Deutscher Drucksache 10/5079 10. Wahlperiode 21.02.86

Sachgebiet 1

Beschlußempfehlung und Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes

zu dem Antrag der Fraktion der SPD — Drucksache 10/34 —

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

und den Ergänzungsanträgen der Fraktion der SPD — Drucksache 10/520 — der Fraktionen der CDU/CSU und FDP — Drucksache 10/521 —

Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen. Der Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgeset- zes wird zur Kenntnis genommen.

Bonn, den 21. Februar 1986

Der 1. Untersuchungsausschuß

Dr. Langner Bohl Dr. Struck Vorsitzender Berichterstatter Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Inhaltsübersicht

Tz. Seite 1. Abschnitt: Verlauf des Verfahrens

A. Einsetzung des Ausschusses und dessen Auftrag I. Einsetzungsbeschluß und Ergänzungsbeschlüsse 1 1 H. Verfahrensregeln 2 2 III. Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses 3 2

B. Vorgeschichte und Parallelverfahren I. Vorgeschichte 4 3 II. Parallelverfahren 5 3

C. Ablauf des Untersuchungsverfahrens I. Konstituierung 6 4 II. Beweisaufnahme 4 1. Zeit- und Arbeitsaufwand 7 4 2. Vorbereitung der Beweisaufnahme 8 4 3. Aktenbeiziehung 9 4 4. Auskünfte, Berichte und Stellungnahmen 10 7 5. Zeugenvernehmung 11 7 6. Reichweite des Untersuchungsauftrags 12 8 III. Berichtsfeststellung 13 8

2. Abschnitt: Festgestellter Sachverhalt

A. Überblick I. Verkauf der Aktien und Wiederanlage des Verkaufserlöses 14 9 II. Überblick über die Flick-Anträge 15 9 III. Steuerbegünstigung nach § 6b EStG und § 4 AIG; Bescheinigungsver- fahren und beteiligte staatliche Stellen 10 1. § 6b EStG 16 10 2. § 4 AIG 17 11 3. Der rechtliche Charakter der Entscheidung nach § 6b EStG und § 4 AIG 18 13 4. Bescheinigungspraxis 19 13 IV. Wichtige beteiligte Personen des Flick-Konzerns und beteiligte Amts- träger 14 1. Flick-Konzern 20 14 2. Amtsträger 21 15 a) BMWi 22 15 b) BMF 23 16 V. Die Spendenpraxis des Flick-Konzerns 24 16 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite VI. Spendenvorwürfe gegen Amtsträger 25 17

B. Vorgeschichte bis zur ersten Antragstellung (Herbst 1974 bis Februar 1976) Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpakets 26 17 Motive für den Verkauf des Daimler-Benz-Aktienpakets 27 18 Verhandlungen mit dem Iran 28 18 Verhandlungen des Flick-Konzerns mit der Deutschen Bank 29 18 Vorgespräche mit Mitgliedern der Bundesregierung 30 19 Abschluß des Vertrages zwischen dem Flick-Konzern und der Deut- schen Bank sowie Gespräch der Deutschen Bank mit Bundeskanzler 31 20 Erklärung von Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Vertragsabschluß vor seiner Fraktion 32 21 Weiteres Gespräch von Bundeskanzler Helmut Schmidt mit der Deut- schen Bank 33 22 Befassung des Bundeskabinetts mit dem Aktienverkauf 34 22 Die öffentliche Diskussion um § 6 b EStG 35 23 Erste öffentliche Äußerungen von Dr. Rolf Böhme 36 23 Behandlung im Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages 37 24 Befürchtungen des Flick-Konzerns wegen etwaiger Änderung des § 6 b EStG 38 24 Einschaltung Günter Markscheffels durch Eberhard von Brauchitsch 39 25 Kontakt Eberhard von Brauchitschs zu Staatsminister Heinz-Herbert Karrt' 40 26 Beratung des Flick-Konzerns durch Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile 41 26 Aktivitäten von Manfred Nemitz 42 27 Spendenzahlungen des Flick-Konzerns Anfang 1975 43 27 Organisatorische Vorbereitungen im Flick-Konzern für die Antragstel- lung 44 30 Erste Gespräche von Dr. Heribert Blaschke mit Ministerialbeamten . 45 30 Vorbesprechungen Eberhard von Brauchitschs mit Bundesminister Dr. 46 31 Weitere Gespräche von Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile und Dr. Heribert Blaschke mit Ministerialbeamten 47 33 Das Auftreten von Schwierigkeiten und erneutes Einschalten Günter Markscheffels 48 34 Fortsetzung der Gespräche mit Ministerialbeamten 49 34 Kontakte Eberhard von Brauchitschs mit Politikern von F.D.P. und SPD im Sommer 1975 50 35 Besprechung im Bundesministerium für Wirtschaft am 21. August 1975 51 36 Beteiligung des Bundesfinanzministeriums und des Bundeskanzler- amtes 52 38 Parlamentarische Anfrage von Dr. Rolf Böhme aus Anlaß der Bilanz- Pressekonferenz des Flick-Konzerns 53 39 Weitere Kontakte von Manfred Nemitz und Günter Markscheffel zu SPD-Politikern 54 39 Spende an Alfred Nau 55 40 Vorprüfung des Reinvestitionsprojektes Grace beim Bundesministe- rium für Wirtschaft 56 41 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite Bericht von Günter Markscheffel über die Sitzung der SPD-Bundes- tagsfraktion am 21. Oktober 1975 57 42 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Alex Möller 58 43 Abendessen in der Langenbachstraße 59 44 Treffen von Eberhard von Brauchitsch mit Dr. 60 45 Erstes Gespräch von Dr. Rolf Böhme mit Eberhard von Brauchitsch 61 45 Prüfung des Weiterveräußerungskonzepts der Deutschen Bank durch das Bundesfinanzministerium 62 46 Besprechung im Bundeswirtschaftsministerium vom 16. Dezember 1975 63 47 Weitere öffentliche Argumentation von Dr. Rolf Böhme 64 48 Reaktion von Eberhard von Brauchitsch auf negative Presseartikel 65 49 Vorprüfung im Bundeswirtschaftsministerium 66 49 Hinweise zur Wiederanlagestrategie 67 49 Prüfung der Möglichkeit einer rückwirkenden Änderung des § 6 b EStG im Bundesfinanzministerium 68 50 Spendenbitte des Parlamentarischen Staatssekretärs Rainer Offer- geld 69 51

C Die Behandlung der Anträge des 1. Antragsblocks (Februar 1976 bis September 1976) Die Antragstellung 70 53 Die Prüfung der Anträge im Bundeswirtschaftsministerium 71 54 Bestrebungen zur Änderung des § 6b EStG 72 55 Das Treffen von Eberhard von Brauchitsch mit Bundeswirtschaftsmi- nister Dr. Hans Friderichs am 22. März 1976 73 55 Das Gespräch von Dr. Friedrich Karl Flick mit Bundeskanzler Helmut Schmidt am 13. April 1976 74 56 Die Spende an die Friedrich-Ebert-Stiftung von 1 Million DM 1976 75 56 Weitere Gespräche von Eberhard von Brauchitsch mit Bundeswirt- schaftsminister Dr. Hans Friderichs 76 57 Die Zurruhesetzung des Kartellamtspräsidenten Professor Dr. Eber- hard Günther 77 58 Das Gespräch von Bundesfinanzminister Dr. mit Dr. Fried- rich Karl Flick in dessen Jagdhütte 78 58 Vorbereitungen im Flick-Konzern und im Bundesministerium der Finanzen 79 59 Der Verlauf des Jagdhüttengesprächs 80 61 Die weitere Behandlung der Anträge im Bundeswirtschaftsministe- rium 81 63 Bearbeitung der Anträge im Bundesfinanzministerium 82 64 Die Mitfluggelegenheit nach Nizza für Verwandte von Bundeswirt- schaftsminister Dr. Hans Friderichs 83 65 Die Beteiligung der Landeswirtschaftsministerien 84 66 Die Erteilung der Bescheide zum 1. Antragsblock 85 66 Spannungen im Flick-Konzern zwischen Eberhard von Brauchitsch und Günter Max Paefgen 86 67 Die Pressekonferenz des Flick-Konzerns am 25. Oktober 1976 87 68 Die Unterrichtung von Bundeskanzler Helmut Schmidt 88 68 Nachfolgende Gespräche von Eberhard von Brauchitsch 89 69 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite D. Die Behandlung der Anträge des 2. Antragsblocks (Dezember 1976 bis September 1978) Weitere Wiederanlageüberlegungen 90 70 Befürchtungen im Flick-Konzern wegen Änderung des § 6 b EStG 91 70 Kontakte des Flick-Konzerns zur Friedrich-Ebert-Stiftung 92 71 Kontakte Eberhard von Brauchitschs mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Böhme 93 71 Informationen aus der SPD-Bundestagsfraktion für Eberhard von Brauchitsch 94 72 Vorbereitung des 2. Antragsblocks 95 72 Änderungsbestrebungen in der SPD zu § 6 b EStG 96 73 Zweites Gespräch von Dr. Friedrich Karl Flick mit Bundesfinanzmini- ster Dr. Hans Apel 97 73 Gespräch von Eberhard von Brauchitsch mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs am 28. März 1977 98 74 Flugreise der Familie Friderichs nach Schierensee 99 75 Spendeneintragung vom 10. Mai 1977 100 75 Telefonkontakte zwischen Eberhard von Brauchitsch und Regierungs- direktor Klaus Wohlleben 101 75 Widerstand auf Landesebene 102 76 Besuch von Bundesminister Dr. Hans Friderichs bei Eberhard von Brauchitsch 103 76 Besprechung zwischen Fritz Wacker und Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl am 13. Juli 1977 104 76 Besprechung von Eberhard von Brauchitsch im Bundesministerium für Wirtschaft am 1. August 1977 105 77 Vorbereitungen im Flick-Konzern zur Aufstockung der Beteiligung an Grace 106 78 Die Ereignisse im September 1977 107 78 Vorgespräche mit Beamten über den 2. Antragsblock 108 80 Das Gespräch am 13. Oktober 1977 mit Vertretern des Flick-Konzerns im Bundeswirtschaftsministerium 109 80 Öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri an § 6bEStG 110 81 Spenden Ende Oktober 1977 111 81 Bericht des Bonner Büros über die Wahl von zur stellvertretenden F.D.P.-Bundesvorsitzenden 112 82 Das Problem der noch nicht verkauften Unterschachteln der Merce- des-Holding 113 82 Änderungen der Unternehmensform des Flick-Konzerns 114 82 Die Anträge des 2. Antragsblocks 115 83 Übergabe und erste Prüfung der Anträge 116 84 Informationsvorlage vom 6. Dezember 1977 für den Bundeswirt- schaftsminister 117 84 Übersendung einer Kopie der Ministervorlage vom 6. Dezember 1977 an Eberhard von Brauchitsch 118 85 Besorgnis im Flick-Konzern wegen Grace II 119 86 Politische und rechtliche Diskussionen um Feldmühle und Grace II 120 86 Weitere Kontakte des Flick-Konzerns zum Bundeswirtschaftsministe- rium 121 87 Die Stellungnahme des Bundeskartellamtes 122 87 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite Die Stellungnahme des Referats Industriestruktur zum Grace II-An- trag 123 88 Der Flick-Konzern und der Wechsel im Amt des Bundesfinanzmini- sters 124 88 Bericht Eberhard von Brauchitschs über eine Sitzung des Vorstandes der SPD-Bundestagsfraktion 125 89 Amtsantritt von Bundesminister Hans Matthöfer und des Parlamenta- rischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme 126 90 Besprechung Fritz Wackers mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl am 17. Februar 1978 127 91 Bericht von Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile über Gespräche mit Beamten des Bundesministeriums der Finanzen 128 92 Bericht von Manfred Nemitz über Gespräche mit dem Parlamentari- schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und dessen Vorgänger 129 92 Fritz Wackers Gespräch mit dem Wettbewerbsreferat des Bundesmini- steriums für Wirtschaft 130 93 Weitere Überlegungen im F lick-Konzern zum Investitionsprogramm. 131 93 Erste Begegnung von Eberhard von Brauchitsch mit Hans Matthöfer als Bundesfinanzminister 132 93 Besprechung von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht mit Eberhard von Brauchitsch am 3. März 1978 133 95 Kontakt des Flick-Konzerns mit dem Bundeskartellamt 134 97 Treffen von Eberhard von Brauchitsch mit Liselotte Funcke 135 97 Aufsehen um die Beförderung von Ministerialrat Klaus Wohlleben 136 98 Überlegungen im Flick-Konzern zu Feldmühle und Grace II 137 98 Weitere Gespräche des Flick-Konzerns mit SPD-Politikern aus Nord- rhein-Westfalen 138 99 Gespräche zwischen Eberhard von Brauchitsch und Franz Josef Strauß über die Grace-Anträge 139 100 Öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri 140 100 Weitere Stellungnahme des Bundeskartellamtes 141 101 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. am 3. Mai 1978 142 101 Notiz über ein Gespräch von Manfred Nemitz mit Rainer Offergeld 143 102 Fritz Wackers Interesse an der Stellungnahme des Bundeskartellam- tes 144 103 Veranstaltung des „Münchner Kreises" am 19. Mai 1978 145 103 Besprechung Fritz Wackers am 6. Juni 1978 im Bundesministerium für Wirtschaft 146 104 Weitere Kontakte zwischen Eberhard von Brauchitsch und Klaus Wohlleben 147 105 Konzerninterne Bewertung der Antragsbearbeitung durch die Bun- desministerien 148 106 Einschaltung von SPD-Landespolitikern durch den Flick-Konzern 149 106 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem nordrhein-westfäli- schen Wirtschaftsminister Dr. Horst-Ludwig Riemer am 19. Juni 1978 150 107 Anderweitige Unterstützung für den Flick-Konzern 151 108 Treffen von Dr. Friedrich Karl Flick mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer 152 108 Die Kooperationsvereinbarung zwischen Grace und PCV 153 111 Die Voten im Bundesministerium für Wirtschaft zum 2. Antragsblock 154 111 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite Die ergänzende Stellungnahme des Abteilungsleiters Ministerialdi- rektor Dr. Hans Tietmeyer 155 112 Besprechung auf Leitungsebene über die Entscheidungsvorschläge 156 113 Antwort von Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff an den Landtagsabgeordneten Dr. Dieter Haak 157 114 Telefonat von Eberhard von Brauchitsch mit dem SPD-Bundestagsab- geordneten am 3. Juli 1978 158 114 Gespräche Eberhard von Brauchitschs mit Liselotte Funcke und Dr Diether Posser 159 115 Die erste Prüfung der Anträge im Bundesministerium der Finanzen 160 115 Hinweise von Franz Josef Strauß 161 116 Informationen über die Antragsbearbeitung im Bundesministerium der Finanzen 162 118 Überlegungen im Flick-Konzern zu Grace 163 118 Die Briefe Günter Markscheffels vom 15. und 31. Juli 1978 164 119 Notiz des Bonner Büros über „Hilfe aus München" 165 120 Die Bedenken von Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner zu Grace . 166 121 Vorbereitung des „Hearings" vom 10. August 1978 im Bundesministe- rium der Finanzen 167 122 Günter Markscheffels Zusammentreffen mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer 168 122 Ministervorlage im Bundesministerium für Wirtschaft vom 8. August 1978 169 123 Informationen über den Hintergrund des „Hearings" 170 123 Vorgespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsmini- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff zum „Hearing" 171 124 Das „Hearing` im Bundesministerium der Finanzen am 10. August 1978 172 124 Der Vermerk Fritz Wackers über dieses „Hearing` 173 125 Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff über das Ergebnis des „Hearings" 174 125 Ministervorlage im Bundesministerium für Wirtschaft über das „Hearing" 175 126 Übersendung von Unterlagen des Flick-Konzerns an Bundesfinanzmi- nister Hans Matthöfer durch die Friedrich-Ebert-Stiftung 176 126 Eberhard von Brauchitschs Gespräch mit dem früheren nordrhein- westfälischen Finanzminister Prof. Dr. Friedrich Halstenberg 177 127 Kontakt Eberhard von Brauchitschs mit dem Parlamentarischen Ge- schäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Konrad Porzner 178 127 Telefonate Eberhard von Brauchitschs mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht im August 1978 179 128 Telefonat von Dr. Heribert Blaschke mit Ministerialrat Dr. Günter Söffing am 14. August 1978 180 128 Vorbereitungsvorlage für das Gespräch von Bundesminister Hans Matthöfer mit Eberhard von Brauchitsch am 15. August 1978 181 129

Vorbereitungskonzept E berhard von Brauchitschs 182 130 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer am 15. August 1978 183 131 Schritte Eberhard von Brauchitschs zur Intensivierung der Grace- Kooperation 184 132 Weitere Bearbeitung des Grace-Antrags im Bundesministerium für Wirtschaft 185 132 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite Übergabe weiterer Unterlagen zu Grace im Bundesministerium der Finanzen 186 133 Eberhard von Brauchitschs Brief vom 22. August 1978 an Fritz Wacker 187 133 Weitere Unterlagen vom Flick-Konzern zu Grace 188 133 Sonderspende an die Friedrich-Ebert-Stiftung 189 134 Weiteres Gespräch Dr. Heribert Blaschkes mit dem Bundesfinanzmi- nisterium 190 134 Schlußphase der Antragsbearbeitung im Bundesministerium der Finanzen 191 134 Information über die Zustimmung des Bundesfinanzministeriums 192 135 Der Inhalt der abschließenden Vorlagen im Bundesministerium der Finanzen 193 136 Konzerninterne Unterrichtung 194 137 Die Kritik von Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner an der Grace II-Entscheidung 195 137 Die Befassung der Landeswirtschaftsministerien 196 138 Die Erteilung der Bescheinigungen 197 139 „Sonderzahlung" von 220 000 DM 198 140 Das weitere Schicksal der Grace-Bescheinigungen 199 143 Die Rücknahme der Bescheinigungen zu Grace I und II 200 145

E. Die Behandlung der Anträge des 3. Antragsblocks (April 1978 bis Au- gust 1981) Der 6 b-Antrag für die Beteiligung an der Versicherungsholding der Deutschen Industrie GmbH (VHDI) 201 145 Vorgespräche des Flick-Konzerns wegen des VHDI-Erwerbs 202 146 Gespräche Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht 203 146 Gespräch Fritz Wackers vom 17. Februar 1978 mit Ministerialrat Dr Wolfgang Mühl 204 146 Besprechung Eberhard von Brauchitschs mit Dr. Walter Rieger am 24. Februar 1978 205 147 Vorbereitung des Gesprächs von Eberhard von Brauchitsch mit Bun- desfinanzminister Hans Matthöfer am 1. März 1978 206 148 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer am 1. März 1978 207 148 Erste Würdigung der VHDI-Beteiligung im Bundesministerium für Wirtschaft 208 149 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am 3. März 1978 209 150 Weitere Vorbereitung der VHDI-Übernahme 210 150 Überlegungen zur VHDI-Beteiligung im Bundesfinanzministerium

und im Bundeskartellamt 211 • 151 Der Antrag betreffend VHDI und GKB 212 151 Beratungen über Auskünfte gegenüber der Presse unter Berücksichti- gung des Steuergeheimnisses 213 151 Das Telefonat zwischen Manfred Nemitz und Staatssekretär vom 6. April 1978 214 152 Parlamentarische Fragen des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr Dieter Spöri im April 1978 215 152 Fritz Wackers Gespräch mit dem nordrhein-westfälischen SPD-Land- tagsabgeordneten Hilmar Selle 216 153 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite Differenzen zwischen dem Flick-Konzern und Dr. Hans Gerling 217 153 Presseveröffentlichungen des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri gegen die Anwendung des § 6 b EStG auf die Anträge des Flick-Konzerns 218 153 Das weitere Vorgehen des Flick-Konzerns beim VHDI-Antrag 219 154 Erneute parlamentarische Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri 220 154 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am 19. Mai 1978 • 221 154 Der Artikel in „Capital" zur Beteiligung an VHDI 222 155 Stellungnahme des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen vom 21. Juni 1978 223 155 Positive Stellungnahme des Bundeskartellamtes vom 3. Juli 1978 224 156 Weitere Bearbeitung im Bundeswirtschaftsministerium, im nordrhein- westfälischen Finanzministerium sowie im Bundesfinanzministerium . 225 156 Die Stellungnahme des Referats „Versicherungswirtschaft" im Bun- desfinanzministerium 226 156 Das „Hearing" im Bundesfinanzministerium am 10. August 1978 227 157 Der Vergleich zwischen Dr. Hans Gerling und dem Flick-Konzern 228 157 Erneute Bemühungen in der SPD um gesetzliche Einschränkungen 229 157 Parlamentarische Anfragen von SPD-Bundestagsabgeordneten im No- vember und Dezember 1978 230 159 Der Antrag betreffend US Filter (USF) 231 160 Telefonat von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht mit Eberhard von Brauchitsch vom 13. Oktober 1978 232 160 Das Kartellproblem bei US Filter 233 161

Besuch von Eberhard von Brauchitsch bei Bundesfinanzminister Hans Matthöfer am 15. November 1978 und weitere Gespräche 234 161 Bilanz-Pressekonferenz des Flick-Konzerns am 30. November 1978 235 161 Information von F.D.P.-Politikern; Beratung im Bundestagsfinanzaus- schuß 236 162 Informationsvorlage vom 8. Dezember 1978 für Bundesminister Dr Otto Graf Lambsdorff 237 163 Bericht Günter Markscheffels über ein Gespräch mit Bundesfinanzmi- nister Hans Matthöfer 238 163 Die Konkretisierung des VHDI-Antrages 239 163 Der Antrag betreffend PCV 240 163 Die Informationsbereitschaft des Flick-Konzerns gegenüber den SPD- Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Böhme und Dr. Dieter Spöri 241 163 Notiz vom Dezember 1978 242 164 Gespräch zwischen dem Vorsitzenden des Flick-Aufsichtsrats und dem Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswe- sen 243 164 Gespräch von Vertretern des Flick-Konzerns mit Bundestagsabgeord- neten von SPD und F.D.P. am 5. Februar 1979 244 166 Das vorbereitende Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri 245 166 Der Verlauf des Gesprächs vom 5. Februar 1979 246 166 Sitzung des Bundestagsfinanzausschusses am 7. Februar 1979 zum Be- rieht der Bundesregierung zu § 6b EStG 247 167 Vorlage einer „Dispositions-Liste" durch Dr. Walter Schmitz im Fe- bruar 1979 248 168 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite Einladungen zur Inbetriebnahme einer Kohlegasfabrik am 12. März 1979 249 168 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff am 19. März 1979 250 168 Erneute Kampagne gegen die Anwendung von § 6b EStG auf Anträge des Flick-Konzerns 251 169 Beschwerde Eberhard von Brauchitschs über Dr. Dieter Spöri bei und anderen SPD-Politikern 252 170 Die Einschaltung Günter Markscheffels wegen Dr. Dieter Spöri 253 171 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem SPD-Bundestags- abgeordneten Konrad Porzner am 30. März 1979 254 171 Die „besondere Pflege der Bonner Landschaft" 255 172 Eintragungen in der Diehlschen Liste unter dem 19. April 1979 256 173 Eberhard von Brauchitschs Einlassung zu Barspenden wegen SPD- Politikern 257 174 Die Darstellung der SPD-Bundestagsabgeordneten Konrad Porzner und Hans-Jürgen Junghans 258 175 Die Aussage Alfred Naus vor der Staatsanwaltschaft 259 175 Das Gespräch von Alfred Nau mit Günter Markscheffel vor der staats- anwaltschaftlichen Vernehmung 260 176 Information des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme über den Stand der Bearbeitung des 3. Antragsblocks 261 178 Das -Gespräch bei Bundeskanzler Helmut Schmidt am 15. Mai 1979 262 178 Vorbereitung eines Gesprächs von Eberhard von Brauchitsch am 15. Mai 1979 263 179 Überlegungen Fritz Wackers zur Einschaltung von „Hilfstruppen" 264 179 Gespräch von Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff mit Eberhard von Brauchitsch am 28. Mai 1979 265 180 Telefonat Fritz Wackers mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl wegen des Antrags betreffend Gerling 266 180 Unterrichtung von Dr. Friedrich Karl Flick durch Eberhard von Brau- chitsch über den Stand der Bearbeitung des 3. Antragsblocks 267 181 Eintragungen in der Diehlschen Liste im Juni 1979 268 182 Die Vorbereitung weiterer Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsmi- nisterium 269 183 Die Spende an die Friedrich-Ebert-Stiftung im Juli 1979 270 183 Der Brief von Dr. Friedrich Karl Flick an Bundeskanzler Helmut Schmidt 271 184 Gespräch Günter Markscheffels mit Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski am 23. Juli 1979 272 184 Ratschläge Günter Markscheffels wegen eines Artikels im „Spiegel" . 273 184 Besprechung im Bundeswirtschaftsministerium am 3. August 1979 274 185 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt am 11. September 1979 275 185 Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff am 12. September 1979 276 186 Kontakte Eberhard von Brauchitschs mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer im September 1979 277 186 Informationen Günter Markscheffels aus der SPD-Bundestagsfraktion vom 19. September 1979 278 187 Das Arbeitsessen von Dr. Hanns Arnt Vogels mit Bundeswirtschafts- minister Dr. Otto Graf Lambsdorff und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht 279 187 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite Konzerninterne Differenzen bei den Steuerbescheinigungsverfahren . 280 188 Fritz Wackers Kontakte mit dem Referat Steuerpolitik im Bundeswirt- schaftsministerium 281 188 Eberhard von Brauchitschs Telefonat vom 24. Oktober 1979 mit dem früheren Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs 282 189 Das Gespräch von Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Dr. Friedrich Karl Flick am 25. Oktober 1979 283 189 Erneute öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri 284 191 Überlegungen Eberhard von Brauchitschs zum Erwerb des Alleinbe- sitzes an USF 285 191 Schreiben von Eberhard von Brauchitsch an Liselotte Funcke zu ihrer Ernennung zum Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen 286 191 Informationen über die Bearbeitung der Anträge im Bundesministe- rium der Finanzen 287 192 Überlegungen im Flick-Konzern zu Weihnachtsgrüßen 288 192 Ressortbesprechung am 5. Dezember 1979 insbesondere wegen des Antrags betreffend VHDI 289 192 Bemühungen Eberhard von Brauchitschs um weitere Gespräche mit den Bundesministerien 290 194 Fritz Wackers Schreiben vom 4. Januar 1980 zur Frage der Kapitaler- höhung und § 6 b EStG; Hinweise auf Grace-Risiken 291 194 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer am 18. Januar 1980 292 195 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsmini- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff am 28. Januar 1980 293 195 Eintragungen in den Diehl-Listen unter dem 30. Januar 1980 294 196 Notiz Eberhard von Brauchitschs über einen Anruf von Bundeswirt- schaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff am 1. Februar 1980 295 197 Stand der Bearbeitung des 3. Antragsblocks im Februar 1980 296 198 Gratulation für Staatsminister Heinz-Herbert Karry 297 198 Spendenakquisition von Alfred Nau für SPD und Friedrich-Ebert-Stif- tung 298 199 Einschaltung Günter Markscheffels wegen eines Artikels der SPD- Bundestagsabgeordneten 299 199 Vorschlag zur Aufnahme Günter Max Paefgens ins Kuratorium der Friedrich-Ebert-Stiftung 300 199 Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft zum 3. An- tragsblock vom 31. März 1980 301 199 Treffen Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff am 15. April 1980 in Düsseldorf 302 200 Weitere Aktivitäten Eberhard von Brauchitschs 303 201 Überlegungen zu einer Auflage im Falle VHDI 304 201 Überlegungen im Flick-Konzern zu den steuerrechtlichen Problemen betreffend VHDI 305 202 Die Ministervorlage im Bundesfinanzministerium vom 26. Juni 1980 306 203 Eintragung in die Diehl-Listen unter dem 7. Juli 1980 307 204 Bemühungen Eberhard von Brauchitschs um ein Gespräch mit Bun- desfinanzminister Hans Matthöfer im Juli 1980 308 205 Telefonat zwischen Bundesfinanzminister Hans Matthöfer und Eber- hard von Brauchitsch am 16. Juli 1980 309 205 Vorbereitung der Entscheidung des Ministers im Bundesfinanzmini- sterium 310 206 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite Erneute Pressekampagne gegen die Erteilung der Bescheinigung für den Flick-Konzern 311 207 Unterrichtung von Bundeskanzler Helmut Schmidt 312 208 Reaktionen im Bundeswirtschaftsministerium auf die Kritik von Dr Dieter Spöri 313 208 Die Vorlage für Bundeskanzier Helmut Schmidt vom 31. Juli 1980 und dessen Entscheidung 314 209 Eberhard von Brauchitsch und die „Aktion Spöri" sowie die Vorberei- tung des Besuchs bei Minister Professor Dr. Reimut Jochimsen 315 211 Bericht Eberhard von Brauchitschs über sein Telefonat mit Staatsse- kretär Dr. Otto Schlecht 316 212 Information Dr. Friedrich Karl Flicks durch Eberhard von Brauchitsch vom 6. August 1980 317 212 Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem F.D.P.-Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher 318 213 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Hans-Jürgen Wischnewski 319 214 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem nordrhein-westfäli- schen Wirtschaftsminister Dr. Reimut Jochimsen am 11. August 1980 320 215 Die Bemühungen von Karl Hauenschild 321 216 Unterrichtung von Dr. Friedrich Karl Flick am 28. August 1980 durch Eberhard von Brauchitsch 322 216 Neue Probleme bei der Bearbeitung des 3. Antragsblocks 323 217 Hausbesprechung im Bundesfinanzministerium zum 3. Antragsblock am 22. Oktober 1980 324 218 Fritz Wackers Gespräch im Bundeswirtschaftsministerium am 28. 0k- tober 1980 325 218 Begegnung von Dr. Klaus Götte mit Staatssekretär Manfred Lahn- stein 326 219 Spannungen in der Spitze des Flick-Konzerns 327 220 Vermerk von Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile vom 3. November 1980 über Gespräche im Bundesfinanzministerium 328 221 Kontakte zwischen Manfred Nemitz und Staatssekretär Manfred Lahnstein 329 221 Schreiben von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch an das Bundeswirt- schaftsministerium 330 221 Eintragung in der Diehl-Liste unter dem 7. November 1980 331 221 Das Gespräch mit Hans Matthöfer vom 7. November 1980 332 222 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Ministerpräsident Jo- hannes Rau und Finanzminister Dr. Diether Posser am 10. November 1980 333 222 Das Bungalowgespräch am 13. November 1980 334 223 Die Vorbereitung des Ressortgesprächs am 28. November 1980 335 223 Die Ressortbesprechung am 28. November 1980 336 223 Die Beauftragung von Professor Dr. Klaus Vogel als Gutachter 337 224 Fragen des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri im Dezem- ber 1980 338 224 Besuch von Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff bei Eberhard von Brauchitsch 339 225 Die Erarbeitung des Briefes des Bundesfinanzministeriums an den Flick-Konzern wegen der Nebenbestimmung 340 225 Tätigkeitsbericht des Bonner Büros des Flick-Konzerns für 1980 341 226 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite Eberhard von Brauchitschs Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff am 29. Januar 1981 342 226 Dr. Friedrich Karl Flicks Besorgnis wegen der Steuerrisiken 343 227 Das Gespräch zwischen Vertretern des Flick-Konzerns und der Bun- desministerien über die Holdingproblematik 344 227 Die Frage der Nebenbestimmung 345 228 Gespräch von Dr. Klaus Götte mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff am 21. Februar 1981 346 229 Die weitere Entwicklung im Bundesfinanzministerium 347 230 Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer 348 231 Unterrichtung von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht durch Eberhard von Brauchitsch über sein Gespräch mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer 349 231 Notiz von Dr. Friedrich Karl Flick zu Steuerrisiken des Flick-Kon- zerns 350 232 Vorbereitung Eberhard von Brauchitschs auf ein Gespräch mit Bun- desfinanzminister Hans Matthöfer 351 232 Ministervorlage im Bundesfinanzministerium vorn 13. März 1981 352 233 Probleme der steuerlichen Veranlagung für 1978 353 233 Briefentwurf von Dr. Axel Schmidt-Hern für eine Nebenbestimmung 354 234 Holdingproblematik beim Antrag eines anderen Unternehmens 355 234 Verzögerung der Entscheidung über ein Gespräch beider Bundesmini- ster 356 234 Überlegungen des Flick-Konzerns im Mai 1981 357 235 Bemühungen von Dr. Friedrich Karl Flick um Aufklärung des Um- fangs von Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung 358 235 Überlegungen zur Rücknahme des Antrags betre ffend USF 359 236 Eberhard von Brauchitschs Bericht für Dr. Friedrich Karl Flick vom 12. Mai 1981 über Informationen aus dem Bundesfinanzministerium . 360 237 Die vermeintlich ablehnende Entscheidung von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer zum VHDI-Antrag 361 237 Der Vorschlag für eine Begründung der ablehnenden Entscheidung von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer 362 237 Eberhard von Brauchitschs Bericht über die Haltung von Bundeskanz- ler Helmut Schmidt und seiner Umgebung zur deutschen Wirtschaft . 363 238 Bericht Eberhard von Brauchitschs über ein „Streitgespräch" im Bun- desfinanzministerium 364 238 Überlegungen von Fritz Wacker vom 27. Mai 1981 zu einem „deal" 365 239 Unterrichtung von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer durch Eber- hard von Brauchitsch 366 240 Die konzerninterne Vorbereitung eines Gesprächs mit dem Bundesfi- nanzminister 367 240 Vorbereitende Gespräche zwischen Eberhard von Brauchitsch und der Leitung des Bundeswirtschaftsministeriums 368 241 Die Besprechung im Bundesfinanzministerium mit den Vertretern des Flick-Konzerns am 1. Juni 1981 369 242 Folgegespräche nach der Besprechung vom 1. Juni 1981; die Rück- nahme des USF-Antrags 370 243 Weitere Folgegespräche nach der Besprechung im Bundesfinanzmini- sterium am 1. Juni 1981 371 244 Die Überprüfung des Votums der Versicherungsabteilung im Bundes- finanzministerium 372 244 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite Die Einschätzung der Gerling-Angelegenheit durch Dr. Friedrich Karl Flick 373 245 Dr. Friedrich Karl Flicks Überzeugung hinsichtlich einer positiven Bescheidung der Anträge 374 245 Telefonate zwischen Dr. Klaus Götte und dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme im Juni 1981 375 245 Vermerk des Bonner Büros des Flick-Konzerns vom 4. Juni 1981 376 246 Vorbereitung einer Presseerklärung des Flick-Konzerns zur Veräuße- rung der USF-Beteiligung 377 247 Der angebliche Brief des Bundesfinanzministers an das Bundeswirt- schaftsministerium und das „Aide mémoire" für Staatssekretär Dr Otto Schlecht 378 247 Der Hintergrundbericht Günter Markscheffels an Eberhard von Brau- chitsch vom 9. Juni 1981 379 248 Die weitere Bearbeitung des Entwurfs des Briefes an das Bundeswirt- schaftsministerium 380 248 Weitere Telefonate von Dr. Klaus Götte mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme 381 249 Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wegen des Briefentwurfes des Bundesfinanzministeriums 382 249 Überlegungen im Flick-Konzern zur etwaigen Ablehnung des Antrags betreffend PCV 383 250 Die weitere Beschäftigung im Flick-Konzern mit dem erwarteten Brief des Bundesfinanzministeriums 384 250 Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 24. Juni 1981 385 252 Das weitere Verfahren nach der Entscheidung des Bundesfinanzmini- steriums 386 254 Die Vorbereitung der Bescheinigungen 387 254 Gespräch zwischen dem Flick-Konzern und dem Bundeswirtschafts- ministerium über die Nebenbestimmung 388 255 Konzerninterne Kritik von Dr. Friedrich Karl Flick wegen der Auf- lage 389 255 Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri an der ge- planten Erteilung von Bescheinigungen 390 257 Pressekonferenz des Flick-Konzerns am 9. Juli 1981 391 257 Ministervorlage im Bundesfinanzministerium über die beabsichtigte Bescheinigungserteilung durch den Bundeswirtschaftsminister 392 258 Fritz Wackers Bericht vom 15. Juli 1981 über das weitere Vorgehen des Bundeswirtschaftsministeriums 393 258 Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Uwe Jens 394 258 Das Erläuterungsschreiben des Flick-Konzerns zu PCV 395 259 Die weiteren Kontakte zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesfinanzministerium 396 259 Bericht Eberhard von Brauchitschs über geplante Änderungen der §§ 6 b EStG und 4 AIG 397 259 Probleme zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bun- desfinanzministerium 398 260 Die Besprechung zwischen Bundeswirtschaftsministerium und Bun- desfinanzministerium am 3. und 4. August 1981 399 260 Öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Uwe Jens am 6. August 1981 400 262 Bericht Eberhard von Brauchitschs an Dr. Friedrich Karl Flick vom 7. August 1981 über den Stand der Bescheinigungserteilung 401 262 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite Ministervorlage von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl vom 10. August 1981 zum 3. Antragsblock 402 263 Die Erteilung der Bescheinigungen betreffend VHDI und PCV am 12. August 1981 .. 403 263 Schreiben Eberhard von Brauchitschs vom 21. August 1981 an Staats- sekretär Dr. Otto Schlecht 404 264 Erneute öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Die- ter Spöri am 27. August 1981 405 264 Intervention der hessischen SPD-Landtagsfraktion 406 265 Überlegungen von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wegen eines Brie- fes an den SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri 407 265 Der Brief von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht an Dr. Dieter Spöri und das Presseecho darauf 408 266 Die Erörterungen im Bundeskabinett 409 267 Öffentliche Äußerungen von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer 410 268 Das Schreiben Eberhard von Brauchitschs an Günter Markscheffel vom 9. September 1981 und dessen Bericht über die Fraktionssitzung der SPD am 8. September 1981 411 268 Eberhard von Brauchitschs Notiz über die Haltung von Bundesjustiz- minister Dr. Jürgen Schmude 412 269

F. Die einzelnen Fragen des Untersuchungsauftrages 413 269

3. Abschnitt

A. Ergebnisse und Schlußfolgerungen aus der Untersuchung I. Der Maßstab des Rechts und ungeschriebener Verhaltensregeln .....414-420 271 II. Schlüssel zum Verständnis 271 1. Die Strategie des Flick-Konzerns in den Verfahren nach §§ 6b EStG und 4 AIG 421 271 2. Öffentliche Politisierung des Verwaltungsverfahrens 422 273 III. Einflußnahme des Flick-Konzerns auf Politik und Verwaltung 273 1. Allgemeines 273 a) Einflußnahme und Spenden 423 273 b) Lange Tradition des Spendenwesens im Flick-Konzern 424 274 c) Motive für Parteispenden 425 274 d) Spenden in den Bereich der SPD, der größeren Regierungspar- tei, im Zeitraum von Ende 1974 bis 1981 426-430 275 e) Spenden in den Bereich der F.D.P., der kleineren Regierungs- partei, im Zeitraum von Ende 1974 bis 1981 431-436 276 f) Spenden in den Bereich der CDU und CSU, der Opposition, im Zeitraum von Ende 1974 bis 1981 437 278 2. Kontakte in den politischen Raum 438 279 3. Informationsbeschaffung 439 280 4. Kontakte zur Verwaltung 440 281 IV. Nichtöffentliche Politisierung des Verwaltungsverfahrens 281 1. Durch Bundestagsabgeordnete u. a 441 281 2. Durch Regierungsmitglieder 442 281 3. In der Ministerialverwaltung 443 282 Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tz. Seite V. Schlußfolgerungen 282 1. § 6 b EStG modernisieren 282 a) Rechtslage 282 aa) Steuersystematische Einordnung 444 282 bb) Gegenwärtige gesetzliche Regelung 445 282 b) Wirtschaftspolitische Zielsetzung 446 283 c) Vorschlag an den Gesetzgeber 447-452 284 2. Keine weitere Einschränkung des Steuergeheimnisses 453 284 3. Notwendigkeit eines Untersuchungsausschußgesetzes 454 285 4. Neuordnung der Parteienfinanzierung 455 285 5. Geschenke an Mitglieder der Bundesregierung 456 285 6. Verhaltensregeln für Abgeordnete 457 285 7. Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages und Privatge- heimnisse 458 286 VI. Schluß 459 286

B. Eigenes Votum der Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungsaus- schuß Vorbemerkung 460 287 Gliederung 461 287 I. Die „Pflege der politschen Landschaft" 462 287 1. Die „langjährige Tradition" der Parteispenden des Flick-Kon- zerns 463 288 2. Spendenunterlagen des Konzerns 464 288 3. Die Organisation des Spendenwesens im Konzern 465 289 4. Die Spenden im Vergleich 466 289 5. Spenden an CDU und CSU 467 289 5.1 Spendenzeiträume 468 289 5.2 Die „Spendenwaschanlage" Staatsbürgerliche Vereinigung von 1954 e.V. Köln/Koblenz 469 289 5.3 Spenden an Dr. Helmut Kohl 470 290 5.4 Spenden an Franz Josef Strauß 471 290 6. Förderung von Unionspolitikern 472 290 6.1 Dr. Wolfgang Pohle 473 291 62 Dr. Reinhold Kreile 474 291 6.3 Adolf Kanter 475 291 7. Der Fall Dr. 476 291 8. Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen zur Förderung der Unionsparteien 477 292 9. Bewertung der Beziehungen zwischen Flick-Konzern und CDU/ CSU 478 293 10. Spenden an die FDP 479 293 10.1 Spendenzeiträume 480 293 10.2 Geldwaschanlagen 481 293 10.3 Spenden an Dr. Hans Friderichs 482 293 10.4 Spenden an Dr. Otto Graf Lambsdorff 483 294 10.5 Die 3-Millionen-Zahlung 484 294 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Tz. Seite 10.6 Spendenaktion Ende 1982 485 295 11. Bewertung der Beziehungen zwischen Flick-Konzern und FDP 486 295 12. Spenden an die SPD 487 295 12.1 Spendenzeiträume 488 295 12.2 Spende an die Georg-von-Vollmar-Akademie 489 296 12.3 Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung 490 296 12.4 Eintragungen der Diehlschen Liste 491 296 13. Bewertung der Beziehungen zwischen Flick-Konzern und SPD 492 296 II. Ministerialbürokratie 493 297 III. Zur Kritik an den Anträgen 494 297 IV. Allgemeine Bewertung 495 297 V. Vorschläge an den Gesetzgeber 297 1. Untersuchungsausschußverfahren 496 297 2. Reform des § 6b EStG 497 298 Übertragung von stillen Reserven auf abnutzbare Anlagegüter 498 298 Übertragung von stillen Reserven auf Anteile an Kapitalgesell- schaften 499 299 Reformüberlegungen 500-503 299 Anmerkung der Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und der F.D.P: Fraktion zum Minderheitsvotum 504 301

4. Abschnitt: Anlagen Anlage 1 Beschlüsse zur Beweisaufnahme und ihrer Vorbereitung 505 302 Anlage 2 Liste der Zeugen und Sachverständigen 506 336 Anlage 3 Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Akten und son- stigen Unterlagen 507 341 Anlage 4 Verzeichnis der Ausschußdrucksachen des 1. Untersuchungsaus- schusses 508 346 Anlage 5 Abkürzungsverzeichnis 509 359

Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

1. Abschnitt: Verlauf des Verfahrens -

A. Einsetzung des Ausschusses und dessen steuerlichen Vorteilsgewährungen von seiten Auftrag des Flick-Konzerns angeboten und welche Zu- wendungen wurden angenommen? 1 3. Inwieweit wurden Zuwendungen oder Leistun gen (Frage 2) mit Entscheidungen über die An- I. Einsetzungsbeschluß und Ergänzungsbeschlüsse erkennung der Begünstigung der Wiederanla- Der 10. Deutsche Bundestag hat in seiner 8. Sitzung gen oder anderen Entscheidungen in Verbin- am 19. Mai 1983 (Plenarprotokoll S. 422-434) auf dung gebracht? Antrag der SPD-Fraktion vom 28. April 1983 4. Hat es in einem Bundesministerium — mit (Drucksache 10/34) gemäß Artikel 44 GG einen Un- oder ohne Zusammenhang zum Fall Flick — tersuchungsausschuß, bestehend aus elf Mitglie Überlegungen gegeben, die gesetzlichen dern (fünf CDU/CSU, vier SPD, einer FDP, einer Grundlagen so zu verändern, daß schon für die- DIE GRÜNEN), mit folgendem Auftrag eingesetzt: sen oder für zukünftige Fälle gleichartige Wie- Dieser Ausschuß soll klären, ob — und falls ja, in deranlagen nicht mehr zu steuerlichen Begün- welcher Weise — es der Flick-Konzern unternom- stigungen führen? men hat, auf Entscheidungen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages, der Regierung, der Ver- Entscheidungen über steuerliche Vorteile waltung oder sonstiger Stellen der Bundesrepu- blik Deutschland Einfluß zu nehmen. 5. Welche Tatsachenbehauptungen des Steuer- pflichtigen haben den Bundesminister für Wirt- Insbesondere soll festgestellt werden, auf welcher schaft im Be- bzw. Einvernehmen mit den ge- Grundlage der Bundesminister für Wirtschaft die setzlich hierzu berufenen Stellen veranlaßt, die Entscheidungen getroffen hat, die die Vorausset- bezeichneten Wiederanlagen als förderungs- zungen dafür schufen, daß der Friedrich Flick In- würdig und geeignet im Sinne der jeweils ein- dustrieverwaltung KGaA steuerliche Vorteile für schlägigen gesetzlichen Vorschriften anzuse- den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen hen? der Firma Daimler-Benz AG im Hinblick auf ge- setzlich begünstigte Wiederanlagen zu gewähren 6. Wie, von wem und mit welchem Ergebnis und — nach Auftreten von Zweifeln — zu belas- wurde der jeweilige Tatsachenvortrag des sen waren. Steuerpflichtigen vor und nach den Begünsti- gungsentscheidungen überprüft? Es sollen insbesondere die folgenden Fragen un- tersucht werden: 7. Sind Zweifel an einem Tatsachenvortrag des Steuerpflichtigen aufgetreten, und wurde bzw. wird geprüft, ob eine Entscheidung des Bundes- Einflußnahme ministeriums für Wirtschaft aufzuheben ist? 1. Haben Angehörige, Mitarbeiter oder Beauf- 8. Haben sich die Prognosen, die nach den jeweils tragte des Flick-Konzerns oder andere Perso- einschlägigen gesetzlichen Vorschriften hin- nen es unternommen, auf sichtlich der Förderungswürdigkeit und Geeig- netheit zu stellen waren, erfüllt? — Mitglieder der Bundesregierung, 9. Welche steuerlichen Vorteile — auf Zeit oder — leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter auf Dauer — hat der Steuerpflichtige durch die der gesetzlich hierzu berufenen Stellen, Entscheidungen des Bundesministeriums für Wirtschaft erzielt? — Mitglieder des Deutschen Bundestages,

— Parteien Schlußfolgerungen mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, die Anerken- 10. Ist eine Entscheidung des Bundesministeriums nung der bezeichneten steuerlichen Begünsti- für Wirtschaft aufzuheben und — falls ja — gungen zu erreichen und zu sichern? sind Maßnahmen gegen die Steuerpflichtigen zu ergreifen? 2. Welche mittelbaren oder unmittelbaren Zuwen- dungen oder Leistungen materieller oder im- 11. Welche Schlußfolgerungen ergeben sich für materieller Art wurden den zu 1. genannten den Gesetzgeber? Personen, Stellen oder Organisationen in sach- lichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Auf Antrag der Fraktion der SPD vom 24. Oktober Veräußerung, den Wiederanlagen sowie den 1983 (Drucksache 10/520) ist der Untersuchungsauf- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode trag in der 31. Sitzung des Deutschen Bundestages Abg. Dr. Manfred Langner am 27. Oktober 1983 wie folgt ergänzt worden (Ple- Abg. Alfred Sauter (Ichenhausen) narprotokoll 10/31 S. 2065 f.): Abg. Horst Schröder (Lüneburg) Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages Stellv. Mitglieder vom 19. Mai 1983 eingesetzte Untersuchungsaus- Abg. - schuß soll auch klären, ob und in welcher Weise Abg. Werner Dörflinger die Fa. Flick Einfluß auf die Herausgabe der vom Abg. Dr. Ausschuß in Erfüllung seines Untersuchungsauf- Abg. trages angeforderten behördeninternen Unter- Abg. Dr. Conrad Schroeder (Freiburg) lagen über die dem Flick-Konzern bewilligten Steuervergünstigungen genommen hat. SPD Eine weitere Ergänzung des Untersuchungsauf- Ordentliche Mitglieder trags hat der Deutsche Bundestag auf Antrag der Abg. Dr. Willfried Penner Fraktionen der CDU/CSU und der FDP vom 24. Ok- Abg. Gerhard Schröder (Hannover) tober 1983 (Drucksache 10/521) ebenfalls in die- Abg. Dr. Dieter Spöri ser Sitzung beschlossen (Plenarprotokoll 10/31 Abg. Dr. Peter Struck S. 2065 f.): Stellv. Mitglieder Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages Abg. Gernot Fischer (Osthofen) vom 19. Mai 1983 eingesetzte Untersuchungsaus- Abg. Peter Reuschenbach schuß soll auch klären, ob Parteien, Mitglieder Abg. Günter Schlatter des Deutschen Bundestages oder andere Perso- Abg. Dr. Dietrich Sperling nen es unternommen haben, auf FDP — Mitglieder der Bundesregierung, Ordentliches Mitglied — Parlamentarische Staatssekretäre, leitende Abg. Gerhart Rudolf Baum Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetz- Stellv. Mitglied lich hierzu berufenen Stellen Abg. Dr. Hermann-Otto Solms mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, daß dem Flick Konzern von ihm beantragte Bescheinigungen DIE GRÜNEN (§ 6 b EStG, § 4 AIG) nicht erteilt werden. Ordentliches Mitglied Abg. 2 Stellv. Mitglied II. Verfahrensregeln Abg. Willi Hoss

Der Beschluß des Deutschen Bundestages vom Nach dem Ausscheiden des Abgeordneten Reu- 19. Mai 1983 lautet weiter: schenbach ist am 28. September 1983 der Abgeord- nete Joachim Poss als stellvertretendes Mitglied in Dem Verfahren des Untersuchungsausschusses den 1. Untersuchungsauschuß eingetreten. Für den werden die Regeln zugrunde gelegt, die von den am 17. Januar 1984 ausgeschiedenen Abgeordneten Mitgliedern der Interparlamentarischen Arbeits- Schröder (Lüneburg) ist der Abgeordnete Auster- gemeinschaft im Entwurf eines Gesetzes über mann — bisher stellvertretendes Mitglied — nach- Einsetzung und Verfahren von Untersuchungs- gerückt; für ihn ist als stellvertretendes Mitglied ausschüssen formuliert wurden, soweit sie gelten- der Abgeordnete zum selben Zeit- dem Recht nicht widersprechen und wenn nach punkt in den 1. Untersuchungsausschuß eingetre- übereinstimmender Auffassung der Mitglieder ten. des Untersuchungsausschusses keine sonstigen Bedenken dagegen bestehen. (Drucksache 10/34, Am 18. September 1984 ist der Abgeordnete Schrö- Ziffer II). der (Hannover) ausgeschieden. Für ihn ist der Ab- Dieser Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache geordnete Poss, bisher stellvertretendes Mitglied, V/4209) wird nach den Urhebern „IPA-Regeln" ge- nachgerückt; als neues stellvertretendes Mitglied nannt. ist der Abgeordnete Uwe Lambinus in den 1. Unter- suchungsausschuß eingetreten.

3 Für das stellvertretende Mitglied Dr. Hermann-Otto Ill. Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses Solms ist in der Zeit vom 8. bis 12. Februar 1985 der Abgeordnete Klaus Beckmann in den 1. Untersu- Die Fraktionen hatten zunächst folgende Ausschuß- chungsausschuß eingetreten. mitglieder benannt: Der Abgeordnete Hoss ist am 11. April 1985 aus dem CDU/CSU Deutschen Bundestag und damit auch aus dem Ordentliche Mitglieder 1. Untersuchungsausschuß ausgeschieden. Die Abg. Fraktion DIE GRÜNEN hat ein neues stellvertre- Abg. Dr. Heinz Günther Hüsch tendes Mitglied nicht mehr benannt. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

B. Vorgeschichte und Parallelverfahren wurde später auf die frühere Ministerin für Wirt- schaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nord- 4 rhein-Westfalen, Liselotte Funcke, erweitert. Über dieses Ermittlungsverfahren, die ihm zugrun- I. Vorgeschichte deliegenden Verdachtsmomente und die im Zuge - Der Verkauf einer 29 %igen Daimler-Benz-Beteili- der weiteren Ermittlungen durchgeführten Zeugen- gung durch den Flick-Konzern an die Deutsche vernehmungen gelangten sehr bald Einzelheiten Bank im Jahre 1975 und die Wiederanlage eines über die Presse zu öffentlicher Kenntnis. Sie er- großen Teils des Veräußerungsgewinns unter Inan- weckten den Eindruck eines Netzes von Verbindun- spruchnahme der Steuervergünstigungen gemäß gen und Abhängigkeiten, in dem auch Geldzahlun- § 6 b EStG und § 4 AIG, wofür der Flick-Konzern in gen eine Rolle gespielt haben konnten, um Einfluß den Jahren 1976 bis 1978 Anträge stellte, waren in auf die Entscheidungen von politischen Amtsträ- der Öffentlichkeit von Anfang an durch eine leb- gern und die Ministerialbürokratie zu nehmen. hafte politische Diskussion begleitet. Insbesondere Die damalige Bundesregierung unter Bundeskanz- Steuerexperten der SPD äußerten immer wieder ler Helmut Schmidt stellte sich vor die beschuldig- Kritik an den beantragten Steuervergünstigungen, ten Minister und wies alle Vorwürfe, daß es bei den die eine Bescheinigung des Bundesministeriums Bescheinigungsverfahren nicht „nach Recht und für Wirtschaft unter Beteiligung des Bundesmini- Gesetz" zugegangen sei, als unberechtigt zurück. steriums der Finanzen und der betro ffenen Bundes- Trotzdem forderte der SPD-Bundestagsabgeord- länder voraussetzten. Gleichzeitig wurde von SPD nete Dr. Dieter Spöri, der sich schon während der Politikern — gefördert durch die konkreten Fälle — Bescheinigungsverfahren mehrfach kritisch zu den eine Änderung des ohnehin seit seiner Entstehung beantragten Steuervergünstigungen geäußert hatte, von ihnen kritisierten § 6 b EStG und des § 4 AIG bereits in einem Aufsatz im „Sozialdemokratischen betrieben. Dazu gehörte auch die Forderung nach Pressedienst" vom 5. Juli 1982, der Flick-Konzern Mitwirkung des Parlaments an diesen Entscheidun- möge auf das Steuergeheimnis verzichten und gen, weil Bundestagsabgeordneten, die sich nach seine „Lobby-Listen auf den Tisch" legen, andern- dem Stand der Bescheinigungsverfahren im Bun- falls der Deutsche Bundestag von seinem Recht Ge- destag erkundigt hatten, nähere Auskünfte stets brauch machen müsse, einen Untersuchungsaus- unter Hinweis auf das Steuergeheimnis verweigert schuß einzusetzen. Nach dem Regierungswechsel worden waren. als Folge des konstruktiven Mißtrauensvotums am Im Zuge von staatsanwaltschaftlichen Ermittlun- 1. Oktober 1982 blieb diese Forderung verstärkt im gen in anderer Sache wurden beim Flick-Konzern Gespräch. Schon im Februar 1983, als Tatsache und im November 1981 Aufzeichnungen aufgefunden, n Termin einer Neuwahl des Bundestages absehbar denen sich auch Angaben über Zahlungen an politi- waren, kündigte der damalige Vorsitzende der SPD sche Parteien und einzelne Politiker befanden. Wei- Bundestagsfraktion, , die Einset- tere Unterlagen wurden bei Durchsuchungen der zung eines Untersuchungsausschusses an. Nach der Büros von Eberhard von Brauchitsch und Dr. Fried- Bundestagswahl 1983 brachte die SPD-Fraktion am rich Karl Flick sichergestellt. Darin waren Hin- 28. April 1983 ihren Antrag auf Einsetzung des Un- weise auf Aktivitäten von Angehörigen des Flick tersuchungsausschusses ein; die Fraktion DIE Konzerns gegenüber Amtsträgern, die mit den Ver- GRÜNEN hatte einen Einsetzungsantrag am fahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG befaßt waren 27. April 1983 eingebracht. Der Antrag der SPD und deren Namen auch in den vom Leiter der Buch- Fraktion wurde angenommen. haltung, Rudolf Diehl, geführten Zusammenstellun- gen über „inoffizielle Zahlungen" aufgeführt sind, enthalten. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin im 5 Februar 1982 gegen die persönlich haftenden ge- schäftsführenden Gesellschafter der Friedrich Flick II. Parallelverfahren Industrieverwaltung KGaA Dr. Friedrich Karl Flick und Eberhard von Brauchitsch, gegen das Mitglied Der 1. Untersuchungsausschuß hat bei seiner Ar- der Geschäftsführung der zum Flick-Konzern gehö- beit Rücksicht auf verschiedene gleichzeitig lau- renden Projektierung Chemische Verfahrenstech- fende Ermittlungsverfahren bzw. Strafverfahren nik GmbH (PCV), Manfred Nemitz, sowie gegen den sowie ein verwaltungsgerichtliches Verfahren ge- ehemaligen Bundesminister für Wirtschaft Dr. nommen. Hans Friderichs, die damaligen Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff, MdB, und Hans Matthöfer, 1. Die oben erwähnten Ermittlungsverfahren der MdB, sowie Staatssekretär Manfred Lahnstein, Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vor- ferner gegen den früheren Minister für Wirtschaft, teilsannahme bzw. Vorteilsgewährung haben am 29. Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein- November 1983 zur Erhebung der Anklage wegen Westfalen, Dr. Horst-Ludwig Riemer, MdB, und ge- des Vorwurfs der Bestechlichkeit gegen Bundesmi- gen den damaligen Minister für Wirtschaft, Mittel- nister a. D. Dr. Friderichs, Bundeswirtschaftsmini- stand und Verkehr des Landes Baden-Württem- ster Dr. Graf Lambsdorff und Landeswirtschaftsmi- berg, Rudolf Eberle, MdL, Ermittlungsverfahren nister a. D. Dr. Riemer sowie wegen des Vorwurfs wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung bzw. der Bestechung gegen den früheren persönlich haf- Vorteilsannahme ein; das Ermittlungsverfahren tenden Gesellschafter des Flick-Konzerns, von Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Brauchitsch, und den für die Unternehmensgruppe II. Beweisaufnahme Flick tätig gewesenen Kaufmann Nemitz geführt. Das Verfahren hinsichtlich der übrigen Beschuldig- ten ist eingestellt worden. Die Anklagen gegen Dr. 7 Riemer und Nemitz sind vom Landgericht Bonn 1. Zeit- und Arbeitsaufwand nicht zugelassen worden; die Beschwerde der - Staatsanwaltschaft hiergegen beim Oberlandesge- Der 1. Untersuchungsausschuß ist insgesamt 85 mal richt Köln ist erfolglos geblieben. Am 29. Juni 1984 zusammengetreten. 66 Sitzungen haben der Be- sind demgegenüber die Anklagen gegen von Brau- weisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen ge- chitsch, Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff zu- dient; im Rahmen vieler dieser Sitzungen sind auch gelassen worden, verbunden mit dem Hinweis, daß Verfahrensfragen beraten worden. Die Vernehmun- statt Bestechung bzw. Bestechlichkeit auch Vor- gen — insgesamt 321 Stunden — sind auf fast 11500 teilsgewährung bzw. Vorteilsannahme in Betracht Seiten Protokollniederschriften festgehalten. Die komme. Darüber hinaus ist am 28. Dezember 1984 beigezogenen Akten haben einen Gesamtumfang gegen diese drei Angeklagten Anklage wegen Steu- von mehr als 100 000 Blatt. erhinterziehung bzw. Beihilfe dazu erhoben und vom Landgericht Bonn zugelassen worden. Sie be- zieht sich im wesentlichen auf steuerstrafrechtliche 8 Vorwürfe im Zusammenhang mit Parteispenden, 2. Vorbereitung der Beweisaufnahme die nicht Gegenstand der ersten Anklage sind. Am 29. August 1985 hat die Hauptverhandlung gegen Vor Eintritt in die Beweisaufnahme hat der 1. Un- die drei Angeklagten begonnen. Sie dauerte zum tersuchungsausschuß zur Tragweite des Steuerge- Zeitpunkt der Beendigung der Ausschußarbeit noch heimnisses im parlamentarischen Untersuchungs- an. verfahren eine öffentliche Sachverständigenanhö- rung mit Prof. Dr. R. Scholz zum Thema „Parlamen- tarischer Untersuchungsausschuß nach Art. 44 GG 2. Während der Tätigkeit des 1. Untersuchungsaus- und Steuergeheimnis" durchgeführt. Außerdem hat schusses ist zudem vom Bundesministerium für er sich von Vertretern der Staatsanwaltschaft Bonn Wirtschaft am 10. November 1982 ein Verfahren zur über Gegenstand, Betroffene und Stand des damals Überprüfung von zwei dem Flick-Konzern nach § 4 laufenden Ermittlungsverfahrens wegen des Ver- AIG erteilten Bescheinigungen für den Erwerb von dachts der Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsan- Beteiligungen am amerikanischen Grace-Konzern nahme im Zusammenhang mit den Anträgen des eingeleitet worden, das am 28. Dezember 1983 zur Flick-Konzerns nach § 6 b EStG und § 4 AIG sowie Rücknahme dieser Bescheinigungen geführt hat. darüber unterrichten lassen, wann mit der Übersen- Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwal- dung der Ermittlungsakten gerechnet werden kön- tungsgericht Köln durch Urteil vom 28. Mai 1985 ne. Nachdem vom Justizminister des Landes Nord- abgewiesen, soweit sie sich gegen die Rücknahme rhein-Westfalen der Abschluß der Ermittlungen bis der ersten Bescheinigung richtete; hinsichtlich der Ende Oktober 1983 in Aussicht gestellt worden war, zweiten Bescheinigung hat es der Klage stattgege- hat der 1. Untersuchungsausschuß beschlossen, bis ben. Gegen dieses Urteil haben beide Seiten Beru- zu diesem Zeitpunkt mit Rücksicht auf das Ermitt- fung eingelegt. Im Berufungsverfahren ist die lungsverfahren von Zeugenvernehmungen abzuse- Klage im Januar 1986 mit Zustimmung der Bundes- hen. republik Deutschland zurückgenommen worden.

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3. Aktenbeiziehung Zur Beweisaufnahme hat der 1. Untersuchungsaus- C. Ablauf des Untersuchungsverfahrens schuß umfangreiche Akten folgender Stellen beige- zogen: — Bundesminister für Wirtschaft (BMWi) 6 — Bundesminister der Finanzen (BMF) — Bundeskanzleramt (BK) I. Konstituierung — Bundesrechnungshof (BRH) Der Ausschuß ist am 9. Juni 1983 durch die Vizeprä- — Bundeskartellamt (BKartA) sidentin des Deutschen Bundestages, Frau Anne- — Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswe- marie Renger, konstituiert worden. Er hat die Abge- sen (BAV) ordneten Dr. Langner zum Vorsitzenden und Dr. — Landtag Nordrhein-Westfalen (Bericht und Pro Penner zum Stellvertretenden Vorsitzenden be- tokolle eines Untersuchungsausschusses) stimmt. Als Berichterstatter sind zunächst die Ab- — Strafverfahrensakten des Landgerichts Bonn, geordneten Schröder (Luneburg) und Dr. Struck be- — der Staatsanwaltschaften Bonn, Bad Kreuznach nannt worden. Für den am 17. Januar 1984 ausge- und München I schiedenen Abgeordneten Schröder (Luneburg) hat der Abgeordnete Bohl dessen Funktion als Bericht- sowie erstatter übernommen. — des Generalstaatsanwalts in Köln. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Durch das Verhalten einiger der herausgabepflich- satz ergeben. Die Verantwortung der Regie- tigen Stellen ist die Beweisaufnahme zum Teil er- rung gegenüber Parlament und Volk setzt not- heblich verzögert und erschwert worden. Zur wendigerweise einen Kernbereich exekutiver Durchsetzung des Herausgabeanspruchs hat mehr- Eigenverantwortung voraus, der einen auch fach gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen wer- von parlamentarischen Untersuchungsaus- den müssen. Dabei sind mehrere gerichtliche Ent- schüssen- grundsätzlich nicht ausforschbaren scheidungen, vor allem ein grundlegendes Urteil Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich des Bundesverfassungsgerichts, zum Aktenein- einschließt. sichtsrecht parlamentarischer Untersuchungsaus- 4. a) Zu den von § 96 Strafprozeßordnung erfaß- schüsse und seiner gerichtlichen Geltendmachung ten öffentlichen Belangen kann auch das ergangen. Steuergeheimnis im Sinne des § 30 Abgaben- a) Die Bundesminister für Wirtschaft und der Fi- ordnung gehören. nanzen hatten die vom 1. Untersuchungsausschuß angeforderten Akten zusammen mit einer Sachdar- b) Der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 4 stellung und Dokumentationen zum Verfahrensab- Nr. 5 Buchst. c Abgabenordnung ist verfas- lauf unter Hinweis auf das Steuergeheimnis zu- sungskonform so auszulegen, daß er auch den nächst nur unvollständig — einzelne Seiten waren Fall des Aktenvorlageverlangens des Untersu- entfernt und einzelne Textpassagen und Angaben chungsausschusses erfaßt, mit dem der Bun- unkenntlich gemacht worden — übersandt und sie destag in der Öffentlichkeit verbreiteten Zwei- teilweise als „VS-Vertraulich" eingestuft. In den feln an der Vertrauenswürdigkeit der Exeku- daraufhin von der SPD-Fraktion und der Fraktion tive nachgeht, die auch die Steuermoral der DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag sowie den Bürger nachhaltig erschüttern könnten. Ausschußmitgliedern dieser Fraktionen als „Frak- 5. a) Das Beweiserhebungsrecht und das Recht tionen im Ausschuß" angestrengten Organstreitver- auf Aktenvorlage gemäß Art. 44 Abs. 1 GG fahren hat das Bundesverfassungsgericht durch Ur- können durch die Grundrechte eingeschränkt teil vom 17. Juli 1984 entschieden, daß die Weige- sein. Beweiserhebungsrecht des Parlamen- rung der Bundesminister für Wirtschaft und der tarischen Untersuchungsausschusses und Finanzen, die Akten vollständig herauszugeben, Ar- grundrechtlicher Datenschutz müssen im kon- tikel 44 GG verletzt; die Anträge der „Fraktionen im kreten Fall einander so zugeordnet werden, Ausschuß" sind dagegen als unzulässig verworfen daß beide soweit wie möglich ihre Wirkungen worden (BVerfGE 67, 100ff.). Die Leitsätze der Ent- entfalten. scheidung lauten: b) Das Recht auf Wahrung des in § 30 Abga- 1. Zur Parteifähigkeit und Prozeßführungsbe- benordnung gesetzlich umschriebenen Steuer- fugnis in einem Organstreit gemäß Art. 93 geheimnisses ist als solches kein Grundrecht. Abs. 1 Nr. 1 GG um das Beweiserhebungsrecht Die Geheimhaltung bestimmter steuerlicher eines Parlamentarischen Untersuchungsaus- Angaben und Verhältnisse kann indessen schusses. durch grundrechtliche Verbürgungen geboten 2. Wird ein Untersuchungsausschuß des Bundes- sein. tages zur Kontrolle der Bundesregierung ein- c) Die Bedeutung, die das Kontrollrecht des gesetzt, erstreckt sich das Beweiserhebungs- Parlaments sowohl für die parlamentarische recht des Untersuchungsausschusses nach Demokratie als auch für das Ansehen des Art. 44 Abs. 1 GG auch auf das Recht zur Vor- Staates hat, gestattet in der Regel dann keine lage der Akten. Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs zugunsten des Schutzes des allgemeinen Per- a) Auf ein solches Aktenherausgabeverlangen 3. sönlichkeitsrechts und des Eigentumsschut- findet gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG die Vor- zes, wenn Parlament und Regierung Vorkeh- schrift des § 96 Strafprozeßordnung sinnge- rungen für den Geheimschutz getroffen ha- mäß, d. h. unter Beachtung des Sinns parla- ben, die das ungestörte Zusammenwirken bei- mentarischer Kontrolle, Anwendung. der Verfassungsorgane auf diesem Gebiete ge- b) Das Wohl des Bundes oder eines Landes währleisten, und wenn der Grundsatz der Ver- (§ 96 Strafprozeßordnung) ist im parlamentari- hältnismäßigkeit gewahrt ist. schen Regierungssystem des Grundgesetzes Als Folge der Entscheidung des Bundesverfas- dem Bundestag und der Bundesregierung ge- sungsgerichts haben die Bundesminister für Wirt- meinsam anvertraut. Die Berufung auf das schaft und der Finanzen dem 1. Untersuchungsaus- Wohl des Bundes gegenüber dem Bundestag schuß die angeforderten Akten vollständig zur Ver- kann mithin in aller Regel dann nicht in Be- fügung gestellt. Die vorher zurückbehaltenen oder tracht kommen, wenn beiderseits wirksame unkenntlich gemachten Aktenteile sind teils offen, Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von teils als Verschlußsachen unter Einstufung als „VS Dienstgeheimnissen getroffen werden. Nur für den Dienstgebrauch" (VS-NfD) oder als c) Nur unter ganz besonderen Umständen „Geheim" übersandt worden. Die Verschlußsachen können sich Gründe finden lassen, dem Unter- sind entsprechend der Geheimschutzordnung des suchungsausschuß Akten unter Berufung auf Deutschen Bundestages behandelt worden. Als „Ge- das Wohl des Bundes oder eines Landes vor heim" eingestufte Akten sind weder bei Zeugenver- zuenthalten. Solche Gründe können sich ins- nehmungen noch bei Beratungen erörtert worden; besondere aus dem Gewaltenteilungsgrund Vorhalte aus als „VS-NfD" eingestuften Akten sind Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode nur in einigen Fällen bei Zeugenvernehmungen in parallele Strafverfahren nicht entgegen. Parlamen- nichtöffentlicher Sitzung gemacht worden. Im An- tarische Untersuchungsverfahren und Strafverfah- schluß an die Entscheidung des Bundesverfas- ren dürften nämlich nebeneinander durchgeführt sungsgerichts sind auch vom Bundeskanzleramt werden, ohne daß letzterem ein Vorrang zukomme. und vom Bundesrechnungshof zunächst noch zu- Im Hinblick auf den Anspruch der Beschuldigten rückbehaltene Aktenteile (als Verschlußsachen ein- auf ein rechtsstaatliches,- insbesondere dem Gebot gestuft) übersandt worden. der Fairneß entsprechendes Verfahren sei der 1. Untersuchungsausschuß jedoch gehalten, sein Ver- b) Der 1. Untersuchungsausschuß hat Einsicht auch fahren so zu gestalten, daß Beeinträchtigungen und in Teile der Hauptakten und in die dazugehörigen Störungen des Strafverfahrens auf das nicht ver- Beweismittel (Beweismittelordner) des beim Land- meidbare Maß reduziert würden. Die 7. Strafkam- gericht Bonn anhängigen parallelen Strafverfah- mer des Landgerichts Bonn hat dem 1. Untersu- rens erst nach Inanspruchnahme gerichtlicher chungsausschuß nach der Entscheidung des OLG Hilfe erhalten. Köln umgehend die angeforderten restlichen Nach Abschluß der staatsanwaltschaftlichen Er- Hauptakten und Beweismittelordner in Ablichtung mittlungen war ihm Anfang November 1983 von der zur Verfügung gestellt. Staatsanwaltschaft Bonn ein großer Teil der Haupt- c) Keine Einsicht hat der 1. Untersuchungsaus- akten — ohne Beweismittelordner — zur Verfü- schuß in weitere von der 7. Strafkammer des Land- gung gestellt worden. Einsicht in die restlichen gerichts Bonn im Zusammenhang mit dem paralle- Hauptakten, insbesondere die Anklageschriften so- len Strafverfahren aufbewahrte Unterlagen des wie die Einstellungsverfügung, und in die Beweis- Flick-Konzerns erhalten. Die Abgeordneten der mittelordner wurde ihm auch von dem nach Erhe- SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß hatten bung der Anklage (Ende November 1983) hierfür aufgrund Minderheitenrechts den Antrag durchge- zuständigen Vorsitzenden der 7. Strafkammer des setzt, durch je ein Mitglied der im Ausschuß vertre- Landgerichts Bonn verweigert, nachdem die dama- tenen Fraktionen Einsicht in zunächst einen Teil lige Justizministerin des Landes Nordrhein-Westfa- der beim Landgericht Bonn aufbewahrten Unterla- len, Frau Inge Donnepp, das Ersuchen des 1. Unter- gen, die von der Staatsanwaltschaft bei einer suchungsausschusses als auf die Hauptakten be- Durchsuchung im Flick-Konzern in Verwahrung, schränkt qualifiziert hatte. Der Kammervorsitzende aber nicht zur Verwendung als Beweismittel in die begründete seine ablehnende Entscheidung im we- Beweismittelordner genommen worden waren, dar- sentlichen mit dem Interesse der Rechtspflege und auf durchsehen zu lassen, ob sie für den Untersu- der Verfahrensbeteiligten an einem zügigen und chungsauftrag relevante Schriftstücke enthielten. störungsfreien Ablauf des Strafverfahrens; zudem Das daraufhin vom Vorsitzenden des 1. Untersu- stehe einer Akteneinsicht auch das schutzwürdige chungsausschusses übermittelte Ersuchen auf Ak- Interesse der Verfahrensbeteiligten daran entge- teneinsicht — verbunden mit der Anregung, die Un- gen, daß die in den Beweismittelordnern zusam- terlagen zwecks Durchsicht in die Geheimschutz mengestellten, zum Teil Geschäftsinterna enthal- stelle des Deutschen Bundestages zu bringen — ist tenden Unterlagen nicht unbeteiligten Dritten of- vom Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landge- fenbart würden. Das OLG Köln hat der vom 1. Un- richts Bonn abschlägig beschieden worden. Zur Be- tersuchungsausschuß eingelegten Beschwerde mit gründung wurde vor allem auf überwiegende Beschluß vom 14. September 1984 (Neue Juristische grundrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteres- Wochenschrift 1985, S. 336 f.) stattgegeben; das OLG sen auch nicht zum Flick-Konzern gehörender Drit- Hamm, bei dem der 1. Untersuchungsausschuß vor- ter hingewiesen, zumal der erforderliche Geheim- sorglich einen Antrag auf Entscheidung nach § 23 schutz nicht gewährleistet erscheine. Nachdem der EGGVG gestellt hatte, hat diesen Antrag durch Be- Antrag der Abgeordneten der SPD und DIE GRÜ- schluß vom 13. Juni 1984 als unzulässig verworfen. NEN im Ausschuß, gegen die ablehnende Entschei- Das OLG Köln hat zunächst klargestellt, daß die dung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Beschwerde nach § 304 StPO statthaft ist, wenn Landgerichts Bonn Beschwerde einzulegen, von der einem Untersuchungsausschuß von einem Strafge- Mehrheit abgelehnt worden war, haben die SPD richt Einsicht in Akten eines anhängigen Strafver- Fraktion und die Fraktion DIE GRÜNEN im Deut- fahrens verweigert wird. Es hat das Akteneinsichts- schen Bundestag sowie deren Abgeordnete im Aus- recht des 1. Untersuchungsausschusses in Anleh- schuß Beschwerden eingelegt. Diese Beschwerden nung an Ausführungen des Bundesverfassungsge- sind vom OLG Köln mit Beschluß vom 13. Septem- richts in der oben erwähnten Entscheidung begrün- ber 1985 wegen fehlender Beschwerdebefugnis als det und festgestellt, daß in diesem Fall das Steuer- unzulässig verworfen worden (Neue Zeitschrift für geheimnis oder grundrechtliche Bestimmungen der Strafrecht 1986 S. 88). Akteneinsicht ' nicht entgegenstehen. Es hat aller- dings darauf hinwiesen, daß eine Akteneinsicht Die Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundes- durch den 1. Untersuchungsausschuß die Gefahr tag hat gegen den Beschluß des OLG Köln beim des Bekanntwerdens geheimhaltungsbedürftiger Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde Aktenbestandteile vergrößere, und die Verantwor- erhoben und außerdem in einem Organstreitverfah- tung des Ausschusses für die Geheimhaltung ren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG beantragt festzu- schutzbedürftiger Angaben ausdrücklich betont. stellen, der 1. Untersuchungsausschuß verstoße ge- Nach der Entscheidung des OLG Köln stand dem gen Art. 44 GG, indem er sich weigere, gegen die Akteneinsichtsrecht des 1. Untersuchungsausschus- eine Akteneinsicht ablehnende Entscheidung des ses auch das beim Landgericht Bonn anhängige Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Bonn Beschwerde einzulegen; in beiden Verfahren Auf Bitte des 1. Untersuchungsausschusses hat hat die Fraktion DIE GRÜNEN zudem beantragt, auch der Flick-Konzern mehrfach schriftlich Aus- dem 1. Untersuchungsausschuß im Wege einer künfte, u. a. zur Höhe der gestundeten Steuern und einstweiligen Anordnung aufzugeben, daß die Be- zu Spendenzahlungen, erteilt und Ablichtungen von weiserhebung nicht eingestellt, der Untersuchungs- Schreiben an Politiker vorgelegt. Von dem Zeugen bericht nicht abgeschlossen und dem Bundestag Eberhard von- Brauchitsch sind die beim Flick-Kon- nicht vorgelegt wird, bevor über die Anträge in der zern gesammelten Presseveröffentlichungen zu den Hauptsache entschieden ist. Das Bundesverfas- Verfahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG übergeben sungsgericht hat den Antrag im Organstreitverfah- worden. Die Zeugen Ulrich und Dr. Mertin haben ren durch Beschluß vom 17. Dezember 1985 wegen Aufzeichnungen über Gespräche zwischen Vertre- Versäumung der Antragsfrist verworfen und den tern der Bundesregierung und der Deutschen Bank Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in im Zusammenhang mit dem Kauf der Daimler- diesem Verfahren für erledigt erklärt. Ferner hat es Benz-Aktien vom Flick-Konzern zur Verfügung ge- durch Beschluß vom 27. Januar 1986 die Annahme stellt. der Verfassungsbeschwerde mit der Begründung abgelehnt, es sei unzulässig, Verstöße gegen Art. 44 GG im Wege der Verfassungsbeschwerde zu rügen; 11 damit hat sich auch der in diesem Verfahren ge- stellte Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anord- 5. Zeugenvernehmung nung erledigt. Der 1. Untersuchungsausschuß hat in der Zeit vom 13. Januar 1983 bis zum 28. März 1985 49 Zeugen — mehrere davon wiederholt — vernommen (vgl. An- 10 lage 2). Vier Zeugen wurden zeitweise in nichtöf- fentlicher Sitzung gehört; ein Zeuge wurde mit 4. Auskünfte, Berichte und Stellungnahmen Rücksicht auf seine Erkrankung durch eine Aus- schußdelegation in seiner Wohnung aufgesucht. An- Der Untersuchungsausschuß hat eine Reihe schrift- träge auf Vereidigung von Zeugen sind nicht ge- licher Auskünfte, Stellungnahmen und Berichte stellt worden. Dem Zeugen Refflinghaus hat der 1. zum Untersuchungsauftrag eingeholt: Untersuchungsausschuß wegen unberechtigter Ver- weigerung der Aussage Zwangsmittel angedroht, Der Bundesminister für Wirtschaft hat auf Anforde- von ihrer Anwendung schließlich aber abgesehen. rung des 1. Untersuchungsausschusses am 17. Au- gust 1983 den „Bericht der Bundesregierung zu § 6 b Den Zeugen, gegen die sich das Ermittlungsverfah- EStG und § 4 AIG" vom 8. August 1983 übersandt ren der Staatsanwaltschaft Bonn wegen Vorteilsge- und zu zusätzlichen Fragen des 1. Untersuchungs- währung oder Vorteilsannahme gerichtet hat, hat ausschusses ergänzend schriftlich Stellung genom- der 1. Untersuchungsausschuß — wie auf Wunsch men. auch anderen Zeugen — die Beiziehung eines Bei- standes zum Schutz ihrer berechtigten Interessen Dem Ersuchen des 1. Untersuchungsausschusses gestattet. Von diesem Recht haben verschiedene vom 25. Januar und 16. Februar 1984 auf Übersen- Zeugen Gebrauch gemacht. Darüber hinaus ist der dung der einschlägigen Teile der Protokolle von Ka- binettsitzungen, in denen die zum Untersuchungs- 1. Untersuchungsausschuß einvernehmlich der Auf- fassung gewesen, diesen Zeugen zusätzliche Rechte gegenstand gehörenden Vorgänge erörtert worden in entsprechender Anwendung des § 18 Abs. 3 IPA waren, ist vom Chef des Bundeskanzleramtes am Regeln, nämlich ein Beweisantragsrecht, das Recht 23. Februar 1984 unter Hinweis auf den besonderen der Anwesenheit bei der Beweisaufnahme und das Vertrauensschutz, der der Willensbildung im Bun- Recht auf Nichtvereidigung, einzuräumen; davon ist deskabinett zukomme, nicht stattgegeben worden. Allerdings enthalten die dem 1. Untersuchungsaus- jedoch von den Zeugen nicht Gebrauch gemacht schuß überlassenen Sachakten des Bundeskanzler- worden. amtes und der beteiligten Ministerien auch Aus- Bei denjenigen Zeugen, gegen die im Zeitpunkt ih- züge aus Kabinettsprotokollen. rer Vernehmung ein Strafverfahren anhängig war, Am 3. Mai 1984 ist vom Chef des Bundeskanzleram- hat der 1. Untersuchungsausschuß einen weiterge- tes eine amtliche Auskunft zu der Frage erteilt wor- henden Schutz für erforderlich gehalten und ihnen den, welche Personen an Gesprächen zwischen dem die Inanspruchnahme des Schweigerechts gemäß früheren Bundeskanzler Schmidt und Repräsentan- § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO gestattet, es ihnen mithin ten des Hauses Flick im Frühjahr 1976 und im freigestellt, sich zur Sache zu äußern. Der Untersu- chungsausschuß ist insoweit der Überzeugung, daß Herbst 1979 teilgenommen hatten. die allgemeine Zeugenpflicht zur wahrheitsgemä- Das Bundeskartellamt hat dem 1. Untersuchungs- ßen Aussage vor einem Untersuchungsausschuß ausschuß am 25. März 1985 eine zahlenmäßige aus rechtsstaatlichen Gründen in derartigen Fällen Übersicht über die von ihm in Verfahren nach § 6 b der weitgehenden Parallelität eines Strafverfah- EStG und § 4 AIG abgegebenen Stellungnahmen rens mit einem wesentlichen Teil eines Untersu- übersandt mit Angaben zum Anteil der Fälle, in chungsverfahrens hinter dem anerkennenswerten denen der Bundesminister für Wirtschaft diesen Interesse eines Zeugen an der ungeschmälerten Stellungnahmen gefolgt oder von ihnen abgewichen Wahrung seiner Rechte im Strafverfahren zurück- war. treten muß. Diese Entscheidung des 1. Untersu- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode chungsausschusses entspricht einer Empfehlung chungsauftrages nicht Gegenstand eines Minder- der Konferenz der Präsidenten der Deutschen Län- heitenrechts ist und daß ausschließlich etwaige Ein- derparlamente aus dem Jahre 1961. flußnahmen bei den Verfahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG zu untersuchen seien, weil der die Formulie- Von dem Schweigerecht ist im wesentlichen bei rung des Untersuchungsauftrages einleitende Satz, Fragen Gebrauch gemacht worden, die sich auf die in dem ohne jede- sachliche und zeitliche Beschrän- steuerstrafrechtlichen Parteispendenverfahren be- kung von „Entscheidungen" eines Kreises staatli- zogen haben; darüber hinaus haben es die Zeugen cher Funktionsträger und Stellen die Rede ist, Eberhard von Brauchitsch, Dr. Hans Friderichs und durch den gesamten folgenden Text dahin konkreti- Dr. Graf Lambsdorff in der Schlußphase der Ver- siert werde, daß nur die Verfahren nach § 6 b EStG nehmungen des 1. Untersuchungsausschusses an- und § 4 AIG Gegenstand der Untersuchung sein gesichts der damals bevorstehenden Hauptver- sollten. Daraus folge, daß nämlich nicht etwa mögli- handlung abgelehnt, weitere Aussagen zu machen. che Einflußnahmen „insbesondere" auf diese Ver- Manfred Nemitz hat sich alsbald nach Beginn sei- fahren untersucht, sondern ausschließlich zu diesen ner zeugenschaftlichen Vernehmung insgesamt auf Verfahren „insbesondere" bestimmte im einzelnen sein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. genannte Feststellungen und Fragen getroffen bzw. untersucht werden sollten. Nichts anderes ergebe sich auch aus den Beiträgen in der Plenardebatte 12 zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses, ein- schließlich derjenigen der antragstellenden Min- 6. Reichweite des Untersuchungsauftrags derheit. Bei der von der Minderheit vertretenen Die Durchführung der Beweisaufnahme ist dadurch Auslegung sei der Untersuchungsgegenstand zu- immer wieder erschwert worden, daß unterschiedli- dem nicht hinreichend bestimmt. Der Bundestag che Auffassungen über Inhalt und Reichweite des dürfe die Abgrenzung des Untersuchungsgegen- Untersuchungsauftrages bestanden haben. Die Ab- standes nicht der Entscheidung des Untersuchungs- geordneten der SPD und der Abgeordnete der Frak- ausschusses überlassen, sondern müsse ihn selbst tion DIE GRÜNEN im 1. Untersuchungsausschuß genau bestimmen. Diesem Bestimmtheitsgebot haben den Einsetzungsbeschluß dahin interpretiert, werde aber eine Auslegung, die die Entscheidungen daß er alle Fälle der politischen Einflußnahme des in den Verfahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG nur Flick-Konzerns einbeziehe; die Abgeordneten von als Beispiel auffasse und es im übrigen dem Unter- CDU/CSU und FDP haben den Untersuchungsauf- suchungsausschuß überlasse, nach Gutdünken wei- trag dagegen auf die Vorgänge bei den Bescheini- tere „Beispiele" aufzugreifen, nicht gerecht. gungsverfahren begrenzt verstanden. Die Minder- heit hat dabei unter Geltendmachung eines beson- deren Minderheitenrechts auf Auslegung des Un- tersuchungsauftrages die Auffassung vertreten, Un- 13 tersuchungsgegenstand seien etwaige Einflußnah- men des Flick-Konzerns nicht nur auf die Entschei- III. Berichtsfeststellung dungen in den Verfahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG, sondern überhaupt auf „Entscheidungen von Der 1. Untersuchungsausschuß hat in seiner 85. Sit- Mitgliedern des Deutschen Bundestages, der Regie- zung am 21. Februar 1986 beschlossen, dem Plenum rung, der Verwaltung oder sonstiger Stellen der diesen Bericht vorzulegen. Der Abgeordnete Schily Bundesrepublik Deutschland", wie es in dem einlei- (DIE GRÜNEN) hat angekündigt, daß er dem Ple- tenden Satz im Einsetzungsbeschluß heißt. Auch num gemäß § 23 Satz 2 der IPA-Regeln ein Sonder- aus der Verwendung des Wortes „insbesondere" im votum vorlegen werde. Die Abgeordneten Dr. Hüsch Einsetzungsbeschluß ergebe sich, daß diese Verfah- (CDU/CSU), Dr. Struck (SPD) und Baum (F.D.P.) ren dort nur als Beispiele gemeint seien. Die Mehr- haben erklärt, die Mitglieder ihrer Fraktion im Aus- heit ist dagegen der Auffassung gewesen, daß die schuß behielten sich die Vorlage von Sondervoten Rechtsfrage der richtigen Auslegung des Untersu vor. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

2. Abschnitt: Festgestellter Sachverhalt

A. Überblick Antragstellung: 20. Februar 1976 Bescheinigungserteilung: 9. September 1976 14 2. Antrag nach § 4 AIG für den Erwerb von rd. I. Verkauf der Aktien und Wiederanlage 12 % der Anteile an der Fa. Grace, New York, des Verkaufserlöses für rd. 280 Millionen DM („Grace I"): Am 13. Januar 1975 schlossen der Flick-Konzern Antragstellung: 20. Februar 1976 und die Deutsche Bank einen Vertrag über den Ver- Bescheinigungserteilung: 9. September 1976 kauf von nominell 344 277 750,— DM Aktien — 29% des Grundkapitals — der Daimler-Benz-AG zum 3. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb der Preis von je 295,— DM, insgesamt 2 031 238 725,— restlichen rd. 16 % an Dynamit Nobel für 80 DM. Das Eigentum sollte zur Jahreswende 1975/76 Millionen DM von der „Thesaurus" Continen- übergehen, der Kaufpreis am 2. Januar 1976 fällig tale Effekten-Gesellschaft, Zürich: werden. Antragstellung: 20. Februar 1976 Für folgende Wiederanlagen wurden Anträge nach § 6 b EStG und § 4 AIG gestellt: Antragsablehnung: 9. September 1976

Unternehmen DM 4. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb von Dynamit Nobel AG Anteilen aus einer Kapitalerhöhung in Höhe von 50 Millionen DM bei dem Tochterunterneh- a) Thesaurus 17 625 000,- men Buderus für Investitionen zur Modernisie- b) Steyerberg 100 000 000,— rung und Strukturanpassung („Buderus I"): Feldmühle AG 200 000 000,— Grace I 290 438 000,— Antragstellung: 20. Februar 1976 Grace II 459 729 000,- Bescheinigungserteilung: 9. September 1976 Buderus AG 110 000 000,— 2. Antragsblock (Nr. 5-7): Edelstahl Buderus 25 000 000,- VHDI 208 507 000,— 5. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb von US Filter Corporation 209 035 000,— Anteilen aus einer Kapitalerhöhung in Höhe PCV 25 000 000,— von 60 Millionen DM bei der Buderus AG und in Höhe von 25 Millionen DM bei der Edelstahl- Der Antrag Dynamit Nobel Thesaurus wurde nega- werk Buderus AG („Buderus II"): tiv beschieden; der Antrag US Filter Corp. wurde zurückgezogen, nachdem die Beteiligung wieder Antragstellung: 23. November 1977 verkauft worden war. Den übrigen Anträgen wurde stattgegeben, zum Teil mit Auflagen, in einem Fall Bescheinigungserteilung: 28. September 1978 begrenzt auf den Erwerb einer bestimmten Beteili- gungsquote. Die Steuervergünstigung für die PCV 6. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb von wurde jedoch nicht in Anspruch genommen. Anteilen aus einer Kapitalerhöhung in Höhe von 200 Millionen DM bei dem Flick-Tochterun- ternehmen Feldmühle: 15 Antragstellung: 23. November 1977

II. Überblick über die Flick-Anträge Bescheinigungserteilung: 28. September 1978 Die zehn Anträge des Flick-Konzerns waren in drei 7. Antrag nach § 4 AIG für den Erwerb von Antei- zeitlich aufeinanderfolgenden Blöcken zusammen- len an der Fa. Grace zur Aufstockung der 12 %- gefaßt, die konzernintern und in der Öffentlichkeit Beteiligung auf über 25 % („Grace II"): als „Geleitzüge" bezeichnet wurden: Antragstellung: 23. November 1977 1. Antragsblock (Nr. 1--4): Bescheinigungserteilung: 28. September 1978 1. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb von 3. Antragsblock (Nt 8-10): Anteilen aus einer Kapitalerhöhung in Höhe von 100 Millionen DM bei Dynamit Nobel für 8. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb von das Investitionsvorhaben Steyerberg: Anteilen an der Versicherungs-Holding der Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Deutschen Industrie (VHDI) in Höhe von nomi- Abzug ist zulässig bei den Anschaffungs- oder nell 156 884 600,— DM ( = 86,1 % des Stammka- Herstellungskosten von pitals):

Antragstellung: 3. April 1978 5. Anteilen an Kapitalgesellschaften, soweit der Bescheinigungserteilung: 12. August 1981 Gewinn bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entstanden ist und der 9. Antrag nach § 4 AIG für den Erwerb von Antei- Bundesminister für Wirtschaft im Benehmen len an der US Filter Corporation, New York mit dem Bundesminister der Finanzen und der von der Landesregierung bestimmten Antragstellung: 11. Oktober 1978 Stelle bescheinigt hat, daß der Erwerb der An- teile unter Berücksichtigung der Veräußerung Rücknahme des Antrags: 29. Juni 1981 der Anteile volkswirtschaftlich besonders för- derungswürdig und geeignet ist, die Unterneh- 10. Antrag nach § 6 b EStG für den Erwerb von mensstruktur eines Wirtschaftszweigs zu ver- Anteilen aus einer 25 Millionen DM-Kapitaler- bessern oder einer breiten Eigentumsstreu- höhung bei PCV (Projektierung Chemische ung zu dienen. Verfahrenstechnik GmbH) für Investitionen im Bereich Kohlevergasung: Im wirtschaftlichen Ergebnis bewirkt die Übertra- gung aufgedeckter stiller Reserven auf neue Kapi- Antragstellung: 15. Dezember 1978 talbeteiligungen eine möglicherweise langfristige Bescheinigungserteilung: 12. August 1981 Steuerstundung. Erst bei einer späteren Weiterver- äußerung der Beteiligung oder einer Überführung Die Steuervergünstigungen nach § 6 b EStG/§ 4 AIG ins Privatvermögen entsteht der Steueranspruch, wurden somit für insgesamt rd. 1,394 Milliarden DM sofern nicht wiederum von der Möglichkeit einer in Anspruch genommen; der Rest des rd. 1,9 Milliar- steuerbegünstigten Reinvestition Gebrauch ge- den DM betragenden Veräußerungsgewinns unter- macht wird. Wirtschaftspolitisches Ziel des § 6 b lag der Regelbesteuerung. EStG ist und war insbesondere, notwendige Be- triebsumstrukturierungen aus technischen, volks- wirtschaftlichen oder regionalen Strukturverände- rungen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Voraus- setzung für die Anerkennung einer Steuervergün- stigung nach § 6 b EStG war jedoch in allen Fällen III. Steuerbegünstigung nach § 6 b EStG stets, daß durch eine Veräußerung aufgedeckte und § 4 AIG; Bescheinigungsverfahren stille Reserven nicht endgültig durch eine gewählte und beteiligte staatliche Stellen rechtliche Gestaltung der Besteuerung entzogen werden, sondern eine Besteuerung nur aufgescho- 16 ben war. Diese Sicherstellung einer späteren Ver- steuerung spielte bei dem VHDI-Antrag eine große 1. § 6 b EStG Rolle. a) Grundsätzlich müssen bei der Veräußerung von b) Die Vorschrift des § 6 b EStG ist in den 60er Jah- Wirtschaftsgütern erzielte Gewinne im Entste- ren entstanden. Nachdem sich die deutsche Volks- hungsjahr sofort versteuert werden. § 6b EStG sieht wirtschaft nach dem Abklingen der vorwiegend auf Ausnahmen von diesem Grundsatz vor, wenn der Expansion ausgerichteten Phase des Wiederauf- Veräußerungsgewinn unter den gesetzlich vorgese- baus in einer Situation des verstärkten Wettbe- henen Bedingungen wiederangelegt wird. Dazu ge- werbs im binnen- und außenwirtschaftlichen Be- hört auch die Nutzung von Veräußerungsgewinnen reich befand, hielt man eine verstärkte Anpassung für die Anschaffung von Anteilen an anderen Kapi- an die technische und wirtschaftliche Entwicklung talgesellschaften. Im Gegensatz zu den übrigen Fäl- für erforderlich. Dies wurde aber dadurch erheblich len ist bei der Übertragung von Veräußerungsge- erschwert, daß Veräußerungsvorgänge im Anlage- winnen auf Anteile an Kapitalgesellschaften zur Er- vermögen grundsätzlich zur Besteuerung der aufge- langung der Steuervergünstigung ein förmliches deckten stillen Reserven führten, und zwar unab- Bescheinigungsverfahren erforderlich. Die entspre- hängig davon, ob die Veräußerung der Gewinnreali- chende Regelung des § 6 b Abs. 1 Satz 2 Ziff. 5 EStG sierung oder aber einer Wiederanlage für Rationali- lautete in der bis 1981 geltenden Fassung: sierung, Modernisierung oder Umstrukturierung dienen sollte. Da viele Teile des Betriebsvermögens (1) Steuerpflichtige, die seit der Währungsreform 1948 hohe Wertsteigerun- gen erfahren hatten, entstanden bei ihrer Veräuße- rung hohe steuerpflichtige Gewinne (nämlich die Anteile an Kapitalgesellschaften . veräußern, Differenz zwischen dem Erlös und dem meist sehr können im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von geringen Bilanzwert). den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der ... Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsjahr der Einen Vorgänger hatte die Vorschrift des § 6 b EStG Veräußerung angeschafft oder hergestellt worden in § 30 des Gesetzes zur Förderung der Rationalisie- sind, einen Betrag bis zur Höhe des bei der Ver- rung des Steinkohlebergbaus vom 29. Juli 1963. Da- äußerung entstandenen Gewinns abziehen. Der nach trat die Besteuerung der bei der Veräußerung Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 von Anlagegütern aufgedeckten stillen Reserven hen, einzelne konkrete Kriterien für die besondere nicht ein, wenn diese innerhalb von vier Jahren auf volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit aufzu- Wirtschaftsgüter des Bergbauanlagevermögens nehmen, weil man der Auffassung war, daß es keine übertragen wurden. Bald nach Inkrafttreten dieser Kriterien gebe, die unabhängig von der tatsächli- Vorschrift wurde erwogen, eine generelle Regelung chen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen dieser Art auch für andere Bereiche einzuführen; Entwicklung -aus sich heraus einen allgemein gülti- einen entsprechenden Vorschlag enthielt der Ent- gen und erschöpfenden Maßstab für die Beurtei- wurf des Steueränderungsgesetzes 1964. Gegen eine lung bestimmter Tatbestände abgeben könnten. unbeschränkte steuerbegünstigte Einbeziehung Vielmehr ergebe sich die besondere volkswirt- auch des Erwerbs von Kapitalanteilen bestanden schaftliche Förderungswürdigkeit aus der Bezie- Bedenken, weil man befürchtete, damit uner- hung des Einzelfalls zu der jeweiligen gesamtwirt- wünschte Konzentrationsvorgänge zu begünstigen. schaftlichen Situation, wobei insbesondere an die Daraufhin wurde vorgeschlagen, die Regelung des längerfristige strukturelle Entwicklung gedacht § 6 b EStG bei Kapitalbeteiligungen nur für be- war. Einigkeit bestand darin, daß ein Beteiligungs- stimmte Wirtschaftszweige (z.B. die Energiewirt- erwerb zu reinen Finanzanlagezwecken ohne eine schaft) oder nur in Einzelfällen zuzulassen, in de- unternehmenspolitische Konzeption nicht unter nen volkswirtschaftliche Bedenken nicht entgegen- diese Vorschrift fallen sollte; diese Problematik stehen. Das Ergebnis der Diskussion in den parla- spielte insbesondere bei den Grace-Anträgen des mentarischen Gremien war die oben dargestellte Flick-Konzerns eine Rolle. U.a. sollte der Erwerb Rechtslage, daß in diesen Fällen eine Bescheini- von industriellen Beteiligungen durch Banken bzw. gung des Bundesministers für Wirtschaft im Beneh- Versicherungen von der Begünstigung ausgeschlos- men mit dem Bundesminister der Finanzen und sen werden. den zuständigen Wirtschaftsministerien der Länder erforderlich war, wonach ein besonderes volkswirt- Im Ergebnis war sich der Bundestags-Finanzaus- schaftliches Interesse an dem Beteiligungserwerb schuß, der diese Vorschrift beraten hatte, darin ei- bestehe. nig, daß durch die gewählte Fassung von § 6 b Abs. 1 Satz 2 Ziffer 5 (nämlich durch die dort genannten In der Begründung zu dem Gesetzentwurf war u.a. Kriterien sowie durch das Bescheinigungsverfah- darauf hingewiesen worden, daß der (bisherige) Zu- ren) der Anwendungsbereich dieser Vorschrift we- griff auf die Veräußerungsgewinne zu einer weitge- sentlich eingeengt werde. Im Herbst 1964 wurde die henden Stagnation des Veräußerungsverkehrs von Vorschrift in dieser Fassung von Bundestag und Grundstücken, Beteiligungen, langfristigen Anlage- Bundesrat angenommen; sie trat am 1. Januar 1965 gütern usw. geführt hatte. So seien beispielsweise in Kraft (BGBl. I S. 885). vielfach volkswirtschaftlich erwünschte Standort- verlagerungen, etwa aus Ballungsgebieten in stand- c) 1981 wurde die Vorschrift zwar modifiziert, blieb ortgünstigere Gebiete, unterblieben. Ähnliche im Kern aber erhalten. In das Bescheinigungsver- Schwierigkeiten seien beim Austausch oder der fahren wurde zusätzlich der Bundesminister für Ar- Umwandlung von Beteiligungsverhältnissen aufge- beit und Sozialordnung eingeschaltet, damit die ar- treten. Es sollten also „ökonomisch erwünschte An- beitsmarktpolitischen Gesichtspunkte stärker be- passungsprozesse im Wirtschaftsleben nicht durch rücksichtigt werden können; ferner wurde die Steu- steuerliche Bestimmungen behindert werden". ervergünstigung generell auf 80 % des bei der Ver- äußerung entstandenen Gewinns begrenzt. Das sog. „Tauschgutachten" des Bundesfinanzhofs Für die Flick-Anträge galt ausschließlich die alte vom 16. Dezember 1958 hatte bereits früher aner- Fassung des § 6 b EStG. kannt, daß ein Beteiligungs tausch nicht zur Ver- steuerung der Buchgewinne (sondern zur Fortfüh- rung der Buchwerte) führt, wenn diese Beteiligun- 17 gen art-, wert- und funktionsgleich waren. Es er- schien daher sachgerecht, daß erst recht ein Beteili- 2. § 4 AIG gungswechsel nicht zu einer Verminderung des Be- triebsvermögens infolge einer Besteuerung der Ver- a) Die Vorschrift des § 4 AIG, auf die sich die äußerungsgewinne führen sollte. Anträge Grace I und II sowie USF stützten, lautete: In der weiteren Begründung zum Gesetzentwurf zu (1) Steuerpflichtige, die Anteile an Kapitalgesell- § 6 b EStG wurde ausgeführt, durch die Einschrän- schaften veräußern, können im Wirtschaftsjahr kungen beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesell- der Veräußerung einen Betrag bis zur Höhe des schaften — nämlich das Erfordernis der „volkswirt- bei der Veräußerung entstandenen Gewinns von schaftlichen besonderen Förderungswürdigkeit" — den Anschaffungskosten von Anteilen an einer solle verhindert werden, daß unerwünschte Kon- Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftslei- zentrationsbewegungen in der Wirtschaft durch tung in einem ausländischen Staat abziehen. Vor- steuerliche Maßnahmen gefördert werden. Damit aussetzung für den Abzug ist, daß wurde bis zu einem gewissen Grade bereits die spä- ter gesetzlich geregelte „Fusionskontrolle" vorweg- 1. die ausländische Kapitalgesellschaft aus- genommen. schließlich oder fast ausschließlich die Her- stellung oder Lieferung von Waren, die Gewin- Bei der Beratung des Gesetzentwurfs wurde hin nung von Bodenschätzen, die Bewirkung ge- sichtlich der Kapitalbeteiligungen davon abgese werblicher Leistungen oder den Betrieb einer Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Land- und Forstwirtschaft zum Gegenstand c) Die Zielsetzung der neuen Vorschrift (in der hat... schließlich vom Bundestag verabschiedeten Fas- sung) beschrieb der Finanzausschuß des Deutschen 2. der Bundesminister für Wirtschaft im Beneh- Bundestages wie folgt: men mit dem Bundesminister der Finanzen und der von der Landesregierung bestimmten „Dieses Gesetz- soll steuerliche Hemmnisse, die Stelle bescheinigt hat, daß der Erwerb der An- sich bei Auslandsinvestitionen besonders störend teile unter Berücksichtigung der Veräußerung auswirken, beseitigen und dazu beitragen, daß die der Anteile volkswirtschaftlich besonders för- allgemein für dringend erachtete Steigerung der derungswürdig und geeignet ist, der interna- deutschen Direktinvestitionen im Ausland nicht tionalen Arbeitsteilung oder einer verstärkten durch Bestimmungen des deutschen Steuerrechts weltwirtschaftlichen Verflechtung zu die behindert wird."

nen. .. Der Vorschlag der Bundesregierung wurde im Während § 4 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 AIG eine be- Deutschen Bundestag — unter Berücksichtigung ei- stimmte Art von Aktivität bei der ausländischen ner (weitergehenden) Initiative der FDP-Fraktion Kapitalgesellschaft verlangte (sog. Aktivitätsklau- — mehrfach verändert. Seine endgültige Fassung sel), legte Ziffer 2 dieser Vorschrift (teilweise) ab- fand er Anfang April 1969 als Teil des vom damali- weichend von § 6 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 5 EStG die vom gen Bundesfinanzminister Strauß vorgelegten „So- Bundesminister für Wirtschaft zu bescheinigenden fortprogramms zur Förderung von Direktinvestitio- Voraussetzungen der Steuervergünstigung fest. Die nen deutscher Unternehmen im Ausland". Die Re- beiden Merkmale der Eignung, der „internationalen gelung ist von den zuständigen Fachausschüssen — Arbeitsteilung" oder einer „verstärkten weltwirt- wie sich aus den Protokollen ergibt — „auch aus schaftlichen Verflechtung" zu dienen, stehen alter- konjunktur- und währungspolitischen Gründen" be- nativ nebeneinander. Eines dieser Merkmale muß schlossen worden. Das Gesetz wurde vom Bundes- — ebenso wie bei § 6 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 5 EStG tag am 18. Juni 1969 verabschiedet und trat am eines der beiden dort genannten Eignungsmerk- 21. August 1969 in Kraft (BGBl. I S. 1211, 1214). male — neben dem allgemeinen Merkmal „volks- wirtschaftlich besonders förderungswürdig" vorlie- Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, wurde gen. Diesem Kriterium wird — ähnlich wie bei § 6 b mit den beiden Kriterien der Eignung, der interna- EStG — neben den beiden speziellen Eignungs- tionalen Arbeitsteilung oder einer verstärkten welt- merkmalen die Bedeutung einer Art „Generalklau- wirtschaftlichen Verflechtung zu dienen, die Förde- sel" beigemessen. Praktisch lief dies vor allem dar- rung von Kapitalanlagen im Ausland in Form von auf hinaus, daß auch bei Vorliegen der Eignung, der Direktinvestitionen bezweckt, weil diese im Gegen- internationalen Arbeitsteilung oder der weltwirt- satz zu Finanzanlagen in der Regel eine langfristige schaftlichen Verflechtung zu dienen, eine negative Form der Kapitalanlage darstellen. Man sah die Gesamtbeurteilung möglich war, wenn z.B. wettbe- volkswirtschaftlichen Vorteile der Direktinvestitio- werbspolitisch, währungspolitisch oder arbeits- nen darin, daß sie entweder die Integration der marktpolitisch negative Auswirkungen der Kapital- Volkswirtschaft in eine größere Weltwirtschaft in- anlage zu befürchten waren. tensivieren (Verflechtungsaspekt) oder die interna- tionale Arbeitsteilung mit ihren wachstumsfördern- b) Die Vorschrift des § 4 AIG ist im Jahre 1969 den Auswirkungen verbessern. Die besondere Her- geschaffen worden. In Einzelfällen wurde der Er- vorhebung der „Direktinvestitionen" deutete an, werb ausländischer Beteiligungen zwar bereits vor- daß dem in § 4 AIG enthaltenen zusätzlichen Krite- her nach § 6 b EStG steuerbegünstigt; es war aber rium der „volkswirtschaftlichen besonderen Förde- nicht eindeutig geklärt, ob und insbesondere unter rungswürdigkeit" insofern eigenständige Bedeu- welchen Voraussetzungen dies zulässig war. Pläne tung beigemessen wurde, als nicht jeder von einem für eine über § 6 b EStG hinausgehende (und zu- Unternehmer durchgeführte Erwerb von Anteilen gleich klarstellende) gesetzliche Regelung zur För- an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, der die derung von Auslandsinvestitionen entstanden 1968/ weltwirtschaftliche Verflechtung verstärkt, von 69 vor allem im Zusammenhang mit dem damaligen vornherein als besonders förderungswürdig qualifi- Zahlungsbilanzüberschuß; einen entsprechenden ziert werden sollte; vielmehr wurde nur die Direkt- Vorschlag richteten seinerzeit u. a. Vertreter des investition als besonders wichtige Form der welt- Flick-Konzerns — darunter von Brauchitsch — an wirtschaftlichen Verflechtung für förderungswür- das Bundesministerium für Wirtschaft. dig gehalten. In der Bescheinigungspraxis wurden Ausgangspunkt der Gesetzesinitiative (im Rahmen unter dem Aspekt der verstärkten weltwirtschaftli- des Steueränderungsgesetzes 1968) war u. a. die chen Verflechtung als förderungswürdige Direktin- Tatsache, daß damals wesentlich weniger deutsche vestitionen mit unternehmerischem Engagement Investitionen im Ausland erfolgten als umgekehrt. „prima facie" Beteiligungen ab 25 %, niedrigere Be- Eine Förderung des Kapitalexportes erschien daher teiligungen nur bei Hinzutreten besonderer Um- wirtschaftspolitisch zweckmäßig. Von der Regelung stände, angesehen. Auch unter dem Gesichtspunkt erhoffte man sich auch einen Rückgang des damals der internationalen Arbeitsteilung wurden in der besonders starken Zustroms von Gastarbeitern; sie Bescheinigungspraxis Beteiligungen nur dann als sollte zugleich dazu beitragen, eine Aufwertung zu förderungswürdig angesehen, wenn sie als unter- verhindern. Ähnliche Vorschriften gab es zudem in nehmerische Direktinvestitionen zu qualifizieren verschiedenen anderen Ländern. waren. Bei Bejahung der Eignung des Anteilser- werbs, der internationalen Arbeitsteilung zu die- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

nen, wurde aber in der Regel die Kapitalanlage als gungen insbesondere für den Begriff „volkswirt- unternehmerische Direktinvestition qualifiziert, schaftlich besonders förderungswürdig" (bei § 4 ohne daß hier der Höhe der Beteiligung eine ent- AIG) offengelassen, ob hier „Gesichtspunkte eine scheidende Bedeutung zukam. Rolle spielen können, denen die Eigenschaft eines prognostisch-wertenden Charakters mit starkem d) Die Kritik an § 4 AIG stützte sich vornehmlich wirtschaftspolitischen- Einschlag nicht abzuspre- auf das Argument, dadurch werde ein Export von chen" und bei denen der Bescheinigungsbehörde Arbeitsplätzen bewirkt; das hat auch im Bescheini- deshalb ein „Beurteilungsspielraum" eingeräumt gungsverfahren bei den Flick-Anträgen eine erheb- sei (Urteil vom 28. Mai 1985 — K 6483/83). Das Ver- liche Rolle gespielt. Im Zuge der erwähnten Ände- waltungsgericht hat sich hierbei u.a. auch auf die rung des § 6 b EStG ist § 4 AIG im Jahre 1981 aufge- Aussage des Bundesverfassungsgerichts gestützt, hoben worden. Künftig werden Auslandsengage- bei § 6 b EStG und § 4 AIG handele es sich um Ent- ments wie vor 1969 unter den Voraussetzungen des scheidungen, „deren politische Dimension sich ohne § 6 b EStG steuerlich begünstigt. — Für die Flick weiteres aus den ihnen zugrundeliegenden Rechts- Anträge — soweit sie den Erwerb von ausländi- normen ergibt" (BVerfGE 67, 100, 141). Aber auch schen Beteiligungen betrafen — galt aber noch § 4 wenn im Rahmen einzelner Begriffe des § 6 b EStG AIG. oder des § 4 AIG von der Exekutive „letztverant- wortlich" auf bestimmte Merkmale mit progno- Wenn in diesem Bericht von § 6 b EStG oder § 4 AIG stisch-wertendem Charakter und starkem wirt- gesprochen wird, sind — sofern nichts anderes an- schaftspolitischen Einschlag abgestellt werden gegeben ist — § 6 b Abs. 1 Satz 2 Ziff. 5 EStG und § 4 dürfte, bedeutet das nicht, daß die juristische Frage Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 AIG gemeint. der richtigen Anwendung dieser Vorschriften im ganzen einer mehr oder weniger beliebigen politi- schen Argumentation zugänglich wäre. 18

3. Der rechtliche Charakter der Entscheidung 19 nach § 6 b EStG und § 4 AIG 4. Bescheinigungspraxis Auslegung und Anwendung von § 6 b EStG und § 4 AIG bereiten aus verschiedenen Gründen erhebli- Anträge nach § 6 b EStG und § 4 AIG sind beim che Schwierigkeiten. Fest steht lediglich, daß diese Bundeswirtschaftsministerium zu stellen, das sie Vorschriften kein „Ermessen" einräumen. Wenn die federführend bearbeitet. dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen Anträge können unabhängig davon gestellt werden, vorliegen, besteht ein Rechtsanspruch auf die Be- ob die Anteile an Kapitalgesellschaften bereits er- scheinigung; umgekehrt darf keine Bescheinigung worben worden sind oder der Erwerb lediglich ge- diese Voraussetzungen nicht erteilt werden, wenn plant ist. Es ist durchaus Praxis, für zunächst nur vorliegen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen beabsichtigte Erwerbsvorgänge Anträge zu stellen. sind jedoch in sog. unbestimmten Rechtsbegriffen Wird eine Bescheinigung wegen negativer Beurtei- niedergelegt, wie „volkswirtschaftlich besonders lung des Erwerbsvorgangs abgelehnt, kann eine Be- förderungswürdig" (§ 6 b EStG und § 4 AIG) oder scheinigung für ein anderes Reinvestitionsvorha- „geeignet ..., die Unternehmensstruktur eines Wirt- ben beantragt werden. schaftszweiges zu verbessern ... “ (§ 6 b EStG) bzw. „geeignet, der internationalen Arbeitsteilung oder Unternehmen, die einen Antrag zu stellen beabsich- einer verstärkten weltwirtschaftlichen Verflech- tigen, erhalten auf Anforderung vom Bundeswirt- tung zu dienen ... “ (§ 4 AIG). Auslegung und An- schaftsministerium ein Merkblatt, das Hinweise wendung solcher unbestimmten Rechtsbegriffe ent- auf die im Bescheinigungsverfahren wesentlichen halten — unvermeidlich — ein subjektives Moment Fragestellungen enthält und ein Leitfaden für die der Bewertung, manchmal auch der prognostischen Antragstellung sein soll. Dem folgen häufig auf Einschätzung, wie z. B. bei der „Eignung", bestimm- Wunsch des Unternehmens Vorgespräche im Bun- ten Zielen zu dienen. Durch eine langjährige Praxis, deswirtschaftsministerium. Sie dienen der näheren wie sie zu § 6 b EStG und § 4 AIG vorliegt, hat sich Erläuterung der gesetzlichen Kriterien unter Ein- aber eine Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung beziehung der vom Antragsteller beabsichtigten entwickelt. Außerdem unterliegt die Anwendung Anteilstransaktionen. unbestimmter Rechtsbegriffe in der Regel voller ge- richtlicher Kontrolle. Nur in Ausnahmefällen ver- Nach Eingang des Antrags bittet das federführende bleiben der Exekutive sog. Beurteilungs-, Einschät- Referat Steuerpolitik des Bundeswirtschaftsmini- zungs- oder Prognosespielräume, bei denen sie er- steriums (intern als Referat „I A 3" bezeichnet) die mächtigt ist, „letztverantwortlich" zu entscheiden. Grundsatz- und Fachreferate des Ministeriums um Das OVG Münster hat in einer neueren Entschei- eine Stellungnahme (z.B. zu wettbewerbsrechtli- dung beim Merkmal „Eignung, die Unternehmens- chen, strukturpolitischen, energiepolitischen, au- struktur eines Wirtschaftszweiges zu verbessern" ßenwirtschaftlichen und währungspolitischen Fra- (§ 6 b EStG) einen Beurteilungsspielraum verneint gen). Das Wettbewerbsreferat schaltet seinerseits (Urteil vom 23. November 1984 — 4 A 2496/82). Das das Bundeskartellamt als Gutachterbehörde ein. Verwaltungsgericht Köln hat demgegenüber in sei- Nach Eingang dieser Stellungnahmen fertigt das ner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der federführende Referat den Entwurf einer Stellung- Rücknahme der Grace I- und Grace II-Bescheini nahme des Bundeswirtschaftsministeriums. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Da die Bescheinigungen „im Benehmen" mit dem Beteiligt werden die Wirtschaftsminister derjeni- Bundesfinanzministerium zu erteilen sind, übersen- gen Bundesländer, in denen die antragstellenden det das Bundeswirtschaftsministerium diese Stel- Unternehmen und die von den Anteilstransaktio- lungnahme dem Bundesfinanzministerium, das sei- nen betroffenen Unternehmen ihren Sitz haben. nerseits insbesondere unter steuerrechtlichen, steu- - erpolitischen, bank- und versicherungswirtschaftli- Seit Einführung des Bescheinigungsverfahrens bis chen Gesichtspunkten Stellung nehmen kann. Hin- Ende Februar 1983 sind 268 Anträge nach § 6 b sichtlich der wirtschaftspolitischen Wertungen folgt EStG abschließend bearbeitet worden. Davon wur- das Bundesfinanzministerium im allgemeinen dem den 160 ( = 60 %) positiv beschieden, 45 negativ be- Votum des Bundeswirtschaftsministeriums. Das fe- schieden und 63 Anträge zurückgenommen oder derführende Referat des Bundesfinanzministeri- nicht weiterverfolgt. ums beteiligt ebenfalls — soweit erforderlich — Von 1969 bis Mai 1983 wurden 73 Anträge nach § 4 seine Fachreferate, z. B. das Außensteuerreferat AIG gestellt, davon 49 (= 67 %) positiv und 8 negativ beim Erwerb von Anteilen an ausländischen Kapi- beschieden sowie 16 zurückgenommen oder nicht talgesellschaften, die Versicherungsabteilung bei weiterverfolgt. Versicherungsfällen usw. Die Formulierung „im Be- nehmen" bedeutet, daß das Bundeswirtschaftsmini- Die reinvestierten Veräußerungsgewinne, auf die sterium an die Auffassung des Bundesfinanzmini- sich die Anträge bezogen, betrugen bei knapp der steriums nicht gebunden ist, sondern die von die- Hälfte der Anträge zwischen 1 und 10 Millionen sem Ministerium vorgebrachten Argumente zwar DM; der Rest verteilt sich etwa gleichmäßig auf die in seine Prüfung einbeziehen soll, letztlich aber zu Größenklassen unter 1 Million und über 10 Millio- einem anderen Ergebnis kommen kann. In der Pra- nen DM. xis waren beide Ministerien allerdings stets be- müht, sich auf eine gemeinsame Auffassung zu ver- ständigen. 20

Im Dezember 1972 war die Abteilung „Banken und Iv. Wichtige beteiligte Personen des Flick-Konzerns Versicherungen" vom Bundeswirtschaftsministe- und beteiligte Amtsträger rium in das Bundesfinanzministerium umgeglie- dert worden. Daraufhin hatten sich im Sommer 1. Flick-Konzern 1973 die Staatssekretäre beider Ministerien auf ein gleichwertiges Mitwirkungsrecht des Bundesmini- Antragstellerin in den Bescheinigungsverfahren sters der Finanzen bei Entscheidungen über Be- war die „Verwaltungsgesellschaft für industrielle scheinigungen nach § 6 b EStG oder § 4 AIG in Unternehmungen Friedrich Flick GmbH" (VG), ab bestimmten Fällen verständigt. Das Bundeswirt- 1977 umgewandelt in die ,,Friedrich Flick Industrie- schaftsministerium sagte zu, die Entscheidungen verwaltung KGaA" (IV), in diesem Bericht Flick nicht gegen das Votum des Bundesfinanzministeri- Konzern genannt. Inhaber war zunächst Friedrich ums zu treffen, wenn der Erwerb oder die Veräuße- Flick (Flick sen.). Nach seinem Tode im Jahre 1972 rung der Anteile Auswirkungen auf die Kredit- oder waren Dr. Friedrich Karl Flick und die drei Kinder Versicherungswirtschaft hat. Diese Frage spielte des (vorverstorbenen) Sohnes Otto Ernst Flick am bei den Flick-Anträgen eine wichtige Rolle, da der Unternehmen beteiligt. Letztere sind im Jahre 1975 Flick-Konzern sein Daimler-Benz-Aktienpaket an aus dem Unternehmen ausgeschieden. die Deutsche Bank verkauft hatte. Die Frage, ob aus diesem Grunde sämtliche Erwerbsvorgänge nicht Dr. Friedrich Karl Flick war in beiden Gesellschaf- nur „im Benehmen", sondern „im Einvernehmen" ten Vorsitzender der Geschäftsführung und als sol- mit dem Bundesfinanzministerium entschieden cher an der Vorbereitung und Durchführung der werden mußten (also nur mit dessen Zustimmung), Antragsverfahren beteiligt. blieb allerdings letztlich ungeklärt. Einigkeit be- Die maßgebliche Rolle für das Betreiben der Be- stand allerdings darin, daß das Einvernehmen im scheinigungsverfahren spielte der persönlich haf- Falle VHDI (also dem Erwerb einer Beteiligung am tende geschäftsführende Gesellschafter Eberhard Gerling-Versicherungskonzern) erforderlich war, da von Brauchitsch. Er war mit kurzer Unterbrechung sich dieser Erwerbsvorgang auf den Versicherungs- von 1960 bis 1982 beim Flick-Konzern tätig, seit 1965 bereich bezog. als persönlich haftender geschäftsführender Gesell- schafter, seit 1973 als stellvertretender Vorsitzender Die Leitung der Ministerien wird von den federfüh- der Geschäftsführung. renden Referaten lediglich in qualitativ oder quan- titativ wichtigen Fällen eingeschaltet; nur aus- Eberhard von Brauchitsch war Mitglied im Präsi- nahmsweise wird eine formale Ministerentschei- dium des Bundesverbands der Deutschen Industrie dung eingeholt. und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit- geberverbände und hatte zahlreiche Aufsichtsrats-, Bei der Erteilung von Bescheinigungen nach § 6 b Verwaltungsrats- und Beiratsmandate sowie Ehren- EStG und § 4 AIG sind außerdem die zuständigen ämter inne; als Folge der Einleitung des Ermitt- Landeswirtschaftsminister zu beteiligen, deren lungsverfahrens verzichtete er auf die vorgesehene Stellungnahmen für das Bundeswirtschaftsministe- Präsidentschaft im BDI. rium aber nicht bindend sind. Beabsichtigt das Bun- deswirtschaftsministerium, einen Antrag abzuleh- Vor allem mit den Auslandsengagements war der nen, brauchen die Länder nicht beteiligt zu werden. persönlich haftende geschäftsführende Gesellschaf- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 ter Günter Max Paefgen befaßt. Er gehörte seit 1951 SPD und FDP trafen und zu dem abwechselnd vom dem Flick-Konzern an und war dort seit 1975 bis zu DIHT und von den Koalitionsfraktionen eingeladen seinem Ausscheiden im April 1980 persönlich haf- wurde. tender geschäftsführender Gesellschafter. Er ist seit etwa 1982 aufgrund eines Beratervertrages wie- Zwischen dem Flick-Konzern und dem 1908 gebore- derum für den Flick-Konzern tätig. Er war Auf- nen Journalisten Günter Markscheffel bestand seit sichtsratsmitglied in Flick-Unternehmen sowie Mit- 1974 ein honoriertes Beratungsverhältnis, das auf glied von Gremien des Grace-Konzerns. Veranlassung Eberhard von Brauchitschs, der ihn während seiner Studienzeit in Mainz kennenge- Nachfolger von Günter Max Paefgen als persönlich lernt hatte, zustande gekommen war. Markscheffel haftender geschäftsführender Gesellschafter war war bereits vor 1933 sowie anschließend in der vom 1. Mai 1980 bis 31. Dezember 1982 der aus der Emigration journalistisch tätig gewesen, wurde Versicherungswirtschaft kommende Dr. Klaus 1947 Chefredakteur der sozialdemokratischen Zei- Götte. tung „Die Freiheit", hatte verschiedene Parteifunk- tionen bei der SPD inne, war von 1950 bis 1957 Vor- allem mit technischen Fragen betraut war Dr. Landtagsabgeordneter der SPD in Rheinland-Pfalz Ing. Hanns Arnt Vogels, bis 1977 Generalbevoll- sowie anschließend bis 1970 Chefredakteur des „So- mächtigter, 1977 bis 1982 persönlich haftender ge- zialdemokratischen Pressedienstes" und des „Parla- schäftsführender Gesellschafter. Seine Aufgabe mentarisch-Politischen Pressedienstes" (ppp) in war u.a. die Investitionskontrolle bei den Tochterge- Bonn. Schließlich wurde er von 1970 bis 1974 Per- sellschaften der Flick-Gruppe. sönlicher Referent des Bundespräsidenten Dr. Dr. Heinemann. Er hatte auch in der Folgezeit als ehe- Im Flick-Konzern hatte der persönlich haftende ge- maliger ppp-Chefredakteur Zugang zu den Sitzun- schäftsführende Gesellschafter Konrad Kaletsch, gen der SPD-Bundestagsfraktion. Markscheffel hat ein Vetter von Friedrich Flick, eine sehr starke Stel- von Brauchitsch verschiedentlich über die dortigen lung, auch als er sich aus gesundheitlichen Grün- Beratungen sowie Einzelgespräche mit Fraktions- den in den 70er Jahren zunehmend zurückziehen mitgliedern berichtet, und zwar sowohl zu allge- mußte, wobei seine Aufgaben weitgehend auf Eber- meinpolitischen Fragen als auch zu den Problemen hard von Brauchitsch übergingen. Er erkrankte An- des Bescheinigungsverfahrens. Markscheffel er- fang 1977 schwer und starb am 18. September hielt ein monatliches Honorar von ca. 3 000,— bis 1978. 4 000,— DM. Zur weiteren Geschäftsführung gehörte seit 1976 Fritz Wacker, der Persönlicher Referent von Dr. 21 Friedrich Karl Flick gewesen war. Wacker oblag die firmeninterne Vorbereitung der Anträge. 2. Amtsträger Rudolf Diehl war seit 1963 Buchhalter und vom Die folgenden Angaben beziehen sich nur auf oft 1. Juli 1972 bis 30. April 1982 Leiter der Buchhal- genannte Amtsträger und der Bescheini- tung; seit 1975 war er auch Mitglied der Geschäfts- gungsverfahren. führung. Ihm unterstanden die Bereiche Finanzen, Buchhaltung, Personalverwaltung und innere Ver- waltung. Von Rudolf Diehl stammen die Listen über 22 die sog. offiziellen und inoffiziellen Spenden des Flick-Konzerns an Parteien und Politiker. a) BMWi Justitiar des Flick-Konzerns war vom 1. Juli 1973 Federführend für die Bearbeitung der Anträge nach bis 31. Dezember 1982 Dr. Axel Schmidt-Hern. Er § 6 b EStG und § 4 AIG ist im Bundeswirtschaftsmi- war bei den Bescheinigungsverfahren u.a. mit kar- nisterium das Referat I A 3, Steuerpolitik. Es wurde tellrechtlichen Fragen befaßt. Seit 1. Januar 1980 von November 1965 bis zum 15. Juli 1976 von Mini- war er Mitglied der Geschäftsführung. sterialrat Hans August Fischer geleitet, seitdem von dessen früheren Mitarbeiter Ministerialrat Dr. Dr. Heribert Blaschke ist seit 1. April 1974 Leiter Wolfgang Mühl. Mitarbeiter von Fischer bzw. Dr. der Konzern-Steuerabteilung des Flick-Konzerns Mühl war bis 31. August 1977 Oberregierungsrat und seit 1. Januar 1981 Mitglied der Geschäftsfüh- Ernst Mannherz, danach Oberregierungsrat Dr. rung. Er war von 1964 bis 1969 Beamter im Bundes- Holger Berndt. finanzministerium und kannte daher einige der mit den Bescheinigungsverfahren befaßten Beamten. Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmeyer war Leiter der Abteilung I, „Wirtschaftspolitik", auch als Der Industrieberater Manfred Nemitz war seit 1968 „Grundsatzabteilung" bezeichnet. — insbesondere durch Beraterverträge — mit dem Flick-Konzern verbunden. Unter anderem war er Zuständiger Staatssekretär war Dr. Christian Otto Gründer, Alleingesellschafter und schließlich Vor- Schlecht. Staatssekretär Dr. Karsten Detlev Roh- sitzender der Geschäftsführung des Tochterunter- wedder wurde nur vereinzelt in das Bescheini- nehmens Projektierung Chemische Verfahrens- gungsverfahren eingeschaltet, ebenso dessen Nach- technik GmbH (PCV). Er betreute den Gesprächs- folger Dr. Dieter von Würzen. Auch der Parlamenta- kreis „Wirtschaftspolitik", in dem sich Vertreter der rische Staatssekretär Martin Grüner war nur gele- Wirtschaft und der damaligen Koalitionsfraktionen gentlich mit der Angelegenheit befaßt, so bei der Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Beantwortung von Kleinen Anfragen sowie Schrei- Dezember 1979 Ministerialdirektor Dr. Hans-Her- ben von Abgeordneten zu den Bescheinigungsver- bert Weber, danach Ministerialdirektor Klemens fahren. Wesselkock. Zuständiger Staatssekretär war für diesen Bereich bis Mai 1977 Karl-Otto Pöhl, sodann Bundesminister für Wirtschaft war vom 15. Dezem- bis zum 1. Dezember 1980 Manfred Lahnstein und ber 1972 bis 7. Oktober 1977 Dr. Hans Friderichs und danach Dr. Horst Schulmann, der zuvor im Bundes- vom 7. Oktober 1977 bis 27. Juni 1984 Dr. Otto Graf kanzleramt die Abteilung für Finanz- und Wirt- Lambsdorff. schaftspolitik geleitet hatte. Leiter des Ministerbüros war vom 17. März 1975 bis Im Bundeskanzleramt war für Wirtschafts-, Finanz- zum 30. Juni 1978 Regierungsdirektor, später Mini- und Sozialpolitik der Leiter der Abteilung 4 zustän- sterialrat Klaus Wohlleben, danach Regierungsdi- dig. Das war vom 17.5.1974 bis 28.2.1978 Ministeri- rektor Dr. Thomas Hertz. aldirektor Dr. Dieter Hiß; seine Nachfolger waren vom 1.3.1978 bis 30.11.1980 Ministerialdirektor Dr. Horst Schulmann und anschließend Ministerialdi- 23 rektor Hermann-Günter Heick. b) BMF 24 Im Bundesfinanzministerium war für die Erarbei- tung der Stellungnahmen gegenüber dem Bundes- V. Die Spendenpraxis des Flick-Konzerns wirtschaftsministerium das Referat IV B 2 feder- führend. Es wurde bis 2. Juni 1980 von Ministerial- Der Flick-Konzern hat in großem Umfang Spenden rat Dr. Günter Söffing geleitet; Nachfolger wurde an Institutionen der verschiedensten Bereiche ge- dessen früherer Mitarbeiter Ministerialrat Dr. Arno geben, beispielsweise für karitative, kulturelle, wirt- Bordewin. schaftliche, wissenschaftliche, sportliche und politi- sche Zwecke. Dabei übersteigen die Zahlungen für Ihr Vorgesetzter war Ministerialdirigent Dr. Adal- die anderen Zwecke die Zahlungen an Politiker und bert Uelner als Leiter der Unterabteilung IV B, Parteien erheblich. Steuern vom Einkommen und Ertrag, von 1974 bis zum 31. März 1982. Buchhalterisch wurde bei den Spenden in den poli- tischen Raum vor allem zwischen sog. „offiziellen" Leiter der Abteilung IV, Besitz- und Verkehrsteu- und „inoffiziellen" Spenden unterschieden. Die „of- ern, war von 1970 bis März 1982 Ministerialdirektor fiziellen" Spenden gingen beispielsweise an den Dr. Karl Koch; dessen Nachfolger wurde Dr. Adal- Parteien nahestehende Institutionen und Stiftun- bert Uelner. gen. Sie erfolgten unbar durch Überweisung oder Zuständiger Staatssekretär war bis Ende Februar Hingabe von Schecks und wurden in den Büchern 1978 Dr. Joachim Hiehle, seitdem Dr. Günter Obert. des Flick-Konzerns als Spenden oder Betriebsaus- Parlamentarische Staatssekretäre waren Rainer gaben verbucht. Zuständig für diese Ausgaben war Offergeld (Januar 1975 bis Februar 1978) und Dr. zunächst Kaletsch, in seinen letzten Jahren ge- Rolf Böhme (16. Februar 1978 bis 28. April 1982), der meinsam mit von Brauchitsch, später von Brau- sich zuvor als Steuerexperte der SPD mehrfach öf- chitsch allein. Anders als bei den „inoffiziellen" fentlich zu den Anträgen des Flick-Konzerns geäu- Spenden läßt sich bei diesen Zahlungen stets exakt ßert und verschiedene Kleine Anfragen eingebracht der Zahlungsweg und damit der Empfänger nach- hatte. Die Parlamentarischen Staatssekretäre besa- weisen. ßen im Bundesfinanzministerium — anders als in Die „inoffiziellen" Zahlungen wurden überwiegend einigen anderen Ministerien — auch Verwaltungs- aus der „Dispositionskasse" geleistet, die der Chef- zuständigkeiten; daher wurden ihnen die Minister- buchhalter des Konzerns, Rudolf Diehl, mit von den vorlagen in der Regel zur Mitzeichnung zugeleitet. laufenden Konten abgehobenen und als Entnahme verbuchten und abgerechneten Beträgen führte. Finanzminister war vom 16. Mai 1974 bis 15. Fe- Über die Einnahmen und Ausgaben dieser Disposi- bruar 1978 Dr. Hans Apel und vom 16. Februar 1978 tionskasse, aus der neben den Barspenden in den bis 28. April 1982 Hans Matthöfer. politischen Raum auch zahlreiche konzerninterne Leiter des Ministerbüros war bis zum 31. Oktober Leistungen, z. B. an Mitarbeiter und Sachaufwen- 1977 Ministerialrat Dr. Günter Nastelski, vom 16. dungen, bestritten wurden, wurde in einem eigenen Februar 1978 bis 18. Juli 1979 Ministerialrat Dr. Journal Buch geführt und zum Jahresende jeweils Hans-Jürgen Wefelmeier und bis September 1981 ein ordnungsgemäßer Abschluß erstellt, dem als Ministerialrat Dr. Wilfried Haesen. Nebenanlage noch einmal eine eigene Aufstellung der politischen Zahlungen beigefügt war. Emp- In der teilweise mitbeteiligten Abteilung VII, Wäh- fangsquittungen als Beleg für diese Buchhaltung rungspolitik, Geld- und Kreditpolitik, waren zustän- stellte in der Regel allein der jeweils die Beträge dig: Referatsleiter VII B 4, Versicherungswirtschaft: dort anfordernde persönlich haftende Gesellschaf- Ministerialrat Dr. Ernst-Wilhelm Eickhoff, Unterab- ter aus; nur in Einzelfällen finden sich darauf auch teilungsleiter VII B, Bank-, Börsen- und Versiche- Unterschriften weiterer Personen, die als Vermitt- rungspolitik: bis 31. Mai 1980 Frau Ministerialdiri- ler oder Empfänger in Frage kommen. Auf der gentin Dr. Irene Wolff, seitdem Ministerialdirigent Rückseite solcher Quittungen, die für politische Waldemar Müller-Enders; Abteilungsleiter VII: bis Zwecke bestimmt waren, hat der damalige Chef- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 buchhalter Rudolf Diehl, allerdings handschriftlich Gegenstand gehabt hätten, Zuwendungen angebo- die ihm, wie er ausgesagt hat, jeweils mündlich ge- ten oder gewährt hätten; nie seien Spenden an nannten Endempfänger mit Namen und Parteizu- Amtsträger geleistet worden. Dr. Hans Friderichs gehörigkeit notiert. Gerade das hat Eberhard von hat sowohl vor der Staatsanwaltschaft Bonn als Brauchitsch vor dem Untersuchungsausschuß je- auch vor dem 1. Untersuchungsausschuß bestritten, doch bestritten; er will nie konkrete Namen ge- jemals vor oder während seiner Amtszeit als Bun- nannt haben. desminister für Wirtschaft vom Flick-Konzern fi- nanzielle Vorteile gefordert, sich versprechen las- Ein Teil der inoffiziellen Zahlungen entstammte ei- sen oder gar angenommen zu haben; während sei- ner beim Flick-Konzern als „Sonderkasse" bezeich- ner Amtszeit habe auch niemals ein Beauftragter neten schwarzen Kasse, die aus unter Umgehung des Flick-Konzerns oder sonst jemand ihm gegen- des Bilanz- und Steuerrechts an den Konzern zu- über geäußert, aus dem Hause Flick sei eine rückfließenden fingierten Spenden — Fall „Sover- Spende an die FDP gegeben worden. Dr. Otto Graf dia" — und Provisionszahlungen — Fall „Ratjen" — Lambsdorff hat sowohl gegenüber der Staatsan- gespeist war. Beide Fälle waren bzw. sind Gegen- waltschaft Bonn als auch bei seiner zeugenschaftli- stand steuerstrafrechtlicher Ermittlungen; ihnen chen Vernehmung durch den 1. Untersuchungsaus- hatte der Untersuchungsausschuß nicht nachzuge- schuß den Erhalt von Spenden während seiner hen. Über Zahlungen aus der „Sonderkasse" ist we- Amtszeit als Bundesminister in Abrede gestellt und der eine Quittung erteilt noch Buch geführt wor- nähere Ausführungen zu den von der Staatsanwalt- den. schaft Bonn angenommenen Übergabeterminen ge- macht.

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VI. Spendenvorwürfe gegen Amtsträger B. Vorgeschichte bis zur ersten Antragstellung (Herbst 1974 bis Februar 1976) Der 1. Untersuchungsausschuß hält es für erforder- lich, bei der Darstellung der ermittelten Tatsachen im 2. Abschnitt zwar grundsätzlich auf Spendenein- 26 tragungen einzugehen, bei denen Anhaltspunkte für einen möglichen Zusammenhang mit dem Be- Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpakets scheinigungsverfahren bestehen könnten, davon aber jene Eintragungen auszunehmen, die Gegen- Der Verkauf eines Teils ihres Daimler-Benz-Aktien- stand des beim Landgericht Bonn anhängigen besitzes durch die Verwaltungsgesellschaft für in- Strafverfahrens sind. Dabei geht es um folgende dustrielle Unternehmungen Friedrich Flick GmbH Eintragungen des Chefbuchhalters Diehl, wobei (ab 31. Dezember 1977 Friedrich Flick Industriever- „Ka." Kaletsch, „v.B." von Brauchitsch und „wg." we- waltung KGaA), im folgenden Flick-Konzern ge- nannt, an die Deutsche Bank AG, bei dem Buch- gen bedeutet: gewinne aufgedeckt wurden, gewann dadurch an 1. Dr. Friderichs Bedeutung, daß der Flick-Konzern Anträge gemäß 15.12. 1975 Ka. wg. Frid. 200 000,- § 6 b EStG und § 4 AIG stellte, um die dort vorgese- henen Steuerbegünstigungen für die Wiederanlage 75 000,- 22. 3./1.4.1976 Ka. wg. Frid. des durch den Verkauf erzielten Veräußerungsge- 17. 9./17.10.1976 v.B. wg. Frid. 60 000,- winns zu erhalten. Über diese Anträge war vom 31. 5.1977 v.B. wg. Frid. 40 000,- Bundesminister für Wirtschaft im Benehmen bzw. im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Fi- 2. Dr. Graf Lambsdorff nanzen und den zuständigen Länderministern in 6.12. 1977 v.B. wg. Graf Lambsdorf 30 000,- einem förmlichen Bescheinigungsverfahren zu ent- 30. 1. 1980 v.B. wg. Graf Lambsdorf 40 000,- scheiden. In die notwendige Prüfung durch die Ver- 15. 4. 1980 v.B. wg. Graf Lambsdorf 40 000, waltung waren sowohl die Veräußerung des Aktien- pakets durch den Flick-Konzern an die Deutsche 7. 7. 1980 dgl. 25 000,— Bank (Veräußerungsvorgang) als auch die jeweils Die Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersu- vorgesehenen Reinvestitionen des Veräußerungsge- chungsausschuß weisen darauf hin, daß sie es winns (Wiederanlagen) einzubeziehen. Ein besonde- für erforderlich halten, diese Spendeneintragun- res Gewicht kam dabei auch der Bewertung des gen in diesem zweiten Abschnitt in den Teilen B Veräußerungsvorgangs für die Erteilung der bean- bis D im Zusammenhang mit den damaligen Be- tragten Bescheinigungen zu: Wurde der Veräuße- gegnungen und Ereignissen zu erwähnen. rungsvorgang nämlich negativ beurteilt, so kam es auf die Einschätzung der Wiederanlagevorhaben Eberhard von Brauchitsch hat sich vor dem 1. Un- nicht mehr an, die beantragte Bescheinigung tersuchungsausschuß allgemein zu der Frage der konnte nicht erteilt werden. Wurde hingegen der Spendenleistungen an Amtsträger in der Weise ge- Veräußerungsvorgang neutral oder positiv bewertet äußert, daß weder er noch — nach seiner Kenntnis und das Reinvestitionsvorhaben negativ, so konnte — ein anderer Angehöriger der Flick-Unterneh- die Bescheinigung zwar ebenfalls nicht erteilt wer- mensgruppe einem Mitglied der Bundesregierung den, es bestand aber grundsätzlich die Möglichkeit, im Zusammenhang mit anderen Entscheidungspro- die Bescheinigung dann für ein anderes Reinvesti- zessen, die Angelegenheiten der Flick-Gruppe zum tionsvorhaben zu beantragen. Aus diesem Grunde Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode hatte der Untersuchungsausschuß auch Feststellun- richs am 29. November 1974 — der Wirtschaftsmini- gen zu den Umständen der Veräußerung des Daim- ster sehr ungehalten über Zeitpunkt und Inhalt der ler-Benz-Aktienpakets an die Deutsche Bank zu Information durch die Quandt-Gruppe und den da- treffen. maligen Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, -der dieses Geschäft vermittelt haben soll. Außerdem heißt es in der Notiz, daß deswegen 27 Bundesverteidigungsminister ange- kündigt habe, solange keine Aufträge an die Daim- Motive für den Verkauf ler-Benz AG zu geben, wie unter Sicherheitsge- des Dalmler-Benz-Aktienpakets sichtspunkten Bedenken bestünden. Überlegungen, das Daimler-Benz-Aktienpaket, das Die Transaktion führte in der Öffentlichkeit zu ei- in Höhe von 39 % seit vielen Jahren gehalten wurde, ner lebhaften und kritischen Debatte. Für den abzugeben, gab es im Flick-Konzern seit 1974; aller- Flick-Konzern war dies allerdings nach Aussage dings stieß der Verkauf zunächst zumindest bei von Dr. Friedrich Karl Flick kein Grund, die Bun- dem Vetter des Konzerngründers Friedrich Flick desregierung über ihre Verkaufsverhandlungen mit und langjährigen Generalbevollmächtigten, Konrad dem Iran zu unterrichten. Franz Heinrich Ulrich, Kaletsch, auf Widerstand, wie ein Vermerk Eber- der damalige Vorstandssprecher der Deutschen hard von Brauchitschs über ein Gespräch mit Dr. Bank, die bereits rund 28% der Daimler-Benz-Ak- Friedrich Karl Flick im Juni 1974 anklingen läßt. tien besaß, nahm hingegen die Quandt-Transaktion Als Motiv für einen Verkauf wurden vor dem Unter- zum Anlaß, Dr. Friedrich Karl Flick gegenüber die suchungsausschuß eine Reihe von Gründen ge- Erwartung zu äußern, daß, wenn der Flick-Konzern nannt: Die niedrige Rendite infolge der hohen Ver- einmal entsprechende Absichten habe, er sich mit mögensteuer, die nach der Vermögensteuernovelle der Deutschen Bank ins Benehmen setzen werde. vom- 1. Januar 1975 nicht mehr von der Einkommen Der Verkauf an Kuwait ohne vorherige Unterrich- bzw. Körperschaftsteuer abgezogen werden konnte, tung der Deutschen Bank hatte dort Verärgerung Stärkung des Eigenkapitals der Konzerntöchter wie ausgelöst. Außerdem gab es nach Aussage des Zeu- Feldmühle, Dynamit Nobel oder Buderus, dringend gen Ulrich ein mündlich vereinbartes Vorkaufs- notwendige Investitionen sowie die Einführung der recht. Erbersatzsteuer. Dagegen soll die Entwicklung der Automobilindustrie, die damals wegen der Ölkrise skeptisch beurteilt wurde, kein Verkaufsmotiv ge- 29 wesen sein. Es gibt Hinweise, daß auch die bei dem Ausscheiden der drei Kinder des verstorbenen Bru- Verhandlungen des Flick-Konzerns ders von Dr. Friedrich Karl Flick, Otto Ernst Flick, mit der Deutschen Bank aus dem Konzern erforderliche Abfindung ein Ver- kaufsmotiv gewesen sein könnte (vgl. Tz. 163); die- Die Verhandlungen zwischen dem Flick-Konzern se Erbauseinandersetzung wurde im Jahre 1975 und dem Iran waren nach den Aussagen der Betei- durchgeführt. ligten im Dezember 1974 zum Abschluß gekommen, ohne daß allerdings alle Einzelheiten schon gere- gelt waren. Daraufhin unterrichteten Dr. Friedrich 28 Karl Flick und Günter Max Paefgen am 3. Januar 1975 Franz Heinrich Ulrich an dessen Urlaubsort Verhandlungen mit dem Iran über ein Kaufangebot des Schahs für das gesamte Daimler-Benz-Aktienpaket in Höhe von 39 % des In der zweiten Hälfte des Jahres 1974 fanden Ver- Grundkapitals zu einem Kurs von 295 DM, was ge- handlungen zwischen dem Flick-Konzern und dem genüber dem damaligen Börsenkurs einen Paket- Iran über den Verkauf der 39%igen Beteiligung des zuschlag von fast 20 % bedeutete. Sie informierten Flick-Konzerns an der Daimler-Benz AG statt. Die Ulrich ferner darüber, daß der Iran seine Bereit- Verhandlungen wurden vom persönlich haftenden schaft erklärt habe, mit der Deutschen Bank einen Gesellschafter Günter Max Paefgen mit dem Bru- Pool-Vertrag abzuschließen, und zwar unter Um- der des persischen Wirtschaftsministers Ansari und ständen unter Einschluß der Daimler-Benz-Aktien später zwischen Dr. Friedrich Karl Flick, Günter Kuwaits, mit dem der Deutschen Bank die indu- Max Paefgen und den Brüdern Ansari geführt. Es strielle Führung bezüglich Daimler-Benz zugesi- ist ungeklärt geblieben, ob die Initiative zu diesen chert werden sollte. Dr. Flick bot der Deutschen Verhandlungen vom Iran oder vom Flick-Konzern Bank den Eintritt in den beabsichtigten Kaufver- ausgegangen ist. trag zwischen dem Flick-Konzern und dem Iran an. Noch während der Verhandlungen des Flick-Kon- Ulrich ging dabei davon aus, daß es sich um ein zerns verkaufte die Quandt-Gruppe am 28. Novem- festes Kaufangebot des Iran bzw. um einen unter- ber 1974 einen ihr gehörenden 14%igen Anteil an schriftsreifen Vertrag über das gesamte Aktien- der Daimler-Benz AG an das Emirat Kuwait, wobei paket gehandelt hat. zunächst der Käufer verschwiegen wurde, und zwar Auf das erste Gespräch folgte, weil sich Ulrich Be- anscheinend auch gegenüber der Bundesregierung, denkzeit erbeten hatte, ein weiteres ein oder zwei so daß Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs Tage später. In beiden Gesprächen riet Ulrich dem Saudi-Arabien als Käufer vermutete. Jedenfalls äu- Flick-Konzern zunächst vom Verkauf ab, lehnte ßerte sich — nach einer Notiz Eberhard von Brau- auch den Vorschlag des Pool-Vertrags ab und bot chitschs über ein Gespräch mit Minister Dr. Fride darüber hinaus dem Flick-Konzern an, mögliche Fi- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 nanzierungsprobleme durch Kredite der Deutschen Schutz vor einer negativen Handhabung von steu- Bank zu lösen. Nach Beratungen in den Vorstands- errechtlichen Vorschriften für den Fall späterer Be- gremien der Deutschen Bank entschloß sich diese triebsprüfung, wurden in der Notiz als Erklärungen dann aber, doch das Angebot grundsätzlich zu ak- von Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel festgehal- zeptieren; zuvor wollte man allerdings noch Gesprä- ten: che mit dem Bundeskanzler und dem Bundesfi- nanzminister führen. Hierfür wurden gegenüber „1. Er sei durch Herrn Bundesbankpräsident Dr. dem Untersuchungsausschuß eine Reihe von Grün- Klasen vorweg unterrichtet worden und habe den genannt: Die Kritik an der „Macht der Banken", seinerseits den Herrn Bundeskanzler kurz der diese wegen ihres Industriebesitzes ausgesetzt informiert. Seiner dezidierten Meinung nach, waren, kartellrechtliche Fragen wegen der zumin- wie auch nach Meinung des Bundeskanzlers, dest zeitweiligen Aktienmehrheit bei Daimler-Benz sei ein Mehrheitsbesitz der Perser bei Daim- sowie steuerliche Probleme im Zusammenhang mit ler-Benz nicht vertretbar. einer Weiterveräußerung dieser Aktien durch die Deutsche Bank, die von vornherein das vom Flick- 2. Der allgemeinen politischen Situation ent- Konzern zu erwerbende Aktien-Paket nicht auf sprechend würde er eine anderweitige Über- Dauer behalten wollte. nahme des Pakets (KfW, Bundesregierung) vorziehen, sähe hierzu jedoch keine Möglich- In dem abschließenden Gespräch zwischen der keit. Deutschen Bank und dem Flick-Konzern vom 8. Ja- nuar 1975 schlug Dr. Friedrich Karl Flick vor, daß er 3. Er begrüße deshalb das Vorgehen und die entgegen der ursprünglichen Absicht statt 39 % nur Bereitschaft unseres Hauses, sich dieser na- 29 % der Daimler-Benz-Aktien verkaufe, wozu auch tionalen Aufgabe zu stellen und lege auch ein entsprechender Rat von Franz Heinrich Ulrich Wert darauf, daß sie in offiziellen Verlautba- beigetragen haben mag; Ulrich vermutete als Motiv, rungen als solche qualifiziert werde. Der von daß sich der Flick-Konzern sozusagen eine „Wohl- Herrn Ulrich vorgelesene Entwurf einer wollensnote" für Anträge nach § 6 b EStG habe er- Presseerklärung bedarf s. E. insoweit einer werben wollen. Ihre endgültige Entscheidung über Ergänzung. den Abschluß des geplanten Kaufvertrages machte die Deutsche Bank allerdings vom Ausgang der Ge- 4. Aus politischen Gründen müsse der Ein- spräche mit der Bundesregierung abhängig. druck vermieden werden, daß die Bundesre- gierung den Erwerb unserer Bank steuerlich subventioniert habe, um allen Vorwürfen im Hinblick auf den Paketbesitz der Banken den 30 Wind aus den Segeln zu nehmen. Vorgespräche mit Mitgliedern der Bundesregierung 5. Dieser Vorgang unterstütze ihn in seiner seit Am 8. oder 9. Januar 1975 unterrichtete Franz Hein- längerem vertretenen Auffassung, nunmehr rich Ulrich den damaligen Bundesbankpräsidenten ein Melde- und womöglich Genehmigungs- Dr. Karl Klasen, der früher Vorstandssprecher der verfahren einzuführen. Deutschen Bank gewesen war — und bei dem er Wir stellten daraufhin nochmals klar, daß un- sich bereits vorher den Rat geholt hatte, in den Ver- ser Petitum nur die Vermeidung späterer, trag über das Daimler-Benz-Aktienpaket einzutre- wegen der Größenordnung möglicher und ten —, über den beabsichtigten Vertragsinhalt und über das Übliche hinausgehender Auslegun- bat ihn, Bundeskanzler Helmut Schmidt „vorzuwar- gen beinhalte, die durch das Gesetz nicht nen", daß er — Franz Heinrich Ulrich — nach des- zwingend vorgeschrieben seien. Deshalb sen Rückkehr aus dem Urlaub auf Mallorca in die- könne man auch die aktenmäßige Festschrei- ser Angelegenheit auf ihn zukommen werde. bung einem Fachgespräch mit den Herren Ob Bundeskanzler Helmut Schmidt bereits Ende des Ministeriums überlassen, das nach Ver- 1974 von dem geplanten Verkauf an den Iran erfah- tragsabschluß stattfinden kann. Uns genüge ren hatte und seine negative Meinung dazu der z. Z. eine grundsätzliche Zustimmung des Mi- Deutschen Bank schon vor Weihnachten 1974 zuge- nisters, daß die Situation und das Risiko eine gangen war, wie er sich als Zeuge zu erinnern ge- solche Sicherstellung der Bank gebiete. Der meint hat, ist nicht festzustellen gewesen. Jeden- Minister akzeptierte diese Erklärung und falls fand am 9. Januar 1975 ein Gespräch zwischen sagte zu, diesbezügliche Anweisungen den Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel und Franz später verhandelnden Beamten zu erteilen. Heinrich Ulrich sowie dessen Vorstandskollegen Dr. Klaus Mertin statt, der darüber eine ausführli- Abschließend wurde vereinbart: che Notiz anfertigte. Danach informierte Franz Heinrich Ulrich den Minister über die Verkaufsab- — Herr Dr. Apel wird ein Gespräch mit dem sicht des Flick-Konzerns, den Vorvertragspartner Herrn Bundeskanzler in den nächsten Tagen und die Auffassung der Deutschen Bank zu dieser initiieren, wobei allerdings noch nicht fest- Transaktion. Zu dem Anliegen der Deutschen Bank, steht, ob der Kanzler auch die Herren der wegen der zu erwartenden Kritik in der Offentlich- Flick-Gruppe zu sich bitten wird. Außerdem keit bedürfe sie zum Erwerb des Daimler-Benz-Ak- wird Herr Dr. Apel sofort den Herrn Bundes- tienpakets der ausdrücklichen Unterstützung durch wirtschaftsminister persönlich und aus- die Bundesregierung und benötige zudem Schutz schließlich informieren. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

— Bei gleicher Beurteilung durch den Herrn Pression gegen ihn, Friderichs, nunmehr das Bundeskanzler sollte nach zwischenzeitli- Anmeldungsgesetz bzw. Zustimmungsgesetz chem Vertragsabschluß die Mitteilung an die durchzuboxen. Im übrigen werde die Offent- Offentlichkeit mit der Bundesregierung abge- lichkeit verstehen, daß die DB diese Transak- stimmt werden. tion durchführe, weil j a andernfalls das Un- heil der -persischen Mehrheitsbeteiligung im — Hierbei könnte auf Anfrage berechtigt darauf Raume steht. hingewiesen werden, daß eine steuerliche Un- terstützung dieser Transaktion nicht erfolge. Die Verhinderung verbösernder steuerlicher e) U. habe bei der Gelegenheit Apel gegen- Auswirkungen sei legitim. über erklärt, daß er, U., bei einer solchen na- -- Die Fachabstimmung und Zusicherung der tionalen Tat ein steuerliches Entgegenkom- von uns erwähnten Auslegungskriterien men erwarte. Offenbar ist U. daran interes- werde dann im Anschluß mit den Herren des siert, die von uns zu erwerbende Beteiligung BFM stattfinden." im Umlaufvermögen einzubuchen, um bank- mäßige Abschreibungsmöglichkeiten zu be- Franz Heinrich Ulrich vermerkte später in einer nutzen. Apel habe U. gegenüber eine grund- Notiz vom 7. Februar 1975, Bundesminister Dr. sätzliche Gesprächsbereitschaft hierzu ein- Hans Apel habe am 9. Januar Bundeskanzler Hel- geräumt. mut Schmidt unterrichtet. Friderichs habe Apel dann gefragt, ob es Bundesminister Dr. Hans Friderichs wurde am noch andere steuerliche Probleme gäbe. Apel 9. Januar 1975 durch Bundesminister Dr. Hans Apel habe geantwortet, daß er, Apel, in steuerli- über den Gesamtvorgang unterrichtet. Denn Eber- cher Hinsicht für den Verkäufer nicht zu hard von Brauchitsch hielt an diesem Tage in ei- sprechen sei. Der Verkäufer müsse nun ein- nem Vermerk über einen gerade erhaltenen Anruf mal ca. 50 % des Erlöses an den Fiskus abfüh- von Dr. Friderichs folgendes fest: ren." „1. Soeben sei sein Kollege Apel bei ihm gewe Zu dem ursprünglich für das Wochenende 11./12. sen und habe das Nachfolgende berichtet: Januar 1975 geplanten Gespräch zwischen Bundes- kanzler Helmut Schmidt und Bundesfinanzminister 2. a) Heute vormittag sei Ulrich mit seinem Dr. Hans Apel einerseits sowie Dr. Karl Klasen und Steuerberater bei Apel gewesen und habe Franz Heinrich Ulrich andererseits kam es wegen Apel darüber unterrichtet, daß die Deutsche Terminschwierigkeiten nicht. Eberhard von Brau- Bank beabsichtige, die gesamten 39 % Daim- chitsch behauptete später, an diesem Wochenende ler von der Flick-Gruppe abzukaufen. Diese hätten Schmidt und Dr. Apel bei der Einweihung Entscheidung sei notwendig gewesen, nach- des Hamburger Elbtunnels die „Ermunterung" zu dem Flick andernfalls nach Persien verkaufe. dem Geschäft ausgesprochen. Der 1. Untersu- Inzwischen lägen sichere Anzeichen dafür chungsausschuß geht davon aus, daß dieses Ge- vor, daß auch das Quandt-Paket inzwischen spräch zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden in Persien gelandet sei. Würde auch das hat, sondern auf den 13. Januar 1975 verschoben Flick-Paket nach Persien gehen, dann hätte wurde. Teheran die absolute Mehrheit an Daimler. b) Der Bundeskanzler sei über die Gespräche 31 zwischen Flick und der DB heute unterrich- tet worden und werde am Wochenende ab- Abschluß des Vertrages zwischen dem Flick-Konzern schließend in Hamburg entscheiden. Der und der Deutschen Bank sowie Gespräch der Bundeskanzler habe Ulrich gebeten, die An- Deutschen Bank mit Bundeskanzler Helmut Schmidt gelegenheit mit Apel zu behandeln. Apel solle auch eine Abklärung mit Friderichs vorneh- Die Deutsche Bank hatte ursprünglich den Ver- men, damit in Hamburg alle Ressorts mit ih- tragsabschluß von -dem positiven Ausgang eines für rer Meinung vertreten seien. Die Anregung den 11./12. Januar 1975 geplanten und dann auf den von Apel, daß auch Friderichs in Hamburg 13. Januar 1975 verschobenen Gesprächs mit Bun- dabei sei, sei vom Bundeskanzler mit dem deskanzler Helmut Schmidt abhängig machen wol- Hinweis zurückgewiesen worden, daß die len. Nach dem Gespräch mit Bundesfinanzminister Meinungsäußerung von Friderichs genüge. Dr. Hans Apel rechnete sie jedoch sicher mit der c) U. sei der Meinung, daß die DB gar nichts politischen Unterstützung durch die Bundesregie- anderes tun könne, als das Flick-Paket zu rung und wartete deshalb das Gespräch mit Bun- kaufen. Apel habe Friderichs gegenüber die deskanzler Schmidt nicht ab. gleiche Auffassung vertreten und darauf hin- Vielmehr wurde am 13. Januar 1975 der Vertrag gewiesen, daß auch der Bundeskanzler die über den Verkauf von nominell 344 277 750 DM (ins- deutsche Lösung vorziehe. Friderichs sagte, gesamt also 29 % des Grundkapitals) Stammaktien er habe Apel geantwortet, daß auch er, Fride- der Daimler-Benz-AG zum Preis von je 295 DM, ins- richs, die deutsche Lösung vorziehe. Dabei gesamt also 2 031 238 725 DM abgeschlossen, wobei werde Unruhe in Deutschland vermieden, ein Buchgewinn von 1 934 563 811 DM aufgedeckt und außerdem gäbe es nicht eine erneute wurde. Der Eigentumswechsel sollte am 31. Dezem- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 ber 1975/1. Januar 1976 stattfinden; der Kaufpreis über hinaus werden wir das bei jeder geeigneten sollte am 2. Januar 1976 fällig werden. Noch am sel- Gelegenheit betonen. Wir tun damit nichts ande- ben Tag, aber vermutlich nach Vertragsabschluß, res, als das bekanntzugeben, was wir zu tun beab- fand im Bundeskanzleramt das Gespräch zwischen sichtigen und geschäftspolitisch ebenso wie wirt- Franz Heinrich Ulrich und Bundeskanzler Helmut schaftspolitisch tun müssen". Schmidt statt, der inzwischen von Bundesfinanzmi- - nister Dr. Hans Apel unterrichtet worden war. Über dieses Gespräch hielt Ulrich später in einem Ver- Ich habe dem Bundeskanzler, wie schon Finanz- merk vom 7. Februar 1975 u.a. folgendes fest: minister Apel erklärt, daß wir für dieses Geschäft keine Subventionen oder spezielle Vergünstigun- ,,... Das Gespräch mit dem Bundeskanzler gen von seiten der Regierung erwarten. Unser Schmidt fand unter vier Augen statt. Ich habe Anliegen sei lediglich, steuerlich dadurch keinen dem Bundeskanzler genau mitgeteilt, was sich er- Nachteil zu erleiden, daß wir bereits ein altes Pa- eignet hatte und worauf es jetzt ankam. Die Re- ket Daimler-Benz-Aktien besitzen, das bei uns aktion des Bundeskanzlers läßt sich wie folgt zu- sehr niedrig zu Buche steht. Es dürfte nicht eines sammenfassen: Tages steuerlich daran gerüttelt werden, daß das alte Paket und das neue Paket separiert bleiben. 1. Er teilt im vollen Umfang die Ansicht von Fi- Der Bundeskanzler erwiderte, daß er von Steuern nanzminister Apel, daß die Abwanderung des nichts verstehe. Alles, was er sagen könnte, sei, Flickschen-Aktienpaketes an Persien unter al- daß er in dem bereits mit Herrn Finanzminister len Umständen vermieden werden muß. Ein Apel und uns besprochenen Sinne seine volle Un- beherrschender Einfluß aus Nahost bei Daim- terstützung zusage. ler-Benz sei „nicht zu ertragen". Das Gespräch verlief in einer sehr aufgeschlosse- nen Atmosphäre, in der der Bundeskanzler wie- derholt zum Ausdruck brachte, daß er der Deut- schen Bank Dank schulde, weil sie ihn in einer 3. Das Eintreten der Deutschen Bank begrüße er empfindlichen Situation davor bewahre, politi- aufrichtig und er sehe überhaupt keinen ande- sche Aktionen zu unternehmen oder bei Unterlas- ren Weg, um das Unmögliche zu vermeiden. Er sen solcher Aktionen Verständnislosigkeit und als Bundeskanzler sei der Deutschen Bank für Kritik in der Öffentlichkeit auszulösen." ihren Entschluß aufrichtig dankbar und er be- wundere unsere sicherlich uns nicht leicht ge- fallene Entscheidung und begrüße und befür- 32 worte sie. Wir könnten mit seiner moralischen und politischen Rückendeckung rechnen. Erklärung von Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Vertragsabschluß vor seiner Fraktion Ich habe dem Bundeskanzler unsere Motive aus- führlich dargelegt. Wir wollten uns keinesfalls ei- Am 14. Januar 1975 gaben die Deutsche Bank und ner „nationalen Tat" rühmen, aber müßten doch der Flick-Konzern in einem gemeinsamen Kommu- klar wissen, ob wir mit der Übernahme des Ak- niqué den Kauf des Daimler-Benz-Aktienpakets tienpaketes im Sinne der Regierung handelten. durch die Deutsche Bank bekannt mit dem Hin- weis, daß die Deutsche Bank ihren Entschluß nach Schmidt: „Natürlich! Hat Herr Dr. Klasen Ih- Rücksprache mit der Bundesregierung gefaßt habe, nen nicht schon erzählt, daß ich — ebenso wie um eine Abwanderung dieser Beteiligung ins Aus- Herr Apel — ganz dafür bin und voll dahinterste- land zu verhindern und die unternehmerische Un- he?" abhängigkeit der Daimler-Benz-AG sicherzustel- len. Ulrich: „Ja, aber bei einem so wichtigen und schwerwiegenden Geschäft der Deutschen Bank Ebenfalls am 14. Januar 1975 erklärte Bundeskanz- brauchen wir doch die persönliche Bestimmtheit ler Helmut Schmidt dazu in seinem politischen Be- aus Ihrem Munde". richt vor der SPD-Bundestagsfraktion: Schmidt: „Ja, ich bin voll einverstanden, sollen „Zu dem Verkauf von Daimler-Benz-Aktien an die wir das in der Öffentlichkeit erklären. Dazu bin Deutsche Bank möchte ich bemerken, daß die ich gern bereit". Deutsche Bank für diese Transaktion die morali- sche Rückendeckung der Bundesregierung be- Ulrich: „Ja, es würde genügen, wenn Sie dies sitzt, die darum im Vorwege wußte. Allerdings auf Anfrage erklären würden". haben wir diese moralische Rückendeckung da- Schmidt: „Das verspreche ich Ihnen. Dankbar von abhängig gemacht, daß die Bank die Majori- wäre ich, wenn Sie klarstellen würden, daß Sie tät bei Daimler-Benz nicht auf Dauer halten wird. bestätigen, zu gegebener Zeit das zugekaufte Pa- Die Bundesregierung war aber der Ansicht, daß ket wieder abzugeben, also keinen Dauerbesitz zu ein Verkauf der Mehrheit der Aktien von Daim- erwerben". ler-Benz ins Ausland verhindert werden sollte. Eine solche Operation konnte nämlich weder den Ulrich: „Das werden wir selbstverständlich tun. Arbeitnehmern bei Daimler-Benz noch dem Stan- Ein entsprechender Hinweis wird bereits in unse ding der deutschen Wirtschaft in der Welt noch rem Pressekommuniqué enthalten sein und dar unserer Selbstachtung zugemutet werden." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

33 Diese Aufzeichnung ist nicht in den vom Bundes- kanzleramt dem 1. Untersuchungsausschuß zur Weiteres Gespräch von Bundeskanzler Verfügung gestellten Unterlagen enthalten, son- Helmut Schmidt mit der Deutschen Bank dern ist dem Ausschuß von Franz Heinrich Ulrich überlassen worden. Das Bundeskanzleramt hat Am Morgen des 15. Januar 1975 fand im Bundes- dazu erklärt, daß weitere einschlägige Unterlagen kanzleramt ein weiteres Gespräch zwischen Ver- in seinen Akten nicht vorhanden seien; auch eine tretern der Bundesregierung und der Deutschen Rückfrage bei Ministerialdirektor Dr. Dieter Hiß Bank statt. Teilnehmer waren Bundeskanzler Hel- habe nicht zur Auffindung geführt. mut Schmidt, Franz Heinrich Ulrich, Bundeswirt- schaftsminister Dr. Hans Friderichs, der Parlamen- tarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Karl Haehser und der Leiter der Abtei- 34 lung 4 im Bundeskanzleramt (Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik), Ministerialdirektor Dr. Dieter Befassung des Bundeskabinetts Hiß. Über dieses Gespräch fertigte Dr. Hiß am mit dem Aktienverkauf 16. Januar 1975 eine als vertraulich gekennzeich- nete Aufzeichnung an, in der es u. a. heißt: Der Erwerb des Daimler-Benz-Aktienpakets durch die Deutsche Bank beschäftigte in seiner Sitzung „... Der Bundeskanzler begrüßt einleitend die ge- vom 15. Januar 1975 auch das Bundeskabinett. Der fundene Lösung, die verhindert, daß die Beteili- Sprecher der Bundesregierung, Dr. Armin Grüne- gung von Flick an der Daimler Benz AG in den wald, führte in der Bundespressekonferenz an- Iran abwandert. schließend hierüber aus: ,,... Bundesminister Friderichs und der Bundes- Der BK stellt die drei Argumente dar, die in sei- kanzler haben kurz über die Transaktion des ner Sicht maßgebend für die Zustimmung zur Hauses Flick, betreffend eine Aktienbeteiligung Transaktion und für die öffentliche moralische an Daimler-Benz an die Deutsche Bank, berich- Rückendeckung gewesen sind: tet. BM Friderichs hat hervorgehoben, daß die Deutsche Bank erklärt habe, daß sie dieses Paket 1. Daimler sei direkt und indirekt ein riesiger nicht für den Eigenbesitz erworben habe, sondern Arbeitgeber. Die deutschen Arbeitnehmer hät- es im Laufe der Zeit wieder unter die Leute brin- ten es nicht verstanden, wenn das Unterneh- gen, streuen wolle, und zwar nicht ins Ausland. men plötzlich einem großen Miteigentümer Der Bundeskanzler hat diesen Teil des Berichtes aus dem Nahen Osten gehört hätte. dahin gehend zusammengefaßt, daß nach Abstim- mung zwischen den Bundesministern der Finan- 2. Auch im allgemeinen deutschen Interesse sei zen und für Wirtschaft sowie dem Bundeskanzler es nicht möglich, daß ein Prestigeunterneh- die Bundesregierung sich offiziell gegenüber der men wie Daimler Benz — „Flaggschiff der Deutschen Bank dahin ausgesprochen habe, deutschen Wirtschaft" — an das Ausland diese Transaktion zu billigen, wobei die Bundes- gehe. regierung unterstellt, daß die Deutsche Bank das 3. Auch die Selbstachtung des deutschen Volkes erworbene Paket nicht im Eigenbesitz behalten lasse derartiges nicht zu. will. Das Kabinett hat diesen Bericht zustimmend zur Kenntnis genommen. Die übrigen Gesprächsteilnehmer stimmen die- Der Bundeskanzler hat, da es darüber bereits öf- ser Argumentation voll zu. Der BK stellt dabei fentliche Spekulationen gegeben hat, vor dem Ka- auch klar, daß diese Problematik nicht erst bei binett festgestellt, daß steuerliche Zusagen nicht einer Mehrheitsbeteiligung auftrete, der Mehr- gemacht worden seien, weder an das Haus Flick heitsanteil als Toleranzschwelle ihm vielmehr zu noch an die Deutsche Bank. Es ist lediglich zuge- hoch liege. Ergänzend weist Herr Ulrich in die- sagt worden, die gesetzliche Lage zu prüfen. Die sem Zusammenhang darauf hin, daß dies in Be- Sachkenner der Materie unter Ihnen werden zug auf einen einzelnen ausländischen Eigentü- gleich erkennen, um welche Prüfung es sich han- mer um so mehr gelte, als ja auch damit gerech- delt. Es geht um den Paragraphen 6 b des Ein- net werden müsse, daß mehrere ausländische Ei- kommensteuergesetzes. Auf meine Frage an BM gentümer zusammengenommen eine Mehrheits- Friderichs, ob er darüber mit Vertretern des Hau- beteiligung erreichen. ses Flick schon gesprochen habe, hat er nein ge- sagt. Der BK lenkt sodann über auf die schon seit län- Der Bundeskanzler hat festgestellt, daß die ge- gerem erörterte Frage eines Gentleman Agree- setzliche Lage im gegebenen Fall geprüft wird, ment der Bundesregierung mit den Banken über daß aber nicht beabsichtigt sei, irgendwelche ihre allmähliche Lösung aus großem Beteili- Tricks oder Operationen anzuwenden; insbeson- gungsbesitz und dem Verzicht auf den Erwerb dere ist nicht daran gedacht, mit irgendwelchen neuen industriellen Dauerbesitzes. Herr Ulrich besonderen Rechtsverordnungen oder Gesetzes- versichert, daß das Ziel seiner Bank weiterhin sei, änderungen zu arbeiten. Es ist auch nicht daran sich von bisher gehaltenen Industriebeteiligun- gedacht, sich am Rande der Legalität zu bewegen. gen zu lösen ... “ Das Haus Flick kann die Vorteile von § 6 b EStG Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen bis zum Wirksamwerden des — eventuellen — hierfür erfüllt sind." Steuerbescheides, was häufig ein weiteres Jahr dauert. Allein diese Zinsgewinne sind ein Riesen- In einem Telefonat am 17. Januar 1975 unterhielten vermögen und zeigen die Problematik und Unzu- sich Eberhard von Brauchitsch und Bundesminister länglichkeit der Vorschrift des § 6 b Einkommen- Dr. Hans Friderichs über diese Kabinettsitzung. In steuergesetz.- dem darüber von von Brauchitsch gefertigten Ver- merk heißt es u. a.: Dies hat Flick freilich nicht zu vertreten und das Recht ist für alle gleich. Aber diese Feststellung „Der Bundeskanzler habe ihn, Friderichs, gefragt, trifft nur die halbe Wahrheit, denn die Vorschrift ob die Transaktion 6-b fähig sei. Friderichs habe des § 6 b Einkommensteuergesetz ist auslegungs- geantwortet, daß Flick die Möglichkeiten habe, fähig und räumt der Bundesregierung einen innerhalb der gesetzlichen Frist die 6b-Möglich- Handlungsspielraum ein. Wie dieser Spielraum keiten auszuschöpfen, soweit sie das Gesetz vor- genutzt wird, ist eine politische Frage und muß sehe. Die Frage, inwieweit Friderichs auch bereit im übrigen von Sinn und Funktion des § 6 b Ein- sei, durch volkswirtschaftliche Bescheinigungen kommensteuergesetz beantwortet werden. solche Maßnahmen gutzuheißen, die bescheini- gungspflichtig sind (Reinvestitionen in nicht ab Tatsächlich ist jedoch § 6b Einkommensteuerge- schreibungsfähige Objekte), sei nicht angespro- setz umstritten. ... Zusammengefaßt wird man chen worden." daher mindestens sagen können, daß § 6 b Ein- kommensteuergesetz eng auszulegen ist. Bei die- 35 sem Maßstab ist jedoch eine Anwendung auf den Mercedes-Verkauf schwerlich möglich. Die öffentliche Diskussion um § 6b EStG Der Verkauf des Aktienpaketes ist nicht allein Die Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpakets deshalb „volkswirtschaftlich förderungswürdig", und die steuerliche Behandlung des Veräußerungs- weil der Verkauf nicht in das Ausland erfolgt. gewinns bei dem Flick-Konzern waren von Anfang Wenn dies zuträfe, könnte künftig jeder Paket- an Gegenstand kritischer Berichterstattung in der handel mit dem Hinweis auf Verkaufsverhand- Presse. Gleichzeitig begann der Flick-Konzern, auf lungen mit Ölscheichs steuerfrei vollzogen wer- den verschiedensten Ebenen durch Gespräche mit den. Und wer prüft nach, wie seriös die Absichten Politikern und Verwaltungsbeamten sowohl auf die der möglichen Auslandskäufer waren? Hinzu öffentliche Diskussion Einfluß zu nehmen als auch kommt im Falle Flick, daß die Familie dadurch so die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Inan- reich wurde, weil die Firmen immer dann abge- spruchnahme des § 6 b EStG für den Veräußerungs- stoßen wurden, wenn sie auf dem geschäftlichen gewinn zu klären. Zum Wortführer der Kritik Höhepunkt waren. Diese angebliche „Nase" des machte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. verstorbenen Flick-Konzernherrn und die damit Rolf Böhme, Mitglied des Finanzausschusses des begründete Familientradition geht in Ordnung, Deutschen Bundestages und bis zu seiner Ernen- kann aber nicht noch steuerlich honoriert wer- nung zum Parlamentarischen Staatssekretär zu- den. Der Gewinn der Flick-KG. aus der Beteili- nächst Mitglied, seit 1977 Vorsitzender der Arbeits- gung an Mercedes ist gewaltig genug. Eine Steu- gruppe „Steuern" der SPD-Bundestagsfraktion und erfreiheit würde die Vermögensbildung und Ver- stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises mögenskonzentration in der Hand dieses Kon- „Finanzen und Steuern" der SPD-Fraktion. zerns enorm erweitern. Eine Förderung solcher großen Konzentrationsbewegungen wird jedoch durch § 6 b Einkommensteuergesetz nicht ge- 36 deckt. Erste öffentliche Äußerungen von Dr. Rolf Böhme Ferner ist festzustellen, daß alle Pressemitteilun- gen davon ausgehen, daß Flick nicht unterbezahlt Nachdem er sich bereits am Vortag gegenüber ei- wurde, sondern der Preis der Deutschen Bank ner Wirtschaftszeitung geäußert hatte, schrieb der vom höchsten Angebot bestimmt war. Auch ein Bundestagsabgeordnete Dr. Rolf Böhme im SPD ausländischer Käufer hätte nicht mehr bezahlt. Pressedienst vom 21. Januar 1975 unter der Über- Kann Quandt, der den Veräußerungsgewinn ver- schrift „Kein ,Flick-Werk´ im Pakethandel mit Ak- steuern muß, gegenüber Flick anders behandelt tien — Zur Genehmigungspflicht von Auslandsver- werden? käufen und zum Steuer-Freischein beim Mercedes Verkauf" unter anderem folgendes: Schließlich ist zu berücksichtigen, daß der Ver- kauf des Aktienpaketes geeignet ist, breite Bevöl- „Der Wortlaut der Bestimmung zeigt, daß der kerungsschichten zu verunsichern, weil der gute Steuer-Freischein erst beim Erwerb der neuen Stern aus Stuttgart fast Statussymbol geworden Kapitalanteile akut wird. Im Moment ist somit ist. Wenn Flick jetzt — ohne Liquiditätssorgen — keine Entscheidung fällig, sondern es ist abzu- sogar Mercedes verkauft, heißt dies nicht, daß die warten, wie die Flick-KG. den Riesenbetrag neu gesamte Autoindustrie ihren Höhepunkt über- anlegt. Dazu hat Flick drei Jahre Zeit; denn erst schritten hat und ein Wertzuwachs künftig nicht in drei Jahren muß Flick nachweisen, ob der Ge- mehr drin ist? Dabei geht es nicht um Motivfor- winn steuerbegünstigt verwendet worden ist oder schung bei der Flick KG., sondern um die Wir- nicht. Dies bedeutet für Flick einen Zinsgewinn kung in der Öffentlichkeit. Und förderungswürdig von drei Jahren. Hinzu kommt dann noch die Zeit ist wohl nicht, wenn ein Unternehmer seinen Ge- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

winn ausreizt, bestens verkauft, um das verblei- wurde später beim Flick-Konzern aufgefunden. Auf bende Risiko, die sinkenden Renditen, die Siche- diesem Protokollauszug findet sich unter dem Da- rung der Arbeitsplätze auf andere Hände zu ver- tum 20. Februar folgender Zusatz: teilen. Die Ankündigung der Deutschen Bank, eine breite Streuung des Paketes zu betreiben, „Vorschlag von Herrn Dr. Blaschke: Brief an bekommt hier einen leichten Nachgeschmack. Herrn Strauß- mit der Frage, ob wir überhaupt noch Steuererklärungen abgeben könnten, wenn Alles in allem: Wenn Flick neue Anteile erwirbt, das Steuergeheimnis nicht gewahrt wird." stehen die Zeichen auf einen Sieg des Fiskus. Der Untersuchungsausschuß hat nicht feststellen Wenn nicht, dann müßte man schleunigst daran gehen, § 6 b zu ändern, um ähnliches ,Flick-Werk` können, auf welche Weise dieser Protokollauszug dem Flick-Konzern zugänglich wurde und von wem zu verhindern." der Zusatz stammte. In der öffentlichen Diskussion waren seinerzeit be- In einem Gespräch mit Bundesminister Dr. Hans reits Spekulationen aufgetaucht, ob der Veräuße- rungserlös aus dem Verkauf des Daimler-Benz-Ak- Friderichs am 21. Februar 1975, mittags, in Bonn sprach Eberhard von Brauchitsch jedenfalls die tienpaketes der Abfindung der drei Enkel des Kon- zerngründers Friedrich Flick dienen sollte. Am Wo- Frage des Steuergeheimnisses an. Nach seinem chenende des 25./26. Januar 1975 teilte der Flick Vermerk vom 7. März 1975 verlief dieses Gespräch Konzern der Öffentlichkeit mit, daß zwischen Dr. u. a. wie folgt: Friedrich Karl Flick einerseits und den drei Kin- „... Ich habe Friderichs darauf aufmerksam ge- dern des Stammes Otto Ernst Flick andererseits macht, daß wir langsam Zweifel an der Funk- Einigkeit über das Ausscheiden der Letztgenannten tionsfähigkeit des Steuergeheimnisses haben. aus der Friedrich Flick Kommanditgesellschaft er- zielt worden sei und die ausscheidenden Gesell- Das gilt insbesondere für die Ankündigung im schafter eine Barabfindung erhalten würden, über Haushaltsausschuß, daß die Bundesregierung — deren Höhe keine Angaben gemacht wurden. Dies Bundesfinanzminister — beabsichtige, jeden 6b- war Anlaß für Dr. Böhme, in einem Bericht der Sen- Antrag von Flick im Haushaltsausschuß des Bun- dung „Panorama" des Deutschen Fernsehens am destages bekanntzugeben. Friderichs hat auf 3. Februar 1975, in der auch Bundesminister Dr. seine Bitte von mir Kopie des Vorganges bekom- Hans Friderichs zu Wort kam, im Hinblick auf die men und wird sich der Sache annehmen." Möglichkeiten der Anwendung des § 6 b EStG fol- Ebenfalls auf einer Kopie des Auszugs aus dem gende Auffassung zu vertreten: Protokoll des Haushaltsausschusses vom 23. Januar „Ich meine aber, daß nach dem, was wir wissen, 1975 verfügte der damalige Leiter des Ministerbü- über die Absichten des Verkäufers und die Art ros im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministe- und Weise, wie es zustande kam, daß § 6 b nicht rialrat Ulrich Geisendörfer, eine Rücksprache von zur Anwendung kommen kann. Sinn und Zweck Ministerialrat Hans August Fischer, dem Leiter des dieser Vorschrift ist es, Strukturverbesserungen Referates I A 3, beim Minister; nach dem Erledi- in Unternehmen zu fördern oder auch Standort- gungsvermerk wurde diese Rücksprache auch ge- verlagerungen von Unternehmen zu erleichtern. halten. Dies ist hier nicht der Fall. Im Grunde war der Nachdem es am 27. Februar 1975 zu einem Zusam- Verkauf die Erleichterung der Vermögenskonzen- mentreffen zwischen Eberhard von Brauchitsch tration in der Hand von Herrn Friedrich Karl und dem wirtschaftspolitischen Sprecher der F.D.P.- Flick, und dies ist nicht der Sinn des § 6 b." Bundestagsfraktion, Dr. Otto Graf Lambsdorff, ge- kommen war, übersandte von Brauchitsch mit 37 Schreiben vom 3. März 1975 Dr. Otto Graf Lambs- dorff „in der bekannten Angelegenheit" ebenfalls Behandlung im Haushaltsausschuß einen Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des des Deutschen Bundestages Haushaltsausschusses vom 23. Januar 1975. Am 11. März 1975 wurde im Büro von von Brauchitsch fol- Die öffentliche Diskussion erreichte auch den gende Telefonnotiz erstellt: Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages. „Anruf von Graf Lambsdorff zu der Anlage zu In seiner Sitzung vom 23. Januar 1975 teilte der Par- Ihrem Brief vom 3. 3. 1975: lamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Karl Haehser auf eine entsprechende Er hat mit Herrn Haehser gesprochen. Dieser Frage des Abgeordneten Dr. würde natürlich nicht den Haushaltsausschuß in- (CSU) mit, es seien anläßlich des Verkaufs der formieren, da das unter das Steuergeheimnis Daimler-Benz-Aktien an die Deutsche Bank den fällt." Verkäufern keine § 6 b EStG betreffende Zusagen gemacht worden. Er kündigte ferner an, er werde 38 den Haushaltsausschuß unverzüglich informieren, falls ein § 6b EStG betreffendes Ansinnen an Befürchtungen des Flick-Konzerns den Bundesminister der Finanzen gestellt werden wegen etwaiger Änderung des § 6 b EStG sollte. Eine auszugsweise Kopie des Protokolls dieser In dem bereits erwähnten Telefonat zwischen Eber Haushaltsausschußsitzung vom 23. Januar 1975 hard von Brauchitsch und Bundeswirtschaftsmini- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

ster Dr. Hans Friderichs am 17. Januar 1975 kam Die 6 b-Geschichte wirkt sich zu einer unglaubli- nach der entsprechenden Aktennotiz von von Brau- chen Diffamierungskampagne gegen unser Haus chitsch vom selben Tage schon zur Sprache, daß bei aus. Leider kommen die vollkommen unbegrün- einigen Abgeordneten des Deutschen Bundestages deten Verdächtigungen über ein Techtelmechtel und im Bundesfinanzministerium Erwägungen an- zwischen Friderichs und mir aus dem Bereich gestellt würden, § 6b EStG abzuschaffen. Von Brau- sozialdemokratischer- Regierungsmitglieder und chitsch erklärte insofern gegenüber dem Bundes- Abgeordneter. Es ist auch in höchstem Maße ver- wirtschaftsminister, hängnisvoll, wenn der Bundesfinanzminister auf internationalem Parkett die Formulierung ge- „daß es sich nach seinem Urteil hierbei nur um braucht: ,Flick ist schlimmer als drei Jahre Juso ein sogen. ,Maßnahmegesetz', das unter allen ver- Regierung'. Wissen diese Männer eigentlich nicht, fassungsrechtlichen und rechtsstaatlichen Ge- welchen unglaublichen Schaden sie anrichten? sichtspunkten unzulässig ist, handeln kann." Was soll im übrigen der Hinweis von Helmut Minister Dr. Hans Friderichs sagte — der Aktenno- Schmidt, daß im Zusammenhang mit unserer tiz zufolge — zu, Daimler-Transaktion ,steuerliche Tricks' nicht zu- gelassen werden. Ich bin für die Steuern dieses „daß er — sollte in dieser Richtung etwas auf ihn Hauses seit nunmehr nahezu 15 Jahren zuständig zukommen — sich seinerseits wehren würde." — wenn ich einmal den zweijährigen Ausflug Außerdem bedankte sich von Brauchitsch gegen- nach Berlin vernachlässige. Ich nehme für mich über Dr. Friderichs, daß dieser ohne Abstimmung in Anspruch und bin auf diesem Gebiet ausge- mit dem Flick-Konzern in gleicher Weise demen- sprochen empfindlich, daß ich eine Steuerehrlich- tiert habe, daß es zwischen ihm und dem Flick-Kon- keit dieses Hauses betreibe, die kaum noch zu zern irgendwelche Gespräche über steuerliche Re- überbieten ist. Das tue ich nicht wegen meines gelungen im Zusammenhang mit der Abgabe des großen Samariterherzens, sondern weil das Haus Daimler-Paketes gegeben habe. Flick in seiner Größe ein wesentlicher volkswirt- schaftlicher Partner der Bundesrepublik ist und aus einer solchen Partnerschaft sich ganz zwangsläufig Vorbildserfordernisse ergeben. Der 39 Kanzler wäre gut beraten gewesen, wenn er vor einer solchen diskriminierenden Äußerung den Einschaltung Günter Markscheffels zuständigen Landesfinanzminister gefragt hätte, durch Eberhard von Brauchitsch wie man dieses Haus unter steuerlichen Ge- sichtspunkten beurteilt. Und Herr Apel muß wis- Zwei Tage nach dem Erscheinen des ersten Artikels sen, daß er als Finanzminister der Bundesrepu- des Bundestagsabgeordneten Dr. Böhme im SPD blik in den Verdacht gerät, in Wirklichkeit ein Pressedienst und nach voraufgegangenen entspre- mittelmäßiger Agitator zu sein. Ich selber kann chenden Erklärungen Dr. Böhmes gegenüber dem beurteilen, mit welcher Verantwortung Herr Handelsblatt bedankte sich Eberhard von Brau- Flick die Unternehmen dieser Gruppe betreut, be- chitsch in einem Brief vom 23. Januar 1975 an Gün- rät und mitführt. Ich weiß, welche Sorgen er sich ter Markscheffel zunächst für drei Schreiben von um Arbeitslose macht, und was er alles tut — diesem aus dem Januar 1975 sowie die darin ent- unter Verzicht auf ,Profit` um Menschen auch haltenen persönlich-vertraulichen Anmerkungen, dort zu beschäftigen, wo sich unter betriebswirt- um sich sodann über die „unglaubliche Diffamie- schaftlichen Gesichtspunkten eine Entlassung rungskampagne" gegen den Flick-Konzern in der dieser Arbeitnehmer besser rechnen würde. Angelegenheit der Anwendung des § 6 b EStG auf den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Sie kennen mich gut genug, lieber Herr Mark- Daimler-Benz-Aktienpakets zu beklagen. Auf Ver- scheffel, um zu wissen, daß ich ein ziemlich ruhi- anlassung von Markscheffel fertigte von Brau- ger Zeitgenosse bin. Ich muß Ihnen aber ganz chitsch am 27. Januar noch einmal eine Zweitfas- offen sagen, daß die Belastbarkeit auch bei mir sung mit im wesentlichen gleichem Inhalt an, den Grenzen hat. Es wird deshalb notwendig sein, daß Markscheffel dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt wir uns sehr bald treffen und uns über die Frage zum Lesen geben wollte. In dieser Zweitfassung wa- unterhalten, wie wir weiteres Unheil verhindern. ren die auf das persönliche Beratungsverhältnis Ich werde dann auch Gelegenheit haben, Ihnen hinzielenden Bemerkungen durch den nachfolgen- mehr Interna über unsere Daimler-Transaktion den ersten Absatz ersetzt; der Brief lautete nun: zu sagen. Danach mag derjenige den ersten Stein „Lieber Herr Markscheffel, Ihr Schnupfen und werfen, der es besser und verantwortungsbewuß- meine starke Inanspruchnahme in den letzten ter gemacht hätte. Wochen haben es uns leider nicht ermöglicht, ein Haben Sie nochmals Dank dafür, daß Sie unseren persönliches Gespräch über die Hintergründe der aktuellen Anliegen zur Zeit Ihr besonderes Au- Daimler-Transaktion zu führen. Sie müssen wis- genmerk schenken. Ihre Analysen und Ihr Rat sen, daß Flick zu keiner Zeit bereit gewesen wäre, sind mir wertvoller denn je. einer ausländischen Gruppe — wo immer sie an- gesiedelt sein mag — ein unbeschränktes Einwir- In herzlicher Verbundenheit ..." kungsrecht auf Daimler einzuräumen. Zwingende Auf einem u. a. für Dr. Friedrich Karl Flick be- Rücksichtnahmen haben unsere Erklärungen in stimmten Durchschlag vermerkte Eberhard von der Öffentlichkeit so bescheiden gehalten. Brauchitsch: Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

„Diesen offiziellen Brief gegenüber dem Original- schäftsführung des Flick-Konzerns führte Rechts- brief vom 23.1.1975 habe ich heute an Herrn anwalt Dr. Kreile ein Gespräch mit dem Leiter des Markscheffel auf dessen Wunsch hin geschrie- Steuerreferats im Bundeswirtschaftsministerium, ben. Herr Markscheffel möchte diesen Brief näm- Ministerialrat Fischer, über Rechtsfragen und lich Brandt zum Lesen geben. Ich habe mich hier- Handhabung -des § 6 b EStG. In diesem Gespräch mit einverstanden erklärt unter der Vorausset- fragte Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile Ministe- zung, daß Markscheffel den Brief nicht zum Foto- rialrat Hans August Fischer auch, ob dieser, ebenso kopieren aus der Hand gibt." wie Dr. Rolf Böhme in seinem Beitrag im SPD-Pres- sedienst vom 21. Januar 1975, der Auffassung Es ist nicht festzustellen gewesen, ob der SPD-Vor- sei, daß es sich bei der Entscheidung über einen sitzende Willy Brandt von diesem Brief tatsächlich 6 b-Antrag um eine politische Entscheidung hande- durch Günter Markscheffel Kenntnis erhielt; jeden- le, was dieser verneinte. falls hat der 1. Untersuchungsausschuß nicht fest- stellen können, daß der Vorsitzende der SPD sei- Ende Januar 1975 unterrichtete Rechtsanwalt Dr. nerzeit sich speziell in seiner Partei oder der SPD Kreile von Brauchitsch über Überlegungen und Bundestagsfraktion im Interesse des Flick-Kon- Tendenzen zur Anwendung und Änderung des § 6 b zerns verwendete. EStG im Bundesfinanzministerium und der SPD Fraktion. Die Aktennotiz von Dr. Kreile hat folgen- den Wortlaut: 40 „Betreff: § 6 b Kontakt Eberhard von Brauchltschs Bezug: Überlegungen im Bundesfinanzministe- ry zu Staatsminister Heinz-Herbert Kar rium Nach einem Telefonat mit von Brauchitsch machte Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß § 6 b im der hessische Minister für Wirtschaft und Technik Bundesfinanzministerium „im Gespräch" ist. So- und Bundesschatzmeister der F.D.P. Karry mit fort nach Bekanntwerden der Daimler-Benz-Ak- Schreiben vom 16. Januar 1975 Vorschläge zu einem tien-Transaktion hat Staatssekretär Haehser den Engagement des Flick-Konzerns bei der AEG, Auftrag gegeben, die Auswirkungen des § 6 b auf „nicht nur um Einfluß auf die AEG zu gewinnen, diesen Fall zu untersuchen. Diese Untersuchung sondern zusätzlich oder gar wesentlich, steuerliche wurde vom Steuerreferat zunächst ganz offen- Belastungen aus Veräußerungen zu vermeiden". sichtlich abgelehnt mit dem Hinweis darauf, ein- Karry sagte außerdem zu, sich bei der Bundesregie- mal kenne man nicht die Buchwerte, zum ande- rung dafür einzusetzen, daß das Engagement als ren bestünden selbst bei Kenntnis der Buchwerte volkswirtschaftlich förderungswürdig anerkannt der Steuerbilanz Bedenken aus der Sicht des werde. Von Brauchitsch ging in seiner Antwort vom Steuergeheimnisses. Der Staatssekretär ver- 30. Januar 1975 auf den Vorschlag zum Engagement langte dann für den Haushaltsausschuß eine zu- bei der AEG nicht näher ein, sondern hielt eine mindest theoretische Darstellung des § 6 b und Beruhigung des gegen den Flick-Konzern gerichte- seiner Wirkungen. ten politischen Klimas in Bonn für vordringlich. Er Die erste Aufregung im Ministerium ist nach Be- schrieb: kanntwerden des Ausscheidens der Neffen abge- „... Es kommt nicht darauf an, was wir im Mo- flaut. Man geht dort davon aus, daß das Geld nun- ment für zweckmäßig halten, sondern vielmehr mehr für die Neffen gebraucht würde, weswegen darauf, daß wir ohne Abbau der Emotionen in § 6 b für die Verwaltungsgesellschaft Flick nicht Bonn überhaupt nicht über 6 b nachdenken kön- mehr in Betracht käme (auf den Gedanken, daß deswegen nach wie vor ein Veräußerungsgewinn nen." vorliegen kann, der nach § 6 b übertragen werden soll, kommt man dort derzeit offenbar nicht). 41 Andererseits aber steht zu befürchten, daß der Beratung des Flick-Konzerns neue Parlamentarische Staatssekretär Offergeld durch Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile sich des § 6 b zusammen mit dem neuen stellver- tretenden SPD-Obmann im Finanzausschuß Dr. Ebenfalls Ende Januar 1975 wurde Rechtsanwalt Rolf Böhme in negativer Weise annehmen wird. Dr. Reinhold Kreile von Günter Max Paefgen um Gedanken gehen dort in die Richtung, wenn Mitwirkung bei der Klärung von Rechtsfragen bei schon nicht der ganze § 6 b beseitigt werden kann, der Wiederanlage des Veräußerungsgewinns gebe- doch den sogenannten Zinseffekt zu mildern. In ten. Dr. Kreile war seit Beginn der 60er Jahre als einer ersten Verlautbarung im SPD-Pressedienst Rechtsanwalt auch für die Flick-Gruppe tätig, seit hat auf diesen Zinseffekt der Abgeordnete Dr. 1965 war er Mitglied des Beirats des Flick-Konzerns Rolf Böhme hingewiesen (Anlage 1). Man hat des- und ab 1977 Vorsitzender des Aufsichtsrats der wegen im Ministerium den Auftrag gegeben zu Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA. Er war prüfen, ob die Dreijahresfrist nicht dadurch abge- gleichzeitig CSU-Bundestagsabgeordneter und Mit- mildert werden kann, daß die Einstellung in die glied im Finanzausschuß des Deutschen Bundesta- Rückstellung nur dann zulässig ist, wenn eine ges. Zur Vorbereitung einer rechtlichen Stellung- nachprüfbare Absicht besteht, den Gewinn im nahme zu den steuerlichen Vorschriften bei der Rahmen des § 6 b zu verwenden (also die Absicht, Wiederanlage des Veräußerungsgewinns für die Ge die realisierte stille Reserve in Grundstücke, Ge- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

bände, sonstige abschreibbare Wirtschaftsgüter „Zettel Diktat Sonderthema: oder in andere Beteiligungen zu übertragen). Markscheffel 1 Wir werden uns hiergegen wappnen müssen, ins- KO 1/2 besondere alle Argumente parat halten müssen, F 1/2 die sich gegen diese beabsichtigte Rückwirkung - richten werden. WS 1 R 1/2" Die Gedanken der SPD-Steuerpolitiker sind der- zeit noch sehr ungeordnet, gehen aber alle in die Nimmt man diese Zahlen als Kürzel für DM-Be- oben bezeichnete Richtung." träge in der Größenordnung von 100 000, dann stim- men sie bis auf eine Ausnahme mit folgenden Ein- 42 tragungen von Rudolf Diehl in den von ihm geführ- ten Listen über „inoffizielle Zahlungen" an die SPD, Aktivitäten von Manfred Nemitz CDU und FDP unter dem Datum 4. Februar 1975 überein: Am 29. Januar 1975 führte auch der dem Flick-Kon- zern vertraglich verbundene Industrieberater Man- „4. 2. Ka. wg. Brandt 100 000,—" fred Nemitz mit dem damaligen Stellvertretenden „4. 2. Ka. wg. Kohl ü.v.B. 50 000,—" Regierungssprecher Dr. Armin Grünewald ein Ge- „4. 2. Ka. wg. Dr. Friderichs 50 000,—" spräch über die öffentliche Diskussion über die „4. 2. Ka. wg. Scheel 100 000,—" steuerlichen Möglichkeiten aus der Daimler-Benz- Aktien-Transaktion. Der 1. Untersuchungsausschuß Diese Beträge sind nicht in der Buchführung über hat zwar nicht mehr feststellen können, worum es die sogenannte Dispositionskasse enthalten. Es im einzelnen ging. Jedenfalls stellte Manfred Ne- muß sich also um Zahlungen aus der sogenannten mitz gegenüber dem Sekretariat Eberhard von „schwarzen Kasse" handeln. Brauchitschs sein Gespräch entsprechend einer In den Diehlschen Listen findet sich bei der FDP im dort angefertigten Notiz wie folgt dar: selben zeitlichen Umfeld allerdings eine Eintra- gung „Er habe das untergebracht und den Eindruck, daß das in der Kabinettssitzung besprochen wird „ 30. 1. Ka. wg. Riemer ü. Nemitz 30 000,—". oder daß Herr Apel mit Helmut Schmidt im An- Eine entsprechende Auszahlung zu Lasten der so- schluß an die Sitzung persönlich unter vier Au- genannten Dispositionskasse ist durch Quittung gen reden will. Von Herrn Grünewald weiß H. Ne- mit der Unterschrift von Konrad Kaletsch belegt mitz, daß eine offizielle Verlautbarung nicht zu und mit der Zweckbestimmung „Ka. wg. Nemitz/ erwarten ist." Riemer FDP" verbucht. Bei einem weiteren Telefonat am selben Tage ließ Zu der Eintragung „4. 2. Ka. wg. Brandt 100 000,—" Nemitz von Brauchitsch mitteilen, hat der 1. Untersuchungsausschuß nicht feststellen „es wäre alles programmgemäß gelaufen". können, daß diese Zahlung unmittelbar oder mittel- bar an Bundeskanzler a. D. Willy Brandt oder - mit Ebenfalls am selben Tage hielt Eberhard von Brau- oder ohne Brandts Wissen — unter Inanspruch- chitsch handschriftlich fest: nahme seines Namens oder zu seinen Gunsten in „Neuritz mit Schmidt, Apel, Grünewald, Lahn- den Bereich der SPD erfolgt ist. Der 1. Untersu- stein gesprochen. Wollen weiter auf dem Kanal chungsausschuß hat aber die Überzeugung erlangt, Nemitz informiert werden". daß damals eine Zahlung in dieser Höhe im Zusam- Auch auf Landesebene wurde Manfred Nemitz ak- menhang mit den Bemühungen des Flick-Konzerns tiv. Am 30. Januar 1975 notierte das Sekretariat von wegen der Steuerbescheinigungsanträge in den Be- Eberhard von Brauchitsch: reich der SPD geflossen ist. Bundeskanzler a. D. Willy Brandt, dessen Name „Herr Nemitz bittet um Ihren Rückruf. Es wäre auch noch in zwei weiteren Eintragungen Rudolf alles so gelaufen wie besprochen. Am 5. träfe er Diehls aus den Jahren 1979 und 1980 erscheint, hat sich mit Rie. und Kühn." bei seiner Aussage generell zu allen ihn betreffen- den Eintragungen in die Diehl-Liste sowie zu etwai- 43 gen Zahlungen des Flick-Konzerns an den Partei- vorstand der SPD Stellung genommen. Er hat er- Spendenzahlungen des Flick-Konzerns Anfang 1975 klärt, niemals vom Flick-Konzern direkt oder indi- rekt eine Zahlung erhalten zu haben. Er habe auch Aus dieser Zeit stammen ferner eine im Büro von keine Kenntnis davon, daß von dem Flick-Konzern Eberhard von Brauchitsch geschriebene Notiz vom für ihn bestimmtes Geld an jemand anderen gegan- 28. Januar 1975 und Eintragungen in den sogenann- gen oder jemand anderem in der SPD unter Inan- ten Diehl-Listen vom 30. Januar und 4. Februar 1975 spruchnahme seines Namens gegeben worden sei. über. angebliche Zahlungen an Politiker verschie- Wenn letzteres geschehen wäre, würde es ihn sehr dener Parteien. wundern, daß ihm darüber vom Schatzmeister Die maschinenschriftliche Notiz vom 28. Januar keine Mitteilung gemacht worden sei. 1975 mit dem Diktatzeichen einer Sekretärin von Nach den Veröffentlichungen über angebliche Zah von Brauchitsch lautet: lungen des Flick-Konzerns an ihn habe er im übri- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode gen mit dem damaligen SPD-Schatzmeister, Prof. von Herrn Willy Brandt hierzu bei der Staatsan- Dr. Friedrich Halstenberg, gesprochen. Dieser habe waltschaft in Bonn vom 21.6.1982 und bestätigen seiner — Willy Brandts — Erklärung, weder er ihre Richtigkeit." selbst noch — unter Berufung auf seinen Namen — Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung ein anderes SPD-Mitglied hätten Geld vom Flick hatte Willy Brandt- auf die Frage nach finanziellen Konzern bekommen, nicht widersprochen und Zuwendungen durch Eberhard von Brauchitsch nichts gesagt, aus dem das Gegenteil hätte entnom- oder Konrad Kaletsch in den letzten Jahren geant- men werden müssen. Soweit er als Parteivorsitzen- wortet: der wisse, gebe es auch keine Zuwendungen des Flick-Konzerns an die SPD, womit er die Zentrale „... ich habe zu keinem Zeitpunkt von den beiden — den Parteivorstand — der SPD meine, nicht aber genannten oder von anderen Herren des Flick Wahlkreise oder einzelne Abgeordnete. Er könne Konzerns Zuwendungen erhalten." allerdings nicht ausschließen, daß in den Beträgen, Die drei ihn betreffenden Eintragungen Rudolf die der frühere SPD-Schatzmeister Alfred Nau für Diehls könne er sich nicht erklären. den Bundestagswahlkampf 1976 (wie auch 1980) ge- sammelt und pauschal seinen Nachfolgern überge- Durch das Schreiben des Flick-Konzerns vom ben habe, auch Gelder des Flick-Konzerns enthal- 14. Juli 1982 wird allerdings nicht bestätigt, daß ten gewesen seien. Brandt auch keine mittelbaren Zahlungen erhalten habe. Dr. Axel Schmidt-Hern hat hierzu erklärt, Den Aussagen Willy Brandts zur Frage von Zahlun- man habe sich dazu nicht äußern können, weil man gen des Flick-Konzerns an die SPD entsprechen im nicht gewußt habe, wohin Gelder weitergeflossen wesentlichen die Aussagen von Prof. Dr. Friedrich seien. Eberhard von Brauchitsch, der — mit Aus- Halstenberg. Für die Zeit vor Beginn seiner Amts- nahme von Zahlungen an Alfred Nau im Zusam- zeit als SPD-Schatzmeister im Jahre 1978 hat er menhang mit dem dritten Antragsblock ab 1979 — allerdings nur erklären können, solche Zahlungen generell Zuwendungen an Politiker im Zusammen- nicht feststellen zu können. Wegen fehlender Unter- hang mit den Steuerbescheinigungsverfahren aus- lagen er heute allerdings auch nicht nach- könne geschlossen hat, hat zu dem Schreiben vom 14. Juli weisen, daß damals kein Geld geflossen sei. Nach- 1982 erklärt, Dr. Schmidt-Hern sei damit zu ihm forschungen, die er aus Anlaß der Aussage Willy gekommen, und er habe es dann unterschrieben, Brandts über etwaige Zuwendungen in der Vergan- denn „wenn der etwas unterschrieben hatte, dann genheit angestellt habe, hätten nichts ergeben. war das in der Sache richtig". Soweit Willy Brandt als Zeuge unmittelbare Zah- lungen des Flick-Konzerns an ihn selbst bestritten Während von Brauchitsch sich also auf Dr. hat, entspricht dies einem Schreiben des Flick-Kon- Schmidt-Hern verlassen haben will, hat dieser er- zerns vom 14. Juli 1982. Vorher waren der Flick klärt, für ihn sei insoweit von Brauchitsch die ein- Konzern und Eberhard von Brauchitsch durch ei- zige Auskunftsquelle gewesen. Andere Aufklä- nen von Willy Brandt beauftragten Rechtsanwalt rungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden. Rudolf aufgefordert worden zu erklären, daß Brandt nie- Diehl habe er anläßlich des Schreibens vom 14. Juli mals unmittelbar oder mittelbar Zahlungen vom 1982 nicht erneut befragt, nachdem er mehrfach Flick-Konzern erhalten habe; außerdem hatte eine vergeblich versucht habe, von diesem Aufschluß Verhandlung zwischen Brandts Bevollmächtigten über die Endempfänger der von ihm eingetragenen und dem Justitiar des Flick-Konzerns Dr. Axel Zahlungen zu erhalten. Wie Dr. Schmidt-Hern wei- Schmidt-Hern stattgefunden, bei der es im wesentli- ter bekundet hat, hat von Brauchitsch ihm gegen- chen darum ging, ob der Flick-Konzern eine sachli- über zu den Eintragungen „wg. Brandt" erklärt, che Bestätigung abgeben müsse oder sich auf die Willy Brandt habe keine Zahlungen erhalten. Die Erklärung beschränken könne, Zahlungen an Zahlungen seien in andere Bereiche der SPD ge- Brandt nicht behauptet zu haben und nicht zu be- gangen; dabei sei auch der Name Alfred Nau gefal- haupten. In dem von Eberhard von Brauchitsch und len. Die Erklärungen Eberhard von Brauchitschs Dr. Axel Schmidt-Hern unterzeichneten Schreiben hätten für ihn auch die Eintragung Rudolf Diehls des Flick-Konzerns vom 14. Juli 1982 heißt es: aus dem Jahre 1975 „wg. Brandt" mit abgedeckt, weil von Brauchitsch zu dieser Zeit im Spendenbe- „Die Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA reich eng mit Konrad Kaletsch zusammengearbei- und Herr von Brauchitsch haben in der Vergan- tet habe. Dr. Axel Schmidt-Hern schenkte nach sei- genheit nicht — auch nicht durch Bestätigung ner Aussage diesen Erklärungen von von Brau- von Aufzeichnungen — behauptet und können chitsch Glauben. Zu dieser Eintragung in der Liste und werden auch in Zukunft nicht behaupten, über „inoffizielle Zahlungen" an die SPD hatte von Herr Willy Brandt habe von der Friedrich Flick Brauchitsch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Industrieverwaltung KGaA, ihren Organen, An- nicht auf Alfred Nau als Empfänger hingewiesen, gestellten oder Beauftragten Zahlungen erhalten, sondern erklärt, es sei nicht ersichtlich, was zu die- insbesondere am ser Aufzeichnung geführt haben könne. Der frühere persönlich haftende Gesellschafter Dr. Klaus Götte 4.2.1975 DM 100 000,- hat demgegenüber als Zeuge vor dem 1. Untersu- 13.6.1979 DM 40 000- chungsausschuß ausgesagt, der Brief vom 14. Juli 30.1.1980 DM 50 000,— 1982 hätte seine Billigung nicht gefunden; er sei ihm aber auch nicht zur Unterschrift vorgelegt wor- Die Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA den. Er sei nach den damals vorliegenden Erklärun- und Herr von Brauchitsch kennen die Aussage gen von Eberhard von Brauchitsch der Meinung Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

gewesen, derartige Briefe könnten von der Ge- wenige Tage später und schließlich die intensiven schäftsleitung des Flick-Konzerns nicht, schon gar Kontakte in diesen Tagen zwischen von Brau- nicht durch den von den Vorgängen mitbetroffenen chitsch und Markscheffel unter Bezugnahme auf von Brauchitsch, unterzeichnet werden. dessen Gespräch mit Willy Brandt.

