260 SEITEN SONDERHEFT 2/16 Deutschland  14,95 Österreich 16,90 Schweiz SFR 25,80 ALT! Die beste Retro spiele- hardware

Die wichtigsten Homecomputer, Konsolen & Handhelds von 1977 bis 2001

ALLE INFOS ZU Atari ● RCA Studio ● Apple II ● Microvision ● Atari 8-Bit ● Mattel Intellivision ● Commodore VC 20 ● BBC ● Sinclair Spectrum ● Commodore 64 ● ColecoVision ● MSX-Computer ● Schneider CPC ● NES ● Sega Master System ● Atari ST ● 500 ● Sega Mega Drive ● Nintendo Game Boy ● ● Turbo Grafx 1 ● Sega Game Gear ● Neo Geo ● SNES ● 3DO ● Sony PlayStation ● Sega Saturn ● Nintendo 64 ● Bandai Wonderswan ● Sega Dreamcast ● Sony PlayStation 2 ● Nintendo Gamecube ● Xbox ● Nintendo GBA ● Retron 5 ...

ARCADE | ATARI | COMMODORE | MSX | NEO GEO | NINTENDO | SCHNEIDER | SEGA | SINCLAIR | SONY

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ie Retro-Liebe, und wir reden natürlich von der Liebe zu Retrospielen, ist teils pure Weißt- du-noch-Nostalgie, teils aktiv gelebtes Hobby: Dank Emulatoren und Download-Veröffentli- chungen auf modernen Plattformen war es wohl noch nie so einfach wie heute, die alten Klassiker zu spielen – noch nicht einmal „damals“! Am meisten aber machen Retro-Games Dnatürlich auf Retro-Plattformen Spaß. Denn selbst der beste Bildschirmfi lter schafft es nicht, Sprites, Farben und, ja, auch das Flimmern, so darzustellen, wie damals ein Röhren-Fernseher oder VGA- Monitor. Ganz zu schweigen von den Original-Eingabegeräten und -Speicherkarten. Oder dem rein haptisch befriedigenden Erlebnis, ein Modul in seinen Schacht zu wuchten. Oder der Vorfreude beim Installieren von Sechs-Disks-Spielen auf dem ... In diesem Sonderheft des deutschen Retro Gamer wollen wir euch die besten Spiele-Plattformen ausführlich vorstellen, mit einer liebevollen Auswahl bereits erschienener, aber auch ganz neuer Artikel. Aber was heißt „die besten“? Welche Kandidaten haben wir angesehen? Diese Fragen wollen wir kurz beantworten. Unsere Liste aus über 30 Plattformen – Heimcomputer, Spielkonsolen und Handhelds – bewertet ebenso Spieleangebot, Verkaufser- folg wie auch technische Neuerungen. So gehören für uns Massen-Phänomene wie das NES oder der Commodore 64 auf jeden Fall in dieses Heft, aber auch die Dreamcast (bei freund- licher Auslegung die erste 128-Bit-Konsole), obwohl letztere nach nur drei Jahren scheiterte. Selbst bei 260 Seiten mussten wir Grenzen ziehen. So beschäftigen wir uns explizit mit den 24 Jahren von 1977 bis 2001, mit der Ausnahme des Sammel-Artikels Homecomputer der 70er. Das schließt leider die Magnavox Odyssey als erste richtige Konsole aus (wir haben sie außerdem gerade erst in Retro Gamer 2/2016 vorgestellt), aber auch PSP und DS und die Konsolengeneratio- nen ab der siebten. Anders formuliert, beleuchten wir die Generationen 2 bis 6 sowie die zeitgleich erschienenen Home Computer. Wir richteten uns durchweg nach den US-Erscheinungsterminen (in den meisten Fällen waren die europäischen kurz danach), nicht nach den japanischen. Und schließlich und endlich hat auch Subjektives reingespielt – wenn die Wahl zwischen zwei „mittelwichtigen“ Systemen anstand, hat im Zweifel dasjenige gewonnen, welches einem Redaktionsmitglied aus dessen eigener Historie heraus nahesteht. Wir sind überzeugt: Auf den folgenden 260 Seiten, aufgeteilt in fünf Epochen (sowie einem kurzen Bonuspart „Alte Spiele heute spielen“), ist für jeden etwas dabei, der seit 40, 30 oder 20 Jahren Computer- und Videospiele mag. Viel Spaß beim Schmökern, Euer Retro Gamer Team DIE BESTE RETRO- SPIELE-HARDWARE 1972 8-BIT-FRÜHZEIT Die Homecom- puter der 70er RCA Studio II Apple II 1977 1970er 1977 1977 1980 » S. 006 » S. 014 » S. 020 » S. 026 1981 8-BIT-GLANZZEIT Commodore Sinclair VC 20 BBC Micro Spectrum MS-DOS-Spiele 1981 1981 1982 1980er 1986 » S. 052 » S. 056 » S. 062 » S. 066 1985 16-BIT & HANDHELDS Sega Nintendo Atari ST Amiga 500 Mega Drive Game Boy 1985 1987 1989 1989 1992 » S. 126 » S. 132 » S. 142 » S. 152 1993 32-BIT UND 64-BIT Sony 3DO Playstation Sega Saturn Nintendo 64 1993 1994 1995 1996 1999 » S. 192 » S. 202 » S. 210 » S. 220 1999 DIE 6. GENERATION Sony Nintendo Sega Dreamcast Playstation 2 Gamecube Xbox 1999 2000 2001 2001 2001 » S. 232 » S. 238 » S. 244 » S. 246

4 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 DIE BESTE RETRO- SPIELE-HARDWARE

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Mattel Microvision Atari 8-Bit Intellivision 1979 1979 1980

» S. 032 » S. 038 » S. 046

Sega Master Commodore 64 Coleco Vision MSX-Computer Schneider CPC NES (Famicom) System 1982 1982 1983 1985 1985 1986

» S. 072 » S. 082 » S. 092 » S. 100 » S. 108 » S. 116

Turbo Grafx 16 Sega SNES (Super Atari Lynx (PC Engine) Game Gear Neo Geo Famicom) 1989 1989 1990 1990 1991

» S. 160 » S. 168 » S. 174 » S. 180 » S. 188

Bandai Wonderswan 1999 2016 » S. 228 RETROSPIELE HEUTE

Von 3DS bis PS4: Retron 5: Alles- Klassiker auf könner oder Emu- neuen Konsolen latoren-Nepp?

» S. 250 » S. 256

Nintendo GBA 2001 RUBRIKEN 003 Editorial » S. 248 258 Vorschau

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 5 1977 ATARI 2600 WAR DIE BEDEUTENDSTE KONSOLE 1980 DER 8-BIT-FRÜHZEIT. FÜNF JAHRE LANG BEHERRSCHTE SIE DIE WOHNZIMMER, WURDE ZUM SYNONYM FÜR 8-BIT- HEIMKONSOLEN GENERELL. WIR ZEICHNEN DIE SPANNENDE ENTWICKLUNGSGESCHICHTE FRÜH- DES HIERZULANDE VCS 2600 Z E I T GENANNTEN GERÄTS NACH.

Der Magnavox Odyssey gebührt die Ehre, 1972 die Ära der Spielkon- solen begründet zu haben – sie gilt nach allgemeiner Zählung als „1. Generation“. Erst 1977 folgte die 2. Ge- neration (RCA Studio II, Atari 2600) und 1979 der erste Handheld mit austauschbaren Spielen. Doch auch auf Homecomputer konnte damals schon gespielt werden…

6 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SAMMLER-CHECK: ATARI 2600

ei einem Produkt, das die Flughöhe des Atari 2600 erreicht hat, könnte man glauben, das sei von Beginn an klar gewesen. Doch am Anfang der wegwei- senden Heimkonsole stand eher keine Bgeniale Idee, wie einer der Hauptverantwortlichen für das System, Al Acorn, fast schon demütig FAKTEN ausführt: „Die Architektur war für jeden ziemlich VERÖFFENTLICHUNG: 14. OKTOBER 1977 offensichtlich,” erinnert er sich der spätere Leiter (EUROPA 1980) von Ataris Consumer-Entwicklungssparte. „Unser STARTPREIS: 199 DOLLAR Geschäft waren dedizierte Spielechips, und wenn du einen Mikroprozessor kriegen kannst und ein ABMESSUNGEN: 35,8 x 23.5 x 6,5 cm Spiel in ein ROM, dann bekommt die Sache of- GEWICHT: 552 g fenkundig Flügel.” PROZESSOR: MOS/Signetics 6507 mit 1,19 MHz Die Geschichte des Geräts, das 1977 als Atari 2600 erschien (bei uns erst SPEICHER: 128 bytes 1980, unter dem Namen VCS 2600) BILDSCHIRM: 256x192 und 320x 240 Pixeln begann bei der Firma Cyan En- FARBEN: 128 NTSC, 104 PAL gineering. Genauer gesagt, begann sie nach einer von Steve Mayers und WICHTIGE MAGAZINE: ATARI AGE, ATARI Ron Milners vielen Reisen zwischen CLUB, ATARI OWNER’S CLUB, ATARIAN deren Cyans Sitz in Grass Valley und Atari Inc in Los Gatos. Grass Valley diente Atari seit 1973 als Forschungsabteilung für Im Sommer 1975 kam es zu Mayers und Mil- neue Automatenspiele und verwandte Pro- ners besagter Rückreise von Atari zurück nach Hause. jekte. Cyan war von Mayer und Larry Emmons Auf dieser diskutierten sie die Frage, ob man einen gegründet worden, zwei Ingenieuren aus Ampex‘ Mikroprozessor zum Bau einer Spielekonsole nutzen Videofi le-Abteilung, wo auch die Atari-Gründer Nolan könne, auf der viele verschiedene Spiele laufen. Der Bushnell und Ted Dabney ihre Karrieren begannen. Grund für die Überlegung war, dass Atari plante, mit Im Bereich der Automatenspiele wurde die Pong erstmals den Endkunden-Markt für elektronische Konkurrenz schnell immer größer, und Bushnell wurde Geräte zu betreten. Gemeinsam mit der Einzelhandels- als Atari-Chef schnell klar, dass er durch die kontinu- kette Sears wollte man die Wohnzimmer erobern! ierliche Veröffentlichung neuer Spiele die Oberhand Ermöglicht hatte diesen Schritt Atari-Ingenieur behalten musste. Deshalb startete er die Zusammen- Harold Lee, dem es gelungen war, Al Alcorns origina- arbeit mit seinen ehemaligen Kollegen bei Ampex, len Pong-Automaten in einen einzigen, dedizierten Chip eben Cyan. Die Firma wurde so wichtig für seine zu stopfen. Mit dem im Consumer-Electronics-Handel Strategie, dass sie aufkaufte. Fortan stellte führenden Partner Sears und einer neuen Fabrik (be- Cyan in den frühen 70ern Prototypen von zahlt vom Investor Don Valentine) begann mit der Te- Ataris Automatenspielen her. Ihre De- lespiel-Version von Pong ein neus Kapitel für Atari. Das signs waren oft innovativ. Wie Nolan es Unternehmen plante bereits Nachfolgekonsolen auf formuliert, „baute Cyan den technischen Basis der neuen Technologie und wollte damit einige Kram, von dem man sagte, man könne der Pong-Ableger aus der Spielhalle in die Wohnzim- ihn nicht herstellen.” mer bringen.

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 7 WIE ES FUNKTIONIERT DIE INTERNEN SCHLÜSSELKOMPONENTEN DER ERSTEN VERSION DES ATARI 2600

CARTRIDGE-PORT CONTROLLER-PORT BEDIENSCHALTER Es ist nicht bloß der Ort zum Zwei DB-9-Ports dienten zum Die Bedienschalter der frühen Modelle des 2600 sind auf einem separaten PCB Einstecken der Spielmodule: Anstöpseln der Controller und platziert, der mit einem Flachkabel mit dem Mainboard verbunden ist. Die Schalter Der Steckplatz dient auch als weiterer Peripherie-Geräte. (von links nach rechts) sind zum Ein- und Ausschalten, TV-Typ (Farbe oder schwarz- Erweiterungs-Slot. Später ver- Ein innovatives Feature, denn weiß), Schwierigkeitsgrad für linken respektive rechten Spieler, Spielauswahl (zum fügbare Zusätze wie Tastatur oder damalige Konsolen verbanden Durchschalten der Spiele auf dem jeweiligen Cartridge) und Reset. Ab 1980 wurden Extra-Speicher nutzten ihn zur die Controller meist fest per die Schwierigkeitsregler auf die Rückseite nahe der Joystick-Ports verlegt. Der Kommunikation mit dem 2600. Kabel mit dem System. später veröffentlichte 2600 Jr hatte statt Schaltern Plastikschieber.

TIA Steht für Interface Adaptor, übermittelt als TV-An- HOCHFREQUENZ- CPU RIOT bindungs-Adapter also Sound MODULATOR Die Mikroprozessor des 2600 ist der RIOT steht für RAM-I/O- und Bild an den Fernseher. Das von TIA erzeugte Bild wird 6507, eine abgewandelte Version des Timer (Speicher-Ein-/ an den Modulator weiterge- ehrwürdigen 6502, dem ein paar der Ausgabe-Timer). Der LAUTSPRECHER-PODIUM geben und dann ans Display Interrupt-Leitungen und Transaktionssig- Chip hieß vorher MOS Die Entscheidung, den Sound nicht per via Ultrakurzelle auf Kanal 3. nale fehlen. Er kann 8K Speicher verwal- Tech 6532. Er ist Träger internem Lautsprecher wiederzugeben, wie Um es noch komplizierter zu ten, was später durch eine Technik na- des einzigen Speichers in vielen anderen Konsolen Mitte der 70er, machen, hatten manche Ver- mens Bank-Switching umgangen werden des 2600 (karge 128 By- sondern ihn direkt an den Ferseher zu schi- sionen des Launch-Modells konnte. Der Prozessor diente später auch tes) und liest zudem die cken, fiel erst sehr spät in der Entwicklung. einen Schalter zur Wahl von als Controller für das Floppy-Disk-Lauf- Informationen von Ports Zu spät, um den Sockel für die Lautsprecher Kanal 3 und 4 – oder ein Loch werk in Ataris 8-Bit-Computern. und Schaltern aus. im ersten Modell noch zu entfernen. ohne Schalter.

