„Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner. Der deutsche Donner ist freilich auch ein Deutscher und nicht sehr gelenkig, und kommt etwas langsam herangerollt; aber kommen wird er, und wenn ihr es einst krachen hört, wie es noch niemals in der Welt- geschichte gekracht hat, so wisst: der deutsche Donner hat endlich sein Ziel erreicht.“ Heinrich Heine, 18341

Willy und Luzi Manne, gestorben in Minsk.

Zwei Gedenksteine in in der Hohenlohestrasse No. 7, sogenannte "Stolpersteine", erinnern seit dem 27. August 2004 an das jüdische Ehepaar Willy und Luzi Manne.

„Stolpersteine“ in der Hohenlohestrasse No. 7

Nachstehendes soll beider Leben in Erinnerung rufen und für die Zukunft Mahnung sein.

Es basiert nahezu ausschließlich auf der Auswertung von behördlichen Akten, da in der heutigen Enkelgeneration der Familie keine wesentlichen Einzelheiten überliefert sind. Eine weitgehend unpersönliche Schilderung ließ sich dadurch nicht vermeiden. Die Geschichte des Ehepaares Manne wird hierbei von politischen Fakten eingerahmt (kursiv geschrieben), um parallel zur persönlichen Geschichte die politische verfolgen zu können.

1 Willy2 Manne wurde am 4.8.1888 in Hamburg geboren. Seine Eltern waren Samuel Manne aus Krakau, Galizien, und Rebecka geb. Nathan3.

Das Staatsarchiv Hamburg führt im „Fremdenmeldeprotokoll für Männer 1868-1891“ einen Samuel gen. Siegmund Manne, geb. 7.1.1860 in Krakau, Stand/Beruf: Goldarbeiter. Dieser war, von Hannover kommend, erstmalig am 29.9.1887 in Hamburg gemeldet, es wurde bereits per 7.Mai 1888, 3 Monate vor Willy´s Geburt, der Vermerk „Aufenthalt ferner nicht zu gestatten“ dort eingetragen. Mit Datum vom 12.1.1889 hat man vermerkt: „M. ist lt. ob. Acta in Hannover.“4 Der Grabstein von Willy´s Eltern nennt für den Vater Samuel das Geb.-Datum 5.1.1860 und für die Mutter Rebecca 18.7.1866.

Willy´s Ehefrau Luzi5 geb. Adler wurde in Mellrichstadt/Bayern am 15.2.1891 geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Maier Adler und Adelheid geb. Jacobi6.

Nach Angabe der in den 1930er Jahren neu eingerichteten Bremer Einwohner-Meldekartei (EMK), welche frühere Daten zum Teil übernommen hatte, war Willy M. zum 23.3.1912 erstmalig in Bremen gemeldet7. Das Bremer Adressbuch für 1913 zeigt seine Privatanschrift als Mittelstrasse 10. (Lage: Bremen-Vorstadt, abgehend von Ostertorsteinweg 64/65). Am 20.5.1913 ließ er seine Firma in das Handelsregister eintragen8. Im Bremer Adressbuch 1913 erschien das Unternehmen bereits als Willy Manne, Galanterie- u. Luxuswarengeschäft, Obernstrasse 53. (Lage: Bremen-Altstadt, von Kreyenstr. ((heute überbaut)) letztes Haus zur Ecke Papenstrasse).

Das Bremer Adressbuch für 1914 zeigt Georgstrasse 66 als Privatanschrift für Willy. (heutige Bürgermeister Smidt Strasse, No. 66 lag zwi. Falkenstr. und Museum, vorletztes Haus zum Museum).

Die Ermordung des österreichischen Thronfolgerpaars in Sarajevo am 28. Juni 1914 war der Auslöser für den 1. Weltkrieg. Der Kriegserklärung an Frankreich am 1. August folgte am 2.8. die Besetzung Luxemburgs, und am 3. August marschierten deutsche Truppen in Belgien ein.

Am 27.8.1914 war Luzi Adler lt. Bremer Einwohner-Meldekartei erstmalig in Bremen gemeldet. Zum 15.11.1915 meldete sie sich vorerst wieder ab9.

„Herzliche Grüsse Lucie Adler Kriegsjahr 1915“

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Das Adressbuch 1915 zeigt für Willy die Privatanschrift Schüsselkorb 9/10. (Lage: Bremen- Altstadt, vom zur Sögestrasse).

Für (nur) 1916 zeigt das Adressbuch unter der Anschrift Am Brill 16 ein „W. Manne Bijouteriegeschäft“. Ob es sich hierbei um einen Druckfehler des Verlages oder um eine nur kurzfristige Filiale handelte, muss offen bleiben. (Am Brill 16: Bremen-Altstadt, fünftes Haus von Brill-Kreuzung Ri. Wenkenstr.).

Am 19.10.1916 meldete W. Manne sich lt. Meldekartei aus Bremen, Schüsselkorb 9/10, ab, vermutlich zum Militär. Vom 5.11.1916 bis „Mitte 3.17“ war Luzi erneut in Bremen gemeldet, Abmeldung aus Anschrift Sögestr. 29 (Anschrift von Schwester und Schwager Paula und Isidor Keller).

Zum 15.4.1918 kehrte Willy nach Bremen zurück bzw. meldete sich bei den Behörden wieder an und nahm lt. Adressbuch für 1919 eine Wohnung in der Obernstrasse 68/70 (Bremen-Altstadt, 1. Haus von Pieperstr. nach Westen zur seinerzeitigen Molkenstrasse). Diese Privatanschrift behielt ihre Gültigkeit bis zum Umzug nach Hohenlohestr. 7 am 1.August 1928. Das gleiche Adressbuch zeigt unter der Anschrift Obernstr. 72 (2. Haus v. Pieperstr.) den Eintrag „W. Manne Galant- u. Luxuswaren“. Ob es sich auch hier um einen Druckfehler oder eine weitere kurzfristige Filiale handelte, konnte im Nachhinein nicht mehr geklärt werden.

Am 28. Oktober 1918 meutert die deutsche Hochseeflotte; den formalen Schluß der Kriegshandlungen bildet der Waffenstillstand in Compiègne vom 11.11.1918.

Am 2. Januar 1919 heirateten Willy und Luzi vor dem Standesamt Bremen-Mitte.10 Ihr gemeinsamer Sohn Norbert wurde am 18.12.1919 in Bremen geboren.11

Für das Jahr 1920 zeigt das Adressbuch neben der Privatanschrift Obernstr. 68/70 für Willi auch einen Eintrag für „Arthur Manne, Kfm.“ (Willi´s Bruder, der nach dem II. Weltkrieg in Hannover ein Geschäft für Haushaltsartikel/Kristall/Porzellan/Lederwaren führte12) sowie unter Obernstr. 72 erneut eine Adresse für W. Manne Galant.- u. Luxuswaren.

Lt. Handelsregistereintrag vom 17.9.1920 übernahm „der in Hannover wohnhafte Siegmund Manne“ am 10.9.1920 kurzfristig von Willi Manne das Galanterie- u. Luxuswarengeschäft und führte es unter dem Namen Manne´s Bijouterielager, Inh. Siegmund Manne fort. (Es wird sich hierbei um Samuel gen. Siegmund Manne handeln, oben als sein Vater genannt.) Die Rückübertragung auf Willi erfolgte zum 1.4.1921 unter dem Namen Manne´s Bijouterielager Inh. Willi Manne.13

Am 17.9.1920 ließ Willi die Firma Willi Manne Gold- und Silberwaren en gros in das Bremer Handelsregister eintragen, doch schon am 31.3.1921 wurde die Firma lt. Eintrag vom 15.4.1921 wieder aus dem Register gelöscht.14 Die Anschrift lt. Adressbuch 1921 war Obernstr. 68/70.

Das Adressbuch 1921 zeigt unter Obernstr. 72 „Arthur Manne Kunststube, Bildergesch.“.

Zum 4.5.1923 wurde die Firma Hanseatische Rohmaterialien-Verwertung Martin Manne in das Bremer Handelsregister eingetragen. Firmeninhaber war „der hiesige Kaufmann Martin Manne“. Bereits am 7.12.1923 war die Firma wieder erloschen.15 Das Adressbuch 1924 zeigt die Firma unter der Anschrift Obernstr. 53. (Martin: nach dem Krieg in Schweden lebender Bruder von Willi und Arthur16 ).

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1923 erreichte die seit Kriegsende beständig steigende Inflationsrate im Deutschen Reich mit 105,8 Millionen Prozent ihren Höhepunkt und wurde zum Ende des Jahres durch die Währungsumstellung auf Rentenmark nach einer Übergangsphase beendet. Im Laufe des Jahres 1923 stieg der Preis einer Strassenbahnfahrt von 40 Mark auf 150 Milliarden Mark oder –3 Cents, da zwischenzeitlich, am 22. Oktober 1923 der „Bremer Dollar“ eingeführt wurde.17

Wie der Unternehmer Willy Manne sein neu gegründetes Geschäft in den ersten zehn Jahren erfolgreich durch solche Untiefen steuern konnte, bereits 1915 betrug die Inflationsrate im Deutschen Reich 35 %, 1920 113 %, lässt sich nur erahnen.

Die Obernstrasse 1924. Manne´s Bijouterielager im Eckhaus links Obernstr. 53 / Ecke Papenstrasse. Im Haus gegenüber, Obernstr. 68/70, Reklame Hutfabrik SICK in der 1.Etage, wohnten Manne´s von 1918/19 bis 1928.

Im Frühjahr/Sommer 1925 veranlasste Willi als Bauherr Umbaumaßnahmen im Geschäft Obernstr. 53. Der Eingang wurde geändert, Säulen entfernt, das Schaufenster verändert. Als Eigentümer war im Bauantrag vom 5.2.1925 der Norddeutsche Lloyd genannt18. Aus einem vom 27.7. 1925 datierten Verpflichtungsschein gegenüber dem Bremer Baupolizeiamt für Verpflichtungen wegen einer in der Papenstrasse nicht korrekt verlegten Rohrleitung („Ich erkenne für mich und meine Rechtsnachfolger im Eigentum des Grundstücks Obernstr. 53 hierdurch an ...... “) wäre das Eigentum W. Manne´s an dieser Immobilie zu diesem Zeitpunkt zu vermuten19, der Bauantrag vom Februar sowie Hinweise/Bauakten der kommenden Jahre weisen jedoch jeweils den Norddeutschen Lloyd als Eigentümer aus.

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Im Sommer 1925 erschien der erste Band von Adolf Hitler´s „Mein Kampf“.

Am 28. August des gleichen Jahres warnte der Vorstand der Israelitischen Gemeinde Bremen im Schreiben an den Senat der Freien Hansestadt Bremen vor Hitler: „Von ernster Sorge erfüllt, wendet sich der Vorstand der Israelitischen Gemeinde Bremen an einen Hohen S e n a t um Schutz und Beistand. Mit der Vertretung der jüdischen Angelegenheiten betraut, erheben wir Einspruch gegen das beabsichtigte Auftreten des völkischen Agitators Adolf H i t l e r im Gebiet der freien Hansestadt Bremen. Wie die Erfahrungen in Bayern und Sachsen zur Genüge zeigen, wirkt das Auftreten Hitlers derart aufreizend, dass es das friedliche Miteinander- und Nebeneinanderleben der Religionsgemeinschaften stört und die beklagenswertesten Excesse verursacht...... “20

Familie Manne ca. 1925

In 1927 veranlasste Willy M. weitere Baumaßnahmen / Verbesserungen seines Geschäfts in der Obernstrasse 53, u.a. erfolgte der Einbau von Schaukästen sowie zusätzlichen Fenstern und einem Seiteneingang in der Papenstr.21

Die herausgehobene Bedeutung der Obernstrasse als Geschäftszentrum, indem Willy M. sein Unternehmen schon 1913 ansiedelte, formulierte der Bremer Historiker Herbert Schwarzwälder für 1927 wie folgt: „Schon 1927 fuhren alleine für den Personenverkehr in den Spitzenstunden 144 Straßenbahnwagen, 63 Personenwagen, 19 Krafträder, 386 Fahrräder durch die Obernstraße. Durch sie wurden mehr als 11000 Menschen befördert. Hinzu kamen dann noch viele Lastkraftwagen, Pferdefuhrwerke und Handkarren.“22

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Am 26.5.1928 erwarb W.M. vom Gynäkologen Dr.med. Amos die 1906 errichtete Immobilie Hohenlohestrasse No. 7 23 (Lage: Bremen-Vorstadt, von Rembertitunnel nach Gustav Deetjen Allee, 2. Haus nach dem Catharinen-Stift). 2 Monate später, am 1. August 1928 bezog man das neue Heim 24.

Hohenlohestrasse No. 7, links, und No. 5, um 1912

Im September 1928 feierte die Israelitische Gemeinde Bremen ihr 125jähriges Gemeinde-Jubiläum. Die zu diesem Anlass herausgegebene Broschüre führt sämtliche 353 Gemeinde-Mitglieder namentlich auf, darunter Willy Manne.

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Die Obernstrasse No. 53 / Ecke Papenstrasse ca. 1925/29

Die Obernstrasse No.53 / Ecke Papenstrasse im November 2004 7

Die zum Bauantrag vom 6.3.1929 gehörende Bauzeichnung für Obernstr. 53 zeigte ein stilisiertes „M“ in den Säulen links und rechts der Hausfront Obernstrasse. Bauherr war der Norddeutsche Lloyd25.

2 Tage vor der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 30. November 1930 kam es zu einem ersten Auftreten Hitlers in Bremen. Die Versammlung fand im grossen Saal des „Casino“ statt. Bei der Wahl wurde die NSDAP nach der SPD zweitstärkste Partei und zog mit 32 Abgeordneten in das Parlament ein.26

Werbung im Jüdischen Gemeindeblatt Bremen vom 15. Dezember 1930

Im August 1931 entschied sich W. Manne „in Anbetracht der schlechten wirtschaftlichen Lage“, geplante und genehmigte Umänderung der Erdgeschossfassade durch Marmorverkleidung nicht auszuführen.. Vielmehr beabsichtigte man „im Einverständnis mit dem Besitzer des Hauses dem Norddeutschen Lloyd, die oberhalb der Schaufenster bis zum Sohlbankgesims 1. Etage liegenden Kunstputzverzierungen zu entfernen und durch gerade Kunstputzflächen zu ersetzen, zwecks Anbringen einer Leuchtreklame. ...“27. Auch die hierzu gehörige Bauzeichnung zeigt das „M“ in den Säulen. Die „schlechte wirtschaftliche Lage“ wird neben der Weltwirtschaftskrise auch damit zu tun gehabt haben, dass W.M. tags zuvor die Immobilie Obernstrasse 35 ersteigert hatte.