Zwar kann aufgrund der nicht zu widerlegenden, Dr. Helmut Kohl- hat als Zeuge ausgesagt, die von teilweise durch das — allerdings nur auf Erklärun- Rudolf Diehl vermerkten Zahlungen an ihn für die gen von von Brauchitsch beruhende — Schreiben Jahre 1975 und 1976 seien vermutlich korrekt einge- des Flick-Konzerns vom 14. Juli 1982 bestätigten tragen. Er hatte allerdings keine Unterlagen mehr Aussagen Brandts nicht davon ausgegangen wer- darüber. Solche Spenden habe er nämlich an die den, daß Anfang 1975 eine Zahlung unmittelbar Landes- oder Kreispartei bzw. den Wahlkreis wei- oder mittelbar an Willy Brandt oder aber mit seiner tergegeben, wo die Unterlagen entsprechend den Kenntnis unter Inanspruchnahme seines Namens Bestimmungen des Parteiengesetzes nach fünf Jah- an jemand anderen in der SPD gegangen ist. Ande- ren vernichtet worden seien. rerseits ist es aber gerade unter Berücksichtigung Wie Dr. Helmut Kohl weiter bekundet hat, bekam der Aussagen von Prof. Dr. Friedrich Halstenberg er Spenden aus dem Hause Flick nie von Konrad möglich, daß damals eine Zahlung auf anderen We- Kaletsch, sondern immer nur von Eberhard von gen in den Bereich der SPD gegangen ist. Brauchitsch. Dr. Kohl ging aufgrund einer Äuße- rung von Brauchitschs davon aus, daß es sich um Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus der Notiz zu Spenden aus versteuertem Einkommen handelte. dem „Sonderthema" vom 28. Januar 1975 und den damaligen Kontakten zwischen Eberhard von Brau- Dr. Helmut Kohl faßte die von Rudolf Diehl unter chitsch und Günter Markscheffel sowie diesem und dem 4. Februar 1975 vermerkte Spende als Unter- Willy Brandt. Zunächst ist auffällig, daß der Eintra- stützung für den Wahlkampf zur Landtagswahl am gung in die Diehl-Liste „4. 2. Ka. wg. Brandt 9. März 1975 auf, brachte sie aber nicht mit Bemü- 100 000,—" die Bemerkung „Markscheffel 1" in der hungen des Flick-Konzerns um steuerbegünstigte Notiz vom 28. Januar 1975 vorausgeht. Hinzu kom- Wiederanlagen in Verbindung. Dr. Kohl hat hierzu men zeitnahe Kontakte zwischen von Brauchitsch darauf hingewiesen, daß die Spenden aus dem und Markscheffel: Hause Flick 1975 und 1976, den Jahren der rhein- land-pfälzischen Landtagswahl und der Bundes- Am 27. Januar 1975, also einen Tag vor der Notiz zu tagswahl, höher waren als in den übrigen Jahren. — dem „Sonderthema", hatte sich von Brauchitsch in Im Januar 1975 waren kritische Stimmen gegen dem oben erwähnten Brief an Markscheffel über eine Anwendung der §§ 6 b EStG und 4 AIG auf den eine Diffamierungskampagne und Verdächtigun- Veräußerungsgewinn des Flick-Konzerns außer in gen aus dem Bereich sozialdemokratischer Regie- Zeitungsartikeln nur von sozialdemokratischen Po- rungsmitglieder und Abgeordneter beklagt und ver- litikern bekanntgeworden, so daß aus der Sicht des merkt, Markscheffel möchte diesen Brief Willy CDU-Bundesvorsitzenden kein Anlaß zu der An- Brandt zum Lesen geben. nahme bestehen konnte, der Flick-Konzern wolle durch Spenden an CDU-Politiker die Pläne für steu- Am 4. Februar 1975, dem Datum der Eintragung in erbegünstigte Wiederanlagen fördern, zumal die den Diehl-Listen „wg. Brandt", rief Eberhard von CDU als damalige Oppositionspartei ohnehin kei- Brauchitsch Günter Markscheffel jedenfalls wegen nen Einfluß auf die vom Bundesministerium für eines Schreibens vom 28. Januar 1975 an; dabei han Wirtschaft im Benehmen mit dem Bundesministe- delt es sich möglicherweise um eine Antwort Mark- rium der Finanzen zu treffenden Entscheidungen scheffels auf das Schreiben vom 27. Januar 1975. hatte. Außerdem hatte der Flick-Konzern zu keiner Am 13. Februar 1975 besuchte Markscheffel von Zeit Pläne für Wiederanlagen in Rheinland-Pfalz Brauchitsch. Mit Schreiben vom 21. Februar 1975 gehabt. bedankte sich dieser dafür, daß er „die Verbindung Der 1. Untersuchungsausschuß kommt deshalb zu zu W. B. im wechselseitigen freundschaftlichen In- dem Ergebnis, daß diese Spenden keine andere teresse" wahrnehme. Von Brauchitsch und Mark- Zweckbestimmung als die einer Wahlkampfunter- scheffel, die damals schon seit über zwei Jahrzehn- stützung hatten. ten miteinander bekannt waren, haben zwar über- einstimmend ausgesagt, nie über Spenden gespro- Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht feststellen chen zu haben; Markscheffel hat darüber hinaus in können, ob die für Dr. Hans Friderichs vermerkte Abrede gestellt, jemals Spenden überbracht zu ha- Spende von 50 000 DM tatsächlich erfolgt ist. Eber- ben. Für die Annahme aber, daß der Flick-Konzern hard von Brauchitsch hat als Zeuge ausgesagt, we- durch eine irgendwie in den SPD-Bereich geleistete der er noch — nach seiner Kenntnis — ein anderer Spende dort ein günstiges Klima für die Steuerbe- Angehöriger der Flick-Unternehmensgruppe habe scheinigungsanträge schaffen wollte, spricht das einem Mitglied der Bundesregierung im Zusam- Zusammentreffen der erwähnten Fakten: die menhang mit der Veräußerung der Daimler-Aktien scharfe Kritik von SPD-Politikern an den kommen- und der Wiederanlage des Veräußerungserlöses den Anträgen des Flick-Konzerns; die Notiz über oder im Zusammenhang mit irgendeinem anderen das „Sonderthema", die vermutlich politische Spen- die Flick-Gruppe betreffenden Entscheidungspro- den betraf, und die dortige Erwähnung des mit dem zeß unmittelbare oder mittelbare Zuwendungen an- Haus Flick durch einen Beratungsvertrag verbun- geboten oder gewährt; an Amtsträger seien Spen- denen SPD-Mitglieds und langjährigen Brandt-Be- den nie geleistet worden. Dr. Friderichs hat sowohl kannten Markscheffel; die Eintragung „wg. Brandt" vor der Staatsanwaltschaft Bonn als auch vor dem Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

1. Untersuchungausschuß bestritten, jemals vor DM vorgeschlagen haben will, um die Bemühungen oder während seiner Amtszeit als Bundesminister der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Stabilisierung de- für Wirtschaft vom Flick-Konzern finanzielle Vor- mokratischer Verhältnisse insbesondere auf der teile gefordert, sich versprechen lassen oder gar an- iberischen Halbinsel zu unterstützen, soll damit genommen zu haben. Während seiner Amtszeit eine vorher schon- von Konrad Kaletsch eingeführte habe auch niemals ein Beauftragter des Flick-Kon- Spendenpraxis fortgeführt worden sein; Paefgen zerns oder sonst jemand ihm gegenüber geäußert, hat aber eingeräumt, nicht gewußt zu haben, in wel- aus dem Hause Flick sei eine Spende an die F.D.P. cher Größenordnung Kaletsch vorher Spenden an gegeben worden. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat die Friedrich-Ebert-Stiftung veranlaßt habe, und hinsichtlich dieses Vorganges das Verfahren aus weder mit Kaletsch darüber gesprochen noch sich Gründen der Verjährung eingestellt. danach erkundigt zu haben. Zu der Eintragung von Rudolf Diehl unter dem Nach der Aussage des Geschäftsführers der Fried- 4. Februar 1975 über eine angebliche Spende an den rich-Ebert-Stiftung, Dr. Günter Grunwald, vor der damaligen Bundespräsidenten hat Staatsanwaltschaft soll Alfred Nau von 1962 bis dieser vor der Staatsanwaltschaft bekundet, er 1983 für die Friedrich-Ebert-Stiftung vom Flick habe sie nicht erhalten und wisse auch nichts da- Konzern insgesamt 2,76 Mio DM besorgt haben. von, daß sie unter Hinweis auf seinen Namen an Dieser Betrag entspricht aber genau dem Gesamt- jemand anderen erfolgt sei. betrag der Spenden des Flick-Konzerns an die Friedrich-Ebert-Stiftung während der Jahre 1975 Der 1. Untersuchungsausschuß hat keinen Anhalts- bis 1980. Demnach ist seit Ende Februar 1975 — punkt für die Richtigkeit der Eintragung in den kurz nach Beginn der Bemühungen des Flick-Kon- Diehl-Listen. Außerdem gibt es keine Anhalts- zerns um steuerbegünstigte Wiederanlagen — ein punkte dafür, daß der Flick-Konzern überhaupt ver- von der Größenordnung her auffälliges Ansteigen sucht hatte, Walter Scheel in seine Bemühungen der Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung zu ver- einzuschalten, geschweige denn mittels einer Bar- zeichnen. zahlung. Einen Zusammenhang zu der der Deut- schen Krebshilfe - deren Präsidentin seinerzeit Dr. Mildred Scheel war - im Dezember 1975 gelei- 44 steten Spende des Flick-Konzerns über 100 000 DM Organisatorische Vorbereitungen im Flick-Konzern vermag der Untersuchungsausschuß nicht zu er- für die Antragstellung kennen. Dasselbe gilt für die Eintragung von Rudolf Diehl Zur besseren Vorbereitung der späteren Anträge für den 30. Januar 1975 „Ka. wg. Riemer ü. Nemitz wurde Anfang Februar 1975 im Flick-Konzern ein 30 000", auf den die Notiz vom 28. Januar 1975 „Arbeitskreis 6 b" gebildet. Fritz Wacker, früher Persönlicher Referent von Dr. Friedrich Karl Flick (,,R 1/2") hindeutet. Dr. Horst-Ludwig Riemer hat vor der Staatsanwaltschaft bestritten, jemals von und dann als Direktor Mitglied der Geschäftsfüh- Vertretern des Flick-Konzerns Geldbeträge ange- rung, erhielt von Eberhard von Brauchitsch den nommen zu haben. Er wurde zwar als damaliger Auftrag, alle fachlichen Arbeiten im Zusammen- Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfa- hang mit der Wiederanlage des Erlöses aus dem len ab 1976 an den Steuerbescheinigungsverfahren Verkauf der Daimler-Benz-Aktien zu koordinieren beteiligt und wurde auch von Vertretern des Flick und die Verfahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG auf Konzerns darauf angesprochen. Dies zeichnete sich Fachebene federführend zu betreuen, wobei von Anfang 1975 aber noch nicht konkret ab. Die Brauchitsch aufsichtsführend zuständig blieb. Je Spende dürfte — falls sie gewährt wurde — im nach den Erfordernissen der einzelnen Projekte Zusammenhang mit dem Wahlkampf für die Land- stellte Wacker die Teilnehmer des Kreises zusam- men, wobei er auch Mitarbeiter der Konzerntöch- tagswahl in Nordrhein-Westfalen vom 4. Mai 1975 ter hinzuzog. Für steuerrechtliche bzw. juristische zur Unterstützung der F.D.P. geleistet oder jeden- Fragen standen der Leiter der Steuerabteilung, falls als solche entgegengenommen worden sein. Dr. Heribert Blaschke, und der Justitiar, Dr. Axel Auch das Oberlandesgericht Köln ist bei seiner Ent- Schmidt-Hern, zur Verfügung. scheidung vom 14. November 1984 über die Be- schwerde der Staatsanwaltschaft Bonn gegen die Fritz Wacker führte später allein oder zusammen Ablehnung der Eröffnung der Hauptverhandlung mit anderen Mitarbeitern des Flick-Konzerns zahl- davon ausgegangen, daß eine etwaige Spende an reiche Gespräche mit Beamten insbesondere des Dr. Horst-Ludwig Riemer Ende Januar/Anfang Fe- Bundeswirtschaftsministeriums, und zwar vor al- bruar 1975 im „Vorfeld der Landtagswahl" erfolgt lem auf der Fachebene. Verschiedentlich wurde er ist, und hat die Beschwerde insoweit aus diesem von Dr. Heribert Blaschke unterstützt, der vor al- Grunde verworfen. lem Kontakte zum Bundesfinanzministerium, aber auch zum Bundeswirtschaftsministerium hielt. Noch im Februar 1975, nämlich am 25. Februar 1975, erhielt die der SPD nahestehende Friedrich-Ebert- Stiftung eine Spende in Höhe von 250 000 DM vom 45 Flick-Konzern, der ihr bis dahin nur in den Jahren 1966 und 1967 je eine Spende von 5 000 DM zuge- Erste Gespräche von Dr. Heribert Blaschke wandt hatte. mit Ministerialbeamten Nach Aussage des Zeugen Günter Max Paefgen, der Am 8. Februar 1975 nutzte Dr. Heribert Blaschke Eberhard von Brauchitsch die Spende von 250 000 eine private Karnevalsfeier bei dem damaligen Lei- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 ter der Steuerabteilung im Bundesministerium der Dr. Heribert Blaschke meldete sich am 19. Februar Finanzen, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, zu Ge- 1975 bei Regierungsdirektor Dr. Wolfgang Mühl sprächen mit seinen früheren Kollegen. Hierüber vom Bundesministerium für Wirtschaft, der ihm als notierte er für Eberhard von Brauchitsch: früherer Mitarbeiter des dortigen Steuerreferats bekannt war. Anlaß war, daß sich bereits am 22. Ja- „Betr.: Anwendung des § 6 b EStG nuar 1975 beim Flick-Konzern telefonisch ein 1.Veräußerungsvorgang in 1975 oder 1976? Rechtsanwalt Dr. Hans-Rudolf Ebel gemeldet hatte, der früher im Bundeswirtschaftsministerium tätig Dieses Problem habe ich am Samstag (8. 2.) mit gewesen war. Seine Ankündigung, er beabsichtige dem zuständigen Referenten im Bundesfinanzmi- einen Artikel zu schreiben, in dem er den § 6 b EStG nisterium besprochen (MinRat Dr. Söffing). Herr verteidigen wolle, führte dazu, daß seitens des Dr. Söffing erklärte mir, daß das Problem von Flick-Konzerns an mehreren Stellen über ihn Aus- Hessen, Bayern und NRW aufgegriffen worden künfte eingeholt wurden, so durch Eberhard von sei. Es handele sich aber nicht um unseren Fall. Brauchitsch bei dem Leiter des Bonner Büros des Dr. Söffing vertritt unseren Standpunkt. Er sagte Flick-Konzerns, Dr. Walter Schmitz, bei dem Leiter mir, daß Bayern die gegenteilige Ansicht ver- des Ministerbüros von Bundesminister Dr. Hans trete. Friderichs, Ministerialrat Ulrich Geisendörfer, so- Wollen Sie Herren der Verwaltung in Bayern wie bei Dr. Friderichs selbst, wobei Dr. Blaschke (MinDirig Lothar Müller) oder Herrn Dr. Kreile den Anruf bei Dr. Mühl dazu nutzte, um zusätzlich ansprechen, oder soll ich mich mit Herrn Kreile allgemeine Auskünfte zu Rechts- und Verfahrens- in Verbindung setzen? fragen bei der Bescheinigung nach § 6 b EStG zu erbitten. Bei einem weiteren Gespräch zwischen Ich habe mit Herrn Söffing vereinbart, daß wir beiden über derartige Verfahrensfragen am 2. April uns am 24.2. 1975 erneut über die Sache unterhal- 1975, als Regierungsdirektor Dr. Mühl zwischenzeit- ten. Da das Problem Mitte März von den Länder- lich in einem anderen Referat des Bundeswirt- referenten erörtert wird, werden bis Ende Fe- schaftsministeriums arbeitete, bot Dr. Blaschke sei- bruar die Stellungnahmen der Länderreferenten nem Gesprächspartner an, beim Flick-Konzern ei- bekannt sein. Herr Söffing bat mich, die Informa- nen Vortrag über steuerpolitische Themen zu hal- tionsquelle nicht bekanntzugeben. ten. Dies lehnte Dr. Mühl ab. Er strebte seinerzeit bereits die Leitung des Steuerreferats an und 2. Praxis bei Anwendung des Bescheinigungsver- glaubte, wie er vor dem Untersuchungsausschuß fahrens nach § 6 b. ausgesagt hat, durch das Abhalten des Vortrages In dieser Frage habe ich am vergangenen Sams- möglicherweise in eine Interessenkollision bei spä- tag (8. 2.) MinDirig Dr. Uelner vom BFM und Min- teren Antragsverfahren des Flick-Konzerns zu ge- Dirig Fischer vom BMWi gesprochen. Herr Fi- raten. scher bearbeitet federführend das Bescheini- gungsverfahren im BMWi. Ich fragte Herrn Fi- scher, ob es möglich sei, daß ich mich mit ihm ein- 46 mal unterhalten kann über die Frage, wie die Pra- xis hier verfahre. Herr Fischer bat mich — in Vorbesprechungen Eberhard von Brauchitschs Gegenwart von Herrn Uelner, der die Zusammen- mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs kunft vermittelt hat —, von einem solchen Ge- spräch abzusehen, da er mit seinem Minister ver- In dem bereits erwähnten Gespräch am 21. Februar einbart habe, vorerst die Sache mit niemandem 1975 zwischen Eberhard von Brauchitsch und Bun- zu erörtern. Z. Zt. seien noch zu viele Emotionen desminister Dr. Hans Friderichs wurden neben der vorhanden. Das bestätigte auch Herr Uelner. Wahrung des Steuergeheimnisses und der Ein- schaltung von Dr. Hans-Rudolf Ebel vor allem Wie- Herr Fischer hält es für zweckmäßig, wenn wir in deranlageüberlegungen des Flick-Konzerns bespro- der nächsten Zeit nicht mit § 6 b-Anträgen kom- chen, wobei von Brauchitsch — wie bereits vorher men. Er betonte allerdings, er wisse nicht, ob zwi- mit Zielrichtung auf Willy Brandt — die „falsche schen Ihnen und seinem Minister in der Sache Geschichtsschreibung" hervorhob. In der Aktenno- gesprochen worden sei. Herr Fischer erklärte tiz von Brauchitschs vom 7. März 1975 heißt es dann auch, bisher sei man nicht sehr großzügig dazu: bei der Anwendung des § 6 b gewesen. In der Pra- xis sei es auch nicht vorgekommen, daß ohne Zu- stimmung des Bundesfinanzministers eine Be- scheinigung erteilt worden sei. Deshalb müsse 2. Friderichs sieht zur Zeit keinen Zweifel, daß auch Herr Apel zustimmen. Herr Fischer bat dar- der Veräußerungsvorgang Daimler von VG an um, diese kurze Unterhaltung vertraulich zu be- DB förderungswürdig im Sinne des § 6b ist. handeln." Dabei geht allerdings Friderichs genau so wie wir davon aus, daß es der Deutschen Bank Tatsächlich erhielt Dr. Heribert Blaschke unmittel- gelingt, bis Ultimo 1975 den Besitzteil, der 50 % bar danach, nämlich am 12. Februar 1975, von Mini- übersteigt, zu veräußern. Ich habe bei Fride- sterialrat Hans August Fischer die Hinweisblätter, richs unmißverständlich klargemacht, daß wir die das Bundeswirtschaftsministerium allen Inter- — verbindlich — davon ausgehen, daß über essenten an einer Inanspruchnahme von § 6 b EStG den Veräußerungsvorgang nicht noch einmal bzw. § 4 AIG zugänglich macht. gesprochen werden muß. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

bleme. Wenn ich mir diese beiden Grundüber- 4. Zur politischen Atmosphäre in Bonn. zum legungen einmal vorhalte und nach einer Thema 6 b/Flick sagte Friderichs folgendes: praktischen Lösung suche, dann könnte sich Man habe in Bonn den Verdacht, daß Flick folgendes anbieten: beabsichtige, aus einer Verbindung zwischen Wir realisieren- aus dem Daimler-Gewinn ei- dem Daimler-Geschäft und dem Ausscheiden nen Teil von etwa 1/4 bis 1/3, das wären also der Neffen einen „Horten Effekt" zu erzielen. etwa 500 bis 700 Mio., und würden die hierauf Man habe Sorge, daß die jungen Leute steuer- entfallenden Steuern von rund 300 bis 400 frei ins Ausland gehen könnten. Friderichs Mio. in drei gleichen Raten innerhalb der 6 b- empfiehlt dringend, die steuerliche Regelung Frist bezahlen. Für den Rest von rund 1,3 bis des Ausscheidens des Stammes OEF zeitlich 1,5 Mrd. würden wir ein Pauschalarrangement vorzuziehen. Dann sei es notwendig, in der Öf- dergestalt treffen, daß wir diesen Gewinn als fentlichkeit durchsickern zu lassen, daß das Kapitalerhöhung bei unserer Tochter Faguma Ausscheiden der Neffen ordentlich versteuert einbringen. Wir würden ferner mit der Bun- ist. Dann sei eine Atmosphäre gegeben, in der desregierung den Rahmen verabreden, inner- man weniger emotionell 6 b in Angelegenhei- halb dessen die Faguma von dieser Kapitaler- ten Flick behandeln könne. höhung Gebrauch machen kann, also letztlich den Rahmen von 6 b und Auslandsinvesti- 5. Wegen der Einbuchung des Daimler-Gewinns tionsgesetz. Wir würden aber für die Mittel- 1975 oder 1976 wird Friderichs an keiner Maß- verwendung durch Faguma keine Einzelan- nahme teilnehmen, die auch nur den Anschein träge mehr zu stellen haben, sondern lediglich einer rückwirkenden Veränderung der Ver- eine Informations-, möglicherweise auch Ab- waltungspraxis beinhaltet. stimmungsverpflichtung mit der Bundesregie- 6. Ich habe Friderichs ausdrücklich klarge- rung. macht, daß wir nur eine begrenzte Zeit die bis- Bei einem solchen Programm würde die Bun- herige falsche „Geschichtsschreibung" — ins- desregierung einen kräftigen Schluck Steuern besondere der Daimler-Aktion — hinnehmen bekommen. Zu diesen Steuern käme hinzu können. Wir hätten uns bisher über den tat- das, was anläßlich des Ausscheidens der Kin- sächlichen Geschehensablauf deshalb nicht der OEF an Steuern entsteht. Man könnte öffentlich geäußert, weil wir weder die Deut- dann der Öffentlichkeit sagen, daß Flick trotz sche Bank noch die Bundesregierung desa- der Berechtigung zur vollen 6 b-Inanspruch- vouieren wollen. Zu irgendeinem Zeitpunkt nahme einen hohen dreistelligen Steuerbetrag werden wir aber klarzustellen haben, daß nie- geleistet habe usw. mals die Absicht bestanden hat, ein beherr- schendes Daimler-Paket ,über den Ladentisch' Friderichs war von dieser Überlegung durch- an Persien zu geben. Friderichs hat unseren aus angetan. Er hat mir zugesagt, das Thema Standpunkt akzeptiert. bei sich sehr vorsichtig abzuklopfen. Fride- richs kommt zu gegebener Zeit wieder auf mich zu ... ". 8. ... Aus den Unterlagen des Bundesministeriums für Ich habe mich bei all diesen Dingen bedeckt Wirtschaft läßt sich nicht entnehmen, daß dort je- gehalten, habe aber dann Friderichs folgendes mals eine derartige Prüfung vorgenommen worden Konzept zum Überdenken gegeben: ist. Es kann kein Zweifel bestehen daß wir inner- Am 1. April 1975 führte Eberhard von Brauchitsch halb der vorgegebenen 6 b-Fristen in der Lage sein nächstes Gespräch mit Minister Dr. Hans Fri- dazu sind, den gesamten Daimler-Gewinn von derichs. Er erwähnte darin zwei konkrete Reinve- rund 2 Mrd. DM 6 b-mäßig zu verkraften, ohne stitionsprojekte, darunter die beabsichtigte Kapital- die Bundesregierung zu fragen. Wir brauchen erhöhung bei Dynamit Nobel zum Zwecke von Inve- nämlich nur die gesamten normalen Investi- stitionen im Werk Steyerberg. Außerdem bat er tionen der Gruppe auf die VG zu ziehen. Dann Dr. Friderichs um Rat, ob Anträge schriftlich ge- ist alles klar. Wir sind aber keine Ignoranten stellt oder zunächst mündlich mit den zuständigen und wissen, daß es politischen Ärger gibt, Beamten erörtert werden sollten. Dieses Gespräch wenn aus der gesamten Daimler-Transaktion wurde mit einem Telefonat am 11. April 1975 fortge- überhaupt keine Steuern gezahlt werden. setzt. Hierüber notierte von Brauchitsch: Weiterhin muß berücksichtigt werden, daß die „... Im übrigen erklärte Friderichs, daß der Rat, Bundesbehörden mit Sicherheit überfordert den er mir geben wolle, so fundiert sein soll, daß sind, wenn wir den ganzen oder überwiegen- wir dann auch entsprechend erfolgreich arbeiten den Teil der 6 b-Rücklagen in Beteiligungen können. In diesem Zusammenhang könne sich im In- und Ausland — sei es also nach 6 b, sei eine Hürde ergeben, nämlich der Veräußerungs- es nach § 4 Auslandsinvestitionsgesetz — vorgang. übertragen. Wir würden nämlich mit einer Riesenzahl von Einzelanträgen kommen, und Ich habe daraufhin Minister Friderichs erklärt, die Bundesregierung bzw. das Wirtschaftsmi- daß ich diese Überlegung gar nicht recht verste nisterium käme in unglaubliche Fristenpro hen könne, denn für uns sei der Veräußerungs- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

vorgang schon deshalb förderungswürdig, weil würdigkeit der Veräußerungsseite könne erst wir ja diese Art der Veräußerung auf ausdrück- dann geprüft werden, wenn die Deutsche Bank liche ,Ermunterung` durch den Bundeskanzler be- ihrerseits, wie vorgesehen, weiter veräußert schritten hätten. habe. Minister Friderichs erklärte wörtlich: ,Das war Auf unseren- Vorhalt räumte Kartte ein, daß man bisher und ist auch heute noch meine Meinung'. sich im Ministerium durchaus darüber klar sei, Friderichs ergänzte allerdings, daß er diesen daß man mit dieser Haltung dem Hause Flick Standpunkt in seinem Haus ,hart` machen würde, etwas aufbürde, was es im Grunde genommen um für die Zukunft insoweit keine Zweifel auf- gar nicht tragen könne: Denn das Haus Flick kommen zu lassen. habe keinerlei Möglichkeit, auf die weitere Ver- äußerungspolitik der Deutschen Bank Einfluß zu Ich habe Friderichs gesagt, daß ich gern die näch- nehmen. Gleichwohl meinte er, eine politische ste Woche in der Angelegenheit zuwarte, daß ich Entscheidung würde in dieser Richtung getroffen aber erneut darauf aufmerksam machen muß, werden, wenn etwa jetzt schon ein Antrag käme. daß wir wegen der Anschlußbeschäftigung der Arbeitnehmer in Steyerberg in absehbarer Zeit Man scheint sich innerhalb der Ministerien schon wissen müßten, ob wir diese Investition machen über verschiedene Erwerbsmodelle unterhalten können oder nicht". zu haben. Dabei scheint man auch einen Gedan- Für eine derartige Prüfung im Bundesministerium ken geäußert zu haben, der zwischen uns schon für Wirtschaft gibt es aber keine Anhaltspunkte. einmal angeklungen ist: Daß etwa die Bundesre- gierung von sich aus ein Interesse daran habe, daß das Haus Flick irgendeine bestimmte Beteili- 47 gung erwerbe. In diesem Fall läge dann die volks- wirtschaftliche Förderungswürdigkeit klar und Weitere Gespräche von Rechtsanwalt offen zutage." Dr. Reinhold Kreile und Dr. Heribert Blaschke Dr. Kreile resümierte: mit Ministerialbeamten ,,... Dieses abendliche Gespräch mit unserem Zwischenzeitlich führte Rechtsanwalt Dr. Reinhold Freund Kartte sollte sehr vertraulich behandelt Kreile eine Unterhaltung mit einem weiteren Be- werden. Es sollte auch nur dahingehend verstan- amten, nämlich mit dem damaligen Leiter der Un- den werden, daß im derzeitigen Zeitpunkt kein terabteilung Wettbewerbs- und Preispolitik im Bun- Antrag gestellt werde. Wenn dann später ein 6 b- desministerium für Wirtschaft, Ministerialdirigent Antrag gestellt werden soll, müßte er dann sehr Wolfgang Kartte. Im Anschluß an einen Vortrag vorsichtig nicht nur auf der Ebene des Ministeri- über Kartell- und Wettbewerbsfragen von diesem ums, sondern wohl auch auf der Ebene der Abtei- am 7. April 1975 kam es, wie Rechtsanwalt Dr. Rein- lungsleiter eingefädelt werden. Immerhin haben hold Kreile an Eberhard von Brauchitsch berichte- zu der Entscheidung nach § 6 b EStG die Abtei- te, in Gegenwart von Dr. Heribert Blaschke, lungsleiter, welche für die Ordnungspolitik des Dr. Axel Schmidt-Hern und Dr. Walter Schmitz zu Ministeriums, für die Kartellpolitik und für die einem vertraulichen Gespräch über Fragen des Steuerpolitik zuständig sind, ein nicht zu unter- § 6 b EStG. Nach einem Aktenvermerk von Rechts- schätzendes Mitspracherecht. anwalt Dr. Reinhold Kreile für Eberhard von Brau- chitsch suchte Ministerialdirigent Wolfgang Kartte Gerade aber wegen dieser Warnungen von Kartte von sich aus das Gespräch über diese Fragen und glaube ich davon ausgehen zu können, daß dann, erklärte: wenn es eine Konzeption gibt, das Ministerium, seine Abteilungsleiter und Referenten bereit ,,... Kartte machte deutlich, daß man sich auf Re- sind, konstruktiv im Hinblick auf eine Lösung ferentenebene, Abteilungsleiter- und Unterabtei- nach § 6 b EStG. hinzuwirken." lungsleiterebene im Wirtschaftsministerium und wohl auch im Finanzministerium über einen In einem eigenen Vermerk von Dr. Heribert möglichen Antrag des Hauses Flick für die Be- Blaschke findet sich der Hinweis, daß Ministerialdi- scheinigung nach § 6 b EStG unterhalten hat. rigent Wolfgang Kartte glaube, der Flick-Konzern Ganz generell machte er deutlich, daß man in den solle etwaige Anträge nach § 6 b EStG bis zu einem beiden Ministerien hoffe, daß das Haus Flick Zeitpunkt nach der bevorstehenden Bundestags- nicht sehr schnell einen solchen Antrag stellen wahl zurückstellen. Der Zeuge Kartte hat allerdings werde. In der derzeitigen politischen Lage müßte ausgeschlossen, daß er die in der Notiz erwähnten ein solcher Antrag wohl mit Sicherheit abgelehnt politischen Bezüge hergestellt hat. werden. Dr. Heribert Blaschke traf sich mit Ministerialrat Die Erteilung der Bescheinigung nach § 6 b EStG Hans August Fischer erneut am 24. April 1975. Erör- setze die Prüfung der volkswirtschaftlichen För- tert wurden allgemeine Fragen des Verfahrens derungswürdigkeit nicht nur der Erwerbsseite, nach § 6 b EStG, insbesondere die Problematik der sondern auch der Veräußerungsseite voraus. Den Veräußerungsseite und der Fall Dynamit Nobel Veräußerungsvorgang seitens Flick an die Deut- (Werk Steyerberg). Dr. Blaschke notierte aus die- sche Bank halte man noch nicht für abgeschlos- sem Gespräch, daß nach Meinung von Fischer der sen; hier läge lediglich bisher ein Zwischener- Veräußerungsvorgang positiv zu bewerten sei, werb vor. Die volkswirtschaftliche Förderungs wenn es der Deutschen Bank gelinge, einen großen Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Teil der Aktien im Sinne einer Eigentumsstreuung chitsch empfohlen habe, sich an den Finanzmini- weiter zu veräußern; Fischer habe weiter zu beden- ster von Nordrhein-Westfalen, den späteren Schatz- ken gegeben: meister der SPD, Prof. Dr. Friedrich Halstenberg, zu wenden, damit dieser sich beim Bundesfinanzmi- „... Wenn eine solche Plazierung nicht möglich nister für den Flick-Konzern einsetze und erkläre, sei oder wir schon jetzt einen Antrag stellen woll- daß er nur gute- Erfahrungen mit der Erfüllung der ten, so sei zu überlegen, ob wir nicht zunächst ein Steuerpflichten durch den Flick-Konzern habe. Objekt erwerben, das von allen Fraktionen als ,soziale Tat' angesehen werde. Das habe zur Fol- Tatsächlich gab es Anfragen an die Bundesregie- ge, daß man die Veräußerungsseite vernachlässi- rung in dieser Angelegenheit seinerzeit weder im gen könnte und damit auch den Weg für weitere Mai noch im Juni, sondern erst wieder im Juli Anträge frei machte. 1975. Herr Fischer glaubte, daß es vorteilhaft sein Etwa gleichzeitig informierte der Flick-Konzern ei- könnte, die Bundestagswahl 1976 abzuwarten ... " ner Anregung von Dr. Friderichs folgend die Bun- Dazu hat Fischer als Zeuge vor dem Untersu- desregierung offiziell über den Abschluß der Abfin- chungsausschuß ausgesagt, er könne sich zwar an dungsaktion für die Neffen durch wortgleiche dieses Gespräch nicht erinnern, halte aber beide Schreiben vom 26. bzw. 27. Mai 1975 an Bundes- Äußerungen für völlig ausgeschlossen. kanzler Helmut Schmidt (der es an Minister Dr. Apel weiterleitete) und an Bundeswirtschaftsmini- ster Dr. Hans Friderichs. In diesen Schreiben findet sich der Hinweis, daß der Flick-Konzern Wert auf 48 die Feststellung lege, daß die in diesem Zusammen- hang entstandenen Steuern alsbald an das zustän- Das Auftreten von Schwierigkeiten dige Finanzamt abgeführt werden. und erneutes Einschalten Günter Markscheffels Für Eberhard von Brauchitsch war das Gespräch 49 zwischen Dr. Heribert Blaschke und Ministerialrat Hans August Fischer Anlaß, sich am 29. April 1975 Fortsetzung der Gespräche mit Ministerialbeamten telefonisch an Bundesminister Dr. Hans Friderichs zu wenden und diesen erneut über die Schwierig- In einer Notiz vom 12. Mai 1975 hatte Eberhard von keiten bei der Beurteilung des Veräußerungsvor- Brauchitsch unter Bezugnahme auf eine angebliche gangs zu unterrichten. Nach der darüber für sich Verabredung mit dem Bundeswirtschaftsminister selbst gefertigten Aktennotiz machte von Brau- Dr. Heribert Blaschke beauftragt, seine Gespräche chitsch Dr. Friderichs deutlich, daß die Unsicherhei- mit Ministerialrat Hans August Fischer in Sachen ten über die Beurteilung des Veräußerungsvor- Steyerberg fortzusetzen; die Gespräche sollten in gangs dazu führten, Investitionsvorhaben zurückzu- Richtung auf die Vorbereitung einer verbindlichen stellen. Im Hinblick auf die Haltung des Bundesfi- Anfrage gehen. Anfang Juni 1975 erschien darauf- nanzministeriums zur Beurteilung des Veräuße- hin Dr. Blaschke zusammen mit Fritz Wacker bei rungsvorgangs wurde in Aussicht genommen, ein Fischer und sprach mit ihm über das Projekt des Dreier-Gespräch in der Besetzung Bundesminister Baues einer Fabrik in Steyerberg durch die Kon- Dr. Hans Friderichs, Bundesminister Dr. Hans Apel zerntochter Dynamit Nobel AG und über die Proble- und Eberhard von Brauchitsch zu führen, um, wie matik der Veräußerungsseite. In seinem Unterrich- von Brauchitsch für sich festhielt, „dann gemein- tungsvermerk für von Brauchitsch zog Wacker das sam Apel auf eine vernünftige Linie (zu) bringen". Fazit, daß nach den Erklärungen von Fischer der Ein solches Gespräch fand jedoch nicht statt. Flick-Konzern wenig Aussicht auf baldigen Erfolg oder Erfolg überhaupt habe, wenn der Flick-Kon- Aufgrund von Informationen, wonach in der SPD zern einen Antrag vorlege, ohne daß ein verbindli- Fraktion eine Anfrage vorbereitet werde, durch die, ches Weiterveräußerungsmodell der Deutschen wie Eberhard von Brauchitsch formulierte, „die Bank mit einem gewissen Eigentumsstreuungsef- Daimler-Transaktion ... diskreditiert und die An- fekt bekannt sei. Außerdem habe Fischer durchblik- wendung des § 6 b EStG in Frage gestellt" werden ken lassen, daß auch er derartigen vorzeitigen An- sollte, bat er Günter Markscheffel um ein alsbaldi- trägen beträchtliche Widerstände entgegensetzen ges Zusammentreffen, um ihn über den Stand der würde, weil er, Fischer, verhindern wolle, Angelegenheit zu unterrichten. Auf der Grundlage des dann geführten Gespräches wandte sich Mark- „daß der ohnehin umstrittene 6 b wegen eines die scheffel mit einem Schreiben vom 15. Mai 1975 an Emotionen aufputschenden Einzelfalles auf der Strecke bleibt". den SPD-Parteivorsitzenden Willy Brandt, an das sich dieser aber nicht hat erinnern können, und Eberhard von Brauchitsch zeigte sich mit diesem berichtete diesem über das, was von Brauchitsch Besprechungsergebnis unzufrieden und beabsich- über die Gründe und die steuerlichen Auswirkun- tigte, wie er Dr. Friedrich Karl Flick in einer Notiz gen des Ausscheidens des Stammes Otto Ernst vom 5. Juni 1975 mitteilte, sich in den nächsten Flick aus dem Flick-Konzern und für das Vorhaben Tagen erneut mit Bundesminister Dr. Hans Fride- der Reinvestition eines Teils des Gewinns in den richs zu treffen, Neubau des Werkes Steyerberg in Niedersachsen durch die Dynamit Nobel AG angegeben hatte. Au- „um bei der Gelegenheit zu prüfen, wie weit der ßerdem schrieb Markscheffel, daß er von Brau politische Spielraum über das hinausgeht, was Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

die Herren Dr. Blaschke und Wacker aus Bonn Ebenfalls unter dem 7. Juli 1975 vermerkte Rudolf mitgebracht haben". Diehl: „Ka. wg. Graf Lambsdorff 25 000 DM". Die Zahlung dieses Betrages ist von Dr. Otto Graf Es gibt aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, Lambsdorff, seinerzeit Landesschatzmeister der daß es zu diesem Treffen gekommen ist. F.D.P. in Nordrhein-Westfalen und F.D.P.-Bundes- - Zwischenzeitlich nahm Eberhard von Brauchitsch tagsabgeordneter, bestätigt worden. Es liegen je- auch Verbindung zu Ministerialdirigent Lothar doch keine positiven Anhaltspunkte dafür vor, daß Müller auf, damals Abteilungsleiter im Bayerischen man im Flick-Konzern im Sommer 1975 bei der Staatsministerium der Finanzen, das bezüglich der Spende an den wirtschaftspolitischen Sprecher der Frage der Zurechnung des Veräußerungsgeschäfts F.D.P.-Bundestagsfraktion auch die damaligen Be- zum Veranlagungszeitraum 1975 oder 1976 eine mühungen um steuerbegünstigte Wiederanlagen im dem Flick-Konzern abträgliche Meinung vertrat. Auge hatte. Dagegen, daß Dr. Graf Lambsdorff die Spende mit den Wiederanlagebemühungen des Zu dieser Frage war auf dem Kongreß der Fachan- Flick-Konzerns in Verbindung gebracht haben wälte für Steuerrecht 1975 sowohl von Ministerial- könnte, spricht außerdem, daß er Schatzmeister des dirigent Lothar Müller als auch von dem zuständi- F.D.P.-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen war gen Unterabteilungsleiter und späteren Abteilungs- und schon in den Jahren 1972 und 1974 sowie später leiter der Steuerabteilung im Bundesministerium auch in den Jahren 1976 und 1977 vor seinem Amts- der Finanzen, Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uel- antritt als Bundeswirtschaftsminister Spenden vom ner, referiert worden. Nach einem Bericht über die- Flick-Konzern erhielt. sen Kongreß durch den dem Flick-Konzern mittels eines Beratungsvertrages verbundenen Münchener Ebenfalls am 7. Juli 1975 führte Eberhard von Brau- Rechtsanwalt Dr. Franz Dannecker verabredete chitsch ein ähnliches Gespräch mit dem damaligen von Brauchitsch sowohl mit Ministerialdirigent Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Lothar Müller als auch mit Rechtsanwalt Dr. Franz Staatsminister Professor Dr. Friedrich Halstenberg. Dannecker ein Gespräch, das am 19. Juni 1975 „in Gegenüber diesem brachte Eberhard von Brau- betont freundschaftlicher Atmosphäre" — wie von chitsch außerdem die aus seiner Sicht „falsche Ge- Brauchitsch an Dr. Friedrich Karl Flick berichtete schichtsschreibung" hinsichtlich der angeblichen — stattfand. In der Frage der Zurechnung der Ver- Verkaufsabsichten des Daimler-Benz-Aktienpakets äußerung zu den Veranlagungszeiträumen 1975 an Persien zur Sprache; schließlich sprach er das oder 1976 erreichte von Brauchitsch die Zusage von „generell schlechte Klima beim Bundeskanzler und Müller, bei den darüber schwebenden Verhandlun- Bundesfinanzminister" im Verhältnis zum Flick gen mit dem Bundesfinanzministerium und den Fi- Konzern an. Insofern verwies von Brauchitsch — nanzministerien der anderen Länder sich für eine wie es Günter Markscheffel in seinem Schreiben an Übergangsregelung dergestalt einzusetzen, daß bis- Willy Brandt vom 15. Mai 1975 als seinen Ratschlag her abgeschlossene Rechtsgeschäfte nach der bis- dargestellt hatte — darauf, daß der Flick-Konzern herigen, dem Flick-Konzern günstigeren, weil die für sich in Anspruch nehme, ein solider und zuver- Wiederanlagefrist erst ab 1976 eröffnenden Verwal- lässiger Steuerzahler im Lande Nordrhein-Westfa- tungspraxis abgewickelt werden sollten. Im übrigen len zu sein. In seinem Bericht an Dr. Friedrich Karl wurde auch das Thema der Stellung von Anträgen Flick über dieses Gespräch am 8. Juli 1975 beur- nach § 6 b EStG angesprochen. teilte von Brauchitsch das Gespräch mit Prof. Dr. Friedrich Halstenberg als „denkbar positiv"; er Eberhard von Brauchitsch wertete das Gespräch in rechnete sich sogar Hilfestellungen in Bonn vom seinem Bericht an Dr. Friedrich Karl Flick vom Land Nordrhein-Westfalen aus. 23. Juni 1975 in der Weise, daß man sicher davon ausgehen könne, daß insbesondere Ministerialdiri- Nachdem im Parlamentarisch-Politischen Presse- gent Lothar Müller in Bonn beruhigend auf die poli- dienst vom 15. Juli 1975 und in der Frankfurter tische Atmosphäre einwirke. Anhaltspunkte für Rundschau vom 17. Juli 1975 über die seinerzeitige derartige Einwirkungen haben sich für den 1. Un- Frage des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf tersuchungsausschuß nicht ergeben. Böhme an die Bundesregierung nach etwaigen An- trägen des Flick-Konzerns gemäß § 6 b EStG berich- tet worden war, wandte sich von Brauchitsch 50 schriftlich an Bundesminister Dr. Hans Friderichs und bat um ein Gespräch, um die zweckmäßigste Kontakte Eberhard von Brauchitschs mit Politikern Behandlung dieses Vorgangs mit ihm zu bespre- von F.D.P. und SPD im Sommer 1975 chen. Am selben Tag, dem 18. Juli 1975, schrieb von Brauchitsch auch an den damaligen wirtschaftspoli- Am 7. Juli 1975 unterrichtete Eberhard von Brau- tischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dr. chitsch den damaligen wirtschaftspolitischen Spre- und kritisierte darin den „Ver- cher der F.D.P.-Bundestagsfraktion Dr. Otto Graf such, normale Vorgänge des Wirtschaftsgeschehens Lambsdorff über die seinerzeitigen Überlegungen politisch zu emotionalisieren". Dr. Ehrenberg ant- zu Reinvestitionen auf der Grundlage von § 6 b wortete unter dem 31. Juli 1975, die Anfrage seines EStG und § 4 AIG sowie über Fragen der Zurech- Kollegen Dr. Rolf Böhme sei ihm bislang entgan- nung des Veräußerungsvorgangs zu den Veranla- gen, es sei zu hoffen, daß sie keine breite Resonanz gungszeiträumen 1975 oder 1976 und Sorgen des finden werde. Ausweislich der Akten behielt sich Flick-Konzerns im Zusammenhang mit Anträgen Bundesminister Dr. Hans Friderichs die Zeichnung nach § 6 b EStG. der abschließenden Antwort an Abg. Dr. Böhme Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode persönlich vor; darin wurde schließlich aber nur auf werden. Man müsse „jedenfalls von der einengen- die Antwort zu der inhaltlich gleichen Frage des den wettbewerbs- und strukturpolitischen Betrach- SPD-Abgeordneten Dr. Uwe Jens vom Februar 1975 tungsweise möglichst weit wegkommen", wenn man verwiesen, in der das Bundesministerium für Wirt- Erfolg haben wolle. schaft alle Detailauskünfte unter Berufung auf das Steuergeheimnis abgelehnt hatte. - Am 24. Juli 1975 führte Eberhard von Brauchitsch 51 ein ausführliches Gespräch mit Bundesminister Dr. Besprechung im Bundesministerium für Wirtschaft Hans Friderichs unter vier Augen. Nach der dar- am 21. August 1975 über erstellten Aktennotiz für Dr. Friedrich Karl Flick und andere Angehörige der Geschäftsführung Entsprechend ihrer Vereinbarung trafen sich Bun- des Flick-Konzerns verabredeten beide ein „offiziö- deswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs und ses Spitzengespräch unter Hinzuziehung der Ex- Eberhard von Brauchitsch am 21. August 1975 im perten auf beiden Seiten", wie von Brauchitsch Bundesministerium für Wirtschaft zur Erörterung wörtlich formulierte. Von Brauchitsch wandte sich der Wiederanlagemöglichkeiten gemäß § 6 b EStG im übrigen in dem Gespräch dagegen, daß die Rein- bzw. § 4 AIG für den Gewinn aus Daimler-Benz vestitionsüberlegungen des Flick-Konzerns durch Transaktion. Seitens des Bundesministeriums für die „angeblich prohibitive Beurteilung des Abgabe- Wirtschaft nahm neben den bereits vorher benann- vorgangs" behindert und daher der Flick-Konzern ten Beamten Ministerialdirigent Wolfgang Kartte, vom Wohlwollen der Deutschen Bank abhängig ge- der Leiter der zuständigen Unterabteilung I B — macht werde; außerdem sei es nicht vertretbar, den Wettbewerbs- und Preispolitik —, teil. Eberhard von Abgabevorgang negativ zu beurteilen, da die Bun- Brauchitsch wurde von Professor Dr. Günter Klein, desregierung — angeführt durch den Bundeskanz- Wirtschaftsprüfer des Flick-Konzerns, Dr. Heribert ler — „die Vertragspartner Anfang Januar 1975 zu Blaschke, Fritz Wacker und dem Flick-Justitiar Dr. der Transaktion ,ermuntert` habe". Von Brauchitsch Axel Schmidt-Hern begleitet. Ziel des Gesprächs kündigte an, daß diese und weitere Überlegungen, aus Sicht des Flick-Konzerns war es, die Schwierig- die er Minister Dr. Friderichs in dem Vier-Augen- keiten bei der Beurteilung der Veräußerungsseite Gespräch bereits vortrug, Gegenstand des „offiziö- zu überwinden und im übrigen erste Angaben zu sen Spitzengesprächs" sein würden. Als Nachschrift den Vorstellungen über die Wiederanlageprojekte zu derselben Aktennotiz erwähnte von Brauchitsch vorzutragen. Nach seinem im nachhinein Bundes- außerdem das Gespräch zwischen ihm und Minister wirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs mit Schrei- Dr. Otto Graf Lambsdorff am 7. Juli 1975 und führte ben vom 22. August 1975 zur Verfügung gestellten aus: Sprechzettel trug Eberhard von Brauchitsch in dem offiziellen Gespräch folgendes vor: „In dem Gespräch bei Friderichs habe ich fest- stellen können, daß Lambsdorff mit unseren Ar- ,,... 7. Wir wollen Anträge nach 6 b bzw. 4 AuslInv- gumenten dort bereits gearbeitet und bei Fride- Ges. nicht ungeschützt stellen, weil wir den Ein- richs Eindruck gemacht hatte." druck gewonnen haben, daß der Abgabevorgang In Ausführung dieser Verabredung erhielt Dr. Fri- Daimler an die Deutsche Bank als prohibitiv an- derichs am 25. Juli 1975 einen Brief von von Brau- gesehen werden könnte. Ich denke in diesem Zu- sammenhang an die ordnungspolitischen Beden- chitsch vom selben Tage, in dem dieser — unter Bezug auf die Unterredung vom Vortag — um eine ken wegen Industriebeteiligungen bei Banken. Wenn das so wäre, dann hätte es keinen Sinn, mündliche Erörterung zur Vorbereitung des schrift- Wiederanlageanträge zu stellen, die wegen der lichen Antragsverfahrens bat. Mit einem vom zu- ständigen Referat vorbereiteten Schreiben wurde Störung des Abgabevorganges gar nicht geprüft von Brauchitsch für den 21. August 1975, 18.00 Uhr, werden könnten. Und wir meinen, daß das in Rede stehende Volumen und auch das Phänomen in das Bundeswirtschaftsministerium zur Erörte- Flick eine Voraberörterung notwendig machen rung der mit der Reinvestition des Erlöses aus dem Verkauf der Daimler-Beteiligung zusammenhän- und daß wir uns zunächst nicht auf das formular- genden Fragen eingeladen. In Beantwortung einer mäßige Antragsverfahren begeben können mit den beiderseitigen Risiken, die sich aus einer al- entsprechenden Bitte von von Brauchitsch teilte lenfallsigen Ablehnung ergeben würden. Minister Dr. Hans Friderichs zugleich die von ihm für das Bundeswirtschaftsministerium vorgesehe- 8. Damit komme ich auf den Kernpunkt, nämlich nen weiteren Gesprächsteilnehmer Staatssekretär auf den Abgabevorgang unserer Daimler-Beteili- Dr. Otto Schlecht, Ministerialdirektor Dr. Hans gung. Tietmeyer und Ministerialrat Hans August Fischer mit. a) Die Entscheidung in unserer Gruppe, den wesentlichen Teil der Daimler-Beteiligung ab- In einer ausführlichen Vorbereitungsnotiz vom 18. zugeben, beruht überwiegend auf zwei Grün- August 1975 setzte sich Fritz Wacker kritisch mit den: Einmal den Strukturbedürfnissen der der Praxis der Auslegung der §§ 6 b/4 in den Mini- Gruppe, die eine Freimachung von Mitteln er- sterien auseinander. Er vertrat u. a. den Stand- forderlich gemacht haben. Hierzu können im punkt, die inzwischen veränderte wirtschaftliche einzelnen noch ausführlichere Darlegungen Lage der deutschen Industrieunternehmen könne gegeben werden. Zum anderen hat die Vermö- von einer „politischen Führungskraft", die diesen gensteuernovelle per 1. 1. 1975 die Daimler Namen verdiene, nicht einfach unbeachtet gelassen Beteiligung für uns praktisch ertraglos ge- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

stellt. Wir können uns aber nicht Beteiligun- In seinen einleitenden Worten hatte von Brau- gen leisten, die auf Dauer und zwangsläufig chitsch darauf verwiesen, daß der Flick-Konzern — ertraglos sind, weil wir dann weder in der „unabgestimmt" — im Hinblick auf die politische Lage dazu wären, Ausgleichsaktionen inner- Emotionalisierung die Zeit für eine gemäßigtere At- halb der Gruppe durchzuführen noch die Ver- mosphäre zur Diskussion der Wiederanlagemög- waltungsaufwendungen des Konzerns und die lichkeiten abgewartet- habe. Außerdem habe man ertragsunabhängigen Steuern der am Kapital wegen der „unsinnigen Spekulation", der Flick-Kon- beteiligten Gesellschafter zu decken. zern könne „6 b für eine steuerfreie Abfindung von Gesellschaftern mißbrauchen", die Wiederanlage b) Wir haben mit ausländischen Interessenten des Gewinns und die Prozedur zum Ausscheiden über die Abgabe Daimler gesprochen und von Gesellschaftern zeitlich entzerrt. Weitere Zeit auch die Möglichkeit zur Abgabe erzielt. Wei- für die Behandlung von Wiederanlageüberlegungen tere Details zu diesem Punkt möchte ich mir könne man jedoch nicht verstreichen lassen, da be- an dieser Stelle ersparen, weil ich nicht glau- reits vereinzelt Chancen hätten vorübergehen müs- be, daß die Zeit für eine Korrektur der Ge- sen. Außerdem dürfe der Flick-Konzern nicht in der schichtsklitterung in diesem Zusammenhang Offentlichkeit den Eindruck entstehen lassen, als reif ist. hätte er keine industrielle Wiederanlagekonzep- tion. c) Wir haben die Deutsche Bank Ende 1974 mit Rücksicht auf unser freundschaftliches Bundesminister Dr. Hans Friderichs ließ zunächst Verhältnis zu diesem Institut und mit Rück- sicht darauf, daß es sich um den zweitgrößten seine Mitarbeiter die Auffassung des Ministeriums vortragen und Fragen stellen. Sodann erklärte er Aktionär bei Daimler handelt, von der Ab- für sich selbst, wie in einem Vermerk von Dr. Axel sicht, unsere Beteiligung ins Ausland zu ver- vom 25. August 1975 festgehalten kaufen, unterrichtet. Die Deutsche Bank hat Schmidt-Hern Anfang 1975 beschlossen, in die Konditionen, ist: die mit dem ausländischen Partner vorgese- „— das in Rede stehende Volumen werde für hen waren, einzutreten. Im Einvernehmen sein Ministerium bei der Entscheidung über zwischen der Deutschen Bank und uns hat die einen Antrag keine nachteilige Rolle spie- Deutsche Bank allerdings über den Herrn len, Präsidenten der Deutschen Bundesbank den Herrn Bundeskanzler mit der Angelegenheit — jede Entscheidung werde, wie er bereits wie- betraut und dem Herrn Bundeskanzler mitge- derholt in der Öffentlichkeit gesagt habe, teilt, daß diese Transaktion nur durchgeführt dem Gesetz und der bisherigen Verwaltungs- werde, wenn hierzu von der Bundesregierung praxis entsprechen, ausdrücklich eine Ermunterung erfolge. Die Deutsche Bank hatte besondere Gründe für — bei der Entscheidung könne und werde er dieses Petitum, denn es war gerade der Spre- keine Rücksicht nehmen auf Reaktionen in cher der Deutschen Bank, der in den vergan- der Öffentlichkeit oder im parlamentari- genen Jahren wiederholt die ordnungspoliti- schen Raum und daraus evtl. folgende sche Position der Bundesregierung unter- Diskussionen um das künftige Schicksal des stützt hatte, Industriebesitz bei Banken nicht § 6 b EStG, nur nicht auszuweiten, sondern möglichst ab- — er betrachte das heutige Treffen als offiziel- zubauen. les Vorgespräch; beide Seiten seien deshalb d) Der Herr Bundeskanzler ist auf den von frei, über die Tatsache des Treffens zu be- mir geschilderten Wegen noch in seinem Ur- richten ...". laub auf Mallorca Anfang Januar 1975 mit der Angelegenheit betraut worden und hat anläß- Dr. Friderichs erklärte sich außerdem bereit, für ein lich der Einweihung des Elbtunnels Hamburg weiteres Gespräch zur Verfügung zu stehen. In der am Wochenende 11./12. Jan. 1975 zusammen Besprechung ging es im wesentlichen um die Beur- mit dem Herrn Bundesfinanzminister die er- teilung der Veräußerungsseite; festzuhalten ist, daß betene „Ermunterung" ausgesprochen. nach dem bereits erwähnten Vermerk von Dr. Axel Schmidt-Hern Ministerialrat Hans August Fischer zu der „moralischen Rückendeckung des Bundes- kanzlers" gegenüber der Deutschen Bank für die Wir sind bei Abschluß der Transaktion davon Transaktion ausführte, daß „zwischen der volks- ausgegangen, daß der Abgabevorgang unter der wirtschaftlichen Förderungswürdigkeit", die ent- Bedingung, daß ,auf Dauer nicht eine Majorität sprechend der Erklärung des Bundeskanzlers be Daimler bei der Deutschen Bank liegen wird', jaht werden könne, „und der Auswirkung auf die volkswirtschaftlich nicht als störend angesehen, Unternehmensstruktur der Bankenindustrie" durch sondern im Gegenteil von der Bundesregierung den Mehrheitserwerb der Deutschen Bank an begrüßt wird. Bei dieser Sachlage konnten wir Daimler-Benz unterschieden werden müsse. In dem nicht und können wir auch heute nicht erkennen, Vermerk ist Fischer wie folgt zitiert: daß Wiederanlagen gemäß § 6 b EStG und § 4 Aus- lInvGes. ,unter Berücksichtigung des Abgabevor- „An der negativen Auswirkung auf diese Struktur ganges' volkswirtschaftlich nicht förderungswür- könne auch die Erklärung des Kanzlers nichts dig wären." ändern." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Für die pressemäßige Behandlung des Treffens der Voraussetzungen für eine 6 b-Bescheinigung wurde verabredet, Fritz Wacker solle zusammen allergrößte Sorgfalt anzulegen." mit dem Pressereferenten des Bundesministeriums eine für beide Seiten zu gebrauchende Formulie- rung abstimmen. Bundesminister Dr. Hans Fride- 52 richs erklärte hierzu in der Besprechung, Angaben - über den Inhalt des Gesprächs würden nicht ge- Beteiligung des Bundesfinanzministeriums macht, da dies dem Steuergeheimnis unterliege. — und des Bundeskanzleramtes Dr. Herbert Blaschke teilte wenig später von Brau- Das „offizielle Spitzengespräch" vom 21. August chitsch mit, er habe Günter Max Paefgen über das 1975 nahm das Bundeswirtschaftsministerium zum Gespräch u. a. mit den Worten berichtet: Anlaß, nunmehr auch offiziell das Bundesministe- „Mir persönlich scheine, daß das Eis durch das rium der Finanzen einzuschalten. Mit Schreiben Klima, das Sie über den Minister geschaffen hät- vom 28. August 1975 wandte sich Staatssekretär Dr. ten, nunmehr gebrochen sei". Otto Schlecht an den damaligen Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Karl Otto Pöhl, Anschließend fand ein Vier-Augen-Gespräch zwi- und — unter Übersendung einer Ablichtung — zu- schen Eberhard von Brauchitsch und Bundesmini- gleich an den dortigen Parlamentarischen Staatsse- ster Dr. Hans Friderichs statt. Der 1. Untersu- kretär, Rainer Offergeld, und regte eine gemein- chungsausschuß hat nicht abschließend klären kön- same Besprechung über Probleme des § 6 b EStG nen, ob innerhalb dieses Gesprächs auch noch An- bei der Reinvestition der durch die Transaktion ge- gelegenheiten des Flick-Konzerns wegen einzelner wonnenen Finanzmittel durch den Flick-Konzern Steuerbescheinigungsanträge behandelt wurden. an. Als Anknüpfungspunkt für diese Besprechung Jedenfalls hielt Eberhard von Brauchitsch über das nahm das Bundesministerium für Wirtschaft die Gespräch u. a. folgendes fest: Staatssekretärsvereinbarung mit dem Bundesmini- sterium der Finanzen aus dem Jahre 1973, in der sich das Bundesministerium für Wirtschaft ver- pflichtet hatte, Entscheidungen nach § 6 b EStG 2. Friderichs erläuterte mir die für einen solchen bzw. § 4 AIG abweichend vom Gesetzeswortlaut Fall ungewöhnlich ,große` Besetzung seines nicht lediglich im Benehmen mit dem Bundesmini- Hauses bei dieser Sitzung. Unser Anliegen — sterium der Finanzen, sondern keinesfalls gegen 6 b — sei von derartig eminenter politischer desssen Votum zu treffen, wenn der Erwerb oder Brisanz, daß er, falls er zu einer positiven Ent- die Veräußerung von Anteilen Auswirkungen auf scheidung im einen oder anderen 6 b-Fall die Kredit- oder Versicherungswirtschaft hat. käme, die volle Identität aller Sparten seines Hauses für diese Entscheidung benötige. Er, Diese Besprechung fand am 17. September 1975 im Friderichs, würde deshalb bei den Erörterun- Bundeshaus statt; Teilnehmer waren Staatssekre- gen der Angelegenheit zur Vorbereitung des tär Dr. Otto Schlecht und Ministerialrat Hans Au- nächsten Gesprächs Ende September auch gust Fischer aus dem Bundeswirtschaftsministe- keinerlei Weisungen in seinem Hause erteilen, rium, der Parlamentarische Staatssekretär Rainer sondern vielmehr mit Überzeugungskraft ar- Offergeld und Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uel- gumentieren. ner aus dem Bundesfinanzministerium sowie — auf Wunsch von Rainer Offergeld — Ministerialdirek- 3. Friderichs gab mir zu verstehen, daß eine to- tor Dr. Dieter Hiß aus dem Bundeskanzleramt. tale Wiederanlage des gesamten Daimler Staatssekretär Dr. Otto Schlecht unterrichtete die Buchgewinns sicherlich zu einem politischen übrigen Gesprächsteilnehmer über die Beteili- Eklat führen würde. Friderichs hofft und rech- gungstransaktion, die Weiterveräußerungsabsich- net wohl damit; daß wir einen — nicht näher ten der Deutschen Bank und die ersten Reinvesti- quantifizierten — Anteil des Buchgewinns tionsüberlegungen, wie sie durch Eberhard von spätestens mit Ablauf der 6 b-Frist versteuern. Brauchitsch in der Besprechung bei Bundesmini- Ich vermag nicht zu übersehen, ob in diesem ster Dr. Hans Friderichs am 21. August 1975 darge- Hinweis vielleicht schon der erste Wink auf stellt worden waren. Er übergab dabei einen im einen möglicherweise anzustrebenden Kom- Bundeswirtschaftsministerium gefertigten Ver- promiß liegen könnte. Ich würde es auch für merk vom 17. September 1975, in dem der Vortrag falsch halten, wenn allenfallsige Kompromiß- von Brauchitschs zusammengefaßt und auch auf überlegungen von unserer Seite präsentiert das Reinvestitionsprojekt bei Dynamit Nobel durch werden. Das muß natürlicherweise von seiten Bau des Werkes Steyerberg hingewiesen war. Nach des Bundes geschehen ... " einem von Ministerialrat Hans August Fischer gefertigten Vermerk hatte die Besprechung vom Eberhard von Brauchitsch faßte seine Beurteilung 17. September 1975 im Bundeshaus folgendes Er- wie folgt zusammen: gebnis: „Insgesamt hat das Vier-Augen-Gespräch den „Als gemeinsame generelle Auffassung wurde Eindruck aus der Plenarsitzung verstärkt, daß festgehalten, daß die gesetzliche Vorschrift dahin man uns bei der Wiederanlage des Daimler-Erlö- zu interpretieren ist, daß bei einer Transaktion ses in irgendeinem Rahmen helfen möchte, daß auf jeden Fall die Erwerbsseite eine positive Be- Friderichs es aber in seinem wie in unserem In- urteilung im Sinne der gesetzlichen Definitionen teresse für unumgänglich hält, bei der Prüfung — besondere volkswirtschaftliche Förderungs- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

würdigkeit und Verbesserung der Unternehmens- ministeriums, wie sie in dem Schreiben des Parla- struktur oder breite Eigentumsstreuung — erfah- mentarischen Staatssekretärs Rainer Offergeld ren müsse, während es bei der Veräußerungsseite vom 30. Oktober 1975 formuliert worden ist, weiter- — für sich genommen — genüge, daß sie zumin- gegeben worden sind. dest neutral sei. - Verbindliche Erklärungen wurden nicht abgege- 53 ben. Als Ausgangsbasis für die Beurteilung eines etwaigen 6 b-Antrags hinsichtlich der Veräuße- Parlamentarische Anfrage von Dr. Rolf Böhme aus rungsseite wurde jedoch die gemeinsame Auffas- Anlaß der Bilanz-Pressekonferenz des Flick-Konzerns sung herausgearbeitet, daß die Veräußerung der Daimler-Anteile an die Deutsche Bank nur dann Über das Gespräch vom 21. August 1975 berichtete nicht als negativ angesehen werden kann, wenn Eberhard von Brauchitsch in der alljährlichen sie tatsächlich nur eine Zwischenstation für eine Bilanz-Pressekonferenz des Flick-Konzerns am breitere und wettbewerbs- sowie strukturpoli- 8. September 1975. Am 12. September 1975 stellte tisch unbedenkliche Weiterplazierung des veräu- Dr. Rolf Böhme daraufhin die Schriftliche Frage für ßerten Aktienpakets darstelle. Ausgangsposition die Fragestunde am 17. und 18. September 1975, wel- des BMF in diesem Zusammenhang war es, daß che Reinvestitionsmöglichkeiten des Flick-Kon- das gesamte Paket — entsprechend auch dem zerns in dem Gespräch bei Bundesminister Dr. BMF gegenüber abgegebenen Ankündigungen Hans Friderichs erörtert worden seien und ob si- der Deutschen Bank — tatsächlich in dem ge- chergestellt sei, daß durch derartige Gespräche nannten Sinne weiterplaziert werden müsse. Die kein Einfluß auf die Frage der Steuerfreiheit nach Frage einer nur quotalen Berücksichtigung bei § 6 b EStG ausgeübt werde. In der Antwort des Par- Veräußerung eines wesentlichen Teils wurde lamentarischen Staatssekretärs Martin Grüner ohne endgültige Festlegung angesprochen. wurde darauf verwiesen, daß es ständige Praxis sei, Betroffene über Inhalt und Grenzen der gesetzli- Es bestand ferner Übereinstimmung, daß — vor- chen Bestimmungen zu informieren. Die Frage behaltlich der notwendigen positiven Qualifika- nach den Reinvestitionsmöglichkeiten des Flick tion von Reinvestitionen unter den o. a. gesetzli- Konzerns wurde unter Hinweis auf das Steuerge- chen Voraussetzungen — 6 b-Bescheinigungen heimnis nicht beantwortet. unter der ausdrücklichen Bedingung, daß das Pa- ket von der Deutschen Bank innerhalb einer an- Im September 1975 äußerte sich Dr. Böhme gegen- gemessenen Frist weiter plaziert sein müsse, dem über der Presse, die „Steuerfreiheit" nach § 6 b sollte Gesetzesinhalt und der Verwaltungspraxis ge- durch die Einführung einer Obergrenze von etwa 20 recht würden; Beweislast und Steuerrisiko hat Millionen DM beschnitten werden mit dem Ziel, die dabei der Antragsteller zu tragen." Vergünstigung für kleinere und mittlere Unterneh- men zu reservieren. Einen entsprechenden Antrag, Zum Wortlaut des vom Bundesministerium für die 6 b-Steuerfreiheit auf den „mittelständischen Wirtschaft allen Gesprächsteilnehmern zur Billi- Bereich" zu beschränken, wolle er in einer Kommis- gung übersandten Vermerks machte Ministerialdi- sion der SPD-Bundestagsfraktion einbringen. Seine rektor Dr. Dieter Hiß Bedenken hinsichtlich der Initiative sei durch den Flick-Fall ausgelöst; eine Ausführungen zur Frage einer nur „quotalen Be- Steuerfreiheit halte er hier für einen „Mißbrauch rücksichtigung" geltend. Der Parlamentarische des 6 b" und einen „Widerspruch zur ratio legis". Staatssekretär Rainer Offergeld teilte Staatssekre- Allerdings würde eine Gesetzesänderung hier ver- tär Dr. Otto Schlecht schriftlich unter dem 30. Okto- mutlich keine Auswirkungen mehr haben, denn die- ber 1975 mit, daß er den Vermerk lediglich zur ser Verkauf sei „aufgrund der geltenden steuer- Kenntnis nehme und besonderen Wert auf die Fest- rechtlichen Geschäftsgrundlage" getätigt worden; stellung lege, daß verbindliche Erklärungen in der ihm gehe es nur um die Verhinderung künftiger Besprechung am 17. September 1975 nicht abgege- vergleichbarer Fälle. Das „Handelsblatt" fügte hin- ben worden seien. Eine endgültige Auffassung des zu, daß der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD Finanzministeriums könne erst dann mitgeteilt Bundestagsfraktion, Dr. Ehrenberg, ,Bundeskanzler werden, wenn ein formeller Antrag mit allen dazu- Schmidt und Bundesfinanzminister Dr. Apel aller- gehörigen Unterlagen vorliege. dings im Prinzip an § 6 b festhielten. Von der Anregung von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht an das Bundesfinanzministerium, über die 54 Fragen der Anwendung des § 6 b EStG bzw. § 4 AIG im Falle des Flick-Konzerns ein gemeinsames Ge- Weitere Kontakte von Manfred Nemitz spräch zu führen, erfuhr Dr. Heribert Blaschke An- und Günter Markscheffel zu SPD-Politikern fang September 1975 „von Freunden aus dem BFM". Er kündigte gegenüber Eberhard von Brauchitsch Am 16. September 1975 versuchte der Industriebe- an, sich über den genauen Inhalt des Schreibens rater und Flick-Lobbyist Manfred Nemitz, der in des Wirtschaftsministeriums an das Finanzministe- Bonn Kontakte zu Politikern hielt, Eberhard von rium zu unterrichten; dieser bat Dr. Blaschke, wei- Brauchitsch zu erreichen. Entsprechend einem von ter zu berichten. Der Untersuchungsausschuß hat dessen Sekretariat gefertigten Vermerk hinterließ nicht feststellen können, daß an Dr. Blaschke auch er bei seinem Besuch in der Flick-Zentrale in Düs- Informationen über den Inhalt des Gesprächs vom seldorf an diesem Tage insgesamt drei Mappen mit 17. September 1975 sowie die Haltung des Finanz „Fotokopien von 6 b-Unterlagen aus dem Ministe- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode rium"; er übergab diese Unterlagen „streng vertrau- en". Günter Markscheffel zitierte auch aus einem lich". Um welche Unterlagen es sich im einzelnen Gespräch mit dem Staatssekretär im Bundeswirt- gehandelt hat, insbesondere aus welchem Ministe- schaftsministerium Dr. Detlev Karsten Rohwedder, rium sie stammen, hat der Untersuchungsausschuß der gemeint habe, daß „auch ,im Hause Apel' alles nicht feststellen können. klar gehe", jedoch Apel wohl in seiner Partei noch Schwierigkeiten- zu überwinden habe. Seinen Ein- Für ein Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit druck faßte Günter Markscheffel in dem Schreiben dem Bundesminister der Finanzen Dr. Hans Apel dahin gehend zusammen, daß er sich nicht vorstel- war ein Termin am 8. Oktober 1975 vorgesehen wor- len könne, daß unter Berücksichtigung all dieser den. In der Abteilungsleiter-Konferenz im Bundes- „Äußerungen — Ehrenberg, Möller, Staatssekretär ministerium der Finanzen am 30. September 1975 Schmidt, Haehser, Rohwedder ... —" „noch etwas erkundigte sich Dr. Apel bei dem Leiter der Steuer- schief gehen könnte". Mit Staatssekretär Schmidt abteilung, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, im Zu- war der damalige Parlamentarische Staatssekretär sammenhang mit der Erörterung eines Artikels im beim Bundesminister der Verteidigung Hermann Handelsblatt über den Flick-Fall, welcher Gang für Schmidt (Würgendorf), Landrat in Siegen und Bun- das Bescheinigungsverfahren für eine steuerfreie destagsabgeordneter der SPD, gemeint. Behandlung des Veräußerungsgewinns gesetzlich Bereits mit Schreiben vom 2. Oktober 1975 hatte vorgeschrieben sei. In der Kollegiumssitzung im Markscheffel Eberhard von Brauchitsch darüber Bundesministerium der Finanzen am 1. Oktober unterrichtet, daß Willy Brandt ihm noch einmal ver- 1975 berichtete der Parlamentarische Staatssekre- sichert habe, daß die Sache Flick in Ordnung gehe. tär Rainer Offergeld über Probleme der Besteue- Markscheffel hatte weiter berichtet, daß er Staats- rung des Gewinns aus der Veräußerung des Daim- sekretär Hermann Schmidt gefragt habe, was er ler-Benz-Pakets durch den Flick-Konzern. Am davon halte, daß Dr. Rolf Böhme dauernd Wind ma- 2. Oktober 1975 wurde der verabredete Gesprächs- che. Dieser habe dazu gemeint: termin zwischen von Brauchitsch und Minister Dr. Hans Apel durch letzteren abgesagt. Manfred Ne- „auch die Sache' komme in Ordnung. Er, mitz unterrichtete darüber das Sekretariat von Schmidt, sei sich mit Brandt, Wehner, Ehrenberg Eberhard von Brauchitsch; die Begründung der Ab- und Möller darüber einig, daß mit dem ,Gequat- sage durch den damaligen Leiter der Abteilung I — sche Böhmes' Schluß gemacht werden müsse." Grundsatzfragen der Finanzpolitik — im Bundes- ministerium der Finanzen, Ministerialdirektor Markscheffel selbst äußerte die Hoffnung, daß sich Manfred Lahnstein, lautete, wie vom Sekretariat Dr. Böhme ein anderes Objekt aussuchen werde, an von von Brauchitsch nach der telefonischen Mittei- dem er sich „profilieren" könne. lung von Manfred Nemitz festgehalten wurde, wie Auch Manfred Nemitz suchte Kontakt zu Dr. Böh- folgt: me. Er verabredete sich zusammen mit dem F.D.P: „Es sei inzwischen geprüft worden, daß Entschei- Bundestagsabgeordneten Werner Zywietz mit Dr. dungen wegen §§ 4 und 6 b vom Wirtschaftsmini- Böhme am 9. Oktober 1975 im Bundeshaus; später sterium getroffen werden — lediglich im Beneh- fragte er bei Eberhard von Brauchitsch an, wie er men mit dem Finanzministerium. A. würde gern sich diesem gegenüber auf dem bevorstehenden sehen, daß es im zuständigen Ressort bleiben Mannheimer SPD-Parteitag verhalten solle, da er würde und dort auch vertreten wird. Aus seinem diesem ja nicht pausenlos aus dem Wege gehen Hause würde es sicherlich keine Schwierigkeiten könne. Daß es zu diesen Gesprächen gekommen ist, geben, wenn das Wirtschaftsministerium ent- hat der Untersuchungsausschuß nicht feststellen schieden hat. Er ist froh, wenn er ohne Ärger zu können. Auch Eberhard von Brauchitsch selbst be- kriegen da mitmarschieren kann. Wenn er aber mühte sich seinerzeit um ein persönliches Ge- selbst in der Sache befasst worden wäre, sähe er spräch mit Dr. Böhme. Dr. Böhme lehnte dies je- sich gezwungen, dazu auch möglicherweise Stel- doch im Oktober 1975 mit der Begründung ab, das lung zu nehmen und sich damit zu befassen und Steuerbescheinigungsverfahren sei noch nicht erle- dieses lehnt er ab. Im übrigen ist angedeutet wor- digt. den, daß es wahrscheinlich davon abhängt, daß er — wenn er allein konfrontiert wird — etwas be- 55 fangen ist und Schiß hat." Für den Flick-Konzern bemühte sich auch Günter Spende an Alfred Nau Markscheffel, die Gründe für die Absage von Bun- In diese Phase lebhafter Kritik an den Flick-Anträ- desminister Dr. Hans Apel in Erfahrung zu bringen, gen durch SPD-Steuerexperten fällt eine Notiz in jedoch ohne endgültigen Erfolg. Mit handschriftli- den Diehl-Listen vom 2. Oktober 1975 über eine chem Schreiben vom 6. Oktober 1975 versuchte er inoffizielle Spende von 100 000 DM an den damali- Eberhard von Brauchitsch zu beruhigen. Er zitierte gen SPD-Schatzmeister Alfred Nau, der sein Amt den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bun- dann auf dem SPD-Parteitag in Mannheim vom 11. desminister der Finanzen Karl Haehser mit den bis 15. November 1975 abgab. Auf der Quittung für Worten, „dieser habe ihm erklärt, ,die` Sache ginge Rudolf Diehl findet sich neben der Unterschrift von in Ordnung, er, Haehser, habe für die Absage nur Konrad Kaletsch auch die von Alfred Nau. die Erklärung, daß Apel nicht den Anschein erwek- ken wolle, er sei mit von Brauchitsch bereits einig, Eberhard von Brauchitsch hat gegenüber der bevor andere in aller Form konsultiert worden sei Staatsanwaltschaft zu dieser und anderen Alfred Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Nau betreffenden Aufzeichnungen aus der Zeit bis Mit Schreiben vom 7. Oktober 1975 reichte von 1979 anwaltlich vortragen lassen, es sei nicht er- Brauchitsch beim Bundeswirtschaftsministerium sichtlich, was zu dieser Eintragung geführt haben eine ausführliche Darstellung „der unternehmeri- könnte. Seine These, er habe im Wege der „Not- schen Möglichkeiten und der volkswirtschaftlichen wehr" gegen die angeblich rechtswidrigen Angriffe Bedeutung" dieses Beteiligungserwerbs nach. Ei- von SPD-Politikern Zahlungen an Nau leisten müs- nen Tag vorher- hatte Fritz Wacker ein Gespräch sen, hat er auch vor dem 1. Untersuchungsausschuß mit Dr. Otto Graf Lambsdorff; für von Brauchitsch nur auf spätere Zahlungen bezogen. Ohnehin hat er faßte Fritz Wacker das Gesprächsergebnis dahin an anderer Stelle — in einem gewissen Wider- zusammen, daß „die ursprüngliche Abneigung von spruch zu der Notwehr-These — behauptet, zwi- L. gegen unser Engagement bei Grace ... bis zur schen Zahlungen im Parteibereich und der Begrün- einsichtsvollen Zustimmung" weiterentwickelt wor- dung der Flick-Anträge habe es keinen Zusammen- den sei. hang gegeben. Im Bundesministerium für Wirtschaft wurden so- Vor der Staatsanwaltschaft hatte Alfred Nau, der wohl das Schreiben vom 23. September 1975 ein- 1983 verstorben ist, zunächst ausgesagt, sich an schließlich der zugleich übersandten Presseerklä- diese Spende nicht erinnern zu können. Wenig spä- rung als auch das Schreiben vom 7. Oktober 1975 ter hat sein Rechtsbeistand der Staatsanwaltschaft nebst der beigefügten umfänglichen Sachverhalts- aber mitgeteilt, Nau meine sich zu erinnern, daß er darstellung von 18 Seiten im Geschäftsgang an das zu diesem Zeitpunkt seine Amtsgeschäfte als SPD zuständige Referat I A 3 weitergeleitet. Der Refe- Bundesschatzmeister bereits an seinen im Novem- ratsleiter Ministerialrat Hans August Fischer ber 1975 gewählten Nachfolger Wilhelm Dröscher führte am 16. Oktober 1975 eine Hausbesprechung vorbereitend übergeben und ihm deshalb diesen durch, in der geprüft wurde, wie der Beteiligungser- Betrag zur weiteren Verwendung gegeben habe. werb im Rahmen eines eventuellen Bescheini- Nau hat vor der Staatsanwaltschaft außerdem aus- gungsverfahrens nach § 4 AIG zu beurteilen sei. gesagt, einen Zusammenhang zwischen Spenden Das vorläufige Ergebnis wurde wie folgt zusam- und Steuerbescheiden hätte er „nie akzeptiert". mengefaßt:

Im Ergebnis kann davon ausgegangen werden, daß „1. Beitrag zur internationalen Arbeitsteilung: diese von Alfred Nau quittierte Spende tatsächlich Dürfte wegen der Komplementarität der Pro ihm zugewandt und von ihm an seinen Nachfolger duktionsprogramme beider Firmen in hohem weitergegeben wurde. Für einen Zusammenhang Maße gegeben sein. mit dem Bescheinigungsverfahren spricht das zeit- liche Zusammenfallen mit der erheblichen Kritik 2. Beitrag zur weltwirtschaftlichen Verflech- an diesem Verfahren durch verschiedene SPD-Ab- tung: Ist gegeben, wenn eine echte unterneh- geordnete. merische Beteiligung vorliegt. Darauf deutet die personelle Verflechtung hin; es ist jedoch noch zu prüfen, welche Einflußmöglichkeiten (juristisch und faktisch) die 11 %ige Beteili- 56 gung eröffnet. Dabei ist auch zu klären, wer die anderen Eigentümer von Grace sind. Vorprüfung des Reinvestitionsprojektes Grace beim Bundesministerium für Wirtschaft 3. Volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit: Unter Bezugnahme auf das Gespräch am 21. August Beurteilung hängt entscheidend davon ab, ob 1975 hatte Eberhard von Brauchitsch am 23. Sep- unternehmerischer Kapitalexport (unterneh- tember 1975 Bundesminister Dr. Hans Friderichs merische Investitionen im Ausland) entspre- und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht ein Schreiben chend der bisherigen Bescheinigungspraxis überreicht, in dem er die früheren Ankündigungen grundsätzlich als positiv zu betrachten ist über Reinvestitionsmöglichkeiten im Ausland der- oder ob etwa aufgrund der geänderten Wirt- gestalt konkretisierte, daß die Obernahme von 10 % schafts- und Währungssituation heute eine der Aktien der W. R. Grace & Co., New York, andere Beurteilung angebracht ist. In dieser durch den Flick-Konzern mit Wirkung vom Januar Frage wird eine Absicherung auf höherer 1976 vorgesehen sei. Es sei beabsichtigt, darüber am Ebene für erforderlich gehalten. folgenden Tage, dem 24. September 1975, die Öffent- Ein zusätzlicher positiver Aspekt der Trans- lichkeit zu unterrichten. Von Brauchitsch kündigte aktion könnte in der Verbreiterung der Roh- in dem Schreiben zugleich an, daß der Flick-Kon- stoffbasis der deutschen Wirtschaft zu sehen zern einen Antrag gemäß § 4 AIG zu gegebener Zeit sein. Hier könnten ggf. noch weitere Informa- stellen werde. Wie er in einer Notiz für Dr. Friedrich tionen über die Rohstoffbasis von Grace ein- Karl Flick festhielt, waren die Darlegungen des geholt werden. (Grace verfügt nach seinem Flick-Konzerns über den Grace-Erwerb sowohl für Geschäftsbericht 1974 über Kohle-, Öl- und Bundesminister Dr. Hans Friderichs als auch für Gasproduktionen in den USA.) Staatssekretär Dr. Otto Schlecht verständlich; beide hätten, „naturgemäß ohne sich festzulegen, die Be- Negative Auswirkungen der Transaktion auf deutung der Transaktion unter industriellen und den deutschen Markt sind — vorbehaltlich volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten erkannt", der Prüfung durch das Bundeskartellamt — wollten und müßten „aber natürlich mehr wissen". nicht zu sehen. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Die oben unter Ziff. 2 genannten Fragen sind der 57 Firma Flick inzwischen fernmündlich mitgeteilt worden." Bericht von Günter Markscheffel über die Sitzung Ministerialrat Hans-August Fischer besprach die der SPD-Bundestagsfraktion am 21. Oktober 1975 Frage, ob aufgrund der geänderten Wirtschafts- und Während dieser Vorklärungen auf der Ebene der Währungssituation hinsichtlich der grundsätzlich Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums hielt positiven Beurteilung von unternehmerischem Ka- der Flick-Konzern auch weiter Kontakt zu maßgeb- pitalexport in der bisherigen Bescheinigungspraxis lichen politischen Repräsentanten, vornehmlich der nunmehr eine andere Einschätzung geboten sei, am SPD und der SPD-Fraktion im Deutschen Bundes- 16. Oktober 1975 mit Staatssekretär Dr. Otto tag. So waren die Änderungsbestrebungen der Ar- Schlecht. Dieser bestätigte die grundsätzlich posi- beitsgruppe Steuern der SPD-Fraktion zu § 6 b tive wirtschaftspolitische Beurteilung auch unter EStG Anlaß für Günter Markscheffel, Eberhard von den damaligen Gegebenheiten. Auch der Abtei- Brauchitsch über die Sitzung der SPD-Bundestags- lungsleiter I, Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmey- fraktion am 21. Oktober 1975 mit Brief vom selben er, vertrat diese Auffassung. Tage zu berichten. Nach seiner Schilderung wurden Wie in dem Vermerk des Bundeswirtschaftsmini- die Inanspruchnahme der Möglichkeiten der gel- steriums am Ende festgehalten worden war, waren tenden Fassung durch den Flick-Konzern und die dem Flick-Konzern die nach dem Ergebnis der damals erarbeiteten Vorschläge für eine Einschrän- Hausbesprechung vom 16. Oktober 1975 noch zu kung wie folgt diskutiert: prüfenden Fragen nach den Einflußmöglichkeiten „Im Zusammenhang mit einem Bericht über fernmündlich mitgeteilt worden. Fritz Wacker schil- Möglichkeiten zum Abbau von Subventionen hat derte für Eberhard von Brauchitsch den Gang des Dr. Böhme in seiner Eigenschaft als Berichter- Telefongesprächs mit Ministerialrat Hans August statter des Arbeitskreises ,Steuern` erklärt, man Fischer in einem Vermerk vom 17. Oktober 1975 wie müsse doch ,am Beispiel Flick' einsehen, daß der folgt: § 6 b nicht gehalten werden könne. In der Vergan- „Soeben habe ich mit Min.-Rat Fischer telefoniert genheit seien nur kleinere und mittlere Betriebe und erfahren, daß gestern ein kleiner Kreis von in den Genuß des 6 b gekommen, aber im ,Falle Experten des Ministeriums die Anlage zu Ihrem Flick' zeige es sich doch, daß ,die Großen` sich obigen Brief besprochen hat. Dabei hat man, so etwas zunutze machen wollen, das nicht mehr zu Herr Fischer, ,eine positive Gesamtmeinung ent- rechtfertigen sei. — Böhme erhielt für seine Be- wickelt'. merkungen beträchtlichen Beifall. Das heißt indessen nicht, dass keine Fragen be- Gleich darauf meldete sich Ehrenberg und er- stehen. Die Hauptfrage, die wir noch zu beant- klärte sehr scharf, er wisse gar nicht, was ,das worten haben, bezieht sich auf den Beteiligungs- alles' in dieser Situation solle. Mit einiger Mühe prozentsatz: Wie kann man mit 11,3 % den unter- sei es gelungen, die Diskussion über die angeb- nehmerischen Einfluß gewinnen, der erforderlich lich ,investitionsfeindliche SPD` zu versachlichen. ist, um die beschriebenen Kooperationsabsichten Wenn man jetzt wieder mit ,einer solchen Ge- zu verwirklichen? Offenkundig sucht man hier schichte wie Flick' anfange, werde man 1.) die nach rechtlich relevanten Fakten, aus denen sich Investitionsdiskussion mit der Spitze gegen die eine hinreichend starke Position ableiten läßt. angeblich ,unternehmensfeindliche SPD` wieder Des weiteren möchte man noch gern etwas über entfachen und 2.) der F.D.P. eine glänzende Gele- die Beteiligungsverhältnisse bei Grace wissen. genheit geben, sich wieder einmal als den ,Retter Schließlich möchte man die Frage beantwortet vor den finsteren Steuerplänen der SPD` aufzu- haben, was im einzelnen geschehen wird, um die spielen. Er, Ehrenberg, halte gar nichts von einer Kooperationsabsichten in die Tat umzusetzen. Diskussion über § 6 b zu diesem Zeitpunkt. Er könne zwar verstehen, daß man sich über Sinn Daneben bestehen anscheinend noch einige Fra- und Zweck des ,§ 6 b in dieser jetzigen Form' Ge- gen von geringerem Belang. danken mache, sei aber nicht bereit, ,so etwas am Beispiel Flick' aufzuzäumen. Ich habe — unverbindlich für beide Seiten — mit Herrn Fischer gleich die Frage erörtert, wie man Dann kam Apel: Er unterstützte die Ausführun- den Wissensdurst des Ministeriums am besten gen Ehrenbergs und fügte hinzu, er könne über- stillen kann. Dabei sind wir so verblieben, daß es haupt nicht verstehen, wie man diesen ganzen wahrscheinlich am zweckmäßigsten ist, wenn zu- Komplex im Sinne ,einer Begrenzung nach oben nächst eine Zusammenkunft auf der Ebene der oder unten` diskutieren wolle. — Im Falle Flick Ministerialbeamten stattfindet, an welcher aber sei das überhaupt völlig unangebracht, denn der auf unserer Seite doch Herr Dr. Kneip teil- § 6 b könne doch nur in Anspruch genommen wer- nimmt. den, wenn Arbeitsplätze, Strukturverbesserungen u. a. dabei herauskämen. Wörtlich: ,Gerade die Nach diesem Gespräch hätten wir dann den Text Sache Flick' ist so wichtig, daß wir nicht ohne Not zu überarbeiten und das Ganze unter Anfü- darauf bestehen dürfen, daran herumzumäkeln. gung der ja einstweilen bewußt weggelassenen Ich rate Euch — laßt bloß die Finger davon! Würdigung unter den Gesichtspunkten des § 4 AuslInvG in die Fassung zu bringen, die später Nach Ehrenbergs und Apels Erklärungen wurde dem offiziellen Antrag beizufügen ist." Böhme ziemlich klein. Jetzt sagte er, es gehe kei- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

neswegs darum, den jetzigen Begünstigungsrah- tiz hatte das Gespräch vom 9. November 1975 inso- men zu beschneiden, er hätte nur gemeint, man weit im einzelnen folgenden Inhalt: solle in Zukunft darüber nachdenken, ob am § 6 b nicht etwas geändert werden könne. „1. Alex Möller hält die Moderation von Mark- scheffel für unser Haus im Bereich der Ba- Dann Wehner: (nachdem der MdB von Bülow (ein racke für- äußerst nützlich. Das sei darauf zu- Freund Böhmes) vorgeschlagen hatte, man solle rückzuführen, daß einerseits Markscheffel ,mit der F.D.P. darüber reden` und wenn diese sowohl in der Baracke als auch in der Frak- gegen Änderung von 6 b sei die ganze Geschichte tion über den höchstmöglichen Kredit ver- zu den Akten zu legen). Er sei der Meinung, daß füge und er (Markscheffel) andererseits of- man mit der FDP über das ganze Paket von di- fenbar ein besonderes Vertrauensverhältnis rekten und indirekten Subventionen reden solle, zu mir gefunden habe. aber nicht über einen Einzelfall. — So beschloß dann auch die Fraktion. Apel erklärte sich mit 2. In der Fraktion hat vor etwa vier Wochen Vorschlag einverstanden, fügte aber noch hinzu, Böhme den Antrag für eine Gesetzesvorlage er bitte um Vorsicht, ,denn ich bin dagegen' daß gestellt, unverzüglich den 6 b zu ändern mit wir die F.D.P. in die Lage versetzen zu sagen ,Wir, einem doppelten Effekt: die F.D.P., helfen der Industrie`. a) Der Steuerausfall pro 6b-Bescheinigung Und Wehner setzte dazu noch den Schlußpunkt: dürfe fünf bis zehn Mio. nicht überschreiten. ,Wir können gerade bei diesen Fragen nur etwas tun und anpacken, bei dem wir mit der F.D.P. b) Die Novellierung soll für alle Fälle gelten, klarkommen'." die noch nicht abgewickelt sind. Damit sollte unser Daimler-Fall bereits unter die Novelle Abschließend schrieb Günter Markscheffel: fallen. „So, lieber Herr von Brauchitsch. Ich denke, daß Möller sagte, daß er im Zusammenwirken mit die Kuh jetzt vom Eis ist. Fragen Sie aber nicht, Ehrenberg und Apel einen Mehrheitsbe- wen ich in den letzten Tagen beackern mußte. schluß der Fraktion gegen eine solche Geset- Darüber erzähle ich Ihnen später einiges ... " zesvorlage zustande gebracht habe. Dabei sei Ehrenberg besonders stark in der Argumen- tation gewesen und habe sich — für den Ken- ner — der Argumente, die wir vorher gelie- 58 fert haben, bedient. Apel und Möller haben sich mehr auf die Verfassungsseite gestellt Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Alex Möller und zum Ausdruck gebracht, daß unser Fall ohnehin nicht mehr durch eine Novelle abge- Am 9. November 1975 traf sich Eberhard von Brau- deckt werden könne, weil wir im Vertrauen chitsch in Karlsruhe mit dem Stellvertretenden auf die alte Fassung des 6 b kontrahiert ha- Fraktionsvorsitzenden und Vorsitzenden des Ar- ben. beitskreises Haushalt und Finanzen der SPD-Bun- destagsfraktion, dem früheren Bundesminister der Ich habe Möller unseren besonderen Dank Finanzen Alex Möller. Auch die Kontakte zu Alex zum Ausdruck gebracht, daß die Angelegen- Möller waren durch Günter Markscheffel geknüpft heit insoweit ruhig über die Bühne gegangen worden, der diesem u. a. den Schriftwechsel von ist, und habe ihm in diesem Zusammenhang Eberhard von Brauchitsch mit Dr. Herbert Ehren- die Gründe für die Transaktion Daimler ge- berg von Ende Juli/Anfang August 1975 über die nannt und ihn darauf hingewiesen, daß wir parlamentarische Anfrage von Dr. Rolf Böhme nie und nimmer mit der Deutschen Bank nach etwaigen Anträgen des Flick-Konzerns aus kontrahiert hätten, wenn nicht die Bundesre- dem Juli 1975 zur Verfügung gestellt hatte. gierung durch Schmidt und Apel am 7. Ja- Noch vor dem Gespräch mit Alex Möller erhöhte nuar in Hamburg uns zu dieser Transaktion der Flick-Konzern für Günter Markscheffel mit ,ermuntert` hätten. Wirkung ab 1. Januar 1976 durch ein von Konrad 3. Möller hat dann aufgrund einer Aktennotiz, Kaletsch und Eberhard von Brauchitsch gezeichne- die ihm Staatssekretär Offergeld in den letz- tes Schreiben, wie es wörtlich heißt, ten Tagen zur Vorbereitung unseres Ge- „mit Rücksicht auf Ihre so wichtige Beratung für sprächs gemacht hat, über die Position des unser Haus Ihr monatliches Honorar auf DM BFM zu unserem 6b/4-Anliegen das Fol- 3 000". gende ausgeführt: Nach der über das Gespräch mit Alex Möller durch Es sei die Politik von Apel, sich in unseren Eberhard von Brauchitsch gefertigten Aktennotiz Angelegenheiten zurückzuhalten. Zuständig vom 11. November 1975 ging es dabei neben allge- sei fraglos der Bundeswirtschaftsminister. meinen politischen Fragen des Verhältnisses des Der Bundeswirtschaftsminister entscheide Bundeskanzlers Helmut Schmidt zur Wirtschaft so- im ,Benehmen` mit dem Bundesfinanzmini- wohl um die Verbindungen des Flick-Konzerns zur ster und dem jeweils zuständigen Landes- SPD als auch um das besondere Anliegen des Flick- wirtschaftsminister. Dieses 'Benehmen' be- Konzerns in der Frage der Inanspruchnahme der deute aber nichts anderes, als die Kenntnis- Möglichkeiten des § 6 b EStG. Nach dieser Aktenno nahme der Entscheidung des Bundeswirt- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

schaftsministers. Der Bundeswirtschaftsmi- hungen zur Steuerspitze des Bundesfinanzmini- nister habe in den vergangenen Wochen den steriums habe ich den Abteilungsleiter Dr. Koch Versuch gemacht, den Bundesfinanzminister und seine wichtigsten Referenten mit Damen zu ins Obligo zu bringen. Der Bundeswirt- einem Abendessen in die Langenbachstraße am schaftsminister habe Apel aufgefordert, we- 12.11.1975 eingeladen. Offiziell habe ich die Ein- gen der großen steuerlichen Bedeutung der ladung begründet:- ,aus Anlaß des Beginns der Be- Daimler-Transaktion seine grundsätzliche ratungen zur Körperschaftssteuerreform'. Zustimmung zur 6 b-Behandlung zu geben. Apel habe sich diesen 'schwarzen Peter' je- In einem heute am Rande der Finanzausschußsit- doch nicht zuschieben lassen. Apel und die zung geführten Gespräch ließ (der ebenfalls ein- ganze SPD beabsichtigen, die volle Verant- geladene) Ministerialdirigent Dr. Uelner durch- wortung in der Entscheidung dieser Angele- blicken, daß er in zwei wichtigen Fragen unserer genheit dem Bundeswirtschaftsminister und Auffassung ist: Einmal beim Mitternachtserlaß, damit der FDP zuzuschreiben. wo er die Auffassung der Körperschaftssteuerre- ferenten nicht teilt, und zum andern hinsichtlich Apel geht also davon aus, daß wir unserer- des § 4 Auslandsinvestitionssteuergesetz. Hier sei seits nur mit dem Bundeswirtschaftsminister wohl nicht der Erwerb problematisch, was auch zu tun haben und daß wir keine Entschei- immer von SPD-Seite hierzu geäußert werden dungsschwierigkeiten durch das ,Benehmen` wird, sondern höchstens die Veräußerungsseite. mit dem Bundesfinanzminister zu erwarten haben. Daß es letztlich in dieser Angelegen- Ich gehe davon aus, daß an dem vorgesehenen heit große politische Auseinandersetzungen Abend, zu dem im übrigen auch der Steuerrefe- geben werde, sei nicht zu verhindern. Die rent des Bundeswirtschaftsministeriums, Mini- SPD wolle aus dieser Auseinandersetzung sterialrat H. A. Fischer, zugesagt hat, hierüber ge- möglichst ,trocken` herauskommen ... " sprochen wird." In dieser für die eigenen Akten bestimmten Notiz Das Gespräch fand auch wie vorgesehen statt. Zur ist ferner erneut davon die Rede, daß das Bundes Sprache kam dabei, wie vorher am 11. November wirtschaftsministerium versuche, das gesamte 1975 in einem „Informationsgespräch" zwischen förmliche Antragsverfahren erst nach der Bundes- Dr. Kreile und Fritz Wacker erhofft, sowohl die tagswahl 1976 beginnen zu lassen. Mit dieser Frage Frage der Anwendung des „Mitternachtserlasses", setzte sich Eberhard von Brauchitsch in einem Ver- über die am Vortage eine Besprechung zwischen merk für Dr. Friedrich Karl Flick vom 11. November den Steuerabteilungsleitern der Länder und des 1975 in der Weise auseinander, daß er sich vorstel- Bundes stattgefunden hatte, als auch die Frage des len könne, daß der Flick-Konzern, sollte tatsächlich Einflusses der Weiterveräußerung des Daimler-Pa- die Bitte des Bundeswirtschaftsministeriums auf kets durch die Deutsche Bank auf etwaige Steuer- Verschiebung des Antragsverfahrens kommen, bescheinigungsanträge des Flick-Konzerns gemäß diese Verschiebung auf den Winter 1976 akzeptie- § 6 b EStG bzw. § 4 AIG. Dazu erklärten Ministerial- ren könne, wenn direktor Dr. Karl Koch und Ministerialrat Hans Au- gust Fischer, wie Dr. Kreile für Dr. Friedrich Karl „andererseits der Bundeswirtschaftsminister uns Flick und andere Mitglieder der Geschäftsführung hart an der Grenze des Obligos die Zusage gibt, des Flick-Konzerns u. a. schriftlich festhielt: dann auch tatsächlich zügig positiv zu entschei- den". „3. Dr. Koch berichtete mir sodann über die Ent- scheidung der Abteilungsleiter, das von der Deutschen Bank vorgetragene Modell hin- 59 sichtlich der Daimler-Benz-Aktien zu akzep- tieren. Herr Fischer meinte, hierdurch sei die Abendessen in der Langenbachstraße Abgabenseite, bei welcher er bisher Beden- ken hätte haben müssen, nicht unwesentlich Für den 12. November 1975 lud Dr. Reinhold Kreile erleichtert. Auch Dr. Koch, wenn auch etwas den Leiter der Abteilung Steuern im Bundesmini- zurückhaltender, meinte, daß sich hierdurch sterium der Finanzen Dr. Karl Koch und einige sei- die § 6 b-Situation für das Haus Flick verbes- ner Referenten mit Damen zu einem Abendessen in sert habe. Herr Fischer wies mich am späte- das dem Flick-Konzern gehörende Haus in der Lan- ren Abend darauf hin, daß er bei der Beurtei- genbachstraße in Bonn ein; die Eingeladenen hat- lung dieser Fragen im Gegensatz zu der son- ten der Einladung nicht entnehmen können, daß stigen Auslegung des § 6 b auf ein enges Zu- den Flick-Konzern betreffende Fragen angespro- sammenwirken mit dem Bundesfinanzmini- chen werden sollten. Ober die Einladung unterrich- sterium angewiesen sei. Als bei der seinerzei- tete er Konrad Kaletsch und Eberhard von Brau- tigen Trennung des Bundesministeriums für chitsch mit folgendem Aktenvermerk vom 20. Okto- Wirtschaft und Finanzen in die zwei Bundes- ber 1975: ministerien die Abteilung Geld und Kredit „Betreff: Abendessen mit der Spitze des Bundes- dem Bundesfinanzministerium zugeschlagen finanzministeriums (Steuerabteilung) in worden sei, sei durch einen Schriftwechsel der Langenbachstrasse zwischen den Staatssekretären vereinbart worden, daß in allen Fällen, in denen Banken Im Hinblick auf die mir immer notwendiger er beteiligt seien, das Bundeswirtschaftsmini- scheinende auch persönliche Pflege der Bezie sterium Entscheidungen im Hinblick auf § 6 b Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

nur mit Zustimmung des Bundesfinanzmini- heit 6 b — Bericht zu erstatten. Ich habe Kohl steriums treffen dürfe. zugesagt, ihm über diese Angelegenheit eine kurze Erinnerungsnotiz zuzuschicken. Kohl wird Ich hatte aber den Eindruck, daß Fischer hier dann das Seine veranlassen." sehr bemüht ist, angesichts der von ihm betonten bisherigen ständigen Rechts- Der 1. Untersuchungsausschuß- hat festgestellt, daß praxis des Bundeswirtschaftsministeriums, keine Vorschläge des CDU-Vorsitzenden Dr. Hel- das Bundesfinanzministerium, vornehmlich mut Kohl zur Behandlung dieses Themas gemacht also Dr. Koch, zu einer positiven Entschei- worden sind. Weder wurde Prof. Dr. dung zu bringen. noch wurde Richard Stücklen diesbezüglich ange- sprochen. Der von Eberhard von Brauchitsch er- 4. In separaten Gesprächen fragte mich sowohl wähnte Parlamentarische Abend fand nicht statt; Herr Dr. Koch als auch Herr Fischer, welche die von jenem erwähnte „kurze Erinnerungsnotiz" genauen Zeitvorstellungen das Haus Flick liegt nicht vor. Zwar findet sich in einer Themenzu- hinsichtlich der Erteilung einer 6 b-Beschei- sammenstellung des Bonner Büros des Flick-Kon- nigung habe. Ich konnte mich hier nur mit zerns für ein Gespräch mit Eberhard von Brau- dem Hinweis darauf einlassen, daß ich in die- chitsch am 31. August 1978 noch einmal ein Hinweis ser Frage nicht vom Hause Flick mandatiert auf ein „Memo: Kohl w/Parlamentarischer Abend"; sei. der 1. Untersuchungsausschuß geht aber davon aus, Gerade deswegen aber, und wohl auch im daß sie nicht gefertigt wurde. Hinblick auf den durchaus fortgeschrittenen Abend, versuchten mir unabhängig beide Weiterhin ist der Untersuchungsausschuß der Über- Herren den Eindruck zu vermitteln, daß es zeugung, daß kein Zusammenhang mit zwei in der eine gewisse Zweckmäßigkeit für sich haben Diehl-Liste unter dem 3. September 1975 und dem könnte, wenn der offizielle Antrag nicht zu 20. November 1975 vermerkten Spenden von 100 000 schnell gestellt werden würde, damit auf je- DM bzw. 50 000 DM besteht. Dr. Helmut Kohl hat den Fall der derzeitigen Bundesregierung die als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuß erklärt, Möglichkeit genommen sei, etwa negativ zu daß Eberhard von Brauchitsch ihm seit längerer entscheiden. Zeit gelegentlich Spenden für die CDU zugewandt habe; damals vor allem für die Landes- und Kreis- Herr Dr. Koch nahm mich am Ende des ebene und insbesondere für die Wahlkämpfe zur Abends gleichsam nochmals zur Seite und Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 1975 und zur Bun- meinte, die Terminfrage müsse besonders destagswahl 1976. Mit diesen Spenden seien aber reiflich überlegt werden. Man sollte auch in niemals irgendwelche Anliegen oder Auflagen ver- die Überlegungen einbeziehen, ob man für bunden gewesen. den gesamten Veräußerungsgewinn eine 6 b- Bescheinigung (bzw. § 4-Bescheinigung) er- reichen wolle. 61 Die erwähnten Herren baten mich, das Ge- spräch mit größter Vertraulichkeit zu behan- Erstes Gespräch von Dr. Rolf Böhme deln." mit Eberhard von Brauchitsch Zu Details hatten die Gesprächsteilnehmer zum Am 8. Dezember 1975 kam es im Restaurant Teil eine andere oder gar keine Erinnerung mehr. Müllers & Fest in Düsseldorf im Beisein von Fritz Wacker zu dem von Eberhard von Brauchitsch seit langem angestrebten Treffen mit Dr. Rolf Böhme. 60 Dieser folgte insofern einem Rat von Alex Möller. In dem Gespräch setzte von Brauchitsch nach sei- Treffen von Eberhard von Brauchitsch ner Aufzeichnung Dr. Böhme die genauen Gründe mit Dr. Helmut Kohl für die Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpa- Am 20. November 1975 traf sich Eberhard von Brau- kets auseinander; insbesondere legte er dar, daß die chitsch mit dem Ministerpräsidenten des Lan- Abfindung der Enkel von Friedrich Flick nichts mit des Rheinland-Pfalz und CDU-Parteivorsitzenden der Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpakets Dr. Helmut Kohl zu einem Gespräch in Mainz. Ne- zu tun habe. Außerdem betonte er, daß der Flick ben anderen Punkten hielt Eberhard von Brau- Konzern — schon aus politischen Gründen — nie chitsch in einer Aktennotiz vom folgenden Tage zu die Absicht gehabt habe, die in Rede stehende Ver- dem Thema „6 b" daraus fest: günstigung für den gesamten Veräußerungsgewinn zu beantragen, sondern einen erheblichen Teil ver- „Kohl schlägt vor, daß er für die Partei und Car- steuern werde. Von Brauchitsch machte im übrigen stens/Stücklen für die Fraktion sicherstellen, daß auf die Probleme des Flick-Konzerns aufmerksam; nicht von Links-CDU/CSU-Seite das 6 b-Thema Dr. Böhme erklärte er, daß eine volle Besteuerung politisch für uns negativ emotionalisiert wird. Im des Veräußerungserlöses zwar nicht Herrn übrigen schlägt Kohl vor, eine Auswahl interes- Dr. Friedrich Karl Flick persönlich beeinträchtigen sierter und gefährlicher CDU/CSU-Abgeordneter werde, wohl aber einen größeren Teil der Arbeits- zu einem parlamentarischen Abend nach Bonn plätze des Flick-Konzerns. In dem Gespräch ging es einzuladen und ihnen über die Überlegungen des außerdem um die von Dr. Böhme initiierten gesetz- Hauses Flick — im besonderen in der Angelegen lichen Änderungen; dabei bestand in dem Gespräch Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Einvernehmen zwischen allen Gesprächsteilneh daß dieser in den wichtigsten Fragen als infor- mern, daß etwaige Gesetzesänderungen nicht mehr miert angesehen werden kann. Ich bot A. an, ihn für den Flick-Konzern bedeutsam werden könnten. durch meine persönlichen Beziehungen zu den wichtigsten Leuten in der Fraktion zu unterstüt- Über dieses Gespräch berichtete Eberhard von zen. A. wollte sich bei mir wieder melden, um ggf. Brauchitsch Günter Markscheffel in einem Schrei- eine gemeinsame- Taktik abzusprechen. Zunächst ben vom 9. Dezember 1975, dem er ein gesondertes aber erschien es ihm wünschenswert, daß keine Begleitschreiben beifügte. Hierin gab er zur „per- lautstarken Aktionen, insbesondere nicht aus den sönlichen Erheiterung" von Markscheffel den an- Reihen der FDP-Fraktion, ihm eine sorgfältige geblichen Schlußsatz des Gesprächs von Dr. Rolf Vorbereitung unmöglich machen und nur unnö- Böhme wieder, den er wie folgt zitierte: tige Emotionen in der Fraktion geweckt würden. „Das heutige Gespräch hat zur Entdämonisierung Er betonte abschließend noch einmal, daß er die- des Namens Flick beigetragen." ses Gespräch als streng vertraulich nur unter uns beiden gewertet wissen wolle, das zunächst nur Warum er diesen Satz nicht in den ersten Brief an seiner persönlichen Information zu dienen und Günter Markscheffel aufgenommen hatte, begrün- keinesfalls den Charakter von Verhandlungen dete er in dem Begleitschreiben wie folgt: haben könne." „Das aber nur für Sie höchstpersönlich. Deshalb Noch am selben Tag traf Manfred Nemitz auf der habe ich diese traumhafte Bemerkung in den bei- Vorstandssitzung des Arbeitskreises „Wirtschafts- liegenden Brief nicht aufgenommen — für den politik" den SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Her- Fall, daß Sie ihn dem einen oder anderen zeigen bert Ehrenberg. Dieser schlug vor, Eberhard von wollen." Brauchitsch ständig zu den Sitzungen dieses Ge- sprächskreises der damaligen Koalitionsfraktionen Am folgenden Tag, nämlich dem 9. Dezember 1975, mit der Wirtschaft hinzuzuziehen. Nemitz vermute- traf sich Manfred Nemitz entsprechend einer Ver- te, daß in der Zwischenzeit bei Dr. Ehrenberg ein einbarung auf dem SPD-Parteitag im November in Wink von Bundesminister Dr. Hans Apel eingegan- Mannheim mit Bundesfinanzminister Dr. Hans gen sei, „um Fraktionsmitgliedern unauffällige Be- Apel in Bonn. Dieser hatte, einem von Nemitz gefer- gegnungen mit vB zu ermöglichen". tigten Gedächtnisprotokoll zufolge, in Mannheim um dieses Gespräch gebeten, um sich auf die Flick Anträge vorzubereiten. Dr. Apel sei damals der Auf- fassung gewesen, daß ihm im kommenden Januar 62 das ganze Paket vom Bundeswirtschaftsminister „auf den Tisch geknallt" werde, ohne daß er, Dr. Prüfung des Weiterveräußerungskonzepts der Apel, ausreichend darauf vorbereitet sei. Aus politi- Deutschen Bank durch das Bundesfinanzministerium schen Gründen wolle er, Dr. Apel, jedoch in der Sache offiziell nicht selbst verhandeln, andererseits Am 11. Dezember 1975 teilte die Deutsche Bank sich jedoch eine eigene Meinung bilden. In seinem sowohl dem Bundeswirtschaftsministerium als Vermerk schilderte Manfred Nemitz sowohl die auch der Öffentlichkeit die beabsichtigte Weiterpla- Gründe für die Daimler-Benz-Veräußerung und die zierung des erworbenen Daimler-Benz-Paketes mit. Reinvestitionsabsichten für das Projekt Grace we- Das Konzept war entsprechend der von dem Vor- gen der damit beabsichtigten Stabilisierung von standssprecher der Deutschen Bank Franz Hein- Dynamit Nobel als auch die Gründe für das Projekt rich Ulrich mit Bundesminister Dr. Hans Apel ge- Steyerberg „im strukturschwachen Niedersachsen". troffenen Absprache im Verlauf des Jahres 1975 auf Besonderer Gesprächspunkt war auch das Aus- seine steuerlichen Auswirkungen hin mit dem Bun- scheiden der Neffen und diesbezügliche Befürch- desministerium der Finanzen und von diesem mit tungen von Dr. Hans Apel wegen etwaiger Steuer- den obersten Finanzverwaltungen der Länder in manipulationen durch Flucht von Dr. Friedrich der Besprechung der Abteilungsleiter Steuern am Karl Flick ins Ausland. Zu dem weiteren Vorgehen 11. November 1975 in Bonn abgestimmt worden, notierte Nemitz: nachdem sich die Deutsche Bank mit Schreiben vom 21. August 1975 unter Bezugnahme auf die An- „A. erklärte dann, er werde sich mit dem Problem fang des Jahres 1975 geführten Gespräche an Bun- zunächst allein befassen und vorläufig niemand desminister Dr. Hans Apel gewandt und ihre zwi- in seinem Hause damit beschäftigen. Er selber schenzeitlichen Überlegungen zur Weiterplazierung erklärte sich überzeugt, fragte dann aber sehr des Daimler-Benz-Aktienpaketes vorgetragen hatte. nachdrücklich, wie ich mir die politische Durch- Entsprechend dem dabei gefundenen Ergebnis war setzbarkeit besonders in der SPD-Fraktion vor- der Deutschen Bank mit Schreiben vom 2. Dezem- stelle. Dieses alles würde sich j a wohl kaum hin- ber 1975 eine verbindliche Auskunft des Bundesmi- ter verschlossenen Türen abspielen können. Ich nisters der Finanzen über die steuerliche Behand- gab ihm den Rat sich nicht aus ideologischen lung erteilt worden. Das in den Gesprächen vorge- Ecken beeindrucken zu lassen, sondern die sach- schlagene und von der Deutschen Bank durchge- bezogene, auch von mir begrüßte, Lösung durch- führte Modell der Weiterplazierung des Daimler- zusetzen. Auch die Frage nach den ,Hilfstruppen` Benz-Pakets sah folgendermaßen aus: — im eigenen Lager — habe ich positiv beantwor tet. A. könne persönlich davon ausgehen, daß ich — Von den 29 % des Daimler-Benz-Aktienkapi- den Vorsitzenden B. ja seit 28 Jahren kenne und tals wurden 4 % weiterverkauft. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

— Der Hauptteil des Pakets von nominal 3001 Prinzip abgehakt" betrachtet werde, während das Millionen DM (25,23 v. H. des Daimler-Benz Bundesfinanzministerium, dessen Einvernehmen Kapitals) wurde in eine neu gegründete Mer erforderlich sei, anscheinend auf die endgültige Pla- cedes-Holding-AG in Frankfurt eingebracht,. zierung abstelle, wie ihm der Parlamentarische deren Aktien wie folgt verteilt wurden: Staatssekretär Rainer Offergeld gesagt habe. In dem Vermerk heißt- es weiter zu den Anlageplänen a) nominell 100 Millionen DM wurden über im Falle Grace, über die Bundesminister Dr. Hans die Börse verkauft; Friderichs durch eine mit Schreiben vom 7. Oktober b) nominell 50 Millionen DM wurden Gegen 1975 übersandte Ausarbeitung informiert worden stand einer Optionsanleihe, die später ver- war, es sei mitgeteilt worden, daß die im Ministe- kauft werden sollte; bis zum Verkauf verzich- rium an der Prüfung beteiligten Herren „eine posi- tete die Deutsche Bank auf die Ausübung des tive Gesamtmeinung" entwickelt hätten; dabei Stimmrechts der Aktien; wurde zu der Andeutung von von Brauchitsch, daß eine Aufstockung von 12 v. H. auf 25 v. H. nicht aus- c) jeweils 75 Millionen DM übernahmen zwei geschlossen sei, besonders die Anmerkung von neu gegründete Unterholdings, deren Aktien- Staatssekretär Dr. Schlecht festgehalten, durch kapital selbst wieder in vier verschiedene eine solche Aufstockung gehe „zuviel raus". Zu dem Schachteln von etwa 25 % aufgeteilt wurden. weiteren Anlageobjekt Steyerberg übergab von Im Zusammenhang mit diesem Weiterveräuße- Brauchitsch in dieser Besprechung eine Ausarbei- rungsmodell hatte die Deutsche Bank den Bundes- tung. Dem Vermerk zufolge fragte Bundesminister minister für Wirtschaft um eine Wohlwollenserklä- Dr. Hans Friderichs von sich aus nach weiteren rung für den Fall gebeten, daß andere Unterneh- Wiederanlagevorhaben im Rahmen des § 6 b EStG men Schachteln an diesen beiden Unterholdings er- und bekundete sein besonderes Interesse an einer werben und dabei die Möglichkeiten des § 6 b EStG Lösung der Strukturprobleme in der Gruppe na- für sich geltend machen wollten. Diese generelle mentlich im mittelhessischen Raum. Zum Schluß Wohlwollenserklärung wurde mit Schreiben von kam von Brauchitsch, wie der Vermerk festhielt, „sehr vorsichtig auf Thesaurus zu sprechen und er- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht an den Vorstand der Deutschen Bank vom 27. November 1975 mit der läuterte den Sachverhalt, insbesondere die Gefahr, Begründung abgelehnt, daß bei jedem Antrag eine daß die von Thesaurus gehaltene Beteiligung an- derweitig international plaziert wird." Einzelfallprüfung erforderlich sei. Es wurde jedoch versichert, daß das Bundeswirtschaftsministerium Nach der Aussage von Ministerialrat Haus August im wohlverstandenen Sinne der gesetzlichen Vor- Fischer vor der Staatsanwaltschaft wurden sofort schrift Hilfestellung in allen förderungswürdigen Bedenken gegen die Förderungswürdigkeit dieses Einzelfällen gewähre. Anteilserwerbs geltend gemacht; Eberhard von Brauchitsch habe ihm „entgegengeschleudert": „Wenn Sie das ablehnen wollen, dann müssen Sie 63 sich aber warm anziehen." Besprechung im Bundeswirtschaftsministerium Der Vermerk von Fritz Wacker an Dr. Heribert vom 16. Dezember 1975 Blaschke schließt: In dieser Zeit bemühte sich Eberhard von Brau- „Aus dem Gespräch ging klar hervor, daß die iso- chitsch um einen weiteren Termin bei Bundesmini- lierte Beantragung einzelner Vorhaben nicht als ster Dr. Hans Friderichs und seinen Mitarbeitern, sinnvoll betrachtet wird. Vielmehr wurde zum der am späten Abend des 16. Dezember 1975 zu- Ausdruck gebracht, daß ein in sich ausgewogenes stande kam. An dem Gespräch nahmen der Mini- Gesamtpaket am ehesten Aussicht hat, kurzfri ster selbst und der Leiter seines Ministerbüros, Re- stig positiv beschieden zu werden. Ganz deutlich gierungsdirektor Klaus Wohlleben, sowie Staatsse- besteht im Bundeswirtschaftsministerium keine kretär Dr. Otto Schlecht, Ministerialdirektor Dr. Neigung, mit der Entscheidung bis zu den harten Hans Tietmeyer, Ministerialdirigent Wolfgang Wochen des Bundestagswahlkampfes oder gar Kartte, Ministerialrat Hans August Fischer vom bis nach der Bundestagswahl zu warten. Unsere Referat Steuerpolitik und Ministerialrat Dieter diesbezüglichen Interventionen haben offenkun- Wolf vom Referat Wettbewerbspolitik teil; der Flick dig gefruchtet. Konzern war durch Eberhard von Brauchitsch, Fritz Wacker, Dr. Heribert Blaschke, Dr. Axel Aufgrund einer im Anschluß an das Gespräch im Schmidt-Hern und den Wirtschaftsprüfer Prof. Dr. Ministerium stattgefundenen internen Bespre- Werner Klein vertreten. chung empfiehlt es sich, folgende nächsten Schritte vorzusehen: Die Akten des Bundeswirtschaftsministeriums ent- halten zu der Tatsache dieses Gesprächs und sei- 1. Herr RA Hans Hellmann, der die Arbeitsweise nem Inhalt keine Aufzeichnung. Nach einem am des Bundeskartellamtes und insbesondere die nächsten Tag im Flick-Konzern von Fritz Wacker des Herrn Lanzenberger aus eigener langjäh- und Dr. Heribert Blaschke gefertigten Vermerk riger Praxis genau kennt, erhält von uns un- wurde zunächst von Staatssekretär Dr. Otto verzüglich die Ausarbeitungen betreffend Schlecht erklärt, daß im Bundeswirtschaftsministe- Grace und Steyerberg. Desgleichen wird die rium die Veräußerungsseite nach Bekanntgabe des Ausarbeitung sofort Herrn Dr. Kneip über- Wiederanlagemodells der Deutschen Bank als „im sandt. Herr Hellmann erhält den Auftrag, die Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

aus seiner Sicht möglichen Einwände gegen 64 unsere Ausarbeitungen zusammenzustellen. Weitere öffentliche Argumentation 2. In der ersten Hälfte der am 12.1.1976 begin- von Dr. Rolf Böhme nenden Woche, wahrscheinlich am 14.1. 1976, besprechen Herr Dr. Kneip und/oder Herr Dr. Wenig später -erneuerte der SPD-Bundestagsabge- Fischer mit Herrn Hellmann und den zustän- ordnete Dr. Böhme in einem Artikel im SPD-Pres- digen Herren im Hause die möglichen Fragen sedienst vom 8. Januar 1976 seine Bedenken gegen und Einwendungen des Bundeskartellamtes eine Anwendung des § 6 b EStG auf den Fall Flick und die Art des taktischen Vorgehens. bzw. die eine solche Anwendung ermöglichende In- terpretation der geltenden Fassung dieser Bestim- 3. Anfang Januar 1976 vereinbaren wir einen mung. Unter der Überschrift „Kein Steuer-Frei- Termin mit den Herren unterhalb der Staats- schein für Flick — Ein Milliarden-Steuergeschenk sekretär-Ebene für den 15. oder 16. 1. 1976 im wird die Öffentlichkeit nicht hinnehmen —" führte Ministerium. er u. a. folgendes wörtlich aus: 4. Es wird angestrebt, in der darauffolgenden Woche einen Termin beim Bundeskartellamt ,,... Dennoch wird die Vorschrift auch in diesen zu erhalten. Fällen von maßgeblichen Kommentaren zum Ein- kommensteuerrecht abgelehnt, weil die Nichtbe- 5. Parallel zu diesen offiziellen Gesprächen steuerung der stillen Reserven als Verstoß gegen könnte Herr Hellmann, der sowohl Herrn die steuerliche Gleichmäßigkeit und Gerechtig- Kartte als auch Herrn Wolf seit längerem sehr keit empfunden wird. Während das Millionenheer gut kennt, gelegentlich einer Zusammenkunft kleiner Geldsparer laufend Substanzverluste hin- mit Herrn Kartte Mitte Januar 1976 über die nehmen müsse, könnten Steuerpflichtige, die von wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Bun- der wirtschaftlichen Entwicklung und Prosperität deswirtschaftsministeriums in Sachen Grace besonders profitiert hätten, ihr Vermögen steuer- und Steyerberg ein inoffizielles Gespräch füh- frei mehren. Dieser Kritik ist im Grundsatz zuzu- ren. stimmen. Im Falle Flick trifft sie jedoch beson- 6. Im Hinblick auf eine etwaige Aufstockung un- ders zu, und zwar in mehrfacher Hinsicht: serer Grace-Beteiligung auf 25 % müßten wir Verteilungspolitisch ist die Steuermilliarde nicht unter Berücksichtigung der damit offenbar zu vertreten. Durch die Abfindung der übrigen verbundenen politischen Probleme (,es geht Gesellschafter in der Flick-Holding ist Friedrich zuviel raus') unser taktisches Verhalten klä- Karl Flick jetzt — wie der ,alte Fritz', sein be- ren. rühmter Vater, — zum Alleinherrscher über das 7. Um eine zügige Entscheidung in Sachen Flick-Reich aufgestiegen. Eine zusätzliche Steu- Grace und Steyerberg herbeizuführen, er- erfreiheit würde die Vermögensbildung und Ver- scheint es erforderlich, Maßnahmen zur Be- mögenskonzentration des Konzerns, der von ei- wältigung der Strukturprobleme bei Buderus ner Hand geleitet und abkassiert wird, enorm er- und Krauss-Maffei einschließlich deren Fi- weitern. Eine Förderung solcher großen Konzen- nanzierung durch Einsatz namhafter Beträge trationsbewegungen wird jedoch durch § 6b EStG auf der Basis des § 6 b mit vorzulegen. Die nicht gedeckt. Ausarbeitung der notwendigen Unterlagen Strukturpolitisch könnte die Zuführung einer ge- müßte alsbald in Angriff genommen werden." waltigen Kapitalsumme, wie es durch die Steuer Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- Milliarde möglich wäre, dem Konzern nützlich ausschuß weisen darauf hin, daß am 15.12. und sein. Dieses Argument kann aber nicht das ent- 19.12.1975 in den Listen des Buchhalters Diehl scheidende sein. Schließlich werden nicht struk- für die F.D.P. die Angaben enthalten sind: turpolitische Maßnahmen innerhalb des Kon- zerns gestoppt, weil aus dem Mercedes-Verkauf „15. 12. 1975 Ka ohne Angabe ü Nemitz 200 000" j a noch ein genügender Gewinn übrig bleibt, „19. 12. 1975 Ka ohne Angabe ü Nemitz 20 000". wenn die Steuer in Abrechnung kommt. Es geht Diese Beträge sind auch in der Buchführung über einzig und allein um die Frage, ob der große Ge- die sogenannte „Dispositionskasse" verzeichnet winn, der aus dem Verkauf des Aktienpaketes und durch Quittungen von Kaletsch belegt. Ne- erwachsen ist, auch zusätzlich steuerfrei bleiben mitz hat sich als Zeuge vor dem 1. Untersu- soll und zwar in einer Größenordnung, welche chungsausschuß dazu, wie zu allen nach den Auf- den bisherigen Begünstigungsrahmen des § 6 b zeichnungen über ihn geleisteten Zahlungen, auf EStG völlig sprengt. Kein Unternehmen in der sein Aussageverweigerungsrecht berufen. Bundesrepublik und kein Unternehmer haben je- mals über § 6 b EStG einen solchen Vorteil auch Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und nur annähernd einstreichen können. der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsaus- schuß weisen darauf hin, daß die Spendeneintra- ... und auch heute in einer Zeit der leeren Kassen gung vom 15. Dezember 1975 im Überblick, Ab- würde niemand verstehen, wenn ein einzelnes schnitt VI „Spendenvorwürfe gegen Amtsträger", Unternehmen aus einem einzigen Geschäft einen berichtet worden ist; Eberhard von Brauchitsch Steuervorteil von einer Milliarde DM hätte. Des- und Dr. Hans Friderichs haben Zahlung und halb noch einmal meine Aufforderung an die zu- Empfang bestritten. ständigen Ministerien: Die Vorschrift § 6 b EStG Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

eng auszulegen, den Steuer-Freischein für Flick noch einmal die einzuschlagende Strategie ab und zu versagen und gleichzeitig § 6 b EStG so umzu- hielt dazu fest: gestalten, daß Fälle in der Größenordnung Flick gar nicht unter die Steuerbefreiung fallen kön- „Unter vier Augen werde ich dem Minister an- nen." kündigen, daß wohl zu erwarten sei, daß in ir- gendeiner Größenordnung am Ende der 6 b-Frist (31. 12. 1978) ein 6 b-Rest realisiert und versteuert 65 wird." Reaktion von Eberhard von Brauchitsch Am 15. Januar 1976 fand dann die Besprechung auf negative Presseartikel statt, die im Beisein eines Vertreters des Bundes- kartellamtes am 2. Februar 1976 fortgesetzt wurde. Dieser Artikel wurde in der Presse aufgenommen. Hinsichtlich des Erwerbs der Beteiligung an Grace Tags darauf erschien in der Frankfurter Rundschau wurden der Charakter der Beteiligung, die Verwen- ein Artikel mit der Überschrift „Wurde Flick Steu- dung des Kaufpreises bei Grace, die Kooperations- erbefreiung schon zugesagt?"; darin wurde berich- möglichkeiten zwischen Grace und Dynamit Nobel tet, Bundesminister Dr. Hans Friderichs und Eber- sowie die Auswirkungen auf die deutsche Wirt- hard von Brauchitsch würden sich „seit Jahren schaft erörtert und geprüft. Zu dem Projekt der Ka- auch privat kennen". Als sich von Brauchitsch des- pitalerhöhung bei Dynamit Nobel zwecks Finanzie- wegen in einem Anruf an Günter Markscheffel ge- rung des Chemiewerks in Steyerberg wurden Fest- wandt hatte, versuchte dieser, ihn in einem Schrei- stellungen zur gegenwärtigen Marktsituation, spe- ben vom 13. Januar 1976 zu beruhigen: Er kündigte ziell auch im Hinblick auf die wettbewerbliche Si- an, er werde am selben Tage in die Fraktionssit- tuation von Dynamit Nobel auf dem Gebiet der Pro- zung gehen und zu erkunden versuchen, ob er dort duktion von DMT (Dimethylterephtalat), einem „ein Echo höre". In seiner Antwort vom 15. Januar Vorprodukt für die Polyesterfaser, sowie etwaigen 1976 an Markscheffel machte von Brauchitsch dar- Auswirkungen der Errichtung des Chemiewerks auf aufmerksam, daß der Verfasser des Artikels der Steyerberg getroffen. Speziell zum letztgenannten Frankfurter Rundschau in einem Rundfunkkom- Fragenkreis wurden in der Besprechung am 2. Fe- mentar sogar eine langjährige Duzfreundschaft bruar 1976 noch weitere Aspekte in die Prüfung ein- zwischen Bundesminister Dr. Hans Friderichs und bezogen, insbesondere Marktabgrenzungsfragen zu ihm behauptet habe und daß dies „erstmalig der Ersatzprodukten, Lieferbeziehungen zwischen Dy- Versuch sei, Friderichs in ein Korruptionsverhält- namit Nobel und den Faserproduzenten auch im nis zu stellen". Markscheffel antwortete mit Schrei- Hinblick auf das Vorprodukt für DMT sowie der ben vom 19. Januar 1976, daß auch er „es sehr häß- Kapazitätssprung bei Dynamit Nobel. In einer an- lich und sogar gemein" finde, daß von Brauchitsch schließenden Besprechung in kleinerem Kreise zwi- und Dr. Friderichs etwas unterstellt werde, was mit schen Ministerialrat Hans August Fischer, Ministe- der Sache überhaupt nichts zu tun habe. Mark- rialrat Dieter Wolf und Fritz Wacker wurde für den scheffel riet aber von einer Beschwerde beim Deut- Fall, daß das Bundeskartellamt keine schwerwie- schen Presserat ab; er hielt es für günstiger, vorher genden Einwände gegen das Vorhaben Steyerberg ein Dementi bei den Publikationsorganen zu errei- geltend machen würde, Einvernehmen über das chen. Abschließend schlug er vor, zur Unterbindung weitere Vorgehen erzielt; weitere Erörterungen weiterer unsachlicher Polemiken eine „klare und über Grace und Steyerberg wurden weder auf Refe- rücksichtslose Darstellung der wirklichen Absich- ratsebene noch auf Ministerebene für erforderlich ten des Flick-Konzerns so bald wie möglich auf den gehalten. Fischer habe, vermerkte Wacker für Mit- publizistischen Markt" zu bringen. Ob und ggf. in glieder der Geschäftsführung des Flick-Konzerns welcher Weise der Flick-Konzern die Vorschläge am 3. Februar 1976, den Vorschlag gemacht, die An- von Günter Markscheffel aufgegriffen hat, hat der träge bis zum 20. Februar 1976 einzureichen. Dieser Untersuchungsausschuß nicht festgestellt. Termin solle streng vertraulich behandelt werden. Zu den Formalien der Antragstellung notierte Wak- ker als Vorstellungen von Fischer wie folgt: 66 „Nach Fischer's Vorstellungen sind mit dem An- trag im engeren Sinne einzureichen eine Darstel- Vorprüfung im Bundeswirtschaftsministerium lung unserer Veräusserungsmotive, eine Darstel- Entsprechend der Ankündigung in der Bespre- lung der Veräusserungsseite (Replacierungsmo- chung am 16. Dezember 1975 waren mit Verfügung dell der Deutschen Bank), der Schriftsatz betref- vom 30. Dezember 1975 im Bundesministerium für fend Grace, der Schriftsatz betreffend Steyerberg, Wirtschaft die zu beteiligenden Referate unter ein Schriftsatz betreffend Thesaurus und ein Übersendung der durch den Konzern bereits über- Schriftsatz betreffend Buderus/Lösung der reichten Unterlagen zu einer Hausbesprechung mit Strukturprobleme." Vertretern des Flick-Konzern zwecks weiterer Prü- fung des Vorhabens einer Beteiligung bei Grace wie 67 der beabsichtigten Reinvestition bei der Konzern- tochter Dynamit Nobel durch Bau eines Chemie- Hinweise zur Wiederanlagestrategie werks in Steyerberg am 15. oder 16. Januar 1976 geladen worden. Am 14. Januar 1976 sprach Eber- Etwa zur gleichen Zeit wurde Rechtsanwalt Dr. hard von Brauchitsch mit Dr. Friedrich Karl Flick Reinhold Kreile, wie er in einem Unterrichtungs- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode vermerk vom 20. Januar 1976 für Dr. Friedrich Karl ster selber entspricht unseren eigenen Er- Flick, Eberhard von Brauchitsch und Günter Max kenntnissen. Es gibt zuverlässige Informatio- Paefgen schrieb, nen, daß der Bundeswirtschaftsminister z. B. aus diesem Grunde das Sohl-Fest und ähnli- „von zwei verschiedenen Stellen im Bundeswirt- che Veranstaltungen abgesagt hat. schaftsministerium zu einem sehr vertraulichen - Gespräch gebeten. Dabei haben die hochrangigen Der Bundeswirtschaftsminister verkehrt mit Gesprächspartner erkennen lassen, die Initiative mir z. Z. auch nur auf Umwegen. zu diesem Gespräch sei mit Billigung, ja geradezu 2. Es kann keinesfalls unser Interesse sein, den auf Wunsch des Bundeswirtschaftsministers Minister ,über die Grenzen seiner Belastbar- selbst ergriffen worden; man müsse dem Bundes- keit hinaus' in Anspruch zu nehmen. Deshalb wirtschaftsminister nur die Möglichkeit geben, müssen wir ganz grundsätzlich sein Scho- offiziell von dem nachfolgend wiedergegebenen nungsbedürfnis respektieren. Gespräch nichts zu wissen. Der Bundeswirtschaftsminister fühlt sich ange- 3. Über die Anregung, den Fall Thesaurus als sichts der Haltung von Bundesfinanzminister Antrag vorzulegen und eine Ablehnung in Apel und der SPD-Fraktion zum § 6 b EStG ange- Kauf zu nehmen, habe ich mit den Herren sichts der Flick-Anträge ,an der Grenze seiner Wacker und Dr. Schmidt-Hern gesprochen, Belastbarkeit'. Dies um so mehr, als das Bundes- die in der vergangenen Woche das Fachge- wirtschaftsministerium rechtlich, sachlich, aber spräch im Wirtschaftsministerium hatten. auch nach seiner wirtschaftspolitischen Grund- Die Chancen für 6 b-Genehmigung Thesaurus überzeugung gehalten sei — und dies auch tun sind außerordentlich gering. Ich hatte von werde —, den Anträgen zuzustimmen. Dabei sei Anfang an darauf aufmerksam gemacht, daß der amerikanische Fall ganz klar, der andere Fall hier nur der Verteidiger hätte helfen können, sei bestimmt durch den Grundsatz der Schaffung mit der Behauptung, daß es dem Sicherheits- neuer Arbeitsplätze. Auch dieser Fall würde also bedürfnis der BRD entspreche, daß DN we- wohl schlußendlich genehmigt werden. gen gelegentlicher Militarialieferungen kei- Entscheidend wichtig aber sei, daß das Haus nen Außer-NATO-Partner habe. Dieses Argu- Flick noch einen weiteren Antrag vorlege, der ab- ment wird wahrscheinlich vom Verteidiger gewiesen wird. Dabei dürfe es sich nicht um ei- nicht mitgetragen, so daß eine volkswirt- nen reinen ,Türken` handeln, der aufgebaut wer- schaftliche Förderungswürdigkeit für eine de, sondern müsse schon einen gewissen Gehalt solche Reinvestition beim besten Willen nicht haben. Einer meiner Gesprächspartner erinnerte griffig ist." sich dabei an eine Bemerkung aus dem Hause Am 5. Februar 1976 traf sich Eberhard von Brau- Flick, daß noch etwa 12 % freier Anteile an Dyna- chitsch mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs zu mit Nobel offenbar in der Schweiz oder von einem Gespräch unter vier Augen im Bundeswirt- Schweizer Banken gehalten würden, die erwor- schaftsministerium. Nach dem Themenzettel von ben werden sollten. Dies wäre zwar kein völlig von Brauchitsch sollte unter anderem auch über abwegiger 6b-Fall, also kein ,Türke`, würde aber den Fall „Thesaurus" gesprochen werden. Ein das vom Bundeswirtschaftsministerium abgelehnt Gespräch inhaltlich wiedergebender Vermerk hat werden können. dem Untersuchungsausschuß nicht vorgelegen. In einem Begleitvermerk für Dr. Friedrich Karl Flick Wenn ein solcher Fall gefunden werden könnte, schrieb von Brauchitsch über das Gespräch, daß so meinte man im Bundeswirtschaftsministe- dieses „teilweise hochbrisant" verlaufen sei, er des- rium, sollte möglichst umgehend der offizielle An- wegen nur eine Aktennotiz in nur einem Exemplar trag für die dann ,drei Fälle' gestellt werden, da- gefertigt habe, das er in seiner Brieftasche habe mit in der Öffentlichkeit sehr rasch klargestellt und zum Lesen vorlegen wolle. wird, daß der Fall Flick teils abgelehnt, teils ak- zeptiert wurde." 68 Der Untersuchungsausschuß hat die beiden Ge- Prüfung der Möglichkeit einer rückwirkenden sprächspartner, mit denen Dr. Reinhold Kreile sei- Änderung des § 6b EStG nerzeit sprach, nicht feststellen können. Jedenfalls Im Bundesfinanzministerium schlug Eberhard von Brauchitsch in einem schriftli- chen Vermerk für Dr. Friedrich Karl Flick vom 21. Im Bundesministerium der Finanzen wurde etwa Januar 1976 vor, so vorzugehen, wie es Dr. Kreile zeitgleich auf Weisung von Bundesminister Dr. formuliert habe. Für den Flick-Konzern bedeutete Hans Apel vom 20. Januar 1976 geprüft, ob es ver- dies, wie von Brauchitsch schrieb, fassungsrechtlich zulässig sei, § 6b EStG in der Weise einzuschränken, daß die Wiederanlage bei „daß wir die knapp DM 60 Mio. Thesaurus außer- Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalantei- halb des Dai.-Erlöses machen". len nur noch bis zu einem bestimmten Höchstbe- Zur Begründung führte von Brauchitsch für Dr. trag steuerlich begünstigt werden könne, und diese Flick folgendes aus: Einschränkung zu einem Zeitpunkt in Kraft treten zu lassen, daß der Fall des Flick-Konzerns davon „1. Die Darstellung der Grundstimmung im Bun- bereits erfaßt werde. Die daraufhin erstellte Infor- deswirtschaftsministerium und beim Mini mationsvorlage für Minister Dr. Apel vom 26. Ja- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 nuar 1976 kam zu dem Ergebnis, daß eine Ein- sandte er Schreiben dieses Inhalts an potentielle schränkung durch nachträgliche Einführung einer Spender in seinem Wahlkreis; einen entsprechen- Höchstbetragsgrenze als eine echte Rückwirkung den Entwurf hat er dem Ausschuß bei seiner Ver- anzusehen sei, wie sie nur aus zwingenden Grün- nehmung vorgelegt. den des gemeinen Wohls gerechtfertigt werden kön- ne, wogegen eine Kürzung der Reinvestitionsfristen Das an das Werk- Rheinfelden gerichtete Schreiben als unechte Rückwirkung zwar möglich sei, jedoch wurde seinerzeit unter Hinweis auf Bedenken we- nur nach Abwägung zwischen dem berechtigten gen der gebotenen Neutralität bei Wahlkämpfen zu- Vertrauensschutz des einzelnen und überwiegen- nächst an die Zentrale von Dynamit Nobel in Trois- den Belangen der Allgemeinheit. Einige Wochen dorf geschickt. Von dort wurde es am 26. Februar später kam Dr. Blaschke in den Besitz einer Mini- 1976 von dem Vorstandsmitglied der Dynamit Nobel stervorlage aus dem Bundesfinanzministerium. Ob AG Hans E. Holzer an den im Hause Flick für die es sich dabei um die Informationsvorlage zur ver- Bearbeitung der Steuerbescheinigungsanträge fe- fassungsrechtlichen Zulässigkeit einer rückwirken- derführend zuständigen Fritz Wacker übersandt. den Änderung des § 6 b EStG handelte, ergibt sich Nach dessen Aussage vor dem Ausschuß war dies aus den Unterlagen nicht. In dieser Frage hatte sich der einzige Spendenvorgang, mit dem er im Hause bereits der Bundestagsabgeordnete Dr. Rolf Böhme Flick jemals befaßt war. Holzer habe zwar wissen Anfang 1976, noch vor Stellung der ersten Anträge, können, daß er im Hause Flick für die Steuerstun- an den Leiter der für die Bearbeitung der Anträge dungsanträge zuständig gewesen sei, es habe aber im Bundesfinanzministerium zuständigen Steuer- keinen besonderen Grund dafür gegeben, daß das abteilung, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, ge- Schreiben Offergelds gerade an ihn weitergeleitet wandt, um seiner Auffassung dort Gehör zu ver- worden sei. Vielmehr habe er Holzer auf dessen schaffen. In diesem Gespräch ging es Dr. Rolf telefonische Anfrage hin mitgeteilt, das Schreiben Böhme entsprechend früheren Bemühungen der könne an ihn geschickt werden, er werde es weiter- Arbeitsgruppe Steuern der SPD-Bundestagsfrak- leiten. Seiner Erinnerung nach habe er das Schrei- tion einerseits um eine Änderung des § 6 b EStG. ben dann kommentarlos an Eberhard von Brau- Andererseits äußerte Dr. Böhme in der Erwartung, chitsch weitergegeben, mit ihm auch nicht darüber daß vom Flick-Konzern Anträge gemäß § 6 b EStG gesprochen; er erinnere sich auch nicht, später un- gestellt werden würden, er wolle von Anfang an ent- terrichtet worden zu sein, was aus der Sache gewor- sprechende Anträge des Flick-Konzerns möglichst den sei. so behandelt wissen, daß keine Zustimmung er- folge. Mit Schreiben vom 17. März 1976 teilte Holzer na- mens der Dynamit Nobel AG dem Parlamentari- schen Staatssekretär Offergeld — allerdings unter 69 seiner Wahlkreisadresse — mit, „in Abstimmung mit unserer Obergesellschaft" in Düsseldorf werde Spendenbitte des Parlamentarischen Staatssekretärs der Wahlkampf Bantles mit einer Spende von Rainer Offergeld 10 000,— DM unterstützt; dieser Betrag wurde am Kurz bevor die ersten Anträge des Flick-Konzerns gleichen Tage auf das von Offergeld angegebene beim Bundesministerium für Wirtschaft eingereicht Spendenkonto überwiesen. Eine Kopie wurde Fritz wurden, warb der zu dieser Zeit schon dienstlich Wacker zur Kenntnisnahme übersandt. mit steuerlichen Fragen der Wiederanlage des Ver- Nach Aussage des Zeugen Offergeld ist zwar nicht äußerungserlöses befaßte Parlamentarische Staats- mehr feststellbar, aber davon auszugehen, daß von sekretär beim Bundesminister der Finanzen Rainer dem zuständigen SPD-Geschäftsführer eine Spen- Offergeld bei dem in seinem Wahlkreis gelegenen denbescheinigung über 10 000,— DM erteilt wurde. und zum Flick-Konzern gehörenden Werk von Dy- Es habe damals keine Veranlassung bestanden, in namit Nobel in Rheinfelden schriftlich um eine dem Spendenbittbrief auf die nur begrenzte steuer- Spende zur Unterstützung des Landtagswahlkamp- liche Abzugsfähigkeit hinzuweisen, weil dies selbst- fes seines Parteifreundes Kurt Bantle. Für das verständlich gewesen sei. Es sei ferner ausgeschlos- Schreiben, das am 17. Februar 1976 bei Dynamit sen, daß für die von ihm erbetene Wahlkampf- Nobel in Rheinfelden einging, hatte Parlamentari- spende von einer nicht zur SPD gehörenden, als scher Staatssekretär Rainer Offergeld Papier mit gemeinnützig anerkannten Institution eine Spen- dem Briefkopf denbescheinigung ausgestellt worden sei. Tatsäch- „Rainer Offergeld lich hat die Staatsanwaltschaft Bonn ein steuer- Parlamentarischer Staatssekretär strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die beim Bundesminister der Finanzen" Verantwortlichen der genannten Institution einge- verwandt und seine Wahlkreisadresse hinzugefügt. stellt; nach ihren Feststellungen besteht kein Zu- sammenhang zwischen der Wahlkampfspende und Im Anschluß an einen Text, mit dem unabhängig einer mehrere Monate später von dieser Institution von der jeweiligen parteipolitischen Einstellung des ausgestellten Spendenbescheinigung über eine Empfängers um eine Wahlkampfspende gebeten Spende in gleicher Höhe. Die Staatsanwaltschaft wurde, war ein „Spendenkonto Kurt Bantle" mit Bonn hat außerdem Rainer Offergeld auf eine ge- dem Zusatz angegeben, die Spende sei steuerlich gen ihn erstattete Strafanzeige wegen des Ver- abzugsfähig, eine entsprechende Quittung werde dachts der Steuerhinterziehung hin mitgeteilt, die zugesandt. Nach der Aussage von Rainer Offergeld Überprüfung habe keinen Anlaß zu Maßnahmen ge- als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß ver geben. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Im übrigen hat der Leiter des Steuerabteilung des Wacker als Brief des „Parlamentarischen Staatsse- Flick-Konzerns, Dr. Heribert Blaschke, dem 1. Un- kretärs beim Bundesminister der Finanzen" ge- tersuchungsausschuß zu der von Offergeld erbete- schickt. Auch das Antwortschreiben des Vorstands- nene Spende folgendes mitgeteilt: mitglieds Hans E. Holzer vom 17. März 1976 wurde zwar an Offergelds Wahlkreisadresse, jedoch an „In bezug auf die Angelegenheit Bantle habe ich den „Parlamentarischen Staatssekretär" gerichtet durch nochmalige Nachfrage bei Dynamit Nobel und begann mit der Anrede: „Sehr geehrter Herr AG festgestellt, daß Herr Bantle Landtagsabge- Staatssekretär!". ordneter des Kreises Waldshut-Säckingen war, in welchem das Werk Rheinfelden der Dynamit No- Der Zeuge Offergeld hat hierzu erklärt, er sei nicht bel AG liegt. In dem Werk Rheinfelden werden ganz sicher, dieses Schreiben überhaupt zur Kennt- chemische Produkte hergestellt. Die Art der Pro- nis bekommen zu haben; jedenfalls sei er nicht als dukte hat wiederholt Diskussionen im politischen Amtsträger angeschrieben worden, weil das Schrei- Raum auf Gemeinde- und Landesebene, insbe- ben an seine Wahlkreisadresse gegangen sei. Er sondere hinsichtlich Umwelt- und Verbraucher- habe sich bei diesem Schreiben — aus dem die Ver- schutz, ausgelöst. Dynamit Nobel hielt es deshalb bindung zwischen Dynamit Nobel in Rheinfelden im Interesse der Erhaltung des Werkes und damit und dem Flick-Konzern hervorgeht — auch nichts auch der Arbeitsplätze nicht für geraten, die von gedacht. Abgesehen von dem „unglücklichen" Brief- Herrn Offergeld geäußerte Bitte, den Landtags- kopf habe er aus seiner damaligen Sicht nichts Be- abgeordneten Bantle bei seiner Wiederwahl zu denkliches dabei gefunden, als Abgeordneter diesen unterstützen, abzuschlagen. Spendenbittbrief zu schreiben. Er sei nie auf die Idee gekommen, daß mit der Spende der Gedanke Wegen dieser Betriebsbezogenheit hielt man es verbunden werden könne, ihn bei den Steuerbe- für richtig, diese Aufwendungen als Betriebsaus- scheinigungsverfahren in einer unlauteren Weise gaben zu behandeln." zu beeinflussen; vielleicht sei das „naiv" gewesen. Der Zeuge Fritz Wacker hat auf die Frage, wie er Andernfalls hätte er sich gehütet, um diese Spende die Spendenbitte Offergelds damals aufgefaßt habe, zu bitten. geantwortet, er habe sie wahrscheinlich für „ganz schön clever" gehalten, falls Offergeld damals ge- Die Aussagen Offergelds, er habe den Briefkopf da- wußt habe, daß Anträge gestellt würden. mals nicht bewußt zur Kenntnis genommen, und er sei auch nicht auf die Idee gekommen, seine Spen- Allerdings habe er nicht angenommen, daß die Ent- denbitte könne mit seiner amtlichen Tätigkeit ver- scheidung über die Anträge von der Gewährung quickt werden, sind zwar nicht zu widerlegen. Ob- einer Spende abhängig gemacht würde; das wolle er jektiv konnte aber der Eindruck eines Zusammen- nicht unterstellen. Es sei aber interessant gewesen, hangs zwischen Spendenbitte und amtlicher Tätig- daß die Spendenbitte gerade zum damaligen Zeit- keit erweckt werden, weil damals die Anträge des punkt gekommen sei. Flick-Konzerns bevorstanden, mit denen Parlamen- tarischer Staatssekretär Rainer Offergeld dienst- Der Zeuge Offergeld hat demgegenüber erklärt, zu lich befaßt wurde. einer derartigen Bewertung habe kein Anlaß be- standen. Er hat jedoch eingeräumt, es sei falsch Offergeld hat als Zeuge eingeräumt, daß er damals gewesen, einen Spendenbittbrief mit dem amtli- gewußt haben könne, daß Dynamit Nobel in Rhein- chen Briefkopf zu verschicken. Diesen Briefkopf felden zum Flick-Konzern gehörte. Dafür, daß er habe er damals aber nicht bewußt zur Kenntnis das tatsächlich gewußt hat, spricht nicht nur, daß er genommen; der Fehler sei ihm bei den vielen zu lei- nach seiner Aussage Dynamit Nobel damals als ei- stenden Unterschriften unterlaufen. Er halte den nes der größten Unternehmen in seinem Wahlkreis Briefkopf für unglücklich, weil bei einem flüchtigen gekannt hat. Offergeld hatte zudem schon am Leser der Eindruck hätte entstehen können, es han- 17. September 1975 an einem Gespräch zwischen dele sich um einen Spendenbittbrief eines Parla- Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft mentarischen Staatssekretärs. Aus der Angabe sei- und des Bundesministeriums der Finanzen über et- ner Wahlkreisadresse und aus dem Inhalt des Brie- waige Anträge des Flick-Konzerns teilgenommen, fes ergebe sich bei genauer Betrachtung aber, daß bei dem den Vertretern des Bundesministers der er diesen Brief als Abgeordneter des Wahlkreises Finanzen ein Vermerk des Bundesministeriums für geschrieben habe. Es sei auch auszuschließen, daß Wirtschaft übergeben wurde, in dem ein Investi- der Empfänger des Briefes einen anderen Eindruck tionsprojekt der Dynamit Nobel AG in Steyerberg hätte haben können, weil man bei Dynamit Nobel in erwähnt ist. Außerdem hatte Staatssekretär Dr. Rheinfelden Herrn Bantle gekannt und nie etwas Otto Schlecht bei dieser Gelegenheit über die Be- mit dem Bundesminister der Finanzen zu tun ge- sprechung im Bundesministerium für Wirtschaft habt habe. am 21. August 1975 berichtet, in der Eberhard von Brauchitsch dieses Investitionsprojekt angespro- Tatsächlich wurde der Spendenbittbrief aber von chen hatte. Daraus mußte der Parlamentarische Rheinfelden an die Zentrale von Dynamit Nobel in Staatssekretär Offergeld entnehmen, daß die Dyna- Troisdorf mit dem Hinweis weitergeleitet, es sei ein mit Nobel AG, und damit auch ihre Betriebsstätte Schreiben von Rainer Offergeld, „Parlamentari- in Rheinfelden, zum Flick-Konzern gehörten. scher Staatssekretär beim Bundesminister der Fi- nanzen und Bundestagsabgeordneter im hiesigen Aufgrund des Gesprächs im September 1975, aber Wahlkreis", und von dort nach Düsseldorf an Fritz auch aufgrund weiterer dienstlicher Befassung mit Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit der 4. Erwerb von 4 265 660 Aktien der W. R. Grace & Wiederanlage des Verkaufserlöses — z. B. einer Er- Co., New York, in Höhe von 110,8 Mio $ (im fol- örterung des Bescheinigungsverfahrens in der Ab- genden „Grace I" genannt; wegen einer Betei- teilungsleiterkonferenz im Bundesministerium der ligungsaufstockung folgte 1978 der Antrag Finanzen am 30. September 1975 sowie einer Sit- „Grace II"). - zung des Kollegiums im Bundesministerium der Fi- In dem von Eberhard von Brauchitsch und Fritz nanzen am 1. Oktober 1975, in der er selbst über Wacker gezeichneten Begleitschreiben hieß es zum Probleme der Besteuerung der Daimler-Transak- Schluß: tion berichtet hatte — hätte Rainer Offergeld, als er im Februar 1976 den Spendenbittbrief absandte, „Abschließend möchten wir darauf hinweisen, wissen müssen, daß mit Anträgen des Flick-Kon- daß wir bis zum Ende der Re-Investitionsfrist am zerns zu rechnen war. Er hat dies bei seiner Ver- 31. Dezember 1978 weitere Projekte vorlegen wer- nehmung auch nicht ausgeschlossen. Als Parlamen- den. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, tarischer Staatssekretär beim Bundesminister der daß wir den Veräußerungsgewinn aus dem Ver- Finanzen mußte er damals auch wissen, daß er mit kauf der Daimler-Benz-Aktien in Höhe von DM den zu erwartenden Anträgen des Flick-Konzerns 1 934 563 811,— nicht in vollem Umfang für Vor- wegen der vorgeschriebenen Beteiligung des Bun- haben gemäß § 6 b EStG oder § 4 AuslInvG in desministeriums der Finanzen dienstlich befaßt Anspruch nehmen werden." werden würde. Daß die ersten Anträge des Flick Konzerns dann erst einige Tage, nachdem Offer- Die Anträge waren im wesentlichen wie folgt be- geld den Spendenbittbrief abgesandt hatte, beim gründet: Bundesministerium für Wirtschaft gestellt wurden Zu 1. — Dynamit Nobel Steyerberg und erst Anfang Juni 1976 im Bundesministerium der Finanzen eingingen, ist hierbei unerheblich. Die Erhöhung des Grundkapitals der Dynamit Nobel AG um 100 Millionen DM solle der bereits begonnenen Errichtung eines weiteren Werkes zur Produktion eines Vorprodukts für Polyester- fasern in Steyerberg/Niedersachsen dienen. Un- C. Die Behandlung der Anträge des ter anderem solle damit der Umstrukturierungs- 1. Antragsblocks prozeß des Unternehmens hinsichtlich Spreng- mittel und Munition vorläufig abgeschlossen und (Februar 1976 bis September 1976) die Struktur des Unternehmenszweiges „militä- rische Munition" im Sinne der Zielvorstellungen 70 des Bundesverteidigungsministeriums, nämlich der Schaffung rationeller Auftragsgrößen verbes- Die Antragstellung sert werden. Im übrigen habe die Polyesterfaser eine wachsende Bedeutung für die deutsche Tex- Mit Schreiben vom 20. Februar 1976 reichte der tilindustrie. Flick-Konzern die ersten vier Anträge auf Erteilung von Bescheinigungen nach §§ 6 b EStG/4 AIG Zu 2. — Dynamit Nobel Thesaurus schriftlich beim Bundesministerium für Wirtschaft Der Flick-Konzern sei derzeit am Grundkapital ein. In einem Anschreiben wurde darauf hingewie- der Dynamit Nobel AG zu 83,98 % beteiligt. The- sen, daß die Deutsche Bank ihren Plan für die Wei- saurus, eine Tochtergesellschaft der Schweizeri- terveräußerung der Aktien in wesentlichen Teilen schen Bankgesellschaft, besitze 16,02 % und wolle verwirklicht habe; man stelle daher jetzt die ersten sich von dieser Beteiligung trennen. Die Gesell- Anträge. schaft habe erklärt, sie werde — falls der Flick Die Bescheinigung wurde für folgende Vorhaben Konzern die Aktien nicht übernehmen sollte — beantragt: diese „an einen Interessenten außerhalb Euro- pas" verkaufen. Die Flick-Gruppe wolle die Ak- 1. Kapitalzuführung bei der Dynamit Nobel AG, tien erwerben, um diesen Verkauf an einen Drit- Troisdorf, in Höhe von 100 Millionen DM zur ten zu verhindern. Zugleich werde damit die Vor- teilweisen Finanzierung des Werkes Steyer- aussetzung für strukturverbessernde Maßnah- berg/Niedersachsen (im folgenden „Dynamit men geschaffen. Nobel Steyerberg" genannt); Zu 3. — Buderus I 2. Erwerb von nom. DM 17 625 000 Aktien der Dynamit Nobel AG, Troisdorf, von der „The- Die geplante Kapitalerhöhung des Flick-Tochter- saurus" Continentale Effekten-Gesellschaft, unternehmens Buderus werde dessen Wettbe- Zürich, in Höhe von maximal 80 Millionen DM werbsfähigkeit wiederherstellen oder festigen (im folgenden „Dynamit Nobel Thesaurus" ge- und die Wettbewerbsstruktur bestimmter Märkte verbessern. Zugleich werde die Gefährdung einer nannt); großen Zahl von Arbeitsplätzen und Ausbildungs- 3. Kapitalzuführung bei den Buderus'schen Ei- plätzen für Lehrlinge im Raum Wetzlar beseitigt. senwerken, Wetzlar, in Höhe von 50 Millionen Von der Kapitalerhöhung würden Produkte der DM (im folgenden „Buderus I" — im Unter- Heizungs- und Klimatechnik sowie aus dem Be- schied zu dem später gestellten Antrag „Bude reich „Bauerzeugnisse und Kundenguß" betroffen rus II" — genannt); sein. Ohne die Kapitalerhöhung wäre die Exi- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

stenz der Buderus'schen Eisenwerke bedroht; da- Sinne sowie die Gewinnung internationaler Prä- mit wäre der mittelhessische Raum von einem senz mit der Chance, das Angebot großer, jahr- seiner stärksten Wirtschaftsfaktoren entblößt. zehntelanger Erfahrung im internationalen Ge- schäftsleben für sich zu nutzen. Zu 4. — Grace I In der Begründung des Antrages Grace I wurden Der Grace-Konzern ist ein Mischunternehmen - im einzelnen die erhofften Kooperationsmöglich- mit vielen in- und ausländischen Beteiligungen keiten insbesondere zwischen Dynamit Nobel mit dem Schwerpunkt Chemie. Die Bemühungen und Grace dargestellt — z. B. in den Bereichen um eine Zusammenarbeit der beiden Konzerne Pflanzenschutz, Futterzusatzmittel, chemische wurden vom Flick-Konzern stets auf eine bereits Rohstoffe sowie im Umweltschutz —, ferner die Anfang der 50er Jahre entstandene Bekannt- „weiteren Kooperationsmöglichkeiten langfristi- schaft zwischen den Firmeninhabern Peter Grace ger Art" in der Stahlindustrie sowie für den und Dr. Friedrich Karl Flick zurückgeführt; die- Brennstoffkreislauf bei Kernkraftwerken. ser hatte für kurze Zeit als Praktikant in einer dem Grace-Konzern gehörenden Bank gearbeitet. In dem Begleitschreiben war dazu angekündigt, Es gibt aber auch Hinweise, daß ausländische Be- daß beabsichtigt sei, die Beteiligung in der näch- rater auf diese Möglichkeit der Beteiligung des sten Zeit aufzustocken, sofern sich dafür günstige Flick-Konzerns im Ausland hingewiesen hatten. Gelegenheiten böten. Nachdem in den 60er Jahren bereits Kontakte zwischen den Firmen Dynamit Nobel und Grace Einen Satz dieser Anträge nebst des Begleitschrei- bestanden, gab es — soweit ersichtlich — Anfang bens übergab Fritz Wacker persönlich Ministerial- 1975 die ersten konkreten Gespräche über eine rat Hans August Fischer am 25. Februar 1976 im Zusammenarbeit der beiden Firmen und eine Be- Bundesministerium für Wirtschaft. Ausweislich ei- teiligung des Flick-Konzerns bei Grace. nes Vermerks von Wacker über das bei dieser Gele- genheit geführte Gespräch wurde bereits über die In der Antragsbegründung hieß es, Dr. Friedrich in der Antragsbegründung angekündigte Aufstok- Karl Flick und Mr. J. Peter Grace hätten am 3. kung der Beteiligung an dem amerikanischen Un- Oktober 1975 eine Vereinbarung unterzeichnet, ternehmen Grace diskutiert; zugleich wurden von wonach der Flick-Konzern am 2. Januar 1976 Fischer Gespräche zur Klärung offener Fragen zu 4 Millionen Stammaktien der W. R. Grace & Co., allen Anträgen angekündigt. Als Gesprächstermin New York, übernehme. Der Kaufpreis von 104 wurde der 9. März 1975, als Gesprächsort das Bun- Millionen $ sei am 2. Januar 1976 fällig gewesen. deswirtschaftsministerium vereinbart. Gespräche Weitere 265 660 Aktien zum Preis von 6,8 Mio. $ unter Beteiligung des Bundeskartellamts wurden habe man von der Schweizerischen Bankgesell- für später ins Auge gefaßt. Diskutiert wurde außer- schaft erworben. Insgesamt sei der Flick-Konzern dem die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Bundesfi- dadurch mit 12,1 % am Stammkapital des Grace nanzministerium und die zuständigen Ländermini- Konzerns beteiligt. Es sei ferner vereinbart wor- sterien eingeschaltet werden sollten. Schließlich den, daß Dr. Friedrich Karl Flick, Günter Max wurde auf die Frage der Behandlung von Anfragen Paefgen und Dr. Werner Kneip, Vorstandsvorsit- der Presse eingegangen; es wurde vereinbart, daß zender von Dynamit Nobel, 1976 in den — 30 Per- der Flick-Konzern jeweils antworten solle, daß man sonen umfassenden — „Board of Directors" des über den 6 b-Komplex nicht vor der nächsten Pres- Grace-Konzerns einträten und auch in Ausschüs- sekonferenz sprechen werde; das Ministerium solle sen des Board mitwirkten. antworten, daß der Vorgang unter das Steuerge- Nach dem Vertrag sollte die Verantwortung für heimnis falle. die Geschäftstätigkeit beim „Management" des Grace-Konzerns liegen, wenn auch „unter Wah- rung der Kontrollfunktion des Board"; der Grace 71 Konzern erklärte sich bereit, sich hinsichtlich sei- ner Investitionspolitik mit dem Flick-Konzern zu Die Prüfung der Anträge beraten. Faktisch behielt der „Präsident" Peter im Bundeswirtschaftsministerium Grace eine starke Stellung im Grace-Konzern, ob- wohl er selbst nur einen geringen Anteil am Mit einem für die Prüfung von Anträgen nach § 6 b Stammkapital der Gesellschaft hielt. EStG bzw. § 4 AIG üblicherweise verwendeten Formblatt leitete Ministerialrat Hans August Fi- In dem Antrag Grace I wies der Flick-Konzern scher am 27. Februar 1976 die Anträge den im Bun- darauf hin, daß der Erwerb dieser Beteiligung deswirtschaftsministerium zu beteiligenden Refera- keine „Kapitalanlage nur der Rendite wegen" sei, ten zu. Das Wettbewerbsreferat des Bundeswirt- sondern ein „industrielles Engagement" mit dem schaftsministeriums übersandte am 2. März 1976 Ziel, der Tochtergesellschaft Dynamit Nobel die Anträge an das Bundeskartellamt mit der Bitte durch Zusammenarbeit mit einem leistungsfähi- um Stellungnahme. Bereits am 9. März 1976 wurden gen amerikanischen Großunternehmen der Che- Fragen der Kapitalzuführung bei Buderus im Bun- mie neue Wege der Weiterentwicklung zu eröff- deswirtschaftsministerium besprochen; Teilnehmer nen. Konkret bewirke der Anteilserwerb einen an dieser von Ministerialrat Hans August Fischer Beitrag zur Sicherung der Rohstoffversorgung, geleiteten Besprechung waren neben Mitarbeitern einen Beitrag zur Verbesserung der Güterversor- der beteiligten Referate vom Flick-Konzern Fritz gung, den Zugang zu Know-how im weitesten Wacker und Dr. Axel Schmidt-Hern sowie Vertreter Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 von Buderus. Speziell erörtert wurde die Wettbe- „Lieber Rolf! werbssituation von Buderus auf verschiedenen Deinen Brief zu § 6 b EStG habe ich mit Interesse Märkten von Heizkesseln. Als Ergebnis dieser Be- gelesen. Insbesondere der Vorschlag der Arbeits- sprechung teilte der Flick-Konzern mit Schreiben gruppe, künftig Gewinne aus der Veräußerung vom 11. März 1976 mit, daß der Betrag von 50 Millio- von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur noch nen DM, der als Kapitalzuführung bei den Bude- bis zu einem- Höchstbetrag von 20 Mio. DM pro rus'schen Eisenwerken in Wetzlar vorgesehen sei, Jahr an der Finanzierungserleichterung teilha- im Rahmen des sich insgesamt ergebenden Finanz- ben zu lassen, ist interessant und sollte nicht un- bedarfs für die mittelhessische Buderus-Gruppe — ter den Tisch gekehrt werden. Auf der anderen also ohne die Edelstahlwerke Buderus — nicht für Seite muß man sehen, daß der Wirtschaftsmini- die Arbeitsgebiete Serienheizkessel und Großkoch ster einschränkende Änderungen des § 6 b EStG anlagen eingesetzt werden werde. eindeutig ablehnt. Die Gründe, die hierfür ange- führt werden, sind auch keineswegs -von der Hand zu weisen. Ich halte es deshalb nicht für zweckmäßig — zumindest nicht im gegenwärti- 72 gen Zeitpunkt — im Sinne der Vorschläge der Arbeitsgruppe aktiv zu werden. Von Interesse ist Bestrebungen zur Änderung des § 6 b EStG sicher auch für Deine weiteren Überlegungen, daß nach einer Erhebung der Industrie- und Han- In die Zeit der Prüfung des ersten Antragsblocks im delskammer Nürnberg, veröffentlicht in der Zeit- Bundeswirtschaftsministerium fielen weitere Be- schrift ,Der Betrieb' 1976 Nr. 12, im Durchschnitt mühungen der Arbeitsgruppe „Steuern" der SPD 49 % der Unternehmen, die sich an der Untersu- Bundestagsfraktion zur Reform des § 6 b EStG. Al- chung beteiligt haben, Rücklagen nach § 6 b EStG lerdings hatte das Mitglied der Arbeitsgruppe, der bilden. Das beweist, wie wichtig diese Vorschrift Abgeordnete Dr. Rolf Böhme es seinerzeit abge- für unsere Wirtschaft ist." lehnt, ein Interview zum Problem des § 6 b EStG unter besonderer Berücksichtigung neuer Vorstöße Weitere Aktionen von Abg. Dr. Rolf Böhme im poli- des Flick-Konzerns zu machen. Dem Untersu- tischen Raum gab es bis zur Bescheidung der An- chungsausschuß liegt eine Abschrift eines hand- träge des ersten Antragsblocks im Oktober 1976 schriftlichen Briefs von Günter Markscheffel an nicht mehr. Eberhard von Brauchitsch vom 10. März 1976 vor, in dem es wie folgt heißt: 73 „Wie ich Ihnen gestern bereits am Telefon sagte, ist B. in der Fraktionssitzung selbst (!) auf mich Das Treffen von Eberhard von Brauchitsch zugekommen und hat mir gesagt, er sei ,von meh- mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs reren Rundfunkanstalten` gebeten worden, Inter- am 22. März 1976 views zu machen, und zwar ,zum Problem § 6 b Während dieses Beginns der Behandlung der An- unter besonderer Berücksichtigung neuer Vor- träge im Bundeswirtschaftsministerium auf Ar- stöße der Flick KG'. — Er habe abgelehnt, weil er beitsebene bemühte sich Eberhard von Brauchitsch nach dem Gespräch mit Ihnen jetzt der Meinung um einen Termin für ein Gespräch mit Bundesmini- sei, daß man keine ,Lex Flick' brauche, sondern — ster Dr. Hans Friderichs. Der Leiter des Ministerbü- wenn überhaupt — eine Neufassung der gesam- ros von Bundesminister Dr. Hans Friderichs, Regie- ten Gesetzesmaterie. Das aber sei ,nicht drin'. B. rungsdirektor Klaus Wohlleben, stellte in einem Te- fragte mich, ob mir etwas von den angeblich lefonat am 19. März 1976 mit dem Sekretariat von ,neuen Vorstößen der Flick KG' bekannt sei, was Eberhard von Brauchitsch dafür den 22. oder ich verneinen konnte. Er gab sich damit zufrieden 23. März 1976 zur Wahl. Das Sekretariat notierte und sagte, er werde mich weiter auf dem laufen- dazu: den halten, wenn er etwas Neues höre. (Ich hatte den Eindruck, daß B., im Augenblick jedenfalls „Ihm wäre es lieb am Montag, 22.3. Und zwar hält nicht daran interessiert ist, sich erneut in das F. vor dem Industrie-Club in Düsseldorf einen Schußfeld des § 6 b zu begeben.)" Vortrag um 18.30 Uhr. Heikel ist nur, wo man sich trifft, denn F. müsste dann auf das anschließende Dr. Rolf Böhme richtete im Auftrag der Arbeits- Essen verzichten (wegen Magenverstimmung gruppe „Steuern" am 29. März 1976 einen Brief an z. B.). Wohlleben schlägt etwas außerhalb Düssel- Bundesminister Dr. Hans Apel und verwies auf den dorfs vor — M + F ist wohl zu auffällig wegen der einstimmigen Beschluß der Arbeitsgruppe vom Autos. Er meint der Minister könnte sich gegen 21. Oktober 1975, § 6 b EStG durch Beschränkung 20 Uhr mit Ihnen treffen. Dienstag, 23.3. haben auf einen Höchstbetrag von 20 Millionen DM je Sie abends Essen bei Sohl vorgesehen." Wirtschaftsjahr, Verkürzung der Reinvestitionszeit auf 24 Monate seit der Veräußerung und Bindung In dem Terminkalender von von Brauchitsch ist für des Bundeswirtschaftsministers an das Einverneh- den 22. März 1976, 19 Uhr, ein Besuch bei Konrad men des Finanzministers zu ändern. Auf die Frage Kaletsch, der zu dieser Zeit bereits im Kranken- von Dr. Rolf Böhme, ob zwischenzeitlich „über § 6 b haus lag, eingetragen, erst für 21 Uhr/21.30 Uhr ein eine Entscheidung gefallen" sei, antwortete Bun- Termin mit Minister Dr. Hans Friderichs in Metz- desminister Dr. Hans Apel mit Schreiben vom kausen, dem Wohnort von Eberhard von Brau- 9. April 1976 wie folgt: chitsch. Zu der Frage, ob sich Dr. Friderichs und Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode von Brauchitsch am 22. März 1976 getroffen haben 1976 ergibt sich, daß an diesem Tag für 11.30 Uhr und ob in dem Gespräch Fragen der eingeleiteten ein „Gespräch mit den Herren Nau, Mommsen und Steuerbescheinigungsverfahren erörtert worden Flick" vorgesehen war. Er selbst hat sich an den sind, hat der 1. Untersuchungsausschuß keine wei- Termin nicht mehr erinnern können. Der genaue teren Feststellungen getroffen. Teilnehmerkreis ist ungeklärt geblieben. Dr. Fried- rich Karl Flick- wurde auf jeden Fall von Günter Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- Max Paefgen begleitet. Vor dem 1. Untersuchungs- ausschuß weisen darauf hin, daß sich in den Un- ausschuß hat Dr. Flick ausgesagt, daß nach seiner terlagen des Flick-Konzerns unter demselben Da Erinnerung außer dem Bundeskanzler Helmut tum eine von Konrad Kaletsch unterzeichnete Schmidt zwar Ernst Wolf Mommsen, nicht aber Quittung über eine Barauszahlung von DM 75 000 Alfred Nau an dem etwa einstündigen Gespräch findet. Auf der Rückseite der Quittung vermerkte teilgenommen habe; nach der Aussage des Zeugen Diehl „Dr. Fried. FDP". Unter dem Datum 1.4. Paefgen hat Nau aber teilgenommen. 1976 enthalten auch die Diehlschen Listen eine entsprechende Eintragung als inoffizielle Zah- In den dem 1. Untersuchungsausschuß vorgelegten lung an die F.D.P. Die Eintragung ist Gegenstand Verwaltungsvorgängen des Bundeskanzleramtes des Strafverfahrens vor dem Landgericht Bonn. betreffend den Flick-Konzern findet sich weder Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und eine schriftliche Gesprächsunterlage zur Vorberei- der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß tung des damaligen Bundeskanzlers Helmut weisen darauf hin, daß diese Spendeneintragung Schmidt noch eine nachträgliche Aufzeichnung im Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe ge- über das Gespräch; nach dem Terminzettel aus dem gen Amtsträger", berichtet worden ist; Eberhard Vorzimmer des Bundeskanzlers ist davon auszuge- von Brauchitsch und Dr. Hans Friderichs haben hen, daß dieser sich nicht einmal hat von einem Zahlung und Empfang bestritten. Beamten des Bundeskanzleramts begleiten lassen. Welche Themen über die Darstellung der Gründe für den Verkauf des Daimler-Benz-Aktienpakets durch den Flick-Konzern und der damit verfolgten 74 Unternehmensziele hinaus von den Gesprächsteil- nehmern behandelt worden sind, hat der 1. Untersu- Das Gespräch von Dr. Friedrich Karl Flick mit chungsausschuß nicht feststellen können. Unge- Bundeskanzler Helmut Schmidt am 13. April 1976 klärt ist geblieben, aus welchen Gründen die Teil- Ebenfalls in diese Zeit fiel ein Besuch von Dr. Fried- nahme von Alfred Nau, Vorstandsvorsitzender der rich Karl Flick in Bonn bei Bundeskanzler Helmut Friedrich-Ebert-Stiftung und maßgeblicher Spen- Schmidt. Erste Kontakte dazu hatte es bereits im denwerber für den Kanzlerwahlkampf 1976, der Herbst 1975 zwischen Alfred Nau, dem Vorsitzen- nach Aussage von Helmut Schmidt immer für die den des Vorstandes der Friedrich-Ebert-Stiftung SPD Spenden gesammelt hatte, an diesem Ge- und noch bis Ende 1975 Schatzmeister der SPD, spräch vorgesehen war; letztlich gilt dies auch für und Ernst Wolf Mommsen, seinerzeit Vorsitzender Ernst Wolf Mommsen. des Gesprächskreises „Wirtschaft und Politik" der Friedrich-Ebert-Stiftung, gegeben. So schrieb Mommsen unter dem 24. Oktober 1975 an Alfred Nau: 75 „Herr Dr. Friedrich Karl Flick und Herr Paefgen Die Spende an die Friedrich-Ebert-Stiftung haben mich gebeten, Ihnen sehr herzlich für die von 1 Million DM 1976 zwischen uns erörterte Möglichkeit zu danken. Sie nehmen diesen Vorschlag gerne an. Herr Fünf Wochen nach diesem Gespräch zwischen Bun- Paefgen ist z. Zt. in USA — man sollte wohl seine deskanzler Helmut Schmidt, Dr. Friedrich Karl Rückkehr abwarten, zumal der Kanzler ja auch Flick, Günter Max Paefgen und wahrscheinlich auf Reisen ist. Vielleicht kann man die Termine Ernst Wolf Mommsen sowie Alfred Nau, nämlich auf Ende November zu legen versuchen. Wegen am 18. Mai 1976, spendete der Flick-Konzern der der rein zeitlichen Vorschläge komme ich noch Friedrich-Ebert-Stiftung eine Million DM — die auf Sie zu, damit Sie Ihrerseits den Kanzler in höchste Einzelspende in den politischen Raum wäh- dieser Richtung ansprechen können." rend des Bescheinigungsverfahrens. Eberhard von Brauchitsch hat als Zeuge eine konkrete Erinne- Dr. Flick hat ausgesagt, Anlaß, dieses Gespräch zu rung an diese Spende nicht gehabt, aber bestätigt, suchen, sei für ihn gewesen, angesichts der sich daß sie nicht ohne seine Zustimmung geflossen sein damals bereits abzeichnenden kritischen Beleuch- könne. Paefgen hat ausgesagt, die Anregung zur tung der Transaktion in der Öffentlichkeit Bundes- Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung sei von kanzler Helmut Schmidt über die Umstrukturie- Mommsen ausgegangen, und das Geld sei nach rung des Flick-Konzerns und die Konzernziele zu Naus Vorstellungen dazu bestimmt gewesen, die unterrichten, zumal die Deutsche Bank ihrerseits Verhältnisse in Spanien, Portugal und Lateiname- bei Übernahme des Aktienpakets Gelegenheit ge- rika „auf demokratischem Kurs zu halten". Die habt habe, die Bundesregierung mit der Angelegen- Höhe der Spende sei mit der damaligen „besonde- heit zu befassen. Aus dem von Helmut Schmidt bei ren Spannungssituation auf der iberischen Halbin- seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungs- sel" zu erklären; allerdings habe er Nau nicht nach ausschuß vorgelegten Terminzettel für den 13. April dem Verwendungszweck befragt. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Der 1. Untersuchungsausschuß hat keine Feststel- Sendung warten solle. Er, Dr. Friderichs, habe be- lungen über die tatsächliche Verwendung dieser reits „prophylaktisch" Bundesminister Dr. Hans Gelder treffen können. Der enge zeitliche Zusam- Apel mitgeteilt, daß nach Auffassung des Bundes- menhang zu dem Gespräch von Dr. Friedrich Karl ministeriums für Wirtschaft der gesamte § 6 b-Fall Flick und Günter Max Paefgen mit Bundeskanzler unter das Steuergeheimnis falle, und zwar nicht nur Helmut Schmidt im April 1976 und einem weiteren der Inhalt der Anträge, sondern auch die Tatsache Gespräch mit Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel der Antragstellung selbst und die Zahl der Anträge. im Juni 1976 und die Tatsache, daß der Vorsitzende Dr. Friderichs befürchtete dennoch, vermerkte von der Friedrich-Ebert-Stiftung Alfred Nau — bis Ende Brauchitsch, daß mit der Abgabe des Votums des 1975 zugleich SPD-Schatzmeister — zumindest an Bundesministeriums für Wirtschaft an das Bundes- der Vorbereitung beider Gespräche beteiligt gewe- finanzministerium und an die Landesministerien sen war, legt aber den Schluß nahe, daß der Flick- die Sicherung des Steuergeheimnisses nicht mehr Konzern durchaus einen Zusammenhang zwischen gewährleistet sei. Er, von Brauchitsch, habe aller- der Vermittlung und dem Zustandekommen dieser dings empfohlen, das Votum unverzüglich weiterzu- beiden Gespräche einerseits und dieser ungewöhn- leiten, damit der Flick-Konzern alsbald die Ent- lich hohen Spende andererseits sah und sich zumin- scheidung über die Steuerbescheinigungsanträge dest für diese Mithilfe von Nau und Mommsen er- erhalte. Gegen die Gefahr von Indiskretionen kenntlich zeigen wollte; dem Spendenempfänger könne man sich ohnehin nicht wehren; eine Verzö- konnte dies nicht verborgen bleiben. Immerhin gerung des Antragsverfahrens bringe keinen Nut- machte diese Spende nach den dem Ausschuß vor- zen. Abschließend heißt es in dem Vermerk von von liegenden Unterlagen mehr als ein Drittel des der Brauchitsch: Friedrich-Ebert-Stiftung in den Jahren 1975 bis 1980 zugewandten Betrages von 2,76 Millionen DM „Friderichs hat mir erneut bestätigt, daß er als- aus. Für diesen Zusammenhang spricht auch die bald mit mir zusammentreffen wird, um unter Tatsache, daß es Spenden an die Friedrich-Ebert- vier Augen zu erörtern, welche flankierenden Stiftung nur von 1975 bis 1980 gegeben hat, also Maßnahmen wir insbesondere beim Bundesfi- etwa während der Zeit des Bescheinigungsverfah- nanzministerium einleiten können." rens, dagegen in den Jahren vorher und nachher nicht, von den beiden Spenden in Höhe von je 5 000 Zu diesem Gespräch zwischen Eberhard von Brau- DM in den Jahren 1966 und 1967 sowie von den chitsch und Bundesminister Dr. Hans Friderichs 5 Spenden in den Jahren 1977 bis 1981 durch das kam es am 1. Juni 1976, demselben Tag, als Ministe- Flick-Tochterunternehmen Krauss-Maffei in der rialrat Hans August Fischer das Votum des Bundes- Gesamthöhe von 45 000 DM abgesehen. ministeriums für Wirtschaft dem Bundesfinanzmi- nisterium förmlich übersandte und um Erklärung Der Zeuge Günter Max Paefgen hat zwar ausge- des Einverständnisses mit der vorgesehenen Sach- sagt, Ernst Wolf Mommsen habe ihn darauf hinge- behandlung bat. Eine von von Brauchitsch an Dr. wiesen, daß Konrad Kaletsch schon früher die Friedrich Karl Flick übersandte Notiz über das Ge- Friedrich-Ebert-Stiftung finanziell unterstützt habe. spräch wurde „unter Gebrauch des beiliegenden Solche Spenden haben sich aber — von den kleinen Couverts" zurückerbeten, „damit ich die Kopien ver- Spenden 1966/67 abgesehen — nicht nachweisen nichten kann. Ich möchte dann — wie in den voran- lassen. gegangenen Fällen — nur ein Exemplar dieser No- tiz in meinem Panzerschrank haben". Tatsächlich ist diese Notiz nicht gefunden worden. Soweit den 76 übrigen schriftlichen Unterlagen zu entnehmen ist, die dem Untersuchungsausschuß vorgelegen haben, Weitere Gespräche von Eberhard von Brauchitsch ging es u. a. um die Frage, ob der Flick-Konzern mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs Interesse an dem Kauf von Messerschmitt-Bölkow- Blohm habe; darauf muß sich auch ein als „geheim" Einige Wochen später, nämlich am 18. Mai 1976, übergebenes Papier bezogen haben, das Eberhard führten Bundesminister Dr. Hans Friderichs und von Brauchitsch an Dr. Hanns Arnt Vogels weiter- Eberhard von Brauchitsch ein Telefongespräch leitete. Zu der Äußerung, daß der Flick-Konzern über den Gang des Antragsverfahrens; es ging im sich mit dieser Frage erst dann befassen könne, wesentlichen um die Frage, ob im Hinblick auf die wenn der „jetzige Geleitzug 6 b" entschieden sei, Gefahr von Indiskretionen die formelle Befassung hielt von Brauchitsch fest, Dr. Hans Friderichs habe des Bundesfinanzministeriums und der zuständi- hierfür volles Verständnis gehabt. gen Landeswirtschaftsminister verzögert werden sollte. Hintergrund für die Frage nach der weiteren Für einen Termin eine Woche später, dem 8. Juni taktischen Behandlung der Anträge waren einer 1976, trug Rudolf Diehl in die Liste über „inoffizielle Notiz von Brauchitschs für Dr. Friedrich Karl Flick Zahlungen an die FDP" ein: „v. B. wg. Dr. Friderichs vom 18. Mai 1976 zufolge die angebliche Fertigstel- 70 000,—". Auch insoweit gilt die Erklärung von Dr. lung des Votums des Bundesministeriums für Wirt- Friderichs, vor und während seiner Amtszeit als schaft in den Antragsverfahren sowie Recherchen Bundesminister für Wirtschaft vom Flick-Konzern von Journalisten für eine Sendung des Fernsehma- keine finanziellen Vorteile gefordert, sich verspre- gazins „Report" über den Flick-Fall. Dr. Friderichs chen lassen oder gar angenommen zu haben. Die fragte von Brauchitsch in dem Telefongespräch, ob Staatsanwaltschaft Bonn hat hinsichtlich dieses man mit der Weitergabe des Votums an das Bun- Vorgangs einen hinreichenden Tatverdacht man- desfinanzministerium noch bis zu dieser „Report"- gels eines zeitnahen Übergabetermins für nicht ge- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode geben erachtet und insofern das Ermittlungsverfah- kundet, daß man sich im Bundeswirtschaftsministe- ren eingestellt. Dem 1. Untersuchungsausschuß lie- rium damals aus dienstlichen Gründen, die in kei- gen irgendwelche Anhaltspunkte für eine der Ein- nem Zusammenhang mit gestellten Anträgen des tragung entsprechende Zahlung nicht vor. Flick-Konzerns oder mit den wettbewerbspoliti- Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- schen Auffassungen- von Professor Dr. Eberhard ausschuß weisen darauf hin, daß die Zahlung an Günther standen, veranlaßt sah, dessen Amtszeit die F.D.P. vorzeitig zu beenden; hinzu kam nach der Aussage „vB wg. Dr. Friderichs 70 000" von Dr. Friderichs, daß man die Neubesetzung die- aus der sog. „Schwarzen Kasse" entnommen wor- ses Amtes aus dem Bundestagswahlkampf 1976 den sein muß; denn eine Zahlung an die CDU heraushalten wollte. Um mit Professor Dr. Günther unter dem selben Datum zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, „Ka vB. wg. Kohl 50 000" regte Staatssekretär Dr. Otto Schlecht — wie er und ist in der Dispositionskasse verbucht und von Dr. Friderichs bekundet haben — einen honorierten Konrad Kaletsch und Eberhard von Brauchitsch Forschungsauftrag des Walter-Eucken-Instituts an quittiert. Professor Dr. Günther an. Da im Bundeswirt- schaftsministerium dafür damals keine Mittel zur Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Verfügung standen, habe Dr. Friderichs die Deut- der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß sche Bank und Eberhard von Brauchitsch ange- stellen hierzu fest: sprochen und für die Finanzierung des Forschungs- Da der 1. Untersuchungsausschuß zu den Zahlun- auftrages gewonnen. Eberhard von Brauchitsch hat gen keine Feststellung getroffen hat, ist der Hin- zudem vor dem 1. Untersuchungsausschuß erklärt, weis auf die Sonderkasse ohne Belang. es sei nichts Ungewöhnliches gewesen, daß Amts- stellen oder politische Mandatsträger mit der Bitte um finanzielle Unterstützung von Wissenschaft und 77 Forschung an Wirtschaftsunternehmen herangetre- ten seien; bei der Unterstützung des angesehenen Die Zurruhesetzung des Kartellamtspräsidenten Walter-Eucken-Instituts im Zusammenhang mit Professor Dr. Eberhard Günther dem Forschungsauftrag an Professor Dr. Eberhard Ab Mitte Juni 1976 war Eberhard von Brauchitsch Günther habe sich das Haus Flick mit der Deut- in Überlegungen zur vorzeitigen Pensionierung des schen Bank, die zu dieser Zeit keine Anträge an das Präsidenten des Bundeskartellamtes Professor Dr. Bundeswirtschaftsministerium gestellt habe, in gu- Eberhard Günther eingeschaltet, der Mitte Juli 1976 ter Gesellschaft befunden. — etwa ein halbes Jahr vor Erreichen der Alters- Für den 1. Untersuchungsausschuß bestehen keine grenze — durch den damaligen Leiter der Unterab- Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Flick teilung Wettbewerbs- und Preispolitik im Bundes- Konzern bei der finanziellen Unterstützung des wirtschaftsministerium, Ministerialdirigent Wolf- Forschungsauftrages mit Rücksicht auf seine steu- gang Kartte, abgelöst wurde. erlichen Anliegen das Ziel verfolgt hätte, daß ge- Die vorzeitige Pensionierung von Professor Dr. rade Ministerialdirigent Wolfgang Kartte möglichst Günther wurde ermöglicht oder jedenfalls erleich bald Präsident des Bundeskartellamtes wurde. Da- tert durch einen auf Bitte von Staatssekretär Dr. gegen spricht bereits, daß im Juli 1976 die Stellung- Otto Schlecht vom Walter-Eucken-Institut an Pro- nahmen des Bundeskartellamtes zum ersten An- fessor Dr. Günther vergebenen honorierten For- tragsblock bereits vorlagen und etwaige Auswir- kungen eines Wechsels im Amt des Präsidenten des schungsauftrag, der je zur Hälfte von der Deut- schen Bank und von dem Flick-Konzern mit einer Bundeskartellamtes für Stellungnahmen zu späte- ren Anträgen nach § 6 b EStG/§ 4 AIG für den Flick zweckgebundenen Spende an den Stifterverband der Deutschen Wissenschaft finanziert wurde. Die Konzern überhaupt nicht absehbar waren. Spende des Flick-Konzerns wurde Anfang Juli 1976 auf Veranlassung von Eberhard von Brauchitsch geleistet; im Februar 1977 schoß der Flick-Konzern eine weitere Zahlung nach, weil die Kosten des For- 78 schungsauftrages höher waren als zunächst ange- nommen. Das Gespräch von Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel mit Dr. Friedrich Karl Flick Aufgrund der Aussagen von Dr. Hans Friderichs, in dessen Jagdhütte Staatssekretär Dr. Otto Schlecht, Wolfgang Kartte und Eberhard von Brauchitsch ist auszuschließen, daß der Flick-Konzern sich an der Finanzierung des Eberhard von Brauchitsch kümmerte sich im übri- Forschungsauftrages beteiligte, um durch ein vor- gen ebenso wie Günter Max Paefgen um einen wei- zeitiges Ausscheiden von Professor Dr. Günther aus teren Gesprächstermin mit Politikern in Bonn für dem Amt des Präsidenten des Bundeskartellamtes Dr. Friedrich Karl Flick. Nach einem Vermerk des bzw. eine Nachfolge von Kartte in dieses Amt Vor- Sekretariats von Dr. Flick vom 20. Mai 1976 be- teile bei der Entscheidung über die Steuerbeschei- mühte sich von Brauchitsch um einen Termin „in nigungsanträge zu erlangen. der nachstehenden Reihenfolge bei den Herren Genscher Dr. Hans Friderichs und Staatssekretär Dr. Otto Friderichs Schlecht haben als Zeugen übereinstimmend be Kohl". Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Es ist nicht bekannt, welche Gesprächsthemen von von Pae. sein, daß Apel wünscht, daß ich an dem Brauchitsch bei diesen Vorschlägen vorschwebten. Gespräch nicht teilnehme. Auf einem Rücksprachezettel von von Brauchitsch ' Ich habe Pae. klargemacht, daß mir diese Erwä- bei Dr. Flick vom 4. Juni 1976, bei dem nicht klar ist, gung nicht paßt. Ich habe beim Besuch beim Bun- ob es sich um anstehende oder erledigte Rückspra- deskanzler akzeptiert, daß ich aus 6 b-Gründen chen handelt, heißt es: „Termine Scheel, Kohl, Gen- - nicht dabei war. Wenn der Bundesfinanzminister scher". Zu einem Treffen mit den genannten Politi- jedoch mit unserem Haus spricht und der für kern kam es aber im Juni 1976 nach den Feststel- Finanzen und Steuern zuständige Mann nicht am lungen des 1. Untersuchungsausschusses nicht. Da- Tisch sitzt, dann macht das einen miserablen Ein- gegen findet sich auf dem erwähnten Vermerk des druck. Es muß der Entscheidung von F. K. unter- Sekretariats von Dr. Friedrich Karl Flick vom liegen, wen er für ein solches Gespräch mit- 20. Mai 1976 die Bitte von Dr. Flick an von Brau- chitsch: bringt." „Betr.: Euren Termin bei A. „Wegen eines Politiker-Termins möchte HvB im Moment noch nichts unternehmen. Herr Dr. FKF Ich hatte Gelegenheit, am 4. Juni mit F. K. auch kann sich noch nicht festlegen, da noch ein ande- über dieses Thema zu sprechen. Ich habe F. K. rer, wichtigerer Termin in Bonn für ihn für die dasselbe gesagt wie Dir: Wenn es aus taktischen Zeit vom 16.-19. 6. in der Schwebe sei. Hierzu Gründen notwendig ist, will ich — wie im Fall bekommt Herr Dr. FKF am Montag, 24.5., Sch. — gern zurückstehen. Andererseits ist mir Bescheid." das Wegbleiben bei A. darum unangenehm, weil ich im Hause die Dinge betreibe, die exakt das Bei dem darin erwähnten Termin handelte es sich Ressort A. betreffen. F. K. hat das verstanden und um ein durch Vermittlung von namhaften Reprä- mir deshalb zugesagt, daß Ihr mich bei A. prak- sentanten der Friedrich-Ebert-Stiftung zustandege- tisch wegen anderer Verpflichtungen entschul- kommenes Gespräch von Dr. Friedrich Karl Flick digt, so daß A. nicht das Gefühl bekommt, als mit Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel. Von wem gäbe es mich in diesem Zusammenhang nicht." die Initiative dazu ausgegangen ist, hat der 1. Unter- suchungsausschuß nicht abschließend feststellen Tatsächlich nahm als Vertreter des Flick-Konzerns können. Jedenfalls war zu diesem Zeitpunkt Dr. außer Dr. Friedrich Karl Flick dann nur Günter Flick ein Gespräch mit Bundesfinanzminister Dr. Max Paefgen an dem Gespräch teil. Hans Apel wichtig, dessen Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft über die Steuer- bescheinigungsanträge herzustellen war. Einge- 79 schaltet in die Anbahnung des Gesprächs waren auf jeden Fall Alfred Nau als Vorsitzender des Vor- Vorbereitungen im Flick-Konzern stands der Friedrich-Ebert-Stiftung und maßgebli und im Bundesministerium der Finanzen cher Akteur der SPD zur Einwerbung von Spenden für den Wahlkampf des Jahres 1976 sowie Günter Zur Vorbereitung dieses Gesprächs wurden aus- Max Paefgen. Für den Flick-Konzern war Hinter- führliche Informationen zu dem Inhalt und dem grund für das Gespräch, wie Dr. Flick als Zeuge. Stand der Antragsverfahren ausgearbeitet. So be- ausgesagt hat, eine Dr. Hans Apel zugeschriebene tonte Fritz Wacker in einem längeren Vermerk für Äußerung, Flick sei „schlimmer als drei Jahre Juso Dr. Friedrich Karl Flick vom 9. Juni 1976: „Gerade Regierung". Maßgeblich war insoweit auch eine Äu- wegen der Bedeutung des Gesprächspartners in ßerung aus dem Bundesfinanzministerium, wenn Sachen §§ 6 b/4" solle ihm gegenüber festgestellt auch nicht unbedingt von Dr. Apel persönlich, die werden, daß Dr. Friedrich Karl Flick es als seine da lauten soll: „6 b gibt es für alle, nur nicht für von Aufgabe ansehe, das Lebenswerk seines Vaters zu Finck und für Flick." Nach Auffassung von Dr. Apel erhalten und weiterzuentwickeln. Daher solle die fand das Gespräch auf dem Hintergrund der am Bundesrepublik auch in Zukunft Sitz und Mittel- 2. Juni 1976 im Bundesfinanzministerium eingegan- punkt der Tätigkeit des Hauses Flick sein, und genen vier Anträge des ersten Antragsblocks mit Flick wolle seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik den vorläufigen Stellungnahmen des Bundesmini- behalten. Die unternehmerischen Ziele der Firma steriums für Wirtschaft statt. Nach seiner Aussage machten eine Lösung der Strukturprobleme erfor- ging die Initiative von Alfred Nau aus, der ihn gebe- derlich, da sonst die Existenz der Gruppe und ihrer ten habe, mit Dr. Friedrich Karl Flick und Günter 56 000 Arbeitsplätze gefährdet wären. Ähnlich Max Paefgen zusammenzutreffen, weil gewisse könnte auch auf die Frage nach dem Grund für den Äusserungen von ihm die Zusammenarbeit im Ge- Verkauf der Daimler-Aktien geantwortet werden. sprächskreis „Wirtschaft und Politik" störten. Aus Man habe unter dem Zwang gestanden, die indu- Notizen von Eberhard von Brauchitsch vom 31. Mai striellen Teile der Gruppe Flick und ihre Arbeits- und vom 8. Juni 1976 ergibt sich, daß auf seiten des plätze zu sichern und zu stärken. Die Vermögen- Flick-Konzerns sich Paefgen um den Termin bei Dr. steuernovelle — durch welche die Daimler-Beteili- Apel bemühte und von Brauchitsch an einer Teil- gung nahezu ertraglos gestellt worden sei — habe nahme an diesem Gespräch interessiert war. In den diese Entscheidung sehr erleichtert. Die Frage ei- beiden Notizen heißt es: ner Veräußerung der restlichen 9 % Daimler-Aktien sollte verneint werden mit dem Zusatz, dies hänge „... Apel möchte nicht mit der 6 b-Angelegenheit allerdings für die Zukunft wesentlich von der weite- befaßt werden. Deshalb kann es nach Auffassung ren Ertragsentwicklung der Gruppe und ihrer steu- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode erlichen Belastung — insbesondere der Vermögen- und zu sichern, und nicht um Vorteile von Herrn steuer — ab. „Unter der Hand" habe man erfahren, Flick persönlich, und daß die aus einer positiven daß das Bundesministerium für Wirtschaft die An- Entscheidung resultierende Verstärkung der In- träge Dynamit Nobel Steyerberg, Buderus I und vestitionstätigkeit dem wirtschaftspolitischen Grace I positiv beurteile, nicht dagegen Dynamit Programm der Bundesregierung entspricht. Im Nobel Thesaurus. Es empfehle sich allerdings nicht, Falle Grace wäre auf die positiven Rückwirkun- dieses Wissen zu erkennen zu geben; man könne gen zugunsten von DN hinzuweisen. aber zum Ausdruck bringen, daß man im Bundes- ministerium für Wirtschaft „sachkundig und sach- 5. Sollte gefragt werden, ob wir weitere Anträge bezogen sowie nach Grundsätzen, die sich aus- zu stellen beabsichtigen, so müßte in Überein- schließlich am Willen des Gesetzgebers orientiert stimmung mit dem Antragsschreiben vom haben," behandelt worden sei. Die Anträge lägen 20.2. 1976 mit „j a" geantwortet werden. Die derzeit im Bundesministerium der Finanzen zur Frage, um was es sich dabei handeln wird, läßt Prüfung vor; eine Entscheidung sei in etwa vier bis sich noch nicht konkret beantworten, mit Si- sechs Wochen zu erwarten. Bei dem Veräußerungs- cherheit werden aber wieder Beträge zur Exi- vorgang müsse „Einvernehmen" zwischen den bei- stenzsicherung von Konzerngesellschaften den Ministerien hergestellt werden, weil eine Bank und damit auch zur Sicherung und Schaffung beteiligt sei; bei den Erwerbsvorgängen sei lediglich von Arbeitsplätzen darunter sein (KM, Edel- das „Benehmen", auch mit den betroffenen Bundes- stahl Buderus). ländern, erforderlich. Zur Frage, wann wir einen zweiten ,Geleitzug` starten wollen, würde ich mich auf den Stand- Fritz Wacker ging in seinem Vorbereitungsvermerk punkt stellen, daß wir insoweit flexibel sind und auch auf die Frage der voraussichtlichen Zuständig- dies erst nach dem 3. Oktober zu geschehen keiten der einzelnen Abteilungen und Referate im braucht, wenn es begründet erscheint. Bundesfinanzministerium ein; er hoffe, „noch vor dem 16.6. eine weitere Nachricht zur Bearbeitung 6. Die Frage, ob wir den Veräußerungsgewinn unseres ,Geleitzuges` im Bundesfinanzministerium aus dem Verkauf der Daimler-Aktien in Höhe übermitteln zu können". Weiter heißt es dann: von DM 1,9 Mrd. in vollem Umfang für Vorha- ben gemäß § 6 b EStG oder § 4 AuslInvG in „4. Wir sind naturgemäß stark daran interes- Anspruch nehmen werden, müßte — in Über- siert, daß das Votum des Bundesfinanzmini- einstimmung mit unserem Antragsschreiben steriums nicht unter allerlei Vorwänden auf vom 20.2. 1976 — mit „nein" beantwortet wer- die lange Bank geschoben wird, vielleicht bis den. Zur Höhe des zu versteuernden Anteils nach der Bundestagswahl am 3. Oktober. Da- ist bisher keine Ziffer genannt worden, dies her wäre es nützlich, Ihrem Gesprächspart- sollte auch jetzt nicht geschehen." ner sinngemäß darzulegen, welche Gründe für eine rasche Bearbeitung sprechen: Als dieser Vermerk gefertigt wurde, ging Fritz Wacker davon aus, daß diesmal die Steuerbeschei- Wir sind in der Entwicklung unserer mit- a) nigungsverfahren zur Sprache kommen würden. tel- und langfristigen unternehmerischen Als Einleitung heißt es nämlich: Strategie von der Entscheidung über unsere derzeitigen 6 b-Anträge abhängig. Erst nach „Die weitgehend in die gleiche Richtung wei- der Entscheidung wissen wir, was von dem sende geistige Orientierung Ihres Gesprächspart- Veräußerungserlös der Daimler-Aktien übrig ners am 16.6. im Vergleich zu Ihrem Bonner Ge- bleibt. Bis dahin sind uns praktisch die sprächspartner am 13.4. dieses Jahres läßt es Hände gebunden. sinnvoll erscheinen, bei der Vorbereitung ent- b) Von den Kapitalzuführungen bei DN und sprechend zu verfahren. Eine Ausnahme bildet Buderus hängen die dortigen Investitionen das Thema 6 b/4, das am 13.4. von unserer Seite ab. Jede Verzögerung bringt den Unterneh- zweckmäßigerweise nicht anzusprechen war, in men Nachteile. Müssen die notwendigen In- dem bevorstehenden Gespräch meines Erachtens vestitionen unterbleiben, so wäre der Scha- jedoch zu behandeln sein wird." den nicht abzusehen. In einer Fußnote zu eben dieser Passage heißt es c) Bei DN und Buderus gibt es zwangsläufig dann aber: eine Reihe von Mitarbeitern, denen bekannt „Wie ich nachträglich von vB höre, wird über 6 b/4 ist, daß wir Anträge gestellt haben, darunter nicht gesprochen." Mitglieder des Betriebsrates bzw. Arbeitneh- mervertreter im Aufsichtsrat. Diese Männer Der Vermerk enthält im übrigen Ausführungen zu bedrängen uns mit der Frage, wie weit es den Themen „Gegenwärtige Steuerpolitik", „Ge- denn nun ist, sie haben nicht viel Verständnis samtwirtschaftliche Entwicklung" und „Geschäfts- für monatelange Bearbeitungszeiten. verlauf in der Gruppe Flick". Man könnte — je nach Verlauf des Gespräches — Einen Tag später, am 10. Juni 1976, wies Fritz überlegen, ob sich unausgesprochene Bedenken Wacker nach einem Anruf von Ministerialrat Hans wegen des Wahlkampfes in. der Weise zerstreuen August Fischer vom Bundeswirtschaftsministerium lassen, daß man aufzeigt, wie sehr es darum geht, in einem weiteren Vermerk darauf hin, daß das den Konzern und seine Arbeitsplätze zu erhalten Bundesfinanzministerium dem Antrag Grace I Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 seine besondere Aufmerksamkeit widme; der Flick dem Gespräch in der Jagdhütte in Scharfenberg Konzern müsse nachweisen, daß die Grace-Beteili- nicht teilnehmen konnte. Ob eine weitere Person gung keine reine Kapitalbeteiligung sei. In diesem als Gesprächspartner anwesend war, hat der 1. Un- Vermerk wurde als Ergebnis eines Gesprächs von tersuchungsausschuß nicht ermitteln können. Dr. Heribert Blaschke mit einem Beamten des Bun- desfinanzministeriums zugleich mitgeteilt, daß der Die Angaben -der Zeugen über den Inhalt des knapp Fall Grace I „nicht auf Hinweis von oben" intensiv zweistündigen Gesprächs weichen teilweise vonein- bearbeitet werde; es gehe deshalb darum, auf der ander ab, insbesondere zu der Frage, ob und inwie- Beamtenebene eine „bessere Abdichtung herbeizu- weit auch über die Steuerbescheinigungsanträge führen"; man habe insoweit noch Zeit. gesprochen wurde. Dr. Friedrich Karl Flick berich- tete seiner Aussage zufolge über die Perspektiven Für Bundesminister Dr. Hans Apel wurde — ob- des Konzerns, die geplanten Strukturverbesserun- wohl er sich bei seiner Vernehmung vor dem gen sowie die Gründe für den Daimler-Verkauf. 1. Untersuchungsausschuß daran nicht mehr erin- Darüber hinaus ging es um allgemeine wirtschafts- nert hat — durch das zuständige Referat des Bun- politische Fragen, z. B. die Auswirkungen der Öl- desfinanzministeriums am 16. Juni 1976 eine eigene krise auf die Wirtschaft und die Weltkonjunktur, Vorlage zur Information über die Flick-Anträge er- das Doppelbesteuerungsabkommen USA/Bundes stellt. Zwar geht aus ihr selbst der Anlaß dafür republik, das Schachtelprivileg und die Vermögen- nicht hervor. Sie wurde jedoch nach Zeichnung steuer. Dr. Flick hat ferner eingeräumt, bei der Dar- durch den Abteilungsleiter, Ministerialdirektor stellung der Konzernprobleme auch die Investitio- Dr. Karl Koch, vom Verfasser — Regierungsdirek- nen z. B. in den Bereichen Grace und Buderus, zu tor Dr. Arno Bordewin — persönlich im Büro der denen Anträge gestellt worden waren, „gestreift" zu Leitung abgegeben; außerdem wurde die Uhrzeit haben. Er habe beispielsweise dargelegt, daß Grace der Abgabe darauf vermerkt. Die Unterrichtungs- eine unternehmerische Beteiligung darstelle. Es sei vorlage enthielt eingangs eine kurzgefaßte Darstel- aber nicht über die erbetenen Bescheinigungen ge- lung des Veräußerungsvorgangs und der vier zur sprochen worden. Auch Dr. Hans Apel hat ausge- Prüfung anstehenden Reinvestitionsvorhaben des sagt, es seien keine Steuerfragen des ersten oder Flick-Konzerns. Als Stellungnahme war die ab- des späteren zweiten Geleitzuges behandelt wor- strakte Rechtslage dargestellt. Die Vorlage schloß: den. „Die Überprüfung der am 2. Juni 1976 eingegan- genen Anträge nimmt einige Zeit in Anspruch, Günter Max Paefgen hat demgegenüber vor dem zumal wegen des Grace-Erwerbs auch eine Über- 1. Untersuchungsausschuß bekundet, es sei auch prüfung unter außensteuerrechtlichen Gesichts- über die Behandlung der Anträge gesprochen wor- punkten erforderlich ist. Vor Abgabe einer Stel- den, und zwar über die Forderung des Flick-Kon- lungnahme gegenüber BMWi wird erneut berich- zerns, „nach Recht und Gesetz" behandelt zu wer- tet werden. Ob für den verbleibenden Gewinn aus den, also ohne einen „Flick-Malus". Die Antwort sei der Veräußerung der Daimler-Benz-Beteiligung gewesen, das Haus Flick werde genauso wie jeder in Höhe von fast 1,5 Mrd. weitere § 6 b-Anträge andere Antragsteller nach Recht und Gesetz behan- gestellt werden, ist nicht bekannt." delt werden. Die eigentlichen Anträge seien aber nur generell, nicht im Detail angesprochen worden; allerdings nehme er an, daß der Grace-Antrag er- 80 wähnt worden sei. Paefgen hat bei seiner Verneh- mung nicht ausgeschlossen, daß auch die Bestre- Der Verlauf des Jagdhüttengesprächs bungen der SPD-Arbeitsgruppe „Steuern" zur — u.U. rückwirkenden — Änderung des §6 b EStG Das ursprünglich für den 16. Juni 1976 geplante Ge- eine Rolle gespielt hätten. Auch Dr. Hans Apel hat spräch fand während des Dortmunder SPD-Partei- eingeräumt, daß Dr. Friedrich Karl Flick darüber tages — 17. bis 19. Juni 1976 — statt, und zwar ver- berichtet habe, daß Teile des Daimler-Erlöses so mutlich am 17. Juni. Ort des Zusammentreffens war angelegt werden sollten, daß sie mit den gesetzli- eine von Dr. Friedrich Karl Flick gepachtete Jagd- chen Tatbeständen in Übereinstimmung sein könn- hütte in Scharfenberg bei Brilon im Sauerland; Dr. ten. Er selbst habe dies aber nur zur Kenntnis ge- Hans Apel fuhr vom Dortmunder Parteitag unmit- nommen und einen Kommentar dazu abgelehnt. telbar dorthin. Die Wahl dieses Ortes ergab sich Alle Zeugen haben auf Befragen übereinstimmend nach der Bekundung von Dr. Flick vor dem 1. Unter- bekundet, daß es in dem Gespräch nicht um Spen- suchungsausschuß daraus, daß es sich um einen denfragen zugunsten der SPD oder der Friedrich- „zufälligen geographisch verkehrsgünstigen Punkt" Ebert-Stiftung gegangen sei. gehandelt habe, da sich Dr. Apel in Dortmund auf- gehalten habe. Alfred Nau wurde über das Gespräch unterrichtet, wie sich aus seinem Briefwechsel mit Günter Max Als Teilnehmer des Gesprächs stehen Bundesmini- Paefgen ergibt. Bereits am folgenden Tag, dem 18. ster Dr. Hans Apel, Dr. Friedrich Karl Flick und Juni 1976, schrieb ihm dieser nämlich: Günter Max Paefgen sowie der Geschäftsführer der Friedrich-Ebert-Stiftung, Dr. Günter Grunwald, fest. „Lieber Herr Nau, Zunächst war auch die Teilnahme von Alfred Nau gestern Abend hatten wir das Vergnügen, mit vorgesehen. Aus einem anschließend geführten Herrn Apel zusammen zu sein. Wir haben alle Briefwechsel zwischen Nau und Paefgen ergibt sich anstehenden Fragen besprochen und beschlos aber, daß Nau aus gesundheitlichen Gründen an sen, das Gespräch im Herbst nach den Wahlen Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

fortzusetzen. Für uns war das Gespräch sehr in- schuß versichert hat — das Gespräch lediglich aus teressant. Wir haben manches hieraus gelernt. den erwähnten atmosphärischen Gründen, nämlich den im Gesprächskreis der Friedrich-Ebert-Stiftung Ihnen persönlich möchte ich auch im Namen von „Wirtschaft und Politik" aufgetretenen Differenzen, Herrn Dr. F. K. Flick nochmals sehr für Ihre auf Wunsch von Alfred Nau führte. Daß das Ge- freundlichen Bemühungen in diesem Zusammen- spräch von Dr. -Flick mit Dr. Apel dessen Entschei- hang danken, die wir sehr zu schätzen wissen. dung in dem anstehenden Steuerbescheinigungs- Ganz besonders hat es Herrn Dr. F. K. Flick und verfahren beeinflußt hätte, hat der 1. Untersu- mich gefreut, von Herrn Dr. Grunwald zu hören, chungsausschuß jedoch nicht festgestellt. daß es Ihnen inzwischen besser geht und daß Sie damit rechnen können, im Laufe der nächsten Nach dem Ergebnis des festgestellten Sachverhalts zwei bis drei Wochen wieder völlig hergestellt zu geht der 1. Untersuchungsausschuß davon aus, daß sein. Wir wünschen Ihnen weiterhin recht gute aus der Sicht des Flick-Konzerns ein zeitlicher und Besserung. sachlicher Zusammenhang zwischen der Spende an die Friedrich-Ebert-Stiftung in Höhe von einer Mil- Der beigefügte Blumengruß soll etwas zur Be- lion DM und dem Zustandekommen des „Klima- schleunigung der Besserung beitragen. gesprächs" zwischen Dr. Friedrich Karl Flick und Mit herzlichem Dank für alles und freundlichen Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel in der Jagd- Grüßen, auch von Herrn Dr. F. K. Flick, ..." hütte Scharfenberg im Sauerland bestand. Dies er- gibt sich zunächst aus der Rolle der Vertreter der Alfred Nau antwortete ihm unter dem 25. Juni Friedrich-Ebert-Stiftung als Vermittler und Ge- 1976: sprächsteilnehmer wegen der kurz zuvor geleiste- ten extrem hohen Flick-Spende an die Friedrich- „Lieber Herr Paefgen, Ebert-Stiftung. So wurde der Spendenscheck am Sie haben mir eine ganz besondere Freude berei- 18. Mai 1976 der Friedrich-Ebert-Stiftung zugeleitet tet. Heute erhielt ich noch einmal von Ihnen ein und die Spendenbescheinigung von Dr. Günter Blumenarrangement begleitet von Ihren Zeilen Grunwald am 19. Mai 1975 ausgestellt. Am 21. Mai vom 18. Juni. Über beides habe ich mich sehr 1976 unterhielt sich dann Eberhard von Brauchitsch gefreut. Nachdem mir Herr Apel und Herr Dr. mit Günter Max Paefgen über dessen Bemühungen Grunwald bereits unmittelbar nach dem Ge- um das Treffen zwischen Dr. Friedrich Karl Flick spräch in Brilon Ihre Grüße übermittelten, ver- und Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel. bunden mit einem kurzen Bericht über das Ge- spräch, bin ich Ihnen ganz besonders dankbar, Diese enge zeitliche Abfolge einerseits und die gu- daß auch Herr Dr. Friedrich Karl Flick und Sie ten Kontakte zwischen Günter Max Paefgen und die Nützlichkeit des Gedankenaustausches bestä- Alfred Nau andererseits legen den Schluß nahe, daß tigt haben. zwischen der Spende und dem Gespräch ein Zu- sammenhang bestanden hat. Ob die Spende an die Mit freundlichen Grüßen für Sie und Herrn Dr. Friedrich-Ebert-Stiftung und damit praktisch an Friedrich Karl Flick". Nau, der nach Aussagen des Zeugen von Brau- chitsch häufig um Spenden gebeten hatte, von Paef- Im Ergebnis geht der 1. Untersuchungsausschuß gen mit der Bitte an Alfred Nau verbunden wurde, davon aus, daß in dem Jagdhütten-Gespräch über ein Klimagespräch zwischen Dr. Hans Apel und Dr. die den Anträgen zugrundeliegenden Fakten — so- Friedrich Karl Flick zu vermitteln oder umgekehrt, wohl die Daimler-Veräußerung als auch zumindest kann dabei dahingestellt bleiben. Im Ergebnis war die Erwerbsvorgänge Grace I und Buderus I — ge- jedenfalls beiden Seiten gedient: Der Friedrich- sprochen wurde, wenn es Dr. Friedrich Karl Flick Ebert-Stiftung, die nach Aussage ihres Geschäfts- auch in erster Linie darauf ankam, ein „Klimage- führers Dr. Günter Grunwald auch auf private spräch" zu führen, vermutete Vorurteile abzubauen, Spenden angewiesen war, und dem Flick-Konzern, also zu vermeiden, daß aus rein politischen Erwä- der in dieser Phase teilweise scharfer und emo- gungen und persönlichen Vorbehalten des Bundes- tionsgeladener Angriffe aus den Reihen der SPD an finanzministers gegenüber dem Flick-Konzern, wie einer Klimaverbesserung zu dem mitbeteiligten sie sich aus den ihm zugeschriebenen Äußerungen SPD-Minister Dr. Hans Apel gelegen war. Nur so ist ergeben konnten, die Anträge im Bundesfinanzmi- insbesondere die außergewöhnliche Höhe der nisterium negativ bewertet wurden. Auch wenn von den Zeugen durchaus glaubhaft versichert worden Spende zu erklären. Sie geht offensichtlich auf eine ist, daß nicht über die Details der Anträge gespro- Einstellung des Flick-Konzerns zurück, die von chen wurde, sondern lediglich die ihnen zugrunde- Brauchitsch — wenn auch nur für die Zeit ab 1979 liegenden Fakten kurz erläutert wurden, legte — mit den Worten beschrieben hat: Dr. Flick ersichtlich nicht nur Wert auf ein allge- „Ich hatte den Eindruck, daß es für unseren meines wirtschafts- und finanzpolitisches Ge- Zweck, diese Angriffe abzuwehren, gut wäre, spräch, sondern zugleich darauf, das nach seinem Herrn Nau heiter zu stimmen." und Günter Max Paefgens Eindruck negative Image des Flick-Konzerns beim Bundesfinanzmini- Gegen einen solchen Zusammenhang spricht auch ster vorsorglich zu verbessern und sich zumindest weder die Tatsache, daß alle Zeugen übereinstim- die Zusage einer Behandlung „nach Recht und Ge- mend bekundet haben, bei dem Gespräch in der setz" einzuholen. Daran ändert es nichts, daß Dr. Jagdhütte sei es nicht um Spendenfragen gegangen, Hans Apel — wie er vor dem 1. Untersuchungsaus noch die Aussage des Zeugen Dr. Hans Apel, er Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 habe zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis von Da der Flick-Konzern von Ministerialrat Hans Au- Spenden des Flick-Konzerns zugunsten der Fried- gust Fischer aus dem Bundeswirtschaftsministe- rich-Ebert-Stiftung gehabt. rium schon vorher erfahren hatte, daß die Steuerab- teilung des Bundesfinanzministeriums Zweifel heg- Es ist durchaus möglich, daß der — allgemein als te, ob die Beteiligung bei dem Grace-Konzern eine verschwiegen beschriebene — Vorsitzende der den Erfordernissen des § 4 AIG genügende unter- Friedrich-Ebert-Stiftung, Alfred Nau, Dr. Hans Apel nehmerische Investition, also keine bloße Kapital- nicht in diese Spende einweihte. Eberhard von beteiligung, war, reichte Fritz Wacker am 22. Juni Brauchitsch muß diese Verquickung aber gekannt 1976 dem Bundeswirtschaftsministerium die Ko- haben, da er nach seiner eigenen Aussage die operationsvereinbarung zwischen dem Flick-Kon- Spende genehmigt haben will und gleichzeitig Noti- zern und dem Grace-Konzern vom 3. Oktober 1975 zen für Dr. Friedrich Karl Flick über das Zustande- in englischer und deutscher Sprache nach; die kommen des Gesprächs anfertigte. Darüber hinaus Texte wurden von Fischer mit Schreiben vom wurde ihm am 17. Juni — also offenbar noch vor 24. Juni 1976 dem Bundesfinanzministerium zuge- dem Gespräch zwischen Dr. Flick und Bundesfi- leitet. Vorsorglich wurde im Flick-Konzern zusätz- nanzminister Dr. Apel — von Dr. Flick und Günter lich „ein Papier über den Inhalt der bisherigen Zu- Max Paefgen zugesagt, er werde über „allenfallsige sammenkünfte" zwischen den beiden Konzernen 6 b-Gespräche mit Apel" auf dem laufenden gehal- für den Fall ausgearbeitet, „daß die Anlaufphase ten werden; diese Unterrichtung ist nach Aussage der Kooperation auf Wunsch des Bundesfinanzmi- von Paefgen auch tatsächlich erfolgt. nisteriums konkret belegt werden muß"; dies hielt man nach den „vorliegenden Hinweisen" allerdings Dr. Friedrich Karl Flick hat jeden Zusammenhang für unwahrscheinlich. Am 25. Juni 1976 teilte Fi- zwischen der Spende zugunsten der Friedrich- scher Fritz Wacker einer von diesem gefertigten Ebert-Stiftung und dem Gespräch bestritten; ob er Notiz vom selben Tage zufolge mit, er und seine allerdings überhaupt von der Spende gewußt hat, Gesprächspartner im Bundesfinanzministerium ist fraglich, weil Eberhard von Brauchitsch in die- hielten die vorgelegten zusätzlichen Unterlagen für sem Bereich volle Handlungsvollmacht besaß. ausreichend. Wacker notierte weiter, Fischer rechne damit, daß die zuständige Abteilung des Bundesfinanzministeriums in der am 5. Juli 1976 81 beginnenden Woche eine Stellungnahme an die Spitze des Ministeriums weiterleiten werde, die Die weitere Behandlung der Anträge sich mit der Bewertung der Anträge durch das Bun- im Bundeswirtschaftsministerium deswirtschaftsministerium decken werde.

Nach Eingang der angeforderten Stellungnahmen Eine Bestätigung erfuhr diese Information in einem der beteiligten Referate des Bundeswirtschaftsmi- Treffen zwischen Eberhard von Brauchitsch und nisteriums einschließlich der des Bundeskartell- Dr. Hans Friderichs am 6. Juli 1976, wobei die amts — die insgesamt nach einer Hausbesprechung Kenntnis des Bundeswirtschaftsministers auf ei- am 18. Mai 1976 zu dem Antrag Dynamit Nobel nem Gespräch zwischen Staatssekretär Dr. Otto Steyerberg positiv, zu dem Antrag Grace I ebenfalls Schlecht und dem Parlamentarischen Staatssekre- überwiegend positiv, unentschieden im Fall von Dy- tär Rainer Offergeld beruhte. In einem Aktenver- namit Nobel Thesaurus und überwiegend positiv im merk vom 7. Juli 1976 hielt von Brauchitsch dazu Fall Buderus I ausfielen — hatte das federführende fest, Dr. Friderichs habe veranlaßt, daß unverzüg- Referat am 28. Mai 1976 zusammenfassende Ver- lich nach Rücklauf des Vorgangs aus dem Bundesfi- merke zu allen vier Anträgen erstellt, in denen das nanzministerium die Sache an die Landeswirt- Für und Wider der Erteilung der Bescheinigungen schaftsminister gehe und der Flick-Konzern unter- sowohl in bezug auf den Veräußerungsvorgang als richtet werde. Es sei vereinbart worden, daß Dr. Fri- auch in bezug auf den jeweils anstehenden Er- derichs und von Brauchitsch nach Erteilung der Be- werbsvorgang anhand der Kriterien des § 6 b EStG scheinigung sofort Kontakt miteinander aufneh- bzw. § 4 AIG geprüft war. Darin kam das Bundesmi- men sollten, um die „Publizität" behandeln zu kön- nisterium für Wirtschaft hinsichtlich der Erwerbs- nen. Außerdem enthält der Vermerk detaillierte An- vorgänge Dynamit Nobel Steyerberg, Buderus I und gaben zur Personalplanung des Bundeswirtschafts- Grace I zu einer positiven Gesamtbeurteilung für ministeriums, die für die Antragsbearbeitung von die Erteilung der Bescheinigung; hinsichtlich des Bedeutung sein konnten. Zu diesen Personalverän- Antrages Dynamit Nobel Thesaurus wurde die Ab- derungen äußerte sich auch eine Notiz des Leiters lehnung des Antrages vorgeschlagen. Nach Mit- des „Bonner Büros" des Flick-Konzerns, Dr. Walter zeichnung dieser Voten durch die im Bundesmini- Schmitz, vom 8. Juli 1976. Dieser schrieb über Mini- sterium für Wirtschaft beteiligten Referate wurden sterialrat Dr. Wolfgang Mühl, der nunmehr für die die jeweiligen Vorgänge Staatssekretär Dr. Otto Antragsprüfung zuständig wurde: Schlecht zur Kenntnisnahme vorgelegt; alsdann wurden mit Schreiben vom 1. Juli 1976 die Anträge „Er war von 1968 bis 1975 Stellvertreter von und die Gesamtbeurteilung des Bundeswirtschafts- Herrn Fischer. Er gehört der FDP an und hat ein ministeriums dem Bundesfinanzministerium über- besonderes Vertrauensverhältnis zu Minister Fri- sandt mit der Bitte um Einverständnis mit der vor- derichs (er macht für ihn u. a. die Steuererklä- gesehenen Sachbehandlung, nämlich drei Anträgen rung). Von seinen Kollegen wird er als ausgespro- stattzugeben und einen — Thesaurus — abzuleh- chen verbindlich und erheblich zugänglicher im nen. Vergleich zu seinem Vorgänger beurteilt." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Dr. Mühl hat als Zeuge vor dem 1. Untersuchungs- lage auch abgezeichnet. Er könne sich nicht vorstel- ausschuß bestritten, jemals eine Steuererklärung len, daß er die Unterschrift verweigert habe, son- für Dr. Hans Friderichs gefertigt zu haben. Er sei dern allenfalls, daß er das Schreiben an den Bun- „nicht zu einer einzigen noch so kleinen Detailfra- deswirtschaftsminister nicht habe herausgehen las- ge, die seine persönlichen Verhältnisse betraf", be- sen wollen, ehe- der Bundesfinanzminister selbst fragt worden. Es habe kein besonderes Vertrauens- den Vorgang gesehen habe. Vorgänge von besonde- verhältnis zwischen ihm und Dr. Friderichs gege- rem Gewicht, die zudem nicht besonders dringlich ben; mit diesem habe er auch nie über den Fall seien, lasse man in der Regel liegen, bis der Mini- Flick gesprochen. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht ster persönlich sie gesehen habe. Diese Angelegen- hat zudem ausgesagt, er habe keine Veranlassung heit sei „von erheblichem Gewicht" gewesen, zum anzunehmen, daß Dr. Mühl § 6 b EStG bzw. § 4 AIG einen wegen der Summen, zum anderen wegen der weiter aufgefaßt habe als sein Vorgänger Fischer. politischen Diskussion um diesen Fall. Er sei sich jedenfalls mit Minister Dr. Hans Apel einig gewe- sen, daß dieser Fall entsprechend dem Gesetz und 82 der bisherigen Auslegungspraxis des Bundesfinanz- ministers entschieden werden müsse. Nach seiner Bearbeitung der Anträge im Bundesfinanzministerium Überzeugung habe man damals gar nicht anders entscheiden können. Die Verzögerung bedeute Ebenfalls am 8. Juli 1976 teilte Dr. Heribert nicht, daß er die Sache nicht gebilligt habe, zumal er Blaschke Eberhard von Brauchitsch mit, die posi- dies deutlich gemacht und auch in den Akten ver- tive Stellungnahme der Steuerabteilung des Bun- merkt hätte. Offergeld hat zwar bestätigt, daß er zu desfinanzministeriums werde heute über Staatsse- der Regelung des § 6 b EStG eine „differenzierte kretär Dr. Günter Obert Bundesminister Dr. Hans Haltung" eingenommen habe. Insbesondere habe er Apel vorgelegt; man gehe davon aus, daß der Mini- die Vorschrift des § 4 AIG nicht für richtig gehalten. ster Staatssekretär Dr. Obert die Entscheidung Die Entscheidung habe aber dem Gesetz entspre- überlasse. Die entsprechende Ministervorlage chend getroffen werden müssen. Der 1. Untersu- wurde vom Referatsleiter, Ministerialrat Dr. Günter chungsausschuß hat keine Veranlassung, diese Dar- Söffing, sowie seinen Vorgesetzten, Ministerialdiri- stellung Offergelds in Zweifel zu ziehen. gent Dr. Adalbert Uelner und Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, am 12. Juli 1976 abgezeichnet. Darin Ausweislich der Unterlagen des Bundesfinanzmini- wurde vorgeschlagen, der Beurteilung des Bundes- steriums zeichnete der Parlamentarische Staatsse- wirtschaftsministeriums — Zustimmung zu drei kretär Rainer Offergeld den Vermerk der Steuerab- Anträgen, Ablehnung bei Dynamit Nobel Thesaurus teilung vom 12. Juli 1976 erst am 2. August 1976 ab. — zu folgen. Am 3. August 1976 teilte Eberhard von Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick mit, er habe in den Tagen Bundesminister Dr. Hans Apel befand sich zu die- zuvor mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs . ser Zeit, worüber Dr. Heribert Blaschke Eberhard zweimal den Stand der „6 b-Angelegenheit" erörtert. von Brauchitsch auch unterrichtete, in Urlaub. Der Sowohl Dr. Friderichs als auch Staatssekretär für diese Fragen zuständige Vertreter des Mini- Dr. Otto Schlecht hätten sich in den vergangenen sters, der Parlamentarische Staatssekretär Rainer Wochen erfolglos bemüht, Offergeld zur Abzeich- Offergeld, zeichnete die Vorlage jedoch zunächst nung des Vorgangs zu veranlassen. Man habe aller- nicht ab. Wie Dr. Blaschke ausweislich seines Ver- dings nicht feststellen können, ob dies darauf zu- merks vom 18. Juli 1976 von dem zuständigen Un- rückzuführen sei, daß Offergeld „selbst gegen die terabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, Sache ist" oder ob sich Dr. Hans Apel die Abzeich- Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner erfahren nung vorbehalten habe. Von Brauchitsch fuhr fort: hatte, wollte dieser die Rückkehr des Ministers ab- „Friderichs bleibt weiter bemüht." Zwar habe das warten. Von Brauchitsch bezeichnete dieses Verhal- Bundeswirtschaftsministerium alles getan, was zur ten in einem Vermerk über erledigte Rücksprachen Beschleunigung der Angelegenheit bei den Landes- mit Dr. Friedrich Karl Flick in der Zeit vom 19. bis wirtschaftsministerien getan werden könne; die An- 21. Juli 1976 auf dessen Schiff mit „Offergelds Wei- träge würden aber wohl nicht vor Anfang Septem- gerung". ber 1976 an diese gehen können. Er und Dr. Fride- richs hätten sich deshalb verständigt, daß der Flick Rainer Offergeld hat sich als Zeuge nicht daran Konzern seine nächste Pressekonferenz nicht vor erinnern können, die Abzeichnung verweigert zu Erledigung der Steuerbescheinigungsverfahren ab- haben. Er hat auch nicht gewußt, ob sich Dr. Hans halten werde; dadurch solle vermieden werden, daß Apel die Unterschrift vorbehalten hatte. Das ge- sich die Presse mit dem Fall befasse „und in letzter wählte Verfahren — Schlußzeichnung durch den Minute politische Schwierigkeiten entstehen". Minister — habe schon deshalb einer „ordentlichen Verwaltung" entsprochen, weil es vorher zu dem Ein Hinweis auf Bemühungen des Bundeswirt- Vorgang bereits eine Ministervorlage gegeben schaftsministeriums um zusätzliche Kontakte mit habe. Auch hat sich Offergeld nicht erinnern kön- dem Bundesfinanzministerium zur Abstimmung nen, von Bundesminister Dr. Hans Friderichs, über die zu treffenden Entscheidungen findet sich Staatssekretär Dr. Otto Schlecht oder Ministerial auch in den Unterlagen des Bundesfinanzministeri- rat Hans August Fischer gedrängt worden zu sein; ums. Die Vorlage von Ministerialrat Dr. Günter er hat allerdings eine Sachstandsanfrage für mög- Söffing vom 12. Juli 1976 wurde Bundesminister lich gehalten. Im übrigen habe er die Entscheidung Dr. Hans Apel nach dessen Rückkehr aus dem Ur- in der Sache für richtig gehalten und daher die Vor laub am 5. August 1976 vorgelegt. Unter demselben Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Datum hatte vorher der Leiter des Ministerbüros den vier Ländern vier Wochen. Herr Wacker hat darauf vermerkt: mit Fischer/Dr. Mühl verabredet, daß sie schon mal nach 14 Tagen auf den Busch klopfen mit der „BM z. K. BM Friderichs wird Sie voraussichtlich Begründung, daß es aus wahltaktischen Gründen anrufen." sinnvoll ist, die Sache schnell durchlaufen zu las- - Ob Dr. Friderichs und Dr. Apel an diesem Tag über sen. Von uns aus bei den Ländern bitte nichts tun die in den Steuerbescheinigungsverfahren zu tref- im Augenblick und auch gegenüber der Presse fenden Entscheidungen telefonierten, hat sich nicht die 6 b-Angelegenheiten weiter so behandeln wie feststellen lassen. Dr. Apel hat dazu ausgesagt, er bisher, d. h. also mit der Presse überhaupt nicht könne sich nicht an den Anruf erinnern. Wahr- darüber reden. Fischer/Dr. Mühl sind mit uns der scheinlich habe sich Minister Dr. Friderichs nur er- Meinung, daß es für die ganze Geschichte und kundigt, wann die Akte ins Bundeswirtschaftsmini- insbesondere auch für den zweiten Geleitzug, an sterium zurücklaufe. Auch Dr. Friderichs hat sich den wir immer schon denken müssen, am besten nicht erinnern können, mit Dr. Apel während der ist, wenn die Sache still und vertraulich behan- Prüfung dieser Anträge durch das Bundesfinanzmi- delt wird." nisterium gesprochen zu haben. Jedenfalls verfügte Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat vor dem Un- Bundesminister Dr. Apel noch am selben Tag auf tersuchungsausschuß bestritten, daß er habe „auf der Vorlage: den Busch klopfen wollen"; dies sei ohnehin nicht „Einverstanden mit den Vorschlägen für unsere notwendig gewesen, da die Sache „ein Selbstläufer" Stellungnahme." gewesen sei. Für ihn sei zudem keine Beziehung zur Bundestagswahl erkennbar gewesen. Ministeri- Die Stellungnahmen des Bundesfinanzministeri- alrat Hans August Fischer hat es als Zeuge vor dem ums zu den vier Anträgen, nämlich Zustimmung zu Untersuchungsausschuß sogar für „ausgeschlossen" den Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministeri- gehalten, daß er gegenüber den Ländern habe tätig ums, gingen daraufhin am 9. August 1976 an das werden wollen. Bundeswirtschaftsministerium. Jetzt bemühte sich der Flick-Konzern aus Sorge, daß sich wegen der bevorstehenden Bundestagswahl vom 3. Oktober 1976 noch politische Schwierigkeiten ergeben könn- 83 ten, um eine Beschleunigung des Verfahrens. So teilte Dr. Heribert Blaschke Eberhard von Brau- Die Mitfluggelegenheit nach Nizza für Verwandte von chitsch am 9. August mit, „seine Freunde" hätten Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs auf seine Bitten hin den Parlamentarischen Staats- sekretär Rainer Offergeld gebeten, die Sache zu be- Der damalige persönlich haftende Gesellschafter schleunigen, damit man nicht zu nahe an die Wahl im Flick-Konzern Dr. Hanns Arnt Vogels flog Ende herankomme. Offergeld habe daraufhin das Votum August 1976 in einem auf Kosten des Flick-Kon- abgezeichnet. Die Sache sei dem Minister mit der zerns gecharterten Flugzeug von Düsseldorf nach Urlaubspost zugeleitet worden, was nach den Fest- Nizza und zurück. An dem Flug nahmen die stellungen des 1. Untersuchungsausschusses nicht Schwiegermutter und eine Tochter, auf dem Rück- zutreffend war. In einem Zusatz fügte Dr. Heribert flug zwei Töchter von Dr. Hans Friderichs teil, ohne Blaschke dann — nach einem Anruf von Ministeri- daß dafür Kosten dem Flick-Konzern erstattet wur- alrat Dr. Günter Söffing — hinzu, die Entscheidung den. Von wem die Initiative zu dem Mitflug letztlich liege vor, das Bundeswirtschaftsministerium werde ausging, hat nicht geklärt werden können. Nach sofort unterrichtet. Eberhard von Brauchitsch teilte Aussage von Dr. Vogels als Zeuge vor dem 1. Unter- dies seinerseits Dr. Friedrich Karl Flick mit und suchungsausschuß wurde von Dr. Friderichs bzw. betonte, man habe das Notwendige veranlaßt, um seinen Angehörigen angefragt, ob sie mitfliegen den Rücklauf der Akten ins Bundeswirtschaftsmi- könnten. Nach der Aussage von Dr. Friderichs nisterium und von dort an die Landeswirtschaftsmi- fragte Dr. Vogels ihn zuerst, ob er selbst oder je- nister zu beschleunigen. mand anderes mitfliegen wolle; er habe seinerzeit gar nicht wissen können, daß Dr. Vogels im Som- Einen Tag später, am 10. August 1976, berichtete mer nach Nizza fliegen wolle. Er selbst sei damals Fritz Wacker Eberhard von Brauchitsch über ein verhindert gewesen; er habe gefragt, ob seine Ange- Gespräch mit Ministerialrat Hans August Fischer, hörigen mitgenommen werden könnten. der sich in Gegenwart seines Nachfolgers Ministeri- alrat Dr. Wolfgang Mühl, der am 16. Juli 1976 die Es hat nicht festgestellt werden können, daß die Leitung des Steuerreferats übernommen hatte, Mitfluggelegenheit mit Rücksicht auf die Steuer über den Stand der Dinge unterrichtet habe. In dem bescheinigungsverfahren des Flick-Konzerns von Bericht, der in Abwesenheit von Brauchitschs von Dr. Hanns Arnt Vogels angeboten oder von dessen Sekretariat aufgenommen wurde, heißt es: Dr. Hans Friderichs für seine Angehörigen ange- nommen worden wäre. Dagegen spricht, daß beide „Den Rücklauf aus dem Bundesfinanzministe- nach den vorliegenden Akten sowie nach ihren Aus- rium erwartet Dr. Mühl in dieser Woche. Dann sagen keine Kontakte wegen der Anträge des Flick gehen die Unterlagen an die vier beteiligten Län- Konzerns hatten. Außerdem waren sie damals derwirtschaftsministerien raus. Von uns ist schon näher miteinander bekannt; dies legt die An- nichts mehr zu liefern, weil alles in Bonn schon nahme nahe, daß es sich um eine Gefälligkeit unter vorliegt. Voraussichtliche Bearbeitungszeit bei Bekannten handelte. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

84 rium für Wirtschaft dem Flick-Konzern die Beschei- Die Beteiligung der Landeswirtschaftsministerien nigungen für die Reinvestitionsvorhaben Dynamit Nobel Steyerberg, Grace I und Buderus I — im Am 12. August 1976 übersandte das Bundeswirt- letztgenannten Fall unter der Voraussetzung der schaftsministerium die Anträge mit den entspre- Verwendung -der Mittel für bestimmte, vom Flick chenden Stellungnahmen an die beteiligten Lan- Konzern genannte Investitionsvorhaben. Der An- deswirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, trag Dynamit Nobel Thesaurus wurde abgelehnt. Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen Zur Begründung wurde im wesentlichen ausge- mit der Bitte um Stellungnahme. Am selben Tage führt, die bisherige 84 %ige Beteiligung bedeute be- vermerkte Eberhard von Brauchitsch, ihm sei in reits einen bestimmenden Einfluß auf die Dynamit Telefonaten mit dem zuständigen Staatssekretär Nobel AG; es sei daher keine strukturpolitische Ver- des Wirtschaftsministeriums von Nordrhein-West- besserung ersichtlich. Bereits am 9. September 1976 falen, Dr. Adolf Graf — der erklärt habe, er werde unterrichtete Regierungsdirektor Klaus Wohlleben Minister Dr. Horst-Ludwig Riemer den Vorgang telefonisch Eberhard von Brauchitsch. nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub am 25. Au- gust unterschriftsreif vorlegen —, sowie mit den Nach Eingang der Bescheide beim Flick-Konzern Wirtschaftsministern Heinz-Herbert Karry in Hes- am 13. September 1976 teilten Eberhard von Brau- sen und Walter Leisler Kiep in Niedersachsen eine chitsch und Fritz Wacker Dr. Friedrich Karl Flick, zügige Bearbeitung des Vorgangs zugesichert wor- Konrad Kaletsch und Günter Max Paefgen mit, es den. Zugleich bat er Manfred Nemitz um Feststel- sei mit dem Bundeswirtschaftsministerium „verein- lung, wann Dr. Horst-Ludwig Riemer tatsächlich bart" worden, daß der Flick-Konzern vor dem 3. Ok- aus dem Urlaub zurückkomme. tober — dem Tag der Bundestagswahl — nichts ver- lauten lasse, sondern sich weiterhin auf das Steuer- Am 26. August 1976 teilte Eberhard von Brauchitsch geheimnis berufe. Was man danach, insbesondere Dr. Friedrich Karl Flick mit, der nordrhein-westfäli- auf der Firmenpressekonferenz vom 25. Oktober sche Wirtschaftsminister Dr. Riemer habe ihm 1976, gegenüber der Offentlichkeit sagen werde, sei bestätigt, daß er die „Vorlage aus Bonn" inzwischen „sorgfältig zu überlegen und mit dem Bundeswirt- abgezeichnet habe. Er habe dabei im Falle Grace I schaftsministerium abzustimmen". Mit Bundeswirt- einen Zusatz gemacht in der Richtung, daß das schaftsminister Dr. Hans Friderichs werde am Haus ermuntert werden solle, die Beteiligung bei 15. September wahrscheinlich auch diese „Sprach- Grace aufzustocken. Dr. Riemer wolle damit „eine regelung" erörtert werden. Gegenposition zu der kritischen Betrachtung des Bundeswirtschaftsministeriums, insbesondere Bei Gesprächen mit Minister Dr. Hans Friderichs Staatssekretär Schlecht" aufbauen, die eine Aus- am 15. und 16. September 1976 wurde nach einem weitung der Grace-Beteiligung unter politischen Vermerk von Eberhard von Brauchitsch dann ver- Gesichtspunkten nicht für empfehlenswert hielten. abredet, über die Bescheinigungen so lange wie Zeitgleich — am 30. August 1976 — gaben die vier möglich keine Auskünfte nach außen zu erteilen. beteiligten Landeswirtschaftsministerien ihr Vo- Dr. Friderichs habe, wie von Brauchitsch weiter no- tum zu den Flick-Anträgen ab. Alle schlossen sich tierte, keine Bedenken dagegen, daß man auf der der Empfehlung des Bundeswirtschaftsministeri- Pressekonferenz am 25. Oktober über „6 b" spre- ums an, wobei die Stellungnahme von Nordrhein chen werde. Die Sprachregelung solle zuvor — auch Westfalen den Zusatz enthielt, der Antragsteller unter dem Eindruck des Wahlergebnisses vom sollte „ermuntert" werden, seine Grace-Beteiligung 3. Oktober — abgestimmt werden. auf mindestens 25% aufzustocken, damit die struk- Im übrigen habe Dr. Friderichs dargelegt, daß die turelle Verbesserung beschleunigt werden könne. Genehmigungen in letzter Minute in Frage gestellt Um diesen Einschub hatte Dr. Horst-Ludwig Rie- worden seien, und zwar sowohl wegen des Abgabe- mer, wie sich aus den Akten ergibt, eigenhändig die vorgangs im Hinblick auf die noch nicht abge- Vorlage seines Ministeriums ergänzt. schlossene Plazierung des Daimler-Pakets durch Bereits am 3. September 1976 wurde Eberhard von die Deutsche Bank als auch wegen der Wiederanla- Brauchitsch durch den Leiter des Ministerbüros geseite, und zwar wegen des Verkaufs der zum des Bundeswirtschaftsministeriums, Regierungsdi- Flick-Konzern gehörigen Maximilianshütte an rektor Klaus Wohlleben, unterrichtet, daß auf der Klöckner. Die Quellen für diese Schwierigkeiten lä- Fachebene bei den Ländern alles „abgestimmt und gen offensichtlich im Bundesfinanzministerium, in Ordnung" sei. Wohlleben hat allerdings vor dem und dort nicht primär beim Minister, sondern auf 1. Untersuchungsausschuß ausgesagt, die Gesprä- der parlamentarischen Ebene, möglicherweise ge- che mit den Ländern seien vermutlich nicht von steuert durch Dr. Böhme, der sich wohl noch vor ihm, sondern von Ministerialrat Hans August Fi- den Wahlen profilieren wolle, um bei einem Wahl- scher oder Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ge- sieg der Koalition Parlamentarischer Staatssekre- führt worden. tär im Bundesfinanzministerium zu werden. Bei dieser Sachlage sei Dr. Hans Friderichs besonders daran interessiert, die Tatsache der Genehmigun- 85 gen und damit der globalen und abschließenden Zu- Die Erteilung der Bescheide zum 1. Antragsblock stimmung zum Abgabevorgang bis zu den Wahlen geheimzuhalten. Die Sprachregelung für die Pres- Mit Schreiben vom 9. September 1976, abgesandt sekonferenz am 25. Oktober solle zwischen den am 10. September 1976, erteilte das Bundesministe Pressereferenten beider Seiten erfolgen; im wesent- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 lichen werde man die drei Zustimmungen mitteilen diesen an Dr. Friderichs übergeben worden ist, und die Ablehnung lediglich „abstrakt" — ohne An- hat diese Eintragung zum Gegenstand der An- gabe des Objektes — bekanntgeben. Dr. Friderichs klage gemacht; sie ist daher Gegenstand des habe zur Kenntnis genommen, daß man sich bei Strafverfahrens vor dem Landgericht Bonn. den weiteren Reinvestitionen keine nationalen Be- grenzungen auferlegen lassen werde, und teile Die Abgeordneten- der CDU/CSU-Fraktion und nicht den dem Flick-Konzern gegenüber geäußer- der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß ten Grundsatz seiner leitenden Mitarbeiter, daß weisen darauf hin, daß die Spendeneintragung eine weitere internationale Beteiligung der Gruppe unter dem Namen von Dr. Hans Friderichs im abgelehnt werden müsse. Dr. Friderichs habe sich Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe gegen also insoweit nicht festgelegt, jedenfalls nicht nega- Amtsträger", berichtet worden ist; . Eberhard von tiv. Im übrigen habe man sich über die politische Brauchitsch und Dr. Hans Friderichs haben Zah- Lage — u. a. im Hinblick auf die bevorstehenden lung und Empfang bestritten. Wahlen und die folgende Regierungsbildung — un- Zu der anderen Spendeneintragung weisen die terhalten. Von Brauchitsch habe der Bitte von Dr. Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und der Friderichs zugestimmt, am Wahlabend zur Verfü- F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß gung zu stehen „für den Fall, daß ein neutraler Mitt- darauf hin, daß diese Eintragung in keinem Zu- ler zwischen FDP und CDU erforderlich werden sammenhang zum Steuerbescheinigungsverfah- würde". ren steht. Es handelt sich nach ihrer Überzeu- gung um eine Wahlkampfspende. Dr. Hans Friderichs hat als Zeuge zu diesem Ge- spräch bekundet, er könne sich nicht daran erin- nern, daß über den Zeitpunkt der Veröffentlichung 86 der Entscheidungen gesprochen worden sei; er könne aber nicht ausschließen, daß man „wegen des Spannungen im Flick-Konzern zwischen Eberhard ganzen politischen Theaters ... um die Sache" ge- von Brauchitsch und Günter Max Paefgen sagt habe, man wolle das nicht mitten im Wahl- kampf machen. Wichtige Aufschlüsse über die Strategie Eberhard von Brauchitschs gibt ein Vermerk vom 18. Oktober Staatssekretär Dr. Otto Schlecht hat gegenüber der 1976, der zugleich die erheblichen Spannungen zwi- Staatsanwaltschaft erklärt, die angeblich ableh- schen ihm und Günter Max Paefgen deutlich macht. nende Haltung des Bundeswirtschaftsministeriums Von Brauchitsch wandte sich darin gegen Telefo- zu einem weiteren ausländischen Engagement des nate Paefgens mit „zuständigen Bonner Herren". Flick-Konzerns habe es eindeutig nicht gegeben. Dies ging auf eine dem 1. Untersuchungsausschuß Man habe im Gegenteil die Erhöhung der Grace nicht vorliegende Notiz von Paefgen vom 15. Okto- Beteiligung auf über 25 % für eine Intensivierung ber zurück und bezog sich auf die beabsichtigten von Grace I gehalten, die die Möglichkeiten der Erklärungen auf der Pressekonferenz vom 25. Okto- engeren Kooperation verbessere. Man habe zwar ber 1976. Von Brauchitsch betonte in diesem Zu- Wert darauf gelegt, daß sich die internationale Ar- sammenhang, Fritz Wacker stehe in ständiger Ver- beitsteilung mit positiven Rückwirkungen auf das bindung mit dem zuständigen Referenten des Bun- Inland verbessere; dies habe man allerdings — je- deswirtschaftsministeriums, um in gleichzeitiger denfalls zum damaligen Zeitpunkt — auch bei Gra- Abstimmung zwischen den Referenten beider Häu- ce II für gegeben gehalten. Zu den dem SPD-Bun- ser ein „koordiniertes Vorgehen" sicherzustellen. destagsabgeordneten Dr. Rolf Böhme zugeschriebe- Von Brauchitsch kritisierte vor allem, daß Paefgen nen Versuchen, die Entscheidung des Bundesfi- ihn nicht zuvor über seine Gespräche unterrichtet nanzministeriums negativ zu beeinflussen, hat die- hatte, und vermerkte u. a.: ser ausgesagt, er habe lediglich Anfragen im Bun- destag gestellt. „Ich muß — und ich sage das in aller Deutlichkeit — die Verantwortung für das überaus zerbrechli- Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- che Kind ,6 b` ablehnen, wenn in dieser Angele- ausschuß weisen darauf hin, daß am 17. Septem- genheit irgendein unkoordinierter Schritt in ber 1976 Eberhard von Brauchitsch den Erhalt Bonn vorgenommen wird. Unser bisheriges, uner- von 90 000 DM in bar aus der sogenannten „Dis- wartet erfolgreiches Abschneiden in diesem Zu- positionskasse" quittierte. Auf der •Rückseite der sammenhang ist zu einem großen Teil darauf zu- Quittung ist notiert: „Fr. 60, Ko 30". Die Diehl- rückzuführen, daß jeder Schritt sorgfältig über- schen Listen über „inoffizielle Zahlungen" an po- dacht und koordiniert war." litische Parteien weisen für F.D.P. und CDU diese Beträge unter dem Datum 17. Oktober 1976 mit Er sei nicht damit einverstanden, daß jemand ande- dem Zusatz „vB wg. Friderichs" bzw. „vB wg. res als der zuständige Bundeswirtschaftsminister Kohl" aus. An diesem 17. September 1976 trafen und dessen Mitarbeiter über die beabsichtigte Pres- sich Eberhard von Brauchitsch und der Leiter des sekonferenz vorab unterrichtet würden. Am 7. Okto- Ministerbüros von Friderichs, Ministerialrat ber hätten Fritz Wacker und der Pressereferent des Klaus Wohlleben, einer Eintragung im Kalender Bundeswirtschaftsministeriums den Vortragstext des Vorzimmers von Eberhard von Brauchitsch für die Pressekonferenz abgestimmt. Er sei, fuhr zufolge, in dessen Düsseldorfer Büro. Die Staats- Eberhard von Brauchitsch fort, jederzeit bereit, die anwaltschaft Bonn, die davon ausgeht, daß der von ihm behandelten Angelegenheiten in andere Betrag von 60 000 DM an Wohlleben und durch Zuständigkeiten zu legen. Die Übernahme von Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Kompetenzen sei aber damit verbunden, daß die 27. Oktober 1976 zugesandt. Von Brauchitsch be- entsprechenden Sachgebiete „weiterhin sachkundig tonte darin, es gehe bei den vom Bundeswirt- und kontinuierlich bearbeitet" würden. Von Brau- schaftsministerium erteilten Bescheinigungen chitsch äußerte darüber hinaus seine Sorge, daß der nicht um einen „Steuerfreischein", denn zum einen Grace-Konzern Flick durch „Kommentierung des handele es sich nur um einen relativ kleinen Teilbe- Charakters" der Beteiligung in den Rücken fallen trag des Veräußerungsgewinns- und zum anderen könnte. Dann wären „Friderichs, am Rande auch gehe es nur um eine Steuerstundung. Falsch sei Apel, blamiert, wir stünden als Lügner da, und die auch „die da und dort angeklungene Meinung", es Folge wäre, daß wir unseren nächsten Geleitzug gar sei eine „politische Entscheidung" getroffen wor- nicht erst abfahren lassen brauchen". In einem spä- den. Vielmehr seien es reine Sachentscheidungen, teren Vermerk notierte von Brauchitsch, Günter denen monatelange intensive Prüfungen der Sach- Max Paefgen habe in einem Gespräch mit ihm und verhalte vorausgegangen seien. Fritz Wacker am 20. Oktober 1976 verstanden, „warum unabgestimmte Parallel-Informationen un- Die Erteilung von Bescheinigungen auch im Fall zweckmäßig sind". der Reinvestitionen beim US-Konzern Grace war bereits vorher öffentlich bekannt geworden. Daran Zu der erwähnten Abstimmung des Vortragstextes anknüpfend hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete von Eberhard von Brauchitsch auf der Pressekonfe- Dr. Rolf Böhme am 14. Oktober 1976 die Frage an renz hat Fritz Wacker ausgesagt, es habe sich nicht die Bundesregierung für die Fragestunde gerichtet, um eine Abstimmung gehandelt, sondern man habe ob der Bundeswirtschaftsminister den Antrag des lediglich deutlich gemacht, wie weit der Konzern Flick-Konzerns „auf Erteilung eines Steuerfrei- gehe, um das Steuergeheimnis zu wahren; man scheines nach § 6 Einkommensteuergesetz für den habe also nur mitgeteilt, was man sagen werde. Veräußerungsgewinn aus dem spektakulären Mer- Dem steht allerdings entgegen, daß von einer „Ab- cedes-Benz-Aktien-Verkauf" positiv entschieden stimmung" der Presseveröffentlichungen in einer habe und wie hoch der dadurch entstandene Steuer- ganzen Reihe von Vermerken die Rede ist. gewinn für den Flick-Konzern sei. Weiter wollte Dr. Rolf Böhme wissen, welche volkswirtschaftlichen Zu den von Eberhard von Brauchitsch kritisierten Gründe für die Erteilung der Steuerbefreiung nach Aktivitäten von Günter Max Paefgen in Bonn hat § 6 b EStG maßgeblich gewesen seien. Staatssekre- dieser sich bei seiner Vernehmung vor dem 1. Un- tär Dr. Otto Schlecht beantwortete für die Bundes- tersuchungsausschuß nicht erinnern können, wel- regierung diese Fragen unter dem 3. November 1976 che „unkoordinierten Schritte" er damals vorge- schriftlich in der Weise, daß zunächst die Rechts- nommen haben soll. Er hat lediglich eingeräumt, er lage durch Schilderung der Voraussetzungen für habe sich bei Grace II — dem erst im Jahre 1977 die Erteilung der Steuerbescheinigungen darge- anhängig gemachten Antrag — für eine Beschleuni- stellt und im übrigen auf die Mitteilung des Flick gung der Prüfung des Antrages eingesetzt, weil Konzerns in dessen Pressekonferenz am man unter Zeitdruck gestanden habe, da der Preis 25. Oktober 1976 verwiesen wurde. Die Erteilung für die zu kaufenden Aktien ständig gestiegen sei. von Auskünften zu weiteren Einzelheiten wurde un- Es spricht manches dafür, daß die „zuständigen ter Hinweis auf das Steuergeheimnis abgelehnt. Herren", mit denen er gesprochen haben soll, SPD Politiker waren. Zum einen hatte er, insbesondere über die Friedrich-Ebert-Stiftung, in dieser Rich- 88 tung Kontakte entwickelt; zum anderen hatte er da- mals — wie sich aus einer Notiz von Eberhard von Die Unterrichtung von Bundeskanzler Helmut Schmidt Brauchitsch vom 8. November 1976 ergibt — „im Bereich H. A." Gespräche über Steuerreformpläne Auch Bundeskanzler Helmut Schmidt zeigte sich in geführt. dieser Phase an dem Vorgang interessiert. Auf ei- nem Presseausschnitt der Rheinischen Post vom 15. Oktober 1976 verfügte er am 20. Oktober 1976: 87 „Chef BK Bitte Bericht."