8 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SAMMLER-CHECK: ATARI 2600

» MIKROPROZESSOR BEDEUTETE: DER 2600 NEUE SOFTWARE LADEN, IM WANDEL ANDERES SPIEL SPIELEN. «

Genau das führte Milner und Mayer zu dem wie die E3 für Spielejournalisten. Milner und Mayer Gedanken, Mikroprozessoren für eine zukunftsfähige erhielten kurz vor der 24. Wescon, die 1975 in San Spielekonsole zu nutzen. Während man mit der „Pong Francisco stattfand, eine Einladung. Und zwar von auf einem Chip“-Technologie für jedes Spiel einen ei- einem bis dahin nicht bekannten Prozessorhersteller genen, extra dafür hergestellten Chip brauchte, könnte namens MOS Technology. Die ersten 400.000 Einheiten des 2600 hatten ein markantes, man mit einem Mikroprozessor-basierten System ein- Bei MOS arbeitete Chuck Peddle in führender dickes Plastikgehäuse mit geschwungenen Kanten. In der Revision von 1978 wurde das Plastik dünner, die Form ecki- fach neue Spielesoftware laden. Position. Er hatte 1973 bei Motorola angeheuert, um ger. Genauso wie die Launch-Version bietet diese Revision Auch das Atari-Management dachte in diese deren Mikroprozessoren-Projekt in Mesa, Arizona, zum aber sechs Schalter zum Ein- und Ausschalten, Wahl des Richtung, wollte aber noch einen Schritt weiter gehen. Abschluss zu bringen. Nachdem er erfolgreich die Feh- TV-Typs (Farbe oder schwarz-weiß), Spielauswahl, Reset, Al Acorn erinnert sich: „Nolan, Atari-Präsident Joe ler von Motorolas erstem Chip 6800 ausgemerzt und Schwierigkeitsgrad für linken und rechten Spieler. Die Keenan und ich setzten uns zusammen und entschie- einen Unterstützungschip entwickelt hatte, wollte er an beiden letzten Schalter wanderten später auf die Rückseite. den, dass wir ein Spielsystem mit Modulen brauchen.“ einer neuen, günstigeren Version arbeiten. Da Motorola Alcorn gab Milner und Mayer den Auftrag, das Thema damals jedoch nicht daran interessiert war, weitere voranzutreiben. Die beiden schauten sich zunächst an, Mikroprozessoren zu entwickeln, entschied Peddle, was der junge Markt an Mikroprozessoren hergab, um seinen Plan im Alleingang weiter zu verfolgen. Peddle die Umsetzbarkeit ihres Konzepts zu prüfen. tat sich mit einem alten Bekannten aus demselben Bu- siness, John Pavinen, zusammen und nahm seine Idee EIN MIKROPROZESSOR UND EIN mit zu dessen Firma MOS Technology. REBELL NAMENS PEDDLE MOS hatte im überfl uteten Markt für Ta- Ursprünglich sollte der 2600 den Sound über interne Motorola und Intel führten damals den Markt für Mik- schenrechner den Kürzeren gezogen, weshalb die Lautsprecher ausgeben. Obwohl der Ton letztlich übers roprozessoren an, der vier Jahre vorher mit Intels 4004 Bereitschaft, ihr Glück mit einem preisgünstigen Mik- TV kam, finden sich die Lautsprecher-Halterungen noch im Gehäuse der Erstauflage. Tatsächlich gibt es seinen Anfang genommen hatte. Mittlerweile waren roprozessor zu versuchen, groß war. Im August 1974, sie in verschiedenen Formen sogar noch in bestimmten mit Intels 8080 und Motorolas 6800 ausgereifte CPUs als Motorola seinen 6800 für 300 Dollar anbot, begann Revisionen, die im Jahr 1978 in den Handel kamen. erschienen. Urgesteine wie Fairchild Semiconductor Peddle nebst sieben Mitarbeitern mit der Entwicklung und Texas Instruments mischten ebenfalls mit, das eines alternativen Prozessors. Ihr Ziel war, den Chip Angebot war also üppig. für spottgünstige 20 bis 25 Dollar anbieten zu können. Ron und Steve stellten Wunschlisten für Sie nannten die Reihe 6500, um eine Assoziation zu diverse Prototypen ihrer Mikroprozessor-basierten Motorolas 6800er zu wecken. Der 6502 sollte der Spielekonsole zusammen. Das Konzept erfuhr über die Hauptmikroprozessor der Serie sein, dazu kamen eine Zeit hinweg zahlreiche Revisionen. Man schloss auch, Reihe von Unterstützungs-Chips, die den Anschluss konträr zur Modul-Idee, die Produktion von dedizierten von Peripherie-Geräten erlaubten. Es war also in der Versionen nicht aus, die dann im ROM jeweils unter- Hinsicht genau dasselbe Konzept, mit dem Peddle zu- schiedliche Spiele haben würden. vor bei Motorola Pionierarbeit geleistet hatte. Die Launch-Version des 2600 wird von Sammlern oft Das Problem beim Design der Atari-Spielekon- Auf der Wescon in San Francisco wollte MOS „Heavy Sixer” genannt. Wie man auf dem Bild sieht, sole bestand im Preis der Mikroprozessoren: 100 bis diesen Chip präsentieren und erste Käufer an Land kommt der Name von dem Metallschild, der die vom 2600 300 Dollar pro Stück waren einfach zu viel. Doch bei ziehen. Im August 1975 schalteten sie Werbeanzeigen erzeugten elektronischen Interferenzen abblocken soll. Da einem Besuch einer Elektronikmesse im September in Branchenmagazinen für ihren 25-Dollar-Chip, den sie es bei der Federal Communications Commission (FCC), die 1975 fand man die Lösung. Die Western Electronics für diesen Preis gleich auf der Wescon verkaufen woll- US-Behörde zur Regulierung des Rundfunks, noch keine Vorgaben für Geräte wie dieses gab, fügte man die Ab- Show and Convention (Wescon) war damals die wich- ten. Mit dem Kampfpreis erzeugten sie viel Aufmerk- schirmung hinzu, um auf jeden Fall die gängigen Standards tigste US-Messe in diesem Sektor – so bedeutend samkeit. Allerdings war der Veranstalter der Messe zu erfüllen. Im Modell von 1978 fiel sie weg. Zusammen nicht davon begeistert, dass sie die Wescon als Basar mit ein paar kosmetischen Änderungen nennen manche nutzen wollten: Man verstand sich als Handelsmesse, dieses Modell „Light Sixer”. Es ist übrigens ein Mythos, nicht als Flohmarkt. Kaum waren Peddle und seine Kol- dass in Sunnyvale nur Heavy Sixers hergestellt wurden, es legen an ihrem Stand angekommen, wurden sie auch wurden dort ebenso Light Sixers produziert. schon aufgefordert, keinesfalls unter den Augen des gesamten Silicon Valleys ihre Chips zu verkaufen. Peddle fand schnell eine Lösung: MOS shickte die Interessenten einfach vom Stand in ihr nahe gelege- nes Hotel. Dort wartete vor einer Suite stand Peddles Frau mit einer Tonne voller Mikroprozessoren und einer Ladung Anleitungen. Vor der Suite gab es den Stan- dard-Chip zum Kauf, im eigentlichen Hotelzimmer wur- de die komplette Chip-Serie vorgeführt. Es bildete sich eine lange Schlange vorm Hotelzimmer, in der auch der junge Steve Wozniak (der spätere Apple-Mitgründer) Das Motherboard des 2600 ist ziemlich klein. Abseits der stand. Und natürlich auch Milner und Mayer, die ge- Flachkabel zu den Schaltern und dem Cartridge-Port gibt » Der freudige Moment, Weihnachten 1977 zu einem der es nur drei Chips (von links nach rechts): die 6507-CPU, nauso beeindruckt von MOS‘ Preishammer waren wie ersten Besitzer eines Atari 2600 zu werden. Auch Joe den RIOT von MOS und die Grafik-Einheit TIA. Decuir freute sich, wenn er den Kindern im Kaufhaus alle anderen. Was sie damals nicht wussten: Von der zuschaute, wie sie begeistert am 2600 spielten. Ladung Chips war nur ein Teil funktionsfähig...

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 9 DIE TOP 10 SPIELE FÜR ATARI 2600

ADVENTURE E.T. YARS’ REVENGE SPACE INVADERS COMBAT ERSCHIENEN: 1979 ERSCHIENEN: 1982 ERSCHIENEN: 1982 ERSCHIENEN: 1980 ERSCHIENEN: 1977 Warren Robnetts Adven- Howard Scott Warshaws Warshaw entwickelte im Es gibt kaum ein frühes Kon- Combat war klar von Tank ture war ein Meilenstein, E.T. ist ebenfalls untrennbar selben Jahr wie das mäßi- solenspiel mit einer ähnli- inspiriert, übertrumpfte nicht nur auf Atari 2600. Warren mit dem 2600 verbunden. Es sollte ge E.T. auch sein bestes Spiel. chen Bedeutung wie Ataris Port von das Vorbild aber mit 27 Spielmodi schummelte nicht bloß trickreich ein innovativer Begleiter zum Kino- Anfangs sollte es eine Portierung Space Invaders. Es war das erste – auch wenn die ebenfalls alle ein und gegen die Atari-Konventio- film werden, aber nach langwieri- von Cinematronics‘ Star Castle lizenzierte Automatenspiel und das Automatenvorbild hatten. Combat nen seinen Namen ins Spiel, son- gen Lizenzverhandlungen blieben werden, dann schwenkte erste Videospiel mit mehr als 1 Milli- gehörte zu den neun Launchtiteln dern erlaubte den Spielern erst- Warshaw nur noch fünf Wochen, Warshaw jedoch um. Er entwi- on Verkäufen – es kam sogar auf der Konsole, aus diesem Grund mals, Items einzusacken. um es fürs Weihnachtgeschäft ckelte einen innovativen Shooter, mehr als 2 Millionen im ersten Jahr. kennt es fast jeder Besitzer eines Natürlich wurde Adventure spä- fertigzustellen. Trotz seiner gerin- der so beliebt wurde, dass er sein Space Invaders erwies sich als Sys- Atari 2600. Erschaffen wurde ter von Titeln wie Haunted House gen Qualität verkaufte sich E.T. 1,5 eigenes Titellied hervorbrachte temseller, denn die Verkaufszahlen Combat von Steve Mayer, Joe oder The Legend Of Zelda über- Millionen Mal. Allerdings hatte Ata- und ein Radio-Hörspiel rund um des Atari 2600 vervierfachten sich Decuir, Larry Wagner und Larry troffen, das ändert aber nichts an ri 4 Millionen Stück produziert. Ein das Comicbuch, das die Original- nach dem Release des Spiels. Die Kaplan, die damit eines der ersten seinem wegweisenden Charak- Teil der riesigen Menge an Rück- geschichte erzählt. Yars‘ Revenger 2600-Version entspricht zwar nicht Videogames für zwei Spieler auf ter. Es verkaufte sich mehr als läufern vergrub Atari während des wurde schließlich zum meistver- ganz dem Automaten, bietet aber der Heimkonsole ablieferten. eine Million Mal. Videogame-Crash in der Wüste. kauften Spiel für den Atari 2600. 112 Gameplay-Variationen.

