frau Baer, mit der habe ich da auch auf Parteiebene drüber gesprochen. Das war aber eher ein Austausch von Informationen, als eine gemeinsame Positionierung. LS: Haben Sie Kontakte mit der KOM geführt? 1/FDP: Nein, den Part hat bei der Erarbeitung des Positionspapiers die Frau Thein übernom- men.

LS: Und beim EP standen Sie mit der Frau Thein in Kontakt, gab es noch sonstige Kontakte in

108 das Parlament oder zu einzelnen Abgeordneten?

1/FDP: Einmal auf einer Klausurtagung mit der portugiesischen Abgeordneten Alvaro, die im EP auch noch Innen- und Rechtsthemen vertreten, das war aber eher auch der Austausch von In- formationen und nicht zur Erarbeitung von POsitionen

LS: Und in den europäischen Rat? 1/FDP: Das wäre wenn dann auch die Aufgabe von Frau Thein gewesen.

LS: Und ein letzter Kontakt: Standen Sie in Austausch mit Parlamentariern aus anderen Staaten im Rahmen der EBI? 1/FDP: Nein.

LS: Und um diesen Punkt nochmal zusammenzufassen: Welche Kontakte haben sie am als am zielführendsten wahrgenommen, um ihre Interessen zu erreichen? 1/FDP: Ja, der Kontakt mit der Partnerin im EP.

LS: Dann würde ich gerne noch zu Ihren Öffentlichkeitsstrategien kommen: Wie öffentlich- keitswirksam schätzen Sie das Dossier ein? 1/FDP: Mittelmäßig

LS: Haben Sie oder Ihre Fraktion bei der EBI gezielt die mediale Öffentlichkeit genutzt? 1/FDP: Ja, das haben wir schon genutzt durch Pressemitteilungen.

LS: Haben Sie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Initiativen zusammenge- arbeitet? 1/FDP: Ja, ich bin in der Folge immer wieder eingeladen worden, von Vertretern von direkter Demokratie, kann aber auch nicht mehr genau sagen wann und bei wem ich da auf dem Podium gesessen habe. Aber vielleicht zwei bis dreimal.

LS: Zum Abschluss möchte ich noch kurz die ihrer Meinung nach politischen Protagonisten in der Europäischen Bürgerinitiative abfragen: Wer waren Ihrer Meinung nach die relevanten Akteure in der eigenen Fraktion? Das soll uns einen Überblick geben, welche Akteure da im Grunde aktiv waren. 1/FDP: Das waren neben mir dann vor allem der ehemalige Staatsminister im AA [Werner Hoy- er]. Die Frau Thein war auch in der Fraktion, der Herr [Jimmy]Schulz, dann unser Mitarbeiter, der Herr Lorenz, also auf Mitarbeiterebene, dann mein Mitarbeiter der Herr Vogt und der dama- lige europapolitische Spreche der Fraktion, der Michael Link. Die wichtigsten waren also Schulz, Thein und Link, ein bisschen auch der MDB Luksic, der war nämlich laut meiner Erinnerung für eine weitergehende, niedrigschwelligere EBI

LS: Wer waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten politischen Protagonisten auf deut- scher Ebene? 1/FDP: Also bei der CDU habe ich mit dem Schröppken und dem europapolitischen Sprecher ein bisschen verhandelt. Bei den Grünen war das glaube ich der Herr Sarrazin, von der Linken wüsste ich gar nicht, dass sich da jemand zugewandt oder mit uns gesprochen hätte. Bei der SPD war das der Michael Roth. Aber das kann ich nur bedingt übersehen, wer das jetzt bei den ande- ren Fraktionen maßgeblich ausgearbeitet hat.

109 LS: Aber Sie standen dann schon mit allen anderen Fraktionen außer der Linken mehr oder weniger in Kontakt? 1/FDP: Also eigentlich wurde das ja auf europäischer Ebene sozusagen mit der Verordnung ent- schieden und dann muss eigentlich jeder mit seinen „eigenen“ Europäern sozusagen seine Posi- tionen einbringen.

LS: Wie bewerten Sie das Ergebnis der EBI (Verordnung und Durchführungsgesetz) vor dem Hintergrund ihrer eigenen Interessen so insgesamt? 1/FDP: Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden, allerdings ist das nur ein erster Schritt für mehr Bürgerbeteiligung in Europa, der jetzt evaluiert werden muss – ich glaube nach drei Jahren ist die Evaluierung. Ich bin mal gespannt, weil ich offen gesagt auf die Frage, ist denn mehr direkte Be- teiligung als politischer Prozess denn überhaupt das was die Bürger wollen, da bin ich noch sehr nachdenklich. Ob die EBI wirklich auf Akzeptanz in der Bürgergesellschaft stößt da habe ich noch so meine Zweifel.

LS: Gut, dankeschön für Ihre Teilnahme!

110 1/SPD Wissenschaftliche Mitarbeiterin MdB; 6. Juni 2012, 8h00

Bemerkung: Es wurde keine Aufzeichnung des Gesprächs gewünscht, dementsprechend wurde ein Gesprächsprotokoll geführt.

LS: In welchem Kontext haben Sie sich erstmal mit dem Dossier der EBI beschäftigt? Wann war das? 1/SPD: Wir haben uns schon ganz früh in den Konsultationsprozess eingebracht, das war im Rahmen der Grünbuchkonsultation. Michael Roth hat das Dossier sehr kontinuierlich im gesam- ten Prozess verfolgt.

LS: Haben Sie sich abgesehen von den Diskussionen im Bundestag mit dem EBI-Dos- sier beschäftigt? 1/SPD: Ja

LS: Haben Sie an der Grünbuchkonsultation teilgenommen? Wenn ja warum? 1/SPD: Die EBI war uns ist ein für uns wichtiges Thema und soll zur Stärkung der europäischen Demokratie beitragen.

LS: Charakterisieren Sie Ihre wesentlichen Interessen und die Ihrer Fraktion bei der EBI 1/SPD: Für uns war die bürgerfreundliche Ausgestaltung der EBI zentral: Ein realistischer Zeit- rahmen, nicht zu hohe Quoren, die Frage der Datenerhebung und der technischen Umsetzung und keine zu großen Hürden waren die wichtigsten Themen für uns.

LS: Beschreiben Sie Ihre Rolle bei der Diskussion und Umsetzung des EBI-Dossiers im Bundestag 1/SPD: Michael Roth war Berichterstatter für die EBI und somit in der Fraktion hierfür zustän- dig. Außerdem hat er für unsere Fraktion am interparlamentarischen Treffen zwischen Europäi- schem Parlament und Deutschem Bundestag teilgenommen. Es war für uns ein erfolgreicher Konsultationsprozess, denn es gab eine rege Teilnahme im Grünbuchprozess und viele Änderun- gen im Vergleich zum Ursprungsvorschlag.

LS: Wie oft haben Sie sich im Bundestag mit der EBI beschäftigt? 1/SPD: Sehr oft. Sowohl in Anträgen als auch in Debatten, sowohl im EU-Ausschuss als auch im Plenum.

LS: Welche Rolle spielten die Fraktionssitzungen für ihre Positionierung? 1/SPD: Hier wurde die Linie der Fraktion beschlossen, es gab aber keine großen Diskussionen in der Fraktion. Diese Position wurde in der AG Europa vorbereitet, in der Michael Roth der Be- richterstatter war. Die Fraktion hat die EBI insgesamt positiv begleitet.

LS: Welche Rolle spielen die Sitzungen des EU-Ausschusses für ihre Positionierung? 1/SPD: War in der Diskussion der federführende Ausschuss, mitberatend durch den Innenaus- schuss. Der Innenausschuss hat dann die Durchführung beschlossen. Der EU-Ausschuss ist für uns oft der Link zum Europäischen Parlament.

111 LS: Wenn Sie die Entscheidungsfindung bei der EBI mit nationalen Dossiers verglei- chen, ist diese eher ähnlich oder eher unterschiedlich? 1/SPD: Im EU-Ausschuss haben wir ja kaum nationale Vorlagen, weshalb das schwer zu verglei- chen ist. Grundsätzlich hat sich die Rolle des Bundestages seit dem Vertrag von Lissabon aber verändert, da sich die Begleitung von EU-Vorlagen immer wieder verändert und es so allgemein schwer ist, Vergleiche zu früher zu ziehen. Allerdings gab es viele Diskussionen zum Thema der demokratischen Legitimation, das war ein wichtiges Thema.

