Blick in die Geschichte der Gemeinde Diese Broschüre ...

... will in kurzer Form einen Überblick zur Geschichte und Gegenwart der Ge- meinde Schellenberg geben. Weiterfüh- rende Literatur ist in den Anmerkungen und am Schluss angeführt.

Abbildungen

Titelseite:

Biedermannhaus Kapelle St. Georg Pfarrkirche Unbeflecktes Herz Mariä Mittelschellenberg

Alle Fotos Gemeinde Schellenberg

Diese Seite rechts:

Die Herren von Schellenberg in der Zür- cher Wappenrolle von 1340 – Vorbild für das moderne Gemeindewappen. Quelle: http://ladyivanor.knownworldweb.com/zr oadt2v.htm

Abbildungen im Text:

Die Federzeichnungen stammen von Edmund Schwerzler (1912-2004), Feld- kirch. Übrige Abbildungen wie angege- Impressum ben. Alfred Goop Verwendete Abkürzungen Die Gemeinde Schellenberg Schellenberg 2005 GASb Gemeindearchiv Schellenberg Copyright 2005 Alfred Goop, Ge- Jh./Jhs. Jahrhundert/Jahrhunderts meinde Schellenberg. Alle Rechte vor- behalten. JBL Jahrbuch des Historischen Ver- eins für das Fürstentum Liechten- Herausgeber / Bezugsquelle stein 1(1901) bis 103 (2004). Gemeindeverwaltung LUB I Liechtensteiner Urkundenbuch. Dorf 49 Teil I: Von den Anfängen bis zum 9488 Schellenberg / Tod von Bischof Hartmann von Tel. +423 / 399 20 30 Werdenberg-Sargans-Vaduz Fax +423 / 399 20 39 1416. 6 Bände. – Vaduz 1948 – E-Mail: [email protected] 1996. Web: www.schellenberg.li

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Die Gemeinde Schellenberg Nach der letzten Eiszeit – sie ging erst vor rund 10'000 Jahren zu Ende – sie- delten sich an den Hängen und auf den Vielfältige Landschaft Höhen langsam wieder Laubmischwäl- der an. Aber die Humusdecke ist überall Die Gemeinde Schellenberg ist mit 355 nur dünn. Hektaren die flächenmässig kleinste Gemeinde im Fürstentum Liechtenstein.

Die Höhenlage des Gemeindegebietes differiert zwischen 430 Metern über Meer im Schellenberger Riet und 698 Metern am höchsten Punkt am Ganten- stein.

Die drei Ortsteile Vorder-, Mittel- und Hinterschellenberg liegen auf dem Hö- henrücken des Eschnerberges. Der Eschnerberg oder Schellenberg – wie er heute eher genannt wird – ist ein Höhenzug, der sich als Inselberg im Rheintal von Bendern am Rhein in nord- östlicher Richtung über ca. 8 km bis zur Findling am Gantenstein Jll bei Feldkirch-Nofels in erstreckt. Auf dem Rücken des Gantensteins liegt ein mächtiger Findling zutage. Eiszeit- Das landschaftlich sehr reizvolle Gebiet gletscher haben das ortsfremde Gestein ist durch Wälder vielfältig gegliedert und in Jahrtausenden von den Bündner Ber- erlaubt abwechslungsreiche Ausblicke gen herabgetragen. auf die liechtensteinischen, österreichi- schen und schweizerischen Alpen und Erste menschliche Spuren in die Weiten des Rheintals bis hin zum Bodensee. Die sichere Höhenlage über dem Rhein- tal machte den Eschnerberg schon in Der Findling am Gantenstein vorgeschichtlicher Zeit zum bevorzugten Siedlungsplatz. Archäologische Grabun- Geologisch betrachtet gehört der Esch- gen konnten eine Siedlungskontinuität nerberg zur Säntisdecke.1 Diesseits des seit ca. 5000 vor Christus nachweisen.2 Rheins taucht sie noch einmal aus der Ebene auf, aber mehrere Eiszeiten ha- ben ihre Zähne abgeschliffen. Nur noch aus Richtung Feldkirch sieht man das schroffe Felsengesicht des Ganten- steins.

2 Helvetia archaeologica 9, 1978. – Viele Aufsätze zur Ur- und Frühgeschichte und bis zur Römerzeit in Liechtenstein. Ergrabene Geschichte. Die archäologischen Ausgrabungen 1 Geologisch-tektonische Übersichtskarte von Vorarlberg. Mit im Fürstentum Liechtenstein 1977-1984. Herausgegeben von Erläuterungen von Rudolf Oberhauser. – Wien 1998. Jakob Bill. – Vaduz 1985.

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Ein eindrückliches Zeugnis dieser frühen Sie bezeugen die Gegenwart der Römer Besiedlung gibt der Fundplatz Borscht in der Provinz Raetia Prima in den ers- auf einem der höchsten Punkte des ten vier Jahrhunderten nach Christus Eschnerberges, nahe der Oberen Burg.3 und den Fortbestand der Siedlungen seit Die Ausgrabung dieser ringförmigen dieser Zeit. Wohn- und Wehranlage förderte Kultur- schichten aus der Zeit von 4300 v. Chr. Nach der Völkerwanderung vermischten (Jungsteinzeit) bis 450 v. Chr. (Jüngere sich die zugewanderten Alemannen mit Eisenzeit) zutage. der alteingesessenen romanischen Be- völkerung. Das Rätoromanische bestand aber neben dem Alemannischen bis ins 11. Jh. weiter. Neben den Ortsnamen erzählen auch heute noch viele Flurna- men die romanische Vergangenheit der Gegend.5 In Schellenberg sind sie nicht sehr häufig, trotzdem weisen einige Flurnamen darauf hin, dass es auch hier in der rätoromanischen Sprachepoche Ansiedlungen gab.

Keramikfragmente Borscht (Jungsteinzeit)

Auch im Areal der Unteren Burg konnten jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Siedlungen nachgewiesen werden.4 An- dere wichtige prähistorische Fundplätze am Eschnerberg – Lutzengüetle, Malan- Ausschnitt Flurnamenkarte ser und Schneller – liegen auf Gampri- Gemeinde Schellenberg6 ner und Eschner Gemeindegebiet. Ein schönes Beispiel ist der Name Was ein Flurname erzählen kann „Vermoler“7. So heisst eine kleine Par- zelle entlang der östlichen Burghalde bei Rund um den Eschnerberg liegt ein der Unteren Burg. Hier vorbei führt ein Kranz von Dörfern, die alle Namen aus alter Weg ins Schellenberger Riet, der vordeutscher Zeit tragen (, noch vor 50 Jahren oft begangen war. , Bendern, , und auf österreichischem Gebiet Tosters, Nofels und Fresch).

3 Magdalena Maczynska: Schellenberg–Borscht. Ein prähisto- rischer Siedlungsplatz im Fürstentum Liechtenstein. Band 1 (Text), Band 2 (Tafeln), Band 3 (Pläne). – Triesen 1999. [Abb. aus Band 2, Tafel LX] 5 Liechtensteiner Namenbuch. Die Orts- und Flurnamen des 4 David Beck: Der Burghügel Altschellenberg als prähistori- Fürstentums Liechtenstein. Herausgegeben von Hans Stri- scher Fundplatz. – In: JBL 53 (1953), S. 207-210; 54 (1954), cker, Toni Banzer und Herbert Hilbe. 6 Bände. – Vaduz, S. 101-105; 55 (1955), S. 111-115. Jakob Bill: Schellen- Triesen 1999. berg „Untere Burg“. Jungsteinzeitliche und bronzezeitliche 6 Roman Banzer, Alfred Goop: Flurnamenkarte der Gemeinde Siedlungsstelle, mittelalterliche Burg. – In: Ergrabene Ge- Schellenberg. – Triesen 1988. schichte, S. 22-31. 7 Liechtensteiner Namenbuch, Band 4, S. 281.