Die Pressekonferenz des Flick-Konzerns am Ministerialdirektor Dr. Dieter Hiß bat daraufhin am 25. Oktober 1976 2. November 1976 sowohl das Bundeswirtschaftsmi- nisterium als auch das Bundesfinanzministerium Am 25. Oktober 1976 unterrichtete Eberhard von telefonisch um Unterrichtung für den Bundeskanz- Brauchitsch auf einer Pressekonferenz die Offent- ler. Die entsprechenden Unterlagen wurden noch lichkeit ausführlich u. a. über die Steuerbescheini- am selben Tage durch das Bundesministerium für gungsanträge, nachdem er die betreffenden Passa- Wirtschaft dem Bundeskanzleramt übersandt; dort gen seines Manuskripts vorher mit dem Bundes- fertigte das zuständige Referat am 3. November wirtschaftsministerium abgestimmt hatte. In einem 1976 eine zusammenfassende Unterrichtungsvorla- Entwurfsexemplar in den Vorgängen des Bundes- ge, die Bundeskanzler Helmut Schmidt am 7. No- wirtschaftsministeriums finden sich verschiedene vember 1976 abzeichnete. Darin wurde wie auch in handschriftliche Änderungsvorschläge, die von Mi- dem entsprechenden Schreiben des Bundeswirt- nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl stammen und teil- schaftsministeriums vom 2. November 1976 darauf weise in die endgültige Fassung übernommen wor- hingewiesen, daß die Angaben teilweise dem Steu- den sind. Der endgültige Vortragstext wurde die- ergeheimnis unterlägen. Ministerialrat Dr. Wolf- sem später mit Schreiben des Flick-Konzerns vom gang Mühl hat dazu als Zeuge erklärt, ihm sei auf- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 gefallen, daß derartige Ersuchen des Bundeskanz- „Unter Bonner Gesichtswinkeln, insbesondere leramtes stets in Wahljahren, nämlich 1976 und Sch. und A., halte er die bisher vorliegenden Pres- 1980, an ihn gestellt worden seien; nach einem kon- sereaktionen auf unsere 6 b-Angelegeheit für gut. kreten Zusammenhang mit den Bundestagswahlen Das gute klimatische Verhältnis zwischen unse- habe er sich allerdings nicht erkundigt. rer Gruppe und Bonn würde durch diese Veröf- fentlichungen mit Sicherheit gestärkt." Am 28. Oktober 1976 traf sich von Brauchitsch mit- tags mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten und 89 wirtschaftspolitischen Sprecher seiner Fraktion, Dr. Otto Graf Lambsdorff, und nachmittags mit Bun- Nachfolgende Gespräche von desminister Dr. Hans Friderichs zu Gesprächen. In Eberhard von Brauchltsch einem Vermerk für Dr. Friedrich Karl Flick vom Am 26. Oktober 1976 führte Eberhard von Brau- 8. November 1976 über „Steuerreformpläne der chitsch mit Dr. Friedrich Karl Flick, teilweise in neuen Bundesregierung" berichtete von Brau- Gegenwart von Günter Max Paefgen, einige Rück- chitsch daraus: sprachen durch. Soweit es um die weitere Anlage- „Am 28. Oktober habe ich mit Graf Lambsdorff zu politik ging, vermerkte Eberhard von Brauchitsch Mittag gegessen. Lambsdorff, den wir aus ver- unter dem 27. Oktober 1976 folgendes: schiedenen Gründen in der Vergangenheit immer „... Ferner habe ich erläutert, wie außerordent- gut behandelt haben, wird voraussichtlich in der lich schwierig es ist, Prognosen hinsichtlich § 4 neuen Fraktion eine gute Position bekommen." AuslInvGes zu stellen. Aus dem Gespräch mit Bundesminister Dr. Hans Ich habe zunächst dargelegt, daß die Weisungs- Friderichs am 28. Oktober 1976 hielt von Brau- rechte der beiden zuständigen Bonner Minister chitsch fest, dieser habe „seinen Dank unserem nur beschränkt gegeben sind. Insbesondere in Haus gegenüber für die faire Behandlung der den beiden betreffenden Ministerien sind die 6b-Angelegenheit in der Öffentlichkeit" zum Aus- Fachabteilungen so kompetent besetzt, daß sich druck gebracht, die ihm, Friderichs, „eine Menge die Leute von oben her nur begrenzt hereinreden Ärger erspart habe". Dies sei auch die Auffassung lassen. von „H. A.". Der Ermessensspielraum der Behörde bei § 4 Am 29. Oktober 1976 äußerte sich Dr. Otto Graf wird wegen der politischen Brisanz „Ausland" be- Lambsdorff als wirtschaftspolitischer Sprecher der sonders hoch zu werten sein. FDP-Bundestagsfraktion im Fraktionspressedienst zur ,,Entscheidung des Wirtschaftsministers im Fall F. K. war von der irrigen Voraussetzung ausge- Flick" und wies Kritik der Jungsozialisten vom Vor- gangen, daß eine Ausweitung Grace praktisch tag, wonach es sich um ein „Milliarden-Geschenk" schon genehmigt sei. Dem habe ich widerspro- an den Flick-Konzern handele, zurück. Auch im chen, habe allerdings darauf hingewiesen, daß Falle Flick seien strenge Maßstäbe angelegt wor- wir per heute betrachtet bei Grace die größten den. Die Tatsache, daß einer der Anträge abgelehnt Chancen sehen. Nachdem das Ministerium die rd. worden sei, zeige deutlich, wie sorgfältig das Bun- 12 % genehmigt hat und die Grundlage für die deswirtschaftsministerium gearbeitet habe. Es sei Genehmigung in der industriellen Konzeption deswegen unsinnig, von „Milliarden-Geschenken" liegt, kann an sich von der Logik her einer Auf- zu sprechen. Die Jungsozialisten sollten ihre „neo- stockung nicht widersprochen werden, wenn wir marxistische Brille" absetzen, um zu erkennen, daß glaubhaft dartun, daß die Ausweitung zu einer sich der Bundeswirtschaftsminister am Gesetz und Stärkung des industriellen Einflusses führen an den Notwendigkeiten der volkswirtschaftlichen würde. Bei den anderen vorliegenden Vorgängen Praxis orientiere. würde alleine die Unternehmensstruktur nicht ausreichen, um § 4 zu bekommen. Es müßte eine Aus einem Vermerk über ein Gespräch mit dem ganze Menge Phantasie in diese Dinge reinge- Vorstandsvorsitzenden des Tochterunternehmens bracht werden, um sie § 4-fähig zu machen. Das Buderus, Hans Werner Kolb, vom 11. November sei nicht so sehr eine Finanzfrage, sondern eine 1976 ergibt sich, daß Eberhard von Brauchitsch sei- Frage der Struktur des einzelnen Unterneh- nerzeit keine Möglichkeit sah, entsprechend einer mens ... " Anregung des hessischen Wirtschaftsministers Heinz-Herbert Karry durch nachträgliche Vorlage Aus den „Rücksprachen mit Dr. F. K. F. allein" hielt eines großen Investitionsprogrammes bei der Eberhard von Brauchitsch u. a. folgendes fest: Firma Buderus die Chancen für eine Genehmigung „1. Ich habe mich für Bier und Kirschwasser be- des abgelehnten Antrages Dynamit Nobel Thesau- dankt." rus zu verbessern; Karry sei, vermerkte von Brau- chitsch, bereit gewesen, sich dafür bei Bundesmini- Ebenfalls am 27. Oktober 1976 erhielt Eberhard von ster Dr. Hans Friderichs einzusetzen. Er habe Kolb Brauchitsch einem Vermerk von ihm vom selben aber „unter der Hand" gesagt, daß man kein Inter- Tage zufolge einen Anruf von Ernst Wolf Momm- esse daran habe, daß der abgelehnte Antrag noch sen, der ihm folgendes mitteilte: einmal behandelt werde. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

D. Die Behandlung der Anträge Wacker vermerkte dazu: „Vielleicht ist es möglich, des 2. Antragsblocks daß Herr F. eine Adresse seines Hauses nennt, mit der ich relativ offen über das Thema sprechen (Dezember 1976 bis September 1978) kann." Im übrigen müsse man bald „klarsehen", wann man den „nächsten Geleitzug" auf den Weg 90 bringen könne.- Insbesondere sollten aber verschie- dene allgemeinpolitische, vor allem wirtschaftspoli- Weitere Wiederanlageüberlegungen tische Fragen angesprochen werden. Von Brau- chitsch ging anscheinend davon aus, daß in der poli- Alsbald nach Bescheidung des ersten Antrags- tischen Diskussion auch eine gewisse Verbindung blocks bemühte sich der Flick-Konzern bereits um zwischen den damaligen Steuerreformplänen wie weitere Wiederanlageobjekte. den Abschreibungserleichterungen usw. und den Obwohl die entsprechenden Anträge erst im Herbst Flick-Entscheidungen hergestellt wurde. Er notier- 1977 gestellt wurden, gab es seit 1976 verschiedene te, bei den „Linken innerhalb der SPD (Böhme)" Vorgespräche u. a. mit dem Bundeswirtschaftsmini- werde gegen jedwede Entlastung der Wirtschaft mit ster sowie gleichzeitig Auseinandersetzungen mit dem Slogan polemisiert: „Die Entlastung der Wirt- der in der Öffentlichkeit immer wieder geäußerten schaft hat Flick über 6b bereits abgegolten." Über Kritik an den Plänen des Flick-Konzerns. Eberhard das am 9. Dezember 1976 zustande gekommene Ge- von Brauchitsch hielt damals immer noch Gesetzes- spräch mit Dr. Hans Friderichs teilte er Dr. Fried- änderungen für möglich. Er ging dabei davon aus, rich Karl Flick mit, es sei über das Steuerpaket der daß in der SPD eine Verkürzung der Reinvestitions- Koalition und die Koalitionsgespräche sowie die frist sowie eine summenmäßige Begrenzung auf 20 Fraktionstrennung bei der CDU/CSU gesprochen oder maximal 50 Millionen DM je Einzelfall geplant worden, und vermerkte: „Über das weitere Proce- sei. Deshalb bat er am 29. Oktober 1976 Dr. Fried- dere 6 b werden wir im Januar Gespräche führen." rich Karl Flick, in einem Gespräch mit dem Leiter Da die Deutsche Bank nach wie vor Schwierigkei- der Steuerabteilung im bayerischen Finanzministe- ten hatte, Teile des gekauften Daimler-Benz-Ak- rium, Ministerialdirigent Lothar Müller, darauf hin- tienpakets unterzubringen, kam es zu Gesprächen zuwirken, daß die zuständigen Länderreferenten zwischen der Deutschen Bank und dem Flick-Kon- frühzeitig gegen Gesetzesinitiativen zur Änderung zern über die Frage, ob dieser eine der Unter- des § 6 b EStG Stellung nahmen. schachteln übernehmen, praktisch also einen Teil Die öffentliche Diskussion um die Inanspruch- der verkauften Aktien zurückkaufen könne. Eber- nahme der §§ 6 b EStG und 4 AIG durch den Flick hard von Brauchitsch äußerte zu dieser ihm von Konzern führte wegen ihrer Dimensionen auch zu Günter Max Paefgen mitgeteilten Idee erhebliche kritischen Überlegungen in der deutschen Indu- Zweifel, ob ein solcher Erwerb als „volkswirtschaft- strie. So notierte Eberhard von Brauchitsch am 12. lich besonders förderungswürdig" betrachtet würde, November 1976 als einen „Tagesordnungspunkt" für zumal man alles getan habe, um die Abgabe des ein Gespräch mit Dr. Friedrich Karl Flick: „Maule- Daimler-Benz-Aktienpakets als „nicht störend" dar- rei der Geschäftsführung BDI w/6b-Strapazierung zustellen. Bemühungen von Brauchitschs um ein durch uns." Eine Notiz über den Inhalt des Ge- Gespräch dazu mit Bundeswirtschaftsminister Dr. sprächs mit Dr. Flick fehlt zwar; aber auch Staats- Hans Friderichs oder Staatssekretär Dr. Otto sekretär Dr. Otto Schlecht hat als Zeuge vor dem Schlecht noch vor Jahresende 1976 schlugen aus 1. Untersuchungsausschuß erklärt, es habe Inter- Termingründen fehl. ventionen von Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft in Richtung Flick gegeben, „die Kirche im Dorf zu lassen", um diesen wichtigen Paragra- 91 phen nicht zu gefährden. Befürchtungen im Flick-Konzern wegen Änderung Für den 7. Dezember 1976 wurde ein Gespräch des § 6 b EStG für Eberhard von Brauchitsch mit Bundeswirt- schaftsminister Dr. Hans Friderichs vereinbart. Eberhard von Brauchitsch machte sich in dieser Fritz Wacker notierte dazu für von Brauchitsch, es Zeit weiterhin erhebliche Sorgen über eine mögli- wäre wichtig zu hören, ob das Thema § 6 b EStG che Änderung des § 6 b EStG mit rückwirkender und § 4 AIG in den Koalitionsverhandlungen zwi- Kraft. Günter Markscheffel hatte ihm am 21. De- schen SPD und FDP irgendeine Rolle spiele. Inter- zember 1976 von Änderungsplänen berichtet. So sei essant sei vor allem, ob sich die Aussichten für den vorgesehen, daß Genehmigungen für rein industri- Flick-Konzern gegenüber der bisherigen Lage er- elle Vorhaben nur erteilt würden, wenn der Antrag- kennbar verschlechtert hätten. Dies war jedoch, wie steller gleichzeitig ein Projekt vorlege und finanzie- der Zeuge Willy Brandt vor dem Untersuchungsaus- re, durch das regionale infrastrukturelle Maßnah- schuß bekundet hat, nicht Gegenstand der Koali- men gefördert werden könnten. Es sei auch an eine tionsverhandlungen. Zur Erleichterung der Wieder- Art „Sondersteuer" gedacht, durch Kürzung des ge- anlageüberlegungen bat Wacker von Brauchitsch nehmigungsfähigen Betrages in Höhe eines Zu- ferner zu erkunden, welche Branchen bzw. welche schusses für das andere Projekt. Markscheffel Produkte/Rohstoffe einer „wohlwollenderen Be- meinte allerdings, nach seinem Gefühl wollten die trachtung" in Bonn sicher sein könnten, damit man Erfinder einer „derartigen 6 b-Strategie" die „psy- sich möglichst frühzeitig auf diese positiver beur- chologische Bereitschaft zum Ruhegeben" für alle teilten Wirtschaftszweige konzentrieren könne. jene gewinnen, die den § 6 b EStG ganz abbauen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 wollten. Er empfahl von Brauchitsch, über diese §§ 6 b EStG und 4 AIG für den Flick-Konzern nicht Frage mit den SPD-Bundestagsabgeordneten Wil- gelten sollten. Paefgen hat dazu ausgeführt, man helm Dröscher, Egon Bahr und Dr. Herbert Ehren- habe damals mit einer Gesetzesinitiative rechnen berg zu sprechen. Wenn von Brauchitsch einen sol- müssen, bei der die Frage entstanden wäre, ob man chen Plan nämlich für vernünftig halte und er in die Gesetzesvorschriften nachträglich hätte ändern seine Überlegungen zur weiteren Inanspruch- dürfen. - nahme von § 6 b EStG eingefügt werden könne, würde von Brauchitsch ganz „oben" sein, wenn er Im Hause Flick habe man das mit einer gewissen positiv in derartige Gedankengänge einsteigen wür- Besorgnis beobachtet. Mit der Formel „nach Recht de. Von Brauchitsch teilte Dr. Friedrich Karl Flick und Gesetz" habe er — beispielsweise bei dem Ge- dazu mit, Markscheffel habe ihm die notwendigen spräch am 17. Juni 1976 in der Jagdhütte Scharfen Gesprächstermine bei den Genannten besorgt; zu- berg — die Vorstellung verbunden, daß die Anträge dem werde er Dr. Hans Friderichs mit der Sache genehmigt würden, vorausgesetzt, daß die zuständi- befassen. Die Auffassung von Bundesminister Dr. gen Ministerien ein entsprechendes Votum nach Hans Apel könnte man durch direkte Kontaktauf- oben bringen würden. nahme von Dr. Friedrich Karl Flick und/oder Gün- Die Notiz Günter Max Paefgens läßt Zweifel an der ter Max Paefgen erfahren oder von ihm selbst auf Richtigkeit der Aussage des Zeugen Dr. Hans Apel Staatssekretärsebene oder von Dr. Heribert aufkommen, er habe in dem Jagdhüttengespräch Blaschke „mit seinen hervorragenden Beziehungen die Ausführungen des Flick-Konzerns zu den Flick zum Mittelmanagement im Finanzministerium". Anträgen lediglich zur Kenntnis genommen. Da Eberhard von Brauchitsch bemerkte zur Sache sich die Äußerung von Dr. Apel gegenüber Alfred selbst, man könne sich im Prinzip immer auf den Nau und Dr. Günter Grunwald über „Quertreibe- Rechtsstandpunkt stellen, daß ein neues Gesetz reien" auf die allgemeinpolitischen Aussagen in keine rückwirkende Kraft haben könne; ob das dem Jagdhüttengespräch bezogen haben kann, aber letztlich halten werde, müsse von der Struktur nimmt der 1. Untersuchungsausschuß an, daß Dr. eines etwaigen Gesetzes abhängig gemacht wer- Apel sich in Scharfenberg doch zu den Flick-Anträ- den. gen geäußert hat, sei es, daß er die Selbstverständ- lichkeit erklärt hat, daß der Flick-Konzern nach gel- tendem Recht behandelt wird, sei es, daß er versi- chert hat, daß auch eine eventuelle Gesetzesände- 92 rung keine Auswirkungen auf die geplanten weite- ren Anträge haben werde. Kontakte des Flick-Konze rns zur Friedrich-Ebert-Stiftung

Der Flick-Konzern pflegte — insbesondere über 93 Günter Max Paefgen — weiterhin die Kontakte zur Friedrich-Ebert-Stiftung. So notierte Paefgen am 18. Kontakte Eberhard von Brauchitschs Januar 1977, er habe mit „N. und Gr." — offensicht- mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs und lich Alfred Nau und Dr. Günter Grunwald, also dem dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Böhme Vorsitzenden und dem Geschäftsführer der Fried- rich-Ebert-Stiftung — zu Mittag gegessen, und ver- Das nächste Gespräch von Eberhard von Brau- merkte: chitsch mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs wurde für den 24. Januar 1977 festgelegt; „Die Herren sagten mir, sie hätten kürzlich ein an ihm sollte auch Staatssekretär Dr. Otto Schlecht eingehendes Gespräch mit A. geführt. A. stünde teilnehmen. In der Vorbereitungsphase notierte von nach wie vor positiv zu dem, was er in Scharfen Brauchitsch am 10. Januar 1977 für Günter Max berg gesagt hätte. Er ließe sich hier auch nicht Paefgen, der bestimmte Wiederanlagevorhaben im durch die inzwischen aufgekommenen Quertrei- Rahmen des § 6 b EStG vorgeschlagen hatte, er bereien davon abhalten." wolle Bundesminister Dr. Friderichs und Staatsse- kretär Dr. Schlecht dahin bringen, daß sie „den Sie drei hätten ein Gespräch mit Bundesminister Rahmen für § 4 und § 6 b so definieren, daß wir Dr. Hans Apel für März 1977 in Aussicht genom- etwas klarer sehen." Es sei unerträglich, daß man men. „haufenweise Projekte ... mangels Definition aus Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht eindeutig Bonn" nicht weiterverfolgen könne. Im Moment sei klären können, worauf sich die Formulierung „was man „wegen der Beurteilung nach 4/6b" schwächer er in Scharfenberg gesagt hätte" bezog. Bei der Ver- als im vergangenen Jahr. Ob an dem Gespräch mit nehmung des Zeugen Dr. Hans Apel hat dem Aus- Bundesminister Dr. Friderichs, das am 24. Januar schuß diese Urkunde noch nicht vorgelegen. 1977 stattfand, wie ursprünglich geplant auch Staatssekretär Dr. Schlecht teilnahm, hat nicht fest- Der Zeuge Günter Max Paefgen hat bekundet, mit gestellt werden können. Von Brauchitsch hielt den dieser Formulierung habe wiederum gesagt werden Inhalt dieses „Grundsatzgesprächs über den näch- sollen, daß der Flick-Konzern „nach Recht und Ge- sten Geleitzug §§ 6b/4" für so geheimhaltungsbe- setz" behandelt werden solle. Mit „Quertreibereien" dürftig, daß er die von ihm für Dr. Friedrich Karl seien die Bestrebungen gemeint gewesen, die Ge- Flick gefertigte — in den Unterlagen des Flick-Kon- setzesbestimmungen zu ändern, einzuschränken zern nicht aufgefundene — Notiz zurückerbat, um oder eine Sonderregelung herbeizuführen, daß die sie in den Panzerschrank legen zu können. Die No- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode tiz soll, wie von Brauchitsch in seinem Anschreiben kann. Auch die Idee einer ,symbolischen Vorlei- vermerkte, Aufschluß gegeben haben über den Ab- stung' wird ventiliert. lauf des Gesprächs und „über die Technik, in der weitergearbeitet wird". Sie sei ausführlich gewesen, Ich weiß nicht, wieweit Sie jetzt mit Ihren Dispo- mit dem Risiko, daß sie auch einige „gefährliche sitionen sind, meine aber, daß es Zeit wird. Auch Indiskretionen" enthalte. In einer Schutzschrift hat mit Dröscher wäre darüber zu reden. Möglichst von Brauchitsch behauptet, die „Indiskretionen" bald, sonst muß erst wieder nachträglich ,begrün- hätten sich — wie andere Vermerke in dieser Zeit det` werden". — auf die konkreten Absichten der — neuen — Dr. Rolf Böhme hat den zitierten ersten Teil des SPD-Bundestagsfraktion für eine restriktive Ände- Vermerks inhaltlich bestätigt. Er war in der neuen rung der §§ 6 b EStG und 4 AIG bezogen. Fraktion Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Steuern" Bereits am 25. Januar 1977 wurde ein weiteres Ge- sowie stellvertretender Vorsitzender des Arbeits- spräch mit Bundesminister Dr. Hans Friderichs für kreises „Öffentliche Finanzwirtschaft" geworden. den 5. Februar geplant. In der Zwischenzeit unter- Er habe — wie er vor dem 1. Untersuchungsaus- richtete von Brauchitsch Dr. Friderichs über einen schuß ausgesagt hat — § 6 b EStG „auf den Kieker Briefwechsel mit dem SPD-Bundestagsabgeordne- nehmen" wollen. ten Dr. Rolf Böhme. Dieser hatte von Brauchitsch Zu den abschließenden Sätzen der Notiz von Eber- am 26. Januar 1977 geschrieben, nach seiner Auffas- hard von Brauchitsch sung führe § 6b EStG in seiner jetzigen Fassung zu „unzuträglichen Ergebnissen". Ohnehin müßten aus „Mein Informant ist mit WB unterwegs. Sowie er verschiedenen Gründen Steuersubventionen über- wieder im Lande ist, werde ich mich mit ihm prüft werden. Es sei „die Frage", ob ein zusätzliches zusammensetzen, um die erforderlichen Gesprä- Gespräch darüber sinnvoll sei; er, Dr. Böhme, sei che einzuleiten." allerdings zu einem Gespräch über allgemeine wirt- schafts- und finanzpolitische Fragen bereit. Von hat Willy Brandt als Zeuge bekundet, er könne sich Brauchitsch erwiderte darauf am 31. Januar 1977, er an diese Reisebegleitung durch Günter Markschef- sei unverändert der Meinung, daß die §§ 6 b EStG fel nicht erinnern, zumindest sei damals nicht über und 4 AIG für die Entwicklung der deutschen Wirt- § 6 b EStG gesprochen worden. Er hat dem Aus- schaft, besonders unter dem Gesichtspunkt der Ar- schuß später schriftlich ergänzend mitgeteilt, er beitsplatzbeschaffung, von besonderer Bedeutung halte eine Begleitung durch Markscheffel bei seiner seien, und würde deshalb eine Fortsetzung des Ge- damaligen Auslandsreise für unwahrscheinlich; er dankenaustausches begrüßen. Von Brauchitsch habe allerdings mit Markscheffel am 26. Januar übersandte Bundesminister Dr. Hans Friderichs 1977 zu Mittag gegessen. Wie sich aus den Akten eine Kopie dieses Briefwechsels und bemerkte zu ergibt, telefonierte von Brauchitsch dann am 1. Fe- dem Schreiben von Dr. Rolf Böhme, es spreche für bruar 1977 mit Markscheffel. sich. Günter Markscheffel war für den Flick-Konzern in der damaligen Zeit auch auf Länderebene hilfreich. Mit Notiz vom 3. Februar 1977 teilte Eberhard von 94 Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick folgendes mit: Informationen aus der SPD-Bundestagsfraktion „Betr.: Buderus/Land Hessen für Eberhard von Brauchitsch Am 2. Februar d. J. hat in Wiesbaden der Besuch Auch aus einer anderen Notiz Eberhard von Brau- von Herrn Kolb und mir beim neuen hessischen chitschs geht dessen große Sorge über die geplante Ministerpräsidenten Holger Börner stattgefun- Änderung des § 6 b EStG hervor. Er teilte Dr. Fried- den. Börner war in Begleitung des Staatssekre- rich Karl Flick in einem vertraulichen Vermerk tärs in der Staatskanzlei sowie des Planungs- vom 31. Januar 1977 mit, „aus unserer bekannten chefs der Landesregierung. Quelle" — vermutlich Günter Markscheffel — sei Börner war durch G. M. klimatisch positiv auf das ihm signalisiert worden: Gespräch eingestimmt ... ". „§ 6 b wird akut. Dr. Böhme ist Vorsitzender des Bei dem Gespräch ging es allerdings nicht um § 6 b Fraktionsarbeitskreises Finanzen-Steuern ge- EStG und § 4 AIG betreffende Fragen. Der Zeuge worden. Ich habe mich mit ihm darüber unterhal- Günter Max Paefgen hat in diesem Zusammenhang ten. Er will — zusammen mit den Leuten von betont, wegen Buderus habe es Kontakte zu allen DGB — ,reinen Tisch mit 6 b' machen. Sein Aus- hessischen Ministerpräsidenten gegeben. spruch: ,Der Brauchitsch kann ja von uns nicht erwarten, daß wir ewig die Klappe halten und seine Freundschaft mit Friderichs wird ihm auch nichts nützen.' (Ich habe mich einer Antwort ent- 95 halten.) Vorbereitung des 2. Antragsblocks Ehrenberg denkt darüber ganz anders. Klose auch. Ehrenberg meint, man müsse den Verwen- Im Flick-Konzern wurden unterdessen verschie- dungszweck der freiwerdenden Beträge klarer dene Reinvestitionsprojekte für den zweiten An- definieren, damit die Öffentlichkeit erkennt, wie tragsblock — als „Geleitzug II" bezeichnet — ge- nützlich der 6 b für die Gesamtwirtschaft sein prüft. Fritz Wacker führte darüber — wie er Eber- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

hard von Brauchitsch in einem ausführlichen Ver- einige Wiederanlageprojekte erwähnt. Dieser habe merk mitteilte — ein erstes Gespräch am 2. Februar die Bedeutung der „Verbesserung der Unterneh- 1977 mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl, der seit mensstruktur eines Wirtschaftszweiges" innerhalb Mitte Juli 1976 das Steuerreferat im Bundesmini- des § 6 b EStG betont und gebeten, problematische sterium für Wirtschaft leitete. In dem Vermerk Anträge nicht vorzulegen, es sei denn, eine Ableh- heißt es, man habe zunächst über den „Geleitzug I" nung mache -dem Flick-Konzern nichts aus. Man gesprochen, u. a. „seine Behandlung in Bonn, habe vereinbart, daß der Flick-Konzern Schriftsatz bei uns und in der Presse". Er habe, notierte Fritz entwürfe für die einzelnen Projekte vorlege; man Wacker weiter, Dr. Willis grundsätzliche Einstel- werde jeweils „abstimmen", wann man den offiziel- lung zu § 6 b EStG und § 4 AIG testen wollen. Dieser len Antrag präsentiere. wolle offenbar die Vorschrift des § 6 b EStG unver- ändert erhalten wissen und „das Seine tun, daß die Der 1. Untersuchungsausschuß geht davon aus, daß Kritik an ihr möglichst in engen Grenzen bleibt". die von Fritz Wacker notierten Äußerungen sinnge- Ihr sei volkswirtschaftlich eher größere Bedeutung mäß gefallen sind, da sie mit einer Reihe ähnlicher zuzumessen als vor 12 Jahren, und die Änderungs- Vermerke übereinstimmen und dem Bundesmini- vorschläge des Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf sterium für Wirtschaft an einem zweckmäßigen Böhme seien „indiskutabel". Allerdings habe sich „timing" — beispielsweise im Hinblick auf Wahl- Dr. Mühl hinsichtlich des § 4 AIG nicht so klar geäu- kämpfe oder auf die Entwicklung der Reformdis- ßert, sondern habe auf Stimmen verwiesen, die ihn kussion zu § 6 b EStG und § 4 AIG — gelegen war. aus arbeitsmarktpolitischen Gründen angreifen oder beseitigen wollten; er habe sich mit diesen Be- 96 strebungen aber nicht identifiziert. Die Behandlung des „Geleitzuges I" in den beiden Häusern, auch Änderungsbestrebungen in der SPD zu § 6 b EStG gegenüber der Öffentlichkeit, finde den „etwas un- terkühlten" Beifall von Dr. Mühl. Dieser habe im Auch die folgenden Monate waren von Auseinan- übrigen den von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht dersetzungen mit den Reformbestrebungen, insbe- gegenüber Eberhard von Brauchitsch gemachten sondere des Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Böh- Vorschlag angesprochen, das nächste Mal in einem me, geprägt. So bat Eberhard von Brauchitsch am Bundestagsausschuß, und zwar im Einverständnis 23. Februar 1977 Dr. Heribert Blaschke, bei einem mit dem Flick-Konzern, mehr über die Anträge zu ihm bekannten Mitarbeiter der SPD-Fraktion ver- sagen. Als interessierte Parlamentarier, von denen traulich festzustellen, wie stark der Widerstand von zusätzliche Auskünfte gewünscht werden könnten, Dr. Böhme gegen § 6 b EStG sei. Wenig später über- habe er die Namen Frau Liselotte Funcke, Dr. Otto sandte er Dr. Friedrich Karl Flick zwei — wie er es Graf Lambsdorff, Dr. Rolf Böhme und Dr. Reinhold nannte — „Ergüsse" von Dr. Böhme im SPD-Presse- Kreile genannt. In einer Fußnote notierte Fritz dienst und vermerkte, Dr. Böhme zeichne sich zu- Wacker dazu: nehmend dadurch aus, „daß er nicht nur den 6 b beseitigen, sondern nunmehr auch jede steuerliche „Für die CDU nannte er keinen Namen. Sollte es Entlastung der Wirtschaft unterbinden wolle". In soweit kommen, so könnten wir vielleicht von uns der SPD-Fraktion solle demnächst darüber beraten aus etwas in Richtung Dr. Barzel unternehmen." werden. Die Fraktionsführung werde wieder ver- Zu diesem Satz hat Fritz Wacker als Zeuge ausge- stärkt den Rat von Alex Möller in Anspruch neh- sagt, ihm sei dieser Name spontan eingefallen; ei- men, „um sich gegenüber Böhme sachkundig zu nen konkreten Grund dafür hat er allerdings nicht machen". Die Haltung der SPD-Fraktion werde nennen können. Möglicherweise habe er angenom- letztlich auch dadurch beeinflußt werden, „wie stark men, daß Dr. Rainer Barzel damals von seiner Tä- sich Apel mit seinen eigenen Vorstellungen in der tigkeit als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses Fraktion macht". Das hänge davon ab, wie gut die her zu den „Zuständigen" gehört habe. Es sei ihm „BMF-Administration" ihn „ausstatte". Eberhard nur darum gegangen, daß von allen Fraktionen ein von Brauchitsch bat Dr. Heribert Blaschke, dieser Abgeordneter dabeigewesen wäre. Seines Wissens Angelegenheit Vorrang einzuräumen. sei allerdings Abg. Dr. Barzel nicht angesprochen worden. Für ihn sei dies auch nicht wichtig gewe- 97 sen, da das Gespräch vor allem mit jenen Politikern gesucht werden sollte, die „ständig in unsachlicher Zweites Gespräch von Dr. Friedrich Karl Flick Weise quergeschossen haben"; dies sei von der mit Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel Union aus nicht geschehen. Auch von Brauchitsch habe ihm gegenüber nie über Gespräche mit Dr. Zwei Wochen später, am 15. März 1977, kam es zu Barzel berichtet. Dr. Barzel hat sich als Zeuge auch dem bereits bei dem ersten Treffen am 17. Juni seinerseits diesen Hinweis nicht erklären können. 1976, dem Jagdhüttengespräch, ins Auge gefaßten und am 18. Januar 1977 zwischen Günter Max Paef- Fritz Wacker notierte in diesem Vermerk über das gen und Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftung Gespräch mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl vereinbarten zweiten Gespräch mit Bundesfinanz- weiter, er habe die Grenzen aufgezeigt, die sich aus minister Dr. Hans Apel. Vom Flick-Konzern nah- verschiedenen Gründen für eine Bereitschaft des men wieder Dr. Friedrich Karl Flick und Günter Konzerns zu derartigen Auskünften ergäben; man Max Paefgen teil, im übrigen der Vorsitzende der wolle sich in diesem Punkt aber zu gegebener Zeit Friedrich-Ebert-Stiftung, Alfred Nau, sowie zeit- abstimmen. Im übrigen habe er Dr. Mühl gegenüber weise Frau Apel. Ob auch Dr. Günther Grunwald Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode teilnahm, steht nicht fest. Paefgen hat sich zu erin- koordinierenden Ministerialbeamten im Bundes- nern gemeint, daß „Nau und/oder Grunwald" anwe- wirtschaftsministerium, Dr. Mühl" gegeben. Ferner send waren. Dr. Apel hat geäußert, nach seiner Er- sollte noch kein Termin für weitere Anträge ge- innerung sei es der gleiche Kreis wie in der Jagd- nannt werden. Man sollte aber darauf hinweisen, hütte gewesen; dies spricht für eine Teilnahme des daß man noch erhebliche, mit Investitionen verbun- Geschäftsführers der Friedrich-Ebert-Stiftung, zu- dene Projekte in der Buderus-Gruppe und in der mal das Gespräch in den Räumen des „Politischen Feldmühle-Gruppe durchführen wolle, sofern man Club" der Friedrich-Ebert-Stiftung stattfand. dafür den § 6 b EStG erhalte.

Über den Inhalt des Gesprächs fertigte Günter Max Danach ist davon auszugehen, daß zumindest die Paefgen eine Notiz für Eberhard von Brauchitsch, Vertreter des Flick-Konzerns die geplanten weite- bat allerdings — weil er sie offenbar für besonders ren Reinvestitionen gemäß §§ 6 b EStG/4 AIG ange- geheimhaltungsbedürftig hielt — um Rückgabe sprochen haben; die Tatsache, daß Günter Max zwecks Aufbewahrung im Panzerschrank; sie hat Paefgens Besprechungsvermerk für geheimhal- dem 1. Untersuchungsausschuß nicht vorgelegen. tungsbedürftig gehalten wurde, spricht weiter da- Von Brauchitsch vermerkte auf dem an Paefgen für, daß es dazu auch irgendwelche Aussagen von zurückgehenden Anschreiben: Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel gegeben hat. Hinzu kommt, daß — wie erwähnt — von Brau- „Vielleicht ist es gut, wenn Du mündlich Herrn chitsch Paefgen bat, Dr. Blaschke zu informieren, Dr. Blaschke informierst, da er die Dinge auf der der die Dinge „auf der Beamtenebene" weiter ver- Beamtenebene weiterverfolgt." folge.

Dieser Hinweis läßt darauf schließen, daß auch Der Untersuchungsausschuß hat nicht festgestellt, diesmal über § 6 b EStG und § 4 AIG gesprochen daß Bundesminister Dr. Hans Apel aufgrund dieses worden ist, obwohl die Zeugen zum Inhalt des rund Gesprächs unmittelbar Weisungen im Bundesmini- einstündigen Gesprächs ähnliche Aussagen ge- sterium der Finanzen erteilt hat. Dr. Apel hat dazu macht haben wie zum Jagdhüttengespräch. So hat vor dem 1. Untersuchungsausschuß erklärt, er habe Günter Max Paefgen als Themen angegeben: Dop- das Gespräch zwar in seiner Eigenschaft als Fi- pelbesteuerungsabkommen Amerika, Schachtelpri- nanzminister geführt, er habe über das Gespräch vileg, Spitzensteuersatz, Haushaltsfragen sowie aber nicht mit Mitarbeitern des Bundesministeri- Konjunkturfragen. Das Thema § 6b EStG und § 4 ums der Finanzen gesprochen. Er hat ferner ausge- AIG sei nur in genereller Form behandelt worden, sagt, zu weiteren Gesprächen mit dem Hause Flick und zwar „im Zusammenhang mit den deutlich ge- sei es nicht gekommen; mit seinem Ausscheiden wordenen Reformbestrebungen". Über Einzelheiten aus dem Amt im Februar 1978 sei „der Kontakt zu der geplanten Anträge des 2. Antragsblocks — z. B. den Herren" abgeschlossen gewesen. In den Akten Grace II — sei nach seiner Erinnerung nicht ge- des Bundesministeriums der Finanzen findet sich sprochen worden. Dr. Apel hat als Zeuge bekundet, kein Hinweis auf die Besprechung. über § 6 b EStG sei — zumal der 1. Antragsblock bereits abgeschlossen gewesen sei — nicht gespro- chen worden; er hätte dies auch kategorisch abge- 98 lehnt. Vielmehr sei detailliert über Wirtschafts- und Finanzpolitik, u.a. Konjunkturpolitik, geredet wor- Gespräch von Eberhard von Brauchitsch mit den. Dr. Friedrich Karl Flick hat sich als Zeuge zu Bundesminister Dr. Hans Friderichs am 28. März 1977 erinnern gemeint, daß der Gesprächsgegenstand „etwa derselbe wie in Scharfenberg" gewesen war. Am 28. März 1977 traf sich Eberhard von Brau- chitsch zu einem Gespräch mit Bundesminister Dr. Anhaltspunkte für die Gesprächsthemen bieten Hans Friderichs, der dazu in ein Godesberger Re- auch die Vornotizen im Flick-Konzern für das Ge- staurant eingeladen hatte. Von Brauchitsch erör- spräch. So hat es eine — im Wortlaut nicht vorlie- terte mit dem Minister eine Reihe von Themen, die gende — Ausarbeitung von Dr. Heribert Blaschke für den Flick-Konzern und seine Tochterunterneh- zur Steuerpolitik gegeben. Fritz Wacker beschäf- men von Bedeutung waren, sowie allgemeine wirt- tigte sich in einem Vermerk für Eberhard von Brau- schaftspolitische Fragen. Nach einer Notiz für Fritz chitsch ausführlich mit den Anträgen gemäß § 6 b Wacker soll Dr. Friderichs von Brauchitsch nach EStG und § 4 AIG. Er listete die bereits erhaltenen dem Stand des „weiteren Geleitzuges" gefragt ha- Bescheinigungen auf und gab Ratschläge, wie auf ben. Von Brauchitsch habe erwidert, man werde weitere Fragen von Bundesminister Dr. Hans Apel noch geraume Zeit benötigen, um weitere Vor- reagiert werden könne. Insbesondere meinte er, schläge zu machen, und habe bestimmte „Themen" man sollte auch bei diesem Gespräch die Frage ver- — gemeint waren konkrete Wiederanlageobjekte — neinen, ob der verbleibende Betrag aus dem Veräu- „abgeklopft", beispielsweise Grace. Dr. Friderichs ßerungsgewinn in vollem Umfang gemäß § 6 b EStG habe „in keinem der Fälle negativ reagiert", ver- und § 4 AIG in Anspruch genommen werde; man merkte von Brauchitsch, und fuhr fort: sollte allerdings wiederum die Höhe des zu versteu- ernden Anteils nicht beziffern. Die Frage, ob schon „Ich hatte insgesamt den Eindruck, daß Fride- neue Anträge gestellt worden seien, sei zu vernei- richs wegen der miserablen Situation in Bonn zur nen; es habe lediglich das Ministergespräch mit Zeit bereit ist, sehr großzügig und sehr schnell Eberhard von Brauchitsch am 24. Januar und „ein Dinge mitzumachen, die ihn vielleicht vor einiger erstes Gespräch zwischen mir und dem zuständigen Zeit noch zweifelhaft hätten reagieren lassen." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Abschließend empfahl von Brauchitsch ein Ge- derkasse" gestammt haben könnte. Zur Spenden- spräch mit Fritz Wacker, „um zu überlegen, ob wir eintragung unter dem Namen von Dr. Hans Fri- taktisch auf diese Erkenntnisse irgendwie reagie- derichs bemerken sie, daß der 1. Untersuchungs- ren." ausschuß ebensowenig wie die Staatsanwalt- schaft Bonn eine der Eintragung entsprechende Am 29. März 1977 trafen sich beide, nämlich Eber- Zahlung festgestellt- hat. hard von Brauchitsch und Bundesminister Dr. Hans Friderichs, privat bei Bundesminister Hans- Dietrich Genscher, ohne daß der 1. Untersuchungs- ausschuß einen Zusammenhang dieses Besuches 101 mit dem Steuerbescheinigungsverfahren festge- Telefonkontakte zwischen Eberhard von Brauchitsch stellt hat. und Regierungsdirektor Klaus Wohlleben Am 12. Mai 1977 vermerkte das Brauchitsch-Sekre- 99 tariat: Flugreise der Familie Friderichs nach Schierensee „Herr Wohlleben bittet um ihren Anruf wg. einer Terminvereinbarung.' Er muß das aber mit Ihnen Etwa zwei Wochen danach, am 15./16. April 1977, flo- selber besprechen, weil für dieses Gespräch et- gen die Eheleute Friderichs sowie ihre Tochter zu- was vorbereitet werden müsse." sammen mit Eberhard von Brauchitsch zu Axel C. Springer auf dessen Einladung nach Schierensee in Eine weitere Bitte um Anruf ging am 13. Mai 1977 Norddeutschland. Anders als die Staatsanwalt- ein. schaft Bonn geht der 1. Untersuchungsausschuß da- von aus, daß die Kosten dieses Fluges nicht vom Telefonische Kontakte zwischen beiden oder zwi- Flick-Konzern, sondern von dem besuchten Unter- schen Regierungsdirektor Klaus WOhlleben und nehmer getragen wurden, dem auch das benutzte dem Sekretariat von Eberhard von Brauchitsch gab Flugzeug gehörte. es auch am 16., 17. und 18. Mai 1977. Am 24. Mai 1977 bat Wohlleben von Brauchitsch wiederum um einen Anruf und teilte mit, „es wäre eine eilige Ge- 100 schichte". Am 26. Mai 1977 vermerkte das Sekretariat von Spendeneintragung vom 10. Mai 1977 Eberhard von Brauchitsch: Unter dem Datum des 10. Mai 1977 findet sich in der „Herr Wohlleben hat angerufen. Sie wüßten dann Liste über „inoffizielle Zahlungen an die FDP" die Bescheid. Viele Grüße." Eintragung: „v. B. wg. Dr. Friderichs 70 000". Die Staatsanwaltschaft Bonn hat diesen Vorgang nicht Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- zum Gegenstand ihrer Anklage gemacht, weil nach ausschuß weisen darauf hin, daß eine weitere ihrer Auffassung kein hinreichender Verdacht für Spende „wg. Dr. Friderichs" in Höhe von 40 000 eine tatsächliche Übergabe dieses Betrages besteht. DM in den Diehlschen Listen dann unter dem Dr. Hans Friderichs hat auch den Erhalt dieses Be- Datum 31. Mai 1977 verzeichnet ist. Diese Zah- trages durch seine Erklärung, vor oder während sei- lung ist in der Dispositionskasse verbucht. Auf ner Amtszeit als Bundeswirtschaftsminister vom der Rückseite der dazugehörigen Quittung ist Flick-Konzern keine finanziellen Vorteile gefordert, vermerkt „FDP Frid./pers.". Diehl hat als Zeuge sich versprechen lassen oder gar angenommen zu zu dem Zusatz „pers." erklärt, er habe unterstellt, haben, verneint. daß Eberhard von Brauchitsch Dr. Hans Fride- richs diesen Betrag persönlich übergeben habe. Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- Nach einer Kalendereintragung im Sekretariat ausschuß weisen darauf hin, daß für denselben von Brauchitschs hat an diesem Tage Ministerial- 10. Mai 1977 für die CDU eine Spende „vB wg. rat Klaus Wohlleben von Brauchitsch aufgesucht. Kohl 50 000" eingetragen ist. Beide Zahlungen Die Spendeneintragung ist Gegenstand des Straf- müssen aus der sogenannten „Schwarzen Kasse" verfahrens vor dem Landgericht Bonn. gestammt haben, denn sie sind weder in der Buchführung der Dispositionskasse aufgeführt Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und noch existieren Quittungen darüber. Für die Zah- der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß lung „wg. Dr. Friderichs" wird das auch durch weisen darauf hin, daß diese Spendeneintragung eine Zusammenstellung von Spenden für die im Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe ge- F.D.P. belegt, in der dieser Betrag durch eine Fuß- gen Amtsträger", berichtet worden ist; Eberhard note als aus der „Schwarzen Kasse" stammend von Brauchitsch und Dr. Hans Friderichs haben gekennzeichnet wird. Zahlung und Empfang bestritten. Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Als Zeuge hat sich Klaus Wohlleben nicht an Ein- der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß zelheiten dieser Kontakte erinnern können. Die No- weisen darauf hin, daß die Spende an die CDU in tiz vom 26. Mai 1977 habe wohl bedeutet, daß er zwi- keinem Zusammenhang zum Steuerbescheini- schendurch mit von Brauchitsch Kontakt gehabt gungsverfahren steht. Dem Spendenempfänger habe und die Frage, die zu klären gewesen sei, war nicht bekannt, daß die Spende aus der „Son angekommen sei. Bundesminister Dr. Hans Fride- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

richs habe ihn zu von Brauchitsch geschickt, um nend nicht ausdrücklich erörtert. Dagegen wurde irgendwelche Stellungnahmen zu holen. Aus einem u. a. über Dr. Otto Graf Lambsdorff, den wirt- Schreiben von Brauchitschs an Dr. Friderichs vom schaftspolitischen Sprecher der F.D.P.-Bundestags- 31. Mai 1977 geht hervor, daß Wohlleben von Brau- fraktion, gesprochen. Als Stichwort hatte sich Eber- chitsch zwei Musterkoffer mit Fotogeräten ge- hard von Brauchitsch dafür vorher notiert: „Lambs- bracht und sie wieder mitgenommen hatte. Von dorff spezial". -In der Notiz über das Gespräch mit Brauchitsch vermerkte in dem Brief, Wohlleben sei Bundesminister Dr. Hans Friderichs heißt es zu die- „wegen der Fotocopien" bei ihm gewesen. sem Punkt: „Lambsdorff ist sehr hilfreich für die Politik Fri- 102 derichs im Verhältnis zur Wirtschaft. Deshalb bit- tet Friderichs, daß Lambsdorff gut behandelt Widerstand auf Landesebene wird." Auch auf Landesebene formierte sich seinerzeit po- Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- litischer Widerstand gegen die Erteilung von Steu- ausschuß weisen darauf hin, daß in den Diehl- erbescheinigungen nach § 6 b EStG bzw. § 4 AIG für schen Listen über „inoffizielle Zahlungen" für die den Flick-Konzern. Dies zeigt ein Vermerk von F.D.P. unter dem 13. April 1977 vermerkt ist: „vB Eberhard von Brauchitsch vom 22. Juni 1977 für wg. Graf Lambsdorff 25 000". Dieser Betrag Dr. Friedrich Karl Flick: taucht auch in den Aufzeichnungen und Belegen über die sogenannte „Dispositionskasse" an meh- „Betr.: Hillegossen reren Stellen auf. Zusätzlich zu den uns zugegangenen Informatio- Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und nen erfahre ich, daß SPD- und FDP-Abgeordnete der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß aus dem Bielefelder Raum im Zusammenwirken bemerken dazu, daß ein Zusammenhang dieses mit Landespolitikern Nordrhein-Westfalens so- Vorgangs mit dem Steuerbescheinigungsverfah- wohl im Bundeswirtschaftsministerium als auch ren nicht besteht. Insbesondere wurde im Früh- im Bundesfinanzministerium vorstellig geworden jahr 1977 von Eberhard von Brauchitsch kein Ge- sind mit dem dezidierten Petitum, uns jegliche spräch mit Dr. Otto Graf Lambsdorff über die 6b/4-Genehmigung zu verweigern, wenn Hillegos- Reinvestitionsvorhaben geführt; die Anträge des sen geschlossen wird. Die Formulierung lautet: 1. Antragsblocks waren seit langem abgeschlos- ,Wenn ein so erfolgreicher und vermögender Un- sen; die Anträge des 2. Antragsblocks folgten erst ternehmer wie Flick seine Sozialpflichtigkeit, ein Monate später. altgewachsenes Unternehmen durchzuhalten, nicht erkennt, dann können ihm nicht Steuerver- günstigungen gewährt werden.' Nach meiner In- 104 formation haben sowohl die Herren im Bundesfi- nanzministerium wie auch im Bundeswirtschafts- Besprechung zwischen Fritz Wacker und ministerium zunächst damit abgeblockt, daß sie Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl am 13. Juli 1977 auf die gesetzlichen Bestimmungen von § 4 und § 6 b hingewiesen haben, die für emotionelle Er- Am 13. Juli 1977 traf Fritz Wacker mit Ministerial- wägungen keinen Raum lassen. Im übrigen ha- rat Dr. Wolfgang Mühl zu einem Gespräch zusam- ben sie sich erneut auf das Steuergeheimnis be- men und hielt darüber in einer Notiz für Dr. Fried- rufen. rich Karl Flick u. a. fest, er habe mit Dr. Mühl ver- einbart, ihm ein Arbeitspapier zu einer vorgesehe- Es kann kein Zweifel sein, daß das Thema Hille nen Kapitalzuführung bei Buderus zu übersenden, gossen ein ,Dauerbrenner` im Zusammenhang das den zuständigen Referenten im Bundesministe- mit unserem zweiten Geleitzug 6 b sein wird. Ich rium für Wirtschaft zugeleitet und dessen Inhalt im möchte deshalb zu erwägen geben, ob es nicht September mit den Beamten erörtert werden solle. kaufmännisch vernünftiger wäre, Hillegossen Das Arbeitspapier ging Ende Juli 1977 im Bundes- doch noch bis zum Ende unserer 6 b-Frist — ministerium für Wirtschaft ein und wurde an einige möglicherweise auf noch kleinerer Flamme — Fachreferenten weitergeleitet mit der Bitte um Prü- durchzuhalten, als ein zusätzliches Politikum zu fung, ob ein formeller Antrag positiv beurteilt wer- schaffen, das unsere ohnehin nicht leichter den könne. Bei dem Gespräch erkundigte sich Dr. gewordene 6 b-Position in Bonn zusätzlich schwä- chen könnte." Mühl — nach Wackers Notiz —, ob immer noch drei Unterschachteln der Mercedes-Automobil-Holding unverkauft seien, und machte darauf aufmerksam, 103 daß ein längeres Verbleiben dieser Unterschachteln im Einflußbereich der Deutschen Bank zu einer er- Besuch von Bundesminister Dr. Hans Friderichs neuten Prüfung der Veräußerungsseite führen kön- bei Eberhard von Brauchitsch ne. Weiter will Wacker mit Dr. Mühl seinen schrift- lichen Vorschlag für den Vortrag Dr. Friedrich Karl Am 28. Juni 1977 besuchte Bundesminister Dr. Flicks zum Thema §§ 6 b EStG/4 AIG bei der bevor- Hans Friderichs Eberhard von Brauchitsch in des- stehenden Pressekonferenz des Flick-Konzerns sen Privatwohnung. Es ging um verschiedene priva- „abgestimmt" haben. Außerdem habe Dr. Mühl dar- te, politische und unternehmerische Fragen. Das auf hingewiesen, „daß die FDP-Bundestagsabgeord- Steuerbescheinigungsverfahren wurde anschei nete, Frau Matthäus (frühere Judo-Vorsitzende und Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 nicht weniger ,links` als Frau Schuchardt), sich mit bei Buderus II, Feldmühle und PCV vorgesehenen Eifer in die Steuerpolitik einarbeite. Er sei ge- Arbeitsschritte sowie über weitere ins Auge gefaßte spannt, wie lange Frau Funcke sie noch unter Kon- Reinvestitionsprojekte. Zu einem inländischen Pro- trolle halten könne." jekt vermerkte er: „Es wäre interessant zu hören, welchen Standpunkt F. einnimmt und ob er Mög- Dr. Mühl hat bei seiner Vernehmung nicht ausge- lichkeiten sieht, die Angelegenheit zu forcieren." Zu schlossen, am Rande des Gesprächs am 13. Juli 1977 Grace notierte er die „Frage, ob F. eine Chance für mit Fritz Wacker über die F.D.P.-Bundestagsabge- die Aufstockung" auf etwas mehr als 25 % sehe, und ordnete Ingrid Matthäus-Maier gesprochen zu ha- merkte an: ben; die von Wacker gebrauchten Formulierungen habe er aber nicht gewählt. Zu der Frage der pres- „In diesem Zusammenhang muß ich noch einmal semäßigen Behandlung hat Dr. Mühl ausgesagt, er auf die bekannte Problematik aufmerksam ma- habe niemals mit Wacker ein Pressepapier abge- chen. Wir müssen damit rechnen, daß ein Nach- stimmt. Seiner Erinnerung nach habe er nur einmal weis der bisherigen Kooperationsbemühungen im Zusammenhang mit der Erteilung der Beschei- verlangt und deren Aussicht auf Erfolg glaubhaft nigungen für den 1. Antragsblock über den Presse- offengelegt wird. Im Falle einer Aufstockung referenten des Bundesministeriums für Wirtschaft würde mit Sicherheit auch das Interesse der Öf- ein für Dr. Friedrich Karl Flick vorgesehenes Pres- fentlichkeit zunehmen ... ". sestatement zugeleitet bekommen mit der Bitte zu überprüfen, ob das Bescheinigungsverfahren darin Anschließend stellte er eine Reihe weiterer zur Zeit richtig wiedergegeben sei. Dabei habe er eine bearbeiteter USA-Projekte zusammen und fügte für kleine Korrektur zum Verfahren angebracht; von Eberhard von Brauchitsch die Frage an, „ob F. einer Abstimmung des Papiers könne aber nicht die Chancen sieht, Beteiligungserwerbe dieser Art Rede sein. Aus der Tatsache jedoch, daß Fritz durchzubringen, sofern die § 4-Argumente ausrei- Wacker in seiner Notiz ausdrücklich von einer Ab- chen. Weitere Frage: Gilt die Chance nur, wenn die stimmung des von ihm vorgeschlagenen Vortrags Grace-Aufstockung unterbleibt oder unabhängig berichtet, schließt der 1. Untersuchungsausschuß, davon?" daß auch am 13. Juli 1977 der vorgesehene Text für Die in Fritz Wackers vorbereitendem Vermerk auf- die Pressekonferenz zwischen Fritz Wacker und Mi- geführten Überlegungen und Fragen waren groß- nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl jedenfalls erörtert enteils auch Gegenstand des Gesprächs von Eber- worden ist, wenn auch möglicherweise nur wieder hard von Brauchitsch am 1. August 1977 im Bundes- zwecks Korrektur falscher Angaben. wirtschaftsministerium. Er notierte am 2. August 1977 für Wacker darüber:

105 „Betr.: 6b/4 Ich hatte am 1. August in Bonn ein Gespräch mit Besprechung von Eberhard von Brauchitsch im Min. Friderichs in Anwesenheit von Min.-Dir. Dr. Bundesministerium für Wi rtschaft am 1. August 1977 Tietmeyer (in Vertretung von Staatssekretär Schlecht). Ebenfalls am 13. Juli 1977 teilte der Leiter des Mini- sterbüros, Regierungsdirektor Klaus Wohlleben, un- 1. Das Bundeswirtschaftsministerium fühlt sich ter Bezugnahme auf einen von Eberhard von Brau- von uns in Sachen 6b/4 sehr gut behandelt; chitsch geäußerten Gesprächswunsch dessen Büro das gilt auch für das Ergebnis der letzten telefonisch mit, Bundesminister Dr. Hans Fride- Pressekonferenz. richs schlage ein zweistündiges Gespräch in den nächsten Tagen in seiner Mainzer Privatwohnung 2. Unser Buderus-Papier ist in Arbeit. Die Her- vor; an diesem Termin könne Staatssekretär Dr. ren wollten sich vor Rückkehr von Mühl aus Otto Schlecht teilnehmen. Alternativ wurde als Ter- dem Urlaub nicht äußern. min der 1. August 1977 — mit Ministerialdirektor Der Abgabevorgang Daimler wird unverän- Dr. Hans Tietmeyer statt Staatssekretär Dr. Otto 3. dert als nicht störend betrachtet. Zwar wird Schlecht — vorgeschlagen, an dem das Gespräch die Tatsache der Nichtunterbringung der Un- dann auch tatsächlich stattfand. Einige Tage vorher terschachteln zur Kenntnis genommen. Man schrieb Fritz Wacker von Brauchitsch einen Ver- geht im Ministerium aber davon aus, daß das merk „Für den Fall, daß Sie F. sehen ... ". Er kam darin zunächst auf den von Ministerialrat Dr. Wolf- kein Dauerzustand ist. gang Mühl am 13. Juli 1977 gegebenen Hinweis zu- 4. Man rechnet im Hause mit einer parlamenta- rück, daß, falls sich die drei Unterschachteln der rischen Gesetzesinitiative zur Abschaffung Mercedes-Automobil-Holding als unverkäuflich er- des § 4 Ausl.-Inv.Ges. Ich habe darauf hinge- weisen sollten, die Veräußerungsseite erneut ge- wiesen, daß wir auf dem Rechtsstandpunkt prüft werden müsse. Fritz Wacker bemerkte: „Hier stehen, daß eine Gesetzesänderung die Wie- sollte man frühzeitig vorbeugen ... "; dazu notierte deranlage vorhandener 6b/4-Rücklagen nicht er einige Argumente, so auch, man müsse bei den beeeinträchtigen könne. Diese Auffassung ha- vorliegenden Größenordnungen langfristig denken, ben die Herren zur Kenntnis genommen. und zwei oder drei schwer verkäufliche Unter- schachteln könnten nicht zu einer nennenswerten 5. Wir sind die einzelnen Überlegungen unseres Änderung der Beurteilung der Veräußerungsseite Hauses streng vertraulich durchgegangen. führen. Wacker berichtete dann über die nächsten Über unsere bisherigen Erkenntnisse hinaus Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

haben die Herren keine Erklärungen abgege- spräch hat erinnern können, bestätigt; in dieser ben. heißt es: „Veräußerungsseite nach wie vor positiv? Ja!" Hinsichtlich Grace will man prüfen, ob unsere Überlegungen gegriffen haben, die zur ersten Genehmigung geführt haben. Hiervor habe 106 - ich gewarnt und längere Ausführungen dar- über gemacht, daß wir genauso wie Grace un- Vorbereitungen im Flick-Konzern zur Aufstockung ter starker Kontrolle von SEC stehen. Wenn der Beteiligung an Grace wir unsere Arbeit bei und mit Grace nicht für uns behalten, gefährden wir das Gesamtkon- Anfang August 1977 erörterte Günter Max Paefgen zept. mit dem Präsidenten des Grace-Konzerns, Peter Grace, die von dem Flick-Konzern vorgesehene Auf- Ich habe beide Herren gebeten, hierüber nach- stockung seiner Beteiligung auf 25 bis 30 %. Er teilte zudenken, denn es könne doch nicht im Inter- Dr. Friedrich Karl Flick anschließend mit, P. Grace esse der Bundesregierung liegen, daß das stehe dem positiv gegenüber, habe aber aus unter- Konzept mit Grace wegen Formalitäten oder nehmenspolitischen Gründen gebeten, das von dem wegen der Befriedigung der Neugierde der Öf- Flick-Konzern hierfür abzugebende Angebot zeit- fentlichkeit scheitert. Die Herren haben zuge- lich so weit wie möglich hinauszuschieben. Paefgen sagt, diesen Gesichtspunkt wohlwollend zu schlug vor, trotzdem schon jetzt den Antrag nach § 4 prüfen. AIG für den Erwerb weiterer 6 bis 10 Mio Grace Ganz nebenbei habe ich darauf hingewiesen, Aktien zu stellen, „damit wir wissen, wie wir steuer- daß wir den Beteiligungsverlust bei Grace, der lich liegen". Falls der Antrag positiv beschieden durch Verwässerung entsteht, durch Zukauf werde, könne man immer noch sehen, ob und inwie- ausgleichen und über 6b/4 abbuchen. Wir weit der Rahmen der Bescheinigung ausgenutzt stünden nämlich auf dem Standpunkt, daß uns werden solle. Das Interesse an der Erteilung einer die Genehmigung für einen Prozentsatz gege- Bescheinigung für die Aufstockung der Grace-Be- ben worden sei und nicht für eine bestimmte teiligung schon vor dem Erwerb weiterer Grace Anzahl Aktien. Das haben die Herren kom- Aktien ergab sich nach der Aussage von Paefgen mentarlos — eher schmunzelnd zur Kenntnis als Zeuge vor allem daraus, daß eine Operation in genommen. der geplanten Größenordnung für den Flick-Kon- zern ohne Inanspruchnahme von § 4 AIG kaum zu 6. Friderichs machte darauf aufmerksam, daß verkraften gewesen wäre. sein Haus wegen der Kollision von 6b einer- seits und beabsichtigter Schließung Hillegos- Die Aufstockung der Grace-Beteiligung wie auch sen andererseits begrüßt worden sei. das weitere Reinvestitionsprogramm — insbeson- dere Buderus II und Feldmühle — waren Ende Au- Ich habe hierzu folgendes ausgeführt: Im In- gust 1977 dann Gegenstand einer größeren Bespre- teresse der Volkswirtschaft führen wir die Un- chung zwischen Dr. Friedrich Karl Flick, Eberhard ternehmen der Gruppe nach streng betriebs- von Brauchitsch und Günter Max Paefgen, zu der wirtschaftlichen Grundsätzen. Wir würden es zeitweise aus dem Hause Flick Fritz Wacker und für verhängnisvoll halten und für den Steuer- Dr. Hanns Arnt Vogels sowie weitere Berater von zahler für unzumutbar, wenn einerseits 6b- außerhalb hinzugezogen wurden. Mittel in Anspruch genommen, andererseits aber vorsätzlich Verluste produziert werden würden. Hinsichtlich Hillegossen sei noch 107 keine Entscheidung gefallen. Wenn das Werk nicht mehr arbeiten könne, dann müßten wir Die Ereignisse im September 1977 tatsächlich zumachen. Aber wie gesagt: eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. In dieser Phase ging es um die Frage, ob Bundesmi- nister Dr. Hans Friderichs die Stellung des Vor- Beide Herren beendeten das Thema damit, standssprechers der Dresdner Bank, die ihm nach daß die Arbeitslosenfrage einen zunehmenden der Ermordung von Dr. Jürgen Ponto am 30. Juli politischen Stellenwert erhalte und auch bei 1977 angeboten worden war, annehmen sollte. Ende den 6b-Fragen nicht außer Acht gelassen wer- August 1977 hatte sich Dr. Friderichs nach seiner den könne. Allerdings werde man sich zu ge- Aussage noch nicht entschieden; es gab damals ver- gebener Zeit das Gesamtpaket ansehen und trauliche Gespräche mit Vertretern der Dresdner den Saldo ziehen. Bank, über die Eberhard von Brauchitsch nicht von Anfang an, aber jedenfalls vor dem 2./3. September 7. Wir haben uns zugesagt, in offiziellen Gesprä- 1977 unterrichtet worden war, und zwar zuerst chen vom Inhalt dieses Gespräches keinen durch ihn selbst. Nach der Aussage von von Brau- Gebrauch zu machen." chitsch rief Dr. Friderichs ihn am 24. August 1977 an; daraufhin habe man sich in den nächsten Tagen Die Richtigkeit der Darstellung von Eberhard von mehrfach zu Gesprächen getroffen, bei denen er Dr. Brauchitsch in Ziffer 3 dieses Vermerks wird durch Friderichs letztlich zugeraten habe, das Angebot eine handschriftliche Gesprächsnotiz von Ministeri- der Dresdner Bank anzunehmen. Vor seiner end- aldirektor Dr. Hans Tietmeyer, der sich bei seiner gültigen Entscheidung über einen Wechsel wollte Vernehmung nicht mehr im einzelnen an das Ge Dr. Friderichs — wie er vor dem 1. Untersuchungs- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

ausschuß bekundet hat — jedoch noch den Rat von Nach der — durch Urkunden belegten — Einlas- zwei Freunden einholen, die sich damals in Neapel sung von Brauchitschs im Ermittlungsverfahren und Nizza aufhielten, und flog aus diesem Grunde ging der Betrag von 25 000 DM im Zusammenhang am 2./3. September 1977 mit einer Maschine der mit Bemühungen zur Befreiung von Hanns Martin „Air-Traffic" in Begleitung von Ministerialrat Klaus Schleyer als Honorar an einen Genfer Rechtsan- Wohlleben dorthin. walt. Zum Zustandekommen des Fluges hat Dr. Fride- Im September 1977 schlug die F.D.P. Dr. Otto Graf richs als Zeuge ausgesagt, sein Büro habe auf seine Lambsdorff als Nachfolger von Dr. Hans Friderichs Veranlassung hin bei seinen damaligen Gesprächs- für das Amt des Bundesministers für Wirtschaft partnern von der Dresdner Bank — soweit er sich vor, das dieser dann am 7. Oktober 1977 antrat. erinnere, bei dem Aufsichtsratsvorsitzenden — an- gerufen und gebeten, eine Flugmöglichkeit zu be- Am 3. Oktober 1977 — noch vor der Amtsüber- sorgen, die mit Rücksicht auf die damals noch be- nahme durch Dr. Otto Graf Lambsdorff — trafen stehende Vertraulichkeit seiner Gespräche nicht of- sich Eberhard von Brauchitsch, Bundesminister Dr. fiziell von der Dresdner Bank bereitgestellt werden Hans Friderichs und Ministerialrat Dr. Klaus Wohl- sollte. leben noch einmal zu einem längeren Gespräch. Von Brauchitsch vermerkte hierüber u. a.: Dem entspricht die Aussage von Eberhard von Brauchitsch, er sei damals vom Aufsichtsratsvorsit- „1. Wir haben noch einmal die Vorgeschichte zenden der Dresdner Bank gebeten worden, ein und die Entscheidungsphase Dresdner Bank Flugzeug für Bundesminister Dr. Friderichs bereit- besprochen. Es hat den Anschein, daß Fride- zustellen, weil der Vorstand der Dresdner Bank zu richs erkennt, daß es sich nicht um einen diesem Zeitpunkt nicht involviert werden sollte. Er Spaziergang handelt ... habe zugesagt; die Angelegenheit sei dann weiter zwischen den Sekretariaten geregelt worden. Aus Notizen aus dem Büro von Brauchitschs ergibt sich, 3. Wohlleben wird versuchen, die ,Stafette` 6 b an daß bei der Organisation des Fluges auch der dama- Lambsdorff weiterzugeben." lige Leiter des Ministerbüros, Ministerialrat Klaus Dr. Friderichs hat bestätigt, daß bei dieser Gelegen- Wohlleben, eingeschaltet war. Wohlleben hat sich heit nicht nur nochmals über seinen Wechsel zur bei seiner Vernehmung nicht mehr an Einzelheiten Dresdner Bank, sondern auch darüber gesprochen erinnern können, jedoch ausgesagt, für ihn sei das wurde, daß die Steuerbescheinigungsanträge des ein Vorgang „Dresdner Bank" gewesen; warum die Flick-Konzerns weiter liefen. Auf die Frage nach Dresdner Bank dies an den Flick-Konzern abgege- Auswirkungen des Ministerwechsels auf die „Kon- ben habe, wisse er nicht mehr. Der 1. Untersu- taktpersonen" im Bundesministerium für Wirt- chungsausschuß hat keine Anhaltspunkte, die von schaft habe er gesagt, nach seinem Eindruck werde Dr. Friderichs und von Brauchitsch gegebene Dar- Dr. Graf Lambsdorff auf der Beamtenebene prak- stellung des Zustandekommens des Fluges in Zwei- tisch nichts ändern; auch die Staatssekretäre wür- fel zu ziehen. Dies gilt auch für die weitere Aussage den bleiben und das Ministerbüro — damaliger Lei- von Dr. Friderichs, er habe damals nicht gewußt, ter: Ministerialrat Klaus Wohlleben — werde zu- daß das Flugzeug von dem Flick-Konzern bestellt nächst unverändert besetzt bleiben. Klaus Wohlle- und bezahlt wurde, vielmehr angenommen, der ben hat sich als Zeuge zwar noch an das Gespräch, Flug werde von der Dresdner Bank organisiert. nicht aber mehr an Einzelheiten des Gesprächsin- Kurz nach der Rückkehr von seiner zweitägigen halts erinnern können und auch keine Erklärung Flugreise suchte Bundesminister Dr. Friderichs am dafür zu geben vermocht, was mit der „Stafette 6 b" 4. September 1977 Eberhard von Brauchitsch in des- gemeint war, die nach der Notiz von Brauchitschs sen Haus zu einem weiteren, entscheidenden Ge- von ihm an Dr. Graf Lambsdorff weitergegeben spräch über die Frage des Wechsels zur Dresdner werden sollte. Von Brauchitsch hat hierzu ausge- Bank auf, an dem u.a. auch sein langjähriger „politi- sagt, schon beim 1. Antragsblock hätten die Behör- scher Wegbereiter", Ferry v. Berghes, teilnahm. den in Bonn zu langsam gearbeitet. Bei der „Stafet- te" sei es ihm darum gegangen, daß sich der neue Unter dem 21. September 1977 befindet sich in den Bundeswirtschaftsminister von der Problematik Diehl-Listen über „inoffizielle Zahlungen an die des Widerstreites zwischen Rechtsanspruch und po- FDP" die Eintragung: „v. B. wg. Graf Lambsdorff litischem Druck bei den Anträgen des Flick-Kon- 25 000,—". zerns rechtzeitig vor den weiteren Anträgen ein klares Bild mache und nicht ein weiterer Zeitver- Für den 1. Untersuchungsausschuß ist erwiesen, lust dadurch entstehe, daß er viel Zeit brauche, sich daß diese Diehlsche Eintragung, die von der Staats- mit diesem Thema zu befassen. anwaltschaft auch nicht zum Gegenstand der An- klage gemacht worden ist, nicht zu einer entspre- Dr. Graf Lambsdorff ist nach seiner Aussage im chenden Zahlung an Dr. Otto Graf Lambsdorff ge- Zusammenhang mit seiner Amtsübernahme durch führt hat. Zwar trafen sich von Brauchitsch und Dr. den zunächst übernommenen Leiter des Minister- Graf Lambsdorff am 21. September 1977, jedoch aus büros Wohlleben im Rahmen der Unterrichtung Gründen der voraufgegangenen Entführung des über die wichtigen laufenden Angelegenheiten des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Ministeriums auch über die Steuerbescheinigungs- Arbeitgeberverbände (BDA) Hanns Martin angelegenheit des Flick-Konzerns informiert und Schleyer am 5. September 1977 durch Terroristen. darauf aufmerksam gemacht worden, daß es sich Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode um einen wirtschaftspolitischen Vorgang handele, teilt, die sich in der Hausbesprechung im Bundes- auf den der Minister nicht zuletzt auch wegen der ministerium für Wirtschaft ergeben hatten. Diskussion im Parlament seine persönliche Auf- merksamkeit zu konzentrieren habe. Seiner Erin- Zu der geplanten Aufstockung der Grace-Beteili- gung besprach Fritz Wacker nach seiner Ge- nerung nach seien die Flick-Anträge dabei aber - nicht als vorrangige und hauptsächliche Angelegen- sprächsnotiz mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl heit dargestellt worden. Sehr wahrscheinlich habe einen Briefentwurf mit einer Anfrage, ob mit einer er auch mit Dr. Hans Friderichs im Rahmen der positiven Entscheidung gerechnet werden könne. Amtsübernahme über die bevorstehenden Flick-An- Dr. Will soll empfohlen haben, statt dessen sofort träge gesprochen. Von irgendwelchen Zusagen an einen — vorher mit ihm abgestimmten — Antrag zu den Flick-Konzern sei hierbei aber nicht die Rede stellen, in dem im einzelnen dargelegt werden müs- gewesen. se, warum die Beteiligung aufgestockt werden solle und warum sich die Kooperationspläne mit Grace Auch Fritz Wacker machte sich frühzeitig Gedan- bisher nicht erfüllt hätten. Auf den Hinweis, daran ken darüber, wie etwaige nachteilige Auswirkungen sei nicht zuletzt die derzeitige Position des Flick des Wechsels im Amt des Bundesministers für Wirt- Konzerns bei Grace schuld, die eben gestärkt wer- schaft für die weiteren Steuerbescheinigungsan- den müsse, habe Dr. Mühl zum Ausdruck gebracht, träge vermieden werden könnten. Er vermerkte am eine Aufstockung müsse auf mindestens 25 % erfol- 7. Oktober 1977 — dem Tage der Amtsübernahme gen, weil erst dann ein „Umschlag von Quantität in durch Dr. Otto Graf Lambsdorff — für Eberhard Qualität" stattfinde; ein Antrag wegen einer Auf- von Brauchitsch: stockung „bis zu gut 25%" habe deshalb sehr wahr- scheinlich keine Chance. „Meines Erachtens wäre es gut, wenn wir bei der nächsten Gelegenheit überlegen würden, wie wir Fritz Wacker hielt in seiner Notiz ferner fest, man Graf Lambsdorff sachkundig machen, auch in habe vereinbart, am 13. Oktober 1977 ein Hearing bezug auf die an unseren Verfahren beteiligten zu den drei Vorhaben mit Vertretern des Bundesmi- Mitarbeiter seines Hauses." nisteriums für Wirtschaft und der beteiligten Unter- nehmen des Flick-Konzerns durchzuführen. Ob Wackers Vermerk im Hause Flick zu näheren Überlegungen darüber führte, wie Dr. Graf Lambs- Dr. Mühl hat als Zeuge vor dem 1. Untersuchungs- dorff „sachkundig" gemacht werden sollte, hat nicht ausschuß den in der Notiz von Fritz Wacker festge- festgestellt werden können. Dr. Graf Lambsdorff haltenen Gesprächsinhalt weitgehend bestätigt, hat ausgesagt, sein Gesprächspartner zu den Anträ- aber in Abrede gestellt, zu der von Wacker ange- gen des Flick-Konzerns sei nahezu ausschließlich kündigten Aufstockung der Grace-Beteiligung emp- von Brauchitsch gewesen. Was mit „sachkundig ma- fohlen zu haben, einen mit ihm vorher abgestimm- chen" in dem Vermerk gemeint sei, könne er nicht ten Antrag zu stellen; der später am 23. November sagen; von Vertretern des Hauses Flick sei ihm 1977 gestellte Grace II-Antrag sei auch nicht vorher aber jedenfalls von Zusagen des Bundesministeri- mit ihm „abgestimmt" worden; dies hätte auch der ums für Wirtschaft nichts mitgeteilt worden. Praxis widersprochen. Er habe Wacker allerdings auf Befragen erklärt, daß ein allgemeiner Brief — wie ihn Wacker ihm möglicherweise bei dem Ge- 108 spräch sogar gezeigt habe — nicht ausreichend sei; vielmehr müsse sich aus einem Antrag oder auch Vorgespräche mit Beamten über den 2. Antragsblock einer Voranfrage das neue Vorhaben detailliert er- geben, insbesondere auch der Stand der Zusam- Inzwischen waren auch die Vorgespräche mit Be- menarbeit und die zusätzlichen Einflußmöglichkei- amten des Bundesministeriums für Wirtschaft we- ten bei Aufstockung der Beteiligung. In Wackers gen der Anträge für den 2. Antragsblock weiterge- Gesprächsnotiz sei im übrigen richtig festgehalten, führt worden. Wie schon im Juli 1977 zu dem Vorha- daß sich die Kooperationspläne mit Grace damals ben Buderus II übersandte der Flick-Konzern etwa noch nicht erfüllt hätten. Mitte September 1977 auch für das Vorhaben Feld- mühle ein „Arbeitspapier" mit dem Entwurf einer Antragsbegründung an das Bundesministerium für 109 Wirtschaft. Fritz Wacker erfuhr am 16. September 1977 von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl telefo- Das Gespräch am 13. Oktober 1977 mit Vertretern nisch, daß auch dieses Arbeitspapier an die beteilig- des Flick-Konzerns im Bundeswirtschaftsministerium ten Referate weitergegeben worden und für den 27. September 1977 eine Hausbesprechung vorgesehen Am 13. Oktober 1977 wurden die drei Vorhaben für war. In einem Vermerk über dieses Telefonat kün- den 2. Antragsblock zwischen Vertretern des Bun- digte Fritz Wacker Eberhard von Brauchitsch desministeriums für Wirtschaft und des Flick-Kon- ferner ein Gespräch mit Dr. Mühl über Grace II zerns einschließlich Vertretern von Buderus und an. Feldmühle ausführlich erörtert. Fritz Wacker hielt in einer Notiz den Inhalt der Gespräche und die Am 3. Oktober 1977 führte Wacker ein ausführliches Punkte fest, bei denen demnach die Antragsent- Gespräch mit Dr. Mühl über die Vorhaben für den würfe noch ergänzt und überarbeitet werden muß- 2. Antragsblock. Nach seiner Gesprächsnotiz wur- ten. Hinsichtlich des Feldmühle-Vorhabens wurden den ihm dabei wegen des Feldmühle-Vorhabens Be- danach vor allem Auswirkungen auf den Wettbe- denken aus Wettbewerbsgesichtspunkten mitge werb erörtert. Um Erfolg zu haben, vermerkte Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Wacker, müsse noch stärker das Ziel herausgear- welchem Umfang § 6 b EStG und § 4 AIG nicht in beitet werden, ein weiteres Vordringen der „großen Anspruch genommen werden sollten. Tatsächlich Ausländer" in dieser Branche zu verhindern. Man notierte Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl selbst ei- habe im übrigen den Vertretern des Bundesministe- nige Wochen nach dem Gespräch, die Vertreter des Flick-Konzerns hätten erkennen lassen, daß für ein riums für Wirtschaft erneut erklärt, daß und warum - die Schließung des Feldmühle-Werkes in Hillegos- Volumen von ca. 500 Mio DM keine Anträge nach sen unvermeidlich sei und mit dem beabsichtigten § 6 b EStG und § 4 AIG gestellt werden sollten. Programm nichts zu tun habe. Bezüglich Grace II wiesen die Vertreter des Bundesministeriums für 110 Wirtschaft — wie Fritz Wacker notierte und Mini- sterialrat Dr. Wolfgang Mühl bei seiner Verneh- Öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten mung bestätigt hat — darauf hin, daß die kurz ge- Dr. Dieter Spöri an § 6 b EStG haltenen Ausführungen in einem bei dem Gespräch erörterten „Antragsentwurf" über die bisherigen In dieser Zeit erschien im SPD-Pressedienst vom Erfahrungen mit Grace erweitert und der neueste 20. Oktober 1977 ein kritischer Artikel des SPD Stand der Kooperationsfähigkeit der beiden Unter- Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri zu Fra- nehmen geschildert werden müsse. Zur Veräuße- gen des Subventionsabbaus. Darin hießt es zu § 6 b rungsseite wünschten die Vertreter des Bundesmi- EStG: nisteriums für Wirtschaft nach der Notiz von Wacker eine schriftliche Erklärung des Vorstands ,,... 1. Ein wichtiges Negativbeispiel im reformbe- der Deutschen Bank, aus der hervorgehe, daß sie dürftigen Subventionsdschungel sind die Para- unverändert bestrebt sei, die noch nicht verkauften graphen 6 b und 6 c des Einkommensteuergeset- drei Unterschachteln zu veräußern. zes. Der Staat hat aufgrund dieser Paragraphen in den Jahren 1967 bis 1971 auf Steuereinnahmen Zum weiteren Vorgehen hielt Fritz Wacker zu- in Höhe von 1,4 Milliarden DM verzichtet. Zu weit nächst fest, die drei Anträge sollten „gemeinsam" über 60 Prozent sind diese Vergünstigungen Steu- gestellt werden. Dr. Wolfgang Mühl hat als Zeuge erpflichtigen mit Gesamteinkünften über einer hierzu ausgesagt, er könne sich vorstellen, daß er Million DM zugute gekommen; rund 86 Prozent damals erklärt habe, dies sei aus Gründen der Ver- der Gewinne sind auf Körperschaftssteuerpflich- waltungsökonomie zweckmäßig. Es konnte nicht tige entfallen, wobei die Subventionschancen vor festgestellt werden, ob er neben Gründen der Ver- allem von Aktiengesellschaften und Kommandit- waltungsökonomie auch Vorteile für den Antrag- gesellschaften auf Aktien genutzt worden sind. steller bei einer gemeinsamen Behandlung der An- Die beiden Paragraphen entpuppen sich also träge im Auge hatte. Nach Wackers Notiz wünsch- trotz wohlklingender mittelstand-, Struktur- oder ten die Vertreter des Bundesministeriums für Wirt- raumordnungspolitischer Begründung doch pri- schaft ferner ein Begleitschreiben, aus dem hervor- mär als Subventionsprivileg für einkommens- gehe, ob mit weiteren Anträgen gemäß § 6 b EStG starke Steuerpflichtige, das tendenziell Investi- und § 4 AIG zu rechnen sei; das Schreiben sollte tionsvorgänge begünstigt, die ohnehin stattfin- ferner ein Bild über die Zusammensetzung des Ge- den. Und noch immer dürfen wir gespannt sein, samtpaketes und seine Ausgewogenheit ermögli- was mit dem ansehnlichen Rest des Flickschen chen sowie die Größenordnung des Teils der Rück- 2 Milliardenschecks aus dem Verkauf des 29pro- lage gemäß § 6 b EStG erkennbar werden lassen, zentigen Daimler-Benz-Anteils geschieht, d. h., ob der mit steuerlicher Wirkung aufgelöst werden soll- dieser Rest ebenso nach § 6 b EStG steuerfrei te. Dr. Mühl hat bei seiner Vernehmung bestätigt, angelegt wird wie die erste Tranche." ein solches Begleitschreiben angeregt zu haben. Er habe die politische Leitung . des Bundesministeri- 111 ums für Wirtschaft unterrichten wollen über die Be- deutung der Anträge von der Quantität her sowie Spenden Ende Oktober 1977 über ihre eventuellen politischen Implikationen in Anbetracht der SPD-Kritik, der Bestrebungen zur Ende Oktober 1977 erhielt die Friedrich-Ebert-Stif- Änderung des § 6 b EStG und des seit Anfang 1977 tung vom Flick-Konzern erneut eine namhafte dem Bundestag vorliegenden, aber noch zu erör- Spende, und zwar in Höhe von 250 000 DM, für die ternden Erfahrungsberichts der Bundesregierung; sich Alfred Nau in einem Schreiben an Günter Max denn im Bundesministerium für Wirtschaft habe Paefgen Ende November 1977 herzlich bedankte. man den § 6 b EStG zugunsten der Strukturanpas- Mit dieser Spende wurde die Konzerntochter Feld- sung erhalten wollen. Bei dem Gespräch am 13. Ok- mühle belastet. tober 1977 sei über diese Fragen aber nicht gespro- chen worden. Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- ausschuß weisen darauf hin, daß ferner die Fried- Dr. Wolfgang Mühl will seiner Aussage zufolge den rich-Naumann-Stiftung von den Konzernunter- Vertretern des Flick-Konzerns am 13. Oktober 1977 nehmen Feldmühle und Dynamit Nobel im De- nicht die Anregung gegeben haben, § 6 b EStG und zember 1977 je 250 000 DM erhielt. Weitere der § 4 AIG nicht für den gesamten Veräußerungsge- F.D.P. zugerechnete 100 000 DM wurden im sel- winn in Anspruch zu nehmen; auf seine Bitte, die ben Jahr nach den Aufzeichnungen des Flick weiteren Vorhaben darzulegen, hätten vielmehr die Konzerns an die „Gesellschaft zur Förderung der Vertreter des Flick-Konzerns das Volumen weiterer freien Marktwirtschaft in Europa" in Neuwied Anträge quantifiziert und zu erkennen gegeben, in „wg. Graf Lambsdorff" gezahlt. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Aktien fortgesetzt. Am 10. November 1977 trafen Dr. der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß Friedrich Karl Flick und Günter Max Paefgen mit bemerken hierzu, daß die Spende an die Fried- Peter Grace zusammen. Paefgen berichtete Eber- rich-Naumann-Stiftung — wie erwähnt — erst im hard von Brauchitsch einige Tage später, es werde Dezember 1977, die an die Gesellschaft zur Förde- seiner Auffassung- nach nicht möglich sein, vor Fe- rung der freien Marktwirtschaft in Europa be- bruar 1978 von Grace eine endgültige Entscheidung reits im August 1977 gezahlt wurde; bei diesen über eine Erhöhung der Beteiligung um 6 Millionen Spenden besteht — anders als bei denen zugun- Aktien zu erhalten. Dr. Friedrich Karl Flick wolle sten der Friedrich-Ebert-Stiftung — kein Zusam- aber auf jeden Fall Grace oder, falls dies nicht mög- menhang mit den Steuerbescheinigungsverfah- lich sei, ein vergleichbares anderes US-Projekt „ma- ren. chen". Ein letztes Vorgespräch wegen des Feldmühle-Vor- 112 habens führte einige Tage vor Einreichung der An- träge der Vorstandsvorsitzende der Feldmühle AG, Bericht des Bonner Büros über die Wahl Robert Layton, mit einem zuständigen Fachreferen- von Liselotte Funcke zur stellvertretenden ten im Bundesministerium für Wirtschaft. Layton F.D.P.-Bundesvorsitzenden hatte dieses Thema bereits Mitte Oktober mit dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Dr. Offenbar auch mit Blick auf die bevorstehenden Horst-Ludwig Riemer, erörtert. Der nähere Inhalt weiteren Steuerbescheinigungsanträge des Flick dieser Gespräche ist nicht bekannt. Konzerns berichtete der Leiter des Bonner Büros, Dr. Walter Schmitz, Eberhard von Brauchitsch An- fang November 1977, Liselotte Funcke sei auf dem 114 Kieler F.D.P.-Parteitag zur stellvertretenden Bun- desvorsitzenden gewählt worden. Er fügte hinzu, Änderungen der Unternehmensform des nach seinem Eindruck sei Frau Funcke für „Strei- Flick-Konzerns cheleinheiten" empfänglich, weil sie über das Er- gebnis sehr beglückt sei; er halte eine „atmosphäri- Inzwischen beschäftigte die Öffentlichkeit die vor- sche Aufbereitung" auch im Hinblick darauf, daß gesehene Organisationsänderung des Flick-Kon- „sie innerhalb der Koalition Vorstöße der SPD zerns. In zwei Briefen an Eberhard von Brauchitsch Steuerexperten abfangen muß, für nützlich". Mögli- vom 23. und 29. November 1977 befaßte sich Günter cherweise gratulierte von Brauchitsch Frau Funcke, Markscheffel mit dem Echo auf die Ankündigung mit der er wegen der § 6 b EStG und § 4 AIG betref- der Umwandlung der Verwaltungsgesellschaft für fenden Anliegen des Flick-Konzerns wiederholt industrielle Unternehmungen Friedrich Flick Kontakt hatte, daraufhin zu ihrer Wahl schriftlich; GmbH in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien ein vermutlich von Dr. Schmitz verfaßter Entwurf zum 31. Dezember 1977. In der Presse war die Ver- eines Glückwunschschreibens, in dem die „beson- mutung geäußert worden, mit der Umwandlung ders stabilisierende Wirkung" dieser Wahl „auf das wolle der Flick-Konzern die Mitbestimmung ver- wirtschaftspolitische Klima" betont wird, befindet meiden. In seinem zweiten Brief meinte Markschef- sich jedenfalls bei den Akten. fel insbesondere mit Blick auf die Gewerkschaften, es sei ein Fehler gewesen, entgegen seinem Vor- 113 schlag „die Operation" ohne gezielte publizistische Vorbereitung, vor allem ohne Hinweis darauf Das Problem der noch nicht verkauften durchzuführen, daß die Mitbestimmungsrechte bei Unterschachteln der Mercedes-Holding Buderus, Dynamit Nobel und Feldmühle unberührt blieben. Als er vor einigen Wochen geraten habe, Nachdem Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl bereits eine Erklärung zur „Lage" abzugeben, habe er vor- in einem Gespräch mit Fritz Wacker am 13. Juli nehmlich an die weiteren Dispositionen für § 6 b 1977 und erneut bei den Gesprächen mit Vertretern EStG gedacht, die auch noch verkraftet werden des Flick-Konzerns am 13. Oktober 1977 auf die fort- müßten. Jetzt sei wieder einmal der „Flick-Kom- bestehende Problematik der Veräußerungsseite plex" hochgekommen, ohne daß — abgesehen von aufmerksam gemacht hatte, kam es am 2. Novem- Eberhard von Brauchitsch — jemand da sei, der ber 1977 zu einem Gespräch zwischen Dr. Friedrich dagegen angehe. Abschließend gab er von Brau- Karl Flick, Günter Max Paefgen und Franz Hein- chitsch Ratschläge, wie er seinen Gesprächspart- rich Ulrich. Dieser erklärte sich bereit, dem Flick nern bei den Gewerkschaften die gesellschafts- Konzern zur Vorlage beim Bundesministerium für rechtliche Umwandlung klarmachen solle. Wirtschaft ein Schreiben zuzuleiten, aus dem her- vorgehe, daß die Deutsche Bank nach wie vor be- Günter Markscheffels hier geäußerte Sorgen wegen müht sei, die noch nicht verkauften drei Unter- Kritik der Gewerkschaften im Zusammenhang mit schachteln der Mercedes-Automobil-Holding zu pla- der Umwandlung erklären sich wohl auch daraus, zieren. Das Schreiben ging am 11. November 1977 daß damals in der Öffentlichkeit schon eine Ver- bei dem Flick-Konzern ein. nichtung von Arbeitsplätzen durch die vorgesehe- nen Investitionen bei Feldmühle befürchtet wurde Während der letzten Wochen vor Einreichung der und Markscheffel vermeiden wollte, daß ein des- Anträge des 2. Antragsblockes wurden auch die halb zu erwartender gewerkschaftlicher Wider- Verhandlungen wegen des Erwerbs weiterer Grace stand noch verschärft würde. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

115 gemeint sind die Produktionsprogramme der bei- den Unternehmen — identisch seien, habe die Auf- Die Anträge des 2. Antragsblocks gabe darin bestanden und bestehe noch, „komple- mentäre Gebiete zu identifizieren und über For- Mit Schreiben vom 23. November 1977 stellte der schungs- und Entwicklungsarbeiten anzugehen." Flick-Konzern drei weitere Anträge auf Steuerver- „Rasche kommerzielle- Ergebnisse ... konnten und günstigungen nach §§ 6 b EStG/4 AIG (sog. „2. Ge- können dabei auf absehbare Zeit nicht erwartet leitzug"): werden." Langfristigen Charakter habe z. B. die Zu- sammenarbeit auf den Gebieten Pflanzenschutz, Vi- a) „Buderus II" tamine und Futterzusatzstoffe; ein „berichtenswer- tes Zwischenergebnis" könne deshalb noch nicht Der Flick-Konzern beabsichtigte zum einen eine vorliegen. Bei anderen Bereichen wurde von „mögli- weitere Kapitalzuführung von bis zu 60 Millionen cher Zusammenarbeit", „ersten Erkenntnissen" DM bei dem Tochterunternehmen Eisenwerke Bu- usw. gesprochen, also ebenfalls angedeutet, daß die Wetzlar. Damit sollten Investitionen zur derus in Zusammenarbeit sich noch im Anfangsstadium be- Umstrukturierung der Produktion in sieben Wer- fand; andere geplante Projekte waren aufgegeben ken in folgenden Bereichen vorgenommen werden: worden. Andererseits meinte man, aus Aktivitäten Luft- und Klimatechnik, Gießereierzeugnisse, Haus- des Grace-Konzerns der jüngsten Zeit hätten sich haltsgroßgeräte und Edelstahl. Zum anderen wurde auf dem Gebiet der Kohleveredelung, der damals eine Kapitalzuführung von bis zu 25 Millionen DM wegen der Auswirkungen der Ölkrise große Bedeu- bei der Edelstahlwerke Buderus AG., Wetzlar, zur tung beigemessen wurde, „Ansatzpunkte für eine Finanzierung dringend notwendiger Investitionen engere Zusammenarbeit" ergeben, „denen unbe- vorgesehen. dingt nachgegangen werden sollte", auch wenn aus der Natur der Sache heraus rasche kommerzielle b) „Feldmühle" Ergebnisse nicht zu erwarten seien. Ziel sei insbe- Dem Tochterunternehmen Feldmühle sollten 200 sondere die Entwicklung eines Verfahrens zur Koh- Millionen DM zugeführt werden. Dieses Unterneh- levergasung. Hier habe das Tochterunternehmen men plante für die Herstellung sog. graphischer Pa- PCV („Projektierung Chemische Verfahrenstech- piere in einem schleswig-holsteinischen Werk den nik") einen Entwicklungsstand erreicht, „der einen Ausbau vorhandener Anlagen und in einem nord- engen Know-how- und Erfahrungsaustausch mit rhein-westfälischen Werk den Ausbau und die Er- Grace wünschenswert erscheinen läßt". Damit weiterung der Produktionseinrichtungen. Die Ge- könne der Bundesrepublik Deutschland und ande- samtinvestitionssumme von mehr als 400 Millionen ren EG-Staaten zu größerer Unabhängigkeit von 01 DM sollte neben der Kapitalerhöhung um 200 Mio und Gas verholfen werden. Bei anderen Betäti- DM durch Darlehnsaufnahme von weiteren 200 Mio gungsfeldern, z. B. der Siliziumchemie, war von ei- DM finanziert werden. Das Unternehmen wollte da- ner „angestrebten komplementären Betrachtung" mit u. a. seine internationale Wettbewerbsfähigkeit die Rede, die „im Laufe der Zeit" zu Verknüpfungen verbessern und seine Produktion dem gestiegenen bzw. Ergänzungen der eigenen Produkte durch Ent- Bedarf anpassen. Nach Angaben des Flick-Kon- wicklungsergebnisse des anderen führen müsse. zerns war damit zu rechnen, daß für die geplanten Schließlich gebe es Untersuchungen über eine Zu- Investitionen zwei Jahre lang bis zu 1 000 Handwer- sammenarbeit auf den Gebieten des Umweltschut- ker tätig sein würden und daß nach ihrem Abschluß zes. Es verdichte sich der Eindruck, daß die Kennt- insgesamt rd. 410 zusätzliche Mitarbeiter beschäf- nisse und Erfahrungen eines Grace-Tochterunter- tigt würden. nehmens auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik Deutschland nutzbar gemacht werden sollten und Die Anträge Buderus II und Feldmühle wurden daß das Flick-Tochterunternehmen Dynamit Nobel gem. § 6 b EStG gestellt. eine sehr gute Ergänzung bringen könne. Abschlie- ßend wurde erklärt, die Erfahrungen, die man in rd. c) „Grace II" zwei Dutzend Zusammenkünften mit Vertretern Die Flick-Beteiligung am Grace-Konzern sollte auf des Grace-Konzerns sowie den Sitzungen des etwas mehr als 25% aufgestockt werden. Die Ko- „Board" der Grace-Aktiengesellschaft gesammelt sten für den dazu erforderlichen Erwerb von rd. habe, rechtfertigten die Überzeugung, daß die betei- 6 Millionen Grace-Aktien wurden auf etwa 500 Mil- ligungsmäßige Stärkung der Flick-Position die lionen DM geschätzt. Durchsetzung der „auf Langfristigkeit angelegten" unternehmerischen Absichten beträchtlich steigern Bei diesem Antrag berief sich der Flick-Konzern werde. In diesem Zusammenhang deutete man an, auf § 4 AIG. Da dieser auf die weltwirtschaftliche daß „ein Teil der interessierten amerikanischen Of- Verflechtung der Unternehmen abstellt, machte der fentlichkeit" das Flick-Engagement „mit einer Zu- Flick-Konzern umfangreiche Ausführungen zur bis- rückhaltung beobachtet, die nicht zu erwarten war". herigen Zusammenarbeit zwischen den beiden Un- Die Erhöhung des Unternehmensanteils auf mehr ternehmen. Daraus ergab sich, daß die 1975 be- als 25 % werde auch zu einer Zunahme der Board schlossene Zusammenarbeit, auf die man sich be- Mandate des Flick-Konzerns führen. Dabei handele reits bei Grace I gestützt hatte, bisher kaum ver- es sich weniger um „Quantität", sondern um eine wirklicht worden war. Die geplante Zusammenar- „neue Qualität" der Beteiligung, die eine beachtli- beit sei, so wurde erklärt, „langfristig angelegt". Da che Erweiterung des Aktionsspielraumes zur Folge nur „sehr unwesentliche Teile der Programme" — haben werde. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

116 ten bei dem Feldmühle-Antrag, und zwar aus wett- bewerbspolitischer Sicht sowie wegen des Themas Übergabe und erste Prüfung der Anträge Hillegossen, also der beabsichtigten Schließung ei- nes Feldmühle-Werkes. Man habe diese Bedenken Nach Vorgesprächen zwischen Eberhard von Brau- aber wohl weitgehend- zerstreut, nämlich zum er- chitsch und Ministerialrat Klaus Wohlleben ent- sten Punkt durch Hinweis auf die ausführliche An- schied man sich, am späten Nachmittag des 24. No- tragsbegründung und zum zweiten Punkt durch die vember 1977 im Bundesministerium für Wirtschaft Ankündigung einer ausführlicheren Darstellung zur Übergabe der Antragsunterlagen auf höchster des Sachverhalts sowie den Nachweis, daß zwi- Ebene zusammenzukommen: Minister Dr. Otto schen dem geplanten Feldmühle-Projekt und der Graf Lambsdorff, Staatssekretär Dr. Otto Schlecht, Stillegung Hillegossen kein Zusammenhang beste- Ministerialrat Klaus Wohlleben, Eberhard von he. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht habe ferner Brauchitsch und Fritz Wacker. Es wurde ein 1 bis „auf die zahlreichen Gegner des Auslandsinvesti- 1 1 /2stündiges Gespräch vereinbart, anschließend tionsgesetzes" aufmerksam gemacht. Zur weiteren sollten sich der Minister und von Brauchitsch für Bearbeitungszeit habe er sich nicht festlegen wol- etwa 1 Stunde bei einem Glas Wein zusammenset- len. Er habe durchblicken lassen, daß man de facto zen; für später wurde noch „ein Bier zusammen mit bisher stets einvernehmlich mit dem Bundesmini- Herrn Wohlleben" vorgeschlagen. Der 1. Untersu- sterium der Finanzen entschieden habe und daran chungsausschuß hat nicht feststellen können, auf auch künftig festhalten wolle. wen der Gedanke zurückgeht, die Anträge persön- lich der Leitung des Ministeriums zu übergeben.

Zusätzlich zu den Anträgen wurde ein Begleit- 117 schreiben überreicht, in dem entsprechend einer in der Besprechung am 13. Oktober 1977 gegebenen Informationsvorlage vom 6. Dezember 1977 Anregung eine Übersicht über die bereits gestellten für den Bundeswirtschaftsminister und zu erwartenden Anträge gegeben wurde, wobei bewußt auf die Daimler-Verkaufsgewinne, nicht Auf dem erwähnten Begleitschreiben des Flick- auch auf den ebenfalls beim Flick-Konzern vorhan- Konzerns wurde, nachdem Bundeswirtschaftsmini- denen Erlös aus dem Verkauf der Maxhütte abge- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff es zur Kenntnis ge- stellt wurde. Die Anträge, die dazugehörigen Unter- nommen hatte, von Staatssekretär Dr. Otto lagen sowie das Begleitschreiben wurden auf Schlecht für Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ver- Wunsch von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am merkt: „Bitte Vorlage zur Information des Ministers folgenden Tag unmittelbar Ministerialrat Dr. Wolf- über Probleme, Aussichten und Zeitbedarf." Das Mi- gang Mühl zugeleitet. nisterbüro versah diese Verfügung mit einer Frist „6. 12." und leitete sie sodann Dr. Mühl zu. Ob die Bei der Besprechung am 24. November 1977 — die Bitte um eine Informationsvorlage auf den Minister nach Fritz Wacker „in guter Atmosphäre" verlaufen zurückging, hat sich nicht feststellen lassen. Staats- sein soll — wurde anscheinend ausführlich über die sekretär Dr. Schlecht hat vor der Staatsanwalt- Anträge und die in ihnen steckende Problematik schaft ausgesagt, daß der Minister zu keiner Zeit diskutiert. Wacker vermerkte darüber, man habe gegenüber der Fachebene auf eine Beschleunigung die Anträge erläutert und darauf hingewiesen, daß gedrängt habe. die in der Besprechung am 13. Oktober 1977 vom Schon in diesem Stadium machte sich der Flick Bundesministerium für Wirtschaft geäußerten Konzern Gedanken über die „Vorbereitung" der Be- Wünsche „wegen zusätzlicher Erläuterungen und handlung des „2. Geleitzuges" im Bundesministe- der Beantwortung offener Fragen" in die vorher rium der Finanzen. Auf eine entsprechende An- eingereichten Antragsentwürfe eingearbeitet wor- frage Eberhard von Brauchitschs vom 28. Novem- den seien. Die Antragsbegründungen seien daher ber 1977 erwiderte Fritz Wacker, er sei mit Dr. Heri- den Referaten im wesentlichen bekannt, so daß bert Blaschke so verblieben, daß dieser erst dann eine zügigere Bearbeitung möglich sein müsse. Zu „bei seinen Adressen aktiv wird", wenn die Unterla- Grace II habe er „zusätzliche Punkte" vorgetragen. gen vom Bundesministerium für Wirtschaft an das Sodann habe man das Begleitschreiben übergeben Bundesministerium der Finanzen weitergeleitet und erläutert. würden. Darin waren die Anträge der ersten beiden An- Weisungsgemäß legte Ministerialrat Dr. Wolfgang tragsblöcke zusammengestellt worden; zugleich Mühl am 6. Dezember 1977 eine von seinem Mitar- wurde dargelegt, man halte weitere Anträge in der beiter Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt entwor- Größenordnung von rd. 300 Millionen DM für mög- fene Ministervorlage zum 2. Antragsblock vor. Er lich. Im Ergebnis würden dann von dem Veräuße- gab zunächst eine Übersicht über die Anträge des 1. rungsgewinn von rd. 1,9 Milliarden DM etwa und des 2. Antragsblocks und teilte mit, es seien 1,5 Milliarden DM reinvestiert sein. Fritz Wacker noch Anträge in der Größenordnung von 300 Millio- notierte weiter, Bundesminister Dr. Otto Graf nen DM beabsichtigt, so daß rd. 1,5 Milliarden DM Lambsdorff habe sich bei diesem Gespräch — bei des 1,9 Milliarden DM betragenden Veräußerungs- „positiver Grundeinstellung" gegenüber den Inve- gewinns reinvestiert würden. Sodann machte er de- stitionsmaßnahmen — „erwartungsgemäß zurück- taillierte Bemerkungen zu den neu vorgelegten An- haltend" gegeben. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht, trägen, stellte jedoch voran, daß vor Abschluß des der sich vorher informiert habe, sehe Schwierigkei Prüfungsverfahrens eine fundierte Beurteilung Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

nicht möglich sei. Als „vorläufige Bemerkungen" Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- führte er auf: Der Antrag Buderus II könne wahr- ausschuß weisen darauf hin, daß Diehl ebenfalls scheinlich ebenso wie der Antrag Buderus I beur- unter dem 6. 12. 1977, also dem für die Minister- teilt werden, also positiv. Bei Feldmühle müßten die vorlage festgesetzten Datum, bei den „inoffiziel- wettbewerbs- und branchenpolitischen Aspekte so- len Zahlungen an die FDP" vermerkte: „vB wg. - wie im Zusammenhang mit zu befürchtenden Graf Lambsdorff 30 000". Als entsprechende , Ein- Werksstillegungen, z.B. Hillegossen, eventuelle ne- tragung am selben Tag für die CDU heißt es: „vB gative beschäftigungspolitische und regionalpoliti- wg. Kohl 30 000". An diesem Tage fand abends sche Wirkungen in die Gesamtbeurteilung einbezo- eine Veranstaltung des Arbeitskreises „Wirt- gen werden unter Einschaltung des Wirtschaftsmi- schaftspolitik" statt, an der Minister Lambsdorff nisteriums von Nordrhein-Westfalen. Zu Grace II als Referent und von Brauchitsch teilnahmen. bemerkte er, die Aufstockung des Flick-Anteils Letzterer hat erklärt, das Geld sei an den FDP stelle eine Fortsetzung und Verstärkung des positiv Bundesschatzmeister Karry gegangen. Graf beurteilten unternehmerischen Engagements dar, Lambsdorff hat den Empfang des Geldes bestrit- so daß sich „bei erster Beurteilung keine negativen ten. Die Eintragung „wg. Lambsdorff" ist Gegen- Hinweise" ergäben. Der voraussichtliche Zeitbedarf stand des Strafverfahrens vor dem Landgericht für das Bescheinigungsverfahren wurde mit rd. Bonn. 6 Monaten angegeben; hier ist auf dem Rande ein Fragezeichen angebracht. Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß Ausführlich ging der Vermerk sodann auf „politi- weisen darauf hin, daß die Spendeneintragung sche Aspekte" der Anträge ein. Vermutlich würde unter dem Namen von Dr. Otto Graf Lambsdorff die politische Diskussion um §§ 6 b EStG/4 AIG im Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe ge- durch diese Anträge wieder in Gang gesetzt wer- gen Amtsträger", berichtet worden ist. Eberhard den, insbesondere, wenn — wie in einem Pressearti- von Brauchitsch und Dr. Otto Graf Lambsdorff kel bereits vor allem im Hinblick auf Hillegossen haben Zahlung und Empfang bestritten. Zu der behauptet worden war — „Arbeitsplätze negativ be- anderen Spendeneintragung weisen die Abgeord- rührt werden". Der Vermerk machte auf die ver- neten der CDU/CSU-Fraktion und der F.D.P: schiedenen parlamentarischen Anfragen des SPD Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß darauf Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Böhme und des- hin, daß der Ausschuß nicht festgestellt hat, ob sen mehrfach publizierte Ansicht aufmerksam, es die die CDU betreffende angebliche Spende tat- müsse für die 6 b-Anträge eine Höchstgrenze einge- sächlich geleistet worden ist. Ein Zusammenhang führt werden. Inzwischen sei auf dem Hamburger zum Bescheinigungsverfahren ergibt sich in kei- SPD-Parteitag — im November 1977 — beschlossen nem Fall. worden, eine derartige Obergrenze einzuführen, bei deren Überschreitung das Parlament befaßt werden müßte, und die „Steuernachlässe" durch die Bin- 118 dung an konkretisierte struktur- und beschäfti- gungspolitische Kriterien zu beschränken. Der 6 b- Übersendung einer Kopie der Ministervorlage Bericht des Bundesministeriums der Finanzen an vom 6. Dezember 1977 an Eberhard von Brauchitsch den Finanzausschuß des Deutschen Bundestages von Anfang 1977 zu § 6 b EStG enthalte zwar keine Schon am 8. Dezember 1977 unterrichtete Ministeri- positiven oder negativen Wertungen. Die Erörte- alrat Klaus Wohlleben — wie aus handschriftlichen rung des Berichts könne aber von Abgeordneten zu Notizen Eberhard von Brauchitschs zu schließen ist gesetzlichen Initiativen für eine Einschränkung des — diesen über den wesentlichen Inhalt der Mini- § 6 b EStG genutzt werden. Der SPD-Parteitags- stervorlage, u. a. darüber, daß es bei Grace II „keine beschluß mache deutlich, daß Vorbehalte gegen den negativen Hinweise" gebe, und über die Überlegun- Entscheidungsspielraum der Exekutive im Beschei- gen zur Unterrichtung eines Obmännergremiums. nigungsverfahren bestünden; diese seien verständ- lich, da wegen des Steuergeheimnisses die Ent- Im Anschluß an dieses Gespräch übersandte Mini- scheidungsgründe nicht öffentlich dargelegt wer- sterialrat Klaus Wohlleben Eberhard von Brau- den könnten. Wenn der Flick-Konzern das Bundes- chitsch ferner eine Kopie des beim Büro der Lei- ministerium für Wirtschaft in gewisser Weise vom tung eingegangenen Exemplars dieser Ministervor- Steuergeheimnis entbinden würde, könnte z.B. in lage, heftete ihr seine Visitenkarte an und ver- einem kleinen Obmännergremium eines Bundes- merkte darauf: tagsausschusses über Einzelheiten berichtet wer- „Herrn von Brauchitsch zur persönlichen Infor- den. An dieser Selle der Vorlage ist auf dem Rande mation. Mit freundlichen Grüßen K. Wohlleben handschriftlich vermerkt: „Wenn Fl. von sich aus 8. 12." bereit." Fritz Wacker habe ihm gegenüber eine posi- tive Einstellung zu einem solchen Verfahren erken- Wohlleben hat als Zeuge vor dem 1. Untersuchungs- nen lassen; dazu schrieb Bundesminister Dr. Otto ausschuß erklärt, er wisse nicht mehr, aus welchen Graf Lambsdorff, dem die Vorlage erst am 9. De- Gründen er die Ministervorlage übersandt habe. Er zember 1977 vorgelegt wurde, handschriftlich dane- nehme an, daß es seine eigene Initiative gewesen ben: „Bedenken". Der Vermerk schließt mit dem sei; er wisse nicht, ob dies durch Dritte angeregt Vorschlag, dem Flick-Konzern solle zumindest na- worden sei, könne dies allerdings nicht ausschlie- hegelegt werden, für eine eingehendere und diffe- ßen. Er hat allerdings eingeräumt, daß die Heraus- renziertere Publizität zu sorgen. gabe derartiger interner Vorlagen an Außenste- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode hende nicht üblich sei; in diesem Zusammenhang auch von einer Ablehnung des Antrages ausging sei dies auch nur einmal vorgekommen. Er hat auch und über die Konsequenzen nachdachte. So wurde zugegeben, daß durch diese persönliche Informa- bereits damals alternativ die Beteiligung an einem tion Eberhard von Brauchitschs bei diesem der Ein- inländischen Kraftwerk erwogen, die vor allem von Dr. Hanns Arnt Vogels und Manfred Nemitz propa- druck eines besonderen Verhältnisses zwischen ih- - nen beiden habe entstehen können. giert wurde. Da aber auch Dr. Friedrich Karl Flick und auch Günter Max Paefgen großen Wert auf die Am 11. Dezember 1977 leitete von Brauchitsch die Aufstockung der Grace-Beteiligung und deren steu- Ministervorlage Fritz Wacker zu und vermerkte ei- erliche Begünstigung legten, wurden derartige Al- genhändig dazu: ternativen immer wieder zurückgestellt. „Da ist das Ding. Von der Sache her nicht schlecht. Aber das Hosenflattern von M. gefällt mir nicht. Wir sprechen wohl darüber. von Brau- 120 chitsch 11.12." Zu der Formulierung „Hosenflattern" hat von Brau- Politische und rechtliche Diskussionen chitsch vor dem 1. Untersuchungsausschuß be- um Feldmühle und Grace II merkt, es sei ein „handschriftlich hingeschmierter Die Anträge Feldmühle und Grace II führten wegen Zettel" gewesen; inhaltlich seien damit die aus der ihrer Problematik bis September 1978 zu einem leb- Ministervorlage ersichtlichen „unzulässigen politi- haften politischen und fachlichen Tauziehen zwi- schen Eingriffe in Rechtsgewährung" gemeint, die schen den beteiligten Stellen. In dem bereits er- bereits bei dem federführenden Referenten des wähnten Vermerk vom 16. Dezember 1977 hatte Bundesministeriums für Wirtschaft zu Reaktionen Fritz Wacker auch festgehalten, Ministerialrat geführt hätten. Dr. Wolfgang Mühl überlege sich, wie er „in Sachen Feldmühle" sobald wie möglich das „Riemer-Mini- sterium", also das nordrhein-westfälische Ministe- 119 rium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr, ein- schalten könne. Dr. Mühl teile seine Ansicht, daß Besorgnis im Flick-Konzern wegen Grace II dem Urteil dieses Ministeriums ein hoher Stellen- wert einzuräumen sei, „und würde einen Flanken- Trotz der Formulierung von Ministerialrat Dr. Wolf- schutz von dort sehr begrüßen". Zudem habe gang Mühl, es gebe im Falle Grace II „keine negati- Dr. Mühl Wackers Bitte, ihn rechtzeitig über eine ven Hinweise", war Eberhard von Brauchitsch und Weitergabe der Anträge an das Bundesministerium Fritz Wacker bewußt, daß hier Probleme entstehen der Finanzen zu unterrichten, positiv aufgenom- konnten, sei es wegen der verschiedentlich geäußer- men. Wacker fuhr fort: ten Kritik an Auslandsinvestitionen, sei es wegen Kooperationsschwierigkeiten. „Ich habe unsere Bereitschaft erkennen lassen, So notierte Fritz Wacker am 16. Dezember 1977, er darüber nachzudenken, wie die Anträge vor poli- habe Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl in einem tischen Angriffen aus dem Bundesfinanzministe- „recht freundlichen" Gespräch „noch einmal unsere rium und dessen Dunstkreis geschützt werden Grace-Problematik dargelegt". Dieser habe verstan- könnten." den und wolle den ganzen „Geleitzug" — jedenfalls im Bundesministerium für Wirtschaft — so gut wie Vermutlich wegen dieses Hinweises auf das Bun- möglich forcieren, ohne daß sich die beteiligten Re- desministerium der Finanzen bat Eberhard von ferate allzusehr bedrängt fühlten. Brauchitsch sofort Dr. Heribert Blaschke um Rück- sprache; das Ergebnis ist nicht bekannt. In einem Vermerk vom selben Tag für Dr. Friedrich Karl Flick und Günter Max Paefgen hielt Fritz Wenige Tage vorher vermerkte Eberhard von Brau- Wacker zugleich fest: chitsch — nach Gesprächen mit dem SPD-Bun- destagsabgeordneten Konrad Porzner sowie mit „Es ist nicht sicher, ob die Spitzen der beiden in Manfred Nemitz — , Porzner bemühe sich um ein erster Linie beteiligten Behörden sich stark ge- Dreiertreffen mit Dr. Rolf Böhme, dem damali- nug fühlen, eine Entscheidung für Grace politisch gen Hauptkritiker der §§ 6 b EStG/4 AIG und der verkraften zu können." Flick-Anträge. Für ein für den 20. Dezember 1977 Darüber hinaus ergaben sich Schwierigkeiten, den geplantes, aber nicht zustande gekommenes Ge- Grace-Anteil im vorgesehenen Umfang — also auf spräch von Dr. Friedrich Karl Flick mit dem nord- über 25 % — zu erhöhen; vorsorglich wurden daher rhein-westfälischen Wirtschaftsminister Dr. Horst bereits fünf alternative US-Beteiligungsprojekte Ludwig Riemer wies Fritz Wacker darauf hin, daß ausgewählt, die als „Schubladen-Projekte" im Falle das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium einer ablehnenden Grace II-Entscheidung präsen- den Feldmühle-Projektteil „Hagen-Kabel" für förde- rungswürdig im Sinne der Richtlinien für eine re- tiert werden könnten. gionale Wirtschaftsförderung des Landes Nord- Wie unsicher man die Aussichten für die § 4 AIG rhein-Westfalen halte; dies sei für den Antrag be- Bescheinigung im Falle Grace II einschätzte, zeigt treffend Feldmühle insofern von Bedeutung, als es sich daran, daß Fritz Wacker innerhalb weniger Wo- zeige, daß das Ministerium dieses Investitionsvor- chen in zwei Vermerken je von einer Annahme wie haben grundsätzlich positiv beurteile. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Im Bundesministerium für Wirtschaft gab es wei- schon jetzt einzuschalten. Dr. Mühl messe — wie er terhin die Sorge, daß durch Bestrebungen innerhalb selbst — dem Urteil dieses Ministeriums beim Feld- der SPD-Bundestagsfraktion der § 6 b EStG einge- mühle-Antrag einen hohen Stellenwert bei und schränkt werden könnte. So berichtete Ministerial- habe zugesagt, die Unterlagen aus diesem Grunde rat Dr. Wolfgang Mühl in einer von seinem Mitar- schon in der nächsten Woche nach Düsseldorf zu beiter Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt bear- schicken. Es- empfehle sich, „Herrn Dr. Riemer zu beiteten Ministervorlage vom 29. Dezember 1977 bitten, die Unterlagen in seinem Hause nach deren über die Beschlüsse des Hamburger SPD-Parteita- Eingang in der nächsten Woche mit Vorrang bear- ges vom November 1977 zur Steuerpolitik. Unter beiten zu lassen." anderem sei eine „einschränkende Konkretisierung von § 6 b EStG" beschlossen worden und die Festle- Zu der Einschaltung des nordrhein-westfälischen gung einer Obergrenze geplant. „An die Stelle der Wirtschaftsministers schon in unmittelbarer Folge- fachlichen Prüfung soll eine politische Entschei- zeit kam es jedoch nicht. Nach einer Notiz seines dung des Parlaments treten." Diese „Vermischung Büros vom 23. Januar 1978 war von Eberhard von von Legislative und Exekutive" stehe in einem ge- Brauchitsch zwar beabsichtigt, an diesem Tage mit wissen Widerspruch zu der Forderung, den Ent- Minister Dr. Horst-Ludwig Riemer „w/ 6 b — § 4" zu scheidungsspielraum durch die Festlegung „kon- telefonieren; ob es dazu kam, hat jedoch nicht fest- kretisierter Struktur- und beschäftigungspolitischer gestellt werden können. Jedenfalls ist aufgrund ei- Kriterien" einzuschränken. Diese Festlegung lasse ner späteren, wahrscheinlich von Fritz Wacker zudem außer acht, daß sich die Förderungsmöglich- stammenden Notiz vom 7. Februar 1978 für von keit aus der Beziehung des Einzelfalls zu der je- Brauchitsch sowie der Aussage Ministerialrat Dr. weils gegebenen Situation des Wirtschaftszweiges Wolfgang Willis, daß er keine weiteren Kontakte und der Volkswirtschaft ergebe. Zudem sei § 6 b mit dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsmini- EStG auch für mittelständische Unternehmen von sterium im Zusammenhang mit dem Feldmühle erheblicher Bedeutung. Antrag gehabt habe, von der Richtigkeit der Akten des Steuerreferats des Bundesministeriums für Wirtschaft auszugehen, aus denen sich ergibt, daß erst im September 1978 die Stellungnahme des 121 nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums eingeholt wurde. Weitere Kontakte des Flick-Konzerns zum Bundeswirtschaftsministerium 122 Fritz Wacker hielt in einem Vermerk für Eberhard von Brauchitsch vom 11. Januar 1978 fest, man Die Stellungnahme des Bundeskartellamtes müsse sich zur Vorbereitung eines Gespräches mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht über das Feldmüh- Am 25. Januar 1978 gingen beim Bundesministe- le-Projekt unterhalten, und meinte dazu: „Die Dinge rium für Wirtschaft die Stellungnahmen des Bun- laufen nicht gut." deskartellamtes zum 2. Antragsblock ein. Die ver- schiedenen Vorhaben bei Buderus II wurden darin Der Kontakt zu Staatssekretär Dr. Otto Schlecht überwiegend als wettbewerblich unbedenklich bzw. wurde auch von Eberhard von Brauchitsch für positiv angesehen; zum Teil wurden allerdings noch wichtig gehalten, wie sich u. a. aus einer Notiz vom ergänzende Angaben der Antragstellerin für erfor- 12. Januar 1978 ergibt. Darin schrieb er Dr. Fried- derlich gehalten. rich Karl Flick, Staatssekretär Dr. Schlecht komme auch wegen des „Wachwechsels im Bundeswirt- Dagegen wurde eine öffentliche Förderung des schaftsministerium ... in unseren Angelegenheiten Feldmühle-Vorhabens — soweit es die Produktion zunehmende Bedeutung zu". Er empfehle daher, von gestrichenen graphischen Papieren betraf — Staatssekretär Dr. Schlecht im Mai 1978 vor dem unter wettbewerblichen Gesichtspunkten als be- sog. Münchner Kreis — einer Zusammenkunft des denklich bewertet, weil es zu einer überragenden Flick-Konzerns mit Vertretern der Tochterunter- Marktstellung von Feldmühle führe; im übrigen — nehmen, aber auch Ministern und Staatssekretären soweit der Ausbau der Feldmühle-Aktivitäten bei — referieren zu lassen, nachdem ein Termin im selbstdurchschreibenden Papieren geplant war — Herbst 1977 wegen der Schleyer-Entführung aus Si- wurde das Vorhaben als wettbewerblich insgesamt cherheitsgründen ausgefallen war. positiv beurteilt. Zu Grace II sah das Bundeskartell- amt mit Rücksicht auf die ohnehin noch vorzuneh- Am 19. Januar 1978 erfuhr Fritz Wacker von Mini- mende wettbewerbliche Prüfung nach § 24 Abs. 1 sterialrat Dr. Wolfgang Mühl, es sei damit zu rech- GWB (Fusionskontrolle) zunächst von einer Stel- nen, daß die Stellungnahmen der Referate des Bun- lungnahme ab. Es hatte dem Flick-Konzern bereits desministeriums für Wirtschaft zu allen Anträgen mit Schreiben vom 18. Januar 1978 die Anmeldung bis spätestens Mitte Februar vorlägen. Für Eber- des beabsichtigten Vorhabens nach § 24 a Abs. 1 hard von Brauchitsch notierte er, auch dieses Ge- GWB empfohlen. spräch mit Dr. Mühl habe gezeigt, „wie schwer dem BMWi eine eigenständige Beurteilung" des Feld- Im Hause Flick war man überrascht darüber, daß mühle-Antrages falle. Er sei deshalb auf seine be- das Bundeskartellamt ein Fusionskontrollverfah- reits im Dezember 1977 gegebene Anregung zurück- ren bei der beabsichtigten Aufstockung der Grace gekommen, das nordrhein-westfälische Wirtschafts- Beteiligung für erforderlich hielt. Fritz Wacker und ministerium abweichend von der bisherigen Übung Dr. Axel Schmidt-Hern sprachen deshalb am 2. Fe- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode bruar 1978 beim Bundeskartellamt vor, anschei- Antragsstellerin und DN bestehen bleibt, nend ohne Erfolg. In einer wahrscheinlich von Wak- und/oder ker am 7. Februar 1978 angefertigten Notiz mit Stichworten für ein in Aussicht genommenes Ge- — die Erteilung der Bescheinigung erfolgt un- ter der Auflage, daß von den VR-Sitzen der spräch Eberhard von Brauchitschs mit Staatssekre- - tär Dr. Otto Schlecht finden sich Überlegungen und Fa. Flick bei Grace mindestens zwei 10 Fragen, wie man die insbesondere wegen des be- Jahre lang mit Angehörigen der Fa. DN be- fürchteten Zeitverlustes bei einem Verfahren nach setzt werden und/oder § 24 a GWB „schwierige Situation" lösen könne. — die Erteilung der Bescheinigung erfolgt un- Eberhard von Brauchitsch notierte einen Tag spä- ter der Auflage, daß die Antragstellerin dem ter für Dr. Friedrich Karl Flick, man habe mit die- Bundesminister für Wirtschaft bis zum Ab- sem „Schuß aus dem Hinterhalt" nicht rechnen kön- lauf von 5 Jahren nach Erteilung der Be- nen. Die für § 6 b EStG zuständige Beschlußabtei- scheinigung jährlich einen Fortschrittsbe- lung des Bundeskartellamtes kenne seit 1976 den richt über die Zusammenarbeit der Firmen Vorgang Grace und die erklärte Absicht, diese Be- Dynamit Nobel und Grace vorlegt." teiligung auf eine Schachtel aufzustocken; der sich Außerdem wurde vorgeschlagen, vor Genehmigung daraus ergebende Vertrauensschutz gelte ge- des Antrages bei der Antragstellerin anzufragen: genüber dem ganzen Bundeskartellamt einschließ- lich der für die kartellrechtliche Prüfung des Zu- „— ob ihr Stimmgewicht auf der Aktionärsver- sammenschlusses zuständigen Beschlußabteilung. sammlung den Beteiligungsverhältnissen Wahrscheinlich werde er empfehlen, einen Antrag entspricht oder ob es durch Vorzugsaktien nach § 24 a GWB zu stellen, andererseits aber den mit Mehrfachstimmrecht oder ähnlichen Bundesminister für Wirtschaft und den Präsidenten Vorkehrungen beeinträchtigt ist und des Bundeskartellamtes darauf aufmerksam zu ma- chen, daß eine Schädigung durch Verletzung des — ob Protokolle über die im Antrag erwähnten Vertrauensschutzes nicht hingenommen werde. Zusammenkünfte zwischen Vertretern der Nach einem Gespräch mit Staatssekretär Dr. Otto Fa. Grace und der Antragstellerin eingese- Schlecht am 16. Februar 1978 notierte von Brau- hen werden können." chitsch: Die Stellungnahme schloß mit dem Vorbehalt einer ,,... 1. Schlecht hat der Kartellabteilung eine Wei- Änderung nach Eingang der Antworten des Flick sung dahin gehend erteilt, daß die Stellungnahme Konzerns. des BKA zu unserem zweiten Geleitzug 6b/4 zu erfolgen habe ohne Rücksicht auf unseren Antrag nach § 25a wegen „Zusammenschluß" Grace. Bei 124 dieser Betrachtung könne davon ausgegangen werden, daß eine Zeitverzögerung wegen des Zu- Der Flick-Konzern und der Wechsel im Amt des sammenschluß-Antrages nicht entsteht ..." Bundesfinanzministers Aus der bereits erwähnten, wahrscheinlich von Fritz Wacker verfaßten Notiz vom 7. Februar 1978 123 mit Stichworten für ein in Aussicht genommenes Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Staatsse- Die Stellungnahme des Referats Industriestruktur kretär Dr. Otto Schlecht ergibt sich, daß man es zum Grace II-Antrag damals im Hause Flick für zweckmäßig hielt, den Staatssekretär im Bundesministerium für Wirt- Im Bundesministerium für Wirtschaft war nach schaft davon zu unterrichten, daß beim Feldmühle Eingang der Stellungnahme des Bundeskartellam- Vorhaben seitens der IG Chemie-Papier-Keramik tes vom 24. Januar 1978 die Prüfung des Antrages keine für das gesamte Projekt negative Stellung- betreffend Grace II fortgeführt worden. Am 2. Fe- nahme zu erwarten sei, zumal die Arbeitnehmer- bruar 1978 gab der Leiter des Referates Industrie- vertreter und Betriebsräte der Feldmühle — mit struktur eine Stellungnahme ab, in der die Ertei- Ausnahme der Hillegossener Betriebsräte — voll lung einer Bescheinigung nach § 4 AIG grundsätz- hinter dem Vorhaben stünden. lich befürwortet wurde, mit Rücksicht auf den „bis- lang schwachen Erfolg der 12 %-Beteiligung für DN Außerdem war als Gesprächsthema die Frage nach und (die) weiter erforderlichen hierauf gerichteten Auswirkungen der bevorstehenden — am 16. Fe- schwierigen und langwierigen Anstrengungen so- bruar 1978 erfolgenden — Ablösung Dr. Hans Apels wie aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des als Bundesminister der Finanzen durch Hans Matt- Vorgangs", jedoch nur unter folgenden Bedingun- höfer und des Parlamentarischen Staatssekretärs gen und Auflagen: Rainer Offergeld durch den Bundestagsabgeordne- ten Dr. Rolf Böhme auf die Steuerbescheinigungs- „— Die Erteilung der Bescheinigung erfolgt un- verfahren vorgesehen. Diese Frage stand — neben ter der Bedingung, daß die Beteiligung vor den seit etwa Mitte Februar 1978 laufenden Ver- Ablauf von 10 Jahren nicht unter ein Viertel handlungen wegen des Erwerbs von Anteilen an absinkt, auch wenn die Antragsstellerin eine der Versicherungsholding der Deutschen Industrie Veränderung nicht zu vertreten hat und daß GmbH (VHDI) — in den nächsten Wochen im Flick gleichzeitig die Verbindung zwischen der Konzern im Mittelpunkt des Interesses. Eberhard Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 von Brauchitsch informierte Dr. Friedrich Karl der Abgeordnete Dr. Rolf Böhme sei anläßlich der Flick mit Notiz vom 8. Februar 1978 über die Kabi- Behandlung seiner Kandidatur im Fraktionsvor- nettsänderung in Bonn, die für den Flick-Konzern stand der SPD auf den „Zwang zur Neutralität" in im ganzen, insbesondere aber in zwei Bereichen, seinem neuen Amt hingewiesen worden. Herbert nachteilig sei. Im Verteidigungsministerium werde Wehner und Konrad Porzner hätten ihn konkret Dr. Apel mehr als bisher im Beschaffungswesen die auf seinen „Privatkriegsschauplatz Flick" hingewie- „norddeutsche Partie" spielen; hierzu bemerkte von sen und die Erwartung ausgesprochen, daß er die Brauchitsch: „Wir werden sehr bald wieder auf den grundsätzlich wohlwollende Position der Koalition uns bekannten Kanälen tätig werden müssen, um im Verhältnis zu „Flick/6 b" respektiere. Das habe Unheil zu vermeiden." Dr. Rolf Böhme zugesagt. Eberhard von Brau- chitsch betonte, seine Quelle sei zuverlässig, und Zu den bevorstehenden Veränderungen im Bundes- fügte hinzu: finanzministerium schrieb er: „Wir werden jetzt zu beobachten haben, wie sich „Die Besetzung des Finanzministeriums durch Böhme verhält. Ich werde auf meinem Wege Matthöfer ist an sich schon eine starke Bela- Nachricht in den Fraktionsvorstand der SPD ge- stung. Matthöfer ist links und sachunkundig. Au- ben, wenn unser 2. Geleitzug vom Bundeswirt- ßerdem ist er stark gewerkschaftsabhängig. schaftsministerium zum Bundesfinanzministe- Zwangsläufig bekommt die Staatssekretär-Ebene rium abgeht." bei dieser Konstellation mehr Bewegungsspiel- raum. Ob Eberhard von Brauchitsch diese Informationen Wie ich soeben höre, ist beabsichtigt, den uns hin- über die Fraktionsvorstandssitzung der SPD von reichend bekannten (um nicht zu sagen, den ,be- Dr. Walter Schmitz, der für den gleichen Tag wei- rüchtigten`) Dr. Rolf Böhme zum Staatssekretär tere Mitteilungen angekündigt hatte, oder von Gün- als Nachfolger von Offergeld zu machen. Wenn ter Markscheffel, der nach seiner Aussage aller- das stattfindet, werden wir ganz erhebliche dings niemals an den Fraktionvorstandssitzungen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit 6 b/4 ha- der SPD teilnahm, oder von Dritten erhielt, ist offen ben. Böhme hat seit unserer Daimler-Benz-Trans- geblieben. Ebensowenig hat festgestellt werden aktion ständig zum Ausdruck gebracht, daß er die können, ob der Bericht über die Fraktionsvor- Anwendung des 6 b/4 in unserem Fall für volks- standssitzung zutreffend war. Dr. Rolf Böhme hat wirtschaftlich falsch und steuerlich ungerecht als Zeuge ausgesagt, er sei von Herbert Wehner und hält. Konrad Porzner weder im Fraktionsvorstand noch unter vier Augen auf das Erfordernis der Neutrali- Gott sei Dank haben wir stets Gespräche mit tät im Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs Böhme gesucht, um ihn ein wenig anzubinden. hingewiesen worden. Er habe sich mit Porzner zwar Mindestens kenne ich ihn persönlich inzwischen über die richtige Anwendung des § 6 b EStG unter- so gut, daß ich ihn ggfs. besuchen kann, wenn wir halten; dieser habe ihm dabei aber auch keinen kol- aus der Administration hören, daß Böhme unsere legialen Rat, wie er sich in seinem neuen Amt ver- Anträge blockiert. Wenn der Begriff der ,Befan- halten sollte, gegeben. Mit Herbert Wehner habe er genheit` gilt, dann in diesem Fall. Ich würde auch, im übrigen auch nicht über eine grundsätzlich die Tatsache, daß ich jetzt jederzeit beim Bundes- wohlwollende Position der Koalition im Verhältnis kanzler Zugang habe, ausnutzen, wenn ich spü- zu Flick bzw. § 6 b EStG gesprochen. ren sollte, daß Böhme in seinem neuen Amt Miß- brauch treibt, um seine Lieblingsidee ,kontra Möglicherweise ebenfalls im Zusammenhang mit Flick' durchzusetzen." seinen Befürchtungen wegen der bevorstehenden personellen Veränderungen im Bundesministerium Einen Tag später berichtete der Leiter des Bonner der Finanzen schrieb Eberhard von Brauchitsch am Büros des Flick-Konzerns, Dr. Walter Schmitz, dem 10. Februar 1978 an Günter Markscheffel, er würde Büro Eberhard von Brauchitschs, Nachfolger des gern den SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jür- bisherigen Staatssekretärs im Bundesministerium gen Junghans — damals wirtschaftspolitischer der Finanzen, Dr. Joachim Hiehle, werde mit an Sprecher der SPD-Fraktion — kennenlernen. Mark- Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der da- scheffel seinerseits hatte von Brauchitsch einige malige Abteilungsleiter Dr. Günter Obert; innerhalb Tage vorher vorgeschlagen, ihm einen derartigen des Bundesministeriums der Finanzen werde sich Brief zu schreiben, eine Empfehlung, die er im Juni eine Aufgabenteilung zwischen dem Staatssekretär 1978 wiederholte. Dr. Günter Obert — Schwergewicht Haushalt — und dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Der Wechsel an der Spitze des Bundesministeriums Rolf Böhme — Schwergewicht Steuerpolitik — er- der Finanzen kam auch in Gesprächen, die Eber- geben. hard von Brauchitsch am 15. Februar 1978 mit Dr. Otto Graf Lambsdorff und am 13. und 16. Februar 125 1978 mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wegen des VHDI-Vorhabens führte, zur Sprache. Bericht Eberhard von Brauchitschs über eine Sitzung des Vorstandes der SPD-Bundestagsfraktion Aus seinem Gespräch mit dem Bundesminister für Wirtschaft hielt von Brauchitsch u. a. fest, Dr. Otto Eberhard von Brauchitsch teilte am selben Tage, Graf Lambsdorff sei „bereit, uns im Nachbarhaus dem 9. Februar 1978, Dr. Friedrich Karl Flick mit, die Türen zu öffnen ...". Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Nach dem Gespräch am 16. Februar 1978 notierte bei der Aussprache aber keine herausragende An- er, er habe den Eindruck, daß Staatssekretär Dr. gelegenheit gewesen; es sei auch nicht konkret über Otto Schlecht im Gegensatz zum bisherigen Verfah- einzelne Anträge des Flick-Konzerns gesprochen ren nach § 6 b EStG große Sorge habe, in die politi- worden. Vielmehr habe man sich generell über schen Entscheidungsprozesse des Nachbarhauses Loyalität ausgetauscht, wobei auch § 6 b EStG ge- einbezogen zu werden. Man scheine sich im Bun- nannt worden sei, der von der Loyalität natürlich desministerium für Wirtschaft sowohl im Verhält- mit umfaßt werde. nis zu Bundesminister Hans Matthöfer als auch im Verhältnis zu Dr. Rolf Böhme „warm anzuziehen". Eberhard von Brauchitsch übermittelte dem Parla- mentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme einige Am 14. Februar 1978 hatte Dr. Walter Schmitz vom Tage nach dessen Berufung zum Parlamentari- Bonner Büro des Flick-Konzerns nach Düsseldorf schen Staatssekretär schriftlich seine Glückwün- berichtet: Nachdem man sich inzwischen auch in sche. Er fügte den bereits erwähnten Artikel „Kein F.D.P.-Kreisen damit abgefunden habe, daß Dr. Rolf neuer Fall Flick" aus der „Wirtschaftswoche" vom Böhme Parlamentarischer Staatssekretär im Bun- 17. Februar 1978 bei. Dort war berichtet worden, die desministerium der Finanzen werde, dränge die Flick-Erben hätten sich über 1 Milliarde DM aus- Fachabteilung im Bundesministerium für Wirt- zahlen lassen, diese als Rückstellung für Wiederan- schaft darauf, daß alle vorliegenden 6 b-Anträge des lagen deklariert und seien so zunächst von der Ein- Hauses Flick „möglichst gestern" entschieden wür- kommensteuer verschont geblieben; auch deshalb den, damit nicht durch das „Gespann Matthöfer/ wolle Dr. Böhme bei § 6 b EStG eine Höchstgrenze Böhme" Schwierigkeiten aufträten. Außerdem einführen. Von Brauchitsch bemerkte hierzu, abge- wollte Dr. Walter Schmitz erfahren haben, daß die sehen von der Unrichtigkeit des Berichts über das Gutachten der „Fachabteilungen" mit uneinge- Ausscheiden der Gesellschafter hoffe er, daß dieser schränkt positivem Votum an Ministerialrat Dr. Beitrag einen unrichtigen Hinweis auf Dr. Böhmes Wolfgang Mühl abgegangen seien. Tätigkeit in seiner neuen Position gebe. Nachdem von Brauchitsch in einem weiteren Brief vom 1. März 1978 auf die unfreundliche Kommentierung 126 der Amtsübernahme Dr. Böhmes im Platow-Brief hingewiesen hatte, bedankte sich Dr. Böhme am Amtsantritt von Bundesminister Hans Matthöfer 3. März 1978 für die Glückwünsche zu seiner Ernen- und des Parlamentarischen Staatssekretärs nung und fügte hinzu: Dr. Rolf Böhme „Das neue Amt gibt sicher Einflußmöglichkeiten, Im Anschluß an die Ernennung von Hans Matthö- legt aber auch Beschränkungen gegenüber mei- fer zum Bundesminister der Finanzen und von Dr. ner bisherigen Tätigkeit als Abgeordneter auf. Rolf Böhme zum Parlamentarischen Staatssekretär Diese Amtspflichten werde ich strikt einhalten." beim Bundesminister der Finanzen am 16. Februar 1978 fand zwischen beiden eine Aussprache statt, in Als Zeuge hat Dr. Rolf Böhme hierzu bei seiner Ver- der über die künftige gemeinsame Amtsführung ge- nehmung erklärt, Hintergrund des an sich selbst- sprochen wurde. Ob das bereits am 16. Februar 1978 verständlichen Hinweises, er werde seine Amts- war oder erst an einem der folgenden Tage, nach- pflichten einhalten, seien die damals in der Presse dem die „Wirtschaftswoche" am 17. Februar berich- erhobenen Vorwürfe gewesen, er habe in der Ver- tet hatte, Dr. Böhme wolle als neuer Parlamentari- gangenheit durch seine zu § 6 b EStG vertretene scher Staatssekretär eine Höchstgrenze bei § 6 b Auffassung Rechtsbruch betrieben und werde jetzt EStG durchsetzen, durch die ein neuer Flick-Fall im Ministerium seine Amtspflichten verletzen. Aus- künftig verhindert werde, hat nicht aufgeklärt wer- weislich handschriftlicher Verfügung machte Eber- den können. hard von Brauchitsch Kopien dieses Briefes vom 3. März 1978 Dr. Friedrich Karl Flick, Günter Max Nicht aufklärbar ist auch gewesen, von wem bei der Paefgen, Fritz Wacker, Dr. Heribert Blaschke und Aussprache § 6 b EStG angesprochen worden ist Günter Markscheffel zugänglich. und welchen Stellenwert die Frage bei der Ausspra- che gehabt hat. Nach der Aussage von Hans Matt- Auf einer davon, die handschriftlich für „Herrn von höfer als Zeuge sprach Dr. Rolf Böhme § 6 b EStG Brauchitsch" adressiert ist, findet sich folgender, an und sagte, der „einzige Punkt", bei dem es über- von Günter Markscheffel stammender Zusatz vom haupt Ärger geben könne, sei § 6 b EStG und Flick; 8. März 1978: er werde aber loyal seine neuen Pflichten erfüllen. „In einem anderen Zusammenhang hat Dr. B. Daraufhin habe man sich relativ schnell und leicht jetzt in der Fraktion zu seinen bisherigen Freun- darauf geeinigt: „1. Gesetze sind zu beachten, 2. ver- den gesagt, er werde sich streng an die gültigen suchen wir doch, sie zu ändern." Dr. Rolf Böhme hat Gesetze halten. Das ist wohl deutlich genug." als Zeuge bei seiner Vernehmung zunächst ver- neint, daß speziell über den Fall Flick gesprochen Dr. Rolf Böhme hat hierzu bei seiner Vernehmung wurde und daß er von sich aus § 6 b EStG als den erklärt, eine derartige Erklärung in der Fraktion einzigen Punkt angesprochen habe, bei dem es zu habe es nicht gegeben. Er habe damals weder mit kontroversen Meinungen kommen könne; es habe Günter Markscheffel noch mit Freunden eine Dis- auch andere Punkte gegeben. Später hat er aller- kussion über einen von ihm vorzunehmenden dings bestätigt, daß darüber gesprochen worden sei, „Kurswechsel" geführt. Es sei aber selbstverständ- und nicht mehr ausgeschlossen, daß er selbst § 6 b lich gewesen, daß ein Staatssekretär loyal sein EStG angesprochen habe. Die Frage „6 b/Flick" sei müsse. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

127 spräche zu führen, weil er die größeren Kenntnisse bei den speziellen Wettbewerbsfragen und auch den Besprechung Fritz Wackers mit Ministerialrat unmittelbaren Kontakt zum Bundeskartellamt ge- Dr. Wolfgang Mühl am 17. Februar 1978 habt habe. Am 17. Februar 1978 besprachen Ministerialrat Dr. Wacker erfuhr- nach seiner Gesprächsnotiz von Dr. Wolfgang Mühl und Fritz Wacker den Stand der Mühl weiter, „auch das Referat Industriestruktur Bearbeitung der Anträge des 2. Antragsblocks; (Regierungsdirektor Dr. Robert Wandel) scheint Wacker unterrichtete seinen Gesprächpartner bei sich zur Zeit außerstande zu sehen, in Sachen dieser Gelegenheit auch erstmals über das neue Grace eine positive Stellungnahme abzugeben". Es Vorhaben VHDI. Beide fertigten über das Gespräch wünsche zusätzliche Informationen zu folgenden Vermerke an. Fragen: Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl übersandte „— Wie wird sich das personelle Engagement seinen Vermerk, der die Gesprächsgegenstände des Hauses Flick bei Grace entwickeln? Ge- Grace II und VHDI betraf, an die übrigen beteilig- wicht im Board, in der Hauptversammlung ten Referate im Bundesministerium für Wirtschaft; — jetzt und in der Zukunft? von Wackers Vermerk für Dr. Friedrich Karl Flick erhielten Eberhard von Brauchitsch, Günter Max — Wodurch wird der unternehmerische Ein- Paefgen, Dr. Hanns Arnt Vogels und Dr. Reinhold fluß des Hauses Flick bei Grace abgesi- Kreile eine Kopie. chert?

Fritz Wacker hielt in seiner Gesprächsnotiz zu- Wie- entwickelt sich der Austausch von nächst zu Feldmühle fest, das Papierreferat sehe Know-how nach beiden Richtungen? Was ist ebenso wie das Bundeskartellamt, dessen Stellung- bisher passiert, was wird passieren, welche nahme Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl selbst Absicherungen gibt es?" noch nicht gelesen habe, noch Probleme im Bereich der graphischen Papiere. Es sei damit zu rechnen, Diese Fragen entsprechen inhaltlich im wesentli- daß man seitens des Bundesministeriums für Wirt- chen den Fragen, Bedingungen und Auflagen, die schaft demnächst mit neuen Fragen komme. Regierungsdirektor Dr. Robert Wandel in seiner Stellungnahme vom 2. Februar 1978 zu Grace II nie- Bei Grace II wolle das Wettbewerbsreferat, das dergelegt hatte. Fritz Wacker bemerkte in seiner auch im Verfahren nach § 24 a GWB mitwirke, tiefer Notiz zu diesen Fragen, was dazu schriftlich gesagt in die sich aus der Verbindung Flick/Grace erge- werden könne, sei bereits in den Schriftsätzen ge- benden Wettbewerbsfragen eindringen und fordere sagt, und fuhr fort: über Dr. Mühl zusätzliche Informationen zu einer Reihe von Fragen. Mit diesem sei abgesprochen, daß er — abweichend von der bisherigen Übung — „Nach meiner Meinung können wir die bei Dr. deshalb mit dem Leiter des Wettbewerbsreferates Wandel bestehenden Lücken und sein offenkun- unmittelbar Verbindung aufnehme. diges Unbehagen über die — zwangsläufige — Schwäche unserer Beweisführung — abweichend Die einzelnen Fragen, zu denen aus wettbewerbli- von der bisherigen Praxis — nur in einem persön- cher Sicht noch ergänzende Angaben erforderlich lichen Gespräch zu beseitigen versuchen." waren, wurden in gleicher Weise in Dr. Mühls Ge- sprächsvermerk aufgeführt, in dem zusätzlich noch Auch hiermit habe sich Ministerialrat Dr. Wolfgang festgehalten wurde, die ergänzenden Angaben Mühl einverstanden erklärt. Dieser hielt in seinem seien unter Hinweis auf die bei einer Beanspru- Vermerk nur fest, er habe Wacker um zusätzliche chung von Steuervergünstigungen bestehende Mit- Angaben zur technologischen Zusammenarbeit ge- wirkungspflicht des Antragstellers erbeten wor- beten; dieser habe auf die Frage nach dem Stim- den. mengewicht von Flick in der Grace-Aktionärsver- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat bei seiner sammlung geantwortet, außer dem Flick-Konzern Vernehmung bestätigt, diesen Hinweis damals ge- seien nur kleine Streubesitzer mit Renditeinteresse geben zu haben, weil Fritz Wacker etwas gezögert beteiligt, so daß der Flick-Konzern entscheidenden habe, weitere Unterlagen vorzulegen. unternehmerischen Einfluß über die amerikani- schen Vertrauensleute in den Committees, außer- In Dr. Mühls Vermerk ist allerdings — im Gegen- dem über drei offizielle Sitze im Board ausüben satz zu Fritz Wackers Notiz — von einer Absprache, könne. wonach Wacker unmittelbar mit dem Leiter des Wettbewerbsreferates Kontakt aufnehmen sollte, Zu den Auswirkungen des Amtsantritts des Parla- nicht die Rede; statt dessen heißt es nur, Dr. Mühl mentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme ver- habe Wacker erklärt, die beizubringenden Unterla- merkte Fritz Wacker: gen würden dem Wettbewerbsreferat zur Verfü- gung gestellt werden. „Es besteht kein Zweifel, daß das bisher schon vorhanden gewesene Bestreben der Referate um Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat bei seiner hieb- und stichfeste Stellungnahmen zur Sache Vernehmung jedoch selbst darauf hingewiesen, daß und des Dr. Mühl um möglichst ,wasserdichte` er es damals dem Leiter des Wettbewerbsreferates Begründungen verstärkt worden ist, seitdem man überlassen habe, unmittelbar mit Fritz Wacker Ge weiß, daß Dr. Böhme als neuer Parlamentarischer Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Ein- treten werde". Beide hätten, wenn auch vorsichtig, blick in alle Unterlagen erhält. Wir müssen daher gemeint, auch ein Parlamentarischer Staatssekre- überlegen, wie man dem Bundeswirtschaftsmini- tär könne nicht über ein Votum der Steuerabtei- sterium die Furcht vor dem Bundesfinanzmini- lung, wenn es positiv ausfalle, hinweggehen; das sterium nehmen kann." positive Votum des Bundesministeriums der Finan- zen hänge allerdings- nach wie vor von der Vorlage Bei Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl habe er damit des Bundesministeriums für Wirtschaft ab. Im übri- bei dem Gespräch schon begonnen. Das genüge gen seien die beiden Beamten, soweit sie sich ohne aber nicht, bemerkte Wacker weiter, und fuhr dann Aktenstudium noch an Grace I erinnerten, der Mei- fort: nung gewesen, man sei bei der positiven Stellung- „Es wäre nützlich, wenn wir so bald wie möglich nahme dazu von einer Erhöhung der Beteiligung bewirken könnten, daß das Bundesfinanzministe- ausgegangen; wenn diese jetzt erfolge, werde sie rium dem Bundeswirtschaftsministerium einen beim Bundesministerium der Finanzen sicherlich Fingerzeig zukommen läßt im Sinne von ,Nun nicht Anlaß zu Bedenken geben. kommt mal über mit den Anträgen; an deren Be- arbeitung im Finanzministerium ändert sich im 129 Vergleich zu früher nichts`." Wenn nicht etwas Ähnliches geschehe, sei zu be- Bericht von Manfred Nemitz über Gespräche mit dem fürchten, daß man im Bundesministerium für Wirt- Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme schaft im Falle Grace immer neue Fragen erfinde, und dessen Vorgänger Rainer Offergeld um sich vor der Entscheidung zu drücken. Diese Einige Tage nach der Ernennung von Dr. Rolf Grundhaltung sei wegen der öffentlichen Kritik bei Böhme zum Parlamentarischen Staatssekretär be- Grace I und wegen der Größenordnung bei Grace II richtete Manfred Nemitz in einer Notiz an Eber- ohnehin zu erwarten gewesen; sie habe sich jetzt hard von Brauchitsch über Gespräche mit diesem aber erheblich versteift. sowie dessen Vorgänger Rainer Offergeld, dem da- Zu diesen Ausführungen hat Fritz Wacker bei sei- maligen Bundesminister für wirtschaftliche Zusam- ner Vernehmung erklärt, die Anforderungen des menarbeit, und bat in diesem Zusammenhang um Bundesministeriums für Wirtschaft seien von An- ein Abstimmungsgespräch. fang an hoch gewesen. Manchmal sei man weit Ausweislich eines von ihm gefertigten Vermerks über das hinaus gegangen, was habe beantwortet vom 23. Februar 1978 traf Nemitz am 21. Februar werden können; sein Eindruck sei es gewesen, daß 1978 anläßlich einer Veranstaltung des Arbeitskrei- dies auf die Personalveränderung im Bundesmini- ses „Wirtschaftspolitik" mit Rainer Offergeld zu- sterium der Finanzen hätte zurückzuführen sein sammen; er habe ihm diskret angedeutet, es sei können. Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat sehr schlecht, „wenn die von ihm mitverantwortete hierzu ausgesagt, Wacker habe ihm damals den Entscheidung zum 1. Antragsblock möglicherweise Vorwurf machen wollen, er weiche von der bisheri- aus ideologischer Sicht von seinem Nachfolger im gen Bescheinigungspraxis des Bundesministeriums Bundesministerium der Finanzen revidiert würde. für Wirtschaft ab und fordere nun mehr als allge- Eine solche Änderung der Politik gegenüber dem mein üblich. Hause Flick ginge zu Lasten des neuen Bundesmi- nisters; dies könne nicht in Rainer Offergelds Inter- esse liegen." Offergeld habe dem zugestimmt und 128 wolle sich bemühen, den bisherigen Kurs beizube- halten. Bericht von Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile über Gespräche mit Beamten des Bundesministeriums der Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht aufklären Finanzen können, ob ein Gespräch dieses Inhalts stattfand. Rainer Offergeld hat es als Zeuge zwar für möglich Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile berichtete in ei- gehalten, am 21. Februar 1978 an der Arbeitskreis- nem Vermerk an Dr. Friedrich Karl Flick vom sitzung teilgenommen zu haben; er hat aber ein 22. Februar 1978 über zwei Gespräche mit Ministe- Gespräch mit dem von Manfred Nemitz notierten rialdirektor Dr. Karl Koch und Ministerialdirigent Inhalt ausgeschlossen und betont, er wäre nie auf Dr. Adalbert Uelner. Im Verlauf eines Abendessens die Idee gekommen, auf Bundesminister Hans am 2. Februar 1978 hätten beide geäußert, die bishe- Matthöfer oder Dr. Rolf Böhme einzuwirken. Seiner rige Haltung des Bundesministeriums der Finanzen Erinnerung nach sei er von Nemitz nur einmal 1976 habe sich nicht geändert, d. h., wenn das Bundesmi- oder 1977 wegen der Flick-Anträge angesprochen nisterium für Wirtschaft das Vorliegen der Voraus- worden, danach nicht mehr; er habe damals eine setzungen des § 6 b EStG annehme, werde das Bun- nichtssagende Auskunft gegeben, weil er erst hin- desministerium der Finanzen wohl zustimmen. terher erfahren habe, daß dieser mit dem Flick Am Vorabend der Berufung von Dr. Rolf Böhme Konzern verbunden sei. Nemitz hat von seinem zum Parlamentarischen Staatssekretär sprach Recht Gebrauch gemacht, die Aussage über seine Dr. Kreile nach seinem Vermerk nochmals mit den Tätigkeit im Rahmen der Steuerbescheinigungsver- beiden Beamten über die Frage, „ob durch die bis- fahren des Flick-Konzerns zu verweigern. herige Gegnerschaft von Dr. Böhme gegenüber dem § 6 b, insbesondere im Zusammenhang mit dem In derselben Notiz vom 23.2.1978 an Eberhard von Flickschen Antrag, eine Änderung der Haltung ein Brauchitsch berichtete Manfred Nemitz: Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

„Am 22. Februar hatte ich dann Gelegenheit, mit Investitionen im Bereich der graphischen Papiere Herrn Böhme zusammenzutreffen. Anwesend erfolgen sollten, und im übrigen bei Feldmühle, waren außerdem der Fraktionsgeschäftsführer Grace II und auch bei Buderus II noch weitere An- der SPD Konrad Porzner und Helmut Lenders, gaben der Antragstellerin für erforderlich gehalten MdB. Lenders und Porzner haben Böhme drin- wurden. Bei dem Gespräch zwischen Wacker und gend gebeten, vor weiteren Überlegungen mit mir Ministerialrat- Wolf am 24. Februar 1978 wurden — unter 4 Augen die gesamte Thematik zu spre- wie sich aus einem Bericht des Wettbewerbsrefera- chen, wobei Böhme davon ausgehen soll, daß ich tes an das Steuerreferat über das Gespräch und aus mich durch die Mitwirkung des Arbeitskreises Wackers Gesprächsnotiz ergibt — die Bedenken zur Unterstützung der Koalition so verdient ge- des Bundeskartellamtes zum Feldmühle-Antrag er- macht habe, daß in dieser besonderen Sache örtert; man kam überein, die Problematik mit Ver- keine wesentlichen Entscheidungen ohne Ab- tretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und stimmung mit mir fallen. Es wurde nur pauschal des Flick-Konzerns am 3. März 1978 beim Bundes- das eigentliche Thema Wiederanlage berührt. Es kartellamt zu besprechen. Hinsichtlich Grace II er- sind also keine Details besprochen worden, wozu klärte Wolf nach der von Wacker angefertigten No- ich mich auch nicht autorisiert fühlte. Dennoch tiz, das Wettbewerbsreferat werde sich zum Verfah- bestehen hier gewisse Chancen, die Dinge wieder ren nach § 4 AIG nicht vor der Stellungnahme des in den Griff zu bekommen. Ich gebe allerdings Bundeskartellamtes sowohl zu § 4 AIG als auch im schon jetzt zu bedenken, daß das weitere US Fusionskontrollverfahren äußern. Das bedeute, Engagement nur dann durchzuführen ist, wenn fügte Wacker hinzu, daß das „§ 4-Verfahren" inso- auch eine deutliche Maßnahme unsererseits zur weit jetzt ruhe. Verbesserung einer wirtschaftlichen Struktur in der Bundesrepublik erkennbar wird." 131

Dr. Rolf Böhme hat nach seiner Aussage zwar ei- Weitere Überlegungen im Flick-Konzern nige Male an Veranstaltungen des Arbeitskreises zum Investitionsprogramm „Wirtschaftspolitik" teilgenommen und auch nicht ausgeschlossen, daß es am Rande einer solchen Ende Februar 1978 fanden im Hause Flick Überle- Veranstaltung zu einem Gespräch zwischen Konrad gungen zum weiteren Investitionsprogramm, auch Porzner, Helmut Lenders, Manfred Nemitz und ihm wegen möglicher Änderungen des vorgesehenen In- kam; er hat aber in Abrede gestellt, daß Lenders vestitionsumfangs bei Feldmühle und Grace II und Porzner ihm bei einem solchen Gespräch ge- statt; außerdem bemühte man sich um ein Zusam- sagt hätten, er dürfe keine wesentlichen Entschei- mentreffen Eberhard von Brauchitschs mit Bundes- dungen ohne Abstimmung mit Nemitz treffen oder finanzminister Hans Matthöfer und Staatsssekre- er solle vor weiteren Überlegungen unter vier Au- tär Dr. Otto Schlecht. gen mit diesem reden. Daß Konrad Porzner oder Helmut Lenders ihn gebeten hätten, einmal mit Ne- Hinsichtlich Grace II notierte Eberhard von Brau- mitz zu sprechen, könne er zwar nicht ausschließen, chitsch für Dr. Friedrich Karl Flick im Anschluß an aber nicht in dem Sinne, daß dabei irgendwelche eine Besprechung mit diesem, Günter Max Paefgen Voraussetzungen oder Grenzen für seine Entschei- und Dr. Hanns Arnt Vogels sowie ein Gespräch zwi- dungen festgelegt werden sollten. Tatsächlich habe schen Paefgen und Peter Grace am 23. Februar er aber niemals mit Nemitz unter vier Augen über 1982, die Ausgangsposition, bei der zweiten Tranche § 6b EStG oder über Fragen der Loyalität in seinem bis zu 500 Mio DM für Grace zu gehen, könne zu der neuen Amt gesprochen. Nemitz hat als Zeuge auch Überlegung führen, den Erwerb von 7 statt 6 Millio- hierzu die Aussage verweigert. nen Aktien ins Auge zu fassen. Bei dem Grace II- Antrag solle es aber bei 6 Millionen Aktien bleiben, weil eine Veränderung des Antrags zu einer erheb- 130 lichen weiteren Verzögerung führen könne. Im üb- rigen sei er in der nächsten Woche mit Bundesmini- Fritz Wackers Gespräch mit dem Wettbewerbsreferat ster Hans Matthöfer und Staatssekretär Dr. Otto des Bundesministeriums für Wirtschaft Schlecht — „wenn auch aus anderem Grunde" — zusammen und werde alles tun, um den Grace- Im Bundesministerium für Wirtschaft übersandte Antrag zu beschleunigen; gegebenfalls solle Bonn das Referat „Industriestruktur" am 21. Februar 1978 ihn von dem „2. Geleitzug" abkoppeln. dem Steuerreferat eine Stellungnahme zum Feld- mühle-Antrag, in dem die Erteilung einer Beschei- nigung nach § 6 b EStG befürwortet wurde. Fritz 132 Wacker, der am selben Tage nochmals wegen des Feldmühle-Antrags mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Erste Begegnung von Eberhard von Brauchitsch Mühl telefoniert hatte, führte am 24. Februar 1978 mit Hans Matthöfer als Bundesfinanzminister das Mitte Februar mit ihm verabredete Gespräch mit dem Leiter des Wettbewerbsreferates, Ministe- Im Rahmen seiner Bemühungen um ein Gespräch rialrat Dieter Wolf. Dieser hatte einige Tage vorher mit Bundesminister Hans Matthöfer hatte Eber- dem Steuerreferat eine Stellungnahme übersandt, hard von Brauchitsch nach einer von ihm angefer- in der das Feldmühle-Vorhaben in Übereinstim- tigten Gesprächsnotiz am 22. Februar 1978 ein län- mung mit der Auffassung des Bundeskartellamtes geres Gespräch mit Ministerialrat Klaus Wohlle- als nicht förderungswürdig bewertet wurde, soweit ben, bei dem er die Vermutung äußerte, die Neuord- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode nung im „Nachbarhaus" könne Einfluß auf die zü- geforderten Änderungen des § 6 b EStG und die — gige Behandlung im Bundesministerium für Wirt- unverändert fortbestehenden — Gründe, warum die schaft haben. Aus der Notiz ergibt sich weiter, daß Vorschläge nicht aufgegriffen worden seien, berich- Wohlleben anschließend Dr. Otto Graf Lambsdorff tet. ansprach, der daraufhin Matthöfer gebeten habe, von Brauchitsch zu einem Gespräch zu empfangen. In dem Gespräch- zwischen Eberhard von Brau- Matthöfer soll dabei erklärt haben: „Ich kenne chitsch und Bundesminister Hans Matthöfer am Brauchitsch als einen ordentlichen Mann und er ist 1. März 1978, das nach ihren Aussagen nicht zuletzt mir stets willkommen." Tatsächlich läßt sich schon dem näheren gegenseitigen Kennenlernen diente, für den 23. Februar 1978 eine erste Kontaktauf- wurde vor allem das VHDI-Vorhaben erörtert. Wie nahme zwischen dem Ministerbüro des Bundesmi- von Brauchitsch in einer Notiz festhielt, erklärte nisteriums der Finanzen und dem Sekretariat von Matthöfer einleitend, er habe von Bundeskanzler Brauchitschs wegen eines Termins nachweisen. Helmut Schmidt mit großem Interesse gehört, daß sich das Haus Flick in der Mitbestimmungsfrage Dieses von Dr. Otto Graf Lambsdorff vermittelte „neutral bis kooperativ" verhalte; das sei für ihn, Gespräch zwischen Eberhard von Brauchitsch und Matthöfer, auch in Angelegenheiten, die nicht unbe- Bundesminister Hans Matthöfer fand am 1. März dingt etwas mit der Mitbestimmung zu tun hätten, 1978 im Bundesministerium der Finanzen statt. In wichtig. Außerdem habe Matthöfer ihm gesagt, es einer Vorbereitungsnotiz von Fritz Wacker für von sei für die Zukunft nicht mehr erforderlich, daß er Brauchitsch heißt es, Sinn des Gesprächs sei es sich über Dr. Otto Graf Lambsdorff bei ihm anmel- festzustellen, ob im Bundesministerium der Finan- de. Er könne jederzeit und in jeder Angelegenheit zen in bezug auf die neuen Anträge mit der gleichen zu ihm kommen. Daraufhin habe er, von Brau- Behandlung gerechnet werden könne wie unter Mi- chitsch, erklärt, daß er in diesem Fall den Weg über nister Dr. Hans Apel und dessen Parlamentari- Dr. Graf Lambsdorff genommen habe, weil dieser in schen Staatssekretär Rainer Offergeld; diese Frage den Angelegenheiten nach § 6 b EStG federführend stelle sich, weil der § 6 b EStG schon vor längerem sei und ein direkter Gang zum Bundesministerium in die politische Schußlinie geraten sei und Dr. Rolf der Finanzen möglicherweise Verstimmung im Böhme unter den zwar nicht zahlreichen, aber akti- Bundesministerium für Wirtschaft hervorgerufen veren Gegnern der derzeitigen Fassung des § 6 b hätte. EStG bis vor einiger Zeit eine hervorgehobene Rolle gespielt habe. Man habe den Eindruck, daß es Aus der Notiz von von Brauchitsch vom 3. März einer sachgerechten und nicht zu Zeitverlusten füh 1978 ergibt sich weiter, daß er Matthöfer eine aus- renden Bearbeitung der Anträge diene, wenn nicht führliche Schilderung der Motive der Veräußerung der Anschein entstünde, als sei es durch die Neube- der Daimler-Aktien und der Anstrengungen gab, setzung der politischen Führungsspitze im Bundes- die Struktur des Flick-Konzerns aus dem Erlös zu ministerium der Finanzen „in Sachen 6 b/4" nun verbessern und damit auch Arbeitsplätze sicherer schwieriger geworden. Für wichtig hielt Wacker zu machen, und auch durchblicken ließ, daß Gesprä- auch den Hinweis, daß der Einsatz der aus der che mit dem Bundeskanzler und den Amtsvorgän- Daimler-Transaktion freigewordenen Mittel zur Lö- gern Dr. Hans Apel und Dr. Hans Friderichs statt- sung der Strukturprobleme im Flick-Konzern von gefunden hatten. Von Brauchitsch notierte weiter, nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Si- er habe den 2. Antragsblock ausführlich erläutert cherheit der rund 47 000 Arbeitsplätze sei und au- und daran anknüpfend die Besorgnis geäußert, daß ßerdem neue Arbeitsplätze schaffe. Dr. Friedrich durch die Personalveränderung im Bundesministe- Karl Flick könne sich auch anders entscheiden, rium der Finanzen — weniger durch Bundesmini- nämlich den sog. Veräußerungsgewinn versteuern ster Hans Matthöfer als durch den Parlamentari- und mit dem verbleibenden Betrag „auf Privatkon- schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme — die Ent- to" in die USA gehen; seine Entscheidung, im Lande scheidungsmaximen für die Anträge verändert wer- zu bleiben und die hiesigen Unternehmen zu stär- den könnten; da der Flick-Konzern sich in der ken, also sich zur Bundesrepublik Deutschland, ih- Schlußphase der Reinvestitionen befinde und so- ren heutigen politischen Gegebenheiten und damit wohl die Investitionsentscheidungen als auch die auch zu ihrer heutigen Regierung zu bekennen, Genehmigungen in absehbarer Zeit abgeschlossen sollte anerkannt werden. sein müßten, sei es erforderlich, dieses Thema an- zuschneiden. Wörtlich heißt es dann: Bundesminister Hans Matthöfer erhielt zur Vorbe- reitung eine von Ministerialrat Dr. Günter Söffing „Auf Befragen erklärte Herr Matthöfer, daß er erstellte Vorlage. Darin wurde über die Anträge des Herrn Böhm über seinen Standpunkt sowohl hin- ersten Antragsblocks berichtet und mitgeteilt, im sichtlich 6b/4 allgemein als auch hinsichtlich der Bundesministerium der Finanzen sei bisher nicht Behandlung der Anträge unseres Hauses infor- bekannt, welche weiteren Anträge der Flick-Kon- miert habe. Böhm habe seine Loyalität zuge- zern gestellt habe oder stellen werde; das Bundes- sagt." ministerium für Wirtschaft habe auf Anfrage mitge- teilt, über die weiteren Reinvestionsüberlegungen Obwohl Matthöfer sich bei seiner Vernehmung des Flick-Konzerns keine Auskunft geben zu kön- nicht mehr daran hat erinnern können, daß von nen, weil um vertrauliche Behandlung gebeten wor- Brauchitsch ihn auf den Parlamentarischen Staats- den sei. Außerdem wurde in der Vorlage über die sekretär Dr. Rolf Böhme oder einen politischen Ende 1975 unter Mitwirkung von Dr. Rolf Böhme Kampf gegen die Flick-Anträge bzw. die Arbeits- von der Arbeitsgruppe „Steuern" der SPD-Fraktion gruppe „Steuern" der SPD-Fraktion angesprochen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 habe, muß angenommen werden, daß von Brau- Votum des Bundesministeriums für Wirtschaft chitsch hier das Gesprächsergebnis im wesentli- nicht konterkarieren, wenn es auf der gleichen Ba- chen richtig festhielt. Dafür spricht auch, daß Fritz sis entstehe wie beim „1. Geleitzug". Matthöfer habe Wacker in seiner Vorbereitungsnotiz für von Brau- allerdings darauf aufmerksam gemacht, daß in chitsch ausdrücklich auf den Parlamentarischen jüngster Zeit in- der SPD-Fraktion erneut Kritik am Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und dessen Kritik § 4 AIG zu hören sei. Man müsse von dieser Seite an der damaligen Fassung des § 6 b EStG hingewie- mit einer Gesetzesinitiative rechnen,. die entweder sen hatte. zur Abschaffung oder zur wesentlichen Modifizie- rung dieser Vorschrift führe, wobei aber offen sei, Zu der von Eberhard von Brauchitsch geäußerten ob es in der jetzigen Legislaturperiode eine Mehr- Besorgnis wegen einer etwaigen Änderung der heit dafür gebe. Matthöfer habe auf Befragen geäu- „Entscheidungsmaximen" im Bundesministerium ßert, daß eine solche Gesetzesinitiative keinen Ein- der Finanzen für die Anträge des Flick-Konzerns fluß auf „laufende Fälle" habe, so daß Grace II vom wies Bundesminister Hans Matthöfer dem Ver- Bundesministerium der Finanzen her gesehen „ei- merk zufolge auf seine persönliche Qualifikation gentlich funktionieren" müsse, wenn das Bundes- bei der Beurteilung von wirtschaftlichen und fi- ministerium für Wirtschaft entsprechend votiere nanzpolitischen Zusammenhängen hin und erklär- und auch der Antrag nach § 24 a GWB vom Bundes- te, der Flick-Konzern könne von folgendem ausge- kartellamt genehmigt werde. hen: „a) Matthöfer wird jeder Bemühung im öffentli- chen wie im privaten Bereich auf Zunahme von Investitionen wie auch auf Umstrukturierung in 133 Innovationen seine Unterstützung geben. Besprechung von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht b) In dieser Legislaturperiode werden § 6b und §4 mit Eberhard von Brauchitsch am 3. März 1978 nicht mehr angefaßt. Ob das nach 1980 stattfinde, hänge von einer sorgfältigen Durchleuchtung der Am 3. März 1978 führte Eberhard von Brauchitsch ordnungspolitischen Funktionen dieser beiden das Ende Februar in Aussicht genommene Ge- Vorschriften ab. spräch mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht über c) Die Politik seines Hauses bei der Behandlung die laufenden Anträge und das VHDI-Vorhaben. von Anträgen unseres Hauses in Sachen 6 b/4 än- Fritz Wacker hatte für ihn eine Vorbereitungsnotiz dere sich gegenüber der Politik unter Herrn Apel erstellt, in der er im Zusammenhang mit Grace auf nicht." den Zeitdruck hinwies, der entstanden sei, weil das Auf seine Bitte hin — so notierte von Brauchitsch Wettbewerbsreferat nach Mitteilung von Ministeri- weiter — werde Bundesminister Hans Matthöfer alrat Dieter Wolf die Stellungnahme des Bundes- umgehend Dr. Otto Graf Lambsdorff ansprechen kartellamtes abwarten wolle, und weiter anmerkte, und ihm diese Erklärungen übermitteln. Matthöfer der Hinweis des Bundeskartellamtes auf die Not- werde auch keinen Zweifel daran lassen, daß diese wendigkeit eines Fusionskontrollverfahrens hätte Information auf seinen, von Brauchitschs, aus- früher kommen müssen, nachdem man bereits im drücklichen Wunsch stattfinde. Damit sei der Ein- Februar 1976 die Absicht mitgeteilt habe, die Grace stieg für das bevorstehende Gespräch mit Staatsse- Beteiligung aufzustocken. Zum Stichwort „Vertrau- kretär Dr. Otto Schlecht „optimal geglückt", hielt er ensschutz der Wirtschaft" fügte er für Eberhard von fest und bemerkte abschließend: Brauchitsch allerdings die Mahnung hinzu: „Auf- passen, wir haben im Februar 76 nicht von 25% oder „Zu dem Gespräch mit Matthöfer kann ich — etwas mehr gesprochen!" Hierzu regte Wacker die seine Ehrlichkeit unterstellt — nur sagen, daß ich Fragen an, welche Möglichkeiten bestünden, um von dem positiven Klima ausgesprochen über- das Fusionskontrollverfahren zu beschleunigen, rascht war." und ob Staatssekretär Dr. Otto Schlecht oder der Minister auf Dr. Wolfgang Kartte, den Präsidenten Noch am selben Tage bedankte von Brauchitsch des Bundeskartellamtes, einwirken könnten. Zu Bu- sich schriftlich für das „sehr freimütige Gespräch" derus II schlug Wacker vor zu fragen, ob das Bun- bei Matthöfer und übersandte ihm „vereinbarungs- desministerium für Wirtschaft den Antrag nicht be- gemäß ... ganz persönlich" ein Exemplar der An- schleunigt an das Bundesministerium der Finanzen träge des 2. Antragsblocks. Hierzu schrieb von weitergeben könne. Es sei nicht unbedingt nötig, die Brauchitsch: Anträge „im Geleitzug weiterzufahren"; dagegen „Ich bin Ihnen besonders dankbar dafür, daß Sie spreche sogar, daß anhand dieses Falles die Hal- die Übersendung dieser Akten als ganz persönli- tung der politischen Spitze des Bundesministeri- che Unterrichtung ansehen. Ich möchte in dieser ums der Finanzen getestet werden könne. Zum ohnehin nicht einfachen Situation keine Verärge- Feldmühle-Antrag verwies Wacker auf ein bevor- rung im Bundeswirtschaftsministerium hervor- stehendes Gespräch beim Bundeskartellamt sowie rufen." bezüglich möglicher Befürchtungen im Bundesmi- nisterium für Wirtschaft wegen gewerkschaftlicher Am 8. März 1978 notierte von Brauchitsch, Matthö- Reaktionen auf ein kürzlich erfolgtes Gespräch mit fer, den er inzwischen mit einigen Details des dem Vorsitzenden der IG Chemie-Papier-Keramik „2. Geleitzuges" vertraut gemacht habe, habe ihm und Mitglied des Feldmühle-Aufsichtsrats Karl telefonisch erklärt, man werde in seinem Haus ein Hauenschild. Der Inhalt dieses Gesprächs ist nicht Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode bekannt; eine von Wacker hierüber angefertigte No- des Bundeskartellamtes „nahezu" Treu und Glau- tiz ist nicht bei den Akten. ben widerspreche, nachdem das Bundeskartellamt seit 1976 von der Absicht, die Grace-Beteiligung Staatssekretär Dr. Otto Schlecht erhielt zur Vorbe- aufzustocken, Kenntnis habe. Staatssekretär reitung eine Vorlage des Steuerreferates von Mini- Dr. Schlecht habe- zwischen den Zeilen zugegeben, sterialrat Dr. Wolfgang Mühl, in der über den Stand daß das Bundeskartellamt mehr und mehr der Auf- der Bearbeitung der laufenden Anträge und über sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft ent- ein Gespräch berichtet wurde, das Staatssekretär gleite, was nicht an der Person des Präsidenten Dr. Detlev Karsten Rohwedder am 2. März 1978 mit Dr. Wolfgang Kartte, sondern an der zunehmenden Mitgliedern des Betriebsrates der Feldmühle AG Verselbständigung der sogenannten Beschlußabtei- über das Investitionsprogramm im Werk Hagen lungen liege. Staatssekretär Dr. Schlecht wolle Kabel geführt hatte. Aus einem beigefügten Ver- „Rauchzeichen" dahin gehend nach Berlin geben, merk von Dr. Rohwedder über dieses Gespräch er- daß das Bundesministerium für Wirtschaft auch gibt sich, daß der Betriebsrat der Feldmühle AG seinerseits an der Beschleunigung interessiert sei. dieses Investitionsprogramm einmütig befürwor- Von Brauchitsch hielt in seiner Notiz zu Grace II tete und davon ausging, daß es nur bei Erteilung weiter fest, die Vorgreiflichkeit des Antrags nach einer Bescheinigung gemäß § 6 b EStG realisiert § 24 a GWB gegenüber der wettbewerbsrechtlichen werde; andererseits habe er allerdings auch die Be- Stellungnahme des Bundeskartellamtes zum An- fürchtung geäußert, daß andere Feldmühle-Werke, trag nach § 4 AIG könne nicht aus der Welt ge- insbesondere Hillegossen, stillgelegt würden. Bei ei- schafft werden. Staatssekretär Dr. Schlecht habe ner allgemeinen Diskussion über § 6 b EStG habe im übrigen aber erklärt, die Stellungnahmen im Staatssekretär Dr. Detlev Karsten Rohwedder be- Bundesministerium für Wirtschaft zu Grace II tont, daß beschäftigungspolitische Wirkungen bei seien überwiegend positiv. Von Brauchitsch be- der Beurteilung eines Steuerbescheinigungsantrags merkte hierzu, falls die Stellungnahme des Bundes- eine wichtige Rolle spielten. Insgesamt hätten die kartellamtes zu § 4 AIG negativ sein sollte, müsse Mitglieder des Betriebsrates die Intentionen des das Bundesministerium für Wirtschaft entscheiden, § 6 b EStG befürwortet und einmütig der Feststel- ob diese Stellungnahme die im übrigen überwie- lung von Staatssekretär Dr. Rohwedder zuge- gend positive Haltung des Bundesministeriums für stimmt, daß § 6 b EStG erfunden werde müßte, wenn Wirtschaft verändern könne. Das sei allerdings eine es ihn nicht gäbe. In diesem Zusammenhang hätten theoretische Erwägung, denn wenn das Bundeskar- sie die SPD-Initiative, bei § 6 b EStG eine Höchst- tellamt bei § 4 AIG negativ votiere, werde es wohl grenze von 25 Mio. DM einzuführen, kritisiert, weil auch im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens ne- dann größere Investitionen nicht mehr finanziert gativ entscheiden; ob dann eine Klage Erfolg hätte, werden könnten. Das Gespräch wurde in dem Be- bleibe abzuwarten. richt als insgesamt „sehr positiv" gewertet, da es den Vertretern des Bundesministeriums für Wirt- Zum Feldmühle-Antrag notierte Eberhard von schaft wichtige Erkenntnisse vermittelt habe, die Brauchitsch, die Angelegenheit habe sich im „Pa- bei der Bearbeitung von derartigen Anträgen hilf- pierreferat" des Bundesministeriums für Wirtschaft reich sein könnten, andererseits aber auch den Be- verzögert, weil der Betriebsrat der Feldmühle AG triebsratsmitgliedern habe vermittelt werden kön- ein Gespräch mit Staatssekretär Dr. Detlev Karsten nen, welche umfangreichen Prüfungen bei der Ent- Rohwedder zu führen gehabt hätte; dieses Ge- scheidung über einen solchen Antrag erfolgten. spräch habe aber inzwischen stattgefunden und sei Staatssekretär Dr. Otto Schlecht hat als Zeuge be- im Saldo betrachtet zugunsten der vorgesehenen stätigt, daß ihm aufgrund dieses Berichts damals Investitionen ausgegangen. Die Sache hänge jetzt bewußt war, daß der Betriebsrat der Feldmühle AG allein am „Kartellreferat"; falls es negativ votiere, hinter dem Investitionsvorhaben stand. sei damit aber nicht automatisch ein negatives Vo- tum des Bundesministeriums für Wirtschaft ver- Ober das Gespräch mit Staatssekretär Dr. Schlecht bunden. am 3. März 1978 berichtete Eberhard von Brau- chitsch in einer Notiz für Dr. Friedrich Karl Flick Hinsichtlich Buderus II hielt Eberhard von Brau- folgendes: Staatssekretär Dr. Schlecht habe mit chitsch fest, die Anträge seien im Bundesministe- großem Interesse das Ergebnis seines Gesprächs rium für Wirtschaft abschließend positiv (Buderus mit Bundesminister Hans Matthöfer am 1. März AG) bzw. im Prinzip positiv (Edelstahl Buderus) be- 1978 zur Kenntnis genommen und zugegeben, daß schieden. Es bleibe die — bereits in Fritz Wackers das Ergebnis dieses Gesprächs den Spielraum des Vorbereitungsnotiz angesprochene — Frage, ob Bundesministeriums für Wirtschaft in Angelegen- man das Bundesministerium für Wirtschaft bitte, heiten des § 6 b EStG wieder in den alten Zustand den Antrag für die Buderus AG vom 2. Antrags- bringe. Von Brauchitsch berichtete weiter, er habe block „abzuhängen" und vorab an den Bundesmini- Staatssekretär Dr. Schlecht ausführlich dargestellt, ster der Finanzen und die Landeswirtschaftsmini- warum das Haus Flick sich z. Zt. bei der Behand- ster zu geben. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht lung der Steuerbescheinigungsverfahren nicht erst- wolle hierüber noch einmal nachdenken, rate wahr- klassig bedient sehe, insbesondere wegen der scheinlich aber ab, weil es gut wäre, wenn der 2. grundsätzlich zögerlichen Haltung des Bundeskar- Antragsblock komplett bliebe, um gegenüber dem tellamtes, vor allem aber wegen der überraschen- Auslandsvolumen Grace II ein hinreichendes Äqui- den Forderung des Bundeskartellamtes, in Sachen valent bei deutschen Objekten vorweisen zu kön- Grace den Fusionsantrag nach § 24 a GWB zu stel- nen. Von Brauchitsch bemerkte hierzu, an diesem len. Er habe darauf hingewiesen, daß diese Haltung Argument sei wahrscheinlich etwas dran. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

134 destages" entgegennehme. Von Brauchitsch ver- merkte ferner: „Wir haben uns wechselseitig unsere Kontakt des Flick-Konzerns Sympathie versichert." Er habe versprochen, ihr mit dem Bundeskartellamt alsbald in Bonn einen Gegenbesuch zu machen. Ei- nige Tage später bedankte sich von Brauchitsch - Ebenfalls am 3. März 1978 führten Fritz Wacker und noch einmal schriftlich bei Frau Funcke für den „in- Dr. Axel Schmidt-Hern im Bundeskartellamt Ge- tensiven Gedankenaustausch" und übersandte ihr spräche wegen Grace II sowie — unter Beteiligung „vereinbarungsgemäß" eine Kopie des Begleit- von Vertretern der Feldmühle AG und des Leiters schreibens an das Bundesministerium für Wirt- des Wettbewerbsreferates im Bundesministerium schaft zu den Anträgen des 2. Antragsblocks vom für Wirtschaft, Ministerialrat Dieter Wolf — wegen 23. November 1977, das eine Zusammenstellung der des Feldmühle-Antrags. bisherigen Steuerbescheinigungsanträge sowie die Ankündigung weiterer drei Anträge mit einem Ge- Aus Notizen von Flick-Vertretern über das Ge- samtvolumen von 300 Millionen DM enthielt. spräch zum Feldmühle-Vorhaben, in dessen Mittel- Hierzu merkte er an, daß es zwar bei dem Gesamt- punkt die Frage der Abgrenzung des Marktes für betrag von 300 Millionen DM bleiben solle, die Auf- graphische Papiere stand, ergibt sich, daß man noch teilung auf Einzelvorhaben aber anders aussehen keine Klarheit darüber erhielt, wie die endgültige könne als in dem Schreiben vom 23. November 1977 Stellungnahme des Bundeskartellamtes ausfallen vorgesehen. Im übrigen wies von Brauchitsch noch- werde, bei Ministerialrat Wolf aber eine positive mals darauf hin, daß er diesen Brief „ganz privat" Einstellung zu erkennen glaubte. schicke. Fritz Wacker notierte für Dr. Friedrich Karl Flick, Liselotte Funcke hat bei ihrer staatsanwaltschaftli- Ministerialrat Wolf sei bisher im wesentlichen der chen Vernehmung bekundet, sie habe bei dem auf Argumentation des Flick-Konzerns gefolgt. Unter Einladung Eberhard von Brauchitschs zustande ge- der Voraussetzung, daß die anderen Referate im kommenen Gespräch auf die strengen Kriterien des Bundesministerium für Wirtschaft ebenfalls positiv § 6 b EStG hingewiesen; sie hat auch bestätigt, an- votierten und mögliche Bedenken des Bundeskar- schließend Unterlagen über die Wiederanlage des tellamtes von Ministerialrat Wolf nicht als zu Erlöses aus dem Verkauf der Daimler-Aktien erhal- schwerwiegend angesehen würden, bestehe noch ten zu haben. Ein weiterer Schriftwechsel hierzu eine Chance, daß der Antrag nicht abgelehnt habe aber nicht stattgefunden, auch keinerlei Be- werde. mühung um eine eventuelle Befassung auf der poli- Wegen der Gespräche im Bundeskartellamt am tischen Ebene. Allerdings habe sie Ende 1978 wegen 3. März 1978 telefonierte Eberhard von Brauchitsch der kritischen Diskussion über die Wiederanlage einige Tage später mit Staatssekretär Dr. Otto des Erlöses aus dem Verkauf der Daimler-Aktien Schlecht; darüber hielt er folgendes fest: Dieser sei insbesondere bei der SPD von Brauchitsch telefo- nach Abstimmung mit seinen „Kollegen" zu der nisch um eine Kurzdarstellung der laufenden Steu- Auffassung gelangt, es sei besser, vom 2. Geleitzug erbescheinigungsverfahren und der weiter geplan- nichts abzukoppeln, sondern ihn komplett durch- ten Projekte gebeten und diese auch erhalten. An- fahren zu lassen. Er rechne nicht mit einem positi- scheinend im Anschluß an das Gespräch mit von vem Votum des Bundeskartellamtes zum Feldmüh- Brauchitsch und den Erhalt von Unterlagen über le-Antrag. Das Bundesministerium für Wirtschaft das Investitionsprogramm des Flick-Konzerns An- werde nach einem negativen Votum seine Meinung fang März 1978 schrieb Liselotte Funcke Mitte unter Abwägung aller Voten bilden. Grace II halte März an von Brauchitsch einen nicht bei den Akten Staatssekretär Dr. Schlecht für unverändert mach- befindlichen Brief, für den dieser sich mit Schrei- bar unter der Voraussetzung, „daß wir nicht nach § ben vom 7. April 1978 bedankte. Hierin bat er — als 24 a abblitzen". Für diesen Fall sei eine Minister Reaktion auf Überlegungen von Liselotte Funcke — Genehmigung — § 24 Abs. 3 GWB — nicht zu erwar- um Verständnis dafür, daß er sich nur -schwer in ten. den Gedanken versetzen könne, die volkswirt- schaftlich sinnvolle Reinvestition des Daimler-Erlö- ses nach „Quoten" zu disponieren, und schlug vor, 135 das vorgesehene weitere Gespräch möglichst bald zu führen. Treffen von Eberhard von Brauchitsch mit Liselotte Funcke Eberhard von Brauchitsch hat bei seiner Verneh- mung nicht ausgeschlossen, daß seine Notiz über Am 2. März 1978 führte Eberhard von Brauchitsch das Gespräch mit Liselotte Funcke am 2. März 1978 auch ein Gespräch mit der F.D.P.-Bundestagsabge- den Gesprächsinhalt richtig wiedergibt. Bei ihrer ordneten und Steuerexpertin Liselotte Funcke. Er Hilfe sei es um Meinungsbildung gegangen. Es sei notierte anschließend, Liselotte Funcke habe sich in wichtig gewesen, daß sich innerhalb der FDP-Frak- besonderem Maße am Stand der Steuerbescheini- tion jemand, der dafür zuständig gewesen sei, un- gungsanträge interessiert gezeigt; sie „würde uns mittelbar sachkundig machte. Es sei darauf ange- gern helfen, möchte aber gern etwas genauer unter- kommen, eine weitere Person von der Richtigkeit, richtet sein." Er habe ihr zugesagt, ihr ein Papier der Vernunft und der volkswirtschaftlichen Bedeu- vertraulich zur Verfügung zu stellen, nachdem sie tung der Umstrukturierung des Hauses Flick zu ihm garantiert habe, daß sie dieses Papier „als Per- überzeugen. Wegen der Meinungsbildung in der son und nicht als Abgeordnete des Deutschen Bun FDP-Fraktion habe man zwar nicht Befürchtungen Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

haben müssen, daß die Anträge scheitern könnten; wurde, ergibt sich aus den dem 1. Untersuchungs- Liselotte Funckes Autorität sei aber weit über die ausschuß vorliegenden Unterlagen nicht. Fraktion der FDP hinaus wirksam gewesen. Im üb- rigen habe bei ihrem Interesse am Stand der An- 137 träge sicher auch eine Rolle gespielt, daß sich die - positiven arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen der Umstrukturierung durch die Investitionen bei Überlegungen im Flick-Konzern zu Feldmühle Feldmühle vor ihrer Haustür, nämlich in Hagen, und Grace Il abgespielt hätten. Die Unterlagen seien Liselotte Nach den Gesprächen, die Anfang März 1978 mit Funcke deshalb „vertraulich" zur Verfügung ge- Bundesminister Hans Matthöfer, Staatssekretär stellt worden, weil ihr etwas mehr mitgeteilt wor- Dr. Otto Schlecht und im Bundeskartellamt geführt den sei als der Öffentlichkeit. worden waren, schätzte man im Hause Flick die Zu einem von Rudolf Diehl in einer Liste über Zah- Chancen für den Feldmühle- und den Grace II- lungen an die FDP Nordrhein-Westfalen vorge- Antrag nicht als besonders günstig ein und stellte merkten Vorgang für 1978: „diverse Druck- und An- Überlegungen an, wie sie verbessert werden könn- zeigenrechnungen wg. Solms/Funcke 4 018,19 DM" ten. Eberhard von Brauchitsch schrieb an Fritz hat Frau Funcke bei ihrer staatsanwaltschaftlichen Wacker nach einer Besprechung mit Dr. Friedrich Vernehmung ausgesagt, sie habe für diese Eintra- Karl Flick am 14. März 1978 folgendes: gung keine Erklärung; von einer Übernahme von „Ich habe Herrn Dr. F. K. Flick gesagt, daß wir Druckrechnungen in ihrem Auftrage sei ihr nichts nach unseren Gesprächen befürchten, daß aus po- bekannt. Deshalb könne sie auch keinen Zusam- litischen Gründen Fm oder Grace gekillt wird. menhang zwischen der Eintragung von Diehl und Wenn wir Ge. machen, wäre das politische Ge- ihren Kontakten mit von Brauchitsch im Jahre 1978 wicht wegen Grace ausgewogener. Das würde erkennen. vielleicht das Risiko Fm erhöhen. Wir sind auch Eberhard von Brauchitsch hat bestritten, daß im unverändert der Meinung, daß es wichtiger wäre, Zusammenhang mit seinen Gesprächen mit Lise- Grace zu bekommen als Fm. Andererseits wäre lotte Funcke Zahlungen an sie geleistet worden sei- aber auch eine Ablehnung Fm schlecht. Um der en. Für den 1. Untersuchungsausschuß haben sich Sache Fm eine größere Chance einzuräumen, hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß zwischen Herr Dr. F. K. Flick eine — wie mir scheint — dem Gespräch zwischen von Brauchitsch und Frau grandiose Idee geboren. Wir sollten — ohne jeden Funcke am 2. März 1978 und dieser Diehlschen Ein- sachlichen Hintergrund — einen Antrag nach § 4 tragung ein Zusammenhang besteht, zumal sich aus zur Beteiligung an einer US-amerikanischen Pa- dieser Eintragung nur ergibt, daß die Zahlung im pierfabrik nachschieben. Dann gebe es etwas ab- Laufe des Jahres 1978 erfolgt sein soll, nicht aber, zulehnen, und zwar im § 4-Bereich, und außerdem zu welchem genauen Zeitpunkt. würde es die Behörde schwerer haben, im Be- reich der Fm zwei Ablehnungen auszusprechen. Wenn Sie der Gedanke auch so fasziniert, wie er 136 mich fasziniert hat, dann lassen Sie mich bitte nach Ihrer Rückkehr wissen, wie die Angelegen- Aufsehen um die Beförderung von Ministerialrat heit in Bewegung gebracht werden kann." Klaus Wohlleben Fritz Wacker wies in seiner Antwort an Eberhard Mitte März 1978 engagierte Eberhard von Brau- von Brauchitsch Ende März zunächst darauf hin, chitsch sich im Zusammenhang mit öffentlich be- daß er eine Ablehnung des Feldmühle-Antrages kannt gewordenen Spannungen zwischen Minister nicht aus politischen, sondern aus Sachgründen be- Dr. Otto Graf Lambsdorff und dem Personalrat im fürchte; politisch spreche eher alles für Feldmühle. Bundesministerium für Wirtschaft wegen der Er- Auch eine sachbezogene, etwa auf eine nicht zu nennung des bisherigen Leiters des Ministerbüros rechtfertigende Stärkung der Feldmühle gegenüber Ministerialrat Klaus Wohlleben zum Unterabtei- ihren inländischen, meist mittelständischen Wett- lungsleiter. Eberhard von Brauchitsch schrieb am bewerbern gestützte Ablehnung solle aber nicht 13. März 1978 an diesen, ihm sei die „Diskussion in einfach hingenommen werden. Im übrigen gehe er der Öffentlichkeit um Ihre Person" unverständlich, davon aus, daß man, „wie uns in Berlin in Aussicht und fügte hinzu: „Wenn Sie glauben, daß ich helfen gestellt", die Begründung des Bundeskartellamtes kann, geben Sie bitte Laut." Wohlleben ließ von erhalten werde, bevor eine formale Ablehnung er- Brauchitsch als Antwort einige Wochen später aus- folge, und fügte hinzu: richten, es sei im Moment nichts zu tun, die Reihen stünden fest geschlossen hinter ihm. „Ich würde mich nicht scheuen, gegen eine for- male Ablehnung mit dem ,Brecheisen` anzuge- Eberhard von Brauchitsch nahm außerdem einen hen. Dies sollte in Gegenwart des Ministers und am 23. März 1978 in der Tageszeitung „DIE WELT" des zuständigen Staatssekretärs geschehen." erschienenen Artikel „Der Zwist um die Beförde- rung von Wohlleben hält an" zum Anlaß, eigenhän- Von der „grandiosen Idee" war Wacker nicht faszi- dig ein kritisches Schreiben an Axel Springer zu niert und lehnte sie mit folgenden Überlegungen entwerfen, in dem er bemerkte: „Wohllebens Beför- ab: derung ist eine klassische Leistungsbeförderung." „Den Gedanken, in Bonn ein weiteres Auslands Ob ein solches Schreiben tatsächlich abgesandt projekt vorzulegen, damit man dort etwas zum Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Ablehnen hat, haben wir bisher verworfen. Ent- 138 scheidend war dafür, daß wir nur ein plausibel begründetes, als ,Türke` nicht erkennbares Vor- Weitere Gespräche des Flick-Konzerns haben präsentieren könnten, das dann — in Bonn mit SPD-Politikern aus Nordrhein-Westfalen — in Konkurrenz zu Grace treten würde. Da wir nur mit der Bewilligung eines größeren Auslands- Angesichts der sich abzeichnenden Schwierigkeiten engagements rechnen können und Grace in Bonn führte Fritz Wacker wegen des Feldmühle-Antrags ohnehin Unbehagen verursacht, aber aus unserer Mitte April und Anfang Mai 1978 Gespräche mit Sicht gegenüber allen anderen Objekten den Vor- einigen nordrhein-westfälischen SPD-Politikern. zug verdient, hielten wir eine solches Vorgehen Nach seiner Aussage vor dem 1. Untersuchungsaus- für gefährlich." schuß ging die Initiative zu diesen Gesprächen vom Flick-Konzern bzw. von ihm selbst aus. Am 19. April 1978 hatte er zunächst ein Gespräch mit dem Vor- Hierzu wies Wacker noch darauf hin, daß in dem sitzenden des Wirtschaftsausschusses des nord- Begleitschreiben zu den Anträgen des 2. Antrags- rhein-westfälischen Landtages und Vorsitzenden blocks an das Bundesministerium für Wirtschaft der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger in der SPD, vom 23. November 1977 nur von einem einzigen Hilmar Selle. Wacker teilte Eberhard von Brau- Auslandsprojekt die Rede war, und führte weiter chitsch in einer Gesprächsnotiz mit, er habe das aus: Gespräch mit Selle geführt wegen einer am selben Tage noch stattfindenden Besprechung von auf „Die Überlegung, ohne jeden sachlichen Hinter- - Landes- und Bundesebene in wirtschafts-, finanz grund einen § 4-Antrag betreffend Beteiligung an oder steuerpolitischen Gremien tätigen SPD-Abge- einer US-Papierfabrik nachzuschieben, hat mich ordneten, bei der auch über § 6 b EStG und konkrete auch nach längerem Nachdenken nicht faszinie- Fälle gesprochen werden könne. Man habe zu- ren können. Wie sollte ein solcher Antrag begrün- nächst allgemein über § 6 b EStG gesprochen. Er det werden, ohne daß ihm der ,Türke` schon von glaube, Selle davon überzeugt zu haben, daß die von weitem anzusehen ist bzw. ohne daß wir uns fra- Teilen der SPD ins Auge gefaßten Änderungen „auf gen lassen müßten, ob wir denn nach mehr als eine Tötung des 6b" hinausliefen. Da Selle über- zwei Jahren 613/4-Praxis immer noch nicht ka- zeugt sei, daß § 6 b EStG bestehen bleiben müsse, piert haben, worauf es ankommt? Konkreter: Aus werde er sich bei passenden Gelegenheiten für die welchen Gründen sollte der Erwerb einer Beteili- Erhaltung der Vorschrift in ihrer jetzigen Fassung gung an einer US-Papierfabrik angesichts der Ge- einsetzen. Nachdem weiter über den Fall Gerling gebenheiten in der deutschen Papierindustrie gesprochen worden sei, habe Selle zum Ausdruck volkswirtschaftlich förderungswürdig sein? Das gebracht, er halte es für gut, wenn man im Hause müßten wir ja glaubhaft darstellen können! Flick die Haltung gegenüber der Politik auf Landes- ebene überprüfe, die aus seiner Sicht durch ein ho- Nehmen wir aber ein US-Unternehmen, das auch hes Maß an Kontaktlosigkeit gekennzeichnet sei. für Fm als Zellstoffbasis hingestellt werden könn- Wacker gab seiner Gesprächsnotiz zufolge gewisse — te, so könnte die Sache für Bonn — vielleicht Versäumnisse zu, auch, daß der gegenwärtige Zu- interessant werden, daß sie anderen vorzuzie- so stand geändert werden müsse; er schlug im übrigen hen wäre." Selle eine Zusammenkunft mit Vorstandsmitglie- dern der Feldmühle AG „in Sachen Hagen/Kabel" Trotz Ablehnung der Idee Dr. Friedrich Karl Flicks vor. Darauf sei Selle sofort eingegangen. kündigte Wacker an, er werde, „um alle Möglichkei- ten ausgeschöpft zu haben", noch einmal einen Mit- Aus den Aussagen Hilmar Selles vor der Staatsan- arbeiter bitten, die relevanten Fälle zu sichten und waltschaft und Fritz Wackers vor dem 1. Untersu- auch selbst noch ein Gespräch mit einem Vertreter chungsausschuß ergibt sich, daß bei dem Gespräch der Feldmühle AG führen. am 19. April 1978 intensiver über das eigentliche Anliegen Fritz Wackers im Zusammenhang mit Tatsächlich wurde vom Flick-Konzern in der folgen- dem Feldmühle-Antrag gesprochen worden ist, als den Zeit kein Antrag nach § 4 AIG für eine Beteili- es aus seiner Gesprächsnotiz hervorgeht. Selle hat gung an einer US-Papierfabrik gestellt. bekundet, er habe bei dem Gespräch die Bereit- schaft erkennen lassen, sich „für den 6b in punkto Nachdem am 30. März 1978 zu Feldmühle und Feldmühle einzusetzen." Grace II ein weiteres Gespräch zwischen Vertretern des Flick-Konzerns und des Bundeskartellamtes Auch Fritz Wacker hat ausgesagt, bei dem in seiner stattgefunden hatte, erfuhr Fritz Wacker am folgen- Notiz erwähnten Gespräch über das Verhältnis des den Tag von Ministerialrat Dieter Wolf, daß beim Hauses Flick zur Landesebene sei es um den Feld- Feldmühle-Antrag ein negatives Votum des Bun- mühle-Antrag und das davon abhängige Investi- deskartellamtes zu erwarten sei. Im Fusionskon- tionsprogramm gegangen. Wegen des „Flankenfeu- trollverfahren bei Grace II wurde Wacker am ers", das man ständig aus der Presse und aus be- 11. April 1978 vom Bundeskartellamt fernmündlich stimmten politischen Ecken bekommen habe, sei es mitgeteilt, daß gegen die vorgesehene Aufstockung ihm darum gegangen, in Hilmar Selle einen Bun- keine Bedenken bestünden. Er teilte dies umge- desgenossen zu finden, der überlegen sollte, ob er hend dem Bundesministerium für Wirtschaft mit mit solchen Parteifreunden sprechen könne, die und bat um zügige Weiterführung des Verfahrens den Absichten des Flick-Konzerns gegnerisch ge- nach § 4 AIG. genüberstanden. Es sei um den Abbau dieser Geg- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode nerschaft und eines ungünstigen Klimas gegangen, Tranche Grace werde naturgemäß geprüft, ob die nicht um die Schaffung eines günstigen Klimas; an Voraussetzungen unverändert wie bei der ersten ein günstiges Klima habe damals keiner zu denken Tranche gegeben seien; es sei bekannt, daß das gewagt. Fritz Wacker wußte seiner Aussage zufolge Thema „Kooperation" bei der Beurteilung des damals nicht, daß Hilmar Selle vom Hause Flick Grace II-Antrages einen hohen Stellenwert habe. früher Zuwendungen erhalten hatte. Er sei ihm Nach der Notiz- Brauchitschs vom 28. April 1985 aber schon vorher als Bürgermeister von Kreuztal räumte Strauß ein, daß es sich um eine Verwechs- bekannt gewesen. Da die Familie Flick aus Kreuz- lung seines Informanten handle; für von Brau- tal stamme, habe Selle Kontakt zum Hause Flick chitsch war die Angelegenheit damit zunächst ein- gehabt. mal geklärt. Strauß machte allerdings noch darauf aufmerksam, daß er persönlich zwar verstehe, daß Am 8. Mai 1978 führte Fritz Wacker im Düsseldorfer man im Hause Flick mit Informationen und Be- Landtag ein weiteres Gespräch mit Hilmar Selle, richterstattungen über Grace besonders vorsichtig dem dortigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Die- sein müsse, daß aber im Bundesministerium der ter Haak sowie dem finanzpolitischen Sprecher der Finanzen hierfür offenbar keine Antenne bestehe. SPD-Fraktion Franz Josef Denzer. Auch zu diesem Gespräch ging nach der Aussage von Fritz Wacker die Initiative von ihm bzw. dem Hause Flick aus. 140 Selle hat demgegenüber bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, daß die Initiative von der Landtagsfrak- Öffentliche Äußerungen tion ausgegangen sei. Wie Wacker weiter ausgesagt des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri hat, sei es bei dem vorangegangenen Gespräch mit Selle darum gegangen, von der Notwendigkeit der Nachdem Dr. Dieter Spöri, seit 1976. Mitglied des Investitionen bei Feldmühle zu überzeugen, wobei Deutschen Bundestages und dort Mitglied des Fi- er die Hoffnung gehabt habe, daß seitens seiner nanzausschusses, sich im „Vorwärts" vom 16. März Gesprächspartner ein Beitrag geleistet werden kön- 1978 innerhalb eines kritischen Artikels über den ne, um den unsachlichen Widerstand gegen den An- Subventionsbericht der Bundesregierung öffentlich trag zu beseitigen. Zusätzlich habe er auf diesem zum „Fall der Veräußerung von Anteilen durch die Wege aber auch in dem von den Investitionen des Flick-Erben" geäußert hatte, nahm er im „Sozial- Flick-Konzerns am stärksten betroffenen Land demokratischen Pressedienst Wirtschaft" vom Nordrhein-Westfalen der Meinung entgegenwirken 25. April 1978 zur Anwendung des § 6 b EStG auf die wollen, daß die ausländischen Investitionen des Erteilung von Steuerbescheinigungen für den Flick Flick-Konzerns zu Lasten der inländischen gingen. Konzern im Rahmen seiner Investitionsbemühun- Nach dem Gespräch vom 8. Mai 1978 führte Wacker gen Stellung; er forderte eine Änderung des § 6 b nach seiner Aussage keine weiteren Gespräche EStG durch eine Beschränkung des Begünstigungs- mehr mit Dr. Dieter Haak, Hilmar Selle und Franz rahmens. Dr. Dieter Spöri schrieb: Josef Denzer. „Ist Flick subventionsbedürftig? Beim § 6 b EStG den Begünstigungsrahmen be- 139 grenzen Wieder einmal kommt er ins Gerede — der Para- Gespräche zwischen Eberhard von Brauchitsch graph 6 b des Einkommensteuergesetzes. Und das und Franz Josef Strauß über die Grace-Anträge zu Recht. Denn wieder einmal will Friedrich Karl Inzwischen hatten Ende April 1978 — wie aus zwei Flicks Hausmeier, Eberhard von Brauchitsch, Notizen von von Brauchitsch zu entnehmen ist — weitere Millionen aus dem Zwei-Milliarden- zwischen von Brauchitsch und Franz Josef Strauß Schnitt, den Flick beim Abstoßen des Daimler- zwei Gespräche zu den Grace-Anträgen des Flick Pakets gemacht hat, am Finanzamt vorbeidirigie- Konzerns stattgefunden. Bei dem ersten Gespräch ren. Nachdem der Veräußerungsgewinn bereits am 25. April 1978 sprach Strauß von Brauchitsch — im Umfang von 400 Millionen DM wegen ,volks- einer von diesem gefertigten Notiz zufolge — dar- wirtschaftlich förderungswürdiger' Wiederanla- auf an, daß nach einer gesicherten Information die gen bei der Dynamit Nobel, Buderus und der US- nordrhein-westfälische Finanzverwaltung das Chemie-Gruppe Grace & Co steuerpolitisch ,ver- Grace-Engagement überprüfe und „nur noch ganz schont` wurde, ist nun die nächste Tranche im kurze Zeit" bis zum Nachweis eines „Kooperations- Subventionstrauerspiel fällig: Flick will 100 Mil- vertrages" zwischen Flick und Grace warte; falls lionen DM 6 b-begünstigt in die Übernahme von dieser Vertrag nicht nachgewiesen werde, werde Anteilen der Gerling-Mehrheitsaktionäre stek- die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung dar- ken. aus schließen, daß die Grundlage der erteilten Be- Nach der ,Papierform`, d.h. den Erfahrungen mit scheinigung nach § 4 MG entfallen sei und insoweit der subventionspolitisch wohlwollenden Behand- keine Förderungswürdigkeit vorliege. Von Brau- lung der bisherigen Reinvestitionen-Scheiben aus chitsch bat — nach seinen Notizen — Strauß bei dem Daimler-Erlös, hat Flick-Manager von Brau- diesem und bei einem weiteren Gespräch am chitsch keinerlei Anlaß zur Sorge, daß der be- 27. April 1978 um Konkretisierung seiner Andeutun- absichtigten Transaktion der Steuerbefreiungs- gen und um Prüfung, ob nicht eine Verwechslung segen des Bundesministers für Wirtschaft — ,im vorliege, und wies Strauß auf folgendes hin: Im Benehmen mit dem Bundesfinanzminister' — Zusammenhang mit dem Antrag für die zweite nach Paragraph 6 b EStG vorenthalten bleibt. Es Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

ist sicherlich auch kein Zweifel daran realistisch, 142 daß für den beabsichtigten Aktionärsaustausch bei Gerling ein einfallsreich interpretiertes Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit ,volkswirtschaftlich besonders wertvoll' ausge- Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff sprochen wird. Schließlich wäre dies ein erstaun- am 3. Mai 1978 licher Bruch bei der Anwendung eines schwam- - migen Paragraph 6 b, in dessen Begünstigungs- Am 3. Mai 1978 trafen Eberhard von Brauchitsch rahmen sich bisher jede Veräußerungs-Transak- und Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff zu einem tion unterbringen läßt. Schlagartig macht aber Gespräch über den Stand der Verfahren des 2. An- das neue Kapitel in Flicks Subventions-Kabinett- tragsblocks und des VHDI-Antrags zusammen. Das stück eines deutlich: Der Deutsche Bundestag Steuerreferat hatte für den Bundesminister am muß in § 6 b EStG möglichst schnell eine Ober- Tage vorher eine Vorlage zum Stand der Bescheini- grenze des Begünstigungsrahmens für Veräuße- gungsverfahren erstellt, in der auch über die er- rungsgewinne einziehen — etwa eine 20 Millio- neute politische Diskussion um § 6 b berichtet wur nen DM-Obergrenze. de, die vor allem durch den VHDI-Antrag angeregt worden sei. Hierzu wurde berichtet über die Fragen Schon der letzte Bericht der Bundesregierung des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri über die Praxis des Paragraph 6 b EStG belegt vom April 1978 für die Fragestunde des Deutschen statistisch, daß er sich in der jetzigen Fassung Bundestages zu den volkswirtschaftlichen Beurtei- trotz wohlklingender mittelstandspolitischer Be- lungskriterien bei der Behandlung des VHDI-An- gründungen und partieller strukturpolitischer Er- trags und zu der Frage, ob die Bundesregierung folge in der Anwendungspraxis vor allem als ein bereit sei, bei § 6 b EStG eine Obergrenze einzufüh- wirtschaftspolitisch überflüssiges Subventions- ren, wie Dr. Dieter Spöri es Ende April auch im „So- privileg derjenigen Steuerzahler entpuppt, deren zialdemokratischen Pressedienst Wirtschaft" gefor- Jahreseinkünfte über eine Million DM liegen. dert hatte. Flicks scheibchenweise Inanspruchnahme des Paragraph 6 b EStG hat diesen Trend extrem ver- Ober das Gespräch mit dem Wirtschaftsminister stärkt. Wenn die strukturpolitischen Begründun- hielt Eberhard von Brauchitsch in einer Notiz fol- gen für diesen Subventionsbereich von jenen, die gendes fest: Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- jede Mark über das Lohnbüro versteuern müs- dorff rechne auch seinerseits damit, daß das Bun- sen, nicht als blanker Hohn empfunden werden desministerium für Wirtschaft hinsichtlich der lau- sollen, muß der Begünstigungsrahmen des Para- fenden Anträge einschließlich VHDI innerhalb der graph 6 b EStG auf eine mittelstandspolitisch nächsten drei bis vier Wochen entscheidungsfähig ernstzunehmende Dimension zurechtgestutzt sei; er werde die Initiative für eine Art „Schlußbe- werden. Es ist ein steuerpolitisches Armutszeug- sprechung" ergreifen, in der festgelegt werde, wie nis für alle drei Parteien, daß in der Offentlich- sich die gesamte Reinvestition aus Daimler zeige. keit seit Jahren intellektuell anregend diskutierte Er habe Dr. Graf Lambsdorff gesagt, daß der Flick Änderungsvorschläge angesichts offensichtlicher Konzern für ein solches „Schlußgespräch" durchaus Fehlentwicklungen parlamentarisch noch nie- aufgeschlossen und auch in der Lage sei, abschlie- mals ernsthaft behandelt wurden." ßend verbindliche Erklärungen abzugeben. Aller- dings werde es „Kleinbereiche" geben, in denen man variabel bleiben wolle (u. a. vielleicht noch ein kleiner 6 b-Fall). Außerdem habe er Dr. Graf Lambs- dorff angeboten, aus dem „Gesamtpaket Dai./Mh 141 Verschiebungen zugunsten einer Auflösung von Daimler — 6 b-Rücklagen und zu Lasten von Mh- Weitere Stellungnahme des Bundeskartellamtes Rücklagen" vorzunehmen. Politisch interessiere man sich nur für das, was mit dem Gewinn aus dem Am 27. April 1978 gab das Bundeskartellamt zum Verkauf der Daimler-Aktien geschehe. Vorausset- Investitionsvorhaben der Feldmühle AG seine Stel- zung sei allerdings, daß „der Abgabevorgang" Max- lungnahme ab, die am folgenden Tag beim Bundes- hütte funktioniere. Zu diesem Angebot, das darauf ministerium für Wirtschaft einging. Es kam — ähn- abzielte, die Anträge gemäß § 6 b EStG teilweise als lich wie schon bei seiner ersten Stellungnahme vom Reinvestition des Gewinns aus dem zum 1. Januar 24. Januar 1978 — zu dem Ergebnis, daß „gegen die 1977 erfolgten und in der Öffentlichkeit weniger be- öffentliche Förderung des Investitionsvorhabens achteten Verkauf der Maxhütte erscheinen zu las- der Feldmühle, soweit es gestrichene graphische sen, notierte von Brauchitsch, Dr. Graf Lambsdorff Papiere betrifft, ... auch unter Berücksichtigung werde darüber nachdenken. der von der Feldmühle in der Besprechung Anfang März vorgetragenen Gesichtspunkte erhebliche Im übrigen wurde nach der Notiz von Eberhard von wettbewerbliche Bedenken zu erheben" seien, weil Brauchitsch über verschiedene Modelle der Ger- dadurch andere, kleinere Unternehmen im Wettbe- ling-Beteiligung gesprochen, die in einer „Sonder- werb benachteiligt würden. vorlage" präsentiert werden sollten; Bundesmini- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff werde sie nur mit Der Flick-Konzern unternahm in der folgenden Zeit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht behandeln, um zu mehrfach — letztlich auch erfolgreich — Anstren- prüfen, „was 6 b-mäßig gehe". gungen, um vom Bundesministerium für Wirtschaft den Wortlaut dieser Stellungnahme des Bundeskar- In einem Telefongespräch am 8. Mai 1978 erklärte tellamtes zu erhalten. Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff — wie Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Eberhard von Brauchitsch notierte —, er halte zwar würdigung aller Gesichtspunkte nicht zu erwarten, gerne an der Idee fest, zu einem Hearing einzula- daß der Anteilserwerb wettbewerblich bedenkliche den, um eine Art „Zwischen-Schlußbesprechung" Auswirkungen haben werde. durchzuführen. Die Terminvorstellungen wichen je- doch voneinander ab. Staatssekretär Dr. Otto Eberhard von Brauchitsch hatte in seiner Notiz im Schlecht und Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl übrigen vermerkt,- bei dem Telefonat mit Bundesmi- seien demnächst im Ausland bzw. im Urlaub; das nister Dr. Otto Graf Lambsdorff sei Ministerialrat endgültige Votum solle aber nicht ohne Dr. Mühl Dr. Wolfgang Mühl in dessen Zimmer gewesen. erfolgen, also erst nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub. Danach gingen die Anträge an das Bundes- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat letzteres als ministerium der Finanzen, das seinerseits minde- Zeuge bestätigt. Es sei das erste von insgesamt vier stens einen Monat benötige. Er, von Brauchitsch, Gesprächen gewesen, die er mit Bundesminister Dr. habe dagegen erklärt, es erscheine unter allen Ge- Otto Graf Lambsdorff über die Flick-Fälle geführt sichtspunkten richtig, zuerst das Hearing durchzu- habe. Er sei seiner Erinnerung nach allerdings aus führen und dann die Voten an das Bundesministe- einem anderen Anlaß zu einem Gespräch bei Dr. rium der Finanzen herauszugeben. Im übrigen habe Graf Lambsdorff gewesen, als der Anruf von Brau- er auf die Usance hingewiesen, nach der der antrag- chitschs gekommen sei; er habe seinen Minister stellende Flick-Konzern in jedem Falle gehört wer- dann darüber unterrichtet, daß noch nicht alle Stel- de, bevor ein etwaiges negatives Votum des Bundes- lungnahmen vorlägen, er aber versuchen werde, ministeriums für Wirtschaft herausgehe; das habe nach der Rückkehr aus seinem Urlaub im Juni die Dr. Graf Lambsdorff ausdrücklich bestätigt, der — Bearbeitung der Anträge abzuschließen. Er wisse für den Fall positiver Voten bei allen Anträgen — auch, daß der Minister großen Wert darauf gelegt bisher davon ausgegangen sei, daß das Hearing erst habe, seine Beurteilung auf der Basis der Stellung- nach der Abgabe bzw. Rückgabe der Vorgänge an nahmen aller Referate „zunächst" — gemeint ist bzw. durch das Bundesministerium der Finanzen wohl: vor dem endgültigen Votum des Bundesmini- und die beteiligten Landeswirtschaftsministerien steriums für Wirtschaft — zu erhalten. stattfinde. Als Ergebnis hielt von Brauchitsch fest, Dr. Graf Lambsdorff werde unmittelbar nach der Rückkehr von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht nach Pfingsten mit diesem darüber sprechen, ob es 143 möglich und tunlich sei, eine „Zwischen-Schluß- besprechung" durchzuführen, bevor die Voten des Notiz über ein Gespräch von Manfred Nemitz Bundesministeriums für Wirtschaft an das Bundes- mit Rainer Offergeld ministerium der Finanzen und die Landeswirt- schaftsminister gingen, und zwar auch für den Fall, Am 10. Mai 1978 wurde im Büro von Eberhard von daß alle Voten positiv seien; unmittelbar danach Brauchitsch folgende Nachricht von Manfred Ne- wolle Dr. Graf Lambsdorff ihn dann wieder anspre- mitz festgehalten: chen. „Das Gespräch mit Offergeld ist sehr, sehr gut Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff erklärte gelaufen in der Richtung wie vermutet. Wahr- der Notiz von Eberhard von Brauchitsch zufolge, es scheinlich wird in der 1. Hälfte Juni ein Gespräch bestehe eine gewisse Rechtsunsicherheit, ob wegen mit Matthöfer stattfinden (auf Wunsch von Matt- des Abgabevorgangs Daimler erneut Einverneh- höfer mit Nemitz alleine). Vorher möchte sich men mit dem Bundesministerium der Finanzen Herr Nemitz gerne mit Ihnen abstimmen." hergestellt werden müsse oder ob dieses Einver- Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht aufklären nehmen ein für alle Mal durch das positive Votum beim 1. Geleitzug bestehe. Von Brauchitsch notierte können, ob Nemitz Anfang Mai 1978 mit dem dama- dazu: ligen Bundesminister für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und früheren Parlamentarischen Staats- „Ich habe Lambsdorff bestärkt in der Auffassung, sekretär beim Bundesminister der Finanzen, Rai- daß die Einvernehmensfrage ein für alle Mal ge- ner Offergeld, tatsächlich über die 6 b/4-Verfahren regelt sei — unabhängig von dem speziellen Fall des Flick-Konzerns gesprochen hat. Der Parlamen- Gerling. Lambsdorff will das noch einmal über- tarische Staatssekretär Offergeld referierte zwar denken." am 9. Mai 1978 vor dem Arbeitskreis „Wirtschafts- politik" über das Thema „Entwicklungsländer". Er In seiner Gesprächsnotiz merkte von Brauchitsch hat aber bekundet, er sei von Manfred Nemitz nur ferner an, bis auf ein Votum, das für den 9. Mai 1978 einmal im Jahre 1976 oder 1977 auf 'die Anträge des avisiert worden sei, lägen alle Voten des Bundes- Flick-Konzerns angesprochen worden, seiner Erin- kartellamtes vor. Tatsächlich teilte das Bundeskar- nerung nach danach nicht mehr. Im übrigen habe tellamt am 9. Mai 1978 dem Bundesministerium für er Nemitz zwar ab und zu bei dem genannten Ar- Wirtschaft in einem Fernschreiben mit, die 8. Be- beitskreis getroffen, niemals jedoch ein verabrede- schlußabteilung habe die Erhöhung der Grace-Be- tes Zusammentreffen mit ihm gehabt. teiligung im Rahmen eines Anmeldeverfahrens nach § 24 a GWB geprüft und den Zusammenschluß Manfred Nemitz selbst hat dazu wegen der Verwei- nicht untersagt. Darin hieß es weiter, nach den von gerung der Aussage zu seiner Tätigkeit im Rahmen den beteiligten Unternehmen vorgelegten Unterla- der Steuerbescheinigungsverfahren des Flick-Kon- gen sei im Hinblick auf § 4 AIG bei einer Gesamt zerns nicht gehört werden können. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

144 Auf diese Fragen kam Fritz Wacker am 16. Mai 1978 nochmals in einem ausführlichen Vermerk für Dr. Fritz Wackers Interesse an der Stellungnahme Friedrich Karl Flick, Eberhard von Brauchitsch, des Bundeskartellamtes Günter Max Paefgen und Dr. Hanns Arnt Vogels zurück, in dem er wegen folgender Punkte ein Ge- Nach einem Telefongespräch mit Ministerialrat Dr. spräch mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht in aller Wolfgang Mühl am 10. Mai 1978 teilte Fritz Wacker Kürze vorschlug: „Inoffiziell" wisse man von Mini- Eberhard von Brauchitsch in einem Vermerk mit, sterialrat Dr. Wolfgang Mühl von den starken Be- Dr. Mühl habe durchblicken lassen, die Stellung- denken des Bundeskartellamtes gegen den Feld- nahme des Bundeskartellamtes zu Feldmühle ent- mühle-Antrag. Es wäre sehr gut, Staatssekretär Dr. halte sehr beachtliche Argumente gegen den An- Schlecht zu veranlassen, offiziell über die Stellung- trag, so daß mit der Möglichkeit einer Ablehnung nahme des Bundeskartellamtes zum Feldmühle-An- gerechnet werden müsse. Auf seine Bitte, diese trag zu unterrichten. „Wir könnten dann" — fügte Stellungnahme zur Verfügung zu stellen, habe Dr. Wacker hinzu — „diejenigen ansprechen und in Mühl geantwortet, das sei nicht üblich, er wolle Richtung Minister in Marsch setzen, die in dieser aber überlegen, wie er entgegenkommen könne, Sache etwas für uns tun wollen." Staatssekretär Dr. und mit einem Kollegen darüber sprechen. Wacker Schlecht solle aber auch gebeten werden, die Stel- bemerkte hierzu: lungnahme des Bundeskartellamtes selbst zugäng- lich zu machen, weil das Recht auf rechtliches Ge- „Wie und wann bekommt man Dr. Schlecht dazu, hör bei einer nur mündlichen Unterrichtung über daß er uns mehr oder weniger offiziell über das den Inhalt der Stellungnahme nicht mit der gebote- Ergebnis der Stellungnahme des BKA in Sachen nen Gründlichkeit wahrgenommen werden könne. Feldmühle informiert? Weil man durch die überraschende urlaubsbedingte Wenn wir von ihm diese Information erhalten, Abwesenheit von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl könnten wir während des Urlaubs von Dr. Mühl bis Ende Mai bei Grace II in enorme Schwierigkei- alles an politischen Kräften gegen den Minister ten komme, müsse größter Wert darauf gelegt wer- mobilisieren, was sich zur Verfügung stellt. Ziel: den, daß man nach dessen Rückkehr wenigstens Diesen bis zur Rückkehr von Dr. Mühl davon zu eine mündliche Nachricht darüber erhalte, wie der überzeugen, daß es zu einem politisch falschen Antrag im Bundesministerium für Wirtschaft be- Ergebnis führt, wenn Dr. Mühl bei der Formulie- wertet werde. Durch die schleppende Behandlung rung des BMWi-Votums der Stellungnahme des der Anträge sei man auch bezüglich des Zeitpunk- BKA zu viel Gewicht beimißt." tes der Pressekonferenz in Schwierigkeiten gera- ten; es liege aber auch im Interesse der beteiligten Behörden, wenn bis zur Pressekonferenz die Ent- In dem Telefongespräch habe Dr. Mühl weiter über- scheidungen da wären und den Journalisten eine raschend mitgeteilt, das Bundeskartellamt habe in geeignete, mit dem Bundesministerium für Wirt- Sachen Edelstahl Buderus noch nicht votiert, weil schaft abgestimmte Darstellung der Vorgänge gege- noch Angaben fehlten. Er, Wacker, habe darauf auf- ben werden könne. Auch in Anbetracht der Land- merksam gemacht, daß diese Angaben längst ge- tagswahlen in Hessen am 8. Oktober 1978 und der macht worden seien, und sei mit Dr. Mühl so ver- nordrhein-westfälischen Sommerferien sei es sinn- blieben, daß sie ihm sofort zugeleitet würden. In voll, die Entscheidungen im Bundesministerium für bezug auf Grace II habe Dr. Mühl zum wiederholten Wirtschaft nicht später als Anfang Juni zu treffen. Male Angaben über den Technologie- und Know- Mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht müsse wegen how-Austausch angefordert; das Bundeskartellamt des in Aussicht genommen Erwerbs der USF-Betei- habe in seiner Stellungnahme diese Frage nicht be- ligung geklärt werden, ob der Grace II-Antrag handelt. Hierzu habe er, Wacker, darauf aufmerk- durch einen eventuellen weiteren Antrag nach § 4 sam gemacht, daß die Frage Ende März mit einem AIG gefährdet werden könne. Im übrigen hielt Vertreter des Bundeskartellamtes zum wiederhol- Wacker es angesichts der komplexen Problematik ten Male besprochen worden sei. Wacker hatte von für wichtig, vor einem eventuellen Gespräch mit Dr. Mühl außerdem erfahren, daß die Bearbeitung Staatssekretär Dr. Schlecht mit Bundesminister Dr. der Anträge vor dessen Urlaub nicht mehr abge- Otto Graf Lambsdorff zu sprechen. schlossen werden könne, und vermerkte, man werde die Ergebnisse zu den laufenden Anträgen bis zu der für Anfang Juli vorgesehenen Pressekon- ferenz nicht erhalten können. Dann würde aber für 145 die Journalisten klar, daß Anträge liefen, über die nicht gesprochen werden solle. Es liege nahe, daß Veranstaltung des „Münchner Kreises" Journalisten recherchieren würden, wodurch das am 19. Mai 1978 Bundesministerium für Wirtschaft unter „schweren Druck" geraten könne. Außerdem befürchtete Fritz Am 19. Mai 1978 trafen sich Eberhard von Brau- Wacker, falls die Absicht bekannt werde, Grace auf- chitsch, Dr. Friedrich Karl Flick und Staatssekretär zustocken, sei die Sache wahrscheinlich „tot", und Dr. Otto Schlecht anläßlich einer Veranstaltung des stellte den Gedanken zur Diskussion, die Presse- sog. Münchner Kreises, bei der Staatssekretär konferenz in den Herbst zu verlegen. Dieses Thema Dr. Otto Schlecht aufgrund einer von Eberhard von sei auch für Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- Brauchitsch angeregten und schon im Februar 1978 dorff und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht interes- angenommenen Einladung einen Vortrag zu allge- sant. meinen wirtschaftspolitischen Fragen hielt. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Der „Münchner Kreis" war ein Gesprächskreis, in Wege trotz des Gutachtens des Bundeskartellamtes dem sich Vorstandsmitglieder der zum Flick-Kon- der Antrag genehmigt werden könne. Staatssekre- zern gehörenden Unternehmen und persönlich haf- tär Dr. Schlecht habe im übrigen gemeint, eine et- tende Gesellschafter der Obergesellschaft gelegent- waige Verzögerung des Feldmühle-Vorganges liege lich trafen, um aktuelle Fragen zu besprechen; im Interesse des Flick-Konzerns, weil möglicher- manchmal wurden aber auch Referenten von au- weise zusätzlich- Zeit benötigt werde, um das Gut- ßerhalb zu einem Vortrag und einer Diskussion im achten des Bundeskartellamtes „auseinanderzu- Anschluß an die internen Besprechungen eingela- nehmen". Auf diesen Gesichtspunkt hatte auch die den. Aufgrund einer Notiz von Brauchitschs sowie Unterrichtungsvorlage des Steuerreferats vom der Aussagen von ihm und Staatssekretär Dr. 18. Mai 1978 für den Staatssekretär hingewiesen. Schlecht steht fest, daß Dr. Schlecht, der sich am Dort hieß es nämlich, daß die vom Bundeskartell- Tage vorher vom Steuerreferat über den aktuellen amt vorgetragene Argumentation „nicht ganz über- Stand der Bescheinigungsverfahren hatte unter- zeugt" habe und deshalb das Wettbewerbsreferat richten lassen, bei dem Zusammentreffen am 19. um ergänzende Ausführungen gebeten worden sei. Mai 1978 Auskunft darüber gab. Von Brauchitsch hielt weiter fest, Staatssekretär Dr. Schlecht habe außerdem zugegeben, daß die Eberhard von Brauchitsch hielt in seiner Notiz u. a. Hinweise des Flick-Konzerns aus den ersten Mona- fest: ten des Jahres 1978 auf eine verzögerliche Behand- „Grace (§ 4) ist praktisch gelaufen. Schlecht bittet lung der Anträge im Bundeskartellamt begründet allerdings hier, aus dieser mündlichen Erklärung gewesen seien; die Arbeitsweise des Bundeskartell- noch keine Schlußfolgerungen zu ziehen, da sonst amtes habe sich inzwischen aber verbessert. In der bekannt werden würde, daß wir Kenntnisse über Notiz von Brauchitschs heißt es weiter: interne Vorgänge in seinem Hause haben. Nach „Insgesamt betrachtet glaubt Schlecht, daß unser den Erklärungen von Schlecht müssen wir aber Paket in den nächsten Wochen in seinem Haus wohl davon ausgehen, daß die § 4-Bescheinigung verabschiedungsreif ist. Sollte sich wider Erwar- kommt." ten wegen FM eine nachhaltige Verzögerung er- In bezug auf die nach der Notiz von Fritz Wacker geben, dann sei er (Schlecht) ggf. bereit, das Pa- vom 10. Mai 1978 von Ministerialrat Dr. Wolfgang ket ,aufzuschnüren`, wenn wir Wert darauf le- Mühl erbetenen weiteren Informationen notierte gen." von Brauchitsch, daß die „geäußerten zusätzlichen Hierzu vermerkte von Brauchitsch: Wünsche hinsichtlich Grace (Kooperation etc.) wahrscheinlich nur zur Komplettierung der Akten „Diese Frage sollten wir nicht kurzfristig ent- bei Mühl für den Fall, daß es nach der Ausstellung scheiden, denn das Aufschnüren des Paketes hat der Bescheinigung ein politisches Gerangel gibt," durchaus auch Nachteile." dienen sollten.