LS: Wie konflikthaft schätzen Sie das Dossier ein? innerhalb der eigenen Fraktion 1/SPD: Das wurde in unserer Fraktion nicht als konflikthaft eingeschätzt. Durch die frühe Be- gleitung war schnell klar, wohin die Reise geht und das haben dann alle mitgetragen. Das wird dann auch heute wieder aufgegriffen und weiterverfolgt. zwischen den Fraktionen des Bundestags 1/SPD: Die Opposition war sich einig, dass das Thema prominente und stärker behandelt wer- den muss. Hier konnte man Überschneidungen zwischen Rot/Grün beobachten, da beide Frak- tionen sich einig waren, dass das Thema nach vorne gebracht werden muss.

LS: In welchen Punkten gab es unterschiedliche Positionierungen zwischen ihrer Koaliti- on und der Opposition? 1/SPD: Vor allem innerhalb der CDU/CSU-Fraktion hab es lange eher eine Abwehrhaltung ge- genüber direkter Demokratie. Mit den Grünen haben wir uns vor allem hinsichtlich des Min- destalters unterschieden.

LS: Haben Sie diese Polarisierung als stärker oder schwächer im Vergleich zu nationalen Dossiers wahrgenommen? 1/SPD: Das ist, wenn man sich wie ich vor allem mit EU Themen beschätigt schwierig abzu- schätzen. Sicherlich sind Themen wie Hartz IV oder die Energiewende größere Themen, aber auch insgesamt größere Projekte, die mehr Beachtung finden. Außerdem sind die Einflussmög- lichkeiten anders, denn wir können formal ja nur über Stellungnahmen Einfluss auf die Bundes- regierung nehmen, das ist eine weniger direkte Arbeit. Mit dem Vertrag von Lissabon haben wir die Möglichkeit bekommen, nach Art. 23 Stellungnah- men abzugeben, um Einfluss auf die Bundesregierung zu nehmen, das Gesetz abzuändern.

LS: Inwieweit standen Sie mit den folgenden Akteuren im Rahmen der EBI in Kontakt?

Institution Zusammen- Form der Zusam- Häufigkeit der Zu- Ziel der arbeit menarbeit sammenarbeit Zusammenarbeit Ja/Nein? (formell/informell) (im EBI-Prozess) Bundes- 1/SPD: Erste Anlaufstelle für Infos. Beispielsweise zur Frage Wer sind die jeweiligen tagsbüro in Berichterstatter? Direkter Kontakt zum Büro in Brüssel Brüssel PA 1 1/SPD: Sachstandsbericht wurde angefordert. Außerdem wurde der wissenschaftli- che Dienst zu Authentifizierung von Onlinesystemen angefragt. Kanzleramt 1/SPD: Nein

112 Budnes- 1/SPD: BMI wurde über parlamentarische Anfragen kontaktiert ministerien (Welches?) Bundesrat 1/SPD: Stellungnahme beim Grünbuch wurde zur Kenntnis genommen. Länderver- treter laufen über den Bundesrat, da tauscht man sich aus.

Länder- vertretung (Welche?) EU-Kom- 1/SPD: Ja, durch das interparlamentarische Treffen und die Grünbuchkonsultation, mission aber keine direkten Kontakte. EP 1/SPD: Es wurde Kontakt zur PES Fraktion gepflegt, sowohl zu deutschen als auch europäischen MEPs sowie zur Berichterstatterin Kontakt EP und BT als Informationsscharnier: Intensive Kontakte und Austausche. Interparlamentarisches Treffen mit KOM Szefkovic Rat 1/SPD: Verhandlungen wurden über die Bundesregierung geführt

Einzelne 1/SPD: Mathias Grote und Berichterstatterin des EP, Sonia Masini (SPE, IT) MdEP's (Welche?) MP's ande- 1/SPD: Beim interparlamentarischen Treffen informelle Gespräche und Austausch rer EU- zwischen nationalen Parlamentariern. Staaten (Welche?)

LS: Welche Kontakte erscheinen Ihnen am meisten zielführend zur Durchsetzung der ei- genen Position? 1/SPD: Grundsätzlich: Aus Oppositionssicht ist es am sinnvollsten mit den jeweiligen Partner- fraktionen im EP zusammenzuarbeiten, die sich dann auf der europäischen Ebene einbringen. Eine Stellungnahme nach Art. 23 funktioniert ja als Oppositionspartei nicht, um über die Bun- desregierung Einfluss auf die Verhandlungen im Rat zu nehmen.

LS: Wie öffentlichkeitswirksam schätzen Sie das Dossier ein und warum? 1/SPD: Am Anfang habe ich es eher nicht als öffentlichkeitswirksam eingeschätzt. Das hat sich dann aber verändert, als die EBI verbunden wurde mit bestimmten Themen und die SPE das Thema dann auch für sich entdeckt hat. Bei der Vermittlung der EBI ist das Demokratieargu- ment besonders wichtig, die Krise kann in diesem Sinne auch als Chance genutzt werden und als ein Baustein eines Mehrebenenparlaments angesehen werden.

LS: Haben Sie oder Ihre Fraktion bei der EBI gezielt die mediale Öffentlichkeit genutzt? 1/SPD: Pressemitteilungen und öffentliche Debatten im Bundestag.

LS: Haben Sie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen / Initiativen zusammengear- beitet? 1/SPD: Austausch mit EUD. Wir haben in der SPD außerdem natürlich die Grünbuchkonsulta- tionen und die Stellungnahmen der Initiativen verfolgt. Diese haben sich ja zumeist in eine Rich- tung hin zu einer stärkeren Vereinfachung bewegt. Deswegen war die Konsultation auch so er- folgreich, weil viele Menschen klar ihre Meinung gesagt haben.

113 LS: Wer waren Ihrer Meinung nach die relevanten Akteure in der eigenen Fraktion? (Name und Position) 1/SPD: Michael Roth, der Berichterstatter. Das wurde dann später ja auch aufgegriffen von Wer- ner Faymann.

LS: Wer waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten politischen Protagonisten auf deut- scher Ebene? (Institutionen, Personen) 1/SPD: Das Parlament, das ist ja ein klassisches Thema für ein Parlament.

LS: Wer waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten politischen Protagonisten auf euro- päischer Ebene? (Personen, Institutionen) 1/SPD: Auch das Europäische Parlament, das ist ja ein Parlamentarierthema durch und durch, das diejenigen die demokratisch repräsentieren natürlich besonders berührt.

LS: Wie bewerten Sie das Ergebnis der EBI (Verordnung und Durchführungsgesetz) vor dem Hintergrund ihrer eigenen Interessen? 1/SPD: Wir, als Befürworter einer Vereinfachung der EBI, haben uns durchgesetzt, durch viel Austausch und viele Kontakte. Unsere Position hat sich durchgesetzt, das Ergebnis ist besser als der Ursprungsvorschlag, weil sie einfacher gestaltet ist. Die Stellungnahmen im Grünbuch gingen in ähnliche Richtungen, das war gut, allerdings müssen die Forderungen auch machbar sein.

LS: Welche Rolle hat hierbei die Grünbuchkonsultation gespielt? 1/SPD: Wir haben gesehen, dass eine starke zivilgesellschaftliche Beteiligung die Kommissions- positionen abwandeln kann, denn die Kommission muss ihre Vorschläge ja auch durchbringen, es liegt ihr ja viel an einer konsensfähigen Alternative.

LS: Welche Rolle spielt der oft beschriebene Informationsüberfluss im Deutschen Bun- destag? 1/SPD: Das ist nicht so sehr der Fall bei einem einzigen Dossier, wenn man sich nur mit einer Verordnung beschäftigt, ist das klar abgegrenzt und ist ein Projekt, dass man dann begleitet.