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Der Weg heisst heute „Henseleweg“, Es bestanden alte verwandtschaftliche sicherlich weil er bei den „Henseleme- Beziehungen mit den Herren von Neu- dern“ im Riet endet. Im oberen Teil ver- burg (mit Burgen bei Götzis/Vlbg. und läuft der Weg von der Burg abwärts bei Untervaz/GR).9 durch eine kleine talförmige Mulde, wei- ter unten geht es steil und abschüssig ins Riet hinunter. Vermutlich leitet sich „Vermoler“ von rätoromanisch val mala („böses Tobel“) ab. So hiess wohl ur- sprünglich der ganze Weg. Erst als das Wort nicht mehr verstanden wurde, reduzierte sich der Geltungsbereich des Namens allmählich auf das kleine Stück Wiesland am oberen Zugang des Weges.

Die Herren von Schellenberg

Der Name Schellenberg ist jüngerer Herkunft. Er rührt von den Burgen her, die auf dem Gemeindegebiet liegen. Eine intensivere Rodungs- und Sied- lungstätigkeit auf den Höhen des Esch- Ruine der Oberen Burg nerberges ergab sich wohl erst im Zu- sammenhang mit dem Bau dieser zwei Die Herren von Schellenberg werden in Burgen. Ihre Ruinen sind stolze Zeugen unserem Gebiet ab 1200 immer wieder des Mittelalters. urkundlich erwähnt, aber bereits um 1317/18 verkauften sie ihre Besitzanteile Man muss davon ausgehen, dass die am Eschnerberg an die Grafen von Burgen unter den Herren von Schellen- Werdenberg–Heiligenberg zu Bludenz. berg8 erbaut wurden, auch wenn sie nie Diese waren wie auch die Grafen von in direktem Zusammenhang damit ge- Montfort zu Feldkirch und die Grafen nannt werden. Dieses Adelsgeschlecht von Werdenberg–Sargans–Vaduz (ab war ursprünglich im Raum um Bad Tölz 1342 eigene Linie) seit alters ebenfalls in Oberbayern ansässig und kam ver- am Eschnerberg begütert. mutlich durch die Staufer ins Alpenrhein- tal.

8 Johann Baptist Büchel: Regesten zur Geschichte der Herren von Schellenberg. – In: JBL 1 (1901), 3 (1903), 4 (1904), 5 (1905), 6 (1906). Johann Baptist Büchel: Geschichte der Herren von Schellenberg, auf Grund der in den Jahrbüchern I, III, IV, V und VI veröffentlichten Regesten verfasst. – In: JBL 7 (1907), 8 (1908), 9 (1909). Eine kurze Darstellung 9 Eine Verbindung mit den seit dem frühen 13. Jh. nachweis- findet sich in: Andreas Ulmer: Die Burgen und Edelsitze baren staufischen Reichsministerialen von Schellenberg auf Vorarlbergs und historisch und topographisch der Burg Schellenberg (heute Augustusburg) über dem Ort beschrieben. – Dornbirn 1925 (Unveränderter Nachdruck Schellenberg (heute Ortsteil Dorf Schellenberg von Leubs- Dornbirn 1978), S. 941-953. dorf) im Erzgebirge östlich von Chemnitz an der Flöha konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

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Verschiedene Linien der Schellenberger Auf diese folgten 1613 die Grafen von entwickelten sich nach ihrem Weggang Hohenems, die 1699 die Herrschaft aus unserer Gegend im südwestdeut- Schellenberg und 1712 die Grafschaft schen Raum weiter (Wasserburg bei Vaduz an die Fürsten von Liechtenstein Lindau, Kisslegg im Allgäu, Sulzberg bei verkauften. Kempten, Hüfingen in der Baar und Lautrach an der Iller).10 Neben dem Namen erinnert auch das moderne Wappen der Gemeinde Schellenberg an die ehemaligen Herren der Burgen. Es leitet sich aus dem ritterlichen Wappen- schild der Schellenberger ab (zwei schwarze Querbalken auf Goldgrund – Abbildung auf Seite 2).

Herrschaft Schellenberg

Um 1437 gelang es den Freiherren von Brandis zu Vaduz (den Erben der Werdenberger) das gesamte Gebiet der Herrschaft Schellenberg zu erwerben und unter eine gemeinsame Verwaltung Gedenkstein bei der Säga11 mit der Grafschaft Vaduz zu bringen. Erst seit dieser Zeit wird auch urkundlich Aus beiden Landschaften wurde 1719 von einer Herrschaft Schellenberg (iden- das reichsunmittelbare Fürstentum tisch mit dem heutigen Liechtensteiner Liechtenstein.12 Unterland) gesprochen. Davor war bei den verschiedenen Besitzern von Herr- schaftsrechten nur die Rede von Leuten und Gütern am Eschnerberg.

Nach dem Aussterben der Brandiser kamen die Herrschaft Schellenberg und die Grafschaft Vaduz ab 1510 an die Grafen von Sulz.

11 1899 von den Schellenbergern errichtet zum 200-Jahr- Jubiläum des Erwerbs der Herrschaft Schellenberg durch die Fürsten von Liechtenstein. 12 Als Klassiker (und inzwischen auch als Quellenwerk) zur 10 Vor allem in Kisslegg und Hüfingen stösst man auch heute allgemeinen Geschichte Liechtensteins gilt immer noch: Peter noch auf Schritt und Tritt auf die Spuren der Herren von Kaiser: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein, nebst Schellenberg. – In Kisslegg gibt es neben dem Kisslergger Schilderungen aus Chur-Rätiens Vorzeit, von 1847. Neu Schloss, einem Barockjuwel, noch das alte Schellenberg- herausgegeben von Arthur Brunhart. 2 Bände (Band 1: Text, Wolfegger Schloss aus dem 16. Jh. Dieser Besitz kam durch Band 2: Apparat). – Vaduz 1989. Einen knappen Über- Heirat der letzten Schellenbergerin zu Kisslegg, Maria Anna blick vom Mittelalter bis zum Übergang an Liechtenstein von Schellenberg, 1700 an das Haus Wolfegg (heute Wald- bietet: Paul Vogt: Brücken zur Vergangenheit. Ein Text- und burg-Wolfegg-Waldsee). – In Hüfingen starb 1812 im soge- Arbeitsbuch zur liechtensteinischen Geschichte, 17. bis 19. nannten „Schellenbergerhaus“ völlig verarmt der vermutlich Jahrhundert. – Vaduz 1990. Zum Verkauf der Herrschaft letzte adelige Spross der Herren von Schellenberg, Joseph Schellenberg: Kaufvertrag der Herrschaft Schellenberg 1699. Anton von Schellenberg. Sein Epitaph ist im Chor der Stadt- Herausgegeben vom Liechtenstein-Institut, bearbeitet von pfarrkirche zu sehen. Der Hüfinger Besitz der Schellenberger Claudius Gurt. – Triesen 1999. [Aus Anlass des 300-Jahr- kam im Laufe der Zeit zum grössten Teil an die Fürsten von Jubiläums] Fürstenberg in Donaueschingen.