gen erwartet. Nur eine Firma reagierte sauer: Motorola, » MOTOROLA VERKLAGTE Peddles voriger Arbeitgeber, verklagte ihn und MOS wegen des angeblichen Diebstahls von technischen PEDDLE UND MOS WEGEN DIEB Zeichnungen und Handelsgeheimnissen – nur eine Wo- che nach der Ankündigung durch Milner und Mayer. Den kurzen Zeitabstand zwischen Peddles STAHL VON KONZEPTEN UND Weggang und der Aufnahme seiner Produktion wer- tete Motorola als Indiz, ebenso die Tatsache, dass der HANDELSGEHEIMNISSEN. « MOS-Chip 6501 kompatibel mit Motorolas 6800 war. Anfang November 1975 begann der Prozess. Mittels einer einstweiligen Verfügung war es MOS während- Nachdem die beiden Cyan-Leitenden ihren Eine letzte Hürde blieb: Sowohl MOS als dessen untersagt worden, in Produktion zu gehen. Wie 6502 samt Instruktionen erhalten hatten, unterhielten auch Atari und Cyan wollten für ihre Chips zusätzliche gut, dass Atari sich um eine alternative Produktionsop- sie sich gut 90 Minuten mit Peddle. Sie vereinbarten, Hersteller offi ziell lizenzieren. MOS wollte sich so tion gekümmert hatte! dass Peddle am nächsten Tag Cyan besuchen sollte, schneller als Hersteller am Markt etablieren, Atari sich Motorola gewann den Prozess, schaffte es um zu klären, ob und wie man den 6502 in der ge- gegen den möglichen Wegfall von MOS als Lieferant aber nicht, auch den Chip 6502 verbieten zu lassen. planten Spielkonsole einsetzen konnte. Peddle und absichern. Atari wollte außerdem Handelsbeziehun- Alle produzierten Einheiten des 6501 jedoch mussten sein Team verhandelten schließlich zwei Tage lang mit gen mit jemandem an der Westküste. Beide Unter- qua Urteil zerstört werden. Zudem blieben die Gerichts- Cyan. Es wurde über die ursprünglichen Traum-Spezi- nehmen hatten ihre Wunschpartner bereits ins Auge kosten von 300.000 Dollar an MOS hängen. Genau fi kationen von Steve und Ron gesprochen, über mögli- gefasst – und dachten an dieselbe Firma: Synertek. aus diesem Grund zählt der 6501 heute zu den begehr- che Board-Designs, aber auch über Finanzielles. Bob Schreiner, der Präsident von Synertek, testen Sammlerobjekten von Computer-Enthusiasten. Am Ende entschied sich Cyan tatsächlich kannte Peddle bereit aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Für Atari und Cyan war er jedoch nicht von Bedeutung: für einen Chip von MOS Technology, allerdings nicht General Electrics; sie waren befreundet. Auch Atari Sie hatten ja bereits einen anderen Produzenten für den 6502. Aus Kostengründen gab man dem 6507 hatte bereits eine Verbindung zu Synertek: Die Firma ihren Chip, ein extrem kostengünstiges Grunddesign – nebst Ein-Ausgabe-Chip den Vorrang. Nun fehlte nur entwickelte und fertigte die Chips für die Heimversi- und nicht zuletzt die Ingenieure, um ihre modulbasierte noch ein Prozessor für Grafi k und Sound. Eine Inge- on von Pong. Spielekonsole Wirklichkeit werden zu lassen. nieursfi rma namens Microcomputer Associates hatte Gerade mal einen Monat nach dem ersten Zu- Debugging-Software für MOS erstellt. Zudem ver- sammentreffen von Cyan und MOS war das Projekt in WER IST STELLA? fügten sie über eine Entwicklungsumgebung namens trockenen Tüchern. Milner und Mayer benachrichtig- Bis Dezember 1975 gelang es Milner und Mayer, einen Jolt, die zusammen mit einem Terminal-Interface und ten die anderen Hersteller von Mikroprozessoren, dass halbwegs funktionalen Prototypen zu bauen, auf dem eingebauter Debugging-Software. Mit Jolt konnte sie kein Interesse mehr an ihren Produkten hätten. Die eine Heimversion des Automaten-Hits Tank lief. Zum man die Hauptlatine der Konsole ausprobieren, bevor meisten Unternehmen ließ das kalt, sie hatten von Einsatz kam der 6502 Jolt zusammen mit einer frühe- alle Chips fertig waren. dem möglichen Abkommen mit Cyan keinen Geldre- ren Version eines selbstentwickelten Grafi kchips. Die

10 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SAMMLER-CHECK: ATARI 2600

EINIGE DER WICHTIGSTEN UND BESTEN SPIELE FÜR ATARIS POPULÄRE HEIMKONSOLE

PITFALL! RIVER RAID MISSILE COMMAND THE EMPIRE STRIKES BACK PAC-MAN ERSCHIENEN: 1982 ERSCHIENEN: 1982 ERSCHIENEN: 1980 ERSCHIENEN: 1982 ERSCHIENEN: 1982 Pitfall! war ein absoluter Ein weiterer Hit von Activi- Während die Automa- Spiele mit Film- oder TV-Li- Als Pac-Man von Tod Frye Verkaufsschlager auf dem sion, der auf Ataris 1978er ten-Umsetzung von Space zenz erweisen sich oft als umgesetzt wurde, war Atari Atari 2600. Mehr als 4 Millionen Automatenspiel Sky Raider auf- Invaders visuell enttäuschte, zeig- herbe Enttäuschung. Dieses aller- extrem zuversichtlich, dass es ein Einheiten wanderten über die La- baut. Entwickelt wurde River Raid, te Missile Command, wie nah eine erste offi zielle Lizenzspiel zu Star Erfolg auf dem 2600 würde. Man dentheke, auch wenn das Spiel mit mehr als einer Million Einhei- Heimversion an der Vorlage sein Wars bewies jedoch, dass auch rechnete mit 10 Millionen 2600-Be- damit nur Platz 2 hinter Pac-Man ten immerhin auf Platz 10 der kann. Aber auch in diesem Fall Lizenz- Videogames die Atmosphä- sitzern, die es kaufen würden, und belegt. Pitfall! hatte seine eigene meistverkauften 2600-Spiele, von mussten Kompromisse gemacht re der Vorlage erfolgreich einfan- erwartete, mit Pac-Man die Verkäu- Cartoon-Sendung und half Activi- Ex-Atari-Programmierer Carol werden. Zum Beispiel fehlen die gen können. In The Empire Strikes fe der Konsole weiter anzukurbeln. sion auf dem Weg zum mächtigen Shaw. Bemerkenswert ist nicht Flugzeuge und UFOs im 2600er Back seid ihr mit einem Snowspee- Atari bestellte 12 Millionen Exemp- Publisher. Es war außerdem einer zuletzt die Technik, die alles aus Missile Command. Spaß macht es der unterwegs und müsst imperia- lare und plante, mit den Verkäufen der ersten scrollenden Plattfor- dem Atari 2600 rausholt. Das Spiel trotzdem! Mit 2,5 Millionen ver- le AT-ATs vernichten. Es war sehr 500 Millionen Dollar umzusetzen. mer, fast alle davor nutzten stati- selbst ist ein Shooter, in dem wir kauften Exemplaren war es ein beliebt auf Atari 2600. Später gab Der Plan schlug fehl, denn ausgelie- sche Hintergründe. Für manche ist über einen vertikal scrollendem klarer Publikumsmagnet – immer- es auch eine Umsetzung für Intelli- fert wurden „nur“ 7 Millionen. Die Pitfall Harry so was wie ein Ata- Untergrund fl iegen. In Deutsch- hin reichte es für Platz 4 der meist- vision. Unzählige andere Star zu viel georderten Einheiten einer ri-Maskottchen. land wurde River Raid indiziert. verkauften Spiele für Atari 2600. Wars-Spiele folgten. der späteren Sargnägel für Atari.

beiden hatten sogar den Joystick der Automaten-Ver- nächst aber musste Decuir für eine Präsentation bei sion an das System angepasst. Bushnell, Alcorn und Keenan im Februar 1976 eine Zu dieser Zeit stellte Alcorn einen neuen Demo von Tank zum Laufen bringen. Die Architektur Ingenieur zum Debuggen ein, der das Projekt auf des Prototyps war an die des Automaten angelehnt, den Weg von Cyan zu Atari bringen sollte, also vom den Cyan für Atari entwickelt hatte. Das war sinnvoll, » Der Mann hinter Prototyp zum Serienmodell. Joe Decuir hatte seinen immerhin war das Ziel, alle Automaten-Spiele Ataris dem 6502: Chuck Abschluss am UC Berkeley gemacht und hatte keine jener Zeit auf den 2600 zu bringen. Peddle half beim Lust mehr, an medizinischen Geräten zu arbeiten. In Dabei beschränkte man sich auf die we- Erbringen des seinen Worten:“Wir nutzten teures High-End- Equip- sentlichen Features der Automaten-Versionen, Machbarkeits- ment, um Patienten in schlimmem Zustand zu helfen. angepasst an TV-Bildschirme. Zur Darstellung der nachweises für den 2600 und bei Doch 91 Prozent von ihnen starben trotzdem. Das Bildschirm-Elemente dienten separate Hardware-Re- der Suche nach war demoralisierend.” gister. Den unabhänigig generierten Hintergrund einem zweiten Decuir hatte eigentlich nicht die Absicht, sich bezeichneten die Schöpfer als „Spielfeld“, ein Begriff, Chip-Hersteller. mit Spielen zu beschäftigen. Doch sein Vater hatte den man sich vom Pinball auslieh. Die Objekte, die ihm geraten, denjenigen Job anzunehmen, bei dem der Spieler steuert oder mit denen er interagiert, wodurch mehrere Spieler-Objekte möglich waren. er mehr lernen konnte. Und das war das Chipdesign wurden als Spieler-Objekte tituliert und nutzen eine Eigentlich hatten Decuir und Team dieses System bei Atari, Spiele hin, Spiele her. „Mein Kumpel Greg damals neue hardwareseitige Erzeugungstechnik, die aus Kostengründen ersonnen, doch es erwies sich meinte zu mir: ‘Mit Spielen kannst du Gutes in der man später als Sprites bezeichnete. als überaus fl exibel und ermöglichte Grafi k-Kapazitä- Welt tun. Die meisten Leute sind aus eigener Schuld Im konkreten Fall wurde jedes angezeigte ten, die weit über das hinaus gingen, was man sich krank, weil sie rauchen oder fressen, sind einsam und Objekt einzeln erzeugt, indem die jeweilige Pixel-Be- ursprünglich vorgestellt hatte. gelangweilt. Schenke ihnen Unterhaltung!’” schreibung in die Hardware-Register geladen wurde. Die Präsentation rückte näher. Auf der Agen- Das tat Decuir, de rModellname seines Lieb- Die Register für Spielfeld und Spieler-Objekte konnten da stand neben der Konsole auch die Demonstration lingsmotorrads (das er heute noch fährt) wurde zum vom Programmierer für jede Scanlinie des Bild- eines Versuchsprojekts eines Videotelefons von Codenamen für den Grafi kchip des 2600: Stella. Zu- schirm-Kathodenstrahls wiederverwendet werden, Cyan. Es war klar, dass nur eines der beiden Projekte grünes Licht bekommen würde. Bushnell lehnte aber bereits am Vormittag das Videotelefon ab, sodass die Bahn für die Spielkonsole frei war. Noch immer fehlte jedoch ein Grafi k-Chip für die fi nale Version. Niemand aus der Automaten-Ab- teilung beherrschte das nötige Layout-Design na- mens VLSI (Very Large Scale Integration). Selbst Harold Lee, der das Auf- einem-Chip-Pong ent- » ALLES IM VCS SAH NACH REVISIONEN, EINEM HIGHEND STÜCK REVISIONEN… DER UNTERHALTUNGS DER ATARI 2600 ERFUHR WÄHREND SEINES GERÄTE AUS. « LEBENSZYKLUS’ MEHRERE REVISIONEN, ZUDEM GAB ES ALTERNATIVE VERSIONEN worfen hatte, sah sich der Aufgabe nicht gewachsen: schiedenen Vorkommnissen, die teils kurzfristige, teils IM RAHMEN VON SEARS’ „Ich hatte noch nie so einen Chip designt und wollte langfristige Auswirkungen auf den 2600 hatten. TELE-GAMES-LABEL das nicht allein machen. Deshalb holte ich Jay Miner an Das erste und wichtigste war der Verkauf der Bord, da er mit solchen Chips bereits Erfahrung hatte.” Atari Inc. an Warner Communications, der im Oktober Ein weiteres Mal erwies sich die frühe Unterhal- 1976 abgeschlossen wurde. Grund dafür war die fi nanzi- HEAVY SIXER tungselektronik-Welt als klein: Alcorn und Lee kannten elle Notlage Ataris, die sich deshalb nach einem Investor Das Originalmodell von 1977 mit seinen Miner durch seine Arbeit am Heim-Pong bei Synertek. umsehen musste. Bushnell und Keenan fanden aber sechs Schaltern, dickem Gehäuse, Holzi- Um ihn von dieser Firma zügig zu Atari bekommen, niemanden, also musste ein Käufer her, eben Warner. mitation, metallenem Schutzschuld und versprach Alcorn der Synertek-Geschäftsleistung große Das zweite Ereignis war der Vergleich im hochwertigen Controllern. Wurde übrigens Chip-Bestellungen in der nahen Zukunft: Der 6502 soll- Rechtsstreit um Patentrechte mit Magnavox im Juni in Sunnyvale hergestellt. te auch in den Automaten von Atari genutzt werden. 1976. Im Zuge dessen musste Atari nicht bloß tief Decuir werkelte nun also mit Miner, den Alcorn in die Tasche greifen, sondern auch freien Zugang LIGHT SIXER als „den besten Chip-Designer auf dem Planeten“ be- zu jedweder Atari-Technologie gewähren, die bereits Vertrieben zwischen 1978 und 1980, mit zeichnete, an der fi nalen Version der Konsole, zusam- produziert war oder bis Juni 1977 in Produktion ging. günstigerem Gehäuse und Joysticks. men mit dem ersten maßgeschneiderten Grafi k-Chip Die Existenz des 2600 aber, der nun Video Computer dieser Art. Larry Wagner stieß ebenfalls zum Team, System hieß, blieb ein Firmengeheimnis von Atari. 2600-A als Leiter der Software-Entwicklung. Ihm wurde die Diese Geheimhaltung war auch der Grund, weshalb Vier Schalter vorne, die für die Schwie- Aufgabe zuteil, die Programmierer einzustellen, die die das Projekt vor dem genannten Stichtag nicht auf der rigkeit nun hinten. Letzte Version mit ersten zehn Launch-Spiele schreiben sollten. Unter Consumer Electronics Show gezeigt wurde. Holzimitation. ihnen waren übrigens einige jener Designer, die später Und es gab noch ein drittes Ereignis von Activision gründeten. Bedeutung: Fairchild veröffentlichte sein Mikroprozes- 2600 Die Ingenieure der neuen Endkunden-Pro- sor-basiertes System im August 1976. Da viele der In- Komplett schwarz, von Sammlern deshalb duktion arbeiteten eng mit der (viel größeren) genieure von Atari mit Fairchilds Chef-Entwickler Jerry oft Darth Vader genannt. Erstmals nutzte Automaten-Abteilung zusammen. Bis hierhin lag Lawson befreundet waren, wussten sie schon länger Atari die Zahl 2600 offiziell als Namen, vor Ataris Hauptaugenmerk noch auf den Automaten als von diesem System. allem aufgrund des parallel stattfindenden Einnahmequelle. Alcorn war klar, dass er seine Kon- Jerry war es für seine Plattform sogar gelun- Release des Atari 5200 im Jahr 1982. solenpläne nicht nur vor den Mitbewerbern geheim gen, das größte Problem zu lösen, das Atari bei der halten musste. Auch das eigene Management wollte Entwicklung plagte: die statische Entladung beim Ent- ATARI 2800 er möglichst auf Abstand halten.„Mein Job war, die fernen der Cartridges. Nachdem Fairchild seine Heim- Deltene japanische Version des 2600, ver- Bluthunde von meiner Abteilung fernzuhalten, damit plattform vor Atari veröffentlichte, gelangte der neue öffentlicht 1983. In den USA als Sears Video sie ihre Arbeit machen können. Damit beschäftige ich Eigentümer Warner zum Schluss, dass Ataris Zukunft Arcade II vermarktet. mich die Hälfte der Zeit.” im 2600 bestehen würde. Zu diesem Zweck mietete er ein Gebäude Bei der fi nalen Präsentation im Juni 1977 wies 2600 JR weit weg vom Hauptquartier an. Allerdings blieb die der 2600 die Charakteristiken auf, die Warner verlangt Die letzte, extrem kostenreduzierte Version Niederlassung nicht lange geheim, denn ohne Alcorns hatte, und die auch Atari wollte. Es war ein Mix aus von 1985. Wissen mietete Steve Bristow, der Chefi ngenieur der schwerem, stylischen Plastik und Holzimitation, designt Automaten-Abteilung, das Haus nebenan für Ataris von Doug Hardy und Fred Thompson, der in jeder- neue Pinball-Projekte an... manns Wohnzimmer passte. Zur Konsole gesellte sich außerdem ein Paar hochwertiger Controller im Automa- VON STELLA ZUM ten-Stil. Die mit digitalen Sticks und analogen Knöpfen VIDEO COMPUTER SYSTEM ausgestatteten Eingabegeräte waren von Gerald Aamo- Unter Miners Leitung wurde die Architektur des 2600 th und John Hayashi entworfen worden. formalisiert, das interne Speichermapping restruktu- Ein besonderes Merkmal des 2600 war, dass riert, die Hardware-Register fi nalisiert. Zudem trug man der Sound direkt über den Fernseher ausgegeben Sorge dafür, dass die Synchronisation zwischen 6507 wurde. Das war ein deutlicher Vorteil gegenüber der und Grafi k-Chip ohne zusätzlichen Speicher funktionier- Fairchild-Konsole oder den Pong-Geräten auf dem te. RAM war damals sehr teuer, also mussten die 128 Markt, die dafür einen internen Lautsprecher mit deut- Bytes auf dem dritten Chip des 2600, genannt RIOT lich schlechter Soundqualität nutzten. (für RAM-Input-Output-Timer), reichen. Ab dem 14. Oktober 1977 stand der Atari 2600 Miner und Decuir fanden einen Weg, die für vergleichsweise günstige 199 Dollar im US-Handel. rudimentäre Grafi kverarbeitung auf dem Prototypen Wir Europäer mussten noch bis 1980 warten. Die » Von oben nach unten und links nach rechts: umzusetzen, und begannen mit der Produktion einer 400.000 fürs US-Weihnachtsgeschäft produzierten Prototyp von Kee Games, Atari 2800, Heavy Gate-Level-Version. Nachdem jene vollendet und in Einheiten waren in kürzester Zeit ausverkauft. Ataris Sixer, 2600-A mit „Spectravideo CompuMa- te”-Erweiterung. exakt derselben Form auf den Chip gebracht war, nun Einstieg in den Endkundenmarkt war also von fast unter dem Namen TIA (Television Interface Adaptor, sofortigem Erfolg gekrönt. Aber es war nur der Beginn zu deutsch: TV-Verbindungs-Adapter), kam es zu ver- eines ganzen Gaming-Zeitalters...