114 1/Grüne; 2/Grüne Berichterstatter EU-Ausschuss; Mitarbeiterin Interview am 24. Mai, 11 Uhr

LS: In welchem Kontext haben Sie sich erstmal mit dem Dossier der EBI beschäftigt? Und wann war das etwa? 1/Grüne: Gute Frage eigentlich, also ich bin seit 2008 im Deutschen Bundestag und vorher na- türlich im Rahmen der ganzen Debatten um den Verfassungsvertrag und dann im Rahmen der Umsetzungsgesetzgebung im Rahmen des Lissabonvertrags aber es war natürlich immer ein we- sentlicher Punkt, sozusagen einer der positiven Aspekte des Vertrags von Lissabon. Dann haben wir uns fachlich damit beschäftigt, nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wie die Umsetzung läuft zunächst der deutsche Anteil an der Umsetzung auf europäischer Ebene das heißt die Ausgestaltung der Verordnung […Pause durch Anruf] Nachdem die Verordnung dann beschlossen war, ist ja sozusagen die deutsche Umsetzung die Frage gewesen und da haben wir uns halt sehr engagiert, so weil es da ja einige komische Vorstel- lungen gab. Ein Fall war beispielsweise im europäischen Bereich dann durchaus auch komische Verhand- lungspunkte der Bundesregierung in Bezug auf die Verordnung, so das waren dann sozusagen die Punkte, wo wir uns mit dem Dossier beschäftigt haben.

LS: Aber Sie haben sich dann im Grunde auch abgesehen von der konkreten Bearbeitung im Bundestag auch schon vorher mit dem Dossier auseinandergesetzt? Also als es noch im Grunde auf europäischer Ebene lag… 1/Grüne: ..mit dem Verordnungsentwurf? LS: Ja genau 1/Grüne: Ja das ist ja die konkrete Arbeit, wir haben sozusagen seit dem Inkrafttreten des Ver- trags von Lissabon alle Verfahrensschritte begleitet, haben – oh ich erinnere mich da gar nicht mehr richtig – uns auch an der Konsultation zum Grünbuch beteiligt als Fraktion und wir haben dann natürlich den Gesetzgebungsprozess, den die Regierung im Rat mitbestimmt dann auch in Absprache mit bzw. in Nicht-Absprache mit verfolgt und dann auch einen Parteitagsbeschluss oder einen Länderratsbeschluss zu dem Thema gefasst, in dieser Phase der Diskussion der Ver- ordnung. Ich glaube es war ein Länderratsbeschluss. In Köln, wenn ich mich richtig erinnere, ich bin mir aber nicht mehr komplett sicher [Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg 2010, LS]. Genau also so das ist ja genauso, wie die europäische Rechtssetzung laufen sollte, dass man sich an einer Konsultation im Rahmen eines Grünbuchs beteiligt, dass man sich dann an dem Rechtssetzungsprozess der Verordnung beteiligt und dass man danach natürlich auch wieder an der nationalen Umsetzung befasst. LS: Gut, Sie sagen natürlich, aber das ist ja auch nicht bei allen anderen der Fall. 1/Grüne: Ne, aber theoretisch natürlich!

LS: Dann um auf die konkrete Arbeit im Bundestag zu kommen: Was waren – vielleicht ganz kurz – ihre wesentlichen Interessen, oder die ihrer Fraktion, was die Umsetzungsgesetz- gebung oder ja auch die Verordnung im Allgemeinen angeht? 1/Grüne: Also wir haben drei wesentliche Interessen eigentlich immer gehabt. Erstens, dass wir die EBI möglichst bürgerfreundlich und möglichst einfach benutzbar ausgestaltet haben wollen. Das heißt, uns war die Möglichkeit das online machen zu können sehr wichtig, es war die Gebüh- renfreiheit sehr sehr wichtig eigentlich auch noch wichtiger als die Frage der Quoren, die zwar von unseren MP-Leuten noch mehr betont wurde, die war natürlich auch wichtig. Dann war uns

115 auch sehr wichtig wann, wo, welche Checkmechanismen eingebaut werden, das heißt das man nicht Gefahr läuft nach einer erfolgreichen EBI gesagt zu bekommen das Ding war falsch formu- liert oder ähnliches. Die Frage der öffentlichen Beratung, das heißt, was ja jetzt auch beschlossen wurde im EP, dass die EBI Initiatoren angehört werden, das waren uns sehr wichtige Themen und dann aber auch das die EBI ernsthaft angesehen wird, weil wir eigentlich die EBI in der Per- spektive sehen, sie ist ja sozusagen ein Zwitter zwischen mehr Petition und ein bisschen direkter Demokratie und dass man da sagen kann wenn die ernst genommen wird und eben auch sozusa- gen gewisse Schwellen von Ernstnehmen auch da sind, dass man dann auch sie dann auch weiter von der Petition in Richtung direkter Demokratie –perspektivisch – langfristig weiterentwickeln könnte. So, das heißt deswegen haben wir auch nicht zu sehr freiheitliche Positionen vertreten, so von wegen ach ist egal wieviele dort unterschreiben, weil wir dann eben das immer mehr auch ge- sehen hätten, dass es sich gedrängt wird in Richtung Petitionscharakter. Die ersten Vorstellungen für die Quoren und auch die Zahl der Staaten waren zu hoch aber das war so ein bisschen hier die Linie bei uns so. Und dann ist natürlich auch wichtig die ganze Frage gewesen wie organisie- ren sich sozusagen die Möglichkeiten von Gruppen sich zusammenzufinden und zu bilden, wie würden wir – also zum Beispiel waren dann ja erst Entwürfe mit dieser Frage mit den Passnum- mern und ähnlichen, was ja bei vielen Leuten dann einfach so eine Hürde mitbringt. Da haben wir uns ziemlich stark eingebracht, aber da müssten sie nochmal unseren Grünbuchbeitrag gu- cken, weil so genau habe ich den jetzt nicht mehr im Kopf.

LS: Ja, ja genau, den habe ich. Was war genau Ihre Rolle bei der Umsetzung und Diskussion 1/Grüne: Also unsere Rolle war, dass wir die Bundesregierung getrieben haben im Verfahren im Rat und dass die entscheidenden Mitarbeiter in der Regierung wussten, wenn sie Sachen machen die böse sind, dass das hier thematisiert wird. Vielleicht jetzt nicht für die breiteste Öffentlichkeit, aber dass im Parlament sich jemand damit beschäftigt. Und unsere Rolle war dann nacher auch vor allem bei der Umsetzung in Deutschland, dass wir gemeinsam mit ein paar NGOs und zivil- gesellschaftlichen Institutionen letztlich ähm den Versuch der Bundesregierung, die Teilnahme an der EBI kostenpflichtig zu machen, abwenden konnten. Das kann man glaube ich mehreren NGOs und uns sozusagen zuschreiben, dass wir da eine gemeinsam eine parlamentarisch, außer- parlamentarisch eine kleine Kampagne gemacht haben, die diese Vorstellung der Regierung ab- biegen konnten. Das heißt wir haben an der EBI tatsächlich auch noch eine Verschlechterung verhindern können.

LS: Können Sie in etwa quantifizieren, wie oft Sie sich im Bundestag mit dem Dossier beschäftigt haben? 1/Grüne: Puh, also wir haben schriftliche Fragen dazu gestellt, ich glaube sogar eine kleine An- frage LS: Ja genau. 1/Grüne: Ähm die Verordnung ist sicherlich, also ich weiß da gar nicht ob wir haben wir zu der Verordnung eine Stellungnahme? Also ich glaube wir haben da keinen Antrag nach Artikel 23 da- zugestellt. Also die schriftlichen Fragen, die wir gestellt haben, das waren sicherlich zwei oder drei über die Zeit und dann die Verordnung ist … äh… ist nicht vom BT beschlossen worden, ist sie beschlossen worden? LS: Doch die … 1/Grüne: Ist das ne Verordnung geworden, die dann beschlossen wurde? Ne, ich glaube das ist ne Verordnung, die dann auf dem Verordnungswege durch Ministerium gegangen ist. So also ich glaube außer den parlamentarischen Fragen und vielleicht mal Debatten haben wir keine parla- mentarischen Vorgänge dazu gehabt, wobei Sie natürlich im Auge halten müssen, dass die Be- handlung in den Räten natürlich auch zu parlamentarischen Überweisungen führt, die nicht im

116 Plenum aufschlagen, sondern im Ausschuss.

LS: Aber ich glaube im Bundestag wurde darüber abgestimmt oder ist das unabhängig dann da- von? 1/Grüne: Ich frag mal kurz nach [fragt Mitarbeiterin] 1/Grüne: Ja, muss ja, klar. Es gab ein Umsetzungsgesetz, dass dann im Parlament beschlossen werden musste. Es gibt ja für alles, was in Europa läuft, ein Umsetzungsgesetz. LS: Genau 1/Grüne: Und in dem Umsetzungsgesetz haben wir dann also im Parlament, im Plenum nochmal diskutiert.

