BULLETIN DER BUNDESREGIERUNG

Nr. 85-2 vom 8. Juli 2016

Rede des Bundesministers für besondere Aufgaben, ,

zum Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes vor dem Deutschen am 8. Juli 2016 in Berlin:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir beraten heute in erster Lesung die bedeutendste und weitreichendste Reform des BND-Gesetzes, die es in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Ich möchte mich vor- weg bei allen Fraktionen, liebe Frau Högl, lieber , lieber , lieber , lieber Armin Schuster, bedanken, die daran mitge- wirkt haben, aber auch bei den Mitgliedern des PKGr und des NSA-Untersuchungs- ausschusses sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und beim BND.

Dass der Entwurf gut geworden ist, lieber , sieht man daran, dass die Oppositionsbänke weniger als unzureichend gefüllt sind. Ich habe einmal durchge- zählt: Von 127 möglichen Abgeordneten sind hier gerade einmal zwölf anwesend. Das sind weniger als zehn Prozent. So schlecht ist die Arbeit, die wir Ihnen heute vorlegen, offenbar nicht ausgefallen.

Mit dieser Reform erreichen wir mehrere sehr wichtige Ziele. Die Arbeit des BND – das ist heute schon mehrfach gesagt worden – war in den vergangenen Jahrzehnten wich- tig und ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Ihre Bedeutung wird in den Bulletin Nr. 85-2 v. 8. Juli 2016 / BM f. bes. Aufgaben – Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung …, BT

- 2 - nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Das hängt damit zusammen, dass der Pro- zess der Globalisierung, der uns so viele Vorteile im Hinblick auf Wohlstand und Frei- heiten bringt, eben auch dazu führt, dass die Gewährleistung unserer inneren und äu- ßeren Sicherheit immer mehr vorverlagert wird, weil die Bedrohungen, mit denen wir es zu tun haben, internationaler werden. Für den Bereich des internationalen Terroris- mus kann das jeder nachvollziehen; das gilt aber auch für den Bereich der Cybersi- cherheit und vieles andere mehr. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir uns als Regie- rung und Parlament zu diesem Bundesnachrichtendienst bekennen.

Mit dieser Reform schaffen wir eine ordentliche Rechtsgrundlage für seine wichtige Arbeit. Wir wollen die Arbeit des BND gerade nicht einschränken. Wir wollen sie aber auf eine klare und für jedermann nachvollziehbare rechtliche Grundlage stellen. Es handelt sich um die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung, also darum, vom Inland aus ausländische Bürgerinnen und Bürger im Ausland aufzuklären. Das ist eine der wichtigen Tätigkeiten des Bundesnachrichtendienstes, und mit dieser Gesetzesvor- lage wird Rechtssicherheit geschaffen. Das ist auch wichtig im Hinblick auf die Diskus- sionen, die es in den letzten Monaten dazu gegeben hat.

Wir sorgen in einem zweiten Schritt dafür, dass auch die Zusammenarbeit des Bun- desnachrichtendienstes mit anderen Nachrichtendiensten weltweit auf eine hinrei- chende und gute Grundlage gestellt wird. Auch diese Zusammenarbeit wird immer wichtiger, weil bei der Vielzahl und Fülle an Bedrohungen kein Nachrichtendienst die- ser Welt – und mag er noch so große finanzielle und personelle Ressourcen zur Ver- fügung haben – für sich alleine die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger seines Lan- des und die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten, die sich in Auslandseinsätzen befinden, vollumfänglich gewährleisten kann.

Wir haben zum ersten Mal Vorschriften aufgenommen, die die internationale Zusam- menarbeit auch durch eine Regelung zur gemeinsamen Datenhaltung mit ausländi- schen Stellen stärken. Aber – und das ist ganz entscheidend – die Koalition hat gleich- zeitig dafür gesorgt, dass diese Datenhaltung an klare rechtliche Vorgaben geknüpft wird. Wir haben dafür gesorgt, dass der Zweck der Datei klar definiert sein muss, dass die Teilnahme- und Zugriffsrechte eindeutig bestimmt werden müssen und dass ein Bulletin Nr. 85-2 v. 8. Juli 2016 / BM f. bes. Aufgaben – Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung …, BT