4. August 1931 : (Erster ?) Termin der Zwangsversteigerung für die Immobilie Obernstr. 35 / Gr. Hundestr. 40 (letztere ist heute: Lloydpassage)28. Zum 18.8.31 erwarb W.M. die Immobilie „durch Zuschlag“29, die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 24.3. 193230. Am 2.10.1931 erklärte W.M. sich gegenüber dem Baupolizeiamt als Erwerber der Immobilie Obernstr. 35 und veranlasste vom Amt geforderte Reparaturarbeiten zur Nachbargrundstücksgrenze Obernstr. 33, welche durch den dortigen Hauseinsturz in 1930 verursacht waren31.

Regelmässiges Inserat im Jüdischen Gemeindeblatt Bremen32

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Kommt er, oder kommt er nicht ? „Wenn man die deutsche Presse der letzten Tage verfolgt und sich besonders für die Frage interessiert, ob mit einer Berufung von Nationalsozialisten in die Regierung für die nächste oder eine spätere Zeit zu rechnen ist, so wird man an das Blätterzupfspiel erinnert, in welchem das Orakel befragt wird. Das gleiche leider nicht so neckische Spiel wird in der deutschen Oeffentlichkeit getrieben. Kommt H i t l e r oder kommt er nicht ? Und wenn er kommt, wann wird er kommen ? ...... Vor acht Tagen fand aber eine Tagung der Zentrumsleitung statt, in welcher K a a s und B r ü n i n g das Gerede von Koalitionen in das Reich der Märchen verwiesen und von den Nationalsozialisten als einem Konglomerat gesprochen wurde, mit dem man keine ernste Politik betreiben könne. All dieses Für und Wider ...... “

Das Bremer Adressbuch 1932 verzeichnet unter der Anschrift Obernstr. 35 folgende Einträge und damit Mieter Willi Manne´s : Ammerländer Spezial Versand, Bremer Handelshaus, Vereinigte Textilwerke, Weber Arnold Laden. Im Adressbuch 1933 sind verzeichnet: Erfurter Mechan. Schuhfabrik, Norddeutsche Wäschefabrik Karl Korengel.

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Anzeige im Jüdischen Gemeindeblatt Bremen vom 8. Dezember 1932

Am 31. Dezember 1932 feierte die Familie Sohn Norbert´s Barmizwah.

Zwischenzeitlich hatte die Weltwirtschaftskrise, die sich Ende 1929 mit dem „Schwarzen Freitag“ an der New Yorker Börse ankündigte, zu hohen Arbeitslosenzahlen und einer wachsenden Radikalisierung der Politik geführt. Im Oktober 1932 betrug die Zahl der Arbeitslosen in Bremen 42.000 bei ca. 80.000 Beschäftigten.33 Nach einem großen Wahlerfolg der NSDAP im Juli 1932 mußte man bei den Wahlen im November zwar einen Rückschlag hinnehmen, konservative Kreise beschlossen dennoch, die NSDAP in die politische Verantwortung zu nehmen.34

Der 30.1.1933 war der Tag Hitlers „Machtergreifung“, Koalition der NSDAP mit der DNVP. Am 18.3.1933 wurde in Bremen ein nur aus NSDAP und DNVP gebildeter Senat durch den Reichsinnenminister eingesetzt35. 23.3.1933 : Das Ermächtigungsgesetz suspendierte die Weimarer Verfassung, ohne sie formal je aufzuheben.

Am 1.4.1933 fand der erste reichsweite Judenboykott statt. In Bremen zogen SA-Leute breite Transparente „Kauft nur in deutschen Geschäften“ quer über die Obernstrasse36. Gleichzeitig wurde im Stadtteil Findorff in den ehemaligen Auswandererhallen MIßLER ein provisorisches KZ errichtet37.

6. April 1933 : Die Zahl der zur Zeit in Schutzhaft und wegen politischer Delikte in Untersuchungshaft befindlichen Kommunisten und Sozialdemokraten beträgt 192, von diesen sind bislang 145 in das Konzentrationslager Mißler übergeführt worden und werden dort beschäftigt.38

Landesweite Bücherverbrennungen wurden am 10.5.1933 inszeniert; eine in Berlin unter Teilnahme von Joseph Goebbels stattfindende Bücherverbrennung wurde live vom Rundfunk übertragen.

Die Volkszählung vom 16. Juni 1933 ermittelte eine Zahl von 1.314 in Bremen-Stadt lebenden Juden, was einem Anteil von 0,41 % an der Gesamtbevölkerung entsprach. Der Reichsdurchschnitt lag dagegen bei 0,76 % lag.39

14. Juli 1933 : Verkündung des Reichsgesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses.40

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Für 1934 und auch 1935 verzeichnet das Adressbuch unter der Anschrift Obernstr. 35 die Einträge Norddeutsche Wäschefabrik Karl Korengel sowie Trunkhardt Johs. Speiseh.

Die Obernstrasse ca. 1933-34. Eine Reichswehrkolonne bewegt sich in Richtung Marktplatz/Rathaus. Auf den Bürgersteigen Menschen in dichtem Gedränge, auf der rechten Seite hinter den aufgestellten Ordnungskräften SA-Leute und Stahlhelmer.

Einer handschriftlichen Eintragung auf den Meldekarten zufolge wurde für Willy, Luzi und Norbert Manne am 13.2.1934 die Einbürgerung nach Bremen widerrufen. Doch schon 4 Monate später, am 14.6.34 wurde der Widerruf seinerseits zurückgenommen41.

1.8.1934 : Das Reichskabinett beschließt das Gesetz über die Vereinigung des Amtes des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers. 2.August : Tod des Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg in Neudeck. Alle Beamten und Soldaten werden auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler vereidigt. 19.August : Volksabstimmung über das Reichsgesetz vom 1.8. In Bremen stimmen 78,9 % mit „Ja“, im Reich 89,9 %.42

Im Bremer Gewerbehaus hielt am 14.5.1935 ein Mitarbeiter der Zionistischen Vereinigung für Deutschland, Berlin, einen Vortrag unter der Überschrift „Nationale Zukunft oder Liquidation“43.

Anlässlich des Reichsparteitages 1935 wurden am 15. September die Nürnberger Gesetze „Reichsbürgergesetz“, „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verkündet. Damit schaffte die Regierung sich einen gesetzlichen Rahmen für Verfolgung und Diskriminierung der Juden.

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Unmittelbar danach entwickelte der bremische nichtjüdische Einzelhandel zusammen mit der Kreisleitung der NSDAP eine Broschüre, in der alle jüdischen Geschäftsleute, Rechtsanwälte und Ärzte Bremens namentlich aufgeführt wurden und die Abbildungen einiger Geschäfte enthielt. Für die Broschüre mit einer Auflage von mind. 50.000 und dem Titel „ ...auch Dich geht es an !“44 , die sich an die „Parteigenossen“ und „Volksgenossen“ wandte, zeichnete der Kreispropagandaleiter Robert Tretow verantwortlich. Neben der Aufforderung zum gezielten Einkauf nur bei arischen Unternehmen enthielt dieses Machwerk antijüdische Hetzparolen wie „Ohne Brechung der Judenherrschaft keine Erlösung der Menschheit.“ Verteilt wurde die Broschüre ab dem 29. November 1935.45 Die Tatsache, dass das Reichswirtschaftsministerium sowohl vorher als auch danach solche Einzelaktionen als „nicht im Sinne der von der Reichsregierung verfolgten Wirtschaftspolitik“ bezeichnete 46, lässt die lokale bremische Initiative zu dieser Hetzaktion klar erkennen. Die in dieser Arbeit gezeigte Abbildung der Schaufensterfront des Geschäfts von Willy Manne in der Obernstrasse No.53 stammt mangels anderer Bild-Quellen aus diesem Machwerk.

Obernstrasse 53 ca. 1935

Im Oktober 1935 nahm W.M. den argentinischen Vize-Konsul Dr.med. Leon Schapiera als Mieter in der Hohenlohestr. 7 auf. Dieser wohnte dort bis zum 1.4.1939 47, verließ letztlich Bremen erst im Juli 1944 in Richtung Βaden-Baden, nachdem die diplomatischen Beziehungen mit Argentinien im Februar 1944 abgebrochen waren.

12 Das Adressbuch 1936 verzeichnet für Obernstr. 35 die Einträge Norddeutsche Wäschefabrik Karl Korengel, Tabe Martin Gemüsehand., Trunkhardt Hans Konditorei u. Speisehaus.

Vom 6. bis zum 12. Februar 1936 finden in Garmisch-Partenkirchen die Olympischen Winterspiele statt. Ihnen folgen vom 1. bis zum 16.8. die Olympischen Sommerspiele in Berlin.48

Am 28.12.1936 bezieht das Kreisamt der NS-Volkswohlfahrt das Gebäude der früheren Sparkasse an der Obernstraße, Ecke Papenstraße 49 und wird damit unmittelbarer Nachbar der bisherigen Geschäftsadresse W. Mannes, Obernstr. 53.

In 1936/37 erfolgten in der Obernstr. 53 die Umbauarbeiten zum Cafe & Konditorei. Der Bauantrag vom 28.10.36 zeigt den Norddeutschen Lloyd als Eigentümer, H. Trunkhardt mit der Anschrift Obernstr. 35 als Bauherrn. Am 25.5.37 erfolgte die Bauschlussabnahme50.

Das Adressbuch 1937 zeigt in der Sortierung nach Personen-Namen erstmalig Manne´s Bijouterielager unter der Anschrift Obernstr. 35, während in der Sortierung nach Strassen-Namen das Geschäft in der Obernstr. 35 zum ersten Mal in der Ausgabe 1938 erscheint. Weitere Einträge in der Ausgabe 1937 unter der Anschrift Obernstr. 35 sind die 3 auch in 1936 aufgeführten Parteien.

Siegfried Keller, geb. 8.2.1914, Neffe von Willy und Luzi Manne, Sohn von Isidor und Paula Keller, der sich später Steven-Fred Keller nannte, flüchtete aus Bremen/Deutschland und reiste am 8.1.1937 nach Grossbritannien ein. Nach unbestätigten Überlieferungen aus der jüdischen Vorkriegsgemeinde Bremens floh Siegfried K. nach einer Schlägerei mit SA-Leuten, bei der er ein Auge verloren haben soll. Das in der Bremer Meldekartei vermerkte Ausreisedatum 17.5.1938 erklärte er selbst nach dem Krieg als falsch51. (Siehe auch Steven Fred Keller am 3.9.1945 im Bremer Rathaus).

13.2.1937 : W.M. bevollmächtigte ein Fräulein Gröne, eine Bauerlaubnis für ihn in Empfang zu nehmen. Die Baumassnahmen im März 1937 in der Obernstrasse 35 betrafen das nunmehr 6,5 m tief gestaffelte Schaufenster, der Laden selbst hatte eine Tiefe von 25 m. (Zur Unterscheidung von Bildern der 2 Manne Geschäfte: In der Obernstrasse 35 befand sich der Hauseingang links von den Schaufenstern, während er im Geschäft Obernstr. 53 in der Papenstr. lag. Der Ladeneingang lag in beiden Fällen zwischen den beiden Schaufenster-Teilen.) Das Briefpapier mit der Vollmacht zeigt neben der Anschrift Bremen Obernstr. 53 den Eindruck „ M>Manne< Das Haus für Geschenke Bremen – Hannover Moderner Schmuck / Feine Lederwaren Kristalle / Geschenkartikel “52. (Bremen-Hannover: Partnerschaft/Rückkoppelung zu Vater und/oder Brüdern Arthur/Martin ?)

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Obernstrasse No. 35 ca. 1936/37, vor dem Umbau

Obernstr. 35 im November 2004

14 Am 19.4.1937 wurde die Kaiser-Friedrich-Loge des Unabhängigen Ordens B´nai B´rith durch die Polizei aufgelöst. Der Logenpräsident W. Goldschmidt und seine Kollegen im Beamtenrat, dazu gehörte auch W.M., wurden frühmorgens verhaftet und unter Beschlagnahme aller Logenpapiere, Protokollbücher und Werte in das Detentionshaus am Ostertor abgeführt53. Zu diesem Zeitpunkt dürfte auch die Plünderung der Manne-Bibliothek in der Hohenlohestrasse durch die Gestapo stattgefunden haben, die Sohn Norbert später dem Frühjahr 1938 zuordnete54.

Im gleichen Jahr bekamen Manne´s Nachbarschaft, die sicher nicht ohne Auswirkungen auf ihr unmittelbares Umfeld in der Hohenlohestrasse blieb : SS-Verwaltungsführer Heinrich Herborg war seit dem 6.10.1937 in der Hohenlohestr. 11a, 3 Häuser weiter, gemeldet. Während die Einwohner-Meldekartei den Fortzug Anfang 1938 ausweist 55, zeigen die Bremer Adressbücher 1938 bis 1942 Herborg als in der Hohenlohestr. 11a wohnhaft.

„Da (Norbert) Manne ein guter Turner und Boxer ist ...“ : Auszug aus dem Stimmungsbericht Monat Oktober 1937 No. 6/34 der NSDAP, Kreis Bremen, Holler Allee 79, Kreispropagandaamt vom 18.11.37: „Von vielen Eltern wird es als auf die Dauer unerträglich angesehen, dass ihre Kinder in den Schulen mit Judenkindern zusammensitzen müssen, zusammen turnen, Ausflüge machen u.a.w. Ein Vater beschwerte sich, dass sein Sohn, der Oberprimaner ist, beim Turnen und Sportunterricht mit einem Juden boxen musste. Der Schulleiter war zugegen und sein Sohn, der Führer in der HJ. ist, wagte nicht, sich zu weigern, da er Angst hatte, beim Abitur benachteiligt zu werden. Auch der Vater hatte diese Befürchtung“.