LS: Okay, welche Rolle spielten die Fraktionssitzungen für ihre Positionierung? MS: Keine

LS: Und die Sitzungen des EU-Ausschusses? Welche Rolle spielten die? 1/Grüne: Für meine Position? Keine. LS: Okay 1/Grüne: Also wir haben im EU-Ausschuss natürlich auf die Regierung Druck machen können, Fragen stellen können, unsere Position noch einmal einer Öffentlichkeit halt darstellen können. Im Wesentlichen ist für die Positionierung wichtig gewesen, was wir selber finden und das dann von unserer AG mitgetragen wird. Natürlich steht dann dahinter auch die Fraktion, aber es war jetzt nicht das Mega-Thema in den Fraktionssitzungen.

LS: Und wenn Sie jetzt so die Entscheidungsfindung als solche, also auch die parlamentari- sche Diskussion, mit so genuin nationalen Themen vergleichen; würden Sie sagen das es eher anders war oder eher ähnlich? 1/Grüne: Also, es gibt ja viele Europathemen, die laufen ja immer gleich, wobei man sagen muss, dass die EBI ja ein relativ einfach zu erklärendes Thema ist. Wo auch meiner Meinung nach ein größeres Interesse als bei anderen Europathemen war und auch ein relativ schneller Vorgang war. Also zwischen Grünbuch bis hin zur Umsetzungsgesetzgebung im nationalen Parlament zwei Jahre ungefähr oder zweieinhalb Jahre zu haben ist halt außergewöhnlich schnell, normalerweise sind das 5 bis 10 Jahre. Das ist dann halt schon ein wunderschönes Beispiel um europäische Ge- setzgebung konzentriert darzustellen. Ja und dann ist natürlich bei uns so, dass das ganze Thema der direkten Demokratie sehr wichtig ist und darum man bei den Grünen dann auch besonders stark einfach sozusagen damit werben kann, sodass schon viele Kollegen sich dafür interessiert haben. Von daher würde ich schon sagen, es ist ein klassisch europäisches Thema, das aber mit einer höheren Aufmerksamkeit und einer höheren positiven Zuschreibung als die Umgebungs- lärmrichtlinie, wobei, das ist ein schlechtes Beispiel, weil die auch eine positive Zuschreibung hat.

LS: Wie konflikthaft schätzen Sie das Dossier ein? Also zum einen innerhalb ihrer eige- nen Fraktion und zum anderen zwischen den Fraktionen im Bundestag? 1/Grüne: Also in Bezug auf die Verordnung? LS: Genau 1/Grüne: also bei der Verordnung gab es durchaus Konflikte, auch zwischen den verschiedenen Ebenen auch bei der Frage welche Quoren sollen es sein, wie stark geht man da auf die Linie von Mehr Demokratie beispielsweise und wie stark sieht man aber auch die Gefahr, dass die EBI auch missbraucht werden könnte. Ähm, aber eben auch bei der Frage sozusagen, wie man am clevers- ten diese juristische Prüfung einbaut und so… Und aber auch dann in der Frage inwieweit man in der politischen Kommunikation, in der politischen Prioritäten, diese Frage der Quoren ganz nach

117 oben stellt oder die Frage dessen beispielsweise das es eine öffentliche Debatte geben muss, dass es für jeden einfach erreichbar sein muss, so… Und da gab es schon Konflikte grade zwischen uns und der EP-Fraktion, wobei es im wesentlichen eine Position in der EP-Fraktion ist, weil un- ser zuständiger Fachsprecher der Vorsitzende von Mehr Demokratie war und dementsprechend gewisse Prämissen sozusagen gezeichnet waren und er in seinem eigenen Laden dann nicht unbe- dingt immer alle Leute hinter sich hatte. Haben wir dann aber eigentlich gelöst bekommen, indem wir dann eine gemeinsame Parteitagsbeschlussfassung organisiert haben und dann waren die Konflikte beigelegt. Also das war ein Konflikt, ansonsten war es glaube ich wichtig, dass wir das Thema sehr proaktiv betrieben haben, weil dadurch natürlich auch Kollegen die sich gefragt ha- ben macht ihr dazu eigentlich was oder die sonst gemoppert hätten, dass dazu nichts passiert ge- merkt haben wir sind die Akteure, die sich im BT wahrscheinlich am meisten, wenn nicht sogar als Einzige, aber zumindest am meisten damit beschäftigen und parlamentarisch vorantreiben von daher gab es dann nicht mehr viele Konflikte.

LS: Und zwischen den Fraktionen wie haben Sie das wahrgenommen? 1/Grüne: Muss ich mal kurz nachfragen [fragt seine Mitarbeiterin] Hatte irgendeine andere Frak- tion mal irgendetwas zur EBI gesagt? Mitarbeiterin: Inwiefern? MS: Hatten wir Konflikt mit de- nen? Mitarbeiterin: Ne, wir hatten eigentlich mit der Breg Konflikte MS: Ja genau, aber die Frak- tionen haben eigentlich nie was gesagt, oder? Ja doch, vielleicht haben Roth (MdB) oder so das mal erwähnt aber so parlamentarisch richtig… ne. Aber die SPD hatte das schon auch auf dem Zettel Mitarbeiterin: Aber der größte Punkt war ja das Ministerium MS: Ja, das habe ich grade schon gesagt. Sehr politikwissenschaftlich, da kommen immer die Akteure und so ins Spiel.

LS: Okay, also sie haben nicht wirklich unterschiedliche Positionierungen wahrgenommen. 1/Grüne: Nein von der Regierung kam nichts und dann hat die Opposition halt gepusht, aber von den anderen Oppositionsfraktionen kam eigentlich nichts.

LS: Insofern gehe ich davon aus, dass es eine schwächere Polarisierung war als im Hin- blick auf andere politische Themen? 1/Grüne: Nein, das kann man so nicht sagen, wir haben da mit der Regierung schon richtig ge- fochten und ja schon was erreicht, mit den klassischen parlamentarischen Mitteln, plus Aufmerk- samkeit in der zivilgesellschaftlichen, also der interessierten Öffentlichkeit. Von daher würde ich sogar sagen, es war vielleicht sogar eine größere Polarisierung, weil wir bei vielen unserer Themen es ja auch nicht hinkriegen, dass man aufgrund einer kleinen Anfrage in der Fach-NGO-Welt Emails hat, die dann Protest ans Ministerium richten oder sowas. Da würde ich sagen die Polari- sierung war größer, nur das eben der Akteur gegen den wir agiert haben dann letztlich der ent- scheidende Akteur Beamte im Ministerium waren und nicht, das war den Abgeordneten im Bun- destag ziemlich lax von der Koalition.

LS: Für uns ist im Grunde auch ein wichtiger Punkt so mit wem Sie zusammengearbeitet haben im Rahmen des Dossiers ich würde deswegen einfach so ein paar Akteure abfragen und wie Sie sich erinnern sagen Sie mir, ob Sie mit denen zusammengearbeitet haben, oder nicht. Inwiefern haben Sie das Bundestagsbüro in Brüssel genutzt bei der EBI? 1/Grüne: Weiß ich nicht. Kollegin Fragen. Das stand sicherlich in den Berichten irgendwo. Und da waren sicherlich mal irgendwo Informationen über den Verhandlungsstand im Rat über den Status während der Verhandlungen. LS: Aber Sie würden sich wahrscheinlich dran erinnern, wenn Sie jetzt aktiv mit denen zusam- mengearbeitet haben?

118 1/Grüne: Ne, aber das macht man ja eigentlich nicht. Die sind ja eigentlich nur immer eher In- formationsbeschaffer.

