Eine Biketour Dort, Wo Bären Leben? Das Klingt Nach Abenteuer Und Nach Ferne
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DAV Panorama 3/2009 Von Traian Grigorian Eine Biketour dort, wo Bären leben? Das klingt nach Abenteuer und nach Ferne. Doch wir müssen gar nicht erst viele Flugstunden auf uns nehmen. Das Abenteuer wartet gleich hinterm Brenner: im Trentino, genauer gesagt in der Brenta. Dort gibt es nicht nur eine Bärenpopulation, sondern seit letztem Jahr auch eine mehr- tägige Mountainbiketour, die das Dolomitenmassiv umrundet. 34 DAV Panorama 3/2009 Dolomiti di Brenta Bike | Unterwegs Mit leichtem Gepäck auf dem Mountainbike in einer Woche rund um die Brenta-Dolomiten. Das neue Angebot im Trentino macht’s möglich. Foto: Fototeca Trentino S.p.a./Ronny Kiauhlen S.p.a./Ronny Trentino Fototeca Foto: 35 DAV Panorama 3/2009 In der Tiefe glänzt der Tobliner See – in der Höhe lockt die Paganella- Hochebene. Biker im ständigen Wechsel der Aussichtslogen. olomiti di Brenta Bike“ lau- ter. Ihr Ziel, der Gardasee, lag nur noch nicht nur ein gelungenes Angebot für tet der Name der 171 Kilome- eine Tagesetappe entfernt.“ Diese Ent- Biker, sondern auch der Versuch, einen ter langen Biketour rund um wicklung hoch droben blieb auch den touristisch relevanten Mehrwert für die eines der schönsten Alpen- verantwortlichen Tourismusstrategen Region zu erzeugen. Dmassive. Die Idee entstand schon En- im Tal nicht verborgen. „Doch um die de 2005 anlässlich eines vom regio- bunte Gästeschar in der Region zu hal- nalen Naturpark organisierten Infor- ten, bedurfte es neuer Konzepte“, resü- Zwei Varianten für alle mationsforums, in dem Möglichkeiten miert Alessandra Odorizzi, Chefin des Sechs Täler haben sich im Projekt für nachhaltigen Tourismus diskutiert örtlichen Tourismusbüros. Das Ergeb- zusammengeschlossen. Die Tour lässt und erörtert wurden. Etwa 20 Pro- nis „Dolomiti di Brenta Bike“ ist also sich in jedem der Orte rund ums Ge- jekte leiteten Fachleute und Touristi- ker damals in die Wege – die Biketour ist eines der ehrgeizigsten davon. Egidio Bonapace weiß einiges über Mountainbiker in der Brenta zu erzäh- len. Der Hüttenwirt des hoch über Ma- donna di Campiglio gelegenen Rifugio Graffer kann sich noch gut an die ersten An den Ufern des Molve- Biker vor nun schon zwei Jahrzehnten nosees ist man nur in der erinnern, die auf dem Weg über die Al- Nebensaison so allein. pen in seiner Alpenvereinshütte Halt machten. Seither liegt sein Rifugio auf einer der Transalp genannten „Amei- senrouten“. Die Biker hat er nie gezählt, „aber es waren Tausende“, die, wie von einer inneren Kraft gelenkt, gen Süden zogen. „Viele kamen vom Tovelsee über den Pass gestiegen, blieben über Nacht und zogen am nächsten Morgen wei- 36 DAV Panorama 3/2009 Dolomiti di Brenta Bike | Unterwegs Fotos: Traian Grigorian Traian Fotos: birgsmassiv starten und führt von den Den Bären sieht man fahren mit GPS-Geräten bis zum En- Terme di Comano im Süden übers Al- de des Sommers 2007 erfasst wurden. topiano della Paganella in das für sei- in der Brenta auf Anschließend ging die Arbeit an einer ne Apfelplantagen weithin bekann- für die Öffentlichkeit bestimmten Kar- te Val di Non im Osten. Nordseitig Logos, Prospekten te