Willy Und Luzi Manne, Gestorben in Minsk
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„Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner. Der deutsche Donner ist freilich auch ein Deutscher und nicht sehr gelenkig, und kommt etwas langsam herangerollt; aber kommen wird er, und wenn ihr es einst krachen hört, wie es noch niemals in der Welt- geschichte gekracht hat, so wisst: der deutsche Donner hat endlich sein Ziel erreicht.“ Heinrich Heine, 18341 Willy und Luzi Manne, gestorben in Minsk. Zwei Gedenksteine in Bremen in der Hohenlohestrasse No. 7, sogenannte "Stolpersteine", erinnern seit dem 27. August 2004 an das jüdische Ehepaar Willy und Luzi Manne. „Stolpersteine“ in der Hohenlohestrasse No. 7 Nachstehendes soll beider Leben in Erinnerung rufen und für die Zukunft Mahnung sein. Es basiert nahezu ausschließlich auf der Auswertung von behördlichen Akten, da in der heutigen Enkelgeneration der Familie keine wesentlichen Einzelheiten überliefert sind. Eine weitgehend unpersönliche Schilderung ließ sich dadurch nicht vermeiden. Die Geschichte des Ehepaares Manne wird hierbei von politischen Fakten eingerahmt (kursiv geschrieben), um parallel zur persönlichen Geschichte die politische verfolgen zu können. 1 Willy2 Manne wurde am 4.8.1888 in Hamburg geboren. Seine Eltern waren Samuel Manne aus Krakau, Galizien, und Rebecka geb. Nathan3. Das Staatsarchiv Hamburg führt im „Fremdenmeldeprotokoll für Männer 1868-1891“ einen Samuel gen. Siegmund Manne, geb. 7.1.1860 in Krakau, Stand/Beruf: Goldarbeiter. Dieser war, von Hannover kommend, erstmalig am 29.9.1887 in Hamburg gemeldet, es wurde bereits per 7.Mai 1888, 3 Monate vor Willy´s Geburt, der Vermerk „Aufenthalt ferner nicht zu gestatten“ dort eingetragen. Mit Datum vom 12.1.1889 hat man vermerkt: „M. ist lt. ob. Acta in Hannover.“4 Der Grabstein von Willy´s Eltern nennt für den Vater Samuel das Geb.-Datum 5.1.1860 und für die Mutter Rebecca 18.7.1866. Willy´s Ehefrau Luzi5 geb. Adler wurde in Mellrichstadt/Bayern am 15.2.1891 geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Maier Adler und Adelheid geb. Jacobi6. Nach Angabe der in den 1930er Jahren neu eingerichteten Bremer Einwohner-Meldekartei (EMK), welche frühere Daten zum Teil übernommen hatte, war Willy M. zum 23.3.1912 erstmalig in Bremen gemeldet7. Das Bremer Adressbuch für 1913 zeigt seine Privatanschrift als Mittelstrasse 10. (Lage: Bremen-Vorstadt, abgehend von Ostertorsteinweg 64/65). Am 20.5.1913 ließ er seine Firma in das Handelsregister eintragen8. Im Bremer Adressbuch 1913 erschien das Unternehmen bereits als Willy Manne, Galanterie- u. Luxuswarengeschäft, Obernstrasse 53. (Lage: Bremen-Altstadt, von Kreyenstr. ((heute überbaut)) letztes Haus zur Ecke Papenstrasse). Das Bremer Adressbuch für 1914 zeigt Georgstrasse 66 als Privatanschrift für Willy. (heutige Bürgermeister Smidt Strasse, No. 66 lag zwi. Falkenstr. und Museum, vorletztes Haus zum Museum). Die Ermordung des österreichischen Thronfolgerpaars in Sarajevo am 28. Juni 1914 war der Auslöser für den 1. Weltkrieg. Der Kriegserklärung an Frankreich am 1. August folgte am 2.8. die Besetzung Luxemburgs, und am 3. August marschierten deutsche Truppen in Belgien ein. Am 27.8.1914 war Luzi Adler