LS: Okay 1/Grüne: Ausnahme ist natürlich für uns, unsere Leute dort aber wir haben da ja schon sehr eng mit den EP-Leuten zusammengearbeitet und da das EP ja auch sozusagen entscheidend mitbetei- ligt war. LS: Mit wem haben Sie denn im EP zusammengearbeitet? 1/Grüne: Mit [Gerold, LS] Häfner, [Reinhard, LS] Bütikofer. LS: Welche Form hatte das auch so? Haben Sie gemeinsam Positionen abgestimmt? 1/Grüne: Ja genau, ich glaube wir haben sogar wenn ich mich richtig erinnere sogar eine kleine Infotour gemacht, dass wir gesagt haben wir machen zur EBI so ein Veranstaltungsformat, was in mehreren Ländern dann stattgefunden hat, haben also auch versucht Landtagsabgeordnete und Etablierte aus den Parteien in den Ländern und haben dann so auch vier oder fünf Veranstaltun- gen zur EBI in vier oder fünf Hauptstädten von deutschen Ländern gemacht. LS: Okay 1/Grüne: Und zwar zum Stadium, als es grad um die Verordnung im Rat ging, wo wir gesagt ha- ben jetzt geht es darum wie wird die EBI ausgestaltet. LS: Also war es im Grund ein kontinuierlicher Prozess der Zusammenarbeit. 1/Grüne: Ja, wir hatten da mehrere TKs (Telefonkonferenzen) und dann war da dieser Landrats- beschluss oder BKbeschluss, das weiß ich nicht mehr genau, relativ wichtig. Und dann hat man tatsächlich immer stetig sich ausgetauscht und beispielsweise haben wir von den Kollegen in Brüssel dann erfahren, das die BReg plant, die Passnummern und dann haben wir in die Verord- nung hier eingeholt und haben hier Druck gemacht, dass das nicht geht mit den Passnummern und dann hat die Regierung diese Position auch räumen müssen und darauf war das dann mit den Passnummern in der Verordnung auch draußen. Ähm genau.

LS: Und das Kanzleramt, haben Sie da irgendwelche Kontakte 1/Grüne: Ne.

LS:…Bundesministerien? 1/Grüne: Ja, das zuständige, BMI LS: Das war dann für die kleine Anfrage, oder? 1/Grüne: Ja, ja genau. Und auch wenn wir es im Ausschuss hatten, dann war da normalerweise auch das Fachministerium da als Counterpart. Und wir haben da damals, also der Punkt war da- mals die Passnummern, dass das sozusagen in Deutschland gesetzeswidrig wäre. Das war natür- lich ein wichtiger Hinweis, dass die Regierung diese Position auch im Rat nicht vertreten hat. So… also auch diese Information haben wir wahrscheinlich vom BMI dann bekommen.

LS: Haben Sie mit dem Bundesrat zusammengearbeitet? 1/Grüne: Ne. …

LS: Ländervertretung? 1/Grüne: Wobei… da müssten Sie auch mal die Frau Holzhäuser fragen, ob wir da auch mit ei- nem unserer grünen Länder auch etwas gemacht haben, das weiß ich nicht. Der Bundesrat hat aber auch eine Stellungnahme dazu beschlossen? LS. Ja. Also Stellungnahme weiß ich nicht, aber die haben auf jeden Fall bei der Grünbuchkon- sultation als Institution… 1/Grüne: Also irgendwann hatten wir aber mal, aber ob das so wichtig am Ende war… Müssen

119 Sie nochmal die Frau Holzhäuser fragen.

LS: Okay, die EU Kommission… 1/Grüne: Der Bundesrat hat da doch eine Stellungnahme zu beschlossen oder? LS: Also Stellungnahme weiß ich nicht, aber die haben auf jeden Fall bei der Grünbuchkonsulta- tion als Institution teilgenommen 1/Grüne: Ah ja, stimmt, da habe ich mal was auf dem Tisch gehabt, aber das war dann am Ende wohl doch nicht so wichtig.

LS: Ähm ja, also EU-Kommission.. 1/Grüne: Ja, ja, klar da haben wir auch auf jeden Fall auch irgendwas mit gemacht. Fragen Sie da nochmal die Frau Holzhäuser, ob wir da auch noch informelle Kontakte hatten, im Zweifelsfall kam auf jeden Fall der Entwurf von denen. Ach, da war ja noch dieses Hearing in Brüssel, wo wir zwar nicht selber waren, aber mit den NGO’s und so…

LS: Haben Sie mit Parlamentariern aus anderen MS zusammengearbeitet? 1/Grüne: Also nicht ich persönlich, aber es gab verschiedene Kontakte schon in der damaligen Phase, wo mögliche Themen, wo also die Höfgen dann so Kontakte hatte. LS: Aber jetzt nicht im Rahmen der Verordnung? 1/Grüne: Ne, also nicht das ich mich erinnern würde.

LS: Wenn Sie das nochmal so in der Rückschau betrachten, welche Kontakte erschienen Ihnen am zielführendsten? 1/Grüne: Für die Verordnung? LS: Ja 1/Grüne: Ich glaub das war relativ wichtig, dass das EP seinen Job gemacht hat und sich gleich- zeitig der Bundestag in seinem legislativen Part des Rats aktiv eingemischt hat. Bei einem Thema, dass zwar nicht so in der Öffentlichkeit ist, dass aber wenn sich das Parlament dafür interessiert auch schon was passiert, auch wenn es nicht breit in der Zeitung steht, sondern weil es reicht wenn sich einzelne Abgeordnete einmischen. Das war glaube ich wichtig. Und dann ja, glaube ich auch, wenn man eine gute Fachöffentlichkeit hat und auf bestimmte Dinge hingewiesen wird, die einem anders gar nicht auffallen – da war glaube ich die Zusammenarbeit mit dem EP am wich- tigsten. LS: Und für das Durchführungsgesetz? 1/Grüne: Die Zivilgesellschaft würde ich sagen, also das wir da mit Europa Union und mit Citi- zens for Europe, ich glaube, dass das schon wichtig war, um noch ein bisschen Druck auf die Entscheidungen des Ministeriums ausüben zu können. Wobei in der Verordnungsphase war für uns tatsächlich die Information, dass das Gesetz in Deutschland rechtlich nicht zulässig wäre, entscheidend. Und das hat natürlich auch wieder den Kollegen dort [im EP, LS] wieder geholfen.

LS: Wie öffentlichkeitswirksam insgesamt schätzen Sie die EBI ein? 1/Grüne: Das ist eine gute Frage. Weiß ich nicht. Also ist in jedem Fall ne super Sache und das wird ein bisschen drauf ankommen, was draus gemacht wird und was dann dabei herauskommt. Also wie erfolgreich die ersten Initiativen sind, wie erfolgreich die dann sein werden. Und dann auch natürlich, wie dann damit umgegangen wird. Aber wenn man relativ bald zu einem guten Thema, wo die KOM vielleicht die Möglichkeit hat, was zu machen, ein Thema, was in den klassi- schen Anwendungsbereich der EBI fällt. Und man dadurch was bewirken kann, kann ich mir auch vorstellen, dass daraus auch in absehbarer Zeit ein Instrument wird, das beliebt ist, weil man sieht „Oh da kann man ja was mit bewirken“. Wenn man jetzt aber lauter Sachen hat wie „Atom-

120 kraft ausschalten“ oder ein Kram, der dann sowieso nichts wird, dann wird die Öffentlichkeits- wirksamkeit für manche Berichterstatter vielleicht am Anfang größer sein, aber die Nachhaltigkeit nicht so groß.

LS: Haben Sie bei der EBI denn gezielt die mediale Öffentlichkeit genutzt? 1/Grüne: Also wir haben die Fachöffentlichkeit genutzt hier bei der Umsetzung und wir haben versucht, auch im Rahmen der normalen Öffentlichkeitsarbeit auch Aufmerksamkeit zu schaffen und haben eben dann auch die Veranstaltungen gemacht, die vor Ort auch nochmal versucht ha- ben gezielt die Zivilgesellschaft und Multiplikatoren anzusprechen. Um also auch Werbung für die EBI zu machen. Aber ist ja auch nicht das Thema, womit man jetzt, also wir haben auch glau- be ich einmal sogar eine kleine Spalte in der Zeit gehabt, also wir haben da auch versucht interes- sierte Journalisten für etwas zu interessieren.