Staatssekretär Dr. Otto Schlecht hat als Zeuge er- 146 klärt, die Formulierung „Grace ... ist praktisch ge- laufen" sei eine Übertreibung von Eberhard von Besprechung Fritz Wackers am 6. Juni 1978 Brauchitsch. Er habe jedenfalls nicht über die Hal- im Bundesministerium für Wirtschaft tung des Bundesministeriums der Finanzen zum Grace II-Antrag gesprochen, sondern nur kurz und Der Leiter des Wettbewerbsreferates, Ministerial- allgemein zum Sachstand des Antrages berichtet, rat Dieter Wolf, hatte dem Steuerreferat am 2. Juni daß er im Bundesministerium für Wirtschaft „prak- 1978 eine ergänzende Stellungnahme zugeleitet, in tisch gelaufen" sei. Im übrigen habe er darauf auf- der Buderus II und Grace II als wettbewerbspoli- merksam gemacht, daß darüber öffentlich oder tisch neutral bewertet und gegen den Feldmühle Dritten gegenüber noch keine Äußerung gemacht Antrag erhebliche Bedenken geltend gemacht wur- werden könne. Weil der Vorgang noch nicht förm- den. Am 6. Juni 1978 führte Fritz Wacker ein Ge- lich abgeschlossen gewesen sei, sei dieser Hinweis spräch mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl und ganz normal gewesen und nicht etwa deshalb er- Ministerialrat Dieter Wolf, bei dem er den wesentli- folgt, weil er Bedenken gehabt hätte, derartige In- chen Inhalt dieser Stellungnahme erfuhr und au- formationen zu geben. Die in der Notiz von Eber- ßerdem die vom Flick-Konzern seit langem be- hard von Brauchitsch ihm zugeschriebene Begrün- gehrte Kopie der Stellungnahme des Bundeskar- dung für seinen Hinweis sei ihm nicht verständ- tellamtes zum Feldmühle-Antrag erhielt, ohne daß lich. hat festgestellt werden können, wer sie letztlich herausgab. Zum Feldmühle-Antrag teilte Staatssekretär Dr. Schlecht nach der Notiz von Brauchitschs mit, Über das Gespräch notierte Fritz Wacker folgendes: die Angelegenheit sehe an sich nicht schlecht aus. Das Wettbewerbsreferat habe sich den Inhalt der Das Gutachten des Bundeskartellamtes sei aller- nun „nach mehreren Anläufen" vom Bundesmini- dings denkbar negativ. Weiter habe Staatssekretär sterium für Wirtschaft herausgegebenen Stellung- Dr. Schlecht durchblicken lassen, daß er und seine nahme des Bundeskartellamtes zum Feldmühle-An- Mitarbeiter das Gutachten des Bundeskartellamtes trag zu eigen gemacht und darüber hinaus geprüft, für „nicht überzeugend" hielten. Unmittelbar nach wie die Dinge zu beurteilen seien, wenn die auslän- Rückkehr von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl dische Konkurrenz in die Betrachtung einbezogen aus dem Urlaub solle geprüft werden, auf welchem werde. Die Tatsache, daß Ministerialrat Dieter Wolf Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 sich nicht darauf beschränke, die Beurteilung des April und Mai 1978, hätten im Bundesministerium Bundeskartellamtes zu übernehmen, unterstreiche für Wirtschaft erhebliche Nachwirkungen. Sie erneut seine aufgeschlossene Haltung. Dies nütze machten sich vor allem in der Weise bemerkbar, aber nichts, solange er im Ergebnis wettbewerbspo- daß an die Antragsbegründungen nahezu unerfüll- litische Bedenken aufrechterhalte. Starke Beden- bare Anforderungen gestellt würden in der Absicht, ken bestünden in Bonn auch unter Kapazitätsge- die an das Bundesministerium- der Finanzen weiter- sichtspunkten; man fürchte, durch die positive Be- zuleitende Stellungnahme „wasserdicht" machen zu handlung des Antrags die Entstehung von Überka können. Ministerialrat Dr. Mühl wolle im übrigen pazitäten zu unterstützen. Da nur die Referate die Anträge sobald wie möglich vom Tisch haben. „Holz, Zellstoff, Papier" und „Industriestruktur" — Er gehe dabei davon aus, daß die ohnehin anvisierte letzteres nur auf einem Teilgebiet — positiv votiert „Zwischen-Schlußbesprechung" mit Bundesmini- hätten, sehe Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ster Dr. Otto Graf Lambsdorff und Staatssekretär kaum eine Chance für eine positive Bewertung des Dr. Otto Schlecht vor der Weitergabe der Anträge Antrags auf seiner Ebene, falls nicht neue positive an das Bundesministerium der Finanzen stattfin- Gesichtspunkte mit genügendem Gewicht vorgetra- den werde. Abschließend meinte Wacker, daß der gen würden. Man sei so verblieben, daß diese Frage Flick-Konzern wegen des Feldmühle-Antrags jetzt unter Einschaltung des Feldmühle-Vorstandes un- die „landespolitische Ebene" ansprechen solle. verzüglich geprüft und gegebenenfalls so schnell wie möglich ein weiteres Papier vorgelegt werde. Eine Woche später wurde dann vom Flick-Konzern eine Stellungnahme abgegeben, in der es wörtlich 147 hieß: Weitere Kontakte zwischen Eberhard von Brauchitsch „ ... Darüber hinaus würde das Ausbleiben einer und Klaus Wohlleben Erhöhung der Eigenmittel um 200 Mio DM den Vorstand zwingen, einen geschäftspolitischen Dieser Gedanke wurde von Eberhard von Brau- Weg zu beschreiten, der mittelfristig mehr als chitsch aufgenommen. Am 9. Juni 1978 telefonierte 2 000 Arbeitsplätze gefährdet, da das Sanierungs- er mit Ministerialrat Klaus Wohlleben, den er nach programm für die verlustbringenden Werke der seiner Gesprächsnotiz darüber informierte, FM nicht durchgeführt werden könnte." „daß wir unsererseits unsere ,Truppen` in Bewe- gung setzen, um die Angelegenheit Feldmühle Zur Frage der Behandlung des Feldmühle-Antrags doch noch in eine vernünftige Bahn zu lenken". gegenüber der Öffentlichkeit wurde — wie Wacker ferner in seiner Notiz festhielt — mit seinen Ge- Wohlleben habe zum Ausdruck gebracht, diese An- sprächspartnern am 6. Juni 1978 „abgestimmt", daß kündigung sei nicht überraschend und störe auch seitens des Flick-Konzerns gesagt werden könne, nicht das freundschaftliche Verhältnis zwischen im Bundesministerium für Wirtschaft bestünden so den Häusern. Wohlleben habe außerdem von zwei große wettbewerbspolitische Bedenken, daß mit ei- Gesprächen, die in den letzten Tagen stattgefunden ner Ablehnung gerechnet werden müsse. Zu Edel- hätten, berichtet. Bei einem Gespräch mit Ministe- stahl Buderus habe er erfahren, daß das Bundes- rialrat Dr. Wolfgang Mühl habe Ministerialdirektor kartellamt Bedenken angemeldet habe. Ministerial- Dr. Karl Koch zum Ausdruck gebracht, er habe rat Wolf habe mitgeteilt, er habe sich auf der zwar keine Weisung, aber doch die Erwartung sei- Grundlage der Antragsbegründung über die Beden- ner Vorgesetzten — Staatssekretär und Bundesfi- ken des Bundeskartellamtes hinweggesetzt und das nanzminister — zur Kenntnis genommen, daß er Vorhaben als wettbewerbspolitisch neutral einge- den Versuch mache, Grace II zu Fall zu bringen. Bei stuft. Wacker meinte in seiner Notiz hierzu, es sei einem weiteren Gespräch mit Bundesminister zu hoffen, daß Ministerialrat Dr. Mühl die übrigen Hans Matthöfer und dem Parlamentarischen positiven Gesichtspunkte für ausreichend halte, um Staatssekretär Dr. Rolf Böhme habe Bundesmini- im ganzen zu einer positiven Bewertung ohne Ab- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff vorgeschlagen, den striche an dem beantragten Betrag zu kommen. „Abgabevorgang Daimler" als erledigt zu betrach- Hinsichtlich Grace II sei Dr. Mühl wiederum auf die ten und damit auch das „Einvernehmensverhältnis" Frage gekommen, in welchem Umfang in der Zeit für die Steuerbescheinigungsanträge als nicht mehr seit dem Erwerb der ersten Trance ein Technologie gegeben zu akzeptieren. Bundesminister Hans Austausch stattgefunden habe. Er, Wacker, habe im Matthöfer und der Parlamentarische Staatssekre- Sinne der bisher verfolgten Linie argumentiert und tär Dr. Rolf Böhme hätten erklärt, das gehe nicht dafür in gewissem Umfang Verständnis gefunden. ohne weiteres. Sie würden darüber nachdenken, wollten jedoch offensichtlich weiter in dieser Ange- In einem anschließenden Gespräch mit Ministerial- legenheit „im Benehmen" in Anspruch genommen rat Dr. Wolfgang Mühl unter vier Augen sei deutlich werden. geworden, daß dieser sich in bezug auf das Bundes- ministerium der Finanzen sehr unsicher fühle, ins- Daß der von Eberhard von Brauchitsch aufgeschrie- besondere wegen des Grace II-Antrags. Dazu bene Sachverhalt zuträfe, hat der 1. Untersuchungs- meinte Fritz Wacker: „Hierüber wird im Hause zu ausschuß nicht bestätigt erhalten. Nach den Zeu- sprechen sein". Er notierte weiter, die Behandlung genaussagen ist aber nicht ausgeschlossen, daß An- des Themas § 6 b EStG in der Öffentlichkeit, insbe- fang Juni ein Gespräch zwischen Ministerialrat Dr. sondere die Aktivitäten des SPD-Bundestagsabge- Wolfgang Mühl und Ministerialdirektor Dr. Karl ordneten Dr. Dieter Spöri und seiner Freunde im Koch über Grace II stattfand. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Daß Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff bei ner der letzten Staatssekretärskonferenzen im einem Gespräch mit Bundesminister Hans Matthö- Bundesministerium der Finanzen vorgeschlagen, fer und dem Parlamentarischen Staatssekretär daß er bezüglich der Anträge des Flick-Konzerns Dr. Rolf Böhme Anfang Juni 1978 die in der Notiz volle Akteneinsicht erhalte, weil er die Entschei- von Eberhard von Brauchitsch festgehaltenen Vor- dungen im Parlament- zu vertreten habe. Als Fazit schläge „zum Abgabevorgang Daimler" und zur ergab sich für Fritz Wacker aus diesen Informatio- Frage des „Einvernehmens" zwischen dem Bundes- nen: ministerium für Wirtschaft und dem Bundesmini- sterium der Finanzen machte, hat der 1. Untersu- „Die augenblickliche Schlüsselfigur für die wei- chungsausschuß nicht festgestellt. Vielmehr hat tere Behandlung unserer Anträge ist der Bundes- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht bei seiner staats- wirtschaftsminister. Solange sein Haus sich nicht anwaltschaftlichen Vernehmung bekundet, er entscheidet und die Akten im offiziellen Verfah- selbst habe damals darauf gedrängt, den Veräuße- ren an das Bundesfinanzministerium weitergibt, rungsvorgang als erledigt zu betrachten und mit müssen wir damit rechnen, daß jede Adresse, die dem Bundesministerium der Finanzen zusammen wir dort ansprechen, mit dem Hinweis antwortet, zu prüfen, ob damit die früher zwischen dem Bun- daß man im Grunde nichts zu unseren Vorhaben desministerium der Finanzen und dem Bundesmi- sagen kann, da das Bundesfinanzministerium nisterium für Wirtschaft getroffene Vereinbarung noch nicht mit der Angelegenheit befaßt war und als erledigt angesehen werden könne, wonach in die Sachverhalte daher nicht bekannt sind." allen Fällen, bei denen Banken und Versicherungen Daher bleibe, meinte Wacker abschließend, nichts beteiligt waren, das Einvernehmen mit dem Bun- anderes übrig, als den Bundeswirtschaftsminister desministerium der Finanzen hergestellt werden erneut anzusprechen mit der Bitte, wegen der be- mußte. vorstehenden Sommerpause die Anträge endlich an das Nachbarhaus weiterzugeben.

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Konzerninterne Bewe rtung der Antragsbearbeitung 149 durch die Bundesministerien Einschaltung von SPD-Landespolitikern Aus einer Notiz Eberhard von Brauchitschs über durch den Flick-Konzern Rücksprachen mit Paefgen am 19. Juni 1978 ergibt sich, daß man sich damals im Hause Flick über die Inzwischen hatte man von seiten des Flick-Kon- Problematik des Grace II-Antrags im klaren war. zerns, wie von Fritz Wacker empfohlen, die „landes Von Brauchitsch hielt fest, er habe Günter Max politische Ebene angesprochen", und es waren die Paefgen noch einmal sehr ausführlich die großen in dem Telefongespräch zwischen Eberhard von Risiken „wegen Grace, 2. Geleitzug, vielleicht auch Brauchitsch und Ministerialrat Klaus Wohlleben 1. Geleitzug" dargelegt, und fügte hinzu: angekündigten „Hilfstruppen" tätig geworden. An- satzpunkt war für Wacker die in einem Telefon- „Pae. wird nunmehr alsbald mit Peter Grace dar- gespräch mit dem Landtagsabgeordneten Hilmar über sprechen, ob nicht doch eine spektakuläre Selle am 16. Mai 1978 geäußerte Bitte, ihm für eine Know-how-Entwicklung in Gang gesetzt werden Diskussion in der Steuerkommission der SPD in kann. Pae. weiß, wie eilig die Sache ist." Bonn am 23./24. Juni 1978 über das „Thema 6 b" eine kurzgefaßte Stellungnahme aus der Sicht der Wirt- Am 21. Juni 1978 wußte Fritz Wacker unter Beru- schaft zur Verfügung zu stellen. Bei diesem Telefo- fung auf eine „gut unterrichtete Adresse mit Ver- nat erfuhr Wacker zugleich, daß dieser von dem bindung zur Staatssekretärsebene im Bundesfi- Gespräch am 8. Mai 1978 sehr angetan gewesen nanzministerium" folgendes über den Stand der war. Verfahren zu berichten: Das Bundesministerium der Finanzen werde erst tätig, wenn die Vorgänge In dem Begleitschreiben vom 13. Juni 1978 zu dieser vom Bundesministerium für Wirtschaft offiziell vor- Stellungnahme hieß es u.a.: gelegt würden; da dies bisher nur im Fall Gerling erfolgt sei, gebe es zu den anderen Anträgen im „Ich würde mich freuen, wenn es Ihnen und Ihren Bundesministerium der Finanzen noch keine offi- Freunden gelänge, zur Versachlichung der Dis- zielle Meinungsbildung. Zwischen Vertretern des kussion um den 6 b beizutragen, einer Diskussion, Bundesministeriums für Wirtschaft und des Bun- von der ich glaube, daß es sie gar nicht gäbe, desministeriums der Finanzen gebe es offenkundig hätte nicht das Haus Flick 6 b-Anträge gestellt. Informationsgespräche außerhalb des Verfahrens, Allein daran wird deutlich, daß aus der Sache deren Inhalt im einzelnen nicht bekannt sei. In der heraus die Notwendigkeit von Änderungen gar Beurteilung der Sachfragen gehe „unser Gewährs- nicht besteht. Abschließend möchte ich Sie dar- mann" davon aus, daß man sich im Bundesministe- über informieren, daß uns das Bundeswirt- rium der Finanzen wiederum dem Bundesministe- schaftsministerium dieser Tage mitgeteilt hat, rium für Wirtschaft anschließe, sofern es sich um wegen wettbewerbspolitischer Bedenken müsse Punkte handele, die im Bundesministerium der Fi- mit der Ablehnung unseres 6 b-Antrages betref- nanzen mangels personeller Ausstattung nicht fend Feldmühle gerechnet werden. Im Sinne un- nachgeprüft werden könnten. Ferner habe der Par- seres gemeinsamen Gespräches am 8. Mai habe lamentarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme in ei ich mich daher heute an Herrn Dr. Haak gewandt Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

und ihm eine Darstellung des Sachverhalts mit der Feldmühle habe. Es handele sich dabei j a nicht Anmerkungen zugesandt." nur um das Feldmühle-Werk in Hagen/Kabel, son- dern um negative Auswirkungen auch auf die ande- Tatsächlich schickte bereits am 15. Juni 1978 der ren Feldmühle-Werke. Im Hause Flick sei man je- Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Nord- denfalls nicht bereit, die Verantwortung für diese rhein-Westfalen, der selbst aus Hagen stammende Angelegenheit zu übernehmen. Nach der Notiz von Dr. Dieter Haak, ein Fernschreiben an Bundesmini- Brauchitschs sagte Dr. Horst-Ludwig Riemer zu, ster Dr. Otto Graf Lambsdorff, in dem es u. a. hieß: noch vor seinem Urlaubsantritt am 5. Juli 1978 mit Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff und ggf. „Mit großer Bestürzung habe ich von Arbeitneh- mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht über den Feld- mer- und Arbeitgeberseite der Feldmühle erfah- mühle-Antrag zu sprechen. ren, daß nach Auskunft aus Ihrem Hause wegen wettbewerbspolitischer Bedenken mit einer Ab- Im übrigen erklärte von Brauchitsch — wie er wei- lehnung des Antrages der Feldmühle gem. § 6 b ter notierte — Dr. Horst-Ludwig Riemer, im Zusam- EStG gerechnet werden müsse ... Regionalpoli- menhang mit dem Grace II-Antrag scheine bei der tisch wäre die Ablehnung des Antrags der Feld- politischen Spitze des Bundesministeriums der Fi- mühle eine Katastrophe. Sie wissen, sehr geehr- nanzen das Bedürfnis zu bestehen, ganz grundsätz- ter Herr Minister, welche Strukturprobleme lich Auslandsinvestitionen mit Rücksicht auf die Nordrhein-Westfalen zu bewältigen hat. Der An- Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutsch- teil an strukturschwacher und besonders älterer land nicht mehr als förderungswürdig anzuerken- Industrie ist in Nordrhein-Westfalen sehr hoch nen. Er habe Dr. Horst-Ludwig Riemer daran erin- und wir sind auf neue Investitionen dringend an- nert, daß er bei der ersten Tranche Grace bereits gewiesen. Dies gilt insbesondere für die Region einen Hinweis gegeben habe, es sei zweckmäßig, östliches Ruhrgebiet/Hagen ... wenn der Flick-Konzern die Beteiligung auf eine Es ist auch ohne Bedeutung für mich, daß der Schachtel anhebe. Er habe Dr. Riemer weiter er- Mikrostandort in meinem Wahlkreis liegt. Ich klärt, es gebe auch eine politische Seite der Medail- würde mich in diesem Fall für jede Stadt in Nord- le: Wenn bisher trotz Bemühungen von Teilen der rhein-Westfalen einsetzen ... SPD-Fraktion, § 4 AIG zu beseitigen, eine Gesetzes- initiative nicht zustande gekommen sei, liege das Die Ermöglichung der genannten Investitionen an der von der F.D.P. eingenommenen klaren Posi- ist für den Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche tion. Es sei aber unerträglich, daß nunmehr ein so- Struktur des Landes Nordrhein-Westfalen von zialdemokratisch geführtes Ministerium auf der ad- großer Bedeutung ... " ministrativen Ebene denselben Effekt herbeizufüh- ren suche, indem es ein Gesetz dadurch außer Kraft Abschließend bat Dr. Dieter Haak um Gelegenheit setze, daß es das Gesetz einfach nicht mehr anwen- zu einem persönlichen Gespräch mit Bundesmini- de. Weiter heißt es dann: ster Dr. Otto Graf Lambsdorff. „Ich habe Riemer auch gesagt, daß ich nicht weiß, wie die FDP in der Öffentlichkeit aussieht, wenn Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff beant- sie zuläßt, daß die parlamentarischen Mehrheiten wortete dieses Fernschreiben, das er vor dem 1. Un- auf diesem Wege außer Betrieb gesetzt werden." tersuchungsausschuß als eine „reichlich handfeste", aber nicht unzulässige Einflußnahme bezeichnet Von Brauchitsch merkte in seiner Notiz noch an, er hat, Anfang Juli 1978 telefonisch. habe Manfred Nemitz über den wesentlichen Inhalt seines Gespräches mit „R." unterrichtet, weil Ne- mitz am nächsten Tage sowohl mit „R." als auch mit 150 „L." zusammentreffe.

Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem Wofür „L." hier steht, ist nicht aufgeklärt worden. nordrhein-westfälischen Wi rtschaftsminister Vermutlich fand aber ein Gespräch zwischen Man- Dr. Horst-Ludwig Riemer am 19. Juni 1978 fred Nemitz und Dr. Horst-Ludwig Riemer statt, denn am 28. Juni 1978 wurde vom Büro von Eber- Ober ein Gespräch mit dem nordrhein-westfäli- hard von Brauchitsch folgendes festgehalten: schen Wirtschaftsminister Dr. Horst-Ludwig Rie- mer am 19. Juni 1978 hielt Eberhard von Brau- „Herr Nemitz wollte Sie sprechen und bittet auf chitsch in einer Notiz für Fritz Wacker u. a. folgen- diesem Wege um einen Briefentwurf Riemer an des fest: Er habe Dr. Horst-Ludwig Riemer gebeten, Graf Lambsdorff (wegen Hagen-Kabel). Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff wissen zu lassen, welchen Einbruch es bei der Feldmühle Nemitz hätte mit Rie. vereinbart, daß dieser den und bei der Konzeption Nordrhein-Westfalen gebe, Brief an Lambsdorff schickt." wenn man den Bedenken des Bundeskartellamtes folge. Seitens des Hauses Flick wolle man sich je- Ob Dr. Horst-Ludwig Riemer daraufhin einen im denfalls nicht den Vorwurf machen lassen, nicht Hause Flick entworfenen Brief an Bundesminister vorab in aller Klarheit darauf hingewiesen zu ha- Dr. Otto Graf Lambsdorff geschrieben hat, hat der ben, welche katastrophalen Auswirkungen eine 1. Untersuchungsausschuß ebenfalls nicht feststel- Nichtgenehmigung des Projekts auf die Struktur len können. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

151 rich Karl Flick und Günter Max Paefgen im Politi- schen Club der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Bun- Anderweitige Unterstützung für den Flick-Konzern desminister Hans Matthöfer und dem Parlamenta- rischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme zu einem Mit Schreiben vom 21. Juni 1978 an den Parlamen- Gespräch zusammen. Der Termin war vom 1. Vor- - tarischen Staatssekretär beim Bundesminister für sitzenden der Friedrich-Ebert-Stiftung, Alfred Nau, Wirtschaft, Martin Grüner, setzte sich auch der Par- und ihrem Geschäftsführer Dr. Günter Grunwald lamentarische Staatssekretär beim Bundesminister vermittelt worden, die bei dem Gespräch anwesend für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen, und nach dem Gespräch bei der Übermittlung von Lothar Wrede, SPD-Bundestagsabgeordneter im Antragsunterlagen des Flick-Konzerns an Bundes- Wahlkreis Hagen, für den Feldmühle-Antrag ein. Er minister Hans Matthöfer behilflich waren. bat, Die Einladung zu dem Gespräch war schon einige ,,... dem Gesichtspunkt der Schaffung und Erhal- Zeit vorher auf Wunsch des Flick-Konzerns durch tung von Arbeitsplätzen in der ,Region östliches Alfred Nau ausgesprochen oder veranlaßt worden. Ruhrgebiet/Hagen bei der Abwägung gegenüber wettbewerbspolitischen Bedenken den Vorrang" Mit Schreiben vom 7. Juni 1978 an Dr. Günter Grun- wald hatte Günter Max Paefgen sie bestätigt und einzuräumen. In seinem Antwortschreiben vom weiter mitgeteilt: 7. Juli 1978 versicherte der Parlamentarische Staatssekretär Grüner, daß bei allen 6b-Verfahren „In Verfolg Ihrer Anregung, daß Herrn Matthöfer auch „regionalpolitische Aspekte" in die Beurtei- die Modernisierung der deutschen Wirtschaft be- lung einbezogen und beim Feldmühle-Antrag „alle sonders am Herzen liegt, haben wir uns inzwi- maßgeblichen Gesichtspunkte eingehend geprüft schen an US-Filter maßgeblich beteiligt. Hierüber und abgewogen" würden. würden wir Ihnen und insbesondere auch Herrn Matthöfer dann gern Näheres berichten." Mit Vermerk vom 22. Juni 1978 teilte Staatssekretär Dr. Karsten Detlev Rohwedder Bundesminister Außerdem hatte Paefgen eine Kurzdarstellung Dr. Graf Lambsdorff mit, er sei von einem Vertreter der Hauptthemen („Herabsetzung des vermögen der Feldmühle „um die Genehmigung nach 6 b der steuerlichen Schachtelprivilegs" und „Revision des bekannten Transaktion gebeten" worden. In dem amerikanisch-deutschen Doppelbesteuerungsab- Vermerk heißt es weiter: kommens") übersandt, die nach den Vorstellungen des Flick-Konzerns bei dem Gespräch behandelt „Da ich ... an einer etwaigen Besprechung dieses werden sollten. Er hatte dazu bemerkt, in dem Ge- Themas nicht teilnehmen kann, möchte ich Ihnen spräch werde sich sicher noch das eine oder andere sagen, daß ich für eine Genehmigung nach § 6 b Thema hinzugesellen. Am 9. Juni 1978 teilte Alfred EStG bin ... Nau Bundesminister Matthöfer mit, Dr. Friedrich Karl Flick und Günter Max Paefgen hätten sich für Schließlich muß man auch daran denken, daß wir das vereinbarte Gespräch bedankt, und fügte die die Zukunft des § 6 b nicht nur mit ,Grace-artigen` Kurzdarstellung der Hauptthemen für das Ge- Investitionen sichern können. Die an sich j a sehr spräch bei, die „entsprechend unserer Bitte" ange- kühle Einstellung z. B. der SPD-Fraktion läßt es fertigt worden sei. geraten erscheinen, diese Investition im Inland zu begünstigen. Ebenso wie Dr. Günter Grunwald bei seiner staats- Es wäre gut, wenn die Frage alsbald entschieden anwaltschaftlichen Vernehmung hat Hans Matthö- werden könnte. Einmal sind alle Argumente aus- fer vor dem 1. Untersuchungsausschuß erklärt, das getauscht und bekannt und zweitens beginnen Gespräch sei auf Wunsch Dr. Friedrich Karl Flicks die Politiker in der Stadt Hagen, im Landtag zustande gekommen, andererseits aber erklärt, er NRW und in der SPD-Bundestagsfraktion (Herr wisse nicht, was Nau und Dr. Grunwald veranlaßt Wehner) auf uns einzuwirken. Dessen sollte es habe, das Gespräch zu vermitteln. nicht bedürfen." Auch Dr. Rolf Böhme hat als Zeuge erklärt, nicht zu Dr. Otto Graf Lambsdorff, Staatssekretär Dr. Otto wissen, von wem letztlich die Initiative zu dem Ge- Schlecht und Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ha- spräch ausgegangen war. Nau und Dr. Grunwald ben als Zeugen vor dem 1. Untersuchungsausschuß von der Friedrich-Ebert-Stiftung seien die „Gastge- bestätigt, daß sich der damalige Vorsitzende der ber" gewesen und hätten dazu eingeladen; wie das SPD-Bundestagsfraktion, Herbert Wehner, für den gemanagt worden sei, wisse er nicht. Feldmühle-Antrag einsetzte. Nach Aussage von Hans Matthöfer als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß war für ihn der 152 Zweck des Gesprächs, Dr. Friedrich Karl Flick ken- nenzulernen. Er habe sich von ihm nicht einladen Treffen von Dr. Friedrich Karl Flick lassen wollen, aber auch selbst keinen Grund ge- mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer habt, ihn einzuladen; deshalb sei ihm „diese Lö- sung" recht gewesen. Am 28. Juni 1978 — kurz vor der Fertigstellung der Voten zum 2. Antragsblock im Bundesministerium Er hat weiter erklärt: für Wirtschaft und ihrer Übersendung an das Bun- „Wenn Herr Flick mir signalisieren wollte, er fi desministerium der Finanzen — trafen Dr. Fried- nanziere nicht nur die CDU/CSU und die FDP, er Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

sei nicht nur ein Freund von Franz Josef Strauß, deswirtschaftsministerium entsprechend vo- sondern habe auch gute Beziehungen zu Alfred tiert. Das gelte ausdrücklich auch für Grace. Nau, so war dies durch die telefonische Anfrage Im übrigen hätte Matthöfer uns ermuntert, bzw. Einladung Naus erfolgt. Es hätte eines Tref- gegebenenfalls noch weiteres in der Bundes- fens nicht mehr bedurft." republik- zu tun. Zu dieser Einschätzung, die er zunächst auf die Ein- 2. Paefgen hat mich ermächtigt, von dem Inhalt schaltung Naus bei der Vermittlung des Gesprächs, und dem Ergebnis des Gesprächs Gebrauch im übrigen aber auch auf die spätere Einschaltung zu machen. Naus bei der Übersendung von Antragsunterlagen bezogen hat, sehe er sich durch Lebenserfahrung 3. Ich habe Herrn Wacker unterrichtet. Herr veranlaßt. Wacker hat Herrn Mühl informiert, der wohl recht glücklich über diese Information war. Dr. Rolf Böhme hat ausgesagt, er habe sich bei der Mühl wird diese Information auf sein Votum Einladung zu dem Gespräch im Politischen Club aufschalten als Information seines Mini- der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Teilnahme sters. Naus und Dr. Grunwalds nichts Besonderes ge- Im übrigen ist Mühl bemüht, die Argumente dacht; er sei neugierig auf Dr. Flick gewesen. Er zusammenzustellen, die auch FM" ( = Feld- habe auch nichts von früheren Gesprächen zwi- mühle) „tragfähig machen." schen Repräsentanten des Hauses Flick und dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt sowie Gegenstand des Gesprächs waren — wie Hans dem ehemaligen Finanzminister Dr. Hans Apel ge- Matthöfer, Günter Max Paefgen und der Parlamen- wußt. Im übrigen hätte er das Gespräch wahr- tarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme überein- scheinlich nicht geführt, wenn „6 b" als Thema an- stimmend als Zeugen ausgesagt haben — zunächst gekündigt gewesen wäre. die von Paefgen Anfang Juni 1978 angekündigten Themen (Schachtelprivileg, amerikanisch-deut- An dem Gespräch selbst haben sich nach Aussagen sches Doppelbesteuerungsabkommen). Weiter steht Hans Matthöfers und Dr. Rolf Böhmes Alfred Nau fest, daß bei dem Gespräch, das nach Aussagen und Dr. Günter Grunwald, der ohnehin nur am Dr. Friedrich Karl Flicks sowie Dr. Günter Grun- Ende anwesend gewesen sei, nicht beteiligt. walds etwa eine Stunde, nach der Aussage Paefgens eher länger gedauert hat, über Grace und USF ge- Zum Gesprächsklima hat Hans Matthöfer als Zeuge sprochen worden ist. Über Umfang und Bedeutung erklärt, Dr. Friedrich Karl Flick sei befangen, zu- dieser Gesprächsthemen weichen die Zeugenaussa- rückhaltend und schüchtern gewesen; es sei kein gen allerdings voneinander ab. Während nach der Klima wie bei einem Gespräch mit Eberhard von Aussage von Dr. Rolf Böhme über Grace nur am Brauchitsch gewesen. Allerdings treffe es nicht zu, Rande gesprochen worden sein soll, hat Paefgen daß er — wie Dr. Günter Grunwald bei seiner bekundet, Bundesminister Hans Matthöfer habe staatsanwaltschaftlichen Vernehmung berichtet sich eine genaue Schilderung geben lassen, was hatte — am Ende des Gesprächs über geringe steu- Grace sei; das könne eine Viertelstunde, vielleicht errechtliche Kenntnisse Dr. Flicks erstaunt gewe- auch eine halbe Stunde gedauert haben. sen sei und zu Dr. Grunwald gesagt habe, er würde aufgrund dieses Gesprächs von Dr. Flick „nicht ein- Nach der Erinnerung Dr. Friedrich Karl Flicks ist mal ein Käsebrötchen annehmen". über das Grace-Engagement allgemein berichtet worden. Dr. Günter Grunwald hat bei seiner staats- Auch Günter Max Paefgen konnte sich als Zeuge anwaltschaftlichen Vernehmung erklärt, es sei über nicht erinnern, eine derartige Außerung Hans Matt- die Anwendung deutschen technischen Know-hows höfers gehört zu haben. Es habe bei dem Gespräch bei Grace in den USA diskutiert worden. Über USF auch keine gespannte Atmosphäre geherrscht. Eine und die Technologie dieses Unternehmens ist nach — allerdings rein sachliche — Auseinandersetzung Aussagen von Dr. Friedrich Karl Flick und Günter habe es nur zu der Frage gegeben, ob § 6 b eine Art Max Paefgen ebenfalls ausführlich berichtet wor- „Mittelstandsparagraph" sei, wie es der Parlamen- den, wobei Paefgen hervorgehoben hat, Bundesmi- tarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme vertreten nister Hans Matthöfer habe sich dafür sehr inter- habe. essiert. Auch dies könne eine Viertelstunde gedau- Über den Inhalt des Gesprächs liegt keine schriftli- ert haben. che Aufzeichnung eines Gesprächsteilnehmers vor. Auch Matthöfer hat bestätigt, daß über USF berich- Günter Max Paefgen hat allerdings anschließend tet worden sei; er habe dann aber gebeten, ihm über das Gespräch Eberhard von Brauchitsch be- schriftliche Unterlagen hierüber zuzusenden, weil richtet, der in einer Notiz folgendes festhielt: er sich durch Lesen besser informieren könne.

„1. ... Man habe ausführlich über das Thema Nach Aussagen von Dr. Friedrich Karl Flick und Grace sprechen können, Kooperationsver- Günter Max Paefgen hat Bundesminister Hans trag, Know-how-Austausch etc. etc. Matthöfer im Zusammenhang mit dem Bericht Matthöfer und Böhme hätten erklärt, daß sie über die Auslandsengagements des Flick-Konzerns (Bundesfinanzministerium) den gesamten sinngemäß gefragt, wo denn der Finanzminister zweiten Geleitzug ohne Beanstandungen bleibe, worauf Dr. Flick geantwortet habe, daß aus durchlaufen lassen würden, wenn das Bun der Daimler-Transaktion 300 Millionen DM an das Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Finanzamt gingen. Der Zeuge Matthöfer hat nach Außerdem hat er auf die erneute Frage nach der seiner Aussage in diesem Zusammenhang empfoh- Richtigkeit der Notiz von Eberhard von Brauchitsch len, weniger im Ausland und mehr im Inland zu geantwortet: investieren, was sich mit der Ziff. 1 letzter Absatz der Notiz von Eberhard von Brauchitsch deckt. „Dies ist übertrieben. Aber es gibt ... die Stim- mung wieder. Wir sind vorsichtiger gewesen in Die Frage, inwieweit nicht nur über die Unterneh- dem, was wir gesagt haben." men Grace und USF und deren Technologie, son- dern auch über § 6 b (und § 4 AIG) sowie speziell Weiter meinte er, Dr. Friedrich Karl Flick oder Gün- auch über die Behandlung der Anträge des 2. An- ter Max Paefgen, die von Brauchitsch über das Ge- tragsblocks im Bundesministerium der Finanzen spräch berichteten, hätten „natürlich gern etwas gesprochen worden ist, haben die Zeugen unter- Positives da heraushören wollen", und von Brau- schiedlich beantwortet. Wie bereits erwähnt, ist chitsch habe es dann noch einmal positiver formu- nach der Aussage Günter Max Paefgens über die liert, um es ein bißchen festzunageln. „Dies hat" — vom Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf so hat der Zeuge hinzugefügt — „alles nichts mit Böhme aufgeworfene Frage diskutiert worden, ob dem Bundesminister der Finanzen zu tun". § 6 b eine Art „Mittelstandsparagraph" sei; dies habe ca. eine Viertelstunde gedauert. Demgegenüber Nach den Aussagen der Beteiligten vor dem 1. Un- hatte Dr. Günter Grunwald, der allerdings nicht bei tersuchungsausschuß steht zwar nicht fest, daß dem gesamten Gespräch anwesend gewesen sein Bundesminister Hans Matthöfer und der Parlamen- soll, bei seiner staatsanwaltschaftlichen Verneh- tarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme sich zum mung erklärt, über 6 b sei überhaupt nicht gespro- 2. Geleitzug so äußerten, wie es Eberhard von Brau- chen worden. Dr. Böhme, der zunächst erklärt hatte, chitsch in seiner Notiz, die schließlich auch nur auf es sei bei dem Gespräch überhaupt nicht um die dem Bericht Günter Max Paefgens über das Ge- Anträge des Flick-Konzerns gegangen, hat später spräch basiert, festhielt. Wenn in dieser Notiz nach eingeräumt, es sei „am Rande" über die Anträge des Aussage Matthöfers aber jedenfalls die „Stimmung" Flick-Konzerns gesprochen worden. richtig wiedergegeben sein soll, kann es sich nicht um „Phantasiedenken" oder ein „Zerrbild der Wirk- Hans Matthöfer hat erklärt, das Thema 6 b könne lichkeit" handeln, wie es Dr. Böhme als Zeuge er- nicht länger als drei oder vier Minuten gedauert klärt hat. Der 1. Untersuchungsausschuß ist daher haben. der Überzeugung, daß bei dem Gespräch am 28. Juni 1978 Äußerungen gemacht wurden, die so Zu der Frage, ob Bundesminister Hans Matthöfer verstanden werden konnten, als werde das Bundes- und der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf ministerium der Finanzen sich nicht gegen ein posi- Böhme — wie Eberhard von Brauchitsch im An- tives Votum des Bundesministeriums für Wirtschaft schluß an das Gespräch von Günter Max Paefgen beim 2. Geleitzug sperren. Daß der Zeuge Paefgen, erfahren haben will und notiert hat — erklärt ha- der von Brauchitsch über das Gespräch berichtet ben, sie ließen den „2. Geleitzug" einschließlich hatte, sich daran nicht mehr erinnert hat, steht dem Grace durchlaufen, wenn das Bundesministerium nicht entgegen. Die später ganz deutlich hervorge- für Wirtschaft entsprechend votiere, hat Paefgen tretene ablehnende Haltung des Parlamentarischen erklärt, er wisse nicht mehr, ob von einem Votum Staatssekretärs Dr. Böhme gegenüber dem Grace des Bundesministeriums für Wirtschaft die Rede II-Antrag und Bundesminister Hans Matthöfers ei- gewesen sei; über Einzelheiten sei nicht gesprochen gene Aussage zu Grace II sprechen allerdings da- worden. für, daß es jedenfalls hinsichtlich Grace II eher Äu- ßerungen von Bundesminister Matthöfer waren, die Dr. Rolf Böhme hat in Abrede gestellt, daß derartige zu den Bemerkungen in der Notiz von von Brau- Erklärungen damals abgegeben worden seien; was chitsch über die zu erwartende Stellungnahme des Eberhard von Brauchitsch notiert habe, sei „Phan- Bundesministeriums der Finanzen zum 2. Geleitzug tasiedenken", ein „Zerrbild der Wirklichkeit". Er führten. habe seine grundsätzlich ablehnende Haltung zu dem Auslandsengagement Grace niemals geän- Nach der Aussage Hans Matthöfers ist während des dert. Gesprächs von Dr. Friedrich Karl Flick im übrigen Hans Matthöfer hat hierzu einerseits erklärt, die auch nicht andeutungsweise bemerkt worden, er Notiz von Eberhard von Brauchitsch sei „ganz si- habe schon etwas für Alfred Nau getan (gemeint cher falsch", allerdings hinzugefügt, er habe nie vor- waren offenbar Spenden an die Friedrich-Ebert- gehabt, USF zu genehmigen. Wegen dieser Bezug- Stiftung). Er, Matthöfer, habe im übrigen auch nie- nahme auf USF kann nicht ausgeschlossen werden, mals mit Nau über § 6 b EStG gesprochen und sei daß er sich hier irrtümlich nicht zum 2. Geleitzug, von Nau auch niemals auf § 6 b EStG angesprochen sondern zu USF geäußert hat. Er hat andererseits worden. in bezug auf Grace II ausgesagt: Nach einem Gespräch zwischen Günter Max Paef- „Dann habe ich gesagt: Erstens, wenn das Wirt- gen und Alfred Nau wiesen Paefgen und Eberhard schaftsministerium dafür sein wird — es ist fe- von Brauchitsch am 31. Juli 1978 Rudolf Diehl an, derführend —, kann ich mir nicht vorstellen, daß der Friedrich-Ebert-Stiftung wie im Vorjahr 250 000 es Schwierigkeiten gibt. Für das Bundesministe- DM zu überweisen. Mit dem Betrag wurde die Feld- rium der Finanzen kann ich nicht sprechen. Das mühle AG belastet. Dr. Friedrich Karl Flick wurde müssen wir erst prüfen." über die Spende unterrichtet. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- zeichnete englische Fassung der Kooperationsver- ausschuß weisen darauf hin, daß die Friedrich- einbarung im Bundesministerium für Wirtschaft Naumann-Stiftung bereits im Mai 1978 eine eintraf — erstellte Ministerialrat Dr. Wolfgang Spende in Höhe von DM 500 000 „wg. Genscher" Mühl einen Vermerk, in dem er zu einer insgesamt erhalten hatte. positiven Bewertung des Grace II-Antrages kam. - Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Zu der Frage, ob Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß gegenüber Dr. Robert Wandel bereits bei dem Tele- machen darauf aufmerksam, daß irgendein Be- fongespräch am 26. Juni 1978 auf eine Koopera- zug der Spende zu Hans-Dietrich Genscher nicht tionsvereinbarung Grace/PCV hingewiesen und besteht, ebensowenig ein Zusammenhang — an- veranlaßt hatte, daß Dr. Robert Wandel die Anre- ders als bei den Spenden an die Friedrich-Ebert- gung von Auflagen zurückzog, hat Dr. Mühl bei sei- Stiftung — zum Steuerbescheinigungsverfahren. ner Vernehmung erklärt, möglicherweise sei der deutsche, nicht unterzeichnete Text der Koopera- 153 tionsvereinbarung schon am 26. Juni 1978 eingetrof- fen oder seine Übersendung von Fritz Wacker ange- Die Kooperationsvereinbarung zwischen Grace kündigt worden. Dr. Wandel habe seine Anregung, und PCV die Grace II-Bescheinigung mit Auflagen zu verse- hen, aufgrund der Hausbesprechung vom 27. Juni In den letzten Juni-Tagen des Jahres 1978 kam die 1978 zurückgezogen. Bearbeitung der Anträge des 2. Antragsblocks im Bundesministerium für Wirtschaft in die entschei- dende Phase. Am 26. Juni 1978 übersandte Fritz 154 Wacker mit einem Begleitschreiben vom selben Die Voten im Bundesministerium für Wirtschaft Tage ergänzende Angaben zum Feldmühle-Antrag zum 2. Antragsblock und zum Buderus II-Antrag sowie den deutschen Am 28. Juni 1978 erstellte Ministerialrat Dr. Wolf- Text einer jedoch noch nicht unterzeichneten Ko- gang Mühl nicht nur zu Grace II, sondern auch zu operationsvereinbarung zwischen Grace und PCV Feldmühle und Buderus II — also zum gesamten auf den Gebieten der Kohleverwertung einschließ- 2. Antragsblock — Vermerke mit ausführlich be- lich Energietechnik und chemischer Verfahrens- gründeten positiven Voten. technik sowie verwandter Bereiche. Das Begleit- schreiben ist am 27. Juni 1978 von Ministerialrat Zur Veräußerungsseite wurde bemerkt, daß bereits Dr. Wolfgang Mühl abgezeichnet worden. Die am 1976 festgestellt worden sei, daß sie nicht als nega- 28. Juni 1978 unterzeichnete englische Fassung der tiv bewertet werden könne. Unter Berücksichtigung Kooperationsvereinbarung erhielt er am 29. Juni der inzwischen weitgehend realisierten Weiterpla- zierung der Anteile der Daimler-Schachtel ergäben 1978. Ausweislich eines Vermerks des Leiters des Industriereferates, Ministerialrat Dr. Robert Wan- sich keine Gesichtspunkte, die der damaligen Beur- teilung entgegenstünden. Auch wurde untersucht, del, vom 28. Juni 1978 telefonierte Ministerialrat ob durch den Übergang des Aktienpaketes auf die Dr. Wolfgang Mühl bereits am 26. Juni 1978 mit ihm Mercedes-Holding das relative Gewicht des Schach- wegen dieser Kooperationsvereinbarung vor dem telbesitzers Deutsche Bank bei Daimler zwar nicht Hintergrund von dessen früheren Anregungen zu Auflagen. Ministerialrat Dr. Wandel bezog sich in rechtlich, aber tendenziell wirtschaftlich größer ge- diesem Vermerk nämlich auf seinen Vermerk vom worden sei. Eine solche „nicht auszuschließende bloße Tendenz" sei jedoch wegen der weitgehenden 2. Februar 1978, in dem er Bedingungen und Aufla- Weiterplazierung der Daimler-Schachtel nicht ge- gen für eine Grace II-Beteiligung angeregt hatte, -eignet, „dem Veräußerungsvorgang einen struktur und auf ein Telefonat mit Ministerialrat Dr. Wolf- und wettbewerbspolitisch insgesamt negativen gang Mühl am 26. Juni 1978 und teilte letzterem mit: Stempel aufzudrücken". Im Ergebnis sei der Veräu- ßerungsvorgang als neutral anzusehen. „Nachdem Ihnen die Antragstellerin nochmals den unternehmerischen Charakter ihres Grace Zum Antrag Buderus II wurde zusammenfassend festgestellt, die Kapitalerhöhung bei der Buderus Engagements glaubhaft dargelegt hat (behutsa- mer Aufbau einer faktisch dominierenden Betei- AG sei geeignet, die Unternehmensstruktur der ligung, Vorlage vom 26.6. 78 über eine Koopera- Wirtschaftszweige Luft- und Klimatechnik, Gieße- tionsvereinbarung Flick/Grace), erscheint es ent- reien und Haushaltsgroßgeräte zu verbessern. behrlich, bei der Erteilung einer Bescheinigung Durch die Kapitalerhöhung bei der Edelstahlwerke eine Auflage zu machen; ich ziehe daher meine Buderus AG solle die Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens fi- diesbezügliche Anregung zurück." nanziert werden. Der Erwerb der Anteile aus der Kapitalerhöhung dieses Unternehmens durch den Am 27. Juni 1978 — dem Tag des Eingangs des deut- Flick-Konzern sei geeignet, die Unternehmens- schen Entwurfs der Kooperationsvereinbarung — struktur des Wirtschaftszweiges Edelstahlerzeu- erklärte Ministerialrat Dr. Robert Wandel nach ei- gung zu verbessern. nem Vermerk von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl außerdem in einer Hausbesprechung, eine po- Beim Feldmühle-Antrag wurden ausführlich die sitive Beurteilung von Grace II werde von keiner Auswirkungen auf die Branchenstruktur unter- weiteren Bedingung abhängig gemacht. Bereits am sucht. Das Bundesministerium für Wirtschaft kam 28. Juni 1978 — also einen Tag, bevor die unter zu dem Ergebnis, es sei branchenstrukturpolitisch Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode positiv zu werten, wenn die Feldmühle durch ihr Ferner wurde geprüft, ob die Maßnahme der Ver- Investitionsvorhaben von 415 Millionen DM, d. h. stärkung der internationalen Arbeitsteilung diene. durch den Aufbau von nach Größe und Technologie Nach Auffassung des Bundesministeriums für Wirt- international wettbewerbsfähigen Produktionsein- schaft habe die Verstärkung des unternehmeri- heiten, die Stellung der deutschen Papierindustrie schen Einflusses bei Grace das Ziel, die Koopera- - insgesamt stärke und auch Impulse für eine weitere tionsvorhaben „besser durchsetzen zu können". Die Modernisierung der inländischen Produktionsanla- sich ergänzenden Produktionsprogramme von Dy- gen gebe. Damit werde gleichzeitig ein Beitrag zur namit Nobel und Grace böten „zahlreiche Ansatz- Sicherung von Produktion und Arbeitsplätzen in punkte für einen Ausbau der internationalen Ar- der Bundesrepublik Deutschland gegen leistungsfä- beitsteilung". Dabei seien unter wirtschaftspoliti- hige Wettbewerber vor allem aus Skandinavien und schen Gesichtspunkten insbesondere der bessere den USA geleistet. Ferner sei es volkswirtschaftlich Zugang für Dynamit Nobel zu einer Reihe wichtiger positiv zu werten, daß das Investitionsvorhaben in Chemie- und Energierohstoffe sowie der Zugang zu Zeiten allgemeiner Investitionsschwäche durchge- dem Know-how von Grace insbesondere im Che- führt werde und daß die damit verbundene Techno- mie-Bereich interessant. Ferner sei unter wirt- logie zu Rohstoffeinsparungen bei Zellstoff führe. schafts- und energiepolitischen Aspekten die ver- Schließlich seien auch die regional- und arbeits- einbarte Zusammenarbeit in der Kohletechnologie marktpolitischen Komponenten des Investitions- interessant, und zwar speziell in der Kohleverga- vorhabens volkswirtschaftlich positiv zu bewerten. sung. Ein konkreter Kooperationsvertrag zwischen Die „begründeten wettbewerbspolitischen Beden- Grace und der PCV, die vornehmlich in dem Be- ken" gegen das Investitionsvorhaben des Marktfüh- reich der Kohletechnologie tätig sei, sei am 28. Juni rers Feldmühle auf dem Sektor der graphischen 1978 abgeschlossen worden. Der Erwerbsvorgang Papiere würden demgegenüber „nicht als so durch- Grace II diene daher der internationalen Arbeitstei- schlagend eingestuft, daß sie insgesamt einer bran- lung. chenstrukturell positiven Beurteilung" entgegen- stünden. Nach Auffassung des Bundesministeriums für Wirt- schaft ergebe sich die — nach dem Gesetz ebenfalls Zum Antrag Grace II wurde eingehend untersucht, geforderte — „volkswirtschaftliche besondere För- ob der Erwerbsvorgang zur Verstärkung der welt- derungswürdigkeit" aus der dargestellten Eignung, wirtschaftlichen Verflechtung im Sinne des § 4 AIG der internationalen Arbeitsteilung oder einer ver- beitragen werde. Voraussetzung sei ein Kapitalex- stärkten weltwirtschaftlichen Verflechtung zu die- port in der Form unternehmerischer Direktinvesti- nen, es sei denn, andere Gesichtspunkte, z. B. wäh- tion im Ausland. Ebenso wie der erste Erwerbsvor- rungs-, arbeitsmarkt- oder wettbewerbspolitischer gang (Grace I) sei auch die Beteiligungsaufstok- Art, stünden dem entgegen. Währungspolitisch kung (Grace II) als „echtes unternehmerisches En- seien in der derzeitigen Währungssituation Kapital- gagement" zu werten. Zum einen werde der Flick exporte als Gegengewicht zu den damaligen Han- Konzern dadurch in der Grace-Hauptversammlung delsbilanzüberschüssen aber eher positiv zu bewer- eine „überragende Stellung" einnehmen, obwohl ten. Arbeitsmarktpolitisch müsse zwar geprüft wer- nicht verkannt werde, daß die Familie Grace mit rd. den, ob mit dem Export von Kapital auch ein „Ex- 3 % der Aktien wegen der bestehenden Mehrstimm- port von Arbeitsplätzen" verbunden sei. Da es aber rechtsaktien einen über ihren Kapitalanteil hinaus- keine nennenswerten Überschneidungen in den gehenden Einfluß besitze. Die „überragende Stel- Produktionsprogrammen des Flick-Konzerns und lung" des Flick-Konzerns ergebe sich aus dem ame- der Grace-Gesellschaften gebe, sei nicht mit einer rikanischen Stimmrechtssystem, wonach die Aktio- Produktionseinschränkung beim Flick-Konzern zu näre im allgemeinen Mitglieder der eigenen Gesell- rechnen. Die beabsichtigte Erschließung neuer schaft (statt — wie in Deutschland üblich — Ban- Märkte und die Zuführung von ausländischem ken) mit der Ausübung ihres Stimmrechts beauf- Know-how seien geeignet, die Produktion und Be tragten und das dadurch entstehende Gremium die schäftigung in den Flick-Gesellschaften dauerhaft Mitglieder des „board of directors" wähle, das wei- zu stützen. Auch wettbewerbspolitische Bedenken tergehende Befugnisse als ein deutscher Aufsichts- bestünden nicht, da das Bundeskartellamt die Be- rat habe. Zudem sei zu erwarten, daß sich der Ein- teiligungsaufstockung nicht untersagt habe und fluß des Flick-Konzerns auch in diesem Board ver- zwischen den Vertragspartnern nur unwesentliche stärken werde; der Anteil ihrer Mandate — derzeit Überschneidungen auf dem deutschen Markt be 3 von 27 — werde sich erhöhen; daraus resultiere stünden. Im Ergebnis sei daher der Erwerbsvor- „eine Verstärkung der Einflußmöglichkeiten auf die gang positiv zu bewerten. aktive Geschäftspolitik von Grace". Mittelfristig sei zudem geplant, daß der Flick-Konzern einen der geschäftsführenden Direktoren und ggfs. den Chairman stelle, der in der Hierarchie der Gesell- 155 schaft direkt unterhalb des Präsidenten (hier also: Peter Grace) stehe. Das Produktionsprogramm von Die ergänzende Stellungnahme des Abteilungsleiters Grace ergänze in besonderem Maße das der Flick Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmeyer Gesellschaft Dynamit Nobel. Daher stelle sich die Beteiligung an Grace als Teil einer unternehmeri- Nach Mitzeichnung durch die beteiligten Referate schen Konzeption dar, die auf den Aufbau von inter- wurden diese Stellungnahmen am 30. Juni 1978 mit nationalen Verbindungen auf der Vorprodukten einer zusammenfassenden Vorlage des Referats wie auf der Absatzseite abziele. Steuerpolitik, die den Vorschlag enthielt, alle drei Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Anträge mit positivem Votum an das Bundesmini- Sicht klaren — Grace-Antrag „abhandeln" und da- sterium der Finanzen weiterzuleiten, dem Minister mit das Instrument des § 4 AIG gefährden lassen zur Billigung vorgelegt, wobei auch bereits auf zu dürfe. Seine Stellungnahme vom 30. Juni 1978 habe erwartende Widerstände des Bundesministeriums er im Anschluß an eine Diskussion mit den beteilig- der Finanzen im Fall Grace hingewiesen wurde. ten Beamten im Bundeswirtschaftsministerium ab- Der Leiter der Abteilung „Wirtschaftspolitik" im gefaßt. Während zwei Fachreferate Bedenken ge- Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialdi- habt hätten, weil Feldmühle als marktstärkstes Un- rektor Dr. Hans Tietmeyer, fertigte eine eigene er- ternehmen noch stärker werden könne oder weil gänzende Stellungnahme zum Feldmühle-Antrag, die vom Flick-Konzern vorgetragenen Prognosen die folgenden Wortlaut hatte: zur Marktentwicklung nicht als realistisch erschie- nen seien, habe er die arbeitsmarktpolitischen Wir- „Trotz der m. E. sehr gewichtigen Bedenken und kungen des Feldmühle-Vorhabens für wichtiger ge- Einwände der Referate I B 6 und I C 1 unterstütze halten. Arbeitsmarktpolitische Überlegungen seien ich das Votum des Referates I A 3 für eine posi- auch der Hintergrund seiner Hinweise auf die „ge- tive Entscheidung des Antrags. Ausschlaggebend samtpolitische Situation" bezüglich der Diskussion für meine Stellungnahme ist letztlich die gesamt- um § 6 b EStG und § 4 AIG sowie auf die Gefahr politische Situation in bezug auf die Diskussion einer Verschärfung der Diskussion um eine Ein- um den § 6 b EStG und des § 4 Auslandsinvesti- schränkung oder Abschaffung dieser Vorschriften tionsgesetz. Würden wir den Feldmühleantrag ab- gewesen. Er habe im Auge gehabt, daß das „Arbeits- lehnen, so bestünde ernsthaft Gefahr, daß sich platzargument" gegenüber dem „Wettbewerbsstruk- die Diskussion um die Einschränkung bzw. Ab- turargument" bei § 6 b EStG ein stärkeres Gewicht schaffung mindestens des § 4 AuslInvG (evtl. bekommen habe. Zudem sei damals die Frage dis- auch des § 6b EStG) verschärfen würde. kutiert worden, ob durch Auslandsbeteiligungen der Export von Arbeitsplätzen gefördert werde und Für das weitere Verfahren halte ich folgende deshalb Auslandsbeteiligungen nicht mehr förde- Punkte für wichtig: rungswürdig sein könnten; nach seiner Auffassung schafften Direktinvestitionen im Ausland mit wirk- — Wir sollten dem BMF gegenüber deutlich ma- licher Kooperation Arbeitsplätze im Inland und chen (mindestens mündlich), daß wir unser machten sie sicherer. Wenn damals Grace II — ein vorläufiges Votum zu den Anträgen als nicht Fall, der für ihn nach den damaligen Informationen aufschnürbares Gesamtpaket ansehen (es be- „klar" gewesen sei — gefördert worden wäre, der steht nämlich ernsthafte Gefahr, daß BMF Feldmühle-Antrag jedoch abgelehnt worden wäre, den m. E. positiv zu beurteilenden Grace-An- wäre eine Verschärfung der Diskussion in die von trag ablehnt). ihm für falsch gehaltene Richtung entstanden, nämlich Direktinvestitionen im Ausland nicht mehr — Im Hinblick auf die Gefahr, daß uns bei mög- zu fördern; daher sei es ihm darum gegangen, der lichen späteren Schwierigkeiten der Wettbe- „Arbeitsmarktargumentation" bei § 6 b EStG — hier werber der „Schwarze Peter" zugespielt wird, beim Feldmühle-Antrag — stärkeres Gewicht bei- sollten wir in etwaigen öffentlichen Stellung- zumessen. nahmen stets deutlich machen, daß die An- wendung des § 6 b keine Subvention darstellt, Der Zeuge Dr. Schlecht hat zu der Empfehlung von sondern lediglich die Beseitigung eines steu- Dr. Tietmeyer, die Anträge „als Gesamtpaket" zu erlichen Hemmnisses für die Kapitalmobili- betrachten, erklärt, dies sei eine „politisch-takti- tät." sche, prozedurale" Überlegung gewesen. Nachdem die Prüfung im Bundesministerium für Wirtschaft Staatssekretär Dr. Otto Schlecht vermerkte darauf nach Recht und Gesetz und Verwaltungspraxis ab- am 3. Juli 1978: geschlossen gewesen sei, sei es darauf angekom- men, das Bundesministerium der Finanzen zu über- „Ich stimme im Ergebnis dem Votum von AL I zu, zeugen und zur Übernahme der positiven Voten des wenn auch z. T. aus anderen Gründen (es gibt Bundeswirtschaftsministeriums zu bringen. neben den m. E. etwas gefährl. pol. Erwägungen auch gute gesamtwirtschaftl. Argumente, die die wettbewerbspol. Bedenken überwiegen)." 156 Damit wurde der Gedanke einer Behandlung der Anträge als „Paket" erneut angesprochen, der be- Besprechung auf Leitungsebene über die reits in dem Gespräch zwischen Eberhard von Entscheidungsvorschläge Brauchitsch und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am 3. März 1978 eine Rolle gespielt hatte. Dr. Hans Zur Ausräumung der Meinungsverschiedenheiten Tietmeyer hat als Zeuge dazu erklärt, im Bundes- im Falle Feldmühle, aber auch wohl wegen dieser ministerium der Finanzen habe man damals den Zusatzbewertungen, fand nach der Aussage von Mi- Grace II-Antrag eher negativ, den Feldmühle-An- nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl als Zeuge am 3. Juli trag eher positiv beurteilt. Er habe aber klarma- 1978 eine Besprechung bei Bundesminister Dr. Otto chen wollen, daß man sich wegen des letztlich posi- Graf Lambsdorff statt, die in den Akten des Bun- tiven Votums zum Feldmühle-Antrag vom Bundes- desministeriums für Wirtschaft nicht vermerkt ist. ministerium der Finanzen nicht den — aus seiner Teilnehmer waren neben dem Minister: Staatsse- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode kretär Dr. Otto Schlecht, der Parlamentarische 157 Staatssekretär Martin Grüner, Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmeyer, der neue Leiter des Minister- Antwort von Bundeswirtschaftsminister büros, Regierungsdirektor Dr. Thomas Hertz, sowie Dr. Otto Graf Lambsdorff Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl. Es ging um die an den Landtagsabgeordneten Dr. Dieter Haak fortbestehenden Bedenken in Teilen der von Dr. Hans Tietmeyer geleiteten Abteilung I (Wirtschafts- Ebenfalls am 3. Juli 1978 entwarf Ministerialrat politik), nämlich im Wettbewerbs- und im Struktur- Dr. Wolfgang Mühl ein Antwortschreiben für Bun- referat. Nachdem die sachlichen Argumente erör- desminister Dr. Otto Graf Lambsdorff an den Land- tert und abgewogen worden seien, habe der Mini- tagsabgeordneten Dr. Dieter Haak. Er schlug darin ster, wie Dr. Mühl weiter ausgesagt hat, erklärt, daß vor, diesem zu versichern, daß bei den Verfahren ihn die eingehende Prüfung und Würdigung beein- nach § 6 b EStG stets auch regionalpolitische druckt habe und daß er zusammen mit Staatssekre- Aspekte in die Beurteilung einbezogen würden; im tär Dr. Schlecht, dem Abteilungsleiter und dem Re- übrigen werde stets u. a. das Wirtschaftsministe- feratsleiter dem Rat der Fachebene folge. Es habe rium des betroffenen Landes beteiligt. Wegen des — wie Dr. Mühl weiter bekundet hat — zudem Steuergeheimnisses könne man auf Einzelheiten Druck von politischer Seite gegeben, im Falle Feld- nicht eingehen; auch im Falle Feldmühle seien aber mühle schnell und positiv zu entscheiden. Dr. Mühl alle relevanten Gesichtspunkte eingehend geprüft hat insoweit vor dem 1. Untersuchungsausschuß auf und abgewogen worden. Der Brief wurde jedoch die Interventionen des Vorsitzenden der SPD-Land- nicht abgesandt. Vielmehr vermerkte Ministerialrat tagsfraktion von Nordrhein-Westfalen, Dr. Dieter Dr. Wolfgang Mühl am 4. Juli 1978, die Angelegen- Haak, des Parlamentarischen Staatssekretärs Lo- heit werde zwischen Bundesminister Dr. Otto Graf thar Wrede als Abgeordneter des Bundestagswahl- Lambsdorff und Dr. Dieter Haak telefonisch erle- kreises Hagen, des Staatssekretärs Dr. Karsten digt. Dr. Graf Lambsdorff hat dazu in seiner Schutz- Detlev Rohwedder und — wie sich aus dessen Ver- schrift ausgeführt, er habe Abg. Dr. Dieter Haak merk vom 22. Juni 1978 ergebe — des SPD-Frak- telefonisch geantwortet und ihn angesichts der kurz tionsvorsitzenden Herbert Wehner verwiesen. Bei bevorstehenden positiven Entscheidung dahinge- der Besprechung sei beschlossen worden, den ande- hend informiert, daß ein persönliches Gespräch ren Ministerien ein positives Votum zuzuleiten. nicht mehr notwendig sei.

Noch am selben Nachmittag rief Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Eberhard von Brau- chitsch an und teilte ihm mit, das Bundesministe- 158 rium für Wirtschaft gebe zu allen Anträgen gemäß § 6 b EStG und 4 AIG-Anträgen noch in dieser Wo- Telefonat von Eberhard von Brauchitsch mit dem che ein positives Votum an das Bundesministerium SPD-Bundestagsabgeordneten Egon Bahr der Finanzen und die zuständigen Landeswirt- am 3. Juli 1978 schaftsministerien heraus. Von Brauchitsch hielt aus diesem Anruf schriftlich fest: Ebenfalls am 3. Juli 1978 telefonierte Eberhard von Brauchitsch mit dem damaligen SPD-Bundesge- schäftsführer und Bundestagsabgeordneten Egon „Graf Lambsdorff hat mir sehr offen gesagt, daß Bahr, in dessen Flensburger Wahlkreis ein Zweig- es ihm und seinen Mitarbeitern außerordentlich werk der Feldmühle lag. Von Brauchitsch hielt in schwer gefallen sei, bei unserem zweiten 6 b/4- einer Notiz vom 4. Juli 1978 darüber fest: Geleitzug in allen Fällen positiv zu votieren. Hin- sichtlich Grace scheint der nun doch noch zu- „Betr.: 6b/4 — Egon Bahr (Bundesgeschäftsfüh- stande gekommene Kooperationsvertrag und die rer SPD) Art, in der er von uns in die Bearbeitung einge- fügt worden ist, eine Rolle gespielt zu haben. Hin- Aufgrund eines Anrufes von Herrn Werner (Be- sichtlich Fm scheint es ein einmaliger Fall zu triebsrat Feldmühle) habe ich am 3. Juli Herrn sein, daß gegen das eindeutige Votum des Bun- Bahr angerufen. Vorangegangen war ein Ge- deskartellamtes entschieden worden ist. Graf spräch zwischen Bahr und Werner in Flens- Lambsdorff hat mir erklärt, daß sich hier die Ver- burg, dem Bundestagswahlkreis von Egon Bahr. zögerung positiv ausgewirkt habe, weil die ver- Zur Vorbereitung des Gesprächs hatte Herr schiedenen von uns im Zusammenwirken mit der Dr. Geginat die in Kopie beigefügte Notiz ge- Fm noch erarbeiteten Gesichtspunkte letztlich zu macht. Bahr nannte unsere 6 b/4-Anträge eine einem positiven Übergewicht geführt hätten. Graf ,Schummelei'. Hiergegen habe ich mich verwahrt. Lambsdorff sagte wörtlich: ,Glauben Sie nur Bahr korrigierte sich dann dahingehend, daß nicht, daß die verschiedenen Hilfstruppen, die Sie nach seiner Auffassung der 6b für Fälle wie die mir direkt und indirekt ins Haus geschickt haben, Daimler-Abgabe überhaupt nicht gedacht sei. irgendeine Rolle gespielt hätten.' Vielmehr sei der Sinn des 6 b die Reinvestition bei Anlagen/Abgängen, die nicht in erster Linie Sobald wir wissen, daß die Voten des Bundeswirt- auf eigene Entscheidungen zurückzuführen sei- schaftsministeriums abgegangen sind, werden en. Bahr nannte als Beispiel die Umlegung eines wir auf den üblichen Wegen bei den Adressaten Betriebs von einem Stadtkern an die Peripherie intervenieren, um beschleunigte Behandlung si- einer Stadt usw. Ich habe Bahr gesagt, daß seine cherzustellen." Auffassung zwar die neuere Auffassung der SPD Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

und seines Kollegen Dr. Böhme sei. Der tatsächli- 159 che Grundgedanke des 6b sei jedoch unser Daim- ler-Fall. Das sei in der Gesetzesbegründung nach- Gespräche Eberhard von Brauchitschs zulesen und im übrigen auch anhand der Praxis mit Liselotte Funcke und Dr. Diether Posser der bisherigen 6 b-Bescheinigungen des Bundes- wirtschaftsministeriums nachzuvollziehen. In Am 4. Juli 1978- führte Eberhard von Brauchitsch Wirklichkeit stoße sich die SPD an der Größen- das ins Auge gefaßte zweite Gespräch mit der Ha- ordnung unseres 6 b-Falls. Insoweit könnten wir gener F.D.P.-Bundestagsabgeordneten Liselotte uns mit Sicherheit niemals verständigen, denn Funcke. Themen waren — nach einer vermutlich Größenordnungen seien für uns keinesfalls Krite- vom Sekretariat von Eberhard von Brauchitsch zu- rium für ,gut oder schlecht'. sammengestellten Auflistung der Gesprächsunter- lagen — steuerpolitische Fragen, vor allem aber die Bahr erklärte dann, daß er durchaus für Aus- Steuerbescheinigungsanträge. Unter anderem landsinvestitionen sei, auch für eine stärkere in wurde Bezug genommen auf das Gespräch von ternationale Verflechtung der deutschen Indu- Brauchitschs mit Wirtschaftsminister Dr. Horst strie. Er sähe lediglich nicht ein, daß hierfür steu- Ludwig Riemer vom 19. Juni 1978 sowie das Ge- erfreie Mittel beansprucht werden. Ich habe ver- spräch mit Frau Funcke vom 2. März 1978 und den sucht, Bahr darzulegen, daß auch das im Gesetz sich anschließenden Schriftwechsel. seine Grundlage finde. Im übrigen halten wir den Am folgenden Tag, dem 5. Juli 1978, stattete Eber- Begriff „steuerfreie Mittel" für fehl am Platze. hard von Brauchitsch dem nordrhein-westfälischen Wir hätten niemals Daimler abgegeben, wenn wir Finanzminister Dr. Diether Posser einen Besuch ab. nicht die Bedingungen zur Wiederanlage über 6 b Von Brauchitsch teilte Dr. Friedrich Karl Flick dar- und 4 gekannt hätten. Im übrigen sollte es sehr über mit, der Besuch sei ursprünglich wegen des wohl auch im Interesse der SPD liegen, daß die Gerling-Antrags geplant gewesen. Obwohl sein An- 29 % Daimler weit gestreut sind. Früher haben die liegen bereits erledigt sei, habe er an dem Besuch Sozialdemokraten gemault, daß Daimler in den festgehalten, weil Minister Dr. Posser im Gespräch Händen von drei Großaktionären war, jetzt paßt sei als Nachfolger von Ministerpräsident Heinz es den Herren nicht, daß weit gestreut ist. Kühn im Herbst 1978. Die Gesprächsthemen hielt von Brauchitsch nicht fest, vermerkte aber: Bahr kam dann auf FM Flensburg zu sprechen. Ich habe ihm die ganze Geschichte dargestellt „Das Gespräch mit Posser war besonders ange- und ihn auf die Konsequenzen einer Ablehnung nehm, weil er mir zu Beginn ganz freimütig ge- des 6 b-Antrages hingewiesen. Bahr wollte dezi- sagt hat, daß es kaum einen großen Steuerzahler diert wissen, ob Flensburg gestärkt wird, wenn im Lande Nordrhein-Westfalen gibt, der in sei- die Investitionen durchgeführt werden. Ich habe nem Hause ein so hohes Ansehen genieße wie gesagt, daß mindestens eine Schwächung von das Haus Flick. Er habe sich jedenfalls in dieser Flensburg unterbleibe, eine Schwächung, die un Richtung sachkundig gemacht; das gebe ihm ausweislich wäre, wenn das gesamte Reinvesti- (Posser) die Möglichkeit, auch offen über das eine tionsprogramm nicht gefahren werden kann. oder andere mit uns zu sprechen."

Abschließend habe ich Bahr angeboten, gelegent- lich ein Gespräch mit Dr. Geginat wegen Flens- 160 burg zu führen. Bahr kommt hierauf zurück ... " Die erste Prüfung der Anträge im Bundesministerium Egon Bahr hat vor der Staatsanwaltschaft ausge- der Finanzen sagt, zu keinem Zeitpunkt mit dem politischen Ent- scheidungsprozeß in den Verfahren nach § 6b EStG Inzwischen war das Bundesministerium der Finan- und § 4 AIG befaßt gewesen zu sein. zen offiziell mit den drei Anträgen befaßt worden. Mit Schreiben vom 6. Juli 1978 hatte Ministerialrat Er habe 1978 allerdings das Flensburger Feldmüh- Dr. Wolfgang Mühl die Anträge, die Antragsunterla- le-Werk besucht, um darauf hinzuwirken, daß Kon- gen und die Stellungnahmen des Bundesministe- zernpläne erörtert würden, die sich negativ für die riums für Wirtschaft dazu vom 28. Juni 1978 an das weitere Existenz der Feldmühle Flensburg hätten Bundesministerium der Finanzen mit der Bitte um auswirken können. Dies habe aber nichts mit dem Einverständniserklärung übersandt. 6 b-Antrag des Flick-Konzerns zu tun. Das Telefonat Nach Eingang des Vorganges bei dem Leiter der mit Eberhard von Brauchitsch habe für ihn „keine Abteilung Besitz- und Verkehrsteuern, Ministerial- Relevanz" gehabt. Er habe bei dem Gespräch nicht direktor Dr. Karl Koch, am 6. Juli 1978 wurde von zu erkennen gegeben, daß er seinen Standpunkt zu dem zuständigen Referat in einer Ministervorlage dem Komplex 6 b ändere. vom 10. Juli 1978 ein erster Überblick über das Be- gehren des Flick-Konzerns einschließlich der be- Über dieses Telefonat ließ Eberhard von Brau- reits genehmigten Anträge des 1. Antragsblocks so- chitsch wenige Tage später Günter Markscheffel wie einer Ankündigung des Gerling-Erwerbs er- unterrichten, u. a. mit der Bemerkung, er habe dem stellt. gesamten Gespräch mit Egon Bahr entnommen, daß dessen „Auffassung über 6b exakt die Diktion Dazu hatte der zuständige Unterabteilungsleiter, von Böhme enthält". Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner, zuvor den Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Referatsleiter, Ministerialrat Dr. Günter Söffing, Dieser Betrag ist nicht in der Buchführung über und seinen Mitarbeiter, Regierungsdirektor Dr. die sog. Dispositionskasse enthalten; er kann da- Arno Bordewin, um Rücksprache gebeten; worum her nur aus der sog. „Schwarzen Kasse" oder an- es dabei ging, läßt sich aus einer Randnotiz auf der deren Verfügungsmitteln stammen. Franz Josef Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirt- Strauß hat dazu als Zeuge ausgesagt, der Flick schaft zum Antrag Grace II schließen, wo bei dem Konzern habe- der CSU seit 1949 regelmäßig Stichwort „echtes unternehmerisches Engagement" Spenden zukommen lassen, darunter auch im handschriftlich vermerkt war: Wahljahr 1980, als er selbst für das Amt des Bun- deskanzlers kandidiert habe. Das hat er auf Vor- „Auslandsinvestitionen sollen in Deutschland Ar- halt auf ähnliche Summen, die mit seinem Na- beitsplätze sichern. Ist dies hier der Fall? Was ist men verbunden in vorangegangenen Jahren wie von den Ankündigungen im 1. Antrag in dieser auch im folgenden Jahr in den Diehlschen Listen Richtung erfolgt?" verzeichnet sind, erstreckt. Zu den jetzt vorgelegten Anträgen hieß es dann auch in der Vorlage, die Prüfung der Erwerbsvor- Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und gänge nehme noch einige Zeit in Anspruch, „zumal der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß wegen des Grace-Erwerbs auch eine Überprüfung weisen darauf hin, daß der Ausschuß nicht festge- unter außensteuerlichen Gesichtspunkten erforder- stellt hat, daß zu dem in der Liste notierten Zeit- lich ist". punkt eine Spende in der vermerkten Höhe in Richtung CSU geleistet wurde; ein Termin am 11. Diese auf dem Dienstweg über den Parlamentari- Juli 1978 fand ausweislich eines Vermerks von schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme an die Lei- Eberhard von Brauchitsch vom 17. Juli 1978 nicht tung des Ministeriums auf den Weg gebrachte Vor- statt. Außerdem war die angebliche Herkunft der lage wurde von Ministerialdirigent Dr. Adalbert Spende aus der „Sonderkasse" einem etwaigen Uelner am 11. Juli 1978, von Ministerialdirektor Dr. Spendenempfänger — wie sonst auch — nicht Karl Koch am 12. Juli 1978 sowie von Staatssekre- bekannt. Eine Einflußnahme bei den zuständigen tär Dr. Günter Obert am 17. Juli 1978 abgezeichnet Stellen auf das Steuerbescheinigungsverfahren und erreichte Bundesfinanzminister Hans Matthö- hat der Ausschuß nicht festgestellt. fer am 2. August 1978, nachdem am 31. Juli 1978 dar- auf vermerkt worden war, der Parlamentarische Mit „Dannecker" war der dem Flick-Konzern durch Staatssekretär Dr. Rolf Böhme sei abwesend. einen Beratervertrag und seine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Konzern-Holding verbundene Münchener Rechtsanwalt Dr. Franz Dannecker ge- meint. Bei „Voss" handelte es sich um den früheren 161 Persönlichen Referenten von Franz Josef Strauß während dessen Zeit als Bundesfinanzminister, den Hinweise von Franz Josef Strauß CSU-Bundestagsabgeordneten Dr. Friedrich Voss, Auf die aus dem Bundesministerium der Finanzen der damals Mitglied des Finanzausschusses war zu erwartenden Bedenken wurde Dr. Friedrich Karl und weiter in Kontakt zu seinem ehemaligen Kolle- Flick über den CSU-Vorsitzenden Franz Josef gen Dr. Heribert Blaschke stand, der seinerseits die Strauß, damals noch Bundestagsabgeordneter, auf- Verbindung zum Bundesministerium der Finanzen merksam gemacht, der seinerseits von Dr. Heribert aufrechterhielt. Dr. Friedrich Voss scheint jedoch Blaschke unterrichtet worden war. In einem Ver- den ins Auge gefaßten Termin — wie andere frü- merk für Dr. Friedrich Karl Flick vom 28. Juni 1978 here — nicht wahrgenommen zu haben. Denn in betreffend einen „Termin FJS am 11. 7. 1978" hielt einem Vermerk für Dr. Friedrich Karl Flick vom Eberhard von Brauchitsch fest, Dr. Franz Dannek- 17. Juli 1978 zur Vorbereitung eines Treffens zwi- ker habe ihm soeben mitgeteilt, schen diesem und Franz Josef Strauß am 18. Juli erinnerte Eberhard von Brauchitsch u. a. daran, „der Termin am 11.7. könne mit ihm (Dannecker) daß und Voss stattfinden. FJ käme nur dann dazu, wenn auch Du dazukämest (!). Ich habe „F. J. ... Gespräche mit Dr. Voss angeregt (hatte), Dannecker gesagt, daß Du wegen Aufsichtsratsit- und zwar unter zweierlei Gesichtspunkten: zung Deutsche Bank etc. mit Sicherheit keine verbindliche Erklärung für den 11. Juli abgeben a) Position von Voss im Zusammenhang mit un- könntest. Dannecker selber war der Meinung, serem Steuerrechtsstandpunkt, daß für die Stif- daß es vielleicht zur Aufklärung des Sachverhalts tungen die erste Erbersatzsteuer als gezahlt gilt, (Stiftungen und § 4/Grace) richtiger sei, wenn wir so daß erst nach weiteren 30 Jahren effektiv ge- zu Dritt (Voss, Dannecker, v. B.) reden und an- zahlt werden muß. Voss hat das für die beiden schließend berichten. So sind wir verblieben." kleinen Stiftungen akzeptiert, nicht jedoch für die FKF-Stiftung. Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- ausschuß weisen darauf hin, daß in den Diehl- b) Angebliche Hinweise aus der Finanzverwal- schen Listen über „inoffizielle Zahlungen" für die tung (Bundesfinanzministerium?), daß unsere Be- CSU unter dem Datum 11.7.1978 eingetragen gründung für Grace (§ 4) nicht ausreiche. Feh- ist: lende Kooperationsverträge könnten möglicher- weise sogar die Genehmigung der ersten Tranche „FKF wg. F. J. S. 250 000". Grace rückwirkend unwirksam machen. 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Wir haben über Dannecker seit Anfang des Jah- spräch" und faßte die besprochenen Punkte hin- res immer wieder um Termin bei Voss gebeten. sichtlich der Steuerbescheinigungsanträge wie folgt Diese Termine sind jedoch nicht zustande gekom- zusammen: Die Vorlage von Kooperationsverträgen men oder von seiten Voss wieder gestrichen wor- mit Grace sei ursprünglich nicht möglich gewesen, den, so letztmalig der Termin vom 11. Juli 1978." da Grace in der Anlaufphase jede Kooperation ab- gelehnt habe.- Dies sei dem Bundesministerium für Ober die bei dem Treffen zwischen Dr. Friedrich Wirtschaft und dem Bundesministerium der Finan- Karl Flick und Franz Josef Strauß am 18. Juli 1978 zen bekannt geworden. Im übrigen bedeute eine in einem Münchener Restaurant, bei dem es auch Aufstockung auf über 25% nach amerikanischem um eine von Franz Josef Strauß gewünschte Beteili- Recht keine Sperrminorität; folglich könne man mit gung des Flick-Konzerns über dessen Tochterunter- dieser Beteiligung Grace nicht zur Kooperation nehmen Krauss-Maffei an Messerschmitt-Bölkow- zwingen. Nach amerikanischem Recht gelte der Blohm ging, zu §§ 6 b EStG und 4 AIG besprochenen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre; Fragen entwarf Dr. Franz Dannecker, der daran er verbiete Absprachen zugunsten einzelner Aktio- teilgenommen hatte, eine Notiz für Dr. Friedrich näre. Auch eine de-facto-Beherrschung sei nicht Karl Flick, die diesem im Entwurf übermittelt wur- möglich, da die Flick-Gruppe auch im Falle einer de. Darin heißt es, Franz Josef Strauß habe dort Beteiligung von 25% von 30 Board-Mitgliedern nur anhand einer Aktennotiz mitgeteilt, daß im Bundes- 6 stellen könne. Franz Josef Strauß empfahl daher ministerium der Finanzen „größte Bedenken" be- Dr. Friedrich Karl Flick, sich zu vergewissern, daß stünden hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 4 der nunmehr vorliegende Kooperationsvertrag im AIG auf die in den USA getätigten Investitionen. Sinne von § 4 AIG anerkannt werde. Wenn ein „Die bisher erteilte Genehmigung" — also Grace I „steuerlich anerkennungsfähiges Globalabkom- — „sei nur als vorläufig zu betrachten und könne men" nicht erreicht werden könne, müsse man zu- jederzeit widerrufen werden, wenn sich aus dem mindest „formelle Arbeitsgruppen" zwischen den Sachverhalt ergebe, daß die Voraussetzungen doch Firmen bilden und in ihnen Einzelabsprachen, die nicht erfüllt seien". Franz Josef Strauß habe aus den geforderten Kriterien entsprächen, erarbeiten. dem Bundesministerium der Finanzen erfahren, Daher sei auch mit den zuständigen Beamten des Ministerialdirektor Dr. Karl Koch vertrete die Auf- Bundesministeriums der Finanzen Verbindung zu fassung, ohne Vorlage eines Kooperationsvertrages halten. Franz Josef Strauß übersandte als Anlage könne keine Anerkennung erfolgen. „Koch sei zwar „die Auffassung eines meiner sachkundigen Mitar- gutwillig, er müsse aber darauf bestehen, daß diese beiter zu den Problemen des Konzernaufbaus"; ge- Dinge in Ordnung seien." Der Parlamentarische meint war der erwähnte Vermerk von Dr. Franz Staatssekretär Dr. Rolf Böhme habe von ihm eine Dannecker vom 18. Juli 1978. Vorlage verlangt und prüfe sicherlich sehr genau. Dr. Koch habe zugesagt, die Vorlage nicht vorzule- Als Zeuge hat Franz Josef Strauß zu diesem Brief gen, solange kein Kooperationsvertrag bei den Ak- ausgesagt, Dr. Friedrich Voss habe ihn darauf auf- ten sei; sonst würde die Sache mit Sicherheit schei- merksam gemacht, daß nach Meinung von Dr. Heri- tern. Dr. Friedrich Karl Flick habe dazu allerdings bert Blaschke der Antrag Grace nicht mit der nöti- erklärt, daß der Kooperationsvertrag bereits dem gen Sorgfalt vorbereitet werde. Zweck des Ge- Bundesminister der Finanzen vorliege. Dr. Franz sprächs am 18. Juli 1978 sowie des Briefs vom Dannecker fuhr fort: 24. Juli 1978 sei es gewesen zu erreichen, daß die „FJS gab uns den dringenden Rat, wegen der Warnungen Dr. Blaschkes — die offenbar von Eber- Größe und Bedeutung des Komplexes unbedingt hard von Brauchitsch nicht ernst genommen wür- mit MD Koch Verbindung zu halten. Er regte an, den — an die Konzernspitze, also Dr. Friedrich Karl eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich mit den Flick, herangetragen würden. Er, Franz Josef Fragen des BFiM beschäftigt. Dazu gehört zum Strauß, habe mit Ministerialdirektor Dr. Karl Koch Beispiel, was haben wir eigentlich von einer Be- oder anderen am Bescheinigungsverfahren beteilig- teiligung bei Grace in concreto." ten Beamten damals keinen Kontakt gehabt. Er habe zum Ausdruck bringen wollen, daß Bespre- Franz Josef Strauß halte regelmäßige vertrauliche chungen „mit den politischen Größen" nicht der Gespräche mit Ministerialdirektor Dr. Karl Koch richtige Weg seien, sondern daß man mit den Fach- wegen seiner Bedenken für dringend notwendig. beamten über die Auslegung von § 6 b EStG und § 4 „Koch sei uns gegenüber sehr aufgeschlossen und AIG sprechen müsse. Dr. Blaschke habe ihn vor bereit auch alles zu tun, um uns zu helfen, soweit dem 18. Juli 1978 auf dieses Problem angesprochen; er nicht mit seinen derzeitigen Vorgesetzten in eine von ihm übergebene schriftliche Unterlage sei Konflikt käme. Auf Frage von FJS, ob wir jemand in den Brief vom 24. Juli 1978 eingegangen. Die For- hätten, der diesen persönlichen Kontakt herstel- mulierung von dem „direkten Kontakt" zwischen len könne, erklärte ich, daß ich wisse, daß Herr Dr. Blaschke und Dr. Koch, den er — Strauß — Dr. Blaschke bei Herrn Koch verkehre und mit angeblich herstellen könne, sei sinnlos. „Wenn zwei ihm per Du sei. FJS meinte dazu, daß er, falls sich gut kennen und der eine jederzeit bei dem diese Brücke nicht möglich sei, einen direkten anderen Zutritt hat, dann braucht man doch mich Kontakt herstellen könne. Im übrigen stehe er nicht als Zwischenschaltstelle", hat er wörtlich vor nach wie vor gerne mit Rat und Tat zur Seite und dem 1. Untersuchungsausschuß gesagt. müsse nur entsprechend informiert werden." Dr. Heribert Blaschke hat als Zeuge darüber hinaus Franz Josef Strauß bedankte sich in einem Schrei darauf hingewiesen, trotz seiner Bemühungen, mit ben vom 24. Juli 1978 für das „eingehende Sachge Dr. Friedrich Karl Flick ins Gespräch zu kommen, Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode sei er letztlich wieder bei Eberhard von Brauchitsch einen sich allmählich wegen Grace in Zeitnot sah, — der ihn immer nach oben hin abgeblockt habe — weil man weitere Grace-Anteile erst kaufen könne, gelandet. Fritz Wacker habe im Bescheinigungsver- wenn man die Bescheinigung habe, die Reinvesti- fahren — nachdem ursprünglich Arbeitsgruppen tionsfrist aber Ende 1978 ablaufe, und daß zum an- gebildet worden seien — zunehmend die Federfüh- deren von Brauchitsch mit dem Vorgehen Dr. Heri- rung übernommen. Innerhalb der Geschäftsfüh- bert Blaschkes- nicht einverstanden war. Nach An- rung habe es in diesen Fragen erhebliche Spannun- sicht von Brauchitschs sollten sich die Informanten gen gegeben. von Franz Josef Strauß zunächst mit „uns" über den Sachverhalt und die Motive für das einzelne Tun oder Unterlassen unterhalten, bevor man sich „im 162 Bereich FJS" äußere und die Sache an Dr. Friedrich Karl Flick weitergebe. Andernfalls entstehe der Informationen über die Antragsbearbeitung im Eindruck, daß man „von seiten FJS nur nachträg- Bundesministerium der Finanzen lich ,Besserwisserei` betreibe und im übrigen die Am 24. Juli 1978 informierte Dr. Heribert Blaschke Hälfte des Hauses mit Geschichtsschreibung be- Fritz Wacker telefonisch, daß „der Staatssekretär schäftigt werde anstatt mit produktiver Arbeit". bzw. Minister" des Bundesministeriums der Finan- Ober den Brief von Franz Josef Strauß fand dann zen bisher lediglich über das Vorliegen der Anträge am 28. Juli 1978 auf Sylt eine Besprechung zwi- informiert seien; der Minister habe sich wohl noch schen Eberhard von Brauchitsch, Dr. Heribert nicht sachkundig gemacht; auf Referatsebene sei — Blaschke und Dr. Franz Dannecker statt, über die u. a. wegen der Urlaubszeit — praktisch noch nichts am 31. Juli 1978 in München von letzterem für Dr. geschehen. In einem eigenen Vermerk, mit dem er Friedrich Karl Flick ein schriftlicher Vermerk an- die Notiz von Dr. Blaschke an Eberhard von Brau- gefertigt wurde, in dem es u. a. heißt: chitsch weiterleitete, teilte Fritz Wacker ergänzend mit, daß „Dr. Kr." von seinem Hauptgesprächspart- „... II. Grace ner im Bundesministerium der Finanzen bisher In der Beteiligungsangelegenheit Grace wurde nichts Negatives gehört habe, aber wie auch er von Anfang an immer darauf geachtet, daß das glaube, daß auf Referatsebene praktisch noch Engagement keine reine Kapitalanlage, sondern nichts geschehen sei, da „S." sich in Urlaub befinde eine Stärkung der industriellen Tätigkeit der und erst in der nächsten Woche wieder im Dienst Flick-Gruppe darstellt. sein werde. Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl habe ebenfalls nichts gehört, werde sich aber in den 1. So wurde auch der erste Antrag damit begrün- nächsten Tagen bei den Kollegen im Bundesmini- det, daß mit Grace ein möglichst starker Tech- sterium der Finanzen nach dem Stand der Dinge nologie-Austausch stattfindet. Die Flick erkundigen. Ober das Telefonat mit Dr. Mühl hielt Gruppe hat von Anfang an eine möglichst Wacker in einem weiteren längeren Vermerk fest, große Beteiligung, mindestens 25 %, ange- daß er, Wacker, diesem zugesagt habe, am nächsten strebt. Dies ist auch den Ministerien in Be- Tag durch einen Fahrer ergänzende Unterlagen zu gleitschreiben zu den Anträgen bekannt gege- dem Gerling-Antrag zu übersenden. Außerdem ben worden. Die Genehmigung nach 4 ist dann habe er Dr. Mühl auf einen bestimmten Aspekt bei am 8. 9. 1976 unkonditioniert erteilt worden. dem Grace-Antrag hingewiesen: „Er will darüber 2. Die im Herbst 1977 dann beantragte Genehmi- nachdenken und in jedem Fall mit mir Kontakt auf- gung für die Aufstockung auf 25 % wurde nicht nehmen, bevor er den Text festlegt." damit begründet, daß dann Grace durch un- Einen Tag später berichtete wiederum Dr. Heribert sere ,Schachtel-Beteiligung` rechtlich be- Blaschke Eberhard von Brauchitsch schriftlich herrscht werden könne. (Dazu wären auch in über einen Besuch von „Dr. K." mit anderen Freun- Deutschland 51 % notwendig!). Es kann aber den bei ihm, der ihn informiert habe, daß die Steu- kein Zweifel darüber bestehen, daß der Ein- erbescheinigungsanträge im Bundesministerium fluß der Flick-Gruppe als der stärkste Gesell- der Finanzen eingegangen seien; er habe den Ein- schafter bei Grace einer de facto-Beherr- druck gehabt, daß er „streng vertraulich" detail- schung gleichkommt. (Der nächste größere lierte Fragen dazu stellen wolle. Er, Dr. Heribert Gesellschafter ist die Familie Grace mit nur Blaschke, habe daraufhin erklärt, er sei mit Einzel- 4 %). Den Hinweis des Bundeswirtschaftsmini- heiten nicht vertraut, und er habe Ministerialdirek- steriums, gegebenenfalls einen Kooperations- tor Dr. Karl Koch auf Dr. Reinhold Kreile verwie- vertrag vorzulegen, haben wir sehr ernst ge- sen. Dr. Koch habe weder nach Kooperationsverträ- nommen. Nur konnte ein solcher erst nach gen gefragt noch von sonstigen Bedenken gespro- einer gewissen Anlaufzeit als Ausfluß der ver- chen. traulichen Zusammenarbeit mit Grace abge- schlossen werden. Grace hatte nie jede Koope- ration abgelehnt. Ein Kooperationsvertrag 163 über Kohletechniken z. B. liegt dem Antrag im Bundeswirtschaftsministerium bei. Überlegungen im Flick-Konzern zu Grace 3. Das BMWi hat zwischenzeitlich auch den An- Aus Notizen über telefonische Rücksprachen Eber trag auf Genehmigung der Aufstockung mit hard von Brauchitschs mit Dr. Friedrich Karl Flick einem positiven Votum zu 4 dem BMF mit der am 27. und 28. Juli 1978 geht hervor, daß man zum Bitte um Einvernehmen zugeleitet. Es wäre in Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

der mindestens 12jährigen Geschichte des Be- tut zwar meist so, als sei er ganz bieder, aber in scheinigungsverfahrens nach § 6 b, das auch Wirklichkeit weiß er nicht nur sehr viel, sondern für § 4 gilt, ein einmaliger Vorgang, wenn das hat es auch faustdick hinter den Ohren. BMF sein Einvernehmen nicht erteilen würde. Es ist auch sichergestellt, daß dann, wenn Pro- Schade, daß der Mann nicht ,bei uns' ist. Aber bleme entstehen, diese uns von den Ministe- sicher ist der Mann nicht zu binden. Trotzdem: rien mitgeteilt werden, um entsprechend rea- Wenn er zu etwas ,Ja` gesagt hat, kann man sich gieren zu können. (So wurde es auch im An- auf das ,Ja` verlassen. tragsverfahren betreffend die Feldmühle praktiziert. Hier konnten die Schwierigkeiten Man muß ihn ,dabei` haben. Erstens hören die beim Kartellamt auf diese Art und Weise aus- Leute vom DGB auf ihn und zweitens hat er sei- geräumt werden). Abschließend sei nochmals nen ,Laden` in Ordnung. Er klagt nicht, er jam- vermerkt, daß der von Anfang an beabsich- mert nicht, er hat bewiesen, daß er die ihm ge- tigte Kooperationsvertrag erst durch das suk- stellten Probleme und vielfältigen Aufgaben auch zessiv wachsende Vertrauensverhältnis er- in Krisenzeiten lösen kann. möglicht wurde. Es ist immer gut, einen Mann als Gesprächspart- III. Auflösung der 6 b-Rücklage ner zu haben, der mit seiner Arbeit Erfolg hat und sich trotzdem den Blick für andere Probleme Es ist uns selbstverständlich bewußt, daß die bewahrt. Es wäre gut, wenn er sich nicht verzet- Daimler-Rücklage bis zum 31. 12.1978 aufgelöst teln würde. werden muß, soweit sie nicht nach 6 b bzw 4 auf Ersatzwirtschaftsgüter übertragen wurde. Wir Das sind so einige Brocken, die ich mitbekommen waren uns von Anfang an darüber einig, daß wir habe. Jedenfalls scheint der BK größten Wert die 6 b-Möglichkeit nicht voll ausschöpfen kön- darauf zu legen, daß Sie ,im Spiel' bleiben. Die nen. Denn nach unserem Finanzplan mußte und Tatsache, daß Sie auch am 25.7. wieder dabei muß ein Teil des Erlöses für andere dringende sind, scheint das zu bestätigen. Zwecke (z. B. Neffen!) verwendet werden ..." Ich weiß nicht, wie Ihr Verhältnis zu Esser und Der letzte Satz widerspricht der Behauptung, der Fasolt ist. Könnte es sein, daß es die beiden lieber Daimler-Verkauf stehe in keinem Zusammenhang sehen würden, wenn Sie nicht mit von der Partie mit der Abfindung der Neffen, stützt vielmehr die wären? z. B. von Franz Josef Strauß vertretene Ansicht, daß Rein formal ist Ihr ,Dabeisein` damit begründet, die Neffen-Abfindung ein „Nebenzweck" des Daim- daß Sie Mitglied der Präsidien beider Verbände ler-Verkaufs gewesen sei. Günter Max Paefgen hat sind. (Einem der DGB-Leute mußte das erst bei dazu ausgesagt, er verstehe diese Ausführungen einer Gelegenheit klargemacht werden). Von nicht; Dr. Franz Dannecker habe dort die Bilanz- Amerongen hält Ihre Anwesenheit für gut und und Finanzsituation des Unternehmens nicht rich- nützlich. Interessanterweise habe ich das auch tig gesehen. Aus der Bilanz ergebe sich, daß der aus der unmittelbaren Umgebung von Matthöfer Flick-Konzern die Erbenabfindung aus eigener gehört. Kraft ohne die Daimler-Abgabe hätte finanzieren können. Bei der Erwähnung seines Namens sind wir bei § 6 b gelandet. Ich hörte, daß sich Matthöfer sofort nach dem ,Gipfel` genau darüber informieren will, 164 wie es jetzt damit stehe. Daraus schließe ich, daß er noch nicht ganz im Bilde ist. Ob Böhme dabei Die Briefe Günter Markscheffels eine Rolle spielt, kann ich nicht sagen. vom 15. und 31. Juli 1978 Aber unabhängig davon: Sie sollten sobald wie Inzwischen hatte sich Günter Markscheffel an- möglich mit Junghans und Reuschenbach Kon- scheinend im Auftrag von Eberhard von Brau- takt aufnehmen. Wenn möglich, natürlich auch chitsch in der SPD-Bundestagsfraktion über die mit Matthöfer. (Vielleicht sollten Sie am 25. mit Diskussion zu den Steuerbescheinigungsanträgen ihm über einen Termin reden). sachkundig gemacht und berichtete diesem darüber ausführlich in einem handschriftlichen Brief vom Junghans und Reuschenbach haben jetzt Schlüs- 15. Juli 1978 an dessen Urlaubsort. Eberhard von selpositionen in der Fraktion. Groß im Kommen Brauchitsch ließ diesen Brief abschreiben und dar- ist auf Löffler. Er hat jetzt in der Fraktion den aus verschiedene Auszüge fertigen, die den jeweils Part von Böhme übernommen. von ihm als interessiert angesehenen Personen zu- geleitet wurden. In dem Brief heißt es: Mit Matthöfer sollten Sie m. E. gut vorankom- men, weil er das 6b-Problem nicht rein fiskalisch sieht. Wenn es Ihnen gelingt, Matthöfer davon zu Nun zu Ihrer Frage nach dem ,Eindruck`. Trotz überzeugen, daß Ihre Innovationspolitik der Indu- des Gipfeltrubels konnte ich dies hören: (zusam- strie paßt, wird er mit der ihm eigenen Hartnäk- mengefaßt auf Grund mehrer Äußerungen) kigkeit alle Widerstände stoppen. Der BK ist oh- nehin davon überzeugt, daß das Geld besser von Auf den v. B. muß man achten. Er sagt nicht viel, privaten Firmen eingesetzt wird, als über einen aber wenn er etwas sagt, hat es Hand und Fuß. Er Beamtenapparat. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Ich meine also, daß es darauf ankommt, die ent- Auch hier zeigt sich wieder, daß Eberhard von scheidenden Leute davon zu überzeugen, daß Sie Brauchitsch u. a. über Günter Markscheffel stets mit der Inanspruchnahme von § 6 b nicht nur den detailliert über die Stimmung in der SPD-Fraktion, Interessen des Hauses Flick dienen, sondern die Meinungsbildung zu den ihn interessierenden praktisch den Vorstellungen der Bundesregie- Fragen und die Rolle wichtiger Fraktionsmitglieder rung zur Belebung der Wirtschaft entgegenkom- unterrichtet war und dies in seinen taktischen Pla- men. (Der Wirtschaftsminister zieht da sowieso nungen berücksichtigen konnte, wenn er auch an- mit.) scheinend manchen Anregungen von Markscheffel zur Kontaktaufnahme nicht folgte. Also vergessen Sie nicht Junghans, Reuschen- bach und Löffler!

Das wäre es. Bahr habe ich noch nicht gespro- 165 chen. Vielleicht können Sie mir gelegentlich noch ein Notiz des Bonner Büros über „Hilfe aus München" paar zusätzliche Informationen über Bahr spe- Am 2. August 1978 sandte das Bonner Büro des zielles Problem geben. Ich bin nämlich fast si- Flick-Konzerns an Eberhard von Brauchitsch und cher, daß er mich in Kürze darauf ansprechen Fritz Wacker eine Notiz unter der Überschrift „6 b- wird, weil er unsere Verbindung zueinander Anträge — ,Hilfe aus München`". kennt.

..." Der Verfasser des Briefes, der stellvertretende Lei- ter des Bonner Büros, Adolf Kanter, berichtete, ent- In seinem ebenfalls handschriftlichen Antwortbrief sprechend einer Anregung Fritz Wackers vom vom 20. Juli 1978 schrieb Eberhard von Brauchitsch 28. Juli 1978 habe er ein ausführliches Gespräch mit u. a.: „Dr. V." geführt. Dieser habe schnell das „vorsichtig angesprochene Thema" verstanden, mit dem er of- „Bahr will einen Teil der Feldmühleinvestitionen fensichtlich mehrfach direkt und indirekt befaßt zur Sicherung des Werkes Flensburg. Als alter worden sei. Aufgrund von Informationen, die er aus Stratege faßt er das Ganze über 6b an, um seine dem Bundesministerium der Finanzen an „seinen Scheibe Wurst sicherzustellen. — Er bekommt sie!" Chef" weitergegeben habe, habe man in München „in informeller Weise" über die anstehende Frage Mit einem weiteren handschriftlichen Brief vom nachgedacht, da man interessiert sei zu helfen, „so- 31. Juli 1978 teilte Günter Markscheffel Eberhard weit dies möglich ist". Dr. Friedrich Voss habe ange- von Brauchitsch mit: deutet, daß man im Bundesministerium der Finan- zen die geplante Grace-Aufstockung lediglich als ,,... ich finde, daß dieses Interview von Matthöfer Kapitalanlage — die gesetzlich nicht ausreiche — lesenswert ist. Unter Berücksichtigung dessen, ansehe, da es sich nicht um eine Kooperation han- was M. besonders auf der Seite 9 sagt, müßten Sie dele. Weitere der vorliegenden Anträge seien nicht doch jetzt mit § 6 b ganz groß fahren können. Ich ausreichend gut formuliert. Die juristische Betrach- glaube nicht, daß ich mich da irre, zumal ich aus tung sei sehr gut, aber die „politischen Aspekte" der Umgebung von Lambsdorff gehört habe, wie kämen „nicht ausreichend" zur Geltung. „Gutwillige positiv die Dinge dort beurteilt werden. Leute", die seinem Chef nahestünden, hätten auf Wehner sagte mir, er glaube nicht, daß es in der die Gefahr hingewiesen, daß aus „Grundsätzli- Fraktion nennenswerte Schwierigkeiten geben chem", was zum Teil in der Formulierung der An- werde. — Achten Sie auch auf . träge liege, die Gefahr bestehe, daß vieles kaputtge- (Heute in der Welt). Der Mann rückt groß noch hen würde. Der Verfasser regte daher an, seinen vor. Er soll in der Kabinettsitzung eine entschei- Gesprächspartner einzuschalten. Dieser sei bereit dende Rolle gespielt haben. Für den Fall, daß Sie tätig zu werden, wenn er „von München aus" den W. kennenlernen sollten, bekommen Sie einen Auftrag oder zumindest „grünes Licht" erhalte. Er kurzen Lebenslauf (Sein Vater ist im 3. Reich um- wies abschließend zur Erinnerung noch einmal dar- gekommen; nach langer Haft. Die Familie auf hin, daß sein Gesprächspartner früher Finanz- stammt aus Hamburg. (Vater). Nach anfängli- richter in Düsseldorf, dann Chef des Ministerbüros chem Zögern hat der BK jetzt den W. als zur im Bundesministerium der Finanzen gewesen sei, ,Hamburger Mafia' zugehörig anerkannt.) jetzt dem Finanzausschuß des Deutschen Bundes- tages angehöre und „nach wie vor in besonderer Alex Möllers Beitrag im SPD-Pressedienst ist Weise Vertrauensmann seines Chefs in finanzpoliti- ebenfalls lesenswert. M. hat in der vergangenen schen und bedingt auch in steuerpolitischen Fra- Woche kräftig mitgemischt. gen" sei. Ich schicke Ihnen diese Dinge nicht, weil ich an- Fritz Wacker hat als Zeuge zu dem Vermerk bekun- nehme, daß Sie das alles lesen. Aber vielleicht det, Dr. Friedrich Voss sei nicht auf seine Anregung sind die ,Papiere` für die Meinungsbildung Ihrer hin eingeschaltet worden. Nach seiner Erinnerung Fachleute im Hause interessant. Manchmal ge- habe Dr. Voss bei keinem Steuerbescheinigungsan- nügt es ja zu wissen, aus welcher Richtung dieses trag mitgewirkt. Er habe auch nie Dr. Voss gegen- oder jene Argument kommt, um realiter in eine übergestanden. Ohnehin habe er die Zuständigkeit bestimmte Sache mit Aussicht auf Erfolg einstei- des Bundesministeriums der Finanzen stets anders gen zu können." beurteilt als die meisten anderen, die damit befaßt Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 gewesen seien, und habe deshalb immer solche Hil- chen Äußerungen von Adolf Kanter nicht herlei- fen nicht für notwendig gehalten. Er sei bestrebt ten, daß eine Einflußnahme auf das Steuerbe- gewesen, jeden Einfluß von außen herauszuhalten. scheinigungsverfahren erfolgt sei; dies gilt, wie Franz Josef Strauß hat als Zeuge zu der Notiz be- bereits festgestellt, auch für den Abgeordneten merkt, sie sei „nichts anderes als eine wichtigtueri- Dr. Friedrich- Voss. sche Wiederholung dessen, was ich von Herrn Blaschke wußte und in Form einer Mahnung oder Warnung unmittelbar angebracht habe". Bei den er- 166 wähnten „gutwilligen Leuten" könne es sich nur um Dr. Heribert Blaschke gehandelt haben. Insgesamt Die Bedenken von Ministerialdirigent kam der 1. Untersuchungsausschuß zu dem Ergeb- Dr. Adalbert Uelner zu Grace nis, daß der Flick-Konzern zwar verschiedentlich eine Einschaltung von Dr. Voss für die Angelegen- Anfang August 1978 setzte die detaillierte Prüfung heiten betreffend §§ 6b EStG und 4 AIG erwogen der Anträge des 2. Geleitzugs im Bundesministe- hat, daß es dazu aber letztlich nicht gekommen ist; rium der Finanzen ein. Der zuständige Unterabtei- jedenfalls ergibt sich aus den Akten sowie den Zeu- lungsleiter, Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner, genaussagen keine konkrete Aktivität von Dr. Voss brachte am 2. August 1978 in einem zweiseitigen, im Bescheinigungsverfahren. für das zuständige Referat bestimmten Vermerk er- Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- hebliche Zweifel an der Richtigkeit der Koopera- tionsdarstellung des Flick-Konzerns im Antrag ausschuß weisen darauf hin, daß Adolf Kanter, Grace II zum Ausdruck. Nach einem Rückblick auf ein Vertrauter Eberhard von Brauchitschs und Dr. Helmut Kohls aus Rheinland-Pfalz, schon in den Antrag Grace I und die damals angekündigten einem Brief an von Brauchitsch vom 21. März Kooperationen führte er aus, er halte es für zwin- gend geboten, vor der Entscheidung über den jetzi- 1978 unter Bezugnahme auf eine „Januarbespre- chung zu dritt", bei der „Dr. V. auf die Liste mit gen Antrag eingehend zu prüfen, wie die 1976 vorge- tragenen Kooperationspläne verwirklicht worden acht Abgeordneten genommen" worden sei, „die gegebenenfalls ,einen Umschlag' für ihre politi- seien, insbesondere, auf welchen Gebieten und in welcher Weise wissenschaftliche Arbeitsgruppen sche Arbeit erhalten sollen", sein besonders gutes usw. gebildet worden seien, die der Kooperation Verhältnis zu dem „Vertrauensmann in Bonn von Franz Josef Strauß" hervorgehoben hatte. Dieser dienten. Er halte diese Prüfung auch deshalb für glaube, daß Informationen, die er Kanter gebe, erforderlich, weil die §§ 6 b/4 zwar „im Prinzip ver- nur für Eberhard von Brauchitsch persönlich be- nünftige Vorschriften unseres Steuerrechts" seien, jedoch nur gerechtfertigt werden könnten, soweit stimmt seien, was auch die Offenheit erkläre. Da- sie nicht „zu einer mißbräuchlichen Ausnutzung" bei verwies Adolf Kanter auf einen beigefügten führten. Dr. Uelner fuhr fort: weiteren Vermerk. Am Schluß des Briefes hob Kanter hervor, daß es zweckmäßiger erscheine, „Erst wenn sich die damaligen Kooperationsdar- „wenn die Verbindungen Dr. V. und Dregger stellungen in volkswirtschaftlich bedeutsamem Gruppe — einschließlich Kanther — in solchen Umfang als verwirklicht erwiesen haben, kann Fällen durch mich versorgt würden". Dabei gehe m. E. über den weiteren Antrag befunden werden. es „einzig und alleine darum, einige ,heiße Quel- Sollte sich dagegen herausstellen, daß die damali- len bei den CDU-Rechten' für von Brauchitsch zu gen Kooperationsdarstellungen ,Papierpläne` ge- erhalten". Ein „Spezialbrief für Dr. V." war dann wesen sind, müßte dies m. E. nicht nur Wirkung auch noch einmal Gegenstand eines Schreibens für die Entscheidung über den zweiten Antrag im an von Brauchitsch vom 12. Juni 1978. Der „Spezi- Falle Grace haben, sondern dann müßte auch ge- albrief für Dr. V." scheint auch gegeben worden prüft werden, ob die Entscheidung über den er- zu sein, wie sich aus einem weiteren Brief von sten Antrag im Falle Grace ,wegen Nichteintritt Kanter an von Brauchitsch vom 25. August 1978 der zugrunde gelegten Voraussetzungen' rück- ergibt. Tatsächlich enthalten die Diehlschen Li- gängig gemacht werden könne." sten, die unter dem Datum des 7. Februar 1976 einen Betrag von 10 000 DM „Ka. wg. Dr. Voß Dr. Uelner bat daher sicherzustellen, daß die erfor- CDU-Bonn" ausweisen, unter dem 4. Oktober 1978 derlichen Prüfungen, in welcher Weise die beiden — und dann wieder unter dem 7. Juli 1980 — bei Konzerne tatsächlich in der Zwischenzeit koope- der CSU Eintragungen über jeweils 5 000 DM mit riert hätten, durchgeführt würden. Erst danach der Zweckbestimmung „Kanter wg. Dr. Voß" be- könne in die steuerrechtliche Prüfung von Grace II ziehungsweise „vB wg. Dr. Voß über Kanter". eingetreten werden. Auf einer für den Parlamenta- Diese Zahlungen sind auch in der Buchführung rischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme bestimmten über die Dispositionskasse verzeichnet; ferner Kopie dieses Vermerkes notierte der zuständige gibt es über sie Quittungen mit der Unterschrift Abteilungsleiter Ministerialdirektor Dr. Karl Koch: von Kanter. „Ich teile die Ansicht von MinDirig IV B; die Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Sache sieht nach Kapitalanlage aus." der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß weisen darauf hin, daß Adolf Kanter kein „Ver- Zugleich erbat er für sich eine weitere Kopie. Der trauter Dr. Helmut Kohls" gewesen ist. eigentliche Adressat, der zuständige Referatsleiter Ministerialrat Dr. Günter Söffing, schlug noch am Im übrigen läßt sich aus den weiteren Darlegun selben Tage vor, die Angelegenheit zunächst mit gen der Abgeordneten der SPD zu den schriftli Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode zu erörtern. Dabei sollten außer dem Antrag „Gra- tionsabkommen auf dem Gebiet der Energietechno- ce" auch die übrigen Anträge eingehend behandelt logie die 2. Tranche mehr Gewicht bekomme, als werden. Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner es bei der 1. Tranche der Fall gewesen wäre. stimmte diesem Vorschlag am 3. August 1978 zu. Dr. Schlecht habe es begrüßt, daß er, Dr. Hanns Arnt Vogels, bei- dem Hearing die „transatlantische Kooperation auf dem Gebiet neuzeitlicher Energie- technologie (hier in erster Linie Kohlevergasung)" 167 vertreten werde. Er sei der Auffassung, daß man beim Bundesministerium der Finanzen notfalls den Vorbereitung des „Hearings" vom 10. August 1978 im Bundesministerium der Finanzen Gesichtspunkt des „Ermessensmißbrauchs" im juri- stischen Sinn ins Spiel bringe, zumal Eberhard von Daraufhin wurde kurzfristig mit dem Bundesmini Brauchitsch gelegentlich beim Bundeswirtschafts- sterium für Wirtschaft ein „Hearing" mit Vertretern minister für den Fall eines negativen Votums mit beider Ministerien und des Flick-Konzerns für den „juristischer Anfechtung gewinkt" . habe, was man 9. August 1978 vereinbart und wenig später auf den allerdings im Bundesministerium für Wirtschaft 10. August 1978 verschoben. Nach einem Vermerk mit Gelassenheit zur Kenntnis genommen habe. von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl vom 4. Au- Dr. Hanns Arnt Vogels betonte, das Gespräch sei gust 1978 hatte Ministerialrat Dr. Günter Söffing „in außerordentlich harmonischer Atmosphäre" ihn über diese Absicht des Bundesministeriums der verlaufen. Dr. Vogels hat allerdings als Zeuge be- Finanzen unterrichtet. Dr. Mühl bemerkte dazu, im tont, die Formulierung „Ermessensmißbrauch" sei Bundesministerium der Finanzen bestünden offen- „kein Originalton Vogels", sie sei ihm fremd; im sichtlich „erhebliche Bedenken", und empfahl, daß übrigen hat er den Vermerk im wesentlichen bestä- Abteilungsleiter Ministerialdirektor Dr. Hans Tiet- tigt. meyer persönlich an dem Gespräch teilnehme. Die- Vor diesem Hintergrund, aber auch angesichts der ser notierte handschriftlich, im Bundesministerium Spannungen zwischen Eberhard von Brauchitsch der Finanzen bestünden „laut Uelner" Bedenken und Fritz Wacker einerseits sowie Dr. Heribert hinsichtlich der Kapitalerhöhung bei Feldmühle, Blaschke andererseits über dessen Mitwirkung im bei Grace hinsichtlich der Kooperationen sowie bei Bescheinigungsverfahren ist ein Vermerk interes- Gerling. sant, in dem Wacker am 4. August 1978 von Brau- Das vorgesehene „Hearing" löste beim Flick-Kon- chitsch mitteilte, er sei sich in einem Gespräch mit zern, der darüber sofort von beiden Ministerien un- Dr. Blaschke einig geworden, daß über den Inhalt terrichtet wurde, lebhafte Aktivität aus. So teilte der Anträge im Bundesministerium der Finanzen Dr. Reinhold Kreile Eberhard von Brauchitsch am nur diejenigen Vertreter des Konzerns Auskünfte 4. August 1978 mit, Ministerialdirektor Dr. Karl und Informationen zur Sache geben könnten, die Koch, dem „der zweite Geleitzug 6b/4" zum Votum dies auch im Bundesministerium für Wirtschaft ge- für den Minister vorliege, habe „erheblich kalte tan hätten; andernfalls bestehe die Gefahr, daß ge- Füße". So gebe es erhebliche Bedenken hinsichtlich genüber den beiden Häusern mit verschiedenen der industriellen Verflechtung bei Grace; auch der Zungen geredet werde. Es sei ja neben den schriftli- jetzt vorgelegte Kooperationsvertrag sei laut Koch chen Texten „eine Menge mündlicher Begleit- kein Beweis für ein industrielles Engagement. Das musik" gemacht worden, die keiner im einzelnen Votum des Bundesministeriums für Wirtschaft zu kennen könne, der nicht dabei gewesen sei. Grace sei zwar im Ergebnis positiv, in den Ausfüh- Dr. Blaschke wurde erstmals ein Exemplar der rungen aber doch an einigen Stellen „zweifelhaft". Akte „Geleitzug II" übergeben und mitgeteilt, er Von Brauchitsch vermerkte dazu, er habe Fritz könne jederzeit Einblick in die sogenannte „Akte Wacker über den Sachverhalt unterrichtet und ihn 6 b/4 allgemein" nehmen. gebeten, zusammen mit weiteren Vertretern des Konzerns, z. B. Dr. Hanns Arnt Vogels, an dem Hearing teilzunehmen; eine Vorbesprechung dazu 168 finde am 7. August 1978 statt. Günter Markscheffels Zusammentreffen mit Am selben Tage ließ Dr. Hanns Arnt Vogels Eber- Bundesfinanzminister Hans Matthöfer hard von Brauchitsch ausrichten, er habe „verein- barungsgemäß" Staatssekretär Dr. Otto Schlecht In dieser Phase wurde auch Günter Markscheffel „auf die sich bildenden Agressionsfronten im Bun- wieder tätig. Einer Notiz zufolge, die Eberhard von desfinanzministerium (Grace Aufstockung)" ange- Brauchitsch an Fritz Wacker geben ließ, teilte ihm sprochen und auf die geplante Anhörung hingewie- Günter Markscheffel am 8. August 1978 mit, er sei sen. Dr. Schlecht habe das dankend zur Kenntnis mit Bundesminister Hans Matthöfer zusammenge- genommen, er werde Bundesminister Dr. Otto Graf wesen und habe ihn gefragt, wie die Steuerbeschei- Lambsdorff unterrichten. Dr. Schlecht habe ihm zu nigungsanträge stünden. Matthöfer habe darauf er- Grace gesagt, bereits bei der 1. Tranche sei Wider- klärt: „Das läuft alles", und: „Sie brauchen sich stand seitens des Bundesministeriums der Finan keine Sorgen zu machen, es geht schon in Ord- zen erkennbar gewesen; dabei habe es „allgemeine nung". Markscheffel gehe deshalb davon aus, daß Gründe" gegeben, ob § 4 sinnvoll sei oder nicht. Es sich Ministerialdirektor Dr. Karl Koch nur „ein ei- sei aber „logisch", daß man, wenn die 1. Tranche genes Alibi verschaffen" wolle, und habe ein Ge- genehmigt sei, auch die 2. Tranche begleite, zumal spräch mit Matthöfer empfohlen, falls das Hearing durch die Aufstockung sowie durch das Koopera nicht im Sinne des Flick-Konzerns ausgehe. Von Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Brauchitsch meinte, bei dieser Sachlage solle man daß die geplanten Großinvestitionen zu einer Kon- vielleicht „keinen Kompromiß im Zusammenhang zentration des Feldmühle-Programms und damit zu mit Auflagen eingehen", und fügte hinzu: Arbeitsplatzverlusten in anderen Zweigwerken (z. B. Hillegossen) führten. Ferner würden beschäf- „Ich höre soeben aus Bonn, daß die Querelen im tigungspolitisch negative Effekte bei schwächeren Zusammenhang mit 6 b/4-Grace nicht von Koch Konkurrenten- befürchtet. Folglich sei nach Auffas- stammen, sondern von Uelner. Das Motiv von sung des Bundesministeriums der Finanzen die Uelner ist unerklärlich. Uelner hat angeblich in vom Gesetz geforderte Eignung, die Unternehmens- der Schublade bereits fertig konzipierte Aufla- struktur eines Wirtschaftszweiges zu verbessern, gen." nicht ersichtlich. Das Bundesministerium für Wirt- Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner hat bestrit- schaft habe demgegenüber darauf hingewiesen, daß ten, damals bereits „fertig konzipierte Auflagen" ge- durch den Aufbau international wettbewerbsfähi- habt zu haben; im übrigen gehe die Notiz vermut- ger Produktionseinheiten die Stellung der deut- lich auf seinen Vermerk vom 2. August 1978 zu- schen Papierindustrie insgesamt gestärkt werde rück. und auch Impulse für eine weitere Modernisierung der inländischen Produktionseinrichtungen ausge- Günter Markscheffel hat als Zeuge vor der Staats- löst würden. Das Bundesministerium für Wirtschaft anwaltschaft ausgesagt, Eberhard von Brauchitsch habe auch auf begründete wettbewerbspolitische habe damals ihm gegenüber geklagt, daß man in Bedenken hingewiesen, die jedoch insgesamt als der 6 b-Angelegenheit nicht vorankomme; dies hätte „nicht so durchschlagend" eingestuft worden seien, schwerwiegende Folgen für die Investitionspolitik daß sie die zahlreichen positiven Gesichtspunkte des Konzerns. Von Brauchitsch habe gefragt, was er der Investition aufheben könnten. Die Vorlage noch tun könne und solle, um zu einem Ergebnis zu wurde von Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- kommen. Am 8. August 1978 habe er, Markscheffel, dorff am 9. August 1978 abgezeichnet. Bundesminister Hans Matthöfer wegen „zahlrei- cher Kommentare in der Öffentlichkeit" beiläufig 170 gefragt, was wirklich los sei. Er nehme an, daß Matthöfer seine Beziehungen zu von Brauchitsch Informationen über den Hintergrund des „Hearings" gekannt habe. Am 9. August 1978 ging Eberhard von Brauchitsch eine weitere Information über den politischen Hin- 169 tergrund des geplanten Hearings zu. Manfred Nemitz teilte ihm mit, die zuständigen politischen Ministervorlage im Bundesministerium für Wi rtschaft Beamten seien nicht im Bundesministerium der vom 8. August 1978 Finanzen; beispielsweise sei der Parlamentarische Ebenfalls am 8. August 1978 unterrichtete ein Mit- Staatssekretär Dr. Rolf Böhme im Urlaub. In den arbeiter des sich im Urlaub befindenden Ministeri- Büros bestimmter SPD-Bundestagsabgeordneter, alrats Dr. Wolfgang Mühl, Oberregierungsrat z. B. von Konrad Porzner, sei in dieser Angelegen- Dr. Holger Berndt, die Leitung des Bundesministe- heit nichts bekannt. Er, Manfred Nemitz, habe sich riums für Wirtschaft in einer Ministervorlage über bei Staatssekretär Manfred Lahnstein angemeldet, den Stand des Genehmigungsverfahrens, insbeson- der am 14. August 1978 zurückkehre. Nach seiner dere die Bedenken des Bundesministeriums der Fi- Information sei auszuschließen, daß von Ministeri- nanzen. Dr. Berndt gab zunächst einen kurzen aldirektor Dr. Karl Koch direkte Informationen in Überblick über die Anträge des 2. Antragsblocks den Meinungsbildungsprozeß der SPD einfließen und teilte mit, daß das um Stellungnahme gebetene könnten. Innerhalb der SPD-Fraktion könnte ein Bundesministerium der Finanzen noch nicht Meinungsbildungsprozeß nur durch den Parlamen- reagiert habe. Dem Vernehmen nach bestünden tarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und durch dort Bedenken zu den Anträgen Grace II und Feld- Konrad Porzner ausgelöst werden. Dies alles deute mühle. darauf hin, daß die Akte „aus der eigenen Initiative von Herrn Koch" vervollständigt werden solle. Man Bei Grace bezweifle das Bundesministerium der Fi- werde daher vorwiegend zu Sachfragen wie z. B. nanzen, daß der Erwerb — wie es § 4 AIG verlange Kooperationen Stellung nehmen müssen; dies stelle — geeignet sei, der internationalen Arbeitsteilung zugleich eine besondere Chance dar, vor der politi- zu dienen. Diese Zweifel beruhten wohl darauf, schen Meinungsbildung das Bild im wesentlichen zu bereinigen. Von Brauchitsch ließ Nemitz durch- „daß der bereits nach § 4 begünstigte Erwerb der geben, nach seinen Erkenntnissen diene das 12 %-Beteiligung entgegen den im damaligen An- Hearing der Vorbereitung dieser Angelegenheit in trag gemachten Ausführungen bisher zu keiner der SPD-Fraktion. Er bat Nemitz, bei dem SPD- merklichen Kooperation zwischen Grace und der Bundestagsabgeordneten Konrad Porzner festzu- Flick-Gesellschaft Dynamit Nobel geführt hat." stellen, ob man unabhängig vom Hearing hilfreich Das Bundesministerium für Wirtschaft sei dagegen sein könne. Man benötige die positive Entscheidung davon ausgegangen, daß die Verstärkung des unter- bis Ende August, da es sonst schwierig werde, das nehmerischen Einflusses bei Grace „zum Ziel hat Objekt zu realisieren. Nemitz ließ daraufhin mittei- und auch geeignet ist, die Kooperationsvorhaben len, er wolle zunächst das Hearing abwarten. besser durchsetzen zu können". Bei Feldmühle sehe Ergänzend gab Günter Markscheffel durch, der „zu das Bundesministerium der Finanzen die Gefahr, ständige Mann" wolle eine Art Fleißaufgabe zugun- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode sten einiger linker SPD-Abgeordneter absolvieren. 172 Dieser sei nicht ganz darüber im Bilde, wie der Minister zu der Angelegenheit stehe, wolle sich Das „Hearing" im Bundesministerium der Finanzen aber so verhalten, daß er nach allen Seiten gedeckt am 10. August 1978 bleibe. Wenn die SPD-Bundestagsfraktion Hans Matthöfers Vorschlag zustimme, könne er - der An dem „Hearing"- im Bundesministerium der Fi- „zuständige Mann" — immer sagen, er habe sich nanzen am 10. August 1978 nahmen teil: Mini- entsprechend früheren SPD-Beschlüssen verhalten. sterialdirektor Dr. Karl Koch, Ministerialdirigent Andernfalls könne er sagen, er habe in einem Ge- Dr. Adalbert Uelner, Ministerialrat Dr. Günter Söf- spräch mit dem Flick-Konzern das Seine getan, um fing und Regierungsdirektor Dr. Arno Bordewin im Sinne des Ministers zu agieren. Die Sache sei vom Bundesministerium der Finanzen; Oberregie- daher offen, und es werde bei dem Hearing weder rungsrat Dr. Holger Berndt vom Bundesministe- ein Ja noch ein Nein seitens des Verhandlungsfüh- rium für Wirtschaft; Fritz Wacker, Manfred Nemitz, rers geben. Die letzte Entscheidung bleibe auf jeden Dr. Heribert Blaschke, Dr. Hanns Arnt Vogels sowie Fall beim Minister. Dr. Werner Kneip von Dynamit Nobel, der zugleich Mitglied in Gremien des Grace-Konzerns war, für den Flick-Konzern. 171 Nach einem im Bundesministerium der Finanzen erstellten Vermerk wurde zunächst über den An- Vorgespräch Eberhard von Brauchitschs mit trag Buderus II beraten. Im Ergebnis bestanden Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf lambsdorff insoweit auch im Bundesministerium der Finanzen zum „Hearing" keine Bedenken gegen die Erteilung der Bescheini- Ebenfalls am 9. August 1978 sprach Eberhard gung. Zum Antrag Feldmühle wurden vor allem die von Brauchitsch mit Bundeswirtschaftsminister Auswirkungen der vorgesehenen Investitionen auf Dr. Otto Graf Lambsdorff. Nach Notizen von von Arbeitsplätze und den Wettbewerb mit mittleren Brauchitsch darüber soll der Minister bereits „über und kleineren Konkurrenten erörtert. Die Firmen- alles" unterrichtet gewesen sein. Der Abteilungslei- vertreter gaben dazu ausführliche Erläuterungen. ter Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmeyer sei be- Im Ergebnis erklärte sich das Bundesministerium auftragt, im Bundesministerium der Finanzen die der Finanzen auch hier damit einverstanden, daß Position des Bundesministeriums für Wirtschaft die Bescheinigung erteilt werde. klarzustellen, und zwar sowohl bei einem Vorge- spräch am 9. August 1978 als auch beim Hearing. Kontrovers wurde dagegen der Antrag Grace II dis- Die Zielrichtung sei: „Die Sache jetzt schnell und kutiert. Das Bundesministerium der Finanzen wies ohne weiteres Getue vom Tisch kriegen." Das Argu- darauf hin, daß beim Antrag Grace I im einzelnen ment, daß Auflagen bei der Grace-Bescheinigung zu dargestellt worden sei, daß der Erwerb der Grace einer „Explosion" und zu weittragenden Konse- Anteile dazu führen werde, Know-how von Grace quenzen bei der SEC führen könnten, habe starken im Flick-Konzern und umgekehrt einzubringen; Eindruck gemacht. Er, von Brauchitsch, habe drin- dazu seien damals eingehende Ausführungen ge- gend vor solchen Auflagen gewarnt, die die SEC macht worden. Zugleich sei allerdings erklärt wor- u. U. veranlassen könnten, dem Flick-Konzern den den, man müsse sich auf „globale Absichtserklärun- Besitz von Grace-Anteilen zu verbieten. Er habe mit gen" beschränken. Die Vertreter des Flick-Kon- dem Minister verabredet, daß man sich über das zerns erklärten dazu, es sei ihr unternehmenspoliti- Ergebnis des Hearings austauschen und „eine takti- sches Ziel, den Grace-Konzern sozusagen „von in- sche Linie" festlegen werde, bevor der Minister eine nen" zu erobern. Dabei müsse behutsam vorgegan Auslandsreise antrete. Von Brauchitsch bat daher gen werden, nicht zuletzt wegen der amerikani- Fritz Wacker um sofortige Unterrichtung über das schen Öffentlichkeit, die einem Engagement bei Hearing. Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Grace mit nicht geringen Vorbehalten gegenüber- habe weiter erklärt, daß er sich noch nicht festlegen stehe, teils aufgrund genereller Vorbehalte gegen könne, wie sein Haus auf ein Negativ-Votum oder eine Firmenbeherrschung durch Ausländer, teils auf den Vorschlag von Auflagen durch das Bundes- aufgrund spezieller Vorbehalte gegen den Flick ministerium der Finanzen reagieren würde. Es Konzern. Man müsse in einem „langfristigen Pro- scheine, meinte von Brauchitsch abschließend, der- zeß" zunächst die bestehenden Kooperationsmög- zeit keine Festlegung vorzuliegen, daß das Bundes- lichkeiten „erkunden". Deshalb müßten sich die zu- ministerium für Wirtschaft „blind" dem Bundesmi- ständigen Leute von Grace und Dynamit Nobel ken- nisterium der Finanzen folge. In einem Vermerk für nenlernen. Bisher habe man — abgesehen von dem Dr. Friedrich Karl Flick kurz vor dem Hearing no- Vertrag mit der Flick-Tochter PCV auf dem Gebiet tierte von Brauchitsch: der Kohleveredelung — noch keine Verträge über einzelne Kooperationsprojekte abschließen können. „Lambsdorff ist mit seinen Männern soweit wie Die Kohleveredelung sei aber ein besonders zu- möglich hilfreich, um die Probleme im Bundesfi- kunftsträchtiger Wirtschaftsbereich, da sie die Ab- nanzministerium zu lösen. Das heutige Hearing hängigkeit vom 01 mindere. Ein erstes konkretes im Bundesfinanzministerium bleibt abzuwarten, Projekt dieser Zusammenarbeit sei eine Düngemit- dann soll anschließend eine taktische Abstim- telfabrik in Brasilien. Im übrigen bedürfe die Flick mung zwischen Lambsdorff und mir stattfinden, Tochter Dynamit Nobel langfristig der Anlehnung bevor Lambsdorff am 11.8. nach Fernost ver- an einen großen Partner, um im Chemiebereich reist." überleben zu können; dafür sei die kapitalmäßige Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Verbindung mit Grace eine einmalige Chance. Der mit echter Kooperation darstelle. Hier bestünden Flick-Konzern betrachte sein Engagement bei im Bundesministerium der Finanzen — vor allem Grace als echtes unternehmerisches Engagement; wohl bei Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner — er sehe seine Funktion nicht darin, „Coupons zu „schwere Zweifel und ein starkes Mißtrauen gegen- schneiden". Er werde seine unternehmerische Ziel- über unserem Hause". Sie beruhten darauf, daß sich setzung „mittelfristig" durchsetzen; man könne die die Kooperationsabsichten- auf drei Arbeitsgebieten Erteilung der Bescheinigung nicht von der Vorlage zerschlagen hätten und auf den anderen keine „kurzfristiger Vollzugsmeldungen" abhängig ma- greifbaren Ergebnisse erzielt worden seien. Des- chen. halb blieben die Ausführungen in dem Antrag Grace II zwangsläufig „dünn", da man als neues Im übrigen erläuterten die Firmenvertreter aus- Kooperationsfeld „nur" die Kohletechnologie habe führlich die Bedeutung der Tochterfirma PCV im nennen können. Die erste Kooperationsvereinba- Konzern und sagten dazu noch eine schriftliche rung von 1975 werde daher im Bundesministerium Ausarbeitung zu. PCV werde aus öffentlichen Mit- der Finanzen eher „als Beweisstück für eine Fi- teln des Wirtschaftsministeriums von Nordrhein nanzanlage" gewertet, denn es handele sich um Westfalen gefördert. Man sei schließlich so verblie- eine „Ankündigung von Kooperationsvereinbarun- ben, daß das Bundesministerium für Wirtschaft gen auf Gebieten der Chemie", während „tatsäch- dem Bundesministerium der Finanzen noch einen lich in dieser Richtung per heute nichts vorzuwei- Vermerk über die Funktion und Bedeutung der sen ist". Die Firmenvertreter hätten, um Zweifel PCV zuleite, daß man nach Möglichkeit kurzfristig und Mißtrauen zu beseitigen, noch einmal die un- eine Stellungnahme des Bundesministeriums für ternehmerischen Motive für das Grace-Engage- Forschung und Technologie über die volkswirt- ment dargelegt. Unter anderem habe man klarzu- schaftliche Förderungswürdigkeit der PCV-Pro- machen versucht, daß man im Bundesministerium jekte einhole und eine Stellungnahme erbitte, ob der Finanzen hinsichtlich des Zeitraumes für die die Kooperation PCV/Grace als förderungswürdig Verwirklichung der Kooperationen „von völlig fal- anzusehen sei und ob dieser Kooperationsvertrag schen Erwartungen" ausgehe, auf den Koopera- als „echter" Kooperationsvertrag angesehen wer- tionsvertrag Grace/PCV hingewiesen und Anmer- den könne. Diese Prüfung erscheine geboten, „weil kungen „über unsere Einflußmöglichkeiten — un- die Vertragsformulierungen wenig präzise sind". In abhängig von der Rechtslage — nach Aufstockung einem Anhang ist dazu vermerkt, die vom Bundes- auf rund 25 %" gemacht. Wacker fügte hinzu, er ministerium der Finanzen angeregte Prüfung der glaube allerdings nicht, daß diese Darlegungen Frage, ob im Wege der Betriebsprüfung weitere Zweifel und Mißtrauen auf der anderen Seite völlig Feststellungen über die Zusammenarbeit Flick/ beseitigt hätten, und betonte: Grace getroffen werden könnten, habe nach einem Telefonat mit einem Beamten des Bundesministeri- „Daß wir in der Chemie nichts an Lizenzabkom- ums für Wirtschaft zu dem Ergebnis geführt, daß men, Kooperationsvereinbarungen, ständiger Ar- das Bundesministerium für Wirtschaft „Herr des beitsgruppentätigkeit usw. vorzuweisen haben, Verfahrens" sei und eigene Feststellungen treffen bleibt als schwere Belastung unseres Aufstok- könne; das Bundesministerium der Finanzen habe kungsantrages bestehen. Dies kann auch Rück- insoweit keine eigene Kompetenz. wirkungen auf die Entscheidung über unseren ersten Antrag haben." 173 Positiv sei allerdings zu sehen, daß die im Bundes- ministerium der Finanzen zunächst stark unter- Der Vermerk Fritz Wackers über dieses „Hearing" schätzte Kooperation in der Kohletechnologie zu- Ober dieses Hearing fertigte Fritz Wacker am letzt in einem anderen Licht gesehen worden sei. 14. August 1978 für die Konzernleitung ebenfalls ei- Schließlich gab Wacker verschiedene Weisungen, nen ausführlichen Besprechungsvermerk an. Darin weitere Unterlagen für das Bundesministerium der Finanzen auszuarbeiten, und meinte, auf die Ent- heißt es, das zweistündige Gespräch habe ganz scheidung über den Aufstockungsantrag werde überwiegend Grace II gegolten und sei „in befriedi- man noch warten müssen. Dr. Adalbert Uelner hat gender Atmosphäre" verlaufen. Beim Antrag Feld- als Zeuge ausgesagt, er habe den Antrag Grace II mühle sei insbesondere über die eventuelle Schlie- damals nicht abgelehnt, habe aber den bisherigen ßung des Werkes Hillegossen gesprochen worden, Vortrag zur unternehmerischen Kooperation nicht weil in diesem Fall per Saldo keine neuen Arbeits- für ausreichend gehalten. Wenn man unternehmeri- plätze geschaffen würden, so daß die besondere sche Gespräche über die Kooperation oder Koope- volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit nur rationsverträge vorgelegt hätte, wäre er anderer sehr schwer zu begründen wäre. Die Firmenvertre- ter hätten zum einen erklärt, es bestehe insoweit Meinung geworden. kein Zusammenhang mit den geplanten Investitio- nen; im übrigen könne das Werk Hillegossen wahr- 174 scheinlich erhalten werden. Das Ausbleiben der vorgesehenen 200 Millionen DM in der Feldmühle Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit Gruppe würde die Gefährdung von mehr als 2 000 Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Arbeitsplätzen in vier Werken zur Folge haben. über das Ergebnis des „Hearings" Im Mittelpunkt habe die Frage gestanden, ob die Noch am Tag des Hearings, also am 10. August 1978, Grace-Beteiligung ein industrielles Engagement rief Eberhard von Brauchitsch bei Bundesminister Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Dr. Otto Graf Lambsdorff an, um sich über das konnten. Dagegen bestünden weiterhin „schwere Ergebnis des Hearings zu informieren. Er führte in sachliche Bedenken" gegen eine Bescheinigung für einem Vermerk für Dr. Friedrich Karl Flick aus, der Grace II. Nach Ansicht des Bundesministeriums Minister sei noch nicht unterrichtet gewesen, weil der Finanzen reichten die bisher vorliegenden Ko- Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmeyer, der am operationsergebnisse, nämlich nur ein Koopera- Hearing nicht teilgenommen hatte, sich noch mit tionsvertrag auf dem Sektor Kohletechnologie, der Ministerialdirektor Dr. Karl Koch abstimmen wolle. „sehr allgemein formuliert" sei, nicht aus, um ein Weiter heißt es in dem Vermerk vom 10. August unternehmerisches Engagement und nicht nur eine 1978: Kapitalanlage zu bejahen. Dr. Berndt schrieb dazu: „... Ich habe Lambsdorff gesagt, daß wir nach „Der Dissens BMWi-BMF in der Beurteilung des dem Verlauf des Hearings als ordentliche Kauf- Antrags resultiert vor allem daraus, daß wir Ver- leute davon ausgehen müssen, daß wir entweder ständnis dafür haben, daß Kooperationen sich in wegen Grace totale Schwierigkeiten bekommen, längeren zeitlichen Dimensionen vollziehen, ehe oder aber, daß die Sache derartig verzögert wird, konkrete Ergebnisse vorgelegt werden können. daß eine Realisierung des Zukaufs nicht mehr BMF schenkt dagegen ohne Beweis den Ausfüh- zeitgerecht vor dem 31.12. 1978 möglich ist. Das rungen von Flick keinen Glauben, zumal sich zwingt uns — mindestens intern — über die Al- herausgestellt hat, daß der 1976 mit § 4-Bescheini- ternative nachzudenken, die Aufstockung Grace, gung versehene erste Erwerb einer 12 %-Beteili- die wir industriell in hohem Maße für interessant gung von Flick an Grace nicht die im Antrag auf- und wichtig halten, ohne § 4 zu machen und aus geführten Kooperationsmöglichkeiten ergeben Liquiditätsgründen dann auf jede Stützung der hat." strukturschwachen Teile der Gruppe (Feldmühle- und Buderus-Gruppe) zu verzichten. Wer das poli- Der Vermerk schloß mit der Information, der Abtei- tisch verantworten solle, sei mir unklar, denn lungsleiter Steuerpolitik des Bundesministeriums zwangsläufig muß eine solche Konzeption auf die der Finanzen, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, Dauer zu erheblichen Freisetzungen im Bereich werde am 19. August 1978 den Parlamentarischen von Feldmühle und Buderus führen. Staatssekretär Dr. Rolf Böhme in dessen Urlaubs- ort aufsuchen und den Grace-Fall besprechen, was Ich habe Lambsdorff gesagt, daß das selbstver- allerdings nicht geschah. ständlich nur eine ganz interne Alternativüberle- gung bei mir persönlich sei, die mit Herrn Dr. Friedrich Karl Flick noch nicht abgestimmt sei. 176 Aber wie gesagt: Als ordentliche Kaufleute müsse man über Alternativen rechtzeitig nachdenken. Übersendung von Unterlagen des Flick-Konzerns an Lambsdorff war, wie von mir geplant, beunruhigt. Bundesfinanzminister Hans Matthöfer durch die Wir sind nunmehr wie folgt verblieben: Friedrich-Ebert Stiftung

Lambsdorff wird sich heute vormittag unmittel- Am 10. August 1978, dem Tag des „Hearings" im bar vor seiner Reise nach Fernost (drei Wochen) Bundesfinanzministerium und einige Tage nach noch bei Tietmeyer sachkundig machen und mit der bereits erwähnten Spende des Flick-Konzerns Schlecht beraten. Es ist dann vorgesehen, weil an die Friedrich-Ebert-Stiftung in Höhe von 250 000 Schlecht morgen im übrigen nicht zu erreichen DM, übersandte deren Geschäftsführer, Dr. Günter ist, daß ich am Montag mit Schlecht über das tak- Grunwald, auf Bitte des wegen Urlaubs abwesen- tische Vorgehen spreche, insbesondere aber über den Alfred Nau Bundesminister Matthöfer einen meine Absicht, Matthöfer unmittelbar zu begrü- Antrag des Flick-Konzerns sowie den Text des Ko- ßen. operationsvertrages zwischen Grace und PCV. Er Ich habe bei Lambsdorff auch durchblicken las- schrieb dazu, es handele sich um die bei dem Ge- sen, daß ich mich überhaupt nicht scheuen würde, spräch am 28. Juni 1978 im Politischen Club der mit Herrn Dr. Flick den Bundeskanzler in der Friedrich-Ebert-Stiftung erwähnten Unterlagen, die Sache zu begrüßen. Eine solche Begrüßung des auf Wunsch Dr. Flicks und Paefgens schon jetzt Bundeskanzlers stehe im Moment allerdings übermittelt werden sollten, damit Minister Matthö- kurzfristig noch nicht an." fer sich schon vor der Stellungnahme des Bundes- wirtschaftsministeriums ein Bild machen könne. Dr. Grunwald hat hierzu bei seiner staatsanwalt- 175 schaftlichen Vernehmung ausgesagt, Dr. Flick oder Paefgen müsse nach dem Gespräch im Politischen Ministervorlage Im Bundesministerium für Wirtschaft Club der Friedrich-Ebert-Stiftung Nau angerufen über das „Hearing" und ihn gefragt haben, ob er bereit sei, Minister Matthöfer Unterlagen zu dem „Gesamtkomplex" In seiner Ministervorlage vom 11. August 1978 über zur Verfügung zu stellen. das Ergebnis des Hearings des Bundesministeri- ums der Finanzen stellte Oberregierungsrat Dr. Während Dr. Flick ausgeschlossen hat, Nau damals Holger Berndt fest, daß gegen den Buderus II-An- angerufen oder Unterlagen zugeschickt zu haben, trag im Bundesministerium der Finanzen keine Be- hat Günter Max Paefgen als Zeuge erklärt, er erin- denken bestünden und daß die Bedenken gegen den nere sich zwar nicht, schließe aber auch nicht aus, Feldmühle-Antrag weitgehend ausgeräumt werden damals Nau oder Dr. Grunwald Unterlagen zu USF Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

zugesandt zu haben. Wenn diese geschäftlichen Un- früheren nordrhein-westfälischen Finanzminister terlagen übersandt worden seien, dann sei aber Prof. Dr. Friedrich Halstenberg mit dem Ziel, daß kein Scheck dabei gewesen. dieser seinerseits gegenüber dem Bundesministe- rium der Finanzen auf die gute Steuermoral des Hans Matthöfer hat als Zeuge bestätigt, die Unter- Hauses Flick hinweisen solle. Jedenfalls notierte lagen von Dr. Grunwald, der ihn seit 15 Jahren mit von Brauchitsch- am 17. August 1978: „hochinteressanten Informationen" versorge, be- kommen zu haben. Er wisse zwar nicht mehr genau, ,,... 2. Halstenberg gleichfalls durch Vermittlung was es gewesen sei, ziemlich sicher aber die Be- von G. M. gesprochen am 13. und 15. August. Hal- gründung für den USF-Antrag. Die Zusendung von stenberg hat sowohl mit Matthöfer als auch mit Unterlagen über Nau bzw. Dr. Grunwald sei „in ho- Böhme gesprochen und beide darauf hingewie- hem Maße ungewöhnlich" und nicht korrekt gewe- sen, daß er (Halstenberg) aus der Sicht des frühe- sen; er habe die Unterlagen „in den Shredder ge- ren Finanzministers NRW ein sehr gutes Gespür worfen". Dies habe er auch Dr. Grunwald mitgeteilt. für den hohen Rang des Hauses Flick als Steuer- Die Unterlagen habe er im übrigen auch deshalb pflichtiger habe. Das Haus Flick sei stets muster- vernichtet, weil die Akten ohnehin im Bundesfi- gültig in der Behandlung seiner Steuerangelegen- nanzministerium gewesen seien. Er fügte hinzu: heit gewesen. Bei allen Eingaben des Hauses Flick sei immer wieder zu erkennen gewesen, daß „Ich hätte das ja mit dem Übersendungsbrief man eher tief- als hochgestapelt habe. So müsse wohl 'runtergeben müssen. Dies paßte mir nicht. man auch allenfallsige zurückhaltende Betrach- Es war nicht erforderlich. Es war völlig überflüs- tungen der Kooperation mit Grace sehen. Hal- sig." stenberg hatte bei beiden Gesprächspartnern den Insgesamt habe dies zu den „Spielchen" gehört, „die Eindruck, daß sie sein Signal verstanden haben." die Düsseldorfer Flick-Manager gemacht haben" — Das Sekretariat von Prof. Dr. Friedrich Halstenberg nach seinem Eindruck häufig ohne Wissen oder so- ließ am 15. August 1978 für Eberhard von Brau- gar gegen den Willen von Dr. Flick — und die völlig chitsch durchgeben, Dr. Halstenberg sei „wie ge- überflüssig gewesen seien. stern besprochen heute tätig geworden"; von Brau- Der Zeuge hat weiter erklärt, er habe die Übersen- chitsch ließ diese Notiz in der „6 b/4-Akte" ablegen. dung der Unterlagen über Nau beziehungsweise Dr. Grunwald so verstanden, daß Dr. Flick ihm da- 178 mit habe sagen wollen, er kenne Nau; das habe für ihn aber keine Entscheidungsrelevanz gehabt. Er habe nicht angenommen, daß Dr. Flick damit habe Kontakt Eberhard von Brauchitschs mit dem signalisieren wollen, er gebe der SPD oder der Parlamentarischen Geschäftsführer der Friedrich-Ebert-Stiftung Geld. Im übrigen habe er SPD-Bundestagsfraktion Konrad Porzner zwar gewußt, daß Nau Geld für die Friedrich-Ebert- Aus mehreren Notizen ergibt sich, daß Eberhard Stiftung beschaffte, nicht aber, daß die Friedrich- von Brauchitsch gleichzeitig durch Vermittlung von Ebert-Stiftung Geld von Flick bekommen habe. Ins- Günter Markscheffel Kontakt zum Parlamentari- besondere habe er auch nichts von einer am 1. Au- schen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfrak- gust 1978 erfolgten Zahlung des Flick-Konzerns an tion Konrad Porzner aufnahm, anscheinend in der die Friedrich-Ebert-Stiftung gewußt. Er habe sich Absicht, etwaige negative Einflüsse aus der SPD auch nicht den Kopf darüber zerbrochen, was Nau Bundestagsfraktion auf das Bundesministerium bzw. Dr. Grunwald sich bei der Übersendung der der Finanzen zu verhindern. Nach diesen Vermer- Unterlagen gedacht hätten. Er hätte sich vorstellen ken hatte Günter Markscheffel mit Porzner an des- können, daß Nau gehofft habe, von Flick finanzielle sen Urlaubsort telefoniert und von Brauchitsch mit- Zuwendungen zu bekommen. geteilt, Abg. Porzner sehe von seiten der SPD über- haupt keinen Einfluß auf die Entscheidung im Bun- desministerium der Finanzen. Am Abend des 177 14. August 1978 sprach von Brauchitsch selbst mit Porzner, der — wie von Brauchitsch notierte — zu- Eberhard von Brauchitschs Gespräch mit dem vor mit Ministerialdirektor Dr. Karl Koch gespro- früheren nordrhein-westfälischen Finanzminister chen und ihm versichert habe, daß „ernste Bean- Prof. Dr. Friedrich Halstenberg standungen durch die SPD-Fraktion bei einem posi- tiven Votum nicht zu erwarten sind". Eine ähnliche In den folgenden Tagen versuchte Eberhard von Information hatte Dr. Heribert Blaschke von einem Brauchitsch durch eine Reihe von Kontakten nach Mitarbeiter der SPD-Fraktion mitgebracht. Porzner dem nach seiner Auffassung „schlecht gelaufenen" habe Dr. Koch gegenüber hinzugefügt, er habe auf Hearing die Bedenken des Bundesministeriums der einer USA-Reise einen „unglaublich positiven Ein- Finanzen gegen den Grace II-Antrag zu zerstreuen. druck von der Stärke der amerikanischen Wirt- Er hat später sein Vorgehen als eine „ganz saubere schaft und dem hohen Rang von Technologie etc." strategische Aktion" bezeichnet. bekommen. Bereits am Wochenende 11./12. August 1978 be- Konrad Porzner hat vor der Staatsanwaltschaft den mühte er sich intensiv um ein Gespräch mit Bun- Vorgang allerdings teilweise anders dargestellt. So desfinanzminister Hans Matthöfer. Außerdem habe Eberhard von Brauchitsch ihn angerufen und sprach er am 13. sowie am 15. August 1978 mit dem ihm gesagt, daß aus dem parlamentarischen Be- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode reich Druck auf die Verwaltung oder auf Beamte Eberhard von Brauchitsch vermerkte weiter, ausgeübt würde. Danach, nicht umgekehrt, habe er Staatssekretär Dr. Otto Schlecht habe empfohlen, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch gefragt, ob das unverzüglich ein Gespräch mit Bundesminister zutreffe; Dr. Koch habe dies verneint. Er habe nie- Hans Matthöfer zu suchen, und habe auch keine manden aus der SPD-Bundestagsfraktion darüber Bedenken, Matthöfer das Risiko auszumalen, das informiert, weil auf diese Antwort hin nichts zu ver- sich aus einer Ablehnung von Grace und der Wie- anlassen gewesen sei. Konrad Porzner hielt es für deranlagepolitik ergeben könnte. Staatssekretär möglich, daß das Telefonat mit Eberhard von Brau- Dr. Otto Schlecht habe allerdings hinzugefügt: chitsch durch Günter Markscheffel vermittelt wor- „Diese Drohung ist ein typischer Brauchitsch"; dies den war. hat Staatssekretär Dr. Schlecht vor dem 1. Untersu- chungsausschuß bestätigt. Von Brauchitsch ver- Welche der beiden Versionen, insbesondere hin- merkte am Ende der Notiz, er habe soeben „nach sichtlich der Reihenfolge der Telefonate, letztlich mehreren Konferenzen" einen Termin bei Minister zutreffend ist, hat nicht geklärt werden können. Im Matthöfer für ein Vier-Augen-Gespräch am 15. Au- Ergebnis verneinte jedenfalls Konrad Porzner in gust 1978, 18.00 Uhr, erhalten. Dies teilte er auch seinem Telefonat gegenüber Eberhard von Brau- Dr. Friedrich Karl Flick in einem Fernschreiben chitsch, daß von der SPD-Bundestagsfraktion mit. Druck auf Ministerialdirektor Dr. Karl Koch ausge- übt werde. Dieser konnte daher davon ausgehen, daß auch eine etwaige positive Entscheidung nicht 180 auf Widerstand in der SPD-Bundestagsfraktion sto- ßen und Bundesfinanzminister Hans Matthöfer Telefonat von Dr. Heribert Blaschke mit Ministerialrat kein politisches Risiko eingehen würde. Dr. Günter Söffing am 14. August 1978 Weitere Informationen über die Auffassung des 179 Bundesministeriums der Finanzen erhielt der Flick-Konzern inzwischen auch durch ein Telefon- Telefonate Eberhard von Brauchitschs mit gespräch von Dr. Heribert Blaschke mit Ministeri- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht im August 1978 alrat Dr. Günter Söffing am Abend des 14. August Nach einem ersten Telefonat am 11. August 1978 1978. Dem war eine Besprechung mit Ministerialdi- führte Eberhard von Brauchitsch ein weiteres län- rektor Dr. Karl Koch, Ministerialrat Dr. Günter Söf- geres Gespräch am 14. August 1978 mit Statssekre- fing und Regierungsdirektor Dr. Arno Bordewin tär Dr. Otto Schlecht, für das Manfred Nemitz noch vorangegangen, wie einem Vermerk von Ministeri- zusätzliche Unterlagen geliefert hatte. Von Brau- aldirektor Dr. Karl Koch vom 18. August 1978 sowie chitsch hielt daraus fest, die Diskrepanz zwischen einem Schreiben von Dr. Blaschke vom 17. August den beiden Ministerien bestehe im wesentlichen 1978 an diesen entnommen werden kann. In dieser darin, daß nach Auffassung des Bundesministeri- Besprechung war der Flick-Konzern um Übermitt- ums für Wirtschaft internationale Kooperationen in lung weiterer Angaben zur Kooperation gebeten größeren zeitlichen Dimensionen gesehen werden worden. müßten und zudem bei Grace die gebotene Rück- Über das erwähnte Telefonat mit Ministerialrat sichtnahme auf die Minderheitsaktionäre und auf Dr. Günter Söffing vermerkte Dr. Heribert Blasch- das SEC respektiert werden müßte. Deshalb müsse ke, „K." sei von seinem — Dr. Heribert Blaschkes — man dem Steuerpflichtigen hinsichtlich seiner ge- Vortrag „sehr beeindruckt" gewesen. Dr. Söffing planten industriellen Konzeption Vertrauen schen- habe den Auftrag, in einer Ministervorlage zwar ken. Das Bundesministerium der Finanzen sei dem- gewisse Bedenken aufzuzeigen, aber zu einem posi- gegenüber der Auffassung, daß nur Fakten und tiven Ergebnis zu kommen. Möglicherweise würden keine Zusagen gerechnet werden könnten, und hin- Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und Ministerial- sichtlich der Fakten sei das vorgelegte Material rat Dr. Günter Söffing bei dem Gespräch Eberhard nicht ausreichend. Auch hier ist vermerkt, Ministe- von Brauchitschs mit Bundesminister Hans Matt- rialdirektor Dr. Karl Koch werde den Parlamentari- höfer anwesend sein. Dr. Söffing habe empfohlen, schen Staatsekretär Dr. Rolf Böhme im Urlaub auf- in jedem Fall die im Bundesministerium der Finan- suchen, um die Vorlage an den Minister vorzuberei- zen vertretene Linie auch im Ministergespräch ein- ten; es sei sichergestellt, daß vorher ein Gespräch zuhalten. Zugleich habe Dr. Söffing Ratschläge für zwischen Dr. Koch und Staatssekretär Dr. Otto die Argumentation bei Bundesminister Matthöfer Schlecht stattfinde, und: „Schlecht wird sich bemü- gegeben. Beispielsweise solle auf die schwierige Si- hen, auf Koch im Sinne des Wirtschaftsministeri- tuation bei der Flick-Tochter Dynamit Nobel hinge- ums einzuwirken". Ein negatives Votum des Bun- wiesen werden, die „Impulse von außen" benötige. desministeriums der Finanzen würde zwar nicht Zwischen Grace und Dynamit Nobel gebe es in den zwingend zu einer Ablehnung durch das Bundesmi- verschiedenen Bereichen der Chemie eine „hervor- nisterium für Wirtschaft, sondern nur zu einer er- ragende Ergänzung", aber keine Überschneidung. neuten Überprüfung führen. Andererseits wäre ein Der Flick-Konzern müsse einräumen, daß er die Abweichen von dem Votum des Bundesministeri- „Anlaufzeit für den Vertrauensaufbau nicht ganz ums der Finanzen schwierig, weil das Bundesmini- richtig eingeschätzt" habe. Der jetzt vorliegende sterium der Finanzen davon ausgehe, daß das ge- Kooperationsvertrag zeige, daß das Engagement setzlich geforderte „Einvernehmen" sich in diesem durch die Beteiligungserhöhung einen „push nach Fall auch auf den Wiederanlagevorgang erstrecken vorne" bekommen habe. Es sei „klar", daß eine „so müsse. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 starke Gruppe im Board" wie der Flick-Konzern er- gestrebten Kooperation auf das Rahmenabkommen gänzende, nicht einseitige Kooperationsgebiete auf- von 1975 hingewiesen. „Auf Vorhalt" — dazu wurde zeigen könne und auch die unternehmenspoliti- auf den erwähnten und als Anlage beigefügten Ver- schen Entscheidungen bei Grace in dieser Richtung merk von Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner beeinflussen werde. Im übrigen werde man prüfen, vom 2. August 1978 hingewiesen, der als Anlage bei- ob auch andere Flick-Unternehmen von dem Tech- gefügt wurde —, „das Rahmenabkommen habe bis- nologieaustausch profitieren würden. Schließlich her nicht zu konkreten Vereinbarungen über Tech- soll Ministerialrat Dr. Söffing empfohlen haben, un- nologieaustausch und Kooperation geführt", habe bedingt über „Innovation und Kohlevergasung" zu Dr. Flick erklärt: Man habe 1975/76 die Möglichkeit sprechen. einer Realisierung der geplanten Kooperationen zu optimistisch eingeschätzt; das unveränderte unter- Ministerialrat Dr. Günter Söffing hat sich als Zeuge nehmenspolitische Ziel könne aus heutiger Sicht vor der Staatsanwaltschaft zwar nicht konkret an nur in einem mittelfristigen Prozeß realisiert wer- das Gespräch erinnern können, aber gemeint, dafür, den. Dieser werde durch die Beteiligungsaufstok- daß es stattgefunden habe, spreche die Tatsache, kung gefördert, da „die geballte Kraft von etwas daß vor der Abfassung seines Vermerks vom mehr als 25 v. H. der Anteile zwar nicht zu rechtli- 15. August 1978 eine Abstimmung zwischen Mini- cher Beherrschung führt, Flick jedoch faktisch zu sterialdirektor Dr. Karl Koch, ihm und Regierungs- erheblichem Einfluß auf Grace verhelfen werde". direktor Dr. Arno Bordewin stattgefunden haben Die Dynamit Nobel AG bemühe sich nach wie vor müsse; dabei ist zu berücksichtigen, daß der Haupt- um Kooperation mit Grace auf einer Reihe von Ge- kritiker des Grace-Antrages, Ministerialdirigent Dr. bieten. Adalbert Uelner, sich seit dem 11. August 1978 im Urlaub befand. Die von Dr. Heribert Blaschke er- Im übrigen wurde auf den Kooperationsvertrag wähnte Weisung, die Vorlage in dieser Form abzu- Grace/PCV verwiesen. Dazu wurde vermerkt, nach fassen, könne — wie Dr. Söffing weiter ausgesagt telefonischer Auskunft vom Bundesministerium für hat — nur von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch Forschung und Technologie sei die Kohleverede- stammen. lung forschungspolitisch sehr positiv zu beurteilen. Kooperationsverträge der zwischen Flick und Grace abgeschlossenen Art seien auch aus anderen 181 Fällen bekannt. Nach einer Aufzählung der denkba- ren Bereiche für eine Zusammenarbeit dieser bei- Vorbereitungsvorlage für das Gespräch den Firmen, die in einer Anlage zusammengestellt von Bundesminister Hans Matthöfer wurden, war vermerkt, der Flick-Konzern sehe in mit Eberhard von Brauchitsch am 15. August 1978 dieser Zusammenarbeit die „einmalige Chance", der Technologie der PCV im internationalen Geschäft Ministerialdirektor Dr. Karl Koch unterzeichnete zum Durchbruch zu verhelfen und auf einem Teil- auch die — von Ministerialrat Dr. Günter Söffing gebiet, dem Einsatz von Kohle bei Agrarchemika- entworfene — Ministervorlage vom 15. August 1978, lien, „einen Beitrag zu leisten, der der Bundesrepu- die aus Zeitgründen dem Ministerunmittelbar, also blik und den anderen EG-Staaten auf diesem Spezi- ohne Beteiligung des zuständigen Unterabteilungs- algebiet zu größerer Unabhängigkeit von den Pri- leiters und der Staatssekretäre, zugeleitet wurde. märenergien Öl und Gas verhilft." Ein konkretes Darin war ausdrücklich vermerkt, sie diene „der Kooperationsmodell sei die Düngemittelfabrik in Vorbereitung des Gesprächs mit Herrn Eberhard Brasilien. Zusammenfassend heißt es: von Brauchitsch von der Firma Flick heute um 18.00 Uhr". Inhaltlich wurden zunächst kurz die Veräuße- „Trotz gewisser Bedenken im Hinblick darauf, rungsseite sowie der 1. Antragsblock und anschlie- daß die projektierte Zusammenarbeit bisher nur ßend der 2. Antragsblock geschildert. Hier empfehle im Fall PCV zu konkreten Vereinbarungen ge- das Bundesministerium für Wirtschaft bei allen führt hat, wird vorgeschlagen, dem BMWi mitzu- drei Anträgen Zustimmung; diese Entscheidung sei teilen, daß der Erteilung der Bescheinigung zuge- von Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff ge- stimmt wird. billigt worden. Sodann wurde auf das Hearing vom Die Entscheidung ist eilbedürftig. Die gesetzliche 10. August 1978 hingewiesen und der Vermerk des Reinvestitionsfrist läuft am 31.12.1978 ab. Flick Bundesministeriums der Finanzen vom 11. August muß deshalb im Herbst mit einem Kaufangebot 1978 dazu beigefügt. Im Ergebnis wurde bemerkt, an die amerikanische Öffentlichkeit treten. Flick das Bundesministerium für Wirtschaft und das hat in seinem Zeitplan vorgesehen, daß die Ent- Bundesministerium der Finanzen beabsichtigten, scheidung über den Antrag spätestens am den Anträgen Buderus II und Feldmühle zuzustim- 1.9.1978 vorliegt." men. Zu Grace II wurde betont, Flick betrachte sein Engagement bei Grace als echte unternehmerische Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht feststellen Funktion. Das unternehmenspolitische Ziel sei, können, worauf die Meinungsänderung im Bundes- durch weitere Beteiligungsaufstockung und die da- finanzministerium zwischen der Besprechung am durch bedingte Stärkung der Position im Board — 10. August 1978 und der Fertigung der Vorlage am nach Angaben des Flick-Konzerns künftig ca. 6 15. August 1978 zurückzuführen ist. Dr. Karl Koch statt bisher 3 von 27 Sitzen — das Unternehmen hat dem Ausschuß nach seiner Vernehmung schrift- „sozusagen von innen zu erobern". Die unterneh- lich mitgeteilt, nach seiner Erinnerung habe es ein menspolitische Zielsetzung könne allerdings nicht Gespräch zwischen ihm und Minister Matthöfer be- kurzfristig realisiert werden. Flick habe zu der an- reits vor dessen Gespräch mit von Brauchitsch ge- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode geben. Matthöfer habe dabei über die Notwendig- hierdurch unternehmerisches Engagement gesi- keit des Technologieaustausches gesprochen und chert würde. Die alten Verbindungen zwischen gemeint, man solle dem Flick-Konzern glauben. Grace und Flick sen., die sich durch die Ausbildung Hans Matthöfer hat sich als Zeuge zwar an die Ein- von Flick jun. bei Grace sehr vertieft hätten, hätten zelheiten der damaligen Gespräche nicht erinnern P. Grace die Gewähr für eine Durchsetzung dieser können, jedoch betont, er habe den Antrag — trotz seiner Vorstellungen geboten. Er habe bei der Wahl seiner „Abneigung gegen die steuerliche Förderung seines Partners zudem ein hohes Vertrauenspoten- der Kapitalausfuhr" — nicht ablehnen wollen. Das tial voraussetzen müssen, denn die Rücksicht- Bundesfinanzministerium habe nur „im Beneh- nahme auf die führenden Männer im Grace-Mana- men" Stellung zu nehmen und das federführende gement, auf die Kleinaktionäre und das SEC hätten Bundeswirtschaftsministerium habe „sachverstän- ein äußerst behutsames Vorgehen geboten. Auch dig" positiv votiert gehabt. Eine Ablehnung des die Entwicklung der industriellen Führung bei Grace II-Antrages hätte „außer verlorener Zeit und Daimler-Benz aus einer rd. 40%igen Beteiligung viel Ärger" nichts gebracht. heraus sei über viele Jahre gegangen und nicht „übers Knie gebrochen" worden; ähnlich sei es bei 182 Dynamit Nobel gewesen. Erst wenn Vertrauen ge- bildet worden sei, seien Einfluß auf das Manage- Vorbereitungskonzept Eberhard von Brauchitschs ment und letztlich dann auch der Zugriff in der industriellen Führung möglich. 6. Es sei für ameri- Eberhard von Brauchitsch entwarf für das Ge- kanische Verhältnisse ungewöhnlich gewesen, daß spräch ein neunseitiges Konzept, das — wie er spä- ein Aktionär Männer aus dem eigenen Mana- ter Dr. Friedrich Karl Flick mitteilte — „das we- gement in den Aufsichtsrat in den USA entsendet. sentliche Gerippe seines Vortrages" gebildet habe. Peter Grace habe dem letztlich „entgegen der Danach machte Eberhard von Brauchitsch im we- Usance" zugestimmt, weil er sich besonders viel von sentlichen folgende Ausführungen: 1. Motive für die Beratung und Kooperation versprochen habe. Man Daimler-Abgabe und für die Wiederanlage seien die habe sich daher entschlossen, „erstrangig" in den Stärkung der Gruppe, die Beseitigung von Struktur- Aufsichtsrat von Grace zu gehen — mit Dr. Fried- problemen der Gruppe sowie die Stärkung der Pro- rich Karl Flick, Günter Max Paefgen, Dr. Werner gramme der Gruppe durch Verstärkung interna- Kneip —; Aufsichtsrat und Management von Grace tionaler Kombinationen gewesen. Die kapital- hätten sehr schnell erfahren, daß diese Männer „in mäßige Verflechtung sei der beste Einstieg für den der Beratung des Unternehmens nachhaltig mitge- Zugriff zu Know-how und Innovationsreservoir. wirkt haben". Paefgen habe in verschiedenen Com- 2. Dr. Friedrich Karl Flick habe — u.a. dem Bundes- mittees „an den intimsten Entscheidungen von kanzler gegenüber — klargemacht, daß die im Zu- Grace" teilnehmen können. Etwa 15 x jährlich sammenhang mit der Daimler-Abgabe entstande- reise man zu solchen Sitzungen nach Nordamerika. nen Gerüchte, er wolle ins Ausland abwandern, „an 7. Gleichfalls „entgegen der Usance in den USA" den Haaren herbeigezogen" seien, und versichert, hätten P. Grace und das Grace-Management zuge- daß die Heimat des Konzerns und der Familie im stimmt, daß Flick-Vertreter die Grace-Werke be- Inland bleibe. Ein Auslandsengagement diene aber sichtigen und mit den Werksleitern die zukünftige der Stärkung der Gruppe; gehe es einem Teil der Konzeption behandeln könnten. 8. Die Politik, Ver- Gruppe z. B. aus konjunkturpolitischen Gründen trauen zu erwerben, Beratung zu leisten und damit nicht gut, müßten die Ergebnisse des Restes der die Grundlage für die Entscheidung des Unterneh- Gruppe zur Sanierung herangezogen werden. 3. Mit mens Grace für die Flick-Interessen zu erreichen, der Abgabe der Daimler-Benz-Beteiligung habe habe sich als richtig erwiesen. Dennoch sei gerade man der Gruppe ein Gesicht geben wollen, das „mit- jetzt der Zeitpunkt gekommen, um durch eine spek- telfristig Stärke und Gesundheit unserer Gruppe takuläre Beteiligungsaufstockung nachzuweisen, gewährleistet". Man habe den Ehrgeiz, bei der öf- daß man das Engagement vertiefen wolle. Nach Ge- fentlichen Beurteilung dieser Umsetzung gut auszu- nehmigung des Antrages werde man den Zugriff sehen. Es bestehe eine Interessenidentität mit den zum technischen Know-how von Grace planmäßig volkswirtschaftlichen Bedürfnissen der Bundesre- vorantreiben können. Jede „zeitliche Überhastung publik Deutschland. Schon diese Zielvorstellung sei von Vertragswünschen" führe aber zu Mißtrauen ein Beweis dafür, daß es sich um eine unternehme- und werfe den Flick-Konzern möglicherweise in der rische und industrielle Konzeption und nicht um Erfüllung des Programms zurück. Der Grace/PCV- ein internationales Finanzengagement handele. Vertrag sei ein „außerordentlich wichtiger Beweis" 4. Man habe allerdings gewußt, daß man nur mit für die Richtigkeit des ruhigen, aber konsequenten Hilfe von § 6 b EStG und § 4 AIG optimal reinvestie- Vorgehens. 9. „Bei allem Respekt" vor dem Wunsch ren könne. Daher habe man diese Vorschriften ana- der öffentlichen Verwaltung, zusätzliche Beweise lysiert und entsprechende Wiederanlageprojekte für die Übernahme von Innovationen, Know-how- ausgesucht. Man habe gewußt, daß Finanzbeteili- Austausch und für die Bundesrepublik bedeutsa- gungen nicht förderungswürdig im Sinne dieser Ge- men Lizenzen zu erhalten, müsse der strategisch setze seien; dies sei ein weiterer Beweis dafür, daß richtigen Reihenfolge der Vorrang gegeben werden. man „nicht im Traum" Finanzbeteiligungen gesucht Der Flick-Konzern habe immer bewiesen, daß er habe. 5. Grace — eine Publikumsgesellschaft mit „keinen Türken baut" und keine unrealistischen Be- einem kleinen Familienbesitz und einem „sehr au- hauptungen in die Welt setze. Andererseits müsse tarken Unternehmensleiter (P. Grace)" — habe eine in Kauf genommen werden, daß bei unternehmeri- Flick-Beteiligung nur akzeptieren wollen, wenn schen Konzeptionen zwischen freien Partnern gele- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 gentlich eine projektierte Sache nicht erreicht und „a) der Abteilungsleiter macht ein positives Vo- durch eine andere ersetzt werde. „Hieraus den tum; Schluß zu ziehen, daß eine industrielle Konzeption b) Matthöfer hat dem Abteilungsleiter mitgeteilt, nicht vorliegt, wäre nach den Erfahrungen in daß er (Matthöfer) dieses positive Votum abzeich- der freien Wirtschaft falsch." 10. Bei dem Antrag nen werde; Grace I habe man noch sehr „nach der Papierform" - vorgehen müssen. Die Kooperationskonzepte seien c) der Abteilungsleiter ist beauftragt worden, we- das Ergebnis von „theoretischen Untersuchungen" gen der Eilbedürftigkeit unverzüglich den parla- des Flick-Konzerns gewesen. Hätte man bereits mentarischen Staatssekretär (B.) und den beam- konkrete Forderungen an Grace gestellt, wäre man teten Staatssekretär (O.) in deren Feriendomizi- überhaupt nicht weitergekommen. Heute aber sei len aufzusuchen und deren Unterschriften einzu- man weiter. Nach zahllosen Besprechungen könne holen. Erst dann kann Matthöfer seinerseits die man ziemlich genau so weiterfahren, wie man es Sache finalisieren. mit dem Antrag Grace II präsentiert habe. Wenn Das einzige Risiko, das in dieser Sache noch dabei das Gewicht der Kooperation zwischen Dyna- steckt, liegt also bei diesen beiden Staatssekretä- mit Nobel und Grace weniger stark dargestellt wer- ren. Nach menschlichem Ermessen ist dieser Ri- de, sei das die Folge von praktischen Erkenntnis- sikofaktor jedoch ganz gering. Matthöfer hat mir sen; andererseits sei das, was man heute auf dem versprochen, mich zu informieren, falls auf die- Programm habe, nicht weniger bedeutend. Auf län- sem Wege noch ein Problem entsteht. gere Sicht könne mit einem „großen Synergismus" im Bereich der Chemie zwischen Grace und Dyna- d) Matthöfer bemüht sich, dafür einzustehen, daß mit Nobel gerechnet werden. Hinzu kämen der sein positives Votum spätestens Ende der Woche starke Ausbau des gesamten Bereichs der Kohle nach dem 21. August durch Kurier beim Bundes- technologie sowie eine Reihe weiterer Vorhaben, wirtschaftsminister wieder einläuft. die Eberhard von Brauchitsch im einzelnen auf- Anmerkung: listete. Mehr könne er nicht sagen, da jede Diskus- sion in der Öffentlichkeit über diese „weltweit au- Ich habe mit Staatssekretär Schlecht verabredet, ßerordentlich interessanten Innovationen" die daß dann der dritte Schritt unverzüglich, und Chancen zur Durchsetzung dieser Ideen reduzieren zwar auch durch Kurier, eingeleitet wird, nämlich würden. 11. Da ein Kauf oder Tausch von Lizenzen die Herausgabe der Sache an die relevanten Lan- für Innovationen, Know-how und Technologie in deswirtschaftsminister. Es ist alles vorbereitet, diesem Bereich praktisch ausscheide, komme nur damit die Landeswirtschaftsminister dann sofort eine „konsequent gefahrene industrielle Beteili- handeln können. gung" — wie bei Grace — in Frage. 12. Die „uner- Ob es möglich ist, bei dieser Sachlage die Be- freuliche Konsequenz" einer Ablehnung des Grace scheinigung noch vor der nächsten Board-Sitzung II-Antrages wäre, daß man „die zwingend notwendi- von Grace in Händen zu haben und damit die gen Strukturverbesserungen und arbeitsplatzstabi- Ankaufsaktionen in Gang zu setzten, kann ich lisierenden Maßnahmen" nicht werde durchführen nicht mit Sicherheit sagen. können. Zudem werde man dann ständig zu bekla- Spätestens im Laufe des September muß das gen haben, daß Technologie und Innovationszugriff aber wohl möglich sein." fehlten, die für die Wirtschaft der Bundesrepublik und die Stabilisierung des Flick-Konzerns von ho- Eberhard von Brauchitsch schrieb weiter, er habe her Bedeutung seien. Im übrigen sei wegen der sich „mit dieser Notiz bewußt kurz gefaßt, weil viele Schwierigkeiten für den Zukauf der Aktien und des Details für die schriftliche Darstellung nicht geeig- Fristablaufs Ende 1978 Eile geboten. net" seien, und fügte hinzu: „Als wesentlich hat sich jedoch erneut herausge- 183 stellt das hohe Vertrauenspotential, das wir uns im Laufe der Zeit auch bei den Linken erworben Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs haben, eine ganz saubere strategische Aktion mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer zwischen dem schlecht gelaufenen Hearing im am 15. August 1978 Bundesfinanzministerium vom 10. August und — last not least — Euer brillanter Auftritt bei M. Der genaue Teilnehmerkreis des Gesprächs am und B. in Bonn." Abend des 15. August 1978 steht nicht fest; in den Akten des Bundesministeriums der Finanzen gibt In einem „Zusatz nur für Herrn Dr. Friedrich Karl es keinen Vermerk darüber. Ministerialdirektor Flick" heißt es: Dr. Karl Koch hat als Zeuge ausgesagt, es habe zu- nächst eine Besprechung auf der Ebene „Minister „Ich füge nur für Dich persönlich bei ein Konzept, — Staatssekretär — von Brauchitsch" gegeben. Er das ich mir für den Vortrag bei Matthöfer in den selbst sei „etwas später" dazugerufen worden. In Tagen davor gemacht hatte und das das wesentli- dem Unterrichtungsvermerk von Eberhard von che Gerippe meines mündlichen Vortrages wie- Brauchitsch für Dr. Friedrich Karl Flick vom dergibt. Ich darf Dir versichern, daß ich in den 16. August 1978 über das Ergebnis des Gesprächs einzelnen Teilen dieses Konzeptes im mündli- heißt es, er habe einen längeren Vortrag gehalten chen Vortrag noch sehr viel präziser geworden und daraufhin folgende Erklärung von Bundesmini- bin — aber auch hierüber berichte ich Dir gern ster Hans Matthöfer erhalten: mündlich." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Handschriftlich setzte von Brauchitsch hinzu: Staatssekretär Dr. Otto Schlecht verabredet, daß dieser sich persönlich darum kümmere, daß unver- „Für Dich und uns freue ich mich, Dir diese Mit- züglich nach Eingang des positiven Votums des teilung machen zu können. Vielleicht kannst Du Bundesministeriums der Finanzen die Angelegen- jetzt die Tage dort unten wirklich genießen. Herz- heit an die Landeswirtschaftsminister gehe. Von lichst Dein Eberhard." Brauchitsch bat Wacker, aus dem Urlaub heraus Verbindung zu dem „Statthalter" bei Dr. Wolfgang Für „Blaschke usw." gab er u. a. folgendes durch: Mühl zu halten, damit man dementsprechend recht- zeitig bei den Landeswirtschaftsministern tätig „Die Sache muß jetzt seinen formellen Gang ge- werden könne. hen, weil mein Gesprächspartner alle relevanten Männer des Hauses im Obligo zu haben wünscht. Deshalb wird K. eine entsprechende Vorlage ma- chen und sowohl vom parlamentarischen als auch 185 von einem der beamteten Staatssekretäre ab- zeichnen lassen. M. steht dann für seine Unter- Weitere Bearbeitung des Grace-Antrags schrift zur Verfügung. Auf Befragen erklärte M., im Bundesministerium für Wirtschaft daß er nicht damit rechne, daß einer der Staatsse- kretäre noch Schwierigkeiten mache." Inzwischen hatte am 14. August 1978 in der Ener- gieabteilung des Bundesministeriums für Wirt- schaft das für Bergwirtschaft zuständige Fachrefe- Für Dr. Heribert Blaschke fügte er hinzu: rat eine Stellungnahme zum Kooperationsvertrag „Ich habe mit meinem Gesprächspartner folgen- Grace/PCV erarbeitet. Es bewertete „auf dem Hin- des verabredet: tergrund einer intensivierten und von der öffentli- chen Hand geförderten energietechnologischen a) Wenn sich in der Angelegenheit noch Schwie- Forschung und Entwicklung und dem Bemühen um rigkeiten ergeben (Staatssekretäre), ruft er mich eine internationale Zusammenarbeit auf diesem an. Gebiet" die von der PCV dargestellten Aktivitäten b) K. erhält von meinem Gesprächspartner den auf dem Gebiet der Energie- und Kohleveredelungs- Auftrag, Sie zu unterrichten, sobald die Unter- technologie positiv, „ohne allerdings in eine einge- schriften in seinem Haus komplett sind und die hende Einzelprüfung der Erfolgsaussichten der ein- Angelegenheit durch Boten an das BWM heraus- zelnen Verfahren und Entwicklungsziele eintreten gegangen ist. Sobald dies geschehen ist, bitte ich zu können". Diese Auffassung stützte sich auf das Sie, Herrn Wacker zu veranlassen, daß das Not- z. T. nicht unerhebliche finanzielle Engagement, das wendige getan wird, um die Angelegenheit auf das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen seiner schnellstem Wege an die Landeswirtschaftsmini- Forschungsförderung bei einzelnen Aktivitäten der ster auf den Weg zu geben." PCV eingegangen sei. Eine Verbreiterung der Ar- beitsbasis durch Erfahrungsaustausch und Koope- ration mit einschlägigen amerikanischen Firmen, 184 z. B. Grace, sei für die Entwicklung, Nutzung und Vermarktung der einschlägigen Techniken sicher- Schritte Eberhard von Brauchitschs lich von Vorteil. zur Intensivierung der Grace-Kooperation Die Stellungnahme wurde am 16. August 1978 dem Wegen der skeptischen Einstellung des Bundesmi- Bundesministerium der Finanzen zugeleitet. Sie nisteriums der Finanzen zur Grace-Kooperation bat hatte also weder vor der Stellungnahme des Bun- Eberhard von Brauchitsch ebenfalls am 15. August desministeriums für Wirtschaft vom 30. Juni 1978 1978 Dr. Hanns Arnt Vogels, sich von Manfred Ne- noch vor der Ministervorlage der Steuerabteilung mitz „über den letzten Stand der Aktivitäten im des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Au- Bundesfinanzministerium" unterrichten zu lassen. gust 1978 vorgelegen. Der Vertreter von Ministerial- Mit Günter Max Paefgen sei verabredet, daß er un- rat Dr. Wolfgang Mühl im federführenden Referat verzüglich an Peter Grace herantrete, um „allenfall- des Bundesministeriums für Wirtschaft, Oberregie- sige weitere, zur Reife gediehene Kooperationen, rungsrat Dr. Holger Berndt, teilte ebenfalls am Know-how-Verträge etc. gegenzuzeichnen". Es 16. August 1978 dem Bundesministerium der Finan- komme darauf an, „so weit es die Phantasie her- zen zu der im Hearing aufgeworfenen Frage der gibt" unterschriftsreife Verträge zu machen. Dr. Vo- Qualifizierung des Kooperationsvertrages Grace/ gels hat als Zeuge allerdings betont, mit der Formu- PCV schriftlich mit, dieser sei „als Rahmenvertrag lierung „so weit es die Phantasie hergibt" sei ledig- zur Identifizierung gemeinsamer Projekte auf dem lich gemeint, daß unverzüglich Themen bzw. Berei- Gebiet der Kohletechnologie" anzusehen. Er ent- che analysiert werden sollten, die dann hoffentlich halte verfahrensrechtliche Bestimmungen über zu Verträgen führen sollten. Man habe damals „ge- „enge regelmäßige Konsultationen" und bilde somit waltige Anstrengungen" für diese Zusammenarbeit eine notwendige Durchgangsstufe für die beabsich- unternommen. Das Wort „Phantasie" sei aus der tigte gemeinsame Projektarbeit. Abschließend heißt Sicht des Technikers am ehesten mit „Kreativität" es: „In dieser Funktion ist der Kooperationsvertrag zu übersetzen; jedenfalls seien damit keine „Tür- als flankierende Maßnahme zu der 25 %-Beteiligung ken" gemeint gewesen. Am 16. August 1978 teilte grundsätzlich geeignet, eine intensive unternehme- von Brauchitsch Fritz Wacker mit, er habe mit rische Zusammenarbeit zu ermöglichen." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

186 Hans Matthöfer hat als Zeuge zu dem von Günter Markscheffel berichteten Vorgang ausgesagt, Übergabe weiterer Unterlagen zu Grace Markscheffel habe „die Sachen erfunden, die er an im Bundesministerium der Finanzen die Flicks geschrieben hat, um sich wichtig zu ma- chen"; „ich habe mit ihm niemals in meinem Leben Nach einer Notiz von Ministerialdirektor Dr. Karl darüber gesprochen — und niemals mit Willy Koch suchte Dr. Heribert Blaschke ihn am 18. Au- Brandt" gust 1978 auf und überreichte weitere Unterlagen zum Fall Grace. Dr. Koch bat Dr. Blaschke bei die- Wenngleich eine sichere Bewertung des Briefes von ser Gelegenheit, weitere Unterlagen über — in ei- Eberhard von Brauchitsch an Fritz Wacker wegen nem Gespräch am 14. August 1978 von Dr. Werner der unterschiedlichen Zeugenaussagen schwierig Kneip erwähnte — „Kooperationsvorgespräche" ist, teilt der 1. Untersuchungsausschuß zumindest vorzulegen. Im übrigen forderte er das von Ministe- nicht die Auffassung von Hans Matthöfer, daß ge- rialrat Dr. Günter Söffing geleitete Referat auf, die nerell die Berichte von Günter Markscheffel „erfun- Unterlagen daraufhin zu überprüfen, ob sie weite- den" seien. Immerhin nahm Markscheffel an den res Beweismaterial für eine ernsthafte Kooperation Sitzungen der SPD-Fraktion teil und pflegte er- zwischen Dynamit Nobel bzw. PCV und Grace ent- sichtlich bei dieser und anderen Gelegenheiten in- hielten, und bat, eine kurze ergänzende Vorlage für tensiven Kontakt zu vielen kompetenten Fraktions- den Minister zu fertigen. Die Unterlagen enthielten mitgliedern. Seine teilweise recht detaillierten Be- verschiedene Materialien über den Grace-Konzern richte sind zudem inhaltlich plausibel und stimmen und die Zusammenarbeit mit ihm. In einem Schrei- durchweg mit anderen Erkenntnissen überein. Dies ben an das Bundesministerium der Finanzen wurde gilt auch für diesen Bericht Angesichts der teil- zudem ausführlich die Berichtspflicht gegenüber weise scharfen Kritik von verschiedenen Mitglie- der SEC erläutert. Der Vertrag PCV/Grace falle der- dern der SPD-Bundestagsfraktion konnte es einem zeit noch nicht unter diese Berichtspflicht, da er der SPD angehörenden Bundesfinanzminister nicht noch nicht zu einem „konkreten Aktivaustausch" gleichgültig sein, ob er nach einer Zustimmung zum geführt habe. Grace-Antrag mit Kritik vom Fraktions- oder Par- teivorstand rechnen mußte. In die gleiche Richtung deuten die Bemühungen von Brauchitschs, sich z. B. 187 durch Gespräche mit dem SPD-Bundestagsabge- ordneten Konrad Porzner gegen eine derartige Kri- Eberhard von Brauchitschs Brief vom 22. August 1978 tik seitens der Fraktion abzusichern; ebenso war an Fritz Wacker selbstverständlich die Nachricht wichtig für ihn, daß sich der Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner Am 21. August 1978 hatte Fritz Wacker ein Telefo- nicht gegen diese Entscheidung wenden, sondern nat mit Oberregierungsrat Robert Fricke, Mitarbei- sie den zuständigen Ministern überlassen wolle. ter von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl. Wacker Hinzu kommt, daß Willy Brandt in seiner Verneh- gab darüber telefonisch durch: „Fricke erwartet un- mung die ihm zugeschriebenen Äußerungen zumin- seren Geleitzug in der zweiten Hälfte dieser Woche dest für möglich gehalten hat Das Hans Matthöfer und wird die Akten dann unverzüglich an die zu- zugeschriebene Verhalten erscheint auch ange- ständigen Landesminister weiterleiten ... ". Einen sichts der seit Monaten gelaufenen Kontakte zu Tag später schrieb Eberhard von Brauchitsch an Eberhard von Brauchitsch bzw. Dr. Friedrich Karl Wacker an dessen Urlaubsort: Flick/Günter Max Paefgen — z. B. im März, Juni „Unser Freund G. M. teilt mir heute mit, daß sich und August 1978 — und seines erkennbaren persön- Matthöfer wegen unseres II. Geleitzuges Rücken- lichen Engagements im Bundesfinanzministerium deckung bei Willy Brandt geholt hat. Willy Brandt nachvollziehbar. Zudem ist nicht einzusehen, habe Matthöfer gesagt: ,Ich verstehe zwar nicht warum Günter Markscheffel seinem „Arbeitgeber" viel davon, aber das Ganze scheint doch sehr ver- Eberhard von Brauchitsch falsche Berichte gelie- nünftig zu sein`." fert haben soll, da er damit den Fortbestand des Beratervertrages, der für ihn von großer finanziel- Von Brauchitsch empfahl Fritz Wacker, diesen ler Bedeutung war, gefährdet hätte. Zudem bestand Brief wegzuwerfen. für von Brauchitsch keine Notwendigkeit, seine Lei- stungen einschließlich der von Markscheffel über- Willy Brandt hat als Zeuge zu den ihm zugeschrie- mittelten Informationen gegenüber seinem Mitar- benen Äußerungen erklärt: „Das könnte ich gesagt beiter Fritz Wacker besonders zu betonen, wie dies haben", er könne sich daran aber nicht erinnern. Er möglicherweise gelegentlich gegenüber dem Fir- habe sich ein allgemeines Bild davon verschafft, meninhaber der Fall gewesen sein mag. daß das, was die Regierung mitmache, vernünftig und richtig sei. Es treffe auch zu, daß er nicht viel davon verstehe, da er sich nie im engeren Sinne mit 188 Steuerpolitik befaßt habe. Er hat im übrigen zu be- denken gegeben, daß die Berichte von Günter Weitere Unterlagen vom Flick-Konzern zu Grace Markscheffel gewissermaßen in zwei Etagen ent- standen seien: die eine Etage sei das, „was einer Am 24. August 1978 übersandte der Flick-Konzern aufschnappt oder glaubt vermitteln zu sollen", und dem Bundesministerium der Finanzen weitere Er- die zweite Etage sei das, „was der daraus macht, um läuterungen zur Zusammenarbeit mit Grace. In es dem Chef zu übermitteln". dem Anschreiben wurde insbesondere das Produk- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode tionsprogramm des Grace-Konzerns näher be- mit Ministerialdirektor Dr. Karl Koch über den An- schrieben. Zugleich wurde betont, es entspreche der trag Grace II sprechen können. Der „zuständige Tradition des Hauses Flick, bei der Wiederanlage Staatssekretär" — vermutlich der Parlamentari- des Daimler-Erlöses sich nicht in Finanzbeteiligun- sche Staatssekretär Dr. Rolf Böhme, der am 28. Au- gen zu engagieren, sondern langfristig den Erfolg gust aus dem Urlaub zurückgekehrt war — wolle „im technischen und unternehmerischen Wagnis" seine Entscheidung- davon abhängig machen, ob der zu suchen. Sodann wurden die Besprechungen mit Antrag gut begründet 'sei. Dr. Koch glaube daher, Grace aufgelistet. Diese Kontakte zeigten, daß die daß das Material, das dem Bundesministerium der weltweite Bedeutung von Grace mit dem hohen Finanzen inzwischen zugeleitet worden sei, „sehr Stand in Innovation und der Anwendungstechnik hilfreich" sei. Er werde ein positives Votum abge- für die Tochter-Gesellschaften der Flick-Gruppe ben; voraussichtlich sei auch nicht mit Auflagen zu starke Auswirkungen haben werde. Mit der Beteili- rechnen. Tatsächlich schrieb Dr. Koch am gleichen gungsaufstockung werde Gewicht und Einfluß der Tage in einer von Regierungsdirektor Dr. Arno Bor- Gruppe Flick als dem dann mit Abstand größten dewin entworfenen Ministervorlage, der Flick-Kon- Aktionär nicht nur in der Konzernleitung erheblich zern habe inzwischen seinen Vortrag zur Koopera- verstärkt, sondern auch die Kooperationsbereit- tion mit Grace vervollständigt; aus den jetzt vorlie- schaft auf der Ebene der Fachleute wesentlich er- genden Unterlagen könne nach Auffassung der höht. Zugleich wurden die in der Zusammenarbeit Steuerabteilung gefolgert werden, daß Flick sein mit Grace bisher aufgegriffenen Arbeitsbereiche Engagement bei Grace nicht als Kapitalanlage, son- sowie diejenigen Gebiete aufgelistet, bei denen eine dern als echtes unternehmerisches Engagement be- „Ausdehnung der Kooperation" vorgesehen sei. Un- trachte. In der Vorlage wurde dazu auf verschie- ter den beigefügten Unterlagen befand sich auch dene Einzelheiten verwiesen, u. a. Aktivitäten der ein Schreiben des Wirtschaftsministeriums von Board-Mitglieder Dr. Friedrich Karl Flick, Günter Nordrhein-Westfalen, daß gegen die auf der Basis Max Paefgen und Dr. Werner Kneip; Zusammenar- des Kooperationsvertrages beabsichtigte Zusam- beit der wissenschaftlichen und technischen Fach- menarbeit zwischen PCV und Grace „keine Beden- leute; beabsichtigte Ausdehnung der Kooperation ken" bestünden. auf weitere Objekte; Bezuschussung von PCV-Vor- haben durch das Land Nordrhein-Westfalen. Der 189 Vorlage wurden die Ministervorlage vom 15. August 1978 mit Anlagen, also dem Vermerk über das Sonderspende an die Friedrich-Ebert-Stiftung Hearing vom 10. August 1978 sowie dem kritischen Vermerk von Ministerialdirigent Dr. Adalbert Ebenfalls am 24. August 1978 bat Eberhard von Uelner vom 2. August 1978, sowie die verschiedenen Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick um Zustim- inzwischen vom Flick-Konzern vorgelegten Unter- mung zu der bereits erwähnten „Sonderspende" von lagen beigefügt. 10 000 DM anläßlich der „hundertjährigen Wieder- kehr des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährli- chen Bestrebungen der Sozialdemokratie"; von 191 Brauchitsch verwies dazu auf eine Einladung der Stiftung aus diesem Anlaß. Wenn er von Dr. Fried- Schlußphase der Antragsbearbeitung rich Karl Flick nichts Gegenteiliges höre, werde er im Bundesministerium der Finanzen das Erforderliche veranlassen. Dementsprechend ließ er am 4. September 1978 10 000 DM an die In den folgenden Tagen kam es zu einem Wettlauf Friedrich-Ebert-Stiftung überweisen; Alfred Nau mit der Zeit. Einerseits drängte der Flick-Konzern dankte mit einem Schreiben vom 19. September aus den erwähnten Gründen auf eine Entscheidung 1978, und Dr. Günter Grunwald übersandte am möglichst bis zum 1. September 1978. Andererseits 25. September 1978 eine entsprechende Spendenbe- kehrten am 28. August 1978 mit dem Parlamentari- scheinigung. Von Brauchitsch hatte inzwischen schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und am Dr. Flick mitgeteilt, Nau lasse ihn und Paefgen „be- 5. September 1978 mit Ministerialdirigent Dr. Adal- stens grüßen"; man habe in seinem Hause Flicks bert Uelner die Hauptkritiker des Grace-Antrages Initiative anläßlich der Wiederkehr des o. g. Geset- im Bundesministerium der Finanzen aus dem Ur- zes „besonders gewürdigt". Der 1. Untersuchungs- laub zurück. ausschuß geht davon aus, daß auch mit dieser Spen- Minister Hans Matthöfer hatte die Vorlage zur Vor- de, zumal sie aus eigener Initiative gegeben wurde, bereitung seines Gesprächs mit Eberhard von Brau- die Kontakte zur Friedrich-Ebert-Stiftung erhalten chitsch am 15. August 1978 seinem Parlamentari- und verbessert werden sollten, da der Flick-Kon- schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme in den Urlaub zern sich davon die „politische Absicherung" der schicken lassen einschließlich der Anlagen, also „Geleitzüge" versprochen hatte. u. a. dem kritischen Vermerk von Ministerialdiri- gent Dr. Adalbert Uelner vom 2. August 1978. Dieser 190 hatte es abgelehnt, im Urlaub — trotz der Übersen- dung der Ministervorlage — zu den Anträgen Stel- Weiteres Gespräch Dr. Heribert Blaschkes lung zu nehmen, und statt dessen eine Hausbespre- mit dem Bundesfinanzministerium chung vorgeschlagen. Dr. Heribert Blaschke konnte am 29. August 1978 Eberhard von Brauchitsch mit- Dr. Heribert Blaschke teilte Eberhard von Brau teilen, der Parlamentarische Staatssekretär Dr. chitsch am 28. August 1978 mit, er habe noch einmal Rolf Böhme werde aus zeitlichen Gründen an die- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 sem Tag nicht mehr zum Thema Grace kommen. gegangen. Dr. Böhme hat als Zeuge ausgesagt, zu Am 30. August 1978 sprach Staatssekretär Dr. Otto der beabsichtigten Rücksprache mit dem Minister Schlecht mit Dr. Böhme am Rande einer Kabinett- sei es nicht mehr gekommen, und hinzugefügt: sitzung über den Grace-Antrag. Nach einer Notiz von Brauchitschs vom 31. August 1978 über ein Te- „Am 1. September war vielmehr bereits offen lefonat mit Staatssekretär Dr. Schlecht soll dieser sichtlich auf- der Grundlage des überwiegend po- erklärt haben, Dr. Böhme habe unverändert „starke sitiven Votums der gesamten Steuerabteilung die Bauchschmerzen". Er sei allerdings wegen anderer Zustimmung zu allen Antragsfällen erteilt wor- Arbeiten noch nicht zu dem Paket 6 b/4 gekommen, den. wolle die Angelegenheit aber noch im Laufe der Diese Formulierung könnte den Schluß zulassen, Woche vom Tisch bekommen. Dr. Schlecht schließe daß der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf nicht aus, daß Dr. Böhme negativ votiere. Auf Befra- Dr. Böhme schließlich selbst auf die Rücksprache gen habe Dr. Schlecht geäußert, daß „ein weiterer verzichtete, da er annahm, daß die Entscheidung Einfluß auf Böhme unmittelbar aus unserem Hause bei dem Minister bereits gefallen und damit nicht sicherlich nicht hilfreich, sondern eher negativ ge- mehr zu beeinflussen sei. Dafür spricht auch die wertet würde". Von Brauchitsch wollte am 31. Au- Aussage von Dr. Böhme, für diese Entscheidung des gust 1978 noch mit dem SPD-Bundestagsabgeordne- Ministers sei nach seinem Eindruck ausschlagge- ten Dr. Herbert Ehrenberg darüber sprechen, was bend gewesen, daß der Minister von den ihm vorge- ggf. noch getan werden könne. Ein solches Ge- tragenen Argumenten in dem Bereich der Kohle- spräch fand — nach einer Eintragung im Kalender verflüssigung und Kohlevergasung beeindruckt ge- von Eberhard von Brauchitsch — auch statt; über wesen sei. seinen Inhalt ist nichts bekannt. Die Aussage von Hans Matthöfer, er habe wenig Am 31. August 1978 fand im Bundesministerium der oder gar nichts vom Widerspruch seiner Beamten Finanzen die vom Parlamentarischen Staatssekre- gemerkt und es habe keinen Rat gegeben, gegen tär Dr. Rolf Böhme während seines Urlaubs vorge- den er hätte entscheiden können, steht allerdings schlagene „Hausbesprechung" mit Ministerialdirek- im Widerspruch zu der Tatsache, daß ihm mit den tor Dr. Karl Koch, Ministerialrat Dr. Günter Söffing Vorlagen vom 15. und 28. August 1978 auch die kriti- und Regierungsdirektor Dr. Arno Bordewin statt; in sche Vorlage von Ministerialdirigent Dr. Adalbert den Akten des Bundesministeriums der Finanzen Uelner vom 2. August 1978 zugeleitet worden war; in findet sich darüber keine Aufzeichnung. Dr. Heri- der Vorlage vom 15. August 1978 wurde auf sie bert Blaschke hatte am Nachmittag mit Ministerial- sogar ausdrücklich Bezug genommen. Aus den Aus- rat Dr. Söffing und Regierungsdirektor Dr. Borde sagen des Zeugen Ministerialdirektor Dr. Karl win über die genaue Formulierung der Grace-Ent- Koch über Äußerungen von Minister Hans Matthö- scheidung telefoniert. Abends konnte er dann Eber- fer ihm gegenüber, daß man, wenn man die Zweifel hard von Brauchitsch über die Hausbesprechung nicht beweisen könne, dem Antragsteller glauben berichten, gegen die Anträge gemäß § 6 b EStG be- müsse, sowie aus dem ausführlichen Gespräch mit stünden keine Bedenken; im Falle Grace II wolle Eberhard von Brauchitsch, das im wesentlichen nur sich der Staatssekretär noch mit dem Minister be- den Zweck hatte, diese Zweifel - auszuräumen, muß sprechen. aber gefolgert werden, daß Minister Matthöfer die Zu der vom Parlamentarischen Staatssekretär Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit der Koopera- Dr. Rolf Böhme gewünschten Besprechung mit Mi- tion Flick/Grace durchaus bekannt geworden wa- nister Hans Matthöfer kam es aber nicht mehr. Es ren, mag er auch auf dem Standpunkt gestanden hat sich nicht eindeutig klären lassen, ob dies nur haben, daß es für diese Zweifel keine hinreichenden aus Termingründen scheiterte oder ob Dr. Böhme Beweise gebe. Der Hinweis von Matthöfer als Zeu- schließlich das Gespräch für aussichtslos hielt. ge, er habe „keinen Anlaß" gesehen, „gegen den Matthöfer hat als Zeuge darauf hingewiesen, daß es Vorschlag des zuständigen Leiters der Steuerabtei- an sich möglich gewesen wäre, ihm den erwähnten lung Bedenken zu äußern", erweckt jedenfalls den ablehnenden Vermerk von Dr. Böhme noch bis spä- in dieser Form nicht zutreffenden Eindruck, als testens 4. September 1978 zuzuleiten, theoretisch habe er sich lediglich dem Vorschlag der zuständi- sogar noch bis zum 28. September 1978, als das Bun- gen Abteilung angeschlossen. Vielmehr hat er — desministerium für Wirtschaft abschließend ent- wie dargelegt — selbst auf deren Meinungsbildung schied. Dr. Böhme habe ihm aber keine Mitteilung Einfluß genommen, und zwar ersichtlich in Kennt- gemacht und sich auch nicht nachträglich über das nis der erheblichen Bedenken, die dagegen in der Verfahren von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch Steuerabteilung bestanden. beschwert. Matthöfer hat weiter erklärt, er habe Dr. Böhmes ablehnende Haltung gegenüber § 6 b 192 EStG und 4 AIG und gegenüber „den" Flick-Anträ- gen gekannt. Es habe allerdings im Bundesministe- Information über die Zustimmung rium der Finanzen in der entscheidenden Phase des Bundesfinanzministeriums keinen Rat gegeben, gegen den er hätte entschei- den können. Er habe von Widerspruch oder Wider- Am 1. September 1978, einem Freitag, notierte stand der Beamten des Bundesministeriums der Fi- Dr. Heribert Blaschke um 14.00 Uhr über einen ge- nanzen gegen die Grace II-Entscheidung „wenig rade aus dem Bundesministerium der Finanzen bei oder gar nichts" gemerkt; vielmehr sei diese Ent- ihm eingegangenen Anruf, daß der Parlamentari- scheidung fast sang- und klanglos über die Bühne sche Staatssekretär Dr. Rolf Böhme — ohne mit Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

dem Minister gesprochen zu haben — auf den An- Heribert Blaschke in dem verabredeten Anruf, wie trag „Nein" geschrieben habe. Sein Informant glau- dieser sofort wieder in einem Vermerk festhielt, be, daß er dies nur deshalb getan habe, „um sich mitgeteilt hatte, daß das Bundesministerium der Fi- gegenüber der Fraktion abzusichern". Ministerialdi- nanzen allen drei Anträgen zugestimmt habe. Über rektor Dr. Karl Koch werde um 17.00 Uhr den Mini- das Gespräch mit Dr. Koch notierte Dr. Söffing sei- ster anrufen und darauf hinweisen, daß die Ent- nerseits am 4. September 1978 für die Akten des scheidung des Bundesministeriums der Finanzen Bundesministeriums der Finanzen: noch an diesem Tage fallen müsse. Er — Dr. Blaschke — werde anschließend um 17.30 Uhr „Am 1. 9. 1978 gegen 18.30 Uhr teilte mir AL IV Dr. Koch in seiner Wohnung anrufen. Sein Infor- hinsichtlich des Falles Grace mit, daß der Mini- mant schließe nicht aus, daß der Minister auf den ster ihm telefonisch das Einverständnis auch zu Anruf von Dr. Koch hin eine positive Entscheidung diesem 6 b-Fall soeben mitgeteilt habe. AL IV bat fällen werde. Dr. Blaschke bat Eberhard von Brau- mich, dafür Sorge zu tragen, daß hinsichtlich aller chitsch abschließend in diesem Vermerk, diese Mit- 3 Fälle (Buderus, Feldmühle, Grace) am Montag teilung „streng vertraulich" zu behandeln, da sonst die schriftliche Zustimmungserklärung an das seine Freunde in große Verlegenheit kommen wür- BMWi herausgehe. Herr MinDirig Müller soll die den. Als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuß Schreiben an BMWi unterzeichnen. Eine weitere hat er sich nicht erinnern können, ob hier — wie Kontaktaufnahme mit der Spitze des Hauses sei anscheinend in anderen Fällen — Ministerialrat Dr. nicht erforderlich. Der Rücklauf der Vorlage an Günter Söffing sein Informant gewesen sei; es den Minister brauche nicht abgewartet zu wer- könne auch z. B. Regierungsdirektor Dr. Arno Bor- den. Der Minister habe ihm telefonisch mitgeteilt, dewin gewesen sein. Hintergrund der Information er werde die Vorlage Grace zustimmend zeich- sei gewesen, daß er habe in Urlaub fahren wollen nen." und darum gebeten habe, ihn noch rechtzeitig vor- her über die Entscheidung zu unterrichten. Zu der Bitte, den Vermerk streng vertraulich zu behandeln, 193 hat der Zeuge erklärt, „bei so einer kniffligen Ange- legenheit" wolle man nicht, daß ein Fremder von Der Inhalt der abschließenden Vorlagen dem Gespräch erfahre. Nach seiner Überzeugung im Bundesministerium der Finanzen sei dieses Verhalten der Beamten des Bundesmini- steriums der Finanzen jedoch durch das Verwal- Auf Weisung von Ministerialrat Dr. Günter Söffing tungsverfahrensgesetz gedeckt. fertigte Regierungsdirektor Dr. Arno Bordewin am 4. September 1978 die abschließenden Vorlagen zu Als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat den drei Anträgen sowie den Entwurf der Stellung- Ministerialdirektor Dr. Karl Koch sich zu erinnern nahmen für das Bundesministerium für Wirtschaft. gemeint, daß es der Minister gewesen sei, der ihn Zu den Anträgen Buderus II und Feldmühle wur- um den Anruf am Nachmittag gebeten habe. Er den eingehend die geplanten Projekte geschildert habe dann, zunächst erfolglos, versucht, mit ihm in und angemerkt, in beiden Fällen könne den wirt- seiner Wohnung im Taunus zu sprechen, worauf der schaftspolitischen Wertungen, für die in erster Li- Minister wenig später zurückgerufen habe. In dem nie das Bundesministerium für Wirtschaft zustän- Telefonat habe er — Dr. Koch — noch einmal auf dig sei, gefolgt werden. Dementsprechend sollte die Dringlichkeit der Entscheidung hingewiesen, dem Bundesministerium für Wirtschaft mitgeteilt zumal er selbst am folgenden Montag, dem 4. Sep- werden, daß keine Bedenken gegen die beantragten tember 1978, eine Auslandsdienstreise angetreten Bescheinigungen bestünden. Beim Antrag Grace II habe. Dr. Koch hat darüber hinaus bekundet, Bun- wurde die Kaufabsicht geschildert und hinzugefügt, desminister Hans Matthöfer habe ihm gesagt: „Das Bundesminister Hans Matthöfer habe aufgrund der geht in Ordnung". Dieser hat sich seinerseits zu Vorlagen vom 15. und 28. August 1978 Abteilungslei- erinnern geglaubt, Dr. Koch habe ihm noch einmal ter Ministerialdirektor Dr. Karl Koch fernmündlich erklärt, warum die Steuerabteilung des Bundesmi- mitgeteilt, der wirtschaftspolitischen Wertung des nisteriums der Finanzen der Entscheidung des Vorgangs durch das Bundesministerium für Wirt- Bundesministeriums für Wirtschaft zustimmen wol- schaft könne hinsichtlich aller Vorgänge gefolgt le, und daß er jetzt eine Entscheidung benötige und werden. Zugleich habe der Minister Weisung erteilt, habe ihn, Matthöfer, gefragt, ob er Bedenken habe. wegen der besonderen Eilbedürftigkeit die Angele- Er, Matthöfer, habe keinen Anlaß gesehen, gegen genheit noch am 4. September 1978 dem Bundesmi- den Vorschlag des Leiters der Steuerabteilung Be- nisterium für Wirtschaft schriftlich zu übermitteln. denken zu äußern. Die Aussage von Dr. Adalbert In dem Schreiben an das Bundesministerium für Uelner, er habe „die Weisung erteilt, der Wertung Wirtschaft wurde dann lediglich die übliche Formu- des Wirtschaftsministeriums zu folgen," sei „irre- lierung verwandt, daß man keine Bedenken gegen führend formuliert" und erwecke den falschen Ein- die Bescheinigung habe, allerdings darauf hinzu- druck, er, Matthöfer, sei von sich aus initiativ ge- weisen bitte, daß die Prüfung der übrigen Voraus- worden. setzungen des § 4 AIG der zuständigen Landesfi- nanzbehörde vorbehalten bleibe. Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, der schon am Wochenende zu seiner Reise aufbrechen wollte, un- Diese Entwürfe wurden am 4. September 1978 von terrichtete noch am Abend des 1. September 1978 Regierungsdirektor Dr. Arno Bordewin und Mini- Ministerialrat Dr. Günter Söffing über die Entschei- sterialrat Dr. Günter Söffing abgezeichnet, ferner dung des Ministers, nachdem er bereits vorher Dr. für den noch abwesenden Unterabteilungsleiter Mi- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

nisterialdirigent Dr. Adalbert Uelner sowie den be- ausgesagt, seine spontane Reaktion sei gewesen, reits abgereisten Abteilungsleiter Ministerialdirek- daß er betroffen gewesen sei. Er habe sich die nach- tor Dr. Karl Koch von den jeweiligen Vertretern, gelieferten Unterlagen des Flick-Konzerns angese- nämlich einem Referatsleiter bzw. einem Unterab- hen und gesagt: „Das reicht doch meines Erachtens teilungsleiter, die beide mit den Anträgen vorher nicht aus." Er habe sich daher veranlaßt gefühlt, noch nicht befaßt waren. seine abweichende- Aufassung für die Akten zu fi- xieren. Dr. Bordewin hat ausgesagt, Dr. Uelner habe sein „Mißfallen zum Ausdruck gebracht" und er- 194 klärt, er sei mit dieser Entscheidung nicht einver- standen, sei allerdings davon ausgegangen, daß er Konzerninterne Unterrichtung nichts mehr ändern könne. Wie angekündigt, legte Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner am 8. Sep- Über die Entwicklung der Antragsbearbeitung im tember 1978 dann in einem für den Parlamentari- Bundesministerium der Finanzen wurden im Flick schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme bestimmten Konzern am selben Tage zwei Vermerke gefertigt. Vermerk seine nach wie vor ablehnende Haltung In dem ersten teilte Dr. Heribert Blaschke noch ein- gegenüber dem Antrag Grace II nieder. mal mit, Ministerialrat Dr. Günter Söffing sei von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch ermächtigt wor- Er betonte darin, er habe in einer internen Bespre- den, die Sache am 4. September 1978 für das Bun- chung nach dem „Hearing" vom 10. August 1978 kei- desministerium für Wirtschaft vorzubereiten; sie nen Zweifel daran gelassen, daß er auch nach den solle dann von Dr. Kochs Vertreter unterschrieben Darlegungen der Firmenvertreter nicht davon über- werden. In einem zweiten Vermerk berichtete zeugt sei, daß eine echte Kooperation zwischen dem Wacker für Dr. Friedrich Karl Flick, bei den Anträ- Flick-Konzern und dem Grace-Konzern stattfinde. gen Buderus II und Feldmühle sei in den letzten Inzwischen sei zwar der Vortrag über die Koopera- beiden Wochen nichts mehr geschehen, was auf tion ergänzt worden; für ihn stehe aber fest: neue Probleme hätte schließen lassen. Auch im Bundesministerium der Finanzen sei „von unten bis „Auch nach Prüfung dieses Vortrags kann ich oben" zugestimmt worden. Bei Grace habe es dage- mich des Eindrucks nicht entziehen, daß es sich gen Schwierigkeiten gegeben, deren Höhepunkt die hier um einen Vortrag ,for show' handelt. M. E. Ablehnung des Antrages durch den Parlamentari- hat dieser Vortrag eine positive Entscheidung schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme gewesen sei. nicht gerechtfertigt." Fritz Wacker notierte dazu: „Über unsere verschie- Da sie aber bereits dem Bundesministerium für denen Aktionen kann Herr Eberhard von Brau- Wirtschaft mitgeteilt worden sei, gebe es keine chitsch oder ich mündlich berichten." Der Bundesfi- Möglichkeit mehr, von ihm aus auf diese Angele- nanzminister habe inzwischen zugestimmt. Dazu genheit einzuwirken. Er lege jedoch Wert auf die verwies Wacker auf die bereits erwähnte zweite No- Feststellung, daß sich die positive Entscheidung des tiz von Dr. Heribert Blaschke vom 1. September Bundesministeriums der Finanzen nicht mit seiner 1978, die aber wegen des letzten Absatzes — der Auffassung decke. sich mit der Rolle von Dr. Hanns Arnt Vogels be- faßte — nach Abstimmung mit Eberhard von Brau- Aus ungeklärten Gründen zeichnete der Parlamen- chitsch eingezogen worden sei. Aus einem Ge- tarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme diesen Ver- spräch mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, merk, der am 11. September vom Vertreter von Mi- vermutlich Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl, nisterialdirektor Dr. Karl Koch mit Namenszeichen meinte Wacker entnommen haben zu können, daß versehen worden war, zunächst nicht ab. Vielmehr dort bereits die Zustimmung durch das Bundesmi- trafen der Vermerk und die dazugehörigen Vor- nisterium der Finanzen angekündigt worden sei. Er gänge erst am 13. Dezember 1978 bei Ministerialrat ließ wissen, er werde Dr. Mühl am 5. September Dr. Günter Söffing ein. Wie eine Rückfrage von dort 1978 bitten, die Anträge unverzüglich an die Lan- bei dem Persönlichen Referenten des Parlamentari- deswirtschaftsminister weiterzuleiten, und fügte schen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme ergab, hatte hinzu: „Wir werden zum richtigen Zeitpunkt dann dieser die Akten aus seinem Büro herausgegeben. auch Kontakt mit diesen Behörden aufnehmen." Auf Wunsch von Dr. Söffing trug Regierungsdirek- tor Dr. Arno Bordewin diesen Sachverhalt Ministe- rialdirigent Dr. Adalbert Uelner vor. Auf dessen 195 Wunsch hin wurden die Akten erneut dem Parla- mentarischen Staatssekretär Dr. Böhme über- Die Kritik von Ministerialdirigent Dr. Adaibert Uelner bracht, der nunmehr seinen Sichtvermerk anbrach- an der Grace II-Entscheidung te. Als Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner am Zu dem Vermerk von Ministerialdirigent Dr. Adal- 5. September 1978 aus dem Urlaub zurückkam, bert Uelner haben sich verschiedene Zeugen vor wurde er von Ministerialrat Dr. Günter Söffing und der Staatsanwaltschaft sowie vor dem 1. Untersu- Regierungsdirektor Dr. Arno Bordewin darüber un- chungsausschuß geäußert. Dr. Uelner hat ausge- terrichtet, daß am Tag zuvor auch dem Grace II- sagt, er habe Wert darauf gelegt, „in die Verantwor- Antrag zugestimmt worden war. Bei ihrer Verneh- tung der positiven Entscheidung im Fall Grace II mung durch den 1. Untersuchungsausschuß haben nicht eingebunden zu werden." Er habe damals den sich Dr. Uelner und Dr. Bordewin noch lebhaft an Nachweis tatsächlicher Kooperationen zwischen diesen Vorgang erinnern können. Dr. Uelner hat den Firmen für erforderlich gehalten, da der Flick- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Konzern in dem Antrag Grace I dargelegt habe, daß zuständigen Referenten der zu beteiligenden Bun- solche Kooperationen beabsichtigt seien, sich aber desländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württem- dahin gehend eingelassen habe, die Kooperation sei berg und Hessen am Rande einer Besprechung in eine „langfristige Angelegenheit", so daß lediglich Bonn. Sachfragen wurden dabei nach seiner Aus- die abstrakte „Geeignetheit" eine Rolle spielen dür- sage vor der Staatsanwaltschaft- nicht erörtert. Am fe. Ministerialdirektor Dr. Karl Koch hat bekundet, 6. September 1978 unterrichtete er auch Bundes- der Vermerk von Dr. Uelner habe „das Unbehagen" wirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff über wiedergegeben, das auch bei anderen Mitarbeitern die Zustimmung des Bundesministeriums der Fi- in der Steuerabteilung des Bundesministeriums der nanzen und die Übergabe der drei Anträge an die Finanzen bestanden habe. Man habe damals aller- zuständigen Landeswirtschaftsministerien. Wie er dings Vorhaben, die erst in der Zukunft, durchge- in seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung be- führt werden sollten, nicht schon vom Flick-Kon- kundet hat, erstellte er diese Vorlage aus eigener zern belegen lassen können. Als Dr. Uelner, der sich Initiative. übergangen gefühlt habe, ihm „wutschnaubend" den Vermerk auf den Tisch gelegt habe, habe er Fritz Wacker war über diesen Vorgang bereits zu- ihm gesagt, man habe nicht beweisen können, daß vor unterrichtet worden. Ministerialrat Dr. Wolf- der Firmenvortrag „for show" gewesen sei; nach der gang Mühl hatte ihm — einer Notiz Wackers zu- damaligen Aktenlage habe Bundesminister Hans folge — zugesagt, „die drei Herren um beschleu- Matthöfer daher rechtmäßig entschieden. nigte Abwicklung zu bitten". Wacker fügte hinzu: Auch Ministerialrat Dr. Arno Bordewin hat die Ent- „Es empfiehlt sich, daß wir heute oder morgen scheidung „nach dem damaligen Erkenntnisstand" unsere Adressen in den drei Landeswirtschafts- für gerechtfertigt gehalten. Man sei damals der ministerien über den Stand des Verfahrens infor- Auffassung gewesen, daß man ein ablehnendes Vo- mieren und um ihre Unterstützung bitten." tum in einem Verwaltungsgerichtsverfahren nicht Aus Aufzeichnungen des Büros von Eberhard von hätte belegen können. Brauchitsch geht hervor, daß tatsächlich noch am Vormittag des 5. September 1978 Telefongespräche Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat bekundet, er nicht nur mit Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- habe damals nicht gewagt zu sagen, der Sachvor- dorff, sondern auch mit dem Sekretariat des nord- trag sei unrichtig; er habe dem Konzern aufgrund rhein-westfälischen Wirtschaftsministers Dr. Horst des Sachvortrags geglaubt. Hans Matthöfer hat als Ludwig Riemer, mit der baden-württembergischen Zeuge Wert auf die Feststellung gelegt, ihm habe Staatskanzlei, mit dem Persönlichen Referenten weder der ablehnende Vermerk des Parlamentari- des hessischen Wirtschaftsministers Heinz-Herbert schen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme vom 31. Au- Karry, mit diesem selbst und schließlich auch mit gust 1978 noch dieser Vermerk von Ministerialdiri- dem baden-württembergischen Wirtschaftsminister gent Dr. Adalbert Uelner vorgelegen, der ohnehin Dr. Rudolf Eberle geführt wurden; auf dem Merk nicht für ihn bestimmt gewesen sei. Die in der zettel für einen Anruf bei Minister Dr. Riemer no- Presse geäußerte Auffassung, Dr. Uelners Beden- tierte das Büro Wiedervorlage für den 6. Septem- ken seien von ihm „überrollt" worden, sei unzutref- ber. fend. Bereits am 6. September 1978 stimmte das hessi- Auch Staatssekretär Dr. Günter Obert hat erklärt, sche Wirtschaftsministerium den Anträgen zu. er habe erst wesentlich später von der abweichen- Heinz-Herbert Karry teilte das Eberhard von Brau- den Auffassung von Ministerialdirigent Dr. Adal- chitsch persönlich mit; so notierte dieser am 7. Sep- bert Uelner erfahren. Dieser hat auf die erwähnten tember 1978, auf dem heutigen Geburtstagsemp- Äußerungen des Zeugen Hans Matthöfer erwidert, fang für Liselotte Funcke habe ihm Karry „Voll- der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf zugsmeldung" gemacht, der 2. Geleitzug sei bereits Böhme habe in steuerrechtlichen Fragen die Lei- am gestrigen Abend an das Bundesministerium für tung des Hauses repräsentiert; daher habe er — Dr. Wirtschaft zurückgelangt. Auf diesem Empfang für Uelner — geglaubt, alles getan zu haben, was er die Steuer-Expertin der F.D.P.-Bundestagsfraktion pflichtgemäß habe tun müssen, um seine Bedenken in der „Redoute" in Bad Godesberg traf er, wie er in zur Geltung zu bringen. Das Zustimmungsschrei- einem Vermerk für Dr. Friedrich Karl Flick fest- ben vom 4. September 1978 — also einen Tag vor hielt, auch den Parlamentarischen Staatssekretär seiner Rückkehr aus dem Urlaub — sei „hinausge- Dr. Rolf Böhme, der „unsicher wie immer" gewesen jagt" worden, und ihm erscheine dieser Entschei- sei. Dieser habe versucht, „ihm zu erläutern, warum dungsvorgang „bemerkenswert". er aus grundsätzlichen Erwägungen zu unserem Auslandsengagement (Geleitzug II/Grace) nicht 196 habe Ja sagen können. Er könne sich einfach nicht dazu verstehen, daß nahezu die Hälfte des Buchge- Die Befassung der Landeswirtschaftsministerien winns aus dem Daimler-Erlös ins Ausland fließe". Er, Eberhard von Brauchitsch, habe erwidert, diese Die positiven Stellungnahmen des Bundesministe- Betrachtungsweise sei weder politisch noch wirt- riums der Finanzen zu allen drei Anträgen des sog. schaftlich haltbar, da alles, was im Zusammenhang 3. Geleitzugs gingen im Bundesministerium für mit diesem Erlös im In- und Ausland getan worden Wirtschaft noch am 4. September 1978 ein. Ministe- sei, nur der in Deutschland domizilierenden Flick rialrat Dr. Wolfgang Mühl erhielt sie am 5. Septem- Gruppe diene. Er habe dem Parlamentarischen ber 1978 und übergab sie noch am selben Tag den Staatssekretär Dr. Rolf Böhme angeboten, „gele- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 gentlich ein ,Privatissimum` mit ihm abzuhalten, über Herrn Späth dem Eberle-Ministerium Beine um sicherzustellen, daß er (Böhme) sich nicht in der gemacht werden. Öffentlichkeit lächerlich mache". Der Vermerk Heute morgen (18. 9.) rief Schäfer mich an, um schließt mit dem Absatz: mitzuteilen, daß das Stuttgarter Wirtschaftsmini- „Den Äußerungen von Böhme mußte ich entneh- sterium unsere- Anträge befürwortet und sein Vo- men, daß unsere Information richtig ist, derzu- tum umgehend nach Bonn weiterleiten werde. folge Böhme ausschließlich politische Rücksich- Mein Angebot, die Akte durch Daimler-Benz-Ku- ten nimmt, und zwar nicht nur in seiner Fraktion, rier nach Bonn befördern zu lassen, mochte Herr sondern auch in seinem Landesverband (Baden Schäfer nach Rücksprache in seinem Hause nicht Württemberg, Eppler). Dieser Tatsache haben wir annehmen. Er teilte mit, daß die Unterlagen am Rechnung zu tragen, ohne daß ich das heute wei- Nachmittag des 18.9. durch die Post nach Bonn ter vertiefen möchte." geschickt werden und ,garantierte` dafür, daß sie am Dienstag, dem 19.9., in Bonn vorliegen wer- Auf einer für Fritz Wacker bestimmten Durch- den." schrift dieses Vermerks fügte Eberhard von Brau- Wacker notierte weiter, er werde Staatssekretär chitsch als „Nachsatz" hinzu, wegen des letzteren Dr. Otto Schlecht nach dessen Rückkehr aus dem Hinweises wolle er sich gerne mit ihm unter vier Urlaub zu erreichen versuchen. Augen beraten. Ebenfalls am 7. September 1978 ließ von Brauchitsch Fritz Wacker schriftlich wissen, er Reinhard Schäfer hat in seiner staatsanwaltschaft- habe „nun endlich" mit Minister Dr. Horst-Ludwig lichen Vernehmung ausgesagt, Minister Dr. Rudolf Riemer gesprochen, der ihm zugesagt habe, „daß Eberle habe in dieser Sache keinen Einfluß auf die die Angelegenheit in seinem Hause noch heute er- Sachentscheidung genommen, sondern ihn ledig- örtert und spätestens bis Mitte nächster Woche (13./ lich um die beschleunigte Bearbeitung durch das 14. 9.) zurück nach Bonn geht." zuständige Referat gebeten. Fritz Wacker hat zu seinem Vorschlag, die Unterlagen per „Daimler-Ku- In der Folgezeit bemühte sich der Flick-Konzern rier" befördern zu lassen, ausgesagt, wegen des weiterhin intensiv um schnelle Entscheidungen der Zeitdrucks seien „außergewöhnliche Mittel" erfor- beteiligten beiden Landeswirtschaftsministerien, derlich gewesen; er halte dieses Verfahren für „der die ihre Stellungnahme noch nicht abgegeben hat- Situation angemessen". Im übrigen habe er sich bei ten, und nutzte dabei seine verschiedenen Informa- Krug nicht erkundigt, ob dieser den erbetenen Kon- tionsstränge. So notierte Fritz Wacker am 13. Sep- takt über Frieder Burda zu Dr. Lothar Späth herge- tember 1978, Manfred Nemitz habe sich auf seinen stellt habe. Ihm sei es nur auf das Ergebnis ange- Wunsch hin im Wirtschaftsministerium von Nord- kommen. rhein-Westfalen erkundigt und dort erfahren, die Akte werde am 14. September nach Bonn zurückge- schickt. Er selbst versuchte am 13. und 14. Septem- 197 ber 1978 mehrfach, im Bundesministerium für Wirt- schaft zu erfahren, wie man sich die weitere Be- Die Erteilung der Bescheinigungen handlung dieses Geleitzuges vorstelle. Die zuständi- Am 19. September 1978 bat Fritz Wacker nach einer gen Beamten seien allerdings, wie er notierte, nicht Notiz für Eberhard von Brauchitsch Staatssekretär erreichbar gewesen. Auf seinen Wunsch hin habe Dr. Otto Schlecht, nach Eingang der Länder-Voten daraufhin Ministerialrat Klaus Wohlleben, der da- um kurzfristige Ausstellung der Bescheinigungen mals nicht mehr Leiter des Ministerbüros, sondern — unabhängig von der Rückkehr von Ministerialrat Leiter der „Unterabteilung Verwaltung" und daher Dr. Wolfgang Mühl — bemüht zu sein. Staatssekre- nicht mehr zuständig war, sich erkundigt, der aber tär Dr. Schlecht habe bestätigt, daß Dr. Mühl nicht nur habe feststellen können, daß noch nicht alle unbedingt selbst unterschreiben müsse, und zuge- Länder votiert hatten. sagt, sich umgehend zu informieren und das Seine zu tun, damit der Flick-Konzern kurzfristig in den Um die Stellungnahme des baden-württembergi- Besitz der Bescheinigungen gelange. schen Wirtschaftsministeriums zu beschleunigen, nahm Fritz Wacker am 15. September 1978 Kontakt Die Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums mit dem Persönlichen Referenten des dortigen von Nordrhein- Westfalen ging am 21. September Wirtschaftsministers Dr. Rudolf Eberle, Reinhard 1978 beim Bundesministerium für Wirtschaft ein. Schäfer, auf. Dieser teilte ihm mit, es werde noch Sie war — wie bei den beiden anderen Ländern — „bis Ende nächster Woche" dauern. Wacker notierte zu allen drei Anträgen positiv. Manfred Neoritz hierzu, auf seine Bitte hin habe Schäfer zugesagt, konnte Eberhard von Brauchitsch nach einem An- auf den zuständigen Beamten des Steuerreferats ruf des Persönlichen Referenten von Wirtschaftsmi- einzuwirken, „damit dieser umgehend votiert". Ein nister Dr. Horst-Ludwig Riemer mitteilen, daß die zugesagter Rückruf Reinhard Schäfers sei aber Unterlagen um 15.15 Uhr aus dem Ministerium noch nicht erfolgt. Wacker fuhr fort: durch Boten nach Bonn gebracht worden seien. Aus den Akten des Bundesministeriums für Wirtschaft „Im Hinblick auf die unerfreuliche Stuttgarter geht hervor, daß Staatssekretär Dr. Otto Schlecht Antwort habe ich mich mit Herrn Krug in Verbin- gebeten hatte, die endgültigen Bescheinigungen für dung gesetzt, von dem ich wußte, daß Frieder den Flick-Konzern bis zum 25. September 1978 fer- Burda einen kurzen Draht zu Lothar Späth hat. tigzustellen. An diesem 25. September wurde zwi- Herr Krug hat zugesagt, Herrn Burda in geeigne- schen Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl und Fritz ter Weise einzuschalten in der Hoffnung, daß Wacker telefonisch abschließend vereinbart, daß die Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Grace II-Bescheinigung auf 25,1 % des stimmberech- Mit „Böhm" war nach der Aussage des Zeugen Ru- tigten Nennkapitals und den dafür benötigten Kauf- dolf Diehl der Parlamentarische Staatssekretär preis, der voraussichtlich ca. 500 Mio DM betragen Dr. Rolf Böhme gemeint; das fehlende „e" habe le- werde, lauten solle, was gleichzeitig bedeute, daß diglich auf einem Schreibversehen beruht. der darüber hinausgehende Erwerb nicht begün- stigt war. Wacker leitete am nächsten Tag zusätz- Eberhard von Brauchitsch notierte am 24. Oktober lich verabredungsgemäß einen Vermerk zu dieser 1978 über Rücksprachen mit Dr. Friedrich Karl Passage zu, der auch schon einen Formulierungs- Flick vom 16. Oktober 1978 u. a.: vorschlag für den Wortlaut der Bescheinigung ent- hielt. Daraufhin erteilte Dr. Mühl am 28. September „6b/4 — letzter Stand, auch US Filter im Zusam- 1978 die Bescheinigungen zu allen drei Anträgen menhang mit unserer Finanzlage. 220 abgezeich- und teilte dies zugleich den beteiligten Stellen — net." Bundesministerium der Finanzen und den drei Mit „US Filter" ist die amerikanische Gesellschaft Landeswirtschaftsministerien — mit. In einer Mini- United States Filter Corporation gemeint, an der stervorlage vom 29. September 1978 unterrichtete er sich der Flick-Konzern im Mai 1978 beteiligt hatte; seinen Minister über diese Zustimmung und wies diesbezüglich stellte er am 11. Oktober 1978 einen darauf hin, daß die Begünstigung bei Grace II auf Antrag nach § 4 MG, den er allerdings später wie- die Anschaffungskosten für eine 25 %ige Beteili- der zurücknahm. gung begrenzt und die Bescheinigungen bei Feld- mühle und Buderus II von der Bedingung abhängig Ein Betrag von 220 000 DM wurde seinerzeit in drei gemacht worden seien, daß die Mittel aus den Kapi- Tranchen durch Rudolf Diehl und einen Mitarbeiter talerhöhungen bestimmten Investitionen, die in den von ihm an Eberhard von Brauchitsch ausgezahlt: Bescheinigungen detailliert aufgelistet waren, zuge- Am 6. September 100 000 DM — in vier Umschlägen führt würden. Ebenfalls am 29. September 1978 wur- zu je 25 000 DM —; am 2. Oktober 60 000 DM — den die Bescheinigungen einem Fahrer von Fritz 2 x 30 000 DM — und am 24. Oktober 60 000 DM. Wacker übergeben, der sie nach Düsseldorf zur Diese Stückelungen waren nach Aussage des Zeu- Konzern-Leitung brachte. gen Rudolf Diehl von von Brauchitsch angefordert worden. 198 Auf einem der Quittungsbelege vermerkte Rudolf „Sonderzahlung" von 220 000 DM Diehl eine etwas andere Aufteilung als die oben wiedergegebene: In die Zeit kurz vor und nach der Erteilung der Bescheinigungen zu den Anträgen des 2. Antrags- „Bahr 40 blocks und der wieder zunehmenden Kritik am § 6 b Eberle 35 EStG im allgemeinen und den Steuerbescheini- Eppler gungsanträgen des Flick-Konzerns im besonderen 40 + 40 fallen Unterlagen über „Sonderzahlungen" in Höhe Rie 30 von 220 000 DM, bei denen nicht hat geklärt werden Karry 35" können, ob ihnen Spenden an Politiker — ggf. im Zusammenhang mit den Anträgen nach § 6 b EStG Im Vergleich zur ersten Aufstellung fehlt Dr. Rolf — zugrunde liegen. Böhme, während Dr. 2 x 40 000 DM zugeordnet werden. In den nach Parteien geordne- In den Kassenbelegen der Buchhaltung fand sich ten Auflistungen schrieb Rudolf Diehl jedoch so- folgende handschriftliche Notiz von Eberhard von wohl Dr. Eppler als auch Dr. Böhme je 40 000 DM Brauchitsch: zu. Im übrigen stimmen die Eintragungen in den nach Parteien aufgegliederten Diehl-Listen mit der „Von Juli—September 1978 oben zuerst dargestellten Aufgliederung überein. Sonderzahlungen in einer speziellen Sache DM 220 000,— Allerdings zählte Rudolf Diehl in einer Liste für die von Brauchitsch" F.D.P. als politische Partei die Beträge für Dr. Horst-Ludwig Riemer und Heinz-Herbert Karry Sie wurde von Dr. Friedrich Karl Flick wie folgt zu 65 000 DM unter dem Namen Karry zusammen; abgezeichnet: er hat dies vor der Staatsanwaltschaft als „Irrtum" „FKF. bezeichnet, ohne dafür Gründe zu nennen. 16. 10. 78" Rudolf Diehl hat als Zeuge über den Verwendungs- Auf dem selben Zettel notierte sich Rudolf Diehl zweck dieser Beträge keine Auskünfte geben kön- eine Aufgliederung dieses Betrages: nen. Generell hat er erklärt, er habe die Eintragun- gen über Spenden in den politischen Bereich stets „Bahr 40 SPD nach den Angaben von Eberhard von Brauchitsch Eberle 35 CDU gemacht und sich insoweit nicht bei anderen Stel- Eppler 40 SPD len im Hause erkundigt. Zum konkreten Fall hat er Böhm 40 SPD gemeint, die in der ersten Aufgliederung genannten Zahlen von Eberhard von Brauchitsch erhalten zu Rie 30) haben; von Brauchitsch selbst habe sie auf die ein- Karry 35) FDP zelnen Tranchen aufgeteilt. Auf den Hinweis, daß 220" jedenfalls die letzte Tranche vom 24. Oktober 1978 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 nicht mit den von ihm notierten Einzelbeträgen in Auf die Äußerungen von Dr. Eppler hat später Willy Einklang stehe — keine Addition der dortigen Be- Brandt als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsaus- träge würde 60 000 DM ergeben — , hat er erwidert, schuß Bezug genommen, als er nach einer ihn be- von Brauchitsch müsse noch Beträge aus der ersten treffenden Eintragung gefragt wurde; konkrete Be- und zweiten Tranche umgetauscht haben. lege für die Vermutung, daß das „wg. Eppler" no- tierte Geld an Journalisten, nämlich „gegen Eppler", Die Quittung für die erste Tranche vom 6. Septem- gegangen sei, haben allerdings weder Dr. Eppler ber 1978 — 100 000 DM — sei nicht von ihm, son- noch Brandt nennen können. dern — in seiner Abwesenheit — von einem seiner Eberhard von Brauchitsch hat gegenüber der Mitarbeiter ausgestellt worden. Dies erkläre auch Staatsanwaltschaft ausgeführt, keiner der von Ru- die Tatsache, daß er — anders als sonst üblich — dolf Diehl notierten Personen habe von den 220 000 die ihm von Eberhard von Brauchitsch genannten DM „auch nur eine einzige Mark erhalten". Bei der Namen nicht auf der Rückseite der Quittung, son- dern auf dem Notizzettel von Brauchitschs vom „speziellen Sache", von der in dem Vermerk vom 16. Oktober 1978 die Rede gewesen sei, habe es sich 16. Oktober 1978 vermerkt habe. um „eine Angelegenheit im Zusammenhang mit Die Differenz zwischen den beiden Namenslisten — dem Erwerb und der Sicherung der Beteiligung an zunächst Eppler und Böhme je 40, dann Eppler dem amerikanischen Unternehmen US Filter" ge- 40 + 40 — hat Rudolf Diehl nicht erklären können. handelt. Er habe am 9. November 1978 Otto A. Ka- Er hat auch nicht gewußt, welche der beiden Eintra- letsch, New York (Sohn des im Sommer 1978 ver- gungen er zuerst gemacht hatte; er nehme aller- storbenen Mitgesellschafters und Vetters von Flick dings an, daß es die zuerst erwähnte Aufgliederung sen.), 220 000 DM ausgehändigt, nämlich den (also mit „Eppler" und „Böhm[e]") gewesen sei. Gegenwert des dafür erforderlichen Aufwands von Über den Verwendungszweck der Beträge sei ihm 125 000 s. Otto A. Kaletsch habe wenig später fern- nichts mitgeteilt worden. Eberhard von Brauchitsch mündlich den ordnungsgemäßen Vollzug des Auf- habe ihm lediglich die Namen genannt, und zwar trages gemeldet. Vor dem 1. Untersuchungsaus- entweder direkt oder auf Rückfrage. Sinngemäß schuß hat von Brauchitsch darüber hinaus ausge- habe von Brauchitsch jeweils gesagt, wen die Zah- sagt, er habe sich damals mit Dr. Friedrich Karl lung betreffe. Er, Diehl, habe aber weder gewußt, ob Flick „über den Stand 6 b" allgemein unterhalten diese Angaben zutreffend gewesen seien, noch, wer und ihn mit dem Problem US Filter vertraut ge- tatsächlich Zahlungsempfänger gewesen sei. macht, wo man aus kartellrechtlichen Gründen eine sog. freiwillige Treuhandschaft habe einrichten Alle in den Aufstellungen genannten Personen — müssen. abgesehen von dem 1981 ermordeten F.D.P.-Bun- Allerdings haben Günter Max Paefgen, Fritz desschatzmeister Heinz-Herbert Karry, der nicht Wacker, Dr. Hanns Arnt Vogels, Dr. Klaus Götte mehr hatte befragt werden können — haben den und Dr. Axel Schmidt-Hern als Zeugen überein- Empfang der Gelder bestritten. Seiner diesbezügli- stimmend bekundet, ihnen sei von einer Einschal- chen Aussage vor der Staatsanwaltschaft hat tung von Otto A. Kaletsch bei US Filter nichts be- Dr. Erhard Eppler in einem Aufsatz im „Sozialde- kannt, obwohl Paefgen und nach ihm Dr. Götte für mokratischen Pressedienst" vom 26. Oktober 1984 diesen Bereich federführend waren. Insbesondere unter der Überschrift „Generalstabsarbeit — zu ei- Paefgen hat betont, Otto A. Kaletsch sei mit dem nem Eintrag des Flick-Buchhalters Diehl und des- Vorgang US Filter „in keiner Weise" befaßt gewe- sen wirklicher Bedeutung" hinzugefügt, er sei über- sen. Das Kartellproblem sei nicht mit finanziellen zeugt, daß dieses Geld wirklich — aber in andere Zuwendungen zu lösen gewesen. Jedenfalls sei er Richtung — geflossen sei. Eberhard von Brau- über diese Zahlung nicht unterrichtet worden. Er chitsch habe einmal den Verdacht geäußert, fügte allerdings hinzu, er habe Anlaß zu der Vermu- Dr. Rolf Böhme habe vielleicht Angst vor seinem — tung, daß in der Zeit kurz vor seinem Ausscheiden Epplers — Landesverband; also müsse da etwas Be- in Sachen US Filter „andere Bemühungen und Be- sonderes getan werden. Offenbar habe außer ziehungen" angeknüpft worden seien, von denen er Dr. Böhme auch er (Eppler) „weichgeklopft" werden nichts gewußt habe. Er könne daher nicht sagen, sollen. Dr. Eppler fuhr fort: daß die Aussage von Eberhard von Brauchitsch „Nach meinen Informationen war ich einer der über diese Ausgabe falsch sei. Fälle, in denen wie Brauchitsch selbst einräumte, Die Beweisaufnahme des 1. Untersuchungsaus- ,wegen` dasselbe bedeutet wie ,gegen`." schusses hat kein eindeutiges Ergebnis über die tat- Damit spielte Dr. Eppler auf die Einlassung von sächliche Verwendung der 220 000 DM erbracht. Eberhard von Brauchitsch an, nach der in einem Insbesondere gibt es keine Belege, Quittungen Fall ein Betrag nicht der von Rudolf Diehl eingetra- o. dgl. von den möglichen Empfängern und keine genen Person, sondern ihrem innerparteilichen Äußerungen des — in den USA lebenden — Otto A. Gegner zugeflossen sein soll. Kaletsch. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, daß dieser tatsächlich Empfänger des Be- Dr. Erhard Eppler schrieb weiter: trages von 220 000 DM war. „Das Geld soll an Journalisten zur Bekämpfung Dr. Hanns Arnt Vogels, der Otto A. Kaletsch seit von Eppler geflossen sein, um den Mann kleinzu- über 30 Jahren kennt, hat ausgesagt, dieser habe kriegen, der — vielleicht, vielleicht Einfluß auf „Verträge mit den Unternehmen der Flick-Gruppe Böhme hätte nehmen können." über Fragen der amerikanischen Informationsbe- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Schaffung sehr stark auf technischem Gebiet" ge- Heinz-Herbert Karry und Dr. Horst-Ludwig Riemer habt. Günter Max Paefgen hat sich zu erinnern ge- zugeschrieben sind, könnte entweder — wie Rudolf meint, daß Otto A. Kaletsch auch einen Beraterver- Diehl als Zeuge gemeint hat — ein Irrtum sein oder trag mit der Holding-Gesellschaft — also der „Mut- damit zusammenhängen, daß zwar der Bundes- tergesellschaft" des Flick-Konzerns — gehabt schatzmeister den gesamten Betrag, aber teilweise habe. für die politische- Arbeit seines Parteifreundes Dr. Horst-Ludwig Riemer erhalten sollte. Dr. Klaus Götte hat es für möglich gehalten, daß Otto A. Kaletsch zeitweise Mitglied im Board von Auch die aufgeführten Namen erscheinen aus- US Filter gewesen war. Dr. Friedrich Karl Flick hat nahmslos erklärlich, da sie mit dem 2. Antragsblock als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß aus- zusammenhängen: Die Ministerien von Dr. Horst gesagt, sich an den Vorgang mit den „Sonderzah- Ludwig Riemer und Dr. Rudolf Eberle hatten zu- lungen" nicht erinnern zu können. Er wisse auch ständigkeitshalber zu den Anträgen Stellung zu nicht, was mit dem Begriff „Sonderzahlungen" ge- nehmen; Egon Bahr habe sich — wie Eberhard von meint gewesen sei. Wenn ihm so etwas vorgelegt Brauchitsch notierte — für Feldmühle „über 6 b" und in Zusammenhang mit Amtsträgern gebracht engagiert, „um seine Scheibe Wurst sicherzustel- worden wäre, hätte er es bestimmt nicht unter- len", und bekomme diese. Heinz-Herbert Karry war schrieben. Es gibt auch vereinzelte Hinweise auf F.D.P.-Bundesschatzmeister, der in dieser Eigen- die Aktivitäten von Otto A. Kaletsch in den USA; schaft ohnehin verschiedentlich Zuwendungen des beispielsweise äußerte er sich in den Jahren 1975 Flick-Konzerns erhielt; das hessische Wirtschafts- bis 1977 gelegentlich brieflich gegenüber Flick-Ge- ministerium hatte ebenfalls zuständigkeitshalber sellschaftern zu den US-Investitionen. Im übrigen zum 2. Antragsblock Stellung zu nehmen, weswe- wurde für September 1978 ein Zusammentreffen gen es in dieser Zeit auch Kontakte zu Eberhard mit dem Ehepaar von Brauchitsch in den USA und von Brauchitsch gab. Die Eintragungen bezüglich anschließend in Deutschland geplant, ohne daß be- Dr. Rolf Böhme und Dr. Erhard Eppler sind vor kannt ist, welche Themen dabei erörtert wurden. allem deshalb verständlich, weil Eberhard von Brauchitsch am 7. September 1978 notiert hatte, Gegen die Annahme, daß das Geld Otto A. Kaletsch Dr. Böhme höre auf den SPD-Landesverband Ba- zugeführt wurde, spricht jedoch, daß nach den Fe- den-Württemberg und damit auf seinen Vorsitzen- stellungen der Staatsanwaltschaft zum damaligen den Dr. Eppler, dann hinzufügte: „Dieser Tatsache Zeitpunkt der Gegenwert von 125 000 $ wesentlich haben wir Rechnung zu tragen" und Fritz Wacker mehr als 220 000 DM, nämlich rd. 250 000 DM, betra- dazu um Rücksprache „unter vier Augen" bat — ein gen haben soll. Indiz dafür, daß von Brauchitsch hier über vertrau- liche Möglichkeiten der Abwehr der Kritik des Par- Für die Möglichkeit, daß die 220 000 DM tatsächlich lamentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme an „wegen" der von Rudolf Diehl notierten Politiker den Steuerbescheinigungsanträgen nachdachte. durch von Brauchitsch angefordert und daraufhin Aus der Sicht von von Brauchitsch, der vor dem von Rudolf Diehl an Eberhard von Brauchitsch aus- Untersuchungsausschuß mehrfach von der nach gezahlt wurden — wobei eine andere Frage ist, ob seiner Auffassung erforderlichen „Notwehr" gegen und inwieweit sie diese Politiker tatsächlich er- die angeblich rechtswidrigen Angriffe aus den Rei- reicht haben —, sprechen vor allem folgende Erwä- hen der SPD-Bundestagsfraktion gesprochen hat, gungen. Diehl hat als Zeuge versichert, er habe wäre dies durchaus folgerichtig; die Tatsache, daß seine Eintragungen hier ausschließlich nach den Dr. Böhme und Dr. Eppler vermutlich in vielen Angaben von Eberhard von Brauchitsch gefertigt. grundsätzlichen Fragen andere politische Auffas- Es erscheint unwahrscheinlich, daß er — der in die sungen als von Brauchitsch vertraten, steht dem Sachentscheidungen des Flick-Konzerns nur wenig nicht entgegen. eingeweiht war — sich immerhin sechs verschie- dene Politikernamen ausgedacht haben soll, darun- Auch die Entnahme der Geldbeträge an drei ver ter solche, die sonst in seinen Listen nicht auftau- schiedenen Tagen — über mehrere Wochen verteilt chen, wie z. B. Bahr und Dr. Eppler. — spricht eher dafür, daß Eberhard von Brau- chitsch nach und nach verschiedene Spenden ver- Die. Tatsache, daß die Aufzeichnungen in zwei teilen wollte. Hätte er lediglich — wie behauptet — Punkten voneinander abweichen, begründet zwar am 9. November Otto A. Kaletsch eine Summe über- erhebliche Zweifel an ihrer Verläßlichkeit zumin- geben wollen, hätte er sie sich einmalig und in dest in diesen Fällen. Jedoch könnte Eberhard von einem einzigen Umschlag statt in neun Umschlägen Brauchitsch seine Verteilungsabsichten geändert geben lassen oder sie sofort in US-Währung über- und dies Rudolf Diehl mitgeteilt haben. Außerdem weisen können. Hätte er die Beträge Otto A. dienten die beiden Zahlungen von 40 000 DM — Kaletsch in mehreren Tranchen geben wollen, so falls sie tatsächlich geplant waren — ersichtlich hätte es nahegelegen, ihm die ersten Umschläge demselben Zweck, nämlich Einfluß zu nehmen auf bereits bei den Treffen in den USA und in Deutsch- die kritische Haltung von Dr. Rolf Böhme, der nach land Ende September/Anfang Oktober 1978 zu Auffassung von von Brauchitsch auf Dr. Erhard übergeben, was aber auch von Brauchitsch nicht Eppler Rücksicht nahm; es wäre deshalb durchaus behauptet hat. Auch die Tatsache, daß die drei nachvollziehbar, daß von Brauchitsch sich ent- Tranchen jedenfalls für sich genommen nicht mit schloß, beide Beträge Dr. Eppler zukommen zu las- einzelnen Diehl-Eintragungen übereinstimmen, sen, um damit mittelbar auf Dr. Böhme Einfluß zu spricht nicht gegen die Verwendung als Spenden nehmen. Die Zusammenfassung der Beträge, die im politischen Bereich. Von Brauchitsch kann ur- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