12 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SAMMLER-CHECK: ATARI 2600 DER JOYSTICK DES ATARI 2600 ES IST EINER DER BERÜHMTESTEN CONTROLLER DER SPIELEHISTORIE UND MUSS IN EINEM ATEMZUG MIT DEM ATARI 2600 GENANNT WERDEN. WIR HABEN DAS EINGABEGERÄT FÜR EUCH AUSEINANDERGENOMMEN.

Viele Fans wissen nicht, dass die Die hohe Qualität des CX-10 Launch-Version des Atari 2600 einen wird besonders durch die speziellen Joystick umfasste, den es nur stabilen Federn deutlich, mit diesem Modell gab. Den CX-10 seht ihr die die Bewegung über- im linken Bild, während rechts der ver- tragen. Der Feuerknopf breitetere CX-40 zu erkennen ist. Der Un- verleiht dem Stick noch terschied besteht in einer rutschfesteren mehr Automaten-Feeling. Gummierung des Sticks. Noch auffälliger ist nur das oben angebrachte Atari-Logo. Im orangefarbenen Kreis um den Stick fehlt dem CX-10 das Wort „Top”.

Wer denkt nicht an die Sticks des 2600, wenn man an Atari-Cont- roller denkt? Inspiriert waren sie jedenfalls von Kee Games’ 1974er Arcade-Hit Tank. Kein Wunder, immerhin verband man die Umsetzbarkeit der Plattform mit Von innen unterscheiden der Spielbarkeit vom später auf sich die Controller beim dem Start-Cartridge enthaltenen Aufbau. Beim CX-10 sind Combat, das neben Tank auch Jet drei Kabel-Verbindungen umfasste. Ein logischer Schritt also. links, drei rechts.

Der CX-40 nutzt eine harte Plastikscheibe, um Kontakt mit dem Controller-PCB her- zustellen, wodurch sich das Ganze etwas steifer anfühlt. Der Feuerknopf hat eine weichere Feder, weshalb das Feedback nicht so intensiv ist wie beim CX-10.

ATARI ALS EIGENER KONKURRENT VIELE WISSEN NICHT, DASS ATARI AN ZWEI ALTERNATIVEN ZUM 2600 ARBEITETE

Das erste System (das niemals in Produktion ging) wurden: Video Music, Ultra Pong, Super Pong, Stunt hieß Atari Game Brain. Es sollte eine Alternative Cycle und Video Pinball. Das Projekt wurde einge- zur Mikroprozessor-Architektur des 2600 werden, stampft, aber es kamen Konsolen in den Handel, in bei dem jedes Cartridge alle Schaltkreis fürs Spiel denen die Hardware in den Cartridges steckte wie enthält. Reichhaltig ist das Innenleben der geplanten beim SD-050 von Hanimex in Europa. Konsole nicht, nur ein paar Drähte für die Controller. Atari verfolgt parallel zum 2600 auch weiter Auf den ersten Blick sieht Game Brain wie der den Plan, dedizierte Heimversionen wie bei Pong zu » Als der 2600 in den 70ern Versuch aus, jedes Kontrollschema in Ataris Automa- vermarkten. So sollte etwa die Tank-Automaten-Um- designt wurde, war Al Alcorn tenspielen auf die Konsole zu packen, mit vierdirek- setzung Tank II erscheinen. Die Konsole bot fest an- Leiter der Abteilung für End- tionalen Knöpfen anstelle von Joysticks. Tatsächlich geschlossene Versionen der Joysticks des Atari 2600 kunden-Geräte und deshalb gab es eine Rolodex-artige Karte, auf der man sehen und wurde auf der CES im Juni 1977 gezeigt. Da aber hautnah dabei, als Atari die konnte, welche für die fünf ersten Spielen gebraucht der 2600 Erfolg hatte, wurde Tank II eingestellt. Wohnzimmer eroberte.

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 13 14 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SCHWERPUNKT: HOMECOMPUTER DER 70ER

Beschränkten sich Videospiele in den 70ern tatsächlich nur auf Automaten in der Spielhalle und die allerersten Konsolen? Natürlich nicht! Retro Gamer erinnert an die dritte Säule des Zockens jener Dekade: den Homecomputer.

us gleich zwei voneinander unabhän- fach.“ Doch der PET war nicht das einzige System, » Eine zeitgenössi- gigen Gründen markiert der November das auf der Messe vorgestellt wurde – Commodore sche Anzeige für 1971 einen wichtigen Monat in der hatte Konkurrenz. den Apple II. Computerspiel-Geschichte: Erstens wurdeA das erste kommerzielle Videospiel Apple II Computer Space veröffentlicht und zweitens Nachdem Commodore und Atari Steve Wozniaks der erste kommerzielle Mikroprozessor, der Intel Prototyp verschmäht hatten, nahm Steve Jobs den 4004. Dieser ebnete den Weg für seine erfolgrei- Rat von Al Alcorn von Atari an und kümmerte sich chen Nachfolger und damit für eine ganz neue selbst um die Finanzierung. Schließlich konnten die Geräteklasse – die Mikrocomputer. beiden Steves ihr Gerät als Apple II eigenständig auf Zur Mitte der 70er waren die Komponen- den Markt bringen. Für die fortschrittliche Hardware ten eines Mikrocomputers sehr teuer und wurden war Wozniak verantwortlich, der bereits Erfahrung über Elektronikmagazine vertrieben. Obwohl diese aus der Entwicklung für Spielautomaten mitbrachte. Systeme auf Spiele nur einen sehr geringen Einfl uss Er hatte Breakout mitentwickelt und forcierte daher hatten, inspirierten sie doch viele zukünftige Entwick- Sound und Farbgrafi k auf dem Gerät. Außerdem tes- ler. Chris Stamper und David Crane etwa bastelten als tete er seine BASIC-Variante namens Game BASIC, Persia gaben auf dem Apple-System ihr Debüt. Studenten an Computern herum und Archer Maclean indem er eine Breakout- Hommage namens Little Brick „Es gab so viele interessante Spiele auf dem stellte schon als Teenager Computer-Bausätze wie Out schrieb. Apple II“, erinnerte sich John Romero. „Damals den Altair 8800 zusammen. Steve Wozniak machte das System durch ging es ums Experimentieren, was den Apple-II- Erweiterungsslots zukunftssicher. Doch der Apple Spielen ein langes Leben bescherte. Kreative Commodore PET 2001 II profi tierte ebenso von den Fähigkeiten des Steve Programmierung war gefragt. Im Jahr 1976 kaufte Commodore, damals ein Jobs. Wozniak war ein begnadeter Ingenieur, aber Hersteller von Taschenrechnern, die Chipfi rma MOS auch ein Hitzkopf – Jobs hielt dessen Ausbrüche Radio Shack TRS-80 Technology, deren Chefentwickler Chuck Peddle die in Schach, indem er sich wie eine Glucke um das So teuer der Apple II war, so günstig war einer seiner Idee eines Rechners für den Hausgebrauch hatte. kleine Entwicklungsteam kümmerte. Steve Jobs war Mitbewerber, der TRS-80 von Radio Shack. Mitte Jack Tramiel, der Chef von Commodore, gab Chuck es auch, der sein Veto gegen lärmende Lüfter und der 70er entwickelte Don French von Radio Shack in sechs Monate für eine Machbarkeitsstudie. Aus Zeit- sichtbare Schrauben einlegte und ein stilvolles Plastik- seiner Freizeit den Prototypen eines Computerbausat- not schlug Petr Sehnal, ein Kollege von Chuck, zwei gehäuse mit einem prominent platzierten Apple-Logo zes und zeigte ihn John Roach, dem stellvertretenden Alternativen vor: eine herkömmliche System-Platine durchsetzte. Leiter der Produktionsabteilung. John war zwar oder einen Prototypen, an dem Apple gerade nicht daran interessiert, doch später, auf einer arbeitete. gemeinsamen Reise entlang der Westküste, Bei einem Meeting mit Apple bald darauf » Steve Wozniak war ein besuchten die beiden eine Firma, in der ihnen unterhielt sich Jack Tramiel mit Steve Jobs übers ein gewisser Steve Leininger einen neuen Pro- Geld und Chuck mit Steve Wozniak über die begnadeter Ingenieur, zessor vorstellte. Steve machte einen guten Ein- Hardware. Chuck stellte sich ein Gerät vor, auf druck und John wollte ihn anstellen. Wie es der dem BASIC laufen sollte, Wozniak dachte eher aber auch ein Hitzkopf. « Zufall will, arbeitete Steve in einem Byte Shop, an Maschinensprache. Jack bot Steve 50.000 bei dem die beiden kurz darauf vorbeikamen. Dollar an, doch dieser wollte die sechsfache Summe, Das fertige Gerät war zwar teuer, sah aber Nun ging es zügig. Steve besuchte die also entschied man sich für die vorgefertigte System- hochwertig aus und wurde von Jobs entsprechend Zentrale von Tandy und bekam einen Job angeboten, platine. Chuck funktionierte die Tastatur einer Additi- vermarktet. Zu Anfang waren die Verkaufszahlen zwar den er annahm. Don und Steve entwickelten einen onsmaschine um und sein Kollege Atsutoshi Fujiyama mau, als dann aber nach und nach mehr Software Prototyp, allerdings keinen Bausatz, denn sie nahmen bastelte einen Bildschirm aus Fernseherteilen dazu. erschien, verbesserten sie sich zusehends. Viele Aus- an, dass die meisten Kunden nicht löten könnten. Das Gerät war im Januar 1977 fertig und nahmetitel wie Choplifter, Lode Runner oder Prince of Bald darauf brach der Markt für CB-Funk zusammen, wurde John Roach von der Elektromarktkette Radio das Rückgrat von Tandys Geschäft. John sah seine Shack vorgestellt, der eine Massenfertigung allerdings Chance und innerhalb eines Monats durfte er seinen ablehnte. Jack entschied, dass Commodore den Prototypen in der Chefetage von Tandy vorführen. Computer selbst fi nanzieren würde und verlangte Das BASIC auf der Maschine stürzte zwar ab, aber eine serienreife Version innerhalb von vier Monaten. Tandy-Chef Charles Tandy zeigte Interesse und Mit Monitor, Tastatur und Kassettenrekorder im Ge- genehmigte die Produktion von 3.500 Geräten– eines päck wurde Chucks System, der PET 2001, schließ- für jeden Radio-Shack-Laden. Im Fall eines Flops hät- lich auf der West Coast Computer Faire im April 1977 ten die Geräte dann immerhin zur Inventarverwaltung vorgestellt. genutzt werden können. Der PET 2001 bot solide Spiele-Unterhaltung Der TRS-80 war ein Schwarz-Weiß-System für die damalige Zeit und legte den Kurs für Commo- zu einem niedrigen Preis, das in jedem Radio Shack dores Zukunft fest. „Der PET war simpel, aber durch getestet werden konnte und mehr Einheiten verkaufte seine Zeichensatzgrafi k einfach zu programmieren“, als alle anderen Homecomputer der 70er. Entspre- erklärt Chuck. „Der C-64 war im Prinzip dasselbe, » Schwedens führender » … und sein inoffi zielles chend interessant war er für Spiele-Programmierer. nur mit besserer Grafi k, und verkaufte sich millionen- Computer Luxor ABC … Maskottchen. „TRS-80-Spiele machen immer noch Spaß“,