Der Regierende Bürgermeister (SA-Gruppenführer Böhmcker) leitete den Auszug am 24.11.1937 weiter an den Senator für das Bildungswesen (Dr. von Hoff) mit den Worten „Ich muß den vorstehenden Ausführungen beitreten und ersuche, entsprechende Anweisungen zur Trennung der jüdischen Schulkinder von den deutschen zu erteilen, damit derartige Vorkommnisse in Zukunft unterbunden werden. Über das Veranlasste bitte ich mir zu berichten. ...“ und verweist daneben auf zwei weitere Stimmungsberichte vom Oktober 1937. Der Senator für das Bildungswesen nahm sich Zeit („Die Überlastung meiner Sachbearbeiter mit unaufschiebbaren Arbeiten...... “) und bezog ausführlich Stellung gegenüber dem Reg. Bürgermeister und verweist in einem 6-seitigen Schreiben vom 2. Mai 1938 auf die Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorschriften und kommt zu dem Schluß, daß eine Sonderschule für die wenigen jüdischen Schüler von der Kostenseite her unvertretbar sei. Zum Boxkampf schrieb der Senator: „Zu dem Stimmungsbericht 6/34, der sich darauf bezieht, dass ein Oberprimaner mit einem Juden habe boxen müssen, kann nach der Untersuchung der folgende Fall in Frage kommen. Zur Reifeprüfung an den bremischen höheren Schulen gehört innerhalb der Prüfung in Leibesübungen auch eine Prüfung im Boxen. An ihr hatte nach den geltenden Bestimmungen auch der Oberprimaner M a n n e am Realgymnasium teilgenommen. Die Reifeprüfung fand in Anwesenheit des die Aufsicht führenden Schulrats und des Fachdezernenten für Schulturnen in der Behörde für Leibesübungen statt. Da Manne ein guter Turner und Boxer ist, wurde durch geeignete Wahl eines ihm mindestens gleichwertigen Gegners dafür Sorge getragen, dass der Eindruck eines in diesem Falle unter Umständen peinlichen Überlegenseins vermieden wurde. Daher wurde ein geeigneter Mitschüler als Gegner für Manne bestimmt. Ich habe nunmehr angeordnet, dass im Boxunterricht an bremischen Schulen nur Juden gegen Juden anzutreten haben. Sollte in einer Reifeprüfung an einer Schule für einen Juden kein jüdischer Gegner vorhanden sein, so ist ein Jude einer anderen Schule als Gegner zu bestimmen oder der Kampf hat zu unterbleiben. Aus verwandten Gründen ist schon vor einiger Zeit dafür Sorge getragen, dass beim Schwimmunterricht arische Schüler nicht mit Juden zusammenkommen.“56

15 Senator von Hoff, seit März 1933 im Amt, „galt als fanatischer Rassentheoretiker, jedoch ansonsten eher ‚gutartig’ “57. Hier zeigte er eher eine gemäßigte Einstellung.

Ermöglicht wurde dieser „sportpolitische Zwischenfall“ durch in 1937 erschienene neue „Richtlinien für das Fach Leibeserziehung, das, umfassender als das frühere >technische Fach Turnen<, auf fünf Wochenstunden erhöht wurde. Betont wurden Schwimmen, harte Kampfspiele und Boxen.“58

Im Schuljahr 1937 wurden Wahlschulen (mittlere, höhere und Fachschulen) von 34 „Volljuden“, 11 „Mischlingen 1. Grades“ und 7 „Mischlingen 2. Grades“ besucht. In der Pflichtschule (Volksschule) waren es 69 „Volljuden“, 47 „Mischlinge 1. Grades“ und 12 „Mischlinge 2. Grades“.59

Ende 1937 betrug die Zahl der Juden (ohne „Mischlinge“) in Bremen (vermutlich Bremen-Stadt) nach einer Statistik der Geheimen Staatspolizei Staatspolizeistelle Bremen vom 17.1.1938 1.094, 521 männl. und 573 weibl., wovon nur 170 männliche und 47 weibliche Juden der Israelitischen Gemeinde angehört haben sollen. Gegenüber dem 1.1.1937 war das bei der Gesamtzahl der Juden eine Abnahme um 90 Personen60.

Das Adressbuch 1938 zeigt unter der Anschrift Obernstr. 35 neben Manne´s Bijouterielager noch Nordd. Wäschefabrik Karl Korengel sowie Tabe Martin Gemüsehand. Umgezogen nach Obernstr. 53 war Trunkhardt Hans Kondit.

„Nazi – Sorgen“ : (Rundschreiben der Reichswirtschaftskammer Berlin vom 21.1.1938 an ihre Mitglieder mit der Bitte, auch die angeschlossenen Gliederungen zu unterrichten, nachdem wiederholt die Frage gestellt wurde, ob man Schreiben an jüdische Firmen mit dem Gruß „Heil Hitler“ oder mit der Formel „Mit deutschem Gruß“ beenden sollte !!) : „Der Herr Reichs- und Preussische Wirtschaftsminister hat in einem Erlass vom 15. Januar 1938 – IV 50166/37- die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass die Gliederungen der Organisation der gewerblichen Wirtschaft bei ihrem Schriftverkehr mit jüdischen Firmen von dem Gebrauch einer Grußformel ganz absehen sollten.“ 61:

Im März 1938 verließ Norbert M. nach Ablegung der Reifeprüfung das Realgymnasium an der Kaiser Friedrich Straße (formal ab 15.2.1938: Lettow-Vorbeck-Schule, heute: Gymnasium an der Hermann-Böse-Straße). Die Namen aller 39 Abiturienten des Jahrgangs 1938 sind in Gramatzki´s Geschichte der Schule aufgeführt.62 Anschließend und bis zur sogen. „Kristallnacht“ im November 1938 war er im Geschäft des Vaters tätig. In einem Aktenvermerk der Behörde vom 24.9.53 wurde nach dem Krieg folgende Aussage von Norbert M. festgehalten: „... erklärte, dass er 1938 in Bremen noch das Abitur gemacht habe, jedoch an der weiteren Ausbildung infolge der erlassenen Nürnberger Gesetze verhindert gewesen wäre und nicht –wie beabsichtigt- studieren konnte und auch zu keiner anderen Berufsausbildung mehr zugelassen wurde. ...“63

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Das heutige Gymnasium an der Hermann-Böse-Straße, früher Realgymnasium an der Kaiser Friedrich Straße

Am 11. März 1938 marschierten reichsdeutsche Truppen in Österreich ein, am 13.3. wurde der Anschluß proklamiert.

Mit der „Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ vom 26.4.1938 erzwang das Deutsche Reich bis zum 30.6.38 die Erfassung aller jüdischen Vermögensteile über RM 5.000,00 und verschaffte sich damit Informationen, auf denen kommende Eingriffe aufbauten bzw. in die Tat umgesetzt werden konnten.

Willi M. gehörte zu den Top 50 von insgesamt 302 ausgewerteten Vermögens-Meldungen aus Bremen64.

12. Juli 1938 : Von den 52 jüdischen Einzelhandelsgeschäften, die 1933 in Bremen bestanden, sind 8 Geschäfte eingegangen, weitere 11 werden in „arischer“ Hand weiterbetrieben.65

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Ehepaar Manne ca. 1938

Auszug aus dem Stimmungsbericht Monat Juli 1938 No. 1/40 der NSDAP, Kreis Bremen, Holler Allee 79, Kreispropagandaamt vom 5. August 1938: „Leider wird immer wieder in zahlreichen Fällen beobachtet, dass Volksgenossen aus Unkenntnis bei Juden kaufen. Hier in Bremen kommen dafür besonders in Betracht das Damenhutgeschäft „Koopmann“, Sögestr., „Gebr. Hirschfeld“, Obernstr. und „Manne“ Obernstr. Die kürzlich erlassenen Verordnungen der Reichsregierung zur weiteren Eindämmung des jüdischen Einflusses und zur Kenntlichmachung der jüdischen Geschäfte nach dem Vorbild in Österreich sind daher zu begrüssen. Es wird von vielen Volksgenossen nicht verstanden, dass man gerade hier in Bremen gegenüber den Juden so ausserordentlich rücksichtsvoll ist. Notwendig ist, dass nunmehr auch hier in Bremen möglichst bald die jüdischen Geschäfte als solche einwandfrei für jeden Volksgenossen kenntlich gemacht werden.“

Der Regierende Bürgermeister wies das Kreispropagandaamt der NSDAP mit Schreiben vom 12.8.1938 zwar darauf hin, dass es entsprechende Planungen gäbe, jedoch „.... Von dieser Ermächtigung hat der Reichswirtschaftsminister bislang keinen Gebrauch gemacht. Es würde danach gesetzlich nicht zulässig sein, schon jetzt von den jüdischen Gewerbebetrieben eine besondere Kenntlichmachung zu verlangen.“66, ordnete jedoch selbst entsprechende Maßnahmen an. Nach einem Schreiben der Inneren Verwaltung beim Regierenden Bürgermeister an den Polizei-Präsidenten vom 19.9.1938 erging eine Polizeiliche Verfügung vom 20.9.1938. Danach sollten an den Schaufenstern und Eingangstüren gelbe Zettel im Format 16 cm zu 60 cm mit der schwarzen Aufschrift „Jüdisches Geschäft“ angebracht werden. Bei Nichtbefolgung drohte Zwangsgeld in Höhe von RM 500 oder Zwangshaft bis zu 14 Tagen67.

Willy M. erwarb drei der gelben Schilder am 3. Oktober.68 Insgesamt wurden vom 28.9. bis zum 18.11.1938 177 Schilder inkl. 3 „Ersatzschilder“ ausgegeben.

18 Auf Reichsebene wurde die Kennzeichnung jüdischer Gewerbebetriebe nicht mehr in die Tat umgesetzt. Dafür erhielt der Polizeipräsident Bremen ein Schreiben der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg vom 9.11.38 mit der Frage, auf welche gesetzlichen Vorschriften oder sonstige Anordnungen sich die Kennzeichnungspflicht stützt. Der Polizeipräsident Bremen antwortete mit Schreiben vom 15.11.38, dass die Kennzeichnung von dem Herrn Reg. Bürgermeister angeordnet wurde und sich auf allgemeines Polizeirecht stützt69. Eindeutig ist hier nicht nur der offensichtliche Bremer Alleingang, sondern auch das Beispiel der örtlichen NSDAP Propaganda-Hetze an diesem und am Beispiel der Boxkünste von Norbert Manne, die –ebenso wie andere eingesehene „Stimmungsberichte“- verdeutlicht, wie zielgerichtet wenige Partei-Mitglieder innerhalb der Nazi-Maschinerie das Schreckens-System steuern, ausbauen und kontrollieren konnten.

17.8.1938 : Die „Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen" verlangte von den jüdischen Mitbürgern die ergänzenden Vornamen Israel und Sara.

Mit dem „Münchener Abkommen“ vom 29. Sept. 1938 akzeptierten Großbritannien, Frankreich und Italien die Räumung und Abtretung an Deutschland der Randgebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens. Am 1. Oktober folgte der Einmarsch deutscher Truppen in´s Sudetenland.

29. Sept. 1938 : Schließung des ( jüdischen, in der Obernstrasse 41/43, d. Verf.) Damen- Mäntelgeschäfts Gebr. Hirschfeld. Wiedereröffnung am 1. Oktober 1938 unter der Firma Thedieck & Co. K.G.70

Am 10.10.1938 verkaufte Isidor Keller, Schwager von Luzi und Willy Manne, das Warenlager und Inventar seines Unternehmens Spitzenhaus Keller, Sögestrasse 29. Die Übergabe wurde für den 22.10.38 vereinbart 71. Die Verkaufsverhandlungen hierzu begannen spätestens am 8.9.1938.72

Kurz darauf, am 26.10.1938, verkaufte W. Manne seine Immobilie Obernstr. 35 / Gr. Hundestr. 40 an Friedrich Wilhelm Schulte, Bremen. Es handelte sich um einen „freihändigen Verkauf“ unter Beteiligung des Häusermaklers Friedrich Helmken73. Die Lieferung war zum 2.1.1939 vorgesehen, allerdings vorbehaltlich der vielfachen behördlicherseits vorgegebenen Kontroll-Instanzen wie a) Genehmigung durch die Preisbildungs- und Überwachungsstelle Bremen, b) Genehmigung der Devisenkontrolle Bremen, c) Vorlage der nach § 189 b der Reichsabgabenordnung erforderlichen Bescheinigung des Finanzamtes, d) Genehmigung des Regierenden Bürgermeisters –Innere Verwaltung- nach § 1 der Anordnung aufgrund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26.4.1938. Das Katasteramt bewertete den Kaufpreis am 7.1.1939 als „eher zu niedrig als zu hoch“ und sah den Wert allein in der Lage des Grundstücks („neben Cords liegenden Grundstücks..“)74. (Cords: vorher Heymann & Neumann, heute westlicher Teil von , d. Verf.).

29. Okt. 1938 : Die (jüdische, d. Verf.) Firma Eduard Koopmann & Co., Sögestraße 31/33, Spezialgeschäft für Hüte, Putz und Pelze, wird von der Firma Ristedt übernommen.75

In Paris verübte am 7.11.1938 der 17jährige Jude Herschel Grünspan aus Rache für das seinen Eltern widerfahrene Unrecht durch den Ostjudentransport ein Attentat auf den deutschen Gesandschaftsrat Ernst vom Rath. Dieses Ereignis nahm NS-Propagandaminister Goebbels zum Anlass einer Hetzrede gegen die Juden während der jährlichen NSDAP-Feier am Abend des 9. November für die 1923 beim Hitler- Putsch in München Umgekommenen („Marsch auf die Feldherrenhalle“) und teilte den anwesenden Parteiführern mit, „.. dass es in einigen Orten judenfeindliche Kundgebungen gegeben

19 habe, jüdische Geschäfte zerstört und Synagogen in Brand gesetzt worden seien. Hitler habe sich gegen Vorbereitung und Organisation solcher Demonstrationen entschieden, bei spontaner Entstehung jedoch solle man nicht entgegentreten“.76 Die Interpretation dieser Worte durch die Anwesenden hatte die bekannten verheerenden Folgen. Der in München anwesende Regierende Bürgermeister von Bremen Heinrich Böhmcker, Führer der SA-Gruppe Nordsee, gab entsprechende Befehle nach Bremen.