sprünglich an eine andere Aufteilung gedacht und Staatssekretär Dr. Rolf Böhme ist bereits das Vor- später die Beträge — wie Rudolf Diehl vermutet hat liegen eines Anfangsverdachts verneint worden. — umgetauscht haben; letzteres könnte auch die Gegen die Annahme, daß das Geld den von Rudolf Differenzen in den beiden Aufgliederungen erklä- Diehl notierten Personen zugeflossen ist, spricht ren. Auch die Tatsache, daß kein sonstiger Zeuge auch, daß sich aus den Unterlagen nicht ergibt, daß aus dem Flick-Konzern, weder Dr. Friedrich Karl Eberhard von- Brauchitsch in dieser Zeit mit ihnen Flick noch die insoweit federführenden Gesellschaf- zusammengetroffen ist. Daß er — wie in einigen ter Günter Max Paefgen und Dr. Klaus Götte noch anderen Fällen — das Geld den Empfängern z. B. andere Mitgesellschafter usw. etwas von der angeb- durch Mittelspersonen zugeleitet haben könnte, ist lichen Zahlung an Otto A. Kaletsch wissen, spricht nicht ersichtlich. gegen die Version von Brauchitschs. Allerdings ist nicht zu bestreiten, daß von Brauchitsch hier selb- Schließlich gibt es für die These, das Geld sei „ge- ständig gehandelt haben kann, z. B. aufgrund einer gen" Dr. Erhard Eppler verwandt worden, also z. B. während des Besuchs bei Otto A. Kaletsch getroffe- an Journalisten gegangen, keine konkreten Hinwei- nen Absprache. Es ist durchaus vorstellbar, daß er se. Umgekehrt läßt sich auch aus der Tatsache, daß aufgrund der latenten Spannungen zu Paefgen, der sich Dr. Eppler nach Vermittlung durch Günter 1980 auch wegen dieser Konflikte aus dem Konzern Markscheffel 1972 zu einem Gespräch mit Eberhard ausschied, ohne dessen Kenntnis handelte. von Brauchitsch bereitgefunden hatte, kaum herlei- ten, daß dies etwa für eine Zahlung an ihn sprechen Auch wenn man unterstellen wollte, daß Eberhard könnte, da dieser Vorgang bereits sechs Jahre zu- von Brauchitsch Rudolf Diehl die von ihm notierten rücklag. Namen genannt hat, stünde allerdings noch nicht fest, wem die Gelder tatsächlich zugeflossen wären, Für die Richtigkeit der Behauptung von Eberhard zumal von Brauchitsch verschiedentlich behauptet von Brauchitsch, das Geld sei im Zusammenhang hat, die in der Diehl-Liste verzeichneten Beträge mit dem bei USF entstandenen Kartellproblem ver- anderen Personen — z. B. den Schatzmeistern der wandt worden, sprechen allerdings auch keine jeweiligen Parteien — gegeben zu haben. Ohnehin überzeugenden Gründe. Insbesondere hat von ist zu berücksichtigen, daß die Gelder zu verschie- Brauchitsch nicht näher dargelegt, für welche kon- denen Zeitpunkten der Kasse entnommen wurden krete Ausgabe das Geld benötigt wurde, warum es und es zwei Differenzen in den Eintragungen gibt der Spendenkasse entnommen werden mußte und — bezüglich Dr. Böhme/Dr. Eppler sowie Karry/Dr. warum die Einschaltung von Otto A. Kaletsch — Riemer —, die andeuten, daß von Brauchitsch mög- der sonst nicht mit US Filter befaßt war — notwen- licherweise seine Dispositionen änderte oder dig war. Immerhin hat Günter Max Paefgen als Rudolf Diehl Irrtümer unterliefen. Daß die Tran- Zeuge behauptet, daß dieses Kartellproblem nicht chen nicht mit den von Diehl notierten Beträgen mit finanziellen Mitteln zu lösen war. Auch die Auf- übereinstimmen, kann darauf hindeuten, daß von teilung der Geldentnahme in drei Tranchen spricht, Brauchitsch bei den Geldentnahmen noch keine ab- wie erwähnt, eher gegen diese Version, ebenso wie schließenden Vorstellungen über die Verwendung der Plural „Sonderzahlungen". Der Zusatz „in einer gehabt hat. speziellen Sache" läßt dagegen beide Deutungen zu: Sonderzahlungen an Politiker wegen des Bescheini- Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen erge- gungsverfahrens wie auch Sonderzahlungen aus ei- ben sich daraus, daß die von Rudolf Diehl notierten nem anderen Anlaß, nämlich der Treuhandschaft Personen den Empfang des Geldes bestritten ha- für die US Filter-Beteiligung. ben. Zunächst ist es möglich, daß trotz dieser Ein- tragungen Eberhard von Brauchitsch das Geld ganz Im Ergebnis sprechen also zwar einige Indizien da- oder teilweise später anders — aber auch im Hin- für, daß die 220 000 DM, die sich Eberhard von blick auf die Steuerbescheinigungsverfahren — ver- Brauchitsch von Rudolf Diehl geben ließ, „wegen" wandt haben kann, beispielsweise „gegen" die Be- der von diesem aufgelisteten Politiker entnommen treffenden, also z. B. an Journalisten, oder z. B. an wurden. Sichere Schlußfolgerungen darüber, ob ih- Parteischatzmeister. Daß die von Diehl notierten nen diese Beträge tatsächlich zugeflossen sind, sind Personen ein vitales Interesse daran haben, sich aber nicht möglich, weil schriftliche Unterlagen von dem moralischen oder strafrechtlichen Ver- über die Verwendung des Geldes durch von Brau- dacht der Entgegennahme dieser Spendengelder zu chitsch fehlen und auch keine positiven Aussagen befreien, steht der Richtigkeit ihrer Aussage nicht über den Empfang des Geldes — durch Politiker, entgegen, auch wenn für die Landesminister Parteien oder durch Otto A. Kaletsch — vorliegen. Dr. Rudolf Eberle und Dr. Horst-Ludwig Riemer so- Es kann daher auch nicht die Darstellung des Zeu- wie für den Parlamentarischen Staatssekretär Dr. gen von Brauchitsch als widerlegt betrachtet wer- Rolf Böhme, die mit dem Bescheinigungsverfahren den. befaßt waren, die Spendenannahme den Verdacht der Bestechlichkeit oder zumindest Vorteilsnahme hätte begründen können. Ein entsprechendes Er- 199 mittlungsverfahren gegen Dr. Eberle ist aber von der Staatsanwaltschaft Bonn 1983 eingestellt wor- Das weitere Schicksal der Grace-Bescheinigungen den; die — inzwischen vom Landgericht Bonn nicht zugelassene — Anklage der Staatsanwaltschaft Im Zuge der Vernehmungen durch die Staatsan Bonn gegen Dr. Riemer hat von vornherein diesen waltschaft Bonn wurden verschiedenen Beamten Vorgang nicht umfaßt; beim Parlamentarischen des Bundeswirtschafts- und des Bundesfinanzmini- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode steriums konzerninterne Vermerke bekannt, die dieser sei „grundsätzlich nur noch dann bereit, Vor- auf Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der be- gänge in das Genehmigungsverfahren aufzuneh- absichtigten Kooperation des Flick-Konzerns und men, die 100 %ig nachweisbar sind und eine tatsäch- seiner Tochterunternehmen mit dem Grace-Kon- liche wirtschaftliche Basis haben", und fuhr fort: zern aufmerksam machten. Dabei handelt es sich - um folgende Vorgänge: „Er weigert sich ganz einfach, weitere ,Türken` aufzunehmen." Eberhard von Brauchitsch brachte nach einer Hausbesprechung am 8. Januar 1980 erhebliche Be- Nach einem ausführlichen Gespräch mit Peter denken gegenüber der Ernsthaftigkeit der Koopera- Grace notierte Dr. Friedrich Karl Flick am 7. Fe- tion in einem Vermerk zum Ausdruck, der zugleich bruar 1980 mit Blick auf § 4 AIG die Frage, ob bei — indirekt — eine gewisse Kritik an seinem Mitge- einem eventuellen Verkauf der Grace-Beteiligung sellschafter Günter Max Paefgen beinhaltete, der inzwischen die Kooperation stattgefunden haben im besonderen Maße für das Auslandsgeschäft zu- bzw. wenigstens ein Vertrag vorliegen müsse, oder ständig war: ob man argumentieren könne, daß die Zeit zu kurz gewesen sei, um eine echte Kooperation zustande „Wir haben bei der ersten Tranche Grace, ver- zu bringen. Im übrigen habe man beim Grace-Kon- stärkt jedoch bei der zweiten Tranche, bei den zern bezüglich des 4. Mandats im Board inzwischen Bewilligungsbehörden einen bestimmten Erwar- „kalte Füße" bekommen. tungshorizont geschaffen. Es handelt sich in er- ster Linie um Know-how-Zugriff und Kooperatio Dr. Hanns Arnt Vogels notierte am folgenden Tag nach einem Gespräch mit Dr. Friedrich Karl Flick: nen ... Es muß per heute festgestellt werden, daß weder „Es ist aus heutiger Sicht eine schmerzliche Er- die Kontakte zwischen Fachleuten noch sonstige kenntnis, daß es uns in aller Vergangenheit nicht Ansätze für Kooperationen zwischen Grace und gelungen ist, eine verständnisvollere Einstellung DN irgendeine reale Basis bekommen haben. der Führungsspitze von Grace für die Belange Die Genehmigung für die zweite Tranche Grace und damit die Interessenlage unseres Hauses zu bewirken." war bekanntlich nur gegen ganz starke politische Widerstände im Bundeswirtschaftsministerium Eine gewisse Kritik an Günter Max Paefgen klingt und fachliche Widerstände im Bundesfinanzmini- auch in einem Vermerk Eberhard von Brauchitschs sterium erreicht worden. Auf der mittleren Ebene an Dr. Friedrich Karl Flick vom 12. Februar 1980 beider Häuser besteht, wie wir wissen, unverän- an: dert ein gewisses Mißtrauen, ob das von uns Vor- getragene auch nur annähernd erreichbar ist. „Ich empfinde es als denkbar erfreulich, daß sich Die Angelegenheit Technologie/Know-how/Grace Peter Grace positiv zu unseren Anregungen zu wird im Zusammenhang mit unserem PCV-An- Kooperationen gestellt hat ... Es bleibt die Frage, trag, wie bereits vom Bundeswirtschaftsministe- warum wir bei dieser positiven Haltung von Peter rium angekündigt, erneut ,durchforstet`. Auch in den letzten Jahren in dieser für uns existen- zwischen Grace und PCV sind bisher greifbare ziellen Frage (§ 4) nicht vorangekommen sind." Kooperationen nicht zustande gekommen, ob- wohl bei gutem Willen das eine oder andere hätte Von Brauchitsch brachte seine Zweifel an der Durchführung der Kooperation mit Grace ferner in erreicht werden können ... einem Vermerk vom 13. April 1981 zum Ausdruck. Das Thema Grace/Technologie/Know-how/Ko- Hintergrund war die Tatsache, daß der Flick-Kon- operationen bleibt ... unverändert im Raum. Spä- zern zeitweise einen Anteil von 28 % und mehr an testens anläßlich der Buch- und Betriebsprüfung, Grace hielt, in der Bescheinigung des Bundesmini- die sich zwingend mit der Durchführung geneh- steriums für Wirtschaft aber nur 25,1 % als steuerbe- migter 6b/4-Investitionen befaßt, wird die Ange- günstigt bescheinigt worden waren. Somit verblieb legenheit abschließend beurteilt. Stellt sich dann ein nicht steuerbegünstigter „Überhang" in einer heraus, daß alles das, was wir vorgetragen haben, Größenordnung von nahezu 100 Millionen DM. Of- nichts war als ,heiße Luft', müssen wir damit fenbar hatte Dr. Friedrich Karl Flick an dieser Tat- rechnen, daß die § 4-Bescheinigung rückwirkend sache Kritik geübt, und als Reaktion darauf wies hinfällig wird ... von Brauchitsch darauf hin, daß in einem etwaigen Ich möchte also auf diesem Wege noch einmal die Rechtsstreit über diese Frage „die gesamte Akte Bitte wiederholen, daß wir doch den Versuch ma- des zweiten Geleitzuges Grace" noch einmal aufge- chen, mit Grace zu einem Arrangement zu kom- macht werden würde. In den Prozeß würde dann men, das unsere Interessen weniger als in der mit großer Wahrscheinlichkeit die Frage eingeführt Vergangenheit vernachlässigt ... werden, ob die Firmenaussage über die „internatio- nale Zusammenarbeit" inzwischen erfüllt sei. Von Ich habe deshalb mit dieser Ausführlichkeit auf Brauchitsch vermerkte dazu: den Sachverhalt hingewiesen, weil ein nachträgli- cher Entzug der § 4-Bescheinigungen für Grace „Anmerkung: Das ist eindeutig nicht der Fall." ... zu einer katastrophalen Lage bei uns führen würde." Da auch die Zahl der Aufsichtsratsmandate bei Grace nicht angemessen erhöht worden sei, sei Wenige Wochen später notierte ein anderer Firmen nicht auszuschließen, daß der gesamte zweite Ge- mitarbeiter nach einem Gespräch mit Fritz Wacker, leitzug wegen fehlender Deckung zwischen An- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

tragsbegründung und tatsächlichem Geschehensab- überschnitten sich die Verfahrensschritte im zwei- lauf in Frage gestellt werde. ten und dritten Antragsblock. So wurde der Antrag VHDI — nach Vorgesprächen mit dem Bundeswirt- Dr. Friedrich Karl Flick, der auf diese Schwierigkei- schaftsministerium — schon am 3. April 1978 ge- ten mit zunehmender Verärgerung reagierte, ver- stellt, später allerdings noch ergänzt. Er betraf den merkte am 4. August 1981: Erwerb einer- Mehrheitsbeteiligung an der Versi- „1. Die Bedeutung der Kooperation Flick/Grace cherungsholding der Deutschen Industrie GmbH ist von den für die Behandlung des § 4-Problems (VHDI) sowie eine Kapitalzuführung bei der Ger- zuständigen Herren seinerzeit nicht richtig einge- ling-Konzern-Versicherungs-Beteiligungs-AG (GKB), schätzt worden. Tatsachen sind, daß einmal in der Dachgesellschaft des Gerling-Konzerns. über fünf Jahren bei der Kooperation nichts her- ausgekommen ist und zum anderen dadurch ein Ihm lag folgender Sachverhalt zugrunde. Der Zu- latentes steuerliches Risiko in einer Größenord- sammenbruch der Herstatt-Bank hatte u.a. dazu ge- nung von ca. DM 500 Mio im Hause ist ... führt, daß der Gerling-Konzern neu geordnet wur- de. 1974 gründeten verschiedene Industrieunterneh- 2. Aus dieser Crux herauszukommen läge nahe, men die VHDI, die rd. 26 % der Anteile an der GKB doch noch eine Kooperation zustande zu bringen. übernahm; an der GKB waren weiter die Zürich Man muß hier mehr als skeptisch sein, daß dies Versicherungsgruppe mit rd. 25% und Dr. Hans doch noch gelingt." Gerling mit 49 % beteiligt. Zweck der. Gründung der VHDI war die Erhaltung eines breiten Wettbe- werbsspektrums in dieser Branche. Dabei beabsich- tigten die Gesellschafter nicht eine Beteiligung auf 200 Dauer, sondern nur eine befristete Stützung des Gerling-Konzerns, um diesem zu ermöglichen, ohne Die Rücknahme der Bescheinigungen größere Schwierigkeiten die sich aus dem Herstatt- zu Grace I und II Vergleich ergebenden Probleme zu lösen. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht, dem bei seiner Nach einiger Zeit war die Zürich-Versicherungs- staatsanwaitschaftlichen Vernehmung ein Teil die- gruppe bestrebt, sich aus ihrer Beteiligung an der ser Vermerke vorgehalten worden war, veranlaßte VHDI zurückzuziehen. Am 9. Februar 1978 beschloß anschließend die Einleitung eines Verfahrens zur die Gesellschafterversammlung der VHDI, ihr Ei- Überprüfung der Grace-Bescheinigungen im Bun- genkapital um 74,6 Millionen DM auf 151,6 Millio- desministerium für Wirtschaft. nen DM zu erhöhen, und zwar durch Einbringung der Beteiligung der Zürich-Versicherungsgruppe an Nach intensiver Prüfung der Unterlagen des Flick der GKB; die Zürich-Versicherungsgruppe sollte da- Konzerns zur Zusammenarbeit mit Grace und für als Gegenleistung 49,2 % der Anteile an der Durchführung Zeugenvernehmungen, auch in den VHDI erhalten. Als Ergebnis dieser Transaktion USA, nahm das Bundesministerium für Wirtschaft hätte die VHDI 51% an der GKB gehabt, während beide Bescheinigungen am 28. Dezember 1983 zu- Dr. Hans Gerling unverändert rd. 49 % behielt. Die rück. Zürich-Versicherungsgruppe beabsichtigte ihrer- Dagegen hat der Flick-Konzern noch am selben seits, ungefähr die Hälfte ihrer so gewonnenen Ge- Tage Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben. samtbeteiligung an der VHDI von 49,2 %, mithin Das Gericht hat durch Urteil vom 28. Mai 1985 die also etwa 24,6 %, anderen Gesellschaftern der VHDI Klage abgewiesen, soweit sie sich auf Grace I bezog, zum Kauf anzubieten. der Klage aber hinsichtlich Grace II stattgegeben. Dem Flick-Konzern gehörten damals bereits mittel- Im Berufungsverfahren ist die Klage mit Zustim- bar über zwei Tochterunternehmen 5,3 % der VHDI- mung der Bundesrepublik Deutschland zurückge- Anteile. Informationen über die Möglichkeit der Be- nommen worden. teiligung an der VHDI und damit mittelbar am Ger- ling-Konzern führten zu dem Plan beim Flick-Kon- zern, die von der Zürich-Versicherungsgruppe den anderen VHDI-Gesellschaftern zum Kauf angebo- E. Die Behandlung der Anträge tene Hälfte der Anteile an der VHDI, nämlich die des 3. Antragsblocks erwähnten 24,6 %, zu erwerben und zugleich weitere Anteile von anderen Gesellschaftern an der VHDI (April 1978 bis August 1981) zu übernehmen, um auf diese Weise eine Mehr- heitsbeteiligung von mindestens 51 % an der VHDI 201 zu erlangen. Im Ergebnis sollten damit der Flick Konzern mit 51 %, die Zürich-Versicherungsgruppe Der 6 b-Antrag für die Beteiligung an der sowie andere Industriegesellschaften aus dem bis- Versicherungsholding der Deutschen Industrie GmbH herigen Kreis der Gesellschafter mit je 24,5 % an (VHDI) der VHDI beteiligt sein. Da die VHDI ihrerseits 51% der Anteile an der GKB hielt, hätte das faktisch Das Bescheinigungsverfahren für den dritten An- einen beherrschenden Einfluß auf den Gerling-Kon- tragsblock, bestehend aus den Anträgen VHDI, PCV zern bedeutet. Gleichzeitig mit der Übernahme der und USF, wurde bereits vor der Entscheidung über Mehrheitsbeteiligung an der VHDI durch den Flick den zweiten Antragsblock eingeleitet. Dadurch Konzern war eine Kapitalerhöhung bei der VHDI Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode vorgesehen, durch die die Eigenkapitalbasis des Böhme: „Sollte sich das totale Auswechseln der Gerling-Konzerns gestärkt werden sollte. Ziel die- Spitze des ,Nachbarhauses` als hinderlich erweisen, ser Transaktion war insgesamt, den an der VHDI müßte gegebenenfalls unmittelbar zum Bundes- beteiligten Industrieunternehmen sowie der Zürich kanzler gegangen werden. Schlecht würde das für Versicherungsgruppe den Rückzug aus der VHDI richtig halten." zu erleichtern und zugleich die Existenz des damals - als unterkapitalisiert geltenden Gerling-Versiche- Am 14. Februar 1978 vermerkte Eberhard von Brau- rungskonzerns langfristig zu sichern. chitsch, Dr. Friedrich Karl Flick sei mit der Gerling Planung „100 %ig einverstanden" und bitte, die Sache voranzutreiben. 202 203 Vorgespräche des Flick-Konzerns wegen des VHDI-Erwerbs Gespräche Eberhard von Brauchitschs mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Der Flick-Konzern, der dafür einen Teil des verblei- und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht benden Gewinns aus dem Verkauf des Daimler- Benz-Aktien-Pakets unter Inanspruchnahme des Am 15. Februar 1978 traf Eberhard von Brauchitsch, § 6 b EStG einsetzen wollte, bemühte sich frühzeitig wie er in einer Aktennotiz vom 20. Februar 1978 um eine Unterstützung seines Vorhabens durch die festhielt, Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf entscheidenden Stellen, insbesondere das Bundes- Lambsdorff „abends zufällig ... in Bonn". Dieser sei wirtschaftsministerium, das Bundesfinanzministe- durch Staatssekretär Dr. Otto Schlecht über die rium und das Bundesaufsichtsamt für das Versiche- Überlegungen des Flick-Konzerns „im Zusammen- rungswesen. hang mit Gerling unterrichtet" gewesen; er wolle noch etwas über das Problem nachdenken. Er — Nachdem am 9. Februar 1978 die VHDI-Gesellschaf- von Brauchitsch — habe aber im Prinzip den Ein- terversammlung die erwähnte Kapitalerhöhung be- druck gehabt, daß der Minister ein solches Engage- schlossen hatte, besprach Eberhard von Brau- ment für förderungswürdig im Sinne von § 6 b EStG chitsch die neue Situation zunächst mit einem Ver- halte. In dem Vermerk heißt es weiter: treter der Deutschen Bank, der ihn darauf hinwies, daß viele an der VHDI beteiligte Industrieunterneh- „Lambsdorff ist bereit, uns im Nachbarhaus men bereit seien, ihren Anteil abzugeben. In einem (Matthöfer) die Türen zu öffnen, und hält dort ein weiteren Gespräch mit einem Mitglied des Vor- unmittelbares Vorgehen durch uns zu gegebener stands der Gerling-Gruppe wurde der Gedanke ei- Zeit für richtig." nes beherrschenden Flick-Anteils vertieft. Am 16. Februar 1978 habe er vereinbarungsgemäß Unmittelbar darauf informierte Eberhard von Brau- mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht telefoniert. chitsch Staatssekretär Dr. Otto Schlecht „absolut Dieser sei auch nach Rücksprache mit dem Mini- vertraulich" über die Überlegungen des Flick-Kon- ster nicht bereit, eine Vorabentscheidung seines zerns in dieser Sache. Seiner Notiz zufolge sagte er Hauses auf höchster Ebene zu geben. Es sei not- ihm, daß man einerseits den Ankauf der VHDI wendig, die Entscheidung sich „von unten nach nicht „unter dem Vorbehalt der 6 b-Genehmigung" oben" entwickeln zu lassen. Eine positive Entschei- durchführen könne; andererseits könne man aber dung könne nicht zugesagt werden, solange nicht mit dem Geschäft auch nicht warten, bis „nach Mo- ein Votum der zuständigen Abteilung in seinem naten" die „normale 6 b-Prozedur" beendet sei. Nach Hause vorliege und eine Fühlungnahme mit dem seiner Meinung habe man in diesem Fall einen An- Bundesfinanzministerium stattgefunden habe. spruch darauf, eine Minister-Entscheidung „über den Ladentisch" zu bekommen. Man könne jeden- 204 falls nur tätig werden, wenn man „aus erster Hand" wisse, daß die Sache „6 b-mäßig" laufe. Staatssekre- Gespräch Fritz Wackers vom 17. Februar 1978 tär Dr. Otto Schlecht habe für dieses Petitum Ver- mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ständnis gezeigt und werde — gegebenfalls gemein- sam mit dem Minister — darüber nachdenken. Er Mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl führte Fritz habe darauf hingewiesen, daß „in allen 6 b-Angele- Wacker am 17. Februar 1978 ein Gespräch, in dem genheiten, in denen Banken und Versicherungen neben Fragen des zweiten Antragsblocks auch das involviert" seien, nicht nur das Benehmen, sondern geplante VHDI-Vorhaben eine Rolle spielte. Dr. das Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministe- Mühl wies darauf hin, daß es nach dem Wortlaut rium hergestellt werden müsse. Er, Eberhard von des § 6 b EStG auf eine Strukturverbesserung des Brauchitsch, habe darauf erwidert, man wünsche Wirtschaftszweiges, hier also der Versicherungs- zunächst nur die Zusage des Bundesministeriums wirtschaft, ankomme. Da der bloße Eigentumswech- für Wirtschaft und werde danach mit dem „Nach- sel unmittelbar ohne Auswirkungen auf die Struk- barhaus" ein Einvernehmen suchen. Der Vermerk tur sei, müsse deutlich gemacht werden, ob und wie endet unter Anspielung auf den wenige Tage später er sich auf die Position der GKB im Wettbewerb stattfindenden Wechsel im Amt 'des Bundesfinanz- auswirke, entweder durch Sicherung dieses Unter- ministers von Dr. Hans Apel zu Hans Matthöfer nehmens durch weitere Kapitalzuführung oder sowie im Amt des dortigen Parlamentarischen durch Vermeidung einer Wettbewerbsverschlechte- Staatssekretärs von Rainer Offergeld zu Dr. Rolf rung beispielsweise durch Ankauf von Gesell- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 schaftsanteilen durch andere Versicherer. Was die wirtschaftsministerium und Bundesfinanzministe- erforderliche Zustimmung des Bundesfinanzmini- rium) als auch beim Kartellamt (Kartte)". In einem steriums anbelangte, so habe Fritz Wacker, wie Mi- weiteren Gespräch habe der Aufsichtsratsvorsit- nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl vermerkte, darum zende der VHDI, Otto Wolff von Amerongen, das gebeten, das Bundesfinanzministerium zunächst geplante Flick-Engagement „großartig" gefunden nicht einzuschalten. Bei dieser Gelegenheit wurden und bestätigt,- daß er helfen wolle. Wolff von Ame- folgende Unterlagen übergeben: Übersichten über rongen habe ihm mitgeteilt, daß die am selben Tage die frühere und die geplante künftige Struktur der ausgesprochene Offerte der „Zürich" auf Verkauf GKB und der VHDI, Details über den Gerling-Versi- der Hälfte ihrer VHDI-Anteile den restlichen An- cherungskonzern sowie eine zusammenfassende teilseignern am 27. Februar 1978 zugestellt werde, Argumentation zu den geplanten Transaktionen. und habe ihn über die Details des Kaufangebots Darin war darauf hingewiesen, daß es nach Auffas- unterrichtet. Sodann sei ausführlich über Personal- sung des Flick-Konzerns angesichts der Wettbe- fragen der VHDI, die Rolle von Dr. Hans Gerling werbssituation in der Versicherungsbranche förde- sowie das weitere Verfahren gesprochen worden. rungswürdig sei, wenn eine bisher nicht im Versi- Zugleich habe er seine Unterstützung für den beab- cherungswesen tätige Industriegruppe die bei Ger- sichtigten Antrag gemäß § 6 b EStG zugesagt. Er ling vakant werdende Position übernehme. werde „als Zeuge" dafür zur Verfügung stehen, daß Dr. Mühl bat unverzüglich die zuständigen Fachre- ab 1981 die VHDI auseinanderfallen werde und ferate um Stellungnahme zu diesen Vorhaben. dann Zufallsmehrheiten bei Gerling entstünden, die nicht im volkswirtschaftlichen Interesse lägen. Am Eberhard von Brauchitsch erfuhr am 20. Februar 27. Februar 1978 sei er, Eberhard von Brauchitsch, 1978 in einem weiteren Telefonat mit einem Vertre- bei Dr. Walter Rieger gewesen. Dieser sei bereits ter der Deutschen Bank, daß dieser mit dem Präsi- „abstrakt" über das geplante Modell unterrichtet denten des Bundesaufsichtsamts für das Versiche- worden und begrüße diese Konstruktion. Man habe rungswesen, Dr. Walter Rieger, über die geplanten sodann über die Frage beraten, wie hoch die Kapi- Veränderungen gesprochen hatte. Dr. Rieger habe talerhöhung ausfallen müsse und ob andere Betei- dazu erklärt: „Das ist die beste Nachricht in den ligte daran mitwirken sollten, und einige weitere, letzten Jahren" und sich bereit erklärt, insbeson- auch versicherungsrechtliche Fragen erörtert. Von dere im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung Brauchitsch hielt dazu fest: bei Gerling „in Bonn" zu helfen, auch „hinsichtlich 6 b". Von Brauchitsch hielt weiter fest, er werde „Rieger gewährleistet die Diskretion unserer Ak- Dr. Rieger — der noch nicht wisse, „wer hinter der tivitäten in seinem eigenen Hause. Er behält den Sache steckt" — demnächst aufsuchen. Hinter- Vorgang zunächst bei sich. Rieger ist bereit, noch grund der zitierten Äußerungen von Dr. Rieger war vor unseren entsprechenden Gesprächen mit dessen kritische Einstellung gegenüber der Person Kartte (Bundeskartellamt), Matthöfer und von Dr. Hans Gerling und zu der nach seiner An- Schlecht zu sprechen und die Herren sowohl un- sicht zu geringen Kapitalbasis des Gerling-Kon- ter kartellrechtlichen als auch unter 6 b-Gesichts- zerns. punkten auf die Förderungswürdigkeit unseres Als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat Petitums hinzuweisen." Dr. Walter Rieger ausgesagt, ihm sei daran gelegen gewesen, daß der Gerling-Konzern einen finanz- Er fügte hinzu, daß Dr. Walter Rieger früher Per- kräftigen Partner erhalte und daß anstelle der „Zü- sönlicher Referent von „FJS" gewesen sei, aller- rich" ein deutscher Partner bei Gerling eintrete. dings darauf hingewiesen habe, daß er politisch neutral sei. Dr. Rieger habe ihn dann am 1. März über die Ergebnisse der mit ihm „vereinbarten" Te- 205 lefonate wie folgt unterrichtet: Prof. Dr. Wolfgang Kartte, Präsident des Bundeskartellamts, habe „das Besprechung Eberhard von Brauchitschs mit Thema verstanden", bringe es aber noch nicht bei Dr. Walter Rieger am 24. Februar 1978 seinen Beschlußabteilungen ein. Er werde deshalb die für den 3. März geplanten Gespräche von Flick Am 24. Februar 1978 fand eine erste Besprechung Vertretern beim Bundeskartellamt noch nicht be- zwischen Eberhard von Brauchitsch und Dr. Walter gleiten, wozu von Brauchitsch bemerkte: „Das ist Rieger statt; sie wurde später verschiedentlich für strategisch sicher richtig." Auch Manfred Lahn- die Behauptung verwandt, der Flick-Konzern sei stein, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswe- habe das Thema „sofort verstanden" und werde sen zu seinem Gerling-Engagement „ermuntert" Bundesfinanzminister Hans Matthöfer informieren, worden. Von Brauchitsch berichtete Dr. Friedrich und zwar, wie von Brauchitsch hinzufügte, noch vor Karl Flick und anderen Mitgesellschaftern in einem seinem Gespräch mit Hans Matthöfer am selben ausführlichen Vermerk über den Inhalt dieses Ge- Tage, dem 1. März 1978. Dr. Walter Rieger habe sprächs und weiterer vorangegangener Aktivitäten auch den Persönlichen Referenten von Matthöfer wie folgt: Er habe erfahren, daß der Präsident des unmittelbar angesprochen. Staatssekretär Dr. Otto Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen Schlecht schließlich sei für das Gespräch mit eine Neuordnung bei Gerling in der vorgesehenen Dr. Rieger dankbar gewesen. Damit sei — bemerkte Form „unter allen Umständen für wichtig und rich- von Brauchitsch — für seine Unterhaltung mit tig" halte. Man halte es für möglich, „daß Rieger Staatssekretär Dr. Schlecht am 3. März „der Boden hilfreich sein kann sowohl hinsichtlich 6 b (Bundes geebnet". Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat merk die Frage, ob man auch hier mit der Unter- Dr. Walter Rieger das Gespräch mit Eberhard von stützung des Bundesministeriums für Wirtschaft Brauchitsch bestätigt, ferner auch, daß er die er- rechnen könne; man solle überlegen, wie man „das wähnten Gespräche mit dem Präsidenten des Bun- Berliner Amt" — gemeint war das Bundeskartell- deskartellamts Prof. Dr. Wolfgang Kartte, mit amt — „zu einer- beschleunigten Bearbeitung veran- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht und Staatssekre- lassen kann." tär Manfred Lahnstein geführt habe. Wenn damals die Frage gekommen sei, ob das Vorhaben unter den Gesichtspunkten des § 6 b EStG positiv zu beur- 207 teilen sei, habe er sie, wie er sicher annehme, be aht. Bei seinen Gesprächen mit Vertretern des Das Gespräch -jEberhard von Brauchitschs Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesfi- mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer nanzministeriums habe man man sich grundsätz- am 1. März 1978 lich positiv geäußert; Einzelheiten seien allerdings Eberhard von Brauchitsch notierte nachträglich nicht besprochen worden. Die Formulierung in die- über sein etwa zweistündiges Gespräch vom ser Notiz, er, Dr. Rieger, gewährleiste Diskretion in 1. März 1978 mit Bundesfinanzminister Hans Matt- seinem eigenen Hause, sei unzutreffend; er habe höfer unter vier Augen, der Minister sei gerade vom von Brauchitsch nur zugesichert, daß über das Vor- Bundeskanzler gekommen und habe von ihm mit haben des Flick-Konzerns nicht nach außen gespro- großem Interesse gehört, daß sich der Flick-Kon- chen werde. zern in der Mitbestimmungsfrage „neutral bis ko- operativ" verhalte; das sei für ihn wichtig auch in Angelegenheiten, die nicht unbedingt etwas mit der 206 Mitbestimmung zu tun hätten. Eberhard von Brau- chitsch fuhr fort: Vorbereitung des Gesprächs von Eberhard von Brauchitsch mit Bundesfinanzminister „Es sei für die Zukunft nicht mehr erforderlich, Hans Matthöfer am 1. März 1978 daß ich mich über Lambsdorff bei ihm anmelde. Ich könne jederzeit und in jeder Angelegenheit Für das Gespräch zwischen Bundesfinanzminister zu ihm kommen. Er werde immer einen Termin Hans Matthöfer und Eberhard von Brauchitsch am für mich haben. 1. März 1978 listete der zuständige Referatsleiter im Bundesfinanzministerium, Ministerialrat Dr. Gün- Ich habe Matthöfer erklärt, warum ich in diesem ter Söffing, in einer Ministervorlage die bisherigen speziellen Fall den Weg über Lambsdorff genom- positiv beschiedenen Anträge des ersten Antrags- men habe: Lambsdorff ist in unseren 6 b-Angele- blocks auf und fügte hinzu, es sei nicht bekannt, genheiten federführend. Ein direkter Gang zu welche weiteren Anträge der Flick-Konzern stellen Herrn Matthöfer hätte möglicherweise Verstim- werde. Das Bundeswirtschaftsministerium habe auf mung im Wirtschaftsministerium hervorgerufen. Anfrage mitgeteilt, endgültige Entscheidungen Das Gegenteil sollte aber erreicht werden. Das seien beim Flick-Konzern noch nicht gefallen; er hat Matthöfer verstanden." habe daher um streng vertrauliche Behandlung sei- In dem Vermerk heißt es dann, er habe Hans Matt- ner Investitionsüberlegungen gebeten. Dr. Söffing höfer ausführlich die Motive der Daimler-Veräuße- bemerkte, es sei auch nicht zweckmäßig, daß das rung und die enormen Anstrengungen des Famili- Bundesfinanzministerium den Konzern um Darle- enunternehmens Flick zur Strukturverbesserung gung seiner Überlegungen bitte, da die Anträge und zur Arbeitsplatzsicherung schildern können. beim Bundeswirtschaftsministerium zu stellen sei- Hans Matthöfer habe sich über den Umfang der en. Im übrigen ging er kurz auf die Reformvorstel- schriftlichen Begründungen gut unterrichtet ge- lungen der Arbeitsgruppe „Steuern" der SPD-Bun- zeigt und gemeint, wegen dieser guten schriftlichen destagsfraktion zu § 6b EStG ein. Begründungen habe man die ersten Anträge wohl nicht ablehnen können. Er, Eberhard von Brau- Für Eberhard von Brauchitsch notierte Fritz chitsch, habe durchblicken lassen, daß bei Beginn Wacker „Gedanken zur Vorbereitung auf das Ge- der Transaktion Gespräche „von Herrn Dr. Flick spräch mit Finanzminister Matthöfer". Sinn des Ge- und uns" mit dem Bundeskanzler und den Mini- sprächs mit dem Bundesfinanzminister sei es fest- stern Dr. Hans Apel und Dr. Hans Friderichs statt- zustellen, ob der Konzern im Bundesfinanzministe- gefunden hätten, um zu erläutern, wie die Zukunft rium in bezug auf die „neuen Anträge" mit der der Gruppe aussehen könnte. Sodann habe man gleichen Behandlung rechnen könne wie unter ausführlich über den „2. Geleitzug" gesprochen. Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel und dem Par- Hans Matthöfer habe seine Steuerpolitik erläutert lamentarischen Staatssekretär Rainer Offergeld. und erklärt, in dieser Legislaturperiode würden die Auf den geplanten VHDI-Antrag ging der Vermerk „§§ 6 b/4" nicht mehr angefaßt. Bei dem Antrag Ger- nicht ein. Wacker verwies dazu allerdings auf eine ling sei das Einvernehmen mit dem Bundesfinanz- weitere Notiz, die er zur Vorbereitung des Ge- ministerium erforderlich; dafür seien zwei Abtei- sprächs mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht gefer- lungen, nämlich die Versicherungsabteilung und tigt hatte. Darin vertrat er die Auffassung, es gebe die Steuerabteilung, zuständig. Von Brauchitsch no- „eine Reihe von wettbewerbsrechtlichen und wett- tierte, Hans Matthöfer sei über die Gerling-Pläne bewerbspolitischen Gesichtspunkten, die für unser voll unterrichtet gewesen. „Die Intervention von Vorhaben sprechen". Man stehe allerdings unter Dr. Rieger ... hat also offenbar voll gewirkt." Matt starkem Zeitdruck. Wacker stellte in seinem Ver höfer habe erklärt, seine Versicherungsabteilung Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 habe bereits positiv votiert, das könne er abschlie- gesagt, er halte das für richtig: „Machen Sie das, ßend mitnehmen, was von Brauchitsch mit den meiner Meinung nach geht das in Ordnung". Die Worten kommentierte: „Die Richtigkeit unseres Zusage habe er wenige Wochen nach diesem Ge- strategischen Vorgehens in diesem Zusammenhang spräch, „nach dem Prozeß der Prüfung im BMF", scheint mir evident." Er hielt ferner fest: gegeben, zwar nur mündlich, aber für ihn verpflich- tend. Am 1. März- habe es lediglich eine Aufforde- „Die Meinung der Steuerabteilung im Bundesfi- rung bzw. Ermunterung gegeben, das zu machen. Er nanzministerium konnte Matthöfer noch nicht sei sicher, daß auch das Bundeswirtschaftsministe- einholen. Er hat mir zugesagt, daß dies noch in- rium die Flick-Gruppe zu ihrem Engagement aufge- nerhalb der nächsten 36 Stunden passiere und fordert habe. Auf weitere Fragen hat er zusammen- daß er (Matthöfer) mich dann persönlich anrufe, fassend geäußert, es habe bei der Besprechung am um mir auch hiervon Kenntnis zu geben. Auf 1. März eine „starke Erklärung guten Willens", aber meine Frage, ob er (Matthöfer) aus dieser Ecke noch keine endgültige Zusage gegeben. Die Zusage irgendwelche Schwierigkeiten erwarte, erklärte sei dann später gegeben worden; damit sei er „im er: ,nicht mehr als bei Ihren sonstigen 6 b-Anträ- Wort" gewesen. Selbstverständlich hätte diese gen`. Das kann nur bedeuten, daß wir uns dort in mündliche Zusage allerdings nicht eingeklagt wer- guten Händen befinden." den können. Auf den Hinweis, nach dem Verwal- Nach einem kurzen Hinweis auf das bevorstehende tungsverfahrensgesetz müsse eine Zusage schrift- Gespräch mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht be- lich erfolgen, hat Hans Matthöfer als Zeuge erklärt, man könne jede Verwaltung zum Stillstand brin- merkte von Brauchitsch abschließend: gen, wenn man sich nur an die Vorschriften halte. „Zu dem Gespräch mit Matthöfer kann ich — Die Gerling-Entscheidung sei von Anfang an richtig seine Ehrlichkeit unterstellt — nur sagen, daß ich gewesen. von dem positiven Klima ausgesprochen über- Die „Zusage" des Ministers — die in den späteren rascht war." streitigen Auseinandersetzungen um den Antrag eine erhebliche Rolle spielte — wurde weder akten- Von Brauchitsch hat dazu vor dem 1. Untersu- kundig gemacht noch war sie den zuständigen Be- chungsausschuß ausgesagt, er habe Hans Matthö- amten — insbesondere Ministerialdirektor Dr. Karl fer damals die ungelösten Probleme des Hauses Koch oder Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner Gerling dargelegt; Flick sei bereit, diese volkswirt- — bekannt. Im Ergebnis besteht für den 1. Untersu- schaftliche Aufgabe zu übernehmen, aber nur „in chungsausschuß kein Zweifel, daß Bundesfinanzmi- der Sicherheit, daß dieses ein klassischer Wiederan- nister Hans Matthöfer das Flick-Engagement bei lagefall nach § 6 b ist". Matthöfer habe dies verstan- Gerling von Anfang an befürwortete und unter- den. Er habe gewußt, daß es sich um eine „unglaub- stützte. Eberhard von Brauchitsch konnte daher lich geheime Angelegenheit" gehandelt habe, und frühzeitig davon ausgehen, daß der Bundesfinanz- eine kurzfristige Prüfung in seinem Hause zuge- minister einen Antrag nach § 6 b EStG grundsätz- sagt. Etwa im April 1978 habe er, von Brauchitsch, lich unterstützen würde. dann tatsächlich von beiden Ministern die mündli- che Erklärung bekommen: Bundesfinanzminister Hans Matthöfer unterrich- tete am 2. März 1978 Ministerialdirektor Dr. Karl „Wenn Sie diese Transaktion durchführen, wer- Koch über den zu erwartenden Flick-Antrag und den Sie 6 b bekommen." bat ihn, mit dem Bundeswirtschaftsministerium Matthöfer hat zu diesem Gespräch vor der Staats- Verbindung aufzunehmen. Dr. Koch vermerkte, er anwaltschaft ausgesagt, er habe von Brauchitsch habe dies zugesagt, und fügte hinzu: nicht nur eine „positive Zusage" gegeben — auf die „Wenn das Wirtschaftsministerium sich auf den sich dieser später mehrfach berief —, sondern ihn Standpunkt stellt, daß der Kauf von Gerling-Ak- geradezu ermuntert, das Gerling-Engagement ein- tien volkswirtschaftlich besonders förderungs- zugehen. Er habe keinen Zweifel daran gehabt, daß würdig sei, würden wahrscheinlich gegen den Er- das Tatbestandsmerkmal „Verbesserung der Wirt- werb deutscher Versicherungsaktien keine steu- schaftsstruktur" des § 6 b EStG bei der Gerling erlichen Bedenken bestehen." Investition erfüllt gewesen sei. Vor dem 1. Untersu- chungsausschuß hat er darüber hinaus bekundet, er habe vor dem Gespräch vermutlich mit Dr. Karl 208 Koch sowie mit dem für Versicherungsfragen zu- ständigen Abteilungsleiter gesprochen. Die Formu- Erste Würdigung der VHDI-Beteiligung lierung Eberhard von Brauchitschs, er, Hans Matt- im Bundesministerium für Wi rtschaft höfer, werde mit der Steuerabteilung sprechen und „binnen 36 Stunden Bescheid geben", treffe sicher- Ebenfalls am 2. März 1978 fertigte Ministerialrat lich nicht zu. Der Inhalt dieses Vermerks von von Dr. Wolfgang Mühl eine Aktennotiz mit einer ersten Brauchitsch stimme hier — wie in anderen Fällen Würdigung der geplanten Flick-Beteiligung an der — nicht mit der Wirklichkeit überein und sei nur VHDI. Er wies vor allem darauf hin, daß ein etwai- mit der firmeninternen Situation zu erklären. ges Ausscheiden Gerlings aus dem Markt und ein Übergang dieser Marktanteile an den größten Kon- Hans Matthöfer ist sich allerdings in der weiteren kurrenten die Unternehmensstruktur des Wirt- Vernehmung nicht sicher gewesen, ob er die Zusage schaftszweiges Versicherungen nachhaltig ver- bereits am 1. März 1978 gegeben hatte. Er habe schlechtert hätte. Die Hereinnahme der „Zürich" — Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode selbst Wettbewerber auf dem Versicherungsmarkt derum eine längere Notiz an. Er vermerkte — wie — sei seinerzeit unter wettbewerbsrechtlichen Ge- bereits auch schon für den 2. Antragsblock berichtet sichtspunkten nur als Notlösung hingenommen worden ist — unter anderem, Staatssekretär worden. Der mit den Transaktionen verbundene ge- Dr. Schlecht habe mit großem Interesse das Ergeb- ringere Einfluß der „Zürich" bei Gerling sei als nis seines Gesprächs mit Hans Matthöfer zur - wettbewerbspolitisch positiver Effekt zu bewerten. Kenntnis genommen und zugegeben, daß das Er- Allerdings werde der von Flick angestrebte Erwerb gebnis dieses Gesprächs den „6 b-Spielraum" des einer Mehrheitsbeteiligung kontrollpflichtig nach Bundeswirtschaftsministeriums wieder in den alten dem Wettbewerbsrecht sein (§ 24 a GWB). Diese Zustand bringe. In einem weiteren, für Dr. Fried- Frage solle am 3. März 1978 im Bundeskartellamt rich Karl Flick bestimmten Vermerk führte Eber- geprüft werden. Nach telefonischer Auskunft des hard von Brauchitsch aus, Staatssekretär Dr. Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Ver- Schlecht habe erklärt, daß nach der Vorprüfung des sicherungswesen, Dr. Walter Rieger, sei bei Gerling VHDI-Vorhabens in seinem Hause „mit großer eine beachtliche Kapitalaufstockung erforderlich. Wahrscheinlichkeit" mit einer Bescheinigung nach Die VHDI bedürfe hierzu eines starken Gesellschaf- § 6 b EStG gerechnet werden könne. Er habe Staats- ters, der die notwendige Kapitalzuführung und da- sekretär Dr. Schlecht entsprechend seiner Notiz — mit eine dauerhafte Stützung der Gerling-Gruppe ebenso wie Bundeskanzler Helmut Schmidt bei ei- mittrage. Das Bundesaufsichtsamt für das Versi- nem am selben Tage vorangegangenen Gespräch — cherungswesen werde sich im Bescheinigungsver- auf „Risiken beim Bundeskartellamt" aufmerksam fahren in diesem Sinne gegenüber dem Bundesfi- gemacht. Sein Gesprächspartner habe erwidert, ein nanzministerium äußern; Staatssekretär Manfred „negatives 6 b-Votum aus Berlin" würde die positive Lahnstein sei bereits unterrichtet. Im Ergebnis Haltung des Bundeswirtschaftsministeriums wahr- dürften die „struktur- und wettbewerbspolitisch scheinlich nicht tangieren. Auch Schwierigkeiten tendenziell positiven Aspekte" dieses Erwerbs für nach § 24a GWB und der sich daran anknüpfende eine positive Gesamtbeurteilung sprechen. Dieser Antrag auf eine Minister-Sondergenehmigung wür- Vermerk war — nach Aussage von Ministerialrat den wahrscheinlich „positiven Widerhall" in seinem Dr. Wolfgang Mühl — vor allem zur Vorbereitung Hause finden. Staatssekretär Dr. Schlecht habe zu- für ein Gespräch von Staatssekretär Dr. Otto gesagt, seinen Minister auf „diese Möglichkeit" hin- Schlecht mit dem Präsidenten des Bundesaufsichts- zuweisen. Über das erwähnte Gespräch mit dem amtes für das Versicherungswesen, Dr. Walter Rie- Bundeskanzler teilte Eberhard von Brauchitsch ger, bestimmt. Dr. Friedrich Karl Flick mit, man werde „bei der derzeitigen unvernünftigen Haltung der Kartellbe- Aus einer handschriftlichen Notiz von Ministerial- hörde und dem Eilbedürfnis der Sache" um eine rat Dr. Wolfgang Mühl vom 3. März 1978 ergibt sich, Minister-Ausnahmegenehmigung bitten, falls die daß Ministerialdirektor Dr. Karl Koch ihm an die- Kartellbehörde die geringsten Schwierigkeiten ma- sem Tag mitteilte, er — Koch — sei von seinem che. Eberhard von Brauchitsch fügte hinzu: „Der Minister über das Flick-Vorhaben unterrichtet wor- Bundeskanzler hat das ohne Widerspruch zur den und „BM Matthöfer erscheine die Sache inter- Kenntnis genommen." essant". Die Referenten beider Ministerien sollten Kontakt miteinander aufnehmen. Auf seine Rück- frage hin, vermerkte Dr. Mühl weiter, habe Staats- sekretär Dr. Otto Schlecht zugestimmt, daß er sei- 210 nen Vermerk vom 2. März 1978 Ministerialrat Dr. Günter Söffing im Bundesfinanzministerium Weitere Vorbereitung der VHDI-Übernahme zuleite. Am 3. März und 5. März 1978 führte Eberhard von Brauchitsch verschiedene Gespräche mit Industrie- 209 vertretern, deren Konzerne bei der VHDI maßgeb- lich beteiligt waren, um den Mehrheitserwerb bei Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit der VHDI einzuleiten und abzusichern. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am 3. März 1978 Er sah sich vor die Schwierigkeit gestellt, im Für das Gespräch zwischen Eberhard von Brau- Grunde ohne eine Entscheidung nach § 6 b EStG chitsch und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am nicht handeln zu können, aber auch nicht abwarten 3. März 1978, bei dem es vorwiegend um den zwei- zu können, ohne gewisse Risiken wie zum Beispiel ten Antragsblock ging, legte Ministerialrat das Eingreifen eines anderen Unternehmens einzu- Dr. Wolfgang Mühl seinen Vermerk vom 2. März gehen, und entschloß sich letztlich, diejenigen Fir- und eine kurze Vorlage zu allen Gesprächsthemen men, deren VHDI-Anteile man übernehmen wollte, vor. Zu VHDI bemerkte er, nach dem gegenwärti- schon jetzt anzusprechen. gen Ergebnisstand ergebe sich eine „tendenziell po- sitive Gesamtbeurteilung". Allerdings sei die Zu- Über ein Telefonat mit Staatssekretär Dr. Otto stimmung des Bundesfinanzministeriums erforder- Schlecht am 7. März 1978 teilte Eberhard von Brau- lich. Über das Ergebnis des Gesprächs zwischen chitsch Fritz Wacker mit, er habe dem Staatssekre- Bundesfinanzminister Hans Matthöfer und Eber- tär gesagt, man müsse spätestens in der Woche hard von Brauchitsch sei ihm nichts bekannt. nach Ostern Klarheit haben, „weil sonst in der Sache nichts mehr läuft". Auf Befragen habe er Über das Gespräch mit Staatssekretär Dr. Otto Dr. Schlecht bestätigt, daß dem Unternehmen eine Schlecht fertigte Eberhard von Brauchitsch wie verbindliche mündliche Äußerung seines Amtes ge- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 nügen würde, so daß das formelle Verfahren seinen Am 3. April 1978 stellte der Flick-Konzern den An- Gang nehmen könnte. trag nach § 6 b EStG beim Bundeswirtschaftsmini- sterium a) für den Erwerb einer Mehrheitsbeteili- Nach dem bereits erwähnten Gespräch mit Lise- gung an der VHDI und b) für eine Kapitalzufüh- lotte Funcke vom 2. März 1978 übersandte Eberhard rung bei der GKB. In dem Schreiben wurde ausge- von Brauchitsch dieser am 8. März 1978 eine Kopie führt, der finanzielle- Aufwand für den Beteiligungs- des Schreibens vom 23. November 1977 an Bundes- erwerb werde sich voraussichtlich auf mindestens minister Dr. Otto Graf Lambsdorff mit einer Uber- 90 Millionen DM bei Erwerb von 50,1 % der Anteile, sicht über die Anträge und fügte — wohl bezogen höchstens aber auf 195 Millionen DM bei 100 %igem auf den VHDI-Antrag — hinzu, daß an die Stelle der Erwerb der Anteile belaufen; für die Kapitalzufüh- Beteiligung an einem größeren deutschen Indu- rung werde ein Betrag von 50 Millionen DM veran- strieunternehmen auch eine Beteiligung treten schlagt. Zur Begründung wurde auf eingehende könnte, „die dem Dienstleistungsbereich zuzuord- Ausführungen über den Konzern einerseits, die nen ist". VHDI und die GKB andererseits verwiesen; ferner wurde die positive Stellungnahme des Bundeskar- tellamts vom 14. März 1978 beigefügt. Die besondere 211 volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit des Flick-Engagements bei der VHDI wurde im wesent- Überlegungen zur VHDI-Beteiligung im lichen mit folgenden Argumenten begründet: Zum Bundesfinanzministerium und im Bundeskartellamt einen werde die derzeit labile, für die Zukunft unge- wisse Beteiligungsstruktur der VHDI und damit des Nach einer Notiz an Dr. Friedrich Karl Flick vom Gerling-Konzerns stabilisiert. Zum anderen werde 8. März 1978 führte Eberhard von Brauchitsch am durch eine im Zuge der Übernahme der Anteils- selben Tage ein Telefonat mit Bundesminister mehrheit zugleich vorgesehene Kapitalerhöhung Hans Matthöfer. Von Brauchitsch teilte in der Notiz die Eigenkapitalbasis des Gerling-Konzerns ge- mit, inzwischen habe sich auch die Steuerabteilung stärkt. Schließlich verringere sich die Zahl der indu- des Bundesfinanzministeriums dahingehend geäu- striellen Großunternehmen, die über die VHDI mit ßert, daß ein positives Votum des Bundeswirt- Gerling verbunden seien, erheblich. schaftsministeriums das Bundesfinanzministerium ohne Beanstandungen passieren werde, nachdem Matthöfer bereits bei dem Treffen am 1. März 1978 gesagt habe, die Versicherungsabteilung seines 213 Hauses werte die Überlegungen des Hauses Flick im Zusammenhang mit Gerling positiv. Den Akten Beratungen über Auskünfte gegenüber der Presse des Bundesfinanzministeriums läßt sich eine unter Berücksichtigung des Steuergeheimnisses schriftliche Vorlage der Versicherungsabteilung in der Zeit bis Anfang April 1978 nicht entnehmen; Am folgenden Tag bat Ministerialrat Dr. Wolfgang dies gilt auch für die Steuerabteilung bis zum Mühl die Fachreferate des Bundeswirtschaftsmini- 8. März 1978. Allerdings hatte Ministerialdirektor steriums um Stellungnahme zu dem Antrag. Zu- Dr. Karl Koch den zuständigen Referenten, Mini- gleich wurde bei einem Gespräch zwischen Bundes- sterialrat Dr. Günter Söffing, um Fertigung einer minister Dr. Otto Graf Lambsdorff und dem Mitar- Ministervorlage zu dem beabsichtigten VHDI-An- beiter von Dr. Mühl, Oberregierungsrat Dr. Holger trag gebeten. In dieser Vorlage vom 9. März 1978 Berndt, die Frage erörtert, wie sich das Bundeswirt- wurde der Sachstand mit den Plänen des Flick-Kon- schaftsministerium verhalten solle, wenn nach Be- zerns berichtet; steuerrechtliche Bedenken wurden kanntwerden des Antrags in der Öffentlichkeit Fra- nicht geltend gemacht. Die Vorlage schloß mit dem gen dazu an das Ministerium gestellt würden. Der Vorschlag, die endgültige Stellungnahme des Bun- Pressereferent des Flick-Konzerns hatte dem Pres- deswirtschaftsministeriums abzuwarten. Die Mini- sereferenten des Bundeswirtschaftsministeriums stervorlage ging über Ministerialdirigent Dr. Adal- den Hinweis gegeben, daß mit derartigen Anfragen bert Uelner, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und zu rechnen sei. Das Haus Flick beabsichtige nicht, Staatssekretär Dr. Günter Obert an Bundesmini- den Steuerbescheinigungsantrag bekanntzugeben. ster Hans Matthöfer, der sie am 15. März 1978 ab- Als Grund für die Besprechung vermerkte Oberre- zeichnete. gierungsrat Dr. Holger Berndt, der Minister wolle Anfragen nach dem Antrag vermeiden. Sodann no- tierte er, der Minister habe in einem Telefonat mit 212 Eberhard von Brauchitsch folgendes vereinbart:

Der Antrag betreffend VHDI und GKB „Mit Bekanntgabe des o. g. Erwerbs wird Flick gleichzeitig darüber informieren, daß für den Er- Am 14. März 1978 teilte der Berichterstatter der werb beim BMWi ein Antrag auf Erteilung einer zuständigen Beschlußabteilung des Bundeskartell- Bescheinigung gem. § 6 b EStG gestellt wurde. amts Eberhard von Brauchitsch telefonisch und Unser Haus kann dann die Antragstellung bestä- schriftlich mit, die Beschlußabteilung habe das von tigen und darüber informieren, daß der Antrag Fritz Wacker vorgetragene Zusammenschlußvorha- zusammen mit dem BMF geprüft und in ange- ben geprüft. Es würden keine Bedenken gegen den messener Frist entschieden wird. Bei etwaigen beabsichtigten Mehrheitserwerb an der VHDI erho- Fragen nach anderen 6 b-Anträgen der Flick ben. Gruppe werden keine Antworten gegeben." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Ebenfalls am 4. April schickte ein anderer Mitarbei- „Liegt dem Bundesminister für Wirtschaft ein ter von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl den An- Antrag vor, nach dem Teile des von der Familie trag an Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und ver- Flick 1975 aus dem Verkauf ihrer Daimler-Aktien wies dabei auf das vorangegangene Gespräch zwi- erzielten 2 Milliarden DM Erlöses als Wiederan- schen beiden am 2. März 1978. Zugleich erhielt — lage in Beteiligungen am Versicherungskonzern wie in Versicherungen betreffenden Fällen üblich Gerling nach § 6 b Einkommensteuergesetz steu- — das zuständige Referat der Versicherungsabtei- erlich begünstigt werden sollen, und von welchen lung des Bundesministeriums der Finanzen den konkreten volkswirtschaftlichen Beurteilungskri- Antrag mit der Bitte um Stellungnahme. Als die terien wird die Bundesregierung gegebenenfalls Pressestelle des Bundesfinanzministeriums bei bei der Verhandlung dieses Antrages ausgehen?" Dr. Koch am 6. April 1978 anfragte, ob Interessen- ten auf Anfrage bestätigt werden könne, daß der Das Bundeswirtschaftsministerium verwies in sei- Flick-Antrag gestellt worden sei, erkundigte er sich ner schriftlichen Antwort vom 17. April 1978, die bei Fritz Wacker, weil nach seiner Auffassung dazu von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl entworfen eine Zustimmung des Flick-Konzerns erforderlich und nach Durchlaufen des Dienstweges auch von war. Dieser erklärte, gegen eine derartige Bestäti- Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff abge- gung bestünden keine Bedenken. zeichnet wurde, erneut auf das Steuergeheimnis. Der Flick-Konzern habe jedoch selbst bestätigt, daß 214 er im Falle Gerling einen Antrag gemäß § 6 b EStG gestellt habe. Das Bundeswirtschaftsministerium Das Telefonat zwischen Manfred Nemitz und werde nun im Einvernehmen mit dem Bundesfi- Staatssekretär Manfred Lahnstein vom 6. April 1978 nanzministerium und im Benehmen mit den zu- ständigen Landesbehörden den Antrag prüfen. Aus Nicht voll aufklärbar ist der Inhalt eines Telefonats den gesetzlichen Kriterien ergebe sich, daß nicht zwischen Manfred Nemitz und Staatssekretär Man- der individuelle Nutzen für das einzelne Unterneh- fred Lahnstein vom 6. April 1978 über den Stand der men, sondern nur die strukturpolitischen oder ver- Bearbeitung der Anträge im Bundesfinanzministe- mögenspolitischen Auswirkungen herangezogen rium gewesen. Nemitz teilte darüber Eberhard von werden dürften. Bei der Prüfung des Antrags wür- Brauchitsch mit, nach Auskunft von Staatssekretär den die gleichen Beurteilungskriterien unter Be- Lahnstein habe die Versicherungsabteilung bereits rücksichtigung der strukturellen Gegebenheiten positiv zu dem VHDI-Antrag Stellung genommen. der berührten Wirtschaftszweige und der gesamten Ebenso liege eine positive Auskunft des Bundesauf- Volkswirtschaft zugrunde gelegt werden wie bei der sichtsamts für das Versicherungswesen vor. Bun- bisherigen Verfahrenspraxis. desminister Hans Matthöfer habe sich nach seinem Gespräch mit Eberhard von Brauchitsch ebenfalls Mit weiteren Fragen bat Dr. Dieter Spöri wenige im Ministerium positiv geäußert und gebeten, das Tage später um Auskunft, welche Vorteile sich nach Verfahren zu beschleunigen, um die Verhandlungen Auffassung der Bundesregierung aus den bisheri- des Flick-Konzerns zu erleichtern. Manfred Nemitz gen Vergünstigungen der Flick-Gruppe nach § 6 b fügte in einem Nachsatz hinzu: EStG für die Bundesrepublik Deutschland ergäben und ob die Bundesregierung angesichts des „enorm „Lahnstein steht jederzeit gern zur Verfügung, hohen Anteils der Flick-Gruppe an den gesamten um uns zu helfen, falls wir seine Hilfe benöti- Steuervergünstigungen nach § 6 b des Einkommen- gen." steuergesetzes in den letzten beiden Jahren" bereit sei, den Vorschlag einer Obergrenze der Steuerver- Lahnstein hat als Zeuge vor dem 1. Untersuchungs- günstigungen für einzelne Steuerzahler im Rahmen ausschuß ausgesagt, den letzten Satz des Vermerks des § 6 b EStG zu überprüfen. In der Fragestunde könne er sich nur so erklären, daß Nemitz ihn ge- vom 26. April 1978 antwortete der Parlamentarische fragt habe, ob er sich ab und zu nach der Entwick- Staatssekretär Karl Haehser, aus Gründen des lung der Dinge erkundigen dürfe, und er ihm erwi- Steuergeheimnisses sehe sich die Bundesregierung dert habe: „Selbstverständlich!" Die Wortwahl in zur Erörterung von Einzelfällen nicht in der Lage. diesem Satz liege in der Verantwortung von Nemitz. Im übrigen halte sie eine Einschränkung der Über- Im übrigen nehme er an, daß dieser ihn angerufen tragungsmöglichkeit für stille Reserven nicht für habe, nicht umgekehrt, obwohl in der Notiz von Ne- angebracht. Bei Einführung einer Obergrenze für mitz als Überschrift steht: „Anruf von Herrn Staats- die Übertragung stiller Reserven wäre eine reinve- sekretär Manfred Lahnstein, BMF". stitionshemmende Wirkung der Besteuerung bei Veräußerung größerer Teile des Betriebsvermögens 215 zu befürchten. Hinzu käme eine weitere Komplizie- rung des Steuerrechts. Auf die Zusatzfrage, inwie- Parlamentarische Fragen des weit nach Auffassung der Bundesregierung der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri Austausch der Großaktionäre eines Versicherungs- im April 1978 konzerns einen Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung und zur breiteren Eigentumsstreuung im Sinne des Beim Bundeswirtschaftsministerium ging am § 6 b EStG darstellen könne, erwiderte der Parla- 14. April 1978 eine Frage des SPD-Bundestagsabge- mentarische Staatssekretär Karl Haehser, aus dem ordneten Dr. Dieter Spöri für die Fragestunde des § 6 b EStG lasse sich nicht unbedingt der Zusam- Deutschen Bundestages mit folgendem Wortlaut menhang feststellen, den der Fragesteller in seine ein: Frage hineinlege. Selbstverständlich sei bei der Ab- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 fassung des § 6b EStG das, was Dr. Dieter Spöri mit wies er auf erhebliche steuerliche Nachteile für die seiner Frage hören wolle, nicht ohne Belang gewe- übrigen VHDI-Gesellschafter und daraus mögli- sen. cherweise resultierende Schadensersatzforderun- gen hin, die sich aus der Tatsache ergäben, daß die Der Parlamentarische Staatssekretär Karl Haehser „Zürich" ihren- Sitz nicht in der Bundesrepublik war auf weitere Zusatzfragen hin nicht bereit, An- Deutschland habe. Man fühle im Bundesfinanzmi- gaben über sog. „Ausreißerfälle" zu machen. Nach nisterium und im Finanzministerium Nordrhein seiner Auffassung lasse die bisherige Inanspruch- Westfalen vor, ob es Ausweichmöglichkeiten gebe. nahme des § 6 b EStG nicht den Schluß zu, daß er Es sei aber offen, ob man erfolgreich sein werde. den Zweck, für den er geschaffen worden sei, nicht Eberhard von Brauchitsch fuhr fort: erfülle. „Sollte es sich um ein echtes obrigkeitliches Ent- gegenkommen handeln, das wir benötigen, dann 216 könnte es deshalb zu Schwierigkeiten führen, weil es schon jetzt Stimmen gibt, die die 6b- Fritz Wackers Gespräch mit dem Berechtigung der Transaktion bestreiten. Sicher nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsabgeordneten wäre weder die Bundesregierung noch die Lan- Hilmar Selle desregierung bereit, sich für uns in der gleichen Angelegenheit zweimal ,aus dem Fenster zu leh- Bei dem bereits bei der Darstellung des zweiten nen'." Antragsblocks geschilderten Gespräch zwischen Fritz Wacker und dem nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsabgeordneten Hilmar Selle am 218 19. April 1978 hatte letzterer — nach der Notiz von Wacker — zunächst geäußert, er sei nicht von der Presseveröffentlichungen des Anwendbarkeit des § 6 b EStG auf Gerling über- SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri gegen zeugt. Wacker habe ihm daraufhin den Sachverhalt die Anwendung des § 6 b EStG auf die Anträge des aus „gesamtwirtschaftlicher und betriebswirt- Flick-Konzerns schaftlicher Sicht" dargestellt; dabei habe sich ge- zeigt, daß der Abgeordnete Selle aus beruflichen Im Frühjahr 1978 setzte sich der SPD-Bundestags- Gründen im Versicherungswesen recht gut bewan- abgeordnete Dr. Dieter Spöri wiederholt öffentlich dert sei. mit § 6b EStG auseinander. In einem Aufsatz im „Sozialdemokratischen Pressedienst Wirtschaft" Selle habe sich auf seine Bitte hin vorgemerkt, dem vom 25. April 1978 äußerte er sich zum VHDI-An- Flick-Konzern vertraulich eine stichwortartige Dar- trag. Er schrieb unter anderem: stellung über den Gerling-Konzern, „wie dieser aus der Sicht von Konkurrenten an der Versicherungs- „Wieder einmal kommt er ins Gerede — der Para- front beurteilt wird", zur Verfügung zu stellen. Wak- graph 6 b des Einkommensteuergesetzes. Und das ker vermerkte abschließend, er gehe davon aus, daß zurecht. Denn wieder einmal will Friedrich Karl auch Abg. Selle nunmehr die „6 b-Fähigkeit" des Flicks Hausmeier, Eberhard von Brauchitsch, VHDI-Antrags für gegeben halte. weitere Millionen aus dem Zwei-Milliarden- Schnitt, den Flick beim Abstoßen des Daimler Hilmar Selle teilte wenige Wochen später Fritz Pakets gemacht hat, am Finanzamt vorbeidirigie- Wacker mit, in der SPD-Steuerkommission werde ren. Nachdem der Veräußerungsgewinn bereits der § 6 b EStG behandelt, und bat um eine Stellung- im Umfang von 400 Millionen DM wegen ,volks- nahme. wirtschaftlich förderungswürdiger' Wiederanla- gen bei der Dynamit Nobel, Buderus und der US Chemiegruppe Grace & Co. steuerpolitisch ,ver- 217 schont` wurde, ist nun die nächste Tranche im Subventionstrauerspiel fällig: Flick will 100 Mil- Differenzen zwischen dem Flick-Konzern lionen DM 6b-begünstigt in die Übernahme von und Dr. Hans Gerling Anteilen der Gerling-Mehrheitsaktionäre stek- Aus einem ausführlichen Vermerk von Eberhard ken." von Brauchitsch für Dr. Friedrich Karl Flick vom Dr. Spöri führte aus, daß vermutlich auch dieser 19. April 1978 lassen sich erhebliche Differenzen Antrag positiv beschieden werde. Das „neue Kapitel zwischen dem Flick-Konzern und Dr. Hans Gerling in Flicks Subventions-Kabinettstück" mache deut- erkennen, die erst im Herbst 1978 durch einen Ver- lich, daß der Bundestag in den § 6 b EStG möglichst gleich ausgeräumt werden konnten. Dr. Hans Ger- schnell eine Obergrenze von etwa 20 Millionen DM ling vertrat, wie von Brauchitsch notierte, den einziehen müsse. Standpunkt, daß er an dem durch die „Zürich" in die VHDI eingebrachten GKB-Aktienpaket ein Vor- Im übrigen warf Dr. Dieter Spöri die Frage auf, ob kaufsrecht besitze. Im Flick-Konzern war man ge- Flick eine Fristverlängerung für die Anlage des genteiliger Auffassung. Von Brauchitsch empfahl Daimler Benz-Verkaufserlöses über den 31. Dezem- Dr. Flick aber, einen „jahrelangen Rechtsstreit" zu ber 1978 hinaus beantragen werde. Er bemerkte vermeiden, und wollte versuchen, Dr. Gerling unter dazu: „In dem Fall würde der Ruf nach einer Ände- bestimmten Voraussetzungen zu einem Verzicht rung des § 6 b EStG aus der SPD-Bundestagsfrak- auf das Vorkaufsrecht zu bewegen. Darüber hinaus tion noch lauter." Mit der geforderten Obergrenze Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode wäre erreicht, daß ein „Fall Flick", der den Rahmen Rückkehr von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht mit des § 6 b EStG sprenge, sich nicht mehr wiederholen diesem zu erörtern und dann Nachricht zu geben, könne, daß aber andererseits § 6 b EStG als struk- wie zweckmäßigerweise weiter verfahren werde. turpolitisches Instrument erhalten bliebe. In einer von einem Mitarbeiter von Ministerialrat - Dr. Wolfgang Mühl gefertigten Vorlage für Bundes- 220 minister Dr. Otto Graf Lambsdorff vom 2. Mai 1978 wurde zu VHDI bemerkt, hier müsse zunächst die Erneute parlamentarische Anfrage branchenstrukturelle Prüfung des Referats Versi- des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spörl cherungswirtschaft des Bundesfinanzministeriums und die wettbewerbspolitische Stellungnahme des In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am Bundeskartellamts abgewartet werden. Im übrigen 10. Mai 1978 wurde die Frage des SPD-Bundestags- habe vor allem die Publizität des vom Flick-Kon- abgeordneten Dr. Dieter Spöri behandelt, ob die zern beabsichtigten Erwerbs einer Mehrheitsbetei- Bundesregierung bereit sei zu prüfen, „wie die Ent- ligung an der VHDI und das Bekanntwerden eines scheidungen über extrem hohe Begünstigungsfälle entsprechenden Antrags erneut die Diskussion um nach § 6 b EStG für den Deutschen Bundestag § 6b EStG angeregt. Dazu wurde auf die Fragen von transparent gemacht werden können". Der Parla- Dr. Dieter Spöri sowie seinen Artikel vom 25. April mentarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme führte 1978 verwiesen und bemerkt, der Abgeordnete dazu aus, die Bundesregierung könne keine Aus- Dr. Spöri zähle „zu den Kritikern der gegenwärti- kunft darüber geben, ob inzwischen eine Entschei- gen § 6 b-Praxis". dung über den VHDI-Antrag der Flick-Gruppe ge- fällt worden sei und welche Kriterien des § 6b EStG die Bundesregierung hier für gegeben halte. Auf 219 eine bereits in der Fragestunde vom 26. April 1978 gestellte Zusatzfrage hin wurde später dem SPD- Das weitere Vorgehen des Flick-Konzerns Bundestagsabgeordneten Horst Gobrecht schrift- beim VHDI-Antrag lich mitgeteilt, es seien auch schon Bescheinigun- gen nach § 6 b EStG für Veräußerungsgewinne in Eberhard von Brauchitsch teilte Fritz Wacker in Höhe von über 100 Millionen DM erteilt worden; einer Notiz vom 3. Mai 1978 mit, Dr. Otto Graf das hatte Gobrecht als „Ausreißerfälle" bezeichnet. Lambsdorff rechne damit, daß das Bundeswirt- Wegen des Steuergeheimnisses wurden die Fälle al- schaftsministerium auch hinsichtlich des Antrages lerdings nicht genannt. betreffend Gerling innerhalb der nächsten drei bis vier Wochen entscheidungsreif sei. Man werde dem Minister drei „Modelle Gerling" durch „Sondervor- lage" präsentieren. Dr. Graf Lambsdorff werde diese „nur mit Schlecht behandeln, um zu prüfen, 221 was 6 b-mäßig geht". Am selben Tag leitete Eber- hard von Brauchitsch Fritz Wacker ein „Konzept Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit der Notiz, die am Freitag mittag an L. gehen soll" Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am 19. Mai 1978 mit alternativen Überlegungen zu den Möglichkei- Über ein Gespräch mit Staatssekretär Dr. Otto ten des Flick-Konzerns, sich beim Gerling-Konzern Schlecht am 19. Mai 1978 in München notierte Eber- zu beteiligen und dort eine Kapitalerhöhung durch- hard von Brauchitsch, dieser habe die Überlegun- zuführen, zu und bat um Rücksprache. Am 5. Mai gen über den zweckmäßigsten Weg der Kapitaler 1978 schickte er dem Bundeswirtschaftsminister in höhung Gerling — also die erwähnten drei Modelle drei Exemplaren einen „Gedankengang für den — noch nicht gekannt. Das habe daran gelegen, daß nächsten Schritt bei Gerling" zu. Ministerialrat das Arbeitspapier „beim Minister im Panzer- Dr. Wolfgang Mühl übergab später einen Aktenver- schrank liegt" und der Staatssekretär den Minister merk des Flick-Konzerns vom 5. Mai 1978 mit drei in den letzten 14 Tagen nicht gesehen habe. Modellen für das weitere Vorgehen des Flick-Kon- zerns bei Gerling im Einverständnis mit Fritz Wacker an den Wettbewerbsreferenten des Bundes- Inzwischen hatte Oberregierungsrat Dr. Holger wirtschaftsministeriums, Ministerialrat Dieter Berndt eine Vorlage für Staatssekretär Dr. Otto Wolf, mit der Bitte um Weiterleitung an das Bun- Schlecht erarbeitet, die diesen auf dem Dienstweg deskartellamt. Der Untersuchungsausschuß geht allerdings erst am 30. Mai erreichte. Dr. Berndt davon aus, daß es sich bei dem von Ministerialrat nahm darin Bezug auf eine Unterrichtungsbitte des Dr. Wolfgang Mühl zur Weiterleitung an das Bun- Staatssekretärs. Der Vermerk bezog sich im we- deskartellamt weitergegebenen Aktenvermerk um sentlichen auf den zweiten Antragsblock. Zu VHDI denjenigen handelt, den Eberhard von Brauchitsch wurde der Antrag ohne Erwähnung der drei Mo- dem Bundeswirtschaftsminister am 5. Mai 1978 zu- delle zur Kapitalerhöhung bei Gerling beschrieben sandte. und bemerkt, er liege dem Referat Versicherungs- wirtschaft des Bundesfinanzministeriums sowie Bei dem bereits erwähnten Telefonat zwischen dem Bundeskartellamt zur Prüfung vor. Man er- Eberhard von Brauchitsch und Bundesminister warte, daß der Flick-Konzern dem Bundeswirt- Dr. Otto Graf Lambsdorff am 8. Mai 1978 sagte der schaftsministerium möglichst bald die endgültigen Minister der Notiz von Eberhard von Brauchitsch Zahlen über das beabsichtigte Reinvestitionsvolu- zufolge zu, die drei Alternativen unmittelbar nach men vorlege. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

222 Dr. Wolfgang Mühl keine Bedenken gegen die über- mittelten drei Gerling-Modelle, sondern fügte nach Der Artikel in „Capital" zur Beteiligung an VHDI der Notiz von Wacker hinzu, er sähe es gern, wenn man möglichst bald mit dem konkreten Modell, das Ober die geplante Flick-Mehrheitsbeteiligung an durchgeführt werden solle, auf ihn zukäme. der VHDI erschien in der Zeitschrift „Capital" am - 1. Juni 1978 ein kritischer Artikel unter der Über- schrift „Die Versuchung — Flicks gefährliches Ge- Über ein Telefonat am 9. Juni 1978 mit Ministerial- schäft mit Gerling." rat Klaus Wohlleben, der noch Leiter des Minister- büros im Bundeswirtschaftsministerium war, no- In einem Telefonat mit Eberhard von Brauchitsch tierte Eberhard von Brauchitsch, in einem Ge- am folgenden Tag erklärte der Präsident des Bun- spräch zwischen Dr. Otto Graf Lambsdorff einer- desaufsichtsamts für das Versicherungswesen, seits und Bundesminister Hans Matthöfer sowie Dr. Walter Rieger, nach einer Notiz des ersteren, es dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf gebe keinen Sachkundigen, der die kritischen An- Böhme andererseits sei der Wirtschaftsminister merkungen in „Capital" ernst nehme. „Ihn, Rieger, auch auf den „Capital"-Artikel aufmerksam ge- lasse die Sache jedenfalls völlig ,kalt`, weil die be- macht worden. Dr. Graf Lambsdorff sei „sauer" ge- haupteten Risiken einfach nicht bestehen." Dr. Rie- wesen, daß ihm dieser Artikel nicht im Ministerium ger werde bei seiner Stellungnahme aber „aus vorgelegt worden sei, habe aber erklärt, er halte den Gründen äußerster Vorsicht" auf den Artikel einge- Inhalt des Artikels für „völlig unsinnig". „Nach sei- hen und ihn ad absurdum führen. Er halte das für nen eigenen Kenntnissen gäbe dieser Artikel gegen notwendig, weil nicht auszuschließen sei, daß „der Flick nichts her." Fritz Wacker notierte wenig spä- eine oder andere Politiker im Wirtschafts- oder Fi- ter, es gebe „offenkundig Informationsgespräche nanzministerium" den Artikel kenne und „mangels zwischen Vertretern des Bundeswirtschaftsministe- Sachkunde" dem Inhalt Bedeutung beimesse. riums und Vertretern des Bundesfinanzministeri- ums, deren Inhalte im einzelnen nicht bekannt sind, Als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat in denen aber wohl unterschiedliche Denkrichtun- sich Dr. Walter Rieger nicht an dieses Gespräch gen zum Ausdruck kommen können". erinnern können, sondern nur an eine andere Be- sprechung, bei der er Äußerungen von Eberhard von Brauchitsch über den Gewinn bei Lebensversi- cherungen kritisiert habe; von Brauchitsch habe es so dargestellt, als könne man sich mit dem Erwerb 223 einer Lebensversicherungsgesellschaft eine „gol- dene Nase" verdienen. Jedenfalls enthielt die Stel- Stellungnahme des Bundesaufsichtsamts lungnahme des Bundesaufsichtsamts für das Versi- für das Versicherungswesen vom 21. Juni 1978 cherungswesen vom 21. Juni 1978 zu dem Antrag betreffend VHDI auch eine kurze kritische Ausein- Am 21. Juni 1978 wurde in einer von Dr. Walter andersetzung mit dem Aufsatz in „Capital". Rieger unterzeichneten Stellungnahme des Bun- desaufsichtsamts für das Versicherungswesen die Der Artikel spielte auch in den folgenden Wochen beantragte Bescheinigung nach § 6 b EStG befür- verschiedentlich noch eine Rolle; so wandte sich wortet. Die Flick-Transaktionen bei der VHDI und Dr. Friedrich Karl Flick wenige Wochen später ge- der GKB seien volkswirtschaftlich besonders förde- genüber der Presse „mit Nachdruck" gegen die An- rungswürdig und könnten die Unternehmensstruk- nahme, es könne zu einer Interessenkollision zwi- tur der Versicherungswirtschaft stabilisieren und schen den vom Gerling-Konzern Versicherten und damit verbessern. Sie seien geeignet, den Wettbe- den industriellen Unternehmenszielen der Flick werber Gerling zu erhalten, damit den Wettbewerb Gruppe kommen. Auch der Pressechef des Flick zu beleben und auch „Vermachtungstendenzen" in Konzerns, Dr. Manfred Kiesewetter, setzte sich in der Versicherungswirtschaft entgegenzuwirken. einem im August-Heft der Zeitschrift „Capital" ab- Der Umstand, daß die Gesellschaften, an denen die gedruckten Leserbrief eingehend kritisch mit dem Beteiligungen erworben werden sollten, nur Hol- Aufsatz auseinander. dinggesellschaften seien, dürfe kein Hinderungs- grund für die Bescheinigung sein, da der Flick-Kon- Auch intern beschäftigte er den Konzern weiter. So zern aufgrund seiner prozentualen Beteiligung aus- reagierte Eberhard von Brauchitsch auf eine inhalt- reichende Einflußmöglichkeiten auf die Unterneh- lich nicht bekannte Notiz von Dr. Hanns Arnt Vo- mensstruktur haben werde. Den in der Zeitschrift gels am 7. Juni 1978 mit der Bemerkung, Dr. Vogels' „Capital" Heft 6/78 erwähnten Bedenken komme „Unterstellung", „daß unsere Angelegenheit Ger- keine Bedeutung zu. ling/6 b durch Presseveröffentlichungen auch nur annähernd gefährdet worden sei, hat keine reale Grundlage". Weder sein Gespräch mit Dr. Walter In der bereits erwähnten Notiz von Fritz Wacker Rieger noch das Gespräch von Fritz Wacker im vom selben Tage über Informationen aus dem Bun- Bundeswirtschaftsministerium gäben etwas in die- desfinanzministerium „von gut unterrichteter ser Richtung her. Adresse mit Verbindung zur Staatssekretärsebene" hieß es, der Antrag Gerling werde „unverändert po- In der bereits erwähnten Besprechung von Fritz sitiv beurteilt", könne aber noch nicht abgeschlos- Wacker mit Beamten des Bundeswirtschaftsmini sen werden, weil der Sachverhalt noch nicht ab steriums vom 6. Juni 1978 erhob Ministerialrat schließend bekannt sei. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

224 diese Geschehnisse wurde im „Spiegel" vom 17. Juli 1978 unter der Überschrift „Herr im Haus" ausführ- Positive Stellungnahme des Bundeskartellamtes lich berichtet. Dort wurde von einem „erbitterten vom 3. Juli 1978 Gefecht zwischen zwei der bekanntesten deutschen Millionärssippen" gesprochen; Dr. Gerling wolle Unter dem 3. Juli 1978 gab auch das Bundeskartell- nicht zulassen,- daß der Industriebetrieb Flick bei amt eine positive Stellungnahme ab. Die Zusam- ihm die Alleinherrschaft antrete. Es gebe heftige menschlüsse Flick/VHDI und VHDI/GKB seien Auseinandersetzungen zwischen der Flick-Gruppe, wettbewerbsrechtlich geprüft und nicht untersagt insbesondere Eberhard von Brauchitsch, und worden. Da die Flick-Gruppe bisher nicht im Versi- Dr. Gerling. Von Brauchitsch schrieb dazu Dr. cherungsbereich tätig gewesen sei, führe der beab- Friedrich Karl Flick, der Inhalt des Artikels sei sichtigte Mehrheitserwerb zu keiner „Addition von „vom Sachverhalt her falsch"; die Haltung Dr. Ger- Marktanteilen"; die Marktstruktur bleibe somit un- lings gebe dem Flick-Konzern allerdings kaum verändert. Da die „Zürich" künftig nicht mehr mit noch eine Chance, ohne einen Prozeß mit ihm aus- dem Gerling-Konzern verbunden sei, verbessere zukommen. sich sogar der Wettbewerb. Die Kapitalerhöhung bedeute eine finanzielle Stabilisierung des Gerling Am 24. Juli 1978 kündigte Fritz Wacker Ministerial- Konzerns sowie eine „erwünschte verbesserte Posi- rat Dr. Wolfgang Mühl ergänzende Ausführungen tion gegenüber den bisher kapitalstärkeren Bran- zum Gerling-Antrag an, nachdem man im April chenführern". noch nicht habe wissen können, wie das Modell aus- sehen werde. Er betonte, man solle die letzten Pres- semeldungen nicht überbewerten, zumal man mit 225 Gerling im Gespräch sei und ein Interesse daran habe, möglichst bald die Entscheidung über das Weitere Bearbeitung im jetzt vorgetragene Modell zu erhalten. Dr. Mühl Bundeswirtschaftsministerium, im werde, notierte Wacker, die Referate des Bundes- nordrhein-westfälischen Finanzministerium sowie im wirtschaftsministeriums, das Bundesfinanzministe- Bundesfinanzministerium rium und das Bundesaufsichtsamt für das Versiche- rungswesen „sofort einschalten" und „um zügige Über sein Telefonat mit Bundeswirtschaftsminister Bearbeitung, an der auch er interessiert ist, bemüht Dr. Otto Graf Lambsdorff vom selben Tage ver- sein". In dem betreffenden Schreiben des Flick merkte Eberhard von Brauchitsch hinsichtlich Ger- Konzerns wurden die zwischenzeitlichen Vorgänge ling, daß insoweit — im Unterschied zu den Anträ- geschildert und festgestellt, daß das „Gesamtenga- gen des zweiten Antragsblocks — noch kein Votum gement" des Flick-Konzerns bei „VHDI/Gerling- an die Landeswirtschaftsminister herausgehe, weil Konzern" nunmehr 363 Millionen DM betrage. Mi- noch das endgültige Konzept der Kapitalerhöhung nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl leitete auch diese fehle. Der Minister habe allerdings bestätigt, daß Unterlagen — kurz darauf die Stellungnahme des hinsichtlich Gerling sowohl das Bundesfinanzmini- Bundeskartellamts — sofort an die Fachreferate so- sterium als auch das nordrhein-westfälische Lan- wie an Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und das deswirtschaftsministerium „globale Wohlwollenser- Versicherungsreferat im Bundesfinanzministerium klärungen" abgegeben hätten. weiter. Am 4. Juli 1978 erfuhr Eberhard von Brauchitsch aus dem nordrhein-westfälischen Finanzministe- rium, daß Finanzminister Dr. Diether Posser in die- 226 ser Sache eine Vorlage wegen eines Antrags nach § 39 Körperschaftsteuergesetz „positiv abgezeich- Die Stellungnahme des Referats net" habe. Die Sache gehe auf schnellstem Wege „Versicherungswirtschaft" nach Bonn, und man habe — wie er Dr. Friedrich im Bundesfinanzministerium Karl Flick mitteilte — vorgesorgt, „daß die Dinge dort beschleunigt behandelt werden". Am 4. August 1978 notierte Eberhard von Brau- chitsch, Dr. Reinhold Kreile habe ihm mitgeteilt, In der von einem Mitarbeiter von Ministerialrat daß Ministerialdirektor Dr. Karl Koch in der Ange- Dr. Arno Bordewin gefertigten Vorlage für Bundes- legenheit Gerling erheblich „kalte Füße" habe. Das minister Hans Matthöfer vom 10. Juli 1978 wurde oben erwähnte steuerrechtliche Problem werde bei zum Gerling-Antrag bemerkt, der Erwerb der Ger- dem Hearing am 10. August erörtert werden. Zum ling-Anteile „dürfte volkswirtschaftlich förderungs- selben Thema hielt er am 10. August 1978 über ein würdig sein". Es ergäben sich aber schwierige Gespräch mit Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- Rechtsfragen. Derzeit prüfe man die Stellung- dorff vom Vortag fest, dieser sei über den gesamten nahme des Finanzministeriums von Nordrhein- Vorgang sehr gut im Bilde und habe ihm bestätigt, Westfalen zu der speziellen Frage aus dem Körper- daß „die 6 b-Angelegenheit per heute betrachtet ver- schaftsteuerrecht. nünftig aussähe". Dr. Graf Lambsdorff werde sich melden, wenn sich hieran etwas ändere. Nachdem die Hauptversammlung der GKB am 22. Juni 1978 dem Übergang der „Zürich"-Beteili- Unter dem 8. August 1978 hatte Oberregierungsrat gung an die VHDI zugestimmt hatte, reichte Dr. Dr. Holger Berndt in einer Ministervorlage die Ent- Hans Gerling am 14. Juli 1978 unter Berufung auf wicklung des Vorgangs des Erwerbs von Gerling ein Vorkaufsrecht Anfechtungsklage ein. Über durch den Flick-Konzern dargelegt und bemerkt, Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 daß diese Reinvestitionen rechtzeitig bis zum Frist- Hand nehme, und bemerkte: „Er und seine Versi- ablauf am 31. Dezember 1978 durchgeführt sein cherungsabteilung machen alles mit." Das körper- würden. Nach vertraulichen Informationen werde schaftsteuerrechtliche Problem habe Matthöfer po- im Bundesfinanzministerium geprüft, ob steuer- sitiv entschieden; dies werde Düsseldorf mitgeteilt rechtliche Probleme durch eine bestimmte Fallge- werden. staltung vermieden werden könnten. - Im Bundesfinanzministerium ging im September In einer Vorlage des Referats „Versicherungswirt- 1978 die zustimmende Vorlage des Referats „Versi- schaft" des Bundesfinanzministeriums für den zu- cherungswirtschaft" an das zuständige Referat in ständigen Abteilungsleiter, Ministerialdirektor der Steuerabteilung; dort wurde nach einer vorläu- Dr. Hans-Herbert Weber, wurde Zustimmung zu figen Prüfung vermerkt, Bedenken aus steuerlicher dem Gerling-Antrag empfohlen. Das Referat schloß Sicht seien nicht erkennbar. Ministerialdirigent sich dabei im wesentlichen der Stellungnahme des Dr. Adalbert Uelner, der später erhebliche Beden- Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen ken gegen den Antrag vorbrachte, hat als Zeuge vor an. dem 1. Untersuchungsausschuß darauf hingewie- sen, daß ihm dieser Vermerk damals nicht vorgelegt Ministerialdirektor Dr. Hans-Herbert Weber ver- worden sei. merkte auf der Vorlage am 17. August 1978: „Diese Sache ist inzwischen bis zum Minister ge- langt und so gut wie positiv entschieden. BMWi 228 ist so informiert." Der Vergleich zwischen Dr. Hans Gerling Bei der Staatsanwaltschaft Bonn hat er dazu ausge- und dem Flick-Konzern sagt, er habe nach seiner Erinnerung einer Abtei- lungsleitersitzung entnommen, daß Bundesminister Nach intensiven Verhandlungen kam es am 2. No- Hans Matthöfer den Antrag gekannt habe; er vember 1978 zu einer Einigung zwischen Dr. Hans schließe nicht aus, daß er damals den Eindruck ge- Gerling und dem Flick-Konzern. Eberhard von habt habe, daß der Minister in dieser Angelegenheit Brauchitsch hatte am 31. Oktober 1978 bereits Bun- bereits eine positive Entscheidung getroffen habe, desminister Dr. Otto Graf Lambsdorff „über die we- ohne daß ihm dieses Votum des Referats „Versiche- sentlichen Konturen des sich abzeichnenden Ger- rungswirtschaft" vorgelegen habe. Andererseits hat ling-Vergleichs" unterrichtet; er vermerkte über das er sich nicht daran erinnern können, bereits vor Gespräch: „Lambsdorff hat erklärt, daß er einen sol- dem 1. März 1978 ein Gespräch mit Matthöfer zu chen Vergleich positiv begleiten würde." diesem Antrag geführt zu haben. Er hat es für mög- Inhalt des Vergleichs war im wesentlichen, daß die lich gehalten, daß sich Staatssekretär Manfred anhängigen Klagen zurückgenommen wurden und Lahnstein bei ihm nach dem Standpunkt der Versi- man sich auf eine Kapitalerhöhung bei der GKB cherungsabteilung erkundigt habe. Möglicherweise um 60 statt um 40 Millionen DM auf insgesamt deute seine Notiz vom 17. August 1978 darauf hin, 140 Millionen DM verständigte. Zugleich wurde daß er erstmals zu diesem Zeitpunkt erfahren habe, Dr. Hans Gerling bis zum 30. Juni 1981 zum Vor- die Sache sei dem Minister bereits geläufig, und standsvorsitzenden der GKB bestellt; in den folgen- daß er darüber verwundert gewesen sei, daß die den drei Jahren sollte er den Aufsichtsratsvorsitz Angelegenheit „so gut wie positiv entschieden" sei. übernehmen. Eberhard von Brauchitsch bat, da er selbst verhin- 227 dert war, einen anderen Geschäftsführer des Flick Konzerns, den Präsidenten des Bundesaufsichts- Das „Hearing" im Bundesfinanzministerium amts für das Versicherungswesen, Dr. Walter Rie- am 10. August 1978 ger, über den wesentlichen Teil des Vergleichs zu informieren „und möglichst eine zustimmende Er- Bei dem Hearing im Bundesfinanzministerium am klärung von ihm, Rieger, zu provozieren." Entspre- 10. August 1978 wurde auch der Antrag betreffend chend einer Anregung von Dr. Otto Graf Lambs- Gerling erörtert. Vorbehaltlich der Zustimmung von dorff, Hans Matthöfer zu unterrichten, bat von Bundesminister Hans Matthöfer werde das Bun- Brauchitsch diesen Geschäftsführer ferner, auch desfinanzministerium, notierte Oberregierungsrat dafür Sorge zu tragen. Dr. Holger Berndt vom Bundeswirtschaftsministe- rium in einer Ministervorlage vom 11. August, vor- aussichtlich keinen Einspruch gegen die von Lan- 229 desfinanzminister Dr. Diether Posser beabsichtigte Lösung bezüglich des § 39 Körperschaftsteuerge- Erneute Bemühungen in der SPD setz einlegen. um gesetzliche Einschränkungen Aus einem Gespräch mit Bundesminister Hans Im Herbst 1978 setzten wieder verstärkt Bemühun- Matthöfer vom 15. August 1978 notierte Eberhard gen von Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion von Brauchitsch zu dem Gerling-Antrag, der Mini- zur Einschränkung von § 6 b EStG und § 4 AIG ein. ster habe ihm erneut bestätigt, daß sein Haus in Schon die bei der Darstellung des 2. Antragsblocks hohem Maße daran interessiert sei, daß der Flick erwähnte Notiz von Manfred Nemitz vom 9. August Konzern die Führung des Gerling-Konzerns in die 1978 hatte von der „Vorbereitung einer Diskussion Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode in der SPD-Fraktion" gesprochen; Günter Mark- Und so richtig kann sich mit einer guten Bonner scheffel hatte am selben Tage von der „Fleißaufga- Hornhaut ausgestattet auch niemand mehr be- be" eines Mannes im Bundesfinanzministerium „zu- sonders aufregen, wenn Veräußerungsgewinne gunsten linker SPD-Abgeordneter" berichtet. Die nur deswegen unversteuert bleiben, weil man unverändert kritische Einstellung insbesondere des sich damit in einem amerikanischen Mischkon- Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme zern einkauft, bzw. die Anlage erhöht. gegenüber den Anträgen des Flick-Konzerns ergibt sich aus der schon zitierten Notiz von Eberhard von Dennoch wird gerade an diesem Vorgang deut- Brauchitsch über sein Gespräch mit ihm vom lich, daß sich der § 6b EStG in seiner jetzigen 7. September 1978, wonach Dr. Böhme insoweit auf Form für das Parlament zu einer Zumutung aus- den SPD-Landesverband Baden-Württemberg und wächst. Sicherlich hat diese Regelung in vielen damit auf Dr. Erhard Eppler höre und er, von Brau- kleineren Fällen den volkswirtschaftlichen Struk- chitsch, ihm ein „Privatissimum" angeboten habe. turwandel sinnvoll flankiert. Aber es ist geradezu grotesk, wenn heute die Subventionierung priva- Der SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Gobrecht ter Investitionsentscheidungen über die Ausga- verlangte am selben Tage in einem Aufsatz im benseite der öffentlichen Haushalte jederzeit auf „Vorwärts", die „Lehren aus dem Fall Flick" zu zie- ihren wirtschaftspolitischen Sinn abgeklopft wer- hen und § 6 b EStG zu streichen oder zumindest den kann, während der Parlamentarier aber bei eine Höchstgrenze für die Begünstigung von Veräu- Nachfrage in wichtigen Subventionsfällen im ßerungsgewinnen, maximal 20 Millionen DM, einzu- Rahmen des § 6 b EStG mit dem lapidaren Ver- führen. Zudem erkundigte sich Gobrecht Ende Sep- weis auf das Steuergeheimnis abgespeist wird. tember 1978 in einer Frage für die Fragestunde des Eine im Ansatz durchaus sinnvolle Regelung Deutschen Bundestages nach den durch § 6 b EStG wird dadurch insgesamt unnötigerweise anrü- verursachten Steuerausfällen sowie nach der Zahl chig. Es ist einfach nicht einzusehen, warum § 6b der erteilten Bescheinigungen bei Veräußerungs- EStG nicht dahingehend geändert wird, gewinnen von über 20 Millionen DM bzw. über 100 Millionen DM. — daß in größeren Subventionsfällen die Ent- scheidung der Exekutive durch einen beste- Wenig später fragte der SPD-Bundestagsabgeord- henden Parlamentsausschuß unter Wahrung nete Dr. Dieter Spöri die Bundesregierung, was des Steuergeheimnisses überprüft wird, nach ihrer Auffassung noch wirtschaftspolitisch die Möglichkeit begründe, Veräußerungsgewinne nach — daß die nebulösen Förderkriterien in § 6 b § 4 AIG steuerfrei beispielsweise in den USA anzu- EStG für derartige Fälle konkretisiert wer- legen, obwohl diese Kapitalanlagen schon wegen den, des sinkenden Dollarkurses attraktiv seien. — daß in die Entscheidung über großdimensio- nierte Fälle einer steuerbefreiten Wiederan- Sehr kritisch äußerte sich Dr. Dieter Spöri auch in lage a la Flick künftig neben dem Finanzmi- dem Artikel „Flick`s Grace-Anlage erneut steuer- nister die für Strukturpolitik zuständigen Ka- frei? Vorschläge zur Reform des § 6 b Einkommen- binettsmitglieder gleichebnig eingebunden steuergesetz (EStG)" im „Sozialdemokratischen werden. Pressedienst Wirtschaft" vom 10. Oktober 1978. Er schrieb: Der Bericht über § 6 b EStG der Bundesregierung schlummert nunmehr seit annähernd zwei Jah- „Wenn die Flick-Gruppe für 255 Millionen Dollar ren in der Ablage der Abgeordneten. Wenn sich ihre 12prozentige Beteiligung an dem amerikani- die Bundestagsfraktionen dazu durchringen schen Mischkonzern Grace von 12 auf 31 Prozent könnten, endlich diesen Bericht parlamentarisch aufstocken will, ist das an sich kein dramatischer zur Kenntnis zu nehmen, wäre eine Reform des Vorgang. Wenn aber damit gleichzeitig einer der § 6b EStG überfällig." spektakulärsten Steuerspar-Coups der Nach- kriegsgeschichte abgerundet werden soll, müßte Der SPD-nahe „Parlamentarisch-Politische Presse- man eigentlich hellhörig werden. Denn es leuch- dienst" gab am 24. Oktober 1978 kritische Anmer- tet eben nicht jedem ein, warum auch die Anlage kungen der „Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher" des restlichen Gewinnhappens aus dem Verkauf wieder. Unter der Überschrift „Verbraucher zahlen des Flickschen Daimler-Pakets im Sinne des § 4 Auseinandersetzung Flick/Gerling" heißt es dort: Auslandsinvestitionsgesetz — analog zu § 6 b „Die vom Flick-Konzern angestrebte Mehrheits- EStG — „volkswirtschaftlich besonders förde- beteiligung im Gerling-Versicherungskonzern rungswürdig und geeignet ist, der internationalen kann zu einer Erhöhung der bisher niedrigen Arbeitsteilung oder einer verstärkten weltwirt- Gerling-Versicherungsprämien und zu erhebli- schaftlichen Verflechtung zu dienen." chen Steuerausfällen führen. Darauf hat die Ar- Sicherlich kann der Bundesminister für Wirt- beitsgemeinschaft der Verbraucher (AGV) am schaft jederzeit „im Benehmen mit dem Bundes- Dienstag in Bonn hingewiesen und zugleich die minister der Finanzen" — wie es in § 6 b EStG Regierung aufgefordert, ihre Rolle bei den Aus- und § 4 Auslandsinvestitionsgesetz gefordert wird einandersetzungen zwischen Gerling und Flick — der Flick-Anlage den Steuerablaß ausfertigen, öffentlich zu erläutern. Die AGV vermutet, daß wenn er nur will. Und eine schöne Begründung, die Verbraucher beim ,Kampf Gerling/Flick` als daß die Transaktion volkswirtschaftlich beson- ,Steuerzahler und Verbraucher zweimal` drauf- ders förderungswürdig ist, findet sich allemal. zahlen." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Anlaß für die Kritik der Verbraucherorganisation 230 sei, wurde in dem Artikel weiter bemerkt, der § 6 b des Einkommensteuergesetzes. Parlamentarische Anfragen von SPD-Bundestagsabgeordneten im Zwei Tage später, also am 26. Oktober 1978, meldete November und Dezember 1978 der „SPD-Pressedienst Wirtschaft" unter der Über- schrift „SPD-Initiative zu mehr Steuergerechtig- Unter Berufung auf das Steuergeheimnis verwei- keit": gerte die Bundesregierung wiederum Detailaus- künfte auf Fragen der SPD-Bundestagsabgeordne- „Vielleicht schon in der nächsten Sitzung der ten Hajo Hoffmann (Saarbrücken) und Dr. Dieter SPD-Bundestagsfraktion soll eine Reform des Spöri vom November bzw. Dezember 1978, in denen § 6 b Einkommensteuergesetz erörtert und eine nach den Anträgen des Flick-Konzerns im allgemei- parlamentarische Debatte über den mittlerweile nen und den Anträgen betreffend Grace im beson- zwei Jahre alten Erfahrungsbericht der Bundes- deren gefragt und zu erkennen gegeben wurde, daß regierung vorbereitet werden. Stein des Anstoßes man weder den Verkauf der Daimler-Aktien noch sind die Aktivitäten des Flick-Konzerns zur Er- die Wiederanlagen für ein „volkswirtschaftlich be- langung einer Steuervergünstigung bei der Wie- sonders förderungswürdiges Geschäft" halte. deranlage seiner Erlöse aus dem Verkauf des Daimler-Aktienpakets. Bei der Einschränkung der steuerbegünstigten Übertragung von Kapital- Das gleiche gilt für eine Frage des Bundestagsabge- anlage geht es vor allem darum, die ursprüngli- ordneten Dr. Dieter Spöri vom Dezember 1978, der che Absicht des § 6 b zu gewährleisten: Kapital- um Auskunft bat, ob die Bundesregierung das Um- transaktionen mittleren und kleinerer Unterneh- strukturierungsziel der Flick-Gruppe im Falle der men zu erleichtern, Liquidität zu sichern." Beteiligung am Gerling-Konzern vor dem Hinter- grund des Antrags des Flick-Konzerns nach § 6 b EStG für einen „volkswirtschaftlich besonders för- Am 27. Oktober 1978 stimmte die „ZEIT" mit einem derungswürdigen" Vorteil halte. Artikel unter der Überschrift „Ein Hauch von Skan- dal" in die Kritik an der Anwendung des § 6 b EStG auf Anträge des Flick-Konzerns ein. Da immer wieder nach diesen Vorgängen gefragt wurde, obwohl die Bundesregierung wegen des Zwei Wochen später, am 9. November 1978, griff der Steuergeheimnisses konkrete Auskünfte verwei- „stern" in einem Artikel mit der Überschrift „Der gern mußte, notierte Staatssekretär Dr. Otto Trick von Flick" das Thema auf. Er zitierte den Schlecht bei einer dieser Fragen: SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri mit den Worten: „Ich habe nichts gegen den § 6 b, aber „M. E. sollte auf solche Fragen auch mal gesagt Flick hat den Paragraphen pervertiert". Mit ihrer werden, daß der Fragesteller -den Vertreter der Auffassung stünden allerdings, heißt es weiter, „der Bundesregierung dazu auffordert, gegen Gesetze Flick-Frondeur Spöri und seine gleichgesinnten des Dt. Bundestages zu verstoßen!" Freunde im SPD-Arbeitskreis ,Steuern` auf verlore- nem Posten", zumal Dr. Rolf Böhme nach seinem Er setzte hinzu, was der Fragesteller mache, sei Aufstieg zum Parlamentarischen Staatssekretär die „einfach unverschämt!" Sache „differenzierter" sehe: „Als Parlamentarier kann man auf die Pauke hauen. An der Spitze des Aus einem Vermerk von Fritz Wacker vom 13. De- Ministeriums bin ich der Staatsraison unterwor- zember 1978 ergibt sich, daß Ministerialrat Dr. Wolf- fen." gang Mühl zur Vorbereitung einer Antwort der Bundesregierung auf die Frage des SPD-Abgeord- Im „Sozialdemokratischen Pressedienst Wirtschaft" neten Dr. Dieter Spöri für die Fragestunde des Bun- vom 30. November 1978 hieß es: destages bei ihm angerufen habe, „um mit uns ab- zustimmen, ob in die Beantwortung ein Satz aufge- ,Lex Flick': SPD-Fraktion beginnt mit Reform des nommen werden' kann, der bei Berufung auf das § 6b EStG ... Die SPD-Bundestagsfraktion zieht Steuergeheimnis ... eigentlich nicht ausgesprochen nun endlich die Konsequenz aus dem Fall Flick. werden darf". Bei der Erläuterung der Steuerbe- Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des MdB scheinigung zu Grace II sei es „den Herren im Bun- Dieter Spöri (seit langem für eine Änderung des deswirtschaftsministerium gerade auf die Heraus- 6 b) soll untersuchen, wie — unter Wahrung des stellung der ,Kohletechnologie`" angekommen, Steuergeheimnisses — eine Kontrollmöglichkeit „weil wichtige Teile der SPD-Fraktion gegenüber der 6 b-Steuerfälle durch Parlamentarische Gre- diesem Arbeitsgebiet sehr aufgeschlossen" seien. mien gewährleistet werden kann. Ferner sollen Er, Fritz Wacker, habe sich damit einverstanden konkrete Entscheidungskriterien für die Geneh- erklärt, daß ausgeführt werde, daß bei der Beschei- migung einer Kapitalanlage entwickelt werden. nigung die technologische Kooperation, insbeson- Der Plan, für förderungswürdige Anlagen eine dere auch auf dem energiepolitisch wichtigen Ge- Obergrenze einzuführen, wurde erst einmal fal- biet der Kohletechnologie, eine wesentliche Rolle lengelassen. Zur Arbeitsgruppe gehören außer gespielt habe, obwohl der Begriff „Kohletechnolo- Spöri die Abgeordneten Gunter Huonker, Horst gie" von Dr. Friedrich Karl Flick aus bestimmten Gobrecht, Dieter Kühbacher und Lauritz Laurit- Gründen in seinem Vortrag vor der Pressekonfe- zen." renz weggelassen worden sei. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

231 einer Notiz vom 13. Oktober 1978 für Dr. Friedrich Karl Flick fest: Der Antrag betreffend US Filter (USF) „Betr.: 6b/4 allgemein — US Filter insbesondere Als zweiten Antrag innerhalb des dritten Antrags- Heute hat sich bei mir in Wörishofen Staats- blocks übersandte der Flick-Konzern am 11. Okto- - ber 1978 dem Bundeswirtschaftsministerium den sekretär Dr. Schlecht telefonisch gemeldet, und zwar gleichzeitig im Auftrag seines Ministers. Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 AIG für den Erwerb von Aktien der United States Schlecht erklärte mir, daß er und sein Minister Filter Corporation (USF), New York, zum Preis von etwas verwundert darüber seien, daß der Antrag insgesamt rd. 250 Millionen DM. Die Aktien waren US Filter eingereicht worden sei, nachdem doch überwiegend bereits gekauft worden; ein weiterer ein Gentleman Agreement bestanden habe, dem- Teil sollte Ende 1978 hinzugekauft werden. zufolge mit weiteren Anträgen nicht zu rechnen sei, wenn jetzt der ,2. Geleitzug' voll durchläuft. In der Begründung wurde ausgeführt, bei der USF Das müsse insbesondere deshalb gelten, weil in- handele es sich um eine Unternehmensgruppe, die zwischen noch Gerling dazugekommen sei. Wenn vornehmlich auf den Gebieten Energie und Um- man einmal unterstellt, daß US Filter und Gerling weltschutz tätig sei. Die beiden Unternehmen hät- — letzteres in vollem Volumen — 6b/4-fähig ge- ten in einem Kooperationsabkommen vereinbart, macht werden, dann bleibt für eine Versteuerung „unter Nutzung ihres jeweiligen Know-how auf dem aus dem Daimler-Paket kaum noch etwas übrig. Engineering-, Produktions- und Marketing-Gebiet zusammenzuarbeiten". Ferner sei eine Zusammen- Ich habe Schlecht gesagt, daß wir das Gentleman arbeit zwischen USF und dem Flick-Tochterunter- Agreement dahin gehend verstanden hätten, daß nehmen PCV geplant, insbesondere in den Berei- dem Daimler-Buchgewinn der Mh-Buchgewinn chen Energie, Umweltschutz und Kohleveredelung. zugeschlagen wird und daß aus beidem zusam- Weitere Kooperationen seien zwischen dem Flick men eine steuerpflichtige Rücklagenauflösung Tochterunternehmen Krauss-Maffei und USF auf gezeigt werden müsse, die mindestens einen dem Gebiet der Verfahrenstechnik vorgesehen. Der namhaften 3stelligen Millionen-Steuerbetrag aus- Flick-Konzern leitete dem Bundeswirtschaftsmini- löst. Bei diesem Programm bleibt es, auch wenn sterium umfangreiche Informationen über die USF US Filter und Gerling genehmigt werden. zu und wies darauf hin, daß er dort mit drei, später vier Board-Mitgliedern vertreten sei. Unsere seinerzeitige Wohlwollenserklärung über eine ,Limitierung` unserer 6b/4-Anträge sei im Die ursprüngliche Absicht von Fritz Wacker, den übrigen zu einem Zeitpunkt erfolgt, als wir noch Antrag persönlich Ministerialrat Dr. Wolfgang andere Wiederanlageobjekte im Kopf hatten, die Mühl zu übergeben, ließ sich wegen dessen Erkran- inzwischen ,gestorben` sind, während weder von kung nicht verwirklichen. Wacker erläuterte daher US Filter noch von Gerling die Rede gewesen in einem Zusatzschreiben an ihn, warum ihm sei. „keine andere Wahl" geblieben sei, als den Antrag Hinsichtlich Gerling seien wir uns ja klar, daß die ohne Vorgespräche zu präsentieren. Genehmigung in jedem Fall erfolgt, wenn wir mit Beides — das Antragsschreiben sowie das Zusatz- Gerling einig sind. Allerdings müsse ich schon schreiben vom 11. Oktober 1978 — versah Dr. Mühl jetzt darauf aufmerksam machen, daß wir durch mit einem Eingangsvermerk vom 13. Oktober 1978. Fristgründe diese Wiederanlage Gerling ganz oder teilweise nicht aus dem Daimler-Erlös, son- Schon am 12. Oktober 1978 hatte der Mitarbeiter dern aus dem Mh-Erlös finanzieren. (Die Mh- von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl, Oberregie- Frist laufe bekanntlich erst später aus als am rungsrat Dr. Holger Berndt, in einer Vorlage für 31. 12. 1978.) Staatssekretär Dr. Otto Schlecht vermerkt, man habe „überraschend" diesen neuen Antrag erhalten; Hinsichtlich US Filter könnte ich nur dringend er widerspreche „den mehrmaligen Zusagen der empfehlen, sich zunächst einmal sachlich mit Vertreter der Flick KG", den Veräußerungsgewinn dem Antrag auseinanderzusetzen. Dann würde nicht voll zu reinvestieren, es sei denn — wie man merken, um welch ungeheuer technologi- Dr. Berndt hinzufügte —, daß der Antrag — was sche Akquisition im Interesse der deutschen nicht ersichtlich sei — als „Ablehnungsantrag" ge- Volkswirtschaft es sich dort handelt. dacht sei. Diese Stelle wurde von Staatssekretär Dr. Auf den Hinweis von Schlecht, daß es bei einem Otto Schlecht mit einem Ausrufezeichen und einem weiteren § 4-Antrag mit Sicherheit Ärger mit dem Fragezeichen versehen. ,Nachbarhaus` gäbe, habe ich erwidert, daß ich es für völlig ausgeschlossen halte, daß eine solche einmalige Chance wie US Filter aus politischen 232 Gründen abgelehnt wird, denn sachlich gäbe es hier mit Sicherheit nichts abzulehnen. Telefonat von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht mit Eberhard von Brauchitsch vom 13. Oktober 1978 Wir sind so verblieben, daß sich Schlecht sach- kundig macht und ggfs. wieder auf uns zukommt. Bereits am 13. Oktober 1978 rief Staatssekretär Er hat allerdings für sich in Anspruch genom- Dr. Otto Schlecht Eberhard von Brauchitsch in des men, daß die Bearbeitung des Antrages etwas sen Kurort an. Eberhard von Brauchitsch hielt in Zeit erfordert." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Während von Brauchitsch das in seiner Notiz er- 1978 über den Gerling-Vergleich unterrichten las- wähnte „Gentleman's Agreement" vor dem 1. Unter- sen. Dr. Otto Graf Lambsdorff habe die Darlegun- suchungsausschuß bestritten hat, hat der Zeuge gen dahin gehend kommentiert, damit sei ja wohl Dr. Schlecht betont, es habe etwa 1977 eine entspre- alles vernünftig gelaufen. Von Brauchitsch schloß chende Zusage von Brauchitschs „aus eigenem Wil- seine Notiz mit den Worten: len", eine „Selbstbeschränkungserklärung" ohne - „rechtsverbindlichen Wert" gegeben, die man „Lambsdorff, der offenbar über unseren Gerling „dankbar angenommen" habe; der USF-Antrag sei Akten saß, erklärte, daß dann j a die Sache bei aber darüber hinausgegangen. ihm wohl auch vorangehen könnte, wenn alle De- tails in seinem Haus vorliegen." Am 24. November 1978 wurde von Dr. Friedrich 233 Karl Flick folgendes zum Thema Gerling notiert: „3er Gespräch: F. J. Das Kartellproblem bel US Filter F. K. Die Bearbeitung des Antrages wurde im Bundes- Rieger" wirtschaftsministerium einstweilen zurückgestellt, Demnach war ein Gespräch zwischen Franz Josef weil bekannt wurde, daß die Beteiligung des Flick Strauß, Dr. Friedrich Karl Flick und Dr. Walter Rie- Konzerns an US Filter zunächst unter Treuhand- ger erwogen worden. Nach Aussage Dr. Walter Rie- schaft gestellt worden war; Fritz Wacker hatte dies gers und Eberhard von Brauchitschs fand ein derar- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl bestätigt. tiges Gespräch allerdings nicht statt. Wegen des Kartellproblems bei US Filter als Folge der gleichzeitigen Beteiligung an Grace wurde im Flick-Konzern schon damals eine „Ersatzinvesti- tion" für einen Antrag nach § 4 AIG erwogen. 235 Dr. Hanns Arnt Vogels hielt in einer Notiz fest, er halte eine solche Überlegung aus verschiedenen Bilanz-Pressekonferenz des Flick-Konzerns Gründen für unrealistisch, gab aber zu erwägen, am 30. November 1978 den US Filter-Antrag zurückzuziehen und statt des- sen einen Antrag nach § 6 b EStG, also für eine Die Bilanz-Pressekonferenz des Konzerns am Beteiligung an einem deutschen Unternehmen, ein- 30. November 1978 nutzte Dr. Friedrich Karl Flick zubringen. Er meinte dazu: „Der Tausch paßt dann zu einem längeren Vortrag über die „Neuordnung der Gruppe Flick", in dem alle Argumente noch ein- sicher besser in die Bonner Landschaft." mal zusammengestellt waren. Er skizzierte die „Ausgangslage in der ersten Hälfte der 70er Jahre" und erläuterte, es sei damals aus verschiedenen 234 Gründen allgemein zu einem Ertragsrückgang ge- kommen und der Konjunkturrückgang habe die Besuch von Eberhard von Brauchitsch Strukturmängel der Wirtschaft sichtbar gemacht. bel Bundesfinanzminister Hans Matthöfer Aus diesem Grunde habe man rasch handeln müs- am 15. November 1978 und weitere Gespräche sen, um den Fortbestand der Unternehmen zu sichern. Dr. Flick verdeutlichte dies anhand von Bei dem Besuch von Eberhard von Brauchitsch bei Beispielen aus den Tochterunternehmen. Er meinte Bundesminister Hans Matthöfer am 15. November weiter, die Geschäftstätigkeit der Firma sei bisher 1978 sprachen beide — einer Notiz von Brau- auf die Bundesrepublik konzentriert gewesen. Die- chitschs vom 17. November 1978 zufolge, die „im sen „Rückstand im internationalen Geschäft" habe Nachgang" zu einer anderen Notiz über das Ge- er als „besonders schwere Belastung der geschäftli- spräch abgefaßt wurde — auch über den Antrag chen Zukunft" seines Hauses betrachtet, dem daher betreffend USF. Von Brauchitsch vermerkte: „Stagnation und langfristiger Niedergang" gedroht hätten. Daher habe man grundlegende unterneh- „Matthöfer fragte mich am Schluß des Gesprä- menspolitische Entscheidungen treffen müssen, ches: ,Wieviel Steuern zahlen Sie denn nun?' insbesondere zur Beseitigung von Strukturmängeln Ich habe wie folgt geantwortet: ,Bekanntlich be- sowie durch Erschließung neuer Absatzmärkte trachten wir Daimler und Maxhütte als ein Paket durch Ausdehnung des internationalen Geschäfts. und glauben unverändert, daß wir eine dreistel- Da der finanzielle Spielraum dafür zu eng gewesen lige Millionenzahl an Steuern zahlen werden. Wir sei, habe „das bis dahin Undenkbare" geschehen werden das in einer abgestimmten Form der Öf- müssen, nämlich der Verkauf des größeren Teils fentlichkeit mitteilen, ohne Einzelheiten zu nen- der Daimler-Benz-Aktien. Diese Beteiligung sei nen, um die Frage des Steuergeheimnisses nicht zwar sehr gesund, aber renditeschwach gewesen. zu strapazieren.' Wesentliche Voraussetzung für diese Entscheidun- Matthöfer hat diese Erklärung wohlwollend zur gen sei allerdings die Existenz des § 6 b EStG und Kenntnis genommen." des § 4 AIG gewesen. Auch die 1975 in Kraft getre- tene Vermögensteuernovelle habe diesen Schritt er- Inzwischen hatte sich Bundesminister Dr. Otto Graf leichtert. Dr. Friedrich Karl Flick betonte, die dama- Lambsdorff bei Eberhard von Brauchitsch einer ligen Gerüchte, er habe mit diesem Aktienverkauf Notiz von diesem zufolge etwa Mitte November die Trennung seines Hauses von der Bundesrepu- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode blik einleiten wollen, entbehrten jeder Grundlage; ferenz mit den Ergebnissen der Flick-Anträge wür- es gelte unverändert seine frühere Erklärung, wo- den die Diskussion über § 6 b EStG und § 4 AIG wie- nach die Bundesrepublik seine Heimat und die Hei- der aufleben lassen. Vermutlich werde dies auch im mat seiner Gruppe bleiben werde. Er gab detail- AK II angesprochen werden, zumal am 6. Dezember lierte Erläuterungen zum internationalen Geschäft im Finanzausschuß der Subventionsbericht der — Grace und USF — sowie zu den Anstrengungen Bundesregierung,- der auch § 6 b EStG als Subven- bei der Kohleveredelung, Energieeinsparung und in tion aufführe, auf der Tagesordnung stehe. Sodann anderen Bereichen. Zu USF bemerkte er, die Über- wurden die Funktionen der gesetzlichen Vorschrif- tragung der Beteiligung auf einen Treuhänder sehe ten erläutert und einige „Stichworte zur bisherigen man als eine vorübergehende, in den USA übliche Diskussion" gegeben. So habe das Bundesfinanzmi- Vorsichtsmaßnahme an; vermutlich werde man das nisterium in seinem Erfahrungsbericht über § 6b Kartellproblem in naher Zukunft lösen können. Zu EStG die Auswirkungen der Vorschrift positiv beur- Gerling meinte er, mit dem Engagement habe man teilt. Kritik komme vor allem aus den Reihen der einen „wirkungsvollen Beitrag zur Erhaltung einer SPD — Dr. Rolf Böhme, Dr. Uwe Jens, Erich Meini- offenen Wettbewerbsstruktur in wichtigen Teilen ke, Dr. Dieter Spöri — unter Hinweis auf die Flick der Versicherungsbranche geleistet". Insgesamt Anträge. Der Hamburger SPD-Parteitag 1977 habe werde sich die Ertragskraft des Hauses Flick lang- einschränkende Konkretisierungen und eine Erset- fristig im Vergleich zur früheren 39 %igen Daimler zung der fachlichen Prüfung durch eine politische Beteiligung erhöhen. Dr. Flick betonte, „daß auch Entscheidung des Parlaments gefordert. Die beiden der Fiskus nicht leer ausgehen wird". Es sei von Forderungen stünden in einem gewissen Wider- vornherein nicht beabsichtigt gewesen, den gesam- spruch zueinander; die Folge wäre zudem eine Ver- ten Veräußerungserlös steuerbegünstigt zu reinve- mischung von Legislative und Exekutive. Im übri- stieren. Man werde einen dreistelligen Millionen- gen gebe es keine „abstrakt definierbaren Einzel- betrag in Form von Steuern abführen, insoweit also kriterien", „die unabhängig von der tatsächlichen nicht wieder anlegen. wirtschaftlichen Entwicklung allein aus sich heraus und für immer einen erschöpfenden Maßstab abge- Am 4. Dezember 1978 sprach Fritz Wacker nach ben können." einer Notiz von ihm mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl über die Flick-Pressekonferenz, über weitere Abschließend wies der Vermerk darauf hin, die Ergänzungen zum Gerling-Antrag sowie den ge- deutlich gewordenen Vorbehalte gegen den Ent- planten Antrag betreffend PCV. Er habe, hielt scheidungsspielraum der Exekutive seien insoweit Wacker fest, den Hinweis von Dr. Mühl bestätigt, verständlich, als die Exekutive wegen des Steuerge- daß der USF-Antrag wegen der Treuhandschaft heimnisses den einzelnen Fall und die Entschei- nicht vorangetrieben werde. dungsgründe nicht dem Parlament und der Offent- lichkeit darlegen dürfe. Kontrollrechte des Bundes- tages seien durch die Prüfungen des Bundesrech- nungshofs gegeben; eine direkte Kontrolle durch 236 den Bundestag müßte als Ausnahmeregelung vom Steuergeheimnis beschlossen werden. Denkbar sei Information von F.D.P.-Politikern; auch, daß der Flick-Konzern das Ministerium vom Beratung im Bundestagsfinanzausschuß Steuergeheimnis entbinde mit dem Ziel, daß die Nach Telefonaten zwischen Eberhard von Brau- Einzelheiten einem kleinen parlamentarischen Ob- chitsch und der F.D.P.-Bundestagsabgeordneten männergremium vorgetragen würden; der Minister Liselotte Funcke sowie Fritz Wacker und dem Par- habe gegen diesen Vorschlag aber Bedenken ange- lamentarischen Staatssekretär Martin Grüner vom meldet. Bundeswirtschaftsministerium leitete von Brau- chitsch Frau Funcke Materialien über die Beschei- Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff ver- nigungsverfahren zu, die sie vermutlich für eine Fi- merkte auf der Vorlage: nanzausschußsitzung des Deutschen Bundestages am 6. Dezember 1978 erbeten hatte, nämlich eine „Welche Anträge liegen noch vor? Wieviel wird Kurzdarstellung der „drei Geleitzüge" sowie das versteuert? Am 8. 12. mit nach Düsseldorf." Manuskript des Vortrags von Dr. Friedrich Karl Flick in der Bilanz-Pressekonferenz. Über die Finanzausschußsitzung vom 6. Dezember 1978 berichtete Dr. Heribert Blaschke in einer Notiz Für die Sitzung des Arbeitskreises „Wirtschafts- für Eberhard von Brauchitsch, nach seinen Infor- und Finanzpolitik" — AK II — der FDP-Bundes- mationen sei dort § 6 b EStG nicht erörtert worden. tagsfraktion fertigte Oberregierungsrat Dr. Holger Im übrigen bemühten sich offenbar einige Abgeord- Berndt eine Ministervorlage vom 4. Dezember 1978 nete, insbesondere Dr. Dieter Spöri, um eine Ände- mit dem Betreff: „Erwartete Diskussion um § 6 b rung des § 6 b EStG. Dr. Spöri habe wohl weniger EStG/§ 4 AuslInvG als Folge der Bekanntgabe der eine Begrenzung im Auge, sondern wolle die Grund- jüngst erhaltenen Bescheinigungen durch die Flick lagen für die Anwendung der Vorschrift erschwe- KG, Düsseldorf", die von Ministerialrat Dr. Wolf- ren. „In unserem Fall" werde nach seinen Informa- gang Mühl abgezeichnet wurde. Die Vorlage schil- tionen Dr. Rolf Böhme wohl noch einige „Pflicht- derte die bisher erteilten Bescheinigungen und be- übungen" machen müssen. Das Steuergeheimnis merkte, die für den 5. Dezember zu erwartenden bleibe gewahrt, soweit es um die Gründe für die Presseveröffentlichungen über die Flick-Pressekon Anerkennung von § 6 b EStG und § 4 AIG gehe. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

237 „Wenn ich könnte, würde ich den Hamburger An- trag befürworten. Das geht aber nicht, weil der Informationsvorlage vom 8. Dezember 1978 Partner (Lambsdorff) da nicht mitmacht. Deshalb für Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff sind auch Spöris Ausfälle gegenstandslos. Was den ,Fall Flick' anbetrifft, so habe ich deshalb mit- Zur Beantwortung der Fragen von Bundesminister gemacht, weil- ich eingesehen habe, daß die Sache Dr. Otto Graf Lambsdorff auf der Vorlage vom in jeder Beziehung in Ordnung geht. Es gibt da 4. Dezember 1978 fertigte Oberregierungsrat zwar einige Schönheitsfehler, aber die kann man Dr. Holger Berndt am 8. Dezember 1978 die erbe- dem Flick nicht anlasten. Da muß sich der Ge- tene Informationsvorlage. Er listete die bereits ge- setzgeber an die Nase fassen. Im übrigen bin ich nehmigten sowie die noch vorliegenden Anträge auf der Meinung, daß der Flick eine gute Presse hat. und kam zu dem Ergebnis, daß von dem Daimler- Dadurch werden sich auch bei uns einige Leute Benz-Aktien-Veräußerungsgewinn von 1 935 Millio- abreagieren." nen DM rund 200 Millionen DM versteuert würden. Zu dem letzten Satz von Dr. Friedrich Karl Flick auf der Pressekonferenz vom 30. November 1978, 239 man werde einen dreistelligen Millionenbetrag in Form von Steuern abführen, verwies Dr. Berndt Die Konkretisierung des VHDI-Antrages darauf, man habe nach den gegenüber dem Bundes- Am 13. Dezember 1978 teilte der Flick-Konzern dem wirtschaftsministerium abgegebenen mehrmaligen Bundeswirtschaftsministerium die letzten Einzel- Erklärungen davon ausgehen können, daß rund 500 heiten über den Erwerb von Geschäftsanteilen an Millionen DM des Veräußerungsgewinns versteuert der VHDI mit. Der Flick-Konzern hatte je rd. 65 würden; deshalb sei der Antrag zu USF „völlig über- Millionen DM von den anderen Gesellschaftern so- raschend" gekommen. wie von der „Zürich"-Gruppe erworben und sich mit Er bemerkte, nach Bekanntwerden der Entschei- mehr als 26 Millionen DM an der Kapitalerhöhung dungen über den 2. Geleitzug habe sich die Kritik bei der VHDI zur Finanzierung der Kapitalerhö- vor allem auf die Grace-Entscheidung konzentiert. hung bei der GKB beteiligt. Er war nunmehr zu Auch Liselotte Funcke habe „beim AK II" der FDP 86,1 % an der VHDI beteiligt; die VHDI ihrerseits Bundestagsfraktion deutlich gemacht, daß sie für besaß 51 % der Anteile am Gerling-Konzern, näm- diese Bescheinigung kein Verständnis habe. Es lich an dessen Obergesellschaft GKB. Im Ergebnis müsse damit gerechnet werden, daß im Zusammen- wurde die Bescheinigung für den Erwerb von Antei- hang mit bestimmten Änderungen des Einkommen- len im Nominalwert von knapp 157 Millionen DM steuergesetzes und des Auslandsinvestitionsgeset- zum Preis von ca. 210 Millionen DM beantragt. zes „von Parlamentariern die Gelegenheit genutzt wird, den § 4 AIG zumindest in seiner gegenwärti- 240 gen Form zur Diskussion zu stellen". Eine SPD Arbeitsgruppe arbeite entsprechend einem SPD- Der Antrag betreffend PCV Parteitagsbeschluß von 1977 an Änderungsvorschlä- gen. Am 15. Dezember 1978 stellte der Flick-Konzern den dritten Antrag des 3. Antragsblocks, den letzten Am selben Tag trafen Bundesminister Dr. Otto Graf Antrag im Bescheinigungsverfahren. Es ging um Lambsdorff und Eberhard von Brauchitsch bei ei- den Erwerb von Kapitalanteilen aus einer Kapital- nem Essen in einem vom Flick-Konzern gemieteten erhöhung bei der Tochtergesellschaft Projektierung Raum eines Düsseldorfer Restaurants zusammen. Chemische Verfahrenstechnik GmbH, Ratingen Über den Verlauf des Gesprächs liegen keine Auf- (PCV), zu einem Erwerbspreis von 25 Millionen DM. zeichnungen vor. In dem Anschreiben wurde darauf hingewiesen, daß die PCV sich mit Entwicklung und Vermark- tung von technologischen Verfahren für die Ener- giewirtschaft, die chemische Industrie, Umwelttech- 238 nik und weitere Bereiche befasse. Auf die Bedeu- tung dieses Unternehmens habe man bereits bei Bericht Günter Markscheffels über ein Gespräch den Anträgen Grace und USF, mit denen die PCV mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer kooperiere, hingewiesen. Inzwischen hatte Günter Markscheffel an Eberhard von Brauchitsch geschrieben, er habe mit Bundes- 241 minister Hans Matthöfer über den „Spöri-Artikel im Pressedienst" und über den „beiliegenden An- Die Informationsbereitschaft des Flick-Konzerns trag der Hamburger SPD" gesprochen. Der Unter- gegenüber den SPD-Bundestagsabgeordneten suchungsausschuß hat nicht festgestellt, um wel- Dr. Rolf Böhme und Dr. Dieter Spöri chen der entweder vom Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri stammenden oder aber ihn betref- Am 17. Dezember 1978 besuchte Dr. Otto Graf fenden Artikel es sich handelte; bei dem Antrag der Lambsdorff Eberhard von Brauchitsch in seiner Hamburger SPD dürfte ein Antrag zur Reform des Wohnung. Von Brauchitsch vermerkte darüber, Dr. § 6 b EStG gemeint gewesen sein. Nach dem Bericht Otto Graf Lambsdorff habe berichtet, daß er nach von Markscheffel reagierte Matthöfer wie folgt: der Fragestunde vom 13. Dezember den Bundes- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

tagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri getroffen habe. der 20 Weihnachtskarten mit Herrn Diehl zu spre- Dieser habe den Wunsch geäußert, ein Gespräch chen. Die Hausnummer würde noch fehlen". mit dem Flick-Konzern zu führen. Er, von Brau- chitsch, habe erwidert, daß er diesen Wunsch über- Der 1. Untersuchungsausschuß hat diesen Vorgang haupt nicht verstehe. Man habe in einer frühen zu klären versucht. Manfred Nemitz hat dazu we- Phase Dr. Dieter Spöri, wie vorher schon Dr. Rolf gen seiner umfassenden- Aussageverweigerung Böhme, zu verstehen gegeben, daß man jederzeit keine Erklärung abgegeben. Als Zeuge hat Eber- gesprächsbereit sei. Während Dr. Böhme mit ihnen hard von Brauchitsch erklärt, dazu keine näheren — Eberhard von Brauchitsch und Fritz Wacker — Auskünfte geben zu können. Er hat darauf verwie- gesprochen habe, habe Dr. Spöri nie reagiert. Dr. sen, daß Rudolf Diehl eine Adressenkartei gehabt Otto Graf Lambsdorff habe dies, notierte von Brau- habe und daß es deshalb durchaus um die Versen- chitsch, zur Kenntnis genommen. In der Sache Ger- dung von Weihnachtskarten gegangen sein könne. ling sei Dr. Spöri „negativ". Er hat erklärt, er sehe keinen Zusammenhang mit der Eintragung von Diehl vom 22. Dezember 1978 Dr. Otto Graf Lambsdorff habe erklärt, er werde „v. B. ohne Angabe ü. Nemitz 20 000", die dieser in nicht zögern, solange das Bundesaufsichtsamt für der Liste der „inoffiziellen Zahlungen an die FDP" das Versicherungswesen zu Zwecken des Wettbe- machte. werbs in der Versicherungswirtschaft eine nur durch den Flick-Konzern garantierte Kapitalauf- Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht geklärt, ob stockung für notwendig halte. Eberhard von Brau- der Eintragung von Rudolf Diehl vom 22. Dezember chitsch notierte, aus dieser Formulierung ergebe 1978 in seine Listen über inoffizielle Zahlungen sich mindestens, daß auch der Minister unverän- eine oder mehrere Barspenden an die F.D.P., einen dert Wert auf die Äußerung des Präsidenten des oder mehrere Mitglieder dieser Partei oder aber Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen etwa in Richtung einer oder mehrerer anderer Par- lege. teien zugrunde lagen. Angesichts dessen ist auch der tatsächliche Sinn des Anrufs von Manfred Ne- Aus einer Notiz des Sekretariats von Eberhard von mitz bei Eberhard von Brauchitsch vom 21. Dezem- Brauchitsch über einen Anruf von Oberregierungs- ber 1978 für den 1. Untersuchungsausschuß nicht rat Dr. Holger Berndt geht hervor, daß sich Dr. Otto aufklärbar. Graf Lambsdorff am 20. Dezember 1978 an den Ab- geordneten Dr. Dieter Spöri wandte und ihm mit- Der Flick-Konzern übermittelte 1978 Bundeskanz- teilte, von Brauchitsch stehe für ein Gespräch mit ler Helmut Schmidt zu dessen 60. Geburtstag und ihm und anderen interessierten Abgeordneten zur dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt zu dessen Verfügung. Dr. Berndt verwies auf die Bundestags 65. Geburtstag Geschenke von nicht unerheblichem Sitzungswoche vom 5. Februar 1979. Von Brau- Wert. chitsch betonte daraufhin in einem Schreiben an Dr. Spöri vom 22. Dezember 1978, das abschriftlich Nach Auffassung des 1. Untersuchungsausschusses auch Dr. Otto Graf Lambsdorff zuging, er habe zu hatte dies weder auf die Haltung von Bundeskanz- allen Zeiten nicht nur seine Gesprächsbereitschaft ler Schmidt noch auf die des SPD-Vorsitzenden signalisiert, sondern einen persönlichen Gedanken- Willy Brandt irgendeinen Einfluß. austausch für geradezu zweckmäßig erklärt. Er empfahl daher, einen Gesprächstermin zu vereinba- ren, da die weitere öffentliche Diskussion ohne 243 Kenntnis der Gedankengänge der „anderen Seite" sicherlich nicht im Interesse einer der beiden Sei- Gespräch zwischen dem Vorsitzenden ten liege. des Flick-Aufsichtsrats und dem Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Der Abgeordnete Dr. Dieter Spöri antwortete sei- Am 13. Dezember 1978 hatte sich der Vorsitzende nerseits in einem Schreiben an Dr. Otto Graf des Flick-Aufsichtsrats, Rechtsanwalt Dr. Reinhold Lambsdorff, ihm sei das Gesprächsangebot Eber- Kreile, mit dem Präsidenten des Bundesaufsichts- hard von Brauchitschs erst jetzt bekannt geworden. amtes für das Versicherungswesen Dr. Walter Rie- Er erwähnte ferner „Äußerungen" von Bundesmini- ger über den Antrag des Flick-Konzerns auf Er- ster Dr. Graf Lambsdorff „zu Möglichkeiten der teilung einer Bescheinigung gemäß § 613 EStG für Verbesserung der Abwicklung bei derartigen gro- den Erwerb von Anteilen an der VHDI im Nominal- ßen Wiederanlagefällen"; dies sei ein interessanter wert von knapp 157 Millionen DM unterhalten. Ansatzpunkt, an den er bei seinem nächsten Ge- Dr. Kreile hielt darüber in einem Aktenvermerk, spräch mit dem Minister anknüpfen werde. der später mit handschriftlichen Anmerkungen von Dr. Friedrich Karl Flick versehen wurde, fest, es komme entscheidend darauf an, daß das Bundes- 242 aufsichtsamt für das Versicherungswesen nach dem Gerling-Vergleich keine Bedenken erhebe, da- Notiz vom Dezember 1978 mit nicht von dieser Seite die Möglichkeit gegeben werde, die besondere volkswirtschaftliche Förde- Am 21. Dezember 1978 ließ Manfred Nemitz — nach rungswürdigkeit und die Verbesserung der Unter- einer Notiz des Sekretariats von Eberhard von nehmensstruktur eines Wirtschaftszweiges zu ver- Brauchitsch — telefonisch durchgeben, er bitte neinen. Er habe Dr. Rieger eingehend die Hinter- Eberhard von Brauchitsch, „in der Angelegenheit gründe dieses Vergleichs geschildert, insbesondere Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 die andernfalls zu befürchtenden großen prozessua- Flick-Konzern und Dr. Hans Gerling getroffene Re- len Auseinandersetzungen. Dieser habe ihm berich- gelung unverändert für richtig und förderungswür- tet, daß er bereits gegenüber dem Parlamentari- dig halte. schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme erklärt habe, die neue Situation gefalle ihm zwar nicht, weil es Fritz Wacker meinte, er fasse die Notiz von nicht die von ihm erhoffte Zurückdrängung des Dr. Reinhold- Kreile über dessen Gespräch mit Dr. Gerling-Einflusses gegeben habe; eine andere Mög- Walter Rieger so auf, daß dieser das Gerling-Enga- lichkeit habe es für die Versicherungsbranche aber gement unverändert positiv begleite. Gleichwohl nicht gegeben. Im Ergebnis werde man sich daher halte er es für zweckmäßig, daß Dr. Kreile mit Dr. hinter diese Entscheidung stellen und ein entspre- Rieger Fühlung halte, „damit von Berlin aus keine chendes Votum beim Bundeswirtschaftsministe- Stellungnahme abgegeben wird, die im Bundeswirt- rium abgeben. Dr. Reinhold Kreile bemerkte ab- schaftsministerium Zweifel an der bisherigen Beur- schließend, er werde im Januar noch einmal mit teilung hervorrufen könnte". Falls Dr. Kreile fest- Dr. Walter Rieger vor der endgültigen Stellung- stellen sollte, daß Dr. Rieger nicht eindeutig positiv nahme des Bundesaufsichtsamtes für das Versiche- votieren könnte, sollte das „Dreiergespräch" geführt rungswesen sprechen. werden. Vor dem geplanten zweiten Gespräch zwischen Dr. Walter Rieger hat als Zeuge die von Eberhard Dr. Kreile und dem Präsidenten des Bundesauf- von Brauchitsch gegebene Darstellung seiner Hal- sichtsamtes für das Versicherungswesen, Dr. Rie- tung gegenüber Dr. Hans Gerling und zum Ver- ger, machten Fritz Wacker und Eberhard von Brau- gleich Gerling/Flick im wesentlichen bestätigt; die chitsch Anfang Januar 1979 Dr. Friedrich Karl Flick Formulierung „Kriegszustand" sei allerdings etwas Vorschläge, wie einer befürchteten neuen, weniger übertrieben, und er habe auch nicht gesagt, es sei positiven Stellungnahme des Bundesaufsichtsam- ihm lieber gewesen, wenn Dr. Gerling „umgebracht" tes für das Versicherungswesen vorgebeugt werden worden wäre. Er habe damals allerdings größten könne. Wacker und — ausführlicher — von Brau- Wert darauf gelegt, daß der Einfluß von Dr. Gerling chitsch schilderten in gesonderten Notizen vom im Gerling-Konzern möglichst gering bleibe oder 5. Januar 1979 die Haltung von Dr. Rieger gegen- überhaupt nicht in Erscheinung trete. Deshalb habe über Dr. Hans Gerling sowie seine ursprüngliche ihn der Vergleich, der nach wie vor einen gewissen Stellung zum VHDI-Antrag und seine Reaktion auf Einfluß von Dr. Gerling sicherte, nicht gefreut. Das den Vergleich vom 2. November 1978. sei für ihn aber kein Anlaß gewesen, seine positive Stellungnahme zu der Kapitalbeteiligung des Flick Eberhard von Brauchitsch bemerkte insoweit: Zwi- Konzerns an Gerling zu ändern. Im übrigen erin- schen Dr. Hans Gerling und Dr. Walter Rieger be- nere er sich zwar nicht, schließe aber auch nicht stehe seit langer Zeit ein „unüberbrückbarer aus, Anfang Januar 1979 darüber mit Dr. Kreile Kriegszustand"; Dr. Gerling habe es stets darauf gesprochen zu haben. angelegt, die Aufsichtskompetenz des Bundesauf- sichtsamtes für das Versicherungswesen einzu- Da auch dieser als Zeuge erklärt hat, er habe da- schränken; Dr. Rieger und seine Mitarbeiter hätten mals „Gespräche" mit Dr. Walter Rieger geführt, nie Sympathie für den „Außenseiter" gehabt. spricht vieles dafür, daß er nach seinem Gespräch Dr. Walter Rieger habe zunächst seine volle Sympa- Mitte Dezember 1978 erneut im Januar 1979 mit thie für die Übernahme der Mehrheit an der VHDI ihm sprach und dabei von dessen unverändert posi- durch den Flick-Konzern zum Ausdruck gebracht. tiver Einstellung zum Gerling-Engagement des Bei seinem Gespräch mit ihm nach Abschluß des Flick-Konzerns erfuhr. Das macht verständlich, Vergleichs habe dieser keinen Zweifel darüber ge- warum es nach den glaubhaften Aussagen von Dr. lassen, daß er es lieber gesehen hätte, wenn Rieger und Eberhard von Brauchitsch nicht mehr Dr. Gerling „umgebracht" worden wäre, habe aber zu dem in Aussicht genommenen „Dreiergespräch" anerkannt, daß das Äußerste aus der Sache heraus- zwischen Dr. Friedrich Karl Flick, Franz Josef geholt worden sei und daß insbesondere die von Strauß und Dr. Rieger kam. Dr. Rieger hat zwar — ihm, von Brauchitsch, gegenüber Dr. Rieger einge- ebenso wie Franz Josef Strauß — nicht ausge- gangene Verpflichtung zu einer Kapitalerhöhung schlossen, damals gelegentlich mit letzterem über erfüllt worden sei. Dennoch sei bei Dr. Rieger Unzu- das Flick-Engagement bei Gerling gesprochen zu friedenheit über die Gesamtlösung geblieben, weil haben; dieser habe ihn aber nicht deswegen eigens er geglaubt habe, das Hinzutreten des Flick-Kon- angerufen oder angesprochen; insbesondere habe zerns zur VHDI und zur GKB hätte die „totale Ent- er weder mit Strauß noch mit Dr. Friedrich Karl machtung" von Dr. Gerling auslösen können. Flick ein besonderes Gespräch darüber geführt. Ein Gespräch mit Strauß über das Engagement des Eberhard von Brauchitsch meinte dann weiter, er Flick-Konzerns bei Gerling aus Anlaß der kriti- glaube zwar nicht, daß Dr. Walter Rieger sich er- schen Äußerung von Dr. Rieger fand nach Feststel- folgreich gegen eine Bescheinigung nach § 6 b EStG lung des 1. Untersuchungsausschusses nicht statt. wenden könne. Gleichwohl sei es sicher nützlich, das Angebot von Franz Josef Strauß anzunehmen Am 26. Januar 1979 erfuhr Fritz Wacker nach einer oder — wenn ein Gespräch zwischen Dr. Friedrich von ihm angefertigten Notiz von Ministerialrat Karl Flick, Franz Josef Strauß und Dr. Walter Rie- Dr. Wolfgang Mühl, daß das Referat „Versiche- ger nicht unverzüglich möglich sei — Strauß zu ver- rungswirtschaft" des Bundesfinanzministeriums zu anlassen, auf schnellstem Wege Dr. Rieger mitzutei- dem am 13. Dezember 1978 ergänzten Antrag be- len, daß er die bei dem Vergleich zwischen dem treffend VHDI in einem „Non-Paper" vor einigen Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Tagen eine „tendenziell positive" Stellungnahme mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri. übermittelt habe, in die die Meinung des Bundes- Aus diesem Gespräch hielt er fest: Dr. Spöri habe aufsichtsamtes für das Versicherungswesen einge- ihm mitgeteilt, im Hinblick auf die Behandlung der arbeitet sei; Dr. Mühl sehe keine Veranlassung, die- Novellierung des § 6 b EStG und des § 4 AIG im ses Amt nochmals in Anspruch zu nehmen. Dieses Februar im Finanzausschuß- des Deutschen Bun- hatte bereits unter dem 21. Juni 1978 zum Antrag destages seien einige Kollegen und er selbst in ho- betreffend VHDI in dessen erster Fassung Stellung hem Maße daran interessiert, sich anhand empiri- genommen; diese Stellungnahme war bereits bei scher Erfahrungen sachkundig zu machen. Weiter der ersten Meinungsäußerung des Referats „Versi- habe sich herausgestellt, daß die Teilnahme mehre- cherungswirtschaft" im Bundesfinanzministerium rer Abgeordneter an dem Gespräch am 5. Februar vom September 1978 berücksichtigt worden. 1979 auf ein Mißverständnis zurückgehe. Dr. Dieter Spöri habe aus der Mitteilung von Bundesminister 244 Dr. Otto Graf Lambsdorff, die Flick-Gruppe sei zu Gesprächen mit interessierten Abgeordneten be- Gespräch von Vertretern des Flick-Konzerns mit reit, auf die Bereitschaft geschlossen, mit mehreren Abgeordneten „gleichzeitig" zu sprechen. Er habe Bundestagsabgeordneten von SPD und F.D.P. am Dr. Spöri gesagt, 5. Februar 1979 Am 5. Februar 1979 trafen Eberhard von Brau- „daß wir das zu respektieren haben. Allerdings könnte ich mir vorstellen, daß die sehr vertrauli- chitsch und Fritz Wacker in Bonn mit den Bundes- che Atmosphäre des Gesprächs mit einem Abge- tagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri (SPD), Liselotte ordneten hierunter leiden könnte. In jedem Falle Funcke und Ingrid Matthäus-Maier (F.D.P.) zu dem würden wir aber das Gespräch unter die Voraus- von Dr. Otto Graf Lambsdorff vermittelten Ge- spräch über die Steuerbescheinigungsverfahren des setzung stellen, daß es vertraulichen Charakter hat und auch nicht zitierungsfähig ist. Dem hat Flick-Konzerns und über Überlegungen zur Novel- Spöri zugestimmt. Als ich ihn allerdings fragte, lierung der diesen zugrundeliegenden Vorschriften wie man sich eigentlich gegenüber der CDU ver- zusammen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Gun- halten wolle, ob er garantieren könne, daß die ter Huonker, damals Obmann der Arbeitsgruppe „Steuern" der SPD-Bundestagsfraktion, sollte eben- CDU/CSU von unseren Gesprächen nichts erfah- falls an dem Gespräch teilnehmen, war aber verhin- re, erklärte er, daß er hierfür nach seinen Erfah- dert. rungen keine Garantie übernehmen könne." Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hatte Mitte Ja- Dr. Spöri habe weiter ausdrücklich darauf aufmerk- nuar 1979 vom Parlamentarischen Staatssekretär sam gemacht, daß die Novellierungsabsichten der Martin Grüner von dem bevorstehenden Gespräch SPD- und der F.D.P.-Fraktion hinsichtlich § 6 b erfahren und dazu notiert, damit habe man „unse- EStG und § 4 AIG unabhängig vom Fall Flick be- stünden; daß beide Angelegenheiten publizistisch ren alten Vorschlag" zu einem Gespräch mit einem zusammenliefen, liege daran, daß die „Novellierer" kleinen Parlamentariergremium aufgegriffen, aller- kein besseres Podium für ihr Anliegen finden könn- dings ohne Beteiligung der Exekutive. ten als die spektakuläre Flick-Transaktion. Dr. Am 26. Januar 1979 hatte Fritz Wacker mit Ministe- Spöri habe noch hinzugefügt, für ihn spielten Grö- rialrat Dr. Wolfgang Mühl auch wegen dieses bevor- ßen-Merkmale keine Rolle mehr; vielmehr suche er stehenden Gesprächs telefoniert. Über das Telefo- nach einem Weg, einerseits das Steuergeheimnis zu nat notierte er für Eberhard von Brauchitsch, er bewahren, andererseits aber Anträge nach § 6 b habe Dr. Mühl angeboten, zur Verfügung zu stehen EStG bzw. § 4 AIG einer begrenzten Bundestagsöf- und vorbereitend den einen oder anderen Punkt zu fentlichkeit zugänglich zu machen. Parlamentssy- erörtern. Dieser habe angesichts der „identischen stematisch widerstrebe es seinem Gefühl, daß sich Interessenlage" geglaubt, davon absehen zu kön- das Parlament selbst aus Kompetenzen „ausheble". nen, jedoch gebeten, bei passender Gelegenheit auf Auf die Frage, ob die Diskussion über die Novellie- die gründliche Prüfung der Anträge und die zahlrei- rung der §§ 6 b EStG und 4 AIG ganz unabhängig chen Gesprächstermine zur Beantwortung von Fra- vom Fall Flick bestünde, habe Dr. Spöri erklärt, gen des Bundeswirtschaftsministeriums hinzuwei- man hoffe gerade daran lernen zu können, warum sen. Außerdem habe Dr. Mühl darauf aufmerksam die eine oder andere Novellierungsidee falsch sei; gemacht, daß der Wert des Grace-Engagements in es komme darauf an, einiges über die Flick-Thesen den Augen der an dem Gespräch am 5. Februar 1979 zu hören, insbesondere Argumente gegen eine Pu- teilnehmenden Abgeordneten ganz entscheidend blizität. davon abhänge, welche positiven Einflüsse auf die inländischen Arbeitsplätze zu erwarten seien. 246 245 Der Verlauf des Gesprächs vom 5. Februar 1979 Das vorbereitende Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Über das Gespräch mit den drei Bundestagsabge- Dr. Dieter Spöri ordneten am 5. Februar 1979 fertigte Fritz Wacker am 6. Februar 1979 einen Aktenvermerk an, in dem Vor dem Gespräch am 5. Februar 1979 führte Eber die behandelten Themen aufgeführt und auf Dr. hard von Brauchitsch noch zusätzlich ein Telefonat Dieter Spöris Position eingegangen wurde. Die Ver- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 treter des Flick-Konzerns berichteten dem Vermerk denklicher hinaus als Dr. Dieter Spöri. Dieser habe zufolge über die Bescheinigungsverfahren mit An- sich zwar nicht ausdrücklich gegen die Anwendung gabe von Zahlen, das Grace-Engagement, die Grün- des geltenden Rechts ausgesprochen, aber den de, die eine Behandlung von derartigen Anträgen Standpunkt vertreten, die Vorschriften seien für vor den Augen der Öffentlichkeit verböten, sowie derartige Fälle nicht gedacht. Eine gewisse Über- die Gründe für eine Erhaltung 'des § 6 EStG und des einstimmung- sei nur insoweit erzielt worden, als § 4 AIG. Zu den angesprochenen . Überlegungen zur er, Eberhard von Brauchitsch, auf die Frage von Novellierung dieser Vorschriften vermerkte Fritz Dr. Spöri, ob das Gesetz nicht einmal überdacht Wacker: werden solle, geantwortet habe, jedes über 10 Jahre alte Gesetz müsse aufgrund der praktischen Erfah- „ ... 5. Überlegungen betreffend Novellierung der rungen auf Möglichkeiten zur Verbesserung über- §§ 6 b und 4. prüft werden. (Dr. Spöri hat inzwischen eingesehen, daß Sum- menbegrenzung und Fristverkürzung nicht zu be- gründen wären. Seine Änderungsüberlegungen gehen nur noch in die Richtung, eine irgendwie gestaltete Einschaltung eines kleinen Kreises 247 von Abgeordneten zu kodifizieren, um die Exeku- tive zu überwachen. Bei der Behandlung dieses Sitzung des Bundestagsfinanzausschusses am Punktes kam sein tiefes Mißtrauen gegenüber der Verwaltung zum Ausdruck. Im übrigen be- 7. Februar 1979 zum Bericht der Bundesregierung zu § 6 b EStG tonte Spöri, das Thema 6 b/4 sei für ihn nur noch ein steuerpolitisches Randgebiet. In dem Ge- Am 7. Februar 1979 fand eine Sitzung des Finanz- spräch wurde offenkundig, daß Spöri im An- ausschusses des Deutschen Bundestages statt, in schluß an unsere Darlegungen eigentlich nur der der Bericht der Bundesregierung über Auswir- noch Schwierigkeiten mit der Optik um seine ei- kungen der §§ 6 b und 6 c EStG erörtert wurde. gene Person hat)" Der Vermerk schloß: Nach dem Sitzungsprotokoll äußerte der SPD-Bun- destagsabgeordnete Dr. Dieter Spöri sinngemäß, „Wir haben Herrn Dr. Spöri angeboten, das Ge- seiner Meinung nach würde es die Atmosphäre ent- spräch — wenn seine Seite dies wünscht — fort- spannen, wenn innerhalb des Bündels der Flick- zusetzen und unsere Erfahrungen mit dem schen Wiederanlagesachverhalte ein Teilbereich Thema 6b/4 in die von ihm wahrscheinlich nur nicht als volkswirtschaftlich förderungswürdig ab- auf kleiner Flamme weiter betriebenen Ände- gesegnet worden wäre. rungsüberlegungen einzubringen. Dabei haben wir zu überlegen gegeben, gegebenenfalls auch Staatssekretär Dr. Otto Schlecht, der an der Sitzung Vertreter der Verwaltung in den Teilnehmerkreis nicht teilgenommen hat, hat als Zeuge zunächst er- aufzunehmen. Herrn Dr. Mühl hatte ich noch am klärt, diese Äußerung sei ihm nicht bekannt. Auf gleichen Tage über den Verlauf des Gesprächs im die weitere Frage, ob Dr. Dieter Spöri bei seiner einzelnen unterrichtet. Er war sehr befriedigt, um Äußerung darauf abgehoben haben könne, daß in nicht zu sagen erleichtert, und wird die Leitung Ausübung eines „Beurteilungsspielraumes" falsch seines Hauses umgehend informieren." entschieden oder falsch bewertet worden sei, oder ob er zum Ausdruck gebracht habe, an sich seien Eberhard von Brauchitsch hat in bezug auf die Be- die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, zur Ver- sprechung mit den genannten Parlamentariern am besserung der politischen Atmosphäre sei eine 5. Februar 1979 — wie auch in bezug auf frühere Nichtanerkennung aber wünschenswert, hat Dr. Gespräche mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Schlecht geantwortet: Dr. Rolf Böhme — ausgesagt, es sei enttäuschend gewesen, daß es trotz Gesprächsbereitschaft seiner- seits — mit Ausnahme eines weiteren Gesprächs „Nach der ganzen Vorgeschichte und der Kritik mit Liselotte Funcke — nicht zur Fortsetzung die- an unserem Vorgehen im Falle Flick mußte ich ses Gesprächs gekommen sei. davon ausgehen, daß wir unter erheblichem poli- tischen Druck standen, Flick-Anträge nicht posi- Nach der Aussage Eberhard von Brauchitschs wur- tiv zu bescheiden, auch wenn dies nach unserer den bei dem Gespräch Meinungen ausgetauscht, Verwaltungspraxis evidente positive Fälle sind." aber keine Ergebnisse erzielt; sinngemäß gelte aber für das Gespräch: In der Sitzung führte der Parlamentarische Staats- „Reden ist besser als schießen." sekretär Dr. Rolf Böhme auf Fragen des SPD-Bun- destagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri aus, daß die Frau Liselotte Funcke und Frau Ingrid Matthäus- Bundesregierung eine Neufassung oder gar eine Maier stellten nach der Aussage Fritz Wackers — Abschaffung des § 6b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG nicht im Gegensatz zu Dr. Dieter Spöri — kritische Fra- erwäge. gen zu den Flick-Anträgen; sie gingen nach der Aussage von Eberhard von Brauchitsch aus dem Aus dem Protokoll dieser Sitzung ergibt sich, daß Gespräch, soweit es die Anwendung des geltenden Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile eine Beteiligung Rechts auf die Flick-Anträge betraf, etwas nach an der Diskussion über die bisherige Anwendung Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode des § 6 b EStG unter Hinweis auf seine Funktion bei Zuwendungen des Flick-Konzerns in den politi- dem Flick-Konzern ablehnte. schen Raum betraf, die über dessen Bonner Büro geleistet wurden. Es hat jedoch nicht festgestellt Die Beschäftigung des Finanzausschusses mit § 6 b werden können, daß und welche Zuwendungen auf- EStG war auch Gegenstand der Berichterstattung grund dieser Liste- im einzelnen geleistet wurden des Bonner Büros des Flick-Konzerns nach Düssel- und, wenn ja, ob sie im Zusammenhang mit den dorf. Bereits am 17. Januar 1979 hatte Dr. Walter anSteuerbescheinigungsverfahren des Konzerns st Schmitz berichtet, der Finanzausschuß habe sich den. am selben Tage mit den Novellierungsbestrebun- gen bei § 6b EStG befaßt, allerdings noch kein Er- gebnis erzielt. Man gehe wohl bei der SPD von der 249 „Plafondierung" weg und versuche, Entscheidungs- kriterien zur Erhöhung der Transparenz zu formu- Einladungen zur Inbetriebnahme einer Kohiegasfabrik lieren. In der F.D.P.-Fraktion habe Dr. Otto Graf am 12. März 1979 Lambsdorff referiert, und — nach dem Eindruck Am 15. Februar 1979 erfuhr Fritz Wacker — wie von Zuhörern — aus einem Brief von Eberhard von einer später von ihm angefertigten Notiz zu entneh- Brauchitsch zitiert, wonach er zu einem Gespräch men ist — von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl, mit Abgeordneten bereit sei. Dr. Walter Schmitz zum Antrag betreffend VHDI lägen alle Einzelvoten fügte hinzu, der zuständige F.D.P.-Fraktionsge- zur Formulierung der Stellungnahme des Bundes- schäftsführer habe ihn darauf hingewiesen, daß das wirtschaftsministeriums vor; im Falle PCV sei dage- Thema in seiner Fraktion keineswegs ohne Inter- gen ein weiteres Gespräch zwischen Vertretern des esse und ohne Emotion behandelt werde, und fragte Bundeswirtschaftsministeriums und des Flick-Kon- an, ob er eruieren solle, wer gegebenenfalls aus der zerns nicht auszuschließen. F.D.P.-Fraktion als Gesprächspartner in Betracht komme. Von Brauchitsch notierte hierzu „j a", fügte Mit Schreiben vom 1. März 1979 an Ministerialrat aber hinzu, er fürchte, daß er wieder bei Liselotte Dr. Wolfgang Mühl und seinen Mitarbeiter Oberre- Funcke und/oder Ingrid Matthäus-Maier lande. Am gierungsrat Dr. Holger Berndt sprach Manfred Ne- 7. Februar 1979, dein Tag der Finanzausschußsit- mitz als Geschäftsführer der PCV „eine persönliche zung, berichtete Dr. Schmitz dann nach Düsseldorf, Einladung" zur Inbetriebnahme einer Kohlegasfa- der zuständige F.D.P.-Fraktionsgeschäftsführer brik am 12. März 1979 in Anwesenheit Dr. Friedrich habe ihm mitgeteilt, daß nach den Worten von Lise- Karl Flicks und des nordrhein-westfälischen Wirt- lotte Funcke in jener Legislaturperiode das Thema schaftsministers Dr. Horst-Ludwig Riemer aus und „Novellierung des § 6 b" nicht mehr aktuell sei. kündigte an, anschließend bestehe im Rahmen ei- ner kleinen Feier die Gelegenheit zu „persönlichen Begegnungen". 248 Beide machten von der Einladung keinen Ge- Vorlage einer „Dispositions-Liste" brauch. Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat bei durch Dr. Walter Schmitz im Februar 1979 seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung er- klärt, er habe von Anfang an nicht die Absicht ge- Anfang Februar 1979 legte Dr. Walter Schmitz zu- habt, der Einladung zu folgen; es entspreche der sammen mit dem „Bericht (Zusammenfassung) Übung, Gespräche im Zusammenhang mit Anträ- über die Arbeit des Büros Bonn im Jahre 1978" gen nach § 6 b EStG im Bundeswirtschaftsministe- Eberhard von Brauchitsch eine „Dispositions-Liste" rium zu führen. Auf dem Einladungsschreiben an vor. Dieser richtete daraufhin am 13. Februar 1979 Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt wurde ver- folgende Notiz an Günter Max Paefgen: merkt: „Auf Anraten von AL I nicht teilgenommen"; AL I war Ministerialdirektor Dr. Hans Tietmeyer. „Wie im Vorjahre habe ich die beiliegende Dispo- sitionsliste des Bonner Büros mit den dortigen Dr. Hans Tietmeyer hat bei seiner staatsanwalt- Herren vorbesprochen. Ich wäre Dir für kritische schaftlichen Vernehmung zu dem Dr. Holger Durchsicht dankbar und auch für Mitteilung, ob Berndt gegebenen Rat, nicht teilzunehmen, erklärt, Du einverstanden bist. Nachdem wir vor drei Jah- er rate grundsätzlich allen Mitarbeitern, derartige ren radikal die früheren Großzügigkeiten zusam- Einladungen nicht anzunehmen. Dies gelte insbe- mengestrichen haben, scheint jetzt für weitere sondere, wenn der betreffende Mitarbeiter dienst- Streichungen kaum noch Raum zu sein, ohne daß lich mit Angelegenheiten der einladenden Firma wir die Effektivität der politischen Verbindungen befaßt sei, ganz besonders bei in der Öffentlichkeit zu unserem Nachteil einschränken." so kontrovers erörterten Angelegenheiten wie den Flick-Anträgen. Neben dem ersten Absatz der Notiz wurde von Paefgen am Rand „Ja" vermerkt; am 20. Februar 1978 teilte von Brauchitsch Dr. Schmitz mit, er 250 könne entsprechend der Liste verfahren. Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Der 1. Untersuchungsausschuß geht aufgrund der Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Notiz von Eberhard von Brauchitsch vom 13. Fe- am 19. März 1979 bruar 1979 und der Aussagen von Dr. Walter Schmitz bei seiner staatsanwaltschaftlichen Ver- Am 19. März 1979 sprachen Eberhard von Brau nehmung dazu davon aus, daß die Notiz finanzielle chitsch und Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 dorff bei einem Abendessen in dem vom Flick-Kon- habe Dr. Otto Graf Lambsdorff beschworen, die zern gemieteten Raum eines Düsseldorfer Restau- Sache auf Eis liegen zu lassen, weil sich dieses rants auch über den Stand der Bearbeitung der An- Thema mit großer Wahrscheinlichkeit alsbald von träge des 3. Antragsblocks sowie über eine vom selbst löse. Dr. Otto Graf Lambsdorff habe zugesagt, Flick-Konzern auf Wunsch vor allem von Franz Jo- von seiner Seite hieran nicht zu rühren, und emp- sef Strauß ins Auge gefaßte Beteiligung an Messer- fohlen, dieses Thema so schnell wie möglich vom schmitt-Bölkow-Blohm. Tisch zu bringen. Eberhard von Brauchitsch notierte hierzu, Dr. Otto In bezug auf die Beteiligung an Messerschmitt-Böl- Graf Lambsdorff habe den letzten Stand der Kon- kow-Blohm notierte Eberhard von Brauchitsch, sultationen zwischen dem Bundeswirtschaftsmini- Dr. Otto Graf Lambsdorff sei unverändert der Mei- sterium und dem Bundesfinanzministerium nicht nung, daß für eine Bescheinigung nach § 6 b EStG gekannt, weil Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl seit kein Raum sei; eine eventuelle Verwaltungsklage geraumer Zeit erkrankt sei. Er sei aber der Auffas- werde er nicht als unfreundlichen Akt betrachten, sung, daß der Antrag betreffend VHDI entschei- sondern eher als politische Hilfe. dungsreif sein müsse, und habe zugesagt, daß er der Entscheidung in seinem Hause Vorrang geben wer- de. Die Bescheinigung für PCV halte Dr. Otto Graf 251 Lambsdorff für „unkompliziert". Zu USF habe Dr. Otto Graf Lambsdorff erklärt, in seinem Hause Erneute Kampagne gegen die Anwendung bestünden unverändert „politische" Bedenken. Der von § 6 b EStG auf Anträge des Flick-Konzerns Flick-Konzern habe die Rückstellungen aus der Daimler-Transaktion zu stark ausgenutzt, und das Am 15. März 1979 wurde in der „Frankfurter Rund- internationale Übergewicht sei für ihn politisch au- schau" berichtet, bei den SPD-Steuerexperten habe ßerordentlich schwer vertretbar. Er habe in seiner die — zu dieser Zeit allerdings nicht zutreffende — Fraktion nicht nur Freude mit den Angelegenheiten Nachricht, der Bundeswirtschaftsminister habe des Flick-Konzerns gehabt. Das habe er selbstver- dem Flick-Konzern für den Einstieg in den Gerling- ständlich gerne durchgestanden, er „habe aber Versicherungskonzern „Steuerfreiheit" gewährt, keine Lust, daß er sich akut politisch gefährde, Befremden ausgelöst. wenn er uns für USF den § 4 gebe". Dr. Otto Graf Am 16. März 1979 meldeten mehrere Tageszeitun- Lambsdorff habe hierzu ausdrücklich erklärt, dies gen, nach einem Bericht des SPD-Abgeordneten sei nicht eine Ankündigung der Ablehnung des An- Dr. Dieter Spöri über die neuen Pläne der Steuerex- trags, sondern gebe nur die Tendenz im Bundes- perten in der SPD-Bundestagsfraktion sei daran ge- wirtschaftsministerium wieder. Nach seiner Notiz dacht, bei „dicken Brocken" das Steuergeheimnis entgegnete Eberhard von Brauchitsch, bei ganz ob- aufzuheben und bei Aktienverkäufen die Bestim- jektiver Betrachtung sei USF eine „Perle" und ein mungen für die Befreiung von der Einkommen- „klassischer Fall" für § 4 AIG; die technologische steuer konkreter als bisher zu fassen. Analyse dessen, was USF könne, beweise die Rich- tigkeit seiner Auffassung. Dr. Otto Graf Lambsdorff Am 21. März 1979 berichtete die „Frankfurter Rund- habe daraufhin erklärt, offenbar funktioniere „un- schau" unter der Überschrift „Spöri: Flick den ,6 b` sere Lobby" bei Hans Matthöfer und bei Dr. Volker verweigern — SPD-Politiker warnt Finanzminister Hauff — damals Bundesminister für Forschung Matthöfer vor Zusage", Dr. Dieter Spöri habe Hans und Technologie — erstklassig. Er müsse neidlos Matthöfer aufgefordert, das vom Bundeswirt- zugeben, daß der Flick-Konzern wahrscheinlich von schaftsministerium erbetene Einvernehmen zur dieser Seite soviel Unterstützung bekomme, daß Steuerbegünstigung nach § 6 b EStG für den Erwerb USF letztlich nicht ohne Chancen sei. Wahrschein- einer Beteiligung am Gerling-Konzern zu verwei- lich werde er das Thema USF „so spielen", daß er gern. Er habe die Steuerbegünstigung für die Wie- zunächst das sachverständige Urteil von Bundesmi- deranlage aus dem Verkauf des Daimler-Paketes nister Dr. einhole, sich dann mit Bun- mit dem Satz kommentiert: „Im Wirtschaftsministe- desminister Hans Matthöfer abspreche und schließ- rium will man Flick auch diesmal nicht verkommen lich — entgegen der Usance — kein eigenes Votum, lassen." Er habe weiter erklärt, die im Gesetz ge- sondern ein gemeinschaftliches Votum mit dem Fi- nannte Voraussetzung der „volkswirtschaftlichen nanzministerium abgebe. Förderungswürdigkeit" sei nicht stichhaltig, weil Gerling als zweiter großer Industrieversicherer ne- Der Notiz von Eberhard von Brauchitsch zufolge ben Allianz keineswegs vom Markt verdrängt wür- wurden auch die Schwierigkeiten mit der amerika- de, wenn Flick auf die Steuerbegünstigung verzich- nischen Kartellbehörde wegen des Erwerbs der ten müßte. „Es ist" — so zitierte die „Frankfurter USF-Beteiligung angesprochen, die Ministerialrat Rundschau" Dr. Dieter Spöri weiter — „überhaupt Dr. Wolfgang Mühl im Dezember 1978 veranlaßt nicht anzunehmen, daß Flick wegen einer eventuel- hatten, das Verfahren nach § 4 AIG zunächst ruhen len Verweigerung des 6 b-Subventionssegens wie- zu lassen. Eberhard von Brauchitsch notierte hier- der aus dem Gerling-Schiff aussteigt". Der Zusam- zu, Dr. Otto Graf Lambsdorff habe darauf aufmerk- menhang zwischen der Wettbewerbsfähigkeit von sam gemacht, er könne nicht ausschließen, daß die Gerling und dem positiven Bescheid nach § 6 b politischen Gegner des USF-Antrags in seinem EStG sei eindeutig gekünstelt. Hause das derzeitige Kartellproblem benutzen wür- den, um aus formalen Gründen diesen Antrag ab- Die „Wirtschaftswoche" berichtete am 26. März 1979 lehnen zu können. Er, Eberhard von Brauchitsch, unter der Überschrift „Im Grauschleier der Anony- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode mität" über die von SPD-Bundestagsabgeordneten samer Freund Günter Markscheffel auf dem lau- angestrebten Änderungen des § 6 b EStG und zi- fenden gehalten. tierte Dr. Dieter Spöri mit der Aussage, diese Vor- schrift sei eine „bodenlose Instinktlosigkeit und eine pervertierte Gesetzesnorm". Er wolle diese Vielleicht haben- Sie schon gehört, daß ich inzwi- Vorschrift jedoch nicht ganz abschaffen, vielmehr schen einen weiteren, besonders erfreulichen sollten die Entscheidungen über die „großdimensio- Kontakt in Ihrem Bereich gefunden habe: Herrn nierten Steuerbegünstigungen" transparenter wer- Hans-Jürgen Junghans MdB. Eine erste, schon den. Die SPD-Abgeordneten — so berichtete die sehr ins Tiefe gehende Fühlungnahme hat ge- „Wirtschaftswoche" weiter — ärgere an der bisheri- zeigt, daß unsere Interessenlage — wenn man gen Praxis besonders, daß „alles schon vorgemau- einmal Nebensächlichkeiten außer Betracht läßt schelt ist (Dr. Spöri) — soll heißen, daß in den ,wich- — in hohem Maße identisch ist. tigen großen Genehmigungsfällen schon vorab durch inoffizielle Kontakte mit der Verwaltung Wir haben vorgesehen, diese Gespräche fortzu- noch vor Einleitung des formellen Antragsverfah- setzen, weil wir den Zwang spüren, unsere Bemü- rens eine Quasi-Genehmigungssicherheit beim An- hungen um den erkennbaren Konsens voranzu- tragsteller bestand' (Positionspapier der SPD-Ar- treiben. beitsgemeinschaft Steuern)". In dem Artikel der In diesem Zusammenhang gibt es ein aktuelles „Wirtschaftswoche" hieß es weiter: Problem infolge bestimmter Aktivitäten Ihres „Spöri will derartige Sicherheit bei Flick-Gesell- Bundestagskollegen Dr. Spöri, über das ich Ihnen schafter Eberhard von Brauchitsch bemerkt ha- gerne persönlich gelegentlich berichten würde. ben und ist darum auch sauer auf SPD-Finanzmi- Wenn Sie mich demnächst wissen ließen, wann nister Hans Matthöfer. ,Es ist nicht Aufgabe eines Ihr Terminkalender ein Zusammentreffen zuläßt, sozialdemokratischen Ministers, alle die steuer- würde ich mich besonders freuen ... " begünstigenden Erwartungen bis zum i-Tüpfel- chen zu erfüllen, die bei der Flick-Gruppe durch Der daraufhin von Willy Brandt vorgeschlagene einen früheren Wirtschaftsminister (gemeint ist Termin für ein gemeinsames Mittagessen am Hans Friderichs, FDP, die Red.) entstanden 16. Mai 1979 im Politischen Club der Friedrich- sind.`" Ebert-Stiftung, von dem auch Günter Markscheffel durch Eberhard von Brauchitsch unterrichtet wor- In einem am 5. April 1979 im „Vorwärts" veröffent- den war, wurde von Willy Brandt zunächst wegen lichten Artikel „Der Subventionsstaat" schrieb Terminschwierigkeiten abgesagt. Dr. Dieter Spöri: An den SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen „Ein weiteres aktuelles Subventionsärgernis ist Junghans schrieb Eberhard von Brauchitsch: die steuerliche Behandlung stiller Reserven bei Aktientransfers nach § 6 b Einkommensteuerge- „Ich freue mich schon sehr auf unser geplantes setz und § 4 Auslandsinvestitionsgesetz. Es ist Abendessen am 2. April. Lassen Sie mich doch einfach nicht einzusehen, daß die Flick-Gruppe bitte auf unserem gemeinsamen ,Spezialkanal` unter staatlichem Verzicht auf Hunderte von Mil- wissen, ob es außer der Fortsetzung des letzten lionen Steuergeldern zum Beispiel 800 Millionen Themenkreises noch etwas Besonderes gibt, wor- Mark aus dem Erlös ihres Daimler-Paketes in auf ich mich vorbereiten kann. den USA anlegt, ohne daß dadurch unmittelbar auch nur ein Arbeitsplatz in der Bundesrepbulik geschaffen wird. Dasselbe gilt für die 210-Millio- Bei unserem letzten Zusammentreffen hatten Sie nen-Mark-Anlage der Flick-Gruppe beim Versi- den ,Alleingängen` von Herrn Dr. Spöri keine cherungskonzern Gerling." große Bedeutung beigemessen. Sie werden mir heute — nach den massiven publizistischen An- griffen, um nicht zu sagen Drohungen von Herrn 252 Dr. Spöri gegen Herrn Matthöfer im Zusammen- hang mit unserem Fall 6 b/Gerling — nicht verar- Beschwerde Eberhard von Brauchltschs gen, wenn ich kurzerhand konstatiere: Wie ge- über Dr. Dieter Spörl bei Willy Brandt sund muß die SPD sein, daß sie sich diese Pres- und anderen SPD-Politikern sionen in der Öffentlichkeit leisten kann. Am 23. März 1979 schrieb Eberhard von Brau- Sie sind zwar in der Regel über wichtige Dinge chitsch an den SPD-Vorsitzenden Willy Brandt, die gut unterrichtet. In dieser sicher nicht überzube- SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Jung- wertenden Angelegenheit fehlen Ihnen vielleicht hans, damals Vorsitzender des Arbeitskreises die beiliegenden Leseproben." „Wirtschaftspolitik" der SPD-Fraktion, und Konrad Porzner, Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfrak- In seinem Brief vom selben Tage an den Parlamen- tion, sowie an Günter Markscheffel. Eberhard von tarischen Geschäftsführer Konrad Porzner schrieb Brauchitsch teilte Willy Brandt mit: Eberhard von Brauchitsch:

,,... in der Zeit, in der Sie sich — erfreulicher „Offen gesagt bedaure ich ein wenig, daß wir weise mit großer Konsequenz - Ihrer Rekonva lange nicht mehr zusammengekommen sind. Es leszenz gewidmet haben, hat mich unser gemein gibt so viele Themen, mit denen Sie sich beschäf- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

tigen und die auch mein eigenes Tun beeinflus- „Gestern und heute habe ich mit einigen der sen. Vielleicht finden wir doch in absehbarer Zeit Empfänger Ihrer Briefe sprechen können. Die die Möglichkeit, unter vier Augen oder im klein- Einstellung ist durchaus positiv; auch bei einigen sten Kreis zusammenzutreffen, um einmal eine Leuten, an die Sie nicht geschrieben haben, deren Tour d'horizon zu machen. Dabei müssen Sie wis- Wort aber in den zuständigen Arbeitskreisen und sen, daß ich insgesamt nicht etwa pessimistisch, Ausschüssen etwas gilt. sondern eher optimistisch bin. Es gibt aber viele Faktoren, die ich nach einem Gespräch mit Ihnen Welche Rolle Matthöfer und Böhme dabei spie- gewiß besser einordnen kann. len, ist mir nicht ganz klar. Ich kann es auch noch nicht genau sagen, aber ich vermute, daß Matt- Ich finde, daß Sie einen Anspruch darauf haben, höfer den ganzen Komplex an Böhme übertragen von mir zu hören, daß sich die Umstrukturierung hat. unserer Gruppe, die Sie j a nicht nur gedanklich, sondern partiell auch politisch begleitet haben, Unabhängig davon habe ich jedoch den Eindruck, schon jetzt als richtig herausstellt. Das gilt insbe- daß die ganze Geschichte völlig reibungslos über sondere für die großen Investitionsvorhaben mit die Bühne gehen würde, auch bei Spörri, wenn ihren Auswirkungen im Bereich der Sicherung Ihrerseits das Problem der Neu-Investition und von Arbeitsplätzen, für die Zukunftsorientierung damit der Arbeitsplatzbeschaffung bzw. Erhal- unserer Gruppe insbesondere im technologischen tung deutlicher als bisher in den Vordergrund ge- Bereich usw. usw. In einem Gespräch mit Ihnen rückt werden würde. Ich kann natürlich nicht be- könnte ich Sie über vieles informieren, was Ihr urteilen, ob das möglich ist, würde aber an Ihrer Interesse finden würde. Stelle eine Gelegenheit suchen, um dieses Thema erneut darzustellen. Wenn ich auch die Pressionen des Abgeordneten Dr. Spöri auf Herrn Matthöfer nicht etwa überbe- Ich würde an Ihrer Stelle auch noch einmal mit werte, so wundert es mich doch, daß innerhalb Alex Möller Kontakt aufnehmen. Er hat jetzt we- Ihrer Fraktion Vorgänge möglich sind, die im Be- gen seiner Arbeit für Ägypten eine wichtige Posi- reich anderer politischer Gruppierungen in der tion beim Bundeskanzler und arbeitet auch mit Bundesrepublik zu erkennbaren Nachteilen füh- Matthöfer in dieser Frage zusammen; mit Lambs- ren. Ich meine damit die öffentlichen Eingriffe dorff sowieso. Da ich weiß, daß der BK und Matt- des Herrn Dr. Spöri in die Verwaltungskompe- höfer großen Wert auf das Urteil von Möller le- tenz von Herrn Matthöfer — sh. die beiliegende gen, würde ich an Ihrer Stelle auch mit ihm ein Leseprobe aus der Frankfurter Rundschau. Bitte paar Worte über 6 b und Gerling reden ..." glauben Sie nicht, daß ich die Besorgnis habe, die In einem Bericht vom 28. März 1979 von Dr. Walter Profilierungsbedürfnisse des Herrn Spöri könn- Schmitz vom Bonner Büro des Flick-Konzerns für ten Einfluß auf (die) sachgerechte Entscheidung Eberhard von Brauchitsch heißt es: von Herrn Matthöfer haben. Ich frage mich ein- fach, ob es notwendig ist, daß nunmehr auch aus „Gestern hat ein Gespräch Junghans/Spöri statt- der SPD-Fraktion heraus fehlende Geschlossen- gefunden mit dem Ergebnis: Spöri wird ein heit unter Inanspruchnahme der Zeitungen doku- Schreiben an Sie richten in dem Bemühen, sei- mentiert werden muß." nerseits das Gespräch zu versachlichen, um es auf die tatsächlichen, langfristigen gesetzgeberi- Abschließend regte Eberhard von Brauchitsch an, schen Überlegungen zu konzentrieren. Er wird sich gemeinsam um einen Gesprächstermin zu be- ein Papier zu diesem Thema beifügen." mühen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Junghans hat bei seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung bestätigt, daß er damals ein Gespräch 253 mit dem Abgeordneten Dr. Dieter Spöri geführt habe. Er hat bekundet, er sei „nicht direkt" gebeten Die Einschaltung Günter Markscheffels worden, auf Dr. Spöri einzuwirken. Es seien ihm wegen Dr. Dieter Spöri aber Zeitungsausschnitte über angebliche Äußerun- Ebenfalls am 23. März 1979 bedankte Eberhard von gen von Dr. Spöri zugeschickt worden, worauf er Brauchitsch sich bei Günter Markscheffel für gute diesen am Rande eines Gesprächs über andere An- Ratschläge, übersandte ihm den Text der Briefe an gelegenheiten gebeten habe, „die Sachlichkeit zu die Abgeordneten Willy Brandt, Hans-Jürgen Jung- wahren". Zur Problematik des § 6 b EStG im Zusam- hans und Konrad Porzner und meinte, er hoffe, un- menhang mit dem Flick-Konzern habe er sich in gefähr das getroffen zu haben, was Günter Mark- diesem Zusammenhang allerdings nicht geäußert. scheffel ihm geraten habe. Er fügte hinzu:

„Wenn Sie die Möglichkeit haben, Montag und 254 Dienstag (26./27. 3.) bei den Adressaten dieser Briefe ein wenig nachzuhelfen, dann glaube ich, Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem daß die Aktionen von Herrn Spöri abschließend SPD-Bundestagsabgeordneten Konrad Porzner am ad absurdum geführt werden können." 30. März 1979 Bereits am 27. März 1979 schrieb Günter Mark- Am 30. März 1979 trafen Eberhard von Brauchitsch scheffel an Eberhard von Brauchitsch: und der Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfrak- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode tion Konrad Porzner in dem vom Flick-Konzern ge- nach dem Grundkonsens auf unserer Seite mitzu- mieteten Raum eines Düsseldorfer Restaurants zu wirken. Dabei muß ich ganz zwangsläufig die einem Gespräch zusammen. In einer einige Tage Positionen im Bereich der SPD berücksichtigen, später für Dr. Friedrich Karl Flick verfaßten Notiz wenn ich nicht ,auf dem falschen Bein Hurra` schilderte Eberhard von Brauchitsch den Inhalt des rufen will. Gespräches wie folgt: - So war auch mein Brief an Sie zu verstehen im Zusammenhang mit Spöri/Matthöfer. „Ich habe am Freitag, 30.3., mit Herrn Porzner ein längeres Gespräch gehabt. Porzner ist Ge- Nun liegt mir der ,Sozialdemokratische Presse- schäftsführer der SPD-Fraktion im Deutschen dienst Wirtschaft` vom 3. April 1979, Seite 4, vor, Bundestag und rechte Hand von Wehner. Außer- in dem ich die Thesen der Grundwertekommis- dem ist Porzner ein intimer Vertrauter von Hel- sion beim SPD-Parteivorstand, verfaßt von Herrn mut Schmidt. Strasser, lesen konnte. Es wäre mir schon lieb, wenn ich von Ihnen, ganz unter der Hand, einen Ich hatte um das Gespräch gebeten im Zusam- Zuruf erhalten würde, ob es richtig ist, sich mit menhang mit den neuerlichen Angriffen des diesen Thesen als Grundlinie der SPD vertraut zu Herrn Spöri gegen den Vorgang Gerling/6b. machen, oder ob es sich um einen jener Ausrut- scher handelt, mit denen man immer rechnen In dem Gespräch hat Porzner zum Ausdruck ge- muß. Wäre es ein Ausrutscher, dann würde es bracht, daß die ganz große Mehrheit seiner Frak- zwar die Richtigkeit meiner bisherigen Handlun- tion die bisherigen Reinvestitionen unseres Hau- gen bestätigen; es bliebe aber die Sorge, daß Au- ses aus dem Daimler-Erlös für nützlich halte. ßenstehende die Meinung von Herrn Strasser als Man habe erhebliche Recherchen angestellt, ob die offizielle des SPD-Parteivorstandes anse- unsere industriellen Initiativen nur auf dem Pa- hen." pier gestanden oder reale Grundlagen gehabt hät- ten. Insbesondere die Berichte aus den Bereichen Eine Kopie dieses Briefes ging an Günter Mark- Buderus, Dynamit Nobel und Feldmühle ermutig- scheffel. ten in hohem Maße. Das gleiche gelte für die Aus einer Eintragung in Eberhard von Brau- ersten technologischen Ergebnisse der nordame- chitschs Terminkalender ergibt sich, daß er sich am rikanischen Engagements. 2. April 1979 mit dem SPD-Bundestagsabgeordne- ten Hans-Jürgen Junghans, einem Herrn Heitmann Porzner erwähnte in diesem Zusammenhang und Dr. Walter Schmitz vom Bonner Büro des Flick- auch die richtungweisende Maßnahmen im Be- Konzerns in einem Düsseldorfer Restaurant zu reich Kohle/Gas und war sehr genau unterrichtet dem nach seinem Schreiben vom 23. März 1979 für über die Grundlagen von Hückelhoven. Man muß diesen Termin geplanten Abendessen traf. Ein Ver- davon ausgehen, daß Porzner bundesweit über merk von Eberhard von Brauchitsch über den In- jede Informationsquelle verfügt. halt dieses Gesrächs liegt dem 1. Untersuchungs- Gerling/6b war für Porzner kein Thema mehr. ausschuß nicht vor. Ich hatte eher den Eindruck, daß er sich belästigt gefühlt hätte, wenn hier noch zusätzlich insistiert 255 worden wäre. Die Informationen, die Herr Wacker von seinen Bonner Kontaktstellen hat, Die „besondere Pflege der Bonner Landschaft" decken sich hundertprozentig mit dem, was Porz- ner gesagt hat. - Am 2. April 1979 äußerte sich Eberhard von Brau- chitsch in einer Notiz an Dr. Friedrich Karl Flick zu Aus dem Gespräch mit Porzner ergab sich aber einer von Manfred Nemitz vorgenommenen Beur- auch, daß Du persönlich und das Haus in Bonn teilung des Vorsitzenden der IG Bergbau und Ener- inzwischen einen ganz hohen Stellenwert habt. gie, , und dessen Stärke im Gewerk- Man betrachtet unser Haus als eine sicher nicht schaftsbereich und in der SPD-Führung, und zwar SPD-freundliche, aber staatspolitisch verantwor- in der Partei wie in der Fraktion. Diese Beurteilung tungsbewußte Institution und legt im Bereich der selbst ist in den dem 1. Untersuchungsausschuß zur Führung der SPD und der Fraktion großen Wert Verfügung stehenden Unterlagen nicht enthalten. darauf, mit uns auch im Beratungsverhältnis Ver- Eberhard von Brauchitsch bemerkte, Adolf Schmidt bindung zu halten." habe für Dr. Friedrich Karl Flick und seine unter- Am 6. April bedankte sich Eberhard von Brau- nehmerischen Konzeptionen ein besonderes Faible chitsch bei Konrad Porzner noch einmal schrift- sowohl aus der Sache heraus als auch wegen einer lich: Zuwendung an die August-Schmidt-Stiftung im vo- rigen Jahr, und fuhr dann fort: „Ich möchte mich auf diesem Wege noch einmal herzlich für das offene Gespräch bedanken. Ich „Ich glaube, wir sollten nicht unterschätzen, wel- hoffe, Sie sind gut in Ihre Heimat zurückge- che große Bedeutung für unser Haus die beson- kehrt. dere Pflege der Bonner Landschaft, aber auch der gutwilligen Leute im Gewerkschaftsbereich hat. Ich hatte versucht, in unserem Gespräch darzule Die Wichtigkeit dieser sorgfältigen Behandlung gen, daß ich mit hoher Sensibilität bemüht bin, hat sich nicht nur im bisherigen 6 b-Bereich ge- die richtigen Wege zu finden, um an der Suche zeigt, sondern wird es uns auch eher ermöglichen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