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 15 » Atari hebt den dafür gab, und beauftragten Örjan Lindblom von Mehrwert sei- Dataindustrier mit der Entwicklung eines Prototyps. ner Systeme Örjan bekam den Auftrag, ein leistungsfähi- hervor. ges und gleichzeitig günstiges und simples System zu entwerfen. Johan Finnved schrieb ein raffi niertes BASIC dafür, das die Programme vor der Ausfüh- rung erst teilweise in Maschinencode übersetzte (ähnlich wie es später etwa GFA Basic per Compiler tat). Die Firmen stellten schließlich im August 1978 das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit vor: den ABC » Commodore 80. Sein Marktanteil lag in Schweden bei bis zu auf dem Cover 80 Prozent, und es erschienen einige einzigartige der Popular Titel für das Gerät. „Abgesehen von den Einschrän- Science. kungen bei der Grafi k war es eine wirklich tolle Plattform“, befi ndet der Entwickler Isak Engquist. Interact Home Computer Währenddessen wurde Anfang 1978 Rick Barnich Sharp MZ-80K Chefi ngenieur bei Interact Electronics und entwickelte Nach einem überstandenen Preiskampf im japani- mit seinem Team einen günstigen Homecomputer, schen Markt für Taschenrechner sah sich Sharp in der auf einem Prototyp basierte, den die Firma den 70ern nach profi tableren Produkten mit Mikro- erinnert sich der Programmierer Bill Hogue, „und erworben hatte. Aufgrund der Preisvorgabe sollte das prozessoren um. 1978 veröffentlichte die Firma den anders als heute wurden die Spiele nur von ein bis Gerät nur eine niedrige Grafi kaufl ösung, eine taschen- MZ-40K, einen einfachen Bausatz für Bastler, und zwei Leuten gemacht“. rechnerartige Tastatur und TV-Ausgabe bekommen. dann den MZ-80K, einen verbesserten und weiter Rick stellte sicher, dass das Gerät möglichst wenige vereinfachten Bausatz für den Endverbraucher. Das Exidy Sorcerer Interferenzen mit Fernsehern und Radiogeräten hatte, Entwicklungsteam des MZ-80K wurde von Kaoru Paul Terrell verkaufte im Jahr 1977 seine Computer- schließlich ging der Interact Home Computer Mitte Nakanishi geleitet. kette Byte Shop und schlug seinen Freunden Pete 1978 in Produktion. Ein Prototyp wurde entwickelt und mehrfach Kaufman und Howell Ivy (den Eigentümern der Spiel- Das billige und leistungsschwache System verändert. So wurde etwa der Einschaltknopf von hallenfi rma Exidy) Pläne für einen Homecomputer vor. konnte kaum Eindruck schinden, sodass es nur der Front- auf die Rückseite des Geräts verlegt, da Paul sollte für den Vertrieb, Howell für er von Testpersonen zu oft versehentlich die Entwicklung und beide gemeinsam betätigt worden war. Außerdem wurde das für den Entwurf verantwortlich sein. » Örjan sollte ein leistungs- BASIC aus dem Speicher auf eine Kassette Howell entwarf eine tolle Maschine, verlagert, was mehr RAM für Spiele und die musste dabei aber einige Kompromisse fähiges, günstiges und Unterstützung für andere Betriebssysteme eingehen: Die hochaufl ösende Grafi k bedeutete. Der MZ-80K wurde schließlich auf war nur monochrom, und es gab keinen simples System entwerfen. « der Electronics Show in Tokio im Juni 1978 nativen Sound. veröffentlicht. Dennoch bekam der Exidy Sorcerer bei der wenige Spiele gab. Einen zweiten Frühling feierte es In dem Komplett-Bausatz waren bereits Veröffentlichung im April 1978 gute Kritiken und allerdings, als es später in Frankreich von Micronique Bildschirm, Tastatur und Datasette enthalten. Der ansehnliche Bestellzahlen. Auf lange Sicht allerdings nochmals veröffentlicht wurde. „Der Interact ist eine Monochrom-Bildschirm bot zwar keine Bitmap-Grafi k, lief es in den USA nicht so gut, während in den Fußnote der Computergeschichte“, bedauert Rick. aber einen vielfältigen Zeichensatz, aus dem sich Niederlanden beeindruckende Verkaufszahlen die „Die Kostenvorgaben waren einfach zu strikt.“ Grafi ken zusammensetzen ließen. Außerdem musste Lebensspanne des Gerätes verlängern konnten. In man beim Zusammenbau nicht löten, sondern nur ste- Amerika produzierten Hersteller wie Quality Software Luxor ABC 80 cken – spätere Modelle waren sofort gebrauchsfertig. Spielhallenumsetzungen und herausragende Exklu- Gleichzeitig arbeiteten in Schweden die Firmen Der MZ-80K war immens beliebt und hatte in Japan sivtitel. „Ich denke, Spiele waren ein Marketinginstru- Luxor AB, Dataindustrier AB und Scandia Metric an zeitweilig bis zu 50 Prozent Marktanteil. Bald konnten ment“, analysiert Paul. „Das Kind in jedem von uns einer Machbarkeitsstudie für einen schwedischen sich Spieler auf dem MZ-80K über die frühen Spiele steigerte die Nachfrage.“ Homecomputer. Sie befanden, dass es einen Markt von Hudson Soft freuen, darunter Bomber Man und Zeitleiste der Homecomputer der 70er Commodore PET 2001 TRS-80 Jahr: 1977 Jahr: 1977 Commodore-Chefentwickler Die Führung von Tandy glaubte Chuck Peddle meinte, die Zeit sei nicht an das Konzept eines reif für einen Computer für den Homecomputers, gab aber doch Endverbraucher. Er hatte recht. grünes Licht für den TRS-80.

Apple II Exidy Sorcerer Jahr:1977 Jahr: 1978 Der Prototyp des Apple II wurde Mit dem Sorcerer hatten Ex- für den Heimgebrauch Byte-Shop-Chef Paul Terrell und überarbeitet, nachdem ein seine Kollege von Exidy nicht den Investor gefunden war. gewünschten Verkaufserfolg.

16 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SCHWERPUNKT: HOMECOMPUTER DER 70ER

Die Frühwerke bekannter Coder Viele berühmte Programmierer verdienten sich ihre ersten Sporen auf den Homecomputern der 70er. Diese Spiele sind nur einige ihrer frühen Werke.

Space Ace Star Fire Stellar 7 Mike Singleton, 1980 Jeff Minter, 1980 Damon Slye, 1982 Alien-Raumschiffe fliegen Feindliche Eine gegnerische am Cockpitfenster vorbei Raumschiffe mit Streitmacht springt und die gut ausgearbeitete Spielmechanik aus Laserwaffen greifen euch an, doch in sieben kurzen Etappen vom weit Verfolgen und Abschießen stellt eure Treffsi- eure Gegentreffer zählen nur, wenn das entfernten Stern Arcturus zum Saturn- cherheit auf die Probe. Alle gegnerischen Schiffe Ziel sich im absoluten Zentrum eures mond Titan und ihr, die letzte Hoffnung zeigen einzigartige Verhaltensmuster und erfor- Sichtfelds befindet. Ein ruhiger Finger der Menschheit, müsst sie mit Feindes- dern eigene Taktiken, um sie zu besiegen. am Abzug ist also Pflicht. technologie wieder zurückdrängen.

Delta Tau Enix – später bekannt durch Square Enix. „Die Fähig- One keit des MZ-80K, den Bildschirminhalt zu scrollen, war Matthew Smith, 1982 sehr wichtig“, erinnert sich der Spieldesigner Steve Trotz des großen Wallis. „Ich kümmerte mich um den Maschinencode, Vorbildes Galaxian war Delta Tau One mein Bruder um das BASIC. Ich muss aber zugeben, leider keine größere Aufmerksamkeit den MZ-80K vernachlässigt zu haben, nachdem ich beschert. Was wäre wohl herausge- mir einen Amstrad geholt hatte.“ Dennoch war 1978 kommen, wäre der Entwickler dem Sharps bestes Jahr – 1979 allerdings gehörte dann Genre treu geblieben? dem Rivalen NEC. Mitte 1978 begannen die Konkur- renten von NEC nämlich, den Barebone-Markt der Hobby-Elektrobastler unter sich aufzuteilen, der 1976 River Rescue noch von NEC dominiert worden war. Koichi Nakamura, 1982 Nakamuras Spiel ist eine weitgehende PC-8001 Portierung des Spielhallentitels River Etwa zu dieser Zeit traf Tausende von Kilometern Patrol, wobei die entfernt auf der National Computer Conference der Grafi k und das damalige Hauptlieferant von BASIC für US-Computer, Gameplay so akku- Bill Gates, auf den Herausgeber eines japanischen rat wie nur möglich Computermagazins, Kazuhiro „Kay“ Nishi. Das „kurze umgesetzt wurden. Treffen“ zog sich über Stunden hin und gipfelte in der Gründung von ASCII Microsoft. Das Unternehmen sollte Microsoft-Produkte im fernen Osten vertreiben, Bongo’s Bash doch Nishi wollte nicht nur BASIC auf den Markt brin- John Romero, 1984 gen, sondern japanische Heimcomputer mitentwickeln. Bongo’s Bash ähnelt Pac-Man, allerdings Dazu redete er mit Kazuya Watanabe, einem könnt ihr Bäume in den Weg der Roboter Manager bei NEC. NEC wollte unbedingt mit seinen fallen lassen und ein Rivalen gleichziehen und ebenfalls einen Homecom- neues Level dadurch puter anbieten. So wurde Nishis Plan begrüßt, mit erreichen, indem NEC zu kooperieren. Watanabe fand Nishis Enthusias- ihr alle Kokosnüsse mus ansteckend und wollte sich alsbald mit Bill Gates einsammelt. treffen. Er war von der Dominanz von Microsoft

Interact Home Compucolor II Computer Jahr: 1978 Jahr:1978 Als Nachfolger des Compucolor war Interact engagierte Rick Barnich, der Compucolor II hochentwickelt, um aus einem Prototyp ein Produkt zu aber relativ teuer und verkaufte sich machen, erlaubte ihm jedoch nicht, die nur etwa 2.000-mal. Hardware zu verbessern.

VideoBrain Family Danke an Anders Sandahl für das Bild. Computer ABC 80 Jahr: 1978 Jahr: 1978 Der VideoBrain war so etwas Drei Technologieunternehmen aus wie eine überarbeitete Konsole Schweden entwickelten den ABC 80 und hatte eine Tastatur und für den heimischen Markt und hatten Cartridges, aber kein BASIC. damit großen Erfolg.

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 17 Exklusivtitel aus den 70ern Als eines der entscheidenden Jahrzehnte boten die 70er einzigartige Spielhallen-, Konsolen- und Computerspiele. Dies sind einige der interessanteren Titel, die exklusiv für die damaligen Homecomputer produziert wurden.