In der Nacht zum 10. November wurde die Synagoge in der Gartenstrasse in Asche gelegt und das daneben liegende Gemeindehaus, das Rosenak-Haus, ebenso wie das Jüdische Altersheim verwüstet und ausgeräumt. Anschließend wurden die Schaufensterscheiben der jüdischen Geschäfte eingeschlagen, Geschäftseinrichtungen zertrümmert, Waren beschädigt und vernichtet, Menschen gemordet. „SA-Posten werden vor den Schaufenstern aufgestellt, um die Auslagen und die Bestände vor unbefugtem Zugriff zu sichern. Als dann am Donnerstag morgen die Geschäftszeit begann, war ganze Arbeit geleistet. Die Scheiben aller jüdischen Geschäfte waren zertrümmert und die in Bremen lebenden männlichen Juden größtenteils in Schutzhaft genommen.“77 Aus der privaten Garage in der Hohenlohestrasse entwendeten SA-Leute in der „Kristallnacht“ Manne´s FIAT-Limousine78. Das Auto, Modell 1500, 42 PS, 6 Zyl., 4-türig zum Preis von RM 4.800 plus ca. RM 400 für Zubehör wurde Ende ´37/Anf. ´38 bei Franz Böhm, Bremen, gekauft.79 RA Leffler zitierte seinen Klienten Norbert M. im Schreiben vom 28.5.1954 : „Die einzig grössere Fahrt, die wir mit dem Wagen unternommen hatten, war eine Italienreise bis Florenz ...“80. Die Geldausgabe für das neue Auto und die Reise deuten eine gewisse Sorglosigkeit zumindest noch für diesen Zeitraum an.

Sohn Norbert Manne führte in seiner Eidesstattlichen Erklärung vom 8.10.1952 zur Pogromnacht aus: „... wurde das von meinem Vater Willi Manne in seinem Grundstueck Bremen, Obernstrasse 35 betriebene sehr grosse und renommierte Lederwaren-, Bijouterie- und Geschenkartikelgeschäft von einer Gruppe von SA-Leuten ueberfallen und ausgepluendert. Was nicht niet- und nagelfest war, wurde auf Autolastwagen geladen und fortgefuehrt. Die SA-Leute hausten in dem Geschaeft wie Vandalen. Was sie nicht mitnehmen konnten, wurde mit Axten zerschlagen. Das Warenlager wurde fast restlos ausgeraubt. Meine Angaben ...... stuetzen sich auf eingehende Berichte meines spaeter deportierten und ermordeten Vaters ...... “81

Über den äusseren Zustand des Manne-Geschäfts in der Obernstrasse 35 nach der „Kristallnacht“ machten 3 frühere Mitarbeiterinnen 1954 Aussagen vor dem Landgericht Bremen. Frau Anna Heddenhausen, geb. Krüger, 60 Jahre alt : „...Ich habe mir das Geschäft von Manne etwa 1 oder 2 Tage nach der Kristallnacht angesehen. Hineingehen konnte ich nicht, weil der Laden dicht gemacht war. Ich glaube, die Türen waren vernagelt und wohl auch die Rückwand des Schaufensters war irgendwie mit Brettern zugemacht. Im Schaufenster war keine Ware vorhanden; wo die Ware geblieben ist, kann ich nicht sagen. Ich habe damals auch mit keinem darüber gesprochen. In den Laden konnte ich nicht genau hineinsehen, weil es ziemlich dunkel war. Ware habe ich im Laden nicht erkennen können. Ich konnte ausmachen, dass die Einrichtung ziemlich demoliert war. Ware habe ich im Laden nicht erkennen können. Die Keller habe ich gleichfalls nicht gesehen....“82 Frau Anna Lührssen, geb. Fahrenberg, 47 Jahre alt, gab zu Protokoll: „... Ich hatte von den Vorgängen gehört und war interessiert, wie es um das Mannesche Geschäft stände. Ich ging daher sogleich am 9. November morgens hin (gemeint ist der 10. November, d. Verf.) Es standen ein oder zwei SA-Posten vor der Tür. Das Schaufenster bot einen Anblick der Zerstörung, es war ein wildes Durcheinander. Ich war sehr aufgeregt darüber und es kam mir auch unheimlich vor. Ob Ware im Schaufenster lag, erinnere ich nicht mehr. In das Innere des Ladens habe ich vor Aufregung auch nicht gesehen. Ich bekam einen grossen Schrecken, als mir jemand die

20 Hand auf die Schulter legte, und fing an zu weinen. Dann lief ich weg. Nachher bin ich nicht mehr zum Geschäft gegangen.“83

Frau Amalie Schumacher, geb. Fahrenberg, 39 Jahre alt, Witwe, machte folgende Aussage: „Ich war von 1928 – 1936 ständig Verkäuferin bei der Firma Manne. Später war ich noch aushilfsweise hin und wieder dort tätig, und zwar bis zum Schluss. Ich war am Morgen unmittelbar nach der Kristallnacht zum Manne´schen Laden gegangen. Es standen zwei SA-Posten vor der Tür. Ich war ziemlich aufgeregt. Die Schaufensterscheiben waren zertrümmert; auch im Schaufenster war alles zerstört, es lag auch noch Ware im Schaufenster. Ob Ware davon fehlte, weiss ich nicht. In das Innere des Ladens habe ich nicht sehen können. Ich kann insbesondere nicht sagen, ob noch Ware im Laden vorhanden war. Ich habe auch später nichts darüber gehört, wo die Ware abgeblieben ist.“84

Eine entfernte Verwandte („eine Schwester meines Mannes war mit dem Bruder der Grossmutter des Antragstellers ((Norbert M., d. Verf.)) verheiratet“), Frau Mary Herzberg, geb. Schlüter, geb. am 30.6.1890, gab 1954 an: „Am Morgen nach der Kristallnacht ging ich zunächst zu unserem Geschäft. Dort wurde mir der Eintritt verwehrt. Anschliessend ging ich durch die Stadt, um zu sehen, wie es den anderen jüdischen Geschäften ergangen war. Als ich zu dem Geschäft von Manne kam, stand ein geschlossener Möbelwagen vor der Tür, SA-Leute trugen Kristallsachen und andere Waren aus dem Geschäft in den Möbelwagen. Es standen sehr viele Menschen aus Neugierde herum, so dass ich nicht ganz nahe herangehen konnte. Ich habe daher nicht sehen können, wie viele Waren in dem Möbelwagen schon drin waren. Ich habe mich auch nicht lange dort aufgehalten, weil ich sehr aufgeregt war.“85

Die 3 früheren langjährigen Mitarbeiterinnen, die jeweils aushilfsweise bis zum Schluss bei Manne beschäftigt waren, gaben auch ausführliche Beschreibungen der Ladeneinrichtung und –Ausstattung ab. Den im Geschäft jeweils vorgehaltenen Warenbestand bezifferten sie mit RM 240.020,50 zu Verkaufspreisen. Frau Heddenhausen erklärte ergänzend „.. Soviel ich weiß, stand die gesamte Ware in Herrn Mannes Eigentum. Kommissionsware war nicht vorhanden. Im Manne´schen Geschäft waren durchschnittlich 6 Verkäuferinnen beschäftigt, ferner 2 Lehrmädchen und eine Kontoristin. Herr Manne war meistens selbst im Geschäft, hin und wieder wurde er von seiner Frau abgelöst. Das Geschäft ging sehr gut. Zeitweise – vor den Festtagen usw. – waren noch mehr Verkäuferinnen tätig, mitunter sogar 12.“86

Die Bremer Bürgerzeitung vom 15.4.1961 zitierte aus der „Bremer Zeitung“ vom 11. November 1938 über die Kristallnacht: „Kundgebungen, in deren Verlauf die Schaufensterscheiben in Trümmer gingen, spielten sich vor allem vor dem Bijouteriegeschäft Manne, dem Putzgeschäft Meyer, dem Handarbeitsgeschäft Ostro, dem Juwelierladen Fischbein, dem Konfektionsgeschäft Adler, dem Modegeschäft Steinberg, den Konfektionsgeschäften Alexander und Neben und anderen größeren jüdischen Geschäften auf der Obern-, Hutfilter-, Faulen- und anderen Strassen der Innen- und Vorstadtgebiete ab. .... Der Möglichkeit, dass die Volkswut sich auch der Juden persönlich bemächtigte, wurde vorgebeugt. Noch in der gleichen Nacht wurden die Juden aus ihren Wohnungen geholt und in Schutzhaft genommen. .... Den ganzen gestrigen Tag über sammelten sich große Menschenmengen vor den Geschäften an, an denen die Zerstörungen sichtbar waren und in denen Plakate hingen, deren Text den Abscheu gegen die Mordtat von Paris und ihre jüdischen Hintermänner unmissverständlich zum Ausdruck brachte. Der Andrang wurde gegen die Spätnachmittagsstunden so stark, dass zwischen Markt und Brill die Hauptstraße vorübergehend gesperrt werden musste. ...“87

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Zu den in der Nacht / am frühen Morgen des 10. November 1938 Festgenommenen und zur Sammelstelle Altes Gymnasium gebrachten jüdischen Mitbürgern gehörten auch Willy und Norbert Manne. Die Gestapo führte in beiden Fällen als Grund für die Festnahme „wegen pol. Schutzhaft“ an.88 Penibel genau wurden seitens des 2. Pol.-Revier im „Verzeichnis der Gelder und Sachen“ notiert, was man den „wegen Sonderaktion Gestapo“ Festgenommenen abnahm. Bei Willy waren dies´ persönliche Kleinteile, bei Norbert handelte es sich dabei neben 70 Pfg. in bar sowie einer goldenen Uhr bemerkenswerterweise (?) um einen „Koffer mit Oberhemden und Wäsche, Rasierzeug, Waschgarnitur u. Kleinigkeiten“.89

Der Schulhof des Alten Gymnasium in einer Aufnahme von 2004

Nach mehrstündigem Warten auf dem Schulhof des Alten Gymnasium, und nachdem die ebenfalls festgenommenen Jüdinnen wieder nach Hause geschickt waren, wurde der Zug von mehr als 160 Personen in das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen geführt. Über die genaue Wegstrecke liegen unterschiedliche Aussagen vor. Die Bremer Bürgerzeitung vom 15.4.1961 zitierte aus einem Manuskript mit Erinnerungen des langjährigen Bremer Rabbiners Dr. Felix Aber : „...wurden wir am Vormittag vom Marktplatz durch die Obern- und Faulenstraße, Utbremen und Gröpelingen nach Oslebshausen geführt. Die nationalsozialistischen Anstifter hatten gehofft, dass wir von der Bevölkerung mit Schmähungen und Verunglimpfungen überhäuft werden würden. Doch dann wurden sie enttäuscht. Wir schritten durch eine schweigende Stadt...“90. Max Markreich, langjähriger 1. Vorsteher der Israelitischen Gemeinde und selbst dabei, schreibt: „... führten die Nazis den Zug an der abgebrannten Synagoge vorbei durch die kleinen Gassen der Altstadt zur Ostertorstraße und zum Wall, wo vor dem Gestapogebäude haltgemacht wurde. Dann ging der Marsch weiter über den Wall, durch eine Anzahl Hauptstrassen, über die Waller und Gröpelinger Heerstraße...“.91

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„Wir schritten durch eine schweigende Stadt“

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Eine maschinengeschriebene Liste mit dem Titel „Am 10. November 1938 in das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen eingelieferte Juden“ führt von No. 1 bis No. 162 die Namen einschl. der Geburtstage und Anschriften der Häftlinge auf. Willy Manne wird als 8., Norbert als 160. aufgeführt, die Verwandten Isidor Keller und dessen Sohn Harry als No. 38 und No. 158.92

Im Hof des Zuchthauses Bremen-Oslebshausen

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In Markreich´s Bericht erfahren wir auch, wie es den Festgenommenen weiterhin erging: „Einige der ““in Schutzhaft Genommenen““ wurden in Zellen, die meisten in einem großen Schlafsaal untergebracht. Am Freitag Vormittag (dem 11. November, d.Verf.) wurden –nach Ausscheidung einiger ärztlich für krank befundenen Personen- alle übrigen mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof und in einem Extrazug unter Aufsicht des Gestapochefs und mehrerer Gestapoleute nach Oranienburg bei Berlin befördert. Von da aus Gewaltmarsch zum Konzentrationslager Sachsenhausen, Aufstellung in Gruppen und geduldiges Ausharren (mit Eß- und Sprechverbot) bis zum Dunkelwerden. Sehr spät, zu einer Zeit, wenn sonst längst der Eintritt des Sabbaths gefeiert war, Abmarsch zu den Baracken ...... Sonnabend früh gegen 4 Uhr (man vergaß den Begriff der Zeit): Aufstehen, Waschen in primitiven Wasch- und noch primitiveren Toilettengelegenheiten, Abliefern der Strohsäcke und Decken, Essenfassen, Antreten vor der Baracke, dann großer Aufmarsch der sämtlichen Lagerinsassen zur KZ-Leitung, Abzählen, Vortrag einiger Lieder der Gesangsabteilung, Auswahl von Leuten zur Abkommandierung nach verschiedenen Arbeitsstellen, Verlesung der Namen derjenigen Insassen, welche zur Entlassung kamen. In dieser Weise wiederholte es sich täglich mit Ausnahme des Sonntags. Zivilanzüge und Unterzeug waren gegen Anstaltszeug umzutauschen. Gleich den anderen Gruppen bekamen die Juden ein besonderes Zeichen auf die linke Seite des Rockes aufgenäht, in ihrem Fall den Davidstern...... Um aus den Konzentrationslagern entlassen zu werden, war es notwendig, der Geheimen Staatspolizei den Nachweis zu erbringen, dass eine baldige Auswanderung aus Deutschland möglich sei. Sobald solche Meldungen bei dem Lagerleiter eingetroffen waren, gelangten die Namen beim Frühappell zur Verlesung und die Entlassung pflegte, nach Erledigung der nötigen Formalitäten, gruppenweise zu erfolgen. Nach Bremen kehrten die ersten Trupps Anfang Dezember zurück.“93

Norbert M. entging dem KZ Sachsenhausen : “Mein Vater und ich wurden bei der Aktion vom 9. Nov. 1938 durch die Gestapo verhaftet, und während mein Vater in das KZ Oranienburg überführt wurde (gemeint ist das KZ im Ortsteil Sachsenhausen, d. Verf.), gelang es mir nach kurzer Inhaftierung wieder frei zu kommen und wenige Tage danach nach Montevideo (Uruguay) auszuwandern . ...“94 Das KZ wird ihm erspart geblieben sein, weil die Ausreise zu dem Zeitpunkt sicherlich fest stand und entsprechend belegt werden konnte. Wann Willy M. aus Sachsenhausen nach Bremen zurückkehrte, konnte nicht ermittelt werden. Es wird jedoch vor dem 1. Dezember gewesen sein, dem Datum des Kaufvertrages, mit welchem er seine Immobilie Hohenlohestrasse veräußerte.