— wenn es einmal notwendig ist —, politisch un- „Pflege der Bonner Landschaft" im Zusammenhang populäre Maßnahmen durchzuführen." mit den Steuerbescheinigungsanträgen des Flick Konzerns überhaupt nicht an finanzielle Auf- oder Eberhard von Brauchitsch hat als Zeuge in Abrede Zuwendungen gedacht haben soll. Hierfür spricht gestellt, daß die „besondere Pflege der Bonner auch, daß von Brauchitsch als Zeuge vor dem Unter- Landschaft" etwas mit Geld zu tun gehabt habe; er suchungsausschuß- wie auch schon bei seiner Ein- hat diesen Begriff wie folgt erklärt: lassung gegenüber der Staatsanwaltschaft Bonn „Der Wunsch von Mitgliedern der Bundesregie- ausgesagt hat, daß ab Frühjahr 1979 zwischen den rung und Mitgliedern des Parlaments, über Ge- Zuwendungen an Alfred Nau zugunsten der SPD schehensabläufe in der Wirtschaft informiert zu und den Steuerbescheinigungsverfahren und deren sein, Gedankenaustausch zu pflegen, Meinungen, politischer Einschätzung innerhalb der SPD ein Zu- Erkenntnisse wechselseitig auszutauschen ... sammenhang hergestellt wurde. Dazu hätte auch gehört — das wäre auch ein Auf- wand im Sinne ,Pflege der Bonner Landschaft' Aus dieser Beurteilung des Begriffs der „Pflege der gewesen —, wenn ich BDI-Präsident geworden Bonner Landschaft" können allerdings keine wäre zum Beispiel. Das sind Aufwendungen im Schlußfolgerungen für die Frage gezogen werden, in welchen Einzelfällen im Zusammenhang mit den Sinne ,Pflege der Bonner Landschaf t." Anträgen des Flick-Konzerns Zuwendungen an be- Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß im Flick stimmte Personen gemacht worden sind. Konzern der Begriff der „Pflege der Bonner Land- schaft" umfassender und unter Einschluß auch fi- nanzieller Zuwendungen verstanden wurde. So hat 256 der langjährige Leiter des Bonner Büros des Flick Konzerns, Dr. Walter Schmitz, bei seiner staatsan- Eintragungen in der Diehischen Liste waltschaftlichen Vernehmung zum Zusammenhang unter dem 19. April 1979 von Informationen und Kontakten einerseits und finanziellen Zuwendungen andererseits — aller- Unter dem 19. April 1979, also einige Wochen nach dings generell und nicht in bezug auf die Steuerbe- den Gesprächen zwischen Eberhard von Brau- scheinigungsverfahren — erklärt: chitsch und den SPD-Bundestagsabgeordneten Konrad Porzner und Hans-Jürgen Junghans, ver- „Der Transport von Informationen setzt Kontakte merkte Rudolf Diehl in seiner Liste über „inoffi- voraus. Es hat sich nach meiner Erfahrung her- zielle Zahlungen" an die SPD: ausgestellt, daß die Kontakte zu Bundestagsabge- ordneten häufig dadurch verbessert wurden, daß „v. B. wg. Porzner 25 000, — man ihre Bitte um Unterstützung im Wahlkampf v. B. wg. Junghans 25 000, —". nicht abschlägig beschied." Unter diesem Datum besteht auch eine Eintragung Auch Dr. Friedrich Karl Flick, der zwar betont hat, unter dem Namen von Dr. Otto Graf Lambsdorff in er selbst habe „das Bonner Umfeld" nicht „gepflegt", Höhe von 30.000 DM. Die Namen aller drei Politiker hat im Ermittlungsverfahren vortragen lassen, eine sind in Höhe der von Rudolf Diehl ihnen zugerech- ähnliche von ihm stammende Formulierung, näm- neten Beträge auch auf der Rückseite des Belegs lich: „Die Freundlichkeiten Bonn gegenüber haben vermerkt, auf dem Eberhard von Brauchitsch am mir bisher nicht geholfen", beziehe sich auf finan- 19. April 1979 den Empfang von 80 000 DM von Ru- zielle Zuwendungen, allerdings nicht auf „Beste- dolf Diehl quittierte. chungsgelder" an Amtsträger, sondern auf Partei- Dr. Otto Graf Lambsdorff hat, ebenso wie auch spenden, die ihm bei den Bescheinigungsverfahren Konrad Porzner und Hans-Jürgen Junghans als nicht geholfen hätten. Dr. Flick hat als Zeuge vor Zeugen vor der Staatsanwaltschaft Bonn, in seiner dem 1. Untersuchungsausschuß jedoch auch erklärt, Einlassung vor der Staatsanwaltschaft Bonn und weder er selbst noch seiner Kenntnis nach andere als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß den Angehörige seines Konzerns hätten finanzielle Zu- Empfang eines solchen Betrages in Abrede gestellt; wendungen gemacht mit dem Ziel, auf die Erteilung die Staatsanwaltschaft Bonn hat hinsichtlich dieser der Bescheinigungen Einfluß zu nehmen. Eintragung in die Diehlschen Listen das Ermitt- Eberhard von Brauchitsch hat zu der Formulierung lungsverfahren mangels Anhaltspunkten für eine von Dr. Friedrich Karl Flick betreffend die „Freund- Übergabe des Geldbetrages infolge Fehlens eines lichkeiten Bonn gegenüber" erklärt, dies sei ein von zeitnahen Treffens von Dr. Graf Lambsdorff und seinem abweichender Sprachgebrauch; er könne Eberhard von Brauchitsch eingestellt. Nach der nicht sagen, was Dr. Flick damit habe sagen wol- Einlassung von Brauchitschs im Ermittlungsver- len. fahren der Staatsanwaltschaft Bonn soll dieser Geldbetrag im Zusammenhang mit der Ende 1975 Wenn man aber im Hause Flick unter „Freundlich- vom Flick-Konzern der F.D.P. für die nächsten drei keiten Bonn gegenüber" auch Parteispenden ver- Jahre zugesagten Unterstützung in Höhe von insge- stand und sich über den Wert von Spenden im Zu- samt drei Millionen DM an den damaligen Schatz- sammenhang mit politischen Kontakten durchaus meister der F.D.P. Heinz-Herbert Karry geleistet im klaren war, ist schwer einzusehen, daß der „Re- worden sein. Dem 1. Untersuchungsausschuß liegen gisseur" der Beziehungen des Hauses Flick zur etwaige Hinweise auf eine Zahlung an Dr. Graf Politik — so hat der Zeuge Dr. Friedrich Karl Flick Lambsdorff entsprechend der Eintragung in den Eberhard von Brauchitsch bezeichnet — bei der Diehl-Listen nicht vor; ein Zusammenhang der Ein- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

tragung mit den Steuerbescheinigungsverfahren kollegen verschaffen und häufig deren Unterstüt- des Flick-Konzerns ist nicht erkennbar. zung für die Realisierung seiner Vorstellungen er- langen. In diesem Zusammenhang habe Nau ihm gegenüber unmißverständlich darauf hingewiesen, 257 daß die Mittel für derartige Gefälligkeiten sehr be- schränkt seien,- und zu erkennen gegeben, daß er Eberhard von Brauchitschs Einlassung gern — obwohl er nicht mehr SPD-Schatzmeister zu Barspenden wegen SPD-Politikern sei — seine Kasse unterstützt haben möchte. Er habe zum Ausdruck gebracht, seine Möglichkeiten Eberhard von Brauchitsch hat zu den beiden ande- in seiner Partei verstärkten sich, wenn er auf die- ren Eintragungen „wg. Porzner" und „wg. Jung- sem Gebiet stärker werde. hans" im Ermittlungsverfahren und — unter Hinzu- fügung von Ergänzungen insbesondere zu einer da- Im Anschluß an das Gespräch mit Alfred Nau ent- mals von ihm angenommenen „Notwehrsituation" schloß sich Eberhard von Brauchitsch nach seiner — vor dem 1. Untersuchungsausschuß folgende Aussage, von dessen Angebot Gebrauch zu machen, Darstellung gegeben: Die von Rudolf Diehl unter um zu versuchen, den „sachfremden Einflüssen" dem 19. April 1979 „wegen" Konrad Porzner und entgegenzuwirken, denen die Verfahren des 3. An- Hans-Jürgen Junghans, weiter aber auch die 1979 tragsblocks vom politischen Raum her ausgesetzt und 1980 „wegen" Willy Brandt, Dr. Herbert Ehren- gewesen seien. Er hat betont, nicht er, sondern Nau berg, Hans Matthöfer, Manfred Lahnstein und Al- sei es gewesen, „der einen sachlichen und zeitlichen fred Nau eingetragenen Zahlungen seien aus- Zusammenhang zwischen der angebotenen Mode- nahmslos an Nau gegangen. Abgesehen von der ration und der erwarteten Spende herstellte." Er letztgenannten Zahlung, die für Nau als Endemp- habe sich von Rudolf Diehl jeweils nach Gesprä- fänger bestimmt gewesen sei, seien diese Beträge chen mit den betreffenden Politikern die Beträge zur Verwendung durch Nau nach Absprache mit aushändigen lassen, um sie Nau bei der nächsten ihm, von Brauchitsch, im Bereich und zur Förde- Gelegenheit zu übergeben. Das Geld habe er in ver- rung von Zwecken der genannten Politiker be- schlossenen Kuverts teils in seinem Büro und teils stimmt gewesen. in Bonn überreicht. Auf Quittungen durch Nau habe er nicht bestanden. Es entziehe sich seiner Kennt- Zu diesen Absprachen und Zahlungen — den einzi- nis, ob und in welchem Umfang Nau die Gelder zur gen Zuwendungen, die im Zusammenhang mit der Finanzierung von politischen Sonderaktionen der Veräußerung und der Wiederanlage des Erlöses aus von ihm anzusprechenden Politiker eingesetzt dem Verkauf der Daimler-Aktien erfolgt seien — habe; allerdings sei er überzeugt, daß Nau die Gel- sei es auf folgende Weise gekommen: Anfang April der für diese Zwecke eingesetzt habe. Es verstehe 1979, wenige Tage nach seinem Gespräch mit Kon- sich von selbst, daß keiner der betreffenden SPD rad Porzner — von dem er nicht ausschließe, daß er Politiker etwas über die Herkunft der von Nau ein- ihm geraten habe, einmal mit Alfred Nau zu spre- gesetzten Mittel erfahren habe oder auch nur habe chen —, habe sich letzterer ihm gegenüber erboten, erfahren können, denn Nau hätte seinen Bemühun- seine Bemühungen um Freihaltung der Entschei- gen von vornherein die Grundlage entzogen, wenn dungsprozesse zu den Anträgen gemäß § 6 b EStG er die Quelle seiner Geldmittel offenbart hätte. und § 4 AIG von politischen Forderungen und politi- schem Druck durch Geltendmachung seines Ein- Vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat Eberhard flusses auf Spitzenpolitiker seiner Partei zu unter- von Brauchitsch sich wegen der gegen ihn laufen- stützen. Nau habe dazu beitragen wollen, diese Poli- den steuerstrafrechtlichen Ermittlungen nicht im tiker davon zu überzeugen, daß positive Entschei- einzelnen dazu äußern wollen, wie hoch die Alfred dungen über die Anträge von der Parteibasis und Nau übergebenen Barbeträge gewesen und wie oft dem linken Flügel der Fraktion letztlich akzeptiert die Barzahlungen erfolgt seien; dies sei mehrfach würden und deshalb den für sie verantwortlichen geschehen. Er habe dabei den Eindruck gehabt, daß Politikern nicht zum politischen Nachteil gereichen es für „unseren Zweck, diese Angriffe abzuwehren", würden; außerdem habe er auf verschiedenen Ebe- gut sei, „Herrn Nau heiter zu stimmen". Nau sei nen auf die Angehörigen des linken Flügels der immer dann wiedergekommen, „wenn er nicht SPD-Bundestagsfraktion einwirken wollen, um eine mehr heiter war". Versachlichung der politischen Diskussion unter In seiner Schutzschrift für das staatsanwaltschaftli- Anerkennung der bestehenden Rechtslage als Aus- che Ermittlungsverfahren hat Eberhard von Brau- gangspunkt zu erreichen. Hinsichtlich der Möglich- chitsch zu den hier in Rede stehenden Eintragun- keiten zu einer Einflußnahme habe Nau, den er als gen „wegen" Porzner und Junghans vortragen las- einen sehr einflußreichen Mann, als eine Art „elder sen, er habe Alfred Nau im Sommer 1979 130 000 DM statesman", erlebt habe, auf sein persönliches Anse- ausgehändigt, die er zuvor in mehreren Teilbeträ- hen in der Partei verwiesen. Darüber hinaus habe gen aus der „Dispositionskasse" erhoben habe; dar- Nau dargelegt, er werde von Parteikollegen immer auf bezögen sich die Diehl-Eintragungen vom wieder um Gefälligkeiten im Bereich der Finanzie- 19. April 1979 „wegen" Porzner und Junghans je rung politischer Sonderaktionen wie Reisen, Unter- 25 000,— DM sowie vom 13. Juni 1979 „wegen" suchungen und persönliche Public Relations-Aktio- Brandt und Ehrenberg je 40 000,— DM. nen gebeten, für die kein Geld aus der Parteikasse zur Verfügung stehe; im „Gegenzug" für derartige Eberhard von Brauchitsch hat über die von ihm Gefälligkeiten könne er sich für seine politischen gegebene Sachdarstellung hinaus vor dem 1. Unter Vorstellungen besonderes Gehör bei seinen Partei suchungsausschuß zu den Motiven seines Handelns Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Stellung genommen und es wie folgt gerechtfertigt: ner eingetragenen Zahlungen seien nicht an diese Er habe die Einschaltung von Alfred Nau mit dem und ohne deren Wissen an einen Dritten, nämlich Ziel, die damaligen rechtswidrigen politischen An- an Alfred Nau, gegangen, entsprechen die Aussagen griffe gegen die Anwendung des Rechts bei den der Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Jung- Flick-Anträgen des dritten Geleitzuges abzuweh- hans und Konrad Porzner vor der Staatsanwalt- - ren, für einen „legitimen Akt der Notwehr" gehal- schaft. Beide haben — ohne die erst später vorlie- ten. Für ein Wirtschaftsunternehmen, das planen gende Darstellung von Brauchitschs zu kennen — und seine finanziellen Risiken zeitnah transparent verneint, vom Flick-Konzern Zuwendungen erhal- haben müsse, sei es völlig ausgeschlossen zu war- ten zu haben. Porzner hat auch ausgeschlossen, daß ten, bis nach Jahren ein Gericht entscheide. Man eine derartige Zuwendung unter Bezugnahme auf habe deshalb mit den gebotenen Mitteln versuchen seine Person an eine ihm oder der SPD naheste- müssen, das politische Klima wieder auszugleichen, hende Institution gegangen sein könne. Es wäre d. h. Verbündete im politischen Bereich zu finden, ihm mitgeteilt worden, wenn ein solcher Betrag an die die Auffassung teilten, daß die Flick-Anträge seinen Wahlkreis oder Bezirk gegangen wäre. Auch ohne Rücksicht auf die Größenordnung nach Ge- von einer entsprechenden Zahlung an die Gesamt- setz und Verwaltungspraxis zu bescheiden seien. partei habe er nichts erfahren. Zu Zeiten des frühe- Man habe den rechtswidrigen Angriffen durch den ren Schatzmeisters Nau hätte er davon Mitteilung Aufbau von Gegenkräften entgegentreten müssen, erhalten; wie sich dessen Nachfolger in derartigen indem Überzeugungsgespräche geführt worden sei- Fällen verhielten, könne er nicht beurteilen. Beide en. Dabei habe er es dankbar angenommen, daß haben ihre Aussagen, von den betreffenden Zah- Alfred Nau den Rechtsstandpunkt des Flick-Kon- lungsvorgängen nichts zu wissen, auch bei einer zerns begleitet und ihm zugesagt habe, sich zu be- erneuten staatsanwaltschaftlichen Vernehmung, mühen, daß die rechtswidrigen Angriffe reduziert bei der ihnen die Darstellung von Brauchitschs vor- würden; daß in einer weiteren Phase dann der gehalten wurde, aufrecht erhalten und noch erwei- „Schatzmeister Nau" tätig geworden sei, habe mit tert. dem Ursprung dieser Tätigkeit überhaupt nichts zu tun. Konrad Porzner hat bekundet, weder vor noch nach seinem Gespräch mit Eberhard von Brauchitsch Eberhard von Brauchitsch hat betont, es sei nicht Ende März 1979 von Alfred Nau eine finanzielle etwa Geld als gebotenes Mittel eingesetzt worden, Zuwendung erhalten zu haben, deren Herkunft er um Angriffe abzuwehren; ebensowenig sei versucht nicht gekannt habe; ebensowenig habe Alfred Nau worden, durch Geld die politische Willensbildung zu irgendwelche ihm, Konrad Porzner, zuzuordnenden beeinflussen. Vielmehr habe er die Offerte derjeni- politischen Aktionen finanziell unterstützt. Er habe gen aus dem Bereich der SPD angenommen, die die auch keinerlei Hinweise, daß Nau einen zu seinen Tätigkeiten des Bundestagsabgeordneten Dr. Die- Gunsten gedachten Betrag für andere Zwecke ver- ter Spöri und vorher von Dr. Rolf Böhme in dieser wandt habe. Auch von der Friedrich-Ebert-Stiftung Form nicht begleiten wollten. Zu dem von ihm ge- habe er 1979 keine entsprechende Unterstützung schilderten Sachverhalt sei es gekommen, weil ei- erhalten. Im übrigen glaube er nicht, daß Nau ihn in ner (nämlich Alfred Nau) gesagt habe: „Meine Mög- der von von Brauchitsch dargestellten Form für lichkeiten in meiner Partei, weil ich nämlich zwar käuflich gehalten habe. nicht mehr amtierender Schatzmeister bin, aber Schatzmeister war, aber immer noch für Geld indi- Ähnlich hat auch der Bundestagsabgeordnete rekt zuständig, verstärken sich dadurch, wenn ich Hans-Jürgen Junghans bekundet, weder im April meinerseits auf diesem Gebiet stärker werde". „Je- 1979 noch später von Alfred Nau oder der Friedrich- der im politischen Raum" — hat von Brauchitsch Ebert-Stiftung einen Betrag von 25.000,- DM erhal- weiter hierzu erklärt — „hat in seinem eigenen ten oder auch nur Gefälligkeiten wie Reisen ange- Überzeugungsbereich eine Hausmacht, die er aus nommen oder verlangt zu haben. Er wisse auch irgendwelchen Gründen geschaffen hat. Die Haus- nicht, ob Nau 1979 anderen SPD-Politikern finan- macht von Herrn Nau war die Kasse der SPD .. . zielle Zuwendungen gemacht oder sie im Hinblick Wenn Herr Nau sagt ,Stärke meine Hausmacht, auf die Flick-Anträge angesprochen habe; er selbst dann kann ich Gespräche führen', dann halte ich sei von Nau darauf nicht angesprochen worden. dieses nicht für den Kurzschluß ... Geld gegen poli- tische Meinungsbildung ... ". Seitens des Flick-Kon- 259 zerns sei das Thema „Geld" in diesem Zusammen- hang nicht erfunden worden. „Die Hausmacht von Die Aussage Alfred Naus vor der Staatsanwaltschaft Herrn Nau zu stärken," halte er, von Brauchitsch, „in dieser Notwehrsituation auch bei grundsätzlich Alfred Nau hat demgegenüber bei seiner staatsan- unterschiedlicher politischer Auffassung für gebo- waltschaftlichen Vernehmung zwar Spenden des ten, zulässig und ausreichend." Flick-Konzerns an die Friedrich-Ebert-Stiftung er- wähnt, die im Wege der Überweisung erfolgt seien, 258 im übrigen aber ausgesagt, er könne sich nicht erin- nern, daß ihm vom Hause Flick zu irgendeinem Die Darstellung der SPD-Bundestagsabgeordneten Zeitpunkt einmal ein größerer Bargeldbetrag — Konrad Porzner und Hans-Jürgen Junghans insbesondere auch nicht in den letzten Jahren ein sechsstelliger Bargeldbetrag - übergeben worden Der Darstellung Eberhard von Brauchitschs, die un sei. Nachdem er 1975 das Amt des SPD-Schatzmei- ter dem 19. April 1979 „wegen" Junghans und Porz sters aufgegeben habe, sei er nur noch für die Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Friedrich-Ebert-Stiftung tätig gewesen. Ergänzend Tode von Heinemann auf einer freundschaftli- hat er später durch seine Rechtsbeistände nur mit- chen Basis weiterbehalten. teilen lassen, er meine sich zu erinnern, einen am 2. Oktober 1975 erhaltenen Betrag von 100 000 DM Mein Urteil: dem damaligen stellvertretenden Schatzmeister Soweit es sich um Fragen seines beruflichen En- übergeben zu haben; er erinnere sich dagegen gagements handelt, meine ich, daß er ein sehr nicht, am 7. November 1980 von Eberhard von Brau- kenntnisreicher aber auch harter Vertreter wirt- chitsch einen Betrag in Höhe von 150 000 DM erhal- schaftlicher Interessen ist. ten zu haben. Soweit es sich um die Frage handelt, wie man Alfred Nau hat weiter ausgesagt, er sei niemals von verhindern kann, daß zwischen Unternehmern Verantwortlichen des Flick-Konzerns wegen dessen und Gewerkschaften ein Feindverhältnis ent- Steuerbescheinigungsangelegenheiten angespro- steht, habe ich hier den Eindruck gehabt, daß er chen oder in deren Bemühungen darum eingeschal- bestrebt war, eine solche Entwicklung zu verhin- tet worden. Er habe zwar häufig mit Eberhard von dern. Brauchitsch Unterredungen gehabt; falls das Ge- spräch einmal auf die Steuerbescheinigungsan- Hierzu hat er mir gegenüber erklärt, er würde es träge gekommen sei, sei das aber sicherlich nur bei- für ein Unglück halten, wenn es im Laufe der Zeit läufig gewesen. Auf die Frage, ob von Brauchitsch nicht möglich sein sollte, die Interessenlage der ihn um Vermittlung bei Bundesminister Hans Matt- Arbeitnehmer und der Arbeitgeber vernünftig höfer gebeten oder zumindest angeregt habe, er auf einen Nenner zu halten. solle über Dritte auf Matthöfer einwirken, hat Nau Diese Grundeinstellung schließt nach meinem erklärt: Eindruck nicht aus, daß er in Detailfragen ein „Wenn mich Herr von Brauchitsch in dieser An- harter Verfechter von Standpunkten war, die von gelegenheit überhaupt angesprochen hat, dann den Gewerkschaften sicher nicht geteilt werden habe ich ihm erwidert, dies falle nicht in meine können." Kompetenz. Ich könne nichts tun und wolle auch Günter Markscheffel telefonierte am selben Tage die mit der Angelegenheit befaßten Personen mit Eberhard von Brauchitsch und übersandte ihm nicht ansprechen." die Notiz mit folgenden Bemerkungen: Nau war bei seiner staatsanwaltschaftlichen Ver- ,,... beiliegend das ,historische' Papier. Auf meine nehmung weiter eine Notiz Dr. Friedrich Karl Frage, was das Ganze soll, sagte A. N., er wolle Flicks vom 11. Mai 1981 vorgehalten worden, wo- sich nur vergewissern, ob er Sie richtig beurteile. nach „Herrn N." „keine Zusage" gegeben und ihm Er selbst sei der gleichen Meinung wie ich. Auf gesagt werden solle, „daß wir zu nichts mehr bereit meine Bitte, er solle meine Beurteilung unter- sind, bevor nicht endlich der Steuerentscheid da schreiben, zögerte er etwas, tat es dann aber ist." Auf die Frage, ob sich daraus nicht ein Zusam- doch. menhang zwischen Spenden an die Friedrich-Ebert- Stiftung und den Steuerbescheiden ergebe, hat Nau Jetzt bin ich gespannt, ob dieses ,Papier` irgend- vor der Staatsanwaltschaft erklärt: wann einmal auftauchen wird; und wenn j a, in welchem Zusammenhang ..." „Wenn von seiten Flick oder von Brauchitsch ent- weder ausdrücklich oder auch nur stillschwei- Zu dem Gespräch zwischen Alfred Nau und Günter gend mir gegenüber ein solcher Zusammenhang Markscheffel einige Tage vor Naus staatsanwalt- hergestellt worden wäre, hätte ich die Annahme schaftlicher Vernehmung und der dabei entstande- von Spenden strikt verweigert und hätte den nen Notiz hat Eberhard von Brauchitsch im Ermitt- Raum verlassen. Dies ist niemals geschehen." lungsverfahren folgendes vortragen lassen: Nau habe seine Aussage vor der Staatsanwaltschaft of- fensichtlich im Vertrauen darauf gemacht, daß es ihm, von Brauchitsch, möglich sein werde, sein bis- 260 heriges Schweigen über die 1979 und 1980 erfolgten Barzahlungen zu wahren. Um sich aber Gewißheit Das Gespräch von Alfred Nau zu verschaffen, ob die Vertraulichkeit dieser Zah- mit Günter Markscheffel lungen gewährleistet sei, habe Nau kurz vor seiner vor der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung staatsanwaltschaftlichen Vernehmung Günter Einige Tage vor seiner staatsanwaltschaftlichen Markscheffel gefragt, ob man sich auf ihn, von Vernehmung, am 3. Mai 1982, hatte Alfred Nau mit Brauchitsch, verlassen könne. Diese Zielrichtung Günter Markscheffel ein Gespräch über Eberhard der Frage habe Markscheffel nicht erkennen kön- von Brauchitsch geführt. Dabei wurde folgende No- nen und sie als Frage nach der Zuverlässigkeit und tiz mit Angaben Markscheffels über Eberhard von Vertrauenswürdigkeit im politischen Bereich ver- Brauchitsch angefertigt, die von Nau und Mark- standen. Er, von Brauchitsch, habe schon vorher scheffel unterzeichnet ist: versucht, mit Nau in Verbindung zu treten, um ihn zu veranlassen, die Barzahlungen aus den Jahren „Ich kenne den Mann seit den 50iger Jahren wäh- 1979 und 1980 zu offenbaren. Nachdem er die von rend meiner Tätigkeit in Mainz; habe später wie- Nau und Markscheffel unterschriebene Notiz erhal- der Kontakt mit ihm gehabt, als ich bei Heine- ten habe, habe er dies erneut, wiederum vergeblich, mann war, und habe den Kontakt auch nach dem versucht. Da Alfred Nau nicht von sich aus seine Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Parteifreunde aus dem Verdacht befreit habe, in Zahlungen „wegen" Junghans und Porzner ohne de- den sie zu Unrecht gekommen seien, bleibe nichts ren Kenntnis an Alfred Nau gegangen sind, zutref- anderes übrig, als die Vertraulichkeit zu brechen, fend ist. Immerhin erscheinen die Eintragungen auf die Nau sich verlassen zu können geglaubt wegen der vorangegangenen Gespräche von Brau- habe. chitschs mit den- Bundestagsabgeordneten Hans Jürgen Junghans und Konrad Porzner durchaus Die Deutung des Gesprächs zwischen Alfred Nau nachvollziehbar. Andererseits sind die Sachdarstel- und Günter Markscheffel durch Eberhard von lung von von Brauchitsch und die Aussagen von Brauchitsch wird durch den Inhalt der Aussage Porzner und Junghans, diese Zahlungen weder er- Günter Markscheffels vor dem 1. Untersuchungs- halten noch davon Kenntnis erlangt zu haben, nicht ausschuß weder bestätigt noch widerlegt. Er hat widerlegbar. Eine Reihe von Gesichtspunkten ausgesagt, er sei von Nau zu einem Gespräch über spricht sogar für ihre Richtigkeit. Zunächst haben von Brauchitsch gebeten worden. Dabei habe Nau nicht nur Junghans und Porzner, sondern auch die erklärt, er werde demnächst von der Staatsanwalt- weiteren SPD-Politiker Dr. Herbert Ehrenberg, schaft vernommen, und er möchte wissen, welchen Manfred Lahnstein, Hans Matthöfer und Willy Eindruck er, Markscheffel, von von Brauchitsch Brandt Empfang und Kenntnis von den Zahlungen habe. Daraufhin habe er, Markscheffel, seine Ein- verneint, die 1979 und 1980 von Rudolf Diehl unter schätzung von von Brauchitsch geäußert, die auf ihrem Namen vermerkt wurden und die Eberhard Wunsch Naus in einer Notiz festgehalten worden von Brauchitsch nach seiner Darstellung Alfred sei, die „in einer so kritischen Situation" auf Nau gab. Wunsch beider Gesprächspartner unterzeichnet worden sei. Darüber hinaus sei nichts besprochen Die von Eberhard von Brauchitsch gegebene Sach- worden. Insbesondere habe Nau nicht gefragt, ob darstellung zu den Absprachen, die er mit Alfred von Brauchitsch vertrauenswürdig sei, ob man sich Nau getroffen haben will, und den Bemühungen, die auf ihn verlassen könne, oder ob von Brauchitsch in Nau in Aussicht gestellt haben soll, ist auch nicht so Gelddingen schweigen könne. Markscheffel als unplausibel, daß sie von vornherein als unglaubhaft Zeuge hat auch nicht bestätigt, daß Nau sich habe angesehen werden müßte. Es erscheint zwar frag- Gewißheit verschaffen wollen, ob von Brauchitsch lich, wie den SPD-Politikern, in deren Bereich und die Vertraulichkeit von Barzahlungen an Nau wah- für deren Zwecke die an Nau gegebenen Gelder ver- ren werde. Es sei auch nicht um irgendwelche wandt werden sollten, trotz gleichzeitiger Bemü- „Sprachregelungen" gegangen. Markscheffel hat hungen von Nau um Unterstützung der Positionen weiter erklärt, er kenne nicht den Grund, warum des Flick-Konzerns die Herkunft der Gelder hätte Nau von ihm die Unterschrift unter der Notiz erbe- verborgen bleiben können. Es ist jedoch schon nicht ten habe. Er habe damals nicht gewußt, warum Nau auszuschließen, daß Nau die Gelder — soweit sie von der Staatsanwaltschaft vernommen werden ihm übergeben wurden — auch anders als abge- sollte und was Nau im Hinblick auf seine Verneh- sprochen verwandte, z. B. durch Einsatz im Rahmen mung mit der Notiz gewollt habe. Er habe Nau auch eines Fonds für den Wahlkampf 1980, zumal die nicht gefragt, warum er von der Staatsanwaltschaft Herkunft der hierfür von Nau gesammelten rund vernommen werde. Sein Verhältnis zu Nau sei so 7 Millionen DM nicht geklärt ist. gewesen, wie es zwischen alten Parteifreunden üb- lich sei, die in einer hervorragenden Position seien. Ebensowenig kann die Richtigkeit der Darstellung Erklärend hat er als Zeuge hinzugefügt: von Eberhard von Brauchitsch mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, daß der Einfluß Alfred „Man fragt nicht. Man ist nicht indiskret. Was Naus nur so weit habe reichen können wie seine in einem nicht gesagt wird, darüber schweigt man. Angelegenheiten des § 6 b EStG vermutlich geringe Man antwortet, wenn man gefragt wird." Sachkompetenz. Selbst wenn man eine in Steueran- Auch auf den Vorhalt, ob die Notiz nicht doch ange- gelegenheiten geringe Sachkompetenz von Nau in- fertigt worden sei, um dem Gespräch einen unver- nerhalb der SPD unterstellen würde, könnte nicht fänglichen Anstrich zu geben, während es in Wirk- ausgeschlossen werden, daß Nau von Brauchitsch lichkeit um etwas anderes gegangen sei, etwa um gegenüber seine Einflußmöglichkeiten übertrieben das Interesse Naus, Gewißheit zu erlangen, ob von dargestellt oder daß von Brauchitsch seinerseits Brauchitsch Stillschweigen über Barzahlungen Naus Einflußmöglichkeiten überschätzt und viel- wahren werde, hat Markscheffel als Zeuge geant- leicht wirklich das Geld „zum Fenster hinausgewor- wortet, dies sei ein subjektiver Eindruck, und im fen" hat, wie es Prof. Dr. Friedrich Halstenberg als übrigen auf die von ihm gegebene Darstellung des Zeuge gemeint hat. Die Sachdarstellung von Brau- Gesprächsinhaltes verwiesen. chitschs wird im übrigen dadurch gestützt, daß auch Dr. Axel Schmidt-Hern als Zeuge erklärt hat, Nach dem Gespräch habe er sich allerdings gefragt, zeitweilig, insbesondere während des dritten An- was das alles solle, da Alfred Nau doch alles, was in tragsblocks, habe er sich in einer „Notwehrsitua- der Notiz festgehalten worden sei, ohnehin gewußt tion" gefühlt, und hinzugefügt hat: „Das war das habe. Er habe dies aber Naus damaligem schlech- Denken im Hause." ten Gesundheitszustand zugute gehalten. Auch Dr. Friedrich Karl Flick hat sich als Zeuge Der 1. Untersuchungsausschuß hat zwar nicht die ähnlich geäußert und von „rechtswidrigem" Gegen- sichere Überzeugung gewonnen, daß die Darstel- druck gegen den Anspruch auf die Bescheinigungen lung von Eberhard von Brauchitsch, wonach die von sowie von der Notwendigkeit, zu überzeugen und Rudolf Diehl unter dem 19. April 1979 vermerkten Verbündete zu finden, gesprochen. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Soweit Alfred Nau bei seiner staatsanwaltschaftli- rium bei Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl erkun- chen Vernehmung erklärt hat, sich nicht zu erin- digt, welche größeren Anträge des Flick-Konzerns nern, vom Flick-Konzern größere Bargeldbeträge noch vorlägen. Am 29. März 1979 hatte er daraufhin erhalten zu haben, und darüber hinaus bestritten dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf hat, jemals wegen der Flick-Anträge angesprochen Böhme mitgeteilt,- die Anträge betreffend VHDI, oder in Bemühungen darum eingeschaltet worden USF und PCV würden derzeit im Bundeswirt- zu sein, sind seine Aussagen nach Auffassung des schaftsministerium bearbeitet; es sei aber noch 1. Untersuchungsausschusses nicht geeignet, die nicht abzusehen, wann sie dem Bundesfinanzmini- Sachdarstellung von Eberhard von Brauchitsch ent- sterium vorgelegt würden. Außerdem neige das scheidend in Zweifel zu ziehen. Notizen aus dem Bundeswirtschaftsministerium dazu, über die drei Hause Flick — so etwa Notizen von Brauchitschs Anträge „in einem Paket" zu entscheiden. vom 13. August 1980 und vom 8. Mai 1981 über Gespräche mit Nau — deuten nämlich darauf hin, In einer Stellungnahme vom 11. April 1979 teilte das daß Nau — entgegen seinen Aussagen — jedenfalls Bundeskartellamt dem Bundeswirtschaftsministe- zu dieser Zeit in die Bemühungen um die Anträge rium mit, gegen den USF-Antrag bestünden keine des Flick-Konzerns eingeschaltet war. wettbewerblichen Bedenken. Schließlich deutet nach Auffassung des 1. Untersu- chungsausschusses auch das Gespräch zwischen Günter Markscheffel und Alfred Nau kurz vor des- 262 sen staatsanwaltschaftlicher Vernehmung trotz der Aussage Markscheffels darauf hin, daß Nau jeden- Das Berlin-Gespräch bei Bundeskanzler falls die Absicht hatte, sich dabei Gewißheit dar- Helmut Schmidt am 15. Mai 1979 über zu verschaffen, ob er mit einem weiteren Still- Am 15. Mai 1979 fand in Bonn ein sogenanntes Bun- schweigen von Eberhard von Brauchitsch über frü- galow-Gespräch über die wirtschaftliche Lage und here Bargeldzahlungen rechnen konnte. Zukunft statt, zu dem Bundeskanzler Hel- Die bei dem Gespräch angefertigte Notiz mit dem mut Schmidt auch Bundesminister Dr. Otto Graf Urteil Günter Markscheffels über Eberhard von Lambsdorff sowie Vertreter der Wirtschaft, darun- Brauchitschs Verhalten im politischen Bereich gibt ter auch Eberhard von Brauchitsch, gebeten hatte. sonst keinen erkennbaren Sinn, wenn das Gespräch Das Steuerreferat des Bundeswirtschaftsministeri- — wie der Zeuge Markscheffel ausgesagt hat — von ums erstellte für seinen Minister zur Vorbereitung Alfred Nau im Hinblick auf seine staatsanwalt- auf das Gespräch eine Vorlage, in der Stellung ge- schaftliche Vernehmung gewünscht worden war. nommen wurde zu Anregungen, die Bundeskanzler Selbst wenn man von der Richtigkeit der weiteren Helmut Schmidt am 20. Februar 1979 bei einem Ge- Aussage von Markscheffel ausgeht, daß man sich spräch mit dem damaligen Wirtschaftsberater des nur über das in die Notiz Aufgenommene unterhal- Berliner Senats und früheren Vorstandsvorsitzen- ten habe, wird dadurch noch nicht ausgeschlossen, den der Feldmühle AG, Robert Layton, gemacht daß Nau seinerseits beabsichtigte oder hoffte, von hatte. Dort hatte Bundeskanzler Helmut Schmidt Markscheffel Aufschluß über die ihn interessie- nach einem Gesprächsvermerk den Vorschlag Lay- rende Frage zu erhalten, ob man sich auf von Brau- tons, im Rahmen des § 6 b EStG eine besondere Ber- chitschs Stillschweigen über Barzahlungen verlas- lin-Regelung vorzusehen, für prüfenswert gehalten, sen könne. Daß Nau — den Aussagen Markschef- weiter aber zu erwägen gegeben, ob es nicht genü- fels zufolge — sein Anliegen nicht ausdrücklich zur ge, bekannt werden zu lassen, daß § 6 b EStG bei Sprache gebracht haben soll, steht dem nicht entge- Investitionen in Berlin großzügig angewendet wer- gen, zumal Nau nach den Aussagen mehrerer Zeu- de; außerdem hatte er die Absicht geäußert, die gen sich häufig anderen gegenüber verschlossen Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft zu gezeigt hat. bitten, mit Eberhard von Brauchitsch über „das Der 1. Untersuchungsaussschuß geht davon aus, Thema Investitionen eines Teils der Steuererspar- daß die von Rudolf Diehl notierten Beträge Alfred nisse von Flick aufgrund der Anwendung des § 6 b Nau — zugunsten der SPD — zugingen; als Motiv EStG in Berlin" zu sprechen. ist das anzusehen, was Eberhard von Brauchitsch Helmut Schmidt hat vor dem 1. Untersuchungsaus- vor dem Untersuchungsausschuß eingeräumt hat, schuß als Zeuge erklärt, er habe sich zu der steuer- nämlich wegen der angenommenen Notwehrsitua- lichen Behandlung von Reinvestitionen des Erlöses tion auf die SPD im Zusammenhang mit den Steu- aus dem Verkauf der Daimler-Aktien „materiell" erbescheinigungsverfahren einwirken zu wollen. niemals, auch nicht gegenüber Vertretern des Flick Konzerns, geäußert. Der 1. Untersuchungsausschuß 261 hat nicht feststellen können, daß er sich entgegen dieser Aussage im Rahmen der Gespräche vom Information des Parlamentarischen Staatssekretärs 20. Februar und 15. Mai 1979 gegenüber Vertretern Dr. Rolf Böhme über den Stand der Bearbeitung des Flick-Konzerns zur steuerlichen Behandlung des 3. Antragsblocks der Reinvestitionen geäußert hätte. Robert Layton hatte das Gespräch am 20. Februar 1979 nicht als Inzwischen hatte sich Ministerialdirektor Dr. Karl Vertreter der Flick-Gruppe, sondern als Wirt- Koch auf Bitte des Parlamentarischen Staatssekre schaftsberater des Berliner Senats geführt. Soweit tärs Dr. Rolf Böhme im Bundeswirtschaftsministe der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt bei Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 diesem Gespräch die Absicht geäußert hat, über die 264 Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft Eberhard von Brauchitsch wegen Investitionen Überlegungen Fritz Wackers zur Einschaltung nach § 6 b EStG in Berlin ansprechen zu lassen, von „Hilfstruppen" betraf dies nicht inhaltliche Fragen der steuerli- chen Behandlung von Investitionen, sondern nur In einer Notiz an Dr. Friedrich Karl Flick vom den Ort möglicher weiterer Investitionen. Diese Ab- 16. Mai 1979 meinte Fritz Wacker unter Berufung sicht beruhte offenbar auf berlinpolitischen Überle- auf einen dem 1. Untersuchungsausschuß nicht zu- gungen und nicht auf dem Wunsch, dem Flick-Kon- gänglich gewordenen Vermerk von Günter Max zern bei einer steuerbegünstigten Wiederanlage des Paefgen, der gegenwärtige Schwebezustand bei der Daimler-Verkaufs-Erlöses behilflich zu sein. Ob der Bearbeitung des USF-Antrages infolge der kartell- damalige Bundeskanzler diese Absicht verwirklicht rechtlichen Schwierigkeiten in den USA könne hat, ist nicht geklärt. Vor dem 1. Untersuchungsaus- demnächst behoben werden. Er regte rechtzeitige schuß hat er sich nicht erinnern können, ob er die Überlegungen dazu an, ob, wann und wie folgende Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft „Hilfstruppen" in Marsch gesetzt werden könnten, gebeten hat, mit Eberhard von Brauchitsch über falls der Antrag in Bonn stecken bleiben oder gar Investitionen in Berlin zu sprechen, er glaube es eine Ablehnung signalisiert würde: Das Land Bay- aber nicht. Ebenso hat er es für unwahrscheinlich ern, das wegen der Verbesserung der Kapazitäts- gehalten, bei dem Gespräch am 15. Mai 1979 unmit- auslastung bei Krauss-Maffei in hohem Maße inter- telbar mit von Brauchitsch über Investitionen in essiert sein müßte, Aufsichtsratsmitglieder von Berlin gesprochen zu haben. Krauss-Maffei, weiter das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium wegen seines Interesses am Erfolg von Projekten von PCV und schließlich der Bundesforschungsminister. Wacker empfahl, 263 den Gedankenaustausch hierüber zunächst inner- halb des Hauses zu halten. Vorbereitung eines Gesprächs von Eberhard von Brauchitsch am 15. Mai 1979 Auf den Überlegungen Fritz Wackers beruhten möglicherweise die Anfang Juni 1979 von Manfred Zur Vorbereitung auf ein ebenfalls für den 15. Mai Nemitz unternommenen Bemühungen, einen Ter- 1979 vorgesehenes Gespräch von Eberhard von min für ein Treffen zwischen Eberhard von Brau- Brauchitsch fertigte Fritz Wacker eine Notiz an, die chitsch und dem nordrhein-westfälischen Wirt- darauf hindeutet, daß ein Treffen mit Dr. Otto Graf schaftsminister Dr. Horst-Ludwig Riemer zu ver- Lambsdorff vorgesehen war. Darin heißt es, „Herr einbaren. L." habe in der ersten April-Woche von seinem zu- ständigen Kollegen im Bundeswirtschaftsministe- Die Einschaltung des Bundesministeriums für For- rium erfahren, daß der VHDI-Antrag in Arbeit sei. schung und Technologie zur Verbesserung der Sein „Nachfassen" über „Herrn N." habe ergeben, Chancen des USF-Antrages war jedenfalls in den daß in der Zwischenzeit weder zum VHDI- noch folgenden Wochen neben erfolgreichen Bemühun- zum PCV-Antrag die Stellungnahme des Bundesmi- gen von Eberhard von Brauchitsch um ein Ge- nisteriums für Wirtschaft im Bundesministerium spräch mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wegen der Finanzen eingegangen sei. Wenn das richtig sei aller Anträge des dritten Antragsblocks Gegen- — bemerkte Wacker —, habe sich Ministerialrat stand verschiedener Aktivitäten des Flick-Kon- Dr. Wolfgang Mühl, der am 15. Februar 1979 mitge- zerns. Am 17. Mai 1979 teilte von Brauchitsch Fritz teilt habe, es lägen alle Einzelvoten vor, eine Menge Wacker in einer Notiz mit, er habe Staatssekretär Zeit gelassen und lasse sie sich immer noch. Es Dr. Schlecht noch nicht sprechen können. Da dieser empfehle sich daher, die Gelegenheit zu nutzen und heute von „L." angesprochen werde, müsse die Re- den Minister zu bitten, etwas zur Beschleunigung aktion abgewartet werden. Er, von Brauchitsch, der Bearbeitung in seinem Hause zu unternehmen. werde versuchen, in der nächsten Woche mit Nach allem, was Dr. Mühl am 15. Februar 1979 Staatssekretär Dr. Schlecht zu sprechen. gesagt habe, gebe es mindestens im Fall VHDI keine ungeklärten Sachfragen mehr; im Fall PCV Am selben Tage traf Günter Max Paefgen den da- habe dieser damals ein weiteres Gespräch zwischen maligen Bundesminister für Forschung und Tech- Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums und nologie, Dr. Volker Hauff, bei einer Veranstaltung dem Flick-Konzern für möglich gehalten. des Arbeitskreises „Wirtschaftspolitik", bei der letz- terer über den Technologie-Transfer von Nord nach In einer ersten — später in der Gesamtbeurteilung Süd sprach. Paefgen berichtete in einer Notiz an zum Positiven hin abgeänderten — Stellungnahme Dr. Friedrich Karl Flick, er habe sich mit Minister zum PCV-Antrag vom 16. Mai 1979 äußerte das Bun- Dr. Hauff eingehend über dieses Thema unterhal- deskartellamt, die der PCV zugeführten 25 Millio- ten und darauf hingewiesen, daß es für die Bundes- nen DM dürften deren Marktstellung nicht wesent- republik von besonderer Bedeutung sei, daß Tech- lich verstärken; angesichts der finanziellen Res- nologie-Transfer sowohl von den USA in die Bun- sourcen des Flick-Konzerns, die eine Kapitalstär- desrepublik als auch umgekehrt erfolge. Minister kung der eigenen Tochter in jedem Falle ermöglich- Dr. Hauff habe dies sehr eingeleuchtet; er habe be- ten, sei eine besondere volkswirtschaftliche Förde- tont, er werde es begrüßen, wenn gerade diesem rungswürdigkeit der Kapitalbeteiligung jedoch Thema von deutschen Unternehmen künftig grö- nicht erkennbar. ßere Bedeutung als bisher beigemessen werde. Man Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode sei so verblieben, daß in der nächsten Zeit ein ein- nahme auf dessen Bericht über sein Gespräch mit gehendes Gespräch über dieses Thema geführt wer- Minister Dr. Volker Hauff am 17. Mai 1975, daß er es de. Das Problem USF habe er, Paefgen, bei dieser sei, der „in Abstimmung mit Lambsdorff und Matt- Gelegenheit bewußt nicht angeschnitten. Dies höfer Verbindung zu Hauff halte, um im Bereich könne er aber bei dem verabredeten Gespräch in § 4/US Filter- zu gegebener Zeit die sachverständi- sehr detaillierter Weise tun. gen Äußerungen zu erhalten, die der Bundeswirt- schaftsminister und der Bundesfinanzminister zur Günter Max Paefgen bemerkte weiter, man könne Genehmigung der Transaktion US Filter benöti- davon ausgehen, daß Minister Dr. Hauff in dieser gen." Frage sehr positiv reagieren werde. Dr. Hauff habe in dem Gespräch mehrfach betont, daß sein Vorgän- ger Hans Matthöfer gerade an diesem Thema 265 höchst interessiert gewesen sei. Hier werde man — bemerkte Paefgen — dann also ebenfalls ansetzen Gespräch von Bundeswirtschaftsminister können. Im übrigen sei das persönliche Verhältnis Dr. Otto Graf Lambsdorff zwischen den Ministern Dr. Hauff und Matthöfer, mit Eberhard von Brauchitsch am 28. Mai 1979 wie auch von anderer Seite bestätigt worden sei, nach wie vor ausgezeichnet. Am 28. Mai 1979 führte Eberhard von Brauchitsch mit Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff ein Am 23. Mai 1979 erstellte ein Mitarbeiter des Flick Gespräch, das nach der von von Brauchitsch hier- Konzerns für Günter Max Paefgen eine Notiz mit über angefertigten Notiz auf Initiative des Mini- dem Betreff: „Ihr Gespräch im Bundesforschungs- sters zustande gekommen sein soll. Von Brau- ministerium". Er gab darin unter Bezugnahme auf chitsch vermerkte, er habe auf das „zweckmäßigste ein Gespräch mit Dr. Heribert Blaschke zunächst Timing in Sachen Gerling und PCV" hingewiesen nur einen „Zwischenbericht". Darin hieß es u. a., und auf Anregung von Dr. Graf Lambsdorff seine nach Auffassung Dr. Blaschkes sei es für die wei- Bemühungen um ein Gespräch mit Staatssekretär tere Behandlung des Antrags betreffend USF im Dr. Otto Schlecht intensiviert. Bundeswirtschaftsministerium von Nutzen, wenn „Herr Mühl vom BWM sich mit Herrn Minister Aus derselben Notiz ergibt sich, daß Eberhard von Hauff bezüglich der volkswirtschaftlichen Bedeu- Brauchitsch am 29. Mai 1979 mit Staatssekretär tung unserer Zusammenarbeit mit USF auf dem Dr. Otto Schlecht telefonierte, der über den letzten Gebiet energiesparender Technologien in Verbin- Stand der Anträge „nicht erstklassig unterrichtet dung setzen würde". Als überzeugendes Argument gewesen" sei, vielmehr nur gewußt habe, daß die für § 4 AIG sei die Tatsache zu nennen, daß die Voten im Bundeswirtschaftsministerium positiv Zusammenarbeit zwischen der Flick-Gruppe und seien und auch die „versicherungstechnische Fach- USF zu einem Technologieaustausch führen werde, abteilung" des Bundesfinanzministeriums eine po- der letztlich zur privatwirtschaftlichen Übernahme sitive Reaktion signalisiert habe. Von Brauchitsch von Forschungsprojekten führen und damit die vermerkte weiter, er habe Staatssekretär Inanspruchnahme öffentlicher Mittel reduzieren Dr. Schlecht auf den kritischen Termin der Flick würde. Hierzu wurden Beispiele genannt und die Pressekonferenz am 3. Juli 1979 aufmerksam ge- Möglichkeit erörtert, Finanzierungsquellen der macht und ihm gesagt, wenn in der Pressekonfe- Weltbank für die Anwendung der Technologien in renz erklärt werden könne, daß VHDI und PCV der Dritten Welt nutzbar zu machen. Dies sei insbe- längst genehmigt seien, werde man keine neue poli- sondere im Hinblick auf den von Minister Dr. Hauff tische Diskussion bekommen. Andernfalls würden geführten Dialog über den Nord-Süd-Transfer von sich die oppositionellen Politiker aufgerufen fühlen, Technologien bedeutungsvoll. neue öffentliche Belehrungen gegenüber der Bun- desregierung zu starten, warum die Genehmigun- Als Zeuge hat Günter Max Paefgen zwar nicht aus- gen nicht erteilt werden dürften. Staatssekretär geschlossen, anläßlich der Vortragsveranstaltung Dr. Schlecht habe die Argumentation verstanden mit Minister Dr. Volker Hauff über den Technolo- und werde sich unverzüglich mit Ministerialrat gie-Transfer zwischen der USA und der Bundesre- Dr. Wolfgang Mühl in Verbindung setzen. Er sei publik Deutschland geredet zu haben; über USF sei auch einverstanden, daß Fritz Wacker noch vor dabei aber — wie sich auch aus seiner Notiz ergebe Pfingsten ein Gespräch mit Dr. Mühl führe, um zu — nicht näher gesprochen worden. Er erinnere sich prüfen, ob die Zeitvorstellung vom 3. Juli realistisch auch nicht, im Anschluß daran selbst ein weiteres sei. Gespräch mit Minister Dr. Hauff oder im Bundes- ministerium für Forschung und Technologie ge- führt oder einen anderen Angehörigen des Flick 266 Konzerns zu einem Gespräch veranlaßt zu haben. Er wisse auch nicht, ob andere Angehörige des Hau- Telefonat Fritz Wackers mit Ministerialrat ses Flick in der folgenden Zeit Gespräche mit dem Dr. Wolfgang Mühl wegen des Antrags Bundesministerium für Forschung und Technologie betreffend Gerling geführt hätten. Am 31. Mai 1979 berichtete Fritz Wacker in einer Das Vorgehen von Günter Max Paefgen scheint im Notiz über ein längeres Telefonat mit Ministerialrat Konzern nicht ohne Widerspruch geblieben zu sein. Dr. Wolfgang Mühl vom selben Tage. Zum VHDI- Eberhard von Brauchitsch betonte nämlich in einer Antrag habe das Gespräch ergeben, daß Dr. Mühl Notiz an Paefgen vom 28. Mai 1979 unter Bezug die Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeri- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 ums immer noch nicht ausgearbeitet habe. Da er Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl sei ferner der Mitte Februar 1979 mitgeteilt habe, er habe dafür Meinung, es sei unmöglich, die drei Anträge bis zur alles, was er benötige, habe er, Wacker, vorsichtig Pressekonferenz am 3. Juli 1979 durchzuziehen. Er „auf den Busch geklopft" , um den Grund für die habe gebeten, darauf hinzuwirken, daß bei der Pres- sekonferenz Fragen von Journalisten dahingehend zögerliche Weiterbearbeitung zu erfahren. Dabei - habe sich herausgestellt, daß sich Dr. Mühl und beantwortet würden, daß das Bundeswirtschaftsmi- wohl auch einige seiner Kollegen von den Angriffen nisterium die letzten drei Anträge genauso gründ- des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri lich prüfe wie die vorausgegangenen. Fritz Wacker im März getroffen fühlten. Wacker bemerkte hier- bemerkte hierzu, auch hier sei unüberhörbar gewe- zu, Dr. Spöri habe dem Bundeswirtschaftsministe- sen, daß sich Dr. Mühl bei seinen Überlegungen von rium sinngemäß vorgeworfen, es verhalte sich ge- den vor kurzem erhobenen Vorwürfen beeinflussen genüber dem Hause Flick „willfährig`, und habe lasse. ferner in bezug auf Gerling den Nachweis positiver wettbewerbspolitischer Auswirkungen als „eindeu- Von Einfluß auf dessen Taktik sei auch die angebli- tig gekünstelt" bezeichnet. Diese Vorwürfe hätten che Absicht des Bundesfinanzministeriums, in offenkundig Dr. Mühl veranlaßt, das Bundesauf- Kürze eine Gesetzesvorlage mit verschiedenen Än- sichtsamt für das Versicherungswesen, das Referat derungen des Einkommensteuerrechts und anderer „Versicherungswirtschaft" des Bundesfinanzmini- Vorschriften vorzulegen, zu denen auch das Aus- steriums und ein weiteres Referat des Bundeswirt- landsinvestitionsgesetz — allerdings nicht dessen schaftsministeriums noch einmal zu bitten, ihm ins- § 4 — gehöre. Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl besondere zu den wettbewerbspolitischen Aspekten wolle vermeiden, daß eine etwaige gleichzeitige er- der Gerling-Transaktion neue mit mehr Substanz neute Diskussion der Flick-Anträge zu Weiterungen angereicherte Argumente an die Hand zu geben. in bezug auf diese Gesetzesvorlage führe. Abschlie- Diese Stellungnahmen lägen noch nicht vor. Dr. ßend faßte Fritz Wacker seinen Eindruck von dem Mühl habe zu verstehen gegeben, daß sich an der Gespräch dahingehend zusammen, daß Dr. Mühl positiven Gesamtbeurteilung des Falls dadurch vermutlich im Herbst mit den drei Entscheidungen nichts ändere; er wolle das Votum des Bundeswirt- gleichzeitig herauskommen wolle, wobei er insge- schaftsministeriums aber erst abschließend formu- heim davon auszugehen scheine, daß zwei positive lieren, wenn er von diesen Stellen zusätzliche über- Entscheidungen — VHDI und PCV — und eine ne- zeugende Argumente erhalten habe. gative Entscheidung — USF — die Reaktionen im politischen Raum und in der Öffentlichkeit in ei- Auch die Bearbeitung des PCV Antrags sei im Bun- nem erträglichen Rahmen halten würden. Bezüg- desministerium für Wirtschaft noch nicht abge- lich USF stehe also sehr wahrscheinlich noch ein schlossen. Daran seien verschiedene Fachreferate schwieriges Stück Arbeit bevor. der Abteilung „Energiepolitik, mineralische Roh- stoffe" beteiligt; eines davon sei erst in dieser Wo- che eingeschaltet worden. Ministerialrat Dr. Wolf- 267 gang Mühl wolle bezüglich des PCV-Antrages zu- sätzlich das Bundesministerium für Forschung und Unterrichtung von Dr. Friedrich Karl Flick Technologie einbeziehen. durch Eberhard von Brauchitsch über den Stand Fritz Wacker schrieb hierzu, auch in diesem Fall sei der Bearbeitung des 3. Antragsblocks deutlich zu spüren, daß Dr. Mühl sein Votum mög- Eberhard von Brauchitsch kam in einem Vermerk lichst 150 %ig abdichten wolle, weil er neue Angriffe für Dr. Friedrich Karl Flick vom 7. Juni 1979 noch- fürchte. Beim Antrag betreffend US Filter wolle Dr. Mühl — entgegen der bisherigen Absprache, ihn mals auf seine Gespräche mit Minister Dr. Otto in der Schwebe zu halten, bis das kartellrechtliche Graf Lambsdorff und Staatssekretär Dr. Otto Problem gelöst sei — die „grundsätzliche Bearbei- Schlecht sowie auf die Notiz Fritz Wackers über das tung" schon jetzt fortsetzen. Er habe erneut auf die Gespräch mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl am kritische Einstellung im Bundeswirtschaftsministe- 31. Mai 1979 zurück. Er führte darin aus, die Gesprä- che mit den beiden Erstgenannten habe er geführt, rium gegenüber diesem Antrag hingewiesen. nachdem man Informationen erhalten habe, denen Er, Fritz Wacker, habe Ministerialrat Dr. Wolfgang zufolge das Bundesfinanzministerium „mit Gewehr Mühl zu überlegen gegeben, ob es nicht richtig sei, bei Fuß" stehe, die Vorlagen VHDI und PCV „quer in diesem Fall schon frühzeitig das Bundesministe- zuschreiben" und an das Bundeswirtschaftsministe- rium für Forschung und Technologie in das Verfah- rium zurückzugeben. Weiter schilderte er — wie ren einzuschalten, und zwar auch für den Antrag schon in seiner Notiz über sein Gespräch mit betreffend US Filter. Dr. Mühl habe darauf positiv Staatssekretär Dr. Schlecht am 29. Mai 1979 — die reagiert, er werde diesen Gesichtspunkt prüfen. bei diesen Gesprächen von ihm vorgetragenen Ar- Ferner habe er erneut zugesagt, keine ablehnende gumente, warum es strategisch zweckmäßig er- Stellungnahme zu formulieren, ohne dem Flick scheine, wenn die Bescheinigungen noch vor der Konzern vorher Gelegenheit zu einem Gespräch Pressekonferenz am 3. Juli 1979 vorlägen. Der Mini- mit den Fachleuten des Bundeswirtschaftsministe- ster und der Staatssekretär hätten sich dieser Auf- riums zu geben. Im übrigen beharre Dr. Mühl dar- fassung angeschlossen und ihrerseits auf Dr. Mühl auf, die drei Anträge zusammenzulassen. Er wolle versucht einzuwirken. Die Reaktion ergebe sich aus damit vermeiden, daß bei Entscheidungen zu ver- dem Gespräch zwischen Dr. Mühl und Wacker am schiedenen Zeitpunkten das ganze Thema jedesmal 31. Mai 1979 und der von Wacker hierüber angefer- von neuem in der Öffentlichkeit hochgespielt werde. tigten Notiz. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Eberhard von Brauchitsch bemerkte dazu, bei der tragenen Zahlungen — im Sommer 1979 zur Ver- Struktur des Bundeswirtschaftsministeriums, in wendung im Bereich und zur Förderung von dem die Referenten und Unterabteilungsleiter tra- Zwecken der betreffenden Politiker in bar an Alfred ditionell eine sehr starke Position hätten, sei man Nau gegeben worden sein, nachdem dieser angebo- gut beraten, zunächst den von Ministerialrat ten habe, die Bemühungen- um Freihaltung der Ent- Dr. Wolfgang Mühl aufgezeigten Weg mitzumachen, scheidungsprozesse bei den laufenden Flick-Anträ- auch wenn man ihn für falsch halte. Ein Streit gen vom Druck politischer Forderungen und Emo- innerhalb des Bundeswirtschaftsministeriums tionen zu unterstützen. werde mit Sicherheit „zu unserem Nachteil" ausge- hen. Von Brauchitsch kündigte dann an, man werde Eberhard von Brauchitsch hat auch vor dem 1. Un- jetzt allerdings in etwas kürzeren Abständen, das tersuchungsausschuß ausgesagt, der damalige Bun- nächste Mal unmittelbar nach der Reaktion auf die desminister für Arbeit und Sozialordnung und SPD Pressekonferenz vom 3. Juli 1979, bei Minister Bundestagsabgeordnete Dr. Herbert Ehrenberg Dr. Otto Graf Lambsdorff und Staatssekretär Dr. habe kein Geld erhalten. Er hat weiter darauf hin- Otto Schlecht tätig werden, damit die Angelegen- gewiesen, daß Willy Brandt mit Schreiben vom heit nicht zu lange auf sich beruhen bleibe. Wegen 14. Juli 1982 auf dessen Ersuchen hin bestätigt wor- des Planes von Dr. Mühl, VHDI und PCV einerseits den sei, daß dieser den unter dem 13. Juni 1979 ver- und USF andererseits als „Paket" zu behandeln, merkten Betrag nicht bekommen habe. Im übrigen werde er kurzfristig mit Dr. Hanns Arnt Vogels ab- hat von Brauchitsch im Ermittlungsverfahren vor- sprechen, tragen lassen, er habe sich die 1979 und 1980 an Nau übergebenen Barbeträge jeweils nach Gesprächen „wie wir auf Matthöfer und Hauff (BMFT) einwir- mit den betreffenden SPD-Politikern aushändigen ken, damit die Voraussetzungen für eine Geneh- lassen, um sie bei der nächsten Gelegenheit zu migung auch von US Filter verbessert werden." übergeben. Im Gegensatz zu den Notizen von Eberhard von In der Zeit vor dem 13. Juni 1979 fanden, soweit dies Brauchitsch über seine Gespräche Ende Mai 1979, hat festgestellt werden können, keine Gespräche in denen berichtet wurde, die Leitung des Bundes- zwischen Eberhard von Brauchitsch und Willy wirtschaftsministeriums wolle auf Ministerialrat Brandt bzw. Dr. Herbert Ehrenberg statt. Das für Dr. Wolfgang Mühl einwirken, um eine Beschleuni- den 16. Mai 1979 vorgesehene Gespräch mit Brandt gung zu erreichen, hat dieser jedoch bei seiner war abgesagt worden und fand erst im September staatsanwaltschaftlichen Vernehmung ausgesagt, 1979 statt, nachdem sich das Büro von Brandt bei von einem Drängen der Leitung des Bundeswirt- dem Büro von von Brauchitsch auch erst am schaftsministeriums auf beschleunigte Behandlung 28. Juni 1979 wegen eines neuen Gesprächstermins der Anträge in dieser Zeit sei ihm nichts bekannt. gemeldet hatte. Aus einer Notiz des Büros von Brauchitschs ergibt sich, daß dieser am 28. Mai 1979 an Dr. Ehrenberg einen inhaltlich dem 1. Untersu- 268 chungsausschuß nicht bekannten Brief geschrieben hat und daß Ende August ein Gespräch für Septem- Eintragungen in der Diehischen Liste im Juni 1979 ber vereinbart werden sollte. In der Liste von Rudolf Diehl über „inoffizielle Zah- Vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat Eberhard lungen an die SPD" wurde unter dem 13. Juni 1979 von Brauchitsch nicht sagen können, ob in der Zeit eingetragen: um den 13. Juni 1979 ein Gespräch mit Dr. Herbert Ehrenberg stattfand; es habe aber laufend Kon- „v. B. wg. Brandt 40 000,- takte mit ihm gegeben. v. B. wg. Ehrenberg 40 000,—". Die Darstellung von Eberhard von Brauchitsch zu Eberhard von Brauchitsch quittierte am gleichen den Eintragungen „wegen" Willy Brandt und Tage den Erhalt von 80.000,— DM auf einem Beleg, Dr. Herbert Ehrenberg im Juni 1979 steht — wie bei auf dessen Rückseite die Namen der beiden Politi- den Eintragungen „wegen" Konrad Porzner und ker jeweils mit dem Zusatz „40" vermerkt wurden. Hans-Jürgen Junghans — im Widerspruch zu der Anscheinend im Zusammenhang damit war in ei- Aussage Alfred Naus, sich an den Empfang größe- ner Büronotiz vom 12. Juni 1979 für von Brau- rer Bargeldbeträge vom Flick-Konzern nicht erin- chitsch festgehalten worden, Rudolf Diehl wolle nern zu können. Sie deckt sich aber, soweit die Gel- „heute nachmittag kurz zu Ihnen kommen wegen der ohne Wissen der betreffenden Politiker an ei- Cuvert für morgen"; ferner war in einer Aufstellung nen Dritten wie Nau gegangen sein sollen, mit den „eiliger Rücksprachen" für den 12. Juni 1979 u. a. Aussagen der Zeugen Brandt und Dr. Ehrenberg. „Herr Diehl Dr. Herbert Ehrenberg hat bei seiner staatsanwalt- schaftlichen Vernehmung bekundet, niemals, auch — Ehrenberg + Brandt" nicht auf sein Wahlkampfkonto, Zahlungen vom aufgeführt worden. Haus Flick erhalten zu haben. Ihm sei auch nichts von Zahlungen unter Bezugnahme auf seinen Na- Auch diese Beträge sollen nach der von Eberhard men an seine Partei oder ihre Gliederungen be- von Brauchitsch bereits im Ermittlungsverfahren kannt. Von Zahlungen an die Partei unter Angabe gegebenen Darstellung — ebenso wie die unter dem eines bestimmten Abgeordneten hätte der Schatz- 19. April 1979 „wegen" Porzner und Junghans einge meister Mitteilung gemacht; direkte Zahlungen an Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 seinen Bezirk oder Unterbezirk habe es nie gege- weiterzukommen, für Anfang August ein Gespräch ben. Im übrigen sei er auch niemals mit dem kon- zwischen dem Steuerreferat, dem für „Forschung kreten Vorgang der Flick-Anträge befaßt gewesen, im Bergbau" zuständigen Referat und Vertretern sehr ausführlich und oft dagegen mit der wirt- des Flick-Konzerns vorgeschlagen; dieses Gespräch schaftspolitischen Fragwürdigkeit des § 6 b EStG. sei notwendig, weil bei dem letztgenannten Referat Auch Eberhard von Brauchitsch habe sich nie mit noch eine Reihe von Fragen bestehe, die vor der einem konkreten Gesprächswunsch zu diesem Abfassung einer Stellungnahme beantwortet wer- Thema an ihn gewandt oder versucht, ihn für die den müßten. Flick-Anträge einzuspannen. Am 29. Juni 1979 vereinbarte Ministerialrat Bei einer erneuten staatsanwaltschaftlichen Ver- Dr. Wolfgang Mühl mit Fritz Wacker nach einer von nehmung unter Vorhalt der Einlassung von Eber- diesem angefertigten Notiz für den 3. August 1979 hard von Brauchitsch hat Dr. Herbert Ehrenberg ein Gespräch zu USF und PCV. Wacker hielt fest, seine Aussage noch erweitert und erklärt, er habe Dr. Mühl sei informiert, daß sich der Flick-Konzern auch von Alfred Nau oder der Friedrich-Ebert-Stif- „in stärkerer Besetzung" beteiligen werde. Die „an- tung keine Zahlung von 40 000,— DM erhalten. dere Seite" werde sich nach heutigem Kenntnis- stand ausschließlich aus Angehörigen des Bundes- Ebenso wie bei den Eintragungen „wegen" Konrad wirtschaftsministeriums zusammensetzen. Dr. Mühl Porzner und Hans-Jürgen Junghans geht der 1. Un- habe auch schon mitgeteilt, wie er sich den Ablauf tersuchungsausschuß hier davon aus, daß diese von des Gespräches am 3. August 1979 vorstelle und Rudolf Diehl notierten Beträge wegen der ange- welche Fragen zu den Anträgen gestellt werden nommenen „Notwehrsituation" im Zusammenhang sollten. Im übrigen habe Dr. Mühl ihm zum Antrag mit den Flick-Anträgen in den SPD-Bereich gelangt betreffend PCV noch einige Fragen eines beteilig- sind. ten Referates angekündigt, die er noch heute form- los übersenden wolle. Tatsächlich schickte Dr. Mühl 269 Wacker daraufhin noch am selben Tage einen Kata- log mit Fragen zu diesem Antrag. Die Vorbereitung weiterer Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium 270 Nach einem Telefonat mit Ministerialrat Dr. Wolf- gang Mühl berichtete Fritz Wacker am 26. Juni 1979 Die Spende an die Friedrich-Ebert-Stiftung in einer Notiz an Dr. Friedrich Karl Flick, sein Ge- im Juli 1979 sprächspartner habe in der Frage der taktischen Behandlung der Anträge PCV und USF eine Kehrt- Nach längeren Bemühungen bestätigte am 3. Juli wendung vollzogen. Während er noch kürzlich der 1979 das Büro Willy Brandt den am 28. Juni 1979 Meinung gewesen sei, das Bundesministerium für vorgeschlagenen Termin für ein Gespräch mit Forschung und Technologie solle möglichst umge- Eberhard von Brauchitsch am 11. September 1979 hend eingeschaltet werden, woraufhin ihm auf sei- im Politischen Club der Friedrich-Ebert-Stiftung. nen Wunsch noch Unterlagen zugeschickt worden Das Büro von Brauchitschs bat seinerseits um Mit- seien, glaube er nunmehr, aufgrund eines Gesprä- teilung, ob Günter Markscheffel unterrichtet wer- ches mit dem Leiter des für „Forschung im Berg- den dürfe. bau" zuständigen Referates im Bundeswirtschafts- ministerium, es sei richtig, das Bundesministerium Am 4. Juli 1979 dankte der Vorsitzende der Fried- für Forschung und Technologie — jedenfalls vor- rich-Ebert-Stiftung Alfred Nau zugleich im Na- erst — nicht einzuschalten, da man wahrscheinlich men des Geschäftsführers Dr. Günter Grunwald — im eigenen Haus zu einem abschließenden Urteil Günter Max Paefgen für seine Bereitschaft, dem- kommen könne. Im übrigen habe Dr. Mühl mit be- nächst der Friedrich-Ebert-Stiftung einen Beitrag merkenswerter Offenheit von möglichen unter- zur Verfügung zu stellen, und fügte hinzu: schiedlichen Bewertungen im Bundeswirtschafts- ministerium und im Bundesfinanzministerium ge- „Entsprechend unserer Vereinbarung werden wir sprochen. Vor allem aber müsse nach dessen Mei- das antaktierte Gespräch über Probleme der Zu- nung damit gerechnet werden, daß die Referatsebe- sammenarbeit im September zu Dritt an einem ne im Bundesfinanzministerium sofort die politi- Ihnen zusagenden Termin durchführen." sche Leitung einschalten werde. Wacker bemerkte dazu, er habe sich bedeckt gehalten, zumal er den Mit Notiz vom 13. Juli 1979 bat Günter Max Paefgen Leiter des für „Forschung im Bergbau" zuständigen Eberhard von Brauchitsch, „im Einvernehmen mit Referates im Bundeswirtschaftsministerium nicht Herrn Dr. FK Flick" zu veranlassen, daß der Fried- kenne. Aus „unserer Sicht" sei die schnelle Ein- rich-Ebert-Stiftung ein Betrag von 250 000 DM über- schaltung des Bundesministeriums für Forschung wiesen werde; die Spendenquittung werde dem und Technologie, die Dr. Mühl jetzt — jedenfalls Konzern dann zugehen. Die Spende wurde am zunächst — verhindern wolle, als nützlich angese- 18. Juli 1979 nach Zustimmung von von Brauchitsch hen worden, wobei man natürlich immer unterstellt durch Rudolf Diehl überwiesen; am selben Tage habe, daß das Bundesministerium für Forschung wurde die Friedrich-Ebert-Stiftung von der Spende und Technologie den beiden Anträgen gegenüber unterrichtet. Die Spendenquittung vom 25. Juli 1979, positiv eingestellt sei. Im übrigen habe Dr. Mühl, ausgestellt von Dr. Günter Grunwald, wurde um bei der Bearbeitung der Anträge PCV und USF wunschgemäß auf die Feldmühle AG ausgestellt. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

271 nen Dank aussprechen „für die Begleitung der Um- strukturierung unserer Gruppe". Der Brief von Dr. Friedrich Karl Flick Willy Brandt hat dazu als Zeuge ausgesagt, er habe an Bundeskanzler Helmut Schmidt zwar natürlich den ganzen Vorgang nicht nur als - Am 6. Juli 1979 sandte Dr. Friedrich Karl Flick Bun- „irgendein deutscher Zeitgenosse", sondern zum deskanzler Helmut Schmidt den Text seines Vor- Beispiel als ein Mitglied des Deutschen Bundesta- trags vor der Pressekonferenz am 3. Juli 1979, in ges „begleitet". Zu dem Hinweis von Dr. Friedrich dem er ausführlich die Pläne der Flick-Gruppe im Karl Flick auf die Bedeutung des § 6 b EStG und Energie- und Umweltschutz, bei der PCV und die 4 AIG für den Flick-Konzern hat er gemeint, ver- Entwicklung des Gerling-Engagements geschildert mutlich habe Eberhard von Brauchitsch den Ein- hatte. fluß von nicht unmittelbar an der Regierung betei- ligten Abgeordneten überschätzt und zugleich un- In seinem Begleitschreiben an Bundeskanzler Hel- terschätzt, wie deutlich die Verantwortlichkeiten mut Schmidt betonte er, er habe dabei nicht nur voneinander abgetrennt seien. Jedenfalls sei er da- den Konzernabschluß erläutern, sondern zugleich mals von Brauchitsch nicht voreingenommen be- darstellen wollen, welchen Beitrag man zur Lösung gegnet. der energiewirtschaftlichen Probleme leisten wolle. Er übersende seine Ausführungen und einige Zei- tungsartikel dazu, „da wir uns vor der Sommer- 272 pause nicht mehr sehen können". Dr. Friedrich Karl Flick erwähnte ferner die „positiven wirtschaftli- Gespräch Günter Markscheffels mit Staatsminister chen Auswirkungen" der Anwendung des § 6b EStG Hans-Jürgen Wischnewski am 23. Juli 1979 und § 4 AIG und wies in diesem Zusammenhang auf Günter Markscheffel sprach am 23. Juli 1979 - wie den „ungewöhnlichen Investitionsschub meiner sich aus einer Notiz von Eberhard von Brauchitsch Gruppe und auf die Schaffung von mehr als 1 100 an ihn vom 25. Juli 1979 ergibt — mit dem SPD Arbeitsplätzen in 1 1/2 Jahren" hin. Ein Antwort- Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Wischnew- schreiben, in dem der Flick-Konzern ermutigt wur- ski, damals Staatsminister im Bundeskanzleramt. de, seinen Weg in der Energiepolitik weiterhin zu Eberhard von Brauchitsch ließ Markscheffel mittei- beschreiten, wurde im Bundeskanzleramt entwor- len, er habe den — dem Untersuchungsausschuß fen, aber nicht abgesandt. nicht vorliegenden — Bericht über sein Gespräch mit Wischnewski „mit großem Interesse" gelesen. Briefe mit ähnlichem Inhalt schickte Dr. Friedrich Er glaube, daß es richtig sei, wenn er, von Brau- Karl Flick an Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto chitsch, „aus der 2. Linie" tätig sei. Markscheffel, Graf Lambsdorff und den nordrhein-westfälischen könne dies, wenn er wolle, auch ruhig Wischnewski Wirtschaftsminister Dr. Horst-Ludwig Riemer. Eine übermitteln. Im übrigen gab von Brauchitsch sei Kopie des an den Bundeswirtschaftsminister ge- nem Sekretariat Weisung, die Berichte von Mark- richteten Briefes sandte Eberhard von Brauchitsch scheffel zu verteilen. an Staatssekretär Dr. Otto Schlecht und fügte hin- zu: 273 „Ihre Mitwirkung bei der Anwendung der gesetz- lichen Vorschriften zur Reorganisation unserer Ratschläge Günter Markscheffels Gruppe gibt mir Anlaß, Ihnen Dank und Aner- wegen eines Artikels im „Spiegel" kennung zu übermitteln." Als „" in seiner Ausgabe vom 30. Juli Ein Schreiben entsprechenden Inhalts wie an den 1979 erneut über die Kritik aus den Reihen der Bundeskanzler Helmut Schmidt sandte Eberhard SPD-Bundestagsfraktion an den Flick-Anträgen be von Brauchitsch, wie sich aus einer Notiz des Bun- richtete, wandte sich Eberhard von Brauchitsch deskanzleramtes ergibt, an Bundesforschungsmini- deswegen an Günter Markscheffel; er ließ sein Se- ster Dr. Volker Hauff; dessen Antwortbrief hat dem kretariat anrufen und Markscheffel auf den Spie- 1. Untersuchungsausschuß nicht vorgelegen. gel-Artikel aufmerksam machen. Wie aus einer No- Fritz Wacker schickte Günter Markscheffel im An- tiz von von Brauchitsch vom 1. August 1979 für Fritz schluß an ein Telefonat eine Liste dieser und weite- Wacker und den Pressechef des Flick-Konzerns, rer Empfänger dieses Schreibens; Adressaten wa- Dr. Manfred Kiesewetter, bekannt ist, äußerte sich ren insbesondere Bundestagsabgeordnete aller Par- Markscheffel am 1. August 1979 gegenüber von teien, darunter auch der Kritiker der Anträge Brauchitsch brieflich zu dem Spiegel-Artikel. Dr. Dieter Spöri, sowie sonstige bekannte Politiker und Gewerkschaftsvertreter. „Vielleicht kommt im Günter Markscheffel habe, vermerkte Eberhard einen oder anderen Fall bei Ihnen eine Resonanz von Brauchitsch, sich kurz über Hans Matthöfers an, die für uns von Interesse ist", schrieb Wacker Einstellung zu dem Artikel informieren können. dazu. Man halte die Geschichte für eine „alte Kamelle", die schon vor den Ausführungen von Dr. Friedrich In dem entsprechenden Schreiben an Willy Brandt Karl Flick auf der Pressekonferenz geschrieben äußerte Eberhard von Brauchitsch, er freue sich, worden sei. Das Ministerium stehe unverändert auf daß man sich am 11. September zum Mittagessen dem von Brauchitsch bekannten Standpunkt. „Al- sehe. Er wolle ihm bei dieser Gelegenheit gern sei lerdings rechnet man auch weiterhin mit Hakeleien Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 von Spöri und einigen seiner Freunde." Das werde unserer Aktivitäten auf dem Gebiete der Kohletech- aber nicht viel einbringen, weil die entscheidenden nologie" entpuppt; er habe insbesondere eine posi- Leute ganz anders über diesen Fragenkomplex tive Stellungnahme seines Referats zum PCV-An- dächten als „Spöri und Genossen". Die sogenannte trag angekündigt. Darüber hinaus habe er gefragt, Linke der Fraktion sei auf Böhme „böse", weil er ob er im Zusammenhang- mit der Erarbeitung des nach deren Meinung seit seinem Amtsantritt als energiepolitischen Gesamtprogramms der Bundes- Parlamentarischer Staatssekretär eine Kehrtwen- regierung auf der Grundlage der letzten Regie- dung vorgenommen habe. Dr. Böhme habe sich seit- rungserklärung an PCV herantreten könne, da er es dem in der Frage des § 6 b EStG nicht anders geäu- begrüßen würde, wenn sich die PCV bereitfinden ßert als der Minister. würde, als „wichtiger Mosaikstein" an dieser Arbeit mitzuwirken. Dies sei von seiten des Konzerns Günter Markscheffel riet, noch einiges zu tun, um selbstverständlich bejaht worden. Zum Antrag USF zu erwartende Angriffe auf den Flick-Konzern zu habe sich dieser Referent noch nicht abschließend neutralisieren. Beispielsweise könnte in einem äußern können; seiner Ansicht nach könne aber Brief an die „Spiegel"-Redaktion unter Hinweis auf nichts begünstigt werden, was überwiegend dem die Ausführungen von Dr. Friedrich Karl Flick dar- amerikanischen Markt zugute käme. Das Wettbe- gelegt werden, wie der Flick-Konzern nach Gewäh- werbsreferat habe keine Bedenken gegen den An- rung der „Steuer-Erlasse" in die Investitionen ein- trag betreffend USF vorgetragen. Im übrigen sei in gestiegen sei und noch einsteigen werde. Dabei der Debatte die — von Dr. Mühl vorher mehrfach müsse auch deren Bedeutung für die allgemeine signalisierte — Abneigung gegen den Antrag be- Volkswirtschaft und nicht nur für Flick dargestellt treffend USF nicht in Erscheinung getreten. werden, da man erfahrungsgemäß gerade Leuten, die sich als „Profilmacher" für Dr. Dieter Spöri be- Schließlich habe der Flick-Konzern einige „Haus- tätigten, nicht deutlich genug sagen könne, wie der aufgaben" bekommen, insbesondere eine Darstel- wirkliche Tatbestand sei. Eine Abschrift des Briefes lung der Zwecke der PCV-Kapitalerhöhung sowie an den „Spiegel" solle von Brauchitsch an die SPD weitere Ergänzungen zu den strukturpolitischen Abgeordneten Hans-Jürgen Junghans, Konrad und marktmäßigen Auswirkungen des PCV-Ar- Porzner und Peter Reuschenbach schicken. beitsprogramms und zur Zusammenarbeit zwi- schen PCV und Grace sowie USF. Wacker schrieb Eberhard von Brauchitsch kommentierte diese Aus- abschließend, die verschiedenen Fragen aus den führungen Günter Markscheffels mit dem Bemer- Fachreferaten zeigten den „Mangel an Koordinie- ken, dessen Analyse des Wertes des „Spiegel"-Arti- rung innerhalb des BMWi", aber auch „das Unver- kels decke sich mit der eigenen Auffassung. Mark- mögen zur intellektuellen Verarbeitung unserer An- scheffels taktische Ratschläge seien erfahrungsge- tragsbegründungen". Im übrigen strebe man — al- mäß stets nützlich gewesen. Von Brauchitsch stellte lerdings nicht hinter dem Rücken von Ministerial- dem Flick-Pressechef anheim, einen Brief an den rat Dr. Wolfgang Mühl — ein Gespräch unter vier „Spiegel" zu schreiben oder dort ein Gespräch zu Augen mit dem für die Energiepolitik zuständigen führen. Dafür müßte dann ein kurzes „Aide Referenten an. Dr. Mühl hoffe, bis Mitte Okto- mémoire" vorbereitet und an den von Günter Mark- ber 1979 die drei Stellungnahmen fertigzustellen. scheffel vorgeschlagenen Personenkreis verschickt Wacker betonte, er wolle diese Notiz nicht „an werden. Adressen außerhalb des Hauses" — beispielsweise an Manfred Nemitz — verschicken.

274 Entsprechend einem Vorschlag von Fritz Wacker vereinbarte Dr. Heribert Blaschke am 7. August Besprechung im Bundeswirtschaftsministerium 1979 mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl, daß Dr. am 3. August 1979 Hanns Arnt Vogels das Gespräch mit dem Energie- politik-Referenten des Bundeswirtschaftsministeri- Am 3. August 1979 fand die Ende Juni vereinbarte ums führen solle. Dr. Mühl lege allerdings Wert dar- Besprechung zwischen mehreren Vertretern des auf, vermerkte Dr. Blaschke, daß er federführend Flick-Konzerns mit Fritz Wacker an der Spitze und bleibe und daß deshalb dort nur spezifisch techni- des Bundeswirtschaftsministeriums unter Leitung sche und energiepolitische Fragen geklärt würden. von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl und zahlrei- chen Fachreferenten statt. Thema waren die An- träge betreffend PCV und USF. Über diese Bespre- 275 chung ist in den Akten des Bundeswirtschaftsmini- steriums lediglich eine Teilnehmerliste, aber kein Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs Ergebnisvermerk vorhanden. Wacker berichtete in mit dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt einer Aufzeichnung Eberhard von Brauchitsch, das am 11. September 1979 Gespräch sei „im ganzen recht günstig" verlaufen; „die andere Seite war nicht so gut besetzt und vor- Am 11. September 1979 kam es zu dem im Frühjahr bereitet wie wir"; Dr. Mühl sei nach einem „einiger- 1979 ins Auge gefaßten Gespräch von Eberhard von maßen konzentrierten Start" die Gesprächsführung Brauchitsch mit dem SPD-Vorsitzenden Willy zunehmend entglitten. Der für Energiepolitik zu- Brandt im Politischen Club der Friedrich-Ebert- ständige Fachreferent habe sich in einer für den Stiftung. Nach einer Notiz darüber von von Brau- Flick-Konzern, aber anscheinend auch für Dr. Mühl, chitsch wurde zunächst das erwähnte Schreiben unerwarteten Weise „als Anwalt und Befürworter von Dr. Friedrich Karl Flick an Willy Brandt vom Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

9. Juli 1979 erörtert. Brandt habe ausdrücklich be- schon in der Tasche hätten. Nun sei es so, daß wir stätigt, daß alle in die Reinvestitionen gesteckten in diesen Tagen die letzten Argumentationshilfen Erwartungen erfüllt worden seien. Aus der Notiz in seinem Haus abliefern würden. Er (Lambs- geht weiter hervor, daß man sodann auch einge- dorff) müsse allerdings wissen, daß nunmehr für hend über die Konjunkturlage in der Bundesrepu- eine Ablehnung- des Themas unter sachlichen Ge- blik, die Rohstoffsituation, Lohnentwicklung, Tarif- sichtspunkten kein Raum mehr sei. Eine Ableh- autonomie, die Arbeit der von Willy Brandt geleite- nung könne nur noch politisch begründet werden. ten Nord-Süd-Kommission u. ä. sprach. In diesem Fall gäbe es den hinreichend angekün- Als Zeuge hat Eberhard von Brauchitsch zu seinen digten Krach." Gesprächen mit dem SPD-Parteivorsitzenden aus- Am selben Tag übersandte Fritz Wacker Ministe- gesagt, dieser habe sich „sicher nicht so pointiert rialrat Dr. Wolfgang Mühl eine Ergänzung der Steu- negativ" wie die SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. erbescheinigungsanträge betr. PCV und USF. Er Dieter Spöri und Dr. Rolf Böhme geäußert und habe fügte einen von diesem erbetenen Bericht über die ihm sicher gesagt, daß er sich immer dafür einset- zwischenzeitliche Zusammenarbeit zwischen Ge- zen werde, daß geltendes Recht angewandt werde. sellschaften der Gruppe Flick und USF bei. In dem Der in dem Schreiben vom 9. Juli 1979 ausgespro- Anschreiben verwies er darauf, daß bei einer Be- chene Dank für die Begleitung der Umstrukturie- sprechung am 27. August 1979 im Bundeswirt- rung der Gruppe habe bedeutet, daß er — von Brau- schaftsministerium unter Leitung von Staatssekre- chitsch — ein Gespür dafür gehabt habe, daß Willy tär Dr. Dieter von Würzen mit Vertretern verschie- Brandt versucht habe, die politischen Gegenan- dener Ministerien, der Industrie und Verbänden griffe gegen die Rechtsgewährung an das Haus über Fragen der Kohletechnologie Übereinstim- Flick zu reduzieren. Auch Brandt habe den Stand- mung bestanden habe, daß die Industrie der Träger punkt vertreten, der Flick-Konzern habe einen An- eines umfassenden langfristigen Programmes sein spruch darauf, daß das Gesetz „ohne Malus auch für solle und daß ihr damit eine enorme Risikobereit- Flick" angewandt werde. Zu der Bemerkung über schaft abverlangt werde. Dafür sei eine internatio- die „erfüllten Erwartungen in die Reinvestitionen" nale Zusammenarbeit erforderlich, und zwar in er- hat von Brauchitsch ausgesagt, er habe Brandt in ster Linie mit den USA, weil vor allem dort an die einer für die Bundesregierung wegen der Konjunk- Umsetzung der Verfahren in die großtechnische Er- tur- und Strukturprobleme sowie der Arbeitslosig- zeugung herangegangen werde. keit schwierigen Zeit über die Sicherung der Ar- beitsplätze, die Sicherung und Verbesserung der Steuerpflicht des Unternehmens sowie eine Stabili- 277 sierung der Flick-Gruppe berichten können. Dies habe Brandt interessiert, und es habe in seine Kon- Kontakte Eberhard von Brauchitschs zeption gepaßt, diese Probleme zu lösen. mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer im September 1979 Willy Brandt hat als Zeuge betont, § 6 b EStG sei bei diesem Gespräch „allenfalls beiläufig" angespro- Am 17. September 1979 schrieb Eberhard von Brau- chen worden. Er schließe aus, daß er — als Laie in chitsch an Bundesfinanzminister Hans Matthöfer, Steuerfragen — die durch Eberhard von Brau- es sei schön gewesen, daß man sich wieder einmal chitsch protokollierten weitreichenden Angaben gesehen habe; er halte gerne an seiner Zusage fest, über die Erfüllung von „Erwartungen" gemacht den vom Minister gewünschten Gedankenaus- habe. Er könne sich allerdings nicht konkret daran tausch „zu dem Spezialthema" mitzutragen und an erinnern. Sein Interesse habe jedenfalls an den an- der Auswahl des gebotenen Personenkreises teilzu- deren Themen, wie der Nord-Süd-Kommission, be- nehmen. Einzelheiten zu diesem Treffen sind nicht standen. bekannt. Nach einer Notiz für Fritz Wacker traf Eberhard 276 von Brauchitsch Hans Matthöfer ferner einen Tag später bei einem Gespräch bei Bundeskanzler Hel- Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit mut Schmidt. Er notierte, er habe „erneut das Ge- Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff fühl, daß wir bei Matthöfer gut liegen, insbesondere, am 12. September 1979 was den Technologiebereich angeht." Matthöfer habe etwas scherzhaft gesagt: „Das, was wir Euch Eine deutliche Drohung in Richtung von Bundesmi- an § 6 b/4-Geschenken gemacht haben, holen wir nister Dr. Otto Graf Lambsdorff sprach Eberhard auf anderem Wege wieder zurück." Er habe Matthö- von Brauchitsch anscheinend in einem Telefonat fer zu dieser Erkenntnis beglückwünscht und ge- mit ihm am 12. September 1979 aus. Er teilte dar- sagt, „daß wir in der Tat im steuerlichen Bereich über Fritz Wacker in einer Notiz mit, er habe in ,treue Kunden' seien und auch voraussichtlich für dem Telefonat ein Gespräch mit Dr. Graf Lambs- die Zukunft sein werden." dorff für den 18. Oktober 1979 verabredet, und bat Wacker um Vormerkung „wegen allenfallsiger Wün- Eberhard von Brauchitsch vermerkte abschließend, sche 6b/4". Auf die Frage des Ministers, ob es im ihm sei nach diesem Gespräch die Idee gekommen, Moment Probleme gebe, habe er geantwortet: für das bevorstehende Gespräch am 25. Oktober 1979 zwischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und „Wir glauben, daß beide Seiten besser beraten ge Dr. Friedrich Karl Flick die Entwicklung der Steu- wesen wären, wenn wir die Bescheinigungen erzahlungen ab 1973 zusammenzustellen. „Daraus Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 könnte man die Behauptung ableiten, daß diese Forderung zweier Abgeordneter nach mehr Kinder- Steuerzahlungen . .. eine ganz andere Entwicklung geld. Aus dieser „Stimmungslage in der Fraktion" genommen hätten, wenn wir 6 b/4 nicht gehabt hät- schließe er, daß sich hier — mindestens in dieser ten." Legislaturperiode — in bezug auf § 6 b EStG kaum noch etwas Nennenswertes tun werde. Allerdings Am 19. September 1979 führte Dr. Hanns Arnt Vo- werde man -in der SPD-Fraktion weiter darüber gels das vereinbarte Gespräch mit dem in der Ab- nachdenken, ob der § 6b EStG in der jetzigen Form teilung „Energiepolitik, mineralische Rohstoffe" des für immer unangetastet bleiben solle. Bundeswirtschaftsministeriums für Kohleverede- lung zuständigen Referenten. Dieser habe, wie Dr. Heinz Westphal habe zugegeben, daß in der Vergan- Vogels in einem Vermerk darüber mitteilte, als Be- genheit damit „viel Unfug" getrieben worden sei. sprechungsort den außerhalb Bonns gelegenen Die Flicks seien nur ins Gerede gekommen, weil der „Herrenhof" bevorzugt, „wo wir in schöner Umge- Name Flick immer noch ein Reizwort sei und weil bung und gelockerter Atmosphäre alle anstehenden die „jungen Flicks" selbst dafür gesorgt hätten, daß Fragen und Probleme diskutiert haben". Im Ergeb- sie im Gerede blieben. Das müsse nach Heinz West- nis habe der Referent sich positiv zum Antrag be- phals Meinung weggeräumt werden, damit man treffend PCV geäußert. Die zusätzlichen Ausführun- ganz sachlich die Dinge angehen könne; deshalb sei gen des Flick-Konzerns zur Zusammenarbeit von dieser für die ihm von Eberhard von Brauchitsch PCV mit USF in der Energietechnik in dem Ergän- gegebenen Informationen dankbar. Günter Mark- zungsschreiben vom 12. September hätten ihn be- scheffel regte an, das jetzt „zusammengefügte eindruckt. Nach weiterer Erörterung über das Dreiergespann Junghans, Westphal, Huonker" noch Einsteigen des Flick-Konzerns in Großprojekte für besser zu motivieren. Kohlegas und Kohleverflüssigung durch maßgebli- che Beteiligung an US-amerikanischen Unterneh- Am 20. September 1979 kam es möglicherweise zu men habe man sich „gegenseitig zugesichert", daß einem Zusammentreffen zwischen Günter Max man sich auch künftig stets „mit Rat und Tat unter- Paefgen und Bundesminister Hans Matthöfer. Dem stützen, d. h. füreinander da sein" werde. Er sei na- 1. Untersuchungsausschuß liegt eine Notiz des Se- hezu sicher, bemerkte Dr. Vogels abschließend, daß kretariats von Alfred Nau vom 19. September 1979 damit in dem Referat Energiepolitik auch das für einen „Gesprächskreis am 20.9. 1979, Minister Thema US Filter in „trockene Tücher" gekommen Matthöfer" vor, in der Nau dafür zu sorgen bat, daß sei. Paefgen und Alex Möller „möglichst mit einem Vor- standsmitglied, Nau oder Dr. Grunwald, an den Tisch von Minister Matthöfer gebracht werden". Ob 278 demgemäß verfahren wurde und welchen Inhalt dieses Gespräch hatte, ist nicht bekannt. Informationen Günter Markscheffels aus der SPD-Bundestagsfraktion vom 19. September 1979 Ebenfalls am 19. September 1979 berichtete Günter Markscheffel Eberhard von Brauchitsch in einem Brief über ein langes Gespräch mit dem SPD-Bun- 279 destagsabgeordneten Heinz Westphal vom Vortag. Das Arbeitsessen von Dr. Hanns Arnt Vogels mit Westphal habe ihm über einen „interessanten Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Brief" von Eberhard von Brauchitsch berichtet, den und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht er selbstverständlich gewissenhaft beantworten werde. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Am 28. September 1979 unterrichtete Dr. Hanns Rolf Böhme habe Heinz Westphal geraten, einen Arnt Vogels Dr. Friedrich Karl Flick, Eberhard von Flick betreffenden Satz wegzulassen, weil das Brauchitsch und andere über ein Arbeitsessen mit nichts bringt und im übrigen ein alter Hut" sei. Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff und Ferner habe Westphal ihm im Zusammenhang mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht, das seit längerer einer Diskussion über „den Abschreibungsparagra- Zeit geplant gewesen sei. Hauptthema sei die Ener- phen 7 b" gesagt, der Fraktionsvorsitzende Herbert giepolitik der Bundesregierung gewesen. Er, Dr. Vo- Wehner habe veranlaßt, daß die Überlegungen in gels, habe seine Auffassung dazu ausführlich erläu- der SPD-Fraktion zu Steuerproblemen von dem tert und Fehlentwicklungen sowie teilweise illusio- SPD-Abgeordneten Gunter Huonker koordiniert näre Vorstellungen kritisiert. Der Bundeswirt- würden, „damit der Spöri nicht mehr Extratouren schaftsminister habe das offene Gespräch sehr be- reiten" könne. Außerdem würden künftig vor öffent grüßt und darauf hingewiesen, daß Eberhard von lichen Stellungnahmen die Abgeordneten Hans Brauchitsch bei der letzten Kanzlerrunde diesen Jürgen Junghans, Gunter Huonker und Heinz West- Standpunkt ebenfalls in aller Deutlichkeit vertreten phal hinzugezogen, „damit die Kirche im Dorf habe. Der Minister glaube, daß Bundeskanzler Hel- bleibt". Diese Koordination von Experten aus den mut Schmidt beginne, „die Dinge nunmehr etwas Bereichen Wirtschaft, Steuern und allgemeine Fi- realistischer zu sehen". Er, Dr. Vogels, habe sodann nanzpolitik solle dazu führen, „daß der Finanzmini- auf den „hohen Stellenwert der internationalen Ar- ster nicht alle 14 Tage irgendwo lesen muß, was die beitsteilung in der Energiepolitik" hingewiesen und SPD — meist nur dargestellt von einem MdB — die besonderen Vorteile, die er aus der „Flick-Betei- alles von ihm verlangt". Markscheffel brachte hier- ligungspolitik Grace und US Filter" erwarte, her- für ein Beispiel aus einer Fraktionssitzung zu der ausgestellt. Staatssekretär Dr. Schlecht habe das Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode alles sofort erkannt und lachend gesagt, daß er 281 dann wohl mit einem besseren Gewissen schlafen könne, soweit es die getroffene Entscheidung bei Fritz Wackers Kontakte mit dem Referat Steuerpolitik Grace beträfe; das gelte dann vielleicht auch für US im Bundeswirtschaftsministerium Filter. Er habe, notierte Dr. Vogels weiter, „unzwei- - felhaft den Eindruck gewinnen können", daß der Über ein Telefonat mit dem Mitarbeiter von Mini- Minister und sein Staatssekretär nun eine „weitaus sterialrat Dr. Wolfgang Mühl, Oberregierungsrat gelockertere Einstellung zu dem Thema § 4 USF" Dr. Holger Berndt, im Hinblick auf eine bevorste- hätten, als man dies in der Vergangenheit gewohnt hende Zusammenkunft von Eberhard von Brau- gewesen sei. Anschließend seien noch verschiedene chitsch mit dem Bundeswirtschaftsminister no- Detailfragen zum Thema Kohlevergasung erörtert tierte Fritz Wacker, Dr. Berndt sei ihm als Ge- worden. sprächspartner lieber als Dr. Mühl gewesen, da er sich „weniger zögerlich und klarer äußert". Das Staatssekretär Dr. Otto Schlecht hat als Zeuge vor Bundeswirtschaftsministerium werde nach Ein- dem Untersuchungsausschuß zu diesem Gespräch gang der Stellungnahme der Fachreferate sein Ab- anhand einer ihm vorliegenden Gesprächsnotiz schlußgutachten formulieren und an das Bundesfi- ausgesagt, es seien „nebenbei" Grace, USF und PCV nanzministerium weiterleiten. Die Unterlagen des angesprochen worden; Dr. Hanns Arnt Vogels habe Flick-Konzerns würden nach Auffassung von Dr. zusätzlich zu den Antragsbegründungen vor allem Berndt dafür ausreichen. Ebenso sei das Abschluß auf die energiepolitische Bedeutung einiger dieser gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums in Anträge und die positive Rückwirkung des USA Sachen Gerling in Arbeit. Fritz Wacker vermerkte Engagements auf Dynamit Nobel hingewiesen. An weiter, er habe darauf hingewiesen, daß man den eine Äußerung, daß Bundeskanzler Helmut baldigen Abschluß der Verfahren „insbesondere un- Schmidt die Dinge nunmehr realistischer sehe, ter politischen Gesichtspunkten für nützlich, um könne er sich nicht erinnern. Soweit er Dr. Vogels nicht zu sagen für zwingend" halte. Ihm sei aus der kenne, habe dieser immer sehr korrekte Gesprächs- SPD-Fraktion bekannt, daß die dort maßgeblichen vermerke gemacht. Dr. Vogels habe die Gelegenheit Leute genauso dächten. Wacker vermerkte dazu: genutzt, noch einmal auf die energie- und rohstoff- politische Bedeutung der , Engagements Grace und „Dr. Berndt teilte meine Auffassung und bestätig- USF hinzuweisen; er, Dr. Schlecht, sei für diese prä- te, daß auch nach seiner Kenntnis die für die zisen Informationen dankbar gewesen. Von daher Wirtschafts- und Steuerpolitik maßgeblichen sei seine „lachende" Bemerkung zu verstehen. Er SPD-Abgeordneten eigentlich einer mäßigenden, hat in diesem Zusammenhang aber betont, er habe also günstigen Linie folgen. Für das BMWi sei es keinen Anlaß anzunehmen, daß die Anträge auf der indessen nicht unwichtig zu wissen, wer Huon- Fachebene nicht mit der gebotenen Sorgfalt geprüft ker, der für Wischnewski ins Bundeskanzleramt worden seien. Man sei angewiesen gewesen auf die geht, im Finanz- und Steuerpolitischen Ausschuß Plausibilität des Sachvortrags, auf eine Prognose der Fraktion nachfolgen wird. Er beeilte sich al- Entscheidung; da habe es einige Unwägbarkeiten lerdings hinzuzufügen, daß diese Frage den Ar- gegeben. Die Notiz von Dr. Vogels über seine „la- beitsablauf im BMWi nicht beeinflusse." chende" Bemerkung sei in dem Sinne gemeint ge- wesen, daß diese Dinge jetzt noch etwas fundierter Abschließend hielt Wacker fest, man werde nicht geworden seien. vor Mitte November erfahren können, wie das Bun- deswirtschaftsministerium sich entschieden habe. Es sei aber nicht zu erkennen gewesen, daß es Sachprobleme gebe, die den Amtsschimmel so lang- 280 sam gehen ließen.

Konzerninterne Differenzen Über ein Gespräch mit Ministerialrat Dr. Wolfgang bei den Steuerbescheinigungsverfahren Mühl fertigte Fritz Wacker am 22. Oktober 1979 einen Vermerk, nach dessen Inhalt er von diesem Bereits in dieser Zeit deutete sich ein gewisses Miß- habe hören wollen, wie er nunmehr die Chancen trauen zwischen Dr. Friedrich Karl Flick und Eber- des Antrages betreffend USF einschätze, nachdem hard von Brauchitsch an — auch wegen der Schwie- er ja noch vor der Besprechung am 3. August 1979 rigkeiten bei den Steuerbescheinigungsverfah- mehrfach auf „starke Bedenken" im Bundeswirt- ren —, das später maßgeblich zum Ausscheiden schaftsministerium hingewiesen habe. Dr. Mühl von Eberhard von Brauchitsch aus der Geschäfts- habe dazu ausgeführt, im Hinblick auf die ergän- führung beitrug. Am 17. Oktober 1979 fand, einer zenden Ausführungen des Konzerns sehe auch er Notiz von Brauchitschs zufolge, ein Gespräch mit den Antrag unter energiepolitischen Gesichtspunk- Dr. Flick statt, in dem ein Risiko von etwa 0,5 Milli- ten und im Hinblick auf die sich bietenden Chancen arden DM im steuerlichen Bereich zur Sprache der Zusammenarbeit „tendenziell positiv"; er müsse kam. Günter Max Paefgen habe Dr. Flick empfoh- allerdings noch die Voten der Fachreferate abwar- len, dazu Dr. Heribert Blaschke zu hören, denn von ten. Bisher habe sich lediglich das Referat Energie- von Brauchitsch erfahre er, Dr. Flick, doch nichts. politik positiv geäußert. Zudem werde er in diesem Auf Nachfrage habe sich allerdings herausgestellt, Falle „schon frühzeitig die Leitung seines Hauses hielt von Brauchitsch fest, daß mit dem angeblichen einschalten". Damit habe er wohl, vermerkte Wak- Risiko jedenfalls nicht die laufenden Steuerbe- ker, zum Ausdruck bringen wollen, daß er im Au- scheinigungsanträge gemeint gewesen seien. genblick überfragt sei. Er, Wacker, habe sich be- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 müht, Dr. Mühl zu einer etwas zügigeren Bearbei- Bundeskanzler Grüße an Dich übermittelt und tung anzuregen, „ohne natürlich die Fakten, die uns die Mitteilung, daß der Bundeskanzler Deine An- bedrängen, erkennbar werden zu lassen". regung zu einem Gespräch gern aufgreift. Die Be- setzung des Gesprächs ist nicht erörtert worden. 282 - Schüler erklärte noch folgendes: Eberhard von Brauchitschs Telefonat Es seien ja noch einige 6 b/4-Anträge von uns ,in vom 24. Oktober 1979 mit dem früheren Arbeit'. Der Bundeskanzler ginge davon aus, daß Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderlchs Du dieses Gespräch nicht suchst, um auf die Ab- Am 24. Oktober 1979 führte Eberhard von Brau- wicklung dieser Fälle Einfluß zu nehmen. chitsch ein Telefongespräch mit dem früheren Bun- Schüler hat ferner im Auftrag des Bundeskanz- deswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs, der be- lers mit Matthöfer und in Abwesenheit von reits seit zwei Jahren zum Vorstand der Dresdner Lambsdorff mit Schlecht gesprochen und gefragt, Bank gehörte, und hielt darüber schriftlich fest, die- ob man dort ein Gespräch zwischen dem Kanzler ser kümmere sich um den Stand der „6 b-Angele- und Dir wegen der noch in Arbeit befindlichen genheiten im Bundeswirtschaftsministerium". 6 b-Fälle mißbilligen würde. Eberhard von Brauchitsch hat als Zeuge vor dem Das ist von beiden Seiten verneint worden. 1. Untersuchungsausschuß bestätigt, er habe bei Dr. Hans Friderichs „mit Sicherheit beachtlich Anmerkung: Klage geführt". Er könne sich allerdings nicht ge- Man sieht an dieser delikaten Behandlung des nau erinnern, ob Dr. Friderichs daraufhin tätig ge- Themas, wie sensibel zur Zeit das Klima im Kabi- wesen sei und was er ihm gesagt habe; er schließe nett ist. nicht aus, daß Dr. Friderichs geäußert habe, bei die- Ich habe Schüler gesagt, daß Du Dich selbstver- ser Angelegenheit gebe es Probleme. Dr. Otto Graf ständlich an den Wunsch des Kanzlers halten Lambsdorff hat sich als Zeuge lediglich an eine An- würdest und eine ,Intervention` in Sachen 6b/4 frage von Dr. Friderichs erinnern können, ob es unterlassen würdest. Andererseits gehöre es na- jetzt nicht Zeit wäre, Entscheidungen zu treffen, türlich zu Deinem Sachvortrag beim Kanzler, daß nicht aber an eine Erörterung des Komplexes im Du ihn über die vollen Reinvestitionen aus Daim- Detail. ler informierst und damit ganz zwangsläufig dar- auf hinweisen wirst, welche Vorgänge noch nicht 283 beschieden sind. Dem hat Schüler zugestimmt ..." Das Gespräch von Bundeskanzler Helmut Schmidt Anfang Oktober 1979 wurden im Bundeskanzleramt mit Dr. Friedrich Karl Flick am 25. Oktober 1979 die notwendigen Informationen zur Vorbereitung Am 25. Oktober 1979 kam es zu einem etwa zwei- des Bundeskanzlers auf das bevorstehende Ge- stündigen Gespräch zwischen Bundeskanzler Hel- spräch eingeholt. Aus einem Kanzleramtsvermerk mut Schmidt, dem im Kanzleramt für Wirtschafts- vom 3. Oktober 1979 geht hervor, daß der Flick-Kon- und Finanzfragen zuständigen Abteilungsleiter Mi- zern anknüpfen wolle an die Information, die nisterialdirektor Dr. Horst Schulmann, Dr. Fried- Dr. Friedrich Karl Flick vor ca. 3 1/2 Jahren — ge- rich Karl Flick und Eberhard von Brauchitsch. meint war: am 13. April 1976 — Bundeskanzler Hel- mut Schmidt gegeben habe. Man wolle dem Kanz- Nach den Feststellungen des 1. Untersuchungsaus- ler berichten, wie der Konzern nach den Reinvesti- schusses wurde dieses Treffen vom Flick-Konzern tionen nunmehr aussehe. Das Bundeskanzleramt initiiert. Nach der Aussage von Dr. Friedrich Karl bat wenig später das Bundeswirtschaftsministe- Flick ging die Anregung zu dem Gespräch von rium sowie das Bundesministerium für Forschung Eberhard von Brauchitsch aus. Verschiedene Ak- und Technologie um Unterlagen zur Vorbereitung tennotizen deuten allerdings eher darauf hin, daß des Kanzlergesprächs. der Gedanke von Dr. Flick selbst stammte. Von Brauchitsch hatte bereits am 23. April 1979 nach Amtliche Notizen über den Verlauf des Gesprächs einer Rücksprache mit Dr. Flick folgendes ver- sind nicht vorhanden. Auf eine Anfrage des 1. Un- merkt: tersuchungsausschusses hin hat der Chef des Bun- deskanzleramtes mitgeteilt, man habe keine weite- „F. K. möchte gelegentlich mit vB und dem Bun- ren Teilnehmer als die genannten an diesem Ge- deskanzler zusammentreffen." spräch feststellen können. Auch der nachfolgend zitierte Vermerk von Eber- hard von Brauchitsch vom 20. Juni 1979 über ein Als Gesprächsunterlage diente für Eberhard von 'Telefongespräch von ihm mit dem Chef des Bundes- Brauchitsch eine auf den 25. Oktober 1979 datierte kanzleramtes Staatssekretär Dr. Manfred Schüler Notiz mit der Überschrift: „Wie sieht die Rechnung vom 20. Juni 1979 spricht für Dr. Friedrich Karl für den Fiskus aus?" Darin wurde die Rechnung, Flick als Betreiber des Zusammentreffens: daß der Fiskus ohne § 6 b EStG und § 4 AIG aus der Daimler-Abgabe rd. eine Milliarde DM Steuer er- „Wie Dir heute per FS übermittelt, hat Staatsse halten hätte, als falsch bezeichnet, da man ohne kretär Dr. Schüler mich zurückgerufen und vom diese Vorschriften Daimler nicht abgegeben hätte. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Ohne die Abgabe des Daimler-Aktienpakets hätte auch Neidkomplexe eine Rolle spielten. Bei einer die Flick-Gruppe noch ein steuerpflichtiges Ein- Beteiligung des Parlaments sei zu befürchten, daß kommen von ca. 20 bis 25 Millionen DM mit Ein- partikulare Interessen von Abgeordneten eine Rolle kommensteuern von maximal 10 bis 15 Millionen spielen könnten. Eine objektivere und gerechtere DM jährlich gehabt. Demgegenüber werde das steu- Behandlung der- Anträge sei im Bundeswirtschafts- erpflichtige Einkommen der Gruppe nach der Um- ministerium sichergestellt. Anschließend seien Per- strukturierung sich bei mehr als 150 Millionen DM sonalprobleme der SPD und der CDU, außenpoliti- einpendeln. Folglich würden jährlich mindestens sche und außenwirtschaftliche Fragen und die Ent- 100 Millionen DM zusätzlich an Steuern gezahlt; wicklung einer in Schwierigkeiten geratenen Firma dabei sei der Trend aufwärts gerichtet. Aus ver- erörtert worden. Der Bundeskanzler habe sich so- schiedenen Gründen werde sich auch die Vermö- dann gesondert über Gerling berichten lassen, und gensteuer wahrscheinlich progressiv entwickeln. zwar sowohl „was die Führung und Entwicklung Zudem seien nicht nur 2 000 zusätzliche Arbeits- nach unserem Eintritt angeht, als auch was die Per- plätze geschaffen worden, sondern man habe dar- son von Hans Gerling im Zusammenhang mit dem über hinaus auf Massenentlassungen in der Grö- Herstatt-Prozeß angeht". ßenordnung von rd. 5 000 Beschäftigten verzichten können. Schließlich machten sich die positiven Im- Dieser Gesprächsverlauf ist von den dazu als Zeu- pulse der Auslandsinvestitionen — Grace und USF gen gehörten Beteiligten vor dem 1. Untersuchungs- — für die deutschen Unternehmungen des Flick ausschuß übereinstimmend bestätigt worden. So Konzerns und ihren Erfolg bemerkbar. Das lasse hat Helmut Schmidt darauf hingewiesen, daß Eber- sich „nicht im einzelnen darstellen", sei aber „evi- hard von Brauchitsch damals der designierte Präsi- dent"; hinzu komme ein mittelfristiger Know how- dent des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Zugriff in den Bereichen, in denen man in der Bun- und damit ein wichtiger Gesprächspartner für die desrepublik nicht autonom operieren könne. Bundesregierung gewesen sei und im Entführungs- fall Schleyer versucht habe, der Bundesregierung Am 26. Oktober 1979 fertigte Eberhard von Brau- und seinem Freund Hanns-Martin Schleyer zu hel- chitsch über das Gespräch eine Aktennotiz mit fol- fen. Das Gespräch sei von ihm — Helmut Schmidt gendem Inhalt: Das Klima sei „höflich-freundlich" — aus „ausschließlich auf energiepolitische Fragen" gewesen. Man habe die Entwicklung der Unterneh- bezogen gewesen. Er habe sich — seiner festen Ab- mensgruppe Flick vorgetragen; dem Bundeskanzler sicht entsprechend — nicht zu den schwebenden habe eine recht umfangreiche Akte über den Flick Anträgen des Flick-Konzerns geäußert. Er könne Konzern vorgelegen. nicht ausschließen, daß Dr. Flick oder von Brau- chitsch auch § 6 b EStG angesprochen hätten; er Die Fragen des Kanzlers hätten sich vor allem auf habe darauf aber nicht geantwortet, sondern ver- den Bereich Energie, insbesondere Kohletechnolo- mutlich auf die zuständigen Minister verwiesen, gie, bezogen. Beispielsweise sei ein großes US-Pro- wie es auch in einem vorbereitenden Vermerk des jekt zur Kohleverflüssigung behandelt worden, an Bundeskanzleramts vorgeschlagen worden war. dem die Bundesregierung zu einem Viertel beteiligt Auf die Frage, ob er sich erinnern würde, wenn von sei und an dem auf US-Seite auch Grace mitwirke. Brauchitsch oder Dr. Flick auf die „moralische Rük- Der Bundeskanzler habe sich etwas gegen die kendeckung" aus dem Jahre 1975 zurückgekommen Rechnung des Flick-Konzerns gewandt, derzufolge wären, hat der Zeuge geantwortet: „Dann wäre ich die Schaffung von rd. 2 000 neuen Arbeitsplätzen ihm in den Bart gesprungen. Das würde ich erin- und Verhinderung der Freisetzung von nahezu nern." Seine Gesprächspartner hätten gewußt, daß 5 000 Arbeitsplätzen allein auf die Reinvestitionen sie keine moralische Rückendeckung gehabt hät- der Firma zurückzuführen seien. Vielmehr habe ten. Zusammenfassend hat der Zeuge erklärt, er hierbei sicherlich auch das günstige wirtschaftspoli- könne mit Bestimmtheit ausschließen, daß er sich tische Klima mitgewirkt. Insgesamt könne man da- auf irgendwelche Gespräche über die Reinvestition von ausgehen, daß der Bundeskanzler die Neu- von Teilen des Erlöses aus dem Daimler-Paket und strukturierung der Gruppe, auch die „Festigung als deren steuerliche Behandlung eingelassen habe. potenter Steuerzahler", positiv zur Kenntnis ge- nommen habe. Nach Aussage von Dr. Friedrich Karl Flick wurde in dem Gespräch dargestellt, was mit der Reinvesti- Wörtlich heißt es in der Notiz: tion des Daimler-Erlöses geschehen sei. Das Be- scheinigungsverfahren sei allerdings überhaupt „Auf Befragen haben wir ihm erklärt, daß wir ver- nicht behandelt worden. Das Gespräch habe „lo- suchen, die Angriffe gegen §§ 4/6b durch unmit- gisch angeschlossen" an das Gespräch im Jahre telbare Gespräche mit den ,Schreihälsen` aus 1976, weil man nach dreieinhalb Jahren „ein biß- dem Wege zu räumen. Wir haben verwiesen auf chen mehr berichten konnte, was nun mittlerweile unsere Gespräche mit Dr. Böhme, Dr. Spöri, Frau geschehen war". Vorwiegend sei es allerdings um Funcke und Frau Matthäus-Maier." politische und wirtschaftspolitische Fragen gegan- gen, die von Brauchitsch immer besonders nahege- Eberhard von Brauchitsch vermerkte weiterhin, legen hätten. Bundeskanzler Helmut Schmidt wolle eine Modifi- kation von § 6 b EStG und § 4 AIG verhindern und Eberhard von Brauchitsch hat ebenfalls bekundet, halte auch nichts davon, dem Parlament eine Kon- bei diesem Gespräch sei zwar über den „Stand der trollfunktion für diese Entscheidungen zu geben. Er Umstrukturierung", nicht aber über den Stand der glaube, daß bei den Anhängern einer Modifizierung laufenden Anträge gesprochen worden. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

284 schläge und eventuelle Bedenken berücksichtigt hätte. Sicher kann heute nicht behauptet werden, Erneute öffentliche Kritik eine nicht durch das Steuergeheimnis abge- des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri schmetterte Information und Beteiligung des Parlaments -hätte zu einem anderen Ergebnis ge- Am 8. November 1979 übte der SPD-Bundestagsab- führt. Aber die Schwäche parlamentarisch un- geordnete Dr. Dieter Spöri im „Sozialdemokrati- kontrollierbarer Entscheidungen der Exekutive schen Pressedienst Wirtschaft" erneut scharfe Kri- über große steuerliche Subventionsprojekte wird tik an dem Steuerbescheinigungsverfahren des am Feldmühle-Beispiel unübersehbar, die Zweifel Flick-Konzerns. Dr. Spöri schrieb: bleiben. „Zweifelhafte Steuersubventionen Gewiß ist das Steuergeheimnis auch gegenüber Das Beispiel Feldmühle zeigt die Schwäche des dem Parlament eine heilige Kuh. Vielleicht Genehmigungsverfahrens könnte aber das Feldmühle-Projekt die Bundes- Von Dieter Spöri MdB regierung doch noch dazu bewegen, die Möglich- Mitglied im Finanzausschuß keit gezielter Ausnahmen vom Steuergeheimnis im Falle großer steuerlicher Subventionsprojekte Als die Flick-Gruppe 120 Millionen DM aus dem im öffentlichen Interesse zu prüfen. Bei großen Verkaufserlös ihres Daimler-Pakets in die Erwei- Subventionsprojekten auf der Ausgabenseite des terung der Hagener Papierfabrik von Feldmühle Haushalts ist parlamentarische Kontrolle schließ- steckte, genehmigte das Bundeswirtschaftsmini- lich selbstverständlich." sterium letztes Jahr wegen ,besonderer volkswirt- schaftlicher Förderungswürdigkeit` die Befreiung dieser stillen Reserve von der Einkommensteuer. 285 Nunmehr teilt die Feldmühle AG mit, daß genau auf dem Spezialmarkt der Hagener Fabrik — den Überlegungen Eberhard von Brauchitschs sogenannten gestrichenen Papieren für Maga- zum Erwerb des Alleinbesitzes an USF zine und Katalog — bis 1983/84 rund 25 Prozent Überkapazitäten (ca. 600 000 Tonnen) in Westeu- Eberhard von Brauchitsch erwog in dieser Zeit den ropa zu erwarten seien. Auf diesem Markt herr- Erwerb des Alleinbesitzes an USF durch den Flick schen zwar gegenwärtig noch Angebotsengpässe, Konzern, um dessen Ziele voll durchsetzen zu kön- aber bei einem Marktzuwachs von 70 000 Tonnen nen. Der Zuschlag für den Kauf dieses Aktienpa- pro Jahr für die inländischen Produzenten bis kets würde allerdings, wie er in einem Vermerk für 1983 seien insgesamt Kapazitätserweiterungen Dr. Hanns Arnt Vogels schrieb, so hoch sein, daß er von 350 000 Tonnen pro Jahr in Bau oder geplant. beim Wiederverkauf eines Teils von USF nicht wie- Diese drohenden inländischen Überkapazitäten der eingespielt werden , könnte. Er habe daher in könnten absehbar kaum durch zusätzliche Ex- einer Besprechung mit den Bundesministern Hans portgeschäfte ausgelastet werden, weil sich auf Matthöfer und Dr. Volker Hauff sowie mehreren dem gesamten Weltmarkt eine ähnliche Über- Vertretern anderer Firmen dargelegt, daß man mit hangstendenz abzeichnet. den technologischen Problemen in der Bundesrepu- Zunächst ist auffallend, daß schon ein Jahr nach blik nur fertig werden könne, wenn man einen mög- dem ,volkswirtschaftlich besonders förderungs- lichst hohen Zugriff auf Technologien in den USA, würdigen' Verzicht auf 60 Millionen DM Einkom- unter Umständen auch Japan, habe; dies sei nur mensteuer plötzlich die einschlägigen langfristi- noch durch kapitalmäßige Beteiligungen möglich. gen Marktprognosen von Feldmühle für das in Die Minister seien davon überzeugt worden. Dies Hagen gefertigte Spezialpapier dermaßen mies sei an sich schon sehr hilfreich für die „USF/§ 4- ausfällt. Die damalige Kritik an einem parlamen- Angelegenheit". Zugleich gab er zu erwägen, ob es tarisch nicht nachvollziehbaren Entscheidungs- zweckmäßig sein könnte, wenn ein Bundesunter- prozeß im Rahmen des entsprechenden Geneh- nehmen den Flick-Konzern bei der Beherrschung von USF begleiten könnte. migungsverfahrens nach § 6b EStG erweist sich aufgrund dieser Entwicklung als gerechtfertigt. Die heute plötzlich langfristig ungünstige Markt- 286 prognose wirft die Frage auf, ob beim damaligen Genehmigungsverfahren, basierend auf negati- Schreiben von Eberhard von Brauchitsch ven Erfahrungen in der Chemiefaser- und Alumi- an Liselotte Funcke zu ihrer Ernennung niumbranche eine ausreichend kritische Markt- zum Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen analyse als Meßlatte der volkswirtschaftlichen Nachdem die Steuerexpertin der F.D.P.-Bundes- Förderungswürdigkeit angelegt worden ist, oder tagsfraktion Liselotte Funcke am 19. November ob nicht etwa schon damals gewisse Risikofakto- 1979 das Amt des Wirtschaftsministers von Nord- ren im Ansatz erkennbar waren. rhein-Westfalen als Nachfolger von Dr. Horst-Lud- Fest steht, daß man sich heute in der Angelegen- wig Riemer übernommen hatte, schrieb Eberhard heit viel wohler fühlen könnte, wenn man an- von Brauchitsch ihr am 20. November 1979, das Ver- gesichts der aufkeimenden Zweifel auf ein für hältnis zwischen diesem Ministerium und dem das Parlament transparentes Genehmigungsver- Flick-Konzern sei — ohne Rücksicht auf politische fahren für diese steuerliche Großsubvention ver- Färbungen — traditionell stets gut gewesen. Selbst- weisen könnte, das strukturpolitische Prüfvor verständlich biete er ihr an, dieses Verhältnis fort- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode zusetzen und ihr für Gespräche zur Verfügung zu um ihn „in der Sache" zu kritisieren. Dies ergebe stehen, wann immer sie glaube, daß dies nützlich sich aus der Fragestunde vom 20. April 1978 und sei- sein könnte. Er sei durchaus in der Lage, dabei „den nen Artikeln vom März 1979, wo er die wettbe- eigenen Gartenzaun außer Betracht zu lassen". werbspolitischen Argumente als „eindeutig gekün- stelt" bezeichnet- habe. Er könne sich vorstellen, schrieb Fritz Wacker, daß Dr. Spöri über den Parla- 287 mentarischen. Staatssekretär Dr. Rolf Böhme versu- che, dem Gerling-Antrag sozusagen in letzter Mi- Informationen über die Bearbeitung der Anträge nute zum Mißerfolg zu verhelfen. Dr. Reinhold im Bundesministerium der Finanzen Kreile werde in Kürze Ministerialdirektor Dr. Karl Am 29. November 1979 fertigte Fritz Wacker einen Koch und Ministerialrat Dr. Günter Söffing sehen; längeren Vermerk über ein Gespräch mit Rechtsan- unabhängig davon sei zu überlegen, ob Dr. Heribert walt Dr. Reinhold Kreile, dem — wie Wacker fest- Blaschke von sich aus Kontakt aufnehmen solle; hielt — aus dem Bundesfinanzministerium signali- hier vermerkte von Brauchitsch: „Ja". siert worden sei, daß der Antrag betreffend US Fil- ter in Höhe einer 25 %-Begünstigung statt in Höhe der gekauften 34,5% gute Chancen habe. Allerdings 288 habe man in der Steuerabteilung des Bundesfinanz- ministeriums Schwierigkeiten bei dem Gerling-An- Überlegungen im Flick-Konzern zu Weihnachtsgrüßen trag, und zwar wegen des praktizierten Zwischen- Anfang Dezember 1979 machte man sich im Flick holding-Modells. Wacker wies in diesem Zusam- Konzern Gedanken über die Frage, ob und auf wel- menhang darauf hin, die Versicherungsabteilung che Weise den Gesprächspartnern in den Bonner habe bereits vor einiger Zeit positiv votiert. Es Ministerien Weihnachtsgrüße übersandt werden stehe nicht fest, ob die Steuerabteilung bereits offi- sollten. Am 5. Dezember 1979 hielt das Sekretariat ziell vom Bundeswirtschaftsministerium angespro- von Eberhard von Brauchitsch für diesen in einer chen worden sei. Dr. Heribert Blaschke habe schon Telefonnotiz folgendes fest: sehr früh darauf hingewiesen, daß das gewählte VHDI-Modell „nicht ganz unproblematisch" sei; das „Herr Wacker macht zu dem gesamten 6 b/Be- Bundeswirtschaftsministerium habe diesen Ge- reich in Bonn nichts, keine Karte, kein Geschenk. sichtspunkt aber nie zum Anlaß kritischer Ein- Die Leute wären sehr empfindlich, ließen sich wände genommen. Bisher habe man auch davon nicht zum Essen einladen und es wäre richtiger, ausgehen können, daß die Steuerabteilung des Bun- sich so zurückhaltend zu verhalten." desfinanzministeriums keine Schwierigkeiten ma- chen werde. So habe Minister Hans Matthöfer am Als Zeuge hat sich Fritz Wacker vor dem 1. Untersu- 8. März 1978 Eberhard von Brauchitsch darüber in- chungsausschuß nicht konkret an diese Durchsage formiert, daß das Bundesfinanzministerium — nach für von Brauchitsch erinnern können. Mit den „Leu- einer Äußerung der Steuerabteilung — ein positives ten" könne er nur seine Gesprächspartner aus den Votum des Bundeswirtschaftsministeriums ohne Fachabteilungen der Ministerien gemeint haben, Beanstandungen passieren lassen werde; am dagegen keinen Minister. In der Tat seien diese 31. März habe Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl „Leute" dem Flick-Konzern immer mit betonter Di- ihm mitgeteilt, daß er mit Ministerialdirektor stanz und auch mit einer gewissen Scheu gegen- Dr. Karl Koch ein Gespräch „mit positivem Aus- übergetreten, zumal diese Dinge monatelang durch gang" gehabt habe; Matthöfer habe gegenüber von die Presse gezogen worden seien. Er hat betont, es Brauchitsch am 15. November — nach der Unter- habe kein einziges Essen stattgefunden. Er könne richtung über den Gerling-Vergleich — keine Ver- sich die Notiz nur so erklären, daß man ihn — da änderung seiner „positiven Position in unserer 6 b- das Haus Flick gegenüber Geschäftsfreunden nie Angelegenheit" erkennen lassen. mit einem Weihnachtspräsent kleinlich gewesen sei — gefragt habe, ob da auch etwas „in dieser Rich- Fritz Wacker stellte sodann Vermutungen über die tung" in Frage komme. Inhaltlich gelte der Vermerk Ursachen dieser Schwierigkeiten an. Zwar lasse die auch für die Jahre vor und nach 1979. Begründung des „ungeliebten" Antrages betreffend USF keinen Raum für sachbezogene Argumente, die eine Ablehnung rechtfertigen könnten; man 289 könne sich aber nicht vorstellen, daß von elf Anträ- gen nur einer abgelehnt werde. Deshalb werde nach Ressortbesprechung am 5. Dezember 1979 Ansatzpunkten für wenigstens eine weitere Ableh- insbesondere wegen des Antrags betre ffend VHDI nung gesucht. Am 5. Dezember 1979 wurde zwischen Ministerial- Auch der Gerling-Antrag biete vom wirtschaftli- rat Dr. Wolfgang Mühl und einigen Fachreferenten chen Sachverhalt her keine Ablehnungsgründe. des Bundesministeriums für Wirtschaft einerseits Wenn es aber einen formalen Gesichtspunkt gäbe, sowie zwei Vertretern der Versicherungsabteilung der sich zu einem schwerwiegenden Formmangel des Bundesministeriums der Finanzen auf der an- „aufblasen" ließe, wäre das ein Aufhänger für ein deren Seite über grundsätzliche Fragen der Ausle- Verfahrensergebnis, mit dem man gerade noch „das gung der §§ 6 b EStG und 4 AIG und die konkrete Gesicht" wahren könne. Im übrigen habe sich Anwendung dieser Grundsätze auf den Antrag be- Dr. Dieter Spöri den Gerling-Antrag herausgesucht, treffend VHDI beraten. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Ein Ergebnisprotokoll der Versicherungsabteilung bar. „Irgend jemand" sei zudem auf den Gedanken des Bundesministeriums der Finanzen bestätigte gekommen, daß man beim Gerling-Engagement un- die Fritz Wacker durch Rechtsanwalt Dr. Reinhold terscheiden müsse zwischen dem Erwerb der Kreile übermittelten Bedenken. Die Versicherungs- VHDI-Anteile von den Altgesellschaftern sowie abteilung sah sich ohne vorherige Abstimmung mit dem Erwerb der „Zürich"-Beteiligung einerseits der Steuerabteilung nicht in der Lage, der Ausle- und der Kapitalerhöhung- andererseits. Der Erwerb gung des Bundesministeriums für Wirtschaft zuzu- der VHDI-Anteile sei zwar nach Auffassung beider stimmen, wonach im allgemeinen bei einer tenden- Ministerien geeignet, eine Verbesserung der Unter- ziellen Verbesserung der Unternehmensstruktur nehmensstruktur des Wirtschaftszweiges zu bewir des Wirtschaftszweiges zugleich die besondere ken. Die Kapitalerhöhung sei dagegen eine normale volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit gege- unternehmerische Maßnahme, die nicht nach § 6 b ben sei und etwaige volkswirtschaftliche Gründe, EStG gefördert werden könne, da der Einstieg von die im konkreten Fall gegen die Erteilung einer Flick bei Gerling schon eine Stärkung des Gerling Bescheinigung sprechen könnten, lediglich als „ne- Konzerns darstelle. gatives Korrigendum" herangezogen werden dürf- ten. Man habe allerdings festgestellt, daß die Steu- Ein Teil der Bedenken des Bundesministeriums der erabteilung des Bundesministeriums der Finanzen Finanzen bezüglich des PCV-Antrags beruhe eben- bisher auch entsprechend diesen Auslegungsgrund- falls auf der Schwierigkeit der Zuordnung des Be- sätzen des Bundesministeriums für Wirtschaft ver- trages von .25 Millionen DM zu konkreten Projek- fahren sei. ten, abgesehen von dem „Widerwillen" gegen eine Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft. Bei der Erörterung des Antrages betreffend VHDI Eine vom ihm, Fritz Wacker, hierzu angebotene habe das Bundesministerium für Wirtschaft die An- „Generalklausel" habe Ministerialrat Dr. Wolfgang sicht vertreten, daß eine der drei Maßnahmen im Mühl zwar offenkundig positiv aufgenommen, den- Rahmen der VHDI-Beteiligung, nämlich die Kapi- noch aber auf die Fragen seitens des Bundesmini- talerhöhung bei der VHDI zum Zwecke der Kapital- steriums der Finanzen wie z. B. nach den konkreten zuführung bei der GKB, nicht förderungswürdig Investitionen bei PCV verwiesen. Nach Auffassung sei. des Bundesministeriums der Finanzen könne eine Bescheinigung hier nicht ohne Auflage erteilt wer- Auf Wunsch des Parlamentarischen Staatssekre- den. Im übrigen seien wiederum Zweifel an dem tärs Dr. Rolf Böhme im Bundesfinanzministerium Grace-Engagement geäußert worden. Man werde wurden am 13. Dezember 1979 die Anträge der er- davon ausgehen müssen, daß man die Gelegenheit, sten beiden Antragsblöcke sowie die damals vorlie- die der Antrag betreffend USF biete, benutzen wer- genden Anträge des 3. Antragsblocks aufgelistet; de, um der Frage nach der zwischenzeitlichen Ent- dazu wurde vermerkt, daß die letzteren am 17. De- wicklung der Zusammenarbeit zwischen PCV und zember 1979 mit Vertretern des Bundesministeri- Grace nachzugehen. Man habe Ministerialrat Dr. ums für Wirtschaft erörtert werden sollten. Wolfgang Mühl gefragt, welche konkreten Maßnah- men und Anregungen aus der Kooperation zwi- Über dieses, Gespräch zwischen — zumindest - Mi- schen PCV und Grace positive Auswirkungen auf nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl vom Bundesministe- die Zusammenarbeit zwischen PCV und USF haben rium für Wirtschaft sowie Dr. Koch, Dr. Uelner und würden. Dr. Söffing von der Steuerabteilung des Bundesmi- nisteriums der Finanzen gibt es keinen Vermerk in Fritz Wacker schloß diesem Bericht eine „erste den Akten beider Ministerien. Dr. Mühl unterrich- Analyse" an. Danach werde im Bundesministerium tete aber anschließend Fritz Wacker — wie dieser für Wirtschaft grundsätz lich nach „sachlichen Ge- am 19. Dezember notierte - ausführlich über diese sichtspunkten" geprüft und beurteilt, „ohne den Ge- Besprechung. Er, Dr. Mühl, habe das Gespräch ge- danken der politischen Machbarkeit" zu vernach- führt, um mit den Kollegen des Bundesministeri- lässigen. Da die Anträge betreffend Gerling und ums der Finanzen die steuerrechtlich und steuer- PCV, gemessen an der bisherigen Verwaltungspra- politisch relevanten Fragen so weit wie möglich zu xis nach § 6 b EStG, schwierig seien, sei eine in der klären, bevor er seine eigene Stellungnahme ab- Sache liegende Unsicherheit entstanden, die der schließe. Dabei habe sich gezeigt, daß im Bundesmi- Flick-Konzern durch einen eigenen Beitrag im Zu- nisterium der Finanzen gegen alle drei Anträge „be- sammenhang mit der Festlegung der Auflagen be- trächtliche Bedenken" bestünden. So habe man Be- seitigen helfen müsse. Wacker fuhr fort: denken dagegen, daß der § 6 b EStG in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung angewandt werde, denn „Der Wind, der uns — zunächst um die Ecke — Kapitalerhöhungsmodelle — insbesondere inner- aus dem Bundesfinanzministerium ins Gesicht halb des eigenen Konzerns — habe der Gesetzgeber bläst, hat seine Stärke nicht nur aus in der Sache nicht im Auge gehabt. Diese Bedenken verstärkten liegenden Gründen und geht mit größter Wahr- sich, wenn die Verwendung einer Kapitalzuführung scheinlichkeit nicht nur von den beteiligten Be- nicht konkret für bestimmte Vorhaben festgelegt amten aus." werden könne. Hier befürchte das Bundesfinanzmi- Im übrigen zeigten, notierte Wacker weiter, die Fra- nisterium die Möglichkeit eines Mißbrauchs des gen zu PCV einen erstaunlichen Mangel an Ver- § 6b EStG. Da dieser Fall nach Ansicht des Bundes- trautheit mit den vorgetragenen Sachverhalten. finanzministeriums beim Gerling-Engagement vor- Hier werde eine Schwachstelle sichtbar, die man liege, sei die Erteilung der Bescheinigung nur in beseitigen müsse: Bei dem derzeitigen Verfahrens- Verbindung mit einschränkenden Auflagen denk ablauf werde der „grundsätzlich positiv eingestell- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode te" Ministerialrat Dr. Wolfgang Mahl zwangsläufig 291 in eine Rolle gedrängt, in der er seinen „betont kri- tischen Gesprächspartnern" die Geschäftspolitik Fritz Weckers Schreiben vom 4. Januar 1980 des Flick-Konzerns erläutern müsse; dafür könnten zur Frage der Kapitalerhöhung und § 6 b EStG; Hinweise auf Grace-Risiken bei ihm die fachlichen Voraussetzungen nicht er- - füllt sein. Diesen Part könne man nicht Dr. Mühl Inzwischen versuchte Fritz Wacker in einem spielen lassen, sondern müsse es selbst tun. Man Schreiben vom 4. Januar 1980 an Ministerialrat müsse sich also mit den Herren des Bundesmini- Dr. Wolfgang Mühl, die „6 b-Fähigkeit der Kapitaler- steriums der Finanzen - in Anwesenheit von höhung" nachzuweisen, und brachte zugleich einen Dr. Mühl — zusammensetzen. Vorschlag für eine Auflage ein, die einen Mißbrauch des § 6 b EStG verhindern würde. Zur Kapitalerhö- Fritz Wacker vermerkte weiter, er habe mit Mini- hung wurde betont, diese sei von Anfang an integra- sterialrat Dr. Wolfgang Mühl auch über die Gerling ler Bestandteil der Beteiligung des Flick-Konzerns Problematik diskutiert, nämlich die neue Beurtei- gewesen. Diese Auffassung habe auch das Bundes- lung der Kapitalerhöhung. Hier sei am Ende her- aufsichtsamt für das Versicherungswesen, das be- ausgekommen, daß „politische Gesichtspunkte" reits 1977 zum Ausdruck gebracht habe, daß der eine Rolle spielten. Der 3. Antragsblock würde Gerling-Konzern über eine ungenügende Kapital- durch das Abkoppeln der rund 30 Millionen DM für ausstattung verfüge. Der Präsident des Bundesauf- die Kapitalerhöhung bei Gerling und die Reduzie- sichtsamtes für das Versicherungswesen, Dr. Wal rung bei USF von 34% auf 25%, also um 54 Millio- ter Rieger, habe in seinem ersten Gespräch mit von nen DM, eine Stromlinie erhalten, „die ihm das Brauchitsch betont, daß die Beteiligung am Gerling Durchqueren der schwierigen politischen Gewässer Konzern nur dann als förderungswürdig anzusehen leichter machen soll." sei, wenn damit zugleich die bestehende Unterkapi- talisierung dieses Konzerns beseitigt würde. Die Ähnliche Informationen erhielt Fritz Wacker am Kapitalerhöhung sei — wie im einzelnen ausge- 18. Dezember 1979 von Rechtsanwalt Dr. Reinhold führt wurde — von dem Beteiligungserwerb nicht Kreile, der zuvor mit Beamten des Bundesfinanzmi- zu trennen. Hinsichtlich der Auflage wurde vor al- nisteriums gesprochen hatte. Fritz Wacker notierte, lem vorgeschlagen, die Bescheinigung unter der Dr. Kreile habe bemerkt, „sehr restriktiv verhalte Voraussetzung zu erteilen, daß der Steuervorteil sich in allen Fällen Herr Uelner". Bei USF habe wieder entfalle, wenn die VHDI die GKB-Aktien man die „Chance" erwähnt, auf der Basis von 25% veräußere, ein Ansatz, dessen rechtliche Absiche- weiterzukommen.. In Sachen PCV habe man rung in den Verhandlungen zwischen den beiden Schwierigkeiten, weil sich die Kapitalerhöhung Ministerien später ein Hauptstreitpunkt werden nicht zahlenmäßig einzelnen Projekten zuordnen sollte. In einem weiteren Schreiben vom 14. Januar lasse. Wegen des Holding-Problems im Falle Ger- 1980 beantwortete Wacker die ihm gestellten Fra- ling denke man über eine Auflage nach. gen zur Entwicklung der Zusammenarbeit zwi- schen PCV und Grace und zum Dreiecksverhältnis der Flick-Gruppe zu Grace und USF. 290 Am 8. Januar 1980 hatte Eberhard von Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick mitgeteilt, daß er „unter Bemühungen Eberhard von Brauchitschs vier Augen" zu „6 b-Gesprächen" mit Bundesmini- um weitere Gespräche mit den Bundesministerien ster Hans Matthöfer am 18. Januar und mit Mini- Zwischenzeitlich hatte sich Eberhard von Brau- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff am 28. Januar 1980 chitsch um ein erneutes Gespräch mit Minister verabredet sei. Außerdem hatte er Dr. Fl ick in ei- Dr. Otto Graf Lambsdorff bemüht. Nach einer Notiz nem längeren Vermerk auf die Grace-Risiken hin- gewiesen. Er betonte, daß eine eventuelle Rück- seines Sekretariats wurde ihm als Gesprächstermin der 22. Januar 1980 angeboten; Dr. Graf Lambsdorff nahme der Steuerbegünstigung nicht nur „zu einer wolle allerdings unbedingt vorab die Gesprächsthe- katastrophalen Lage" des Flick-Konzerns führen men wissen und dann durchgeben, ob es bei dem würde, sondern auch „den Verlust an unwieder Termin bleiben könne. Von Brauchitsch notierte bringlichem Goodwill-Kredit, den sich dieses Haus dazu, er wolle ein „nicht technisches und nicht ma- in jahrelanger Mühe in Bonn geschaffen hat", zur terielles Gespräch über unsere 6 b-Angelegenheit Folge haben würde. führen. Schwergewicht: Geschichte des Zustande- Am 17. Januar 1980 übersandte das „Bonner Büro" kommens der Gerling-Beteiligung." des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch den Bericht über die Tätigkeit im Jahre 1979. Die Tätig- Firmenintern bat er am 21. Dezember 1979 um den keit des Büros in dem Steuerbescheinigungsverfah- Nachweis, daß die Gerling-Kapitalerhöhung die ren wurde stichwortartig wie folgt beschrieben: Folge eines Wunsches, wenn nicht einer Auflage des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- „In Sachen § 6 b, § 4 Beschaffung. von Einzelinfor- wesen gewesen sei und in Übereinstimmung mit mationen u. a. über Zusammenhänge der ,Spöri -seinen Gesprächen mit dem Bundeswirtschafts Kampagnen`, Reaktionen auf Schreiben von und dem Bundesfinanzminister gelegen habe. Am Herrn von Brauchitsch an SPD-Exponenten, Er- selben Tag wurde ferner ein Gespräch zwischen gebnisse der Sitzungen des Arbeitskreises ,öf- von Brauchitsch und Matthöfer für den 18. Januar fentliche Finanzen' der SPD- sowie des entspre- 1980 vereinbart. chenden Arbeitskreises der F.D.P.-Fraktion." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Ferner wurde neben zahlreichen anderen Tätigkei- lung zunehmend über Arbeitsüberlastung klage. In- ten erwähnt: sofern hätten weder er selbst noch seine Staatsse- kretäre irgendeinen Einfluß. Der Minister habe je- „Berichterstattung über Vorträge und Diskussio- doch angeboten, erneut über das Thema zu spre- nen im Gesprächskreis Wirtschaft der Friedrich- chen, wenn sich konkrete Anzeichen für eine Verzö- Ebert-Stiftung für Herrn Paefgen." gerung ergeben- sollten.

292 Eberhard von Brauchitsch sprach zwischenzeitlich am 25. Januar 1980 mit Dr. Friedrich Karl Flick Gespräch Eberhard von Brauchitschs über die Gespräche mit den beiden Ministern und mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer erörterte mit ihm die Problematik der Beteiligung am 18. Januar 1980 an USF. Man sei übereingekommen, notierte er, daß es bei der abgestimmten Sprachregelung bleibe: Ober sein Gespräch mit Minister Hans Matthöfer „Klageandrohung, wenn uns USF ganz oder teil- am 18. Januar 1980 hielt Eberhard von Brauchitsch weise gestrichen wird." Andererseits sei man sich fest, man habe über alle drei Anträge des 3. An- intern darüber klar, daß eine Teilablehnung des tragsblocks gesprochen. Zunächst habe er die erwo- USF-Antrages — rd. 55 Millionen DM — „uns nicht gene Teilgenehmigung von nur 25% der 34,5%igen aus den Angeln hebt." USF-Beteiligung angesprochen. Da sich die USF- Technologie inzwischen als wesentlich ergiebiger als zum Zeitpunkt des Erwerbs und der Unterrich- 293 tung von Hans Matthöfer über den Erwerb gezeigt habe, würde er es für „geradezu abenteuerlich" hal- Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit ten, eine „formalistische Beschränkung" auf 25% Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff des Kapitals vorzunehmen. Er habe den Minister am 28. Januar 1980 gebeten, diesem Thema seine Aufmerksamkeit zu widmen, wenn der Vorgang auf seinen Tisch kom- Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff wurde me. Zu PCV habe er Matthöfer gebeten, seine Sach- durch Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl mit einer kunde dahingehend einzubringen, daß Kooperatio- Vorlage vom 25. Januar 1980 über den aktuellen nen zwischen deutschen und amerikanischen Un- Stand des Bescheinigungsverfahrens auf das Ge- ternehmen auf dem Gebiet hochsensibler Technolo- spräch mit Eberhard von Brauchitsch vorbereitet. gien viel Zeit und Behutsamkeit benötigten. Hier Darin wurde darauf hingewiesen, daß im Bundesfi- könne man nicht „formalistisch abhaken", was nanzministerium gefordert werde, beim Antrag be- schon erreicht sei, sondern müsse die Zukunft wir- treffend Gerling einen Mißbrauch des § 6 b EStG, ken lassen. der wegen der Holdingkonstruktion denkbar sei, auszuschließen. Die vom Flick-Konzern erbetenen Zu der offenbar erwogenen negativen Betrachtung und inzwischen eingegangenen Vorschläge für et- der Gerling-Kapitalerhöhung habe er bei dem Mini- waige Auflagen müßten jetzt zusammen mit dem ster in die Erinnerung zurückgerufen, daß gerade Bundesfinanzministerium geprüft werden. Beim die mangelhafte Kapitalausstattung der Gerling Antrag betreffend PCV werde derzeit geprüft, in- Gesellschaften ein Hauptmotiv für das Bundesauf- wieweit die Investitionen konkret einer Branchen- sichtsamt für das Versicherungswesen gewesen sei, strukturverbesserung dienten. Der Antrag betref- positiv für den Flick-Konzern zu votieren. Er habe fend USF habe zahlreiche Fragen aufgeworfen, die noch einmal dargestellt, in welchem Ausmaß er sich mit dem Konzern erörtert worden seien und zu An- mit dem Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für tragsergänzungen geführt hätten. Das Bundesfi- das Versicherungswesen habe auseinandersetzen nanzministerium lege Wert auf den Nachweis der müssen, um schließlich „die goldene Mitte" der Ka- bisherigen Kooperation zwischen Flick und Grace pitalerhöhung zu finden. Hans Matthöfer habe, ver- — die ein wichtiges Argument für die positive Beur- merkte Eberhard von Brauchitsch, „ohne Wider- teilung des Antrags betreffend Grace II gewesen spruch" seine Darlegungen entgegengenommen sei —, da bei der Bewertung der internationalen Ar- und zugesagt, sich zu gegebener Zeit mit der Sache beitsteilung die behauptete Kooperation zwischen „eigenhändig" zu befassen; er sei allerdings nicht PCV und USF im Mittelpunkt stehe. Es sei beab- ins Detail gegangen. Abschließend notierte von sichtigt, nach Abschluß der hausinternen Prüfung Brauchitsch, er habe Matthöfer gesagt, nach seiner über alle drei Anträge gleichzeitig zu entscheiden. Auffassung solle auch im Bereich des Bundesfi- Dazu werde auch die Leitung eingeschaltet. Sodann nanzministeriums dieser letzte „Geleitzug" zügig würden formell das Bundesministerium der Finan- behandelt werden. Es gebe zwar keinen Anhalts- zen und das Wirtschaftsministerium in Nordrhein punkt für eine Verzögerung; er könne aber nicht Westfalen beteiligt. ausschließen, daß irgendein „Übertaktiker" versu- chen könnte, die Angelegenheit auf den Spätherbst Über das Gespräch selbst am 28. Januar 1980 no- 1980 zu verzögern. Er habe Matthöfer die Nachteile tierte Eberhard von Brauchitsch, der Minister einer solchen Verzögerung vor Augen gehalten und glaube zwar nicht an eine Verschleppungsabsicht ihm gesagt, daß auch sein Haus daran interessiert im Bundesministerum für Wirtschaft oder im Bun- sein müsse, diese Angelegenheit nunmehr „sang- desministerium der Finanzen. Er aber habe „in und klanglos" über die Bühne zu ziehen. Matthöfer gleicher Weise wie wir" ein Interesse daran, die habe das dem Grunde nach bestätigt, aber darauf letzten drei Anträge noch bis zur Sommerpause des hingewiesen, daß insbesondere seine Steuerabtei Parlaments und damit bis zum Ende dieser Legisla- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode turperiode vom Tisch zu haben, fürchte allerdings, schen Kooperation im „Dreiecksverhältnis PCV, US daß das nicht unbedingt gewährleistet sei. Deshalb Filter und W. R. Grace" gemacht seien. Dazu werde erwäge er, den nach seiner Auffassung und nach er demnächst an einer Besprechung zwischen die- Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen sen Firmen in den USA teilnehmen. Das Schreiben entscheidungsreifen Vorgang Gerling — vielleicht wurde auch dem Minister zugeleitet. auch PCV — abzukoppeln, so daß dann nur noch - USF der zeitlichen Verzögerung unterliegen werde. Am 29. Januar 1980 bat Ministerialrat Dr. Wolfgang Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff habe noch ein- Mühl sowohl das Rechtsreferat des Bundeswirt- mal bestätigt, daß er die Gerling-Sache für richtig schaftsministeriums als auch Ministerialrat Dr. halte. Er könne das aus eigener Wahrnehmung als Günter Söffing aus dem Bundesfinanzministerium Versicherungsfachmann sagen und wisse auch, daß um eine Prüfung der „Holding-Problematik". Dr. auch Hans Matthöfer diese Auffassung vertrete. Mühl wies später in einer Vorlage für Staatssekre- tär Dr. Otto Schlecht vom 31. März 1980 darauf hin, daß diese Anfrage nicht beantwortet worden sei, Eberhard von Brauchitsch notierte weiter, auch das und zwar „angeblich auf Weisung der BMF-Lei- Risiko, daß die Kapitalerhöhung „6 b-mäßig" nicht tung". Vor dem Untersuchungsausschuß hat er als anerkannt werde, scheine der Minister nicht sehr Zeuge ausgesagt, Dr. Söffing habe ihm erklärt, er hoch einzuschätzen. Den Vorschlag des Konzerns dürfe diese Anfrage nicht beantworten, und hat sich für Auflagen zum Holding-Problem halte er für zu erinnern gemeint, daß dieser zur Begründung vernünftig; die Entscheidung darüber liege aber darauf hingewiesen habe, der Parlamentarische mehr beim Bundesministerium der Finanzen als Staatssekretär Dr. Rolf Böhme habe ihm einen beim Bundesministerium für Wirtschaft. Minister „Maulkorb" umgehängt. In seiner Vorlage an Dr. Otto Graf Lambsdorff halte den Vorgang Ger- Staatssekretär Dr. Schlecht habe er auf diesen Um- ling für entscheidungsreif. Auch beim Antrag be- stand nicht detailliert hingewiesen, weil dies — wie treffend PCV sehe er offenbar keine großen Schwie- er vor dem Ausschuß ausgesagt hat — „nicht Beam- rigkeiten; vielmehr habe er ihn als „chicken food" tenstil" gewesen wäre. bezeichnet. Eberhard von Brauchitsch vermerkte weiter, beim 294 Antrag betreffend USF habe sich Dr. Otto Graf Lambsdorff „sehr zugeknöpft" verhalten und darauf Eintragungen in den Diehl-Listen hingewiesen, daß schon in der Vergangenheit das unter dem 30. Januar 1980 Risiko einer Ablehnung signalisiert worden sei; man müsse dann eben in einen Rechtsstreit eintre- Unter dem 30. Januar 1980 vermerkte Rudolf Diehl ten. Das Bundesministerium der Finanzen stelle wiederum verschiedene angebliche Zahlungen „we- hier besonders hohe Anforderungen an den Begriff gen" im einzelnen genannter Politiker. Aus Notizen „internationale Kooperation" und sei in hohem des Sekretariats von Eberhard von Brauchitsch Maße bemüht festzustellen, wie sich die von dem vom selben Tage geht hervor, daß Rudolf Diehl „we- Flick-Konzern behaupteten Kooperationen mit gen Rücksprachen" zu von Brauchitsch habe kom- Grace entwickelt hätten. Er, von Brauchitsch, habe men wollen; außerdem heißt es darin: „Herr Diehl ihm hier noch einmal ausführlich die Zusammen- hat die Briefe fertig, die Sie haben möchten." Der hänge erläutert; Dr. Graf Lambsdorff habe das ver- 1. Untersuchungsausschuß hat nicht positiv festge- standen, sich aber „sehr sibyllinisch" ausgedrückt. stellt, daß diese Umstände mit den Eintragungen in Er habe gemeint, es könnte durchaus einen Sinn den Listen über inoffizielle Zahlungen an Parteien geben, die Förderungswürdigkeit auf 25% des im Zusammenhang stehen. Kapitals zu beschränken. Insgesamt sei Minister Dr. Graf Lambsdorff „erneut außerordentlich vor- Abgesehen von einer Eintragung, die im Überblick, sichtig und taktierend" gewesen und habe an keiner Abschnitt VI „Spendenvorwürfe gegen Amtsträ- Seite irgendeine Zusage geben wollen. Von Brau- ger", erwähnt ist, lauten die Vermerke von Rudolf chitsch vermerkte weiter: Diehl für SPD und FDP wie folgt: „30. 1. v. B. wg. Brandt 50 000 „Ich habe den Eindruck, daß Lambsdorff seiner- 30.1. v. B. wg. Matthöfer 40 000 seits gern unsere drei Sachen vom Tisch haben 30. 1. v. B. wg. Funcke 40 000". möchte, daß er aber andererseits nicht auf das Verfahren einwirken möchte. Schließlich habe Die Abgeordneten der SPD des 1. Untersuchungs- ich aber Lambsdorff doch die Zusage abgerungen, ausschusses weisen darauf hin, daß die Diehl- daß er wegen des Zeitablaufs mit Staatssekretär schen Listen unter dem Datum 30. Januar 1980 Schlecht sprechen wird und ggf. mit Matthöfer. als „inoffizielle Zahlungen" neben den erwähnten Ich habe Lambsdorff gesagt, daß Matthöfer über Summen bei der FDP „vB wg. Graf Lambsdorff das Zeitproblem in gleicher Weise unterrichtet 40 000" sowie für die CDU sei wie er, Lambsdorff." „vB wg. Kohl 50 000" und Ebenfalls am 28. Januar 1980 übersandte Dr. Hanns „vB wg. Biedenkopf 25 000" Arnt Vogels Staatssekretär Dr. Otto Schlecht eine verzeichnen. Da in der Buchführung über die Dis- Kopie des Schreibens von Fritz Wacker an Ministe- positionskasse entsprechende Eintragungen und rialrat Dr. Wolfgang Mühl vom 14. Januar 1980 als dazugehörige Belege fehlen, können alle diese „Vorabschnellinformation". Er wies vor allem dar- Beträge nur aus der sogenannten „Schwarzen auf hin, daß dort Ausführungen zur transatlanti Kasse" entnommen worden sein. Von den dazu Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

vom 1. Untersuchungsausschuß gehörten Zeugen einzuwirken, würde dem ohnehin dasselbe Motiv hat Dr. Helmut Kohl, wie bereits in einem Brief zugrunde gelegen haben. vom 22. September 1982 an die Staatsanwalt- schaft Bonn im Anschluß an seine dortige Ver- Hans Matthöfer hat als Zeuge vor dem 1. Untersu- nehmung, den Empfang von 50 000 DM zugege- chungsausschuß ebenfalls den Erhalt einer Spende ben, die am 24. April 1980 bar in der Schatzmei- des Flick-Konzerns- in Abrede gestellt. Er hat be- sterei der CDU von ihm eingezahlt worden seien. tont, daß er in seinem ganzen Leben für seine Par- Für Barzahlungen, die nach den Aussagen von tei keine Spende von einem Industrieunternehmen Eberhard von Brauchitsch und Dr. Helmut Kohl oder einem Unternehmer angenommen, vermittelt jeweils in einem Briefumschlag überreicht wur- oder weitergegeben habe; zudem habe er als Bun- den, war im Flick-Konzern der Ausdruck „Spezi- desminister nie auch nur die Andeutung eines Zu- albrief" üblich. Die Eintragung „wg. Lambsdorff" sammenhangs von Spenden für seine Partei und ist Gegenstand des Strafverfahrens vor dem durch ihn zu treffende Entscheidungen hergestellt. Landgericht Bonn. Für die Beurteilung der Frage, wem tatsächlich die- Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und ser Betrag zugeflossen sein kann, gelten die vorste- der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß henden Ausführungen zu der Eintragung „wg. weisen darauf hin, daß die Spendeneintragung Brandt" sinngemäß. Selbstverständlich hatte Eber- unter dem Namen von Dr. Otto Graf Lambsdorff hard von Brauchitsch — wie sein Gespräch mit im Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe ge- Bundesminister Hans Matthöfer am 18. Januar 1980 gen Amtsträger", berichtet worden ist. Eberhard zeigte — in dieser Phase, als im Bundesfinanzmini- von Brauchitsch und Dr. Otto Graf Lambsdorff sterium Zweifel an allen drei Anträgen angemeldet haben Zahlung und Empfang bestritten. Im übri- wurden, ein erhebliches Interesse an einer positi- gen weisen die Abgeordneten der CDU/CSU ven Einstellung von Hans Matthöfer gegenüber Fraktion und der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersu- dem Anliegen des Flick-Konzerns. Feststellungen chungsausschuß darauf hin, daß die vom CDU über eine Zahlung, insbesondere über den tatsächli- Vorsitzenden bestätigte Spende in keinem Zu- chen Zahlungsempfänger, sind aber auch in diesem sammenhang mit dem Steuerbescheinigungsver- Fall nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft Bonn fahren steht. Daß sie aus der „Sonderkasse" ge- hat das gegen Matthöfer eingeleitete Ermittlungs- stammt haben könnte, war dem Spendenempfän- verfahren eingestellt, weil sich der für eine Anklage ger nicht bekannt. Hinsichtlich der weiteren Ein- hinreichende Tatverdacht einer Vorteilsannahme tragung hat der 1. Untersuchungsausschuß nicht nicht ergeben habe. festgestellt, daß eine Spende tatsächlich geleistet Liselotte Funcke hat zu der sie betreffenden Eintra- wurde. Ein Zusammenhang mit den Steuerbe- gung bei ihrer Vernehmung durch die Staatsan- scheinigungsverfahren besteht in keinem Fall. waltschaft Bonn erklärt, sie „habe weder direkt noch indirekt irgendwelche Beträge, Sachleistun- Willy Brandt hat als Zeuge — wie bereits ausführ- gen, sonstige Vergünstigungen" durch den Flick- lich dargestellt — jede Zahlung des Flick-Konzerns Konzern erhalten und wisse auch von keiner Zah- an ihn ausgeschlossen und sich dies durch ein lung an die FDP oder sonstige Empfänger. Die Schreiben des Flick-Konzerns vom 14. Juli 1982 be- Staatsanwaltschaft Bonn hat hinsichtlich dieses stätigen lassen. Eberhard von Brauchitsch hat in Vorganges das Ermittlungsverfahren mangels hin- seiner Schutzschrift gegenüber der Staatsanwalt- reichenden Tatverdachts für eine Anklageerhebung schaft Bonn vortragen lassen, diesen Betrag sowie eingestellt; auch der 1. Untersuchungsausschuß hat die unter dem Namen von Hans Matthöfer ver- etwaige zusätzliche Anhaltspunkte für eine Weiter- merkten 40 000 DM Alfred Nau übergeben zu ha- leitung dieses Betrages an Frau Funcke nicht. ben, verbunden mit der Bitte, entsprechend dessen Anerbieten seinen politischen Einfluß zugunsten der Bemühungen von Brauchitschs um eine von po- litischem Druck und der Befürchtung nachteiliger politischer Konsequenzen freie Verwaltungsent- 295 scheidung geltend zu machen. Notiz Eberhard von Brauchitschs über einen Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht feststellen Anruf von Bundeswirtschaftsminister können, ob die vermerkten Beträge Willy Brandt Dr. Otto Graf Lambsdorff am 1. Februar 1980 oder aber dem Vorsitzenden der Friedrich-Ebert- Stiftung und früheren Schatzmeister der SPD Al- Über einen Anruf von Bundeswirtschaftsminister fred Nau übergeben wurden. Der Gedanke einer Dr. Otto Graf Lambsdorff am 1. Februar 1980 no- Spende an Willy Brandt erscheint aber aus der tierte Eberhard von Brauchitsch: Sicht von Eberhard von Brauchitsch zumindest nachvollziehbar, da ihm an einer politischen Absi- „1. Gerling cherung der von Teilen der SPD bekämpften Steu- Lambsdorff hat mit Matthöfer gesprochen erbescheinigungsanträge durch den SPD-Vorsitzen- und ihn daran erinnert, daß man sowohl von den gelegen sein mußte und er mit ihm direkt oder Lambsdorff als auch von Matthöfers Seite indirekt über Günter Markscheffel in dieser Frage mir gegenüber im Obligo sei. Unter diesen mehrfach Verbindung gehabt hatte. Unterstellte Umständen sei es unvertretbar, die Sache so man, daß das Geld an Nau gegeben wurde mit dem lange hängenzulassen. Matthöfer hat dies be- Ziel, im Sinne von von Brauchitsch auf Willy Brandt stätigt. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Die Angelegenheit Gerling wird nunmehr 100%ig nachweisbar sind und eine tatsächliche beim Bundeswirtschaftsministerium fertig- wirtschaftliche Basis haben. Er weigert sich ganz gestellt und geht mit positivem Votum Ende einfach, weitere ,Türken` aufzunehmen." Februar ans Bundesfinanzministerium. Dieser Vermerk hat später bei der Aufhebung der Im Bundesfinanzministerium liege, insbeson- Grace-Bescheinigung eine Rolle gespielt. Der Mitar- dere was die Holding/Bindungsformel angeht beiter hat in einer internen Stellungnahme für den (VHDI), die Referentenebene auf der Linie Konzern dazu erklärt, der Ausdruck „Türke" des Bundeswirtschaftsministeriums, also po- stamme von ihm selbst und sei nicht von Fritz Wak- sitiv. Uelner sei inzwischen auf „Gegenkurs" ker verwandt worden. Unter „Türke" verstehe er gegangen. Koch verhalte sich neutral. Böhme einen Antrag, der nicht genehmigt werde; in diesem (der nach unserer Kenntnis gar nicht zustän- Sinne habe er den Dynamit Nobel-Thesaurus-An- dig ist) verhalte sich extrem restriktiv, insbe- trag als „Türken" verstanden. Bei der Formulierung sondere unter Berücksichtigung der Behaup- tere Türken" habe er gedanklich den Vorgang The- tung: „Flick hat schon genug in Sachen 6b/4 saurus zugrunde gelegt. bekommen." Anscheinend auf diese Schwierigkeiten bezog sich 2. US-Filter auch die Feststellung von Dr. Heribert Blaschke in Lambsdorff will auch die USF-Sache nun- einer Aufzeichnung zu steuerrechtlichen Fragen für mehr zügig in seinem Hause abschließen und Eberhard von Brauchitsch, daß § 6 b EStG und § 4 — zeitgleich mit Gerling oder kurz danach — AIG wiederholt angewendet werden dürften, d. h., an das Finanzministerium abgeben. Lambs- der bei der Veräußerung der Beteiligung an Ger- dorff hat sich über das Votum des Bundes- ling, Grace oder US-Filter entstehende Gewinn wirtschaftsministeriums nicht klar geäußert. wäre wiederum 6 b-fähig. In dieser Zeit brachte die Ich glaubte aber seinen Worten entnehmen Grace-Beteiligung praktisch keine Rendite, wäh- zu können, daß er positiv bis teilpositiv votie- rend die gesellschaftsrechtliche Konstruktion den ren wird. Lambsdorff hat aber ausdrücklich Flick-Konzern zwang, sich immer stärker finanziell erklärt, daß er sich in der Frage nicht festle- daran zu engagieren, um seinen Einfluß nicht zu gen könne, da er das Thema US-Filter mit verlieren. Auf der anderen Seite fürchtete von dem zuständigen Bereich seines Hauses Brauchitsch, die mangelnde Verwirklichung der bei nicht abschließend behandelt hat. der Gewährung der Steuerbescheinigung vorausge- setzten Kooperation könne letztlich den § 4 AIG ge- Was das Bundesfinanzministerium angehe, fährden. sei die Haltung ziemlich die gleiche wie bei Gerling: Referentenebene positiv bis teilposi- Am 13. Februar 1980 unterrichtete Fritz Wacker tiv; Uelner: Gegenkurs, Koch: neutral, Böh- Dr. Friedrich Karl Flick über ein Telefonat mit Mi- me: restriktiv. nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl. Dieser wolle sich bemühen, die Vorgänge bis Ende Februar abzu- 3. PCV schließen. In Sachen Gerling habe er wegen der Lambsdorff wiederholte seine Formel vom erforderlichen Auflage das Rechtsreferat einge- 28. Januar: ,chicken food'. Ich nehme an, daß schaltet. Zur Beurteilung der Kapitalerhöhung habe er die Sache bei sich ohne weitere Verzöge- nach Auskunft von Dr. Mühl die Mitte Januar vor- rung passieren läßt." gelegte Argumentation des Flick-Konzerns „viel für Zu der Formulierung „im Obligo" hat Dr. Otto Graf sich"; vermutlich werde er diesen Teil nicht abkop- peln. Bei PCV sehe er wohl keine Hindernisse : Lambsdorff als Zeuge bemerkt, bei seinen Gesprä- chen mit Bundesminister Hans Matthöfer habe mehr. Bezüglich USF scheine ihm eine aus seiner keine Rolle gespielt, daß man „im Obligo" sei, son- Sicht „wasserdichte" Stellungnahme nach Eingang dern, daß beide in. der Sache derselben Meinung der neuen Unterlagen nicht mehr schwerzufallen. gewesen seien. Eine rechtsverbindliche Zusage Nachdem Dr. Mühl am 27. Februar 1980 die Stel- habe es nicht gegeben; dies habe auch Eberhard lungnahmen zur Beurteilung der Anträge des 3. An- von Brauchitsch nie so dargestellt. tragsblocks entworfen und den Fachreferenten im Bundesministerium für Wirtschaft zur Mitzeich- nung zugeleitet hatte, mahnte sein Mitarbeiter 296 Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt knapp einen Monat später am 20. März 1980 bei einem dieser Stand der Bearbeitung des 3. Antragsblocks Referenten „angesichts des Drängens der Leitung" im Februar 1980 eine kurzfristige Stellungnahme an. In diese Phase erster Schwierigkeiten bei dem 3. Antragsblock fällt die Notiz eines Mitarbeiters 297 von Eberhard von Brauchitsch vom 5. Februar 1980, in der es im Zusammenhang mit Bemühungen um Gratulation für Staatsminister Heinz-Herbert Karry den konkreten Nachweis der Zusammenarbeit in dem Bereich PCV/USF/Grace heißt, Fritz Wacker Eberhard von Brauchitsch gratulierte dem F.D.P: sei Bundesschatzmeister und Minister für Wirtschaft „grundsätzlich nur noch dann bereit, Vorgänge in und Technik des Landes Hessen, Heinz-Herbert das Genehmigungsverfahren aufzunehmen, die Karry, mit Schreiben vom 6. März 1980 zu dessen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

60. Geburtstag. Er schrieb, er denke „an die nun Einkommensteuergesetz und § 4 Auslandsinvesti- schon lange währende freundschaftliche Verbin- tionsgesetz unter Verzicht auf Steuereinnahmen dung zwischen uns" zurück. Sein Geburtstagsge- in beachtlicher Höhe zu erlauben, aus dem Erlös schenk war ein wertvolles Buch über die Ge- des Daimler-Aktienpaketes 800 Millionen DM in schichte des Schmucks. In seinem Dankesbrief den USA anzulegen, ohne daß hier ein einziger meinte Minister Karry, die „herrlichen Bilder" in Arbeitsplatz- neu entsteht, aber wenn es zum diesem Buch weckten „Begehrlichkeiten"; „ich bin Schwur kommt, will niemand die Hand heben." ja mehr für Bargeld, wie Sie wissen!" Der Zeuge von Brauchitsch hat betont, daß sich diese Formulie- Eberhard von Brauchitsch schrieb daraufhin Gün- rung selbstverständlich auf Bargeld für die F.D.P., ter Markscheffel, dieser Artikel „zeige einmal nicht für Karry persönlich, bezogen habe. Zusätz- mehr", wie wichtig es sei, das „leider nicht zustande lich gratulierten Eberhard von Brauchitsch, Günter gekommene Gespräch" mit dem Chefredakteur zu Max Paefgen und Dr. Hanns Arnt Vogels in einem führen, und bemerkte weiter: Telegramm, in dem sie „die hervorragenden Lei- „Was im übrigen Frau Simonis über unsere Ge- stungen" hervorhoben, die Karry als Minister für schäftspolitik sagt, zeigt wieder einmal, mit wel- Wirtschaft und Technik, als stellvertretender Mini- cher Leichtfertigkeit über wichtige strukturpoliti- sterpräsident sowie als Bundesschatzmeister und sche Maßnahmen eines Wirtschaftsunternehmes langjähriges Präsidiumsmitglied der F.D.P. stets in Unrichtigkeiten in die Welt gesetzt werden." besonderem Maße ausgezeichnet hätten. Karry er- widerte, er freue sich besonders darüber, daß über die Jahre hinweg die Verbindung zu ihm und zum Hause Flick „so gut und belastbar" sei, daß er sich nur wünschen könne, daß sich nichts daran 300 ändere. Vorschlag zur Aufnahme Günter Max Paefgens ins Kuratorium der Friedrich-Ebert-Stiftung 298 Währenddessen hatte Günter Max Paefgen den Spendenakquisition von Alfred Nau für SPD Vorschlag von Alfred Nau und Dr. Günter Grunwald und Friedrich-Ebert-Stiftung aufgegriffen, den Gedankenaustausch fortzusetzen. Nach einer Notiz der Friedrich-Ebert-Stiftung Am 14. Februar 1980 schrieb Alfred Nau an Günter wurde für den 28. März 1980 ein Zusammentreffen Max Paefgen, er wolle ihm — zusammen mit zwischen Alfred Nau und Günter Max Paefgen bei Dr. Günter Grunwald — den Vorschlag machen, einem „exzellenten Essen" arrangiert. Wenige Mo- „auch im Jahre 1980 unsere Gepflogenheit des Ge- nate später schlug Nau Paefgen vor, Mitglied des dankenaustausches fortzusetzen". Kuratoriums der Friedrich-Ebert-Stiftung zu wer- In Gesprächen zwischen dem SPD-Bundesschatz- den. Paefgen, der inzwischen aus der Flick-Gruppe meister Prof. Dr. Friedrich Halstenberg und dem ausgeschieden und für ein anderes Unternehmen Vorsitzenden der Friedrich-Ebert-Stiftung, Alfred beratend tätig geworden war, lehnte jedoch wegen Nau, vom 19. Februar und 7. März 1980 — letzteres der damit verbundenen zeitlichen Belastung den vermutlich zusammen mit dem Parteivorsitzenden Vorschlag ab. Willy Brandt — wurde auch über eine Abgrenzung der Spendenakquisition von Nau gesprochen. Nach Aussage von Prof. Dr. Halstenberg als Zeuge wurde dabei vereinbart, daß sich Nau in wahlkampffreien 301 Jahren vorrangig um Spenden für die Friedrich- Ebert-Stiftung, in Wahljahren wie 1980 dagegen Stellungnahme des Bundesministeriums für vorrangig um Spenden für die SPD bemühen solle; Wirtschaft zum 3. Antragsblock vom 31. März 1980 Nau solle „die zentrale Organisation für Wahl- kampfspenden 1980" übernehmen. Am 31. März 1980 fertigte Ministerialrat Dr. Wolf- gang Mühl den Entwurf der ausführlichen Stellung- nahme des Bundeswirtschaftsministeriums zu den 299 Anträgen des 3. Antragsblocks. In einer Vorlage an Einschaltung Günter Markscheffels wegen eines Staatssekretär Dr. Otto Schlecht „zur Entschei- Artikels der SPD-Bundestagsabgeordneten dung" schlug er vor, die drei Anträge mit positiven Heide Simonis Voten — im Fall Gerling mit Vorbehalt — dem Bun- desfinanzministerium zuzuleiten. In einem Artikel „Verborgene Finanzquellen — Sie- ben Vorschläge zum Abbau von Subventionen" kri- Er ging dabei auch auf die zwischen den beiden tisierte die Bundestagsabgeordnete Heide Simonis Ministerien streitige Frage ein, ob für alle Anträge am 25. März 1980 im „Sozialdemokratischen Presse- das „Einvernehmen" des Bundesministeriums der dienst Wirtschaft", es sei zu wenig getan worden, Finanzen erforderlich sei, weil die Veräußerungs- um Subventionen zu kürzen. Nach der Auflistung seite die Kreditwirtschaft berühre, oder ob dies nur von sieben konkreten Beispielen meinte sie: für den Antrag betreffend Gerling gelte, bei dem die Erwerbsseite die Versicherungswirtschaft betreffe, „Zwar bestreitet niemand, daß keine Notwendig äußerte aber keine abschließende Meinung. Aus keit dafür besteht, der Flick-Gruppe nach § 6 b den Vorgesprächen mit dem Bundesministerium Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode der Finanzen sei im übrigen erkennbar, daß es dort 302 Bedenken gegen den Antrag betreffend Gerling gebe, sofern nicht eine rechtlich abgesicherte Auf- Treffen Eberhard von Brauchitschs mit lage für den Fall einer späteren Weiterveräußerung Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff gefunden werde, daß der Antrag betreffend PCV im am 15. April 1980 in Düsseldorf Hinblick auf die vom Bundesministerium für Wirt- schaft vorgeschlagene Auflage kaum auf Ableh- Am 15. April 1980 traf sich Eberhard von Brau- nung stoßen werde und daß der USF-Antrag zwar chitsch wie verabredet mit Bundesminister Dr. Otto nicht fachlich, aber — wie Grace — „wegen zu er- Graf Lambsdorff zu einem Frühstück im Düssel- wartender Kritik aus der SPD" politisch auf Zu- dorfer Hilton-Hotel. rückhaltung, zumindest beim Parlamentarischen Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- Staatssekretär Dr. Rolf Böhme, treffen werde. ausschuß weisen darauf hin, daß unter diesem Datum die Diehlschen Listen als „inoffizielle Zah- Nachdem Staatssekretär Dr. Otto Schlecht auf der lung" an die FDP die Eintragung Vorlage „Einverstanden" vermerkt hatte, wurde sie „vB wg. Graf Lambsdorff 40 000" nach Aussage von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff in ausweisen, die auch als Auszahlung in der soge- den Urlaub geschickt. Dieser rief am 3. April 1980 nannten Dispositionskasse verbucht und durch Eberhard von Brauchitsch in Österreich an und eine Quittung mit der Unterschrift von Eberhard teilte ihm mit, daß am 2. April der gesamte 3. An- von Brauchitsch belegt ist. Diese' Eintragung ist tragsblock mit positivem Votum des Bundesmini- Gegenstand des Strafverfahrens vor dem Land- steriums für Wirtschaft an das Bundesministerium gericht Bonn. der Finanzen herausgegangen sei. Eberhard von Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Brauchitsch notierte nach dem Gespräch: der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß „Lambsdorff hat mir angeboten, bei der takti- weisen darauf hin, daß diese Spendeneintragung schen Behandlung zur Ausräumung von Hinder- im Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe ge- nissen im Bundesfinanzministerium zu gegebe- gen Amtsträger", berichtet worden ist. Eberhard ner Zeit zur Verfügung zu stehen. Ich bin mit von Brauchitsch und Dr. Otto Graf Lambsdorff Lambsdorff am Dienstag, dem 15.4. 80, zum Früh- haben Zahlung und Empfang bestritten. stück verabredet, um mir von ihm taktische Rat- Von Brauchitsch berichtete Dr. Friedrich Karl schläge geben zu lassen." Flick, der Minister habe ihm noch einmal bestätigt, Tatsächlich ging die Stellungnahme des Bundes- daß die Anträge „antragsgemäß positiv" an das wirtschaftsministeriums bereits am 1. April 1980 an Bundesfinanzministerium abgegeben worden seien. das Bundesfinanzministerium sowie die beteiligten Für die weitere Behandlung der Angelegenheit sei Landeswirtschaftsministerien hinaus; die Reaktion die Analyse der Haltung der verschiedenen Per- des Ministers wurde also nicht abgewartet. sönlichkeiten im Bundesfinanzministerium bei Dr. Otto Graf Lambsdorff und ihm — von Brau- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl selbst unterrich- chitsch — identisch; diese sehe wie folgt aus: tete Fritz Wacker am 2. April über die Weitergabe „1. Minister: positiv, 2. Staatssekretär Böhme: der Anträge an das Bundesministerium der Finan- sachlich indifferent, politisch negativ, 3. Abtei- zen. Wacker notierte dazu stichwortartig: „Positive lungsleiter Koch: neutral, 4. Unterabteilungsleiter Bewertung, aber kein konkreter Auflagen-Vor- Uelner: negativ, 5. Sachgebietsleiter Söffing: posi- schlag, sondern Gedankenrichtung." tiv." Mit Schreiben vom 10. April 1980 an Oberregie- Bei dieser Sachlage halte es Dr. Graf Lambsdorff rungsrat Dr. Holger Berndt beantwortete Fritz für notwendig, Bundesminister Hans Matthöfer auf Wacker einige an ihn gestellte Fragen zum Antrag die Sache anzusprechen, um seine „Oberüberwa- betreffend PCV. In einem Vermerk unterrichtete er chung" der Behandlung der Angelegenheit sicher- Eberhard von Brauchitsch über die Einzelheiten, zustellen. Er habe ein entsprechendes Gespräch mit die ihm Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl bei einer Matthöfer für den 23. April 1980 vorgesehen und telefonischen Vorabinformation über die Weiter- ihm, von Brauchitsch, empfohlen, Matthöfer unmit- gabe des 3. Antragsblocks an das Bundesfinanzmi- telbar danach anzusprechen; dies sei vorgemerkt. nisterium mitgeteilt hatte. Es sei interessant zu hö- In den Gesprächen mit Matthöfer müsse auf drei ren gewesen, daß Dr. Mühls Stellungnahme zum Dinge geachtet werden. Erstens müsse Matthöfer Antrag betreffend Gerling keine konkrete Aufla- die Oberaufsicht über die Angelegenheit in seinem genformulierung enthalte. Wegen bestimmter Hause behalten. Zweitens müsse sichergestellt wer- Rechtsprobleme sei er dazu offenbar nicht in der den, daß man auf der Abteilungsleiter-/Unterabtei- Lage gewesen. Er habe in seiner Stellungnahme lungsleiterebene noch einmal gehört werde, falls lediglich die allgemeine Richtung gewiesen und im sich dort ein negatives Votum entwickeln sollte. Er übrigen die Frage wie „den schwarzen Peter" an sei sich mit Dr. Graf Lambsdorff darin einig, daß es das Bundesministerium der Finanzen weitergege- darauf ankomme, anhand des Beispiels Grace nach- ben. Dr. Mühl gehe davon aus, daß es zu Gesprä- zuweisen, daß die Voraussagen des Flick-Konzerns chen zwischen den Ministerien kommen werde; es hinsichtlich der industriellen und kooperativen sei noch offen, ob auch der Flick-Konzern daran Auswirkungen der Auslandsengagements „im Saldo beteiligt werde. glaubwürdig und richtig" gewesen seien. Das stärke Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 die Glaubwürdigkeit der hinsichtlich USF vorgetra- 304 genen Argumente. Bei dem positiven Votum des Bundeswirtschaftsministeriums zu USF hätten of- Überlegungen zu einer Auflage im Falle VHDI fenbar die erheblichen Kooperationsaktivitäten Inzwischen wurde insbesondere im Bundesministe- zwischen dem Flick-Konzern und Grace in den letz- - ten Monaten eine ausschlaggebende Rolle gespielt. rium der Finanzen eingehend die Frage diskutiert, Drittens müsse bei Matthöfer versucht werden, die ob die VHDI-Genehmigung zwecks Vermeidung ei- Angelegenheit zu beschleunigen. nes Mißbrauchs des § 6 b EStG mit Auflagen verse- hen werden dürfe. Eberhard von Brauchitsch ließ in Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff sei allerdings dieser Frage auch sein „Bonner Büro" recherchie- nicht sehr optimistisch, daß man die Bescheinigun- ren. Dessen Leiter, Dr. Walter Schmitz, teilte ihm gen bis zur Firmenpressekonferenz am 8. Juli 1980 am 9. Mai 1980 mit, er habe sich „diskret" erkundigt, erhalten könne. Zudem benötige das Bundeswirt- ob zu dieser Rechtsfrage inzwischen auch das Bun- schaftsministerium noch mindestens drei Wochen desministerium des Innern eingeschaltet worden sei. Dies sei aber sowohl im Bundeswirtschaftsmini- zur Abstimmung mit den Landeswirtschaftsmini- sterium als auch im Bundesministerium des Innern sterien; dies wiederum setze voraus, daß der Flick verneint worden. Er werde deshalb „diskret" bei Konzern — wie bei den vorangegangenen Antrags- den Beamten des Bundesfinanzministeriums re- verfahren — auf die Landeswirtschaftsminister ein- wirke, damit die Anträge dort zu gegebener Zeit cherchieren, wo nun wirklich die Sache hänge. Tat- sächlich hatte der federführende Referent im Bun- zügig behandelt würden. Dr. Graf Lambsdorff sei desfinanzministerium, Dr. Arno Bordewin, ein Ge- sich klar darüber, daß es wieder eine Diskussion in spräch mit dem für das Verwaltungsverfahrensge- der Öffentlichkeit gebe, wenn man auf der Presse- setz zuständigen Beamten im Bundesministerium konferenz mitteilen müsse, daß der 3. Antragsblock des Innern geführt und das für Fragen der Abga- noch nicht entschieden sei. Eine Verzögerung über benordnung zuständige Referat im Bundesfinanz- den Beginn der Parlamentsferien hinaus könne ministerium eingeschaltet. auch dazu führen, daß die Angelegenheit nicht vor der Bundestagswahl im Oktober 1980 entschieden Zu diesen Fragen äußerte sich auch Rechtsanwalt werde. Von Brauchitsch fuhr fort: Dr. Reinhold Kreile in einem Vermerk vom 20. Mai 1980. Er meinte, das Bundesministerium des Innern „Aber ... auch Lambsdorff ist daran interessiert, vertrete die Auffassung, es komme nur darauf an, die Sache jetzt so schnell wie möglich zu Ende zu daß die gesetzlichen Voraussetzungen der Beschei- bringen." nigung im Zeitpunkt der Erteilung gegeben seien; man könne sie nicht mit der Auflage versehen, daß Die „politische Landschaft" lasse erwarten, daß für bestimmte Voraussetzungen zum Beispiel auch Diskussionen um den „Fall Flick/6 b" gar keine At- noch in zehn Jahren erfüllt sein müßten. Welche mosphäre bestehe. Auffassung sich schließlich zwischen den beiden Ministerien durchsetze, könne noch nicht überse- hen werden. Auf jeden Fall wolle das Bundesfinanz- ministerium sicherstellen, daß die Voraussetzungen im Gerling-Komplex auch in fünf oder zehn Jahren 303 noch sichergestellt seien. Rechtsanwalt Dr. Kreile fügte hinzu, man könne sich des Eindrucks nicht Weitere Aktivitäten Eberhard von Brauchitschs erwehren, daß diese Gesichtspunkte auch dazu die- Am 22. April 1980 fand ein Essen von Eberhard von nen sollten, die Erteilung der Bescheinigung „auf Brauchitsch mit dem SPD-Bundestagsabgeordne- die lange Bank zu schieben". Er halte den ihm „in ten Hans-Jürgen Junghans und dessen Mitarbei- vorsichtiger Weise angedeuteten" Rat für richtig, tern statt, das anscheinend über den Leiter des daß möglichst bald ein Gespräch zwischen Eber- Bonner Büros des Flick-Konzerns arrangiert wor- hard von Brauchitsch und Bundesfinanzminister den war. Aus einer Kurznotiz von Brauchitschs vom Hans Matthöfer stattfinde. Fritz Wacker riet von 24. April 1980 ist zu schließen, daß er anschließend Brauchitsch, diese Frage zunächst firmenintern zu sofort Dr. Friedrich Karl Flick über den letzten klären. Stand des Bescheinigungsverfahrens sowie seine Inzwischen hatte das für Fragen der Abgabenord- Gespräche mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto nung zuständige Referat im Bundesfinanzministe- Graf Lambsdorff und dem SPD-Bundestagsabge- rium empfohlen, die Bescheinigung mit einer Ne- ordneten Hans-Jürgen Junghans unterrichtete. benbestimmung zu versehen, wonach die Anerken- nung der Förderungswürdigkeit rückwirkend ent- Am 24. April 1980 wurden der Friedrich-Ebert-Stif- falle, wenn die Beteiligung nicht über einen be- tung erneut 250 000 DM überwiesen. Dies ging auf stimmten längeren Zeitraum gehalten werde. Drei eine entsprechende Weisung Eberhard von Brau- Tage später teilte Dr. Reinhold Kreile Eberhard von chitschs an Rudolf Diehl vom 20. April 1980 zurück. Brauchitsch und Fritz Wacker mit, er habe im An- Die von der Friedrich-Ebert-Stiftung zunächst zuge- schluß an eine Finanzausschußsitzung Ministerial- sandte Spendenbescheinigung wurde von dem direktor Dr. Karl Koch und Ministerialrat Dr. Wolf- Flick-Konzern zurückgereicht mit der Bitte, eine gang Mühl getroffen. Ministerialdirektor Dr. Karl neue Bescheinigung auf die Feldmühle AG auszu- Koch habe erzählt, Ministerialrat Dr. Wolfgang stellen. Mühl habe ihn gerade gebeten, möglichst umge- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode hend eine gemeinsame Besprechung zur Bescheini- Über die Schwierigkeiten der Beamten im Bundes- gungs-Problematik anzuberaumen. Dr. Mühl habe finanzministerium hatte Fritz Wacker nach seinem ihm anschließend erklärt, ihm liege sehr viel daran, Bericht „kürzlich" auch von anderer Seite erfahren. „wenn er die ganze Entscheidung noch vor der Som- Er empfahl daher noch einmal eine kurzfristige fir- merzeit vom Tisch hätte". meninterne Beratung.

Die beim 3. Antragsblock frühzeitig befaßten Lan- Nach einer weiteren „Recherche" teilte Dr. Walter deswirtschaftsministerien von Baden-Württemberg, Schmitz vom Bonner Büro des Flick-Konzerns Hessen und Nordrhein-Westfalen stimmten bereits Eberhard von Brauchitsch und Fritz Wacker mit, in der Zeit zwischen dem 30. Mai und dem 23. Juni ein ihm „sehr gut bekannter und bestens informier- 1980 den Stellungnahmen des Bundeswirtschafts- ter Unterabteilungsleiter des Bundeswirtschaftsmi- ministeriums zu. nisteriums" habe ihm gesagt, im Bundeswirt- schaftsministerium sei keine Neigung vorhanden, Am 3. Juni 1980 konnte Dr. Walter Schmitz Eber- diesen Fall an Spitzfindigkeiten des Steuerverwal- hard von Brauchitsch über seine „erneute, diskrete tungsverfahrensrechts aufzuhängen. Man suche le- Recherche" berichten. Danach soll der telefonisch diglich nach einer Formulierung, den Tatbestand angesprochene Referent im Bundesministerium der Förderungswürdigkeit zu verlängern; „diese des Innern Bedenken gegen eine Auflage geäußert würde den Fall politisch abfedern". Das Haus Flick haben. Das Bundesfinanzministerium wolle wieder solle auf sehr hoher Ebene dem Bundeswirtschafts- auf das Bundesministerium des Innern zukommen; ministerium und dem Bundesfinanzministerium ge- dies sei bisher aber nicht geschehen. Daraus lasse genüber eine Art „Garantie-Erklärung" abgeben; es sich folgern, daß eine zitierfähige rechtsgutachtli- sei dann insofern gebunden, als es sich ein kurzfri- che Äußerung des Bundesministeriums des Innern stiges Abrücken davon kaum. leisten könne. bisher nicht eingeholt worden sei. Auch im Bundes- ministerium für Wirtschaft sei man — fuhr Dr. Wal- ter Schmitz fort — der Auffassung, daß dieses Ver- 305 fahren wohl „Ausfluß einer wie auch immer begrün- deten Verzögerungstaktik" sei. Dr. Schmitz unter- Überlegungen im Flick-Konzern zu den richtete Eberhard von Brauchitsch sodann einge- steuerrechtlichen Problemen betreffend VHDI hend über die rechtlichen Überlegungen im Bun- desinnenministerium. Danach sei zwar eine ver- Am folgenden Tag wurden in einer Besprechung tragliche Selbstbindung des Antragstellers zulässig, zwischen Eberhard von Brauchitsch, Dr. Axel aber ohne jede Wirkung, da man den Antragsteller Schmidt-Hern, Dr. Heribert Blaschke, Fritz Wacker nicht an einem derartigen Vertrag festhalten und Dr. Reinhold Kreile firmenintern Lösungsmög- könne. lichkeiten erörtert und folgende Schritte beschlos- sen: Von Brauchitsch wolle versuchen, den „uns be- Am 11. Juni 1980 berichtete Fritz Wacker Eberhard stens bekannten Senior des deutschen Steuer- von Brauchitsch ausführlich über ein Gespräch mit rechts", Dr. Rudolf Thiel, zu gewinnen. Er solle mit- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl. Dieser habe be- helfen, „Auswege aus der verzwickten steuerrechtli- stätigt, daß seine Kollegen im Bundesfinanzmini- chen Lage des Falles Gerling zu suchen". Wacker sterium große steuerrechtliche und steuerpolitische vermerkte dazu, Dr. Rudolf Thiel habe sich inzwi- Schwierigkeiten beim Gerling-Antrag sähen und schen bereit erklärt und sei mit ersten Informatio- daß diese Schwierigkeiten im Falle PCV vom nen versorgt worden. Ferner wolle von Brauchitsch Grundsatz her ebenfalls vorhanden seien. Eine Be- sobald wie möglich mit Bundesfinanzminister Hans sprechung zwischen Ministerialrat Dr. Wolfgang Matthöfer nach vorheriger Abstimmung mit Bun- Mühl, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, Ministe- deswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff rialdirigent Dr. Adalbert Uelner, Ministerialrat oder Staatssekretär Dr. Otto Schlecht sprechen. Dr. Arno Bordewin und anderen habe nach Ein- schätzung von Dr. Mühl hier keinen Fortschritt ge- Eberhard von Brauchitsch bemühte sich daraufhin bracht. Auch das Bundesinnenministerium habe um einen Termin bei Minister Hans Matthöfer, der anscheinend nicht weiterhelfen können. Die Fach- schließlich für den 19. Juni 1980 verabredet wurde. ebene des Bundesfinanzministeriums wolle die Vor- Er teilte dies Dr. Friedrich Karl Flick in einem gänge nunmehr der Leitung — Minister Hans Matt- Telex mit, in dem angekündigt wurde, das Gutach- höfer und dem Parlamentarischen Staatssekretär ten Dr. Rudolf Thiels werde noch rechtzeitig vor Dr. Rolf Böhme — vorlegen. Dr. Koch habe sich dem Besuch bei Matthöfer vorliegen; außerdem aber völlig bedeckt zu der Frage gehalten, welchen heißt es darin: „Eine Abstimmung meines Gesprä- Inhalt diese Vorlage haben werde. Er, Wacker, habe ches mit Ma. beim Grafen hat stattgefunden. Er Dr. Mühl gesagt, er halte es nicht für gut, wenn die wird es positiv begleiten." Vorgänge der Leitung des Bundesfinanzministeri- ums mit ausformulierten Bedenken vorgelegt wür- Am 16. Juni 1980 übersandte Ministerialrat den,. „denn das könne zur Folge haben, daß be- Dr. Arno Bordewin dem Leiter des Ministerbüros stimmte Personen endlich eine Handhabe für Ab- im Bundesfinanzministerium, Ministerialrat Dr. lehnungen sehen". Dr. Mühl scheine diese Gefahr Wilfried Haesen, zur Vorbereitung des Gesprächs nicht hoch einzuschätzen und rechne damit, daß es zwischen Bundesfinanzminister Hans Matthöfer vor einer Ablehnung im Bundesfinanzministerium und Eberhard von Brauchitsch den zuvor erbetenen noch zu einem Gespräch mit dem Flick-Konzern Sachstandsbericht. In der Kurzvorlage wurden die kommen werde. drei Anträge und die Stellungnahme des Bundes- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 wirtschaftsministeriums dazu geschildert und aus- 306 geführt, es hätten mehrere Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium stattgefunden. Nach Die Ministervorlage im Bundesfinanzministerium Klärung einiger noch offener Fragen und Abschluß vom 26. Juni 1980 der Meinungsbildung in der Steuerabteilung werde man unaufgefordert berichten. Der Termin für das Im Bundesfinanzministerium wurde inzwischen in Gespräch mit Bundesfinanzminister Hans Matt- einer Ministervorlage von Ministerialrat Dr. Arno höfer wurde dann allerdings aus „überzeugenden Bordewin vom 26. Juni 1980 vorgeschlagen, dem Gründen", wie Eberhard von Brauchitsch am Bundeswirtschaftsministerium mitzuteilen, daß den 20. Juni 1980 notierte, zunächst abgesagt. Anträgen betreffend VHDI und PCV nicht zuge- stimmt werden könne, während zum Antrag betref- Am 18. Juni 1980 ging beim Flick-Konzern das Gut-- fend USF noch Klärungen zum Sachverhalt abge- achten von Dr. Rudolf Thiel mit der Empfehlung wartet werden müßten. Die Vorlage ging insbeson- ein, die Bescheinigung im Falle VHDI unter dem dere eingehend auf die Bedenken zum Antrag be- Vorbehalt des Widerrufs zu erteilen, so daß die Be- treffend Gerling ein. Die Charakterisierung dieses scheinigung ganz oder teilweise rückwirkend wi- Flick-Engagements durch das Bundeswirtschafts- derrufen werden könnte, wenn und soweit die ministerium als „volkswirtschaftlich besonders för- VHDI ihre GKB-Beteiligung veräußere. Der Flick- derungswürdig" wurde als „zumindest fraglich" be- Konzern übersandte Kopien des Gutachtens noch zeichnet. So sei nach Auffassung des Bundesfinanz- am selben Tage Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ministeriums die Beteiligung der „Zürich" an der sowie Ministerialdirektor Dr. Karl Koch. Dr. Mühl VHDI nicht als negativ zu bewerten, da sie keine leitete ein Exemplar sofort an Staatssekretär greifbare Beeinflussung der Wettbewerbsverhält- Dr. Otto Schlecht weiter, der es — nach einer Ak- nisse bewirkt habe. Folglich habe die Lösung des ten-Notiz von Eberhard von Brauchitsch — „noch „Zürich"-Engagements nicht zu einer greifbaren am gleichen Abend" durcharbeitete und Minister Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen führen Dr. Otto Graf Lambsdorff darüber berichtete. können. Ebenso sei die vor dem Flick-Engagement „Beide Herren" hätten sich, notierte von Brau- bestehende Struktur der VHDI — Beteiligung von chitsch weiter, mit diesem Gutachten identifiziert 59 Unternehmen — nicht ohne weiteres als negativ und dies bei einem Frühstück am 19. Juni 1980 für die unternehmerische Tätigkeit des Konzerns Hans Matthöfer und Dr. Rolf Böhme ausdrücklich anzusehen. Jedenfalls sei es „zumindest fraglich", ob Transaktionen, die zur Beherrschung des Ger- erklärt, als Dr. Graf Lambsdorff auf „unseren Wunsch" den „Stand unseres letzten Geleitzuges bei ling-Konzerns durch einen einzigen Gesellschafter Matthöfer angesprochen" habe. Dieser sei über den führten, positiv und sogar als volkswirtschaftlich letzten Stand nicht unterrichtet gewesen, während besonders förderungswürdig gewertet werden der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf könnten. Auch die Beseitigung der Unterkapitalisie- rung des Gerling-Konzerns sei nicht „volkswirt- Böhme erklärt habe, daß schwerwiegende steuer- schaftlich besonders förderungswürdig"; vielmehr rechtliche Probleme bestünden. Dieser habe „in Ge- genwart von Matthöfer zugesagt, die Sache nun- komme der Inhaber des Unternehmens hier nur mehr vorrangig zu behandeln und alsbald eine Vor- einer Verpflichtung aus dem Betrieb des Versiche- lage für Matthöfer zu erstellen". Matthöfer und Dr. rungsunternehmens nach. Böhme hätten erklärt, daß es bei Gerling nicht Weiter führte Ministerialrat Dr. Arno Bordewin aus, mehr um die Förderungswürdigkeit der Transak- daß aus bestimmten steuerrechtlichen Gründen tion, sondern nur noch um die steuerliche Proble- beim Erwerb von Anteilen im Rahmen von Kapital- matik gehe. Von Brauchitsch vermerkte weiter, erhöhungen die Bescheinigung nur gewährt werde, Staatssekretär Dr. Schlecht habe Dr. Mühl aufge- wenn die Investitionen bei der Beteiligungsgesell fordert, bei Ministerialdirigent Dr. Uelner den schaft ganz besonders deutliche positive Auswir- Standpunkt des Bundeswirtschaftsministeriums kungen auf die Volkswirtschaft hätten. Die Beseiti- darzulegen und mitzuteilen, daß der Bundeswirt- gung einer Unterkapitalisierung reiche hierfür schaftsminister nunmehr mit einem positiven Vo- nicht aus. Da die Mittel, die der Flick-Konzern dem tum des Finanzministeriums rechne. Er, von Brau- Gerling-Konzern zuführe, über die VHDI und über chitsch, habe sich außerdem bei anderem Anlaß mit die GKB bei einzelnen GKB-Tochtergesellschaften Staatssekretär Manfred Lahnstein vom Bundesfi- verwendet würden, sei — anders als bei produkti- nanzministerium getroffen, der ihm zugesagt habe, ven Investitionen bei einer unmittelbaren Tochter- „bei Matthöfer darauf zu drängen, daß der Ge- gesellschaft — eine Kontrollmöglichkeit hinsicht- sprächstermin mit ihm bald zustande kommt". lich der Mittelverwendung nicht gegeben. Lahnstein habe allerdings auf Terminprobleme hin- gewiesen. Sodann erläuterte Ministerialrat Dr. Arno Borde win das Bedenken, das in der folgenden Diskussion Diese Terminprobleme scheinen fortbestanden zu zwischen beiden Ministerien bis zur Erteilung der haben. Denn in einem Schreiben vom 23. Juni 1980, Genehmigung den Hauptstreitpunkt bildete. Er mit dem Eberhard von Brauchitsch Minister Hans wies darauf hin, daß die Anwendung des § 6 b EStG Matthöfer für ein von diesem verfaßtes, durch Gün- nur zu einer — wenn auch gegebenenfalls langfri- ter Markscheffel übermitteltes Buch mit persönli- stigen — Steuerstundung, nicht aber zu einem end- cher Widmung von Matthöfer dankte, wurde die gültigen Steuerausfall führen dürfe. Andernfalls Hoffnung geäußert, daß es doch noch zu einem Ge- könne die Transaktion nicht als volkswirtschaftlich sprächstermin mit Matthöfer kommen werde. besonders förderungswürdig angesehen werden. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Als Folge der Holding-Konstruktion könnte der bei 307 der VHDI angelegte Teil des Daimler-Veräuße- rungsgewinns aber endgültig der Besteuerung ent- Eintragung in die Diehl-Listen unter dem 7. Juli 1980 zogen werden, wenn nämlich das Gerling-Engage- ment nicht durch eine Veräußerung der VHDI-Be- Neben einer oben einleitend bereits dargestellten teiligung durch den Flick-Konzern, sondern durch Eintragung wurde für den 7. Juli 1980 in den Listen eine Veräußerung der GKB-Beteiligung durch die von Rudolf Diehl über „inoffizielle Zahlungen" an VHDI gelöst werde. Dr. Bordewin bemerkte, in dem Parteien für die SPD eingetragen Gutachten von Dr. Rudolf Thiel werde vorgeschla- „v. B. wg. Lahnstein 35 000". gen, diesem Problem durch einen Widerrufsvorbe- halt Rechnung zu tragen. Demgegenüber entspre- Die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungs- che es aber der ständigen Bescheinigungspraxis, - ausschuß weisen darauf hin, daß die vollständi- daß der wirtschaftspolitischen Beurteilung durch gen Eintragungen für den 7. Juli 1980 lauten: das Bundeswirtschaftsministerium nur gefolgt wer- den könne, wenn steuerliche Gesichtspunkte nicht Für die CDU „vB wg. Verhülsdonk entgegenstünden. Dabei habe man in der Vergan- ü. Kanter 3 000" genheit stets dem Gesichtspunkt der „Steuerent- für die CSU „vB wg. Voß ü. Kanter 5 000" strickung" wesentliche Bedeutung beigemessen. für die FDP „vB wg. Lambsdorff 25 000" Dr. Bordewin vertrat den Standpunkt, daß ein Wi- und für die SPD „wg. Lahnstein 35 000". derrufsvorbehalt dieses Problem nicht lösen könne. Diese Beträge sind auch in der Buchführung über Die Veranlagung müßte dann auf Dauer „vorläufig" die sogenannte Dispositionskasse enthalten und im Sinne des Steuerrechts bleiben; dies würde dar- durch Quittungen belegt, die in den beiden ersten auf hinauslaufen, daß für den Fall Flick ein neues Fällen die Unterschrift von Eberhard von Brau- Instrumentarium zur Sicherung des Steueran- chitsch und dem Mitarbeiter im „Bonner Büro" spruchs entwickelt werden müßte, das über die bis- des Flick-Konzerns, Adolf Kanter, in den beiden herige Bescheinigungspraxis hinausgehen würde. letztgenannten Fällen nur die Unterschrift von Ähnliche Bedenken brachte er zum Antrag betref- Eberhard von Brauchitsch tragen. Die Eintra- fend PCV vor, wo die Mittel, die über eine Kapitaler- gung „wg. Lambsdorff" ist Gegenstand des Straf- höhung der PCV zugeführt würden, nicht bei der verfahrens vor dem Landgericht Bonn. PCV, sondern bei zwei Beteiligungsgesellschaften verwendet würden. Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß Als Anlage war eine Stellungnahme aus der Abtei- weisen darauf hin, daß die Spendeneintragung lung „Versicherungswirtschaft" beigefügt, in der unter dem Namen von Dr. Otto Graf Lambsdorff das Gerling-Engagement des Flick-Konzerns als im Überblick, Abschnitt VI „Spendenvorwürfe ge- volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig gen Amtsträger", berichtet worden ist. Eberhard und zur Verbesserung der Unternehmensstruktur von Brauchitsch und Dr. Otto Graf Lambsdorff geeignet bezeichnet wurde. haben Zahlung und Empfang bestritten. Zu den beiden die Unionsparteien betreffenden Eintra- Die Vorlage von Ministerialrat Dr. Arno Bordewin gungen weisen die Abgeordneten der CDU/CSU- gelangte über Ministerialdirigent Dr. Adalbert Fraktion und der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersu- Uelner und Ministerialdirektor Dr. Karl Koch an chungsausschuß darauf hin, daß die Eintragung Staatssekretär Dr. Günter Obert, der am 14. Juli über 5 000 DM bereits in Textziffer 165 erwähnt 1980 zu dem Vorschlag, den Anträgen Gerling und worden ist. Daß diese Spende tatsächlich geleistet PCV nicht zuzustimmen, handschriftlich ver- wurde, hat der Ausschuß nicht festgestellt. Eine merkte: Einflußnahme auf die Steuerbescheinigungsver- „Ich teile diese Ansicht. Eine Zustimmung wäre fahren hat der Ausschuß in diesen beiden Fällen präjudiziell gefährlich, sie würde zu einer Aus- nicht festgestellt. weitung des § 6 b führen." Der zu der Eintragung „wg. Lahnstein" als Zeuge gehörte Manfred Lahnstein hat vor dem 1. Untersu- Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf chungsausschuß auf seine am 26. Februar 1982 Böhme fügte am 22. Juli an der Stelle, wo zusam- gegenüber Bundeskanzler Schmidt abgegebene menfassend von „erheblichen Bedenken" gegen den Dienstliche Erklärung verwiesen, in der es heißt: Gerling-Antrag die Rede war, hinzu: „Ich erkläre, daß ich zu keinem Zeitpunkt von sei- „Nicht nur Bedenken, sondern Rechtsgründe für ten des Flick-Konzerns oder eines durch diesen eine Ablehnung." . Konzern Beauftragten eine Zuwendung erhalten habe. Ich erkläre, daß zu keinem Zeitpunkt von Die Versicherungsabteilung des Bundesfinanzmini- seiten des Flick-Konzerns oder eines durch die- steriums beharrte demgegenüber in ihren Stellung- sen Konzern Beauftragten für mich erkennbar nahmen vom 2. Juli und 17. Juli 1980 auf dem Stand- versucht worden ist, mir eine Zuwendung zu ma- punkt, daß das Gerling-Engagement als volkswirt- chen." schaftlich besonders förderungswürdig zu bewerten sei. Bundesfinanzminister Hans Matthöfer verfügte Er habe auch niemals mit einem Vertreter des später, am 7. Oktober 1980, zwei Tage nach der Bun- Flick-Konzerns über eine Zuwendung an Dritte ge destagswahl: „Hausvorlage". sprochen. Diese seine damalige Erklärung gelte Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 weiter. Eberhard von Brauchitsch hat im staatsan- dem Bundesfinanzministerium habe. Nach Anga- waltschaftlichen Ermittlungsverfahren vortragen ben von Dr. Mühl habe Minister Hans Matthöfer lassen, er habe diesen Betrag im Hochsommer 1980 inzwischen eine Vorlage der Steuerabteilung erhal- an Alfred Nau gezahlt. Die Staatsanwaltschaft ten; den Inhalt habe Dr. Mühl nicht feststellen kön- Bonn hat das Ermittlungsverfahren gegen Lahn- nen, da Ministerialdirektor Dr. Karl Koch „betont stein eingestellt, weil sich kein für eine Anklage zurückhaltend" gewesen sei. Zu dem Gutachten von erforderlicher hinreichender Verdacht ergeben Dr. Rudolf Thiel habe sich Dr. Mühl recht kritisch habe. geäußert. Wacker schloß mit dem Satz: „Sowohl im Bundeswirtschaftsministerium als auch auf der Beamtenebene des Bundesfinanzmi- 308 nisteriums wartet man auf das Gespräch zwi- - schen Matthöfer und von Brauchitsch." Bemühungen Eberhard von Brauchitschs um ein Gespräch mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer im Juli 1980 309

Mit Schreiben vom 10. Juli 1980 — zu dem Hans Telefonat zwischen Bundesfinanzminister Matthöfer als Zeuge erklärt hat, er habe die Ironie Hans Matthöfer und Eberhard von Brauchitsch in dem ersten Absatz „nicht für nützlich befunden" am 16. Juli 1980 — drängte Eberhard von Brauchitsch erneut auf einen Gesprächstermin mit dem Bundesfinanzmini- Am 14. Juli 1980 ließ das Sekretariat von Bundesfi- ster: nanzminister Hans Matthöfer mitteilen, Matthöfer wolle aufgrund des Schreibens vom 10. Juli 1980 „Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, lieber zunächst mit Eberhard von Brauchitsch telefonie- Herr Matthöfer, ren. Dieses Telefonat fand am 16. Juli 1980 statt und ich hatte in den letzten Wochen durchaus Ver- wurde von Fritz Wacker mitgehört. Wacker hielt ständnis dafür, daß die großen nationalen und darüber schriftlich für die Konzernspitze ein- internationalen Aufgaben, die von Ihnen behan- schließlich Dr. Reinhold Kreile fest, Matthöfer delt und entschieden werden mußten, Vorrang habe bedauert, daß das Gespräch — „das in einer hatten vor der Erfüllung meiner Bitte, für ein guten, lockeren Atmosphäre geführt wurde" — erst kurzes Gespräch zur Verfügung zu stehen. jetzt zustande gekommen sei; vorher sei es nicht möglich gewesen. Von Brauchitsch habe sich über Heute wird mir von Sekretariat zu Sekretariat die zögerliche Behandlung des 3. Antragsblocks be- übermittelt, daß ein Gespräch zwischen uns — klagt und noch einmal betont, daß die von Anfang auch ein Telefonat — nicht sinnvoll sei, wenn es an einbezogenen Behörden das Gerling-Engage- sich um das Thema 6 b handele, weil die Dinge in ment des Flick-Konzerns nachdrücklich begrüßt Ihrem Hause zur Vorbereitung eines solchen Ge- hätten. Es sei auch bei allen Beteiligten von vorn- sprächs noch nicht hinreichend aufbereitet seien. herein klar gewesen, daß man dieses Investment Ich möchte Sie heute auf diesem Wege doch sehr ohne die begründete Aussicht auf eine Bescheini- herzlich bitten, zu überdenken, ob Sie mir nicht in gung nach § 6 b EStG nicht durchgeführt hätte. der zweiten Hälfte der nächsten Woche für ein Matthöfer habe mitgeteilt, daß ihm eine Ausarbei- kurzes Gespräch zur Verfügung stehen können. tung von Ministerialrat Dr. Arno Bordewin vorliege. Ich glaube, daß es in der Sache hilfreich ist, wenn Sie komme zu dem Ergebnis, daß zur Ausräumung wir uns kurz austauschen können — auch dann, der in diesem Referat bestehenden Bedenken ein — wenn eine abschließende Meinungsbildung in Ih- verglichen mit der bisherigen Verwaltungspraxis — rem Hause nicht stattgefunden hat. Unser Ge- „neues Instrumentarium" entwickelt werden müsse. spräch soll j a gerade dem Zweck dienen, die Matthöfer habe dazu gemeint, er habe gar nichts Dinge etwas zu erleichtern." dagegen, wenn etwas Neues entwickelt werde. Al- lerdings sei es nötig, daß der zuständige Unterabtei- Eberhard von Brauchitsch machte zugleich einen lungsleiter — Dr. Adalbert Uelner —, der Abtei- Terminvorschlag und betonte, daß das Gespräch lungsleiter — Dr. Karl Koch — und der Parlamenta- von seiner Seite „keinesfalls länger als 20 bis 30 rische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme „abzeichnen". Minuten" dauern müsse. Die von von Brauchitsch Er habe versichert, daß „weder Sozialdemokraten erwähnte Sekretariatsmitteilung aus dem Bundes- noch Rücksichtnahme auf die Bundestagswahl" finanzministerium war von dem Leiter des Mini- hinter dem langsamen Gang der Angelegenheit sterbüros, Ministerialrat Dr. Wilfried Haesen — wie steckten; vielmehr mache offenbar die Steuerabtei- dieser vor der Staatsanwaltschaft ausgesagt hat —, lung seines Hauses auch in diesem Falle „Dienst verfügt worden. Minister Matthöfer vermerkte auf nach Vorschrift". Überraschenderweise habe Mini- dem Schreiben zu der Bitte von Brauchitschs, man ster Matthöfer auch berichtet, daß im Bundesmini- möge sich kurz austauschen: „O. K.", und bat Staats- sterium der Finanzen noch Fragen zum Sachver- sekretär Dr. Günter Obert am 16. Juli um Rückspra- halt der Anträge USF und PCV bestünden. Wacker che. notierte abschließend: Ebenfalls am 10. Juli 1980 teilte Fritz Wacker Eber- „Matthöfer hat zugesagt, ,Druck zu machen', da- hard von Brauchitsch in einem Vermerk mit, er mit wir weiterkommen. Er versicherte wieder- habe mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl telefo holt, daß er in einer zögerlichen Behandlung kei- niert, um zu hören, welche Nachrichten dieser aus nen Sinn sehen kann." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Im übrigen seien der Minister und Eberhard von Zeitpunkt unter Beteiligung des Parlamentarischen Brauchitsch so verblieben, daß man sich erneut mit- Staatsekretärs Dr. Rolf Böhme und von Staatsse- einander in Verbindung setze, wenn dies notwendig kretär Manfred Lahnstein stattfinden. oder zweckmäßig erscheine. Nach einem für Staatssekretär Dr. Günter Obert Hans Matthöfer hat als Zeuge zu diesem Gespräch bestimmten Vermerk von Ministerialdirigent ausgesagt, er habe den von von Brauchitsch herge- Dr. Adalbert Uelner vom 24. Juli 1980 hatte Ministe- stellten Zusammenhang zwischen dem Entschei- rialrat Dr. Wolfgang Mühl ihn zwei Tage vorher dungsprozeß im Bundesfinanzministerium und dem angerufen, sich nach dem Stand der Angelegenheit Bundestagswahltermin als „ungehörig" empfunden. erkundigt und bemerkt: Das Ergebnis der Vorlage von Ministerialrat Dr. Arno Bordewin vom 26. Juni 1980 — daß näm- „Er werde wegen der Entscheidung sehr ge- lich dem Gerling-Antrag wegen des Holding-Pro- drängt." blems nicht zugestimmt werden könne — habe er Als er, Dr. Uelner, ihm mitgeteilt habe, daß die Vo- für falsch gehalten. ten der Steuerabteilung der Leitung des Hauses mit Fritz Wacker hielt am 21. Juli 1980 in einer Notiz für der Bitte um Zustimmung vorlägen, habe Dr. Mühl Eberhard von Brauchitsch fest, daß er Ministerial- ihn darauf hingewiesen, daß inzwischen ein Ge- rat Dr. Wolfgang Mühl „am vorigen Freitag ... über spräch zwischen Eberhard von Brauchitsch und Ihr Telefongespräch mit M. informiert" habe. Bundesminister Hans Matthöfer stattgefunden Dr. Mühl habe darauf hingewiesen, daß er sehr kon- habe. Dabei habe Hans Matthöfer erklärt, die Steu- krete Vorstellungen für die Lösung des Falles erabteilung seines Hauses sehe zwar gewisse Gerling in sein Gutachten eingebaut habe. Er sei Schwierigkeiten; diese könnten aber überwunden erstaunt gewesen zu hören, daß in Sachen USF und werden. Er habe erwidert, notierte Dr. Uelner, daß PCV noch Fragen zum Sachverhalt bestehen soll- ihm davon nichts bekannt sei. Danach habe er den ten. Nach seinem Eindruck aus dem letzten Ge- Vertreter des abwesenden Leiters des Ministerbü- spräch mit den Kollegen aus dem Bundesfinanzmi- ros darüber unterrichtet, daß das Bundeswirt- nisterium seien alle diesbezüglichen Fragen zur Zu- schaftsministerium die Entscheidung über die An- friedenheit beantwortet worden. Wacker fuhr fort: träge als dringlich ansehe, und ihn gebeten, dies dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf „Dr. Mühl will in den nächsten Tagen bei Dr. Bor- Böhme mitzuteilen. Ihm sei daraufhin geantwortet dewin festzustellen versuchen, ob und ggf. wie worden, daß ein Gespräch zwischen von Brau- dort der von M. in Aussicht gestellte ,Druck` ange- chitsch und Minister Hans Matthöfer noch nicht kommen ist." stattgefunden habe. Dr. Mühl habe in einem erneu- ten Gespräch am 24. Juli aber auf der Meinung Staatssekretär Dr. Günter Obert hat allerdings als bestanden, daß das Gespräch stattgefunden habe. Zeuge ausgesagt, Minister Matthöfer habe tatsäch- lich „in keiner Weise Druck ausgeübt". Wacker be- Dr. Adalbert Uelner hat als Zeuge gegebenüber der richtete weiter: Staatsanwaltschaft bekräftigt, daß Ministerialrat „Mit Dr. Kreile habe ich heute morgen die Lage Dr. Wolfgang Mühl ihm erklärt habe, er werde we- besprochen. Er teilt unsere Auffassung, daß von gen der Entscheidung sehr gedrängt. Dieser habe dem Gespann Böhme/Uellner — innerhalb der hinzugefügt, Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wolle beteiligten Behörden — der Widerstand ausgeht, wissen, wie die Angelegenheit im Bundesfinanz- wobei er Uellners Widerstand anscheinend ge- ministerium stehe. Nach seiner Erinnerung habe fährlicher einschätzt. Dr. Kreile glaubt nicht, daß Dr. Mühl auch erwähnt, daß das Bundeswirtschafts- M's Einwirken bei Uellner Erfolg haben wird. Da- ministerium — d. h. Minister Dr. Otto Graf Lambs- her ist zu überlegen, ob demnächst bei L. oder dorff — ein positives Votum des Bundesfinanzmini- vielleicht G. (?) interveniert werden soll; Uellner steriums erwarte. ist bekanntlich der FDP-Hauswart im Bundesfi- Dr. Otto Graf Lambsdorff hat als Zeuge vor dem nanzministerium." 1. Untersuchungsausschuß ausgesagt, er habe im Von Brauchitsch vermerkte auf der Vorlage hand- Laufe des Jahres 1980 zunehmend das Gefühl ge- schriftlich für Wacker: „Sehr wichtige Ergänzung. habt, daß der Flick-Konzern die ihm zustehenden Ich neige zu ,G.`". Darunter heißt es: „Diktat ,G.`". Entscheidungen nicht habe erhalten können, weil Ein Brief an den FDP-Vorsitzenden Hans-Dietrich der Wahltermin eine Rolle gespielt habe und weil — Genscher ist allerdings nicht bekannt. was er verständlich gefunden habe — seine sozial- demokratischen Kollegen im Kabinett diese Ent- scheidung lieber nach der Wahl getroffen hätten als 310 vorher. Er habe deshalb mehrere Gespräche ge- führt und auch einmal das Stichwort gebraucht: Vorbereitung der Entscheidung des Ministers „Was wir hier machen, grenzt an Rechtsverweige- im Bundesfinanzministerium rung." In einer Besprechung der Hausspitze des Bundesfi- Hans Matthöfer hat als Zeuge bekundet, er habe nanzministeriums, des „Kollegiums", am 21. Juli von dem Vermerk von Ministerialdirigent Dr. Adal- 1980 wurde festgelegt, beschleunigt eine Entschei- bert Uelner nichts erfahren. Dessen Darstellung sei dung des Ministers zu den Anträgen vorzubereiten. insofern unrichtig, als er, Matthöfer, zu diesem Zeit- Eine Hausbesprechung solle zum nächstmöglichen punkt noch nicht habe sicher sein können, daß man Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 die Bedenken der Steuerabteilung überwinden wer- nahme auf die vom Parlament geschaffenen de. Die Spekulation über sein Gespräch mit Eber- Steuergesetze subventioniert wird, zweitens Flick hard von Brauchitsch sei nicht relevant gewesen aber diesbezüglich überhaupt noch kein Wunsch und habe nur darauf beruht, daß der Leiter des ausgeschlagen wurde. Bereits 1,3 Milliarden DM Ministerbüros, Ministerialrat Dr. Wilfried Haesen, wurden j a schon auf diese Weise steuerlich be- sich im Urlaub befunden habe. Sein Gespräch mit günstigt angelegt, davon 800 Millionen DM für von Brauchitsch sei im Bundesfinanzministerium eine Beteiligung bei dem amerikanischen Misch- bekannt gewesen. Aus Effektivitätsgründen habe er konzern Grace und 500 Millionen DM in Form darüber keinen Vermerk diktiert. von internen Kapitalaufstockungen der Flick Gruppe. 311 - Dennoch hätte der Bundeswirtschaftsminister Erneute Pressekampagne gegen die Erteilung diesmal eigentlich beste Gründe, sein Placet zu der Bescheinigung für den Flick-Konzern verweigern: Angesichts der öffentlichen Haus- halte und der für 1981 absehbaren schmerzlichen Am 26. Juli 1980 meldete die „Westfälische Rund- Einsparnotwendigkeiten wäre eine weitere Flick- schau", Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff Spendierrunde eine haushaltspolitische Fahrläs- werde nach ihren Informationen zwar den Gerling sigkeit. Gerade wenn für die nächsten Haushalte Antrag befürworten; dem Antrag USF würden „da- der Sachzwang einer Begrenzung der Nettokre- gegen keine großen Chancen eingeräumt, selbst von ditaufnahme die Streichung verschiedenster Sub- Graf Lambsdorff genehmigt zu werden". Am 28. Juli ventions-Besitzstände nahelegt — und dabei zum 1980 meldete der SPD-nahe „Parlamentarisch-Poli- Beispiel Mineralölsubventionen und Sparförde- tische Pressedienst", Bundesfinanzminister Hans rung in Frage gestellt werden —, wäre eine derar- Matthöfer habe dem Vernehmen nach nicht die Ab- tige Luxussubvention an Flick aus dem Gesichts- sicht, die Flick-Mehrheitsbeteiligung bei Gerling punkt sozialer Symmetrie glatter Hohn. Zudem nach § 6b EStG von der Steuerpflicht zu befreien. mUß man einmal überlegen, mit welcher haus- Demgegenüber solle Bundeswirtschaftsminister haltspolitischen Konsequenz der Deutsche Bun- Dr. Otto Graf Lambsdorff die Flick-Anträge bereits destag schon in den letzten Monaten vielerlei genehmigt haben. In Bonner Regierungskreisen Steuererleichterungen mit weit geringeren Aus- gehe man, hieß es weiter, davon aus, daß Dr. Graf fallwirkungen für die öffentlichen Haushalte ab- Lambsdorff es nicht zu einem Grundsatzstreit kom- gelehnt hat. So hat man zum Beispiel tapfer den men lassen wolle, wenn Bundesfinanzminister Zorn Tausender deutscher Kleintier- und Kanin- Hans Matthöfer die Förderungswürdigkeit der Ger- chenzüchter auf sich genommen, die vergeblich ling-Beteiligung ablehnen sollte. Wie es heiße, wolle gefordert haben, wie Sportvereine steuerlich ge- Lambsdorff dann „die Sache auf sich beruhen las- meinnützig erklärt zu werden. sen" und Flick empfehlen, den Antrag vorerst zu- rückzuziehen. Aus dem Gesetzestext ergibt sich für die beiden neuen Anlageprojekte von Flick kein sachlicher Am folgenden Tag übte der SPD-Bundestagsabge- Genehmigungszwang zur Steuerbefreiung. Im ordnete Dr. Dieter Spöri im „Sozialdemokratischen Gegenteil. Der Gerling-Konzern wäre auch ohne Pressedienst Wirtschaft" erneut scharf Kritik: derartige Steuerbefreiung attraktiv für Kapital- anleger. Der breiten Eigentumsstreuung — wie in „Genug der Flick-Subventionen Paragraph 6 b Einkommenkommensteuergesetz ... Wenn nicht alles täuscht, soll die Sommer- vorgesehen — dient die Transaktion überhaupt pause in Bonn genutzt werden, um der Flick nicht und die Kapitalerhöhung bei Gerling läßt Gruppe zwei weitere Persilscheine für die steuer- eher erwarten, daß jetzt mehr Kapital bedient begünstigte Wiederanlage des Verkaufsgewinns wird, also für den Versicherungsnehmer bald die aus ihrem ehemaligen Daimler-Aktienpaket aus- Prämien erhöht werden. Insider haben erwartet, zustellen. Wie zu hören ist, hat das Haus Lambs- daß Graf Lambsdorff zumindest der aus kartell- dorff bereits sein Einverständnis erklärt und war- rechtlichen Gründen in den USA kritisierten Be- tet nur noch darauf, daß der Bundesfinanzmini- teiligung an der US-Filter Corporation seinen Steuersegen verweigert. Aber auch hier will der ster zustimmt. Wirtschaftsminister anscheinend Flick nicht ent- Es geht um die steuerbegünstigte Anlage von täuschen. 210 Millionen DM in Form einer Mehrheitsbetei- ligung am Gerling-Konzern und um eine 200 Mil- Es wäre ein Signal politischer Unglaubwürdig- lionen DM-Beteiligung an der US-Filter Corpora- keit, wenn in einer finanzpolitischen Phase, in tion, die beide nach Paragraph 6b Einkommen- der haushalts- und subventionspolitisch in der steuergesetz und nach Paragraph 4 Auslandsin- Bundesrepublik auf absehbare Zeit der Riemen vestitionsgesetz volkswirtschaftlich besonders enger geschnallt werden soll, derartige Spendier förderungswürdig sein sollen. Die Steuerbefrei- runden für Einzelunternehmen ausgegeben wer- ung der ehemaligen stillen Flick-Reserven würde den. Vielleicht bleibt uns diese schiefe Praxis ,so- zu einem Steuerverzicht von über 300 Millionen zialer Symmetrie' doch noch erspart. DM führen, allein 117 Millionen DM bei der Ger- Die Hoffnung ruht jetzt auf dem Bundesfinanz- ling-Anlage. minister, der seine Zustimmung zu dieser Opera- Überraschen kann ein derartiges zusätzliches tion verweigern sollte. Die einschlägigen Vor- Bonbon nicht mehr, da erstens legal unter Bezug schriften sehen zwar vor, daß sich der Wirt- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

schaftsminister mit dem Bundesfinanzminister gent Hermann-Günter Heick, beim Bundesministe- ins ,Benehmen` setzt. Bisher wurde aber noch nie rium für Wirtschaft nach dem Stand des Bescheini- eine Genehmigung ohne die Zustimmung des Fi- gungsverfahrens und bat zur persönlichen Unter- nanzministers erteilt. Kassiert hat Flick an Steu- richtung des Bundeskanzlers Helmut Schmidt um ervorteilen aus dem Daimler-Aktien-Verkauf Information. schon annähernd 800 Millionen DM, das sollte eigentlich reichen. Wenn man die finanzpoliti- Bereits am folgenden Tage, dem 31. Juli 1980, über- schen Grundsatzpositionen betrachtet, die Hans sandte Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl dem Matthöfer in seiner Amtszeit gezogen hat, dann Bundeskanzleramt verschiedene Unterlagen zu hat man Anlaß anzunehmen, daß er dieses Spiel den Flick-Anträgen, so eine Übersicht über alle An- nicht grenzenlos mitmacht." träge, die Stellungnahmen des Bundeswirtschafts- - ministeriums zum 3. Antragsblock und die positiven Über den Artikel von Dr. Dieter Spöri wurde in der Stellungnahmen der Landeswirtschaftsministerien Presse am 30. Juli 1980 ausführlich berichtet, u. a. dazu. im „Handelsblatt" unter der Überschrift „SPD-Stim- men gegen Flick-Investitionen" und in der „Frank- Dazu hat Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl bei sei- furter Allgemeinen Zeitung" unter der Überschrift ner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsaus- „Druck auf Matthöfer". schuß gesagt, er habe sich vorstellen können, daß es damals unter Umständen politische Probleme mit Fritz Wacker gab daraufhin in einem Vermerk für der SPD-Fraktion gegeben habe und der Kanzler Eberhard von Brauchitsch zu überlegen, mit deshalb habe unterrichtet sein wollen. Jedenfalls Dr. Otto Graf Lambsdorff ein Gespräch darüber zu habe er dem Gespräch mit dem Kanzleramtsbeam- führen, ob er für die 'Erteilung der drei Bescheini- ten entnommen, daß der Wunsch nicht von diesem, gungen unbedingt die Zustimmung des Bundesfi- sondern vom Kanzler persönlich ausgegangen sei. nanzministers abwarten müsse. Die Auffassung, Ihm sei auch aufgefallen, daß die Informationsbit- „im Einvernehmen" mit dem Bundesfinanzminister ten immer in ein Wahljahr — nämlich 1976 und entscheiden zu müssen, beruhe auf einer Verwal- 1980 — gefallen seien; über einen Zusammenhang tungsvereinbarung der Staatssekretäre der beiden zwischen den Anfragen und den Wahlterminen Ministerien aus dem Jahre 1973, die durch den Ge- habe er allerdings nichts erfahren. Die Anfragen setzestext nicht gedeckt sei, wo es „im Benehmen" seien ungewöhnlich gewesen, da es sie nur in die- heiße. Eine Entscheidung „im Benehmen" sei nach sen beiden Fällen gegeben habe. seiner Ansicht auch dann gültig, wenn das federfüh- rende Ressort anders entscheide als das mitwir- Ebenfalls am 30. Juli 1980 äußerte sich der Leiter kende Ressort; das gleiche gelte für etwaige nega- der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium, tive Voten der Länderministerien. Er empfahl, diese Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, gegenüber Rechtsfrage durch den Justitiar prüfen zu lassen, Staatssekretär Dr. Günter Obert zur Frage der „Un- und stellte die Frage: terrichtung des Bundeskanzleramtes" und machte konkrete Vorschläge. Auf der Vorlage ist hand- „Wo läge das Risiko von L, wenn er gegen seinen schriftlich vermerkt „so geschehen". Kollegen im Bundesfinanzministerium entschie- de? Er bekäme mit den Linken in der SPD echten, mit dem Bundeskanzler und dem Bundesfinanz- minister vermutlich nur scheinbaren Krach." 313

Selbst wenn letzterer einen „Anflug von Ernsthaf- Reaktionen im Bundeswirtschaftsministerium tigkeit" hätte, könnte er ihn riskieren, denn er auf die Kritik von Dr. Dieter Spöri werde weiterhin gebraucht werden, wenn die Bun- destagswahl im wesentlichen wie 1976 — oder sogar Wegen der Pressemeldungen sowie der Bitte des für die F.D.P. günstiger — ausgehen sollte; anderer- Bundeskanzlers um Information durch das Bundes- seits wäre seine „politische Top-Position" ohnehin ministerium für Wirtschaft fertigte Oberregierungs- verloren, wenn die Bundestagswahl im wesentli- rat Dr. Holger Berndt am 31. Juli 1980 eine Mini- chen ausgehen sollte wie die diesjährige Landtags- stervorlage. Nach einer Übersicht über die Presse- wahl in Nordrhein-Westfalen oder wenn die Union meldungen, insbesondere den Aufsatz des SPD gewinnen würde. Entscheide er ohne Zustimmung Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri und das von Hans Matthöfer positiv, habe er alle am Verfah- Presseecho darauf, meinte Dr. Berndt, der Artikel ren Beteiligten auf seiner Seite, die in der Sache von Dr. Spöri stoße auf eine Reihe schwerwiegen- kompetent seien, und entscheide letztlich nur „ge- der Bedenken. Dr. Spöri, der Mitglied des Bundes- gen das Gespann Uellner/Böhme", von denen der tagsfinanzausschusses sei und in den Fragestunden eine „zweitrangige steuerrechtliche/steuerpoliti- mehrfach auf das Steuergeheimnis hingewiesen sche Gründe" und der andere „rein politische Ober- worden sei, versuche, durch breite Weitergabe von legungen" ins Feld führe. Informationen, die, soweit sie richtig seien, einen Bruch des Steuergeheimnisses darstellten, auf die Entscheidungen der Exekutive „politischen Druck" 312 auszuüben. An dieser Stelle wurde auf einer Kopie Unterrichtung von Bundeskanzler Helmut Schmidt der Vorlage notiert: „Aber Spöri kann das doch nicht vorgeworfen werden; denn er hat ja offiziell Ebenfalls am 30. Juli 1980 erkundigte sich der Grup keine Kenntnis"; ein weiterer Zusatz lautet: „aber er penleiter 42 im Bundeskanzleramt, Ministerialdiri sollte Kenntnis über den § 6 b haben." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

In seiner Vorlage schrieb Oberregierungsrat Dr Entsprechend einer Anregung von Staatssekretär Holger Berndt weiter, Dr. Dieter Spöris Kritik an Dr. Otto Schlecht verfügte der Bundesminister eine den Entscheidungen betr. Gerling und USF gehe an Rücksprache mit den Staatssekretären Dr. Otto den maßgeblichen Beurteilungskriterien des § 6 Schlecht und Dr. Dieter von Würzen. Am 6. August EStG und § 4 AIG vorbei. Bei diesen Fällen seien 1980 vermerkte Staatssekretär Dr. Schlecht — ver- vor allem die strukturellen Wirkungen auf den be- mutlich nach dieser Rücksprache —, es solle kein troffenen Wirtschaftszweig sowie auf den interna- Brief an den Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter tionalen Wirtschaftsverkehr zu beurteilen. Der Ver- Spöri geschrieben werden. Minister Dr. Otto Graf such von Dr. Spöri, die Bescheinigungsverfahren Lambsdorff habe inzwischen mit Minister Hans der „politischen Opportunität" zu unterwerfen und Matthöfer gesprochen. Dieser wolle entscheiden, so- je nach Ansehen der Person zu entscheiden und bald die betreffenden Mitarbeiter wieder aus dem „den Rechtsanspruch § 6 b von der Haushaltslage Urlaub zurück seien. Matthöfer sei „sehr offen" und abhängig zu machen", offenbare ein „höchst proble- wolle nicht verzögern. matisches Rechtsverständnis". Insgesamt illustrier- ten diese Ausführungen den SPD-Parteitagsbe- schluß vom November 1977, bei Verfahren nach § 6b 314 EStG an die Stelle der bisherigen fachlichen Prü- fung des Rechtsanspruchs ein politisches Entschei- Die Vorlage für Bundeskanzler Helmut Schmidt dungsverfahren treten zu lassen. Sie bestätigten die vom 31. Juli 1980 und dessen Entscheidung Ablehnung einer derartigen Vermischung von Auf der Grundlage der ihm zugegangenen Informa- Legislative und Exekutive durch das Bundesmini- tionen fertigte Ministerialdirigent Hermann-Günter sterium für Wirtschaft. Heick am 31. Juli 1980 eine Vorlage für Bundes- kanzler Helmut Schmidt. Er bezog sich auf Presse- Sodann wurde bemerkt, das Bundeskanzleramt sei meldungen und den Artikel des Abgeordneten an das Bundesministerium für Wirtschaft mit der Dr. Dieter Spöri. Nach der Schilderung der drei Bitte herangetreten, zur persönlichen Unterrich- Anträge des 3. Antragsblocks und der Vorschläge tung des Bundeskanzlers Unterlagen zu diesen An- des Bundeswirtschaftsministeriums dazu ver- trägen zur Verfügung zu stellen. Bereits im Novem- merkte er, die zuständigen Landesministerien hät- ber 1976 habe man auf eine ähnliche Bitte hin dem ten den Stellungnahmen des Bundeswirtschaftsmi- Bundeskanzler die Stellungnahmen der beteiligten nisteriums bereits zugestimmt, während — soweit Bundes- und Landesministerien zu den bis 1976 ab- er informiert sei — sowohl Staatssekretär Dr. Gün- geschlossenen Bescheinigungsverfahren in Sachen ter Obert als auch der Parlamentarische Staatsse- Flick zugeschickt. Nunmehr habe man dem Chef kretär Dr. Rolf Böhme einer Ablehnung zuneigten. des Bundeskanzleramtes zur persönlichen Informa- Minister Hans Matthöfer habe die Absicht, die Hal- tion des Bundeskanzlers Abdrucke der Stellung- tung des Bundesfinanzministeriums in einer Haus- nahmen des Bundeswirtschaftsministeriums zu den besprechung zu klären. In dieser Richtung hatte drei Anträgen einschließlich der positiven Stellung- auch der Vorschlag von Ministerialdirektor Dr. Karl nahmen der beteiligten Länderministerien zuge- Koch an Staatssekretär Dr. Obert für die Unterrich- sandt. Es sei darauf hingewiesen worden, daß die tung des Bundeskanzleramtes gelegen. Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums noch ausstehe. Nach einer Übersicht über die Anträge der ersten beiden Antragsblöcke heißt es dann in der Vor- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht vermerkte auf der lage: Vorlage, er habe „spontan mit einer scharfen Pres- seerklärung" reagieren wollen; der Pressereferent des Bundesministeriums für Wirtschaft habe aber 8. Es ist damit zu rechnen, daß die Erteilung von — zu Recht — davon abgeraten. Gleichwohl solle Bescheinigungen für Flick wiederum — wie man mit einem Brief an Dr. Dieter Spöri mit Durch- 1976 — insbesondere in der SPD zu heftigen schrift an den Bundesfinanzminister und andere Diskussionen führen wird. Damals wurde u. a. kontern und eventuell auch ein Gespräch mit Bun- auch die Frage einer Abschaffung oder Ein- desminister Hans Matthöfer führen. Die Anträge grenzung des § 6 b diskutiert. lägen diesem mit negativen Voten der Steuerabtei- M. E. empfiehlt es sich deshalb, eine Entschei- lung und der Staatssekretäre vor. Im Gespräch zwi- dung in dieser Angelegenheit nicht mehr vor schen Eberhard von Brauchitsch und Minister dem 5. Oktober zu treffen. Hans Matthöfer habe sich letzterer noch nicht fest- gelegt. Im Fall Gerling sei die Sache „besonders 9. Im übrigen muß darauf hingewiesen werden, pikant", weil die Fachabteilung „Geld und Kredit" daß die von MdB Spöri bei seiner negativen und das Bundesaufsichtsamt für das Versiche- Stellungnahme insbesondere angeführten rungswesen positive Stellungnahmen abgegeben haushaltspolitischen Gesichtspunkte nach hätten. Das Bundesministerium für Wirtschaft habe dem Gesetzestext für eine Entscheidung über 1973 dem Bundesministerium der Finanzen das die Erteilung einer Bescheinigung nicht rele- „Einvernehmen" — statt wie im Gesetz nur „Beneh- vant sind. Laut Gesetz sind die Kriterien für men" — allein deshalb zugestanden, weil damals die Entscheidung: volkswirtschaftliche Förde- die Zuständigkeit für den Banken- und Versiche- rungswürdigkeit, Verbesserung der Unterneh- rungsbereich auf das Bundesministerium der mensstruktur eines Wirtschaftszweiges oder Finanzen übergegangen sei. Förderung einer breiten Eigentumsstreuung." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Bundeskanzler Helmut Schmidt verfügte am 6. Au- Helmut Schmidt hat sich als Zeuge an den Vorgang gust 1980 eigenhändig auf dieser Vorlage: nicht erinnert. Er hat erklärt, seine Verfügung sei keine Weisung gewesen, zumindest sei dies zweifel- „Empfehlg. gem. Ziffer 8 intern gegenüber BMF/ haft. Jedenfalls habe es sich nur „um eine Verfah- (BMWi?) betreiben." rensfrage" und nicht um eine „materielle Frage" ge- Aus einem handschriftlichen Zusatz auf der Vor- handelt. Er habe lediglich zum Ausdruck bringen lage läßt sich entnehmen, daß ein Unterabteilungs- wollen, der Vorschlag in der Vorlage könne zweck- leiter im Bundesministerium der Finanzen entspre- mäßig sein; er habe aber nicht geschrieben, man chend unterrichtet wurde, der zwar sachlich nicht möge den Finanzminister oder den Wirtschaftsmi- zuständig war, aber als Vorgänger von Dr. Wilfried nister bitten, „das so und so zu handhaben". Das Haesen Leiter des Ministerbüros im Bundesmini- Motiv sei offenbar gewesen, „nicht für den Wahl- sterium der Finanzen gewesen war. kampf neuen Konfliktstoff zu liefern". Sonst hätte er um den Entwurf eines Briefes an den Minister Ferner wurde am 12. August vermerkt, es sei gebeten. Die Formulierung „intern betreiben" be- „St Lahnstein (für PSts Böhme)" informiert worden. deute aber, daß dies auf dem „unteren Wege, also Inwieweit der Vermerk des Bundeskanzlers die auf dem Referentendienstweg" habe erledigt wer- Verantwortlichen im Bundesministerium der Fi- den sollen. Er habe nicht selber tätig werden wol- nanzen tatsächlich erreicht hat und ob und inwie- len. Die Formulierung „BMF/(BMWi?)" habe bedeu- weit er tatsächlich zu einer Verzögerung über die tet, daß sich die Anregung auf beide Ministerien Bundestagswahl hinaus geführt hat, hat sich jedoch beziehe. Im übrigen sei sie offenbar im Ergebnis nicht mit Sicherheit feststellen lassen. nicht von Belang gewesen. Auch Manfred Lahnstein hat sich bei seiner Ver- Hans Matthöfer hat als Zeuge vor dem 1. Untersu- nehmung an den Vorgang nicht erinnert, insbeson- chungsausschuß ausgesagt, dieser Vermerk sei dere auch nicht daran, daß er daraufhin Bundesmi- nicht zu ihm gelangt. Er hätte sich zudem vom Bun- nister Hans Matthöfer unterrichtet habe. Er unter- deskanzler keine Weisungen in Einzelfragen geben stelle zwar, daß das bei ihm angekommen sei; mög- lassen. Jedenfalls könne er sich auch nicht erin- licherweise erinnere er sich an diese Randnotiz nern, von Staatssekretär Manfred Lahnstein dar- aber deshalb nicht, weil es vielleicht eine reine Ur- über informiert worden zu sein; das wäre ihm an- laubsvertretungsangelegenheit gewesen sei. Er hat dernfalls in Erinnerung geblieben, und er hätte das im übrigen zu bedenken gegeben, daß damals „rein auch zurückgewiesen. Daß der Vorgänger von Mini- praktische Schwierigkeiten" zum Zuge gekommen sterialrat Dr. Wilfried Haesen ihn über diesen Vor- seien. Damals habe sich der Bundestagswahlkampf gang nicht unterrichtet habe, liege wahrscheinlich unmittelbar an die Sommerferien angeschlossen. daran, daß dieser den Vorgang ebenso beurteilt Daher seien in dieser Zeit der Minister und die Par- habe wie er selbst: lamentarischen Staatssekretäre nur selten im Mini- sterium anzutreffen gewesen, so daß eine ruhige „Ich entscheide im Ministerium, und da können und detaillierte Diskussion schwer zustande ge- nicht Beamte des Kanzleramtes dem Kanzler na- kommen wäre. helegen, er solle mir eine Detailanweisung ge- ben." Dr. Otto Graf Lambsdorff hat im staatsanwalt- schaftlichen Ermittlungsverfahren vortragen las- Er habe weder direkt noch indirekt, auch nicht aus sen, aufgrund des Vermerks von Bundeskanzler dem Bundeskanzleramt, etwas von Überlegungen Helmut Schmidt sei es evident, daß „wahlpolitische gehört, die Entscheidung über den Wahltermin hin- Rücksichten" die damalige Entscheidung verzögert auszuschieben. Jeder in dem „inneren Kreis" im hätten. Vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat er Bundesministerium der Finanzen habe gewußt, daß ausgesagt, er habe im Laufe des Jahres 1980 zuneh- das vor Oktober 1980 nicht habe entschieden wer- mend das Gefühl gehabt, daß seine sozialdemokra- den können. Er könne sich auch nicht erinnern, daß tischen Kabinettskollegen die Entscheidung lieber später Staatssekretär Manfred Lahnstein in seiner nach der Wahl getroffen hätten als vorher. Er hat in Eigenschaft als Chef des Bundeskanzleramts in diesem Zusammenhang auf den handschriftlichen Fragen des § 6 b EStG ins Bundesministerium der Vermerk von Bundeskanzler Helmut Schmidt vom Finanzen hineingewirkt habe. Der Vermerk aus 6. August 1980 hingewiesen und zusätzlich bekun- dem Kanzleramt könne nur einem „uninformierten det, daß auf das Bundeswirtschaftsministerium al- Menschen" eingefallen sein. Jeder, der den Gang lerdings nicht eingewirkt worden sei. des Entscheidungsprozesses im Bundesministe- rium der Finanzen gekannt habe, hätte ihm sagen Der 1. Untersuchungsausschuß hat nicht festge- können, daß dies im Grunde ein völlig unsinniger stellt, ob und in welcher Weise die Durchgabe des Aktenvermerk gewesen sei, der dem Bundeskanz- eigenhändigen Vermerks von Bundeskanzler Hel- ler gar nicht hätte vorgelegt werden sollen, da man mut Schmidt vom 6. August 1980 ursächlich für die bei weitem noch nicht so weit gewesen sei, eine Ent- weitere Bearbeitung des 3. Antragsblocks im Bun- scheidung zu treffen. Er, Matthöfer, sei auch mit desfinanzministerium . wurde. Nachdem noch in der einer Kurzvorlage von Ministerialdirektor Dr. Karl Kollegiumssitzung des Bundesfinanzministeriums Koch vom 30. Juli 1980 für Staatssekretär Dr. Gün- vom 18. Juli 1980 eine Hausbesprechung zum „An- ter Obert mit den Überlegungen für eine Unterrich- liegen von Flick (§ 6 b) ... zum nächstmöglichen tung des Bundeskanzleramtes nicht befaßt wor- Zeitpunkt unter Beteiligung von PSt Böhme und den. St Lahnstein" ins Auge gefaßt wurde und in der Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Kollegiumssitzung am 12. August 1980 noch be- Nach meinen Gesprächen und nach sorgfältiger schlossen wurde, den „Steuerfall Flick" zu entschei- Analyse der Lage ist folgendes vorgesehen: den, „wenn alle beteiligten Beamten ihren Urlaub beendet haben (Kollegium im September)", wurde a) Es wird unsererseits keine neue Presse-Initia- in der Kollegiumssitzung am 27. August 1980 nach tive ergriffen. Das würde nur eine zusätzliche pu- dem darüber gefertigten Ergebnisvermerk abschlie- blizistische Plattform für Spöri auslösen, von der ßend festgelegt, „zu § 6 b/Flick soll so bald wie mög- wir nichts haben. Spöri ist ein notorischer Dema- lich — im Oktober — eine Hausbesprechung statt- goge, der an einer sachlichen Auseinanderset- finden". Irgendwelche Gründe für diese Änderung zung überhaupt nicht interessiert ist. Das wissen der Meinungsbildung im Kollegium des Bundesfi- wir auch aus unserem Gespräch mit Spöri, in dem nanzministeriums hat der 1. Untersuchungsaus- wir ihm bekanntlich angeboten haben, ihn über schuß nicht festgestellt. Ungeachtet dessen kann je- die jeweiligen Begründungen unserer Anträge doch nicht ausgeschlossen werden, daß die Willens- vertraulich ins Bild zu setzen. Spöri hat hiervon bildung im Bundesfinanzministerium und die fol- nie Gebrauch gemacht. gende Auseinandersetzung mit dem Bundeswirt- schaftsministerium ohnehin nicht vor der Bundes- b) Ich werde meinen ohnehin geplanten Antritts- tagswahl hätte beendet werden können, nämlich ei- besuch beim nordrhein-westfälischen Wirt- nerseits wegen der erheblichen Schwierigkeiten bei schaftsminister Prof. Jochimsen am Montag, dem der Überwindung der geltend gemachten rechtli- 11.8. 1980, benutzen, mit ihm die Angelegenheit chen Bedenken und andererseits, weil die Spitze zu besprechen und zu prüfen, ob er seinerseits des Bundesfinanzministeriums sich vor der Wahl bereit ist, in Bonn der Angelegenheit Vorrang zu auch aus rein zeitlichen Gründen dem Antrag nicht geben. Zur Vorbereitung dieses Gesprächs wird mehr intensiv hätte widmen können. G. M. noch heute einen Brief an Prof. Jochimsen schreiben, in dem er ihn auf die besondere Ver- trauenswürdigkeit und die politisch loyale Hal- 315 tung unseres Hauses aufmerksam macht.