Cosmic Jailbreak I/O Silver Meteor Mission 2 Vairos Olion80 System: Commodore PET 2001 System: Apple II System: TRS-80 System: Sharp MZ-80K System: NEC PC-8001 Entwickler: Derek J. Hipkin Entwickler: Brad Wilhelmsen Entwickler: Bill Hogue Entwickler: Masami Nakamura Entwickler: Akira Takeuchi Jahr: 1980 Jahr: 1984 Jahr: 1980 Jahr: 1984 Jahr: 1983 Die Außerirdischen aus Ihr müsst einen Supercom- Astronauten sind in einem Den Untertitel des Spiels Alle Lehrlinge der Space Space Invaders gewinnen puter bauen, indem ihr sechs Meteorensturm gefangen, muss man einfach mö- Force müssen eine Mis- immer, aber ihre Horden verschiedenfarbige Mikro- den ihr durchqueren müsst, gen: „Diffi cult Robot War“ sion auf dem Flugsimulator wurden ausgedünnt und ge- chips erst zu Komponenten bevor ihr auf dem Landefeld („Schwieriger Roboter- fl iegen. Die Kandidaten fangen genommen. Verstär- und diese dann zu fertigen landen könnt. Da ihr nur krieg“). Der grafi sch hervor- sollen fünf Sternensysteme kung rückt an und möchte Systemen zusammensetzt. einen freien Platz habt, müsst ragende Seitwärts-Scroller besuchen und mit begrenz- ihre Genossen aus dem Doch euer Projekt hat Bugs, ihr immer wieder hin- und belohnt eure Neugier und tem Treibstoff zehn feindliche Gefängnis in der Bildschirm- die euch zu Leibe rücken. herfl iegen und euch mit stellt eure Schießfertigkeit Schiffe und ein Kommando- mitte befreien. Ihr müsst die I/O Silver bietet einen Action- Lasern den Weg bahnen. auf die Probe. Der Schild ist schiff abschießen. Für das Angreifer auf beiden Seiten und einen Strategiemodus Meteor Mission 2 bietet tolle oft nützlich, meist ist es aber ganze Spektakel habt ihr des Kerkers abschießen, – beide machen süchtig. Grafi k und macht süchtig. nützlicher, per Laserkanone insgesamt nur zehn Minuten bevor der Ausbruch gelingt! kurzen Prozess zu machen. Zeit.

Getaway! Tombstone City: Arrows and Le Baroudeur Hoppert System: Atari 400 / 800 21st Century Alleys System: Interact Home Computer System: ABC 80 Entwickler: Mark Reid System: TI-99/4 System: Exidy Sorcerer Entwickler: Algorithme Entwickler: Isak Engquist Jahr: 1982 Entwickler: John Plaster Entwickler: Vic Tolomei Jahr: 1984 Jahr: 1984 Getaway! zeigt uns, dass es Jahr: 1981 Jahr: 1980 Ihr springt mit einem Fall- Ihr seid auf dem Mars zurück- mindestens genauso viel Lockt die gefl ohene Bevöl- Ihr müsst wie ein Wahnsin- schirm von einem Flugzeug gelassen worden und habt Spaß macht, den Räuber zu kerung zurück in eine verlas- niger durch dunkle Gassen ab und landet nahe einem in der niedrigen Schwerkraft spielen, wie den Gendarm. sene Wüstenstadt, indem ihr brettern und dabei Pfeile und versteckten Tempel im nur den Hoppert als Fort- Abgesehen vom Klauen von die Gegend von Kreaturen Raketen verschießen. Eure Dschungel. Nachdem ihr den bewegungsmittel zur Verfü- Dollarnoten müsst ihr im namens Morg befreit. Die Gegner sind eine Dauerbe- Schatz geraubt habt, ent- gung. Dieses Vehikel kann Alltag eines Diebes auch Dia- Morg spawnen an Kakteen, drohung, während ihr um kommt ihr dessen Wächter kleine, mittlere oder große manten stehlen oder gepan- die am Stadtrand verteilt enge Ecken und entlang nur knapp. Die Kästchen- Hopser machen, ist aber zerte Lieferwagen aufhalten. sind. Die einfache Spielme- langer Geraden düst. Die grafi k tut weh, doch sie nicht lenkbar. Dieses einfache Hütet euch jedoch vor den chanik verspricht viel Spaß bescheidene Grafi k tut dem unterstützt die gelungene Prinzip bringt ein gar nicht Patrouillen und einem leeren und die heiter-helle Grafi k tut Spielspaß keinen Abbruch. Spielmechanik. simples Spiel hervor. Tank. ihr Übriges.

Sharp MZ-80K Sord M100 / M100ACE Jahr: 1978 Jahr: 1977 Das MZ-80K-System von Sharp Nach einigen Business-Geräten prägte den Homecomputermarkt brachte Sord erst den M100 und in Japan und erreichte bis zu dann den M100ACE auf den 50 Prozent Marktanteil. Homecomputer-Markt.

Hitachi MB-6880 NEC PC-8001 Jahr: 1978 Jahr: 1978 Die Verkaufszahlen des MB-6880 in Der Fokus von NEC verschob sich Japan waren nicht der Rede wert dank einer Partnerschaft mit ASCII und kamen nicht an die des MZ-80K Microsoft von Computerbausätzen und des PC-8001 heran. hin zum PC-8001.

18 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 » Der Exidy Sorcerer blieb eine Randnote der Home- computer- » NECs erster Homecomputer, » Sord ließ den M100ACE für sich » Der TI-99/4A zielte mehr auf Technik- Geschichte. der PC-8001. selbst sprechen. freaks als auf Consumer.

auf dem amerikanischen Markt beeindruckt und würde. Ab 1978 durften elektronische Geräte laut Im Lauf des Projekts kündigte einer der überzeugte seine Vorgesetzten, einen Homecompu- Gesetz nicht mehr mit TV- und Radiowellen interfe- Manager, ein anderer wurde ersetzt. Die Kosten des ter mit ASCII Microsoft zu entwickeln. rieren, sodass Atari seine Systeme neu abschirmen Chips waren schließlich fünfmal so hoch wie die Ein Prototyp mit dem Codenamen PCX-01 und prüfen lassen musste. Ataris neue Systeme vergleichbarer 8-Bit-Chips. Außerdem verschreckte wurde gemeinsam bei NEC entwickelt. Microsoft wurden Anfang 1979 angekündigt, aber erst im Juli eine schlechte Design-Entscheidung die Drittherstel- steuerte die Software bei und Nishi traf die Ent- genehmigt. ler: Die Entwicklung in Maschinensprache war auf scheidungen bei der Hardware. Das Gerät kam im Durch Probleme bei der Produktion kamen sie dem System nicht vorgesehen, stattdessen mussten September 1979 unter dem Namen PC-8001 auf jedoch erst im November auf den Markt. Spieleent- angehende Entwickler dafür einen 50.000 Dollar- den Markt, verkaufte sich eine viertelmillionmal und wickler schrieben sicherheitshalber Programme, die Minicomputer von TI kaufen. Anfang 1979 wurden wurde Heimat von Spieleklassikern wie Olion80. mit beiden Systemen kompatibel waren. Unter den Interferenzen bei einem TV-Verbindungselement fest- Henk Rogers erinnert sich: „Für mich war der 8001 ersten 400/800-Spielen waren Miner 2049er, Boulder gestellt, sodass nun ein teurer Bildschirm mit jedem leider nur für Textadventures gut. Das Entwickeln für Dash, Dropzone oder Ballblazer. „Die Ataris hatten Gerät geliefert werden musste. die Datasette war umständlich. Glücklicherweise bot tolle Grafi k- und Soundhardware“, sagt Ex-Lucasfi lm- Der TI-99/4 wurde schließlich der Nachfolger, der PC-8801, ein Disket- im Juni 1979 angekündigt, tenlaufwerk und erschien, während ich an konnte aber wegen weiterer The Black Onyx arbeitete.“ » Von Atari kamen innovative Spiel- Probleme, ähnlich wie bei Atari, nicht vor Ende des Atari 400 / 800 hallentitel und 1975 eine Home- Jahres erscheinen. Es gab Anfang der 70er kamen innovative Spielhal- nur wenige Spiele. Dann kam lentitel von Atari und 1975 eine Homecom- computer-Version von Pong. « die billigere und verbesser- puter-Version von Pong. 1976 wurde Atari te Variante TI-99/4A – sie verkauft, um Kapital für ein modulbasiertes Heimsys- Games-Mitarbeiter Peter Langston. „Man konnte verkaufte sich besser und hatte sogar einige nette tem zu erlösen – das VCS, das im folgenden Jahr auf erstaunliche Dinge tun, wie man an Ballblazer oder Exklusivtitel. „Programmierer mussten zwar einige den Markt kam. Doch Atari, das oft mit Nachahmern Rescue on Fractalus! sehen kann.“ Tricks anwenden, aber in seinem Preissegment war zu kämpfen hatte, sonnte sich nicht im Erfolg und der TI-99/4A als Spielplattform überragend“, erinnert begann sofort mit dem nächsten Projekt unter der TI-99/4A zielte auf Technik-Freaks sich TI-99-Programmierer John Phillips. „Bis heute Aufsicht von Jay Miner. Jay stellte sich einen VCS- Texas Instruments hatte mit der 4-Bit-CPU TMS1000 verehren die Fans dieses System.“ Ersatz mit eigenen Grafi k- und Soundchips vor. Im im Jahre 1975 einen allgegenwärtigen Prozessor für Nach den 70er Jahren konkurrierten die Februar 1978 brach der Profi t in seiner Consumer Taschenrechner entwickelt und ein Jahr später den Homecomputer erbittert untereinander. In den 80ern Division jedoch ein und ein Geschäftsmann namens 16-Bit-Nachfolger TMS9900. Er war allerdings zu feierten sie ihre größten Erfolge, allen voran der Com- Ray Kassar wurde eingestellt, um die Einnahmen zu teuer und verkaufte sich nur schlecht, was TI in ein modore 64. In den 90ern ging der Markt allerdings steigern. Die Finanzen machten Kassar zu schaffen Dilemma stürzte. 1977 wurde beschlossen, dass die stark zurück und viele langjährige Hersteller mussten und er beschloss, dass Jays Projekt neu überdacht Abteilung für Endverbraucherprodukte von TI einen Konkurs anmelden. Entsprechend gab es in den werden müsse. Nun wurden zwei separate Computer auf dem TMS9900 basierenden, günstigen Home- 1980ern eine breite Auswahl an verrückten Spielen als neues Ziel ausgegeben. computer entwickeln sollte. Da man sich schwertat, aller Art, in den 1990ern dominierten wenige große Der günstige 400 sollte mit den Konsolen fähige Ingenieure aus San Francisco nach Texas zu Hersteller den Markt. In jener Dekade ging dann auch anderer Hersteller konkurrieren, während der teurere locken, besann man sich auf die eigenen Leute aus die Ära der Homecomputer zu Ende und der IBM-PC 800 Ataris Flagschiff im Homecomputer-Bereich sein der Taschenrechner-Abteilung. wurde zum Vorreiter der Computerspiele.

Atari 400 TI-99/4 Jahr: 1979 Jahr: 1979 Als Konkurrenz zu Spielekonsolen Mit dem TI-99/4 hoffte Texas und anderen Homecomputern Instruments, den US-Markt zu gedacht, bot der günstige Atari 400 erobern, verschreckte aber Entwickler eine Folientastatur. und Käufer mit hohen Kosten.

Atari 800 Apple II Plus Jahr: 1979 Jahr: 1979 Der 800 war Ataris 8-Bit-Flagg- Als aufgemotzter Apple II bot der schiff in dem noch jungen Home- Plus einen sechsfarbigen Bildschirm, computermarkt, hatte aber gegen den 48K Speicher und das Applesoft vergleichbaren Apple II zu kämpfen. BASIC-Betriebssystem.

Vielen Dank an Anders Sandahl, Terry Stewart von Classic-computers.org.nz, Marcin Wichary, Kuba Bojanowski, Paul Lowry, Adam Jenkins und das Digital Game Museum für die zur Verfügung gestellten Bilder.

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 19 Das obskure RCA Studio II wird häufi g übersehen, Studiowenn es um die Anfangszeit der Spielkonsolen geht. Retro Gamer hat einen Blick auf die interessante Geschichte dieser 70er-Jahre-Konsole geworfen.

20 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 HARDWARE: RCA STUDIO II

as RCA Studio II gehört für uns zu Ende der 60er Jahre erste Gedanken zu Mikropro- den besonders interessanten Kon- zessoren zu machen. Wenig später kamen große solen. Nicht nur, weil die Konsole Hersteller von Verbraucherelektronik hinzu. Beispiel- in den USA gerade einmal ungefähr weise RCA. Das Unternehmen war Ende der 50er ein Jahr auf dem Markt war und Jahre unter der Führung von General Manager David sich der Konkurrenz des Fairchild Sarnoff in den Computer-Markt eingetreten und baute Channel F und des Atari Video Computer System ge- seitdem Großrechner. In den 60ern gehörte RCA zu Dgenüber sah. Sondern auch, weil sich uns bei dieser den „großen Acht“ der Computer-Hersteller. Wenig Konsole eine Entstehungsgeschichte offenbarte, die verwunderlich war es da, dass das Unternehmen die wir so nicht erwartet hätten. Entwicklung hin zu kleineren Computern nicht verpas- Das Studio II fi el in eine Zeit, in der viele sen wollte. Geleitet wurde RCAs Vorstoß auf diesem Elektronikhersteller auf der Suche nach dem nächs- Gebiet von Joseph Weisbecker. ten großen Ding im Bereich Computertechnologie Weisbecker hatte 1956 seinen Bachelor of waren. Einer der Trends dieser Zeit: Aus den großen Science in Electrical Engineering an der Drexel Univer- CPUs wurden kleine IC-Chips, die Mikroprozessor sity in Philadelphia gemacht. Er interessierte sich vor II genannt wurden. Einher ging damit eine Entwicklung allem für die Einsatzmöglichkeiten von Computern auf hin zu Mikrocomputern, die von einer einzigen Person dem Gebiet der Bildung. Beispielweise entwickelte er bedient werden konnten. Einen Computer auf eine einige elektronische Lernhilfen für Grundschüler, die Größe zu schrumpfen, dass er sich für die Nutzung aus Lichtern und Schaltern bestanden. Aber auch ein im Klassenraum oder Zuhause eignet, war in den Tic-Tac-Toe-Computer stammte von ihm. 1956 absol- siebziger Jahren revolutionär. vierte Weisbecker ein Praktikum bei RCA und konnte Produzenten von Elektronikkomponenten der Entwicklung des ersten kommerziellen Compu- wie Intel und Fairchild Semiconductor begannen sich ters des Unternehmens beiwohnen. Der RCA