Am 12. November 1938 wurde u.a. die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ verkündet, am 23.11. die dazu gehörigen Durchführungsbestimmungen, mithilfe derer im Dezember Manne´s Bijouterielager, Obernstr. 35, endgültig abgewickelt werden sollte.95

Am 17. November 1938 reisten Norbert M. und sein Cousin Harry Keller nach Montevideo aus.96 Es ist nicht bekannt, wann diese Flucht geplant wurde, und wie sie im Einzelnen aussah.

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Eine fromme Mitgift für eine schicksalshafte Reise : Die Widmung der Mutter für ihren Sohn Bertl in einem Gebetbuch der Israeliten.

Eine Aufnahme von Norbert vom Juli 1940 in Montevideo

26 Willy M. verkaufte am 1.12.1938 seine Immobilie Hohenlohestrasse No. 7 an die in Bremen wohnende amerikanische Staatsbürgerin Hildegard Nagel geb. Zorn. Vereinbart wurde die Lieferung zum 1.1.1939 „mit der Maßgabe, dass der Verkäufer die von ihm jetzt benutzte Wohnung bis zum 10.1.39 unentgeltlich nutzen kann.“97 Lt. Einwohner-Meldekartei wohnte Ehepaar Manne in der Hohenlohestr. 7 jedoch bis zum 12.9.1940. Der verlängerte Aufenthalt mag ein Hinweis auf „besondere Vereinbarungen“ oder ein „besonderes Verhältnis“ zu der Käuferin bzw. deren den Kauf finanzierenden amerikanischen Eltern sein. Nach Überlieferungen seitens der Enkelgeneration der Käufer-Seite blieben Manne´s vorerst noch eine Zeit lang in ihren Räumen im Erdgeschoß wohnen, während die Käuferin mit ihrer Familie in den oberen Räumen wohnte. Auch leisteten Mannes ihnen Babysitter-Dienste. Des weiteren war das Mietverhältnis mit Herrn Dr. Leon Schapiera von der Käuferin zu übernehmen. Dieser zog jedoch am 1.4.39 aus 98. Willy M.´s Notar beantragte die Genehmigung des Vertrages am 7.12.1938 und bat bereits mit weiterem Schreiben vom 22.12.38 an den Reg. Bürgermeister um alsbaldige Entscheidung, denn „der Verkäufer Manne, der Jude ist und Anfang Januar 1939 auswandern will, ist dringend auf den Kaufpreis angewiesen.“99 Die Genehmigung des Oberfinanzpräsidenten/Devisenstelle wurde am 20.1.39 unter der Auflage, dass der Verkaufserlös auf ein neu zu errichtendes Konto einzuzahlen ist, über das nur mit Genehmigung der Devisenstelle verfügt werden darf, erteilt. Der Reg.Bürgermeister/Innere Verwaltung erteilte am 27.1.39 Genehmigung nach § 8 Abs. 1 der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3.12.1938.100

Die „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens“ vom 3.12.1938 war die Ergänzung zur „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ vom 26.4.1938. Nach den neuen Vorschriften konnten die Behörden nunmehr jüdische Gewerbetreibende jederzeit zur Veräußerung oder Auflösung Ihres Betriebes/Haus-Grundbesitzes auffordern, der Erwerb von Juwelen, Schmuck, Kunstgegenständen wurde verboten.101

Zur Abwicklung des zerstörten und beraubten Geschäfts in der Obernstrasse 35 benannte die Einzelhandelsabteilung der Industrie- und Handelskammer Bremen am 3.12.38 gegenüber dem Polizeipräsidenten den Syndikus W. Ellermann, General Ludendorffstr. 72 (heute Bürgermeister Smidt Strasse) als „Abwickler“ für u.a. Manne, Willy, Obernstr. 53 (sic, d.Verf.), berief des weiteren am 5.Dezember D. Knigge i.Fa. Louis Knigge, Sögestr. 43, und Wilhelm Meyer i.Fa. Wilhelm Fr. Meyer, Ostertorsteinweg 78, zu „Bewertern“ und bat darum, sich beschleunigt mit dem amtlich bestellten Abwickler für Manne´s Bijouterielager, Obernstr. 53 in Verbindung zu setzen.102

Die endgültige Auflösung von Manne´s Bijouterielager in Obernstr. 35, wiederhole: No.35, vom Dezember 1938 wird im Beschluss der 1. Wiedergutmachungskammer des Landgerichts Bremen vom 3.11.1954 beschrieben : „Der Kaufmann Willi M a n n e betrieb in Bremen ein Lederwaren-, Bijouterie- und Geschenkartikel-Geschäft. Da er jüdischer Abstammung war, wurde er in der Pogromnacht vom 9./10.November 1938 verhaftet. Zur gleichen Zeit zertrümmerte die SA die Schaufenster seines Geschäfts und demolierte auch einen Teil der Ladeneinrichtung. Am folgenden Tage schaffte sie einen Teil der im Geschäft befindlichen Waren beiseite. Ihr Verbleib hat sich nicht mehr feststellen lassen. Herr Manne kam in ein K.Z.-Lager. Wenige Tage später erging am 12.11.1938 die Verordnung des Reichsbeauftragten für den Vierjahresplan zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben. Ihr folgte am 23.11.1938 die entsprechende Durchführungsverordnung. In ihr (§ 1) bestimmte die Reichsregierung, dass die Einzelhandelsverkaufsstellen von Juden grundsätzlich aufzulösen und abzuwickeln seien. Über die Art der Abwicklung stellte sie in § 2 ganz bestimmte Richtlinien auf. So heisst es dort z.B., dass der Verkauf von Ware an letzte Verbraucher unzulässig

27 sei. Alle Waren seien zunächst der zuständigen Fachgruppe oder Zweckvereinigung oder deren bezirklichen oder fachlichen Untergliederungen anzubieten. Die Bestimmung des § 3 sieht vor, dass für die Abwicklung ein Abwickler bestellt werden kann. In Durchführung dieser Verordnung bestellte der Bremer Polizeipräsident zu einem solchen Abwickler für das Geschäft des Kaufmanns Willi Manne den Zeugen Ellermann. Dieser setzte sich mit dem Zeugen Klöfkorn in Verbindung. Sie nahmen, zusammen mit noch einigen Vertretern des Grosshandels „Keramik- und Haushaltswaren, eine sehr grobe Schätzung des Wertes des Lagers vor. Anschliessend verkaufte Herr Ellermann das Lager an Herrn Klöfkorn. Dabei setzte er ihm zur Räumung eine kurze Frist. Der Zeuge Klöfkorn führte den Weiterverkauf zunächst in dem Manne´schen Laden durch. Da er sehr schnell vor sich gehen musste, wurden die Sachen „ziemlich verschleudert“. Etwa ein Drittel der Ware konnte nicht innerhalb der Frist verkauft werden. Diese liess Herr Klöfkorn in die eigenen Geschäftsräume bringen, wo er sie dann nach und nach verkaufte. Trotz der „„Schleuderpreise““ lag der von Herrn Klöfkorn an Herrn Ellermann gezahlte Preis noch unter dem von Herrn Klöfkorn erzielten Erlös.- Mit dem Verkauf des vorgefundenen Geschäftsinventars beauftragte Herr Ellermann den inzwischen verstorbenen Versteigerer Seuss. Nachdem Herr Ellermann das Geschäft des Herrn Willi Manne derart aufgelöst hatte, rechnete er dem Polizeipräsidenten gegenüber ab. Anschliessend überwies er den nach Abzug aller Schulden und Unkosten verbliebenen Erlös auf ein für Herrn Manne angelegtes Sperrkonto. Durch Verfügung des Reichsstatthalters in Oldenburg und Bremen wurde das gesamte Vermögen des Kaufmanns Willi Manne im Herbst 1941 zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen. Herr Manne wurde nach dem Osten deportiert; er ....“103

9. Dezember 1938 : Von den 33 jüdischen Geschäften, die Mitte Juli 1938 noch bestanden, sollen 24 aufgelöst werden. Die restlichen 9 Geschäfte dagegen sind „auf Grund des Vorhandenseins eines volkswirtschaftlichen Bedürfnisses in arische Hände überführt worden“.104

Am 9.12.1938 verkaufte Willi Manne´s Schwager Isidor Keller seine Immobilie in der Richard Wagner Str. 21.105

Das Bremer Adressbuch für 1939 zeigt unter der Anschrift Hohenlohestr. 7 noch Willi Manne Inh. der Fa. Manne´s Bijouterielager sowie seinen Mieter Dr. Schapiera, unter der Anschrift Obernstr. 35 neben Manne´s Bijouterielager noch Nordd. Wäschefabrik Karl Korengel sowie Tabe Martin Gemüsehand.

JAHRESBERICHT DER KAMMER FÜR KLEINHANDEL : Der „Bericht der Einzelhandelsabteilung der Industrie- und Handelskammer Bremen für das Jahr 1938“ wurde der Behörde für Schifffahrt, Handel und Gewerbe am 7.1.39 als Entwurf (sic!) überreicht, da frühere Berichte seitens des Senats als „zu widerspruchsvoll, weit über das erlaubte Maß hinausgehende Kritik an Maßnahmen der Reichsregierung enthalten, im ganzen auch von bedenklichem Pessimismus getragen seien.“ kritisiert wurden.106

Am 13.1.1939 wurde für Norbert M. ein Ausweis der Polizeibehörde Montevideo ausgestellt.107

Die zum 1.1.39 gesetzlich vorgesehenen Vornamensergänzungen Israel und Sara wurden Willy und Luzi Manne am 23.1.39 zugeordnet. Eine ergänzende Eintragung auf der Meldekartei lautet für beide „4 Großelternteile Jude“.108 Dieser Eintrag bezog sich auf die „Nürnberger Gesetze“ von 1935, wonach sogenannter „Volljude“ war, wer von mindestens drei volljüdischen Großeltern abstammte.109 Im Mellricher Geburtenbuch wurde die Namensergänzung für Luzi am 9.1.39 eingetragen, am 16.11.1945 wurde sie dort als unwirksam vermerkt.110

28 Die "Dritte Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden" vom 21.2.39 verlangte innerhalb von 2 Wochen die Zwangs-Ablieferung (Ankauf zu Schleuderpreisen) von Gegenständen aus Gold, Platin oder Silber sowie Edelsteine und Perlen an die "Ankaufstelle für Juwelen, Schmuck und Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz".111

15. März 1939 : Einmarsch der deutschen Truppen in Böhmen und Mähren, Schaffung des Reichsprotektorats.

Der zwangsweisen Auflösung des Manne Geschäfts durch das NS-Regime folgte zum 15.3.1939 die amtlicherseits vorgenommene Löschung des Handelsregister-Eintrags der Firma Manne´s Bijouterielager Inh. Willi Manne. Damit wurden innerhalb von 3 Monaten alle äußeren Spuren eines erfolgreichen Unternehmens gelöscht, welches 25 Jahre vorher gegründet wurde und selbst äußerst schwierige Zeiten wie die Jahre der Weltwirtschaftskrise erfolgreich meisterte.

Am 16.3.39 wurden an Willy und Luzi M. (vermutlich) Kennkarten ausgegeben112, nachdem die „Dritte Bekanntmachung über den Kennkartenzwang“ vom 23.7.38 bestimmte, dass Juden solche bis zum 31.12.38 unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Jude zu beantragen hatten. Bei Anträgen, die sie an amtliche Stellen richteten, hatten sie unaufgefordert auf ihre Eigenschaft als Jude hinzuweisen sowie Kennort und –nummer ihrer Kennkarte anzugeben.113

Das am 23.2.39 durch die Fa. Neukirch von der Richard Wagner Strasse abgeholte Umzugsgut der Familie Isidor Keller wurde am 23. März in 2 Liftvans verpackt, markiert FWN-No. 1123/1-2. Diese sollten nach Zwischen-Lagerung auf Abruf nach Montevideo verschifft werden. „Nach Ausbruch des Krieges“ beauftragte Herr I. Keller Firma Neukirch jedoch, seine Liftvans nach Antwerpen zu verschicken, was am 14.3.40 geschah (wenige Wochen vor der Besetzung durch deutsche Truppen).114 Ein vergleichbarer Zeitplan ist für das Manne-Umzugsgut aus den eingesehenen Akten nicht ersichtlich. Die Kennzeichnung der Manne Liftvans FWN-No. 1143/1-2 lässt jedoch vermuten, dass diese zeitnah bewegt wurden. Ein Schreiben der Fa. Neukirch an Norbert M. vom 5.11.1953 bestätigt jedoch, dass auch die Manne-Effekten ursprünglich für Montevideo bestimmt waren.115 Die umfangreiche Aktenlage mit Ermittlungen bis in die 50er Jahre ist unscharf/widersprüchlich, was das Schicksal insbesondere der Manne Liftvans betrifft. Anzunehmen ist, dass beide Sendungen auf Anweisung von Keller/Manne von Antwerpen zurück nach Bremen gingen, hier zumindest in einem Fall von Herrn I. Keller in Empfang genommen und Beraubung festgestellt wurde, der restliche Kisteninhalt von der Gestapo beschlagnahmt und später freihändig öffentlich versteigert wurde.116 Der Oberfinanzpräsident schrieb in Sachen Manne am 26.7.1948 an die Israel. Gemeinde von einem Erlös des Gerichtsvollziehers Rötsch aus „freihändig verkauften Sachen“ von RM 196,80 und vermutete, „ ..dabei kann es sich eigentlich nur um Verkauf aus Effekten handeln.“117

Luzi M.´s Mutter Adelheid Adler, die –spätestens- seit Sommer 1938 im Hause Ihrer Tochter Paula Keller in der Richard Wagner Str.21 wohnte, wanderte nach Angabe des Käufers des Hauses 1939 nach England aus.118 Am 30.4.1939 wurde der Mieterschutz für jüdische Mieter durch das „Gesetz über die Mietverhältnisse mit Juden“ aufgehoben.119 Während Manne´s noch wenigstens bis September 1940 in ihrer früheren Immobilie wohnen konnten, hieß es für viele andere, mit jeder Unterschlupfmöglichkeit zufrieden sein zu müssen. Daraus entwickelte sich u.a. auch die Situation, daß in noch im jüdischen Besitz befindliche oder aber schon verkaufte, aber noch von den ehemaligen jüdischen Besitzern bewohnte Häuser, wohnungslose Juden eingewiesen wurden. In solchen „Judenhäusern“ waren die Bewohner auf engstem Raum zusammengepfercht.120

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Die Volkszählung vom 17. Mai 1939 ergab die Zahl von 684 Juden in Bremen-Stadt, davon 324 männlich und 360 weiblich. Das bedeutete einen Anteil von nur noch 0,2 % an der Gesamtbevölkerung, einer Halbierung gegenüber Juni 1933.121

Am 1. September 1939 begann der II.Weltkrieg mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen.