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Geschichte einer Verwechslung Daneben gibt es seit dem frühen 17. Jh. aber auch wieder eine Benennungstradi- Für die Burgen wurden seit der Ausgra- ton, in der sich die ursprüngliche Situati- bung und Restaurierung der kleineren on widerspiegelt. Sie stammt von gelehr- Anlage in Unterschellenberg (1978- ten Verfassern, die über entsprechende 1980)13 neu die Bezeichnungen Untere Quellen verfügten. und Obere Burg Schellenberg einge- führt. Auf der Landeskarte und in der In der Emser Chronik von 1616 wird klar historischen Literatur war die untere zwischen einer älteren, gegen Feldkirch, Burg bis dahin als „Altschellenberg“ und und einer neueren, gegen den Rhein die grössere Anlage im Ortsteil Hinter- gelegenen Burg unterschieden.17 Auch schloss als „Neuschellenberg“ bezeich- auf der Karte des Fürstentums Liechten- net worden. stein von Heber18 aus dem Jahre 1721 heisst es (aus der Richtung von Feld- In Wirklichkeit muss es sich aber gerade kirch her gesehen) richtig: das vordere umgekehrt verhalten haben. Die Aus- Alte Schloss Schellenberg für die obere, grabung ergab, dass die untere Burg die beim Gantenstein gelegene Burg und jüngere Anlage ist. Die Zusammenhän- das hindere Schloss Schellenberg für ge konnten inzwischen weitgehend ge- die untere, gegen Ruggell ausgerichtete klärt werden.14 Die Argumentation kann Burg. aber noch um einige Aspekte erweitert werden. In den aus dem 14. und dem Die seit dem 15. Jh. eingeführte lokale frühen 15. Jh. überlieferten Urkunden Tradition konnte dadurch aber nicht wird klar zwischen einer alten und neuen mehr ausser Kraft gesetzt werden. Im Burg Schellenberg unterschieden. Im Gegenteil wurde sie durch ein neues grossen Burgenbruch des Appenzeller- Moment verstärkt. Seit dem 18. Jh. wur- krieges (1405) dürfte die untere Anlage de der Eschnerberg nicht mehr von verschont geblieben sein, die obere Feldkirch her, sondern nur noch aus der Burg wurde aber wahrscheinlich zerstört Perspektive des fürstlichen Verwal- und danach wieder aufgebaut.15 Vermut- tungsortes Vaduz gesehen. Das führte lich entwickelte sich als Folge dieser zur Umorientierung der geographischen Ereignisse die Verwirrung um die Be- Begriffe: aus hinter wurde vorder und nennungen der Burgen. Alt und neu be- umgekehrt. zogen sich nach dem Wiederaufbau der oberen Anlage wohl auf den baulichen Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse Zustand der Burgen, zumindest bei der erscheinen auch die bisherigen Gra- lokalen Bevölkerung.16 bungsergebnisse und die Nennungen der Burgen in alten Urkunden und Be- 13 Kurzer Grabungsbericht: Jakob Bill, Ergrabene Geschichte. richten in einem neuen Licht. 14 Siehe dazu die gute Zusammenfassung in: Grabungen Burgruine Schellenberg. Erste Ergebnisse über die Verbin- dungen zwischen den beiden Festen. – In: Liechtensteiner Volksblatt vom 28.8.1979. auf die Burgen von „alt“ sprechen, richtig zur Unteren 15 Dazu neben den Grabungsberichten von Beck und Bill: Burg. Dafür sprechen neben der hier zur Diskussion Kaiser, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein, Band 1 gestellten „lokalen Tradition“ in den meisten Fällen (Text), S. 244-245, und Band 2 (Apparat), S. 283-284 (Anm. auch sachliche Bezüge, die hier aber nicht im Einzel- 128). 16 Zur Verwirrung um die Benennungen in den vielen urkund- nen dargelegt werden können (zur Urkunde von 1497 siehe den Exkurs auf den Seiten 12 und 13). lichen Belegen siehe: Liechtensteiner Namenbuch, Band 4, S. 17 174-176. – Hier werden die Urkunden in sachlicher Johann Georg Schleh von Rottweyl: Emser Chronik 1616. – Hohenems 1616 (Reprint Lindau 1980), S. 67-68. Ordnung zur Oberen und Unteren Burg gestellt. Unse- 18 Johann Jakob Heber: Ungefehrlicher Entwurff dess jetz- res Erachtens gehören aber alle dort aus dem Zeit- mahligen Fürstenthumbs Liechtenstein oder Vormahlige raum von 1497 bis 1700 aufgeführten und der Oberen Graffschafft Vadutz und Freyen Herrschaft Schellenberg. – Burg zugeordneten urkundlichen Belege, die in Bezug Lindau 1721 (Faksimiledruck Vaduz 1979).

7 Obere Burg Schellenberg

Die obere und grössere Anlage, die schon 1960/61 ausgegraben und restau- riert wurde19, entstand ab 1200 und be- sass schon früh alle wichtigen Elemente einer mittelalterlichen Burg.

Die Obere Burg wird in einer Urkunde vom 10. Januar 134820 indirekt das erste Mal erwähnt. Es heisst dort (vom Ab- schluss eines Kaufvertrages): Dis be- schach vor der alten Schellenberg, uf des Riches offener Lantstrasse.

Seit der Restaurierung erreicht man die Anlage wieder über den alten Burgweg. Die Brücke über den Burggraben führt Rekonstruktionsversuch Obere Burg21 zum Haupttor in der Südwestecke der Ruine. Die Toröffnung war bis zur Res- taurierung gut sichtbar erhalten geblie- Die Burganlage [...] hatte die Form eines ben. Dreiecks, dessen längere Seiten an der Nordecke in einem spitzen Winkel zu- Rundgang durch die Obere Burg sammenlaufen. [...] Die Südflanke der Burg war durch einen Burggraben gesi- Eine Beschreibung der Burganlage von chert, der ungefähr einen Viertelskreis Ausgräber David Beck verschafft dem beschreibt. Auf den anderen Seiten bo- Besucher einen guten Überblick: ten Felsen und Steilabfälle guten Durch das äussere Tor gelangte man in Schutz.22 den Zwinger, ein inneres Tor führte in Der Burggraben war von Hand aus dem die Vorburg, dahinter, ungefähr in der Felsen gehauen worden. Das Bruchma- Mitte der Anlage, stand der Bergfried. terial wurde zur Füllung der 4,5 Meter Die Vorburg war nach aussen zu durch mächtigen Trockenmauer verwendet, eine Ringmauer (Zingel) begrenzt und von der die Vorburg gegen den Burg- geschützt. Hinter dem Bergfried, im graben abgeschlossen wird. nördlichen Teil der Burg, befanden sich die Wohnbauten, die teils von einem Untere Burg Schellenberg äusseren und teils von einem inneren Hof aus zugänglich waren. Im äusseren Die untere Burg wurde um 1250 als klei- Hof befand sich die Zisterne. nere Anlage erstellt und erreichte erst nach 1350 die endgültige Form und Grösse. Sämtliches heute noch sichtba- re Mauerwerk entstand seit dem 14. Jh. Eine erste (unsicher belegte) urkundli- che Erwähnung dieser Burg erfolgte im Jahr 1317.23

21 Beck, Grabungsbericht, S. 49. – Nach den Ausgrabungs- 19 David Beck: Neu-Schellenberg. Grabungsbericht. – In: JBL plänen angefertigt von G. Hartmann, Meilen/ZH. 62 (1962), S. 1-50., Karl Heid: Neu-Schellenberg. Die Fund- 22 Beck, Grabungsbericht, S. 16. gegenstände. – In: JBL 62 (1962), S. 51-80. 23 Büchel, Herren von Schellenberg, JBL 9 (1909), S. 29-32, 20 LUB I, Band 1, S. 225. und LUB I, Band 4, S. 34-38.