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 21 INTERVIEW MIT » Von links nach rechts: Forrest Walt Stobbe, Dave Callag- MacGregor han and Bill Stonaker. Wir nehmen die Entstehung des BIZMAC war ein riesiger, vier Millionen US-Dollar stehen. Das sogenannte System 00 wurde im Jahr RCA Studio II unter die Lupe. teurer Computer, der aus 25.000 Vakuumröhren 1971 gebaut. Es kam der FRED-Mikroprozessor (ein bestand. Nach seinem Universitätsabschluss nahm 8-Bit-Chip) zum Einsatz, das System nutzte 64 KB an RG: Wie bist du zu RCA gestoßen? Weisbecker einen Job bei RCA an und wurde Teil RAM, ein Magnetband als Speichermedium, besaß FG: 1976 habe ich meinen Abschluss in In- eines kleinen Teams, das für die Entwicklung des eine kleine Tastatur und nutzte ein TV-Gerät als Dis- dustrial Arts and Computer Science an der ersten Transistorcomputers des Unternehmens (RCA play. In einer Notiz schrieb Weisbecker 1972: „FRED Appalachian State University in Boone, North 501) verantwortlich zeichnete. Er entwarf außerdem bietet gute Möglichkeiten für ein neues Produkt. Carolina gemacht. Ich habe mich mit Mikro- einige Test- und Mess-Programme. Zum ersten Mal kann ein Computer zum Preis einer controllern befasst, die zu der Zeit gerade auf- Durch seine Beteiligung am 501 und später Stereoanlage oder eines Farbfernsehers verkauft wer- kamen. Ich habe mich bei der Distributor and am 601 hatte Weisbecker einige Erfahrungen gesam- den. Jedes Zuhause und jedes Klassenzimmer wäre Special Products Division von RCA beworben. melt, die ihm später bei der Entwicklung eines Mikro- ein möglicher Kunde.“ Sie waren auf der Suche nach jemandem, der prozessors helfen sollten. Er hatte ein gutes Gespür Zu dieser Zeit handelte es sich bei dem Mikro- sich mit Mikrocontrollern auskennt. Es war für künftige Trends. Er prognostizierte bereits in den prozessor noch um einen Prototyp. Dieser basierte auf mein erster Job nach dem Studium. Mir wurde 60er Jahren die Entwicklung hin zu Mini-Computern. Transistor-Logik. Diese Schaltungstechnik kam auch bei gesagt, dass ich an einem Videospiel-Projekt Computer, so glaubte er, würden fortan nur noch die früheren Arcade-Spielen zum Einsatz. Der komplette arbeiten werde. Es dauerte jedoch noch einige Größe eines Schranks haben. Weisbecker schlug FRED-Prototyp wurde 1972 fertiggestellt. Die Ent- Monate, bis es damit losging. RCA vor, ein eigenes Modell zu entwickeln. Er mach- wickler hatten sich auf den COSMAC-Mikroprozessor te sich Gedanken, wie ein solcher Computer ausse- festgelegt. Aufgrund des reduzierten Befehlsvorrats gilt RG: Wie lief die Produktion bei RCA? Es hen könnte. Er setzte auf ein Display bestehend aus die Hardware als Vorläufer der heutigen RISC-basierten war ja die erste Spiele-Hardware, die das CRT-Projektoren, einen ROM-Subroutine-Speicher Mikroprozessoren. Es kam ein TV-Display in Schwarz- Unternehmen entwickelt hat. und einen billigen Matrixdrucker. RCA ging auf die Weiß mit niedriger Aufl ösung zum Einsatz, das Flexibili- FG: Es haben mehr als 125 Leute am Fließband Idee nicht weiter ein und konzentrierte sich weiter auf tät und niedrige Kosten versprach. gearbeitet – die meisten waren Frauen. Die Großrechner. Bis ins Jahr 1971 war das Unternehmen Im selben Jahr begann die Arbeit an der Chips wurden von Hand eingesetzt. Bis auf ein noch auf diesem Gebiet vertreten. Software. Weisbecker wollte eine Programm-Samm- paar Drähte wurde alles verlötet. Die Platinen Es wurden aber nicht alle Überlegungen von lung anbieten. „Eine Sammlung, die die Stärke der wurden per Ultraschall gesäubert. Es wurden Weisbecker ignoriert: RCA interessierte sich Anfang Hardware in Sachen Entertainment, Bildung und 1.000 Einheiten in einer Schicht fertiggestellt. Es der 60er für seine Ideen bezüglich einer Großintegra- Dienstprogrammen demonstriert. Die Sammlung soll gab drei oder vier Stationen, wo nach Fehlern tion – also wie Tausende Transistoren auf einen Chip Spiele und einfache Lernprogramme bieten sowie gesucht wurde und Anpassungen vorgenom- untergebracht werden könnten. Zu dieser Zeit war die Rechenfunktionen übernehmen können.“ men wurden. Es gab ein Steckmodul mit einem Idee eines integrierten Schaltkreises noch neu und es Weisbecker wollte allen Menschen Computer Testprogramm, das unterschiedliche Muster auf erwies sich immer noch als problematisch, Hunderte zugänglich machen, indem diese zu einem günstigen dem Bildschirm dargestellt hat. Transistoren auf einen Chip zu pfl anzen. Weisbecker Preis angeboten werden. Diese Sichtweise sollte vom fungierte in den nächsten Jahren als Berater für Gründer von Commodore, Jack Tramiel, mehr als ein RG: Das Studio II wurde nur für kurze Zeit künftige Produkte von RCA. Zudem entwickelte er Jahrzehnt später folgendermaßen zusammengefasst produziert. Was waren für dich Anzeichen, Eingabe-, Ausgabe- sowie Speichersysteme für RCAs werden: „Computer für die Massen, nicht die Klas- dass die Konsole schlecht läuft? Großrechner. sen.“ 1973 begann sich jedoch die Computer-Welt FG: In unserem Lager sammelten sich Kon- Das RCA Studio II hat seinen Ursprung im zu verändern. Weisbeckers Überzeugungen standen solen an. Konkurrenzprodukte von Atari und FRED (Flexible Recreational And Educational De- auf einmal im Gegensatz zu den allgemeinen Zielen Fairchild unterstützten eine Darstellung in vice). Ein Entwurf aus dem Jahr 1970 sah FRED als der Industrie. Das Problem für Weisbecker: Das Farbe, besaßen eine höhere Aufl ösung und komplettes System für einen Mikrocomputer. Das „Wettrüsten“ im Bereich der Mikroprozessoren hatte konnten Sound über das TV-Gerät wiedergege- System sollte um einen Mikroprozessor herum ent- begonnen und die Unternehmen wollten vor allem ben. Das Studio II konnte von Anfang an nicht leistungsfähige Chips produzieren. Die Kosten waren mithalten. Nach sechs bis acht Monaten erhiel- da vorerst zweitrangig. ten Mitarbeiter Rabatte auf die Konsole. Irgend- Tramiel fasste diese Situation später in einem wann war es RCA klar, dass die letzte Stunde internen Artikel für RCA zusammen: „Es gibt keine des Studio II geschlagen hat. Die Entwicklung Knappheit an Ideen für die Einsatzgebiete eines von Software und die Arbeit am Studio 3 wur- Computers. Es gibt aber auch keinen Computer mit de heruntergefahren und später eingestellt. Das einem Preis, der die breite Masse anspricht. Für die Inventar wurde an Radio Shack für zehn Cent Nutzung zu Hause oder in der Schule muss der Preis pro Dollar verkauft. eines Computer weit unter 500 US-Dollar liegen.“ Tra- miel war der Meinung, dass Computer sich preislich unter anderem an Farbfernsehern und Stereoanlagen

22 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 SPIELE, SPIELE, SPIELE ■ TV Greeting Card ■ Electronic “etch a sketch“ ■ Audio-Visual ■ Demonstrator ■ TV Arithmetic Drill ■ Word Spelling Drill ■ Word Recognition Test ■ » Das RCA Studio Logical Deduction Test orientieren sollten. Er führte weiter aus: „Leider ist es (21 FRAGEN) II erinnert ein schwer, alte Gewohnheiten zu ändern. Wir können » Joseph Weisbecker wenig an ein davon ausgehen, dass die Leistung eines Mikropro- Anfang der 70er Jahre. ■ Number Base Telefon. zessors künftig noch stärker im Fokus stehen wird – Conversion Drill nicht der Preis.“ ■ TIC TAC TOE Ende 1972 wurden die ersten der billigen ■ Hexapawn COSMAC-Prozessoren in einem Zwei-Chip-Format ■ Sliding Block Puzzles hergestellt. 1973 war Weisbecker damit beschäftigt, ■ State Change Games/ diese in FRED zu integrieren. Aus FRED wurde Puzzles FRED2. Zusammen mit den New Yorker Verlagshaus ■ Random House wurde ein Feldversuch angesetzt. Bowling ■ Minikrieg ■ Target Shoot » Ende 1974 wollte RCA (WAFFE OPTIONAL) ■ Racing herausfi nden, ob sich FRED ■ One-Armed Bandit ■ Network Games zurückgreifen. „Bereits nach ein paar Runden hat der für Spielautomaten eignet.« ■ Twenty-One RCA WAR AUF DEN MARKT FÜR MÜNZAUTOMATEN AUFMERKSAM GEWORDEN. Computer gelernt, perfekt zu spielen“, sagte Weis- becker 1974. Die Spiele wurden nicht kommerziell ■ Cell Matching Games Lehrbücher von Random House waren zu dieser Zeit vertrieben. Wäre dies der Fall gewesen, hätte RCA ■ Maze Tracing vor allem in Grundschulen vertreten; RCA hatten den ein Entertainment-Produkt gehabt, das der Magnavox (UNSICHTBAR, ÄNDERT SICH) Verlag 1967 übernommen. Odyssey und den vielen Pong-Konsolen weit voraus ■ Race Games Der Verlag hatte großen Einfl uss bei der gewesen wäre. Die meisten Spiele wurden von (SPIEL GEGEN DIE ZEIT) Entwicklung von Programmen, die sich ums Lesen Weisbecker und P. K. Baltzer programmiert. Joyce, die ■ Space War und um Mathematik drehten. Dies führte 1974 zur Tochter von Joseph Weisbecker, unterstützte ihren ■ NIM Games Entstehung des RCA Microtutor. Beim Microtutor Vater bei der Arbeit. ■ LIFE handelte es sich um eine abgespeckte Version eines Aufgrund der zunehmenden Popularität von 300-US-Dollar-teuren Lern-Computers, der Grund- Arcade-Spielen überlegte RCA, in den Spielemarkt lagen für die Arbeit mit Mikroprozessoren vermitteln einzutreten. Seit 1969 hatte man sich Gedanken sollte. Tatsächlich wurden viele Spiele und „Edutain- diesbezüglich gemacht. Damals waren Sanders Asso- ment“-Programme zwischen 1973 und 1974 ge- ciates und Ralph Baer auf RCA mit einem Vorschlag schrieben, die später für das RCA Studio II verfügbar zugekommen, die Technologie von Baers Brown- sein sollten. Weisbecker stellte damals fest: „Es ist Box-Prototyp für eine Spielkonsole zu lizenzieren. nicht schwer, Leute zum Schreiben von Spielen zu Verträge wurden ausgearbeitet. Im März 1970 waren motivieren.“ sie fertiggestellt, jedoch stimmte Sanders dem Deal Zu dieser Zeit orientierten sich viele Spiele am nicht zu. Baer sagte später, dass die Verhandlungen Stil von Pong, und so waren für viele Titel zwei Spie- zu mühsam verlaufen seien. Im Folgenden verließ » Das RCA Studio II ler nötig. Die Spiele für FRED2, wie Tic-Tac-Toe, Hex- ein Mitarbeiter RCA, um als Vice President in der nutzte Steckmodule apawn, Twenty-one, und Space War konnten jedoch Marketing-Abteilung von Magnavox zu arbeiten. Der als Datenträger. auf eine simple, aber anpassungsfähige KI als Gegner ehemalige RCA-Mitarbeiter hatte großen Anteil