LS: Sie haben ja schon gesagt, mit welchen ZG Organisationen sie zusammengearbeitet haben, vielleicht können sie ja nochmal kurz die wichtigsten nennen? 1/Grüne: Genau, EUD, CfE, Mehr Demokratie

LS: Zum Abschluss wäre es für mich nochmal interessant, die Ihrer Meinung nach wichtigsten politischen Protagonisten abzufragen:

LS: Wer waren Ihrer Meinung nach die relevanten Akteure in der eigenen Fraktion? 1/Grüne: Ich selber

LS: Wer waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten Protagonisten auf deutscher Ebene? Jetzt insgesamt, nicht nur im BT 1/Grüne: Immer die Regierung, in diesem Fall das BMI, vielleicht waren wir auch ein bisschen wichtig.

LS: Und dann noch auf europäischer Ebene die Protagonisten 1/Grüne: Ja, KOM, oder EP oder Rat, wer denn davon? Ich glaub das EP hat da am Ende doch viel von den restriktiven Vorstellungen der KOM und den noch restriktiveren Vorstellungen des Rates abwenden können.

LS: Und zum Abschuss: Wie bewerten Sie das Ergebnis der EBI, also die Verordnung und das Durchführungsgesetz, vor dem Hintergrund ihrer eigenen Interessen? 1/Grüne: Kann man zufrieden sein. Man hat es ja nicht oft, dass man als Opposition man doch noch Einfluss hat, das haben wir hier gehabt. Und ansonsten wird die EBI davon leben, wie gut sie in der Praxis angewendet wird. Für den jetzigen Stand können wir damit zufrieden sein, sie hätte auch schlechter ausgehen können.

LS: Gut, das war’s schon. Vielen Dank.

LS: Sind Sie da auch immer noch aktiv? 1/Grüne: Ja, wir sind da immer noch aktiv und verfolgen das auch noch.

121 Zusatz: 2/Grüne Mitarbeiterin Manuel Sarrazin, im Hinblick auf Kontakte/Netzwerke:

Bundestagsbüro Brüssel: 2/Grüne: wenig, weil es im BT direkte Kontakte ins EP / die KOM bestehen.

Bundesrat: 2/Grüne: Bund-Länder Koordination, Abstimmung

Ländervertretungen: 2/Grüne: Mit grünen Ländern

EU KOM: 2/Grüne: Stellungnahme Grünbuch, informelle Kontakte mit einzelnen KOM-Beam- ten.

122 1/Linke Berichterstatter EU-Ausschuss Interview am 28. Juni 2012, 9.30 Uhr

1/Linke: Vielleicht eine Vorbemerkung: Also das haben Sie ja vielleicht auch in der Rede, das war ja vor eineinhalb Jahren, dass das im BT diskutiert wurde. Die EBI ist ja sozusagen Teil des Lissabonner Vertrags, der am 1.12.2009 in Kraft getreten ist, den wir als LINKE in seiner Ge- samtausrichtung kritisiert haben und das ist sozusagen ein Teil, der eher in eine positive Richtung geht, da ich und meine Fraktion auch sehr für die Stärkung direkter Demokratie sind. Zum Bei- spiel Bürgerinitiativen, Volksentscheide und so weiter, das ist ja bislang auf europäischer Ebene überhaupt gar nicht möglich. Das Problem, wenn man sich den konkreten Wortlaut im Lissabon- ner Vertrag anschaut, ist, dass es halt doch sehr eingeschränkt ist. Ich weiß nicht, ob ich es jetzt aus dem Kopf hinkriege, aber eine Million Bürgerinnen und Bürger können die Kommission auf- fordern einen Entwurf, eine Gesetzesinitiative zu starten, um die Verträge umzusetzen. Das heißt – das habe ich glaube ich auch so formuliert – das ist jetzt kein verbindliches Element direkter Demokratie, es ist letztlich auf dem Niveau einer Massenpetition. Was natürlich besser ist als gar nichts, aber man muss das sozusagen auch in die richtigen Proportionen stellen, weil sonst streut man den Menschen Sand in die Augen. Und ganz konkret, das haben Sie ja sicher auch mitbe- kommen, gab es ja eine Initiative, die die Frage der Atomkraft angeht, die ist abgelehnt worden von der KOM und im Grunde genommen habe ich diese Ablehnung in der Rede ja schon pro- gnostiziert, weil die Formulierung „die Verträge umzusetzen“ ist halt sehr eng gefasst. Initiativen, die sozusagen andere Sachen behandeln als in den Verträgen beschrieben, und die Verträge sind nun mal auch relativ einseitig von der Ausrichtung, sind mit der EBI nicht möglich. Und das ist nicht nur bei der Atomkraft so, wir haben ja noch den Atomvertag, der ist ja nach wie vor Grundlagenvertrag der EU, die Förderung der Atomenergie. Und ich nehme mal an, das die KOM das mit Bezug darauf abgelehnt hat. Da bin ich trotzdem nochmal zusätzlich erschüttert, wie restriktiv man diese Ausführungsbestimmungen gestaltet hat. Wir haben ja gesagt, das ist be- schränkt, aber wir setzen uns natürlich trotzdem dafür ein, für eine ordentliche Auslegung ein. Das es einfacher wird eine EBI zu gestalten, ich kann da jetzt nicht mehr ins Details gehen, das ist ja mittlerweile 1 1/2 Jahr her, als ich mich das letzte Mal damit befasst habe. Aber das ist so- weit ich das wahrgenommen habe, relativ eingeschränkt. Also man legt da schon hohe Hürden überhaupt für diese Bürgerinitiative an, die ja trotzdem nur eine sehr begrenzte Wirkung hat. Also die KOM macht dann einen Vorschlag, das heißt ja nicht das das dann in Kraft geht, sondern das ist ja nur ein Vorschlag, der dann vom Rat und vom EP umgesetzt werden kann. LS: Ja, das wird dann wahrscheinlich richtig spannend werden, wenn dann die ersten EBI's dann erfolgreich abgeschlossen wurden, wie dann die KOM damit umgeht. 1/Linke: Ja, ja, ich bin da auch sehr gespannt, also ich will das dann ja auch nicht schlecht ma- chen – das wurde mir dann ja auch zum Teil vorgeworfen – ich habe nur darauf hingewiesen, wir können es nicht gleichsetzen mit – also ich komme aus NRW, wir haben als Kommune einen BE organisiert, noch bevor ich ins Parlament gekommen bin und noch bevor ich in die Partei einge- treten bin – es ging um so ein Prestigeprojekt in Aachen, da haben wir Unterschriften gesammelt, man brauchte ein Quorum, das haben wir erreicht und das ist dann geprüft worden und dann gab es einen Bürgerentscheid, der hat dann 80% bekommen damals, und dann ist das Projekt nicht gebaut worden, denn der Souverän hatte entschieden und hat damit die Entscheidung des Stadtrates overruled. Das ist richtig direkte Demokratie mit verbindlichen Rechten. Wenn man das vergleich mit der Bürgerinitiative ist das natürlich ein Riesenunterschied. Das heißt aber nicht, ich finde es ja gut das es sie [die EBI] gibt und man muss es natürlich ausschöpfen, aber sie ist auch begrenzt in ihrer Kapazität.

123 LS: Okay, ich würde sagen ich komm dann einfach zu meinen Fragen: Ich würde gerne anfangen mit der europäischen Dimension der EBI: In welchem Kontext, wenn Sie sich erinnern, ha- ben Sie sich erstmals mit der EBI beschäftigt. 1/Linke: Im Kontext meines Mandates hier [im BT, LS], da ich im Europaausschuss bin. Wir ha- ben da vier Vertreter und da teilt man die Zuständigkeiten auf und ich hab den Innen- und Justiz- bereich und darin fällt das dann im Grunde. Das heißt dann Berichterstatter zur EBI und dann musste ich mich zwangsläufig damit beschäftigen, was mir nicht schwergefallen ist, da ich mich vorher ja schon, als Akteur, mit Bürgerinitiativen beschäftigt habe.