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Wie wir weiter unten sehen werden, gibt Anna Rüttnerin und Kunz im Holz es urkundliche Belege dafür, dass die Untere Burg von den Grafen von Wer- Zwei frühe urkundliche Erwähnungen denberg zu Bludenz schon im 14. Jh. mit der Unteren Burg geben uns auch erste Vögten besetzt wurde. Hinweise auf die mittelalterlichen Be- In der Nähe der Unteren Burg, etwas wohner des Schellenberges und ihre oberhalb des unteren Drittels des bereits sozialen Verhältnisse. Am 15. Okt. 1364 erwähnten „Henseleweges“ wurde wird die Untere Burg in einem Brief des 1930/31 ein bedeutender Münzschatz Walther Maier des Älteren von Altstätten gefunden, der dort kurz nach 1460 ver- erwähnt.27 Er bewohnte die Burg wohl steckt worden sein muss.24 als Vogt der Grafen von Werdenberg. In dem Brief schenkt er seine Leibeigene Zerfall der Burgen Anna Rüttnerin zu Lums an das Domka- pitel zu Chur. Am Ende des Briefes Vermutlich waren beide Burgen seit dem heisst es: Und ward diser Brief zu der 16. Jh. nicht mehr bewohnt und verfielen Nüwen Schellenberg geben. Eine weite- allmählich. In der bereits erwähnten Em- re frühe Urkunde zur Unteren Burg da- ser Chronik von 1616 werden sie als tiert vom 24. März 1398.28 Dort lesen „zerbrochen“ bezeichnet. Im ersten von wir: Ich Cuntz im Holtz, sesshaft by der einem Beamten der Fürsten von Liech- Nüwen Schellenberg, und ich Agnes sin tenstein im Jahr 1700 angefertigten Ur- eliche Wirtinn verkaufen mit Einwilligung bar der Herrschaft Schellenberg heisst unseres Herren, Graf Albrechts von es im Güterverzeichnis über die Obere Werdenberg des Älteren zu Bludenz, an Burg: den Feldkircher Bürger Albrecht Huser und seine Frau Anna Möchlin einen Zins Das vordere [Schloss] Schellenberg, in von 1 Pfund und 2 Schilling für 16 Pfund einem ruinierten heidnischen hohen und 10 Schilling in bar. Wir tun dies ab Mauerstock von ungemeiner Dicke be- und us unserm aigen ledigen Gut, mitei- stehend, und dem Bericht nach mit noch nander Äcker, Wiswachs, Holtz und schönen Gewölben versehen, unweit Feld, mit dem Seelin, das darzu gehört, dem Gantenstein abgelegen.25 zu nächst gelegen an unserm Hus und Hofstatt, da wir hütt zu Tag uff sitzent Seit der Mitte des 19. Jhs. wurden die [...] und ainhalb stosset an die Strass, da Burgen vermehrt als Steinbrüche be- man gen die Nüwen Schellenberg ryt nutzt (z.B. beim Bau der alten Pfarrkir- und gat, usswert an das gemain Holtz.29 che und des Klosters).26 Dann versan- Diese Urkunde wurde wegen der Ver- ken sie endgültig in einen hundertjähri- wechslung der Burgen früher ebenfalls gen Dornröschenschlaf. Fürst Franz Jo- auf die Obere Burg bezogen und das sef II. schenkte die stark überwachse- erwähnte Seelein im nahe gelegenen nen Ruinen 1956 dem Historischen Ver- Rietle vermutet. ein, der sie in der Folge erforschen und konservieren liess. 27 LUB I, Band 1, S. 245-246. 28 LUB I, Band 4, S. 135-141. 29 Hierher gehört auch die Urkunde vom 8. Mai 1398 (LUB I, Band 3, S. 198-205). Darin stiften Albrecht Huser und seine Frau Anna Möchlin mit dem gekaufgen Zins einen Jahrtag bei der Pfarrkirche St. Nikolaus zu Feldkirch. In dieser Urkunde 24 Daniel Schmutz: Der Münzschatzfund vom „Schellenberger heisst es: Der Zins wird verkauft von Cuntzen im Holtz, Wald“. Vergraben nach 1460. – In: JBL 99 (2000), S. 37- sesshaft by der Nüwen Schellenberg und von Agnes siner 138. – Der Fundplatz liegt auf Ruggeller Gemeindegebiet. elichen Wirtinn von ihrem eigenen freien Gut mit Äckern, 25 LUB I, Band 4, S. 471-472. Wiesen, Feld und Wald und mit dem Seelin, das dazu gehö- 26 Beck, Grabungsbericht, S. 13. ret, och gelegen by der Nüwen Schellenberg.

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Sie gehört aber sicherlich zur Unteren Einiges weist darauf hin, dass die Zahl Burg und es ist vom Seelein die Rede, der Höfe bis ins 18. Jh. nicht sehr gross das in der Flur „See“ noch bis in die war. So nennt der „Steuerschnitz“ der siebziger Jahre des 20. Jhs. bestand. Herrschaft Schellenberg aus dem Jahr 1584 für das ganze Kirchspiel Bendern Urzelle der Siedlung auf der Platta 107 Schnitzzahlende.31 Somit gab es in Bendern, Gamprin, Ruggell und Schel- Man darf deshalb im Gut des Kunz im lenberg zusammen zu dieser Zeit nur Holz und seiner Frau Agnes die Urzelle etwas über 100 Höfe. Das nachfolgende der Siedlung auf der Platta vermuten. In 17. Jh. mit dem Dreissigjährigen Krieg diesen Urkunden zur Unteren Burg zeigt und dem Hexenwahn war eine schwere sich auf interessante Weise das Neben- Zeit.32 Zu einer grösseren Zunahme der einander von freiem Bauerntum und un- Bevölkerung kam es wohl erst nach freien Bewohnern herrschaftlichen Gu- 1700. tes. Auf der Flur „Hof“ in Vorderschel- lenberg, die im Mittelalter zum Gut „Nachpurschaft“ Schellenberg Salums gehörte, lasteten noch im 19. Jh. herrschaftliche Abgaben.30 Dagegen In der Herrschaft Schellenberg entstand sassen Kunz im Holz und seine Frau wie auch in den umliegenden Gebieten Agnes als freie Bauersleute auf eigenem im Spätmittelalter die sogenannte Land- Grund und Boden. ammannverfassung.33 Man darf sie mit gewissem Recht als Vorläufer moderner Die Gemeinde Schellenberg konnte im demokratischer Verhältnisse bezeich- Jahr 2002 von den Erben nach Wilhelm nen. Alle Männer der Herrschaft über 16 Brendle die Liegenschaft Platta Nr. 15 Jahre konnten aus einem Dreiervor- (alte Hausnummer) erwerben. Das in- schlag der Landesherren aus ihren ei- zwischen „Brendlehaus“ genannte Bau- genen Reihen den Landammann auf ernhaus stammt aus dem 18. Jh. Es jeweils zwei Jahre wählen. Die Landes- wird denkmalschutzgerecht renoviert, herrschaft bestellte aufgrund von Vor- um es der Nachwelt als Zeuge der ver- schlägen aus dem Volk zwölf Gerichts- gangenen kleinbäuerlichen Kultur am geschworene auf Lebenszeit. Damit war Schellenberg zu erhalten. Das Haus eine Mitwirkung der Untertanen bei der steht in direkter Nachbarschaft zur Flur Verwaltung und Gerichtsbarkeit in der „See“. Auch der Besitzstand, der bis zu- Herrschaft gewährleistet. letzt zum Haus gehörte, liegt darum her- um. Vielleicht stand im Mittelalter an der 31 Joseph Ospelt: Das Legerbuch oder Steuerbuch vom Jahre Stelle des „Brendlehauses“ die Hofstatt 1584. – In: JBL 30 (1930), S. 5-44. – Der „Steuerschnitz“ des Kunz im Holz. (Steuervertrag) der Untertanen der Landschaften Vaduz und Schellenberg mit den Grafen von Sulz aus dem Jahre 1584 regelte die Steuern, die an das Reich für den Türkenkrieg Aus den Höfen wachsen Weiler abzuführen waren. Schellenberg, Ruggell und Gamprin werden in solchen Listen zusammen mit Bendern (Pfarr- sprengel) aufgeführt. In Mauren gab es 61, in Eschen 75, in Aus mittelalterlichen Einzelhöfen wie der ganzen Herrschaft Schellenberg 243 Schnitzzahlende. dem des Kunz im Holz entwickelten sich Wenn man von den 107 zum Kirchspiel Bendern gehörenden Schnitzzahlenden ein knappes Viertel, also 25, auf Schellen- langsam die alten Siedlungskerne auf berg nimmt und davon ausgeht, dass ein Schnitzzahlender Schellenberg. durchschnittlich einem Haushalt mit fünf Köpfen entspricht, ergibt sich für 1584 in Schellenberg eine Bevölkerung von ungefähr 125 Personen. 30 Alois Ospelt: Die Landesbeschreibung des Landvogts 32 Zu den Hexenverfolgungen: Manfred Tschaikner: „Der Joseph Schuppler aus dem Jahre 1815. Einleitung und Teufel und die Hexen müssen aus dem Land...“. Frühneuzeit- Textedition. – In: JBL 75 (1975), S. 189-462, hier S. 299- liche Hexenverfolgungen in Liechtenstein. – In: JBL 96 301. – Hier werden noch einige Grundstücke im „Hof“ als (1998), S. 1-196. zum „Salumserlehen“ gehörig aufgezählt. 33 Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 20-32.