Aufgrund der „Anordnung der örtlichen Polizeistellen über die Ablieferung der Rundfunkgeräte durch Juden“ vom 23.9.39 wurden diese entschädigungslos eingezogen. Entsprechend lautete ein Lagebericht der Gestapo vom 8.2.40 : „Die noch in Bremen verbliebenen Juden wurden unter scharfe Kontrolle gestellt und ihnen u.a. die Möglichkeit genommen, Rundfunkdarbietungen abzuhören. Sämtliche im Besitz von Juden befindlichen Rundfunkgeräte wurden eingezogen.“122

Am 23. Oktober 1939 verstarb in Hannover Willy Manne´s Mutter Rebecca. Sein Vater Samuel folgte seiner Frau kurz darauf am 16. Dezember.123

Einer handschriftlichen Eintragung auf der Einwohner-Meldekartei zufolge erhielten Mannes am 11. Dezember 1939 (vermutlich) Reisepässe ausgehändigt124. Wann diese beantragt wurden, und ob und inwieweit eine möglicherweise verzögerte Ausgabe Grund dafür ist, dass ursprünglich geplante Auswanderungabsichten später nicht mehr realisiert werden konnten, muss offen bleiben. Die Reichsstelle für das Auswanderungswesen, Berlin, schrieb am 25.4.1939 unter dem Betreff „Auswanderung im zweiten Kalenderhalbjahr 1938“ u.a. „Die Inanspruchnahme der 12 größeren öffentlichen Auswandererberatungsstellen .... weist im 2. Kalenderhalbjahr 1938 nochmals eine Verdoppelung auf. Diese gewaltige Arbeitsmehrung ist ausschließlich auf den gestiegenen Auswanderungsdrang der Juden aus Deutschland zurückzuführen, die neben der Einholung von Auskünften über ihre zukünftigen Zielländer sich bei den öffentlichen Auswandererberatungsstellen auch eine Bescheinigung zur Erlangung eines Reisepasses mit Gültigkeit für das Ausland zum Zwecke der Auswanderung oder ihrer Vorbereitung erwirken mussten. .... Im 2. Kalenderhalbjahr 1938 sind über 50ooo Bescheinigungen an Juden zum Zwecke der Erlangung eines Passes ausgestellt worden. Tausende von Anträgen mussten, da auswanderungsreife Pläne von den Juden nicht nachgewiesen werden konnten, abgelehnt oder zurückgestellt werden. Die Gesamtzahl der Ratsuchenden ist von ..... auf 112 513 im 2. Kalenderhalbjahr 1938 = um über 94 v.H. gestiegen. ...“125

Das Bremer Adressbuch für 1940 zeigt unter der Anschrift Hohenlohestr. 7 die Einträge Manne Willi, Nagel Rudolf Zahlmeister (Ehemann der Käuferin, im ´39 Adr. Buch noch eingetragen unter Richthofenstr.16) und Schönheim Erich Vertreter, unter Obernstr. 35 Schulte Wilh. Luxus und Bedarf, den neuen Eigentümer der Immobilie.

2 Monate vor dem deutschen Angriff auf Benelux/Frankreich erfolgt am 14.3.1940 der Versand der Keller-Liftvans (auch der Manne-Liftvans ?) nach Antwerpen, beauftragt von Herrn Isidor Keller „nach Kriegsausbruch“. Wann genau die später von Herrn Keller zurückbeorderten Kisten wieder in Bremen eintrafen und von ihm in Empfang genommen wurden, ist unbekannt/nicht mehr feststellbar. (Siehe auch Notiz zum 23.3.1939)126

Am 18. Mai 1940 erfolgte der erste Luftangriff auf Bremen.127

Lt. Eintrag in die Bremer Meldekartei zogen Manne´s, vermutlich zwangsweise, am 12.9.1940 von Hohenlohestr. 7 nach Rembrandtstr. 25 in ein sogen. „Judenhaus“ 128.

30 Zum 29.9.41 zogen auch Manne´s Verwandte Keller in dieses Haus, nachdem sie zwischenzeitlich ab Juli 1939 im sogen. „Judenhaus“ General Ludendorff-Str. 27 (heute: Bürgermeister Smidt Str.) wohnten 129. In diesem ursprünglich als Einfamilienhaus gebauten „Judenhaus“ wohnten zeitweise bis zu 19 jüdische Bremer 130.

Das Bremer Adressbuch 1941 verzeichnet keinen Willi Manne mehr, weder in der Hohenlohestr. noch in der Rembrandtstr.

22.6.1941 : Deutscher Angriff auf die Sowjetunion. Am 28.6. wurde die weissrussische Stadt Minsk von deutschen Truppen besetzt und zu 80% verwüstet.131

Mitte Sept. 1941 trat die „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ vom 1.9.41 in Kraft, welche alle Juden über 6 Jahre verpflichtete, ständig einen gelben Stern auf der Kleidung zu tragen.132 Ab dem 18.9.41 galt für Juden das Verbot der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln.133

Ein in Berlin vom 24.10.1941 datierter Geheimer Schnellbrief des Chef der Ordnungspolizei im Reichssicherheitshauptamt unter der Überschrift „Evakuierungen von Juden aus dem Altreich und dem Protektorat“ enthielt den verhängnisvollen Plan verschiedener Massen-Deportationen nach dem Osten. In Absatz 1 hieß es: „In der Zeit vom 1. November – 4. Dezember 1941 werden durch die Sicherheitspolizei aus dem Altreich, der Ostmark und dem Protektorat Böhmen und Mähren 50 000 Juden nach dem Osten in die Gegend um Riga und um Minsk abgeschoben. Die Aussiedlungen erfolgen in Transportzügen der Reichsbahn zu je 1 000 Personen. Die Transportzüge werden in Berlin, Hamburg, Hannover, Dortmund, Münster, Düsseldorf, Köln, Frankfurt/M., Kassel, Stuttgart, Nürnberg, München, Wien, Breslau, Prag und Brünn zusammengestellt.“ Der Brief regelte die Begleitung der Transporte durch die Ordnungspolizei.134 Der eigentliche Deportationsbefehl ist nicht überliefert.135

27.10.1941 : An diesem oder während der folgenden Tage wurde den meisten der rund 440 jüdischen Mitbürger Bremens vermutlich die bevorstehende „Evakuierung“ genannte Deportation bekannt gegeben, wobei ein genauer Zeitpunkt und das Ziel nicht genannt wurden.136 Am 31.10. erhielten die von der Deportation betroffenen Juden von ihrer Gemeinde eine Liste mit den Gegenständen, die sie für die „Evakuierung“ mitzubringen hatten.137 Am 16. November 1941 schrieb ein jüdischer Mitbürger aus Bremerhaven in einem Abschiedsbrief an seine Wohnungswirtin u.a. „Ich muß fort – Minsk! Ghetto!“ und lässt erkennen, daß das Ziel der Deportation zumindest einigen der Betroffenen kurz vorher bekannt wurde.138

Montag, 17. November 1941, ein Tag vor der Deportation: In der Bremer Meldekartei ist für Willy und Luzi M. der 17.11.41 „Tag des Auszugs“ aus der Rembrandtstr. 25. Die Kartei trägt unter dem Auszugsdatum den ergänzenden Vermerk: „Aufg. d. Jüd. V. Evakuiert“139 Nach einem Schreiben des Oberfinanzpräsidenten Weser-Ems an die Bremer Bank vom 5.2.41 erfolgte an diesem Tag auch die Zustellung der Verfügung des Reichsstatthalters in Oldenburg und Bremen an W. Manne, wonach sein Vermögen zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen wurde.140 Am 18.11.1945, wiederhole: 1945, schrieb Herr G.W. Meyer, seinerzeit. Spediteur und mit dem Rücktransport des Umzugsgutes von Antwerpen nach Bremen befasst, an Fred Keller, den Neffen von Ehepaar Manne : „... Meine Frau und ich würden uns aber sehr freuen von Ihnen zu hören, ob

31 Sie Nachrichten über Ihre Eltern und über Herrn und Frau Manne erhalten haben. Wir haben an ihrem Schicksal lebhaften Anteil genommen. Am Tage vor dem Abtransport suchte meine Frau, eine gebürtige Engländerin, Herrn Manne auf, und überbrachte ihm für beide Ehepaare kondensierte Milch, Obst und andere Lebensmittel als Reiseproviant, mit unseren guten Wünschen. Herr Manne war mit Reisevorbereitungen beschäftigt. Er war sehr gefasst und unterhielt sich mit meiner Frau in gutem fliessenden Englisch. ....“141

Dienstag, 18. November 1941, erster Tag der Deportation, sowie Folgetage : Genaue Einzelheiten, Abläufe und Umstände des 18.11. sind im Einzelfall nicht überliefert. Früh morgens wurden die Betroffenen gruppenweise abgeholt, mussten sie sich sammeln bzw. am Lloydbahnhof einfinden und dort erniedrigende Kontrollen über sich ergehen lassen. Spätestens hier und zu diesem Zeitpunkt war vermutlich folgende demütigende und jede Hoffnung nehmende Erklärung zu unterzeichenen: "Ich, der unterzeichnende Jude, bestätige hiermit, ein Feind der Deutschen Regierung zu sein und als solcher kein Anrecht auf das von mir zurückgelassene Eigentum, auf Möbel, Wertgegenstände, Konten oder Bargeld zu haben. Meine deutsche Staatsbürgerschaft ist hiermit aufgehoben und ich bin vom .... November ab staatenlos."142

Zwei Gepäckwagen am Ende des Zuges, in denen die Deportierten ihr ihnen zugestandenes Reisegepäck abzuliefern hatten, wurden vor Abfahrt in Bremen abgehängt.143

Der Eisenbahntransport umfasste neben den Juden aus Bremen auch Glaubensbrüder und - schwestern aus dem Regierungsbezirk Stade sowie aus Hamburg. Wochen später, mit Schreiben vom 12.1.42 teilte die Geheime Staatspolizei Bremen dem Regierenden Bürgermeister Bremen, SA Obergruppenführer Böhmcker, mit, dass am 18.11.1941 440 aus Bremen und 130 aus dem Reg.-Bezirk Stade stammende Juden abgeschoben wurden, und daß ggw. noch 254 Juden in Bremen wohnhaft seien.144

3 Postkarten des Bremer Leidensgenossen Nathan Felczer an seine in Bremen gebliebene Tochter Julia sind die einzigen bekannten Lebenszeichen vom Transport der Bremer Juden nach Minsk. Diese Postkarten erreichten ihre Adressatin und befinden sich im Familienbesitz.145.

Poststempel: 19.11.41 Kreuz (Ostbahn) Text: „19.11.(Mittwoch, d.Verf.) ..... Sind gestern Mittag ½ 12 abgefahren u(nd) sind jetzt ½ 9 morgens in Stargard i./Pommern. Bis jetzt alles gut. Stimmung vorzüglich. Der Zug ist brechend voll. Heute Nacht wurden 2 Kinder geboren, allerdings von den Hamburgern. Ich werde nochmals von deutschem Boden schreiben. Viele Grüße ....“

Poststempel: 22.XI.41 Warschau Text: „Warschau 20.11.(Donnerstag, d.Verf.) ..... Sind jetzt in Polen u(nd) habe zufällig Gelegenheit, einige Zeilen zu schreiben. Es geht soweit ganz gut, ist natürlich alles anstrengend, aber unser Vertrauen ist groß. Bis jetzt ist es noch nicht kalt. Es geht tatsächlich nach Minsk, es ist dort augenblicklich eine Kälte von 25°. Die Karte ist so schmutzig, weil ich im Augenblick hinter der Lokomotive sitze. Die Briefe an die Geheime Staatspolizei hatte ich bei mir und habe sie abgeschickt. Ihr müsst euch selbst auch darum bekümmern. Wir haben von Warschau immer noch ca. 1000 Km(gestr.) Kilometer. Sobald ich von Minsk Gelegenheit habe, schreibe ich. Bleibt alle recht gesund. Hoffentlich sehen wir uns alle mal wieder. Herzliche Grüße ...... “

Poststempel: 15.12..41 Text: „..... Es ist Freitagmorgen (21.11., d.Verf.) 10 Uhr und sind schon tief in Rußland 150 km vor Minsk. Kälte ist nicht schlimm. Stimmung gut. Wie lange die Fahrt noch dauert, ist unbestimmt.