Eberhard von Brauchitsch und die „Aktion Spöri" Ich werde Prof. Jochimsen eine Kurzdarstellung sowie die Vorbereitung des Besuchs bei Minister geben können über die volkswirtschaftlichen Vor- Professor Dr. Reimut Jochimsen teile unserer Umstrukturierung in den Bereichen Personalstand, Investitionen und Steuerzahlun- Eberhard von Brauchitsch setzte sich in einem Ver- gen. merk an Dr. Friedrich Karl Flick vom 4. August 1980 eingehend mit dem Artikel des SPD-Bundes- c) Zu dem politisch engeren Kreis um Spöri ge- tagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri vom 29. Juli 1980 hörten früher auch Heinemann und Posser (Fi- und dem Presseecho auseinander: nanzminister NRW). G. M. wird gleichfalls heute einen Brief an Posser schreiben, mit dem er, „Betr.: 6 b/4 G. M., aus Heinemanns Zeiten eng verbunden ist. Bezug: Pressekampagne Spöri In diesem Brief wird G. M. seine Sorge zum Aus- 1. Auch nachdem der heutige SPIEGEL die druck bringen, daß die dauernden sachlich unfun- Sache nicht wieder aufgegriffen hat, kann dierten Polemiken von Spöri im PPP und im So- zialdemokratischen Pressedienst die Qualität die- nach menschlichem , Ermessen davon ausge- gangen werden, daß die Aktion Spöri als „Ein- ser Blätter in Frage stellt. Da G. M. sich für sei- tagsfliege" ausgeschrieben ist. nen Parteivorstand noch immer um diese Blätter kümmert, hat er ein ureigenstes Interesse daran, 2. Bedeutsam ist die der Presse zu entnehmende daß dieser Zustand abgestellt wird. G. M. bittet Erklärung, daß das Bundesfinanzministerium Posser um Intervention und empfiehlt ihm zu- die Behauptung dementiert hat, das Bundesfi- gleich, mich zu einem Gespräch einzuladen, da- nanzministerium wolle unseren Antrag ganz mit ich ihm, Posser, unmittelbar die Hinter- oder teilweise abschlägig behandeln. Eine Re- gründe darlegen kann. cherche von mir in Bonn hat ergeben, daß die- ses Dementi tatsächlich herausgegeben wor- Ich werde nach meinen Gesprächen weiter be- den ist. richten." 3. Ich habe am Wochenende und heute Gelegen- Ob zu den von Eberhard von Brauchitsch erwähn- heit gehabt, mit meinen Verbindungsleuten in ten „Verbindungsleuten in Bonn" in diesem Falle Bonn über den Hintergrund der Aktion Spöri auch der Journalist Peter Heinrich Refflinghaus ge- zu sprechen und mich auch mit den sachkun- hörte, der von 1954 bis 1981 als freier Mitarbeiter digen Bonner Partnern über das taktisch des Flick-Konzerns bezahlt wurde — er über- zweckmäßigste Vorgehen unterhalten. brachte Spenden des Flick-Konzerns — und auf- grund seiner guten Kontakte Informationen mit Die Aktion Spöri wird einmütig als Alleingang Schwerpunkt aus den Gewerkschaften lieferte, hat - angesehen. Innerhalb der SPD-Fraktions- der 1. Untersuchungsausschuß nicht klären können. spitze und in der Baracke wird dieses als ein Jedenfalls hat Refflinghaus als Zeuge vor dem weiterer Beweis für die Profilneurose von 1. Untersuchungsausschuß ausgesagt, auch Infor- Spöri angesehen. Spöri will sich in der Vorbe- mationen über die gewerkschaftliche Haltung zur reitung des Wahlkampfes in dem Gespann mit Beteiligung des Flick-Konzerns an Gerling gesam- Eppler und Böhme wichtigtun. melt und dem Flick-Konzern geliefert zu haben. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

316 Votum kann nur aus der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums kommen. Für die Bericht Eberhard von Brauchitschs über sein Steuerabteilung gilt aber nicht die Einverneh- Telefonat mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht mensregelung, sondern die Benehmensrege- lung. Ebenfalls am 4. August 1980 berichtete Eberhard von Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick „unter Schlecht prüft zur Zeit, ob das Bundeswirt- Umschlag — nur persönlich zu öffnen": schaftsministerium im Falle eines Negativ-Vo- tums des Bundesfinanzministeriums seiner- ,,Betr.: 6b/4 — Spöri seits das Recht hat, dieses Negativ-Votum auf Nachdem die beiliegende Notiz diktiert war, habe seinen Ursprung zu überprüfen, nämlich dar- ich ein ausführliches Telefonat mit Staatssekre- auf, ob dieses Negativ-Votum aus der Steuer- tär Dr. Schlecht gehabt, auch in der Absicht, ihn abteilung (Benehmensregelung) oder aus dem zu einem Alleingang zu veranlassen — siehe No- Bereich Geld, Kredit und Versicherungen tiz Wacker vom 30. Juli 1980. (Einvernehmensregelung) stammt. Schlecht ist insoweit pessimistisch und fürchtet, daß 1. Das Bundeswirtschaftsministerium hat seine der Wirtschaftsminister ein negatives Votum ' ursprüngliche Absicht, Herrn Spöri öffentlich des Finanzministers hinnehmen muß, und zu kritisieren aufgegeben, und zwar aus den zwar ohne Rücksicht darauf, welche Fachab- gleichen Gründen, die uns veranlassen, keine teilungen des Bundesfinanzministeriums die- weitere Öffentlichkeit zu verursachen (siehe ses Negativ-Votum verursacht haben. beiliegende Notiz). Schlecht wird mich am Donnerstag oder Frei- 2. Dr. Schlecht hält es für politisch nicht mach- tag dieser Woche (7. oder 8. 8. 1980) über das bar, daß der Bundeswirtschaftsminister sei- Ergebnis des Gesprächs Lambsdorff/Matthö- nerseits entscheidet, ohne das Votum des Bun- fer vom Mittwoch, dem 6. 8. 1980, unterrich- desfinanzministers abzuwarten. ten. 3. Allerdings wird Lambsdorff anläßlich der Ka- Schlecht geht am Wochenende für drei Wo- binettssitzung am 6. August 1980 Matthöfer chen nach Österreich in Urlaub. Lambsdorff auf die Dringlichkeit der Angelegenheit an- beginnt am Wochenende seine 14tägige China sprechen und ihn, Matthöfer, bei der Gelegen- -Reise." heit auch auf die Rechtslage aufmerksam ma- Am 5. August 1980 telefonierte Eberhard von Brau- chen, so wie sie der Bundeswirtschaftsmini- chitsch nach einer Notiz seines Sekretariats zwei- ster sieht: mal mit Günter Markscheffel und dazwischen mit Der gesetzliche Auftrag, demzufolge der Bun- dem SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen deswirtschaftsminister „im Benehmen" u. a. Wischnewski. Über den Inhalt der Telefonate ist mit dem Bundesfinanzminister zu entschei- nichts bekannt. den hat, bedeutet, daß der Bundeswirtschafts- minister sich nicht zwingend an das Votum des Bundesfinanzministers halten muß, son- dern auch gegen den Bundesfinanzminister abschließend entscheiden kann (nach Anhö- 317 rung der Landeswirtschaftsminister). Bei Abtretung der Abteilungen Geld und Kre- Information Dr. Friedrich Karl Flicks durch dit sowie Versicherungen vom Bundeswirt- Eberhard von Brauchitsch vom 6. August 1980 schaftsministerium an das Bundesfinanzmini- sterium ist vereinbart worden, daß der Bun- Am 6. August 1980 informierte Eberhard von Brau- deswirtschaftsminister in diesen Angelegen- chitsch Dr. Friedrich Karl Flick durch ein Fern- heiten (Banken und Versicherungen) nur „im schreiben über den neuesten Sachstand. Er führte Einvernehmen" mit dem Bundesfinanzmini- aus, seine gestrige telefonische Mitteilung, daß hin- ster handeln kann. Votiert der Bundesfinanz- sichtlich des 3. Antragsblocks in Bonn kein Anlaß minister negativ, dann ist der Bundeswirt- zu akuter Sorge mehr bestehe, sei heute erhärtet schaftsminister hieran gebunden und muß sei- worden. Nach einer Information aus der heutigen nerseits negativ entscheiden. Kabinettsitzung sei Minister Hans Matthöfer be- müht, die negative Einstellung seines Hauses zu Allerdings: Bei der Abtretung der Ressorts überspielen. Hierzu müsse er aber die Rückkehr Geld, Kredit und Versicherungen vom Bun- seiner Mitarbeiter abwarten, die sich zur Zeit über- deswirtschaftsminister an den Bundesfinanz- wiegend im Urlaub befänden. Die „vorsichtige Pro- minister ist diese Einvernehmensregelung ge- gnose" seines Informanten gehe dahin, daß die Ent- troffen worden hinsichtlich des Votums dieser scheidung nicht vor September falle, aber voraus- Fachabteilungen. Diese Fachabteilungen im sichtlich doch noch vor dem 5. Oktober 1980, dem Bundesfinanzministerium sowie das Bundes- Tag der Bundestagswahl. Im übrigen habe er mor- aufsichtsamt für das Versicherungswesen ha- gen in Bonn „zwei Gespräche in diesem Zusammen- ben aber bei unserem 3. Geleitzug im Hause hang im politischen Führungsbereich" und werde des BFM bereits positiv votiert. Ein negatives anschließend berichten. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

318 nachhaltig ändert. Erfahrungsgemäß sei die Phase zwischen der Wahl und der Regierungs- Gespräch Eberhard von Brauchltschs mit dem bildung/Koalitionsvereinbarung besonders F.D.P.-Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher geeignet: ,gemeinsam Leichen aus dem Keller zu tragen'. Am selben Tag, dem 6. August 1980, notierte das Sekretariat von Eberhard von Brauchitsch, daß das Genscher hat mir für den Fall der Verzöge- Sekretariat von Hans-Jürgen Wischnewski als rung über den 5. Oktober hinaus zugesagt — „Treffpunkt für morgen" den Politischen Club der die von ihm erwartete Konstellation unter- Friedrich-Ebert-Stiftung durchgegeben habe. stellt — dann den Versuch zu machen, unsere Sache auf kaltem Wege zur Erledigung zu Tatsächlich sprach Eberhard von Brauchitsch am bringen. Naturgemäß konnte Genscher eine 7. August 1980 mit dem F.D.P.-Vorsitzenden und Garantie für den Erfolg nicht geben. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher so- wie dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden und Genscher wird diesen Gedanken mit Lambs- früheren Staatsminister im Bundeskanzleramt dorff noch vor dessen Reise nach China erör- Hans-Jürgen Wischnewski. Eine als „besonders ver- tern und mir über das Ergebnis dieser Erörte- traulich" gekennzeichnete Aktennotiz darüber vom rung Nachricht geben. 8. August 1980 leitete von Brauchitsch Dr. Friedrich Nachdem in letzter Zeit andere Gerüchte um- Karl Flick, Dr. Klaus Götte und Fritz Wacker mit gelaufen sind, hat mir Genscher mitgeteilt, der Bitte zu, sie möglichst nach der Lektüre zu ver- daß nach allen jetzigen Erkenntnissen fest da- nichten; ein Exemplar könne jederzeit in seinem mit zu rechnen sei, daß Lambsdorff das Wirt- Büro angefordert werden. Diese lautet: schaftsressort beibehält — die oben geschil- „Ober das weitere Vorgehen in dieser Angelegen- derte Konstellation nach dem 5. Oktober vor- heit berichte ich wie folgt: ausgesetzt." 1. Besuch bei Genscher am Donnerstag, 7. B. 80, Eberhard von Brauchitsch fügte auf seinem Ver- nachmittags. merk für Dr. Friedrich Karl Flick einen Zusatz hin- zu: Der Gesprächstermin ist von Genscher kur- zerhand in seinem Privathaus in Bonn zustan- „P. S Nach Fertigstellung dieser Notiz hat mich degekommen und fand in einer ausgespro- Genscher angerufen und mich über das so- chen gelockerten Atmosphäre statt. eben beendete Gespräch mit Lambsdorff wie folgt informiert: a) Genscher ist bereit zu helfen. a) Lambsdorff rät dringend davon ab, durch neue b) Genscher wird auf Uellner (Unterabtei- Initiativen in den Verfahrensprozeß einzugreifen lungsleiter Steuer im BFM) einwirken. und die Sache damit absichtlich über den 5. Okto- Die Schilderung von Genscher über Uellner ber zu verzögern. Jede Intervention über die deckt sich mit unseren Erfahrungen: Uellner Fachabteilungen bürgen das Risiko in sich, daß ist ein brillanter Steuersystematiker, aber neue negative Sachargumente gegen unseren An- gleichzeitig auch ein puritistischer Gerechtig- trag konstruiert werden. Im Saldo wäre also das keitsfanatiker. Mit dieser Eigenschaft trifft er Risiko eines Schadens für uns größer als die sich — obwohl parteipolitisch altliberal — mit Chance, die in der Verzögerung liegen könnte Böhme und Spöri. (siehe oben). Genscher glaubt dennoch, ein ,Packende’ für b) Lambsdorff gehe nach dem Gespräch mit die Einwirkung auf Uellner zu haben. Matthöfer von Mittwoch, 6. August, verstärkt da- von aus, daß Matthöfer sich gegen seine Appara- c) Genscher, der die politische Freundschaft in tur in unserem Sinne durchsetzen würde. Bonn vor den Wahlen naturgemäß auch beob- achtet, traut sich ein abschließendes Urteil c) Im übrigen würde Lambsdorff ein negatives über die Haltung von Matthöfer zu diesem Votum des BFM nicht ohne weiteres hinnehmen, , Zeitpunkt in unserer Sache nicht zu. Genscher sondern die Sache dann bei sich neu behandeln glaubt zwar den Zusagen Matthöfers, unsere (insoweit ist Lambsdorff sehr viel positiver als Sache für richtig zu halten und ihr deshalb Schlecht). zustimmen zu wollen, Genscher empfiehlt aber andererseits, die derzeitige Übersensibi- Genscher empfiehlt bei dieser Sachlage, seine ge- lität der führenden sozialdemokratischen Poli- strige Anregung, die Sache von uns aus über den tiker und ihre Sorge vor der Konfrontation 5. Oktober hinaus zu verzögern, zu vergessen. Ich mit der Parteibasis nicht zu unterschätzen. meine: Wir sollten uns entsprechend verhalten." Deshalb ist Genscher unabhängig von uns zu der Erkenntnis gekommen, mindestens dar- In einem Fernschreiben an Dr. Friedrich Karl Flick über nachzudenken, ob es nicht für uns hilf- betonte von Brauchitsch noch einmal die besondere reich sei, die ganze Sache über den 5. Oktober Vertraulichkeit dieser Notiz. Er habe sich nicht ent- hinaus zu verzögern. schließen können, sie „über den Ticker" zu geben, Genscher geht davon aus, daß sich am 5. Okto- und gab noch einmal zu erwägen, die Notiz nach der ber die jetzige Bonner Konstellation nicht Lektüre zu vernichten und es dabei bewenden zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode lassen, daß ein Exemplar jederzeit aus seinem Pan- 319 zerschrank abgefordert werden könne. Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs Hans-Dietrich Genscher hat dazu als Zeuge ausge- mit dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden sagt, in dem Gespräch sei es zunächst vor allem um Hans-Jürgen Wischnewski die Wahlaussichten der F.D.P. für die Bundestags- wahl nach dem sehr schlechten Wahlausgang in Über das ebenfalls am 7. August 1980 stattgefun- Nordrhein-Westfalen gegangen, ferner um eventu- dene „Gespräch und Abendessen" mit dem Stell- elle Veränderungen der Vertretung der FDP in der vertretenden SPD-Vorsitzenden und früheren Bundesregierung. Eberhard von Brauchitsch sei Staatsminister im Bundeskanzleramt, Hans-Jürgen erst gegen Ende des Gesprächs und nur sehr kurz Wischnewski, berichtete Eberhard von Brauchitsch auf den Stand des Steuerbescheinigungsverfahrens in demselben Vermerk vom 8. August 1980: zu sprechen gekommen und habe gesagt, er stelle „a) Auch das Gespräch mit Wischnewski, das sich fest, daß es im Bundesministerium der Finanzen weit über die vorgesehene 1 Stunde ausgedehnt einen Beamten Namens Uelner gebe. Man habe den hat, kann als vertrauensvoll und freundschaftlich Eindruck, daß dieser im Verfahren Probleme bezeichnet werden. Wischnewski's Verhältnis schaffe und dagegen sei; möglicherweise könne er zum Bundeskanzler ist unverändert eng und unter dem Druck der Sozialdemokraten im Bundes- seine Einwirkungsmöglichkeiten aus der Partei- ministerium der Finanzen stehen. Auf seine Frage spitze hinaus erheblich (beides hatte mir Genscher nach konkreten Hinweisen auf einen Druck auf Mi- bestätigt). Außerdem hat Wischnewski unumwun- nisterialdirigent Dr. Adalbert Uelner habe von den zugegeben, daß er, genauso wie der Bundes- Brauchitsch erwidert, diese gebe es nicht, man kanzler, mir unverändert Dank schulden für mein könne sich aber nicht vorstellen, daß jemand, der nicht ungefährliches persönliches internationales sich zur F.D.P. bekenne, in dieser Frage eine so re- Engagement während der Schleyer-Entführung. striktive Haltung habe. Er, Genscher, habe demge- genüber darauf hingewiesen, er wisse aus Schilde- b) Wischnewski soll helfen. Ich habe ihm zwei rungen von Fraktionskollegen, daß Ministerialdiri- konkrete Wünsche vorgelegt: gent Dr. Uelner in Steuerfragen „seine ganz festen Grundsätze" habe. Auf die Frage von Brauchitschs, aa) Wischnewski soll Böhme und Spöri ermah- ob Hans Matthöfer möglicherweise aus irgendei- nen, ihre durchaus legitimen Änderungswünsche nem Grunde mit der Entscheidung zögere, habe er der §§ 6 b und 4 nicht zu vermischen mit dem kon- gesagt, er könne sich vorstellen, daß Matthöfer — kreten Fall Flick. angesichts der kritischen Stimmen in seiner Partei bb) Wischnewski soll Matthöfer zu verstehen ge- die Entscheidung möglicherweise erst nach der ben, daß ein positives Votum von Matthöfer kei- Bundestagswahl treffen wolle; er könne Minister nerlei Schwierigkeiten beim Bundeskanzler, bei Dr. Otto Graf Lambsdorff einmal danach fragen. der Partei und bei der Fraktion auslösen. Dieser habe ihm daraufhin mitgeteilt, das laufe ganz normal, und er würde sehr davon abraten, da Wischnewski hat mir zwar keine Zusage gegeben, irgendeine Verzögerung zu sehen. Darüber habe er hat mich aber gebeten, ihm zwei Kurzdarstellun- von Brauchitsch unterrichtet. Er habe nicht zuge- gen zu erstellen und zu übersenden (siehe Anla- sagt, auf Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner ge). Hieraus entnehme ich, daß er helfen will. einzuwirken. Es habe auch tatsächlich keine derar- tige Einwirkung gegeben. Er habe Dr. Uelner erst Im übrigen hat mir Wischnewski zugesagt, einen wesentlich später kennengelernt. Die Formulierun- Aufenthalt des Bundeskanzlers am Montag, 11. gen „Packende" und „Leichen aus dem Keller tra- August 1980, in Bonn zum Anlaß zu nehmen, den gen" gehörten nicht zu seinem geläufigen Sprach- Bundeskanzler über unser Gespräch und meine gebrauch; dies habe er auch nicht sinngemäß ge- Wünsche zu unterrichten. sagt. Außerdem sei es unvorstellbar, daß er auf Be- c) amte eines anderen Ministeriums einwirke und Wischnewski berichtete noch, daß Böhme auf- dies einem Dritten zusage. gebaut wird als möglicher Nachfolger im Landes- vorsitz der SPD Baden-Württemberg 1981 — Dr. Adalbert Uelner hat als Zeuge vor der Staatsan- Nachfolge von Eppler." waltschaft ausgesagt, ein Gespräch mit Bundesmi- nister Hans-Dietrich Genscher nach dessen Ge- Am 8. August 1980 bedankte sich Eberhard von spräch mit Eberhard von Brauchitsch habe nicht Brauchitsch in einem Schreiben an Hans-Jürgen stattgefunden. Er habe mit Genscher nie über einen Wischnewski für die „Gelegenheit zu einem umfas- senden Gedankenaustausch über die uns wechsel- Antrag des Flick-Konzerns gesprochen, ebenso mit seitig interessierenden Themen". Er fügte die ge- keinem anderen Politiker der F.D.P. Vor dem 1. Un- wünschten beiden Papiere zur Umstrukturierung tersuchungsausschuß hat er bekräftigt, Bundesmi- nister Hans-Dietrich Genscher habe ihn nie auf der Gruppe bei, ferner eine Notiz mit einer ausführ- lichen kritischen Auseinandersetzung mit den pu- diese Sache angesprochen. blizistischen Angriffen des Bundestagsabgeordne- Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht der ten Dr. Dieter Spöri. Von Brauchitsch meinte dazu, 1. Untersuchungsausschuß davon aus, daß ein Ge- diese Notiz beweise die „Leichtfertigkeit", mit der spräch von Hans-Dietrich Genscher mit Ministeri- Dr. Spöri den beachtlichen Rang des Sozialdemo- aldirigent Dr. Adalbert Uelner seinerzeit nicht statt- kratischen Pressedienstes Wirtschaft für seine fand. „persönlichen Profilierungswünsche" mißbrauche. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Er betonte, der Schritt der Flick-Gruppe zur Um- widrig zu handeln". Zudem sei es unzulässig, die an strukturierung unter Inanspruchnahme der gesetz- sich legitimen Wünsche eines Bundestagsabgeord- lichen Bestimmungen sei volkswirtschaftlich, ar- neten nach Änderung gesetzlicher Bestimmungen beitsmarkt- und haushaltspolitisch richtig gewesen. zu verbinden mit der Aufforderung an die Verwal- Es gebe nach seiner Kenntnis keine programmati- tung, einen Steuerpflichtigen so zu behandeln, als sche oder regierungspolitische Position der SPD, hätte die Modifizierung des Gesetzes bereits statt- die zu dieser Umstrukturierungsmaßnahme der gefunden. Auch die Behauptungen im „Parlamenta- Flick-Gruppe im Widerspruch stehe. Deshalb risch-Politischen Pressedienst" vom 28. Juli 1980 glaube er auch, daß es sich „nicht um eine persönli- seien teilweise unzutreffend. Wegen dessen beson- che, sondern um eine rein sachliche Maßnahme" ders kritischer Haltung zur Umstrukturierung der handele, wenn Wischnewski „die von mir vorgetra- Flick-Gruppe sei die zuständige Redakteurin stets genen Anregungen realisieren" könne. zu den Pressekonferenzen der Flick-Gruppe einge- laden worden, „um ihren Sachverstand zu erhöhen"; In der Hans-Jürgen Wischnewski übersandten No- diese habe zwar die Einladungen angenommen, sei tiz des Flick-Konzerns vom 8. August 1980 wurde aber nicht erschienen. ausgeführt, daß man dem Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri seit Beginn seiner Angriffe gegen Eine Kopie des Briefes an Hans-Jürgen die Inanspruchnahme der §§ 6 b EStG und 4 AIG Wischnewski nebst Anlagen erhielt Günter Mark- angeboten habe, ihn ohne Rücksicht auf das Steuer- scheffel mit besonderem Anschreiben übersandt, in geheimnis über alle Begründungen zu informieren. dem auch schon auf einen Besuch von „A. N." (Al- Aufgrund dieses Angebotes habe die Besprechung fred Nau) am kommenden Dienstag verwiesen war. am 6. Februar 1979 mit ihm stattgefunden, bei der Eberhard von Brauchitsch schrieb, er glaube, es man die Begründung der Anträge ausführlich dar- habe sich im Saldo gelohnt, daß er kurzerhand die- gelegt und die Bereitschaft erklärt habe, jederzeit sen Weg beschritten habe. Auf einer für die Akten für weitere Informationen zur Verfügung zu stehen. bestimmten Durchschrift des Originalschreibens an Dr. Spöri habe sich aber zu keinem Zeitpunkt Hans-Jürgen Wischnewski wurde am 11. August darum bemüht, sich über die sachliche Begründung 1980 maschinenschriftlich vermerkt: — insbesondere des Falles Gerling — zu informie- ren. Sodann wurden in der Notiz Gegenargumente „G. M. hat mich am 11.8. 80 darüber unterrichtet, zur Haltung von Dr. Spöri dargelegt. So handele es daß Wischnewski ihn, G. M., am 10.8.1980 angeru- sich bei der Steuerbefreiung nicht mehr um „ehe- fen und auf den Vorgang angesprochen habe. Wi- malige" stille Reserven. Es treffe auch nicht zu, daß schnewski habe ihm gesagt, daß sowohl das Ge- dem Flick-Konzern im Zusammenhang mit diesen spräch vom 7. 8. 1980 als auch die Anlagen des Anträgen „überhaupt noch kein Wunsch ausge- Briefes so überzeugend gewesen seien, daß er schlagen wurde". Falsch sei auch die Behauptung, nunmehr in der Sache tätig werden könne. G. M. daß eine Gewährung der Bescheinigungen für die glaubt, daß damit ein wesentlicher Hilfsfaktor ge- Anträge „haushaltspolitische Fahrlässigkeit" sei. schaffen sei." Gerade die Umstrukturierung der Flick-Gruppe habe es ermöglicht, daß der Konzern in den Jahren 1977 bis 1980 rd. 1,3 Milliarden DM Steuern abge- 320 führt habe; ohne die Umstrukturierung wäre nur ein Bruchteil dieser Steuern entstanden. Haushalts- Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit dem politisch sei ferner bedeutsam, daß diese erhöhte nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Steuerleistung von Dauer sei. Im übrigen seien die Dr. Reimut Jochimsen am 11. August 1980 erteilten Bescheinigungen keine „Luxus-Subventio- Über sein Gespräch mit dem neuen nordrhein-west- nen"; vielmehr würden keine Subventionen an den fälischen Wirtschaftsminister Prof. Dr. Reimut Jo- Flick-Konzern gezahlt. Es gehe lediglich darum, chimsen am 11. August 1980 teilte Eberhard von dringend notwendige Anpassungsprozesse nicht Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick mit, es sei durch zusätzliche Steuerleistungen zu behindern. überwiegend auf allgemeine wirtschaftspolitische Dazu hieß es abschließend: „Das alles weiß Dieter Fragen hinausgelaufen. In „unserer Angelegenheit" Spöri." habe er ihm das „Kurzmemo vom 7. August" über- geben und die gebotenen Erläuterungen hinzuge- Unzutreffend sei ferner, daß sich aus dem Gesetzes- fügt. Prof. Dr. Reimut Jochimsen habe ihm zuge- text „kein sachlicher Genehmigungszwang" ergebe. sagt, „bei ehester Gelegenheit in Bonn klarzuma- Dr. Dieter Spöri stelle seine Behauptungen auf, chen, daß er als örtlich zuständiger Wirtschaftsmi- ohne die Sachverhalte im einzelnen zur Kenntnis nister großen Wert darauf legt, daß die Angelegen- genommen zu haben; er könne also gar nicht wis- heit kurzfristig in unserem Sinne entschieden sen, ob ein sachlicher Genehmigungszwang bestehe Er sei von den Zahlen beeindruckt gewesen. oder nicht. Auch verschiedene Angaben über Ger- wird." ling und USF seien unzutreffend. Der Flick-Kon- Auf der Aktennotiz über dieses Gespräch mit Pro- zern habe auch nicht aufgrund der bisherigen Be- fessor Dr. Reimut Jochimsen fügte Eberhard von scheinigungen schon annähernd 800 Millionen DM Brauchitsch „nur für Herrn Dr. Flick" folgendes „kassiert". Dr. Spöri wisse, daß Flick ohne § 6 b hinzu: EStG und § 4 AIG die Daimler-Beteiligung nicht - verkauft hätte. Er fordere im letzten Absatz seines „Ich hatte gestern den Besuch von A. N.; er war Artikels den Bundesfinanzminister auf, „aus vor- bereits über die Intervention bei Wi. unterrichtet dergründigen politischen Überlegungen gesetzes und wird in Abstimmung mit W. B. auch seiner- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

seits den erforderlichen positiven Hinweis an Ma. tierte abschließend, Karl Hauenschild habe einflie- geben. Er bleibt an der Sache dran. Im übrigen ßen lassen, daß bei dieser Gelegenheit auch Eber- habe ich die mit Dir abgestimmte Angelegenheit hard von Brauchitschs Besuch bei Hans-Jürgen Wi- in. Deinem Namen mit ihm geregelt." schnewski erwähnt worden sei. Neben dem letzten Satz, der sich auf eine Spende an die Friedrich-Ebert-Stiftung bezog, findet 322 sich auf dem Exemplar aus den Unterlagen von Dr. Friedrich Karl Flick ein Fragezeichen mit einer Unterrichtung von Dr. Friedrich Karl Flick Rücksprachebitte an Eberhard von Brauchitsch, un- am 28. August 1980 durch Eberhard von Brauchitsch ter der ein Erledigungsvermerk angebracht ist. Am 28. August 1980 unterrichtete Eberhard von Als Zeuge hat Eberhard von Brauchitsch einge- räumt, im August 1980 Alfred Nau um Hilfe gebeten Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick noch einmal zusammenfassend: zu haben, und zwar — wie er formuliert hat — „nicht im Sinne der Begründung oder Verstärkung „Betr.: 6 b/Bundestagswahlen unserer Anträge nach § 6 b (4), sondern im Sinne der Abwehr politischer Angriffe gegen die Rechts- 1. Durch die Aktionen Spöri/Böhme Ende Juli gewährung, auf die das Haus einen Anspruch hat- war unser letzter Geleitzug in Bonn in Gefahr te." Nau habe zugesagt, sich in diesem Sinne bei geraten. Diese jüngeren SPD-Linken haben in Hans Matthöfer — aber nicht nur bei ihm — zu ver- ihrer politischen Profilierungssucht geglaubt, wenden. in unseren Angelegenheiten eine interessante ,Spielwiese` zu finden. Im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren hat Eberhard von Brauchitsch vortragen lassen, die 2. Über die verschiedenen Aktionen, die ich An- Notiz sei vor dem Hintergrund des von ihm ange- fang August in Bonn gestartet habe (Schwer- nommenen Angebots von Alfred Nau, die Bemü- gewicht SPD, aber am Rande auch FDP), hatte hungen um Freihaltung der Steuerbescheinigungs- ich Dir berichtet. verfahren von politischem Druck zu unterstützen, sowie der daraufhin an Alfred Nau erfolgten Zah- 3. G. M. berichtet heute über die Reaktionen auf lungen zu sehen. Der letzte Absatz der Notiz be- meine Interventionen im wesentlichen wie folgt: treffe eine „offizielle" Zahlung an die Friedrich- Ebert-Stiftung von 500 000 DM am 14. August 1980. a) Wischnewski, Posser und Jochimsen haben auf Matthöfer eingewirkt. Tatsächlich bat Eberhard von Brauchitsch am 12. August 1980 die Konzernbuchhaltung um Über- b) In den Kreis derjenigen, die ähnlich wie weisung von 500 000 DM an die Friedrich-Ebert- Wischnewski . agiert haben, sind auch Brandt, Stiftung. Ihr wurde mit Schreiben vom 14. August Bahr und Junghans (wirtschaftspolitischer 1980 die Spende angekündigt; gleichzeitig wurde ge- Sprecher SDP) einbezogen. beten, die Spendenbescheinigung auf die Feld- c) Halstenberg (Nachfolger Nau als Schatz- mühle AG auszustellen; dies geschah durch meister) hat die Auffassung vertreten, ,wenn Dr. Günter Grunwald am 21. August. Vor dem 1. auch Flick an den 200-300 Mio. Steuerpflicht Untersuchungsausschuß hat Eberhard von Brau- nicht kaputtgehen würde, gehe nach seiner chitsch zu dieser Spende unter Hinweis auf das Auffassung die Sache 6 b positiv über die Parteispendenverfahren die Aussage verweigert. Bühne.' 4. Die endgültige Abstimmung der Haltung des 321 BFM findet erst in den nächsten Wochen statt, da erst dann alle zuständigen Ressortleiter Die Bemühungen von Karl Hauenschild dieses Hauses wieder in Bonn sind. Wir kom- men also mit der Entscheidung des BFM in Am 18. August 1980 teilte Fritz Wacker Eberhard die ganz heiße Phase des Wahlkampfes, oder von Brauchitsch mit, der stellvertretende Aufsichts- die Sache verzögert sich über den 5.10. hin- ratsvorsitzende des Flick-Konzerns, Karl Hauen aus. schild — der Vorsitzende Dr. Reinhold Kreile war nicht erreichbar —, habe ihm mitgeteilt, er habe, 5. Wir müssen davon ausgehen, dass in dieser um nicht selbst in Erscheinung treten zu müssen, jetzt auf uns zukommenden heißen Phase des nach einem Gespräch mit Dr. Reinhold Kreile sei- Wahlkampfes in allen Parteizentralen eine nen Kollegen Hermann Rappe gebeten, bei Mini- übersensible Nervosität herrscht. Ich habe ster Hans Matthöfer zu hören, wie es aussehe. Matt- deshalb alle Anfragen für Äußerungen zu aku- höfer habe wissen lassen, daß er seine Mitarbeiter ten politischen Problemen, z. B. auch Mannes- in der Steuerabteilung um eine „ausschließlich mann/Montanbestimmung, ablehnen können sachbezogene Stellungnahme" gebeten habe und — teilweise mit irgendwelchen Ausreden. Wir diese nach der Urlaubszeit erwarte. Er habe zum müssen einfach befürchten, daß der ,Hochseil- Ausdruck gebracht, daß er an sich den Vorschlägen akt’, mit dem wir uns in dieser Schlußrunde - des Bundeswirtschaftsministers zustimmen möch- 6 b befinden, zu einer Abstinenz führt, wenn te, daß er dazu aber die sachliche Rückendeckung die Linken Argumente finden, daß sich unser seiner Fachbeamten benötige. Fritz Wacker no- Haus im Wahlkampf pro CDU/CSU/FJS enga- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

giert. Meine Auffassung hierzu klingt viel- er eine öffentliche Erklärung zugunsten von Strauß leicht etwas feige, insbesondere weil sie mei- vorgehabt habe. ner inneren politischen Auffassung zuwider- läuft, aber schließlich steht j a für unser Haus Über ein 3 1/2stündiges Gespräch mit dem F.D.P. eine Menge auf dem Spiel. Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher am 17. Okto- ber 1980 — also nach den Bundestagswahlen — Unabhängig davon, daß wir natürlich unter der teilte Eberhard von Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Hand alles tun, um der CDU/CSU einen mög- Flick mit: lichst hohen Erfolg zu ermöglichen, wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als jede spek- „In unserer Angelegenheit steht G. zu seiner mir takuläre Begleitung der CDU/CSU vor dem 5.10. gemachten Zusage von vor den Wahlen. Aus zu vermeiden. Die Teilnahme an Geburtstags- Gründen, die ich bereits mündlich erörtert habe, feiern für FJS halte ich für ungefährlich, aber ich tut er, G., sich — paradoxerweise — wegen des fürchte, daß jedes Mehr zum oben bezeichneten extrem guten Abschneidens seines, G: s., Vereins Risiko führen kann. schwer. G. wird mich weiter auf dem laufenden von Brauchitsch halten. Ober die weiteren Teile unseres Gesprächs P. S. möchte ich nur mündlich berichten." Inzwischen haben wir heute hierüber telefonie- ren können. Auf Deine konkrete Frage würde ich Hans-Dietrich Genscher hat als Zeuge dazu vor Dir unter Berücksichtigung des all oben Gesag- dem 1. Untersuchungsausschuß ausgesagt, er habe ten doch abraten, zur Zeit irgendwelche Erklä- von Brauchitsch vor den Wahlen keine Zusage ge- rungen zugunsten von unserem Freund abzuge- geben; er könne sich „auf diese Sache keinen Reim ben. machen". Auch die Wiedergutmachungsaktion für das Hamburger Verlagshaus hat durchaus Zeit bis nach dem 5. 10. und muß ja nicht zwingend mit 323 dem Thema FJ verbunden werden. Neue Probleme bel der Bearbeitung 2. P. S. des 3. Antragsblocks Soeben kommt über Herrn Dr. Kiesewetter eine Nachdem im September und Oktober 1980 zwischen Anfrage für einige markige Worte in der WAMS den Bundesministerien der Finanzen und für Wirt- anläßlich des Geburtstags von FJS. Ich habe mit- schaft sowie dem Flick-Konzern geklärt werden geteilt, daß wir auf Auslandsreisen und nicht er- konnte, daß die USF-Aktien des Flick-Konzerns reichbar sind. „überhaupt Anteile an einer Kapitalgesellschaft" im D. O." Sinne des § 4 AIG, nämlich mit Stimmrecht ausge- Das aus den Unterlagen von Dr. Friedrich Karl stattet, seien, wies das zuständige Referat des Bun- Flick stammende Original dieses Vermerks ist mit desministeriums der Finanzen in einem Vermerk „OK" abgezeichnet. vom 14. Oktober 1980 auf das Problem hin, daß eine Bescheinigung nach § 4 AIG nach der bisherigen Andererseits findet sich zu dieser Zeit in den Diehl- Verwaltungsauslegung erfordere, daß die ausländi- schen Listen eine Eintragung „28.8. v. B. wg. Ehmke sche Kapitalgesellschaft „ausschließlich oder fast 10 000,—". Der SPD-Bundestagsabgeordnete Profes- ausschließlich bestimmte aktive Tätigkeiten ausübt sor Dr. hat vor der Staatsanwalt- (Aktivitätsklausel)". schaft die Richtigkeit dieser Eintragung dahin ge- hend bestätigt, daß er während des Wahlkampfes Das anscheinend vom Bundesfinanzministerium einen solchen Betrag in bar erhalten habe. angesprochene Bundeswirtschaftsministerium bat daraufhin den Flick-Konzern um ergänzende Anga- Als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat ben. Fritz Wacker, der Eberhard von Brauchitsch Dr. Friedrich Karl Flick sich jedoch an die „Aktio- bereits durch Vermerk vom 23. Oktober 1980 über nen", über die Eberhard von Brauchitsch ihm be- einen Anruf aus dem Bundeswirtschaftsministe- richtet hatte, nicht im einzelnen erinnern können; rium über neue Schwierigkeiten aus dem Bundesfi- er nehme an, daß es sich um Überzeugungsgesprä- nanzministerium unterrichtet hatte, notierte für die che gehandelt habe. Im übrigen hat er von einer Konzernspitze einschließlich des Aufsichtsratsvor- „blumenreichen Darstellung" Eberhard von Brau- sitzenden Dr. Reinhold Kreile am 24. Oktober 1980 chitschs gesprochen, die manchmal den Eindruck zur „Bewertung dieser Anfrage", sie könne der Ver- erweckt habe, daß er intensiver und vertrauensvol- such „bestimmter Personen im Bundesministerium ler mit den Genannten umgegangen sei oder ge- der Finanzen" sein, nach erfolgloser Suche von Ab- sprochen habe, als es wirklich der Fall gewesen sei. lehnungsgründen im wirtschaftlichen Teil des Den von Eberhard von Brauchitsch hergestellten Sachverhalts nunmehr im juristischen Teil „Haare Zusammenhang zwischen den Steuerbescheini- in der Suppe" aufzuspüren. Sie könne aber auch gungsanträgen und der Bundestagswahl sehe er damit zusammenhängen, daß Minister Hans Matt- „etwas im Rahmen der Notwehr". Zu dem Rat von höfer bei einer demnächst stattfindenden „Chef-- von Brauchitsch, keine Erklärungen zugunsten des besprechung" die zuständigen Beamten wegen zu Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß abzugeben, langsamen Arbeitstempos rügen werde; die Beam- hat er bekundet, er könne sich nicht vorstellen, daß ten hätten möglicherweise diese Frage dem Bun- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode desministerium für Wirtschaft vorgelegt, um dann terbreiteten Vorschlag eines Widerrufsvorbehalts sagen zu können, die Arbeiten hätten noch nicht gewährleistet werde. Daher solle die Angelegenheit beendet werden können, weil der Sachverhalt nicht — gegebenenfalls unter Hinzuziehung des Kon- restlos aufgeklärt sei. Wacker bemerkte abschlie- zerns — nochmals gemeinsam erörtert werden, um ßend, diese Frage sei „keineswegs harmlos", und es festzustellen, ob eine Möglichkeit bestehe, die steu- empfehle sich, vor der Herausgabe eines Schrift- erlichen Bedenken auszuräumen. Minister Matthö- stücks ein Gespräch im Bundeswirtschaftsministe- fer habe im übrigen zu verstehen gegeben, daß er in rium zu führen. den Fällen PCV und USF den Anteilserwerb nicht für volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig halte. Auf dieser Grundlage scheinen anschließend die 324 beiden zuständigen Bundesminister miteinander gesprochen zu haben. Eberhard von Brauchitsch Hausbesprechung im Bundesfinanzministerium teilte nämlich Dr. Friedrich Karl Flick am 27. Okto- zum 3. Antragsblock am 22. Oktober 1980 ber 1980 über ein Gespräch mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht vom selben Tag mit: Am 22. Oktober 1980 fand im Bundesfinanzministe- rium die Hausbesprechung über den 3. Antrags „1. Matthöfer hat gegenüber Lambsdorff erneut block statt; Teilnehmer waren außer Minister Hans zum Ausdruck gebracht, daß er, Matthöfer, Matthöfer der Parlamentarische Staatssekretär die Sache im Sinne des Votums Lambsdorff Dr. Rolf Böhme, Staatssekretär Dr. Günter Obert, zu Ende bringen möchte. Staatssekretär Manfred Lahnstein, Ministerialdi- rektor Dr. Karl Koch, Ministerialrat Dr. Wilfried 2. Matthöfer hat Lambsdorff darauf hingewie- Haesen als Leiter des Ministerbüros und Ministeri- sen, daß in Matthöfers Steuerabteilung noch alrat Dr. Arno Bordewin. In einer Tischvorlage immer schwerwiegende Bedenken in steuer- hatte Dr. Koch noch einmal die beim 3. Antrags- rechtlicher Hinsicht bestünden, mehr bei block bestehenden Probleme wie folgt dargestellt: Gerling als bei USF (Holding-Frage). Dr. Schlecht hat mir zugesagt, mit ihm lau- Die Anwendung des § 6b EStG dürfe nicht zu einem fend Verbindung zu halten, falls sich Matthö- endgültigen Steuerausfall führen. Dieser entstehe fer bei Lambsdorff meldet." aber, wenn eine Kontrolle über die transferierten Mittel nicht mehr möglich sei, weil Veräußerungen Ministerialrat Dr. Arno Bordewin entwarf am innerhalb eines Konzerns stattfinden könnten, 28. Oktober 1980 ein Schreiben an das Bundesmini- durch die die volle Nachbesteuerung nicht mehr ge- sterium für Wirtschaft, in dem er aus den erwähn- sichert sei. Im Gerling-Fall bleibe die Begünstigung ten Gründen ein erneutes Gespräch — ggf. unter für den Flick-Konzern auch dann erhalten, wenn Hinzuziehung des Flick-Konzerns — zum Gerling das Engagement am Gerling-Konzern dadurch auf- Antrag vorschlug. Ministerialdirigent Dr. Adalbert gegeben werde, daß die VHDI ihre Beteiligung an Uelner fertigte dazu einen Zusatzvermerk vom der GKB veräußere. Es sei nicht möglich, dies durch 29. Oktober 1980, in dem er folgendes für die Akten eine zeitlich unbegrenzte Widerrufsklausel zu ver- festhielt: hindern. Eine Befristung auf fünf oder zehn Jahre — wie sie im Gutachten Dr. Thiel empfohlen wor- „Die Anwendung des § 6 b Abs. 1 S. 2 Nr. 5 EStG den sei — würde nach Ablauf dieser Zeit zu einem ( = Übertragung stiller Reserven) auf die Beteili- endgültigen Steuerausfall führen und sei zudem ju- gung an einer Holdinggesellschaft wäre eine Aus- ristisch kaum zu begründen. Dieselbe Konzernpro- weitung der Vorschrift, die m. E. durch das Gesetz blematik liege im Fall PCV vor. Zu USF wurde aus- nicht gedeckt ist. Deshalb lehne ich die rechtliche geführt, die Bejahung der Voraussetzungen des § 4 Verantwortung dafür ab, daß zur Begünstigung AIG durch das Bundesministerium für Wirtschaft des Falles Flick außerhalb der bisherigen Geset- könne durch die Steuerabteilung nicht widerlegt zesanwendung ein neues Instrumentarium ge- werden. Das Problem der „Aktivitätsklausel" in § 4 schaffen wird." AIG habe aber noch nicht geklärt werden können. Über die Besprechung vermerkte Ministerialrat Dr. Arno Bordewin anschließend, Minister Hans Matthöfer habe zu erkennen gegeben, daß er den 325 VHDI-Anteilserwerb für volkswirtschaftlich beson- ders förderungswürdig halte, habe sich andererseits Fritz Wackers Gespräch im aber auch nicht den von Ministerialdirektor Bundeswirtschaftsministerium am 28. Oktober 1980 Dr. Karl Koch nachdrücklich vorgetragenen steuer- rechtlichen Bedenken, die in der Vorlage vom Über ein Gespräch vom 28. Oktober mit Oberregie- 26. Juni niedergelegt seien, verschlossen. Auf Vor- rungsrat Dr. Holger Berndt vom Bundesministe- schlag von Staatssekretär Manfred Lahnstein solle rium für Wirtschaft berichtete Fritz Wacker „im An- nunmehr wie folgt verfahren werden: Dem Bundes- schluß" an seine Notiz vom 24. Oktober 1980 demsel- ministerium für Wirtschaft solle mitgeteilt werden, ben Empfängerkreis, man habe sich hinsichtlich - daß die auch von ihm für unabdingbar gehaltene der „Aktivitätsklausel" im Falle USF dahin gehend Sicherstellung einer späteren Erfassung der stillen verständigt, daß der Flick-Konzern nicht die vom Reserven nicht durch den vom Flick-Konzern un- Bundesministerium für Wirtschaft angeforderten Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Zahlen, sondern Ausführungen über Aufbau, Orga- „Beiläufig fragte mich Herr Lahnstein, ob wir nisation und Führungsstruktur von USF übersen- denn innerlich darauf eingestellt seien, im Rah- den werde. Zu Gerling und PCV habe Dr. Berndt men dieses Paketes ein kleines ,Opfer auf den geäußert, er glaube nicht, daß man im Bundesmini- Altar des Vaterlandes' zu bringen. Dabei er- sterium der Finanzen bei der Lösung der steuer- wähnte er alternativ die PCV, wo uns das Opfer rechtlichen Probleme weitergekommen sei. Es sei wegen der geringen Größenordnung doch kaum auch nicht zu erwarten, daß man dort das Instru- sehr schwer fallen könnte, oder USF." mentarium erweitern werde, „obwohl Matthöfer sich in seinem Telefonat mit Eberhard von Brau- Er habe Staatssekretär Lahnstein daraufhin er- chitsch am 16. Juli 1980 dazu positiv geäußert" habe. klärt, daß man zwar an der energiepolitischen Be- Im Bundesministerium der Finanzen stehe man deutung des PCV-Vorhabens keinen Zweifel habe, nach Auffassung von Dr. Berndt offenkundig auf- aber einem Kompromißgespräch zu diesem Teilan- dem Standpunkt, daß die früher festgelegte „Ge- trag nicht ausweichen könne. Zu USF habe er schäftsgrundlage" eine Sonderbehandlung von Staatssekretär Lahnstein dringend gebeten, auf Flick ausschließe. Er, Wacker, habe erwidert, es eine abschließend positive Einstellung seines Hau- gehe nicht um eine „Sonderbehandlung", sondern ses hinzuwirken, da man in diesem Engagement um die „Weiterentwicklung der Verwaltungspraxis einen ganz wesentlichen Einstieg in die künftige auf Grund eines bisher nicht aufgetretenen Sach- Energie-Technik in den USA sehe; Staatssekretär verhalts", und zwar unabhängig von der Person des Lahnstein habe versprochen, diesen Gedanken in Antragstellers. Dr. Berndt scheine davon auszuge- den weiteren Überlegungen des Bundesministeri- hen, daß Vertreter des Flick-Konzerns demnächst ums der Finanzen verankert zu halten. zu einem Gespräch über die ungelösten Probleme eingeladen würden. Den Gedanken, alternativ das Gerling-Paket zu op- Sodann berichtete Fritz Wacker über firmeninterne fern, habe dieser erfreulicherweise nicht gebracht. Überlegungen, „den festgefahrenen Karren wieder Offenbar gehe das Bundesministerium der Finan- in Bewegung zu bringen". Man sei sich darüber im zen davon aus, daß Gerling für den Flick-Konzern klaren, daß es angesichts des augenblicklichen fi- nicht zur Disposition stehe, sondern daß man ent- nanz- und haushaltspolitischen Tauziehens in Bonn schlossen sei, den formalen Rechtsstreit um das fragwürdig wäre, eine schnelle Entscheidung er- Holding-Problem durchzufechten. Staatssekretär zwingen zu wollen. Man wolle nunmehr einen wei- Lahnstein habe im übrigen durchblicken lassen, teren hochrangigen Gutachter gewinnen. Vorher daß im Bundesministerium der Finanzen in dieser werde Dr. Heribert Blaschke in einem Gespräch Sache „absichtlich mit Verzögerungstaktik gearbei- mit Ministerialrat Dr. Arno Bordewin zu klären ver- tet" worden sei, weil Hans Matthöfer das Anliegen suchen, „wo dort der Schuh drückt". Dann könne des Flick-Konzerns mit den jetzt anstehenden Etat- man sich besser auf das Gespräch mit den Ministe- kürzungen zeitlich verquickt sehen möchte. Prak- rien vorbereiten und den neuen Gutachter genauer tisch bestätige dies in allen Punkten das, was Eber- informieren. hard von Brauchitsch an Informationen vorliege.

Sodann habe man über die Koalitionsverhandlun- gen gesprochen. Dabei sei schon im Vorfeld der Versuch aus der SPD-Fraktion, den § 6 b EStG abzu- 326 schaffen, „abgehakt" worden. Staatssekretär Lahn- stein selbst habe sich dafür stark gemacht, diese Begegnung von Dr. Klaus Götte Bestimmung unverändert zu belassen. Es müsse mit Staatssekretär Manfred Lahnstein auch in Zukunft die Möglichkeit geben, Veräuße- rungsgewinne auf Beteiligungen zu übertragen. Über eine Begegnung mit Staatssekretär Manfred Lahnstein vom Vortag unterrichtete Dr. Klaus Aus einem späteren Vermerk Eberhard von Brau- Götte die Konzernleitung am 30. Oktober 1980. In chitschs vom 11. November 1980 geht hervor, daß dem Gespräch sei auch das noch nicht entschiedene Dr. Klaus Götte ihm erklärt hatte, er sei bei diesem Steuerbescheinigungsverfahren zur Sprache ge- Gespräch „in einer sehr unangenehmen Lage" ge- kommen. Staatssekretär Manfred Lahnstein habe wesen; Dr. Friedrich Karl Flick habe ihn nämlich ihm berichtet, daß in der nächsten Woche ein von wegen § 6b EStG zu Staatssekretär Manfred Lahn- Minister Hans Matthöfer veranlaßter Brief an das stein geschickt, weil er gewußt habe, daß er diesen Bundesministerium für Wirtschaft herausgehen gut kenne. Obwohl Dr. Götte dann Dr. Friedrich werde. Darin werde eine grundsätzlich positive Karl Flick gesagt habe, daß er einen Besuch bei Einstellung zum Gerling-Antrag signalisiert, gleich- Manfred Lahnstein nicht mehr für nötig halte, habe zeitig aber ein rechtliches Hindernis, das Holding Dr. Flick darauf bestanden. Dr. Flick habe auch Problem, aufgezeigt werden, verbunden mit dem Wert darauf gelegt, daß eine Information von von Vorschlag, in einer Dreier-Runde eine Lösung des Brauchitsch über den Besuch bei Lahnstein vorab Problems zu suchen. Staatssekretär Lahnstein nicht erforderlich sei. Dr. Götte habe ihm, von Brau- rechne damit, daß Minister Dr. Otto Graf Lambs- chitsch, sehr ausführlich über das Gespräch mit dorff auf diesen Brief sehr schnell reagieren werde Lahnstein berichtet und auch darauf hingewiesen, und der Vorgang innerhalb einiger Wochen zur Ent- daß dieser ihn — Dr. Götte — über sein freund- scheidung gelangen werde. Dr. Klaus Götte fuhr schaftliches Verhältnis zu von Brauchitsch unter- fort: richtet habe. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Der 1. Untersuchungsausschuß hat versucht zu klä- 327 ren, ob bei diesem Gespräch — wie bei ähnlichen Spannungen in der Spitze des Flick-Konzerns Besprechungen im Jahre 1981 — eine Art Tausch- handel, ein „deal", erwogen worden ist des Inhalts, Einen Eindruck von den in der Konzernspitze we- daß der Flick-Konzern auf einen der drei Anträge gen der Verzögerung des Bescheinigungsverf ah- des 3. Antragsblocks zugunsten einer positiven Be- rens herrschenden Spannungen vermittelt der be- scheidung der anderen verzichten sollte. Dr. Klaus reits erwähnte Vermerk von Eberhard von Brau- Götte hat vor dem 1. Untersuchungsausschuß als chitsch vom 11. November 1980 über ein Gespräch Zeuge ausgesagt, die Formulierung „Opfer auf dem mit Dr. Klaus Götte. Altar des Vaterlandes" sei so wörtlich von Staatsse- kretär Manfred Lahnstein gebraucht worden; mit Danach hat Dr. Friedrich Karl Flick sich Ende Ok- einem „deal" habe das allerdings nichts zu tun. Er tober 1980 in einem Restaurant „bis spät in die habe die Frage als „zwar nicht ganz legal, aber Nacht" mit dem im April 1980 aus Gesundheitsgrün- durchaus legitim" empfunden und gesagt, er nehme den und wegen Meinungsverschiedenheiten mit das so mit nach Hause. Zudem habe er sie als ein von Brauchitsch ausgeschiedenen Günter Max gewisses Indiz dafür angesehen, daß durch die ver- Paefgen getroffen und nachts Dr. Götte in einem schärfte Haushaltslage ein zusätzliches Risiko, also längeren Telefongespräch die Auffassung Paefgens eine schärfere Beurteilung des 3. Antragsblocks, weitergegeben, man sei „pleite", wenn „der 3. Geleit- hinzukommen könnte. Dadurch habe der Flick zug ganz oder teilweise nicht durchgehe". Dr. Götte Konzern damals in eine schwierige Situation kom- habe „in diesem wenig erfreulichen Telefonat" so- men können; man hätte die Möglichkeit zum Ver- weit wie möglich „gegengehalten"; „offenbar mache kauf der Beteiligung an USF verpassen und wenig aber Paefgen Politik gegen uns". Dr. Götte sei aus später eine Ablehnung der Steuerbescheinigungs- dem Gespräch — wie von Brauchitsch weiter fest- anträge erhalten können. hielt — wohl mit der Erkenntnis herausgegangen, daß u. U. mit einer Wiederkehr von Paefgen zu rech- Manfred Lahnstein hat als Zeuge vor dem 1. Unter- nen sei; für diesen Fall habe Dr. Götte „Ärger ange- suchungsausschuß erklärt, er habe von Dr. Klaus kündigt". Götte nichts gefordert, kein Geschäft auf Gegensei- Dr. Friedrich Karl Flick hat als Zeuge zu dem Ge- tigkeit und auch kein „Opfer auf dem Altar des spräch mit Günter Max Paefgen erklärt, man habe Vaterlandes"; das wäre seiner Auffassung nach die Situation des Hauses bei damals deutlich nach- auch nicht in Ordnung gewesen. Vom Bundesmini- lassender Inlandskonjunktur und Ertragsrückgang sterium der Finanzen und von ihm sei auch kein erörtert. Er könne zwar nicht sagen, ob Paefgen tat- Druck auf den Flick-Konzern ausgegangen. Er sächlich geäußert habe, das Haus Flick sei „pleite", könne allerdings weder bestreiten noch bestätigen, wenn der „3. Geleitzug" nicht genehmigt werde. daß das, was Dr. Götte vermerkt habe, so gesagt Paefgen habe aber große Bedenken wegen der steu- worden sei; er könne auch nicht ausschließen, daß erlichen Konsequenzen angemeldet, die sich aus ei- er die Frage nach einem „Opfer auf dem Altar des ner weiteren Unklarheit beim „3. Geleitzug" erge- Vaterlandes" gestellt habe. Möglicherweise habe er ben würden. Außerdem habe er empfohlen, alles zu sinngemäß die Frage gestellt: „Es gibt ja in Bonn tun, „um da Rauch hineinzubringen", und einmal Überlegungen, daß ..., was halten Sie eigentlich da- alle Beteiligten, also nicht nur von Brauchitsch, zu von?" Er habe aber keine Forderungen und kein hören. Dr. Flick hat dazu bemerkt, von Brauchitsch Ansinnen an den Konzern gestellt. Die Formulie- habe sozusagen immer „kanalisiert" an ihn berich- rung „Opfer auf dem Altar des Vaterlandes" gehöre tet und es ihm in zwei Fällen sogar ausgesprochen nicht zu seinem Sprachschatz; er glaube daher übelgenommen, wenn er, Dr. Flick, direkt mit ande- nicht, daß er sie gebraucht habe. Zudem sei er nur ren Mitarbeitern gesprochen habe. für den Antrag betreffend VHDI zuständig gewe- sen; die anderen Anträge habe er nie gesehen. Eine In dem Vermerk äußerte sich Eberhard von Brau- Verquickung der Verfahren mit der Einnahmen- chitsch auch eingehend zur Person von Dr. Fried- seite des Haushalts sei im Ministerium nie erörtert rich Karl Flick; Anlaß war eine ihm gegenüber ge- worden. Diese Formulierung Dr. Göttes sei ihm un- machte Äußerung Dr. Klaus Göttes, der Sorge habe, verständlich. Er habe etwas Derartiges nicht durch- daß von Brauchitsch glaube, er, Dr. Götte, habe sich blicken lassen. Davon abgesehen und mit der Ein- — bei Gesprächen mit Dr. Flick — ihm gegenüber schränkung, daß er nicht bestätigen, allerdings nicht loyal verhalten. Von Brauchitsch notierte in auch nicht ausschließen könne, daß er sinngemäß diesem Zusammenhang, Dr. Flick neige dazu, „kriti- die Frage nach einem „Opfer auf dem Altar des sche Situationen zu überkonturieren" und sich Vaterlandes" gestellt habe, gebe Dr. Göttes Notiz dann „mehr der Geschichtsschreibung als der Ver- den Gesprächsablauf zutreffend wieder. besserung der Zukunft" zuzuwenden. Er habe des- halb Dr. Götte gebeten, kritische Bemerkungen bei Aufgrund des Vermerks von Dr. Klaus Götte, seiner Dr. Flick nur nach sorgfältiger Prüfung loszulassen, Aussage sowie der Aussage von Manfred Lahnstein weil sie „erfahrungsgemäß zur Unzeit zu falschen als Zeugen ist der 1. Untersuchungsausschuß über- Reaktionen führen". Er, von Brauchitsch, habe zur zeugt, daß über die Möglichkeit eines Verzichts auf Sache selbst geäußert, man habe bei Daimler nicht die Bescheinigungen für die Anträge betreffend am substantiellen Wachstum teilgenommen, wäh- PCV oder USF gesprochen wurde und daß Staatsse- rend man bei den amerikanischen Gesellschaften- kretär Manfred Lahnstein jedenfalls sinngemäß die voll an der Dynamik teilnehme. Dr. Götte habe zu- Frage gestellt hat, ob einer dieser beiden Anträge gegeben, daß diese Betrachtungsweise „zulässig" „geopfert" werden könne. sei. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

328 Von Brauchitsch bemühte sich am 6. November nach Notizen seines Sekretariats um ein Telefonat Vermerk von Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile mit Staatssekretär Lahnstein; über das Ergebnis ist vom 3. November 1980 über Gespräche nichts bekannt. im Bundesfinanzministerium Mit Aktenvermerk vom 3. November 1980 hatte Dr. Reinhold Kreile über von ihm geführte Gesprä- 330 che am 30. und 31. Oktober 1980 berichtet. Dabei habe sich ihm das Bild ergeben, daß die Steuerab- Schreiben von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch teilung des Bundesministeriums der Finanzen § 6 b an das Bundeswirtschaftsministerium EStG nur anwenden wolle, wenn die spätere Be- Anfang November 1980 wurde in einer Ministervor- steuerung der stillen Reserven sichergestellt sei; lage des zuständigen Referats des Bundesfinanzmi- dies sei bei dem Erwerb einer Beteiligung an einer nisteriums die Neufassung eines Briefes des Bun- „doppelstöckigen Holding" nicht der Fall. Die Vor- desfinanzministeriums an das Bundeswirtschafts- lage der Abteilung an die Führungsspitze des Bun- ministerium vorgelegt, in dem ausgeführt wurde, desministeriums der Finanzen weise auf diese Be- man habe in den vorliegenden Fällen erhebliche denken hin. Offenbar würden in ihr aber keine Bedenken gegen die Erteilung der beantragten Be „steuerrechtliche Entscheidung" getro ffen, sondern scheinigungen und schlage eine erneute Erörterung die Schlußfolgerungen aus den Bedenken der Füh- vor. Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner no- rungsspitze überlassen. Er, Dr. Kreile, habe darauf tierte am 3. November 1980 in einem wortgleichen hingewiesen, daß das Bundesministerium der Fi- Vermerk die zum ersten Entwurf vom 28. Oktober nanzen hier Wege aufzeigen müsse, wie im Falle 1980 notierten Bedenken und unterstrich doppelt eines Holdingerwerbs die spätere Sicherstellung die Worte „Ausweitung der Vorschrift". Dr. Rolf der Besteuerung der stillen Reserven garantiert Böhme schrieb am 12. November daneben: „stimme werden könne. Es habe bereits vergleichbare Fälle ich zu!" Das von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch gegeben, wo man sich mit Auflagen begnügt habe. unterzeichnete Schreiben wurde von Minister Hans Seine Gesprächspartner hätten demgegenüber sol- Matthöfer am 18. November abgezeichnet; es wurde che Auflagen für „schwierig, wenn nicht ganz un- am 24. November dem Bundesministerium für Wirt- möglich" gehalten. Das Bundesministerium der Fi- schaft zugeleitet. nanzen werde in dem vorgesehenen Gespräch mit dem Flick-Konzern alle diese Bedenken vortragen. Auf seine Überlegung hin, ob ein Gutachter einen Beitrag dazu leisten könne, diese Bedenken auszu- 331 räumen, habe man geäußert, es müßte ein Gutach- ter gefunden werden, zu dessen Sach- und Fach- Eintragung in der Diehl-Liste kompetenz sowie Unabhängigkeit das Bundesmini- unter dem 7. November 1980 sterium der Finanzen volles Vertrauen habe. Prak- Nach einer Eintragung in der Buchführung über die tisch komme nur ein Professor des Steuerrechts Dispositionskasse von Rudolf Diehl ließ sich Eber- und des Verwaltungsrechts in Betracht. Dr. Kreile hard von Brauchitsch am 7. November 1980 150 000 bemerkte, ein solcher Gutachter könnte Prof. DM auszahlen. Auf der Rückseite der Quittung ver- Dr. Klaus Vogel von der Universität München sein. merkte Diehl: „Nau SPD"; in der Liste von Diehl Er betonte in seinem Aktenvermerk abschließend, über „inoffizielle Zahlungen an die SPD" ist dieser eine Auflage könnte allerdings zu totaler Immobili- Betrag unter dem 7. November 1980 als Zahlung sierung der Beteiligung führen. „wg. Nau" aufgeführt. Aus einer Kalendereintra- gung von Brauchitschs geht hervor, daß er sich an diesem Tage „bei H. Nau" im Gästehaus der Fried- 329 rich-Ebert-Stiftung aufgehalten hatte.

Kontakte zwischen Manfred Nemitz Alfred Nau hat sich bei seiner Vernehmung durch und Staatssekretär Manfred Lahnstein die Staatsanwaltschaft Bonn nicht an diese Zah- lung erinnert. Dem 1. Untersuchungsausschuß liegt Am 3. November 1980 teilte Manfred Nemitz Eber eine handschriftliche Notiz von Nau über seine hard von Brauchitsch mit, sein „Duzfreund Manfred Kontakte zum Hause Flick vor; in dieser heißt es: L." werde tatsächlich Staatssekretär im Bundes- kanzleramt. Manfred Lahnstein hat dazu als Zeuge „7. 11. 80 150 000 Brauchitsch an N. keine Unter- ausgesagt, er habe sich über das Wort „tatsächlich" schrift". gewundert. Die Formulierung von dem „Duzfreund" Der 1. Untersuchungsausschuß konnte nicht fest- sei eine von Nemitz zu vertretende Wortwahl; er, stellen, ob diese Notiz vor oder nach der Verneh- Lahnstein, duze sich mit allen Parteifreunden mit mung von Nau durch die Staatsanwaltschaft Bonn Ausnahme des Parteivorsitzenden. Er habe nicht angefertigt wurde. den Eindruck gehabt, daß Nemitz ein „Duzfreund im herkömmlichen Sinne" von ihm gewesen sei. Er Eberhard von Brauchitsch hat im Ermittlungsver- habe sich etwa zehn- bis zwölfmal mit Nemitz ge- fahren vortragen lassen, Alfred Nau sei der Emp-- troffen; etwa die Hälfte der Gespräche habe „Flick" fänger dieser Zahlung gewesen. Das Wort „wegen" zum Inhalt gehabt. Die andere Hälfte seien die Sit- habe hier bedeutet, daß der quittierte Betrag für zungen des Nemitz-Arbeitskreises gewesen. Nau als „Endempfänger" bestimmt gewesen sei. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Nau habe diesen Betrag im November 1980 erhal- „H. M. tut sich immer noch schwer, seine Ent- ten, nachdem er anläßlich der vorangegangenen scheidung gegen ein ausdrückliches Votum sei- Geldübergabe geltend. gemacht habe, daß er sich bei nes Hauses zu fällen." den Mitgliedern des linken Fraktionsflügels bisher wenig Gehör für seine Mahnungen zur Mäßigung in Am 10. November 1980 teilte Eberhard von Brau- der politischen Diskussion um die Anträge der chitsch Dr. Friedrich Karl Flick mit, der Abgeord- Flick-Gruppe habe verschaffen können, jedoch nete Dr. Dieter Spöri sei bei der Neuordnung der gleichzeitig zugesagt hatte, die in diese Richtung SPD-Fraktion im Bundestag, bei der Ämtervergabe unternommenen Bemühungen fortzusetzen; dabei und bei der Erarbeitung der Programme „eindeutig habe er darauf hingewiesen, daß durchaus Aussicht Verlierer" geblieben. Er habe nicht einmal eine Mo- auf einigen Erfolg bestehe, weil er auch in diesem difikation des § 6b EStG in das Programm der Le- Bereich bisweilen Gelegenheit habe, gewisse Gefäl- gislaturperiode einbringen können. Von Brau- ligkeiten zu erweisen. Daß dieser Betrag in den chitsch vermerkte weiter, seine Informanten warn Diehl-Listen unter der Kennzeichnung „wegen ten aber davor, daraus euphorische Schlüsse zu zie- Nau" und nicht unter der Kennzeichnung der SPD hen. Dr. Spöri werde sich aufgrund dieser Nieder- Politiker, deren politische Sonderaktionen Nau lage noch mehr als in der vorigen Legislaturperiode habe finanzieren wollen, erscheine, liege daran, daß den Linken in seiner Fraktion zuwenden und den Nau diese Politiker nicht konkret bekannt gewesen richtigen Augenblick für einen „Aufstand" zu sei- seien; er habe lediglich gewußt, daß sie dem linken nen Gunsten nutzen. Fraktionsflügel der SPD angehört hätten.

333 332 Das Gespräch Eberhard von Brauchitschs mit Das Gespräch mit Hans Matthöfer Ministerpräsident Johannes Rau und Finanzminister vom 7. November 1980 Dr. Diether Posser am 10. November 1980 Nach einer Notiz Eberhard von Brauchitschs fand Über ein Gespräch mit dem nordrhein-westfäli- ebenfalls am 7. November 1980 eine Parteikonfe- schen Ministerpräsidenten Johannes Rau und Fi- renz in Anwesenheit von „H. M." statt. Am Rande nanzminister Dr. Diether Posser vom 10. November dieses Gesprächs habe es ein erneutes Gespräch 1980 in Düsseldorf hielt Eberhard von Brauchitsch „zwischen meinen Gesprächspartnern, Spitzen des in einer Aktennotiz vom 11. November fest: Vereins und H. M." gegeben. Dabei habe sich her- ausgestellt, daß „H. M. in Übereinstimmung mit den „Das Gespräch war auf wechselseitige Initiative Spitzen seines Vereins" daran festhalte, den „3. Ge- zustande gekommen. Es stand unter einem denk- leitzug" -- gegebenenfalls mit kleinen Einbußen — bar schlechten Stern, denn Posser hatte soeben passieren zu lassen. Die kleinen Einbußen könnten eine Hochrechnung gefertigt, derzufolge sich die „in PCV oder in einer Reduzierung USF auf 25 %" Unterdeckung des Etats von Nordrhein-Westfalen bestehen. Sie seien bisher „nicht programmiert", per Ende 1980 und für 1981 noch schlechter rech- sondern gälten als „ultima ratio". Es sei erneut fest- net als die des Bundes. Das liegt im wesentlichen gestellt worden, „daß es kein politisches Hindernis daran, daß die Steuereinnahmen in NRW auf- für den dritten Geleitzug gibt". Die Anfrage zu USF grund' der hiesigen Wirtschaftsstruktur und auf- werde vom Bundesministerium der Finanzen nur grund überproportional anwachsender Arbeitslo- unter dem Gesichtspunkt der Komplettierung der sigkeit extrem schlecht sind. Einsparungsversu- Akten betrieben. Es werde noch eine Besprechung che stoßen auf den Widerstand der SPD-Frak- zwischen den beiden Ministerien und dem Flick- tion. Konzern wegen des Holding-Problems bei Gerling Dennoch war Gelegenheit, die wesentlichsten stattfinden. Dabei gehe es nach Erklärungen „von Faktoren der Umstrukturierung der Gruppe zu H. M." um eine steuerrechtssystematische Ausein- präsentieren. Ich habe beide Herren mit unserer andersetzung zwischen den beiden Ressorts. Das Notiz vom 7. August ds. Js. ,Flick-Gruppe-Um- Bundesministerium der Finanzen sei der Meinung, strukturierung — §§ 6 b und 4' ausgestattet. Pos daß das Bundesministerium für Wirtschaft dieses ser hatte unsere Steuerzahlen bei sich; diese dek- Thema und den sich daraus ergebenden Auflagen- ken sich im wesentlichen mit unseren Angaben. vorschlag „sachunkundig" behandelt habe. Das Bundesministerium der Finanzen habe sich kürz- Posser hat die zögerliche Behandlung unseres lich „in die Auffassung verstiegen", daß die Beschei- dritten Geleitzuges in Bonn moniert. Er war un- nigung auflagenfrei gegeben werden müsse. Es terrichtet, daß wir wegen der fehlenden Beschei- werde empfohlen, notierte von Brauchitsch weiter, nigungen für den dritten Geleitzug eine Steuer- daß der Flick-Konzern zeitlich nicht auf das Ge- veranlagung im Haus haben, daß diese aber auf spräch in Bonn dränge. Als günstigster Zeitpunkt unseren Einspruch hin zum Ruhen gebracht wor- werde Mitte Dezember oder Anfang Januar angese- den ist. Posser war nicht bereit, zu erklären, wie hen. „H. M." erwarte dann aus seinem Hause ein lange dieser Zustand beibehalten werden kann. - „neutrales" Votum, das ihm für die Absegnung des Ich habe ihm jedenfalls erklärt, daß wir keines- Geleitzuges ausreichen würde. Von Brauchitsch falls unter der zögerlichen Behandlung des drit- schloß: ten Geleitzuges in Bonn leiden dürften. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Posser wird in einem heutigen Gespräch mit bart worden; ein Gespräch mit dem Konzern solle Matthöfer auf das Zeitthema unter dem Gesichts- baldmöglichst nach dem Gespräch mit dem Bundes- punkt des Veranlagungsinteresses des zuständi- finanzministerium stattfinden. Das Schreiben des gen Finanzamts hinweisen. Beide Herren haben Bundesfinanzministeriums mit diesen Anmerkun- ferner zugesagt, daß sie in Bonn keinen Zweifel gen wurde von Bundesminister Dr. Otto Graf darüber lassen werden, daß sie die Umstruktu- Lambsdorff am 26. November 1980 abgezeichnet. rierung der Gruppe für nützlich im Sinne von §§ 6 b/4 halten." Ebenfalls am 24. November 1980 übersandte Fritz Wacker Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl eine Dr. Friedrich Karl Flick hat dazu als Zeuge ausge- „Stellungnahme zu Aufbau und Struktur von US sagt, die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Filter", in der insbesondere dargelegt wurde, warum habe gute Beziehungen zum Hause Flick; das ent- nach Auffassung des Flick-Konzerns das Erforder- spreche der Fürsorge für ein Unternehmen, das im nis der Aktivitätsklausel des § 4 AIG erfüllt sei. Das Lande tätig sei. Schreiben wurde dem Bundesfinanzministerium zugeleitet.

334 336 Das Bungalowgespräch am 13. November 1980 In einer weiteren Notiz teilte Eberhard von Brau- Die Ressortbesprechung am 28. November 1980 chitsch Dr. Friedrich Karl Flick mit, er habe „rund Am 28. November 1980 wurde in einer Besprechung um das Bungalowgespräch am 13. November 1980" auf Beamtenebene zwischen dem Bundesfinanzmi- bei Bundeskanzler Helmut Schmidt „auch kurz mit nisterium und dem Bundeswirtschaftsministerium, Matthöfer, Lambsdorff und Huonker reden kön- an der ebenfalls Ministerialdirektor Dr. Karl Koch, nen". Er habe bei allen dreien den Eindruck gehabt, Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner und Mini- „daß der politische Wille zur positiven Entscheidung sterialrat Dr. Arno Bordewin sowie Ministerialrat des 3. Geleitzuges gegeben ist". Es werde entschei- Dr. Wolfgang Mühl teilnahmen, ausführlich über dend auf das Hearing zum Holding-Problem an- die Probleme des 3. Antragsblocks beraten. Wäh- kommen. rend in den Akten des Bundesfinanzministeriums kein Bericht über die Besprechung vorhanden ist, teilte Dr. Mühl in einer Ministervorlage mit, man 335 habe in dem Gespräch erfahren, daß Minister Hans Matthöfer der „strukturpolitisch positiven Beurtei- Die Vorbereitung des Ressortgesprächs lung des Flick-Engagements bei Gerling" zustimme am 28. November 1980 und daß für die Holding-Problematik nach einer rechtlich abgesicherten Lösung für eine Auflagen- Mit Schreiben vom 17. November 1980, zu dem Mi- erteilung zu suchen sei. Die beiden Reinvestitionen nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl einen Entwurf ge- bei PCV und USF solle er dagegen ablehnen wol- fertigt hatte, bat Staatssekretär Dr. Otto Schlecht len. seinen Kollegen Staatssekretär Dr. Günter Obert vom Bundesfinanzministerium, die vom Bundesfi- Die fachliche Erörterung habe zu folgenden Ergeb- nanzministerium gewünschte Besprechung zwi- nissen geführt. Es bestehe Übereinstimmung, daß schen den Vertretern beider Häuser unter Beteili- die Zwischenschaltung von zwei Holding-Gesell- gung des Antragstellers bald durchzuführen. Da die schaften — VHDI und GKB — bei der Bescheini- Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums gungserteilung berücksichtigt werden müsse, damit dem Bundesfinanzministerium bereits seit Anfang die Nachversteuerung gesichert sei. Die Steuerab- April 1980 vorliege, sollten die Verfahren möglichst teilung des Bundesfinanzministeriums habe grund- bald abgeschlossen werden; man sollte in dieser An- sätzlich bejaht, daß rechtliche Möglichkeiten für die gelegenheit eine Untätigkeitsklage vermeiden. Aufnahme einer Nebenbestimmung in die Beschei- nigung bestünden. Dazu müßten allerdings noch Wenige Tage später, am 24. November 1980, ging verschiedene Fragen geklärt werden. Nach einem das oben erwähnte Schreiben des Bundesfinanzmi- entsprechenden Schreiben an den Flick-Konzern nisteriums an das Bundeswirtschaftsministerium solle es ein Gespräch zwischen allen Beteiligten ge- heraus, in dem eine Erörterung der bestehenden ben. Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums Probleme vorgeschlagen wurde. Staatssekretär liege bei PCV die gleiche Holding-Problematik wie Dr. Otto Schlecht vermerkte darauf am 25. Novem- bei Gerling vor. Der Flick-Konzern habe demgegen- ber 1980, er habe bei Staatssekretär Dr. Günter über den Standpunkt vertreten, daß eine Auflage Obert und Ministerialdirektor Dr. Karl Koch telefo- ausreiche, die bei der Kapitalerhöhung zugeführten nisch „Dampf" gemacht; man müsse aber weiter am Mittel für bestimmte Investitionen zu verwenden. Ball bleiben. Das insbesondere beim Antrag betref- Zum Antrag USF habe das Bundeswirtschaftsmini- fend Gerling angesprochene Problem hänge vom sterium nochmals die besondere volkswirtschaftli- „Finden einer sorgfältigen steuerrechtlichen Kon- che Förderungswürdigkeit dargelegt. Anhand von - struktion" ab. Der Persönliche Referent von Staats- Zahlenmaterial von Fritz Wacker habe man hin- sekretär Dr. Schlecht setzte noch am selben Tage sichtlich USF die Voraussetzungen für die soge- hinzu, inzwischen sei ein Fachgespräch zwischen nannte Aktivitätsklausel schlüssig vortragen kön- den Ministerien für den 28. November 1980 verein nen. Daraufhin habe das Bundesfinanzministerium Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode versucht, die volkswirtschaftliche Förderungswür- man auf Dr. Klaus Vogel, Professor für öffentliches digkeit in Zweifel zu ziehen. Das Bundeswirt- Recht und Steuerrecht an der Universität München, schaftsministerium habe in diesem Zusammenhang aufmerksam geworden. Dr. Kreile, der Prof. Dr. Vo- auf die Vereinbarung der Staatssekretäre des Bun- gel kenne, habe die Verbindung hergestellt. Am deswirtschaftsministeriums und des Bundesfinanz- 2. Dezember 1980 habe ein erstes Gespräch mit ihm ministeriums von 1973 hingewiesen, wonach das stattgefunden. Man habe die rechtlichen Probleme Einvernehmen nur für die Auswirkungen auf die eingehend besprochen und dabei den Eindruck ge- Versicherungs- und Bankenbranche hergestellt wonnen, „daß sich Prof. Dr. Vogel im Sinne unseres werden solle. Dies gelte im Falle USF nur für die Zieles einsetzen wird". Er, Wacker, habe sodann mit Veräußerungsseite, die einvernehmlich neutral be- Prof. Dr. Klaus Vogel folgendes unter vier Augen wertet werde. Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl be- „abgestimmt": Man habe Vertraulichkeit verein- merkte allerdings, diese Auslegung könne dazu füh- bart. Prof. Dr. Vogel habe die Gründe anerkannt, ren, daß bei einer Ablehnung des Antrages durch „warum wir — und nicht nur wir — auf absehbare das Bundesfinanzministerium die Entscheidung Zeit keine publizistische Behandlung des Themas über eine Bescheinigungserteilung vom Bundes- 6 b haben möchten". Wacker fuhr fort: wirtschaftsministerium allein zu tragen wäre. „Sollte Prof. Vogel bei der weiteren Bearbeitung Fritz Wacker unterrichtete Eberhard von Brau- unseres Falles zu einem für uns ungünstigen Er- chitsch nach einem Telefonat mit Ministerialrat gebnis kommen, so wird er seine Arbeit sofort Dr. Wolfgang Mühl über diese Besprechung. Er no- beenden und das Gutachten nicht ausfertigen." tierte, Dr. Mühl glaube festgestellt zu haben, daß die ihm am 24. November 1980 übermittelte Darstellung zu USF — insbesondere zur Erfüllung der Aktivi- 338 tätsklausel — auch von den maßgeblichen Herren des Bundesfinanzministeriums geteilt werde. Er- Fragen des SPD-Bundestagsabgeordneten neut vom Bundesfinanzministerium vorgetragene Dr. Dieter Spörl Im Dezember 1980 Bedenken zur Frage der besonderen volkswirt- schaftlichen Förderungswürdigkeit seien von Am 10. Dezember 1980 wurden in der Fragestunde Dr. Mühl „abgeschmettert" worden mit dem Hin- des Deutschen Bundestages Fragen des SPD-Bun- weis darauf, daß die Beurteilung dieser Frage destagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri beantwortet. Sache des Bundeswirtschaftsministeriums sei. Es Dr. Spöri hatte auf einen Beschluß des Oberlandes- sehe so aus, „als hätten die Herren des Nachbar- gerichts Hamm vom 14. Juli 1980 Bezug genommen, hauses dies endlich akzeptiert". Hinsichtlich PCV wonach eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über sehe Dr. Mühl keine unüberwindlichen Schwierig- Steuerstrafverfahren unter dem Gesichtspunkt des keiten, wenn der Flick-Konzern in dem demnächst „zwingenden öffentlichen Interesses" nach § 30 Abs. stattfindenden Gespräch seine oben erwähnten Ar- 4 Nr. 5 der Abgabenordnung grundsätzlich zulässig gumente vortragen werde. sei, und gefragt, ob ein solches „zwingendes öffentli- ches Interesse" auch in anderen Fällen, wie zum Der Antrag betreffend Gerling stelle unverändert Beispiel der Steuervergünstigung nach § 6 b EStG, den schwierigsten Fall dar. Das Bundesfinanzmini- gegeben sein könne. Der Parlamentarische Staats- sterium werde dem Flick-Konzern dazu demnächst sekretär Dr. Rolf Böhme verwies in seiner Antwort einen Brief schreiben. Es sei Ministerialrat darauf, daß der Beschluß des Oberlandesgerichts Dr. Wolfgang Mühls persönlicher Eindruck, daß bei Hamm sich nur mit Auskünften über Steuerstraf- den maßgeblichen Herren des Bundesfinanzmini- verfahren im Zusammenhang mit Parteispenden steriums die Bereitschaft bestehe, an der Erarbei- befaßt habe; er habe keine unmittelbaren Auswir- tung einer Lösung mitzuwirken; er glaube nicht, kungen auf die Auskunftserteilung in anderen Fäl- daß einer der Herren unbedingt „einen Fuß dazwi- len wie im Verwaltungsverfahren über Steuerver- schen stellen" wolle. Wenn es gelinge, diese Lösung günstigungen nach § 6 b EStG. Im übrigen stehe die gemeinsam zu erarbeiten, erwarte er letzten Endes Vorschrift über das Steuergeheimnis zwar einer ab- auch ein positives Votum. Die wirtschaftlich-struk- strakten Darstellung bei derartigen Steuervergün- turelle Beurteilung des Falles werde vom Bundesfi- stigungen nicht entgegen, aus der Information dürf- nanzministerium mitgetragen. ten aber keine Rückschlüsse auf die Person des betreffenden Steuerpflichtigen gezogen werden. 337 Eine Änderung dieser Rechtslage wäre nur durch eine Gesetzesänderung möglich. Nach dem Be- Die Beauftragung von Professor Dr. Klaus Vogel schluß des Oberlandesgerichts Hamm sei es immer- als Gutachter hin zulässig, den Gegenstand des Ermittlungsver- fahrens und die bisherigen Ermittlungsergebnisse Fritz Wacker berichtete in einem Vermerk an die in gedrängter Form mitzuteilen und die Beschuldig- Konzernleitung sowie den Aufsichtsratsvorsitzen- ten nach ihrer etwaigen Bedeutung in Öffentlich- den Dr. Reinhold Kreile vom 3. Dezember 1980, „in keit und Gesellschaft, soweit das ohne Preisgabe Anbetracht der unverändert bestehenden steuer- der Identität möglich sein sollte, zu kennzeichnen. rechtlichen Schwierigkeiten" in Sachen „6 b-Ger- Damit habe der Beschluß etwas Freiraum geschaf- ling" habe man es für richtig gehalten, einen weite- fen. Die Grenze sei jedoch, daß die Preisgabe der ren erstklassigen Gutachter einzuschalten, dessen Identität nicht möglich sein solle. Der Parlamenta- Sachkompetenz bei den maßgeblichen Beamten des rische Staatssekretär Dr. Böhme hielt die in § 30 der Bundesfinanzministeriums anerkannt sei. Dabei sei Abgabenordnung aufgezählten Gründe, aus denen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 das Steuergeheimnis durchbrochen werden könne, „M. E. ist die Angelegenheit entscheidungsreif, für abschließend. nämlich negativ." Die Zusatzfrage von Dr. Dieter Spöri, ob „angesichts Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf der Knappheit öffentlicher Mittel ein Steuerausfall Böhme schrieb neben diese Notiz unter dem Datum durch Steuerbegünstigungen in einem Umfang von vom 19. Dezember 1980 „j a" und bemerkte zu der Hunderten von Millionen DM durchaus einen hin- Frage nach der Möglichkeit einer Nebenbestim- reichenden Grund darstellt", um ein zwingendes öf- mung: fentliches Interesse zu bejahen, wurde vom Parla- mentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme ver- „Eine solche Bescheinigung kommt nur in Be- neint. Er wies darauf hin, daß im konkreten Fall tracht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen durch Veröffentlichungen der Betroffenen selbst nicht gegeben sind. Eine Gesetzesausweitung die maßgeblichen Anträge bekannt geworden seien. durch privatschriftliche Erklärung ist jedoch Nach dieser Auslegung des § 30 der Abgabenord- nicht möglich. Votum wie UAL IV B." nung habe die Bundesregierung sich nicht anders Eine Abzeichnung der Vorlage durch Minister Hans verhalten können, „ob dies nun erwünscht ist oder Matthöfer unterblieb jedoch vorerst. nicht". Anfang Januar 1981 erkundigte sich deshalb Fritz 339 Wacker bei Ministerialrat Dr. Wolfang Mühl nach dem angekündigten Brief der Steuerabteilung des Besuch von Bundeswirtschaftsminister Bundesfinanzministeriums. Er erfuhr, daß dieser Dr. Otto Graf Lambsdorff Brief im Entwurf im Dezember 1980 zwischen der bei Eberhard von Brauchitsch Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums und dem Steuerreferat des Bundeswirtschaftsmini- Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambs- steriums abgestimmt worden sei, jedoch erst nach dorff besuchte Eberhard von Brauchitsch am Zustimmung durch Minister Hans Matthöfer abge- 12. Dezember 1980 in dessen Wohnung. Ob und in- schickt werden sollte. wieweit dabei das Bescheinigungsverfahren erör- tert wurde, hat der 1. Untersuchungsausschuß nicht Mit Schreiben vom 9. Januar 1981 bat Staatssekre- festgestellt; irgendein Vermerk von Brauchitschs tär Dr. Otto Schlecht Staatssekretär Dr. Günter über das Treffen liegt ihm nicht vor. Obert und den Parlamentarischen Staaatssekretär Dr. Rolf Böhme, den Brief an den Flick-Konzern endlich abzusenden, damit der Abschluß der Ver- 340 fahren nicht noch weiter verzögert werde. Staatsse- kretär Dr. Obert hat dazu als Zeuge erklärt, übli- Die Erarbeitung des Briefes des cherweise werde in derartigen Fällen zwischen Bundesfinanzministeriums an den Flick-Konzern Staatssekretären mündlich oder telefonisch erin- wegen der Nebenbestimmung nert, was in diesem Falle wahrscheinlich auch er- folgt sei. Wenn — wie hier — darüber hinaus noch Nachdem Ministerialrat Dr. Arno Bordewin Mini- schriftlich gemahnt werde, habe der Mahnung et- sterialrat Dr. Wolfgang Mühl den Entwurf eines was Nachdruck verliehen werden sollen. Man sei im Schreibens des Bundesfinanzministeriums an den Bundesfinanzministerium damals auch etwas in Flick-Konzern übersandt hatte, leitete dieser dem Verzug gewesen. Bundesfinanzministerium am 10. Dezember 1980 eine andere Fassung zu. Darin wurde ausgeführt, Bei einem Telefonat mit Minister Dr. Otto Graf daß die Anträge betreffend VHDI und PCV steuer- Lambsdorff in dessen Kurort am 19. Januar 1981 rechtliche und steuersystematische Fragen aufwür- erfuhr Eberhard von Brauchitsch, daß noch keine fen, die man noch nicht abschließend habe klären Reaktion auf das Schreiben von Staatssekretär Dr. können. Sie resultierten aus dem Grundprinzip des Otto Schlecht vom 9. Januar 1981 vorlag. Dr. Graf § 6 b EStG, daß die Besteuerung eines Veräuße- Lambsdorff habe — wie von Brauchitsch notierte — rungsgewinns zwar aufgeschoben werden könne, erklärt, er sei nicht mehr bereit, die Behandlung der insgesamt aber nachholbar bleiben müsse. Dazu Angelegenheit durch das Bundesfinanzministerium wurden dem Flick-Konzern mehrere Fragen ge- hinzunehmen, und ihm empfohlen, sich unverzüg- stellt, insbesondere zur Möglichkeit einer Nachbe- lich offiziell in seinem Ministerbüro um einen Ter- steuerung sowie zur Rechtsnatur einer Nebenbe- min für ein Gespräch mit ihm zu bemühen. Dr. Graf stimmung und ihrer rechtlichen und steuertechni- Lambsdorff wolle zu diesem Gespräch Staatssekre- schen Verwirklichung. Eine Mitarbeiterin von tär Dr. Schlecht hinzuziehen und eine Aktennotiz Dr. Bordewin teilte am 15. Dezember mit, das Bun- aufnehmen lassen, um sie ins Kabinett zu bringen. desfinanzministerium habe diesen Briefentwurf ak- Auf die Frage, ob er beabsichtige, bei einem weite- zeptiert. ren „Stillstand der Rechtspflege" im Bundesfinanz- ministerium über den 3. Antragsblock allein zu ent- Die vor Absendung dieses Schreibens an den Flick scheiden, habe Dr. Graf Lambsdorff geantwortet, Konzern gefertigte Unterrrichtungsvorlage für hier habe ihm seine Rechtsabteilung „etwas Wasser Minister Hans Matthöfer zeichnete Ministerialdi- in den Wein geschüttet". Im Verhältnis zum Flick - rigent Dr. Adalbert Uelner, Unterabteilungsleiter Konzern sei ein derartiger Alleingang zwar rechts- IV B, am 17. Dezember 1980 mit folgendem Zusatz wirksam. Es würde aber einen „Kabinettskrach er- ab: ster Ordnung" geben. Es sei indessen zweifelhaft, Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode ob der gegenwärtige Zeitpunkt für einen derartigen Nach dem Bericht waren die Arbeitsschwerpunkte Krach geeignet sei. Von Brauchitsch bemerkte hier- im Wahljahr 1980 anders als in den Vorjahren ge- zu, er entnehme dem Gespräch, daß Dr. Graf setzt. Er enthielt aber auch Hinweise auf eine Tätig- Lambsdorff ein solches Verfahren nicht mehr für keit des Bonner Büros im Zusammenhang mit den ganz unmöglich halte. seit 1978 laufenden Anträgen des 3. Antragsblocks. Im Arbeitsbereich „Zuarbeit für die Geschäftsfüh- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl hat bei seiner rung und einzelne Abteilungen" bei „steuerrechtli- staatsanwaltschaftlichen Vernehmung erklärt, ihm chen und -politischen Themen" wurde aufgeführt: sei nicht bekannt, ob Minister Dr. Otto Graf Lambs- dorff damals eine Entscheidung ohne Beteiligung „Recherchen in Sachen § 6 b, § 4, insbesondere des Bundesfinanzministeriums — was Dr. Mühl in über Zusammenwirken zwischen BMF/BMI seinem Vermerk vom 28. November 1980 angedeu- (Rechtsfragen gegebenenfalls bei Auflagenertei- tet hatte — und eine Befassung des Kabinetts mit lung) und BMF/SPD-Fraktion; Stimmungsana- der Angelegenheit erwogen habe. Die Leitung des lyse BMWi." Bundeswirtschaftsministeriums sei aber am Fort- gang des Verfahrens interessiert gewesen. Man Als „Service" für Unternehmen des Flick-Konzerns habe zudem mit der Möglichkeit einer Untätigkeits- waren bei PCV genannt: „Ständige Unterrichtung klage rechnen müssen. Auf diesen Überlegungen des zuständigen BT-Ausschußvorsitzenden über habe auch die „Intervention" von Staatssekretär Kohlevergasung Hückelhoven" sowie „Hinweise bei Dr. Otto Schlecht gegenüber Staatssekretär Landesregierung NRW auf PCV-Präsentation"; bei Dr. Günter Obert im Januar 1981 beruht. Gerling hieß es: „Hinweise auf Matthöfer-Gespräch mit Versicherungswirtschaft." Der Bericht enthielt In einer Notiz vom 20. Januar 1981 berichtete Fritz im übrigen den allgemeinen Hinweis, die Inter- Wacker, Minister Hans Matthöfer sei erst seit ei- essenwahrnehmung ließe sich im Jahre 1981 inten- nem Tag wieder im Amt; dies könne der Grund sein, sivieren, wenn das Büro Bonn stärker als bisher in warum das Schreiben von Staatssekretär Dr. Otto den Informationsfluß des Hauses eingebunden Schlecht bisher noch unbeantwortet sei. Wacker würde. meinte weiter, es empfehle sich, daß Dr. Otto Graf Lambsdorff unverzüglich Matthöfer anrufe, um die sofortige Absendung des Briefes an den Flick-Kon- 342 zern zu veranlassen. Am 20. Januar 1981 zeichnete Minister Hans Matt- Eberhard von Brauchitschs Gespräch mit höfer die Vorlage der Steuerabteilung, mit der er Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff über den an den Flick-Konzern zu richtenden Brief am 29. Januar 1981 unterrichtet wurde, ab; das Schreiben wurde am Am 29. Januar 1981 führte Eberhard von Brau- 23. Januar 1981 abgesandt. Darin wurden dem Flick chitsch ein Gespräch mit Minister Dr. Otto Graf Konzern die steuerrechtlichen Fragen mitgeteilt, Lambsdorff. Er notierte, der Minister habe bei der die bei den Anträgen betreffend VHDI und PCV zunächst mit ihm allein geführten Unterhaltung noch erörterungsbedürftig seien: Vorliegen der Vor- aus gegebenem Anlaß erklärt, daß jede unterneh- aussetzungen des § 6 b EStG, insbesondere Gewähr- merische Entscheidung in „unserem" Ermessen leistung der Versteuerung nach Veräußerung im liege und „wir" keine Veranlassung hätten, auf ir- Holdingkreis; Sicherstellung der Besteuerung gendwelche politischen Wünsche und Faktoren durch eine Nebenbestimmung in der Bescheini- Rücksicht zu nehmen. In diesem Zusammenhang gung; Rechtsnatur und rechtliche und steuertechni- halte Dr. Graf Lambsdorff es auch nicht für hilf- sche Verwirklichung einer solchen Nebenbestim- reich, eine solche hypothetische unternehmerische mung. Es wurde vorgeschlagen, diese Fragen nun- Entscheidung auf dem „politischen Altar als Opfer" mehr recht schnell mit Vertretern des Flick-Kon- darzubringen. Er sei der Meinung: „Wir würden nur zerns unter Beteiligung des Bundeswirtschaftsmi- unser Gesicht verlieren, uns für erpreßbar erklären nisteriums zu erörtern. und mit Sicherheit keine Gegenleistung einhan- deln." Zu dem dann weiter in Anwesenheit von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht fortgesetzten Ge- spräch hielt von Brauchitsch fest, der „3. Geleitzug" 341 stehe volkswirtschaftlich und politisch; über die Tätigkeitsbericht des Bonner Büros Frage, ob bei USF eine Bescheinigung für 25 % oder des Flick-Konzerns für 1980 34 % erteilt werde, .sei allerdings nicht gesprochen worden. Von Brauchitsch bemerkte ferner, die steu- Inzwischen hatte Eberhard von Brauchitsch Mitte ersystematischen Einwendungen der Steuerabtei- Januar 1981 den Tätigkeitsbericht des Bonner lung des Bundesfinanzministeriums seien „hinder- Büros des Flick-Konzerns für das Jahr 1980 an lich bis störend. Solange diese ernst zu nehmen Dr. Klaus Götte und Dr. Hanns Arnt Vogels weiter- sind, kann kein Minister eine entgegengesetzte Ent- gegeben mit der Bitte, ihn — wie in der Vergangen- scheidung fällen (Bundesrechnungshof)". Die Ant- heit — nach dem Studium zu vernichten. Das könne worten des Flick-Konzerns auf den Brief des Bun-- jedoch bis zu dem Gespräch mit dem Bonner Büro desfinanzministeriums vom 23. Januar 1981 würden über die geplante Arbeit für das Jahr 1981 zurück- sorgfältig geprüft. Wenn diese oder spätere Vor- gestellt werden. Danach könne jederzeit auf sein schläge sich als tragfähig erweisen sollten, die Steu- Panzerschrankexemplar zurückgegriffen werden. erabteilung des Bundesfinanzministeriums aber Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

„stur" bleibe, könne möglicherweise doch mit einer ergibt sich, daß mit den „Freundlichkeiten Bonn ge- Ministerentscheidung gerechnet werden. Jedenfalls genüber" Parteispenden gemeint waren. Ihm hätten beabsichtige Dr. Otto Graf Lambsdorff mit ihm, nämlich — so wurde dort vorgetragen — Partei- Eberhard von Brauchitsch, zu Minister Hans Matt- spenden von vornherein nicht behagt. Damals sei höfer zu gehen, sobald die nächste Verhandlungs- hinzugekommen, daß er sich in dem Bescheini- runde beendet sei, um dann einen verbindlichen gungsverfahren von Bonn ungerechtfertigt behan- Terminplan abzustimmen. Eberhard von Brau- delt' und übermäßig lange hingehalten fühlte. Die chitsch verwies im übrigen auf weitere handschrift- Parteispenden hätten ihm also nichts geholfen. Be- liche Aufzeichnunen vom 29. Januar 1981, die sich stechungsgelder an Amtsträger seien mit den allerdings nicht in den dem 1. Untersuchungsaus- „Freundlichkeiten" jedoch nicht gemeint gewesen. schuß vorliegenden Akten befinden. Vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat Dr. Fried- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht unterrichtete dar- rich Karl Flick erklärt, weder er selbst noch seiner aufhin das Steuerreferat dahingehend, bei dem Ge- Kenntnis nach andere Angehörige seines Konzerns spräch am 29. Januar 1981 habe Eberhard von Brau- hätten finanzielle Zuwendungen mit dem Ziel ge- chitsch mitgeteilt, daß er Prof. Dr. Klaus Vogel ein- macht, auf die Erteilung der beantragten Bescheini- geschaltet habe, der in Kürze einen Vorschlag für gungen Einfluß zu nehmen. Es habe keinen Zusam- die rechtliche Absicherung der Besteuerung bei menhang zwischen der Gewährung von Spenden VHDI mache. Darüber solle zunächst ein Gespräch und den Bescheinigungsverfahren gegeben. Weil zwischen Fritz Wacker und Ministerialrat Dr. Wolf- man bei dem Gerling-Antrag ungerechtfertigt lange gang Mühl stattfinden und anschließend mit dem hingehalten worden sei, sei aber „schon ein großes Bundesfinanzministerium verhandelt werden. Der Unbehagen gewesen, daß man auf der einen Seite Minister bitte um Information über die weiteren sehr generös war in den Ausgaben und auf der Schritte und das Echo aus dem Bundesfinanzmini- anderen Seite ... eben nicht wußte, wie es weiter sterium zu den Antworten auf die im Brief vom geht" 23. Januar 1983 gestellten Fragen bzw. den Vor- schlag von Prof. Dr. Klaus Vogel. Je nach der weite- ren Reaktion des Bundesfinanzministeriums wolle 344 er zusammen mit von Brauchitsch ein Gespräch mit Minister Hans Matthöfer führen. Staatssekretär Das Gespräch zwischen Vertretern Dr. Schlecht fügte hinzu, es sei vielleicht zweckmä- des Flick-Konzerns und der Bundesministerien ßig, wenn dies in dem vorgesehenen Gespräch mit über die Holdingproblematik dem Bundesfinanzministerium schon angedeutet werde. Anfang Februar 1981 vereinbarte Fritz Wacker mit Ministerialdirektor Dr. Karl Koch den 17. Februar als Termin für das im Schreiben des Bundesfinanz- 343 ministeriums vom 23. Januar 1981 vorgeschlagene Gespräch über die Holding-Problematik bei VHDI Dr. Friedrich Karl Flicks Besorgnis und PCV. Einige Tage später erfuhr er, daß die Fer- wegen der Steuerrisiken tigstellung des vom Flick-Konzern bei Prof. Am 30. Januar 1981 besprach Dr. Friedrich Karl Dr. Klaus Vogel in Auftrag gegebenen Rechtsgut- Flick, der sich bereits wenige Tage vorher in einer achtens unmittelbar bevorstehe und alle Fragen im Notiz vom 26. Januar wegen der Steuerrisiken be- Sinne des Konzerns beantwortet würden. Am sorgt über die Entwicklung der Ertragslage geäu- 12. Februar 1981 übersandte er dieses Rechtsgut- ßert hatte, mit Eberhard von Brauchitsch in Gegen- achten dem Bundesfinanzministerium und dem wart von Dr. Heribert Blaschke die steuerlichen Bundeswirtschaftsministerium. Am 16. Februar Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit den Steu- 1981 hörte Wacker dann von Prof. Dr. Klaus Vogel, erbescheinigungsanträgen. Aus einem Stichwort- Ministerialdirektor Dr. Koch habe bei einem zettel von ihm vom selben Tage ist zu entnehmen, kurzen Gespräch mit ihm über das Gutachten geäu- daß er über von Brauchitsch und Fritz Wacker ver- ßert, man müsse auch bedenken, daß man von be- ärgert war, weil er über die steuerlichen Risiken zu stimmten Parlamentariern mit „Argusaugen" beob- spät informiert worden sei; noch im November 1980 achtet werde; er wisse noch nicht, wie er sich bei sei „voller Expansionskurs" verfolgt worden. Es sei den Rechtsfragen zur Holding-Problematik ent- ihm immer versichert worden, daß „in Bonn alles scheiden werde. o. k. geht". In den Stichworten kritisierte Dr. Flick Am selben Tage erfuhr Fritz Wacker nach einer weiter, von Brauchitsch habe sich zu sehr um seine von ihm angefertigten Notiz von Ministerialrat Interessen beim Bundesverband der Deutschen In- Dr. Wolfgang Mühl, daß dieser das Gutachten am dustrie gekümmert; Dr. Blaschke, der sage, man Wochenende studiert und mit Befriedigung festge- stehe bei Gerling „katastrophal" da, sei nicht ausrei- stellt habe, daß Prof. Dr. Klaus Vogel bei der Proble- chend eingeschaltet worden. Auf dem Stichwortzet- matik der Nebenbestimmung zum selben Ergebnis tel heißt es weiter: gekommen sei wie er selbst. Deshalb halte Dr. Mühl „Die Freundlichkeiten Bonn gegenüber haben es nicht für erforderlich, sich mit ihm, Wacker, am mir bisher nicht geholfen." selben Tage noch einmal zusammenzusetzen. Fritz Wacker notierte weiter, er habe mit Dr. Mühl kurz Aus dem Vortrag von Dr. Friedrich Karl Flick im über die „Taktik für morgen" — das Gespräch am Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bonn 17. Februar 1981 — gesprochen. Man sei sich einig Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode gewesen, daß es im Bundesfinanzministerium vor- federführende Bundesfinanzministerium eine sol- aussichtlich keine Fortschritte geben werde, wenn che Konstruktion mittrage. man nicht zu einem konkreten Vorschlag für die Nebenbestimmung in der Bescheinigung komme. Aus dieser Ministervorlage ergibt sich weiter, daß Daher werde — je nach Verlauf des Gesprächs — Ministerialdirektor Dr. Karl Koch bei einem inter- „einer von uns" den Vorschlag unterbreiten, nach nen Gespräch zwischen den Vertretern des Bundes- Beendigung der Diskussion der Grundsatzfragen wirtschaftsministeriums und des Bundesfinanzmi- im größeren Kreis in einem kleinen Arbeitskreis nisteriums im Anschluß an das Gespräch mit dem die Nebenbestimmung zu formulieren. Flick-Konzern deutlich machte, die Steuerabteilung werde Minister Hans Matthöfer eine ablehnende Aus einer Ministervorlage des Steuerreferats im Haltung zu VHDI und PCV vorschlagen; es werde Bundeswirtschaftsministerium vom 18. Februar dann politisch zu entscheiden sein, ob auf der 1981 sowie einer Notiz von Fritz Wacker vom selben Grundlage einer rechtlich unsicheren Nebenbestim- Tage ergibt sich, daß unter der Leitung von Ministe- mung der Anwendungsbereich des § 6 b EStG auf rialdirektor Dr. Karl Koch am 17. Februar 1981 das diese Fälle ausgedehnt werden solle. Außerdem er- beabsichtigte Gespräch zwischen Vertretern des fuhren die Vertreter des Bundeswirtschaftsministe- Flick-Konzerns — Dr. Heribert Blaschke, Dr. Axel riums bei diesem Gespräch, daß die Leitung des Schmidt-Hern und Fritz Wacker — und Ministerial- Bundesfinanzministeriums dem Antrag betreffend rat Dr. Wolfgang Mühl und Ministerialdirigent USF negativ gegenüberstehe, weil eine derartige Dr. Adalbert Uelner sowie weiteren Angehörigen Auslandsinvestition nicht in die arbeitsmarktpoliti- des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bun- sche Landschaft passe. In der Vorlage hieß es dazu, desfinanzministeriums stattfand. Erörtert wurde die „kurzfristige beschäftigungspolitische Betrach- die Holding-Problematik beim Antrag betreffend tungsweise" des Bundesfinanzministeriums werde VHDI, insbesondere die Möglichkeit, durch eine Ne- der umfassenden volkswirtschaftlichen Würdigung benbestimmung die spätere Besteuerung sicherzu- des Bundeswirtschaftsministeriums nicht gerecht. stellen; hierzu übergab Wacker einen Formulie- Der Fall USF erscheine längst als entscheidungs- rungsvorschlag. reif. Bei weiterhin ablehnender Haltung des Bun- desfinanzministeriums sei zu entscheiden, ob die Während zwischen den Teilnehmern aus dem Bun- Erteilung einer Bescheinigung vom Bundeswirt- deswirtschaftsministerium und dem Bundesfinanz- schaftsministerium allein getragen werden könne. ministerium Einigkeit bestand, daß eine spätere Be- steuerung sichergestellt sein müsse, bestanden er- Weiter wurde zum Antrag betreffend PCV, der in hebliche Bedenken auf seiten des Bundesfinanzmi- der Besprechung mit den Vertretern des Flick-Kon- nisteriums gegen die Möglichkeit einer vom Kon- zerns anscheinend nicht näher erörtert wurde, aus- zern angebotenen Nebenbestimmung, und zwar im geführt, die Holding-Bedenken griffen wegen der Hinblick auf Zulässigkeit und Art einer solchen Ne- Projektbezogenheit der mit der Kapitalerhöhung fi- benbestimmung, ferner, weil damit der bisherige nanzierten Maßnahmen nicht durch. Es reiche — Anwendungsbereich des § 6 b EStG ausgedehnt wie beim Antrag betreffend Feldmühle — die vom werde und eine Sonderbehandlung des Konzerns Steuerreferat vorgeschlagene Auflage aus, daß die erfolge. Der Notiz von Fritz Wacker zufolge soll Mi- Mittel bestimmten Investitionen zugeführt werden nisterialdirektor Dr. Karl Koch erklärt haben, die- müßten. sen Bedenken würde man vielleicht weniger Ge- Auf der Vorlage des Steuerreferats vermerkte Bun- wicht beimessen können, wenn es sich nicht um so deswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff hohe Beträge handele; man werde aber scharf beob- am 20. Februar 1981 „z. Kolleg." (zum Kollegium). achtet. Dr. Koch soll aber eingeräumt haben, es Der 1. Untersuchungsausschuß hat keine Feststel- spreche auch einiges für die Rechtsauffassung des lungen zu dieser von Dr. Graf Lambsdorff verfügten Flick-Konzerns; insofern dränge sich der Gedanke Erörterung der Angelegenheit im Kollegium getrof- auf, den VHDI-Fall gerichtlich entscheiden zu las- fen. sen. Wacker hielt weiter fest, Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner habe die Auffassung vertreten, die Kapitalerhöhung bei Gerling falle ohnehin nicht 345 unter § 6 b EStG; soweit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl sich an dem Gespräch beteiligt habe, sei dies Die Frage der Nebenbestimmung im Sinne der Anträge gewesen. Am 18. Februar 1981 hatte Fritz Wacker Ministerial- In der Ministervorlage des Steuerreferats des Bun- direktor Dr. Karl Koch mitgeteilt, man werde Prof. deswirtschaftsministerium wurde bei der Würdi- Dr. Klaus Vogel mit einem Ergänzungsgutachten gung der Bedenken des Bundesfinanzministeriums zur Frage der Zulässigkeit einer Nebenbestimmung ausgeführt, es empfehle sich nicht, die Erteilung beauftragen, und bitte deshalb, mit der Stellung- einer Bescheinigung ohne eine Nebenbestimmung nahme an den Minister zu warten. Ministerialdirek- durchzusetzen, die sachlich geboten erscheine. In tor Dr. Koch erwiderte nach einer von ihm hierzu Betracht komme insoweit, die Veräußerung oder angefertigten Aktennotiz, er müsse diese Frage mit Teilveräußerung der Beteiligung an der GKB bezie- der Leitung des Hauses besprechen. Am 18. oder hungsweise der einzelnen Versicherungsunterneh- 19. Februar 1981 wurde daraufhin vom Parlamenta- men als auflösende Bedingung vorzusehen. Es rischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme bei einem werde darauf ankommen, ob das für das Steuer- Gespräch mit Ministerialdirektor Dr. Karl Koch recht und die Anwendung der Nebenbestimmung und Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner ent- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

schieden, die Angelegenheit — einschließlich der nächst mitgeteilt, daß er — Dr. Graf Lambsdorff — Frage, ob noch ein Zusatzgutachten abzuwarten sei am Tage zuvor darüber informiert worden sei, daß — solle jetzt dem Minister zur Entscheidung vorge- die Gespräche und die Überlegungen im Bundesfi- legt werden. nanzministerium abgeschlossen seien und damit gerechnet werden könne, daß das Bundesfinanzmi- Ministerialdirektor Dr. Karl Koch unterrichtete nisterium ihm den Vorgang mit seinem Entschei- hierüber am 20. Februar 1981 Fritz Wacker. Dieser dungsvorschlag jetzt wieder zuleite. Der Entschei- hatte inzwischen am 19. Februar 1981 auch von dungsvorschlag des Bundesfinanzministeriums Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile die Mitteilung er- werde bei USF wegen fehlender volkswirtschaftli- halten, die Bedenken des Bundesfinanzministeri- cher Förderungswürdigkeit und bei Gerling aus ums seien durch das vorgelegte Rechtsgutachten Gründen der Steuerrechtssystematik negativ aus- und das Gespräch vom 17. Februar 1981 nicht fallen. Zu PCV habe Dr. Graf Lambsdorff sich nicht vollständig ausgeräumt worden. Rechtsanwalt geäußert. Sobald Dr. Graf Lambsdorff den Vorgang Dr. Kreile hatte weiter bemerkt, er halte es für mög- auf dem Tisch habe, werde er ihn mit den Mitarbei- lich, daß das Bundesfinanzministerium den Vor- tern des Bundeswirtschaftsministeriums bespre- gang unter vorsichtiger Aufrechterhaltung der steu- chen und dann zum Gegenstand einer Aussprache ersystematischen Bedenken an das Bundeswirt- mit Bundesminister Hans Matthöfer machen. Er schaftsministerium zurückgeben werde und damit habe bekräftigt, daß er unverändert entschlossen Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambs- sei, sich für eine positive Entscheidung des gesam- dorff anheimstelle, aus eigener Kompetenz zu ent- ten Komplexes einzusetzen. Allerdings habe er ein- scheiden. geräumt, die Gründe, die vom Bundesfinanzmini- Am 23. Februar 1981 unterhielten sich Fritz Wacker sterium gegen den Antrag betreffend VHDI vorge- und Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl nochmals bracht würden, seien gewichtig und würden aller über das Gespräch vom 17. Februar. Wacker no- Voraussicht nach auch einer höchstrichterlichen tierte hierüber, Dr. Mühl, glaube, daß die Einwände Nachprüfung standhalten. Es werde deshalb in die- der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium sem Falle darauf ankommen, ob es ihm gelinge, als sehr gewichtig angesehen würden; diesem sei „Herrn Matthöfer unter Hinweis auf die abgege- außerdem aufgefallen, daß man im Bundesfinanz- bene persönliche Erklärung zugunsten dieses Teil- ministerium befürchte, der Flick-Konzern könne antrages zu einer Sachentscheidung zu bewegen, nach Jahren unter Berufung auf das von ihm vor die sich über die rechtlichen Bedenken hinweg- legte Rechtsgutachten geltend machen, eine Neben- setzt." bestimmung in einer Bescheinigung nach § 6 b Im Fall USF wolle Minister Dr. Otto Graf Lambs- EStG sei rechtswidrig. Wacker erfuhr bei dieser Ge- dorff Minister Hans Matthöfer klarmachen, daß die legenheit seiner Notiz zufolge auch, daß Minister Zuständigkeit für die volkswirtschaftliche Beurtei- Dr. Otto Graf Lambsdorff inzwischen vom Steuerre- lung beim Bundeswirtschaftsministerium liege und ferat über den neuesten Stand unterrichtet worden deshalb auch dort in letzter Instanz entschieden war, wobei an dem Weg einer Bescheinigung mit werden müsse. Das Votum des Bundeswirtschafts- einer Nebenbestimmung festgehalten worden sei. ministeriums in dieser Sache sei — wie Dr. Graf Er selbst teilte Ministerialrat Dr. Wolfgang Will Lambsdorff betont habe — positiv und bleibe auch mit, daß ein Ergänzungsgutachten eingeholt werde. positiv, wenn nicht neue umwälzende Gegenargu- Dieser habe gebeten, unter Berücksichtigung der mente vorgetragen würden. Er wolle im Falle USF neuesten Erkenntnisse über die konkrete Ausfor- Minister Matthöfer klarmachen, daß er in diesem mulierung der Nebenbestimmung nachzudenken. Fall gegebenenfalls allein positiv entscheiden wer- Außerdem rechne er im Hinblick darauf, daß Mini- de, auch wenn das Bundesfinanzministerium sich sterialdirektor Dr. Karl Koch seinen Minister kurz- der Begründung des Bundeswirtschaftsministeri- fristig ins Bild zu setzen habe, mit einem Minister- ums nicht anzuschließen vermöge. gespräch in nächster Zeit. Hinsichtlich USF habe Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff weiter unter Bezugnahme auf ein kürz- 346 lich geführtes vertrauliches Gespräch mit Eberhard von Brauchitsch gebeten, den Antrag zurückzuzie- Gespräch von Dr. Klaus Götte mit hen, falls tatsächlich der Verkauf der USF-Beteili- Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff gung betrieben werde. Er habe dazu erklärt, es liege am 21. Februar 1981 zwar selbstverständlich in der Entscheidungsfrei- heit des Flick-Konzerns, über diese Beteiligung zu Am 21. Februar 1981 führte Dr. Klaus Götte am disponieren; er dürfe andererseits aber nicht in die Rande einer privaten Veranstaltung mit Bundes- Situation gebracht werden, eine positive Entschei- wirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff ein dung durchgefochten zu haben, die dann aufgrund Gespräch über den 3. Antragsblock. Er berichtete geänderter Dispositionen gegenstandslos werde. darüber in einer nur an Eberhard von Brauchitsch Dr. Klaus Götte bemerkte hierzu in seiner Notiz, er und Dr. Friedrich Karl Flick gerichteten Notiz und habe Dr. Graf Lambsdorff dies zugesagt, ihn aber bat zugleich um Entscheidung, ob diese nach gleichzeitig gebeten, den Antrag derzeit als unver- Kenntnisnahme vernichtet oder noch anderen im ändert ernst gemeint weiter zu behandeln und in - Hause Flick mit der Angelegenheit befaßten Perso- das . Gespräch mit Minister Hans Matthöfer mitzu- nen zur Kenntnis gebracht werden solle. Er ver- nehmen. Dazu habe ihn folgende Überlegung bewo- merkte, Minister Dr. Graf Lambsdorff habe ihm zu gen: Die Aussagen von Dr. Graf Lambsdorff bedeu- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

teten in ihrem Kern eindeutig, daß er nach wie vor nicht relevant sei. Dr. Klaus Götte regte an, sich zwar alles tun wolle, um eine insgesamt positive über den Vorgang firmenintern abzustimmen. Es Entscheidung herbeizuführen, daß er aber auch stelle sich die Frage, ob ein sofortiges Gespräch mit nicht völlig ausschließen könne, mit Minister Matt- Minister Hans Matthöfer, noch bevor dieser seine höfer bei einem „Kompromiß" zu enden. Dies gelte Entscheidung schriftlich absetze, gesucht werden dann, wenn dieser sich endgültig weigere, die recht- solle, oder ob „wir den Hebel bei Graf Lambsdorff lichen Bedenken seines Hauses zu überspielen, und ansetzen", sobald letzterer den Vorgang von Matt- dies auch mit seiner volkswirtschaftlich positiven höfer zurückbekommen habe. „Vorentscheidung" zum Antrag betreffend VHDI für vereinbar halte. Minister Dr. Graf Lambsdorff In einer Notiz für Dr. Friedrich Karl Flick vom wolle ganz offensichtlich in diesem Fall — so 23. Februar 1981 kam Eberhard von Brauchitsch auf Dr. Klaus Göttes Überlegungen weiter — das Ver- den Bericht über das Gespräch zwischen Dr. Klaus ständnis von Minister Hans Matthöfer dafür ein- Götte und Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff vom handeln, daß das Bundeswirtschaftsministerium 21. Februar 1981 zurück und führte aus, nach Bera- dann USF notfalls im Alleingang positiv entscheide. tungen sei man zu dem Ergebnis gekommen, es sei Aber auch umgekehrt wolle Minister Dr. Graf sinnvoll, wenn er Minister Hans Matthöfer auf Lambsdorff offenbar die Möglichkeit haben, Mini- seine Zusage festlege, vor Abgabe eines negativen ster Matthöfer beim Antrag betreffend VHDI umzu- Votums des Bundesministeriums der Finanzen stimmen, indem er im letzten Augenblick USF opfe- noch ein Gespräch zu führen. Die von Dr. Graf re. Dr. Graf Lambsdorff habe in diesem Zusammen- Lambsdorff angestrebte einvernehmliche Regelung hang angedeutet, daß im Bundesfinanzministerium mit Matthöfer würde nämlich erschwert werden, neben den vorgetragenen rechtlichen Gründen wenn schon ein offizielles Votum des Bundesfinanz- auch politische und haushaltspolitische Überlegun- ministeriums vorliege. Ziel des mit Matthöfer zu gen mitschwingen würden. Dr. Götte faßte seinen führenden Gespräches sei es, ihn insbesondere im Eindruck wie folgt zusammen: Bereich Gerling darauf hinzuweisen, daß man die steuerrechtliche Argumentation des Bundesfinanz- „Graf Lambsdorff möchte unbedingt wenigstens ministeriums im Gespräch vom 17. Februar 1981 bei einem der großen Objekte eine zustimmende nicht für überzeugend und unter dem Gesichts- Entscheidung erkämpfen bzw. erwirken, und punkt des Vertrauensschadens gegebenenfalls ei- zwar, was rein zahlenmässig auch für uns wohl nen Rechtsstreit für wahrscheinlich halte. Nach- günstiger wäre, vorrangig in der Sache Gerling." dem nämlich unstreitig die Minister Hans Matt- höfer und Dr. Otto Graf Lambsdorff den „§ 6 b in Er bemerkte dazu, die Steuerersparnis betrage im Sachen Gerling zugesagt" hätten, bevor die VHDI- Fall Gerling rund 135 Millionen DM, im Fall USF Beteiligung gekauft worden sei, zudem in Kenntnis bei einer Begrenzung der Bescheinigung auf 25% der Tatsache, daß „VHDI ohne 6 b nicht gekauft" nur 100 Millionen DM. Aus dem Gespräch notierte worden wäre, spreche einiges für einen Schadenser- er weiter, Minister Dr. Graf Lambsdorff habe ab- satzanspruch des Flick-Konzerns. Ein solcher Pro- schließend erklärt, er benötige mindestens noch zeß, der öffentlich wäre und in dem der Bruch von zwei Monate Zeit. Auf seine, Dr. Göttes, Bitte, Zusagen zweier Minister evident werden würde, schneller zu einer Entscheidung zu kommen, damit könne nicht im Interesse der Bundesregierung lie- der Flick-Konzern seinen Handlungsspielraum gen. Der Vermerk endet mit der Erwägung, evtl. nach einer ohnehin schon übermäßig langen Zeit wieder den Bundeskanzler einzuschalten: der Unsicherheit zurückgewinne, habe Dr. Graf Lambsdorff zwar Verständnis gezeigt, jedoch er- „Im übrigen sollten wir im Hinterkopf behalten, klärt, in Bonn könne nichts mit Eile betrieben wer- daß möglicherweise eine erneute Intervention den; eine Entscheidung vor Ende April sei schon beim Buka notwendig sein könnte, und zwar mit Rücksicht auf die Terminkalender der beiden dann, wenn das Gespräch Lambsdorff/Matthöfer Minister nicht möglich. beendet und erfolglos geblieben ist. Auch dem Dr. Klaus Götte bemerkte in seiner Notiz dann wei- Buka kann die Argumentation gem. Ziff. 2 dieser ter, er sehe in dem Gesprächsergebnis zwei positive Notiz" [gemeint: Geltendmachung von Vertrau- Aspekte: Erstens habe offensichtlich das uneinge- ensschutz in einem Rechtsstreit] „nicht gleichgül- tig sein." schränkte Engagement von Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff „für unsere Sache" unter der zeitrau- benden und in der Grundeinstellung negativen Be- 347 handlung des Vorgangs durch das Bundesfinanzmi- nisterium nicht im geringsten gelitten. Zweitens sei Die weitere Entwicklung im Bundesfinanzministerium Dr. Graf Lambsdorff nach seinen Worten entschlos- sen, das Maximalrisiko einer völligen Ablehnung Im Bundesfinanzministerium wurde dem Leiter des der Anträge nicht eintreten zu lassen, sondern zu- Ministerbüros, Ministerialrat Dr. Wilfried Haesen, mindest einen wesentlichen Teil „für uns" zu retten, in einer Vorlage der Steuerabteilung vom 24. Fe- und zwar aus völlig sachbezogener Überzeugung. bruar 1981 eine Ministervorlage mit Entscheidungs- vorschlägen für die laufenden Flick-Anträge ange- Ganz unabhängig davon, was seitens des Flick-Kon- kündigt. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß Bun- zerns noch ins Gefecht geführt werden könnte, sei desminister Hans Matthöfer in der Hausbespre- bei dieser Sachlage davon auszugehen, daß die ma- chung vom 22. Oktober 1980 PCV und USF nicht als ximale finanzielle Belastung aus dem „3. Geleitzug" volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig für die Vorsorgeüberlegungen des Flick-Konzerns angesehen habe, und daß in der Besprechung vom Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

17. Februar 1981 die steuerrechtlichen Bedenken Matthöfer um einen Termin für ein Telefonge- bei VHDI und PCV nicht hätten ausgeräumt wer- spräch zwischen beiden. Nachdem am 25. Februar den können. Das Votum werde nach dem gegenwär- 1981 festgestellt worden war, daß man wegen Ter- tigen Stand negativ sein. Auf der Vorlage, die von minschwierigkeiten erst am 3. März 1981 eine Ver- Minister Hans Matthöfer am 3. März 1981 abge- bindung werde herstellen können, wurde auf einer zeichnet wurde, vermerkte Ministerialrat Dr. Wil- Büronotiz des Sekretariats von Eberhard von Brau- fried Haesen, der Parlamentarische Staatssekretär chitsch vom 27. Februar 1981 folgendes festgehal- Dr. Rolf Böhme habe sich dem negativen Votum ten: angeschlossen. „Matthöfer am 3. 3. anrufen. Wenn nicht erreich- Nach Aussage von Dr. Rolf Böhme vor dem 1. Un- bar, dann Nau anrufen." tersuchungsausschuß war diese Unterrichtungsvor- lage vom 24. Februar 1981 Gegenstand der Kolle- Ein Anruf bei Alfred Nau erfolgte — soweit fest- giumssitzung im Bundesfinanzministerium am sel- stellbar — nicht und hatte sich anscheinend auch ben Tage. erübrigt, weil am 3. März 1981 ein längeres Telefon- gespräch zwischen von Brauchitsch und Minister Einige Tage später hielt der Persönliche Referent Hans Matthöfer zustande kam. Eberhard von Brau- von Staatssekretär Dr. Horst Schulmann in einem chitsch notierte darüber für Dr. Friedrich Karl Vermerk fest, dieser lege — wie zuvor Staatssekre- Flick, Zweck des Gespräches sei es gewesen, „Matt- tär Manfred Lahnstein — großen Wert darauf, daß höfer an seine frühere Zusage zu erinnern", ihn, von in die Meinungsbildung der Steuerabteilung die Brauchitsch, zu einem Gespräch zu empfangen, be- volkswirtschaftlichen und versicherungswirtschaft- vor das Votum des Bundesfinanzministeriums an lichen Aspekte eingebracht würden, und bitte um das Bundeswirtschaftsministerium herausgehe. fortlaufende Unterrichtung. Matthöfer habe diese Zusage bestätigt und weiter erklärt, er habe von seiner Steuerabteilung über Staatssekretär Dr. Horst Schulmann hat bei seiner das „unergiebige Gespräch" vom 17. Februar 1981 staatsanwaltschaftlichen Vernehmung bestätigt, gehört. Da er nicht bereit sei, ohne weiteres das durch seinen Persönlichen Referenten eine entspre- negative Votum seiner Steuerabteilung zum Fall chende Weisung an den Leiter der „Versicherungs- Gerling hinzunehmen, habe er ein „Konfrontations- abteilung" sowie an den Leiter der für Grundsatz- gespräch" zwischen seiner Steuerabteilung und sei- fragen zuständigen Abteilung erteilt zu haben. Er ner Fachabteilung „Versicherungen" angeordnet, sei nämlich der Auffassung gewesen, daß hinsicht- das in Gegenwart des Parlamentarischen Staatsse- lich des Erwerbs einer Mehrheitsbeteiligung am kretärs Dr. Rolf Böhme stattfinden solle, der jedoch Gerling-Konzern nicht nur steuerrechtliche, son- derzeit krank sei. Deshalb sei die Steuerabteilung dern auch volkswirtschaftliche und versicherungs- jetzt beauftragt, auf der Grundlage des Gesprächs rechtliche Aspekte zu berücksichtigen gewesen sei- vom 17. Februar 1981 ein Votum mit dem doppelten en. Bei PCV sei es um die Entwicklung neuer Tech- Zweck zu erstellen, einerseits ihn, Hans Matthöfer, nologien zur Kohleveredelung gegangen, was ihm über den Stand der Angelegenheit zu unterrichten unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten eben- und andererseits eine Grundlage für das Streitge- falls prüfenswert erschienen sei. Die „fortlaufende spräch zwischen den beiden Abteilungen zu haben. Unterrichtung" habe sich dann aber darin er- Eberhard von Brauchitsch notierte weiter, Minister schöpft, daß ihm später eine Vorlage der Steuerab- Matthöfer werde den richtigen Zeitpunkt für ein teilung vom 13. März 1981 zusammen mit einer Stel- vorgesehenes Gespräch mit ihm überdenken und lungnahme der „Versicherungsabteilung" zugegan- glaube, der zweckmäßige Zeitpunkt dafür sei gege- gen sei, in der sich diese Abteilung dafür ausgespro- ben, wenn die Vorlage der Steuerabteilung einge- chen habe, das Gerling-Engagement als volkswirt- gangen sei, das „Streitgespräch" der beiden Abtei- schaftlich besonders förderungswürdig anzusehen. lungen aber noch nicht stattgefunden habe. Eber- hard von Brauchitsch bemerkte hierzu, wenn Matt- 348 höfer an diesem Timing festhalte, könne in den nächsten zehn Tagen mit dem Gespräch gerechnet Telefonat Eberhard von Brauchitschs werden. Sollte Matthöfer, der sich bei den Überle- mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer gungen zum richtigen Zeitpunkt des Gesprächs si- cher nicht allein bewege, einen anderen Zeitpunkt Staatssekretär Dr. Otto Schlecht war über diese für richtig halten, so sei nach diesem Telefonat je- Entwicklung im Bundesfinanzministerium unter- denfalls gewährleistet, daß kein Votum an das Bun- richtet. Am 25. Februar 1981 vermerkte er, Bundes- deswirtschaftsministerium gehe, ohne daß Matt- minister Hans Matthöfer habe „Hs" gerügt, Staats- höfer vorher mit ihm, von Brauchitsch, gesprochen sekretär Dr. Horst Schulmann werde sich darum im habe. Sinne einer positiven Lösung kümmern. Ende Februar 1981 erhielt der Flick-Konzern das in 349 Auftrag gegebene Ergänzungsgutachten zur Hol- ding-Problematik und leitete es umgehend an das Unterrichtung von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht Steuerreferat im Bundeswirtschaftsministerium durch Eberhard von Brauchitsch über sein Gespräch weiter. mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer In dieser Zeit bemühten sich die Sekretariate von In einem nur für seine eigenen Akten bestimmten Eberhard von Brauchitsch und von Minister Hans Vermerk hielt Eberhard von Brauchitsch außerdem Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

fest, er habe Staatssekretär Dr. Otto Schlecht „per- Unterschied ebenfalls herausgestellt. Auch das von sönlich/streng vertraulich" über sein Telefonge- Bundesfinanzminister Hans Matthöfer vorgese- spräch mit Minister Hans Matthöfer unterrichtet. hene „Streitgespräch" zwischen den beiden beteilig- Staatssekretär Dr. Schlecht habe hierzu folgendes ten Abteilungen des Bundesfinanzministeriums angemerkt: 1: Hans Matthöfer habe Dr. Otto Graf werde „uns" in dieser Problematik nicht weiterbrin- Lambsdorff bei einem Gespräch in der vergange- gen. nen Woche von sich aus gesagt, daß er sich das Ver- halten seiner Steuerabteilung nicht gefallen lasse Fritz Wacker bemerkte weiter, dies und andere Be- und den Fall Gerling positiv lösen möchte, wofür er obachtungen zeigten, daß es letztlich nicht um die aber auf eine breitere Basis gestellt werden müsse. steuersystematischen Bedenken gehe, wenngleich Deshalb habe er den für die Versicherungsabtei- sie nicht unterschätzt werden dürften. Auch bei ei- lung zuständigen Staatssekretär Dr. Horst Schul- ner „politischen" Entscheidung brauche das Bun- mann beauftragt, sich der Sache anzunehmen. Das deswirtschaftsministerium eine positive Reaktion Fazit sei also: Hans Matthöfer „möchte die Sache des Bundesfinanzministeriums zu der Frage, ob der Gerling positiv lösen, aber die Verantwortung nicht Steueranspruch als sichergestellt zu betrachten sei. allein auf seine Schultern nehmen." 2. Zu USF habe Hier würde die Steuerabteilung des Bundesfinanz- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht bestätigt, was Mi- ministeriums wahrscheinlich geltend machen, dies nister Dr. Otto Graf Lambsdorff schon früher ge- sei nicht der Fall, weil der Flick-Konzern sich unter sagt habe, daß er nämlich gewillt sei, den Fall gege- Hinweis auf das von ihm vorgelegte Rechtsgutach- benenfalls aus eigenen Stücken zu lösen, weil es ten darauf berufen könnte, daß eine Nebenbestim- sich hier um eine Argumentation handele, die nicht mung in einer Bescheinigung nach § 6 b EStG nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums der zulässig sei. Die Frage sei daher, wie diese Lücke Finanzen falle. geschlossen werden könne.

Bei einem Gespräch mit Ministerialrat Dr. Wolf- 350 gang Mühl am 25. Februar 1981 habe sich ergeben, daß dieser es für ausreichend halten würde, wenn Notiz von Dr. Friedrich Karl Flick der Flick-Konzern in .einer rechtsverbindlichen Er- zu Steuerrisiken des Flick-Konzerns klärung „ohne Wenn und Aber und für alle Zukunft" Anfang März 1981 kam Dr. Friedrich Karl Flick in auf Einreden gegen die Nebenbestimmung verzich- einer Notiz zu Fragen der Liquiditätsrechnung des te. Demgegenüber erwarte er, Fritz Wacker, auf- Flick-Konzerns an Eberhard von Brauchitsch noch- grund des Gesprächs vom 17. Februar 1981 aller- mals auf die Steuerrisiken beim 3. Antragsblock zu- dings, daß die Steuerabteilung des Bundesfinanzmi- rück und meinte, sie seien ihm und wahrscheinlich nisteriums einwenden werde, man dürfe nicht das auch den meisten damit befaßten Mitgliedern der private Vertragsrecht zu Hilfe nehmen, zumal dies Geschäftsführung seit eh und je bekannt gewesen. eine Sonderbehandlung des Flick-Konzerns darstel- Von Brauchitsch hätten sie jedenfalls seit der Be- len würde, die eigentlich von vornherein ausge- sprechung der Gesellschafter im November 1980 be- schlossen worden sei. Es sei nicht unwichtig, gab kannt sein müssen, bei der Fritz Wacker als kompe- Fritz Wacker weiter zu bedenken, in der Bespre- tentes Mitglied der Geschäftsführung klargestellt chung mit Minister Hans Matthöfer die mögliche habe, daß von Brauchitschs „Unterstellung, daß Ge- Weiterbehandlung des Antrags betreffend VHDI in leitzug 3 im ganzen durchgeht, nicht richtig" sei. dieser Richtung zu erörtern, weil dieser andernfalls hinterher von seinen Beamten der Steuerabteilung mit diesen neuen Bedenken eingedeckt werde und 351 sich wiederum „auf dünnem Eis" fühle. Es sei des- halb ganz gut, wenn Eberhard von Brauchitsch zu Vorbereitung Eberhard von Brauchitschs auf ein dem Gespräch mit Matthöfer einen Vorschlag für Gespräch mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer den Wortlaut einer Erklärung des Flick-Konzerns über den Verzicht auf Einwände gegen die Gültig- Zur Vorbereitung auf das in dem Telefongespräch keit einer Nebenbestimmung sowie für die Neben- vom 3. März 1981 verabredete Gespräch Eberhard bestimmung selbst mitnehme. Es gehe darum, von Brauchitschs mit Minister Hans Matthöfer, das Matthöfer konkret vor Augen zu führen, wie man dann aber in der nächsten Zeit nicht zustande kam, die Sache aus behördlicher Sicht „wasserdicht" ma- erstellte Fritz Wacker am 11. März 1981 eine Notiz, chen könne, so daß er wenigstens von seiten des in der er zunächst ausführte, bei der Bewertung der Bundesrechnungshofs keine Vorwürfe zu erwarten steuersystematischen Einwände der Steuerabtei- hätte. lung des Bundesfinanzministeriums sei folgendes zu bedenken: Ministerialdirektor Dr. Karl Koch Zu dem vorgesehenen „Streitgespräch" meinte Fritz habe in der Besprechung vom 17. Februar 1981 mit Wacker abschließend, es könne dazu beitragen, die „erstaunlicher Offenheit" erklärt, daß diese Beden- Bedeutung der steuerrechtlichen und steuersyste- ken vielleicht nicht so ernst genommen werden matischen Einwände in den Gesamtzusammenhang müßten, wenn es sich nicht um derart große Be- zu stellen und dadurch zu relativieren und träge handele. Bei einem ähnlich gelagerten Fall habe es vor einigen Jahren diese Bedenken vermut- „die Koch, Uelner und Bordewin als juristische lich auch nicht gegeben, weil es sich nur um eine Erbsenzähler erscheinen zu lassen. Das funktio- zweiprozentige Beteiligung an der VHDI gehandelt niert aber nur, wenn das Versicherungsreferat habe; Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl habe diesen erstklassig vorbereitet und Ma. selbst anwesend Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

ist. Findet das Streitgespräch mit Dr. Böhme als Auf Veranlassung des mitzeichnenden Unterabtei- Schiedsrichter statt, so steht das Ergebnis schon lungsleiters Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner vorher fest." wurde in der Vorlage weiter ausgeführt, beim VHDI-Antrag seien die Voraussetzungen des § 6 b Ähnlich hat sich Fritz Wacker auch bei seiner EStG auch deshalb nicht gegeben, weil sich hinter staatsanwaltschaftlichen Vernehmung geäußert dem Erwerb von Versicherungs- und Bankbeteili- und erklärt, das „Streitgespräch" hätte aus seiner gungen — soweit in den Anschaffungskosten Geld- Sicht nur den Sinn haben können, den Beamten der vermögen der Beteiligungsgesellschaften repräsen- Steuerabteilung durch das „Versicherungsreferat" tiert sei — praktisch unkontrollierbare Transaktio- darstellen zu lassen, daß die Bescheinigung für nen verbergen könnten. So sei nicht ausgeschlos- einen volkswirtschaftlich besonders förderungs- sen, daß Versicherungen und Banken das zur Verfü- würdigen Beteiligungserwerb nicht an „teilweise gung gestellte Geld tatsächlich als Darlehen wieder nahezu unverständlichen steuerrechtlichen Beden- an den Erwerber oder seine Konzerngesellschaften ken" scheitern dürfe. zurückgäben, über das diese dann frei verfügen könnten. Um die besondere volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit bejahen zu können, müßte aber in jedem Falle der Kreislauf des Geldes festge- 352 stellt und kontrolliert werden, welche Investitionen „letztlich" getätigt worden seien. Ministervorlage im Bundesfinanzministerium vom 13. März 1981 Auch beim Antrag betreffend PCV könne die volks- wirtschaftliche Förderungswürdigkeit schon aus In einer Ministervorlage zu den laufenden Flick steuerlichen Gründen nicht bejaht werden, weil Anträgen vom 13. März 1981 machte die Steuerab- hier dieselbe Holding-Problematik wie beim Ger- teilung des Bundesfinanzministeriums den Vor- ling-Engagement bestehe. Beim Antrag betreffend schlag, mit Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff ein USF sei die nach § 4 AIG erforderliche Vorausset- Gespräch zu dem Gesamtkomplex zu führen und zung nicht gegeben, daß der Erwerb der Beteiligung dabei die Auffassung zu vertreten, daß der Ertei- geeignet sei, der internationalen Arbeitsteilung lung der beantragten Bescheinigungen nicht zuge- oder einer verstärkten weltwirtschaftlichen Ver- stimmt werden könne, und zwar im wesentlichen flechtung zu dienen. Hierfür sei nämlich die Mög- aus folgenden Gründen: Beim Antrag betreffend lichkeit einer „Einflußnahme auf die unternehmeri- VHDI könne die besondere volkswirtschaftliche sche Gestaltung` in dem ausländischen Unterneh- Förderungswürdigkeit, die von der „Versicherungs- men erforderlich, die sich allein aus den Koopera- abteilung` unter versicherungswirtschaftlichen tionen zwischen Flick-Tochtergesellschaften und Aspekten angenommen werde, aus steuerlichen Tochtergesellschaften von USF nicht ergebe. Es sei Gründen nicht bejaht werden. Bei der Beurteilung auch nicht ersichtlich, daß von dem Beteiligungser- der volkswirtschaftlichen Förderungswürdigkeit werb andere, „besonders deutliche positive Rück- seien auch steuerliche Aspekte zu berücksichtigen, wirkungen auf die inländische Volkswirtschaft, ins- wobei sich die steuerliche Prüfung des Bundesfi- besondere auf den Arbeitsmarkt", ausgingen. nanzministeriums vornehmlich auf die Frage bezie- he, ob gewährleistet sei, daß die wiederangelegten Am 24. März 1981 übersandte Ministerialrat Dr. Veräußerungsgewinne nicht endgültig der Besteue- Wolfgang Mühl Ministerialrat Dr. Arno Bordewin rung entzogen würden. Die spätere Versteuerung das vom Flick-Konzern in Auftrag gegebene Ergän- sei infolge der Holding-Konstruktion nicht gewähr- zungsgutachten, in dem die Zulässigkeit einer Ne- leistet, weil das Gerling-Engagement des Flick-Kon- benbestimmung in einer Bescheinigung nach § 6 b zerns nicht nur durch Veräußerung seiner VHDI- EStG bejaht wurde. In einer ergänzenden Minister- Beteiligung, sondern auch durch Veräußerung der vorlage vom 1. April 1981 teilte die Steuerabteilung GKB-Beteiligung durch die VHDI gelöst werden des Bundesfinanzministeriums daraufhin mit, auch könne. Die Gefahr eines endgültigen Steuerausfalls das Ergänzungsgutachten führe nicht zu einer Än- lasse sich auch nicht durch eine Nebenbestimmung derung ihrer Stellungnahme und ihres Vorschlags in einer Bescheinigung ausschließen. Die in Be- in der Vorlage vom 13. März 1981. Die Reinschrift tracht kommenden Nebenbestimmungen seien hier dieser Vorlage wurde am 2. April 1981 im Büro der nämlich grundsätzlich nicht zulässig. Außerdem Leitung des Bundesfinanzministeriums abgegeben seien bisher Bescheinigungen nach § 6 b EStG nicht und von Staatssekretär Dr. Günter Obert am mit derartigen Nebenbestimmungen versehen wor- 3. April abgezeichnet. den, so daß man hier zu einer von der bisherigen Praxis abweichenden erweiternden Auslegung des § 6 b EStG und damit zu einer „Bevorzugung" des 353 Flick-Konzerns kommen würde. Eine „extensive" Auslegung stünde im übrigen im Widerspruch zu Probleme der steuerlichen Veranlagung für 1978 dem Vorschlag der Steuerabteilung, durch Geset- zesänderung für die Zukunft § 6 b EStG einzu- Unterdessen erfuhr Fritz Wacker am 2. April 1981 schränken. Für den Fall, daß man sich über die von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl zum Stand rechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer des Verfahrens im Bundesfinanzministerium, Mini-- Nebenbestimmung hinwegsetze, wurden weiter sterialdirektor Dr. Karl Koch warte auf eine Reak- noch Möglichkeiten, Folgen und Effektivität denk- tion seines Ministers auf die Vorlagen der Steuer- barer Nebenbestimmungen erörtert. abteilung. Bundesminister Dr. Otto Graf Lambs- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode dorff und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht hätten nes akuten Herzanfalles mindestens für einen Mo- im Bundesfinanzministerium auf baldigen Ab- nat aus; er müsse sich erfahrungsgemäß nach einer schluß des Verfahrens gedrängt. Wacker machte baldigen Entlassung aus dem Krankenhaus einer nach seiner Notiz seinen Gesprächspartner weiter längeren Kur unterziehen. Man sehe sich jetzt fol- darauf aufmerksam, das Finanzamt Düsseldorf gender Situation gegenüber: Nach der Geschäfts- werde die Veranlagung für das Jahr 1978 ohne Be- ordnung der Bundesregierung vertrete im Innen- rücksichtigung der noch ausstehenden drei Be- verhältnis der zuständige Staatssekretär für seinen scheinigungen durchführen; der Flick-Konzern sei Aufgabenbereich den Minister. Im Außenverhältnis deshalb gezwungen, Rechtsmittel einzulegen mit werde Bundesfinanzminister Hans Matthöfer durch der Begründung, die immer noch nicht erfolgte Ent- Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambs- scheidung über die Anträge sei von den zuständi- dorff vertreten. Solange „unser dritter Geleitzug gen Behörden zu vertreten. Ministerialrat Dr. Wolf- noch im Innenbereich" des Bundesfinanzministeri- gang Mühl habe dafür volles Verständnis geäußert. ums behandelt werde, hätten es also die dortigen Außerdem sei mit ihm abgestimmt worden, ihm Staatssekretäre miteinander zu tun; die Steuerab- „inoffiziell" den Entwurf eines Briefes des Flick teilung und die „Versicherungsabteilung" unter- Konzerns mit einem Verzicht auf Rechtsmittel im stünden im Bundesministerium der Finanzen ver- Falle der Erteilung einer Bescheinigung mit einer schiedenen Staatssekretären. Sobald die Angele- Nebenbestimmung zuzusenden. Dr. Mühl werde genheit im Bundesministerium der Finanzen aller- den Entwurf kritisch durchsehen, das Rechtsreferat dings „ministerreif" sei, könne eine Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums hinzuziehen von Minister Dr. Otto Graf Lambsdorff für Minister und sich danach melden; er werde den Entwurf Hans Matthöfer nicht ausgeschlossen werden. Es aber nicht von sich aus an das Bundesfinanzmini- bleibe abzuwarten, „ob Lambsdorff eine solche Ge- sterium geben. legenheit wahrnimmt". Eberhard von Brauchitsch kündigte an: „Ich werde — natürlich mit der gebotenen Pietät 354 — am Ball bleiben und, wenn sich etwas Neues Briefentwurf von Dr. Axel Schmidt-Hern ergibt, weiter berichten. für eine Nebenbestimmung Zunächst einmal habe ich Frau Matthöfer ein paar Blumen geschickt." Noch am selben Tage übersandte Fritz Wacker ei- nen entsprechenden von Dr. Axel Schmidt-Hern er- stellten Briefentwurf. Darin wurde zu den Beden- 355 ken des Bundesministeriums der Finanzen gegen eine Nebenbestimmung ausführlich Stellung ge- Holdingproblematik beim Antrag nommen. Im wesentlichen wurde geltend gemacht, eines anderen Unternehmens es komme nicht darauf an, ob die Anwendung des § 6 b EStG bei einer Holding-Konstruktion eine Er- Anfang Mai 1981 informierte ein Mitarbeiter des weiterung des bisherigen tatsächlichen Anwen- Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch und dungsbereichs der Vorschrift darstelle, sondern Fritz Wacker vertraulich über einen Steuerbeschei- darauf, ob die Vorschrift in diesem Fall rechtlich nigungsantrag eines anderen Unternehmens mit ei- zulässigerweise angewendet werden könne. Zur ner ähnlichen Holding-Problematik wie beim An- Frage eines Präjudizcharakters einer Bescheini- trag betreffend VHDI, zu dem am 28. April 1981 eine gung für die VHDI-Beteiligung wurde ausgeführt, Besprechung mit Vertretern der Antragstellerin im die Holding-Struktur sei im Grunde kein neuer, bis- Bundesfinanzministerium stattgefunden habe. In her noch nicht entschiedener Tatbestand. Denn die dieser Besprechung sei zwar der Antrag des Flick hier erhobenen Bedenken im Hinblick auf die Si- Konzerns betreffend VHDI nicht zur Sprache ge- cherstellung der späteren Besteuerung bestünden kommen. Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner auch bei einer Beteiligung an einer produzierenden habe aber darauf hingewiesen, daß „andere" — wo- Kapitalgesellschaft, wenn der Anteilseigner die mit der Flick-Konzern und dessen Antrag betref- Kapitalgesellschaft veranlassen könne, das von ihr fend VHDI gemeint gewesen sein dürften — sich betriebene Unternehmen zu veräußern. Die Nicht- auf eine Bescheinigung in diesem Fall als Präze- anwendung des § 6 b EStG auf Holdinggesellschaf- denzfall berufen könnten. ten stelle im übrigen eine wesentliche Einschrän- kung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift dar, weil nahezu jede größere Kapitalgesellschaft 356 ihrerseits abhängige Unternehmen habe und inso- weit Holding sei. Schließlich dürfe auch nicht außer Verzögerung der Entscheidung Betracht bleiben, daß man die Gerling-Struktur vor- über ein Gespräch beider Bundesminister gefunden habe und nur vor der Alternative gestan- den habe, diese Struktur in Kauf zu nehmen oder Möglicherweise infolge der Erkrankung von Bun- von einem Beteiligungserwerb gänzlich abzusehen. desfinanzminister Hans Matthöfer verzögerte sich die abschließende Entscheidung im Bundesfinanz- Am 7. April 1981 teilte Eberhard von Brauchitsch ministerium über die Ministervorlagen vom- Dr. Friedrich Karl Flick mit Durchschrift für 13. März und 1. April 1981 mit dem Vorschlag, über Dr. Klaus Götte und Fritz Wacker „streng vertrau- den Gesamtkomplex ein Gespräch mit Bundeswirt- lich" mit, Minister Hans Matthöfer falle wegen ei schaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff zu führen Deutscher Bundestag – 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 und „dabei die Auffassung zu vertreten, daß aus den verträge überprüft und eine „Aufstellung über dargelegten Gründen der Erteilung der Bescheini- Spenden und Zuwendungen" gemacht werden; wei- gung nicht zugestimmt werden kann". Auf der zwei- ter war vermerkt: „Büro Bonn und Kreille kann ten Vorlage findet sich mit dem Datum 9. April 1981 zugemacht werden." Ferner hieß es: eine Sachstandsanfrage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme an den Leiter der „3. Stand der Angelegenheiten 6b/4 Steuerabteilung, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch; Es war ein großer Fehler, sich in den Fällen das Datum von dessen Erledigungsvermerk ist USF und Gerling nicht vorher eine schriftli- nicht genau erkennbar. Mit Datum vom 8. Mai 1981 che Zusage geben zu lassen. So ist das in vermerkte Dr. Böhme auf der Vorlage: „Gerling anderen Fällen wie bei ... nämlich gehand- zwar förderungswürdig, aber rechtlich nicht mög- habt worden. lich"; ferner wurde dort verfügt: „Bitte AE an BMWi". Vermerk und Verfügung wurden von Bun- vB soll jetzt sofort zu M&L hingehen, wobei desfinanzminister Hans Matthöfer ebenfalls am überlegt werden soll, ob nicht Aufteilung — 8. Mai 1981 abgezeichnet. nämlich daß Kl. zu La hingeht. Im Zuge der USF-Abgabe muß es dann ja möglich sein, die Genehmigung für Gerling zu besorgen, wie 357 denn sonst.

Überlegungen des Flick-Konzerns im Mai 1981 Angeblich ist ja im Fall ... eine 6 b-Genehmi gung gegeben worden für einen Holding-Be Notizen und Aufzeichnungen von Eberhard von sitz .. . Brauchitsch, Dr. Friedrich Karl Flick und Alfred Frage an vB: Wo ist das Papier, wo ist die Nau deuten darauf hin, daß im Mai 1981— während Genehmigung, wo ist der schriftliche Be- einerseits die Entscheidung über die noch anhängi- scheid? .. . gen Anträge im Bundesministerium der Finanzen und im Bundesmini sterium für Wirtschaft näher- Schröder soll bei ... die Akten besorgen und rückte und andererseits im Flick-Konzern Überle- anschließend soll ein Gutachten erstellt wer- gungen zur Rücknahme des USF-Antrags zugun- den, ob dieser Fall, falls er auch wirklich so sten der anderen Anträge weitergingen sowie zwi- existent ist, d. h. wenn er so genehmigt wor- schen von Brauchitsch und Dr. Flick Differenzen den ist, auch für unseren Fall zutrifft. deutlicher hervortraten — bei einem Treffen zwi- Auf keinen Fall soll bei dem Besuch am Mon- schen von Brauchitsch und Nau über eine Spende tagnachmittag dem Herrn N. irgendeine Zu- im Zusammenhang mit dem 3. Antragsblock ge- sage gegeben werden, man muß ihm klar sa- sprochen wurde, die dann aber wegen fehlender Zu- gen, daß wir zu nichts mehr bereit sind, bevor stimmung von Dr. Flick nicht geleistet wurde. nicht endlich der Steuerentscheid da ist." Hierzu liegen folgende Notizen und Aufzeichnun- Vermutlich in bezug auf die USF-Beteiligung setzte gen vor, die zum Teil nicht nur für diesen Einzelfall Dr. Friedrich Karl Flick noch handschriftlich fol- von Bedeutung sind, sondern darüber hinaus auch gende Stichworte hinzu: Aufschluß über die Spendenmotive und -praxis des Hauses Flick geben: „vB) Gefahr Verkaufszwang. Völlig Steuer aus bei Erklärung (ziehen Antrag zurück)." Mit Notiz vom 8. Mai 1981 teilte Eberhard von Brau- chitsch Dr. Friedrich Karl Flick zu einem bevorste- Über dieses Gespräch mit Dr. Flick notierte Eber- henden Treffen mit Alfred Nau am Montag, dem hard von Brauchitsch am 12. Mai 1981: 11. Mai 1981, mit: „Wir haben uns über das Thema 6b/4 unterhal- „Nau hat mich zu einem Gespräch nach Bonn ten. FK hat erneut seinen Unmut (verständlicher- gebeten. Ich muß davon ausgehen, daß es sich um weise) über die schleppende Behandlung in Bonn unseren letzten Geleitzug handelt. Bei dieser für den 3. Geleitzug zum Ausdruck gebracht. FK Sachlage habe ich für Montag ... abgesagt und hat erneut die Frage nach dem richtigen Timing gehe statt dessen zu Nau ... ”. für die ,Opferung` von USF gestellt. Ich habe auf die Sorge aufmerksam gemacht, daß wir das Op- Auf dieser Notiz vermerkte Dr. Friedrich Karl fer bringen und die Steuer zahlen müssen, bevor Flick: USF realisiert ist. FK möchte das Thema noch einmal in der Partnerkreissitzung vom 12. 5. 1981 „Keine Zusagen geben". behandeln. Siehe hierzu auch meine Notiz über In einer Aufzeichnung über „Wichtige anstehende das Gespräch mit A. N." geschäftliche Besprechungspunkte" vom 11. Mai 1981 für ein Gespräch mit Eberhard von Brau- 358 chitsch am selben Tage in München ging Dr. Fried- rich Karl Flick zunächst im Zusammenhang mit der Bemühungen von Dr. Friedrich Karl Flick Finanzplanung des Konzerns auf die Steuerrisiken um Aufklärung des Umfangs von Spenden - bei den Anträgen VHDI und PCV ein und hielt an die Friedrich-Ebert-Stiftung Überlegungen zur Veränderung der Organisation und zur Verringerung des Aufwandes bei der Zen- Mit Notiz vom 12. Mai 1981 erbat Dr. Friedrich Karl trale in Düsseldorf fest. So sollten die Beratungs Flick von Eberhard von Brauchitsch eine „Aufstel- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode lung über Spenden und Zuweisungen, in der nicht Beide Notizentwürfe wurden Eberhard von Brau- nur Zahlen enthalten sind, die die FKG und/oder chitsch nicht zugeleitet, und zwar nach Aussage I.V. geleistet haben bzw. leisten sollen, sondern Dr. Friedrich Karl Flicks deshalb nicht, weil sich die auch Beträge, die Konzerngesellschaften auf un- darin enthaltenen Angaben über den Gesamtbetrag sere Veranlassung bezahlen müssen." Mit Vermerk der Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung in der vom 22. Juni 1981 übermittelte Eberhard von Brau- Vergangenheit als falsch erwiesen hätten. chitsch dann auch „wunschgemäß" eine allerdings nicht vollständige Aufstellung, die später der Eine Notiz von Eberhard von Brauchitsch über sein Schutzschrift für Dr. Friedrich Karl Flick in dem Gespräch mit „A. N." hat dem 1. Untersuchungsaus- staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren beigefügt schuß nicht vorgelegen. Eine bei Alfred Nau gefun- wurde. dene, bereits erwähnte undatierte handschriftliche Notiz, die er möglicherweise erst nach seiner staats- Mit Datum vom 25. Mai 1981 wurde von Rechtsan- anwaltschaftlichen Vernehmung gefertigt hat, ent- walt Dr. Detlef Wunderlich für Dr. Friedrich Karl hält unter anderem folgende Stichworte: Flick der Entwurf einer Notiz an Eberhard von Brauchitsch mit folgendem Wortlaut verfaßt: „Mai 81: Einladung ü. Telefon für 11. Mai/Geleitzug! 3 Gruppe „Durch reinen Zufall erhalte ich jetzt einen Hin- Schelte Chef: keine Zusage

weis, daß Du der Friedrich-Ebert-Stiftung DM " " am 4,5 Mio. Firmengelder gestiftet haben sollst. Ich 25.5.81 bitte um umgehende Meldung, ob dies zutrifft. Wohltaten unmöglich 4. 5. ohne volle Zustimmung" Eine derart maßlose Schenkung ohne mein Ein- verständnis wäre ungeheuerlich und vertrauens- Der 1. Untersuchungsausschuß hat aufgrund dieser zerstörend. Als vor langem einmal von einer Zu- Schriftstücke sowie der Aussagen von Dr. Friedrich wendung in diese Richtung die Rede war, ging ich Karl Flick, Eberhard von Brauchitsch und Dr. Klaus selbstverständlich davon aus, daß sie sich im übli- Götte als Zeugen die Überzeugung gewonnen, daß chen Rahmen bewegt. im Frühjahr 1981 im Zusammenhang mit den Be- In welches Licht bringst Du das Haus, wenn wir mühungen von von Brauchitsch um den 3. Antrags- 6b-Anträge laufen haben und gleichzeitig in die block eine Spende an Alfred Nau ins Auge gefaßt Richtung dieser Regierung Wohltaten dieser Grö- war, die dann wegen fehlender Zustimmung von ßenordnung ausschütten. Oder beinhaltet das Dr. Flick nicht geleistet wurde. Der Untersuchungs- Präsent Deine Fahrkarte nach Washington? ausschuß hat nicht feststellen können, inwieweit von Brauchitsch mit Nau darüber im einzelnen ge- Ich erwarte dringend Deine Stellungnahme." sprochen und sogar eine entsprechende „Zusage" gegeben hatte. Vom 27. Mai 1981 stammt ein weiterer Notizentwurf für Dr. Flick zu diesem Thema mit folgendem In- Entscheidende Bedeutung mißt der 1. Untersu- halt: chungsausschuß den Aussagen von Dr. Klaus Götte bei. Dieser hat glaubhaft bekundet, Eberhard von „Entwurf (in dieser Fassung noch nicht mit Brauchitsch habe ihm in einem Gespräch, in dem er Dr. W. abgestimmt) erstmalig von den Parteispenden während der lau- Notiz an Herrn von Brauchitsch fenden Steuer-Verfahren gehört habe, mitgeteilt, es Seit langen Jahren habe ich mündlich darum ge- stünde „noch oder in absehbarer Zeit wieder" eine beten, eine Aufstellung zu erhalten, die mir Auf- Spende an „Herrn Nau von der SPD" an. Er, schluß darüber gibt, welche Spenden und Zuwen- Dr. Götte, habe Dr. Friedrich Karl Flick bei der dungen von der FKG und/oder V.G. bzw. I.V. ge- nächsten Begegnung gesagt, daß er die Zahlung von leistet werden bzw. wurden, die ich jedoch nie Parteispenden während der laufenden Verfahren erhalten habe. Mit Notiz vom 12.5. d. J. an Dich nicht in Ordnung finde. Aus den Aussagen von habe ich nun erneut eine solche Aufstellung erbe- Dr. Götte und Dr. Flick ergibt sich auch, daß Dr. ten, um endlich auch einmal in dieses Zahlenma- Götte es war, der nach seinem Gespräch mit von terial Transparenz zu bringen. Brauchitsch Dr. Flick die — allerdings nicht zutref- Dies erscheint mir um so wichtiger und dringli- fende — Gesamtsumme von 4,5 Millionen DM Spen- den an die Friedrich-Ebert-Stiftung genannt hatte, cher, als ich durch Zufall erfahren habe, daß die die dann erstmals in dem Notizentwurf vom 25. Mai der jetzigen Regierung nahestehende F. E. St. von 1981 auftauchte. uns eine Zuwendung in Höhe von DM 4,5 Mio. erhalten haben soll. Dies erstaunt mich auf äu- ßerste, zumal Deine kürzliche Anfrage, der F. E. St. mit einem Betrag von ca. 1 Mio. DM unter 359 die Arme zu greifen, von mir negativ beschieden wurde. Hierzu erwarte ich baldigste Aufklärung. Überlegungen zur Rücknahme des Antrags betreffend USF Im übrigen bin ich nach wie vor zu allen 6 b/4 Anträgen der Meinung, daß wir rechtens handeln Seiner Aussage vor dem 1. Untersuchungsausschuß und uns parlamentarischer Kunsttricks nicht zu zufolge erfuhr Staatssekretär Dr. Otto Schlecht - befleißigen brauchen, die dem Image des Hauses möglicherweise am 9. Mai 1981 erstmals bei einem abträglich sind und höchstens dem jeweiligen Telefongespräch mit Eberhard von Brauchitsch von Überbringer kurzfristig dienlich sein können." Überlegungen des Konzerns, den Antrag betreffend Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

USF fallen zu lassen, um die Chancen für die ande- gender steuerrechtlicher Bedenken, bei US-Fil- ren Anträge zu verbessern. Bei dieser Gelegenheit ters wegen Zweifel an volkswirtschaftlicher För- habe er auch erfahren, daß es zu dieser Frage Ge- derungswürdigkeit). Die negative Haltung des spräche zwischen Vertretern des Flick-Konzerns BMF würde uns nunmehr schriftlich mitgeteilt und dem Bundesfinanzministerium gegeben habe werden." und daß der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme die Anregung, den Antrag betref- Auf einem von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht ab- fend USF zugunsten des Antrags betreffend VHDI gezeichneten, für seine Kollegiumsunterlagen be- zurückzuziehen, wohlwollend aufgenommen habe. stimmten Exemplar dieser Vorlage wurde hand- Staatssekretär Dr. Schlecht hat sich bei seiner Aus- schriftlich als „Votum I A 3" folgendes festgehal- sage zwar auf Aufzeichnungen gestützt, ist sich ten: aber nicht sicher gewesen, ob er diese Informatio- „weiteres Vorgehen abhängig machen von Be- nen bei einem Telefongespräch am 9. Mai 1981 oder gründung; Bescheid an Flick muß BMWi ma- erst am 5. Juni 1981 erhielt. Jedenfalls habe er so- chen! wohl bei dieser Gelegenheit wie auch bei späteren Gesprächen einen derartigen „deal" abgelehnt. — US-Filter: könnte gegen BMF entschieden werden (erstmalig!) wenn BMF volkswirtsch. Förd. bezweifelt. 360 — Gerling u. PCV: steuerrechtliche Fragen aus- Eberhard von Brauchitschs Bericht schlaggebend: kaum gegen BMF zu entschei- für Dr. Friedrich Karl Flick vom 12. Mal 1981 über den." Informationen aus dem Bundesfinanzministerium Als Ergebnis der Kollegiumssitzung im Bundes- Am 12. Mai 1981 notierte Eberhard von Brauchitsch wirtschaftsministerium am 14. Mai 1981 wurde dazu für Dr. Friedrich Karl Flick, nach einer Information notiert: aus Bonn zeige sich folgendes Bild: „1.) Minister will Gerling-Fall positiv entschei- „1. Die von Matthöfer eingesetzte Arbeitskom- den (Matthöfer im Grunde auch!) mission der Versicherungsabteilung im BFM unter Leitung von Staatssekretär Schulmann 2.) Zunächst Bescheid BMF abwarten. ist zu einem positiven Ergebnis gekommen. 3.) I/I A 3 sind unterrichtet." 2. Matthöfer werde bei ehester Gelegenheit — Auf der Kopie der Vorlage für die Referatsakten möglicherweise noch in dieser Woche — mit heißt es dann: Schulmann über das Ergebnis konferieren. 3. Mein Mittelsmann wird Matthöfer persönlich „Nach Mitteilung von H. StS Dr. Schlecht hält Minister an positiver Beurteilung im Falle Flick- auf das Risiko der ,Ungleichbehandlung` auf- Gerling fest. Ein Gespräch Minister Lambsdorff/ merksam machen im Zusammenhang mit der Kohlensäure-Industrie." Min. Matthöfer habe ergeben, daß auch BM Matt- höfer ... ” [Der Rest dieser handschriftlichen No- Ob die Informationen hinsichtlich einer „Arbeits- tiz ist unleserlich] kommission" im Bundesfinanzministerium zutraf, ist allerdings zweifelhaft. Staatssekretär Dr. Horst Schulmann hat bei seiner staatsanwaltschaftlichen 362 Vernehmung nichts von einer von ihm geleiteten „Arbeitskommission" berichtet und auch erklärt, Der Vorschlag für eine Begründung seiner Erinnerung nach kein Gespräch mit Bundes- der ablehnenden Entscheidung finanzminister Hans Matthöfer über den Antrag be- von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer treffend Gerling geführt zu haben. Die Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums legte Bundesminister Hans Matthöfer mit Vorlage 361 vom 18. Mai 1981 den Entwurf für ein Schreiben an den Bundeswirtschaftsminister vor. Darin wurde Die vermeintlich ablehnende Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, die spätere Besteue- von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer rung der auf die VHDI-Beteiligung übertragenen zum VHDI-Antrag Veräußerungsgewinne sei nicht gesichert. Gegen eine Nebenbestimmung zur Verhinderung eines Ebenfalls am 12. Mai 1981 informierte Ministerial- endgültigen Steuerausfalls bestünden erhebliche rat Dr. Wolfgang Mühl Bundesminister Dr. Otto rechtliche Bedenken; zudem sei zweifelhaft, welche Graf Lambsdorff wie folgt: rechtliche Wirkung eine Nebenbestimmung haben „Vertraulich! EILT! würde. Deshalb laufe Herr MD Dr. Koch hat mich soeben telefonisch „unter diesen Umständen ... die Erteilung der darüber unterrichtet, daß Herr Minister Matthö- Bescheinigungen nach § 6 b EStG auf eine Aus-- fer in allen drei Antragsfällen der Fa. Flick nega- weitung der bisherigen Bescheinigungspraxis tiv entschieden habe (bei Gerling und PCV wegen hinaus, die nach meiner Meinung durch das Ge- Holdingproblematik und damit zusammenhän setz nicht mehr gedeckt wäre." Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Der Antrag betreffend PCV sei genauso zu beurtei- alles daran, daß wir sobald wie möglich die von len, weil die der PCV im Wege einer Kapitalerhö- Dir in Aussicht gestellten positiven Bescheide in hung zugeführten Mittel zum Erwerb von Beteili- den Angelegenheiten Gerling (incl. Kapitalerhö- gungen verwendet würden, die PCV sich aber von hung) und PCV bekommen. Es geht nicht an, daß diesen Engagements mit der Folge eines endgülti- wir weiter zuwarten; sonst kann ich unternehme- gen Steuerausfalls trennen könne. Beim Antrag be- risch nicht mehr disponieren. Bisher sind wir ja treffend USF seien die Voraussetzungen des § 4 fiskalisch — entgegen Deinen Prognosen — mehr AIG — Eignung, der internationalen Arbeitsteilung als schlecht gefahren." oder einer verstärkten weltwirtschaftlichen Ver- flechtung zu dienen — nicht gegeben. Eine bloß Am 25. Mai 1981 berichtete von Brauchitsch kapitalmäßige Verflechtung reiche hierfür nicht Dr. Flick über eine USA-Reise mit Bundeskanzler aus; vielmehr sei eine Einflußnahme auf die unter- Helmut Schmidt folgendes: Obwohl sich seine Teil- nehmerische Gestaltung in dem ausländischen Un- nahme für das Verhältnis der Flick-Gruppe zum ternehmen erforderlich. Aus den zwischen Flick- Bundeskanzler sicherlich als nützlich erwiesen Tochtergesellschaften und Tochtergesellschaften habe, sei es zu einem Gespräch unter vier Augen von USF vorgesehenen Kooperationen ergebe sich wegen des 3. Geleitzuges auf dem Rückweg nicht aber noch nicht die Möglichkeit eines direkten un- gekommen. Die Reise habe außerdem gezeigt, daß ternehmerischen Engagements in den amerikani- die Haltung von Bundeskanzler Schmidt und seiner schen Unternehmen. Es sei auch nicht ersichtlich, engeren Umgebung zur deutschen Wirtschaft eine daß von dem Beteiligungserwerb andere, „beson- rein pragmatische sei. Von Brauchitsch fuhr fort: ders deutliche positive Rückwirkungen auf die in- „Man stellt sich gut mit uns, solange man uns ländische Volkswirtschaft, insbesondere auf den Ar- braucht. Im tiefsten Inneren aber sind die Leute beitsmarkt", ausgingen. Der Briefentwurf schloß alle auf die Gewerkschaften und deren politische mit dem Satz: Kraft in der Bundesrepublik fixiert. Hierfür hat „Aus den dargelegten Gründen sehe ich mich es auf der Reise eine Reihe von Einzelbeispielen nicht in der Lage, der Erteilung von Bescheini- gegeben. Wir sollten uns also im Saldo keinen gungen nach § 6 b EStG für den Erwerb von An- Illusionen hingeben, was sog. ,Wirtschaftsfreund- teilen an der VHDI und an der PCV und der lichkeit` des Kanzlers angeht. Uns bleibt nur die Bescheinigung nach § 4 AIG für den Erwerb von Möglichkeit, unsere eigenen Interessen mit die- Anteilen an der USF zuzustimmen." ser Regierung zu verfolgen, so lange sie noch die Mehrheit hat." In dem Begleitvermerk zu diesem Briefentwurf wurde darauf hingewiesen, es sei davon abgesehen worden, in dem Brief zu erwähnen, daß rein volks- 364 wirtschaftlich gesehen gute Gründe für eine posi- tive Beurteilung der beiden Anträge nach § 6 b EStG Bericht Eberhard von Brauchitschs über angeführt werden könnten. Da nicht auszuschlie- ein „Streitgespräch" im Bundesfinanzministerium ßen sei, daß der Flick-Konzern den Rechtsweg be- Ebenfalls am 25. Mai 1985 berichtete Eberhard von schreite, sollten aber alle Möglichkeiten der rechtli- Brauchitsch an Dr. Friedrich Karl Flick aus „heuti- chen Begründung für den ablehnenden Standpunkt gen Gesprächen mit Bonn": Das „Streitgespräch" offengehalten werden. Der Leiter des Minister- zwischen der „Fachabteilung Steuern" und der büros im Bundesfinanzministerium, Ministerialrat „Fachabteilung Versicherung" des Bundesfinanzmi- Dr. Wilfried Haesen, vermerkte hierzu am Rande: nisteriums habe unter Leitung von Staatssekretär „Wenn ein Prozeßrisiko für den Bund besteht, ist Dr. Horst Schulmann im Beisein von Bundesfinanz- die Rechtswidrigkeit einer positiven Entschei- minister Hans Matthöfer Ende vergangener Woche dung doch wohl nicht eindeutig." stattgefunden. Dabei sei es in erster Linie um Ger- ling gegangen. Staatssekretär Dr. Schulmann habe die volkswirtschaftliche Notwendigkeit der Flick Beteiligung an Gerling zum Ausdruck gebracht und 363 nachdrücklich für die Gewährung der Bescheini- gung plädiert. Demgegenüber habe die Steuerabtei- Eberhard von Brauchitschs Bericht über die Haltung lung unter Staatssekretär Dr. Günter Obert erneut von Bundeskanzler Helmut Schmidt den Standpunkt vertreten, die sog. Doppel-Holding und seiner Umgebung zur deutschen Wi rtschaft VHDI-GKB gebe steuersystematisch für die Ge- In Notizen von Mitte und Ende Mai 1981 äußerte währung einer Bescheinigung nichts her. Minister Dr. Friedrich Karl Flick an Eberhard von Brau- Matthöfer habe sich erneut die Entscheidung vorbe- chitsch Kritik nicht nur — wie bereits erwähnt — halten, jedoch zum Ausdruck gebracht, daß er — wegen der Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung, ebenso wie Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto sondern auch wegen dessen Engagement für den Graf Lambsdorff — unverändert dazu neige, die Be- Bundesverband der Deutschen Industrie sowie der scheinigung zu erteilen. Behandlung der Steuerbescheinigungsanträge. Er Eberhard von Brauchitsch meinte dazu, es bleibe sagte einen für Ende Mai vereinbarten Bespre- - abzuwarten, ob Minister Hans Matthöfer das durch- chungstermin mit ihm ab und teilte ihm mit: halte. Im übrigen habe sich in Bonn die Atmo- „Dringendst ist dagegen, daß wir Klarheit in be sphäre wegen der „fast unerträglichen Haushalts- zug auf den 3. Geleitzug bekommen. Bitte, setze lage naturgemäß nicht im positiven Sinn für unse- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 ren dritten Geleitzug entwickelt". In einer Situation, offiziellen Abschluß des Vertrages I-V/Ashland in der zwischen den Ressorts um Ausgabengrößen vollzogen werden könnte, hätten wir meines Er- von wenigen Millionen DM diskutiert werde, sei achtens die Möglichkeit, die Trennung von USF „unser Paket mit einem kalkulatorischen steuerli- — im Einvernehmen mit Bonn — wie folgt zu chen Gegenwert von rund 275 Mio. DM fiskalisch erklären: kaum unter einen Hut zu bringen". Hinzu komme, daß Minister Matthöfer bedauerlicherweise gesund- Das Bundeswirtschaftsministerium hat uns vor heitlich immer noch nicht ganz wieder hergestellt kurzem wissen lassen, daß mit einer Ableh- sei und sich mit seiner begrenzten Arbeitskapazität nung unseres USF-Antrages zu rechnen ist. auf die wichtigsten Aufgaben in Bonn konzentrie- Die von uns vermuteten Gründe halten wir ren müsse. nicht für stichhaltig, aber in diesem Fall kann Eberhard von Brauchitsch teilte weiter mit, für den ein an sich mögliches und nach unserem Da- Fall, daß im Zusammenhang mit der Entwicklung fürhalten aussichtsreiches Gerichtsverfahren bei USF kurzfristig Gespräche mit Bundesfinanz- nicht in Betracht gezogen werden, weil es sich minister Hans Matthöfer und Bundeswirtschafts- wahrscheinlich über eine Reihe von Jahren minister Dr. Otto Graf Lambsdorff erforderlich sein hinziehen würde. sollten, seien bereits jetzt Vorbereitungen getroffen, Die USF-Beteiligung war für uns als Dauer- um diese Gespräche möglichst ohne Verzögerung engagement nur interessant mit der Steuerbe- zustande zu bringen. günstigung gemäß § 4 AusllnvG. Da wir diese jetzt nicht erhalten und auf das Ergebnis eines Entgegen der Information an und durch Eberhard jahrelangen Rechtsstreites nicht warten wol- von Brauchitsch gab es jedoch nach den Zeugen- len, haben wir unsere Aktien unserem Partner aussagen weder Ende Mai eine Arbeitskommission bei USF, Ashland, verkauft. Wir bedauern, daß noch später ein „Streitgespräch" zwischen der Steu- wir durch diese Entwicklung die unternehmeri- er- und der Versicherungsabteilung des Bundesfi- schen Möglichkeiten, die durch die Partner- nanzministeriums. Am 29. Mai 1981 teilte Dr. Heri- schaft mit Ashland eher noch größer geworden bert Blaschke von Brauchitsch mit, er habe am Vor- waren, nicht wahrnehmen können. tag von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch erfahren, daß bislang kein „Streitgespräch" stattgefunden Eine Argumentation in ungefähr dieser Richtung habe; statt dessen sei es anscheinend zu einem Ge- hätte folgende Vorteile: spräch zwischen Bundesfinanzminister Hans Matt- 1. höfer und seinen vier Staatssekretären gekommen. Die Antragsbehörde könnte eine Ablehnung Dr. Koch sei zwar über das Ergebnis informiert, präsentieren, was in der Offentlichkeit in be- habe aber keine nähere Auskunft gegeben. zug auf G. eine gewisse Erleichterung ver- schaffen würde. 2. Es könnte niemand den Vorwurf erheben, wir 365 hätten unsere in den vergangenen Jahren der Offentlichkeit gegenüber dargestellte ge- Überlegungen von Fritz Wacker vom 27. Mai 1981 schäftspolitische Konzeption in einem wichti- zu einem „deal" gen Teilbereich verlassen, um mit einem safti- gen Schnitt Kasse zu machen (bekannter Am 27. Mai 1981 verfaßte Wacker ein Arbeitspapier Kaufpreis 209 Mio DM, möglicherweise mit folgenden „Überlegungen zu USF/Öffentlich- bekanntwerdender Verkaufpreis vielleicht keitsarbeit": 291 Mio DM, also Veräußerungsgewinn nach „Was wir ,deal` genannt haben, darf es offiziell rund drei Jahren brutto mehr als 80 Mio nicht geben, denn unsere Anträge sind aus- DM). schließlich nach sachlichen Gesichtspunkten, wie 3. Die ,Schuld`, daß wir unsere ursprüngliche ge- sie sich aus Gesetz und Verwaltungspraxis erge- schäftspolitische Konzeption partiell nicht ben, zu entscheiden. aufrechterhalten können, liegt nicht bei uns. Wenn L. und M. sich zu einem ,deal` bereit finden, 4. dürfen sie dies — den Gesprächspartner auf un- Die Frage, warum wir auf das Angebot von serer Seite ausgenommen — gegenüber niemand Ashland, unsere Beteiligung auf 50 % aufzu- erkennbar werden lassen, d. h. sie müssen den stocken, nicht eingegangen sind, bleibt un- USF-Antrag aus in der Sache liegenden Gründen interessant. ablehnen und dem G.-Antrag aus den entspre- 5. Die Frage, ob wir uns gegenüber Ashland viel- chenden Gründen zustimmen. Die Ablehnung des leicht nicht stark genug gefühlt haben, stellt USF-Antrages muß nicht schriftlich mit Begrün- sich erst gar nicht. dung erfolgen, die bevorstehende Ablehnung könnte uns mündlich mitgeteilt werden, worauf 6. Die Frage, ob wir an der Antitrustproblematik wir den Antrag zurückziehen könnten. gescheitert und dadurch in eine Sackgasse ge- raten sind, stellt sich ebenfalls nicht. Unter der Voraussetzung, daß diese Prozedur mit ihren Entscheidungen (USF negativ, G. und PCV Wie gesagt, der obige Gedankengang setzt den positiv; der Geleitzug sollte zusammenbleiben) ,deal` voraus. Dieser hat auch für die Antragsbe- mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf vor dem hörde seinen Vorteil, vor allem, wenn man dort Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

überzeugt sein muß, daß wir die Ablehnung unse- 367 res G.-Antrages mit einem Gerichtsverfahren be- antworten würden. Daher erscheint es zweckmä- Die konzerninterne Vorbereitung eines Gesprächs ßig, diese Überlegungen schon in das erste Ge- mit dem Bundesfinanzminister spräch mit L. einzubringen." Noch am 29. Mai 1981 wurde für das Gespräch im Zu dem „deal" war damals im Hause Flick ein Mo- Bundesfinanzministerium mit Bundesfinanzmini- dell entwickelt worden, das vorsah, gegen Erteilung ster Hans Matthöfer ein Termin am Montag, dem der Bescheinigungen für VHDI und PCV anzubie- 1. Juni 1981, festgelegt. Eberhard von Brauchitsch ten: 1. Rücknahme des USF-Antrages, 2. steuerwirk- unterrichtete davon sofort Dr. Friedrich Karl Flick same Auflösung von § 4 AIG-Rücklagen, soweit sie und teilte ihm weiter folgendes mit: die Anschaffungskosten für die bei Grace II geneh- migte 25%ige Beteiligung überschritten, 3. Verzicht „Matthöfer wird den Staatssekretär Dr. Oberth auf eine steuerbegünstigte Wiederanlage eines Re- (zuständig für die Steuerabteilung) und den pari. stes des Erlöses aus dem Verkauf der Maxhütte. Staatssekretär Dr. Böhme mitbringen, also un- sere beiden Gegner. Das Modell ist in einer von Dr. Heribert Blaschke erstellten, von Eberhard von Brauchitsch und Ich habe Herrn Dr. Götte gebeten, mich zu beglei- Dr. Klaus Götte unterzeichneten Notiz vom 29. Mai ten — und gleichzeitig die Herren Dr. Blaschke 1981 detailliert geschildert und hätte zu einer Steu- und Wacker, sich in Bonn in Reserve zu halten. erzahlungspflicht des Flick-Konzerns von insge- Einerseits ist die Besetzung Matthöfer/Oberth/ samt rd. 300 Mio DM geführt, während für den Fall Böhme für die Diskussion nicht angenehm. Ande- der Ablehnung aller drei Anträge eine deutlich ge- rerseits hat diese Besetzung aber den Vorteil, daß ringere Steuerzahlungspflicht errechnet wurde. — wenn wir zu einem Ergebnis kommen — die- ses dann auch hieb- und stichfest steht". Zur Vorbereitung auf dieses Gespräch wurden im 366 Flick-Konzern noch am 29. Mai 1981 verschiedene Arbeitspapiere und Vorbereitungsnotizen, darunter Unterrichtung von Bundesfinanzminister die bereits erwähnte Notiz mit Modellrechnungen Hans Matthöfer durch Eberhard von Brauchitsch über Steuerzahlungspflichten im Falle eines „deal", erstellt. Ein Mitarbeiter von Brauchitschs fertigte Am 29. Mai 1981 telefonierte Eberhard von Brau eine Zusammenstellung von „Zusagen" und ähnli- chitsch mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer, chen Erklärungen der Minister Hans Matthöfer der sich zu einer Kurzkur in Norderney aufhielt. Er und Dr. Otto Graf Lambsdorff zum Antrag betref- berichtete Dr. Friedrich Karl Flick darüber, er habe fend Gerling an. In einer eigenen Aufzeichnung von Matthöfer in groben Zügen „unser Modell" vorge- Brauchitschs sind als „Gründe für die Erteilung der tragen und erklärt, Dr. Flick sei dazu bereit unter Bescheinigung gemäß § 6 b für VHDI/Gerling" auf- der Voraussetzung, daß „Zug um Zug" die Angele- geführt: 1. Sowohl der Bundeswirtschaftsminister genheit Gerling und PCV positiv geregelt werde. wie auch der Bundesfinanzminister hätten vor Minister Matthöfer habe die Sache „prima vista" in Übernahme der Beteiligung bestätigt, daß sie „6 b- hohem Maße interessant gefunden. Er habe darum fähig" sei. Beide Minister hätten diese Erklärung gebeten, hierüber nachzudenken, gleichzeitig aber nicht „aus dem Stand" gegeben, sondern nach Kon- angekündigt, daß er die Angelegenheit gegebenen- sultation ihrer Fachabteilungen. „Flick konnte und falls schnell über die Bühne ziehen wolle. Außer- mußte bei dem Erwerb der Beteiligung davon aus- dem wolle er versuchen, am 1. Juni 1981 einen gehen, daß das Verfahren gemäß § 6 b eine reine Gesprächstermin zustande zu bringen, bei dem Formalität ist." 2. Es sei töricht, die Kapitalerhö- die wichtigsten Mitarbeiter seines Hauses und hung bei „VHDI/Gerling" als „gewillkürt" zu be- unter Umständen auch Bundeswirtschaftsminister zeichnen. Der Präsident des Bundesaufsichtsamtes Dr. Otto Graf Lambsdorff und Staatssekretär für das Versicherungswesen habe seine „positive Dr. Otto Schlecht anwesend sein sollten. Begleitung" des Steuerbescheinigungsantrages von Eberhard von Brauchitsch bemerkte weiter, Bun- vornherein davon abhängig gemacht, daß der Kon- desfinanzminister Hans Matthöfer scheine auch zern über die VHDI bei der GKB für eine Kapital- deshalb einen Kompromiß für hilfreich zu halten, erhöhung einstehe, deren Ausmaß höher sein sollte weil er mit seiner Steuerabteilung nicht weiterkom- als tatsächlich erfolgt. 3. Die steuersystematischen me. Diese Abteilung behaupte unverändert, beim Einwendungen der Steuerabteilung des Bundesfi- Antrag betreffend VHDI führe eine Bescheinigung nanzministeriums seien aufgrund der vorliegenden nicht zu einer Steuerstundung im Sinne des § 6 b Rechtsgutachten durch Auflagen lösbar; dies gelte EStG, sondern zu einer endgültigen Steuerbefrei- um so mehr, als sich der Konzern zu der Erklärung ung. bereitgefunden habe, daß aus der Holding-Kon- struktion keine Vorteile erzielt werden sollten. Im Eberhard von Brauchitsch berichtete ferner, er übrigen habe Flick einen Anspruch auf Gleichbe- habe Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Gr handlung. Ein anderes Wirtschaftsunternehmen Lambsdorff auf dem F.D.P.-Parteitag zwar nicht er- habe nämlich für eine VHDI-Beteiligung eine Be- reicht, aber dessen persönlichen Referenten gebe- scheinigung nach § 6 b EStG erhalten. Die Erwä-- ten, ihn jedenfalls so weit zu informieren, daß er gung der Steuerabteilung, der Flick-Antrag unter- von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer nicht scheide sich durch die Größenordnung von diesem überrascht werde. Fall, sei unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

nicht stichhaltig. Schließlich gab Dr. Axel Schmidt- habe um Verständnis für eine Unterbrechung gebe- Hern Eberhard von Brauchitsch in einer Notiz vom ten, weil er sich zunächst wegen „unseres Modells" 29. Mai 1981 Ratschläge zu verschiedenen Rechts- mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht abstimmen fragen des Antrags betreffend VHDI. wolle. Bei dem zweiten Telefongespräch am selben Tage habe er zunächst mitgeteilt, daß er mit Staatssekre- 368 tär Dr. Otto Schlecht gesprochen habe. Weiter habe er erklärt, das Modell mit 300 Mio. DM Steuerzah- Vorbereitende Gespräche zwischen lung sei zwar vernünftig; man müsse aber davon Eberhard von Brauchitsch und der Leitung ausgehen, daß die Steuerabteilung des Bundesfi- des Bundeswirtschaftsministeriums nanzministeriums nicht mitmache. Er habe insbe- Am 31. Mai 1981, einem Sonntag, telefonierte Eber- sondere die Sorge, daß die Steuerabteilung des Bun- hard von Brauchitsch mehrfach mit Staatssekretär desfinanzministeriums den Vorschlag des Flick- Dr. Otto Schlecht und Bundeswirtschaftsminister Konzerns zum Anlaß nehme, die Sache erneut zu Dr. Otto Graf Lambsdorff. Er hielt darüber in einer begründen, so daß der Brief von Bundesfinanzmini- Notiz folgendes fest: Bei einem ersten Gespräch mit ster Hans Matthöfer, der ihm die Möglichkeit zur Staatssekretär Dr. Schlecht habe dieser bestätigt, Alleinentscheidung lasse, weiter verzögert werde. an dem Gespräch im Bundesfinanzministerium am Eberhard von Brauchitsch notierte weiter: folgenden Tag teilzunehmen. Er halte die Konstruk- tion „unseres Pakets (Steuerzahlung 300 Mio. DM)" „2. Ich habe Lambsdorff gesagt, daß wir das Ge- für vernünftig und glaube, daß Bundesfinanzmini- spräch am 1. 6. unter Zeitdruck führen wür- ster Hans Matthöfer eine positive Lösung wolle. Er den. Wir würden insbesondere darauf hinwei- habe auf Befragen ausdrücklich erklärt, daß er „uns sen, daß die Möglichkeit, USF mit Buchge- bei der Präsentation am 1. 6. helfen werde". Er habe winn und damit mit erheblicher Steuermehr- aber die Sorge, daß Minister Matthöfer zwar positiv zahlung zu verkaufen, nur wenige Tage hält. eingestimmt sei, jedoch von seiner Steuerabteilung aus rechtlichen Gründen an einer positiven Ent- 3. Lambsdorff erklärte, daß er jedes Arrange- scheidung gehindert werde. ment zwischen dem BFM und uns begleiten würde, wenn es nur die Zustimmung beider Eberhard von Brauchitsch machte seiner Notiz zu- Seiten (Flick und BFM) hätte. folge Staatssekretär Dr. Otto Schlecht weiter auf das Risiko einer „negativen Öffentlichkeitsreaktion 4. Auf Befragen erklärte Lambsdorff, daß er bei Ablehnung" aufmerksam; dieser habe das nicht ohne unser Modell und in der Annahme ei- nur verstanden, sondern ihn in dieser Richtung ge- nes ablehnenden Briefes von Matthöfer selb- radezu ermuntert. ständig handeln würde; allerdings müßte Flick ein Opfer bringen. Auf Befragen kon- Das erste Telefongespräch mit Bundeswirtschafts- kretisierte Lambsdorff, daß er auf diesem minister Dr. Otto Graf Lambsdorff stand — wie Weg US-Filter und Gerling (nach Antrag) ge- Eberhard von Brauchitsch hierzu am 2. Juni 1981 nehmigen und PCV ablehnen würde. Dabei notierte — „insofern unter keinem sehr guten würde er (Lambsdorff) einen Prozeß wegen Stern", als Dr. Graf Lambsdorff „sowohl durch die PCV erwarten und uns (Flick) gute Erfolgs- Entwicklung seines Parteitages als auch in der chancen einräumen. Steuerstrafsache offenbar angeschlagen" gewesen sei. Seine Reaktion auf das vorgelegte „Programm 5. Im Saldo erklärte Lambsdorff, daß er sich in (300 Mio. DM Steuern)" sei zögerlich gewesen. Er der Projektion auf den 1. 6. nicht sehr wohl habe das folgende eigene „Programm" entwickelt: fühle, weil Matthöfer im Verhältnis zur Steu- erabteilung schwach sei. „a) Ein negativer Brief von vor etwa 3 Wochen. von Herrn Dr. Koch (Abt.-Leiter Steuern im 6. Jedenfalls erklärte Lambsdorff, daß er — für BMF) zum gesamten dritten Geleitzug sei von den Fall, daß der 1. 6. negativ verläuft — für ihm (Dr. Graf Lambsdorff ) angehalten worden. uns ansprechbar sei, das weitere Procedere zu behandeln. Er (Lambsdorff) müsse zwar b) Er (Lambsdorff) habe diesen Brief zum Gegen- am Pfingstwochenende nach Tokio abreisen, stand eines Gespräches mit Matthöfer nach des- vorher würde sich aber bestimmt irgendwie sen Erkrankung — also vor etwa einer Woche — die Möglichkeit zu einer konzentrierten Aus- gemacht. Dabei sei am Rande eine Erwägung dis- sprache mit uns ergeben. Lambsdorff bat kutiert worden, daß nämlich Matthöfer einen mich dann, das Ergebnis unseres Gesprächs ,weichen` Ablehnungsbrief zum dritten Geleitzug an Schlecht durchzugeben, da er (Lambs- schreibt und damit Lambsdorff die Möglichkeit dorff) mit anderen Dingen befaßt sei. Lambs- läßt, die Sache in eigener Regie zu entscheiden." dorff hat mir also, was die Übermittlung des Telefonats anging, volles Vertrauen ge- Eberhard von Brauchitsch notierte weiter, Bundes- schenkt. wirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff habe inzwischen sein Haus beauftragt zu prüfen, „inwie- weit er in der Lage sei, den dritten Geleitzug allein IV. Zweites Telefonat mit Schlecht — zu entscheiden". Im Laufe des Gesprächs sei Dr. Ich habe Schlecht über das Gespräch mit Lambs- Graf Lambsdorff immer unsicherer geworden und dorff (zweites Gespräch) unterrichtet. — Schlecht Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

wird sich entsprechend für den 1.6. vorberei- nem losen Zusammenhang mit den zu entscheiden- ten...` den Anträgen. Ein Zusammenhang sei insofern ge- geben, als der Antrag betreffend USF zurückgezo- Bei dem nach dieser Notiz von Bundeswirtschafts- gen werden solle. Die dort aufgeführten Veräuße- minister Dr. Otto Graf Lambsdorff „angehaltenen" rungsgewinne hätten mit den jetzt zur Entschei- und mit Bundesfinanzminister Hans Matthöfer er- dung stehenden Anträgen nichts zu tun. Die eigent- örterten Brief handelte es sich anscheinend um das liche Problematik der Fälle Gerling und PCV werde bereits erwähnte, von der Steuerabteilung im Bun- in der Notiz nicht gelöst. Eberhard von Brauchitsch desfinanzministerium am 18. Mai 1981 entworfene habe demgegenüber darauf hingewiesen, daß diese Schreiben mit einer negativen Stellungnahme zu Notiz für den Bundesfinanzminister als Haushalts- allen drei Anträgen, das in seiner endgültigen Fas- minister doch von Interesse sein dürfte. Ministerial- sung erst am 24. Juni 1981 an das Bundeswirt- direktor Dr. Koch machte dann darauf aufmerk- schaftsministerium abgesandt wurde. Es hat letzt- sam, daß bisher schon rd. 62 % des Veräußerungs- lich zwar nicht geklärt werden können, ob vorläu- erlöses steuerbegünstigt wiederangelegt worden fige Fassungen des Briefentwurfs vorher, vielleicht seien, so daß bei einer Ablehnung der jetzt laufen- sogar schon vor dem 31. Mai 1981, an das Bundes- den Anträge nur rd. 38 % des Gesamtgewinns zu wirtschaftsministerium gelangten. Staatssekretär versteuern seien. Dr. Otto Schlecht und Staatssekretär Dr. Günter Obert sprachen nach ihren Aussagen bei der staats- Eberhard von Brauchitsch notierte dazu, seitens anwaitschaftlichen Vernehmung und vor dem 1. Un- des Flick-Konzerns habe man Befremden über die tersuchungsausschuß aber jedenfalls in der Zeit Präsentation dieser Zahlen zum Ausdruck gebracht Ende Mai/Anfang Juni 1981 über die Abfassung des und sich auf den Rechtsstandpunkt gestellt. Mini- Briefes, wobei möglicherweise Staatssekretär sterialdirektor Dr. Karl Koch und der Parlamentari- Dr. Otto Schlecht auch der Text eines Briefentwurfs sche Staatssekretär Dr. Rolf Böhme hätten darauf- vorlag. hin erklärt, es habe lediglich gezeigt werden sollen, wie großzügig der Flick-Konzern bisher behandelt worden sei. 369 Bei der anschließenden Diskussion über die Zuläs- Die Besprechung im Bundesfinanzministerium mit sigkeit einer Nebenbestimmung bei einer Beschei- den Vertretern des Flick-Konzerns am 1. Juni 1981 nigung nach § 6 b EStG vertrat Ministerialdirektor Dr. Karl Koch die Auffassung, mit einer Nebenbe- An dem Gespräch im Bundesfinanzministerium am stimmung werde der Anwendungsbereich des § 6 b 1. Juni 1981 nahmen neben Bundesfinanzminister EStG mit präjudizieller Wirkung erweitert. Nach Hans Matthöfer der Parlamentarische Staatssekre- der Notiz von Eberhard von Brauchitsch soll tär Dr. Rolf Böhme und Ministerialdirektor Dr. Karl Dr. Koch aber eingeräumt haben, daß es sich hier Koch, seitens des Bundeswirtschaftsministeriums nur um die Ausschöpfung des zulässigen verwal- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht sowie als Vertre- tungsrechtlichen Instrumentariums handele; weiter ter des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch, soll sich die Frage, ob mit einer Nebenbestimmung Dr. Klaus Götte, Dr. Heribert Blaschke und Fritz gearbeitet werde oder nicht, nicht mehr als eine Wacker teil. Über Ablauf und Inhalt des Gesprächs Rechtsfrage, sondern als eine „Ermessensfrage" liegen ein Vermerk von Dr. Koch und eine Notiz von dargestellt haben. Dr. Koch machte weiter darauf von Brauchitsch vor, der außerdem zusammen mit aufmerksam, daß der Flick-Konzern von dem steu- Dr. Götte in einer weiteren Notiz Dr. Friedrich Karl errechtlichen Institut einer „verbindlichen Aus- Flick Bericht erstattete. kunft" keinen Gebrauch gemacht habe. Hierzu Aus diesen Aufzeichnungen ergibt sich, daß Eber- wurde nach der Notiz von Brauchitschs von den hard von Brauchitsch zunächst im wesentlichen Vertretern des Flick-Konzerns geltend gemacht, für eine derartige Auskunft sei das Bundeswirtschafts- vortrug, der Flick-Konzern sei vom Bundesfinanz- ministerium, vom Bundeswirtschaftsministerium ministerium zuständig, das nach Abstimmung mit und vom Bundesaufsichtsamt für das Versiche- dem Bundesfinanzministerium eine entsprechende rungswesen zum Erwerb der VHDI-Beteiligung er- Erklärung abgegeben habe. Nach dem Vermerk von muntert worden, wobei das Bundesaufsichtsamt für Dr. Koch vertrat von Brauchitsch abschließend die das Versicherungswesen die Kapitalerhöhung bei Auffassung, die Verwaltung sei nach Treu und Gerling zur Bedingung gemacht habe; das Steuer Glauben verpflichtet, die Bescheinigung für Gerling bescheinigungsverfahren habe man daraufhin nur zu erteilen. In der Notiz von Brauchitschs wurde noch als eine Formsache angesehen. Die Gerling diese Erklärung dagegen Staatssekretär Dr. Otto Beteiligung erfülle — wie man inzwischen festge- Schlecht, der „total unsere Position" eingenommen stellt habe — wegen der Ertragslage nicht die in sie habe, zugeschrieben. Staatssekretär Dr. Schlecht gesetzten Erwartungen. Nunmehr müsse unbedingt habe außerdem geäußert, das Bundeswirtschaftsmi- über den Antrag auf Erteilung der Bescheinigung nisterium werde auch bei negativer Entscheidung entschieden werden. Eberhard von Brauchitsch des Bundesfinanzministeriums den Antrag betref- übergab dann die bereits erwähnte Notiz vom fend USF allein positiv entscheiden. 29. Mai 1981 mit Modellrechnungen zu den Steuer- zahlungspflichten des .Konzerns. Zu Bundesfinanzminister Hans Matthöfer ver-- merkte Ministerialdirektor Dr. Karl Koch lediglich, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch erklärte seinem dieser habe erklärt, der Fall solle am nächsten Tag Vermerk zufolge dazu, diese Notiz stehe nur in ei noch einmal besprochen werden; Eberhard von Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Brauchitsch werde dann von ihm über die Entschei- im Flick-Fall auch nicht gegeben. Er hat im übrigen dung des Bundesfinanzministeriums unterrichtet nicht ausgeschlossen, daß die Tatsache einer Teil- werden. versteuerung aufgrund der späteren Rücknahme des Antrags betreffend USF wenn auch nicht recht- Dessen Notiz zufolge erklärte Minister Matthöfer in lich, so doch „psychologisch" geholfen habe, zum dem Gespräch, er halte an der Zusage der volks- Schluß zu einem positiven Ergebnis bei Gerling und wirtschaftlichen Förderungswürdigkeit der Ger- PCV zu kommen. Diese Aussagen von Ministerialdi- ling-Beteiligung fest; allerdings verstehe er vom rei- rektor Dr. Karl Koch entsprechen den Aufzeichnun- nen Steuerrecht nichts und müsse sich hier auf den gen in dem von ihm angefertigten Vermerk. Sachverstand der Steuerabteilung verlassen. Für ihn bestehe aber eine „Verpflichtung ..., dem Hause Dr. Rolf Böhme hat sich als Zeuge ähnlich geäußert. Flick den 6 b zu geben, wenn sich herausstelle, daß Er hat -erklärt, damals sei von vornherein klar ge- dieses rechtlich möglich sei". wesen, daß das Angebot, den Antrag betreffend USF zurückzuziehen, kein besonderes Angebot ge- Bundesfinanzminister Hans Matthöfer soll weiter wesen sei, über das man habe verhandeln müssen. die Weisung gegeben haben, unverzüglich die Ne- Denn man habe gewußt, daß die USF-Beteiligung benbestimmung für den Gerling-Antrag zu konzi- damals mit Gewinn habe verkauft werden können. pieren und hierbei Präzedenzwirkungen zu vermin- Einen „deal" habe es damals nicht gegeben. dern. An Dr. Friedrich Karl Flick berichteten Eber- hard von Brauchitsch und Dr. Klaus Götte, Minister Im Zusammenhang mit der Besprechung im Bun- Matthöfer habe eine Entscheidung bis zum 5. Juni desfinanzministerium vom 1. Juni 1981 wurde die 1981 in Aussicht gestellt. In dem Bericht heißt es Notiz des Flick-Konzerns mit den steuerlichen Mo- auch, Matthöfer — der an seiner Zusage für Gerling dellrechnungen vom 29. Mai 1981 anscheinend auch festhalten wolle — werde von seiner Steuerabtei- dem Bundeswirtschaftsministerium zugänglich ge- lung massiv wegen des Risikos eine Sonderprüfung macht. Der bei der Besprechung anwesende Staats- durch den Bundesrechnungshof unter Druck ge- sekretär Dr. Otto Schlecht hat als Zeuge erklärt, es setzt. Man habe aber den Eindruck gewonnen, daß habe zwar im Bundeswirtschaftsministerium nicht er nachhaltig auf die Steuerabteilung einwirke, um geklärt werden können, wie diese Notiz in die Ak- eine Lösung zu finden, die die Gewährung der Be- ten des Bundeswirtschaftsministeriums gekommen scheinigung ermögliche, und daß die Angelegenheit sei; man vermute aber, daß sie aus einer Bespre- ein gutes Stück zum Positiven habe bewegt werden chung im Bundesfinanzministerium stamme. Hier- können. für kommt aber nur die Besprechung vom 1. Juni 1981 in Frage. Staatssekretär Dr. Schlecht hat wei- Eberhard von Brauchitsch hielt in seiner Notiz wei- ter jedoch betont, die Notiz habe für das Verfahren ter fest, Staatssekretär Dr. Otto Schlecht habe vor im Bundeswirtschaftsministerium keine Bedeutung Eintritt in das Gespräch in Abwesenheit der Herren gehabt. des Bundesfinanzministeriums erklärt, er halte das Opfern von USF nicht für sehr hilfreich. „Wir soll- ten doch Gerling opfern; dann könnten wir am gleichen Tage mit Erfolg nach Hause gehen." Dar- 370 aufhin habe man Staatssekretär Dr. Schlecht aber erklärt, warum Gerling „immobil" sei. Staatssekre- Folgegespräche nach der Besprechung tär Dr. Schlecht hat allerdings ausgesagt, sein Vor- vom 1. Juni 1981; die Rücknahme des USF-Antrags schlag, Gerling zu opfern, sei nur „spaßeshalber" Im Anschluß an die Besprechung im Bundesfinanz- geäußert worden. ministerium vom 1. Juni 1981 kam es am folgenden Bei der Besprechung am 1. Juni 1981 erfuhr Mini- Tag zu einer Reihe von Gesprächen im Bundeswirt- sterialdirektor Dr. Karl Koch nach seiner Aussage schaftsministerium und im Bundesfinanzministe- — die insoweit auch der Notiz von Eberhard von rium zwischen Beamten dieser Ministerien sowie Brauchitsch über das Gespräch entspricht — zum zwischen Angehörigen des Flick-Konzerns und des ersten Mal, daß Bundesfinanzminister Hans Matt- Bundeswirtschaftsministeriums. Über ein Gespräch höfer den Flick-Konzern zum Gerling-Engagement mit 'Staatssekretär Dr. Otto Schlecht notierte Eber- „ermuntert" hatte. Vertreter des Konzerns hätten hard von Brauchitsch am 2. Juni 1981, dieser sehe bei der Besprechung darauf nämlich hingewiesen; die Dinge nun positiver als vor der Besprechung. Minister Matthöfer habe nicht widersprochen. Zu Ganz sicher sei die Sache jedoch immer noch nicht, den bei der Besprechung übergebenen steuerlichen weil die Steuerabteilung des Bundesfinanzministe- Modellrechnungen mit dem Angebot, den Antrag riums mit Sicherheit Widerstand leisten werde. betreffend USF zurückzuziehen, habe er, Dr. Koch, Staatssekretär Dr. Schlecht halte daran fest, daß von Brauchitsch gesagt, er brauche den Antrag man seitens des Flick-Konzerns — je nach Ausgang nicht zurückzuziehen, weil er von der Steuerabtei- der weiteren Gespräche im Bundesfinanzministe- lung des Bundesfinanzministeriums sowieso nicht rium – mit ihm und Bundeswirtschaftsminister Dr. genehmigt werde. Die steuerlichen Vergleichsrech- Otto Graf Lambsdorff zusammenkommen solle, um nungen habe er sich nicht angesehen. Sie hätten das weitere Procedere zu behandeln. Staatssekretär ihn nicht interessiert, weil es darauf rechtlich nicht Dr. Schlecht erkenne im übrigen an, daß die Posi- habe ankommen können. Die Steuerabteilung habe tion von Minister Dr. Graf Lambsdorff, bei Gerling sich niemals auf einen „Handel" einlassen können. einen Alleingang zu machen, verbessert worden sei, Einen „deal" im Sinne einer Teilungsvereinbarung weil die Möglichkeit einer Nebenbestimmung nicht gebe es im Steuerrecht nämlich nicht und habe es mehr — wie bisher von der Steuerabteilung be- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode hauptet — eine Rechtsfrage, sondern nur noch eine hen. Die Bedenken der politischen Leitung des Bun- „Ermessensfrage" sei. desfinanzministeriums beträfen die Präjudizgefahr; man wolle die Sache nochmals überdenken. Über Dieses Gespräch war eines der „Nachfolgegesprä- den Verlauf des Gesprächs unterrichtete Dr. Mühl che", zu denen Eberhard von Brauchitsch und anschließend — wie er in seinem Vermerk festhielt Dr. Klaus Götte in ihrem Bericht an Dr. Friedrich und vor dem 1. Untersuchungsausschuß auch bestä- Karl Flick über die Besprechung im Bundesfinanz- tigt hat — Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf ministerium meinten, auch sie zeigten, daß die An- Lambsdorff im Beisein der Staatssekretäre Martin gelegenheit ein gutes Stück zum Positiven habe be- Grüner, Dr. Otto Schlecht und Dr. Dieter von Wür- wegt werden können. zen. Am 2. Juni 1981 wurde Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl — wie sich aus einem von ihm angefertigten Vermerk ergibt — von Fritz Wacker darüber unter- 372 richtet, daß der Flick-Konzern die USF-Beteiligung veräußern werde. Als Alternative habe nur eine Die Überprüfung des Votums der Aufstockung der Beteiligung auf 50 % bestanden, Versicherungsabteilung im Bundesfinanzministerium was finanziell nicht machbar gewesen sei. Deshalb Ebenfalls am 2. Juni 1981 bat Staatssekretär werde eine vorhandene günstige Verkaufsgelegen- Dr. Horst Schulmann nach einem Gespräch mit Mi- heit genutzt. Der Konzern habe daher kein Inter- nisterialdirektor Dr. Karl Koch die Versicherungs- esse mehr an einer Bescheinigung nach § 4 AIG und abteilung des Bundesfinanzministeriums, ihre bis- verfolge nur noch die Anträge Gerling und PCV. herige positive Stellungnahme zu einem Teil der VHDI-Beteiligung des Flick-Konzerns, nämlich der Kapitalerhöhung, zu überprüfen, weil ein Referat 371 der Versicherungsabteilung in einem ähnlichen Fall anders als zum Flick-Antrag betreffend VHDI Weitere Folgegespräche nach der Besprechung votiert hatte. Aus einem erst am 15. Juni 1981 in der im Bundesfinanzministerium am 1. Juni 1981 Versicherungsabteilung angefertigten Vermerk er- Ebenfalls am 2. Juni 1981 wurde Ministerialrat Dr. gibt sich, daß der Leiter der Versicherungsabteilung Wolfgang Mühl einem von ihm angefertigten Ver- bei einer Besprechung mit einem Unterabteilungs- merk zufolge von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht leiter und einem weiteren Mitarbeiter am 2. Juni über die Besprechung im Bundesfinanzministerium 1981 zu dem Ergebnis kam, daß die Kapitalerhö- vom 1. Juni 1981 wie folgt unterrichtet: Ministerial- hung — entgegen der früheren Stellungnahme der direktor Dr. Karl Koch habe dort erklärt, es werde Versicherungabteilung — nicht als volkswirtschaft- eine rechtliche Möglichkeit für eine Nebenbestim- lich besonders förderungswürdig angesehen wer- mung gesehen, die die spätere Besteuerung bei Ger- den könne, weil Kapitalerhöhungen grundsätzlich ling sicherstelle. Als Hauptargument gegen die Er- zur normalen Unternehmenspolitik gehörten. Nach teilung einer Bescheinigung seien die Ausdehnung dem Vermerk vom 15. Juni 1981 soll das Ergebnis der bisherigen Anwendungspraxis und die Präju- Staatssekretär Dr. Horst Schulmann durch den Lei- dizgefahr angeführt worden. ter der Versicherungsabteilung mitgeteilt worden sein. Außerdem sei abgesprochen worden, daß die Steu- erabteilung des Bundesfinanzministeriums zur Vor- Nach beider Aussagen bei ihrer staatsanwaltschaft- bereitung der Entscheidung durch die Minister lichen Vernehmung wurde Staatssekretär Dr. Horst Hans Matthöfer und Dr. Otto Graf Lambsdorff Schulmann jedoch erst viel später von dem Ergeb- durch Vorschlag und Formulierung einer Nebenbe- nis der Besprechung am 2. Juni 1981 unterrichtet. stimmung „technische Hilfe" leiste. Aus dem Ver- Der Leiter der Versicherungsabteilung hat weiter merk ergibt sich weiter, daß Ministerialrat Dr. Wolf- erklärt, bei Erstellung des Vermerks sei angenom- gang Mühl von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht be- men worden, er werde Staatssekretär Dr. Schul- auftragt wurde, am selben Tage an einer weiteren mann unterrichten; dies sei aber nicht möglich ge- Besprechung der Angelegenheit mit dem Parlamen- wesen, weil dieser nach dem 2. Juni 1981 für einige tarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und Tage abwesend gewesen sei. Aus einem weiteren Staatssekretär Dr. Günter Obert im Bundeshaus Vermerk der Versicherungsabteilung vom 23. Sep- teilzunehmen. tember 1981 ergibt sich, daß der Leiter der Versi- cherungsabteilung das Ergebnis der Besprechung Über dieses Gespräch, an dem auch Ministerial- vom 2. Juni 1981 am Abend desselben Tages bei direktor Dr. Karl Koch und Ministerialdirigent einer Veranstaltung im Hause der Parlamentari- Dr. Adalbert Uelner beteiligt waren, hielt Ministeri- schen Gesellschaft Staatssekretär Dr. Günter alrat Dr. Wolfgang Mühl in einem Vermerk fest, er Obert, Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und Mini- habe nochmals die Haltung des Bundeswirtschafts- sterialdirigent Dr. Adalbert Uelner mitteilte. Das ministeriums dargelegt und eine Möglichkeit für haben die Genannten bestätigt. Der Leiter der Ver- eine Nebenbestimmung in Form einer auflösenden sicherungsabteilung hat erklärt, diese Mitteilung Bedingung bei Gerling vorgetragen. Dr. Koch habe sei nicht nur beiläufig gewesen, sondern sei unter erwidert, hierfür bestehe keine gesicherte Rechts- ausdrücklicher Bezugnahme auf die ihm am- grundlage. Der Parlamentarische Staatssekretär gleichen Tage übermittelte Bitte zur Überprüfung Dr. Rolf Böhme habe dagegen bestätigt, es werde der Angelegenheit erfolgt. Er habe bei dem Ge- eine Möglichkeit für eine Nebenbestimmung gese spräch am Abend des 2. Juni 1981 jedoch den Ein- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

druck gehabt, daß die Frage nicht mehr von aus- PCV würden positiv entschieden. In einem „Rohent- schlaggebender Bedeutung gewesen sei, weil die wurf" für ein Gespräch oder eine Mitteilung an die Steuerabteilung offenbar zu einem insgesamt ab- „Partner oder an alle Geschäftsführer" führte er lehnenden Votum gekommen sei. Er sei damals da- aus: von ausgegangen, daß die Steuerabteilung seine Mitteilung zum Anlaß für weitere Nachfragen neh- „Daß es uns doch noch in letzter Minute gelungen men würde, wenn es bei der endgültigen Stellung- ist, das drohende fiskalische Unglück abzuwen- nahme darauf angekommen wäre. den, das mich seit langer Zeit mehr als besorgt gemacht hat, finde ich sehr erfreulich." Die politische Leitung des Bundesfinanzministe- riums wurde von der geänderten Stellungnahme Dr. Friedrich Karl Flick ging dann auf seinen Bei- der Versicherungsabteilung vom 2. Juni 1981 in den trag hierzu näher ein und hielt fest, er habe bei folgenden Wochen nicht unterrichtet. Hans Matt- einer Besprechung am 13. November 1980 dringend höfer als Zeuge hat erklärt, er habe von dem Ge- empfohlen, „daß wir uns von der Amerika-Position spräch des Leiters der Versicherungsabteilung am trennen, damit wir das Paket in Bonn verringern Abend des 2. Juni 1981 und der dabei gemachten können." Weiter heißt es: Mitteilung erst nachträglich in den Akten gelesen. „Ich habe mich in der Besprechung nicht davon Der Leiter der Versicherungsabteilung hat bei sei- beirren lassen und immer wieder darauf hinge- ner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung erklärt, wiesen, daß man auch in Bonn dafür Verständnis von Minister Matthöfer sei später Kritik daran ge- haben müsse, wenn sich das Antragsvolumen um äußert worden, daß ihm das Ergebnis der Bespre- die Hälfte reduziert. In den gerade zu Ende ge- chung vom 2. Juni 1981 nicht rechtzeitig zur Kennt- gangenen Verhandlungen ist es — und darüber nis gebracht worden sei. Daraufhin habe er veran- gibt es bei den Herren in Bonn erfreulicherweise laßt, daß in dem Vermerk vom 23. September 1981 nur Übereinstimmung -- nicht nur entscheidend der tatsächliche Hergang festgehalten worden sei. sondern geradezu voraussetzend gewesen, mit diesem Angebot zu kommen, da wir durch die 373 Veräußerung der allgemeinen Haushaltslage ent- gegenkommen." Die Einschätzung der Gerling-Angelegenheit durch Dr. Friedrich Karl Flick 375 Dr. Friedrich Karl Flick hatte Ende Mai 1981 in einem Gespräch mit dem Repräsentanten der Deut- Telefonate zwischen Dr. Klaus Götte und dem schen Bank Dr. Wilfried Guth die Gerling-Angele- Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme genheit erörtert und in einem anschließenden Brief im Juni 1981 geäußert, er wäre für eine „Hilfemöglichkeit" dank- bar. Aus einer Notiz von Eberhard von Brauchitsch Mit einer Notiz vom 4. Juni 1981 berichtete und Dr. Klaus Götte für ein für den 3. Juni 1981 vor- Dr. Klaus Götte Dr. Friedrich Karl Flick folgendes: gesehenes weiteres Gespräch zwischen Dr. Flick und dem Vertreter der Deutschen Bank ergibt sich, „Gestern abend um 20.30 Uhr rief mich Herr daß am 1. Juni 1981 vergeblich versucht worden Staatssekretär Böhme an, um mir folgende Mit- war, die Deutsche Bank über die Besprechung im teilung zu machen, nachdem am Rande der Haus- Bundesfinanzministerium vom selben Tage zu un- haltsdebatte im Bundestag ein Gespräch zwi- terrichten. Ob dies am 3. Juni 1981 nachgeholt schen dem Bundeskanzler, dem Bundesfinanzmi- wurde und ob an diesem Tage überhaupt ein Ge- nister und ihm stattgefunden hatte: spräch zwischen Dr. Flick und dem Vertreter der 1. In der Haushaltswoche (d. h. in der laufenden Deutschen Bank stattfand, ist nicht geklärt. Am Woche) gibt es keine Entscheidung. 10. Juni 1981 informierte Dr. Götte letzteren jeden- falls über den „voraussichtlichen positiven Ablauf 2. Es soll noch ein Folgegespräch mit Graf der Dinge". Er notierte dazu, der Vertreter der Deut- Lambsdorff geben. schen Bank werde „nur tätig werden, wenn wider Erwarten in Bonn noch irgendetwas falsch läuft 3. Der Kanzler will keine Entscheidung, mit der und wir ihm dies mitgeteilt haben". ein dem künftigen BDI-Präsidenten gegebe- nes Ministerwort gebrochen wird.