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Der überwiegende Teil des Landes, vor allem der Wald und die weiten Rietflä- chen im Tal, standen im gemeinsamen Besitz der Nachbarschaften der ganzen Herrschaft Schellenberg.36 Sie wurden genossenschaftlich für das Weiden des Viehs und zur Brennholzgewinnung ge- nutzt. Zwischen einzelnen Nachbar- schaften entwickelten sich Markgenos- senschaften – so auch zwischen Ruggell und Schellenberg. In dieser durften die Schellenberger ihr Vieh im Frühling und Urkunde vom 18. Nov. 1493 im Herbst bis an den Rhein hinaustrei- ben. Im Gegenzug mussten die Schel- Im Rahmen der Tätigkeit dieser Körper- lenberger jährlich einen oder zwei Tage schaften findet sich im späteren 15. Jh. beim Wuhren am Rhein helfen. Die erstmals ein Hinweis auf die Bildung Ruggeller konnten in Kriegszeiten und einer Gemeinde in Schellenberg. bei den häufigen Überschwemmungen des Rheins das Gelände bis weit auf Laut der ältesten im Gemeindearchiv den Schellenberg herauf nutzen. aufbewahrten Urkunde vom 18. Nov. 149334 hielt Andreas Schreiber, brandi- Auf dem Weg zur Gemeinde sischer Landammann am Eschnerberg, zu diesem Datum in Mauren Gerichts- Über die gemeinsamen Rechte und tag. Dabei bestätigte er den ehrbaren Pflichten der Nachbarschaften Ruggell Geschworenen der Nachpurschaft und Schellenberg kam es immer wieder Schellenberg das Recht, nach altem zu Streitigkeiten. Eine erste ausführliche Herkommen Bussen und Strafen zu er- Regelung zur Interessenabgrenzung im teilen. Die Nachbarschaften sind die nördlichen Teil des Schellenberges fin- Vorläufer der späteren Gemeinden. Die det sich in einer Urkunde vom 7. August Gemeinden im heutigen Verständnis mit 1497.37 Die damals festgesetzte Grenze fixierten Gemeindegrenzen entstanden in der „Hala“ am Westabhang des nörd- erst in der Zeit um 1800.35 lichen Schellenberges entspricht im We- sentlichen der heutigen Gemeindegren- Markgenossenschaft mit Ruggell ze. Nach einer langwierigen Auseinan- dersetzung kam es schliesslich zwi- Eine wichtige Aufgabe der Nachbar- schen 1791 und 1794 zu einer klaren schaften war die Regelung der Nutzung Festlegung der Grenzen zwischen Rug- der gemeinsamen Güter. Im Mittelalter gell und Schellenberg und zur Auflösung und bis weit in die neuere Zeit herauf der alten Markgenossenschaft.38 befand sich nur das Land in der unmit- telbaren Umgebung der Siedlungen in bäuerlichem oder herrschaftlichem Be- sitz und wurde als Äcker und Wiesland 36 Dazu und zum Folgenden: Alois Ospelt: Das Ruggeller Riet bewirtschaftet. – Geschichte der Nutzung und des Besitzes. – In: Naturmo- nographie Ruggeller Riet. – Vaduz 1990 (= Naturkundliche Forschungen im Fürstentum Liechtenstein, Band 12), S. 39- 34 GASb, Signatur: Urkunde U001. 54. 35 Zur Gemeindeentwicklung: Job von Nell: Die politischen 37 GASb, Signatur: Urkunde U002. Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein. – Vaduz 1987 (= 38 GASb, Signaturen: A243 (Teilungsplan betreff der Gemein- Liechtenstein Politische Schriften, Band 12), S. 19-30. heiten von 1792); A157 (Teilung der Güter Ruggell – Schel- Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 79-92 und 114-127. lenberg von 1795).

11 Nun wird eine Interessengrenze festge- legt und zwar von der alten Schellen- Der Gemeinbesitz wurde im Verhältnis berg ungevarlich durch Mätzental hin- der Haushaltungen, 82 in Ruggell und aus und bis auf des Tullerss boden. Es 49 in Schellenberg, aufgeteilt. Die Nut- dürfen inskünftig die von Ruggell under zung des Rietes und die Ausübung des den bemelten [genannten] marken und allgemeinen Weiderechtes („Wunn und die von Schellenberg oberhalb den be- Weid“ und „Trieb und Tratt“ und die melten Marcken Holz und Gerten hauen Handhabung der damit verbundenen und schutten und läsen [in den Wäldern Gebote und Verbote („Zwing und Bann“) Eicheln und andere Waldfrüchte sam- waren ab da nur noch in den eigenen meln]. Weiters söllen und mugen die von Grenzen möglich. Nachdem 1806 das Ruggell ungevarlich in wasser gusinen Alte Deutsche Reich durch Napoleon [Rheinhochwasser] und kriegslöffen aufgelöst worden war und Liechtenstein [Kriegszeiten] oberthalb den gedachten im Rheinbund die Souveränität erlangt marcken mit irem traib und fäch [Vieh] hatte, brachten die fürstlichen Reformen wychen und dürfen die von Schellen- grosse Veränderungen für die Unterta- berg inen alsdann ir fäch weder pfenden nen (Dienstinstruktionen von 1808). Die noch dannen triben und es auch weder alte Landammannverfassung mit ihrem schlagen, stossen, hauen, stechen noch aus dem Mittelalter stammenden genos- in ander weg schaden zu fugen. Wenn senschaftlichen Denken wurde endgültig das Vieh in normalen Zeiten über die abgeschafft. 1808 entstanden aus der gesetzte Mark hinauf weidet, sollen die alten, das ganze Herrschaftsgebiet um- Schellenberger nit macht haben zu fassenden Gerichtsgemeinde die fünf pfenden, sonder ess gütlich umkern und Unterländer Gemeinden. Damit waren es on allen vorangezaigten [oben be- im Wesentlichen jene Körperschaften schriebenen] schaden hinder sich wider geschaffen, wie wir sie heute in der mo- hinab triben oder wysen. Die von Schel- dernen Gemeinde mit ihren politischen lenberg söllen und mugen mit irem traib Aufgaben kennen. und fäch underthalb den gemelten mar- ken mayen und waiden, wie von alterhär überkommen. Wass vor der alten Schel- Die Urkunde von 1497 ... lenberg gen Bendern wert ist, so behält jedermann seine Gerechtigkeit wie von Auf Schloss Vaduz erscheinen vor Lud- alters überkommen [die Abgrenzung zu wig Freiherr von Brandis und einem Ruggell von der Unteren Burg in Rich- Schiedsgericht, dem er als Obmann vor- tung Bendern war demnach zu dieser sitzt, die nachpurschaft zu Ruggell als Zeit nicht umstritten]. Wydter, dass die kleger an ainem und die nachpurschaft von Schellenberg in waid owen [Widau, zu Schellenberg als antwurter anders Ruggell] kain gerechtigkait haben söllen tails und berichten über etlich irrung und weder zu rudten noch zu hauen [die in spenn, die sie untereinander wegen Dorfnähe gelegene Widau wurde von wunn und waid, holtz und veld und and- den Ruggellern bereits intensiver ge- rer intrag hatten. Es wurde bereits vor nutzt und sollte deshalb der allgemeinen dem Landammanngericht am Eschner- Nutzung entzogen werden]. Auch sind berg verhandelt und eine Schiedskom- die von Schellenberg denen von Ruggell mission von je zwei Vertretern der fürderhin und ewig schuldig, alle jar, Nachbarschaften bestellt. Auch fanden wenn es die notdurft erhaischet, dass si Begehungen statt. gemainlich mit ain anderen wuren wel- lent [Wuhren am Rhein], jeglicher ain tag oder zwen mit Fuhrfron oder Mannfron.