32 Hoffentlich bekommt ihr diese Karte. Die Station, von der ich jetzt schreibe heißt Baronowitschi (heute: Baranavicy, d.Verf.). Weiter alles Gute. Herzliche Grüße ....“

Bei Ankunft in Minsk um den 23. November 1941 wurden die Deportierten von der SS empfangen und in das Ghetto geführt. Es begann das tägliche Morden innerhalb des Ghettos sowie bei Aussenarbeiten. Die, die den Winter sowie die Entbehrungen und Schikanen überlebten, dürften am 28./29. Juli 1942 ermordet worden sein. Wilhelm Kube, Generalkommissar für Weißruthenien in einem Schreiben vom 31.7.42 an Hinrich Lohse, Reichskommissar für das Ostland : „... In Minsk-Stadt sind am 28. und 29. Juli rund 10.000 Juden liquidiert worden, davon 6.500 russische Juden – überwiegend Alte, Frauen und Kinder – der Rest bestand aus nichteinsatzfähigen Juden, die überwiegend aus Wien, Brünn, Bremen und Berlin im November v.J. nach Minsk auf den Befehl des Führers geschickt worden sind. ...“146

In der Heimat erging am 25. November 1941, eine Woche nach der Deportation, die „Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz“, wonach alle im Ausland lebenden Juden ohne deutsche Staatsangehörigkeit waren und ihren zurückgelassenen Besitz und alle Ansprüche daran an das Reich verloren.147

5.2.1942 : Der Oberfinanzpräsident Weser-Ems in Bremen schrieb der Bremer Bank, Bremen, dass durch Verfügung des Herrn Reichsstatthalters in Oldenburg und Bremen das Vermögen des Willi Manne zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen wurde und bat, das Barguthaben nebst Zinsen auf eines der Konten der Finanzkasse Bremen-Ost zu überweisen.148

Februar 1942 : die diplomatischen Beziehungen mit Uruguay wurden abgebrochen.149

Durch den 137. Luftangriff auf Bremen am Abend des 6. Oktober 1944 wird u.a. das Geschäftshaus Obernstraße 35 zerstört. Firma W. Schulte, Offenbacher Lederwaren, eröffnet am 28. Oktober eine Verkaufsstelle in der Kunsthalle.150

Am Abend des 26. April 1945 ergab sich der Bremer Kampfkommandant den Engländern; als offizieller Zeitpunkt der Besetzung Bremens durch die 53. schottische Division wurde später der 27.4.1945, 18 Uhr, festgesetzt.151 8. Mai 1945 : Bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches.

Am 16. August 1945 erfolgte die Neugründung der Bremer Jüdischen Gemeinde unter dem Vorsitz von Carl Katz.

4 Monate nach Kriegsende, am 3.9.1945 erschien Willy Manne´s Neffe Steven-Fred (ex Siegfried) Keller in der Uniform der Jewish Brigade (?) der britischen Streitkräfte im Bremer Rathaus bei dem Bürgermeister und Präsidenten des Senats Wilhelm Kaisen und verlangte die Rückgabe der Immobilien für die Familien Keller und Manne. Kaisen ließ folgendes Protokoll aufsetzen, welches von S. Keller unterschrieben wurde: „Bei mir erscheint Herr Steven-Fred (Siegfried) K e l l e r , geb. 8.2.1914 in Bremen, Sohn des Isidor Keller, geb. 24.9.1880 und dessen Ehefrau, Paula geb. Adler, geb. 25.9.1881 und teilt mit: Ich habe heute erfahren, dass meine Eltern am 17.11.1941 nach Minsk geschickt worden sind. Am 28. Juli 1942 sind sie in Minsk ums Leben gekommen, wahrscheinlich erschossen worden. Mein Bruder Harry und ich wollen jetzt durch die Wiedergutmachungsgesetze das Haus Richard Wagnerstr. 21, das meinen Eltern gehörte, wieder zurückerwerben. Das Haus wäre zu beschlagnahmen und das Vermögen meiner Eltern sicherzustellen resp. wieder herzustellen sein. Der jetzige Eigentümer des Hauses ist ein Herr Stehmeyer, wohnhaft Kattenturmer Heerstrasse (Bürovorsteher bei dem Rechtsanwalt Dr. Grischow-Degener). Ihm wäre der Kaufpreis des Hauses aus den Abgaben, die die Juden bei ihrer

33 Ausreise bezahlen mussten, zurückzuerstatten. Das gleiche Schicksal ereilte meinen Verwandten Manne. Ich spreche im Namen meines Vetters, Norbert M a n n e, zurzeit in Pérez, Castellano 1336/14, Montevideo-Uruguay, Süd Amerika. Hier handelt es sich um das Haus in der Hohenlohestr. 7 und das Geschäftshaus Obernstr. 35, das mein Vetter unter den gleichen Bedingungen wieder zurück wünscht. Bremen, den 3. September 1945. Unterschrift.“ Das Protokoll wurde ergänzt um die Keller Anschrift in London sowie den Vermerk, dass nähere Einzelheiten bei Herrn Katz als Vorsitzenden der Israelitischen Gemeinde zu erfragen seien, und dass der Antragsteller Vollmachten seines Bruders und seines Vetters einreichen würde.

Bgm. und Präsident des Senats Kaisen bescheinigte am 3.9.1945, „..dass der Sergant S.F. K e l l e r sich persönlich bei mir ausgewiesen hat und ich durch den Ausweis erfahren habe, dass er berechtigt ist, im Namen der Verbliebenen vom Spitzenhaus Keller und Bijouterielager Manne zu sprechen.“ Am 5.11.1945 schrieb der Senator für die Finanzen in dieser Angelegenheit an Herrn Katz, Vorsitzender der Israelitischen Gemeinde, Bremen, und teilte ihm mit, „..dass ein Rückerwerb der Grundstücke zur Zeit nicht möglich ist, da Voraussetzung hierfür, insbesondere auch für die von Herrn Keller angeregte Beschlagnahme, eine reichsgesetzliche Regelung oder eine Verordnung des Alliierten Kontrollrats oder der Militär-Regierung wäre. Diese gesetzlichen Grundlagen fehlen noch, sodaß gegenwärtig irgendwelche Maßnahmen nicht möglich sind.“ und bat um Weitergabe dieses Briefes an Herrn Keller.152

Der WESER-KURIER veröffentlichte in seinen Ausgaben vom 25.9. und 28.9.1946 die Namen von 426 in Minsk am 28.7.42 ermordeten Bremer Juden.153

Am 8.9.1948 wurden auf Antrag von Carl Katz, Vorsitzender der Israelitischen Gemeinde Bremen, Willy und Luci (sic) Manne nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes durch Beschluss des Amtsgericht Bremen für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes wurde der 8. Mai 1945 festgestellt.154

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus vom 9. Mai 1947 („Entnazifizierungsgesetzt“) geht im September 1949 aus einer vorläufigen Schlußbilanz des Bremer Senators für politische Befreiung, Dr. Alexander Lifschütz, hervor, daß von den insgesamt mehr als 400.000 ausgewerteten Fragebögen nur 9 der Personen als Hauptschuldige und nur 124 als Belastete eingestuft worden waren.155

Am Sonntag den 18. Mai 1952 fand auf dem jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt eine würdige Feier zum Gedenken der als Opfer der Verfolgung ums Leben Gekommenen statt. Dr. Felix Aber, Bremen´s letzter Gemeinderabbiner, enthüllte ein Ehrenmal, in dessen Sockel auf einer Pergamentrolle die Namen der 915 Opfer des Nazi-Regimes verewigt sind.

„Ende Juli“ 1953 reiste Norbert Manne per D. „Augustus“ von Montevideo über Genua zurück nach Deutschland156, nahm zum 15.11.1953 wieder seinen Wohnsitz in Bremen157 und ließ später an der Ruhestätte seiner Großeltern Samuel und Rebecca Manne in Hannover einen Gedenkstein für seine Eltern Willi und Luzie Manne sowie seinen Verwandten Fritz Manne errichten.

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Schlussbetrachtung: Das Studium der verfügbaren Akten läßt keine eindeutige Antwort zu auf die schicksalsschwere Frage, warum Willy und Luzi Manne nicht durch zeitige Auswanderung dem mörderischen NS- Regime entkamen.158 Akten-Indizien und wenige mündliche Überlieferungen lassen nach mehr als 60 Jahren folgende Schlussfolgerungen als möglich erscheinen, wobei Widersprüche sich heute nicht mehr verlässlich auflösen lassen :

Manne´s waren vermutlich schon vor dem Verkauf ihrer Immobilie Hohenlohestrasse mit der Käuferin und deren Eltern, alle drei amerikanische Staatsbürger, bekannt, und es bestanden wohl neben dem offiziellen Kaufvertrag besondere Vereinbarungen, die vertraglich nicht festgehalten werden konnten, da sie gegen die seinerzeitigen deutschen Gesetze verstießen. Danach war es beabsichtigt, „..die Eheleute Manne wegen des Grundstücks in Amerika zu entschädigen, und die Eheleute Manne sollten mit Hilfe der Eltern von Frau Nagel, die Amerikaner sind und in South Houston (Texas) wohnen, zu den Eltern auswandern. Dafür waren alle Vorbereitungen getroffen

35 und auch die Einwanderungspapiere beschafft. Die Eheleute Manne haben aber dann die Auswanderung nach Texas nicht durchgeführt, weil sie auf ein Ehepaar Keller, mit dem sie befreundet waren, warteten. Sie wurden dann von weiteren Maßnahmen des Dritten Reiches gegen Juden überrascht und konnten nicht mehr auswandern. ...“159 Diese Aussage wäre mit dem Datum des Kaufvertrages 1.12.1938 zu verbinden und indiziert eine problemlose mögliche Auswanderung in die USA bei Erfüllung der Bedingungen sowohl des Deutschen Reichs als auch der USA.

Der Käufer der Keller-Immobilie in der Richard Wagner Str. machte 1949 folgende Ausführungen, was das timing und das Ziel der Bemühungen Keller´s betraf: „Die Durchführung des Grundstücksverkaufs zögerte sich dann noch sehr lange hinaus, nämlich bis Anfang Dezember 1938. Da erst erhielt Herr Keller telegrafisch die Mitteilung, dass seine Einreise nach Montevideo genehmigt sei. Verabredungsgemäß wurde dann am 9.12.1938 der Verkauf des Grundstücks getätigt...... Im Januar 1939 wurde die Einwanderung von Uruguay aber generell gesperrt, und die Ausreise des Herrn Isidor Keller war, trotzdem von deutscher Seite die Genehmigung dazu vorlag, nicht mehr möglich. ...“160

Hier muß in Erinnerung gerufen werden, daß - die Manne-Geschäftsimmobilie und das Keller-Warenlager/Inventar bereits im Oktober 1938 mit Lieferung zum 1.1.1939 verkauft wurden, - der Rechtsanwalt von Willy M. am 22.12.1938 den Bürgermeister schriftlich bedrängte, die mit Schreiben vom 7.12. beantragte Genehmigung des Verkaufs der Immobilie Hohenlohestr. alsbald zu bescheiden, da man dringend auf den Kaufpreis wegen geplanter Auswanderung Anfang Januar 1939 angewiesen sei, - das im Februar/März 1939 abgeholte/verpackte Umzugsgut angeblich auf Abruf für Verladung nach Montevideo bereit stehen sollte, - die Reisepässe für beide Ehepaare (vermutlich) erst am 11. Dezember 1939, wiederhole: 1939, ausgehändigt wurden, - das Umzugsgut (zumindest für Fam. Keller) erst im März 1940 nach Antwerpen auf den Weg gebracht wurde.

Die engen familiären Bindungen zwischen beiden Ehepaaren, die Ehefrauen waren Schwestern, mögen also dazu geführt haben, dass eine Trennung nicht in Frage kam.

Die Ehepaare Manne und Keller ca. 1929 36

Da die Eltern der Frau Nagel sich vermutlich nicht in der Lage sahen, für Keller´s vergleichbare Garantien und Hilfen zu leisten, Kellers ohne diese Hilfe jedoch mit jahrelanger Warteschleife zu rechnen gehabt hätten, bemühten sich Mannes und Kellers vermutlich gemeinsam um die Auswanderung zu ihren Kindern Norbert und Harry nach Montevideo/Uruguay.

Norbert M. zu diesem Thema in einem Schreiben vom 23.9.1954 an das Landesamt für Wiedergutmachung : „... Trotz mehrfacher Versuche, auch meinen Eltern eine Auswanderungsmöglichkeit zu verschaffen, und die hauptsächlich daran scheiterten, dass wir im Ausland keine Geldmittel zur Verfügung hatten, war es meinen Eltern leider nicht mehr möglich auszuwandern...... “161 Die Witwe von Harry Keller berichtete in 2004 von seinerzeitigen finanziellen Transfers von Deutschland nach Montevideo und verzweifelten Bemühungen im Bestreben, dort Einwanderungsbewilligungen nach Uruguay und später auch Chile zu erhalten, die jedoch sämtlichst ohne Erfolg blieben. Ob der mehrjährige Manne-Mieter Dr. Schapiera, langjähriger Vizekonsul von Argentinien, an Auswanderungs-Bemühungen beteiligt war, ließ sich nicht feststellen.

Bremen, im Januar 2005 Volkard Bir

Abkürzungen: StAB – Staatsarchiv Bremen StAH – Staatsarchiv Hamburg SuUB – Staats- und Universitätsbibliothek Bremen

Bildnachweis: Familie Manne : Seiten 2, 5, 18, 26, 35, 36 Focke-Museum Bremen : Seiten 4, 7 o., 11 Müller-Nicolai : Seite 6 Staatsarchiv Bremen : Seiten 12, 14 o., 23, 24 Die restl. Aufnahmen stammen vom Verfasser.