weiter, Beschilderungen wurden er- geht es ins Val di Sole, ehe man auf der und Karikaturen. stellt, ein Internetauftritt projektiert so- Westseite über Madonna di Campiglio wie Kriterien für interessierte Bikeho- ins Val Rendena und die Valli Giudi- Nur zu Gesicht be- tels aufgestellt. Das Ergebnis kann sich carie bis zum Ausgangspunkt zurück- kommt man ihn nie. sehen lassen: Die vier bis sieben Tages- kehrt. Die Tour gibt es in zwei Varian- etappen umfassende Runde ist kom- ten, einer etwas leichteren und einer etwas anspruchsvolleren, die neben ausreichend Kondition auch fahrtech- Große Oper: Diese Brenta- nisches Können voraussetzt. Prachtkulisse genießen Biker vom Logenplatz der Paganella. „Der Wunsch war, nicht nur versier- te Biker anzusprechen, sondern auch Bike-Anfänger, die es etwas gemüt- licher angehen wollen“, erzählt Davi- de Aldrighetti während der Einrolltour zwischen San Lorenzo di Banale und dem Molvenosee. Der 34-jährige Web- designer und Bikeladeninhaber aus Ter- me di Comano ist nicht nur der Guide unserer Kennenlerntour, er hat auch das Konzept des Angebots entwickelt. Unter seiner Leitung entstand seit An- fang 2006 eine Projektkarte, in der die vorhandenen Wege kartiert und nach der endgültigen Auswahl durch Ab- 37 DAV Panorama 3/2009 plett ausgeschildert, der Internetauftritt ten. Die Tourismusmanagerin aus Pon- Hier ein Wegweiser, da eine Broschü- mit Kartenansicht, Planungsoptionen te Arche hat uns ins Rifugio Alpenrose, re der Brenta-Dolomiten, dort Fotos. und kostenloser GPS-Track-Down- am Ende der Straße weit oberhalb von Der Bär ist quasi der Hauptdarsteller der loadmöglichkeit lässt fast keine Wün- San Lorenzo, geführt. Höher liegt kein Region, verewigt auf Logos und Pro- sche offen. Und 97 interessierte Ho- Haus hier, draußen ist es längst dunkel. spekten. Auf Karikaturen sieht man ihn tels in den sechs Talschaften sowie Da wirkt es fast inszeniert, als die Hüt- Müll sammeln oder sogar biken. Nur zu ein kostenloser Komplettbuchungs- tenwirtin lokale Köstlichkeiten auftischt Gesicht bekommt man ihn nie. service der Fremdenverkehrsbüros für und plötzlich bestätigt: „Jaja, erst vor- Nie stimmt nicht ganz. In Spormag- planungsfaule Gäste sind mehr, als man gestern Abend war er wieder hinterm giore, einem kleinen, auf einem Hü- sich im ersten Jahr einer Projektphase Schuppen auf der Suche nach Abfällen.“ gel gelegenen Dorf im Val di Non, gibt erwarten darf. Ungläubiges Staunen in der Runde der es ein Bärengehege, in dem zwei Exem- Gästebiker. „Doch, doch“, beharrt sie, plare in Gefangenschaft leben. Doch „die Köchin hat ihn selbst gesehen!“ auch diese beiden zieren sich zuwei- Hauptdarsteller Bär Die aus der Küche Gerufene bestätigt len, liegen vor den Blicken der neugie- „Und, werden wir Bären zu Gesicht in einem italienischen Redeschwall die rigen Besucher geschützt im Wald und bekommen?