12 – Die Urkunde ist von Freiherr Ludwig Rand der „Rütte“ in ihr alleiniges Eigen- von Brandis gesiegelt. tum und Nutzungsrecht. Die Schellen- berger behielten den nördlichsten Teil ... und die Teilung von 1794 der „Hala“ (an der Grenze zu Österreich) und bekamen, direkt an den Berg an- Auf diese Interessenabgrenzung wird in stossend, ihren Anteil am Riet in der den folgenden Jahrhunderten immer Talebene. wieder Bezug genommen und sie galt bis zur Aufteilung der gemeinsamen Gü- Schellenberg um 1800 ter zwischen Ruggell und Schellenberg im Jahr 1794. Wo genau lagen die 1497 Um 1800 erhalten wir das erste Mal ein festgesetzten „Marken“? Bei der „Alten genaueres Bild über unsere Gemeinde. Schellenberg“ handelt es sich zweifellos Der fürstliche Landvogt Joseph Schupp- um die Untere Burg auf der Platta. Die ler, der massgeblich bei der Umsetzung Grenze verläuft auch heute bei der Un- der fürstlichen Reformen beteiligt war, teren Burg. Ein Ausgangspunkt der verfasste 1815 für die Fürsten in Wien Grenzziehung bei der Oberen Burg (wie eine Landesbeschreibung. Darin berich- im Liechtensteiner Namenbuch ange- tet er in wenigen, aber vielsagenden nommen – siehe dazu Anm. 16) kann Zeilen auch über die Schellenberger nicht sinnvoll begründet werden. Verhältnisse: Der Flurname „Mätzental“, „Matzental“ Schellenberg ist eine auf den Höhen des oder „Metzental“ ist nur urkundlich be- Eschnerberges zerstreut liegende kleine legt und heute nicht mehr bekannt Gemeinde von 53 Haushaltungen und (Liechtensteiner Namenbuch, Band 4, S. 282 Einwohnern. [...] Die Einwohner sind 234-235). Es handelt sich aber eindeutig sehr verschuldet, leben von Viehzucht, um den Bereich der heutigen Flur „Rüt- Land-, Wein- und Flachsbau. Begünstigt te“ und den umliegenden Wald. 1802 werden sie durch mehrere herrschaftli- wurde der im „Metzental“ gerodete und che Güter, die an sie gegen Geld und urbar gemachte Boden unter allen Körnerzins in zeitliche Pacht verlassen Haushaltungen der Gemeinde Schellen- sind. Wenn gleich die Gemeinde rings- berg aufgeteilt, was heute noch an den herum mit Wäldern umgeben ist, so ge- Besitzverhältnissen in der Flur „Rütte“ hören doch diese meistens andern Ge- leicht abgelesen werden kann. In der im meinden, daher sie das Holz theuer zah- Gemeindearchiv dazu vorhandenen Ak- len, und den Torf anstatt des Holzes te (GASb, Signatur: A237) wird das be- zum Feuern gebrauchen muss.39 treffende Gebiet als an die „Gans Eger- An die ehemaligen herrschaftlichen Gü- ten“ und an die „Birken“ anstossend be- ter erinnern neben dem schon erwähn- schrieben. Diese Flurstücke liegen am ten „Hof“ noch heute Flurnamen wie nördlichen Rand der Flur „Rütte“. Der „Lehen“, „Obergut“ oder „Schlossgut“. Flurname „Tüllers Boden“ oder „Dullers Die darauf lastenden Abgaben wurden Boden“ (Liechtensteiner Namenbuch, erst um 1850 endgültig aufgehoben. Band 4, S. 178) ist ebenfalls nicht mehr Was die Wälder betrifft, so waren diese bekannt. Vermutlich ist das damit ge- von den Schellenbergern wohl zum Teil meinte Gebiet identisch mit dem heute an andere Gemeinden abgetreten wor- „Kolrütte“ und „Freschböchel“ genannten den, um sich der Pflicht des Wuhrens Bereich. Die „Interessengrenze“ von am Rhein zu entziehen. In einer beige- 1497 entsprach damit im Grossen und fügten Statistik erwähnt Schuppler, dass Ganzen der definitiven Gemeindegrenze von den Einwohnern 200 ledigen und 82 von 1794. Die Ruggeller erhielten da- verheirateten Standes waren. mals einen grossen Teil des Waldes in der „Hala“ bis nahe an den unteren 39 Ospelt, Schupplers Landesbeschreibung von 1815, S. 281- 282.

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Ausserdem zählte der fürstliche Land- Schwieriger Weg in die moderne Welt vogt in Schellenberg noch 7 Pferde, 1 Stier, 26 Ochsen, 70 Kühe, 75 Rinder Die Landwirtschaft blieb bis weit ins 20. und Kälber, 7 Ziegen, 19 Schafe und 47 Jh. hinein die wirtschaftliche Grundlage Schweine. Zum Vergleich gab es in des Dorfes und entsprechend be- Ruggell bei 88 Haushaltungen 80 Pfer- schränkt waren die Entwicklungsmög- de, aber keinen einzigen Ochsen. Im lichkeiten. Neue Existenzgründungen im hügeligen Gelände des Schellenberges Dorf waren kaum möglich. Der Zugriff waren die Ochsen wohl die genügsame- auf neue Ackerflächen im Riet war bis ren Zugtiere. nach 1945 durch Statuten streng gere- gelt. Eine Ausweitung des Kreises der Das alte Siedlungsbild Bezugsberechtigten bei den Gemeinde- teilungen war kaum möglich.42 Dasselbe Die 53 Häuser sind auch bereits im 1809 galt für Weiderechte auf der seit 1888 im durch die fürstlichen Reformen geschaf- Besitz der Gemeinde stehenden Alpe fenen Grundbuch verzeichnet. Sie ver- Dürrwald im Silbertal im Montafon43 und teilten sich auf die fünf Ortsteile Loch für den Bezug von Brennholz aus dem (Haus Nr. 1–7), Platta (9–19), Mittel- Gemeindewald.44 Nebenverdienste, wie schellenberg (20–32), Hinterschloss Stickerei oder lokales Gewerbe, brach- (33–36) und Hinterschellenberg (37–53). ten kaum viel ein. Arbeitsplätze aus- Dieses alte, aus dem Mittelalter über- serhalb der Gemeinde, etwa in der Stadt kommene Siedlungsbild bestand fast Feldkirch, waren rar und zu Fuss nur unverändert bis nach dem Zweiten schwer erreichbar. Saisonarbeit, auch Weltkrieg. Erst durch die starke Auswei- bis weit nach Frankreich, war für junge tung der Siedlungen in neuerer Zeit ist und ledige Leute ein Ausweg. Für viele es verwischt worden. Ein Amtsvorgän- aber blieb nur der Wegzug in städtische ger von Schuppler, Landvogt Gilm von Gebiete und die Auswanderung nach Rosenegg, hatte 1784 in Schellenberg Übersee.45 erst 40 Häuser, aber ebenfalls 290 Be- In der Zwischenkriegszeit lag die Bevöl- wohner gezählt.40 Dies deutet darauf kerungszahl bei 400, die Zahl der Häu- hin, dass die Bevölkerung in der schwie- ser bei 70. „Finanzeinbürgerungen“ rigen Zeit der Franzosenkriege nicht brachten mehr Geld in die Gemeinde mehr gewachsen war. Trotzdem wurden und ermöglichten den Ausbau wichtiger Häuser gebaut und neue Haushalte ge- Infrastrukturen, wie die Wasserversor- gründet. 1806 erliessen die Fürsten für gung, neue Strassen und Drainagen im das ganze Land ein Hausbauverbot. Riet. Damit sollte vermieden werden, dass weiterer Gemeindeboden an neue 41 42 Zum Beispiel: GASb, Signaturen: A235 (Handschriftliche Haushalte ausgeteilt werden musste. Statuten betreffend Gemeindeteile von 1846); A298 (Ge- Tatsächlich wurden bis 1860, also in druckte Statuten zum aufgeteilten Gemeindeboden von mehr als 50 Jahren, nur drei neue Häu- 1896, 1934 und 1952). 43 Siegfried Elkuch: Dürrwald – So gross wie Gemeinde ser gebaut, das dritte davon war das Schellenberg. – In: Liechtensteiner Volksblatt vom Kloster (Haus Nr. 56). 21.9.1989. Gemeindealpe Dürrwald. Festschrift zum Jubi- läum 125 Jahre Alpe Dürrwald (1872-1997). Herausgegeben von der Gemeinde Schellenberg. – Schellenberg 1998. – 1872 bis 1888 besass eine Schellenberger Genossenschaft die Alpe. GASb, Signatur: A300 (Gedruckte Statuten Alpe Dürrwald von 1905). 44 GASb, Signatur: A299 (Statuten zum Bezug von Forstpro- dukten aus dem Gemeindewald von 1894 und 1912 – letzte- re gedruckt). 40 Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 92. 45 Norbert Jansen, Pio Schurti: Nach Amerika! Auswanderung 41 Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 114. im 19. und 20. Jahrhundert. 2 Bände. – Vaduz, Zürich 1998.