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 23 Weisbecker zuvor schon geäußert hatte. Das Entwickler-Team bestand aus vielen talentierten Mitarbeitern – darunter Dave Callaghan, der für alle Produktentwicklungen der technischen Ab- teilung verantwortlich war. Bill Stonaker entwarf die digitale Schaltung des Studio II und Walt Stobbe zeichnete für den besonderen Schaltkas- ten der Konsole verantwortlich. Das Studio II befand sich genau zu der Zeit in der Entwicklung, als eine neue Einzelchip- Version des COSMAC erschien. Diese wurde » Die Main Unit des COSMAC in der Konsole verbaut. Die Kosten für die Hardware Microtutor. Einige Bauteile sanken so weiter. Die Entwicklung wurde in drei ließen sich abnehmen. Bereiche aufgeteilt: Die Zentraleinheit, den Schalt- kasten und die Stromversorgung. Ein Problem vieler Pong-Konsolen war es, dass sich Spieler immer in der Nähe des Gerätes befi nden mussten, weil die » Joyce Weisbecker, ihre Schwester und ein FRED2-Computer. Controller meist in die Hardware integriert waren. Das bedeutete, dass Spieler entweder nah am Fernseher daran, dass sich Magnavox später den Brown- saßen oder die an mehreren Kabeln hängende Konso- Box-Prototyp sicherte und 1972 die darauf basierende le quer durch das Wohnzimmer zogen. Konsole Magnavox Odyssey veröffentlichte. Die Entwickler bei RCA hatten eine Idee, wie Gegen Ende 1974 wollte RCA die FRED- sich das Kabelproblem zumindest eingrenzen ließ. Es Technologie für Automaten-Hardware nutzen. Spiele lief nur ein Kabel von der Konsole zu einem kleinen sollten auf austauschbaren ROMs geliefert werden. Schaltkasten, der mit dem Fernseher verbunden war. 1975 war der Prototyp fertiggestellt und in Einkaufs- In die kleine Box wurde auch das Stromkabel ge- zentren in New Jersey wurden Testläufe gestartet. steckt. Über einen Schalter konnte zwischen TV und » Der COSMAC Microtutor war Letztendlich trat RCA nicht in den Markt der Spie- Konsole gewechselt werden. Dieses System kam das erste Produkt, das auf le-Automaten ein. Die Technologie wurde auch nicht fünf Jahre später auch beim Atari 5200 zum Einsatz. FRED-Technologie basierte. an andere Unternehmen lizenziert. Wäre die Hardware Die Eingaben beim RCA Studio II sollten über auf den Markt gekommen, hätte RCA ein Gerät mit Keypads erfolgen. Das Layout der Tasten entsprach austauschbaren Spielen sechs Jahre vor dem japani- dem eines Telefons, was für ein Gefühl der Vertraut- schen DECO Cassette System im Angebot gehabt. heit bei den Kunden sorgen sollte. Warum auf Keypads Eine wichtige Einsicht ergab sich aber aus gesetzt wurde? Weil die FRED-Technologie eine den ganzen Tests: Die FRED-Technologie, gepaart spezielle Art der Eingabe erforderte. Zudem waren mit den austauschbaren ROMs, eignete sich gut für basierend auf dieser Technologie bereits Programme – eine programmierbare Heimkonsole. In der zweiten darunter nicht nur Spiele – entwickelt worden, die sich Hälfte des Jahres 1975 wurden zahlreiche Prototypen auch bedienen lassen sollten. RCA wollte nicht viele in kofferartigen Gehäusen gebaut und für Demonstra- unterschiedliche Eingabemethoden unterstützen. Die tions- sowie Testzwecke verwendet. Die Tests liefen Entwickler waren der Meinung, dass die Keypads we- gut und ein Konsolen-Projekt wurde offi ziell an die nig Aufwand beim Anschluss des Geräts bedeuteten. technische Abteilung von RCA herangetragen. Der Außerdem konnten die Kosten gedrückt werden. Release war für 1976 geplant. Der Schaltkreis für die Grafi k-Darstellung und Im Januar 1976 starteten offi ziell die Arbei- der für den Speicherdirektzugriff wurden unter dem ten am Studio II. Es sollte endlich ein Produkt aus Namen RCA CDP-1861 als integrierter Schaltkreis ge- dem modifi zierten FRED-Design entstehen. RCA fertigt. Dieser ermöglichte die Darstellung einer Pixel- wollte eine programmierbare und kostengünstige Matrix in Schwarz-Weiß der Größe 32 x 64. Während Konsole anbieten. Das Ziel entsprach der Vision, die FRED noch Kassetten für eine Audio-Wiedergabe

WIEDERAUFERSTANDEN Die Technologie des ein- TOSHIBA VISICOM COM-100 HANIMEX MPT-02 JEU TV gestellten RCA Studio 3 ■ Das in Japan erschienene Visicom erin- ■ Die Keypads der französischen Konsole wurde an verschiedene nert an einen Computer. Die Konsole besitzt sind abnehmbar, damit das Gerät besser Hersteller auf der ganzen abnehmbare Joysticks. Es kommt ein eige- gehalten werden kann. Es sind diverse Welt lizenziert. Diese bau- nes Steckmodul-Format zum Einsatz. Konsolen der MPT-Reihe erschienen. ten ihre eigenen Versionen der Konsole. Ein wenig erinnert dies an das 3DO, das fast zwei Jahrzehnte MUSTANG 9016 später erschienen ist. Hier TELESPIEL COMPUTER sind einige der Konsolen ■ Grafisch liegt die deutsche Konsole von 1978 und 1979: auf dem Niveau des Studio II.

24 | RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 RCA STUDIO II » Nach einem enttäuschenden Weihnachtsgeschä verkündete RCA Studio 3 hatten bereits begonnen, der Miss- RCA im Frühjahr 1978 das Ende erfolg der Vorgängerkonsole setzte dem Studio 3 jedoch ein jähes Ende. Die neue Konsole sollte mit DAS ENGAGEMENT WAR VON KURZER DAUER. einer Farbdarstellung aufwarten und Weisbeckers des Studio II.« neue Programmiersprache Chip 8 unterstützen. Die Technologie des RCA Studio 3 wurde nach Europa, nutzte, kam im Studio II ein 555 Oszillator zum Ein- Australien und Japan lizenziert. satz, der die „Beep“-Geräusche erzeugte. Fünf Spiele Für seine Arbeit an der FRED-Technologie und wurden in die Hardware integriert: Addition, Bowling, deren unterschiedlichen Varianten erhielt Weisbecker Doodle, Freeway und Patterns. mehrere wichtige Auszeichnungen, unter anderem Im Januar 1977 startete die Produktion. Zu- den David Sarnoff Outstanding Achievement Award. erst wurde eine begrenzte Stückzahl in den Handel Dem RCA Studio II wurden keine Auszeichnungen gebracht, später wurde das Angebot ausgeweitet. zuteil. Die Konsole war ziemlich schnell vergessen Das RCA Studio II kostete 149,95 US-Dollar, die und fi ndet heute eher als Fußnote in der Geschichte Steckmodule 14,95 Dollar. Damit war die Konsole der Videospiele Erwähnung. eine kostengünstige Möglichkeit für Kunden, in den Besitz einer programmierbaren Konsole zu kommen. RCA war stolz auf die Konsole. Das Un- » Es sind einige ternehmen verkündete Ende 1976, dass das RCA Multiplayer-Titel für Studio II „einen klaren Vorteil gegenüber den seit das RCA Studio II ungefähr einem Jahr erhältlichen, [Pong-ähnlichen] erschienen. Spielen“ habe. Der Weg von der Planung der Kon- sole zur Produktion war jedoch lang und steinig. Das RCA Studio sah sich gleich zwei Konkurrenten gegenüber, die in Sachen Technologie einen weiten Vorsprung hatten: das Fairchild Channel F und das Atari Video Computer System. Nach einem enttäuschenden Weihnachts- » Es erschienen so- wohl Spiele als auch geschäft gab RCA im Frühjahr 1978 bekannt, dass Lernprogramme. das Studio II eingestellt werde. Die Arbeiten am

SHEEN 1200 MICROPROCESSOR PROGRAMMABLE TV GAME ■ Die Konsole wurde für den australischen Markt produziert.

SOUNDIC MPT-02 VICTORY ■ Diese Version erinnert an das Hani- CONIC M-1200 COLOUR mex-Modell; es können abnehmbare ■ Conic veröffentlichte Ende der 70er Jahre einige Pong- Joysticks verwendet werden. Konsolen. Das M-1200 Colour wurde in Europa verkauft.

RETRO GAMER SPEZIAL 2/2016 | 25 Spezi kationen Obwohl er schließlich vom Commodore 64 und den Atari-Homecomputern überschattet wurde, machte der Apple II in den USA das häusliche Compu- Erschienen: 1977 Originalpreis: 1.298 US-Dollar terspielen modern. Retro Gamer stellt euch die Ursprünge des Apple II vor für die 4-KB-RAM-Version, und erfährt von Entwicklern, was die Plattform so toll für Spiele machte. 2.638 Dollar für die 48-KB- RAM-Version ürden wir Apples jüngere der Breakout-Platine, doch von den 5.000 Dollar sah er nur ein Preisprognose: Geschichte, also vor allem paar hundert – den Rest steckte sich angeblich Jobs ein. Später Etwa 70 Euro für einen die massive Spielefl ut für sagte Wozniak, er hätte den ganzen Breakout-Automaten auch Apple II+ iOS in den letzten Jahren, kostenlos entwickelt, einfach aus Spaß. Von Jobs’ „Unehrlich- Prozessor: ignorieren – wohl kaum keit“ sei er enttäuscht gewesen, mittlerweile sei er aber darüber MOS 6502 (1 MHz) jemand würde die Firma hinweggekommen. RAM: aus Cupertino mit einem 1976 schufen die beiden in Jobs’ Garage den Apple I und 4 KB (expandable to 48 KB) Hersteller von Spiele-Software oder gar einer Spiele- boten ihn Hewlett-Packard an. HP lehnte ab, und so entstand Plattform in Verbindung bringen. die Firma Apple Computer. Der Apple I war der erste Compu- ROM: 12 KB WSelbst heute noch haben die Besitzer von iMacs und Co. ter, der aus nur einem Mainboard bestand und fertig montiert Display: 280 x 192 (4 Farben wenig Auswahl, wenn es um Spiele geht – von wenigen Aus- verkauft wurde – die User mussten allerdings das Gehäuse, bzw. 6 auf Revision-1- nahmen wie den neueren Blizzard-Titeln abgesehen, fi nden die Stromversorgung, den Monitor und das Keyboard selber Mainboards); 40 x 40 – 48 sich für moderne Macs nur wenige verspätete (und nicht auftreiben. Viele Dinge, die wir heute als selbstverständlich (16 Farben) immer perfekte) Portierungen von Windows-Spielen, dazu erachten, wurden erstmals mit dem Apple I Wirklichkeit, etwa Sound: Ein Kanal noch einige Indie-Entwicklungen. ein Keyboard zur Dateneingabe, ein Fernseher zur Doch das war nicht immer so: Eine kurze, Datenausgabe. Die damaligen Konkurrenzcompu- Fachmagazine: inCider, A+, glorreiche Zeit lang hatte Apple eine der ter hatten stattdessen noch Knöpfe und LEDs! Nibble, Softdisk, Juiced.GS besten Spieleplattformen für zu Hause zu Obwohl das für die damalige Zeit beeindru- (Letzteres gibt es immer noch bieten, den Apple II. Obwohl dieser Computer ckend war, zeigte sich Wozniak unzufrieden. In als Quartalsmagazin) für damalige Verhältnisse durchaus beeindru- einem Artikel in Call-A.P.P.L.E. verriet Wozniak Wieso der Apple II toll war: ckend war, stellte er keinen superschnellen 1986, dass er einen schnelleren, farbigen und Der Apple II feierte viele Pre- Rechner dar. Trotzdem befl ügelte er diverse „lauten” Computer haben wollte. Das Atari- mieren, darunter die Tatsache, Programmierer, von denen einige zu ganz Videospiel, an dem er gearbeitet hatte, der dass er fertig montiert zu großen Namen der Spielebranche wurden Vor Hauptantrieb hinter vielen technischen kaufen war. Dazu kamen Farb- allem aber auch die Fans von Computerspielen Entscheidungen gewesen. Wörtlich grafi k, Sound, Drehregler und fühlten sich von dem Rechner angezogen. sagte er dem Magazin: „Viele der spieletaugliche BASIC-Befehle. Die Anfänge von Apple liegen im Hobby- Features des Apple II entstanden, Obwohl diese Computerreihe isten-Markt. Diese Einstellung zeigte sich weil ich Breakout für Atari designt schließlich scheiterte, hat noch bei der ersten Revision des Apple II, erst » Friedlich vereint in einer Anzeige. In hatte. Damals schrieb ich es der Apple II viele bekannte danach fokussierten sich die Verantwortlichen Wahrheit waren Apple II und III Todfeinde, quasi in Hardware, nun wollte Spieleserien und berühmte des groß gewordenen Apple-Konzerns allein die sich die Chips einschlugen. ich es in Software schreiben.“ Programmierer hervorgebracht. auf den Business-Bereich. Doch zu Beginn Um Spiele zu ermöglichen, Er brachte in den USA, ähnlich war Apple die Geschichte zweier Steves: dem vor einem Jahr musste der Apple II Farbe können. Wozniak er- wie später C64 und Spectrum verstorbenen Steve Jobs und Steve Wozniak. Bereits Anfang innert sich: „Eines Nachts versuchte ich, Breakout in Europa, zahllose Konsu- 20 war Jobs ein gewiefter Geschäftsmann, Stratege und in BASIC zu programmieren. Zum Glück hatte ich selbst menten und Designer dazu, Visionär; Wozniak hingegen war der geniale Ingenieur. das BASIC geschrieben, also veränderte ich es, brannte mir sich mit Computerspielen zu Eine bekannte Anekdote zu den beiden dreht sich um einige neue ROMs mit „Male Linien“- sowie Farbänderungs- beschäftigen. Breakout: Atari-Gründer Nolan Bushnell bot 100 Dollar für jeden Kommandos sowie weiteren Befehlen zur Farbdarstellung.“ Au- Chip, den fi ndige Bastler (ohne dadurch Funktion oder Leistung ßerdem wurde dem Apple II „eher versehentlich“, so Wozniak, zu beeinträchtigen) von der Platine des Spiels entfernen konnten. ein kleiner Lautsprecher verpasst. Drehregler als Eingabegeräte Jobs brachte Wozniak dazu, dass sie mitmachten und sich den waren die nächste Ergänzung. Wozniak fuhr in dem Magazin Bonus teilten. Wozniak entfernte sage und schreibe 50 Chips aus fort: „Eine Menge der Features, die den Apple II besonders

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