LS: Wenn ich das richtig gesehen habe, hat sich die Linke nicht an der Grünbuchkonsultation im Vorfeld der Verordnung beteiligt, wissen Sie warum? 1/Linke: Oh das war wahrscheinlich vor meiner Zeit, wann war das denn? LS: Die war von November 2009 bis Januar 2010. 1/Linke: Dann war das gerade in der Übergangszeit, wo ich hier in den BT gekommen bin. Also ich denke nicht das das eine politische Entscheidung war, ich weiß jetzt auch nicht genau, was eine Grünbuchkonsultation ist. Aber ähm ich vermute mal, dass das eher war, wir hatten da einen Wechsel im Europaausschuss, als ich in den Europaausschuss gekommen bin und ich hatte das dann in der Phase – als ich gerade in den BT gekommen bin – dann einfach nicht auf dem Schirm. Gerade als kleine Fraktion ist oft so das man einige Dinge nicht auf dem Schirm hat.

LS: Haben Sie sich abgesehen von den Diskussionen im BT auch noch mit der EBI be- schäftigt? Im Rahmen der Verordnungsdiskussion. 1/Linke: Es ist natürlich immer wieder so, dass ich mich im Rahmen des Europarats mit Akteu- ren zusammengestoßen bin, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt haben und da habe ich Gespräche mit denen geführt. Zum Beispiel Andreas Große aus der Schweiz, der sehr sehr einer der Sozialisten aus der Schweiz, der da ein ganz zentraler Akteur ist, was das Vorantreiben von BIs angeht. Aber jetzt nicht speziell, es [EBI, LS] ist jetzt auch nicht wirklich mein Schwerpunkt.

LS: um ein bisschen den Blick zu lenken auf die parlamentarische Arbeit im BT: Sie haben ja eben bereits die wesentlichen Interessen skizziert; vielleicht nochmal in drei Punkten, was am wichtigsten für Sie war bei der Diskussion der EBI-Verordnung. 1/Linke: Jetzt was positiv ist, oder? LS: Genau, was für Sie am wichtigsten was 1/Linke: Wichtig ist, dass es ein europäisches Instrument mit Elementen direkter Demokratie gibt. Das ist sehr sehr wichtig, um ein europäisches Bewusstsein, eine europäische Öffentlichkeit zu schaffen. Das würde ich mal als einen Punkt nennen. Aber eben auch – um das nochmal zu beschreiben, aus verschiedenen Ländern, hunderttausende Menschen zu vereinen, das schafft ja etwas, was wir viel zu wenig haben, ein europäisches Bewusstsein, eine europäische Öffentlich- keit. Das zweite ist natürlich für mich wichtig, das man offen kommunizieren muss, die Begrenzt- heit, letztlich, der sehr begrenzte Charakter, der mir viel zu eng gefasst ist. Und äh... Ja, das sind eigentlich die zwei.

LS: Gut, erinnern sie sich noch grob, wie oft sie sich im BT mit der EBI beschäftigt ha- ben? 1/Linke: Gut, ich habe einmal dazu geredet, es gab eine Debatte, wenn ich mich richtig erinnere. Es gab mehrere Debatten im Ausschuss, das war vor eineinhalb Jahren, das war dann so die Pha- se, wo es hier eine Beschäftigung damit gab, danach eigentlich nicht mehr. Und das war auch die

124 Zeit, wo ich mich für vier Wochen intensiv, intensiver damit beschäftigt habe und dann kamen wieder andere Sachen. Dann kam höchstens nochmal wie jetzt, wo die Anti-Atominitiativen ge- scheitert sind, dass ich mich kurzzeitig nochmal immer mal wieder punktuell verfolgt habe.

LS: Haben sie auch beim Durchführungsgesetz sich nochmal mit der EBI beschäftigt? 1/Linke: Wir hatten, was die Durchführungsbestimmungen angeht, haben wir einen Antrag ein- gebracht, der sich sozusagen auch gar nicht so sehr unterscheidet vom Grünen-Antrag, der für eine sehr großzügige, freundliche Auslegung ist, dass die Hürden nicht zu hoch sind. Aber ich glaube darüber hinaus nicht.

LS: Wie haben Sie in der Fraktion die EBI diskutiert und inwiefern spielten die Frakti- onssitzungen eine Rolle für Ihre Positionierung? 1/Linke: Ja gut, da ich Berichterstatter war, war ich derjenige, der die Position formuliert hat. Es gab eine gewisse Debatte, aber die war jetzt auch nicht sonderlich kontrovers oder intensiv. Ver- einzelt wurde vielleicht gesagt, dass ich etwas zu kritisch drangehe und man das Positive mehr be- tonen sollte, nicht nur diese Begrenztheit und ich bin halt der Meinung, dass man den Menschen klar sagen muss, das ich damit möglich und das ist damit nicht möglich. Aber das war jetzt keine sonderlich lange und kontroverse Debatte, es gab einen großen Konsens für den Antrag, dass wir für eine Erleichterung der Möglichkeiten sind, also dass wir den Antrag stellen, war völlig unum- stritten.

LS: Wenn Sie die Entscheidungsfindung der EBI mit nationalen Dossiers vergleichen, fan- den Sie die Diskussion in Ihrer Fraktion eher ähnlich oder eher unterschiedlich? 1/Linke: Naja, das Problem ist, es ist eigentlich eher ähnlich, es kommt nur eine Besonderheit hinzu: Wir haben ein Grundmuster in der Europadiskussion als Linke, weil wir eben uns kritisch zu der Entwicklung positioniert haben. Von den Maastrichter Verträgen, die wir abgelehnt haben, bis hin zum Lissabon Vertrag, den wir auch abgelehnt haben, trotz kleinerer positiver Elemente, die wirtschaftspolitische Ausrichtung im Lissabonner Vertrag kritisieren wir, sodass wir oft dem Vorwurf ausgesetzt waren, dass wir europafeindlich sind, so wie das jetzt in Griechenland mit Sy- riza war, obwohl die auch den Maastrichter Verträgen zugestimmt haben. Deswegen ist unsere Diskussion zu europapolitischen Fragen immer davon geprägt, weil das so im Hintergrund steht, weil einige immer sagen, wir dürfen nicht so kritisch sein, wir müssen alles viel freundlicher for- mulieren. So, das ist vielleicht der Unterschied zu nationalen Dossiers, aber sonst war die Debatte wie bei allen anderen auch.

LS: Dann würde ich gerne auf die Polarisierungen bzw. die unterschiedlichen Auffassungen im Bundestag eingehen: Wie konflikthaft schätzen Sie die EBI ein? Sowohl in der Fraktion als auch zwischen den einzelnen Bundestagsfraktionen. 1/Linke: Wie gesagt, in der Fraktion gab es keinen Konflikt, das wir die EBI unterstützen wür- den, das war vollkommen konfliktfrei. Unter den Fraktionen war es so, dass insbesondere SPD und Grüne das sehr stark unterstützt haben, und es war ganz offensichtlich, dass die Regierungs- fraktionen auf die Bremse gegangen sind und auch die Ausführungsbestimmungen und die Hür- den möglichst hoch hängen wollten und so weiter. Das war die Grundgemengelage. Was ich dann auch kritisiert habe, ich fand es dann zum Teil von der Grünenfraktion eine völlige Überdimen- sionierung der realen Chancen der EBI, die wurde dann als Quantensprung der modernen De- mokratieentwicklung hingestellt, ein neues Zeitalter was dann damit eintritt, das sehe ich einfach nicht in dieser begrenzten Formulierung. Das heißt ja nicht, dass man das nicht unterstützt, aber man muss auch nicht den Menschen den Eindruck vermitteln sie hätten jetzt so unglaublich viele Mitsprachrechte, das ist einfach nicht so. Ich sehe nach wie vor auf der EU-Ebene riesige Demo-

125 kratiedefizite, da ist natürlich die EBI ein kleinster Schritt in die richtige Richtung, die Probleme werden damit nicht aufgehoben. Es gibt natürlich, das spannende ist natürlich, ein gewisses In- itiativrecht bei den Bürgern, um die KOM aufzufordern. Aber das basiert ja auf der Struktur der EU, dass das EP kein Initiativrecht hat. Das ist ja unglaublich, das einzige Parlament auf der Welt, das kein Initiativrecht hat. Aber natürlich ist das gut, dass es sowas gibt, aber das reicht ja nicht, um so eine Struktur aufzuheben. Das waren vor allem die Konflikte zwischen mir einerseits, weil ich mich recht viel darin engagiert hatte, und SPD und Grünen [andererseits, LS].