Literaturverzeichnis: Balz Hanno Balz, Die >Arisierung< von jüdischem Haus- und Grundbesitz in Bremen, Schriftenreihe Erinnern für die Zukunft, Bd. 2, Bremen 2004 Bruss Regina Bruss, Die Bremer Juden unter dem Nationalsozialismus, Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen, Bd. 49, Bremen 1983 Geschichte Bremen Geschichte der Freien Hansestadt Bremen, Herbert Schwarzwälder, Bremen 1995 Gramatzki 80 Jahre Gymnasium an der Hermann-Böse-Straße zu Bremen, Rolf Gramatzki 1986, Hrsg.: Schulverein des Gymnasium an der Hermann- Böse-Straße Jansen Bremen in der Nachkriegszeit, Hans Jansen / Renate Meyer-Braun, Bremen 1990 Kaisen K.L. Sommer, WILHELM KAISEN, Eine politische Biographie, Bremen 2000

37 Kinder Kinder dieser Stadt, Begegnungen mit ehemaligen jüdischen Bremern, Rolf Rübsam, Bremen 2004 Krieg und Frieden Krieg und Frieden in Bremen, H. Gutmann & S. Hollanders, Bremen 1999 Lenhard Hartmut Lenhard, „Lebensraum im Osten“. Deutsche in Belorussland 1941-1944, Düsseldorf 1991 Löwenstein Karl Loewenstein, Minsk. Im Lager der deutschen Juden, Bonn 1961 Markreich Max Markreich, Geschichte der Juden in Bremen und Umgegend, Schriftenreihe Erinnern für die Zukunft, Bd. 1, Bremen 2003 Marßolek Bremen im Dritten Reich, Anpassung-Widerstand-Verfolgung, Inge Marßolek, René Ott, Bremen 1986 Minsk Es geht tatsächlich nach Minsk, Hrsg. Staatsarchiv Bremen 2001 Peters Zwölf Jahre Bremen 1933-1945, Eine Chronik von Fritz Peters, Bremen 1951 Pogrom Das Pogrom vom 9. November 1938 –die Generalprobe Forschungs- u. Bildungsstätte zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Lande Bremen e.V., 1988, Selbstverlag Rosenberg Heinz Rosenberg, Jahre des Schreckens ... und ich blieb übrig, dass ich Dir´s ansage, Göttingen 1985 Schwarzwälder Herbert Schwarzwälder, Bremen im Wandel der Zeiten – Die Altstadt, Bremen 1970 Schweigende Stadt Wir schritten durch eine schweigende Stadt, Material für Schulen, herausgegeben vom Archivpädagogen des Staatsarchivs Bremen und vom Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis, 3. Auflage, Bremen 1991

1 Geschrieben im Vormärz und damit 99 Jahre vor der „Machtergreifung“ jener, die auch seine Bücher verbrennen sollten, muten Heine´s Worte über den deutschen Nationalismus fast gespenstisch an. 2 Es existieren die Schreibweisen Willy und Willi. Erstere z.B. in der Bremer Einwohner-Meldekartei (EMK) mit frühester Zeitangabe vom 23.3.1912 (StAB 4,82/1-1/960); als Willi unterschrieb er z.B. eine Verpflichtungserklärung gegenüber dem Bremer Baupolizeiamt vom 27.7.1925 (StAB 4,125/1 Obernstr. 53) sowie am 13.2.37 eine Vollmacht auf Geschäftspapier seines Unternehmens MANNE Das Haus für Geschenke Bremen-Hannover (StAB 4,125/1 Obernstr. 35). 3 StAB 4,82/1-1/960 EMK. (Der Grabstein der Eheleute zeigt die abweichende Schreibweise Rebecca). 4 StAH 332-8 Meldewesen A5 lit. L-R Bd. 46 S. 104 5 Es existieren die Schreibweisen Luzi, Luci, Lucie und Luzie. Im Geburtenbuch der Stadt Mellrichstadt vom 16.2.1891 (No.8) ist sie als Luzi eingetragen. Die Bremer Einwohner-Meldekartei (EMK) zeigt ebenfalls Luzi, mit frühestem Eintrag zum 27.8.1914 (StAB 4,82/1-1/960, EMK). Das auf dem vom Sohn Norbert errichteten Gedenkstein genannte Geburtsdatum 12.2.1891 wird auf einen Übertragungsfehler zurückzuführen sein. 6 Geburtenbuch der Stadt Mellrichstadt vom 16.2.1891 (No.8) sowie StAB 4,82/1-1/960, EMK 7 StAB 4,82/1-1/960, EMK 8 StAB 4,75/5 HR Fiches, Eintragung als No. M 437, Fol. 262, Firmeninhaber „der hiesige Kaufmann Willi Manne“. 9 StAB 4,82/1-1/960, EMK 10 StAB 4,54-E.10740, Heiratsurkunde Nr. 1/1919 11 StAB 4,82/1-1/960, EMK 12 StAB 4,54-Ra 603, Rückerstattungsantrag seitens Arthur M. 13 StAB 4,75/5 - HR Fiches 14 StAB 4,75/5 HR Fiches, Eintrag No. M. 587, Fol. 169, Inhaber „der hiesige Kaufmann Willi Manne“. 15 StAB 4,75/5 - HR Fiches 16 StAB 4,54-Ra 603, Rückerstattungsantrag seitens Arthur M. 17 Krieg und Frieden, S. 62 18 StAB 4,125/1 Obernstr. 53, Bauakte 19 StAB 4,125/1 Obernstr. 53, Bauakte 20 In Pogrom, Quelle StAB

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21 StAB 4,125/1 Obernstr. 53, Bauakte 22 Schwarzwälder, S. 110 23 StAB 4,54-Ra 332/2, Rückerstattungsantrag/Fragebogen 10.2.1951 24 StAB 4,82/1-1/960, EMK 25 StAB 4,125/1 Obernstr. 53, Bauakte 26 Geschichte Bremen, S. 609-610, Bd. 3 27 StAB 4,125/1 Obernstr. 53, Bauakte, Schreiben Baugeschäft Schelb 19.8.31 28 StAB 4,125/1 Obernstr. 33/35, Bauakte 29 StAB 4,54-Ra 332/1, Grundbuchauszug 30 StAB 4,125/1 Obernstr. 35, Bauakte, Protokoll Grundbuchamt 31 StAB 4,125/1 Obernstr. 33/35, Bauakte 32 SuUB, Jüd.Presseforschung (nachweisl. für Ausgaben in 1929-1932) 33 Geschichte Bremen, S. 558, Bd. 3 34 Geschichte Bremen, S. 509, Bd. 3 35 Kaisen, S. 110 36 Markreich, S. 175, zitiert aus Weser-Zeitung, Abendausgabe 1.4.33 37 Kaisen, S. 116 38 Peters, S. 18 39 Bruss, S. 18. Die Werte für Land Bremen waren 1.438 bzw. 0,39 %. 40 Peters, S. 30 41 StAB 4,82/1-1/960 und 4,82/1-2/2926, EMK 42 Peters, S. 60-62 43 StAB 3-G.7.Nr.1351, in Schweigende Stadt 44 StAB Ab-9997-2a 45 Peters, S. 91 46 Bruss, S. 79-80, versch. Quellen des RWiM zitierend 47 StAB 4,82/1-1/1319, EMK. Die „Konsularliste der Freien Hansestadt Bremen 1866-1958“ von J. Hilken weist Schapiera seit 1926 als Kanzler des arg. Konsulats in Bremen aus (StAB Ai-21). 48 Peters, S. 95, 106+107 49 Peters, S. 116 50 StAB 4,125/1 Obernstr.53, Bauakte 51 StAB 4,54-E.10962, Entschädigungsakte Keller inkl. Certificate of Registration No. 622422 vom 1.3.37 52 StAB 4,125/1 Obernstr. 35, Bauakte 53 Markreich, S. 213 54 StAB 4,54-Ra 332/3, Schreiben RA Leffler 15.9.53 55 StAB 4,82/1-1/581, EMK. Die „Stellenbesetzung des Stabes des SS-Abschnittes XIV Standort Bremen“ weist für den Sommer 1938 als Verwaltungsführer, hauptamtlich, den SS-Hauptscharführer. Heinz (sic!) Herborg, SS-Nr. 89008, aus. Während die gleiche Besetzungsliste für den Sommer 1939 Herborg nicht aufführt, ist er noch für 1939 namentlich genannt in einer 8 seitigen Liste mit der englisch sprachigen Überschrift : “D-718 Contents: The list of SS-Abschnitt XIV, Bremen, August 1939.“(StAB 7,1066-178) 56 StAB 3-N.7.No.162 (11)a 57 Marßolek, S. 118 58 Gramatzki, S. 60-61 59 StAB 3-N.7.No.162 (11)a 60 StAB 3-J.5.Nr.154 in Schweigende Stadt 61 Handelskammer Bremen G.I. 30 62 Gramatzki, S. 259-260 63 StAB 4,54-E.4073 64 Bruss, Seiten 85, 107, 247 65 Peters, S. 155 66 StAB 3-N.7.No.162 Akte 20 67 Bruss, S. 88 68 StAB 4,16-1, Ausgabe-Protokollheft 69 StAB 4,16-1 70 Peters, S. 159 71 StAB 4,54-Ra 34/3, Vertrag 72 StAB 4,54-Ra 34/3, RA Seyde Schreiben v. 14.4.1949 73 StAB 4,54-Ra 603 74 StAB 4,13/1-R.1.f. No.206(No.14), Katasteramt 7.1.39 75 Peters, S. 161

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76 Bruss, S. 180 77 Markreich, S. 219, zit. aus Bremer Nachrichten vom 11.11.38 78 StAB 4,54-Ra 332/3, Leffler Schreiben 15.9.53 79 StAB 4,54-Ra 332/6, Böhm Schreiben 10.5.54 80 StAB 4,54-Ra 332/6, Leffler Schreiben 28.5.54 81 StAB 4,54-Ra 332/3 82 StAB 4,54-Ra 332/8 Sonderniederschrift 31.3.1954 83 StAB 4,54-Ra 332/8 Sonderniederschrift 31.3.1954 84 StAB 4,54-Ra 332/8 Sonderniederschrift 31.3.1954 85 StAB 4,54-Ra 332/8 Sonderniederschrift 31.3.1954 86 StAB 4,54-Ra 332/8 Sonderniederschrift 31.3.1954 87 StAB 7,60/2-7c2 88 StAB 4,80 – III.137, Polizei-Vordrucke „An den Gefängnis-Vorsteher“ 89 StAB 4,80 – III.137 90 StAB 7,60/2-7c2 91 Markreich, S. 219 92 StAB 4,80-III.137 (ex442.E) 93 Markreich, S. 219-221 94 StAB 4,54-E. 4073, Schreiben Norbert M. 23.9.1954 95 Bruss, S. 96-97 96 StAB 4,82/1-2/2926, 4,82/1-1/727 EMKs 97 StAB 4,13/1-R.1.f.No.206 (No.64) Kaufvertrag 1.12.1938 98 StAB 4,82/1-1/1319 99 StAB 4,13/1-R.I.f.No.206 (No.64) 100 StAB 4,13/1-R.I.f.No.206 (No.64) 101 Bruss, S. 105 102 StAB 4,16-1, Schreiben IHK 3.12. und 5.12.1938 103 StAB 4,54-Ra 332/8 104 Peters, S. 165 105 StAB 4,54-Ra 34/2 Schreiben Stehmeier 6.5.49 106 StAB 3-H.1.Nr.149/13 107 StAB 4,54-Ra 332/3, Ausweis No.484 535 108 StAB 4,82/1-1/960 109 Bruss, S. 141 110 Geburtenbuch Mellrichstadt Auszug No. 8 v. 16.2.1891 111 Bruss, S. 111 112 StAB 4,82/1-1/960 EMK, handschriftl. Vermerk 113 Bruss, S. 148 114 StAB 4,54-Ra 34/1 Akte Keller 115 StAB 4,54-Ra 332/7 116 StAB 4,54-Ra 34/1, -Ra 332/3, -Ra 332/5, -Rü. 5225 Schreiben OFD Bremen v. 3.6.1959 117 StAB 4,54-Ra 332/4 118 StAB 4,54-Ra 34/2, Stehmeier Schreiben 6.5.1949 119 Bruss, S. 123 120 Bruss, S. 124-127 121 Bruss, S. 19. Die Zahlen für Land Bremen sind 722 bzw. 0,18 %. 122 Bruss, S. 158 123 Grabstein, Friedhof An der Strangriede 124 StAB 4,82/1-1/960 EMK 125 STAB 3-A.4.Nr.425 in Schweigende Stadt 126 StAB 4,54-Ra 34/1 127 Peters, S. 194 128 StAB 4,82/1-1/960 EMK. Die Eigentümerin des Hauses, Frau Michel, konnte mit einem der allerletzten Transporte aus Deutschland zusammen mit ihrer Tochter und Enkelin noch am 2.9.1941 nach Kuba auswandern, nachdem der mit ihr aus gemeinsamer Gemeindearbeit bekannte Rechtsberater der jüdische Gemeinde, Stutzer, ihr zum Verkauf des Hauses, eingetragen auf den Namen von Frau Stutzer, verhalf (Balz, S. 110-112). 129 StAB 4,82/1-1/728 EMK 130 Balz, S. 110, sich auf Wohnadressen in Bruss, S. 269-341 beruf. 131 Aus Lenhard, in Minsk, S. 141 132 Bruss, S. 149

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133 Minsk, S. 113 134 Minsk, S. 114, Quelle: Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg, Nürnberg 1949, Bd. 33, Dok. 3921-PS, S. 535 135 Günther Rohdenburg in Minsk, S. 7 136 Günther Rohdenburg in Minsk, S. 8 137 Günther Rohdenburg in Minsk, S. 11, StAB 3-D.7.Nr.2.S. Aussage Maria Köppen 4.11.41 138 Kinder, S. 126 139 StAB 4,82/1-1/960 EMK 140 StAB 4,54-Ra 332/3, § 2 des Erlasses des Führers und Reichskanzlers über die Verwertung des eingezogenen Vermögens von Reichsfeinden vom 29. Mai 1941 – RGBl. I Seite 303 141 StAB 4,54-Ra 34/1 142 Günther Rohdenburg in Minsk, S. 18, nach Rosenberg S. 16, Löwenstein S. 14, StAB 4,66 I-Nette, Bl.312 143 StAB 4,54-Rü 5225, H.Keller 12.2.1958 144 StAB 3-J.5.Nr.218 in Minsk, S. 123 145 Minsk, S. 134 146 Aus Lenhard, in Minsk, S. 158 147 Bruss, S. 218 148 StAB 4,54-Ra 332/3 149 StAB Ai-21 150 Peters, S. 266+267 151 Jansen, S. 16 152 StAB 3-J.5.No. 236 153 StAB 7,60/2-7c2 154 StAB 4,54-E.10740, Auszugsweise Ausfertigung, II 1112-1803/48 155 Marßolek, S. 443, S. 513. Im Gesetz v. 9.5.47 wurde in Übereinstimmung mit den Richtlinien des Kontrollrats vom 12.1.46 folgende Kategorien unterschieden: 1. Hauptschuldige, 2. Belastete (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer), 3. Minderbelastete, 4. Mitläufer, 5. Entlastete (sowie 6. Nicht Betroffene). 156 StAB 4,54-Ra 332/6, Schreiben Dr. Leffler 22.7.1953 157 StAB 4,82/1-2/2926 EMK 158 Bruss, S. 253. 1938 wanderten circa 278 Bremer Juden aus, in 1939 waren es ca. 273, während es in den beiden Folgejahren nur noch 19 bzw. 18 waren. 159 StAB 4,54-Ra 332/2, Widerspruch Nagel RA Schreiben 16.4.51 160 StAB 4,54-Ra 34/2, Schreiben 6.5.1949 161 StAB 4,54-E.4073

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