lt. Bremer Einwohner-Meldekartei erstmalig in Bremen gemeldet. Zum 15.11.1915 meldete sie sich vorerst wieder ab9. „Herzliche Grüsse Lucie Adler Kriegsjahr 1915“ 2 Das Adressbuch 1915 zeigt für Willy die Privatanschrift Schüsselkorb 9/10. (Lage: Bremen- Altstadt, vom Domshof zur Sögestrasse). Für (nur) 1916 zeigt das Adressbuch unter der Anschrift Am Brill 16 ein „W. Manne Bijouteriegeschäft“. Ob es sich hierbei um einen Druckfehler des Verlages oder um eine nur kurzfristige Filiale handelte, muss offen bleiben. (Am Brill 16: Bremen-Altstadt, fünftes Haus von Brill-Kreuzung Ri. Wenkenstr.). Am 19.10.1916 meldete W. Manne sich lt. Meldekartei aus Bremen, Schüsselkorb 9/10, ab, vermutlich zum Militär. Vom 5.11.1916 bis „Mitte 3.17“ war Luzi erneut in Bremen gemeldet, Abmeldung aus Anschrift Sögestr. 29 (Anschrift von Schwester und Schwager Paula und Isidor Keller). Zum 15.4.1918 kehrte Willy nach Bremen zurück bzw. meldete sich bei den Behörden wieder an und nahm lt. Adressbuch für 1919 eine Wohnung in der Obernstrasse 68/70 (Bremen-Altstadt, 1. Haus von Pieperstr. nach Westen zur seinerzeitigen Molkenstrasse). Diese Privatanschrift behielt ihre Gültigkeit bis zum Umzug nach Hohenlohestr. 7 am 1.August 1928. Das gleiche Adressbuch zeigt unter der Anschrift Obernstr. 72 (2. Haus v. Pieperstr.) den Eintrag „W. Manne Galant- u. Luxuswaren“. Ob es sich auch hier um einen Druckfehler oder eine weitere kurzfristige Filiale handelte, konnte im Nachhinein nicht mehr geklärt werden. Am 28. Oktober 1918 meutert die deutsche Hochseeflotte; den formalen Schluß der Kriegshandlungen bildet der Waffenstillstand in Compiègne vom 11.11.1918. Am 2. Januar 1919 heirateten Willy und Luzi vor dem Standesamt Bremen-Mitte.10 Ihr gemeinsamer Sohn Norbert wurde am 18.12.1919 in Bremen geboren.11 Für das Jahr 1920 zeigt das Adressbuch neben der Privatanschrift Obernstr. 68/70 für Willi auch einen Eintrag für „Arthur Manne, Kfm.“ (Willi´s Bruder, der nach dem II. Weltkrieg in Hannover ein Geschäft für Haushaltsartikel/Kristall/Porzellan/Lederwaren führte12) sowie unter Obernstr. 72 erneut eine Adresse für W. Manne Galant.- u. Luxuswaren. Lt. Handelsregistereintrag vom 17.9.1920 übernahm „der in Hannover wohnhafte Siegmund Manne“ am 10.9.1920 kurzfristig von Willi Manne das Galanterie- u. Luxuswarengeschäft und führte es unter dem Namen Manne´s Bijouterielager, Inh. Siegmund Manne fort. (Es wird sich hierbei um Samuel gen. Siegmund Manne handeln, oben als sein Vater genannt.) Die Rückübertragung auf Willi erfolgte zum 1.4.1921 unter dem Namen Manne´s Bijouterielager Inh. Willi Manne.13 Am 17.9.1920 ließ Willi die Firma Willi Manne Gold- und Silberwaren en gros in das Bremer Handelsregister eintragen, doch schon am 31.3.1921 wurde die Firma lt. Eintrag vom 15.4.1921 wieder aus dem Register gelöscht.14 Die Anschrift lt. Adressbuch 1921 war Obernstr. 68/70. Das Adressbuch 1921 zeigt unter Obernstr. 72 „Arthur Manne Kunststube, Bildergesch.“. Zum 4.5.1923 wurde die Firma Hanseatische Rohmaterialien-Verwertung Martin Manne in das Bremer Handelsregister eingetragen. Firmeninhaber war „der hiesige Kaufmann Martin Manne“. Bereits am 7.12.1923 war die Firma wieder erloschen.15 Das Adressbuch 1924 zeigt die Firma unter der Anschrift Obernstr. 