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Abschied von der alten Zeit Landvogt Joseph Schuppler berichtet in der bereits genannten Landesbeschrei- Der grosse Aufschwung kam nach dem bung von 1815 über die Kapelle: Auf Zweiten Weltkrieg. Verbunden damit war dem oberen [hinteren] Schellenberg der rasche Wandel vom reinen Bauern- steht eine kleine Kapelle, in der von dorf zur modernen Gemeinde mit guter Bendern aus, wohin dieser Ort einge- Infrastruktur und einer Bevölkerung, die pfarrt ist, öfters Gottesdienst gehalten zum grössten Teil ihrer Arbeit wird. Für Sonntagsgottesdienste, Taufen ausserhalb des Dorfes in Industrie, und Beerdigungen aber musste der wei- Gewerbe und Dienstleistung nachgeht. te Weg nach Bendern angetreten wer- den. Um 1855/56 wurde in Mittelschel- lenberg (gegen den anfänglichen Wider- stand der Hinterschellenberger) eine Kirche erbaut. 1861 kam es zur Errich- tung einer Expositur von Bendern, 1874 entstand ein selbständiges Kuratbene- fizium und 1881 kam es auch formal- rechtlich zur völligen Ablösung von Bendern und zur Bildung einer eigenen Pfarrei.47

„Bildstöckle“ im Ortsteil Loch Die neue Pfarrkirche

Die Modernisierung brachte wie allge- 1960 bis 1963 entstand unter Pfarrer mein in Liechtenstein auch in Schellen- Daniel Lins die moderne Pfarrkirche am berg einen Verlust alter Traditionen und neuen Standort. Sie ist dem Patrozinium die starke Zersiedelung der Landschaft Unbeflecktes Herz Mariä geweiht.48 Der mit sich. Die Zahl der Häuser ist auf vom Schweizer Architekten Eduard Lad- über 300 angewachsen. Die Gemeinde ner entworfene Bau ist in seiner schlich- Schellenberg zählt heute (2004) rund ten und klaren Form ein weit über die 1000 Einwohner. Grenzen des Landes hinaus bekannt gewordenes Musterbeispiel des moder- Pfarrei Schellenberg nen Kirchenbaus der sechziger Jahre. Die künstlerische Ausgestaltung der Kir- Das Gebiet der Gemeinde Schellenberg che stammt von Georg Malin, Fritz gehörte zusammen mit Ruggell und Weigner und Rico Galizia. Die Kirche Gamprin seit alters zur Pfarrei Bendern. steht aufgrund ihrer architektonischen In Hinterschellenberg steht eine dem hl. und künstlerischen Qualitäten seit 1992 Georg geweihte Kapelle. Über ihre Ur- unter Denkmalschutz. sprünge ist nichts bekannt. Die Befunde der Renovation von 1980/81 ergaben aber, dass die ursprüngliche Kapelle um 1700 entstanden sein muss, der Bau in seiner heutigen Form aber aus der Zeit 47 Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums 46 um 1850/55 stammt. Liechtenstein. – Basel 1950 (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Sonderband), S. 274-284 (Gemeinde Schellenberg). 48 Die Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä in Schel- lenberg. Festschrift zur Kirchenweihe am 22. Sept. 1963. – Schellenberg 1963. Robert Büchel-Thalmaier, Werner 46 Georg Malin: Kapelle St. Georg in Schellenberg. Grabungen Meier: Die Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä in und bauanalytische Untersuchungen 1980. – In: JBL 80 Schellenberg. Herausgegeben von der Gemeinde Schellen- (1980), S. 7-56. berg. – Schellenberg 2003.

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Kloster Schellenberg An seiner Stelle entstand der neue Ost- flügel des Klosters, in dem seit 1997 Das Frauenkloster der Kongregation der auch Erzbischof Wolfgang Haas resi- Schwestern vom Kostbaren Blute ent- diert. Aus dem verbliebenen Inventar der stand 1858 im Zusammenhang mit den alten Kirche sticht ein hochgotisches Bemühungen um die Bildung einer eige- Vortragekreuz (vor 1500 entstanden) nen Pfarrei.49 Franz Sales Brunner und hervor, bei dem vor allem die gravierte seine Schwestern suchten einen Stand- Rückseite noch teilweise original erhal- ort für ein neues Kloster. Die Schellen- ten ist.50 Vermutlich stammt das Kreuz berger Bauern wollten endlich einen ei- ursprünglich aus Bendern und wurde für genen Geistlichen, der in ihrer Kirche die Flurumgänge in Schellenberg benutzt. Messe las. Durch ihre Beharrlichkeit er- reichten sie bei den Behörden die Er- laubnis für die Ansiedlung des Klosters. Die Russen kommen Das erste Klostergebäude wurde direkt an die Kirche angebaut. Die Ordensge- In Hinterschellenberg erinnert ein meinschaft zählt heute (2005) 40 Denkmal an den Übertritt von 500 russi- Schwestern. Die Missionare vom Kost- schen Soldaten über die Grenze im Jah- baren Blut (CPPS), die mit dem Kloster re 1945. Sie hatten unter dem Komman- die gleichen Wurzeln haben und eben- do von Generalmajor A. Holmston- falls mit einem Ordenshaus in Schellen- Smyslowsky auf deutscher Seite gegen berg vertreten sind, stellen seit der die Sowjetunion gekämpft. Durch ihre Trennung von Bendern den Ortspfarrer. minutiös geplante Flucht von Kempten nach Liechtenstein entzogen sie sich dem Zugriff der Alliierten. Das neutrale Liechtenstein war nach dem Zusam- menbruch des Dritten Reiches der einzi- ge Staat, der die Auslieferungsbegehren der sowjetischen Behörden ablehnte. Nach einem längeren Aufenthalt in Liechtenstein wurde den Russen die Auswanderung nach Argentinien ermög- licht. Die Geschichte dieser Soldaten ist in mehreren Publikationen dokumentiert worden.51 Frauenkloster Schellenberg um 1990

Die alte Kirche wurde nach der Vollen- 50 Anton Wilhelm: Drei Vortragekreuze des 15. Jahrhunderts. In: 1342. Zeugen des späten Mittelalters. Festschrift „650 dung der neuen Kirche abgebrochen. Jahre Grafschaft Vaduz“. Herausgegeben von Hansjörg Wenn auch von Poeschel als kunsthisto- Frommelt im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuse- risch belanglos eingestuft, bildete sie ums. – Vaduz 1992, S. 248-255. 51 Henning Freiherr von Vogelsang: Nach Liechtenstein – in zusammen mit dem alten Klostertrakt die Freiheit. Der abenteuerliche Weg der „1. Russischen aus der Sicht des Ortsbildschutzes und Nationalarmee in der Deutschen Wehrmacht“ ins Asyl im Fürstentum Liechtenstein. Herausgegeben von der Gemeinde der Ortsgeschichte doch ein einmaliges Schellenberg. – Schellenberg 1980. Henning Freiherr von Ensemble. Vogelsang: Kriegsende in Liechtenstein. Das Schicksal der Ersten Russischen Nationalarmee in der Deutschen Wehr- macht. – Freiburg im Breisgau 1985. Henning Freiherr von Vogelsang: Die Armee, die es nicht geben durfte. Russen in 49 Otto Angehrn: 100 Jahre Verehrung des Kostbaren Blutes. deutscher Uniform und ihre Rettung in Liechtenstein. – Ulm, Frauenkloster Schellenberg 1858-1958. –Schaan 1958. Kisslegg 1995. Peter Geiger, Manfred Schlapp: Russen in Kurze Darstellung des Lebens von Franz Sales Brunner bei Liechtenstein. Flucht und Internierung der Wehrmacht- Malin, St. Georg, S. 46. Armee Holmstons 1945-1948. Mit der Liste der Internierten

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Historischer Höhenweg Eschnerberg Biedermannhaus