- 3 - rechtsstaatlicher Umgang mit den eingegebenen Daten in allen teilnehmenden Län- dern gewährleistet werden muss. Das ist ein ganz wichtiges Signal dafür, dass die Arbeit der Nachrichtendienste, vor allen Dingen der Auslandsnachrichtendienste, unter besonderen Bedingungen gestaltet wird, dass sie nicht außerhalb des rechtlichen Rah- mens stattfindet, obwohl vieles von dem nicht in der Öffentlichkeit im Detail diskutiert werden kann, und dass wir Wert darauf legen, dass die tragenden Prinzipien unserer Verfassungs- und Rechtsordnung auch in der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes Berücksichtigung finden.

Wir haben drittens dafür gesorgt, dass die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes im Hinblick auf die Debatten überprüft worden ist, die es infolge der sogenannten Snow- den-Berichterstattung und im Hinblick auf die Arbeit des NSA-Untersuchungsaus- schusses und des PKGr gegeben hat. Lassen Sie es mich deutlich sagen: Viele der Vorwürfe, die zu Anfang im Raum standen, sind nach allem, was wir fast drei Jahre später wissen, nicht belegt und nicht vertieft worden.

Wenn ich mir anschaue, mit welchen Vorwürfen der BND überzogen worden ist, bevor die Arbeit des Untersuchungsausschusses begonnen hat, und wenn ich sehe, dass wir im Hinblick auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses tatsächlich über Defizite und Verbesserungsnotwendigkeiten gesprochen haben, dann, finde ich, ist es wichtig, dass man sagt, dass es keinerlei Belege dafür gibt, dass der BND an einer anlasslosen Massenüberwachung mitgewirkt hat. Es gibt auch keinerlei Hinweise dafür, dass der BND seinen gesetzlichen Handlungsspielraum bewusst und systematisch überschrit- ten hat.

Ich möchte an dieser Stelle eines gerne sagen: Ich bin als Chef des Bundeskanzler- amtes im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht auch derjenige, der in vielen Fällen die Ernennungsurkunden für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BND unter- zeichnet. Wenn ich mir anschaue, aus welchen Bereichen die jungen Menschen, die eingestellt werden, kommen – zum Beispiel aus der Geoinformatik, der Chemie, der Transplantologie, der Mathematik, den Asienwissenschaften, der Ostslawistik, der Me- dizintechnik und aus vielen anderen Bereichen –, dann wird klar: Das sind keine Schlapphüte, wie man sich das früher vorgestellt hat, die nur darauf aus sind, irgendwo Bulletin Nr. 85-2 v. 8. Juli 2016 / BM f. bes. Aufgaben – Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung …, BT

- 4 - rechtsfreie Räume zu entdecken. Diese jungen Menschen sind motiviert, der Sicher- heit dieses Landes zu dienen, und zwar innerhalb der Rechts- und Gesetzesordnung. Ich möchte diesen Menschen von dieser Stelle ein herzliches Dankeschön zurufen.

Gleichwohl haben wir gemeinsam mit den beiden Koalitionsfraktionen dafür gesorgt, dass Konsequenzen gezogen worden sind. Wir haben die Position des Bundeskanz- leramtes als Fach- und Dienstaufsicht gestärkt. Wir haben dafür gesorgt, dass eine unabhängige Überwachung bestimmter Maßnahmen durch ein Unabhängiges Gre- mium aus Richtern des Bundesgerichtshofs und einem Vertreter der Generalbundes- anwaltschaft sichergestellt wird. Wir haben auch dafür gesorgt, dass Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und ihre Institutionen einen eindeutigen und besseren Schutz genießen und dass Wirtschaftsspionage in Zukunft auch gesetzlich ausge- schlossen ist.

Es gilt der Primat der Politik. Dafür haben wir in den letzten zwei Jahren die Voraus- setzungen geschaffen. Das BND-Gesetz wird dazu beitragen, dass die Arbeit des Bun- desnachrichtendienstes in einem rechtsstaatlich einwandfreien Rahmen stattfinden kann, dass der Bundesnachrichtendienst gestärkt wird und dass er von der Politik und der Bundesregierung die Rückendeckung hat, die er braucht, um seine wichtige Arbeit für unser Land erfolgreich zu leisten.

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