53. (Martin: nach dem Krieg in Schweden lebender Bruder von Willi und Arthur16 ). 3 1923 erreichte die seit Kriegsende beständig steigende Inflationsrate im Deutschen Reich mit 105,8 Millionen Prozent ihren Höhepunkt und wurde zum Ende des Jahres durch die Währungsumstellung auf Rentenmark nach einer Übergangsphase beendet. Im Laufe des Jahres 1923 stieg der Preis einer Strassenbahnfahrt von 40 Mark auf 150 Milliarden Mark oder –3 Cents, da zwischenzeitlich, am 22. Oktober 1923 der „Bremer Dollar“ eingeführt wurde.17 Wie der Unternehmer Willy Manne sein neu gegründetes Geschäft in den ersten zehn Jahren erfolgreich durch solche Untiefen steuern konnte, bereits 1915 betrug die Inflationsrate im Deutschen Reich 35 %, 1920 113 %, lässt sich nur erahnen. Die Obernstrasse 1924. Manne´s Bijouterielager im Eckhaus links Obernstr. 53 / Ecke Papenstrasse. Im Haus gegenüber, Obernstr. 68/70, Reklame Hutfabrik SICK in der 1.Etage, wohnten Manne´s von 1918/19 bis 1928. Im Frühjahr/Sommer 1925 veranlasste Willi als Bauherr Umbaumaßnahmen im Geschäft Obernstr. 53. Der Eingang wurde geändert, Säulen entfernt, das Schaufenster verändert. Als Eigentümer war im Bauantrag vom 5.2.1925 der Norddeutsche Lloyd genannt18. Aus einem vom 27.7. 1925 datierten Verpflichtungsschein gegenüber dem Bremer Baupolizeiamt für Verpflichtungen wegen einer in der Papenstrasse nicht korrekt verlegten Rohrleitung („Ich erkenne für mich und meine Rechtsnachfolger im Eigentum des Grundstücks Obernstr. 53 hierdurch an ......“) wäre das Eigentum W. Manne´s an dieser Immobilie zu diesem Zeitpunkt zu vermuten19, der Bauantrag vom Februar sowie Hinweise/Bauakten der kommenden Jahre weisen jedoch jeweils den Norddeutschen Lloyd als Eigentümer aus. 4 Im Sommer 1925 erschien der erste Band von Adolf Hitler´s „Mein Kampf“. Am 28. August des gleichen Jahres warnte der Vorstand der Israelitischen Gemeinde Bremen im Schreiben an den Senat der Freien Hansestadt Bremen vor Hitler: „Von ernster Sorge erfüllt, wendet sich der Vorstand der Israelitischen Gemeinde Bremen an einen Hohen S e n a t um Schutz und Beistand. Mit der Vertretung der jüdischen Angelegenheiten betraut, erheben wir Einspruch gegen das beabsichtigte Auftreten des völkischen Agitators Adolf H i t l e r im Gebiet der freien Hansestadt Bremen. Wie die Erfahrungen in Bayern und Sachsen zur Genüge zeigen, wirkt das Auftreten Hitlers derart aufreizend, dass es das friedliche Miteinander- und Nebeneinanderleben der Religionsgemeinschaften stört und die beklagenswertesten Excesse verursacht. .......“20 Familie Manne ca. 1925 In 1927 veranlasste Willy M. weitere Baumaßnahmen / Verbesserungen seines Geschäfts in der Obernstrasse 53, u.a. erfolgte der Einbau von Schaukästen sowie zusätzlichen Fenstern und einem Seiteneingang in der Papenstr.21 Die herausgehobene Bedeutung der Obernstrasse als Geschäftszentrum, indem Willy M. sein Unternehmen schon 1913 ansiedelte, formulierte der Bremer Historiker Herbert Schwarzwälder für 1927 wie folgt: „Schon 1927 fuhren alleine für den Personenverkehr in den Spitzenstunden 144 Straßenbahnwagen, 63 Personenwagen, 19 Krafträder, 386 Fahrräder durch die Obernstraße. Durch sie wurden mehr als 11000 Menschen befördert.