LS: Haben Sie diese unterschiedlichen Positionen als eher stärker oder eher schwächer wahrge- nommen, wenn Sie das jetzt mit nationalen Dossiers vergleichen. 1/Linke: Da würde ich keinen Unterschied sehen.

LS: Für uns ist für das Projekt auch sehr interessant, mit dem Sie zusammengearbeitet haben in der EBI, insofern habe ich ein paar AKTEURE aufgeschrieben... 1/Linke: Ja vor allem mit meinem Verein, ich bin Mitglied bei Mehr Demokratie e.V. und habe vor allem mit dem Michael Efler eng zusammengearbeitet, mit dem ich auch eng in Kontakt ste- he. Wir haben ja auch ein paar kritische Positionen, die auch die Begrenztheit darstellen und ha- ben Positionen entwickelt, die auch eine Erleichterung…

LS: Haben Sie mit dem Bundestagsbüro in BXL zusammengearbeitet? 1/Linke: Ja. LS: Inwiefern? 1/Linke: Dem Verbindungsbüro, ja ja. Wir haben da ja einen Vertreter – nur einen leider – der im Augenblick auch im Vaterschaftsurlaub ist, wir haben also im Moment gar keinen. Das ist ganz furchtbar in dieser Phase. Der wechselt ja zwischen Brüssel und hier, der sitzt in Berlin gegenüber von meinem Büro und wir haben fast jeden Tag miteinander gesprochen, ich habe ihn oft darauf angesprochen, er hat mir Materialien dazugegeben. Und vor allem ging es um eine Einschätzung und das war sehr intensiv.

LS: Hatten Sie in irgendeiner Weise Kontakt mit dem Kanzleramt? 1/Linke: Nein.

LS: Haben Sie mit BM'en Kontakt gehabt? 1/Linke: a nur sozusagen über den Ausschuss [Europaausschuss] aber nicht darüber hinaus. Wenn da mal Vertreter im Ausschuss waren und Stellung genommen haben und wir die dazu be- fragt haben, aber mehr auch nicht.

LS: Der Bundesrat? 1/Linke: Nein

LS: Und auch keine Länder? 1/Linke: Nein.

LS: Die EU KOM? 1/Linke: Nein

LS: Und das Europäische Parlament? 1/Linke: Ja, mit unserer Abgeordneten stand ich da in Kontakt. Das lief auch über das Verbbin- dungsbüro, der Austausch. Wir haben da so ein Treffen europapolitischer Sprecherinnen, so alle

126 zwei bis drei Monate, da sind dann wir da und Vertreter aus dem EP, Vertrter aus den Ländern, die europapolitischen Sprecher und Vertreter der Stiftung die damit zu tun haben und da haben wir uns auch konkret über die EBI ausgetauscht.

LS: Wer war die Abgeordnete, mit der Sie zusammengearbeitet haben? 1/Linke: Im EP? Kornelia Ernst LS: Und, welche Form hatte die Zusammenarbeit mit dem EP? War das Informationsaustausch, oder haben Sie auch gemeinsame Positionen ausgetauscht? 1/Linke: Also eher Austausch von Positionen und der Versuch das einzuordnen und sich zu posi- tionieren. LS: Und wie oft standen Sie in Kontakt mit dem EP? 1/Linke: Nicht viel, das war schon jetzt begrenzt.

LS: Hatten Sie Kontakt in den Rat? 1/Linke: Naja, höchstens ein bisschen indirekt; über das Verbindungsbüro. Es ist so, dass der Mitarbeiter im Verbindungsbüro dort sehr viele Kontakte hat und natürlich seine Ohren überall hat und auch mitkriegt, was in den jeweiligen Ratsarbeitsgruppen so diskutiert wird. Aber ich kann da jetzt nichts Spezielles sagen.

LS: Und Parlamentarier aus anderen MS? 1/Linke: Nein.

LS: Und wenn Sie jetzt so in der Rückschau betrachten, welche Kontakte für Sie am meis- ten zielführend waren, um Ihre Positionen anzubringen? AH: In dem Fall war es schon das Verbindungsbüro, das war wirklich sehr intensiv [Pause] und auch die Kontakte mit dem Europaparlament.

LS: Ein letzter größerer Punkt wären die Öffentlichkeitsstrategien: Wie öffentlichkeitswirksam schätzen Sie die EBI ein? 1/Linke: Naja, es ist schon ein bisschen durch die Medien gegangen. Es ist schwierig für mich die Frage zu beantworten, weil es gab eine gewisse Öffentlichkeitsarbeit, die sich m.E. auch medial widerspiegelte, aber ich war sozusagen über den Inhalt nicht ganz so glücklich. Es waren dann zum Teil so Hype-Artikel, so à la „ganz toll“. Ich denke mal es ist schon so bei Verbänden und organisierten Akteuren der ZG angekommen – wahrscheinlich auch europaweit. Das spielt für viele eine Rolle mit der Frage „können wir da was machen?“. Jetzt zum Beispiel BUND mit der Atomkraft; Gewerkschaften, Greenpeace. Ob das in der breiten Bevölkerung eine Rolle spielt? Ich glaube nicht. Also in dem Sinner ist es nicht angekommen, das war ja auch eine Argumentati- on: Es ist unglaublich wichtig, wenn man für direkte Demokratie ist, dass man Verbindlichkeiten schafft, dass die Leute wirklich das Gefühl haben „ja, wir können wirklich etwas entscheiden“. Als ich damals den Bürgerentscheid in Aachen organisiert habe, die Leute wollten das nicht und da haben wir Stände gemacht und da kamen dann die Leute und haben gesagt: „Ihr könnt doch eh nichts machen, die da oben machen doch eh was sie wollen“ - „Doch wir können, wir brau- chen die und die Unterschriften, dann findet das und das statt und dann ist das verbindlich“. „Ja, das glaube ich nicht, aber ich unterschreibe mal“ Aber dann die Erfahrung zu machen man hat wirklich etwas zu sagen als einfacher Bürger das ist total wichtig, weil wenn man über direkte De- mokratie redet. Wenn Leute wirklich etwas entscheiden können und da Verbindlichkeit drin ist, ist diese Politikmüdigkeit viel einfacher zu durchbrechen. Deswegen ist mir das total wichtig mit dieser Verbindlichkeit.

127 LS: Haben sie oder ihre Fraktion gezielt die mediale Öffentlichkeit genutzt? 1/Linke: Naja, ich habe glaube ich schon ein zwei PMs dazu gemacht. Aber das war jetzt auch kein großes Thema, ich war gerade neu im BT. Aber ich hab da jetzt keine große Resonanz ge- habt.

LS: Sie haben ja schon gesagt, sie haben mit Mehr Demokratie zusammengearbeitet, haben Sie noch mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammengearbeitet? 1/Linke: Ne, Mehr Demokratie war das Entscheidende.

LS: Zum Abschluss nochmal kurz die wichtigsten politischen Protagonisten: Einmal wer war ih- rer Meinung nach der wichtigste Akteur auf deutscher Ebene. 1/Linke: Also da würde ich schon Mehr Demokratie benennen und konkret Michael Efler, ich glaube die haben schon eine sehr wichtige Rolle gespielt. Aber gerade in diesem Prozess vor 2010, das habe ich dann auch nicht so wahrgenommen.

LS: Und auf europäischer Ebene? 1/Linke: Weiß ich nicht. Ich kenne zwar einige Akteure, weiß aber nicht welche konkrete Rolle, die jetzt genau gespielt haben.

LS: Okay, das war es auch schon. Vielen Dank für das Gespräch.

128 Eidesstattliche Erklärung

An Eides statt versichere ich, dass die Arbeit

Die Emanzipation des Agenten Das Mehrebenenspiel des Deutschen Bundestags in der Europäischen Bürgerinitiative von mir selbst und ohne jede unerlaubte Hilfe angefertigt wurde. Die Stellen der Arbeit, die anderen Werken und Quellen, auch Internetquellen, dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, habe ich in jedem einzelnen Fall als Entlehnung kenntlich gemacht.

Berlin, 26. September 2012

Linn Selle