“, will Elke wissen. „Ja“, unvorhergesehene Begegnung. Ja, sie finden die ganze Aufregung, die um sie antwortet Davide beim Abendessen habe Meister Petz sogar mit dem Handy gemacht wird, ziemlich uninspirierend. siegesgewiss, „zumindest im Gehege fotografiert. Alle wollen den Beweis se- Bei unserem Besuch lassen sie sich je- von Spormaggiore“, fügt er lachend hin- hen. Triumphierend zeigt sie uns ihr Te- denfalls nicht dazu verleiten, in wah- zu. In der Tat sind die Bären in der Bren- lefon: Auf dem Display ein unscharfes rer Pracht und Größe vor uns aufzumar- ta ständig gegenwärtig, auch wenn man Bild, in einiger Entfernung ein undefi- schieren. In unserer Fantasie ist der Bär ihnen nie begegnet. Gastgeberin Ales- nierbarer brauner Fleck. Das also soll er doch deutlich majestätischer ... sandra Odorizzi erzählt uns, dass die sein, der Bär, den hier alle fürchten und Zurück auf dem Bikesattel. Davide Bären schon mal des Nachts den höher auf den hier (fast) alle stolz sind. Wo und Andrea führen uns von San Loren- gelegenen Weilern einen Besuch abstat- man auch hinkommt und hinschaut: zo am Molvenosee entlang nach Andalo. Die abwechslungs- reiche Runde verläuft mal talnah durch Dörfer und dann wieder weitab jeder Zivilisation. Fotos: Traian Grigorian Traian Fotos: 38 DAV Panorama 3/2009 Dolomiti di Brenta Bike | Unterwegs Nebenher erklären die Guides, dass die einfachere, zunächst als „Family“-Tour Idyllische Bikestrecke un- terhalb der Brenta-Türme klassifizierte Variante hauptsächlich am Lago di Valagola in den Tallagen verläuft, während die „Expert“-Version so manche anstren- gende Steigung zu einer der vielen Al- penvereinshütten in der Brenta ein- schließt. Auf dem Teilstück, das wir gerade beführen, lägen beide Varian- ten zusammen. Davide hat kaum aus- gesprochen, da wechselt der Unter- grund vom fein gekiesten Schotterweg urplötzlich in einen ruppigen, wurzel- übersäten Wanderweg. Das beschau- liche Dahingleiten findet ein jähes En- de, die Gespräche verstummen, Kon- zentration macht sich in den Gesichtern der Teilnehmer breit. Damit nicht ge- nug: Auch die Steigung nimmt zu, ein Keuchen aus allen Mündern ist nicht zu überhören. Nach fünf Minuten ist die Passage geschafft. Kollege Ro- land aus München fasst sich als Ers- ter: „Family-Variante“, meint er fragend in die Runde, „da bin ich mal auf die Ex- pert-Version gespannt!“ bewerkstelligen. Auch überflüssiges kanntermaßen eine Abfahrt folgt, blei- Hilfsmittel Shuttle Gepäck lässt sich so befördern. ben die Momente der Erholung und Be- Der Einwand war berechtigt. Um Weiter geht’s durch die Apfelplan- sinnung zwischen Sporminore, Cunevo keine falschen Erwartungen bei den tagen des Nonstales, wobei das Wort und Tuenno nicht aus, in denen man das Gästen zu wecken, haben die Ver- „Tal“ die topografische Struktur der Auge über Hügelketten, Rebberge und antwortlichen inzwischen die leich- Landschaft nicht so ganz trifft. Für das Apfelplantagen schweifen lassen kann. tere Strecke in „Country“-Tour umbe- schweißtreibende Auf und Ab auf den Heute hat es sich Silvia Gentilini vom nannt. Auf Feldwegen, über Wiesen Tourismusbüro in Cles nicht nehmen und Weideflächen geht es an Apfel- lassen, das Teilstück in „ihrem“ Tal per- plantagen und Weinstöcken vorbei – sönlich unter die Stollenreifen zu neh- immer das gewaltige Gebirge im Blick. Die leichtere Variante men. Wie selbstverständlich radelt die Auch auf dieser Variante sind fahr- junge Touristikerin mit: „Für uns ist es technisches Können, Ausdauer und ist bequem in fünf wichtig, den Sport auch selbst auszuü- Kondition von Vorteil – aber es wer- Tagesetappen zu ben,