Der Historische Höhenweg Eschnerberg In der Nähe des Gemeindehauses steht wurde in den Jahren 1972-74 auf Initiati- das Biedermannhaus. Dieses Bauern- ve des Verkehrsvereins Liechtensteiner haus, in typischer örtlicher Bauweise Unterland und des Historischen Vereins aus Holz erstellt, stammt aus dem 16. für das Fürstentum Liechtenstein durch Jh. und wurde im Jahre 1992/93 vom die fünf Unterländer Gemeinden ge- ursprünglichen Standort auf der Platta schaffen. Er erstreckt sich über das hierher versetzt. Die Grundeinteilung ganze Gebiet des Eschnerberges, ein- des Hauses ist typisch für das Rheinta- gebunden in ein weitläufiges Wander- ler Bauernhaus. Einheimische Handwer- wegnetz. ker tradierten sie über Jahrhunderte und bis in die neueste Zeit wurden alle Häu- ser in Schellenberg nach diesem Muster gebaut. Das Biedermannhaus ist eine Aussenstelle des Landesmuseums in Vaduz und vermittelt in seiner heutigen Einrichtung einen Einblick in die bäuerli- che Wohnkultur unserer Gegend um 1900.53

Naturschutzgebiet im Riet

Ein Teil des Schellenberger Gemeinde- gebietes liegt in der Rheintalebene. Hier Flurdenkmal am Eggweg befindet sich (zum grössten Teil auf dem in Hinterschellenberg Gebiet der Gemeinde Ruggell) das Na- turschutzgebiet Ruggeller und Schellen- An historisch interessanten oder land- berger Riet. Mit ca. vierzig Hektaren schaftlich markanten Punkten stehen mit Umfang bildet es einen kleinen Rest der Skizzen versehene Informationstafeln. Sumpf- und Moorlandschaft, die einst Mit kurzen Texten über Geschichte, Na- weite Flächen des Alpenrheintals prägte. tur und Landschaft des Eschnerberges, Es ist ein Refugium seltener Tiere und aber auch zur weiteren Region, vermit- Pflanzen. Besonders besuchenswert ist teln sie dem historisch oder naturkund- das Gebiet im Frühling (Blüte der lich interessierten Besucher das Bild Schwertlilien) oder im Herbst, wenn die einer wechselvollen Geschichte der Torfmoorlandschaft mit den weiten Menschen, die hier im Laufe der letzten schilfbewachsenen Streuewiesen und 7000 Jahre lebten.52 den Rietgräben ihren besonderen Reiz entfaltet.54

53 Ernst Albertin: Das Biedermannhaus. In: JBL 91 (1992), S. 51-84. Translozierung des Holzwohnhauses Nr. 12. Haus und dem russischen Tagebuch des Georgij Simon. – Vaduz, Biedermann. Herausgegeben vom Hochbauamt des Fürsten- Zürich 1996. tums Liechtenstein. – Vaduz 1993. [Öffnungszeiten: April bis Oktober, jeden ersten und letzten Sonntag des Monats oder 52 Historischer Höhenweg Eschnerberg Fürstentum Liechten- nach Vereinbarung] stein. Faltprospekt mit Wanderkarte (Texte: Alfred Goop). 54 Naturmonographie Ruggeller Riet. – Vaduz 1990 (= Natur- Herausgegeben vom Verkehrsverein Liechtensteiner Unter- kundliche Forschungen im Fürstentum Liechtenstein, Band land. Schaanwald o.J. [1995] 12).

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Sport und Freizeit

Das 2013 eingeweihte Gebäude in der Sport- und Freizeitanlage.

Torfstechen im „Weitriet“ Die Gemeinde Schellenberg verfügt über moderne Einrichtungen für Sport Bis weit ins 20. Jh. nutzten auch die und Freizeit. Bei der schön im Wald Schellenberger Bauern das „Weitriet“ gelegenen Sport- und Freizeitanlage zur Gewinnung von Streue und Torf. Der befinden sich ein „Vita-Parcours“, eine Torf wurde in eigens dafür errichteten Kneipp-Anlage, ein Skaterplatz und ein Hütten getrocknet. Kleinfussballfeld. Beid der Schule und dem Kindergarten sowei an der Strasse Tüfenacker wurden gut ausgestattete Modernes Gemeindezentrum Kinderspielplätze eingerichtet.

Um den Platz vor der Kirche gruppieren Bei der Oberen Burgruine besteht im sich das neue Gemeindehaus (1984) mit Burggraben ein Lagerplatz für Jugend- der Gemeindeverwaltung, dem Gemein- gruppen. Er wurde 1999 von der desaal und der Post sowie die 1990/91 Gemeinde Schellenberg anlässlich der erweiterte Volksschule. Seit ein paar 300-Jahr-Feierlichkeiten des Kaufs der Jahren ergänzt auch ein Dorfladen das Herrschaft Schellenberg durch die Angebot. Insgesamt besitzt Schellen- Fürsten von Liechtenstein errichtet. berg einen der schönsten Dorplätze in Liechtenstein.

Das Gemeindehaus im Dorfzentrum.

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Weitere Literatur und Unterlagen - Dorfladen Schellenberg. Zur Eröffnung (bei der Gemeindeverwaltung erhältlich) des neuen Dorfladens im August 2001. Einkaufen in Schellenberg: Wie war es Broschüren, Bücher, CD früher? Herausgegeben von der Ge- meinde Schellenberg. – Schellenberg - Die Stämme der Schellenberger Ge- 2001. schlechter 1650-1976. Zusammenge- stellt von Pfarr-Resignat Fridolin - Robert Büchel-Thalmaier, Werner Mei- Tschugmell. Herausgegeben von der er: Die Pfarrkirche zum Unbefleckten Gemeinde Schellenberg. – Schellenberg Herzen Mariä in Schellenberg. Heraus- 1976. gegeben von der Gemeinde Schellen- berg. – Schellenberg 2003. - Georg Malin: Kapelle St. Georg Schel- lenberg. Grabungen und bauanalytische - Vom Leben unserer Ahnen. Tonband- Untersuchungen. – Sonderdruck aus gespräche mit älteren Schellenbergern JBL 80 (1980). aus den Jahren 1984-1991. Gesammelt und bearbeitet von Rudolf Goop. 3 CDs - Henning Freiherr von Vogelsang: Nach mit Booklet. Herausgegeben von der Liechtenstein – in die Freiheit. Der aben- Gemeinde Schellenberg. – Schellenberg teuerliche Weg der „1. Russischen Nati- 2002. onalarmee in der Deutschen Wehr- macht“ ins Asyl im Fürstentum Liechten- - Rudolf Goop: Menschen am Schellen- stein. Herausgegeben von der Gemein- berg. Band 1: Besiedlung der Gemein- de Schellenberg. – Schellenberg 1980. de. – Wien 2005. [Weitere Bände sind geplant.] - Ort der Begegnung. Zur Eröffnung des Gemeindehauses in Schellenberg am Karten, Prospekte, Sonstiges 20. Sept. 1984. – Schellenberg 1984. - Gemeindeordnung der Gemeinde - Roman Banzer, Alfred Goop: Flurna- Schellenberg (1997). menkarte der Gemeinde Schellenberg. – Triesen 1988. - Wappenurkunde der Gemeinde Schel- lenberg (1940). - Schule am Dorfplatz. Zur Eröffnung der Primarschule in Schellenberg am 16. - Strassenplan der Gemeinde Schellen- Nov. 1991. Herausgegeben von der berg (mit der neuen Hausnummerierung Gemeinde Schellenberg. – Schellenberg - 2003). 1991. - Historischer Höhenweg Eschnerberg - Translozierung des Holzwohnhauses Fürstentum Liechtenstein. Faltprospekt Nr. 12. Haus Biedermann. Herausgege- mit Wanderkarte (1995). ben vom Hochbauamt des Fürstentums Liechtenstein. – Vaduz 1993. - Faltprospekt zum „Biedermannhaus“ (1993). - Gemeindealpe Dürrwald. Festschrift zum Jubiläum 125 Jahre Alpe Dürrwald - Faltprospekt Lagerplatz „Obere Burg“ (1872-1997). Herausgegeben von der Schellenberg (2000). Gemeinde Schellenberg. – Schellenberg 1998.

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