374 4. Über diese Erklärung hinaus kann im Augen- blick abschließendes ,grünes Licht' nicht gege- Dr. Friedrich Karl Flicks Überzeugung hinsichtlich ben werden. einer positiven Bescheidung der Anträge 5. Böhme will mit mir am 10.6. wieder Telefon- Dr. Friedrich Karl Flick scheint schon am 3. Juni kontakt aufnehmen. 1981 aufgrund der ihm zugegangenen Berichte über 6. Das Parlament geht am 27.6. in die Sommer- die Gespräche mit Bundesfinanzminister Hans ferien. Matthöfer und Mitarbeitern des Bundesfinanzmini- steriums und des Bundeswirtschaftsministeriums 7. Wir sollen den Verkauf von USF nach seiner, seit Ende Mai die Überzeugung gewonnen zu ha- Böhmes Ansicht (aber ohne sein persönliches ben, die noch verbliebenen Anträge Gerling und Risiko) jetzt betreiben. Die Mitteilung an die Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Öffentlichkeit soll noch zwischen ihm und mir Bundeswirtschaftsministerium auf dieser Grund- abgestimmt werden. Wir müssen aber auf die lage dann die Entscheidung in eigener Regie fälle. Bundesregierung schimpfen und erklären, daß Die Frage, ob auf die positive Tendenz der Angele- wir den Verkauf nur betrieben haben, weil uns genheit so vertraut werden könne, daß jetzt USF die Ablehnung des § 4-Antrages für USF si- abgegeben werden könne, habe Staatssekretär gnalisiert worden ist. Dr. Schlecht „mit den üblichen Vorbehalten" bejaht. Eberhard von Brauchitsch bemerkte abschließend, Ich habe Herrn Böhme erklärt, daß die Botschaft er unterstreiche das Fazit der Notiz von Dr. Götte verstanden worden ist. über dessen Gespräch mit Dr. Böhme, wonach der Dies ist kein letztes, eindeutiges Ja zum Gerling Weg zu einem „Nein" für die amtierenden Regie- Antrag, aber der Weg von dieser offiziellen Erklä- rungsmitglieder als nicht mehr gangbar angesehen rung zu einem Nein darf für die amtierenden Re- werden müsse. gierungsmitglieder als nicht mehr gangbar ange- sehen werden." Dr. Rolf Böhme hat als Zeuge dazu erklärt, er habe Dr. Klaus Götte früher einmal privat kennenge- 376 lernt. Bei der Besprechung im Bundesfinanzmini- sterium am 1. Juni 1981 habe er ihn erstmals wie- Vermerk des Bonner Büros des Flick-Konzerns dergesehen. Im Anschluß daran habe Dr. Götte lau- vom 4. Juni 1981 fend angerufen und ständig Kontakt gesucht, weil In einem „Vermerk zum Thema Nr. 1" vom 4. Juni er über die persönliche Bekanntschaft offensicht- 1981 meinten Dr. Walter Schmitz und Adolf Kanter lich etwas habe herausbekommen wollen. Am vom Bonner Büro des Flick-Konzerns: 3. Juni 1981 habe er, Dr. Böhme, Dr. Götte zurückge- rufen, nachdem dieser ihn nicht erreicht habe. Eine „Abstimmung" zwischen ihm und Dr. Götte, wie sie in dessen Notiz vermerkt sei, habe es — ebensowe- — Gespräch mit Ehmke (unter vier Augen) nig wie einen „deal" im Zusammenhang mit USF — scheint nach unseren Sondierungen zuneh- nicht gegeben. mend wichtiger. Sollte Ehmke Wohlwollen oder zumindest Zurückhaltung bei positiver Dr. Rolf Böhme hat weiter ausgesagt, er könne die Entscheidung signalisieren, wäre dies ein Notiz von Dr. Klaus Götte, soweit darin festgehalten hilfreicher Hinweis für den BMF. sei, der Bundeskanzler wolle keine Entscheidung, mit der ein dem künftigen Präsidenten des Bundes- 2. BMF verbandes der Deutschen Industrie gegebenes Mi- — Gespräch mit Sts. Obert wird dringend emp- nisterwort gebrochen werde, so nicht bestätigen. Es fohlen. treffe zwar zu, daß er vor dem Telefonat mit Dr. Götte ein kurzes Gespräch mit Bundeskanzler Wir halten es für einen Mangel des Verfah- Helmut Schmidt und Bundesfinanzminister Hans rens (auf den der Linksunterzeichner mehr- Matthöfer geführt habe. Dabei habe Minister Matt- fach hingewiesen hat), daß Obert nicht ange- höfer den Bundeskanzler über die Besprechung im messen eingeschaltet worden ist (wie dies je- Bundesfinanzministerium vom 1. Juni 1981 und den denfalls mit Schlecht geschehen ist). Stand der Anträge unterrichten wollen. Bundes- Obert ist parteilos, stammt aus dem BMF und kanzler Schmidt habe dabei gesagt, er wolle, daß die gilt als nüchtern und ausschließlich sachbezo- Angelegenheit auf Ministerebene entschieden wer- gen. Der evangelische Pfarrerssohn ist ein de, und empfohlen, nach „Recht und Gesetz" zu ent- harter Arbeiter und hält wenig von Arbeits- scheiden. In Einzelheiten und in den Entschei- essen. dungsvorgang habe er sich aber nicht eingemischt. Unsere Empfehlung: Nach einem Telefongespräch mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht berichtete Eberhard von Brau- Sie sollten ihn um ein Gespräch bitten, das chitsch am 4. Juni 1981 an Dr. Friedrich Karl Flick, sich einfädeln ließe: Staatssekretär Dr. Schlecht habe tendenziell das a) Ober MR Piduch, Pferdefreund des Rechts- bestätigt, was der Parlamentarische Staatssekretär unterzeichners. Piduch hat in der Abteilung Dr. Rolf Böhme gegenüber Dr. Klaus Götte geäu- von Obert gearbeitet und ist mit ihm auch ßert habe. Staatssekretär Dr. Schlecht halte — ohne persönlich gut bekannt. sich abschließend festzulegen — die Sache für so b) Ähnliches gilt für Dr. Klein (Ministerialdi- positiv, daß das für den Notfall vorgesehene Ge- rektor Rheinland-Pfalz). Auch dies könnte ein spräch zwischen ihm, Eberhard von Brauchitsch Weg unter dem Aspekt sein, daß Obert ein und Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Interesse daran haben könnte, bei einer zu- Lambsdorff vor dessen Reise nach Tokio nicht künftigen Entwicklung auch in diesem Lager mehr erforderlich sei. Da die Steuerabteilung im- ein Standbein zu haben. mer noch an der Nebenbestimmung arbeite und Eine unauffällige Sondierung dieses Weges sich wegen der angeblichen „Ausweitung des 6 b" - schwer tue, habe Staatssekretär Dr. Schlecht nun- erfolgt am Freitag, den 5. Juni 1981. mehr angeboten, daß das Bundesfinanzministerium c) Obert hört sehr genau auf CSU-MdB Riedl, lediglich die Formulierung liefern solle und das mit dem er qua Haushaltsausschuß viel zu- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

sammenarbeitet. Auch hier würde sich gege- er habe Staatssekretär Dr. Schlecht gesagt, durch benenfalls ein Weg eröffnen lassen. das Streichen des betreffenden Satzes werde die Sondierungen sind noch nicht erfolgt. Sache nicht besser, weil die Presse mit Sicherheit fragen werde, wie der Flick-Konzern zu der negati- 3. Kabinettsebene ven Haltung der Bundesregierung stehe; das habe Staatssekretär Dr. Schlecht eingesehen. Daraufhin Nach unserer Einschätzung wird die Sache habe man sich geeinigt, in der zweiten Zeile an- wahrscheinlich doch noch auf Kabinettsebene stelle der Worte „von der Bundesregierung" die zur Behandlung kommen. Hier sollte man je- Worte „vom Bundesminister der Finanzen" zu set- denfalls versuchen, die Sache im Wirtschafts- zen. Dann könne es bei dem beanstandeten weite- kabinett ,vorzuwärmen`, und zwar auf Arbeits- ren Satz dieses Absatzes bleiben. Für den Sprecher ebene .... ” des Flick-Konzerns fügte von Brauchitsch hinzu, Dr. Günter Obert hat als Zeuge vor dem 1. Unter- falls von der Presse die Frage gestellt werden, wie suchungsausschuß dazu erklärt, er habe damals sich der Bundeswirtschaftsminister zu der Sache Dr. Walter Schmitz und Adolf Kanter nicht gekannt. gestellt habe, solle geantwortet werden: „Fragen Sie Er habe nie mit Vertretern des Flick-Konzerns ver- den Bundeswirtschaftsminister selbst." handelt. Auf ihn sei auch weder vom Flick-Konzern noch von anderen Einfluß genommen worden. Es 378 sei ihm auch nicht erinnerlich, daß die in dem Ver- merk genannten Beamten, über die ein Gespräch Der angebliche Brief des Bundesfinanzministers an mit ihm hätte eingefädelt werden sollen, in einer das Bundeswirtschaftsministerium und das „Aide Steuersache zu ihm gekommen seien. Das wäre mémoire" für Staatssekretär Dr. Otto Schlecht auch ohne jede Erfolgschance gewesen. Auch mit dem in dem Vermerk genannten Politiker habe er Eberhard von Brauchitsch hielt über sein Gespräch seiner Erinnerung nach nicht über die Flick-An- mit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am 5. Juni 1981 träge gesprochen; er halte das für ausgeschlossen. weiter fest, ihm sei folgendes berichtet worden: Die Angaben in dem Vermerk zu seiner Person Bundesfinanzminister Hans Matthöfer habe an- seien zum Teil falsch. Der Vermerk sei eine „ziemli- scheinend am 3. Juni die Steuerabteilung beauf- che Unverschämtheit". tragt, einen Brief an den Bundeswirtschaftsmini- ster zu schreiben, der die Bedenken des Bundesfi- nanzministeriums erkennen lasse, dem Bundes- 377 wirtschaftsminister aber die Möglichkeit lasse, po- sitiv zu entscheiden. Dieser Brief sei am 4. Juni 1981 Vorbereitung einer Presseerklärung des im Bundeswirtschaftsministerium eingegangen. Er Flick-Konzerns zur Veräußerung der USF-Beteiligung sei für die weitere Behandlung der Angelegenheit aber „völlig unbrauchbar". In diesem Brief sei zwar Ebenfalls am 4. Juni 1981 unterrichtete Fritz aus der „Einvernehmensregelung" eine „Beneh- Wacker Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl darüber, mensregelung" gemacht worden. Die steuerrechtli- daß in der folgenden Woche eine Presseerklärung chen Bedenken seien aber so massiv vorgetragen darüber abgegeben werden solle, daß der Flick worden, daß dem Bundeswirtschaftsminister für Konzern seine USF-Beteiligung veräußert habe. eine positive Entscheidung die „Brücke" zur örtli Aus dem von Ministerialrat Dr. Mühl aufgenomme- chen Finanzverwaltung fehle. Ein Steuerprozeß nen Vermerk ergibt sich, daß für die Presseerklä- wäre unvermeidlich. Diese Sachlage habe Staatsse- rung unter anderem folgender Text vorgesehen kretär Dr. Schlecht am 5. Juni 1981 mit dem Parla- war: mentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und „Die Flick-Gruppe hat sich zu dieser Maßnahme Staatssekretär Dr. Günter Obert erörtert. Beide hät- veranlaßt gesehen, da von der Bundesregierung ten die Bedenken von Staatssekretär Dr. Schlecht der Hinweis ergangen ist, daß für diese Investi- anerkannt. Staatssekretär Dr. Obert habe den Brief tion mit einer Bescheinigung nach § 4 AusllnvG zurückgezogen und werde nun seinerseits „ohne nicht gerechnet werden kann. Die Verwaltung seine Steuerabteilung" einen Brief konzipieren, der des Unternehmens hält die angekündigte Ent- in der kommenden Woche Staatssekretär Dr. scheidung für nicht haltbar, weil sie der volks- Schlecht zugeleitet werde. Wenn dieser Brief vorlie- wirtschaftlichen Bedeutung dieser Beteiligung ge, wolle Staatssekretär Dr. Schlecht die Sache im als Grundlage für eine internationale Coopera- Bundeswirtschaftsministerium unverzüglich positiv tion nicht Rechnung trägt." zur Entscheidung stellen. Nach einem undatierten und Staatssekretär Diese Angaben sind zum Teil unzutreffend. Einen Dr. Otto Schlecht zur Kenntnis gebrachten Ver- Brief des Bundesfinanzministeriums an das Bun- merk von Ministerialrat Dr. Mühl sollte der letzte deswirtschaftsministerium vom 3. oder 4. Juni 1981 Satz dieser Presseerklärung gestrichen werden. gab es nicht, wie Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff und Staatssekretär Am folgenden Tag notierte Eberhard von Brau- Dr. Otto Schlecht ausdrücklich bestätigt haben. Die chitsch, Staatssekretär Dr. Schlecht habe ihn ange- Staatssekretäre Dr. Obert und Dr. Schlecht haben rufen und Besorgnisse wegen eines Satzes aus der allerdings übereinstimmend ausgesagt, daß sie sich- vorgesehenen Presseerklärung geäußert. Diese Be- in der Zeit Ende Mai/Juni 1981 mehrfach über die sorgnisse bezogen sich anscheinend auf die er- Abfassung eines Briefes mit der Stellungnahme des wähnte Passage. Von Brauchitsch notierte nämlich, Bundesfinanzministers zu den Flick-Anträgen un- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode terhalten haben, möglicherweise auch aufgrund von zwar, daß es „Zusagen" auf Minister- und Staatsse- Entwürfen für diesen Brief. kretärsebene gegeben habe. Man fürchte jedoch, daß die „Fronde in der SPD-Fraktion" gegen das, Mit Schreiben vom 9. Juni 1981 an Staatssekretär was der Flick-Konzern vorhabe, stärker werde und Dr. Otto Schlecht kam Eberhard von Brauchitsch daß sich daraus eine Diskussion entwickele, an de- auf das Telefongespräch vom 5. Juni 1981 zurück ren Ende — auch mit Rücksicht auf den Koalitions- und führte aus, die dabei von Staatssekretär partner — auch andere Genehmigungen stehen Dr. Schlecht gemachte Anmerkung, der Flick-Kon- würden. In diesem Falle wären dann aber alle Be- zern hätte „ohnehin" die USF-Beteiligung mit Ge- mühungen, mit Hilfe von Streichungen bei § 6 b winn verkauft, und zwar ganz gerne, habe ihn be- EStG Finanzmittel freizubekommen, gescheitert. sorgt gemacht. Es sei ihm wichtig, über die Gradli- Markscheffel bemerkte in seinem Brief weiter, erst nigkeit des Denkens und Handelns des Hauses bei der nächsten Fraktionssitzung in einigen Tagen Flick keinen Zweifel aufkommen zu lassen. Deshalb werde sich wohl herausstellen, ob sich alles so ver- übersende er ein „Aide Mémoire" vom 5. Juni 1981, halte, wie er dies mit seinem „Laienverstand" ge- das plausibel mache, daß schildert habe. Unabhängig davon habe er jedoch „wir gehört, daß sich für den Abgeordneten Heinz West- phal — damals Vorsitzender des Arbeitskreises „Öf- 1. nur durch die Behandlung des Antragspake- fentliche Finanzwirtschaft" der SPD-Fraktion- — tes, insbesondere in Ihrem Nachbarhaus, zur die ganze Geschichte ohne Rücksicht auf politische Trennung von einem Teil des Antragspaketes Emotionen darstelle. Heinz Westphal wolle wissen, gezwungen waren was per Saldo bei Streichungen im Bereich von § 6 b EStG für den Bundeshaushalt 1982 herauskomme, und und er sei auch bereit, den volkswirtschaftlichen 2. die Priorität bei der Abwägung des Interesses Nutzen bei Genehmigungen nach § 6 b EStG vor der an US-Filter und Gerling eindeutig zugunsten Bundestagsfraktion und in den zuständigen Ar- von US-Filter (zum Behalten) gesprochen beitskreisen zu vertreten. Daraus ergebe sich — hat." schrieb Markscheffel weiter — die Frage, was „Ih- rerseits" noch getan werden könne, um die Ent- wicklung „in Ihrem Sinne so günstig wie möglich zu 379 gestalten." Dazu meinte er: Der Hintergrundbericht Günter Markscheffels „Das aber können Sie wohl besser übersehen als an Eberhard von Brauchitsch vom 9. Juni 1981 ich. Nach wie vor scheint es mir wichtig, daß Sie mit Junghans engen Kontakt halten, weil er eine Am 9. Juni 1981 schrieb Günter Markscheffel Eber- Schlüsselposition in den Beratungen über das hard von Brauchitsch, er habe vor einigen Tagen Thema Subventionen u. ä. einnimmt." einiges darüber erfahren können, was es mit dem Brief des Bundesfinanzministeriums „in Ihrer spe- ziellen Angelegenheit" auf sich habe. Danach be- 380 stehe für ihn kein Zweifel, daß sich Bundesfinanz- minister Hans Matthöfer einer Art „Fronde" in sei- Die weitere Bearbeitung des Entwurfs des Briefes nem Haus gegenüber gesehen habe, deren Ein- an das Bundeswirtschaftsministerium wände gegen die ursprünglich vorgesehene Zustim- mung es hätten geraten sein lassen, die ganze Ge- Zu dieser Zeit war das offizielle Schreiben des Bun- schichte von seinem Hause wegzuschieben. Überra- desfinanzministeriums an das Bundeswirtschafts- schenderweise habe hierbei der Parlamentarische ministerium immer noch nicht abgesandt. Am Staatssekretär Karl Haehser eine wichtige Rolle 9. Juni 1981 nahm Ministerialdirigent Dr. Adalbert gespielt, „ein Mann, der sonst immer dem Finanz- Uelner in einem Vermerk zu inzwischen vom Lei- minister die Stange gehalten hat". Auch der Parla- tungsbereich des Bundesfinanzministeriums vorge- mentarische Staatssekretär Dr. Rolf Böhme solle nommenen Änderungsvorschlägen zu dem Brief- sich auf die Seite derjenigen geschlagen haben, die entwurf der Steuerabteilung vom 18. Mai 1981 Stel- ursprünglich bereit gewesen seien, Minister Matt- lung. Bei dem letzten Satz dieses Briefentwurfes, höfer zu folgen. Markscheffel schrieb weiter, die wonach der Bundesfinanzminister sich nicht in der ganze Entwicklung scheine nach dem, was er erfah- Lage sehe, der Erteilung der Bescheinigungen „zu- ren habe, damit zusammenzuhängen, daß die in den zustimmen", hatte Ministerialrat Dr. Wilfried Hae- Arbeitsgruppen der Koalitionsfraktionen tätigen sen vermerkt, eine „Zustimmung" sei nicht erfor- Abgeordneten die Anwendung des § 6 b EStG rigo- derlich, weil lediglich „Benehmen" herzustellen sei. ros einschränken wollten. Man gehe hierbei wohl Hierzu führte Dr. Uelner in seinem Vermerk aus, von der Überlegung aus, Einschränkungen könnten der Bundesminister der Finanzen trage die volle nur dann mit Erfolg durchgeführt werden, wenn Verantwortung für eine positive oder negative Ent- möglichst generell vorgegangen werde und keine scheidung hinsichtlich der Bescheinigung bei Ger- Ausnahmen zugelassen würden. Ausnahmen soll- ling. Die Bemerkung von Dr. Haesen, nach dem Ge- ten nur dann erlaubt sein, wenn der Antragsteller setz sei lediglich „Benehmen" vorgesehen, sei nur „ohne jeden Zweifel" nachweise, daß er die bei der formal zutreffend. Materiell müsse bei Bescheini- Anwendung von § 6b EStG freiwerdenden Mittel gungen nach § 6 b EStG, die sich auf Versicherungs zum Nutzen und zum Vorteil der Gesamtwirtschaft und Banktransaktionen bezögen, „Einvernehmen" einsetze. Im Bundesfinanzministerium wisse man hergestellt sein. Dies sei nach dem Überwechseln Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 der Versicherungsabteilung aus dem Bundeswirt- nunmehr ablaufen und darüber am Freitag auch schaftsministerium in das Bundesfinanzministe- eine Pressemitteilung erscheinen lassen". rium durch Staatssekretärsvereinbarung festgelegt worden. Dr. Uelner führte weiter aus, die Sicherstel- Zum Wortlaut der Presseerklärung wolle sich der lung der Besteuerung der stillen Reserven sei Teil Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme noch der Beurteilung, ob eine Transaktion volkswirt- mit Minister Hans Matthöfer abstimmen und am schaftlich besonders förderungswürdig sei. Da diese nächsten Tag zurückrufen. Möglicherweise werde Sicherstellung bei Gerling nicht gewährleistet sei, er darum bitten, eine noch härtere Formulierung zu könne auch die besondere volkswirtschaftliche För- wählen, nach der vom Bundesfinanzministerium derungswürdigkeit nicht gegeben sein. Es sei nach nicht nur ein Hinweis zu den „§ 4/6 b-Chancen" des wie vor äußerst zweifelhaft, ob die Sicherstellung Antrags betreffend USF ergangen sei, sondern eine der Besteuerung durch eine Nebenbestimmung er- Erklärung. reicht werden könne. Außerdem erscheine die posi- tive versicherungswirtschaftliche Beurteilung Am nächsten Tag erfuhr Dr. Klaus Götte nach einer durch die Versicherungsabteilung, wenn sie auch von ihm angefertigten Notiz vom Parlamentari- nicht Aufgabe der Steuerabteilung sei, nicht schlüs- schen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme aber, daß die sig. Zusammenfassend schlug Dr. Uelner, „auch im Gespräche zwischen Staatssekretär Dr. Günter Interesse der Wahrung der Rechtsposition des BMF Obert und Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wegen in gleichgelagerten Fällen", vor, die besondere der Formulierung des Briefes des Bundesfinanzmi- volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit im Vo- nisters noch andauerten. Dr. Böhme habe um Ver- tum des Bundesfinanzministeriums gegenüber dem ständnis dafür gebeten, daß der Vorgang zeitrau- Bundeswirtschaftsministerium eindeutig zu vernei- bender sei als ursprünglich angenommen. Es nen. komme aber darauf an, daß das Entgegenkommen des Bundesfinanzministers „in der Auslegung der Ebenfalls am 9. Juni 1981 vermerkte Ministerialdiri- Rechtslage" auch vor dem Bundesrechnungshof Be- gent Dr. Adalbert Uelner auf dem Entwurf des Brie- stand habe. Dr. Böhme habe versprochen, sofort an- fes des Bundesfinanzministeriums: zurufen, wenn der Brief herausgegangen sei. Das könne allerdings erst in der nächsten Woche erfol- „Ich halte meine Bedenken aus meiner Vorlage gen, weil Bundesfinanzminister Hans Matthöfer, vom 13.3. 1981, auf die auch in dem Schreiben der den Brief unterzeichnen müsse, erst am Montag hingewiesen wird, aufrecht. PCV ist abzulehnen wieder im Büro sei. Dr. Götte bemerkte abschlie- ... ßend, an dieser unausweichlichen zeitlichen Ver- schiebung habe auch sein Hinweis nichts ändern können, daß diese Verzögerung wegen der für den folgenden Tag vorgesehenen Presseveröffentli- 381 chung zu USF und der damit zusammenhängenden 6 b-Thematik lästig sei. Weitere Telefonate von Dr. Klaus Götte mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme Am 10. Juni 1981 notierte Dr. Klaus Götte für Dr. Friedrich Karl Flick, der Parlamentarische 382 Staatssekretär Dr. Rolf Böhme habe ihm bei einem vereinbarten weiteren Telefongespräch gesagt, im Telefonat Eberhard von Brauchitschs mit Bundesfinanzministerium werde mit Hochdruck an Staatssekretär Dr. Otto Schlecht wegen des dem Brief mit der Stellungnahme zu den Anträgen Briefentwurfes des Bundesfinanzministeriums gearbeitet. Der Bundesfinanzminister werde zu USF und PCV ein negatives Votum abgeben. Zu Am 12. Juni 1981 notierte Eberhard von Brau- Gerling werde es in der Stellungnahme heißen, chitsch, er habe einem Telefongespräch mit Staats- Bundesfinanzminister Hans Matthöfer habe die In- sekretär Dr. Otto Schlecht entnommen, daß zwi- vestition wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeu- schen diesem und Staatssekretär Dr. Günter Obert tung zwar von Anfang an positiv begleitet, steuer- immer noch keine Einigkeit über die Formulierung systematische Bedenken hätten aber wegen der mit des Briefes des Bundesfinanzministers bestehe. diesem Fall verbundenen Ausweitung der Handha- Staatssekretär Dr. Schlecht habe jetzt Formulie- bung des § 6 b EStG nicht völlig ausgeräumt werden rungshilfe geleistet; es bleibe abzuwarten, ob das können. Die Formulierung solle jedoch so gewählt Bundesfinanzministerium den Brief dementspre- werden, daß sie nicht nur dem Bundeswirtschafts- chend schreibe. Die Angelegenheit sei dadurch er- minister eine positive Entscheidung erlaube, son- leichtert, daß das Bundesfinanzministerium inzwi- dern auch verhindere, daß später die Finanzverwal- schen auf sein „Einvernehmensrecht" verzichtet tung unter Hinweis auf die steuersystematischen habe und nur „Benehmen" in Anspruch nehme. Das Bedenken des Bundesfinanzministeriums Schwie- bedeute im Klartext, daß das Bundeswirtschaftsmi- rigkeiten bereite. Dr. Klaus Götte notierte weiter, er nisterium anders entscheiden könne als das Bun- habe mit dem Parlamentarischen Staatssekretär desfinanzministerium. Dennoch sei das Bundes- Dr. Rolf Böhme abgestimmt, wirtschaftsministerium auf gewisse Formulierun- gen des Bundesfinanzministeriums angewiesen, da- „daß wir nach dieser Nachricht den bis morgen mit vermieden werde, daß die Finanzverwaltung die zurückgestellten Verkauf der USF-Beteiligung Bescheinigung als fehlerhaft angreife. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

383 schreiben mitteilen, der Brief sei „heute" mit ent- scheidender Hilfe seines Gesprächspartners ab- Überlegungen im Flick-Konzern zur etwaigen schließend formuliert worden und gehe spätestens Ablehnung des Antrags betreffend PCV Anfang kommender Woche unterschrieben heraus. Bei seinem Gesprächspartner bestehe kein Zweifel Mitte Juni 1981 hatte man im Hause Flick wohl mehr, daß dann ein positiver abschließender Be- auch erhebliche Zweifel, ob der Antrag betreffend scheid ergehe. PCV positiv entschieden werde, und stellte Überle- gungen zu etwaigen Konsequenzen einer negativen Am selben Tage notierte Eberhard von Brauchitsch Entscheidung an. In einer Notiz vom 12. Juni 1981 nach einem Telefonat mit Staatssekretär Dr. Otto an Eberhard von Brauchitsch, Dr. Klaus Götte und Schlecht, zwischen diesem und Staatssekretär Dr. Hanns Arnt Vogels meinte Fritz Wacker — auch - Dr. Günter Obert sei jetzt ein „xter Entwurf" des im Hinblick auf die bevorstehende Pressekonferenz Briefes abgestimmt. Dieser Brief werde den Bun- am 23. Juni 1981 —, man solle im Rahmen der noch deswirtschaftsminister „gerade noch" in den Stand vorhandenen Möglichkeiten darauf hinwirken, daß versetzen, die Genehmigung zu erteilen. Bei der der Antrag betreffend PCV positiv entschieden wer- Formulierung des Briefes komme es sehr genau auf de. Für Bonn scheine eine Ablehnung unangeneh- den Wortlaut an, weil das Bundeswirtschaftsmini- mere Fragen aufzuwerfen als eine Zustimmung, zu- sterium nicht in die Lage geraten dürfe, einen „feh- mal es sich um einen vergleichsweise geringfügigen lerhaften Verwaltungsakt" zu erlassen. Im Bundes- Betrag handele. Für den Fall einer Ablehnung wirtschaftsministerium müsse jedoch eine Mini- müsse geklärt werden, ob es bei der bisherigen sterentscheidung herbeigeführt werden, um einen geschäftspolitischen Grundkonzeption bleibe. Erst Regreß auszuschließen. Im übrigen habe Staatsse- danach könne eine klare Position gegenüber der kretär Dr. Schlecht mit Ministerialdirektor Dr. Karl Öffentlichkeit und gegenüber PCV formuliert wer- Koch verabredet, daß dieser „unter der Hand" For- den. mulierungshilfe leiste, allerdings „ohne Obligo" und erst, wenn der Brief vorliege. Eberhard von Brau- Dr. Hanns Arnt Vogels antwortete darauf am chitsch merkte weiter an, das Thema PCV sei noch 15. Juni 1981, er sei entschieden dafür, alle Möglich- offen für Staatssekretär Dr. Schlecht, der sich dazu keiten auszuschöpfen, daß der Antrag betreffend nicht habe äußern wollen. Allerdings habe dieser PCV positiv entschieden werde. Eine Ablehnung zur Kenntnis genommen, daß PCV auch einen Stel- des Antrages würde seiner Auffassung nach auch lenwert im Verhältnis zu Grace habe. noch Auswirkungen auf die Begründung von Grace II haben können. Dr. Friedrich Karl Flick war aufgrund der unter- schiedlichen Nachrichten von Eberhard von Brau- Dr. Klaus Götte meinte in einer Notiz an Fritz chitsch und Dr. Klaus Götte unsicher über den Wacker, man solle zwar selbstverständlich versu- wirklichen Stand der Angelegenheit. In einem chen zu erreichen, daß der Antrag betreffend PCV Merkzettel für ein von ihm vorgesehenes Gespräch trotz eines vermutlich negativen Votums des Bun- mit Dr. Götte vom 18. Juni 1981 wurden die Pro- desfinanzministeriums vom Bundeswirtschaftsmi- bleme bei den Anträgen VHDI und PCV — so bei- nisterium positiv entschieden werde. Er teile die spielsweise, daß der Briefinhalt zwischen den Mini- Befürchtung, daß eine Ablehnung des Antrages spä- sterien noch nicht abgestimmt war und der Brief ter noch negative Auswirkungen auf die Grace-Be- des Bundesfinanzministers die „steuerstrukturelle scheinigung haben könnte, jedoch nicht. Die zur Be- Problematik" erwähnen werde — vornehmlich an- gründung des Grace-Antrags vorgetragene Koope- hand der Berichte von Brauchitschs festgehalten. ration zwischen PCV und Grace habe nämlich nur eine von mehreren Stützen gebildet. Wenn es „in Am 22. Juni 1981 hörte Fritz Wacker von Ministe- der Zukunft als Ergebnis unserer Anstrengungen" rialrat Dr. Wolfgang Dr. Mühl, der Brief aus dem zu einer Zusammenarbeit mit Grace auf breiterer Bundesfinanzministerium sei in Arbeit und werde Front komme, werde sie wahrscheinlich eher auf in Kürze erwartet. anderen Gebieten stattfinden als im Bereich der Nach einem am selben Tage mit Staatssekretär PCV. Eines Tages könnte es umgekehrt sogar ange- Dr. Otto Schlecht geführten Telefongespräch hielt nehm sein, wenn man als Begründung für geschei- Eberhard von Brauchitsch in einer Notiz fest, der terte Bemühungen, PCV und Grace zusammenzu- zwischen Staatssekretär Dr. Schlecht und Staatsse- bringen, die Ablehnung des Antrags betreffend PCV kretär Dr. Günter Obert vereinbarte Briefentwurf heranziehen könnte. sei ohne weitere Konsultation von Staatssekretär Dr. Obert noch einmal „zu unseren Lasten" abge- 384 schwächt worden. Nach dem, was Staatssekretär Dr. Schlecht aus dem Bundesfinanzministerium ge- Die weitere Beschäftigung im Flick-Konzern mit dem hört habe, werde er allerdings auch mit diesem erwarteten Brief des Bundesfinanzministeriums Brief leben können. Der Brief liege angeblich Mini- ster Matthöfer zur Unterschrift vor. Staatssekretär Ab Mitte Juni 1981 waren Inhalt und voraussichtli- Dr. Schlecht habe sich von Bundeswirtschaftsmini- cher Absendetermin des erwarteten Schreibens des ster Dr. Otto Graf Lambsdorff eine „Vorabanwei- Bundesfinanzministers mit der Stellungnahme zu sung" geben lassen, damit die Sache dann vorange- den Anträgen fast täglich Gegenstand der Bericht- hen könne. Ministerialdirektor Dr. Karl Koch lie- erstattung im Hause Flick. Dr. Klaus Götte ließ Dr. fere seine Formulierungshilfe erst nach Eingang Friedrich Karl Flick am 16. Juni 1981 per Fern des Briefes. Von Brauchitsch notierte weiter, er Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 habe Staatssekretär Dr. Schlecht zugesagt, mit den Dr. Rolf Böhme ist bei seiner staatsanwaltschaftli- beiden Landeswirtschaftsministern zu sprechen, so- chen Vernehmung gefragt worden, ob es zutreffe, bald diese wegen des Benehmens aus dem Bundes- daß er damals erklärt habe, an einem positiven Aus- wirtschaftsministerium angesprochen seien. gang der Sache gebe es keinen Zweifel. Er hat die Frage weder ausdrücklich bejaht noch verneint, In einer weiteren Notiz an Dr. Klaus Götte vom sondern darauf hingewiesen, daß er bei den Gesprä- 22. Juni 1981 teilte Eberhard von Brauchitsch mit, chen mit Dr. Klaus Götte immer die steuerrechtli- es sei noch völlig offen, ob man für PCV die Be- chen Einwände betont, aber auch habe einräumen scheinigung erhalte. Bisher liege ein offizielles Vo- müssen, daß die volkswirtschaftliche Förderungs- tum des Bundesfinanzministeriums beim Bundes- würdigkeit von allen anderen Stellen bejaht wurde. wirtschaftsministerium nicht vor. Da anzunehmen Die Auffassung der Steuerabteilung, daß die steuer- sei, daß sich das Bundesfinanzministerium zu Ger- - rechtlichen Einwände zu einer negativen Beurtei- ling und PCV getrennt äußern werde, werde auch lung der volkswirtschaftlichen Förderungswürdig- der Bundeswirtschaftsminister nunmehr die beiden keit führten, sei nicht allgemeine Überzeugung ge- Teile des letzten Geleitzuges getrennt behandeln. wesen. Dies habe er Dr. Götte gegenüber zum Aus- Er habe die Zusage von Staatssekretär Dr. Otto druck gebracht. Unter diesem Aspekt erkläre er Schlecht, daß der Flick-Konzern noch einmal gehört sich die ihm vorgehaltene Wertung aus dessen No- werde, falls das Bundeswirtschaftsministerium be- tiz. absichtige, auf der Grundlage eines negativen Vo- tums des Bundesfinanzministeriums PCV negativ Am 24. Juni 1981 — dem Tag, an dem die Endfas- zu bescheiden. sung des Schreibens des Bundesfinanzministers an das Bundeswirtschaftsministerium abgesandt Am 23. Juni 1981 notierte Dr. Klaus Götte für Eber- wurde — berichtete der Leiter des Bonner Büros hard von Brauchitsch, der Parlamentarische Staats- des Flick-Konzerns, Dr. Walter Schmitz, Eberhard sekretär Dr. Rolf Böhme habe ihm soeben mitge- von Brauchitsch, bei einem Abschiedsempfang des teilt, der Brief des Bundesfinanzministers werde Botschafters von Saudi-Arabien habe Bundes- am heutigen Tage unterzeichnet und dann unver- finanzminister Hans Matthöfer sinngemäß aus- züglich zugestellt werden. Sein Gesprächspartner geführt: habe weiter mitgeteilt, wegen einer von ihm selbst „Herr von Brauchitsch habe ihn angerufen wegen veranlaßten „kleinen Änderung" des Briefes habe der Steuersache 6 b. Das Haus Flick habe ihm es zwischen den Staatssekretären Dr. Günter Obert hier mit seinem Engagement sehr geholfen, und und Dr. Otto Schlecht Diskussionen gegeben, die zu er mache sich jetzt gegenüber seinen Genossen einer Verzögerung geführt hätten. stark, daß sein Wort etwas gelte. Jedenfalls ließe er es nicht zu, daß Beamte seines Hauses ihn mit Auf die Frage, ob durch diese Änderung die positive formaljuristischen Klimmzügen im Regen stehen Entscheidung gefährdet werde, habe der Parlamen- ließen. Er werde sich da auch durchsetzen." tarischer Staatssekretär Dr. Rolf Böhme erklärt, an einem positiven Ausgang der Sache gebe es für ihn Dr. Walter Schmitz bemerkte dazu, Matthöfers gar keinen Zweifel, und es sollte auch für den Flick Gesprächspartner hätten mit diesen Ausführun- Konzern keine Zweifel geben. Es müsse aber be- gen wenig anzufangen gewußt. Sie hätten ihm, rücksichtigt werden, daß es bei der Lösung des Dr. Schmitz, gegenüber jedenfalls übereinstim- komplizierten Problems bei der Gerling-Entschei- mend diese Aussage Matthöfers bestätigt und den dung um das Dreiecksverhältnis zwischen dem Eindruck gewonnen, daß er hier ganz festgelegt Bundesfinanzministerium, dem Bundeswirtschafts- sei. ministerium und dem Flick-Konzern gehe. Das Bundeswirtschaftsministerium habe das politisch Nach einem ebenfalls am 24. Juni 1981 geführten legitime Interesse, die Verantwortung für die Ent- Telefongespräch mit Staatssekretär Dr. Otto scheidung im Kern allein dem Bundesfinanzmini- Schlecht notierte Eberhard von Brauchitsch, der sterium zu belassen. Er, Dr. Böhme, müsse dagegen Brief des Bundesfinanzministers sei als „Entwurf" umgekehrt darauf achten, auch das Bundeswirt- von Minister Matthöfer gebilligt worden. Seine Un- schaftsministerium mit in die Verantwortung ein- terschrift erfolge voraussichtlich am 25. oder bezogen zu halten. Seine Textänderung habe nur in 26. Juni; dann gehe der Brief auf dem Dienstweg an diese Richtung gezielt, ohne daß sie die positive Staatssekretär Dr. Schlecht. Wenn er dort ange- Aussage zur Gewährung der Bescheinigung bei kommen sei und von ihm als ausreichend empfun- Gerling berühre. den werde, werde er die Weisung von Bundeswirt- schaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff offenle- Nach der Notiz teilte der Parlamentarische Staats- gen und das Fachreferat anweisen, das Genehmi- sekretär Dr. Rolf Böhme weiter mit, daß sich bereits gungsverfahren in Gang zu setzen. Zunächst wür- unfreundliche Presseerklärungen zum Gerling-Fall den Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und Ministe- abzeichneten. Es lägen im Ministerium Vorab- rialrat Dr. Wolfgang Mühl Formulierungen für die drucke vor, denen zufolge die Staatssekretäre Nebenbestimmung suchen und finden; dann wür- Dr. Otto Schlecht und Dr. Böhme eine „dubiose Rol- den die Landeswirtschaftsminister mit der Sache le" bei der positiven Entscheidung für den Flick befaßt. Im übrigen sei vorgesehen, daß der Persönli- Konzern gespielt hätten. Dazu habe Dr. Böhme er- che Referent von Staatssekretär Dr. Schlecht, der klärt, er sehe den Vorgang als korrekt an und habe selbst in den nächsten Tagen nicht anwesend sei, für etwaige Vorwürfe eine „dicke Haut". anrufe, wenn der Brief bei diesem angekommen sei. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

In der Information über die Ankunft des Briefes die Erteilung einer Bescheinigung für Gerling laufe liege zugleich auch die Erklärung, daß der Brief „nach Meinung der Fachleute im Bundesfinanzmi- inhaltlich ausreiche. nisterium" auf eine Ausweitung der bisherigen Be- scheinigungspraxis hinaus, die durch die „bisherige Am 25. Juni 1981 ließ Eberhard von Brauchitsch Auslegung des Gesetzes nicht mehr gedeckt wäre", durch Fernschreiben an Dr. Friedrich Karl Flick während es in dem ursprünglichen Entwurf gehei- durchgeben, „der Brief aus dem M-Haus" sei heute ßen hatte: „... die nach meiner Meinung durch das „im L-Haus eingegangen. Weitere Informationen Gesetz nicht mehr gedeckt wäre". folgen." Ein identischer Text ging an Dr. Klaus Götte. Ergänzend berichtete er in einer Notiz vom Zum Antrag betreffend PCV war in dem Entwurf selben Tage an Dr. Flick, sein „Informant Sch." negativ Stellung genommen worden, weil dieselbe habe mitgeteilt, der Brief sei „hinsichtlich Köln" ne- - steuerrechtliche Problematik wie beim Antrag be- gativ, bedeute aber wahrscheinlich für das Bundes- treffend Gerling vorliege. Im Schreiben vom wirtschaftsministerium die Möglichkeit, positiv zu 24. Juni 1981 wurde darüber hinaus die besondere entscheiden. Hierfür bedürfe es aber einer aus- volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit ver- drücklichen persönlichen Weisung von Minister Dr. neint, weil die Aktivitäten der PCV bereits „in ho- Otto Graf Lambsdorff. Diese Weisung werde unver- hem Maße durch Zuschüsse aus öffentlichen Mit- züglich eingeleitet. teln gefördert würden und eine steuerliche Zusatz- förderung nicht gerechtfertigt" erscheine. Die Erstellung des Entwurfs der Bescheinigung werde allerdings noch eine gewisse Zeit beanspru- Zum Antrag betreffend USF wurde im Schreiben chen, weil die vorgesehene Nebenbestimmung zwi- vom 24. Juni 1981 aus denselben Gründen wie im schen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Entwurf negativ Stellung genommen. Bundesfinanzministerium auf Referatsebene aus- formuliert werden müsse. Außerdem werde zur Zeit Der abschließende Satz des Entwurfs, aus den dar- im Bundeswirtschaftsministerium geprüft, inwie- gelegten Gründen sehe sich der Bundesfinanzmini- weit noch das Benehmen der Länder Baden-Würt- ster nicht in der Lage, der Erteilung der Bescheini- temberg, Nordrhein-Westfalen und möglicherweise gungen in den drei Antragsverfahren zuzustimmen, Hessen herbeigeführt werden müsse. Im übrigen fehlt in dem endgültigen Schreiben ganz. habe ihm „Sch." auf Befragen erklärt, daß „sein Haus" bemüht sei, die Bescheinigung „wegen Köln" Die Änderungen waren im wesentlichen durch den noch vor der für Anfang Juli vorgesehenen Flick Leiter des Ministerbüros, Ministerialrat Dr. Wil- Pressekonferenz herauszubringen; diese Termin- fried Haesen, vorgenommen worden. Staatssekre- vorstellung sei aber nicht sicher. Zu „PCV und Fi" tär Dr. Günter Obert hatte seinerseits nach seiner sei das Votum des Bundesfinanzministeriums nega- Aussage nur geringfügige Änderungen angebracht. tiv, was hinsichtlich „Fi" nicht mehr interessant sei. Dr. Rolf Böhme hat bei seiner staatsanwaltschaftli- Hinsichtlich PCV sei das Bundeswirtschaftsmini- chen Vernehmung erklärt, der Entwurf sei von ihm sterium noch nicht festgelegt, wie entschieden wer- „verschärft" worden; außerdem sei zusätzlich zum de. Falls die Absicht bestehen solle, negativ zu ent- Ausdruck gebracht worden, daß die rechtlichen Be- scheiden, solle der Flick-Konzern noch einmal ge- denken bei Gerling nicht ausgeräumt seien und hört werden. Von Brauchitsch bemerkte abschlie- eine Bescheinigung durch die bisherige Auslegung ßend, es scheine jedenfalls gesichert, daß es keine des Gesetzes nicht gedeckt wäre. Letzteres war zeitliche Verbindung zwischen „Köln" und PCV aber schon in dem Entwurf gesagt worden. gebe. Eine etwaige zögerliche Behandlung von PCV solle also den vorrangigen Abschluß des Themas Dr. Wilfried Haesen hat bei seiner staatsanwalt- „Köln" nicht beeinflußen. schaftlichen Vernehmung erklärt, er habe sich aus eigener Initiative bemüht, einen Formulierungs- beitrag zu leisten, und habe von Minister Matthöfer 385 keine Direktive bekommen, wie das Schreiben zu formulieren sei. Allerdings habe er damals kurze Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums Kontakte mit Minister Matthöfer, dem Parlamenta- vom 24. Juni 1981 rischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme und Staats- sekretär Dr. Günter Obert gehabt, der — wie bereits Das derart charakterisierte Schreiben des Bundes- erwähnt — in der Zeit Mai/Juni 1981 mehrfach mit finanzministers vom 24. Juni 1981 beruhte zwar auf Staatssekretär Dr. Otto Schlecht über die Abfas- dem. Entwurf der Steuerabteilung vom 18. Mai 1981, sung des' Schreibens gesprochen hatte. Dr. Haesen enthielt aber einige nicht unerhebliche Änderun- hat weiter erklärt, er habe es als seine Aufgabe gen. Während in dem Entwurf zum Gerling-Antrag angesehen, in dem Schreiben die Willensrichtung offengelassen worden war, wie der Vorgang unter des Bundesfinanzministers so darzustellen, wie sie „rein volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten" zu wirklich gewesen sei. Das habe bedeutet, daß beim werten sei, hieß es in dem endgültigen Schreiben, Gerling-Engagement der volkswirtschaftlichen För- daß „unter rein volkswirtschaftlichen Gesichts- derungswürdigkeit „zugestimmt" werde. Insofern punkten gute Gründe für eine positive Beurteilung habe Minister Matthöfer seine Zustimmung näm- sprechen. Insofern werden von meiner Seite keine lich nicht verweigern wollen. Gleichzeitig hätten Bedenken geltend gemacht". In Übereinstimmung aber im Rahmen des erforderlichen „Benehmens" mit dem Entwurf wurde dann auf die steuerrechtli- die steuerrechtlichen Bedenken klar zum Ausdruck chen Bedenken hingewiesen. Im Ergebnis hieß es, gebracht werden müssen. Diesen Anforderungen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 habe der Entwurf der Steuerabteilung vom 18. Mai das zu überlassen, was er zu tragen hatte". Der 1981 nicht genügt, weil er zu einer Verweigerung gesamte Vorgang sei typisch für das Bemühen der des Einvernehmens insgesamt gelangt sei. Bei dem Administration, in Fällen gegensätzlicher Inter- Schreiben sei es darum gegangen, Formulierungen essen Konsens zu erreichen, manchmal auch mit zu finden, „die den gesetzlichen Entscheidungs- einem „Formulierungskompromiß". Im übrigen sei spielraum des Bundeswirtschaftsministeriums es zwar nicht an der Tagesordnung, daß derartige nicht durch eine Überbetonung von Rechtsbeden- Briefentwürfe vom Ministerbüro geändert würden, ken ausschlossen oder übermäßig einschränkten, komme aber immer wieder vor. andererseits aber die gesetzliche Verantwortung für die Erteilung der Bescheinigung bei dem Bun- Der Brief des Bundesfinanzministers vom 24. Juni deswirtschaftsminister beließen". 1981 ließ nach Auffassung des Bundeswirtschafts- ministeriums auch beim Gerling-Antrag eine posi- Ähnlich hat sich auch Hans Matthöfer als Zeuge - tive Entscheidung zu. Bundeswirtschaftsminister geäußert. Für ihn sei die Gerling-Beteiligung des Dr. Otto Graf Lambsdorff hat als Zeuge erklärt, die Flick-Konzerns förderungswürdig gewesen. Von der Frage sei von seinen Mitarbeitern geprüft und be- Richtigkeit der steuerrechtlichen Argumente seiner jaht worden. Auch Staatssekretär Dr. Otto Schlecht Steuerabteilung sei er nie voll überzeugt gewesen; ist der Auffassung gewesen, der Brief habe im er habe die Auffassung der Steuerabteilung, die Ergebnis eine positive Entscheidung erlaubt. steuertechnische Durchführbarkeit gehöre zur Be- urteilung der besonderen volkswirtschaftlichen Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner hat dage- Förderungswürdigkeit, für „ein wenig übertrieben" gen bei seiner staatsanwaltschaftlichen Verneh- gehalten. Er hat weiter erklärt: mung die Auffassung vertreten, der Brief habe den Bundeswirtschaftsminister nur dann nicht an einer „Auf jeden Fall war es meine Aufgabe, eine Ge- positiven Entscheidung im Fall Gerling gehindert, samtsicht herzustellen, volks-, versicherungs- und wenn man annehme, daß auch bei einem negativen marktwirtschaftliche mit nur steuerrechtlichen Votum der beteiligten Stellen, u.a. des Bundesfi- Gesichtspunkten abzuwägen und bei der Ent- nanzministeriums, die volle Verantwortung beim scheidung zu berücksichtigen. Obwohl mir immer Bundeswirtschaftsministerium liege; er erinnere bewußt war, daß die politische Verantwortung sich aber nicht, daß der 'Bundeswirtschaftsminister und Führungsverpflichtung letzten Endes bei mir früher einmal gegen das Votum der Steuerabtei- lag, wollte ich gleichwohl den Sachverstand von lung des Bundesfinanzministeriums entschieden Beamten nicht durch autoritäre Entscheidungen hätte. Zudem sei nach der Staatssekretärsvereinba- ersetzen und hoffte, durch Beharren auf meinem rung aus dem Jahre 1973 „Einvernehmen", also „Zu- Standpunkt die zuständige Unterabteilung dazu stimmung" des Bundesfinanzministers erforderlich bewegen zu können, dem Hause Flick Bedingun- gewesen. Das Schreiben vom 24. Juni 1981 könne gen aufzuerlegen, die die Bedenken so weitge- aber nicht als Erklärung des „Einvernehmens" ge- hend ausgeräumt hätten, daß unter allen Ge- wertet werden. Dr. Uelner hat allerdings einge- sichtspunkten die Entscheidung als unbedenklich räumt, daß die Rechtsqualität der Staatssekretärs- hätte angesehen werden können." vereinbarung problematisch sei und daß man auch aus anderen Gründen die Auffassung vertreten Staatssekretär Dr. Günter Obert hat als Zeuge zu könne, daß Einvernehmen hergestellt gewesen sei. den an dem Briefentwurf angebrachten Änderun- gen erklärt, sie hätten den Brief „etwas weicher" Auch Dr. Rolf Böhme hat bei seiner staatsanwalt- gemacht. Hinsichtlich Gerling sei der Kern der An- schaftlichen Vernehmung erklärt, anders als in den derung die — im Gegensatz zur Auffassung der Fällen PCV und USF habe seiner Meinung nach Steuerabteilung stehende — Trennung der steuer- aufgrund des Schreibens im Fall Gerling keine Be- rechtlichen Fragen von der Beurteilung der volks- scheinigung erteilt werden dürfen, weil „Einverneh- wirtschaftlichen Förderungswürdigkeit gewesen. men" erforderlich gewesen sei. Er hat aber gleich- Das haben Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und falls eingeräumt, daß es damals unterschiedliche Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner bei ihrer Auffassungen zu der Frage des „Benehmens" oder. staatsanwaltschaftlichen Vernehmung bestätigt. „Einvernehmens" zwischen Bundeswirtschaftsmini- Letzterer hat hinzugefügt, damit erkläre sich auch sterium und Bundesfinanzministerium gegeben das Fehlen des im Briefentwurf noch enthaltenen habe. Schlußsatzes, wonach einer Bescheinigung für Ger- ling nicht zugestimmt werden könne. Dr. Karl Koch hat bei seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsausschuß gemeint, man habe Dr. Rolf Böhme hat bei seiner staatsanwaltschaftli- Zweifel haben können, ob der „zwiespältige" Brief, chen Vernehmung ausgesagt, dieser Schlußsatz sei in dem einerseits die volkswirtschaftliche Förde- von Ministerialrat Dr. Wilfried Haesen gestrichen rungswürdigkeit bei Gerling bejaht, andererseits worden, weil er die Formulierung „Zustimmung" für steuerrechtliche Bedenken geltend gemacht wur- die erforderliche Herstellung des „Benehmens" den, eine ausreichende Grundlage für ein „Einver- nicht richtig gefunden habe. nehmen" gewesen sei. Im Ergebnis halte er trotz seiner steuerrechtlichen Bedenken die von Mini- Der Zweck aller Änderungen an dem Entwurf der ster Matthöfer getroffene Entscheidung aber für Steuerabteilung war es nach Aussage von Staatsse- richtig. kretär Dr. Günter Obert, sich in dem Brief auf das zu beschränken, „was der Finanzminister zum Tra- Dr. Arno Bordewin hat vor dem 1. Untersuchungs gen bringen sollte, und dem Wirtschaftsminister ausschuß zwar darauf hingewiesen, daß die Steuer- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

abteilung bis zuletzt „unisono" ihre Auffassung bei- bei der Formulierung der notwendigen steuerrecht- behalten habe, daß die steuerrechtlichen Bedenken lichen Nebenbestimmungen Amtshilfe leiste. Au- einer positiven volkswirtschaftlichen Beurteilung ßerdem bat er um Vorlage eines Antwortbriefes an des Antrags betreffend Gerling und damit der Ertei- Minister Hans Matthöfer. Darin sollte die positive lung einer Bescheinigung entgegenstünden; er hat Beurteilung der volkswirtschaftlichen Förderungs- aber gemeint, es sei letztlich ein „Kampf gegen würdigkeit der Gerling-Beteiligung durch den Bun- Windmühlenflügel" gewesen. desfinanzminister begrüßt und festgehalten wer- den, daß der Bundesfinanzminister steuerrechtliche Nebenbestimmungen für denkbar halte. Außerdem 386 sollte begründet werden, warum vom federführen- den Bundeswirtschaftsministerium die gleichwohl Das weitere Verfahren nach der Entscheidung - im Bundesfinanzministerium noch vorhandenen des Bundesfinanzministeriums Bedenken nicht geteilt würden. Schließlich sollte Am 25. Juni 1981 wurde die Angelegenheit im Kolle- der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums gium des Bundeswirtschaftsministeriums erörtert für die Amtshilfe bei der Formulierung der Neben- und von Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf bestimmungen gedankt werden. Lambsdorff „trotz der im Bundesfinanzministerium Das Gespräch zwischen Ministerialrat Dr. Wolfgang noch vorhandenen Bedenken und nach persönli- Mühl und Ministerialrat Dr. Arno Bordewin sowie cher Rücksprache mit BM Matthöfer" — wie weiteren Beamten des Bundeswirtschaftsministeri- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht am folgenden Tag ums und des Bundesfinanzministeriums über den dem Steuerreferat mitteilte — entschieden, Be- Inhalt denkbarer Nebenbestimmungen bei Gerling scheinigungen für Gerling und PCV zu erteilen. und PCV fand dann auch schon am 26. Juni 1981 Ebenfalls am 25. Juni 1981 teilte Ministerialdirektor statt. Dazu übergab Dr. Bordewin das in der Steuer- Dr. Karl Koch Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl — abteilung des Bundesfinanzministeriums formu- wie dieser in einem Vermerk festhielt — unter Be- lierte Papier. Aus Vermerken dieser beiden Beam- zugnahme auf ein Gespräch mit Staatssekretär ten ergibt sich, daß die im Schreiben des Bundesfi- Dr. Otto Schlecht mit, im Bundesfinanzministerium nanzministers vom 24. Juni 1981 mitgeteilte Rechts- liege ein von ihm „abgesegnetes" Papier mit dem auffassung aufrechterhalten wurde. Die Führung möglichen Inhalt einer denkbaren Nebenbestim- des Gesprächs und die Aushändigung des Papiers mung für Gerling bereit. Ministerialrat Dr. Arno über den möglichen Inhalt denkbarer Nebenbestim- Bordewin werde das Papier aushändigen und erläu- mungen seien als eine Art „technische Amtshilfe" tern. Dr. Koch erklärte sich außerdem bereit, den zu verstehen; es könne keine Gewähr dafür über- Entwurf einer Bescheinigung mit Ministerialrat nommen werden, daß der angestrebte Erfolg durch Dr. Mühl zu besprechen. Am selben Tage infor- die Nebenbestimmung rechtlich abgesichert sei. Es mierte Dr. Koch Dr. Bordewin, daß das Schreiben wurden dann Einzelfragen zur Problematik der Ne- herausgegangen sei und ein „Jein" enthalte. Er bat benbestimmungen sowie die Frage der Wirksam- Dr. Bordewin ferner, mit Dr. Mühl ein Gespräch we- keit eines vorherigen Rechtsmittelverzichts des gen der Nebenbestimmungen zu führen. Dr. Borde Flick-Konzerns erörtert. Zum Antrag betreffend win hielt in einem über das Gespräch anfertigten PCV teilte Dr. Mühl mit, das Bundeswirtschaftsmi- Vermerk fest, er habe Dr. Koch erklärt, daß die nisterium beabsichtige nicht, der negativen volks- rechtlichen Bedenken gegen die Erteilung der Be- wirtschaftlichen Beurteilung des Bundesfinanzmi- scheinigungen fortbestünden und durch Versuche nisteriums zu folgen. Außerdem werde es den Sach- und Überlegungen zur Formulierung von Nebenbe- verhalt nochmals daraufhin überprüfen, ob tatsäch- stimmungen nicht hätten ausgeräumt werden kön- lich — wie vom Bundesfinanzministerium ange- nen. Deshalb müsse sich seine Mitwirkung an dem nommen — eine dem VHDI-Fall vergleichbare Hol- Gespräch mit Dr. Mühl darauf beschränken, das in ding-Konstruktion vorliege oder ob die mit der Ka- der Steuerabteilung formulierte Papier zu etwaigen pitalerhöhung zu finanzierenden Investitionen un- Nebenbestimmungen im Wege „technischer Amts- mittelbar bei der PCV und nicht bei den Tochterge- hilfe" und unter Hinweis auf die weiterhin beste- sellschaften durchgeführt würden. Dr. Mühl teilte henden rechtlichen Bedenken auszuhändigen. Dem abschließend mit, er werde nunmehr versuchen, hätten Dr. Koch und — wie ihm berichtet worden eine Nebenbestimmung zu formulieren und dann sei — Dr. Uelner zugestimmt. wieder an Ministerialdirektor Dr. Karl Koch heran- treten. „Um Mißverständnisse zu vermeiden," wies Ministerialrat Dr. Arno Bordewin in einem Schrei- 387 ben an das Bundeswirtschaftsministerium einige Tage später noch einmal ausdrücklich darauf hin, Die Vorbereitung der Bescheinigungen daß das Gespräch vom 26. Juni 1981 nichts an den im Schreiben des Bundesfinanzministers vom Am 26. Juni 1981 bat Staatssekretär Dr. Otto 24. Juni 1981 mitgeteilten rechtlichen Bedenken ge- Schlecht gleichzeitig mit der Mitteilung über die am gen die Erteilung einer Bescheinigung bei Gerling Vortag getroffenen Entscheidungen im Auftrag des und PCV ändere. Ministers das Referat Steuerpolitik, die Bescheini- gungen für Gerling und PCV auszuarbeiten und Ebenfalls am 26. Juni 1981 erfuhr Fritz Wacker von dem Minister zur Unterschrift vorzulegen. Er teilte Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl den wesentlichen weiter mit, er habe mit Staatssekretär Dr. Günter Inhalt des Schreibens des Bundesfinanzministers Obert vereinbart, daß die dortige Steuerabteilung vom 24. Juni und der Besprechung zur Frage der Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Nebenbestimmung. Er notierte, Dr. Mühl lege bei nisterium zu zeigen, warum die negative Stellung- der Formulierung der Nebenbestimmung für die nahme unbegründet gewesen sei und warum das Gerling-Bescheinigung auf eine gewisse Abstim- Bundeswirtschaftsministerium positiv entschieden mung mit der Steuerabteilung des Bundesfinanzmi- habe. Ferner sei man so verblieben, daß der Flick nisteriums Wert, weil sie in dieser Frage federfüh- Konzern einen neuen Vorschlag für die Nebenbe- rend sei. Zum weiteren Verfahren bezüglich des An- stimmung bei der PCV-Bescheinigung machen wer- trags betreffend Gerling habe man sich wie folgt de. Zum Antrag betreffend VHDI wurden dem Ver- abgestimmt: Dr. Mühl werde über das Wochenende merk von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl zufolge versuchen, eine Nebenbestimmung zu Papier zu den Vertretern des Flick-Konzerns unter dem Vor- bringen und dann den Text im Sinne eines Ent- behalt einer endgültigen Abstimmung mit Ministe- wurfs dem Flick-Konzern zuleiten. „Wenn wir damit rialdirektor Dr. Karl Koch der Inhalt und die recht- einverstanden sind," — fuhr Fritz Wacker in seiner - lichen Folgen des von der Steuerabteilung des Bun- Notiz fort — „schreiben wir dem Bundeswirt- desfinanzministeriums formulierten Entwurfs ei- schaftsminister einen mit ,höchsten` Unterschriften ner Nebenbestimmung nebst Einverständniserklä- versehenen Brief, in welchem wir uns mit der Ne- rung und Rechtsbehelfsverzicht erläutert. Dr. Mühl benbestimmung einverstanden erklären und unser vermerkte weiter, die Vertreter des Flick-Konzerns Einverständnis erklären zu Steuerbescheiden, die hätten erkennen lassen, daß man sich mit dieser — im Veräußerungsfalle — auf der Basis der Ne- Nebenbestimmung einverstanden erklären würde. benbestimmung ergehen, d. h. wir verzichten auf Im übrigen sei vereinbart worden, die Einzelheiten alle Rechtsmittel". Nach Empfang dieses Briefes des weiteren Verfahrens noch abzustimmen. werde Dr. Mühl die Bescheinigung ausfertigen und dabei den Brief des Flick-Konzerns in ihr veran- Fritz Wacker berichtete in seiner Notiz ähnlich, hob kern. Wacker notierte weiter, er habe Dr. Mühl drin- aber hervor, daß seitens des Flick-Konzerns geltend gend gebeten, die Prozedur bis zur Flick-Pressekon- gemacht worden sei, daß die von der Steuerabtei- ferenz Anfang Juli abzuschließen; dieser wolle das lung des Bundesfinanzministeriums mit der Neben- Seine dazu tun. Zum Antrag betreffend PCV sprach bestimmung verbundenen einengenden Folgen we- Wacker nach seiner Notiz mit Dr. Mühl erneut dar- der durch § 6 b EStG noch durch die Verwaltungs- über, daß hier keine dem Gerling-Fall vergleichbare praxis gedeckt seien. Er bemerkte weiter aber, er Holding-Problematik vorliege und die vom Flick habe den Eindruck, daß man im Bundeswirtschafts- Konzern vorgeschlagene Nebenbestimmung ausrei- ministerium im Verhältnis zur Steuerabteilung des che. Er wußte weiter zu berichten, daß die Zustim- Bundesfinanzministeriums keinen Verhandlungs- mung der Landeswirtschaftsminister zu PCV — wie spielraum mehr sehe. Daher schlage er vor, bezüg- auch zu Gerling — vorliege. Ferner habe er zuge- lich der „harten Punkte" nichts mehr zu unterneh- sagt, bei dem für den 30. Juni 1981 vereinbarten Ge men, zumal die Sache sofort wieder auf die „lange spräch über die Nebenbestimmung bei der Gerling Bank" käme. Im übrigen müsse man davon ausge- Bescheinigung und über PCV eine schriftliche Er- hen, daß das Verfahren bis zur Pressekonferenz im klärung der Rücknahme des Antrags betreffend Juli nicht beendet werden könne, da Ministerial- USF vorzulegen. direktor Dr. Karl Koch in den nächsten Tagen nicht mehr zur Verfügung stehe. 388 Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl bat am 1. Juli 1981 den Leiter des Rechtsreferats, Ministerialrat Gespräch zwischen dem Flick-Konzern Dr. Karl-Joseph Gördel, um Prüfung der beabsich- und dem Bundeswirtschaftsministerium tigten Bescheinigung, die unter Verwertung der über die Nebenbestimmung „technischen BMF-Hilfe" konzipiert worden sei; die Bei der Besprechung am 30. Juni 1981, an der auch Entwürfe müßten aber noch mit dem Bundesfinanz- Dr. Heribert Blaschke teilnahm, übergab Fritz ministerium abgestimmt werden. Bundeswirt- Wacker die schriftliche Erklärung des Flick-Kon- schaftsminister Dr. Graf Lambsdorff habe inzwi- zerns, daß der Antrag betreffend USF zurückge- schen entschieden, daß er die Bescheinigung ertei- nommen werde. Aus den von Ministerialrat len möchte. Auf Weisung solle ihm ein entsprechen- Dr. Wolfgang Mühl und Wacker über die Bespre- der Entwurf zur Unterschrift vorgelegt werden. Da chung angefertigten Vermerken und Notizen ergibt Dr. Gördel jedoch bis zum 20. Juli in Urlaub war, sich, daß die Vertreter des Flick-Konzerns zum An- wartete Dr. Mühl dessen Antwort nicht ab, sondern trag betreffend PCV die — früheren Bewertungen leitete den Entwurf am 13. Juli 1981 Ministerial- direktor Dr. Karl Koch zu. des Bundeswirtschaftsministeriums schon zu- grunde gelegte — Darstellung bekräftigten, daß die Mittel aus der Kapitalaufstockung für Investitionen bei der PCV verwendet und nicht an die Tochterge- 389 sellschaften weitergeleitet werden sollten. Deshalb sei die vom Bundesfinanzministerium angenom- Konzerninterne Kritik von Dr. Friedrich Karl Flick mene Holding-Problematik nicht gegeben. Die Ver- wegen der Auflage treter des Flick-Konzerns wurden gebeten, diesen Sachverhalt nochmals in einem Schreiben zu bestä- Am 2. Juli 1981 schrieb Eberhard von Brauchitsch tigen. Fritz Wacker auf dessen Notiz über das Gespräch im Bundeswirtschaftsministerium vom 30. Juni hin, Fritz Wacker bemerkte in seiner Notiz dazu, es sei man sei wegen der Formulierung der Auflagen auf vorgesehen, mit diesem Brief dem Bundesfinanzmi das angewiesen, was jetzt zwischen Ministerialrat Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Dr. Wolfgang Mühl und Ministerialdirektor Dr. Karl kläre und auf alle Rechtsmittel verzichte; danach Koch arrangiert werde. Es gebe kaum Verhand- wolle Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl die Beschei- lungsspielraum auf der anderen Seite. Er, von Brau- nigung ausfertigen und den Brief der Firma in ihr chitsch, halte jede Verzögerung für die Ausstellung verankern. Dies würde bedeuten, vermerkte der Bescheinigung aus anderen Gründen für ge- Dr. Flick, daß sich der Konzern aus eigenem Ent- fährlich. Im übrigen würden die Auflagen wegen schluß der Auflage unterwerfe und ihr diese nicht der geplanten Änderung des § 6 b EStG, wonach vom Bundeswirtschaftsministerium aufgezwungen diese Vorschrift für derartige Beteiligungsverkäufe werde. Er forderte, einen solchen Brief „eingehend nicht mehr anwendbar sein werde, ohnehin „ins von erstklassigen Juristen" prüfen zu lassen, zum Leere" gehen. einen im Hinblick auf sämtliche Auswirkungen auf den Konzern, zum anderen aber auch im Hinblick Dr. Friedrich Karl Flick kritisierte andererseits in- auf das Verhältnis zu Dr. Hans Gerling. Man könne einem Vermerk vom 3. Juli 1981 an Eberhard von sich hier nicht neuen Risiken aussetzen. Dr. Flick Brauchitsch, seines Erachtens bedeute die Auflage bat, die Prüfung sofort einzuleiten und ihm darüber eine völlige Zementierung für das Haus Flick und zu berichten. Ebenso bat er um Überprüfung des an auch für die GKB bei Verkauf von Gesellschaften das Bundeswirtschaftsministerium in Sachen PCV oder Anteilen daran durch die GKB. Bei dieser „äu- zu richtenden Schreibens. Man könne bei diesen ßerst schlechten Lage" bleibe nichts anderes übrig, Fragen nicht unter Zeitdruck handeln. als die „bittere Pille" zu schlucken. Sonst sei die Steuer sofort fällig, und dies führe zu der „bekann- Noch am selben Tage sprach Eberhard von Brau- ten Liquiditätssituation". Dr. Flick betonte abschlie- chitsch einer von ihm angefertigten Notiz zufolge ßend: mit Dr. Friedrich Karl Flick und unterrichtete ihn „Es ist sehr bedauerlich, daß wir vor Eintritt in über eine firmeninterne Beratung. Man sei zu dem das Engagement mit seiner allgemein anerkann- Ergebnis gekommen, daß beim Antrag betreffend ten volkswirtschaftlichen Förderungswürdigkeit Gerling eine Auflage, derzufolge auch jeglicher den Fall nicht einwandfrei durch eine Bescheini- Teilverkauf der VHDI-Beteiligung an der GKB eine gung ohne Auflagen abgesichert haben, was aber „Hochschreibung der Beteiligung" und damit den jetzt nicht mehr zu ändern ist." Wegfall der Steuervergünstigung im ganzen auslö- se, hingenommen werden müsse, da nur die Mehr- Am selben Tage schrieb Eberhard von Brauchitsch heitsbeteiligung die „volkswirtschaftliche Förde- Dr. Friedrich Karl Flick als Reaktion auf dessen rungswürdigkeit" ausgelöst habe. Ebenso müsse Vermerk, die Einschränkung, daß die Steuerbegün- eine Auflage hingenommen werden, „derzufolge ein stigung im Falle Gerling entfalle, wenn die VHDI Verkauf von GKB-Anteilen durch VHDI auch nach auch nur zum Beispiel 2 % Anteile an der GKB ver- Ablauf von sechs Jahren kein 6b-fähiger Gewinn" kaufe, sei darauf zurückzuführen, daß sich die sei. Man gehe aber davon aus, daß ein Verkauf der „volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit" auf VHDI durch den Flick-Konzern nach Ablauf der den Mehrheitserwerb bei Gerling beziehe. Unter- sechs Jahre einen neuen „6 b-Fall" auslösen könne. laufe man diese Mehrheit, entfalle die Grundlage Eine Auflage hinsichtlich der letzten Stufe, nämlich für die Bescheinigung. Die Auflage, daß man auch der GKB, könnte äußerstenfalls in Kauf genommen nach sechs Jahren bei der Abgabe von VHDI/GKB werden, wenn sie „die Struktur des GKB-Konzerns keine neue Bescheinigung bekomme, ergebe sich als Versicherungsunternehmen" beinhalte, nicht aus der Holding-Struktur und daraus, daß sich das aber, wenn bereits jede Teilabgabe innerhalb des Bundesfinanzministerium ohnehin gegen die Ertei- GKB-Konzerns zum Verlust der Steuervergünsti- lung einer Bescheinigung bei der Doppelholding ge- gung führen würde. Wacker werde den Ministerien stellt habe. Diese Verlängerung der sechsjährigen eine Argumentationshilfe zuleiten. Frist werde aber kaum wesentliche materielle Aus- wirkungen haben. Wahrscheinlich werde der § 6 b Zu PCV hielt von Brauchitsch fest, Dr. Friedrich EStG ohnehin in der laufenden Legislaturperiode Karl Flick wolle die in Aussicht gestellte Notiz von modifiziert werden, so daß solche Fälle — wie die Fritz Wacker, Dr. Hanns Arnt Vogels und Manfred Abgabe großer Aktienpakete — entweder gar nicht Nemitz abwarten, bevor er sich abschließend zu der mehr „6 b-fähig" seien oder aber erheblichen Ein- Frage äußere, ob man weitermache oder nicht. Erst schränkungen unterliegen würden. Insgesamt danach könne man den vom Bundeswirtschaftsmi- werde man daher mit den Auflagen leben können. nisterium gewünschten Brief zu PCV bei den Mini- Es bleibe dem Flick-Konzern auch keine andere sterien abliefern. Wahl, da es zwischen den beiden Ministerien kei- Dr. Friedrich Karl Flick teilte dann bereits am nen Verhandlungsspielraum gebe. Die Alternative 7. Juli 1981 als seine Meinung zu PCV mit: wäre, daß man die Steuerbescheinigung gar nicht bekomme und die Steuern sofort fällig würden. „Dieses Thema endlich fallenlassen, da das unter- nehmerische Risiko viel zu hoch ist." In einem weiteren Vermerk vom 6. Juli 1981 kriti- sierte Dr. Friedrich Karl Flick gegenüber Eberhard Am 8. Juli 1981 leitete Fritz Wacker Dr. Friedrich von Brauchitsch sowie mehreren Mitgesellschaf- Karl Flick eine Ausarbeitung zu, die Dr. Mühl als tern, daß das Bundeswirtschaftsministerium — wie Argumentationshilfe bei den Gesprächen mit der aus einer Notiz von Fritz Wacker vom 26. Juni zu Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums ersehen sei — erwarte, daß sich der Flick-Konzern über die Frage der Einbeziehung der „unteren Stu- in einem mit „höchsten" Unterschriften versehenen fe" in die Nebenbestimmung dienen sollte. Wacker Brief mit der Nebenbestimmung einverstanden er kam aus mehreren im einzelnen beschriebenen Deutscher Bundestag — 10. 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Gründen zu dem Ergebnis, es sei für den Flick-Kon- zahlen. Er kann sich aber damit trösten, daß er zern unzumutbar, daß jede Veräußerung von Antei- die US-Filter-Beteiligung wieder lukrativ für len an Gesellschaften der „unteren Stufe" einbezo- 309 Millionen DM abstoßen konnte. Für jeden gen würde. Vielmehr reiche es auch, in die Neben- ,Normal-Sterblichen` bleibt deshalb ein bitterer bestimmung eine Generalklausel des Inhalts aufzu- Nachgeschmack, weil hier jahrelang Steuerzah- nehmen, daß „auf die Dauer von X Jahren der we- lungen völlig legal verzögert und gewinnbringend sentliche Inhalt der Geschäftstätigkeit der GKB der angelegt wurden. Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an Versicherungsunternehmen" bleibe. Darüber hinaus erhofft sich Flick sicherlich jetzt auch noch ein Trostpflaster für seine ,amerikani- In einer — nur teilweise vorliegenden – Notiz von sche Enttäuschung' durch eine positive Entschei- Dr. Friedrich Karl Flick über eine „Partnerkreis - dung über seinen Steuerbefreiungsantrag für die Besprechung" vom 8. Juli 1981 wurde ausgeführt, 210 Millionen DM-Gerling-Anlage nach Para- das Bundeswirtschaftsministerium sei wegen der graph 6 b Absatz 1 Ziffer 5 Einkommensteuerge- USF-Abgabe „sehr verärgert"; man habe sich dort setz. Die Entscheidung über diesen Antrag ist für die Erteilung der Genehmigung stark gemacht. nach einer jahrelangen Hängepartie überfällig, In diesen Dingen bestehe auch eine gewisse Rivali- sie muß ausnahmsweise nicht nur im ,Benehmen` tät zum Bundesfinanzministerium. Zum Antrag be- sondern im ,Einvernehmen` zwischen Bundes- treffend Gerling bemerkte Dr. Flick wiederum, ge- wirtschaftsminister und Bundesfinanzminister rade noch tragbar wäre die Einengung, daß die Ge- getroffen werden. Es wäre im Zeichen schmerz- nehmigung nur solange gelte, wie sich die Struktur hafter Sparzwänge eine finanzpolitische Zumu- der Gesellschaft nicht wesentlich ändere. tung, wenn durch ein weiteres Hinauszögern die- ser Entscheidung der Staat weiterhin großzügig In einer Notiz von Fritz Wacker, Dr. Hanns Arnt auf die Zahlung von über 100 Millionen DM fälli- Vogels und Manfred Nemitz an Dr. Flick vom 9. Juli ger Steuern verzichten würde. Schließlich beträgt 1981 wurde darauf aufmerksam gemacht, daß „der die in Paragraph 6 b Einkommensteuergesetz vor- für uns wichtige Bereich im BMWi" bis Anfang Sep- gegebene Anlagefrist zwei Jahre. Völlig unver- tember Urlaubssperre habe. Man müsse also bis ständlich wäre es, wenn jemand in der Bundesre- Ende August „durch sein", weil andernfalls die gierung jetzt auf den Gedanken käme, im zeitli- Sache noch oder wieder auf dem Tisch liege, wenn chen Umfeld einer Sparoperation, die von allen in Bonn im Herbst wegen der Haushaltsmisere 1982 Gruppen Einschränkungen fordert, den Antrag gestritten werde. auf Steuerbefreiung der Gerling-Anlage zu ge- nehmigen.

390 Nachdem Flick bereits 1,3 Milliarden DM aus dem Daimler-Paket steuerlich begünstigt ange- Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten legt hat, wäre eine weitere Flick-Spendierrunde Dr. Dieter Spöri an der geplanten Erteilung haushaltspolitisch 'unvertretbar. Gewiß: Auch von Bescheinigungen schon die Steuerbefreiung für die 800 Millionen DM, die zur internen Kapitalaufstockung der Ebenfalls am 9. Juli 1981 kritisierte der SPD-Bun- Flick-Gruppe verwendet wurden, lassen einen an destagsabgeordnete Dr. Dieter Spöri erneut die der Gerechtigkeit unseres Steuersystems zwei- geplanten Bescheinigungen. In einem Aufsatz im feln. Die Steuerbefreiung der Gerling-Mehrheits- „Sozialdemokratischen Pressedienst Wirtschaft" beteiligung aber wäre in einer Zeit finanzpoliti- schrieb er: scher Schweiß- und Tränen-Parolen eine ver- „Keine weitere Spendierrunde für Flick teilungspolitische Instinktlosigkeit. ,Volkswirt- schaftlich besonders förderunswürdig’ ist an die- Auch Steuerbefreiung für Gerling-Anlage muß ser Transaktion schließlich nichts, weil der Ger- abgelehnt werden ling-Konzern auch ohne einen derartigen bomba- stischen Steuernachlaß ein attraktives Anlage- projekt für Flick ist." Genau vor einem Jahr habe ich darauf hingewie- sen, daß es keinen sachlich begründeten Geneh- 391 migungszwang für die Anträge der Flick-Gruppe auf Steuerbefreiung ihrer Kapitalanlagen beim Pressekonferenz des Flick-Konzerns am 9. Juli 1981 Gerling-Konzern und bei der US-Filter-Corpora- tion gebe. Damals wurde aufgrund von Einwen- Nach Presseberichten erklärte die Firmenleitung dungen aus dem Bundesfinanzministerium die auf einer Pressekonferenz am 9. Juli 1981, man sei Entscheidung über diese beiden Anträge hinaus- mit der Beteiligung an Grace sehr zufrieden und geschoben. Inzwischen hat sich Friedrich Karl wolle die Zusammenarbeit noch enger gestalten, Flick damit abgefunden, daß es für die 209 Millio- habe das Engagement bei USF aber beendet, nach- nen DM-Anlage, die er aus dem Verkaufserlös dem das Bundesfinanzministerium auf einer Ver- des zwei Milliarden DM-Daimler-Aktienpakets steuerung der dort angelegten Erlöse aus dem Ver- bei US-Filter investierte, keine Steuerbefreiung kauf der Daimler-Benz-Aktien bestanden habe. Für nach Paragraph 4 Auslandsinvestitionsgesetz den Flick-Konzern sei dies letztlich günstiger gewe- gibt. Flick muß deshalb über 100 Millionen DM sen als die von dem anderen USF-Großaktionär an- Steuern auf diesen Anlagebetrag endgültig be gebotene Aufstockung auf 50%. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Vermutlich ebenfalls etwa vom 9. Juli 1981 stammt rium. Man könne dem Bundeswirtschaftsministe- der Entwurf eines Schreibens an das Bundeswirt- rium nahelegen, wegen der Frage der Nebenbestim- schaftsministerium, mit dem der PCV-Antrag „aus mung das Bundesinnenministerium einzuschalten, übergeordneten Gründen" zurückgezogen werden weil es um Fragen des Verwaltungsverfahrensge- sollte. Der Entwurf war von Fritz Wacker unter- setzes gehe. Ministerialdirektor Dr. Karl Koch wies schrieben; die Unterschrift von Eberhard von Brau- abschließend auf die kritischen öffentlichen Äuße- chitsch fehlte aber. rungen SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri zum Fall Gerling hin. 392 Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl übersandte am 13. Juli 1981 Dr. Koch den Entwurf eines Schreibens Ministervorlage im Bundesfinanzministerium - an den Flick-Konzern mit dem Wortlaut der geplan- über die beabsichtigte Bescheinigungserteilung ten Nebenbestimmung. durch den Bundeswirtschaftsminister In einer Ministervorlage vom 10. Juli 1981 wies 393 Ministerialdirektor Dr. Karl Koch darauf hin, daß Fritz Wackers Bericht vom 15. Juli 1981 über das er auf dem Entwurf des Schreibens an Minister weitere Vorgehen des Bundeswirtschaftsministeriums Dr. Graf Lambsdorff vom 24. Juni 1981 seine weiter- hin bestehenden Bedenken vermerkt und sich für Am 15. Juli 1981 berichtete Fritz Wacker Dr. Fried- eine Ablehnung des Antrags betreffend PCV ausge- rich Karl Flick über ein Telefonat mit Ministerial- sprochen habe. Obwohl auch in der endgültigen rat Dr. Wolfgang Mühl. Dieser wolle demnächst mit Fassung auf die Bedenken in den Fällen Gerling Ministerialdirektor Dr. Karl Koch wegen der Pro- und PCV hingewiesen worden sei, beabsichtige das blematik der Nebenstimmung zusammenkommen. Bundeswirtschaftsministerium, dieses Schreiben Dr. Mühl habe bei dieser Gelegenheit nach dem von als Grundlage für eine positive Entscheidung zu ihm in dem Gespräch am 30. Juni erbetenen Papier nehmen, falls eine Nebenbestimmung zulässig sein zu PCV gefragt. Er, Wacker, habe erwidert, man sollte. Im Falle PCV vertrete das Bundeswirt- sähe es lieber, wenn die beiden Anträge getrennt schaftsministerium die Auffassung, daß die Prü- behandelt würden, weil man befürchte, daß durch fung der volkswirtschaftlichen Förderungswürdig- neuerliche Diskussionen über PCV die letzten keit in seinen Zuständigkeitsbereich falle. Entgegen Amtshandlungen betreffend Gerling zu sehr verzö- der in dem Schreiben des Bundesfinanzministeri- gert würden; es komme dem Flick-Konzern vor al- ums vertretenen Auffassung wolle das Bundeswirt- lem darauf an, den Fall Gerling nun so schnell wie schaftsministerium bei PCV die volkswirtschaftli- möglich abzuschließen. Dr. Mühl habe erwidert, daß che Förderungswürdigkeit bejahen und die Be- dies auch seine Absicht sei; ohnehin werde die scheinigung erteilen. Nach Auffassung des Bundes- Frage der besonderen volkswirtschaftlichen Förde- wirtschaftsministeriums entfalle hier möglicher- rungswürdigkeit allein vom Bundeswirtschaftsmi- weise die Holdingproblematik. Zum Antrag betref- nisterium entschieden. Mit seinem Kollegen im fend Gerling sei dem Bundeswirtschaftsministe- Wirtschaftsministerium von Nordrhein-Westfalen rium eine Formulierung ausgehändigt worden, wo- werde er kurz telefonieren; damit sei die Angele- nach sich der Flick-Konzern mit einer Nebenbe- genheit erledigt. Dr. Mühl habe ferner mitgeteilt, er stimmung einverstanden erkläre, die die Nachver- habe von Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf steuerung sicherstelle und mit der auf die Einle- Lambsdorff den Auftrag, einen Brief an den Bun- gung von Rechtsbehelfen verzichtet werde. Bei die- desfinanzminister zu entwerfen, in dem die Be- ser Formulierung habe man sich im Bundesfinanz- handlung des 3. Antragsblocks abschließend darge- ministerium von der Überlegung leiten lassen, daß stellt werde. sowohl das Bundeswirtschaftsministerium als auch die Versicherungsabteilung des Bundesfinanzmini- Dieser Auftrag mache die Herauslösung des Antra- steriums das Flick-Engagement bei Gerling als ges betreffend PCV schwierig. Aus Termingründen volkswirtschaftlich förderungswürdig betrachtet benötige er die Unterlagen zu PCV bis zum 24. Juli. hätten. Sie hätten den Standpunkt vertreten, daß es Er halte es daher für notwendig, bemerkte Wacker rechtlich möglich sein müßte, den Flick-Konzern so abschließend, unverzüglich zu entscheiden, ob die- zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn die Beteili- ses Papier in Bonn abgeliefert werden könne; an- gungen unterhalb der VHDI-Ebene unmittelbar von dernfalls sehe er keine andere Möglichkeit, als den ihm gehalten würden. Alle diese und weitere Über- Antrag betreffend PCV zurückzuziehen. Eberhard legungen führten jedoch zu der in dem Schreiben von Brauchitsch vermerkte auf dieser Notiz am von Bundesminister Hans Matthöfer enthaltenen 16. Juli, er sei nicht bereit, den beiliegenden Brief Feststellung, daß durch die Aufnahme einer Neben- mit der Zurücknahme des Antrages zu unterschrei- bestimmung der Anwendungsbereich des § 6 b EStG ben. ausgeweitet würde und nicht sichergestellt werden könne, daß die „Nichtkonzernfiktion" rechtlich un- 394 bedenklich sei. Die rechtliche Verantwortung für die Aufnahme einer Nebenbestimmung, gegen die Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten seitens der Steuerabteilung des Bundesfinanzmini- Dr. Uwe Jens steriums Bedenken bestünden, liege daher aus- schließlich bei der für die Bescheinigung zuständi- Am 15. Juli 1981 kritisierte der SPD-Bundestagsab gen Stelle, nämlich dem Bundeswirtschaftsministe geordnete Dr. Uwe Jens in einem Schreiben an Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff die beabsich- bei Beteiligungstransaktionen handele, in denen tigte Gerling-Bescheinigung. Er könne beim besten der Banken- oder der Versicherungsbereich berührt Willen nicht erkennen, was an der „Beteiligung des werde, und die Versicherungsabteilung des Bundes- Konglomerats Industriekonzern Flick" an der Ver- finanzministeriums unter versicherungswirtschaft- sicherungswirtschaft „volkswirtschaftlich beson- lichen Gesichtspunkten positiv votiert habe, lasse ders förderungswürdig" sein könne. Nach seiner sich möglicherweise auch der Rechtsstandpunkt Kenntnis habe auch der Minister „Konglomerate vertreten, daß insoweit das Einvernehmen vorgele- Fusionen" immer mit besonderem Argwohn be- gen habe und hinsichtlich der steuerrechtlichen Be- trachtet. Betriebswirtschaftliche Rationalisierungs- denken nur das „Benehmen" erforderlich sei. effekte träten dabei mit Sicherheit nicht ein. Er glaube im übrigen wie der Abgeordnete Dr. Dieter Spöri, daß man in eine „sehr schwierige verteilungs- - 396 politische Diskussion" hineingeraten könne, wenn man im Herbst 1981 die Sparbeschlüsse zum Haus- Die weiteren Kontakte zwischen halt 1982 der Öffentlichkeit vorlege und gleichzeitig dem Bundeswirtschaftsministerium eingestehen müsse, daß man auf 100 Millionen DM und dem Bundesfinanzministerium Einnahmen zugunsten des Flick-Konzerns verzich- te. Staatssekretär Dr. Otto Schlecht bat um einen Am 24. Juli 1981 teilte Fritz Wacker Eberhard von Antwortentwurf, weil er beabsichtige, mit den SPD Brauchitsch mit, er habe in einem Telefonat von Bundestagsabgeordneten Dr. Uwe Jens und Dr. Die- Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl erfahren, daß ter Spöri zu sprechen. dessen geplantes Gespräch mit der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums aus Termingründen noch nicht stattgefunden habe und daß wegen PCV noch eine Abstimmung mit dem Energiereferat des Bundeswirtschaftsministeriums erforderlich sei. Er 395 habe Dr. Mühl erneut gedrängt. Das Erläuterungsschreiben des Flick-Konzerns Mit Vermerk vom 27. Juli 1981 teilte Ministerial- zu PCV rat Dr. Wolfgang Mühl Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff mit, Ministerialdirektor Am 17. Juli 1981 notierte Dr. Klaus Götte, er habe Dr. Karl Koch habe ihn telefonisch unterrichtet, am Vortag unter Bezugnahme auf das Gespräch daß er das zugesagte Gespräch mit ihm über die zwischen Fritz Wacker und Ministerialrat Dr. Wolf- vereinbarte technische Hilfe auf Weisung des Parla- gang Mühl vom 15. Juli 1981 mit Dr. Friedrich Karl mentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme nicht Flick besprochen, daß der Antrag für PCV weiterge- führen dürfe, bevor er aufgrund seiner Ministervor- führt werden solle; daher solle Dr. Mühl das erbe- lage „grünes Licht" von seinem Minister erhalte. Da tene Erläuterungspapier zugeleitet werden. Damit der Minister für ihn gegenwärtig nicht erreichbar solle erreicht werden, daß die beiden noch offenen sei, könne er keine Zusage für das Zustandekom- Positionen Gerling und PCV entsprechend dem men des Gesprächs im Laufe dieser Woche machen. Wunsch des Bundeswirtschaftsministeriums ge- Dr. Mühl vermerkte, es erscheine daher zweckmä- schlossen abgehandelt und nicht durch die Auftei- ßig, daß Minister Dr. Graf Lambsdorff Minister lung in zwei Teilentscheidungen verzögert würden. Hans Matthöfer darauf anspreche und ihn um Fort- Dr. Götte betonte, die von Dr. Flick angeregten gang der Angelegenheit bitte. Überlegungen über die Weiterführung des PCV-En- gagements blieben von dieser Entscheidung unbe- Dr. Graf Lambsdorff vermerkte noch am selben rührt. Er habe daher inzwischen veranlaßt, daß das Tage auf der Vorlage, Matthöfer habe ihm erklärt: Erläuterungsschreiben sofort dem Bundeswirt- „H. Koch hat grünes Licht. BM M'höfer wird es ihm schaftsministerium übermittelt werde. noch einmal wiederholen." Als Zeuge hat Dr. Mühl dazu ergänzend ausgesagt, Ministerialdirektor Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl übersandte Mini- Dr. Karl Koch habe ihm daraufhin mitgeteilt, auf sterialdirektor Dr. Karl Koch am selben Tage eine Weisung des Parlamentarischen Staatssekretärs Kopie dieses Schreibens. Auf dem Begleitzettel ver- Dr. Rolf Böhme dürfe er das Gespräch noch nicht merkte Dr. Koch am 21. Juli: „Benehmen ist nicht führen. Einvernehmen, so daß BMWi nicht an unsere Auf- fassung gebunden ist". 397 Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner hat dazu vor der Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen, daß Bericht Eberhard von Brauchitschs über geplante es nach der Staatssekretärsvereinbarung von 1973 Änderungen der §§ 6b EStG und 4 AIG im Falle Gerling des „Einvernehmens", also der Zu- stimmung des Bundesfinanzministeriums, bedurft Eberhard von Brauchitsch unterrichtete Dr. Fried- habe. Wenn er den erwähnten Vermerk von Mini- rich Karl Flick durch einen Vermerk vom 29. Juli sterialdirektor Dr. Karl Koch gekannt hätte, hätte 1981 über die im Zuge der Sparmaßnahmen der er ihm unverzüglich widersprochen. Dr. Uelner hat Bundesregierung geplanten Änderungen des § 6 b allerdings — wie bereits erwähnt — eingeräumt, EStG und des § 4 AIG. Man wolle die Vergünstigun- daß die Rechtsqualität der Staatssekretärsverein- gen auf 80 % der Veräußerungsgewinne beschrän- barung problematisch sei. Da es sich um eine ken, Kapitalerhöhungen ausschließen, das Bundes- Selbstbindung des Bundeswirtschaftsministeriums arbeitsministerium einschalten, um eine arbeits- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode marktpolitische Komponente zu berücksichtigen, Aus Termingründen wäre ein etwa notwendig wer- und eine Verzinsung von Rücklagen für Reinvesti- dendes Gespräch zwischen Dr. Graf Lambsdorff, tionen nach § 6 b EStG durchsetzen, soweit diese Matthöfer und ihm, von Brauchitsch, wegen der nicht in Anspruch genommen würden. Inwieweit Nichteinigung zwischen Ministerialrat Dr. Wolf- dies in die Gesetzesnovelle Eingang finden werde, gang Mühl und Ministerialdirektor Dr. Karl Koch hänge von den Ausschußberatungen im Bundestag erst Ende August möglich; notfalls könnte es aber und im Bundesrat ab. Unter rechtsstaatlichen Ge- auch auf der Staatssekretärsebene geführt werden. sichtspunkten dürften sich diese Erwägungen aber nicht auf den „noch immer nicht erledigten Rest" Eine ähnliche Sachdarstellung ergibt sich aus ei- des 3. Antragsblocks auswirken. nem Aktenvermerk von Ministerialdirektor Dr. Karl Koch vom 31. Juli 1981. Er hielt fest, Ministeri- alrat Dr. Wolfgang Mühl habe ihn wiederholt ange- rufen und um „technische Hilfe" bei der Formulie- 398 rung der Bescheinigung in Sachen Gerling und PCV gebeten. Entsprechend einer Weisung des Parla- Probleme zwischen dem Bundeswirtschafts- mentarischen Staatssekretärs Dr. Böhme habe er ministerium und dem Bundesfinanzministerium dies aber abgelehnt, solange der Minister von der Am 30. Juli 1981 teilte Fritz Wacker nach einem Vorlage nicht Kenntnis genommen habe. Auf den Telefonat mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl Hinweis von Dr. Mühl vom 31. Juli 1981, Minister in einer Notiz Eberhard von Brauchitsch und Dr. Graf Lambsdorff habe auf einem Zettel ver- Dr. Klaus Götte mit, das Gespräch zwischen Mini- merkt, er, Dr. Koch, solle „laut Entscheidung des sterialdirektor Dr. Karl Koch und Dr. Mühl habe Ministers Matthöfer" technische Hilfe leisten, habe immer noch nicht stattgefunden. Dr. Mühl habe er noch einmal Staatssekretär Dr. Günter Obert nach der Mitteilung des Bundeswirtschaftsmini- eingeschaltet mit der Bitte, den Minister anzuspre- sters, Dr. Koch habe „grünes Licht" von Minister chen. Kurz danach sei die Ministervorlage mit Matthöfer erhalten, diesen um einen Gesprächster- Zeichnung des Ministers und dem erwähnten Zu- min gebeten, statt dessen aber von ihm gehört, er satz des Leiters des Ministerbüros zurückgekom- habe kein grünes Licht. Dr. Mühl vermute, daß men, wonach der Minister darum bitte, dem Bun- Matthöfer das Papier von Dr. Koch, das dieser von deswirtschaftsministerium die erbetene technische der Leitung des Bundesfinanzministeriums abge- Hilfe zu leisten. segnet haben wolle, nicht kenne, weil es noch beim Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme liege. Dr. Mühl werde Dr. Koch heute oder morgen 399 erneut zu erreichen versuchen. Die Besprechung zwischen Der Leiter des Ministerbüros, Ministerialrat Bundeswirtschaftsministerium und Dr. Wilfried Haesen, vermerkte am 31. Juli 1981 auf Bundesfinanzministerium am 3. und 4. August 1981 der Vorlage der Steuerabteilung vom 10. Juli 1981, Minister Hans Matthöfer bitte darum, dem Bundes- Am 3. August 1981 kam es schließlich zu der Be- wirtschaftsministerium die erbetene technische sprechung zwischen den beiden Ministerien; sie Hilfe zu leisten. Dies habe er, Dr. Haesen, dem Lei- wurde am 4. August 1981 fortgesetzt. Das Bundes- ter des Ministerbüros im Bundeswirtschaftsmini- wirtschaftsministerium war durch drei Beamte, sterium mitgeteilt. darunter Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl und Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt, das Bundesfi- Aus handschriftlichen Notizen von Eberhard von nanzministerium durch sechs Beamte, an der Brauchitsch auf der Notiz von Fritz Wacker vom Spitze Ministerialdirektor Dr. Karl Koch und Mini- 30. Juli 1981 sowie einem Vermerk von Brau- sterialdirigent Dr. Adalbert Uelner, vertreten. Nach chitschs über ein Gespräch mit Minister Dr. Otto einem von Dr. Koch in Gegenwart und unter Billi- Graf Lambsdorff vom 2. August 1981 ergibt sich, daß gung aller Teilnehmer diktierten umfangreichen letzterer nach wie vor bereit war, den Anträgen Vermerk hatte die Besprechung im wesentlichen Gerling und PCV zuzustimmen. Die Besprechungs- folgenden Inhalt: Dr. Koch verwies einleitend auf unterlage, die von Minister Hans Matthöfer habe die rechtlichen Bedenken des Bundesfinanzmini- abgesegnet werden sollen, habe beim Parlamentari- steriums gegen die geplante Nebenbestimmung und schen Staatssekretär Dr. Böhme gelegen. Minister erklärte, daß die rechtliche Verantwortung dafür Matthöfer habe diese von Dr. Böhme „abgeholt" ausschließlich beim Bundeswirtschaftsministerium und noch am 31. Juli Dr. Koch grünes Licht für das liege. Er habe den Bundesminister der Finanzen Gespräch mit Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ge- auf seine Bedenken hingewiesen und seiner Vor- geben. Bundeswirtschaftsminister Dr. Graf Lambs- lage die Äußerung des Abgeordneten Dr. Dieter dorff sei notfalls bereit, PCV und Gerling voneinan- Spöri beigefügt. Der Bundesfinanzminister habe der abzukoppeln, um Gerling Vorrang zu geben. Er ihn gebeten, dem Bundeswirtschaftsministerium würde das allerdings nur sehr ungern tun, weil er die erbetene „technische Hilfe" zu leisten. Nachdem den politischen Krach in der Öffentlichkeit nur ein- dann Dr. Uelner darauf hingewiesen hatte, daß im mal haben wolle. Angesichts der Beschlußfassung Fall VHDI Einvernehmen zwischen den beiden Mi- im Koalitionsausschuß über die Modifizierung des nisterien hergestellt werden müsse, las Dr. Mühl § 6 b EStG hätten die Partner ausdrücklich festge- die Notiz des Bundeswirtschaftsministers vor, wo- stellt, daß diese Modifizierung für „laufende Fälle" nach Dr. Koch „grünes Licht" habe. Die Frage, ob nicht gelte, auch nicht hinsichtlich des Ermessens. dies ausreiche, um das „Einvernehmen" des Bun- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

desfinanzministeriums zu belegen, wurde von den Flick-Konzerns an den Bundesminister für Wirt- Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums be- schaft erörtert und teilweise umformuliert. Die Be- jaht, von denen des Bundesfinanzministeriums da- amten des Bundesfinanzministeriums bezweifelten gegen verneint. Dr. Mühl betonte, auch das Bundes- nach wie vor, ob mit der Nebenbestimmung sicher- finanzministerium habe die volkswirtschaftliche gestellt werden dürfe, daß die stillen Reserven spä- Förderungswürdigkeit bejaht; wegen der Bedenken ter besteuert werden. Sie erklärten daher, daß sie des Bundesfinanzministeriums gegen die Nebenbe- wegen der zahlreichen rechtlichen Zweifel die Ver- stimmung sei die „technische Hilfe" zwischen den antwortung für die Aufnahme einer Nebenbestim- -Ministern vereinbart worden. Dr. Uelner vertrat mung — für die in erster Linie das Bundeswirt- demgegenüber die Auffassung, daß die steuerrecht- schaftsministerium zuständig sei — nicht überneh- liche Wertung Teil der volkswirtschaftlichen Wer- men könnten. Selbst wenn die formalrechtlichen tung sei und daher die besondere volkswirtschaftli- Probleme einwandfrei gelöst werden könnten, habe che Förderungswürdigkeit nicht ohne positive man Bedenken gegen die Aufnahme der Nebenbe- Wertung der verwaltungs- und steuerrechtlichen stimmung, weil sie die bisherige Verwaltungspraxis Fragen bejaht werden könne. Deshalb sei das erheblich ausweiten würde. Schreiben des Bundesfinanzministers vom 24. Juni 1981 insgesamt als negatives Votum zu werten. Ministerialdirektor Dr. Karl Koch erklärte, daß im Hinblick auf die rechtlichen Bedenken gegen die Sodann wurde der Fall PCV erörtert. Zur Frage der geplante Nebenbestimmung die Bescheinigung Rechtsgrundlage für eine Nebenbestimmung wurde nach § 6 b EStG nicht möglich sei. Darüber hinaus die Ansicht vertreten, diese Frage könne nur von war Ministerialdirigent Dr. Adalbert Uelner der dem zuständigen Bundesinnenministerium ab- Auffassung, daß auch grundsätzliche rechtliche Be- schließend geklärt werden. Ferner wurde kontro- denken gegen die Begünstigung in Holding-Fällen vers über die Frage diskutiert, ob es rechtlich zuläs- im Versicherungs- und Bankenbereich bestünden, sig sei, bei einer Kapitalerhöhung in die Bescheini- so daß er eine Bescheinigung nach § 6 b EStG in die- gung eine Investitionsfrist aufzunehmen. Schließ- sem Fall für rechtswidrig halte. Nach seiner Aus- lich wies Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl darauf sage vor der Staatsanwaltschaft verlief dieses Ge- hin, daß die mit der Kapitalerhöhung durchzufüh- spräch „teilweise sehr heftig", weil die Meinungen renden Investitionen bei PCV ohne öffentliche Zu- über die Zulässigkeit und die rechtliche Wirksam- schüsse finanziert werden sollten; dies solle eben- keit einer Nebenbestimmung für den Fall Gerling falls in der Bescheinigung zum Ausdruck gebracht hart aufeinandergeprallt seien. werden. In einer Abteilungsleiterkonferenz des Bundesfi- Im Falle VHDI war auch das Bundeswirtschaftsmi- nanzministeriums am 4. August 1981 teilte Ministe- nisterium der Auffassung, daß die Bescheinigung rialdirektor Dr. Karl Koch mit, daß die SPD-Bun- nur erteilt werden könne, wenn die spätere Be- destagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri und Dr. Uwe steuerung der stillen Reserven sichergestellt sei. Es Jens den aktuellen Fall einer Steuerbefreiung nach neigte dazu, dies durch eine Nebenbestimmung si- § 6 b EStG aufgegriffen hätten. Dr. Jens sei über die cherzustellen, mit der der Flick-Konzern so gestellt wesentlichen Fakten unterrichtet. Mitteilungen ge- werde, daß eine Veräußerung von GKB-Anteilen genüber der Öffentlichkeit sollten nur in Abstim- durch die VHDI eine Besteuerung auslöse. Die Ein- mung mit dem Ministerbüro erfolgen. beziehung der unteren Stufe in die Besteuerung Ein Mitarbeiter von Ministerialrat Dr. Wolfgang wurde kontrovers diskutiert. Im Ergebnis war man Mühl teilte diesem am 5. August 1981 nach einer übereinstimmend der Auffassung, daß eine Einbe- Besprechung zwischen Staatssekretär Dr. Otto ziehung der unteren Stufe nicht formulierbar und Schlecht, dem Leiter des Ministerbüros Regierungs- nicht praktikabel sei. Würde der Konzern sich ent- direktor Dr. Thomas Hertz, dem Rechtsreferenten sprechend seiner Zusicherung verhalten und die Ministerialrat Dr. Karl-Joseph Gördel und weiteren Buchwerte aufstocken, so wäre die Besteuerung bei Personen mit, die Vorlage für den Minister solle der Veräußerung der GKB-Anteile sichergestellt. ohne weitere Beteiligung des Bundesministeriums Die Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums des Innern erstellt werden, da eine kurzfristige — machte erneut grundsätzliche Bedenken gegen die wenn auch nur rein beratende — Äußerung des Aufnahme einer Nebenbestimmung geltend; sie Bundesministeriums des Innern nicht zu erwarten hielt es für rechtlich zweifelhaft, ob durch eine Ne- sei. Es liege dann beim Minister, ob er die Beschei- benbestimmung die Sicherstellung der Besteuerung nigung erteilen wolle, ohne das Bundesministerium in einwandfreier Weise eingeführt werden könne. des Innern zuvor noch förmlich einzuschalten. Zudem sei dies bisher noch nie praktiziert worden; Am selben Tage übermittelte Fritz Wacker Ministe- es müsse also für den Flick-Fall ein völlig neues rialrat Dr. Wolfgang Mühl auf dessen Bitte hin de- Instrumentarium entwickelt werden. Es sei auch taillierte Angaben über die Kapitalerhöhung der rechtlich zweifelhaft, ob vor Erteilung der Beschei- GKB vom 2. November 1978 und die Verwendung nigung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet werden der auf diesem Wege dem Gerling-Konzern zuge- könne. Um diese Rechtsfrage auszuklammern, flossenen Mittel. könnte der Weg gewählt werden, daß der Flick-Kon- zern in seinem Schreiben an den Bundesminister Ebenfalls am 5. August teilte Ministerialdirektor für Wirtschaft erkläre, daß er nach Erteilung der Dr. Karl Koch Bundesfinanzminister Hans Matt- Bescheinigung auf Rechtsbehelfe verzichten werde. höfer mit, dem Bundesministerium für Wirtschaft Dann wurde der Entwurf eines Schreibens des sei die „technische Hilfe" geleistet worden. Im Hin- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode blick auf die Höhe der Gewinnverlagerungen — im schen oder monopolistischen Erträge jedoch ab Fall Gerling 209 Millionen DM und im Falle PCV geschöpft und nicht etwa noch gefördert werden. 25 Millionen DM — habe man die Verhandlungen über die „technische Hilfe" in einem beigefügten Der Bundesregierung ist zu danken, daß sie die Vermerk niedergelegt. Eine Kopie dieses Vermerks größten Mißstände dieses Paragraphen 6 b EStG und der beigefügten Unterlagen wurde dem Parla- aufgrund ihres jetzigen Beschlusses beseitigen mentarischen Staatssekretär Dr. Rolf Böhme an will. Über die bisher ausgesprochenen steuerli- seinen Urlaubsort übersandt. chen Begünstigungen von 1,3 Milliarden DM für die Friedrich Flick KG aus dem Daimler-Paket läßt sich in einigen Fällen streiten. Über die An- lage von Flick beim Gerling-Konzern kann es 400 - keine Meinungsverschiedenheiten geben: Sie ist und bleibt volkswirtschaftlich nicht förderungs- Öffentliche Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten würdig!" Dr. Uwe Jens am 6. August 1981

Im „Sozialdemokratischen Pressedienst Wirtschaft" 401 vom 6. August 1981 kritisierte der SPD-Bundestags- abgeordnete Dr. Uwe Jens die beabsichtigte Ent- Bericht Eberhard von Brauchitschs scheidung über den Antrag betreffend Gerling: an Dr. Friedrich Karl Flick vom 7. August 1981 über den Stand der Bescheinigungserteilung „Nicht förderungswürdig! Zur Flick-Beteiligung am Gerling-Konzern Am 7. August 1981 berichtete Eberhard von Brau- chitsch Dr. Friedrich Karl Flick über den Stand des Mit dem Erlös aus ihrem Daimler-Aktienpaket Verfahrens. Es hätten zwei Gespräche zwischen Mi- hat sich die Friedrich Flick KG vor Jahresfrist nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl, Ministerialdirektor mit 210 Millionen DM unter anderem beim Ger- Dr. Karl Koch und Ministerialdirigent Dr. Adalbert ling-Versicherungskonzern eingekauft. Auch in Uelner mit einer Gesamtdauer von acht Stunden diesem Fall wird versucht nach Paragraph 6 b Ab- stattgefunden. Sie hätten der „technischen Hilfe" satz eins Ziffer fünf Einkommensteuergesetz gedient, zu der die Steuerabteilung des Bundesfi- (EStG) Steuerbefreiung zu erhalten, in dem die- nanzministeriums aufgefordert worden sei und die ser Unternehmenszusammenschluß vom Bundes- der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Rolf ministerium für Wirtschaft als ,volkswirtschaft- Böhme „mindestens zu verzögern suchte". lich besonders förderungswürdig' deklariert wer- den soll. Die Entscheidung ist überfällig und sie Im Ergebnis lägen der Brief, den der Konzern an kann meines Erachtens nur lauten: Dieser Kauf das Bundeswirtschaftsministerium schreiben solle, kann steuerlich nicht begünstigt werden. und der Text der Bescheinigung im Entwurf vor. In der Frage der Einbeziehung der „unteren Stufe" in Wird er etwa als besonders förderungswürdig be- die Nebenbestimmung sei im Sinne des Flick-Kon- zeichnet, verzichtet der Staat zugunsten von Flick zerns entschieden worden. Ministerialdirigent auf rund 100 Millionen DM Steuereinnahmen. Dr. Adalbert Uelner habe aber in der Niederschrift Angesichts der allgemeinen Notwendigkeit des über die gemeinsame Sitzung festhalten lassen, daß Sparens, der beschlossenen Sparmaßnahmen zu er die Nebenbestimmung für rechtswidrig halte, lasten fast aller Bevölkerungsgruppen, würde und Ministerialdirektor Dr. Karl Koch habe argu- eine derartige Entscheidung in der Offentlichkeit mentiert, das Verfahren zu Gerling laufe nicht auf absolutes Unverständnis stoßen müssen. mehr entsprechend den Grundsätzen des Steuer- Die vertikale Konzentration kann unter bestimm- rechts, sondern entsprechend denen des Verwal- ten Bedingungen die betriebswirtschaftlichen tungsrechts, und deshalb müsse das Bundeswirt- und volkswirtschaftlichen Produktionsbedingun- schaftsministerium die Rechtsabteilung des Bun- gen sicherlich verbessern. Bei horizontalen Un- desinnenministeriums einschalten. Diese Einschal- ternehmenszusammenschlüssen ist dies im allge- tung sei bisher aber „bewußt unterlassen" worden. meinen sehr fraglich; aber konglomerate Fusio- Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambs- nen — bei denen sich Stahl- und/oder Metallun- dorff werde von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl ternehmen zum Beispiel mit Versicherungen ka- die Entscheidungsvorlage mit der Frage erhalten, pitalmäßig verflechten — sind in einer markt- ob die Rechtsabteilung des Bundesinnenministeri- wirtschaftlichen Ordnung geradezu schädlich ums einzuschalten sei. und deshalb niemals volkswirtschaftlich sinn- Am 10. August 1981 teilte Günter Markscheffel voll. Eberhard von Brauchitsch mit, aus einer längeren Bei konglomeraten Fusionen — wie im Falle Unterhaltung mit dem SPD-Bundestagsabgeordne- Flick/Gerling — geht es nur um Kapitalbeteili- ten Heinz Westphal ergebe sich, daß auch die F.D.P. gungen und damit um Konzentration von ökono- jetzt den Wirtschaftsminister dränge, das Thema mischer Macht, die letztendlich eine dezentrale „Flick/Gerling/6 b" zu den Akten zu legen, wenn Ordnung zerstören muß. Die entsprechenden Ka- nicht doch noch in letzter Minute aus Düsseldorf, pitalien zur Beteiligung sind im übrigen im allge- also vom Flick-Konzern, konkrete Angaben ge- meinen nicht durch Leistung entstanden, sondern macht werden könnten, ob und wie die aus der Ger- eher durch verengte Marktverhältnisse. In einer ling-Aktion für den Flick-Konzern frei werdenden Leistungsgesellschaft müßten diese oligopolisti Mittel für arbeitsplatzsichernde oder arbeitsplatz- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 fördernde Investitionen eingesetzt würden. Auch gen zur Erzeugung von Kohlegas bei der PCV ver- der Druck aus der SPD werde stärker, nachdem der wandt werden, für recht- und zweckmäßig. Im Falle SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Uwe Jens in die PCV sei — auch bei negativer Stellungnahme des gleiche Kerbe haue wie Dr. Dieter Spöri. Bei der Bundesministeriums der Finanzen — das vom Bun- F.D.P. bedränge besonders die Bundestagsabgeord- desministerium für Wirtschaft als ausreichend er- nete Ingrid Matthäus-Maier „den Grafen", während achtete Benehmen hergestellt. die F.D.P.-Bundestagsabgeordneten Hans-Günter Hoppe und Wolfgang Mischnick sich nach wie vor Im Falle Gerling sei nach Ansicht der Steuerabtei- bedeckt hielten. lung des Bundesministeriums der Finanzen die Herstellung des Einvernehmens notwendig. Nach dem Wortlaut der Staatssekretärsvereinbarung 402 - könnte das Einvernehmen mit dem Bundesfinanz- ministerium angenommen werden, da es die volks- Ministervorlage von Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl wirtschaftlich positive Beurteilung teile. Wegen der vom 10. August 1981 zum 3. Antragsblock steuerrechtlichen Fragen sei die Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums beteiligt worden. In Am selben Tag legte Ministerialrat Dr. Wolfgang der Bescheinigung selbst könnte der gesetzliche Mühl — entsprechend der Verfügung von Staatsse- Wortlaut „im Benehmen" gewählt werden. kretär Dr. Otto Schlecht vom 26. Juni 1981 — in einer Ministervorlage ausführlich die Probleme des Ministerialrat Wolfgang Dr. Mühl fügte die Ent- 3. Antragsblocks dar. Nach einer Schilderung der würfe für die beiden Bescheinigungen sowie für ein Vorberatungen und insbesondere der Erörterungen Schreiben des Flick-Konzerns an das Bundesmini- über die Möglichkeit einer Nebenbestimmung refe- sterium für Wirtschaft in Sachen Gerling bei. Bun- deswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambsdorff rierte er ausführlich über die Beratungen mit Mini- sterialdirektor Dr. Karl Koch am 3. und 4. August vermerkte nach einem Gespräch mit Staatssekretär 1981. Im Ergebnis solle der Flick-Konzern gebun- Dr. Otto Schlecht, Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl den werden, bei einer Veräußerung von GKB-Antei- und Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt ebenfalls len durch die VHDI zur Steuer herangezogen zu am 10. August 1981 auf der Vorlage „ja". Zugleich werden. Daher werde der Weg für denkbar gehal- unterschrieb er den Entwurf der Bescheinigung für ten, daß sich der Flick-Konzern freiwillig mit der den Antrag betreffend PCV. Darin wurde beschei- Aufnahme einer Nebenbestimmung einverstanden nigt, daß der Erwerb von Kapitalanlagen aus einer erkläre, die die Besteuerung bei einer Veräußerung Kapitalerhöhung bei PCV zu einem Erwerbspreis von Gerling-Anteilen sicherstelle, und auf die Einle- von 25 Millionen DM volkswirtschaftlich besonders gung von Rechtsbehelfen verzichte. Die Aufnahme förderungswürdig und geeignet sei, die Unterneh- einer derartigen Nebenbestimmung in einem Hol- mensstruktur eines Wirtschaftszweiges zu verbes- ding-Fall sei bisher noch nicht praktiziert worden; sern. Dies gelte jedoch nur unter der Vorausset- es werde mit dem vom Bundesministerium der Fi- zung, daß die der PCV aus der Kapitalerhöhung nanzen im Wege der „technischen Hilfe" aufgezeig- zufließenden Mittel innerhalb von vier vollen Wirt- ten Weg juristisches Neuland betreten werden. Da schaftsjahren nach Bescheinigungserteilung zum es zu diesen Fragen auch weder Schrifttum noch Bau von Anlagen zur Erzeugung von Kohlegas, die Rechtsprechung gebe, bestehe keine Gewähr für zum Anlagevermögen der PCV gehörten, verwandt die Tragfähigkeit der These des Bundesministeri- würden. Ferner gelte die Voraussetzung, daß der ums der Finanzen zur Sicherstellung der späteren Bau dieser Anlagen nicht durch öffentliche Mittel Besteuerung. Die vom Bundesministerium der Fi- bezuschußt werde. nanzen angeregte Beteiligung des Bundesministeri- Bereits am 11. August 1981 unterschrieben Eber- ums des Innern sei bisher nicht möglich gewesen. hard von Brauchitsch und Fritz Wacker das Schrei- Sie sei nicht erforderlich, wenn der Minister der ben an den Bundeswirtschaftsminister mit der in Auffassung sei, daß der Weg der Auflage ausrei- der Ministervorlage von Ministerialrat Dr. Wolf- chend sei. Zudem sei kaum zu erwarten, daß eine gang Mühl vorgeschlagenen Einverständniserklä- Beteiligung des Bundesministeriums des Innern rung für die Nebenbestimmung sowie mit dem Ver- eine abschließende Beurteilung des vom Bundesmi- zicht auf die Einlegung von Rechtsbehelfen. nisterium der Finanzen aufgezeigten Weges erbrin- gen würde. 403 Im Falle PCV bestehe keine Holdingproblematik, da die mit der Kapitalerhöhung finanzierten Investi- tionen bei der PCV selbst vorgenommen würden; Die Erteilung der Bescheinigungen betreffend VHDI dies habe die Steuerabteilung des Bundesministe- und PCV am 12. August 1981 riums der Finanzen ohne Einwände zur Kenntnis Am 12. August 1981 wurden dem Flick-Konzern mit genommen. Die Einwände von Bundesfinanzmini- einem von Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff un- ster Hans Matthöfer gegen die positive volkswirt- terzeichneten Begleitschreiben die Bescheinigun- schaftliche Beurteilung durch das Bundesministe- gen für die Anträge VHDI und PCV zugeleitet. rium für Wirtschaft würden nicht geteilt. Das Bun- desfinanzministerium halte den vom Bundeswirt- Bei der VHDI bezog sich die Bescheinigung auf den schaftsministerium vorgeschlagenen Weg, die Be- Erwerb von Geschäftsanteilen in Höhe von nomi- scheinigung davon abhängig zu machen, daß die nell 156.884.600 DM „im Hinblick auf den damit ver- Mittel aus der Kapitalerhöhung zum Bau von Anla bundenen wesentlichen unternehmerischen Einfluß Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

auf die Gerling-Konzern-Versicherungs-Beteili- schaft verweisen. Am selben Tage unterrichtete Mi- gungsgesellschaft AG, Köln, an der die Versiche- nisterialrat Dr. Wolfgang Mühl die zuständigen rungs-Holding der Deutschen Industrie GmbH mit Landeswirtschaftsministerien über die Erteilung 51 % beteiligt ist". Die Bescheinigung wurde unter der Bescheinigungen. der Voraussetzung erteilt, daß im Falle einer Veräu- ßerung von Anteilen an Gerling die Besteuerung der nach dieser Bescheinigung übertragenen stillen 404 Reserven sichergestellt sei. Schreiben Eberhard von Brauchitschs Bundeswirtschaftsminister Dr. Otto Graf Lambs- vom 21. August 1981 dorff unterrichtete am selben Tage Bundesfinanz- an Staatssekretär Dr. Otto Schlecht minister Hans Matthöfer schriftlich über die Ertei- - lung der Bescheinigungen. In dem Schreiben wurde Nach einer Notiz des Sekretariats von Eberhard darauf hingewiesen, daß Minister Matthöfer hin- von Brauchitsch vom 17. August 1981 bat Fritz sichtlich des Erwerbs der VHDI-Anteile seine volks- Wacker von Brauchitsch, in einem Brief an Staats- wirtschaftlich positive Beurteilung geteilt habe, und sekretär Dr. Otto Schlecht zu berücksichtigen, daß bemerkt: das Steuerreferat des Bundeswirtschaftsministeri- ums lobend erwähnt werde. Es gehe nicht um Na- „Ich danke Ihnen dafür, daß Sie bereit waren, im men, sondern um das ganze Referat. Wege der technischen Hilfe gemeinsam nach ei- nem Weg für eine mögliche Nebenbestimmung zu Mit Schreiben vom 21. August 1981 bedankte sich suchen, mit der die spätere Besteuerung der über- dann auch Eberhard von Brauchitsch bei Staats- tragenen stillen Reserven im Falle einer Veräu- sekretär Dr. Otto Schlecht für die Behandlung der ßerung auch im Holding-Kreis sichergestellt wer- Steuerbescheinigungs-Angelegenheiten durch das den soll." Bundesministerium für Wirtschaft. Es dränge ihn, ihm in einer Zeit, in der die Bürger mit gelegentli- In die Bescheinigung sei eine entsprechende Ver- chem Mißmut der Tätigkeit der öffentlichen Ver- pflichtung aufgenommen worden, wie sie mit Mini- waltung gegenüberstünden, diese Zeilen zu schrei- sterialdirektor Dr. Karl Koch am 3. und 4. August ben. Das Bescheinigungsverfahren im Bundesmini- 1981 erörtert worden sei. Den Einwendungen gegen sterium für Wirtschaft sei „in der Form und in der die volkswirtschaftlich positive Beurteilung des An- Sache ein Beispiel höchster Sorgfalt und Fachkom- trages betreffend PCV vermöge er, Dr. Graf Lambs- petenz sowie strengster rechtsstaatlicher Objektivi- dorff, sich nicht anzuschließen, da die zu beurtei- tät" gewesen. Man wäre zwar gern gelegentlich we- lende Transaktion und die damit zu finanzierenden niger intensiv befragt worden und hätte die eine Produktionsanlagen zur Erzeugung von Kohlegas oder andere Entscheidung auch gern etwas früher ohne öffentliche Zuschüsse durchgeführt würden; gesehen. „Aber es waren ja wohl gerade die Sorgfalt dies sei als Bedingung in die Bescheinigung aufge- und die Objektivität, die den Sach- und Zeitaufwand nommen worden. ausgelöst haben." Dies alles veranlasse ihn, ihm — Staatssekretär Dr. Schlecht — und dem Steuerrefe- In dem Brief des Bundesministers für Wirtschaft rat des Bundesministeriums für Wirtschaft seine wurde im Bundesministerium der Finanzen an der „besondere Anerkennung" zum Ausdruck zu brin- Stelle, wo es hieß, man habe „gemeinsam nach ei- gen. nem Weg für eine mögliche Nebenbestimmung" ge- sucht, ein großes Fragezeichen angebracht. Ministe- rialdirigent Dr. Adalbert Uelner hat dazu als Zeuge 405 ausgesagt, er habe dieses Dankschreiben als „zynisch" empfunden. Die Herren des Bundesmini- Erneute öffentliche Kritik steriums für Wirtschaft hätten sicherlich den gro- des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri ßen Unmut der Herren der Steuerabteilung darüber am 27. August 1981 verspürt, daß man auf Weisung die technische Hilfe habe leisten müssen. Der stellvertretende Obmann der SPD-Bundestags- fraktion im Finanzausschuß, Dr. Dieter Spöri, kriti- Eberhard von Brauchitsch und Fritz Wacker unter- sierte im „Sozialdemokratischen Pressedienst Wirt- richteten in einem gemeinsamen Vermerk vom schaft" vom 27. August 1981 die Bescheinigung be- 13. August 1981 Dr. Friedrich Karl Flick und die treffend VHDI: Mitgesellschafter über die erteilten Bescheinigun- gen sowie die darin enthaltenen Auflagen und erör- „Flick-Geschenk kompromittiert Sparoperation terten die sich daraus möglicherweise ergebenden Fehler nach der ersten Sparrunde Konsequenzen im Falle von Veräußerungen von VHDI- oder GKB-Anteilen. Sie fügten hinzu, mit Mitten in die Sparoperation zum Haushalt 1982 dem Bundesministerium für Wirtschaft sei verabre- fiel nach den Kabinettsbeschlüssen am 30. Juli det, daß man im Zusammenhang mit der Erlangung noch im Monat August ein Ereignis, das die Of- dieser Bescheinigungen keine eigene Publizität be- fentlichkeit erst jetzt verspätet gebührend würdi- treibe. Sollte man von Journalisten befragt werden, gen kann: In aller Stille — das Steuergeheimnis werde man lediglich den Erhalt der Bescheinigun- steht einer offiziellen Verkündigung im Wege — gen bestätigen. Alle weiteren Fragen würden nicht gaben Bundeswirtschaftsminister und Bundesfi- beantwortet werden; vielmehr werde man zustän- nanzminister durch eine Sondergenehmigung digkeitshalber an das Bundesministerium für Wirt nach Paragraph 6 b Einkommensteuergesetz der Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Flick-Gruppe die Möglichkeit von einer aus dem nach § 6 b EStG anerkannt; Bundeswirtschaftsmini- Daimler-Verkaufserlös stammenden 210-Millio- ster Dr. Otto Graf Lambsdorff habe sein Plazet be- nen DM-Einlage beim Gerlingkonzern 120 Millio- reits vor einiger Zeit gegeben. Zugleich wurde die nen DM fällige Steuern zu sparen. Dieser Vor- Kritik des Abgeordneten Dr. Dieter Spöri erwähnt. gang ist untragbar und vor dem Bürger nicht ver- tretbar. Ich habe im Rahmen von politischen In der ARD-Fernsehsendung „Bericht aus Bonn" Kompromissen bisher manche finanzpolitische vom 28. August 1981 antwortete Bundesfinanzmini- Kröte geschluckt, doch diese ist unverdaubar. ster Hans Matthöfer auf die Frage, ob es taktisch Noch am 6. August habe ich in einem Brief an den klug sei, daß mitten in die nicht enden wollenden Bundesfinanzminister geschrieben, ,daß eine po- Sparberatungen hinein die Meldung eines „120-Mil- sitive Entscheidung über diesen Antrag der Flick lionen-Geschenks an den Konzern Flick" komme, es Gruppe im zeitlichen Umfeld einer Sparopera-- handele sich hier nicht um ein Steuergeschenk, son- tion, die alle Gruppen belasten soll, nur beim An- dern um eine Steuerstundung auf der Grundlage tragsteller selbst Verständnis finden könnte'. des § 6 b EStG, der den vernünftigen Sinn habe, Dies gelte umsomehr als Friedrich-Karl Flick auf es dem Kapitaleigentümer zu erlauben, steuer- seiner letzten Jahrespressekonferenz in Düssel- unschädlich Kapital aus einem Betrieb herauszu- dorf nach einem Pressebericht betont hatte, daß ziehen, auch wenn er dabei stille Reserven auflöse. das Engagement bei Gerling im Falle einer nega- Es sei im konkreten Falle allerdings sehr schwierig tiven Entscheidung über den Steuerbefreiungsan- gewesen, eine Konstruktion zu finden, die sicher- trag nicht rückgängig gemacht würde. stelle, daß es sich um eine Steuerstundung handele. Bessere Lösungen hätte man aber nicht finden kön- Offensichtlich ist die Beteiligung von Flick beim nen, auch wenn man noch ein paar Jahre nachge- Gerling alles andere als ,volkswirtschaftlich be- dacht hätte. Zu der Frage, ob dieser Vorgang „volks- sonders förderungswürdig' im Sinne von Para- wirtschaftlich förderungswürdig" sei, bemerkte graph 6 b Einkommensteuergesetz: Kapitalver- Matthöfer, es sei „eine Tatsache", „daß man damals flechtungen zwischen Industriekonzernen und Flick aufgefordert hat, in den Gerling-Konzern hin- Versicherungskonzernen stehen sogar im offenen einzugehen, um den Zusammenbruch des Konzerns Widerspruch zu marktwirtschaftlichen Ord- zu verhindern, um das Kapital in deutschen Hän- nungsprinzipien. Kein Wunder, daß eine betei- den zu halten, um eine Kettenreaktion mit unab- ligte Abteilung des Bundesfinanzministeriums sehbaren Folgen zu verhindern". Dann könne man diesen Antrag mit spitzen Fingern angefaßt hatte. heute nicht sagen, diese Sache sei nicht förderungs- Wenn Gerling eine Beteiligung nötig hatte, wäre würdig gewesen, nur weil sie so lange zurückliege. dieser große Industrieversicherer auch ohne Dieser Fall habe ihn aber so beschäftigt, daß man Steuergeschenk für Kapitalanleger attraktiv ge- jetzt das Gesetz ändern werde. Auf der Grundlage wesen. des geltenden Gesetzes habe er sich nicht anders Es ist grotesk, wenn sich im Kabinettsauftrag verhalten können. Es bestehe Einverständnis in der jetzt die Minister Matthöfer, Lambsdorff und Eh- Koalition, daß man den § 6 b EStG so ändern wolle, renberg mühen müssen, für ein bescheidenes Be- daß solche Fälle nicht mehr vorkommen könnten. schäftigungsprogramm über eine Sektsteuerer- höhung und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Druckerzeugnisse 600 Millionen DM zusam- 406 menzukratzen, wobei dann noch 900 Millionen DM fehlen, und gleichzeitig bekannt wird, daß Intervention der hessischen SPD-Landtagsfraktion einer einzelnen Unternehmensgruppe ohne öko- Ebenfalls am 28. August 1981 war beim Bundesfi- nomischen Sinn ein Beitrag spendiert wird, der nanzminister ein — auch dem Bundeskanzler zur das jährliche Mehraufkommen aus der geplanten Kenntnis gebrachtes — Fernschreiben der SPD Sektsteuererhöhung (100 Millionen DM) deutlich Landtagsfraktion Hessen eingegangen, wonach übersteigt. Ein derartiger Vorgang muß der Paro- man „mit Empörung" der Presse habe entnehmen le, daß jetzt alle den Riemen enger schnallen müssen, daß Bundesfinanzminister Hans Matthöfer müssen, einfach die Grundlage entziehen: Was zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister denkt ein ,Normalsterblicher`, dem vor Opferparo- dem Flick-Konzern eine Steuerentlastung in Höhe len die Ohren klingen, wenn gleichzeitig der krö- von 120 Millionen DM gewährt habe. Mit diesem nende Abschluß einer Gesamtoperation bekannt „Geschenk" könne man nicht um Verständnis für wird, mit der Flick insgesamt 1,5 Milliarden DM notwendige Haushaltseinsparungen werben. Die unversteuert anlegen konnte. Die eben jetzt SPD-Landtagsfraktion fordere Matthöfer daher durch das Kabinett beschlossene Einschränkung dringend auf, die genannte Maßnahme rückgängig der Steuervorteile nach Paragraph 6 b Einkom- zu machen. mensteuergesetz wird vor diesem Hintergrund politisch entwertet... ’ 407 Die Bescheinigung betreffend VHDI fand in der Presse ein lebhaftes Echo. Unter anderem berich- Überlegungen von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht tete das „Handelsblatt" unter der Überschrift „Per- wegen eines Briefes an den silschein für Flicks Gerling-Beteiligung" am 27. Au- SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri gust 1981, Bundesfinanzminister Hans Matthöfer habe „nach längerem Zögern" jetzt die Gerling-Be- Am 31. August 1981 teilte Fritz Wacker Eberhard teiligung des Flick- Konzerns als steuerbegünstigt von Brauchitsch mit, in einem Telefonat habe ihm Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode der Mitarbeiter von Ministerialrat Dr. Wolfgang Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, Mühl, Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt, gesagt, drei Landeswirtschaftsministerien — einmütig zu Staatssekretär Dr. Otto Schlecht denke darüber der Auffassung gelangt, daß die Transaktion die nach, „in Anbetracht der heftigen Angriffe in der volkswirtschaftlichen Bescheinigungsvoraussetzun- Presse und der Aktivitäten des Herrn Dr. Spöri" an gen des § 6 b EStG erfülle. Daher wäre es rechtswid- diesen unverzüglich einen Brief zu schreiben, der rig gewesen, wenn der Bundesminister für Wirt- anschließend der Presse übergeben werden solle. schaft die Bescheinigung versagt hätte. Der Antrag- Dr. Berndt habe mit ihm darüber sprechen wollen, steller habe einen Rechtsanspruch auf die Beschei- welchen Inhalt dieser Brief haben könne. Man habe nigung, wenn das Verfahren ergeben habe, daß die drei Punkte diskutiert, die der Brief enthalten gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen. Die von könne: Dr. Spöri aufgeworfene Frage der politischen Op- - portunität der Entscheidung angesichts der damali- „1. aufklärende Bemerkungen über Sinn und gen Einspardiskussion dürfe bei der Rechtsanwen- Zweck des 6 b, dung keine Rolle spielen; die Regierung würde sonst elementare Grundsätze des Rechtsstaates die nachdrückliche Feststellung, daß rechts- 2. verletzen. Zudem sei der Antrag bereits im Jahre staatliche Grundsätze nicht politischem und 1978 gestellt worden, und das Bundesministerium finanzpolitischem Opportunismus geopfert für Wirtschaft habe die volkswirtschaftliche Förde- werden dürfen, rungswürdigkeit bereits im Frühjahr 1980 bejaht. 3. kurze Ausführungen zur sachlichen Begrün- Komplizierte steuerrechtliche Fragen hätten dann dung der Entscheidung des Bundeswirt- die lange Verzögerung verursacht. schaftsministers, in denen aber keine Einzel- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht schrieb weiter, er heiten zu den entscheidenden Fragen offen- habe dafür Verständnis, wenn Dr. Dieter Spöri die gelegt werden dürfen." „besonders positive volkswirtschaftliche Qualifizie- rung der Flick-Beteiligung an Gerling" nicht ohne Er, Wacker, habe Dr. Berndt gesagt, daß der dritte weiteres einleuchte. Ohne Kenntnis der Einzelhei- Punkt seines Erachtens der schwierigste sei, weil ten des Beteiligungserwerbs sei es vielleicht damit auch die Position von Dr. Hans Gerling be- rührt werde. Die Ausführungen müßten so gehalten schwierig, die Beweggründe dafür nachzuvollzie- sein, daß weder Dr. Gerling noch andere Versiche- hen. Das Steuergeheimnis verbiete es aber, die Ein- rungsgesellschaften oder sonstige Betroffene sich zelheiten bekanntzugeben, und nehme den am Ver- aufgerufen fühlen könnten, in aller Öffentlichkeit fahren beteiligten Stellen auch die Möglichkeit, die Korrekturen anzubringen. Dr. Berndt habe mitge- Entscheidung offensiv zu vertreten und Spekulatio- nen entgegenzutreten. Staatssekretär Dr. Schlecht teilt, daß die Ausführungen zu Ziff. 3 ggf. kurz und sehr allgemein gehalten würden; die Überlegungen brachte aber kurz die Situation des Jahres 1975 mit des Flick-Konzerns sollten berücksichtigt werden. dem Zusammenbruch der Herstatt-Bank und den Er, Fritz Wacker, habe daraufhin erklärt, daß aus daraus resultierenden Gefahren für die Gerling der Sicht des Flick-Konzerns keine Einwände ge- Versicherungsgruppe als wesentlichem Wettbewer- gen einen solchen Brief bestünden. ber in der Versicherungsbranche in Erinnerung. In solchen Fällen sei die Gefahr eines spürbaren Kon- Staatssekretär Dr. Otto Schlecht hat dazu als Zeuge zentrationsschubs besonders groß. Bei der Bewälti- ausgesagt, es könne keine Rede davon sein, daß der gung einer derart kritischen Situation könne eine Brief mit dem Flick-Konzern abgestimmt worden Vielzahl von Gründen entstehen, die eine besondere sei, sondern Oberregierungsrat Dr. Holger Berndt volkswirtschaftliche Qualifikation der Flick-Beteili- habe bei Fritz Wacker nur angerufen, um wegen gung rechtfertige. Mit der Beteiligung des Flick des Steuergeheimnisses das Einverständnis für die Konzerns an der Gerling-Gruppe sei aus der vor- Passage einzuholen, die sich auf die Situation bei übergehenden finanziellen Auffangaktion zahlrei- Gerling bezogen habe. Dr. Berndt habe zwar den cher Unternehmen zugunsten dieses Versiche- Entwurf des Briefes Wacker vorgelesen, aber nur, rungsunternehmens ein tragfähiges und auf Dauer um in bezug auf die Teile des Briefes, die dem angelegtes unternehmerisches Engagement eines Steuergeheimnis unterlägen, das Einverständnis starken, jedoch nicht bereits als Mitkonkurrent täti- des Flick-Konzerns einzuholen. gen Unternehmens geschaffen worden. Abschlie- ßend betonte Staatssekretär Dr. Schlecht, die Ab- qualifizierung des § 6 b EStG durch Dr. Spöri als 408 „Steuergeschenk" werde weder seiner wirtschafts- Der Brief von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht politischen Bedeutung noch seiner steuerlichen an Dr. Dieter Spöri und das Presseecho darauf Wirkungsweise gerecht. Er schaffe wirtschaftspoli- tisch bessere steuerliche Voraussetzungen für die Mit Schreiben vom 1. September 1981 an den SPD notwendige Modernisierung und dynamische Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri ging Strukturanpassung der Wirtschaft und sei damit Staatssekretär Dr. Otto Schlecht auf dessen „hef- ein Beitrag zur Sicherung von Wachstum, Wettbe- tige Kritik" an der Entscheidung des Bundeswirt- werbsfähigkeit und Beschäftigung. Steuerlich ge- schaftsministeriums ein. Nach sehr eingehender währe die Vorschrift eine Steuerstundung. Sie er- und umfassender Prüfung des Antrags des Flick laube es dem Unternehmen, ohne direkte Besteue- Konzerns seien alle am Bescheinigungsverfahren rung Kapital aus einem Teil des Unternehmens in- beteiligten Stellen — Bundeswirtschaftsministe- vestiv in einen anderen Bereich der unternehmeri- rium, Bundeskartellamt, Bundesfinanzministerium, schen Tätigkeit zu verlagern, wenn dieser betrieb- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 lichen Umstrukturierung besonders positive bran- anspruch der Antragstellerin als „abenteuerlich". chenspezifische und gesamtwirtschaftliche Wirkun- Auch die sonstigen Argumente von Dr. Dieter Spöri gen zuerkannt würden. Dies sei eine wirtschafts- träfen nicht zu. politisch sinnvolle, ja notwendige steuerliche Rege- lung. 409 Am 2. September 1981 übersandte Oberregierungs- Die Erörterungen im Bundeskabinett rat Dr. Holger Berndt Fritz Wacker eine Kopie des Schreibens von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht an Da Bundeskanzler Helmut Schmidt auf einer der den Bundestagsabgeordneten Dr. Dieter Spöri und ihm vorgelegten Zeitungsmeldungen über die Ertei- dankte zugleich für Wackers „schnelle und unkom- lung der Steuerbescheinigungen am 27. August 1981 plizierte Kooperationsbereitschaft". Der Presse- - verfügt hatte: „Chef BK, b. mdl. Bericht im Kabinett sprecher des Flick-Konzerns, Dr. Manfred Kiese veranlassen", wurde am 1. September 1981 in einem wetter, hielt in einer Notiz am 3. September 1981 Vermerk für die Kabinettsitzung von dem zuständi- fest, der Brief von Staatssekretär Dr. Schlecht an gen Referat des Bundeskanzleramts ausgeführt, Dr. Spöri sei am Tage vorher der Presse übergeben der Bundesminister für Wirtschaft werde in der Ka- worden; sein Wortlaut sei mit Wacker abgestimmt binettsitzung über die in der Presse der letzten worden. Sodann ging Dr. Kiesewetter auf das — Tage stark hervorgehobene Zustimmung des Bun- unterschiedliche — Presseecho ein. Er bemerkte, in deswirtschaftsministers und des Bundesfinanzmi- einem Artikel der „Zeit" werde Eberhard von Brau- nisters zu dem nach § 6 b EStG steuerbegünstigten chitsch als „cleverer Konzernführer" bezeichnet, Erwerb der Gerling-Beteiligung durch den Flick dem es in langen Verhandlungen mit Politikern ge- Konzern berichten; der Bundesminister der Finan- lungen sei, das zu erreichen, wofür er bezahlt wer- zen werde ggf. den Bericht ergänzen. de, nämlich das Geld rentierlich anzulegen. Seine Duzfreundschaft mit Dr. Hans Friderichs werde Sodann wurden die Flick-Anträge und ihre gesetzli- „als beliebte Spekulation" aufgewärmt. Dr. Kiese che Grundlage geschildert. Während das Bundesmi- wetter hielt dies zwar für ein „mieses Stück", schlug nisterium für Wirtschaft bereits im Juli 1980 den aber vor, nicht zu reagieren. Erwerb der Gerling-Beteiligung als „volkswirt- schaftlich besonders förderungswürdig" anerkannt Im SPD-nahen „Parlamentarisch-Politischen Pres- habe, habe das Bundesfinanzministerium dem erst sedienst" vom 2. September 1981 wurde — nach ei- nach längerem Zögern zugestimmt. Die Anwendung ner zusammenfassenden Wiedergabe des Schrei- des § 6 b EStG auf diesen Fall habe die grundsätzli- bens von Staatssekretär Dr. Otto Schlecht — unter che Kritik in der SPD an dieser Vorschrift erneut der Zwischenüberschrift „Steuergeheimnis bei verschärft. Nachdem jedoch alle beteiligten Stellen Großsubventionen" folgendes ausgeführt: die volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit be jaht hätten, wäre ein ablehnender Bescheid nach „Demgegenüber erklärte Spöri, der ,wortreiche geltendem Recht einer Rechtsverweigerung gleich- Belehrungsbrief Schlechts könne das ,Flick-Bon- gekommen. Wegen des Steuergeheimnisses seien bon’ weder wirtschafts- noch steuerpolitisch be- konkrete Auskünfte durch die Bundesregierung gründen. Die Ansicht, daß ein Rechtsanspruch nicht zulässig. Es wurde vorgeschlagen, die Be- auf diese Steuervergünstigung bestanden hätte, richte der beiden Minister zur Kenntnis zu nehmen, sei geradezu abenteuerlich. Insbesondere machte zugleich aber „mit Rücksicht auf das breite Presse- Spöri geltend, daß das Flick-Engagement auch echo des Flick-Falls" die vorgesehene Einschrän- ohne Steuervergünstigung eine attraktive Anlage kung des § 6 b EStG und des § 4 AIG, die de lege gewesen sei, die keinerlei zusätzlicher Begünsti- ferenda die Begünstigung eines derartigen Erwerbs gung bedurft hätte. Die Sicherungsoperation weitgehend ausschließen würde, in der Öffentlich- beim Gerling-Konzern sei abgeschlossen gewe- keit stark herauszustellen. In der Kabinettsitzung sen, bevor die Flick-Gruppe sich mit der jetzt am 9. September 1981 wurde anscheinend entspre- steuerbegünstigten Anlage zusätzlich engagierte. chend verfahren. Die Berichte der Bundesminister Spöri regte an, daß bei derartigen steuerlichen Dr. Otto Graf Lambsdorff und Hans Matthöfer wur- Großsubventionen das Steuergeheimnis gesetz- den nach einer Aussprache — auch über die ge- lich aufgehoben werden sollte, um eine detail- plante Einschränkung des § 6 b EStG — vom Kabi- lierte parlamentarische Diskussion zu ermög- nett zur Kenntnis genommen. lichen." Dr. Otto Graf Lambsdorff hat als Zeuge dazu ausge- sagt, ausweislich des Kabinettsprotokolls habe sich In einem Vermerk dazu notierte Oberregierungsrat auch der Bundeskanzler dazu geäußert; an Einzel- Dr. Holger Berndt, der Vorschlag, durch Aufhebung heiten könne er sich allerdings nicht erinnern. des Steuergeheimnisses vor Bescheinigungsertei- Wenn sich der Bundeskanzler „mit Vehemenz kri- lung eine parlamentarische Diskussion zu ermögli- tisch dazu geäußert hätte", wäre dies aber vermut- chen, verkenne die notwendige Trennung zwischen lich im Kabinettsprotokoll vermerkt worden. Legislative und Exekutive. Gerade bei einem sol- chen Verfahren würde die politische Opportunität In der Kabinettsitzung am 2. und 3. September 1981 zum Bestandteil des Bescheinigungsverfahrens und hatte zuvor der Parlamentarische Staatssekretär damit auch zum Bestandteil der Rechtsanwendung Dr. Rolf Böhme das Bundeskabinett über die ein- gemacht. „Dr. Spöri hat vermutlich den Rechts- vernehmlich zwischen dem Bundesfinanzminister charakter des § 6 b EStG noch nicht verstanden." und dem Bundeswirtschaftsminister erstellte Ge- Deshalb bezeichne er den Hinweis auf den Rechts setzesvorlage unterrichtet, die eine Begünstigung Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

von Kapitaltransaktionen ins Ausland und den Er- Folge. Auf diese beschränkte Steuervergünstigung werb von Holdinganteilen nach § 6 b EStG aus- habe der Steuerpflichtige bei Erfüllung des Tatbe- schloß. Das Kabinett nahm zustimmend Kenntnis. standes allerdings einen Rechtsanspruch. Im Falle Bundeskanzler Helmut Schmidt bat dazu den Bun- Gerling hätten der Bundesminister für Wirtschaft, desfinanzminister und den Bundeswirtschaftsmini- der Bundesminister der Finanzen und die Wirt- ster um eine schriftliche Argumentationshilfe für schaftsminister von Hessen, Baden-Württemberg die Kabinettsmitglieder. und Nordrhein-Westfalen die besondere volkswirt- schaftliche Förderungswürdigkeit einmütig bejaht; 410 sie hätten sich dabei auf ebenso einmütige Stellung- nahmen des Bundeskartellamts, des Bundesauf- Öffentliche Äußerungen sichtsamtes für das Versicherungswesen und der von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer -Versicherungsabteilung des Bundesfinanzministe- Bereits vorher waren im Bundesfinanzministerium riums stützen können. Manchem möge heute eine Vorbereitungen für eine öffentliche Verlautbarung staatliche Hilfe für die Beteiligung des Flick-Kon- vom Bundesminister Hans Matthöfer getroffen zerns am Gerling-Konzern nicht als notwendig er- worden. Am 31. August 1981 telegraphierte Ministe- scheinen; dabei werde aber übersehen, daß die maß- rialrat Dr. Wilfried Haesen, Leiter des Minister- gebenden Transaktionen sich zu einer Zeit abge- büros von Matthöfer, an den Flick-Konzern, Hans spielt hätten, als für die Gerling-Gruppe eine durch- Matthöfer beabsichtige, sich angesichts der öffentli- aus prekäre Situation bestanden habe. Nach dem chen Kritik an der erteilten Bescheinigung im Fall Zusammenbruch der Herstatt-Bank und der Veräu- Gerling zur Frage der volkswirtschaftlichen Förde- ßerung der Anteilsmehrheit durch Dr. Hans Gerling rungswürdigkeit des Erwerbsvorgangs öffentlich zu habe man im Interesse einer funktionierenden Ver- äußern, und wäre deshalb dankbar für eine Mittei- sicherungswirtschaft eine Lösung finden müssen, lung, ob der Konzern damit einverstanden sei und die die Sicherheit der Arbeitsplätze und der Versi- insoweit auf die Wahrung des Steuergeheimnisses cherung durch einen starken Partner gewährleiste- verzichte. te, den Wettbewerb in der Versicherungsbranche nicht gefährdete, wie es bei Übernahme durch ein Als erste Reaktion darauf mußte Ministerialrat Konkurrenzunternehmen möglich gewesen wäre, Dr. Wilfried Haesen Minister Matthöfer mitteilen, und von Dauer zu sein versprach. Mit der Flick- daß Eberhard von Brauchitsch sich im Ausland auf- Beteiligung sei — wie die Entwicklung gezeigt habe halte; man versuche, ihn zu erreichen. Noch am sel- — nach einer vorläufigen Auffangaktion durch eine ben Tag erhielt er die Nachricht, man habe von Vielzahl von Industriefirmen eine solche endgültige Brauchitsch telefonisch in den USA erreicht; dieser Stabilisierung erreicht. Diese Gründe hätten seiner- habe auf eine ausdrückliche Absprache mit dem zeit das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- Bundesministerium für Wirtschaft hingewiesen, wesen, den Bundesfinanzminister und andere ver- daß das Steuergeheimnis gewahrt werden müsse anlaßt, den Flick-Konzern zu einem Engagement und Anlaß für eine Ausnahme nicht bestehe. Mit sogar zu ermuntern. „Es wäre deshalb wohl ein Ver- Hans Matthöfers Interview im „Bericht aus Bonn" stoß gegen Treu und Glauben gewesen, die Firma sei das Notwendige auch gesagt. Zusätzlich ver- heute, nachdem sie dem entsprochen hat, durch merkte Dr. Haesen am 4. September 1981, der Justi- Verweigerung der entsprechenden formellen Be- tiar des Flick-Konzerns habe ihm am 2. September scheinigung um ihren Rechtsanspruch nach § 6 b mitgeteilt, daß Eberhard von Brauchitsch mit einer EStG zu bringen." öffentlichen Darstellung des Vorgangs „unter größt- möglicher Schonung des Gerling-Konzerns" einver- Man könne über § 6 b EStG denken wie man wolle; standen sei. solange die Vorschrift im Gesetz stehe, müßten die aus ihr folgenden Ansprüche auch erfüllt werden. Bundesfinanzminister Hans Matthöfer rechtfer- Wenn der Eindruck entstünde, auf gesetzliche Inve- tigte dann in einem am 4. September 1981 allen stitionsförderungsvorschriften sei kein Verlaß, SPD-Bundestags-Fraktionsmitgliedern zugeleiteten würde man dieses Instrument zu einer Zeit schwä- Brief, der vom Leiter des Ministerbüros, Ministe- chen, wo man gerade im Begriffe sei, es neu einzu- rialrat Dr. Wilfried Haesen, entworfen und von Mi- setzen. Minister Matthöfer bat daher um Verständ- nisterialrat Dr. Arno Bordewin unter rechtstechni- nis dafür, daß er sich nicht in der Lage gesehen schen Gesichtspunkten durchgesehen worden war, habe, die Zustimmung zu der Bewertung des Vor- seine Entscheidung und fügte für etwaige Anfragen gangs durch den Bundeswirtschaftsminister zu ver- einen Muster-Antwortbrief bei. Darin hieß es, inner- weigern. Eine ähnliche, knapper gefaßte Argumen- halb der Fraktion und der Partei sei insbesondere tation findet sich in dem beigefügten „Muster- kritisiert worden, daß der Bundesfinanzminister brief". mit seiner Zustimmung zu der Bescheinigung des Bundesministeriums für Wirtschaft in Zeiten be- 411 sonderer Finanzknappheit ein sachlich nicht ver- tretbares „Steuergeschenk" gewährt habe. Er wolle Das Schreiben Eberhard von Brauchitschs daher — unter Respektierung des Anspruchs der an Günter Markscheffel vom 9. September 1981 beteiligten Unternehmen auf Wahrung des Steuer- und dessen Bericht über die Fraktionssitzung geheimnisses — die für eine sachgerechte Beurtei- der SPD vom 8. September 1981 lung des Vorgangs maßgebenden Umstände darstel- len. Die Anwendung des § 6 b EStG habe keinen Ani 9. September 1981 schrieb Eberhard von Brau Steuererlaß, sondern nur eine Steuerstundung zur chitsch an Günter Markscheffel und dankte ihm für Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 seine „ausführlichen Zeilen" vom 7. September, de- Gelegenheit genommen, mit Dr. Schmude, den er ren Text dem 1. Untersuchungsausschuß nicht vor- aus seiner Beratertätigkeit im Bundesministerium lag. Er teile Markscheffels Auffassung, daß es sich für Bildung und Wissenschaft kenne, zu sprechen bei der Kritik des SPD-Bundestagsabgeordneten und ihn auf die Rechtslage aufmerksam zu machen. Dr. Dieter Spöri um einen Alleingang handele; folg- Soeben habe er, von Brauchitsch, von einem ande- lich könne es nach seiner Ansicht nicht die Aufgabe ren Kabinettsmitglied erfahren, daß Dr. Schmude einer Pressekonferenz und die Beschäftigung aller sich tatsächlich seinerzeit sachkundig gemacht und Medien sein, solche Alleingänge zu unterlaufen. Die bei einer Erörterung dieser Angelegenheit am breite Öffentlichkeit verstehe von dem ganzen Rande einer Kabinettsitzung auf das hohe Risiko Thema § 6 b EStG, seiner wirtschaftspolitischen Be- eines Rechtsstreits hingewiesen habe. gründung und seiner Anwendung überhaupt nichts; insofern sei diese Öffentlichkeit „jeder Agitation zu-- gänglich". Sie sei aber sachkundig genug, um zu wissen, daß die Angriffe von Dr. Spöri zum überwie- 413 genden Teil sachlich unbegründet seien. Jedenfalls habe der Flick-Konzern vermeiden wollen, noch F. Die einzelnen Fragen einmal in einer Pressekonferenz in dieser Angele- des Untersuchungsauftrages genheit tätig zu werden und „möglicherweise schla- fende Hunde zu wecken". 1. Der Sachverhalt zu den Fragen I. 1 bis 6 des Ein- Günter Markscheffel seinerseits berichtete in einer setzungsbeschlusses (gem. Antrag BT-Drs. 10/34) ist Anlage zu einem Brief vom 9. September 1981 Eber- in diesem Abschnitt festgestellt und wird im 3. Ab- hard von Brauchitsch über den Verlauf der SPD schnitt bewertet. Fraktionssitzung vom 8. September 1981; diese An- lage zu seinem Brief lag im Wortlaut nicht vor. In 2. Zur Frage I. 7: „Sind Zweifel an einem Tatsachen- dem Brief schrieb er, es sei ihm vor allem darauf vortrag des Steuerpflichtigen aufgetreten, und angekommen, von Brauchitsch eine Übersicht über wurde bzw. wird geprüft, ob eine Entscheidung des die Gesamtstimmung zu geben; deshalb habe er auf Bundesministeriums für Wirtschaft aufzuheben die Wiedergabe von Kritiken zu Detailfragen ver- ist?" wird auf die Darstellung zu den Anträgen zichtet. Er sei mit von Brauchitsch — mit dem er Grace I und II in diesem Abschnitt verwiesen. Die kurz zuvor telefoniert hatte — der Meinung, daß die beiden Bescheinigungen sind inzwischen zurückge- ganze Angelegenheit ohne „die Spöri-Story im nommen worden. Hinsichtlich der übrigen Beschei- SPIEGEL", der am 31. August 1981 ausführlich die nigungen sind derartige Zweifel nicht aufgetreten. Kritik von Dr. Dieter Spöri wiedergegeben hatte, überhaupt nicht zur Sprache gekommen wäre. Als 3. Zur Frage I. 8: „Haben sich die Prognosen, die der Abgeordnete Erich Meinike (Oberhausen) die- nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen Vor- ses Problem kurz angesprochen habe, habe es prak- schriften hinsichtlich der Förderungswürdigkeit tisch kaum eine Reaktion gegeben; wider Erwarten und Geeignetheit zu stellen waren, erfüllt?": Nach habe auch Dr. Dieter Spöri selbst kein Wort darüber Feststellung des 1. Untersuchungsausschusses sind gesagt. Als der Abgeordnete Horst Gobrecht be Zweifel an der Erfüllung dieser Prognosen außer im merkt habe, die „Angelegenheit Flick" sei jetzt wohl Falle Grace nicht aufgetaucht. erledigt, aber man müsse sich mit einer Neufassung des § 6 b EStG beschäftigen, habe es einiges zustim- 4. Zur Frage I. 9: „Welche steuerlichen Vorteile — mendes Kopfnicken, aber keine weitere Reaktion in auf Zeit oder auf Dauer — hat der Steuerpflichtige der SPD-Fraktion gegeben. Abschließend regte durch die Entscheidungen des Bundesministeriums Markscheffel an, den Brief von Staatssekretär für Wirtschaft erzielt?": Nach den Feststellungen Dr. Otto Schlecht an den SPD-Bundestagsabgeord- des 1. Untersuchungsausschusses hat der Flick neten Dr. Spöri auch den SPD-Abgeordneten Heinz Konzern Steuervergünstigungen nach § 6 b EStG Westphal, Erich Meinike und Horst Gobrecht zu- und § 4 AIG für Wiederanlagen im Umfang von rd. gänglich zu machen. Gesprächsweise habe er, 1,394 Milliarden DM in Anspruch genommen; der Markscheffel, auch erfahren, daß Bundesjustizmini- unmittelbare Steuervorteil bestand aus u. U. lang- ster Dr. Jürgen Schmude im Kabinett gesagt haben fristigen Steuerstundungen, die im Zeitpunkt der solle, „die Bundesregierung wäre bös hereingefal- Erteilung der Bescheinigungen rd. 850,7 Millionen len, wenn man bei Ablehnung des Flick-Anliegens DM ausmachten. in einen Prozeß hätte gehen müssen". 5. Zu Frage I. 10: „Ist eine Entscheidung des Bun- desministeriums für Wirtschaft aufzuheben und — falls ja — sind Maßnahmen gegen die Steuerpflich- 412 tigen zu ergreifen?" wird auf die Darstellung des rechtlichen Schicksals der Bescheinigungen zu den Eberhard von Brauchitschs Notiz über die Haltung Anträgen Grace I und II in diesem Abschnitt ver- von Bundesjustizminister Dr. Jürgen Schmude wiesen. Auf die Einstellung von Bundesjustizminister 6. Die Frage I. 11: „Welche Schlußfolgerungen erge- Dr. Jürgen Schmude ging auch Eberhard von Brau- ben sich für den Gesetzgeber?" wird im 3. Abschnitt chitsch in einer Notiz vom selben Tage an Fritz beantwortet. Wacker ein. Er habe, notierte von Brauchitsch, in der Schlußphase der letzten Monate des Verfahrens 7. Zum Ergänzungsantrag BT-Drs. 10/520: Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Auf Antrag der SPD-Fraktion war der Untersu- schen den zuständigen Bundesministerien und dem chungsauftrag wie folgt ergänzt worden: Flick-Konzern über den Umfang der nach Auffas- sung beider Seiten wegen des Steuergeheimnisses „Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages erforderlichen Weglassungen bzw. Schwärzungen vom 19. Mai 1983 eingesetzte Untersuchungsaus- in den dem Ausschuß zuzuleitenden Akten gegeben. schuß soll auch klären, ob und in welcher Weise Insoweit kann nicht von einer unzulässigen Abstim- der Flick-Konzern Einfluß auf die Herausgabe mung der Aktenherausgabe zwischen den Bundes- der vom Ausschuß in Erfülllung seines Untersu- ministerien und dem Flick-Konzern gesprochen chungsauftrages angeforderten behördeninter- werden. nen Unterlagen über die dem Flick-Konzern be- willigten Steuervergünstigungen genommen 8. Zum Ergänzungsantrag BT-Drs. 521 hat." - Nach den Feststellungen des 1. Untersuchungsaus- Auf Antrag der Fraktion der CDU/CSU und der schusses hat der Flick-Konzern verschiedentlich FDP war der Untersuchungsauftrag weiter wie folgt rechtliche Bedenken gegen die Herausgabe von fir- ergänzt worden: meninternen Unterlagen an den 1. Untersuchungs- ausschuß und ihre Verwertung in öffentlicher Sit- „Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages zung vorgebracht. Er hat beispielsweise gegenüber vom 19. Mai 1983 eingesetzte Untersuchungsaus- den Justizorganen den Standpunkt vertreten, daß schuß soll auch klären, ob Parteien, Mitglieder die Herausgabe der dortigen Akten an den Untersu- des Deutschen Bundestages oder andere Perso- chungsausschuß nicht zulässig sei, weil zum einen nen es unternommen haben, auf das Steuergeheimnis entgegenstehe und weil zum — anderen diese Unterlagen von ihm freiwillig — Mitglieder der Bundesregierung, und nur für Zwecke der Justiz, nicht des Unter- — Parlamentarische Staatssekretäre, leitende suchungsausschusses — herausgegeben worden Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetz- seien. lich hierzu berufenen Stellen Ein solches Vorgehen des Flick-Konzerns ist als legitime Interessenwahrnehmung nicht zu bean- mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, daß dem Flick standen, auch soweit die zugrundeliegenden Konzern von ihm beantragte Bescheinigungen Rechtsfragen vom 1. Untersuchungsausschuß an- (§ 6 b EStG, § 4 AIG) nicht erteilt werden." ders beurteilt werden. Feststellungen hierzu sind durchgehend in der Nach der Anforderung von Akten der Bundesregie- chronologischen Darstellung enthalten und werden rung hat es verschiedentlich auch Kontakte zwi- im 3. Abschnitt bewertet. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

3. Abschnitt: Ergebnisse und Schlußfolgerungen aus der Untersuchung

I. Der Maßstab des Rechts in der Bundesregierung sowie in der Ministerialver- und ungeschriebener Verhaltensregeln waltung. Mögen diese Beanstandungen im Einzel- fall auch mehr oder weniger schwer wiegen, insge- 414 samt geben sie jedoch keinen Anlaß, an der Integri- 1. Maßstab für die Bewertung des festgestellten - tät unserer parlamentarischen Demokratie, der im Sachverhalts ist zum einen das Recht und zum an- Untersuchungszeitraum amtierenden Bundesregie- deren sind es ungeschriebene, sachgerechte Regeln rung und der Ministerialverwaltung zu zweifeln. für den Umgang der Wirtschaft mit Politik und Ver- waltung. Denn kein Verfassungsstaat, auch nicht 419 die auf der geschriebenen Verfassung des Grundge- setzes ruhende rechtsstaatliche parlamentarische 6. Der Umfang des Untersuchungsauftrags sowie Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland, der fast sieben Jahre umfassende Untersuchungs- kann ohne Beachtung solcher ungeschriebener Ver- zeitraum haben zu einer Sachverhaltsfeststellung haltensregeln auskommen. geführt, die in weiten Teilen normales Verhalten von Antragstellern und Ministerialverwaltung Wer sie nicht beachtet, handelt nicht rechtswidrig nachzeichnet. So waren auch im großen Umfang oder gar strafbar. Er verletzt aber mehr als nur Geschehnisse zu beschreiben, die im Bereich von guten Stil. Einzelne und Verbände einerseits, Parla- Großunternehmen und im Beziehungsfeld von Wirt- ment, Parteien, Regierung und Verwaltung anderer- schaft und Politik üblicherweise so ablaufen und seits müssen, wenn es um wirtschaftliche Interes- nicht kritikwürdig sind. sen gegenüber der Politik geht, Verhaltensregeln anerkennen, die verhindern, daß das Gemeinwohl Schaden nimmt. 420 7. Gleichsam als Nebenprodukt ist dadurch auch eine Fallstudie über die Behandlung gewichtiger 415 Anträge im steuerlichen Subventionsbereich in ei- 2. Im Hinblick auf das bei Gericht anhängige Straf nem Verfahren mit investitionslenkendem Charak- verfahren gegen Dr. Friderichs u. a. — LG Bonn ter entstanden, die lehrreich sein kann. Regierung 27 F 7/83 — enthält sich der 1. Untersuchungsaus- und Verwaltung, aber auch das Parlament sollten schuß insoweit einer rechtlichen Bewertung. das strategische und taktische Vorgehen von Groß- unternehmen und Verbänden bei bedeutsamen An- Weil während des Verfahrens des 1. Untersu- trägen, Projekten und Gesetzesvorhaben sorgfältig chungsausschusses das Verwaltungsstreitverfahren analysieren, um das jeweilige Verhalten von Lobby, wegen der erteilten Grace-Bescheinigungen anhän- Antragstellern oder Petenten besser zu verstehen gig war, sieht der 1. Untersuchungsausschuß auch und bei den zu treffenden Entscheidungen in Rech- von einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser nung stellen zu können. Verwaltungsakte ab. Er trifft auch keine Feststel- lungen zur Rechtmäßigkeit der übrigen dem Flick Konzern erteilten Bescheinigungen nach § 6 b EStG. Il. Schlüssel zum Verständnis

416 421 3. Am Rande seines Auftrags hat der 1. Untersu- chungsausschuß zur Kenntnis genommen, daß es in 1. Die Strategie des Flick-Konzerns in den Verfahren der Vergangenheit bei SPD, F.D.P., CDU und CSU nach §§ 6 b EStG und 4 AIG Verstöße gegen die Pflicht zur Rechenschaftslegung Der umfängliche Sachverhalt der Verfahren gemäß bei Großspenden gegeben hat. §§ 6 b EStG und 4 AIG des Flick-Konzerns ist nur zu verstehen und zu beurteilen, wenn das strategische 417 Konzept und seine taktische Durchführung durch den geschäftsführenden persönlich haftenden Ge- 4. Die schwerwiegenden Vorwürfe, die von Teilen sellschafter Eberhard von Brauchitsch erkannt der veröffentlichten Meinung (z. B. „Die gekaufte wird. Republik") erhoben wurden und die zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses führten, haben sich Am Anfang stand die geschäftspolitische Entschei- nicht bestätigt. dung, die Beteiligung an der Daimler-Benz AG zu verkaufen und die so erlösten Finanzmittel für In- vestitionen im Konzernbereich, z. T. über den Weg 418 der Kapitalaufstockung, und den Erwerb neuer Be- 5. Zu mißbilligen sind eine Reihe von Verhaltens teiligungen zu verwenden. Ein geschlossenes, Ver- weisen im politischen Raum, beim Flick-Konzern, äußerung und Wiederanlage umfassendes, indu- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode striepolitisches und in Einzelheiten festliegendes Schmidt und zu Bundesministern. Durch das um- Gesamtkonzept scheint es im Zeitpunkt der Veräu- fangreiche Vermerkswesen wurden die weiteren ßerung der Daimler-Benz-Aktien noch nicht gege- Mitglieder der Geschäftsführung und von Fall zu ben zu haben. Allerdings war offenbar von Anfang Fall der Projektgruppe informiert. Gegenüber der an beabsichtigt, den Erlös überwiegend steuerbe- Verwaltung betrieben Fritz Wacker und Dr. Heri- günstigt zu reinvestieren. Eberhard von Brau- bert Blaschke die Verfahren. Sie informierten über chitsch hat schon frühzeitig erkannt, daß die steuer- alles, was sie auf Beamtenebene in Erfahrung brin- liche Seite der Kapitalumschichtung eine politische gen konnten. Dimension bekommen werde. Denn die Entschei- dungen über die Steuerstundungsanträge des Flick Die Journalisten Günter Markscheffel und Peter Konzerns waren durch Bundesministerien zu tref- Heinrich Refflinghaus, die dem Flick-Konzern ver- fen, und in der SPD-Bundestagsfraktion gab es Wi- - traglich verbunden waren, beschafften Informatio- derstände gegen die Erteilung von Steuerstun- nen aus dem Bereich der SPD bzw. Gewerkschaften dungsbescheinigungen. Die deswegen befürchtete und vermittelten die Ansichten Eberhard von Brau- Politisierung dieser Verfahren bezog Eberhard von chitschs in diese Bereiche. Brauchitsch von Anbeginn an als wichtigen Faktor Die politischen Ambitionen des Flick-Konzerns, be- in seine strategischen Überlegungen ein. Er kann sonders aber Eberhard von Brauchitschs, kommen zu Recht darauf verweisen, daß parlamentarische auch in der Kontaktpflege zu Oppositionspolitikern und parteipolitische Angriffe auf die Verfahren zum Ausdruck. Doch weder der Parteivorsitzende seine politische Gegenwehr verursachten. Aber der CDU, Dr. Helmut Kohl, noch der Parteivorsit- schon seine ersten vorbereitenden Schritte Ende zende der CSU, Dr. Franz Josef Strauß, noch andere 1974/Anfang 1975 im politischen Raum zeigen, daß namhafte CDU/CSU-Politiker sind ernsthaft be- er auch von sich aus dem Ganzen ebenfalls eine müht worden, aus Parlament oder Partei heraus erhebliche politische Dimension zumaß. Einfluß zugunsten der Erteilung der Steuerbeschei- Bundeskanzler und Bundesminister waren wie nigungen zu nehmen. selbstverständlich auf die Anliegen des Flick-Kon- Systematisch dagegen versuchte Eberhard von zerns anzusprechen („zu begrüßen"), und in der Brauchitsch nicht nur die entscheidenden Wirt- konzerninternen Berichterstattung nimmt sich das schafts- und Finanzminister, sondern auch maßgeb- Einwirken Eberhard von Brauchitschs auf die Bun- liche SPD-Politiker für seine Anliegen zu gewinnen, desregierung aus, als ob es nicht um rechtsstaatlich um die Gegnerschaft der SPD-Bundestagsabgeord- gebundene Verwaltungsakte, sondern um ein schier neten Dr. Rolf Böhme, Dr. Dieter Spöri u. a. gegen endloses Ringen ging, in dem er selbst eine maß- die Erteilung der Bescheinigungen zu neutralisie- gebliche Rolle spielte. Die Bildung einer Projekt- ren. gruppe im Hause Flick unter Leitung von Fritz Wacker entsprach der üblichen Vorbereitung von Das planvolle und kombinierte Vorgehen auf den Anträgen solcher Bedeutung. Die Kontaktauf- Ebenen der Verwaltung, der Regierung, des Parla- nahme mit Referats- und Abteilungsleitern der zu- ments und der Parteien beruhte auf Überlegungen, ständigen Bundesministerien diente der notwendi- die den Namen einer strategischen Konzeption ver- gen Information über Steuerrechtsfragen, die im dienen. Die umfassende Strategie des Flick-Kon- Hause des Antragstellers nicht alltäglich vorkamen. zerns bzw. von Eberhard von Brauchitsch ist über- Die Häufigkeit und Systematik der Vorsprachen haupt erst durch die Aufklärung im Verlauf des und Anrufe fällt allerdings auf. Untersuchungsverfahrens bekanntgeworden. Das Zusammenlaufen der Informationen im Flick-Kon- Das Vermerkswesen des in der Geschäftsführung zern bei Eberhard von Brauchitsch ermöglichte im- für die Anträge hauptsächlich zuständigen Gesell- mer neue taktische Einzelschritte, deren Bedeutung . schafters Eberhard von Brauchitsch diente der In- für den Flick-Konzern von den Gesprächspartnern formation des Konzerninhabers und der Mitgesell- verschiedentlich nicht erkannt wurde und erkannt schafter. Listen mit Besprechungspunkten, die ab- werden konnte. Die Einschaltung der Bundesregie- gehakt sind, zeigen, daß Dr. Friedrich Karl Flick, rung beim Verkauf an die Deutsche Bank und die der Routineangelegenheiten der Geschäftsführung Einschaltung des Bundesministeriums für Wirt- seinen Mitgesellschaftern überließ, in den ca. sie- schaft und des Bundesministeriums der Finanzen ben Jahren, in denen die Bescheinigungsverfahren vor Erwerb der Gerling-Beteiligung wurden von liefen, über alle wichtigen Fragen informiert wurde. Eberhard von Brauchitsch später jahrelang als Seine Unterstreichungen und gelegentlichen hand- frühzeitige Festlegung zugunsten des Flick-Kon- schriftlichen Zusätze zeigen, daß er die Verfahren zerns gedeutet. Bei Angelegenheiten vergleichbarer aktiv begleitet und zumindest wesentliche Ent- Bedeutung ist eine frühzeitige Information der scheidungen gebilligt oder gar initiiert (z. B. Grace) Bundesregierung gerechtfertigt. Die Bundesregie- hat. Was am Verhalten des Antragstellers zu mißbil- rung ist jedoch der späteren Ausdeutung ihrer poli- ligen ist, ist deshalb zum Teil auch ihm zuzurech- tischen Wohlwollenserklärung zum Daimler-Benz- nen. Aktien-Erwerb durch die Deutsche Bank als Festle- gung für die 6 b/4 AIG-Anträge nicht entschieden Beim Vorgehen gegenüber Regierung und Verwal- genug entgegengetreten. tung gab es im Flick-Konzern eine gewisse Aufga- benteilung. Eberhard von Brauchitsch, Günter Max Die kooperative, mitunter umarmende Vorgehens Paefgen und Dr. Friedrich Karl Flick pflegten die weise des Flick-Konzerns wurde auf Beamtenebene politischen Kontakte zu Bundeskanzler Helmut fortgesetzt. Gewiß hat der Flick-Konzern bei der Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Begründung seiner Anträge unter Ausnutzung aller Beispielsweise findet die Qualifizierung der Flick ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gear- Anträge als „Ausreißer" durch den SPD-Bundes- beitet; Akten und Zeugenaussagen vor dem 1. Un- tagsabgeordneten Dr. Rolf Böhme im Gesetz, das tersuchungsausschuß vermitteln aber nicht den keine Summenbegrenzungen vorsieht, ebensowenig Eindruck, daß unwahr vorgetragen worden wäre. eine Stütze wie seine Wertung der Bescheinigungen als „Milliardengeschenk" und „Steuergeschenk". Beim Verfahren betreffend Grace II fällt allerdings Das gleiche gilt für die Verquickung der Bescheini- auf, daß die Verwaltung sich stark auf die positive gungsverfahren mit damaligen haushalts- und sozi- Entscheidung betreffend Grace I stützte, obwohl die alpolitischen Entscheidungen von Regierung und eine oder andere kritische Nachfrage noch hätte Parlamentsmehrheit durch den SPD-Bundestagsab- gestellt werden sollen. geordneten Dr. Dieter Spöri und die Einmischung - der hessischen SPD-Landtagsfraktion gegenüber Eine viel zu oberflächliche Betrachtungsweise führt Bundesfinanzminister Hans Matthöfer und Bun- das durch den Flick-Konzern bewirkte vertrauens- deskanzler Helmut Schmidt. volle Klima allein auf die „Pflege der Bonner Land- schaft" durch Spenden des Flick-Konzerns zurück. Zu dieser unzulässigen Politisierung sind auch die Der 1. Untersuchungsausschuß kommt zu der Über- in der SPD-Bundestagsfraktion angestellten Über- zeugung, daß Spenden in den politischen Raum für legungen zu rechnen, nach Möglichkeit noch mit die Behandlung der Anträge des Flick-Konzerns — Wirkung für die Flick-Anträge eine Gesetzesände- vorbehaltlich der Würdigung des Verhältnisses von rung herbeizuführen; dies widerspricht dem rechts- Eberhard von Brauchitsch zu Alfred Nau und zur staatlichen Rückwirkungsverbot belastender Geset- SPD — nicht ursächlich geworden sind; der Unter- ze. Die ständigen parlamentarischen Anfragen zu suchungsausschuß geht jedoch davon aus, daß den laufenden Bescheinigungsverfahren, die die Spenden innerhalb der „Pflege der Bonner Land- Bundesregierung inhaltlich nur unter Verletzung schaft" geleistet worden sind, um sich allgemeines des Steuergeheimnisses hätte beantworten können, Wohlwollen zu verschaffen oder zu erhalten. mögen durch das parlamentarische Fragerechts ge- deckt sein. In der Zusammenschau mit der sie be- gleitenden Veröffentlichungspolitik sind sie als Teil einer inner- und außerparlamentarischen Kam- 422 pagne gegen die Erteilung der Steuerstundungsbe- scheinigungen für den Flick-Konzern zu werten. 2. Öffentliche Politisierung des Verwaltungsverfahrens Zu mißbilligen ist die auf diese Politisierung — und nicht nur auf schwierige Rechtsfragen — zurückzu- Sowohl der Verkauf eines Teils des Daimler-Benz führende überlange Verfahrensdauer beim dritten Aktienbesitzes durch den Flick-Konzern als auch Antragsblock (1978 bis 1981). Ob das Verfahren die einzelnen Steuerbescheinigungsverfahren wa- auch deswegen so in die Länge gezogen wurde, weil ren Vorgänge von politischem Gewicht und Interes- sich Alfred Nau oder die Friedrich-Ebert-Stiftung se. Die Beteiligung von Politikern vornehmlich der davon weitere verfahrensbegleitende Flick-Spen- SPD an der öffentlichen Auseinandersetzung dar- den erhofft hätten, hat der 1. Untersuchungsaus- über, ob die vom Flick-Konzern beantragten Steuer- schuß nicht festgestellt. stundungsbescheinigungen zu erteilen oder zu ver- sagen waren, führte zu einer zusätzlichen Politisie- rung der Verwaltungsverfahren, die in zweierlei Hinsicht zu erheblichen Bedenken Anlaß gibt. Ill. Einflußnahme des Flick-Konzerns Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß auch ein auf Politik und Verwaltung auf Ministerialebene geführtes Verwaltungsverfah- ren nicht der öffentlichen Diskussion und politi- scher Kommentierung entzogen ist. Es ist aber zu 1. Allgemeines mißbilligen, wenn dabei von Politikern der Verwal- tung angesonnen wird, das maßgebliche Recht nicht anzuwenden, und dadurch mittelbar zum 423 Rechtsbruch aufgefordert wird, selbst wenn die un- bestimmten Rechtsbegriffe des § 6 b EStG und des a) Einflußnahme und Spenden § 4 AIG zu einer politischen Diskussion reizen mö- Die von SPD-Politikern betriebene öffentliche Poli- gen. Außerdem ist zu beanstanden, daß diese Vor- tisierung beeinträchtigte ein ordnungsgemäßes schläge an die Verwaltung in Steuerangelegenhei- Verwaltungsverfahren. Sie begründete die Gefahr, ten gemacht wurden, die dem Steuergeheimnis un- daß die beteiligten Minister und Beamten ihrerseits terlagen und deren Einzelheiten deswegen nicht öf- außerhalb des Gesetzes liegende Überlegungen an- fentlich bekannt sein konnten. stellten. Beides wiederum zog fast zwangsläufig die Gefahr nach sich, daß der Antragsteller seinerseits So ist zu kritisieren, daß Abgeordnete dieses Ver- versuchte, auf zu mißbilligende Weise Einfluß auf waltungshandeln öffentlich mit Vokabeln begleite- das Verfahren zu nehmen. ten, die in der politischen Auseinandersetzung zwar üblich sein mögen, aber offensichtlich außerhalb Auch wenn der 1. Untersuchungsausschuß auf des von der Verwaltung anzuwendenden Gesetzes grund der Entscheidung des Deutschen Bundesta liegende Wertungen enthalten. ges nicht allgemein Spenden an politische Parteien Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode zu untersuchen hatte, so mußte er solche des Flick- che. Aus einer Zusammenstellung für die Zeit von Konzerns unter dem Gesichtspunkt einer mögli- 1976 bis 1980 ergeben sich allein sieben Gruppen, chen Einflußnahme auf die Entscheidungen im die der Flick-Konzern finanziell unterstützte. Die Steuerbescheinigungsverfahren in seine Untersu- Zusammenstellung gliedert sich in Allgemeine Zah- chungen einbeziehen. Dabei war sich der 1. Unter- lungen, Berufs- und Fachverbände, Wissenschaft suchungsausschuß bewußt, daß Spenden an Par- und Bildung, Studierende/Akademische Verbindun- teien verfassungspolitisch erwünscht sind, wie dies gen/Akademisches Forum, Sport, Caritative, Kir- in der Entschließung des Deutschen Bundestages chen. vom 16. November 1984 (BT-Drs. 10/2386) anläßlich der Plenardebatte zur Parteienfinanzierung formu- Unter die Rubrik „Allgemeine Zahlungen" fielen liert ist: auch Spenden für politische Zwecke. Nutznießer - dieser Spendentätigkeit waren alle seinerzeit im „Der Bestand des modernen demokratischen Bundestag vertretenen Parteien. Denn es war, so Staates und das demokratische Leben insgesamt Eberhard von Brauchitsch, „seit Beginn unserer Re- setzen voraus, daß die politischen Parteien ihre publik Usance, für politische Zwecke im Rahmen verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen und fi- der demokratischen Parteien zu spenden". nanzieren können. Als frei gebildete, vom Staat unabhängige Verei- nigungen von Bürgern sind die Parteien für ihre 425 Finanzierung in erster Linie selbst verantwort- lich. Deshalb hat die Eigenfinanzierung der politi- c) Motive für Parteispenden schen Parteien verfassungspolitisch Vorrang. Die Spenden an politische Parteien beruhen auf freien staatliche Finanzierung sollte sich auf die Wahl- Entscheidungen der Spender. Die Motive der Spen- kampfkostenerstattung konzentrieren. der können von unterschiedlicher Art sein. Für jede Alle Parteien sind deshalb darauf angewiesen, Spende spricht zunächst die Vermutung der Unei- daß sie aus dem Kreis ihrer Mitglieder, Anhänger gennützigkeit; denn selbst wenn er sie steuerlich und Wähler neben den Mitgliedsbeiträgen zusätz- geltend machen kann, entreichert sich der Spender. liche finanzielle Unterstützung, d. h. Spenden, er- Das gilt auch für die Spenden des Flick-Konzerns, halten. die über Jahrzehnte hin in beachtlicher Höhe und Angesichts der öffentlichen Diskussion weist der auch zu gemeinnützigen Zwecken geleistet wur- Deutsche Bundestag darauf hin, daß Spenden an den. politische Parteien verfassungspolitisch er- Einzelpersonen spenden meist nur der Partei, deren wünscht und unentbehrlich sind, wenn die Par- politische Richtung sie unterstützen wollen. Es gibt teien vom Staat unabhängig bleiben sollen." auch Großorganisationen, die überwiegend nur ei- ner politischen Partei Zuwendungen machen (z. B. die Gewerkschaften der SPD). 424 Für große Konzerne ist es aber nicht untypisch, alle b) Lange Tradition des Spendenwesens demokratischen Parteien zu bedenken. Das Partei im Flick-Konzern spendenverhalten des Flick-Konzerns bildet hierbei keine Ausnahme. Die Aussage von Dr. Friedrich Spenden des Flick-Konzerns im Untersuchungszeit- Karl Flick, daß er bei Spenden an die SPD auch raum sind vor dem Hintergrund des Spendenwe- bedacht habe, daß seine vierzigtausend Mitarbeiter sens des Flick-Konzerns zu sehen. Vor allem große mehrheitlich dieser Partei zuneigen könnten, klingt Wirtschaftsunternehmen haben es stets als ihre als eines der möglichen Motive plausibel. Auch Bar- Aufgabe angesehen, im gesellschaftlichen und poli- spenden an politische Parteien sind weder illegitim tischen Bereich durch finanzielle Zuwendungen zu noch unüblich. helfen. Das gilt im besonderen Maße für den Flick Konzern. Das dort zur Tradition gewordene Spen- Neben fremdnützigen gibt es auch eigennützige denwesen geht auf den Unternehmensgründer Motive für Spender. Das kann mit einer Steigerung Friedrich Flick zurück und wurde später von ihm des Selbstwertgefühls infolge guter Tat beginnen zusammen mit Konrad Kaletsch fortgeführt. Nach und mit dem Wunsch enden, ein wohlwollendes dem Tod des Unternehmensgründers war Konrad Klima zu entwickeln, das auch eigenen Anliegen Kaletsch hierfür zuständig, später auch Eberhard nützt. Auch stand der Flick-Konzern nicht allein. von Brauchitsch, der zum persönlich haftenden Ge- Die Systematik und Nachhaltigkeit der politischen sellschafter aufgerückt war, gemeinsam mit Kon- Klimapflege fällt allerdings auf. Dr. Friedrich Karl rad Kaletsch. Als Konrad Kaletsch 1978 starb, war Flick notierte, daß ihm „die Freundlichkeiten ge- Eberhard von Brauchitsch allein zuständig. Mit genüber Bonn ... nicht geholfen" hätten. Im Ermitt- Dr. Friedrich Karl Flick besprach er Größenord- lungsverfahren hat er hierzu erklärt, daß er mit nung und Entwicklung des Spendenetats, im Einzel- „Freundlichkeiten" Parteispenden gemeint habe. fall auch Adressaten und Höhe von Zuwendungen. Gelegentlich ging die Initiative zu einzelnen Spen- In dem von ihm veranlaßten Notizentwurf vom den auch von Dr. Friedrich Karl Flick aus. 25. Mai 1981 wurde von einer „Wohltat ... in Rich- tung dieser Regierung" gesprochen. Spenden an die Die Spenden- und Beitragstätigkeit des Flick-Kon SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung wurden als zerns erstreckte sich auf die verschiedensten Berei „parlamentarische Kunsttricks", deren man sich Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 nicht zu befleißigen brauche, eingestuft (Notizent- Außerdem erfolgten seit 1972 Spenden der Flick wurf vom 27. Mai 1981). Die zum geflügelten Wort Tochtergesellschaft Krauss-Maffei an den Verein gewordene „Pflege der Bonner Landschaft" meint für politische Bildung e. V. Gründungs- und Vor- zwar sicher auch die vielfältigen Gesprächskontak- standsmitglied dieses in der Schweiz (St. Gallen) te, die Eberhard von Brauchitsch geknüpft hat; Par- ansässigen Vereins war Alfred Schaller, der über teispenden sind aber — mindestens in einem sehr gute Kontakte zu SPD-Politikern verfügte und 1972 allgemeinen Sinn — damit auch angesprochen. eine Wählerinitiative zugunsten Willy Brandts orga- nisiert hatte. Darüber hinaus war er als Flick-Lob- 426 byist tätig und ab 1977 dem Konzern durch einen Beratervertrag verbunden. Diesem Verein kamen d) Spenden in den Bereich der SPD, von 1972 bis 1977 195 000,— DM von Krauss-Maffei der größeren Regierungspartei, - gegen Spendenquittung zugute. Eine Zäsur 1975 ist im Zeitraum von Ende 1974 bis 1981 nicht erkennbar. Das Spendenverhalten des Flick-Konzerns in den Ebenfalls von der Firma Krauss-Maffei erfolgte Bereich der SPD in der Zeit der Bescheinigungsver- 1980 eine Spende an die Georg-von-Vollmar-Akade- fahren kann nur dann zutreffend gewürdigt wer- mie, die nach den Diehlschen Listen „wg. Dr. Jo- den, wenn es mit dem Spendenverhalten vor diesem chen Vogel" geleistet wurde. Der der SPD angehö- Zeitraum verglichen wird. Ein Anstieg der Zuwen- rende Gewerkschaftsfunktionär Essl hatte wieder- dungen etwa ab 1975 wäre bemerkenswert. Nach holt Spenden zugunsten der SPD oder ihr naheste- Aktenlage und Zeugenaussagen lassen sich finan- hender Einrichtungen gesammelt. Ende 1979 erbat zielle Zuwendungen des Flick-Konzerns seit 1961 Essl eine Spende bei Krauss-Maffei für den damali- feststellen. Dabei lassen sich vier Zeiträume unter- gen Bundesjustizminister. 25 000 DM wurden an die scheiden. Georg-von-Vollmar-Akademie gegen Spendenquit- tung gezahlt.

427 Für die Zeit vor 1975 fällt auf, daß die Zuwendungen aa) Als die SPD im Bund in der Opposition war, an die SPD anstiegen, je mehr sie an der Regie- waren die Zuwendungen an sie vergleichsweise be- rungsverantwortung beteiligt war. scheiden. 1961 begannen die Zahlungen an den Neuen Vorwärts Verlag (NVV) mit durchschnittlich 24 000,— DM jährlich. Die Rechnungen für die Zeit- 430 schrift „Die demokratische Gemeinde" behandelte dd) Ab 1975, dem Jahr der Daimler-Benz-Aktien- der Flick-Konzern steuerlich als Betriebsausgaben. Transaktion, erhöhten sich aber folgende Zuwen- In Wahljahren stieg diese Position an, 1972 und 1976 dungen schlagartig: zum einen an die Friedrich- bis auf knapp je 35 000,— DM. Von 1961 bis 1981 Ebert-Stiftung, zum anderen an die SPD, deren ein- wandte der Flick-Konzern rund 460 000,— DM dem zelne Politiker jetzt vermehrt in den Diehlschen NVV zu. Insoweit fallen bemerkenswerte Verände- Listen vermerkt wurden. rungen erst ab 1978 auf. Seitdem wurde etwa der Die Vermutung eines zeitlichen und sachlichen Zu- doppelte Betrag gezahlt. sammenhangs der so deutlich erhöhten Spenden sowohl an die Partei als auch an die Friedrich- 428 Ebert-Stiftung mit den steuerlichen Bescheini- bb) Mit Bildung der Großen Koalition und damit gungsverfahren und den dabei auftretenden der Regierungsbeteiligung der SPD erhöhten sich Schwierigkeiten, insbesondere der Kritik aus den die Zuwendungen. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert- Reihen der SPD-Bundestagsfraktion, drängt sich Stiftung wurde erstmals unterstützt. Außerdem er- geradezu auf. folgten Zahlungen an den Arbeitskreis für kommu- nalpolitische Bildung (AKB), dessen Gründungsmit- Peinlich berühren die wertvollen Geschenke, die glied Hans-Jochen Vogel war. In den Jahren 1967 den Bundeskanzlern Brandt und Schmidt gemacht bis 1969 sollen nach Aktenlage 110 000,— DM an wurden. Helmut Schmidt hat als Zeuge vor dem den AKB für den Bezug einer Illustrierten geflos- 1. Untersuchungsausschuß bekundet, daß er den sen sein. Wert des Geschenks als ungewöhnlich empfunden habe. Er hat es im übrigen dem Fundus des Kanz- leramtes zugeführt. 429 cc) Mit Übernahme der Regierungsführung unter In den Jahren 1975 bis 1980 zahlte der Flick-Kon- Bundeskanzler Willy Brandt erfolgt eine weitere zern 2,76 Millionen DM an die Friedrich-Ebert-Stif- Zunahme der Spenden. Von 1969 bis 1977 zahlte der tung. Die Konzerngesellschaft hatte ihr in den Jah- Flick-Konzern für den angeblichen Bezug des Par- ren davor noch keine Zuwendungen gemacht, sieht lamentarisch-Politischen Pressedienstes (ppp) der man von zwei 5 000,- DM-Beträgen in den Jahren SPD rund 253 000,— DM. Die Rechnungen wurden 1966 und 1967 ab. Es fällt auf, daß Verantwortliche ebenfalls als Betriebsausgaben behandelt. Eine Zä- der Friedrich-Ebert-Stiftung und Spendensammler sur im Jahre 1975 ist nicht erkennbar. für die SPD, Alfred Nau und Dr. Günter Grunwald, meist zu den Teilnehmern an Gesprächen bei Bun- Bemerkenswert ist, daß 1969 Barzahlungen aufge- deskanzler Helmut Schmidt und den Bundesfinanz- nommen wurden, die dann im Wahljahr 1972 einen ministern Hans Apel und Hans Matthöfer gehör- ersten Höhepunkt erreichten. ten. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Auch die besonders hohen Zuwendungen an die Da Alfred Nau verstorben ist, konnte der 1. Unter- Friedrich-Ebert-Stiftung in den Wahljahren 1976 suchungsausschuß nicht mehr feststellen, ob er und 1980, nämlich 1 Million DM und 750 000,— DM, Eberhard von Brauchitsch — wie dieser bekundet fallen auf. Nach Auffassung des im Spendensam- hat — Veranlassung zu der Annahme gegeben hat, meln für die SPD sachkundigen Zeugen Bundes- durch Zahlung an ihn könne Einfluß auf SPD-Politi- bankpräsident a. D. Karl Klasen kamen Spenden an ker ausgeübt werden, um die Kritiker der Steuerbe- die Friedrich-Ebert-Stiftung mindestens mittelbar scheinigungen zu neutralisieren. der SPD zugute. Was immer Alfred Nau hierzu gesagt oder unter- Die Zunahme der Spenden an die SPD und die ver- nommen haben mag — auf den Gang der Bescheini- mehrte Aufnahme von SPD-Politikern in die Diehl- gungsverfahren scheinen er oder von ihm eventuell schen Listen seit etwa 1975 ist nur vor dem Hinter- - motivierte SPD-Politiker keinen nachhaltigen Ein- grund der laufenden Bescheinigungsverfahren und fluß gehabt zu haben. Der 1. Untersuchungsaus- der Widerstände aus der SPD heraus gegen die Er- schuß hat die Bescheinigungsverfahren zum Teil teilung der beantragten Steuerbescheinigungen zu bis ins Detail durchleuchtet, wie sich aus der Dar- verstehen. stellung der ermittelten Tatsachen ergibt. Einzel- Zwar haben die meisten in den Diehlschen Listen heiten waren zu beanstanden, wie z. B. die unbe- verzeichneten SPD-Politiker bei ihren staatsan- dachte Spendenbitte des amtlich mit der Vorberei- waltschaftlichen Vernehmungen den Empfang der tung des Bescheinigungsverfahrens befaßten Parla- Beträge, mit denen sie in den Aufzeichnungen des mentarischen Staatssekretärs Rainer Offergeld zu- Flick-Konzerns vermerkt sind, verneint. Für die Be- gunsten eines SPD-Landtagsabgeordneten an den urteilung der Frage, ob mit Zahlungen nach 1975 an Flick-Konzern. Im großen und ganzen haben die die SPD Einfluß auf die Bescheinigungsverfahren zuständigen Minister und Ministerialbeamten je- genommen werden sollte, kommt es jedoch nicht doch für ordnungsgemäße Verwaltungsverfahren darauf an, ob einzelne SPD-Politiker oder stets Al- gesorgt. fred Nau Empfänger der Zuwendungen waren. Denn es steht fest, daß erhebliche Beträge, zum Teil 431 auch in bar, in den Bereich der SPD geflossen sind. Die Darstellung Eberhard von Brauchitschs, daß er e) Spenden in den Bereich der F.D.P., diese Beträge Alfred Nau übergeben habe, weil er der kleineren Regierungspartei, sich subjektiv in einer politischen Notwehrsituation im Zeitraum von Ende 1974 bis 1981 gefühlt habe und unberechtigte Angriffe gegen die Erteilung der Bescheinigungen habe abwehren Das Spendenverhalten des Flick-Konzerns gegen- müssen, wird jedenfalls durch den Umstand ge- über der F.D.P. in dem in Frage stehenden Zeit- stützt, daß Alfred Nau nach anfänglichem Bestrei- raum von 1974 bis 1981 läßt keinen Anhaltspunkt ten den Empfang eines von ihm quittierten Betra- für Versuche erkennen, durch finanzielle Zuwen- ges von 100 000,— DM eingeräumt hat und offen- dungen zugunsten der jeweils laufenden Steuerbe- kundig über so große Mengen gesammelten Geldes scheinigungsverfahren Einfluß zu nehmen. Dies er- verfügte, daß die SPD sich nachträglich veranlaßt gibt sich aus folgendem: sah, im Rechenschaftsbericht von 1983 eine Spende ihres verstorbenen ehemaligen Schatzmeisters von über 7 Millionen DM zu veröffentlichen. Der SPD 432 Vorsitzende Willy Brandt hat als Zeuge nicht aus- aa) Der Flick-Konzern hat die F.D.P. seit jeher fi- schließen können, daß in dieser Summe auch Spen- nanziell unterstützt. Er hat ihr — anders als andere den des Flick-Konzerns enthalten waren. Weiterge- frühere Spender der F.D.P. — seine Unterstützung hende Feststellungen hat der 1-. Untersuchungsaus- auch nicht entzogen, als diese im Jahr 1969 zusam- schuß nicht treffen können, weil seitens der SPD men mit der SPD im Bund die sozial-liberale Koali- keine weitere Aufklärung gegeben wurde. Das Er- tion bildete. Begünstigt waren seinerzeit im wesent- gebnis der in den Wahljahren 1976 und 1980 durch- lichen der Landesverband Nordrhein-Westfalen der geführten Sammlungen ist übrigens jeweils einem F.D.P. und Einrichtungen seiner Finanzorganisa- Sonderwahlkampffonds für Bundeskanzler Helmut tion; ab 1975, verstärkt aber ab 1977 sind Spenden- Schmidt zugeführt worden. empfänger auch andere Einrichtungen, die der F.D.P. nahestehen, wie die Friedrich-Naumann-Stif- Der 1. Untersuchungsausschuß mißbilligt das von tung. Dies ist auf die Zusage von Konrad Kaletsch Eberhard von Brauchitsch freimütig eingeräumte an den damaligen Bundesschatzmeister der F.D.P. Motiv für die Zahlungen an Alfred Nau oder andere Heinz-Herbert Karry aus dem Herbst des Jahres Empfänger im Bereich der SPD. Er verkennt dabei 1975 zurückzuführen, nach der sich der Flick-Kon- nicht, daß einzelne SPD-Abgeordnete mit parlamen- zern bereit erklärt hatte, die F.D.P. in den nachfol- tarischen Anfragen, Presseverlautbarungen und genden drei Jahren im Rahmen ihrer Ent- und Um- sonstigen Aktionen eine Politisierung von Verwal- schuldungsaktion mit einem Gesamtbetrag von tungsentscheidungen herbeigeführt hatten, die 3 Millionen DM zu unterstützen. beim Flick-Konzern die Befürchtung entstehen las- sen konnte, seine Anträge würden nicht nach Recht und Gesetz, sondern nach politischer Opportunität 433 behandelt. Das kann jedoch das Unternehmen, mit bb) Ein Anstieg der Spendenleistungen zugunsten Geld politische Gegenwehr organisieren zu wollen, der F.D.P. oder ihr nahestehender Organisationen nicht rechtfertigen. mit Beginn und während des Laufs der Steuerbe- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 scheinigungsverfahren wie bei der SPD ist nicht zu 434 verzeichnen; vielmehr läßt sich eine gleichblei- cc) Der 1. Untersuchungsausschuß schließt auch bende Unterstützung des Landesverbandes Nord- aus, daß durch die Zusage des Flick-Konzerns zu- rhein-Westfalen der F.D.P. feststellen; insgesamt gunsten der F.D.P. aus dem Herbst 1975, die F.D.P. fällt der Gesamtaufwand des Flick-Konzerns für in den folgenden drei Jahren mit 3 Millionen DM Spenden zugunsten der kleineren Regierungspartei finanziell im Rahmen ihrer Ent- und Umschul- in dem maßgeblichen Zeitraum sogar nachhaltig dungsaktion zu unterstützen, Einfluß zugunsten der ab. Steuerbescheinigungsverfahren genommen werden sollte oder gar genommen worden ist. Der Untersu- Zugunsten der Finanzeinrichtungen des Landesver- chungsausschuß folgt insoweit den von ihm ver- bandes Nordrhein-Westfalen der F.D.P., deren Er- nommenen Zeugen, nämlich Eberhard von Brau gebnisse dem Landesverband teilweise auch zuflos- chitsch, Hans-Dietrich Genscher, Dr. Hans Fride- sen, erbrachte der Flick-Konzern seit 1969 bis 1980 - richs und Dr. Otto Graf Lambsdorff, die überein- gleichbleibend jährlich einen Betrag von 100 000 stimmend bekundet haben, daß von der Zusage im DM, von unbedeutenden Schwankungen abgese- hen; lediglich in den Wahljahren 1972 und 1976 Jahr 1975 zunächst nur der damalige F.D.P.-Bundes- schatzmeister Heinz-Herbert Karry Kenntnis hatte, wurde der Betrag verdoppelt. nicht aber Hans-Dietrich Genscher oder Dr. Hans Dem damaligen Landesschatzmeister der F.D.P. Friderichs während seiner Amtszeit als Bundes- Nordrhein-Westfalen, Dr. Otto Graf Lambsdorff, wirtschaftsminister oder Dr. Otto Graf Lambsdorff wurde mit Ausnahme des Jahres 1973 seiner Aus- von Beginn der Steuerbescheinigungsverfahren bis sage zufolge seit 1972 bis 1977 vor der Übernahme zur Unterrichtung aus den von der Staatsanwalt- des Amts des Bundeswirtschaftsministers im Okto- schaft ausgewerteten Akten des Flick-Konzerns. ber jenes Jahres gleichbleibend ein Betrag von Heinz-Herbert Karry führte seinerzeit nach über- 25 000 DM zur Unterstützung seiner politischen Ar- einstimmender Aussage von Hans-Dietrich Gen- beit zugewandt. Für die Jahre 1972 und 1974 läßt scher und Dr. Hans Friderichs sein Amt sehr eigen- sich kein Sachzusammenhang mit den späteren ständig und in eigener Verantwortung; dem 1. Un- Steuerbescheinigungsverfahren konstruieren; für tersuchungsausschuß sind deswegen auch die Zeu- die Spendenzahlungen im Jahr 1976 und 1977 gilt genaussagen einleuchtend, daß er auch im Partei- dies ebenfalls, weil seinerzeit die Anträge des 1. An- präsidium Einzelheiten einer damaligen Ent- und tragsblocks bereits beschieden und auch spezielle Umschuldungsaktion nicht berichtete. Dies gilt Kontakte des Flick-Konzerns zu Dr. Otto Graf dann selbstverständlich auch für Einzelheiten der Lambsdorff mit Bezug zu diesen Verfahren nicht Abwicklung dieser Zusage. Die Kenntnis, die festzustellen sind. Dies spricht auch gegen einen Dr. Hans Friderichs über diese Zusage erhielt, be- inneren Zusammenhang für die Zuwendung des zog er erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt Jahres 1975, auch wenn am Tage, unter dem die des Bundeswirtschaftsministers; die Kenntnis von Zahlung von Rudolf Diehl vermerkt worden ist, dem Dr. Otto Graf Lambsdorff beruht auf den Ermitt- 7. Juli 1975, ein Gespräch zwischen Eberhard von lungsakten der Staatsanwaltschaft und diejenige Brauchitsch und Dr. Otto Graf Lambsdorff statt- von Hans-Dietrich Genscher auf Presseberichten fand, in dem jener auch über die Wiederanlagebe- hierüber. mühungen des Flick-Konzerns nach der Daimler- Benz-Aktien-Transaktion unterrichtete. Was die Eintragungen über angebliche Barspenden 435 zugunsten von Politikern oder wegen einzelner dd) Geschenke in der Größenordnung, wie sie für Politiker anbelangt, ist festzustellen, daß zwar in das Jahr 1978 vom Flick-Konzern Bundeskanzler den Wahljahren 1975 - Landtagswahl in Nord- Helmut Schmidt und dem SPD-Vorsitzenden Willy rhein-Westfalen — und 1976 — Bundestagswahl — Brandt gemacht wurden, sind zugunsten von Reprä- der Gesamtbetrag der Eintragungen wesentlich hö- sentanten der F.D.P. in der Bundesregierung in her als in den Vorjahren 1972 und 1974 ist; seitdem Führungspositionen der Partei nicht festzustellen. fällt der Gesamtbetrag dieser Eintragungen jedoch jährlich auf 45 000 DM im Jahre 1979, lediglich noch einmal mit einem Anstieg im Jahr 1980 auf 145 000 436 DM; dabei sind sämtliche auch im Verfahren vor ee) Für die Frage einer Einflußnahme durch Spen- dem Landgericht angeklagten angeblichen Spen- den ist außerdem maßgeblich, was führende Reprä- denleistungen mit eingerechnet. Auch der Gesamt- sentanten der F.D.P. immer wieder auch außerhalb betrag der offiziellen Zahlungen zugunsten der des Untersuchungsausschußverfahrens betont ha- F.D.P. oder ihr nahestehender Organisationen unter ben, daß nämlich Spenden, die mit bestimmten For- Einschluß der ab 1975 geleisteten 1 322 500 Millio- derungen oder Wünschen an Politikinhalte verbun- nen DM zugunsten der Friedrich-Naumann-Stif- den gewesen wären, zurückgewiesen worden wä- tung fällt ab; die Zahlungen gehen von je ca. 900 000 ren; Spenden an die Partei oder zugunsten ihr na- DM in den Jahren 1975 und 1976 auf nur noch hestehender Einrichtungen seien in der Vergangen- 137 000 DM im Jahr 1980 zurück. Mit der Annahme, heit auch nie mit Auflagen verknüpft worden. Hin- daß der Flick-Konzern die Steuerbescheinigungs- sichtlich der Förderung der Steuerbescheinigungs- verfahren durch Spenden an die F.D.P. habe för- verfahren hat die F.D.P. keinen Anlaß gegeben, daß dern wollen, steht ein derart drastischer Rückgang sich der Flick-Konzern in einer „Notwehrsituation" der Spendenbereitschaft des Flick-Konzerns in Wi- hätte fühlen müssen; vielmehr war dem Flick-Kon- derspruch. zern von Beginn an eine Behandlung nach Recht Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode und Gesetz entsprechend der damaligen Verwal- dessen früherer Tätigkeit in der Kanzlei des tungspraxis durch den Bundeswirtschaftsminister Rechtsanwalts Dr. Dr. Paul und dem Beratungsver- zugesagt worden. trag dieser Kanzlei mit dem Flick-Konzern erhoben Ob tatsächlich, wie in der Schutzschrift von Eber- worden. Dr. Barzel hatte deshalb, nachdem ihm hard von Brauchitsch im Rahmen der staatsanwalt- durch den Vorsitzenden und den stellvertretenden schaftlichen Ermittlungen vorgetragen worden ist, Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses ein Barspenden an Heinz-Herbert Karry mit dem be- entsprechender Beweisantrag der SPD-Abgeordne- sonderen Zweck der Weiterleitung an „jüngere, we- ten mitgeteilt worden war, nachdrücklich gefordert, niger bekannte Abgeordnete und Wahlkreisabge- frühestmöglich zu den Anschuldigungen vor dem ordnete" zwecks „gezielter Unterstützung des rech- 1. Untersuchungsausschuß Stellung nehmen zu ten Flügels der F.D.P." gegeben worden sind, hat können. Der Untersuchungsausschuß hat Dr. Barzel der Untersuchungsausschuß nicht festgestellt. Im - am 20. Oktober 1984 als Zeugen vernommen und übrigen bleiben solche Zielsetzungen den Spendern nachgeprüft, ob er versucht hat, unmittelbar oder auch unbenommen. mittelbar Einfluß auf die Behandlung der Steuer- stundungsanträge des Flick-Konzerns zu nehmen. Weder die Zeugenvernehmungen noch die dem 437 Ausschuß zur Verfügung stehenden Akten haben jedoch einen begründeten Hinweis hierauf ergeben. f) Spenden in den Bereich der CDU und CSU, der Zwar hatte Dr. Barzel der Kanzlei Dr. Dr. Paul im Opposition, im Zeitraum von Ende 1974 bis 1981 Oktober 1975 Gesetzesmaterialien zum Auslandsin- Der CDU kamen im genannten Zeitraum wie auch vestitionsgesetz (AIG) zukommen lassen; Erwägun- davor Spenden zugute, ohne daß damit irgendwel- gen im Flick-Konzern, die Kanzlei Dr. Dr. Paul we- che Auflagen verbunden waren oder ein Zusam- gen des Komplexes Grace/§ 4 AIG (Prüfung der menhang mit Steuerstundungsanträgen hergestellt' steuerrechtlichen Seite) in Anspruch zu nehmen, wurde. Auch wenn Dr. Helmut Kohl mit Eberhard sind aber schon im Anfangsstadium wieder aufge- von Brauchitsch einmal beiläufig über den § 6 b geben worden. Auch Dr. Barzel hat zu keinem Zeit- EStG gesprochen hatte, nahm er keinen Einfluß auf punkt auf die Entscheidungsfindung über die Steu- das Steuerbescheinigungsverfahren. Er konnte in- erstundungsanträge des Flick-Konzerns eingewirkt soweit auch keinen Einfluß nehmen, denn für das oder einzuwirken versucht. Land Rheinland-Pfalz, wo er bis Dezember 1976 Mi- Auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte, daß der nisterpräsident war, ergab sich eine Befassung mit Flick-Konzern durch Spendenzahlungen zugunsten dem Thema ohnehin nicht, da es durch eine Wieder- der CDU, deren Politiker oder ihr nahestehender anlage nicht betroffen war. Institutionen Einfluß auf die Bescheinigungsverfah- Auch als Parteivorsitzender hat Dr. Helmut Kohl ren hätte ausüben wollen. Sowohl die in den Diehl- im Zusammenhang mit den Steuerbescheinigungs- schen Listen notierten offiziellen Zahlungen als verfahren keinen Einfluß auf die Partei oder — mit- auch die inoffiziellen Zahlungen nahmen im Zeit- telbar — die damalige Fraktionsführung genom- raum des Bescheinigungsverfahrens kontinuierlich men, wie ihn der Vermerk von Eberhard von Brau- ab. chitsch vom 21. November 1975 nahelegen könnte. Auch in der Zeit nach 1976, als Dr. Helmut Kohl Im übrigen befanden sich CDU und CSU auf Bun- Oppositionsführer in Bonn war, führte er keine Ge- desebene in der Opposition und waren deshalb an spräche bezüglich der Steuerangelegenheiten des den Entscheidungen innerhalb der von SPD und Flick-Konzerns mit der SPD-geführten Bundesre- F.D.P. gebildeten Bundesregierung nicht beteiligt. gierung. Die Spendenzahlungen des Flick-Konzerns zugun- Auch hat weder in seiner Ei- sten der CDU während des Zeitraums, in dem in der genschaft als Schatzmeister der Partei noch in sei- SPD-geführten Bundesregierung über die Steuer- ner Eigenschaft als Wirtschaftsminister des Landes stundungsanträge des Flick-Konzerns zu entschei- Niedersachsen, der er kurze Zeit war, irgendwel- den war, sind deshalb als Fortsetzung — mit abneh- chen Einfluß zugunsten des Verfahrens gemäß § 6b mender Tendenz — der Spendenzahlungen vor die- genommen. Soweit ein Telefonkontakt im Sommer sem Zeitraum anzusehen. 1976 zwischen ihm und Eberhard von Brauchitsch Auch an die CSU erbrachte der Flick-Konzern Par- wegen des vom Bundeswirtschaftsministerium mit teispenden. Keiner der in dieser Partei tätigen Poli- dem Wirtschaftsminister des Landes Niedersach- tiker war in irgendeiner amtlichen Funktion in den sen herzustellenden Benehmens betreffend den er- Jahren von Ende 1974 bis 1981 mit den Entschei- sten Antragsblock stattgefunden hatte, ist nach dungen über die Steuerstundungsanträge des Flick dem Ergebnis der Beweisaufnahme dieses Verfah- Konzerns befaßt; die CSU befand sich auf Bundes- ren im niedersächsischen Wirtschaftsministerium ebene in der Opposition, und der Freistaat Bayern ohne weitere Beteiligung des damaligen Ministers war am Steuerbescheinigungsverfahren nicht betei- Kiep routinemäßig abgewickelt worden. Ein Zusam- ligt. menhang zu Spendenvorgängen besteht nicht. Zu den Parteispenden, die der Flick-Konzern der Gleiches gilt für den seinerzeitigen baden-württem- CSU zugewendet hat, hat der CSU-Vorsitzende bergischen Wirtschaftsminister Dr. Rudolf Eberle. Franz Josef Strauß ausgesagt, daß der Flick-Kon- Gegen den damaligen Bundestagspräsidenten zern seit dem Jahre 1949 der CSU in unregelmäßi- Dr. Rainer Barzel waren öffentlich Vorwürfe wegen gen Abständen Parteispenden zukommen ließ und Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 daß auch die Hanns-Seidel-Stiftung Zuwendungen rium und Bundesfinanzministerium befaßt wird, ge- erhielt. Dabei gab es im Spendenverhalten des schweige denn, daß es zu Gesprächen zwischen An- Flick-Konzerns gegenüber der CSU während des tragstellern und Bundesministern bzw. Bundes- Zeitraumes, in dem in der von SPD und F.D.P. gebil- kanzlern kommt. deten Bundesregierung über die Steuerstundungs- anträge des Flick-Konzerns zu entscheiden war, Die Häufigkeit der Kontakte kann auch damit er- keine bemerkenswerten Veränderungen im Ver- klärt werden, daß Eberhard von Brauchitsch wegen gleich zur Zeit davor. Zwischen dem CSU-Vorsitzen- seiner Funktion als führender Repräsentant der den Franz Josef Strauß und dem Unternehmens- deutschen Wirtschaft ohnehin Gesprächskontakte gründer Friedrich Flick bestand ein j ahrzehntelan- zum Bundeskanzler und zu den beteiligten Bundes- ges Vertrauensverhältnis. Franz Josef Strauß hat ministern hatte. Aufgrund von Verbandsaufgaben seine Kontakte zu den Inhabern des Flick-Kon- - und der vorgesehenen Wahl zum Präsidenten des zerns dahin beschrieben, daß Friedrich Flick um Bundesverbandes der Deutschen Industrie hatte freundschaftliche Beratung gebeten und diese spä- Eberhard von Brauchitsch die Möglichkeit häufigen ter auch für seinen Sohn Friedrich Karl erbeten Zugangs zu Spitzenpolitikern. Der 1. Untersu- habe. So hätten seit dem Jahre 1949 seine Vorgän- chungsausschuß kann jedoch nicht feststellen, daß ger im Amt des Parteivorsitzenden und im Amt des Eberhard von Brauchitsch diese Kontakte dazu ge- Ministerpräsidenten mit Friedrich Flick, seinem nutzt hätte, unzumutbare Ansinnen an die beteilig- Sohn Friedrich Karl und deren Mitarbeitern in ei- ten Bundesminister oder Bundeskanzler Helmut nem ständigen Dialog über besondere und allge- Schmidt zu stellen. Soweit Eberhard von Brau- meine wirtschaftspolitische Fragen, soweit diese chitsch die ihm durch seine Verbandsaufgaben er- von bayerischem Interesse waren, gestanden. Als öffneten Möglichkeiten häufigen Zugangs zu Bun- Freund der Familie habe ihn Dr. Friedrich Karl desministern nutzte, um sich für die Anträge des Flick angesprochen und gefragt, welche Dispositio- Flick-Konzerns einzusetzen, betrifft dies das Selbst- nen sein Unternehmen mit dem Veräußerungsge- verständnis verbandspolitischer Interessenvertre- winn treffen solle. Er habe Dr. Friedrich Karl Flick tung. Hierüber zu befinden ist in erster Linie Ange- u. a. damals geraten, seine inländischen Betriebe zu legenheit der Wirtschaft. Der 1. Untersuchungsaus- entschulden und zu modernisieren. schuß begrüßt deshalb ausdrücklich die eingrenzen- den und klarstellenden Ausführungen des vormali- Im Ergebnis stellt der 1. Untersuchungsausschuß gen Präsidenten des Bundesverbandes der Deut- fest, daß der Flick-Konzern im Zusammenhang mit schen Industrie Professor Dr. Rolf Rodenstock zu seinen Stundungsbegehren durch Parteispenden diesem Komplex. keinen Einfluß auf CDU und CSU oder deren Politi- ker genommen hat. In allen Stadien des Verfahrens hätten die Regie- rungsmitglieder zu den Repräsentanten des Flick Konzerns die gebotene Distanz wahren müssen, die 438 auch nach außen hin deutlich macht, daß über die Anträge des Flick-Konzerns in einem gesetzlich ge- 2. Kontakte in den politischen Raum regelten Verfahren entschieden wird. Die zahlreichen Gesprächskontakte von Dr. Fried- rich Karl Flick, Eberhard von Brauchitsch und Gün- In einigen Fällen hat es an der notwendigen Di- ter Max Paefgen zu Bundeskanzler Helmut stanz zum Flick-Konzern gefehlt. So haben die Bun- Schmidt, den Bundesministern Dr. Hans Friderichs, desfinanzminister Dr. Hans Apel und Hans Matt- Dr. Hans Apel, Dr. Otto Graf Lambsdorff und Hans höfer fast alle Gespräche mit Dr. Friedrich Karl Matthöfer sowie zum früheren SPD-Schatzmeister Flick außerhalb ihrer Dienststelle geführt, und und damaligen Vorsitzenden der Friedrich-Ebert- zwar Dr. Hans Apel in Flicks Jagdhütte im Sauer- Stiftung, Alfred Nau, und zum Geschäftsführer der land und im Politischen Club der Friedrich-Ebert- Friedrich-Ebert-Stiftung, Dr. Günter Grunwald, in Stiftung und Hans Matthöfer ebenfalls im Politi- allen Stadien der Antragsverfahren sind nur vor schen Club der Friedrich-Ebert-Stiftung. Diese Ge- dem Hintergrund der Politisierung der Antragsver- spräche wie auch das erste der beiden Gespräche, fahren verständlich. die Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Dr. Fried- rich Karl Flick im Bundeskanzleramt geführt hatte, So sehr sich die Entscheidungen in den Antragsver- waren vermittelt und organisiert worden von Ver- fahren im Laufe der Jahre auch von unten nach tretern der Friedrich-Ebert-Stiftung, insbesondere oben entwickelt haben, so gingen gelegentlich maß- von Alfred Nau, der als ständiger Spendensammler gebliche Impulse — vor allem in verfahrensmäßiger — sei es für die SPD, sei es für die Friedrich-Ebert- Hinsicht - auch von Gesprächen Eberhard von Stiftung — bekannt war. Brauchitschs mit Bundesministern aus. Dies gilt im besonderen Maße für das Gespräch zwischen Eber- Häufige Teilnehmer an Gesprächen der Minister hard von Brauchitsch und Bundesfinanzminister Dr. Hans Apel und Hans Matthöfer sowie am ersten Hans Matthöfer vom 15. August 1978. Gespräch von Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Dr. Friedrich Karl Flick waren Repräsentanten der Die besondere Behandlung, die die Flickschen An- Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Friedrich-Ebert-Stif- träge gemäß §§ 6b EStG und 4 AIG erfahren haben, tung hatte vom Flick-Konzern von 1975 bis 1980, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß also fast zeitgleich mit der Bearbeitungszeit der nur in ganz wenigen Verfahren dieser Art über- Steuerstundungsanträge des Flick-Konzerns, Spen- haupt die Leitung von Bundeswirtschaftsministe den in einer Gesamthöhe von 2,76 Millionen DM Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode erhalten, während es vorher nur unwesentliche nisteriums einzuwirken; nach übereinstimmenden Spenden an diese Stiftung gegeben hatte. Selbst Aussagen von Hans-Dietrich Genscher und wenn die beiden Bundesminister und der Bundes- Dr. Adalbert Uelner steht zusätzlich fest, daß weder kanzler, die an diesen Gesprächen teilgenommen Hans-Dietrich Genscher noch ein anderer Spitzen- haben, von diesen Spendenzahlungen an die SPD politiker der F.D.P. seinerzeit mit Dr. Adalbert Uel- nahe Friedrich-Ebert-Stiftung nichts gewußt haben ner über die Steuerbescheinigungsanträge des sollten, hätten sie die erforderliche Distanz zumin- Flick-Konzerns jemals gesprochen hat. Eine Ab- dest dadurch wahren können, daß jene Gespräche sicht Eberhard von Brauchitschs, im Rahmen eines ohne Beteiligung der in ihren Funktionen bekann- Verwaltungsverfahrens durch Vorsprache beim Mi- ten Repräsentanten der Friedrich-Ebert-Stiftung nister sich darum zu bemühen, eine andere Ansicht stattgefunden hätten. als die eines dem Minister unterstellten Beamten - durchzusetzen, wäre zwar zulässig gewesen. Hans Den Bundeswirtschaftsministern Dr. Hans Fride- Dietrich Genscher war aber als Außenminister richs und Dr. Otto Graf Lambsdorff hätte auffallen nicht zuständig. Hier wurde vielmehr die unzuläs- müssen, mit welcher Häufigkeit Eberhard von sige Absicht gehegt, über den F.D.P.-Vorsitzenden Brauchitsch Gespräche arrangierte, bei denen er Einfluß auf das F.D.P.-Mitglied Dr. Adalbert Uelner selbst Gastgeber war. zu nehmen, den Fritz Wacker gegenüber Eberhard Notwendiger Distanz entsprach es nicht, daß Bun- von Brauchitsch als „Hauswart der F.D.P. im Bun- desminister Dr. Hans Friderichs in einer Zeit, in der desfinanzministerium" bezeichnet hatte. er mit Anträgen des Flick-Konzerns dienstlich be- faßt war, eine für seine Familienangehörigen ko- stenlose Fluggelegenheit des Flick-Konzerns wahr- 439 nahm. 3. Informationsbeschaffung Es ist nicht zu beanstanden, daß die Deutsche Bank vor der Übernahme des Daimler-Benz-Aktien- Zu mißbilligen ist die Art und Weise, wie sich der pakets vom Flick-Konzern angesichts der Proble- Flick-Konzern über gut dotierte Verträge mit den matik „Industriebesitz von Banken" die politische Journalisten Günter Markscheffel und Peter Hein- Rückendeckung für den Kauf anstrebte. Es wäre rich Refflinghaus Informationen aus der SPD, ins- allerdings als Täuschung sowohl der Bundesregie- besondere deren Bundestagsfraktion, und den Ge- rung wie auch der Deutschen Bank zu verurteilen, werkschaften beschafft hat. Grundsätzlich ist auch wenn die Verhandlungen zwischen dem Flick-Kon- entgeltliche Beschaffung von Informationen und zern und dem Iran nur zum Schein geführt worden entgeltliche Beratung über im politischen Bereich wären, um auf diese Weise leichter einen Kauf angesiedelte Fragen nicht zu beanstanden. durch die Deutsche Bank und die politische Auch wenn Eberhard von Brauchitsch Günter Rückendeckung der Bundesregierung zu erreichen. Markscheffel aufgrund einer Bitte des früheren Trotz einiger diesbezüglicher Vermerke von Eber- Bundespräsidenten mit dem hard von Brauchitsch ist der 1. Untersuchungsaus- Beratungsvertrag ausgestattet haben sollte, mußte schuß aber zu dem Ergebnis gekommen, daß die ihm doch klar sein, daß Günter Markscheffel wegen Verhandlungen mit dem Iran ernsthaft geführt wor- seiner Vertrauensstellung in der SPD und in der den sind. SPD-Fraktion Informationen erhielt, die er nicht er- So verständlich es auch ist, daß seitens des Flick halten hätte, wenn seine Stellung als bezahlter Konzerns vor dem Erwerb der Gerling-Beteiligung Flick-Lobbyist bekannt gewesen wäre. Eberhard eine Zusage für eine entsprechende Bescheinigung von Brauchitsch bezeichnete gegenüber Dr. Fried- nach § 6 b EStG erstrebt wurde, um die Risiken des rich Karl Flick Günter Markscheffels Tätigkeit als Erwerbs dieser Beteiligung kalkulierbar zu ma- ,,... die speziellen, für unsere Angelegenheiten 6b/4 chen, so sehr widersprach eine so weitgehende aufgebauten Drähte zur Baracke". Auch wenn der Festlegung durch Bundesminister Hans Matthöfer Inhalt z. B. von Diskussionen in Fraktionssitzungen am 1. März 1978 einem ordnungsgemäßen Verwal- im allgemeinen nicht geheimzuhalten ist, so stellt tungsverfahren, in dem die einzelnen Vorausset- die detaillierte Berichterstattung aus der SPD- zungen für die Bescheinigungserteilung zunächst Fraktion und über vertrauliche Einzelgespräche gründlich geprüft werden mußten. mit SPD-Fraktionsmitgliedern durch Günter Mark- scheffel einen Vertrauensbruch dar. Seine Tätigkeit Es ist zu mißbilligen, daß Eberhard von Brauchitsch als Flick-Lobbyist war allenfalls Willy Brandt und den — untauglichen — Versuch machte, die dienst- Alfred Nau bekannt. Ob SPD-Politiker, die Günter liche Auffassung des im Bundesfinanzministerium Markscheffel hin und wieder im Interesse des zuständigen Unterabteilungsleiters Dr. Adalbert Flick-Konzerns oder Eberhard von Brauchitschs Uelner, die für die Erteilung der erstrebten Beschei- ansprach, seine wahre Funktion hätten erkennen nigung nicht günstig war, durch eine Vorsprache müssen, hat der 1. Untersuchungsausschuß nicht beim F.D.P.-Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher feststellen können. Jedenfalls hat es Markscheffel zu überwinden. Zwar notierte Eberhard von Brau- erfolgreich verstanden, bei SPD-Politikern den Bo- chitsch, daß Hans-Dietrich Genscher angeblich ein den für die Flickschen Interessen zu bereiten. Zu „Packende" für ein Einwirken auf Uelner in diesem seinem Antrittsbesuch beim hessischen Minister- Sinne habe. Hans-Dietrich Genscher hat aber als präsidenten Börner am 2. Februar 1977, bei dem Zeuge bekundet, es sei unvorstellbar, daß er jeman- sich Börner u. a. lobend über die Haltung des Hau- dem zusage, auf einen Beamten eines anderen Mi ses Flick während der schwierigen Strukturpro- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 bleme geäußert haben soll, notierte Eberhard von Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn der Flick Brauchitsch, daß „Börner ... durch G. M. klimatisch Konzern z. B. über seinen Mitarbeiter Dr. Heribert positiv auf das Gespräch eingestimmt" worden sei. Blaschke, der früher im Bundesfinanzministerium tätig war, versucht hat, solche Informationen zu er- Über den Umfang etwaiger Vertrauensbrüche halten. Es liegt aber an der Grenze des Vertretba- durch Peter Heinrich Refflinghaus, der in Gewerk- ren, wenn mit der Bearbeitung der Flick-Anträge schaftskreisen Informationen für Eberhard von befaßte Beamte gelegentlich Einzelinformationen Brauchitsch beschaffte und auch Geld an SPD-Poli- über die Haltung anderer Beamter des Ministe- tiker weiterleitete, hat der 1. Untersuchungsaus- riums zu den Anträgen weitergaben. Sachlich be- schuß im einzelnen keine Feststellung getroffen. Es trachtet kam es auf solche Informationen für den spricht wenig dafür, daß hier ein enger Zusammen- Antragsteller nicht an, da für ihn nur Auskünfte in hang zum Bescheinigungsverfahren bestand. - der Sache interessant sein durften, nicht aber sol- che über den behördeninternen Meinungsbildungs- prozeß.

440 Es ist nicht zu beanstanden, daß der Bundestagsab- geordnete Dr. Reinhold Kreile als Rechtsberater 4. Kontakte zur Verwaltung des Flick-Konzerns mit dem Antragsverfahren be- faßte Beamte zum Abendessen zu sich einlud, weil Auch unabhängig von der hier eingetretenen Politi- für das Zusammenkommen verschiedene einleuch- sierung des Antragsverfahrens erfordern Anträge tende Gründe der Zusammenarbeit gegeben wur- dieser Größenordnung Vorgespräche mit den Mini- den. Es wäre jedoch sachgerechter gewesen, für den sterien, umfangreiche mündliche Beratungen, Dar- Flick-Konzern wichtige Rechtsfragen im Zusam- legung der entscheidungserheblichen Erwägungen menhang mit der Veräußerung und der Wiederan- durch die Verwaltung und — vor allem wegen des lage auch nicht in abstrakter Form zu erörtern. Steuergeheimnisses — Abstimmungen bei Erklä- rungen gegenüber der Öffentlichkeit. Die Größen- ordnung der Anträge läßt es gerechtfertigt erschei- nen, daß Angehörige des Flick-Konzerns das eine IV. Nichtöffentliche Politisierung oder andere Gespräch mit den zuständigen Mini- des Verwaltungsverfahrens stern führten. 441 Der Antragsteller hatte das Recht, umfassend über etwaige Bedenken der Ministerialverwaltung unter- 1. Durch Bundestagsabgeordnete u. a. richtet zu werden. Umgekehrt hatte die Verwaltung die Pflicht, ihn zu informieren und zu beraten. Dies Die Vorsprache des SPD-Bundestagsabgeordneten folgt auch aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Dr. Rolf Böhme beim damaligen Leiter der Steuer- Wenn hierbei auch eine Rolle spielte, daß im Bun- abteilung im Bundesministerium der Finanzen, Mi- deswirtschaftsministerium ein öffentliches Inter- nisterialdirektor Dr. Karl Koch, hatte zum Ziel, die esse darin gesehen wurde, daß der Gewinn aus dem Ablehnung der Flickschen Steuerstundungsanträge Daimler-Benz-Aktien-Verkauf mit der Steuerstun- zu erreichen, obwohl er schon wegen des Steuerge- dung wieder investiert wurde, statt nach einer Ver- heimnisses keine Detailkenntnisse der einzelnen steuerung zur freien Verfügung des Konzerninha- Vorhaben haben konnte. Diese Intervention von bers zu stehen, ist hiergegen nichts einzuwenden. Dr. Rolf Böhme überschreitet die zulässige parla- Die Verwaltung hatte einerseits sich zu bemühen, mentarische Einflußnahme auf die Verwaltung, die zügig über die gestellten Anträge zu entscheiden; geltendes Recht anzuwenden hatte. Mit einer ande- andererseits hatte sie bei deren Bearbeitung dieje- ren Auffassung über die Güte eines Gesetzes oder nige Distanz zum Antragsteller und seinen Reprä- mit Vorstellungen über künftige gesetzliche Rege- sentanten zu wahren, die erforderlich ist, um kei- lungen darf man nicht auf die Verwaltung einwir- nen Zweifel daran aufkommen zu lassen, daß sie ken, um einzelne Anträge, deren genauen Inhalt nach Recht und Gesetz entscheidet. man nicht kennt, nach geltendem Recht ablehnen zu lassen. Während z. B. gegenüber den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und anderen Politikern — schon wegen des Steuergeheimnisses — Verschwie- 442 genheit über den Stand der Anträge zu wahren war, so galt es auch gegenüber dem Flick-Konzern als 2. Durch Regierungsmitglieder Antragsteller das Dienstgeheimnis insoweit zu a) Überlegungen, die Steuerstundungsanträge und wahren, als es um amtsinterne Vorgänge ging, an die Entscheidungen darüber in einen Zusammen- denen der Flick-Konzern ein Interesse nur unter hang mit den Bundestagswahlen 1976 bzw. 1980 zu rein taktischen Gesichtspunkten haben konnte. stellen, waren sachfremd und unzulässig. Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, daß es der Verwaltung freisteht, dem Antragsteller über Es ist daher zu mißbilligen, daß in einer Vorlage die rechtliche Verpflichtung des Verwaltungsver- des Bundeskanzleramts Bundeskanzler Helmut fahrensgesetzes hinausgehende Auskünfte zu ge- Schmidt vorgeschlagen wurde, daß über die Flick ben, soweit das Dienstgeheimnis nicht verletzt Anträge erst nach der Bundestagswahl 1980 ent- wird. schieden werden sollte. Weiterhin ist zu mißbilligen, Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode daß Bundeskanzler Helmut Schmidt die Weisung wirtschaft, aus Gewerbebetrieb und selbständiger erteilte, entsprechend diesem Vorschlag möge ver- Arbeit) auch die Gewinne aus der Veräußerung von fahren werden. Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens der Be- steuerung nach den allgemeinen Vorschriften, d. h. b) Außerhalb des Gesetzes lagen auch Überlegun- die aufgedeckten stillen Reserven — sie bestehen gen, daß ein möglichst großer Teil des Verkaufserlö- aus der Differenz zwischen dem in der Bilanz aus- ses nicht steuerbegünstigt reinvestiert, sondern so- gewiesenen Buchwert und dem tatsächlichen Ver- fort voll versteuern werden sollte („wo bleibt der äußerungserlös — sind sofort nach dem allgemei- Finanzminister?"). nen Tarif zu versteuern. Dieser für den betrieblichen Bereich geltende 443 - Grundsatz der sofortigen steuerlichen Erfassung von Veräußerungsgewinnen wird eingeschränkt 3. In der Ministerialverwaltung durch Die Ministerialverwaltung muß sich stets darüber — § 6 b Einkommensteuergesetz, im klaren sein, ob sie ein Gesetz vollzieht oder ob sie politische Entscheidungen vorbereitet. Es mag — bis 1982 auch durch § 4 Auslandsinvestitionsge- naheliegen, daß die Bearbeitung der Steuerstun- setz, dungsanträge des Flick-Konzerns im Bundeswirt- schaftsministerium auch unter wirtschafts- und — das Tauschgutachten des Bundesfinanzhofs von steuerpolitischen Gesichtspunkten gesehen wurde. 1958, wonach bei einem Tausch von Anteilen an Eine solche Betrachtungsweise liegt außerhalb des einer Kapitalgesellschaft keine Gewinnverwirk- Gesetzes. lichung eintritt, wenn die getauschten Anteile art-, wert- und funktionsgleich sind, Insbesondere ist es sachfremd, wenn sich die Ver- waltung an Überlegungen beteiligt, die zu stellen- — die von der Rechtsprechung entwickelten den Anträge in Blöcken zusammenzufassen, um sie Grundsätze zur steuerneutralen Übertragung allein aus Gründen der politischen Optik geschlos- stiller Reserven auf Ersatzwirtschaftsgüter, sen billigen zu können, und Erwägungen mit an- wenn ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt stellt, einen ablehnungsfähigen Antrag einzubrin- oder infolge bzw. zur Vermeidung eines behörd- gen, um zu zeigen, daß Anträge auch abgelehnt wer- lichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem den. Auch die Überlegung, ein für notwendig erach- Betrieb ausscheidet. tetes Gesetz, nämlich § 6 b EStG, auf diese Art und Bei diesen genannten Einschränkungen handelt es Weise besser vor Veränderungen zu bewahren, sich um Reinvestionsbegünstigungen, d. h. die Ver- kann solches Verhalten nicht rechtfertigen. Sach- äußerungsgewinne werden nicht generell steuerlich fremd ist es auch, wenn die Verwaltung sich an entlastet, sondern nur, soweit sie durch Investitio- Überlegungen beteiligt, aus fiskalischen oder opti- nen wieder im betrieblichen Anlagevermögen ge- schen Gründen einen Teil des Veräußerungserlöses bunden werden. nicht steuerbegünstigt wieder anzulegen, sondern der sofortigen Besteuerung zu unterwerfen. Bei Verhandlungen zwischen dem Flick-Konzern und 445 den Ministerien im Mai/Juni 1981 sind aber solche Erwägungen angestellt worden. bb) Gegenwärtige gesetzliche Regelung Auch der Anschein eines Handels über die zu zah- § 6 b EStG gewährt seit 1965 die Möglichkeit, Ge- lende Steuersumme sowie Äußerungen, Anträge winne aus der Veräußerung bestimmter Anlagegü- könnten positiv beschieden werden, wenn andere ter, insbesondere von Grund und Boden, Gebäuden Anträge zurückgezogen würden, sind sachfremd, da und Beteiligungen, unversteuert zu lassen, soweit nach dem Gesetz jeder Antrag einzeln und ohne damit bestimmte Anlagegüter erworben werden. Rücksicht auf andere Anträge geprüft und entschie- Die Entscheidung trifft der Steuerpflichtige in die- den werden muß. sen Fällen, ohne daß es einer behördlichen Ent- scheidung bedarf. Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Ka- pitalgesellschaften können außerdem auch wie- V. Schlußfolgerungen derum auf Anteile an Kapitalgesellschaften über- tragen werden. Dies ist steuerbegünstigt jedoch nur 1. § 6 b EStG modernisieren möglich, wenn der Bundesminister für Wirtschaft im Benehmen mit dem Bundesminister der Finan- a) Rechtslage zen, dem Bundesminister für Arbeit und Sozialord- nung und der von der Landesregierung bestimmten 444 Stelle (Wirtschaftsministerien der Länder) beschei- nigt, daß der Erwerb der Anteile unter Berücksich- aa) Steuersystematische Einordnung tigung der Veräußerung der Anteile volkswirt- schaftlich besonders förderungswürdig und geeig- Nach dem System der steuerlichen Gewinnermitt net ist, die Unternehmensstruktur eines Wirt- lungsvorschriften unterliegen bei den sogenannten schaftszweiges zu verbessern oder einer breiten Gewinneinkünften (Einkünfte aus Land- und Forst Eigentumsstreuung zu dienen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Handelte es sich um den Erwerb ausländischer Ka- — Der steuerbegünstigte Erwerb von Anteilen an pitalanteile, so bestimmte § 4 Auslandsinvestitions- inländischen Kapitalgesellschaften ist nur noch gesetz (AIG), daß der Erwerb volkswirtschaftlich zulässig, wenn diese mit mehr als 50% ihres besonders förderungswürdig und geeignet sein Umsatzes produktiv tätig sind. müsse, der internationalen Arbeitsteilung oder ei- ner verstärkten weltwirtschaftlichen Verflechtung — Beim Erwerb einer ausländischen Beteiligung zu dienen. ist die Aktivitätsklausel an drei zusätzliche Vor- aussetzungen geknüpft: Ausländische Kapital- Wie die Untersuchung gezeigt hat, erfordert das Be- gesellschaften müssen mindestens zu 90 % pro- scheinigungsverfahren für den Steuerpflichtigen duktiv tätig sein, Fremdenverkehrsaktivitäten wie für die Verwaltung einen außerordentlich gro- sind schädlich. Das Halten einer Beteiligung ist ßen und zeitraubenden Aufwand. Es kann sich über nur dann unschädlich, wenn die Beteiligung mehrere Jahre hinziehen. Viele Behörden sind be- mindestens 25% beträgt und die Beteiligungsge- teiligt. Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale sind sellschaft ihrerseits mindestens zu 90 % produk- relativ unbestimmt, und für die beteiligten Behör- tiv ist. den ist es sehr schwierig, die vom Gesetz geforder- ten Prognosen zu geben. 446 Das Bescheinigungsverfahren stellt für die antrag- stellenden Unternehmen eine große Belastung dar. b) Wirtschaftspolitische Zielsetzung Es verlangt von ihnen häufig, Investitionsentschei- Die Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven bei dungen zu treffen, ohne die abschließenden steuer- Austauschvorgängen des Anlagevermögens, das im lichen Folgen zu kennen. Entweder wird durch die Gegensatz zum Umlaufvermögen seinem Wesen Ungewißheit über den Ausgang des Bescheini- nach nicht zur Gewinnrealisierung durch Veräuße- gungsverfahrens eine sachgerechte und betrieblich rung bestimmt ist, führte häufig zu Substanzverlu- vernünftige Entscheidung nicht oder nicht rechtzei- sten; sie erschwerte die Reinvestitionen im Unter- tig getroffen, oder die Investitionsentscheidung nehmen erheblich oder machte sie gar unmöglich. wird unabhängig von der Erteilung der Bescheini- Mit der Einführung des § 6 b EStG ist das Ziel ver- gung getroffen. Im letztgenannten Fall bewirkt eine folgt worden, diese reinvestitionshemmende Wir- nachträglich erteilte Bescheinigung nur einen steu- kung zu beseitigen. erlichen Mitnahmeeffekt. Die Zielsetzung des § 6 b EStG, die unternehmerische Mobilität zu stärken Alle Bundesregierungen haben die Vorschrift als und wirtschaftlich sinnvolle Strukturanpassungen ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrument zur zu erleichtern, wird durch das Bescheinigungsver- Erleichterung der Mobilität des Produktionsfaktors fahren damit eher erschwert als gefördert. Kapital und damit zur wirtschaftlichen Struktur- anpassung bewertet. Die Grundidee des § 6 b EStG Die Anwendung der genannten Vorschriften be- ist auch heute und in Zukunft ein unentbehrlicher wirkt im wirtschaftlichen Ergebnis eine — unter Bestandteil der steuerlichen Rahmenbedingungen Umständen sehr langfristige — Stundung der auf für die notwendige Modernisierung und Anpassung den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuern an regionale, technische, yolks- und weltwirtschaft- vom Einkommen und Ertrag. Bei der Gewinnüber- liche Strukturveränderungen. § 6 b EStG ist damit tragung auf abnutzbare Anlagegüter wird die Be- eines der wirtschaftspolitischen Instrumente zur Si- steuerung im Verlauf der Nutzungsdauer infolge cherung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und der Minderung der Abschreibung Jahr für Jahr Beschäftigung. nachgeholt. Bei der Übertragung auf ein nicht ab nutzbares Anlagegut wie Grund und Boden oder Dies gilt auch für den Fall, der in der Untersuchung Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft wird der eine Rolle gespielt hat, nämlich den Austausch von Veräußerungsgewinn zu einem späteren nicht vor- Kapitalanteilen. In einer modernen Industriewirt- hersehbaren Zeitpunkt steuerlich erfaßt. Diese spä- schaft halten Unternehmen aus vielfältigen Grün- tere steuerliche Erfassung erfolgt entweder zum den Beteiligungen an anderen Unternehmen. Sie Zeitpunkt der späteren Veräußerung (falls nicht reichen von der bloßen Kapitalanlage bis zur auch dann der erzielte Veräußerungsgewinn wieder 100 %igen Beteiligung an einem Unternehmen. Be- nach § 6 b EStG übertragen wird) oder bei einer triebswirtschaftliche Gründe können es sinnvoll Entnahme aus dem Betriebsvermögen oder bei der oder geboten erscheinen lassen, solche Beteiligun- Auflösung des Unternehmens. gen auszutauschen, d. h. Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben oder vorhandene Betei- Mit dem Haushaltsstrukturgesetz 1982 wurde § 4 ligungen zu erhöhen und die dazu notwendigen Fi- AIG aufgehoben und § 6b EStG geändert. Seitdem nanzierungsmittel durch Auflösung des Wertpapier- unterliegt der Erwerb von Anteilen an inländischen depots oder durch Lösung des Engagements an be- wie auch an ausländischen Kapitalgesellschaften stimmten Unternehmen zu beschaffen, z. B. zwecks den gleichen oben genannten Prüfungskriterien. Ermöglichung von Kapazitätserweiterung, Ausdeh- nung auf andere Betätigungsbereiche, Aufbau oder Unterschiede ergeben sich allerdings hinsichtlich Erweiterung der Forschung, Zuführung zusätzli-- inländischer und ausländischer Kapitalgesellschaf- chen Eigenkapitals an Tochtergesellschaften durch ten bei der sog. Aktivitätsklausel im wesentlichen Kapitalerhöhungen sowie Erschließung ausländi- in folgendem: scher Märkte. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Diese Beispiele zeigen, daß eine sofortige Besteue- 452 rung der bei Anteilsveräußerungen regelmäßig auf- ee) Der steuerstundende Charakter der Vorschrift gedeckten hohen stillen Reserven viele volkswirt- des § 6 b EStG ist zu wahren. Die Tatbestandsmerk- schaftlich sinnvolle Übertragungen in zukunfts- male des Gesetzes sind zu präzisieren. Reine Fi- trächtige Investitionen behindern oder sogar ver- nanzanlagen bleiben grundsätzlich ausgeschlossen. hindern würde. Insbesondere ist eine Mindestquote beim Anteilser- werb an Kapitalgesellschaften vorzusehen; die Ak- tivitätsklausel ist beizubehalten. 447 453 c) Vorschlag an den Gesetzgeber 2. Keine weitere Einschränkung Zum Untersuchungsauftrag gehört auch die Beant- des Steuergeheimnisses wortung der Frage, welche Schlußfolgerungen sich für den Gesetzgeber ergeben. Der Untersuchungs- Das Ergebnis des Untersuchungsverfahrens gibt ausschuß leitet hieraus keine umfassende Kompe- keinen Anlaß, die Ausgestaltung des Steuergeheim- tenz zu steuerrechtlichen Vorschlägen ab, sondern nisses in § 30 der Abgabenordnung zu ändern und zieht lediglich folgende Konsequenzen aus der Un- weitergehende Offenbarungsbefugnisse der Steuer- tersuchung: verwaltung gegenüber dem Parlament zu begrün- den. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil 448 vom 17. Juli 1984 — 2 BvE 11 und 15/83 — ausge- aa) Die Untersuchung hat keine Zweifel an der führt hat, schützt § 30 AO das Steuergeheimnis als wirtschaftspolitischen Notwendigkeit des § 6 b EStG Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungs- als eine der Voraussetzungen für den Strukturwan- pflichten des Steuerrechts. Die Vorschrift dient dem del in der Wirtschaft aufkommen lassen. Dies gilt privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuer- sowohl hinsichtlich der Wiederanlage des Veräuße- pflichtigen und der anderen, zur Auskunftsertei- rungsgewinns im Inland als grundsätzlich auch im lung verpflichteten Personen. Zugleich wird mit Ausland. Dabei sollten wie bisher neben Kapital- dem Schutz des Steuergeheimnisses der Zweck ver- beteiligungen auch Fälle von Kapitalerhöhungen folgt, durch besonderen Schutz des Vertrauens in berücksichtigt werden. die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Of- fenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleich- 449 tern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und bb) Die im Gesetz festgelegten Tatbestandsmerk- eine gesetzmäßige, d. h. insbesondere auch gleich- male für die Wiederanlage in inländischen oder aus- mäßige Besteuerung sicherzustellen. Diese im ländischen Beteiligungen sind zu unbestimmt. Der Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsge- Antragsteller kann den Erfolg seines Antrages bei bot verankerten öffentlichen Interessen haben ei- den Ministerien kaum sicher abschätzen; der Unsi- nen hohen Rang, der über das nur fiskalische Inter- cherheitsfaktor für den Steuerpflichtigen war auch esse an der Sicherung des Steueraufkommens hin- bei Berücksichtigung der Praxis der Bundesmini- ausgeht. sterien für Wirtschaft und Finanzen groß. Wird das Bescheinigungsverfahren wie vorgeschla- gen abgeschafft, so entfallen die vom Bundesmini- ster für Wirtschaft im Benehmen mit anderen Stel- 450 len zu treffenden Einzelfallentscheidungen. Inso- cc) Das Bescheinigungsverfahren wirkt wie ein Mit- weit bedarf es dann auch keiner Kontrolle durch tel der Investitionslenkung. In Fällen überlanger den Deutschen Bundestag, sei es durch Behandlung Verfahrensdauer wirkt das Bescheinigungsverfah- in Ausschüssen oder durch parlamentarische An- ren als Investitionshemmnis. Dabei sind sach- fragen. Die Möglichkeiten eines Untersuchungsaus- fremde Einflüsse nicht auszuschließen. Wie in die- schusses bleiben unberührt. sem Abschnitt oben unter I. — IV. dargelegt, hat das Um im Parlament die allgemeinen Auswirkungen Bescheinigungsverfahren dazu geführt, daß der einer ganz bestimmten steuerlichen Vorschrift, ins- Flick-Konzern, Politiker und Verwaltung verschie- besondere die finanziellen Folgen, darzustellen, dentlich außerhalb des Gesetzes liegende Überle- muß das Steuergeheimnis nicht eingeschränkt wer- gungen angestellt haben. den. Die Unterrichtung des Parlaments über allge- meine Auswirkungen von Rechtsvorschriften auch auf dem Gebiet des Steuerrechts verlangt nicht die 451 Darstellung von Einzelfällen, sondern nur allge- dd) Das Bescheinigungsverfahren sollte abgeschafft meine Angaben. Der Untersuchungsausschuß ver- werden. Soweit die Wiederanlage in Kapitalanteilen mag nicht zu erkennen, daß insoweit von den übli- der 1974 eingeführten Fusionskontrolle unterliegt, chen, beispielsweise durch das Steuergeheimnis fehlt dem Bescheinigungsverfahren, soweit es uner- und Statistikgeheimnis gebotenen Verfahren abge- wünschte Konzentrationen verhindern soll, bereits wichen werden müßte, wonach die Angaben bei der jetzt seine frühere Berechtigung. Weitergabe der Tatsachen so allgemein zu halten Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 sind, daß die Verhältnisse des einzelnen nicht er- chungsauftrag ab. Deshalb sollte dafür Sorge getra- kennbar werden. gen werden, daß Untersuchungsaufträge klar um- rissen sind. Das Ergebnis der Untersuchung rechtfertigt nicht eine weitere Einschränkung des traditionell ge- wachsenen und gesetzlich verankerten Steuerge- heimnisses; andernfalls würde ein Sonderrecht mit 455 Diskriminierungswirkung für all diejenigen Steuer- 4. Neuordnung der Parteienfinanzierung pflichtigen geschaffen, die die Möglichkeiten der Wiederanlage nach § 6 b EStG in Anspruch nehmen Am 1. Januar 1984 ist das Gesetz über die Neuord- wollen. nung der Parteienfinanzierung in Kraft getreten. Zusammen damit erfolgte eine Änderung des Grundgesetzes, wonach die Parteien künftig nicht 454 nur über die Herkunft ihrer Mittel, sondern auch über deren Verwendung sowie über ihr Vermögen 3. Notwendigkeit eines öffentlich Rechenschaft geben müssen. Ausgangs- Untersuchungsausschußgesetzes punkt der Beratung waren ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und F.D.P. sowie Der Bundesgesetzgeber sollte alsbald ein Unter- Ergänzungen der SPD-Bundestagsfraktion. suchungsausschußgesetz schaffen. Die Arbeit des 1. Untersuchungsausschusses hat gezeigt, daß das Die nunmehr geltende Neuordnung der Parteienfi- derzeitige den Untersuchungsausschüssen des nanzierung bezüglich der Publizierung von Spen- Deutschen Bundestages zur Verfügung stehende den und der Sanktionen bei Verletzung der Publika- Verfahrensrecht — Vorschriften über den Strafpro- tionspflicht erscheint ausreichend, um die bekannt- zeß, Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages gewordenen Verstöße gegen die Publikationspflicht und die sogenannten IPA-Regeln [Entwurf eines bei Spenden an Parteien zu vermeiden. Der 1. Un- Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Un- tersuchungsausschuß sieht keinen Anlaß, eine wei- tersuchungsausschüssen des Bundestages vom tergehende Gesetzesänderung zu empfehlen. 14. Mai 1969 — BT-Drs. V/4209 —] — unzureichend ist, Lücken aufweist und verbessert werden muß. 456 Ein Untersuchungsausschuß ist kein Gericht, son- dern ein Parlamentsausschuß, der ein Ergebnis für 5. Geschenke an Mitglieder der Bundesregierung das Parlamentsplenum erarbeitet und unter politi- schen Kriterien den ermittelten Sachverhalt bewer- Die Untersuchung gibt keinen Anlaß, eine Gesetzes- tet. Als Parlamentsausschuß unterliegt er nach bis- änderung zu empfehlen. Die Vorschrift im Bundes- heriger Praxis voll den parlamentarischen Regeln ministergesetz über Anzeigepflichten und Entschei- der Auseinandersetzungen im Parteienstreit und dung der Bundesregierung über die Verwendung den widerstreitenden Aktionen von Regierungspar- der Geschenke erscheint ausreichend. teien und Oppositionsparteien. Ein Untersuchungsausschußgesetz sollte insbeson- 457 dere folgende Bereiche regeln: 6. Verhaltensregeln für Abgeordnete 1. Zahl der Untersuchungsausschußmitglieder, Die Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Befugnisse des Untersuchungsausschusses so- 2. Bundestages, insbesondere die hierin enthaltene wohl gegenüber der Exekutive als auch der Judi- Anzeigepflicht möglicher Interessenverflechtungen kative, sind während des . Untersuchungsverfahrens Gegen- 3. Rechtsstellung von Zeugen, Betroffenen und stand öffentlicher Diskussion geworden. Der Deut- dritten Personen, sche Bundestag hat am 16. November 1984 einem Beschluß seines Ältestenrates vom 25. Oktober 1984 4. Rechtsweg bei Streitigkeiten zwischen dem Un- zugestimmt, wonach die Rechtsstellungskommis- tersuchungsausschuß und der Exekutive, Ge- sion beauftragt wurde, die Verhaltensregeln darauf richten und Personen, zu überprüfen, ob sie ihrer Zielsetzung entspre- chend auch in Zukunft als ausreichend angesehen 5. Ausgestaltung der Minderheitenrechte zur Be- werden können oder der Überarbeitung, gegebe- einflussung des Untersuchungsverfahrens, aber nenfalls der Erweiterung bedürfen. auch Begrenzung zur Vermeidung von Miß- brauch, Die bisherigen Verhaltensregeln sollen neu gefaßt, erweitert und mit Gesetzeskraft geregelt werden. 6. Befugnisse der Untersuchungsausschußmitglie- Das sehen der Gesetzentwurf zur Änderung des Ab- der in der Beweiserhebung nach dem Vorsitzen- geordnetengesetzes der CDU/CSU- und der F.D.P: den und seinem Stellvertreter, Bundestagsfraktion und der Gesetzentwurf der 7. Parallelität zu gerichtlichen Verfahren. SPD-Bundestagsfraktion vor, die am 26. Juni 1985- vom Deutschen Bundestag in erster Lesung beraten Der Umfang der Befugnisse eines Untersuchungs und an die Ausschüsse zur weiteren Beratung über- ausschusses hängt weitgehend vom Untersu wiesen worden sind. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Der 1. Untersuchungsausschuß sieht keinen Anlaß, heimnisse von der Geheimschutzordnung umfaßt eine weitergehende Neuordnung der Verhaltens- sind und ggf. ergänzende oder verdeutlichende Re- richtlinien für Mitglieder des Deutschen Bundesta- gelungen aufzunehmen sind. Es sollte auch geklärt ges — sei es im Rahmen der Geschäftsordnung des werden, wie der Einstufungsbefugnis des Parla- Deutschen Bundestages oder eines Gesetzes — zu ments gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsge- empfehlen. richts vom 17. Juli 1984 — 2 BvE 11 und 15/83 — Rechnung getragen werden kann. 458

7. Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages 459 und Privatgeheimnisse VI. Schluß Dem Deutschen Bundestag wird empfohlen zu prü- fen, in welcher Weise er Angaben über persönliche Die Realisierung der Empfehlungen an den Gesetz- und betriebliche Verhältnisse vor unbefugter Wei- geber, insbesondere aber die Untersuchung selbst tergabe aus der Mitte des Deutschen Bundestages durch den 1. Untersuchungsausschuß sowie die Er- schützen kann. In diese Prüfung sollte auch eine örterungen im Deutschen Bundestag hierzu lassen Anpassung der Geheimschutzordnung des Deut- erwarten, daß in allen angesprochenen Bereichen schen Bundestages einbezogen werden. Es sollte ge- die einleitend genannten Maßstäbe verstärkt ins prüft werden, ob auch schützenswerte Privatge Bewußtsein rücken.

- Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

B. Eigenes Votum der Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungsausschuß

Tz. 460 Vorbemerkung 10.3 Spenden an Dr. Hans Friderichs 482 10.4 Spenden an Dr. Otto Graf Lambsdorff 483 Die von der Ausschußmehrheit vorgelegte Bewer tung wird den ermittelten Tatsachen nicht gerecht. 10.5 Die 3-Millionen-Zahlung 484 10.6 Aktion Ende 1982 485 - Sie vernachlässigt und verniedlicht die tatsächli- che Einflußnahme des Flick-Konzerns, teilweise 11. Bewertung der Beziehungen zwischen im Zusammenwirken mit anderen Unterneh- Flick-Konzern und FDP 486 men, durch Geldzahlungen auf Politiker und po- litische Entscheidungen. 12. Spenden an die SPD 487 12.1 Spendenzeiträume 488 - Sie verharmlost die Beziehungen zwischen der Ministerialbürokratie und dem Flick-Konzern. 12.2 Spende an die Georg-von-Vollmar- Akademie 489 - Sie macht Politiker, deren damalige Kritik an 12.3 Spenden an die Friedrich-Ebert- den Anträgen des Flick-Konzerns sich heute als Stiftung 490 berechtigt erweist, zu „Politisierern". 12.4 Eintragungen der Diehl-Liste 491 - Sie verharmlost die Schäden für die politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland. 13. Bewertung der Beziehungen zwischen Flick-Konzern und SPD 492 Die Mitglieder der SPD im 1. Untersuchungsaus- schuß sehen sich deshalb zu nachfolgenden eigenen Feststellungen und Bewertungen veranlaßt. II. Ministerialbürokratie 493

461 III. Zur Kritik an den Anträgen 494 Gliederung Tz. IV. Allgemeine Bewertung 495 I. Die Pflege der politischen Landschaft 462 1. Langjährige Tradition der Parteispenden 463 V. Vorschläge an den Gesetzgeber 496 2. Spendenunterlagen 464 1. Untersuchungsausschußgesetz 3. Organisation des Spendenwesens 465 2. Reform des § 6 b EStG 497-503 4. Die Spenden im Vergleich 466 5. Spenden an CDU und CSU 467 462 5.1 Spendenzeiträume 468 I. Die „Pflege der politischen Landschaft" 5.2 Staatsbürgerliche Vereinigung 469 Die Beweisaufnahme hat ein streckenweises trost- 5.3 Spenden an Dr. Helmut Kohl 470 loses Miteinander wirtschaftlicher und politischer 5.4 Spenden an Franz Josef Strauß 471 Interessen ergeben. 6. Förderung von Unionspolitikern 472 Grundsätze politischer Kultur, die verlangen, daß

6.1. Dr. Wolfgang Pohle 473 auch nur der Anschein einer Vermischung zwi- schen Politik und Wirtschaft vermieden wird, sind 6.2 Dr. Reinhold Kreile 474 gröblich verletzt worden. 6.3 Adolf Kanter 475 Dies ist nicht nur dem Flick-Konzern und anderen 7. Der Fall Dr. Rainer Barzel 476 Unternehmen anzulasten, sondern auch Parteien 8. Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Politikern, die jene Grenzen überschritten, de- zur Förderung der Unionsparteien 477 ren Einhaltung in einer parlamentarischen Demo- kratie zwingend notwendig ist: 9. Bewertung der Beziehungen zwischen Flick-Konzern und CDU/CSU 478 Führende Politiker wie Dr. Helmut Kohl und Franz Josef Strauß nahmen Bargeld in der Höhe bis zu 10. Spenden an die FDP 479 250 000 DM im Briefumschlag entgegen. - 10.1 Spendenzeiträume 480 Schatzmeister von Parteien empfahlen Umwegfi 10.2 Geldwaschanlagen 481 nanzierungen über sogenannte Geldwaschanlagen, Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode um die wahre Herkunft von Spenden zu verschlei- gung standen, nur für die Jahre von 1974 bis 1981 ern. genau dokumentiert. Teilweise lagen auch Unterla- gen für die Zeit ab 1969 vor. Entgegen gesetzlichen Bestimmungen wurden Spenden nicht in den Rechenschaftsberichten der Die Unterlagen listen außerdem auch nur die Zah- Parteien angegeben. lungen auf, die von der Konzernmutter geleistet wurden. Es fehlen also Spenden der Konzerntöch- Für Scheinanzeigen und Scheinabonnements wur- ter, auf die nur mittelbar aus den Akten Schlüsse den Gelder gegeben, Personal- und Sachkosten für gezogen werden konnten: In Bayern wurde von den Parteiarbeit wurden vom Flick-Konzern übernom- Tochterfirmen Krauss-Maffei und Maxhütte vor al- men. Die politische Kultur in der Bundesrepublik lem an die CSU gespendet. In Nordrhein-Westfalen Deutschland hat dadurch Schaden erlitten. Nur von den Firmen Feldmühle und Dynamit Nobel an eine schonungslose Darstellung der ermittelten die FDP-Landesorganisation Nordrhein-Westfalen, Fakten ohne Rücksicht auf Parteien und Personen wie verschiedene Eintragungen von deren Schatz- bietet die Gewähr für die Wiederherstellung des meistern Walter Scheel, Dr. Otto Graf Lambsdorff Vertrauens in Unabhängigkeit von Politik. und Hans H. Gattermann ergeben. Im Konzern wurde zwischen offiziellen und inoffi- 463 ziellen Zahlungen unterschieden. Offizielle Zahlun- gen erfolgten unbar durch Überweisung oder Hin- 1. Die „langjährige Tradition" der Parteispenden des gabe von Schecks und erschienen auch in den Bü- Flick-Konzerns chern als Spenden oder Betriebsausgaben. Inoffi- zielle Zahlungen ergingen stets in bar direkt an den Das wahre Ausmaß der Flick-Affäre erschließt sich Endempfänger. Sie wurden entweder von Dr. Fried- erst über eine ungeschminkte Darstellung der vom rich Karl Flick (dieser nur an Franz Josef Strauß), Konzern geleisteten Parteispenden. Parteispenden von Eberhard von Brauchitsch oder, in Ausnahme- haben bei Flick Tradition. Schon in der Weimarer fällen, von Mitarbeitern des Bonner Flick-Büros Zeit sind Gelder an die Parteien geflossen. Nach übergeben. Soweit diese Geldsummen per Briefum- 1933 hat sich Friedrich Flick politische Verbindun- schlag überreicht wurden, war dafür konzernintern gen beim Erwerb von Firmen und dem Ausbau sei- die Bezeichnung „Spezialbrief` üblich. nes Konzerns zunutze gemacht. — Die Diehlschen Listen — Der Untersuchungsausschuß hatte Spendenzahlun- gen dieser Zeit nicht nachzugehen. Bei seiner Ar- Über Zahlungen an Parteien bzw. Politiker wurde beit jedoch durfte er das, was darüber bekannt und in einem eigenen Journal intern Buch geführt und veröffentlicht ist, nicht aus seinem Bewußtsein ver- zum Jahresende jeweils ein Abschluß erstellt. Da- drängen. Dazu gehört für die Abgeordneten der neben wurden die Leistungen an Parteien, getrennt SPD sowohl die Tatsache von Spenden an National- nach offiziellen und inoffiziellen Zahlungen, noch sozialisten als auch die jahrzehntelange Weigerung einmal je für sich in gewissen Zeitabständen festge- des Flick-Konzerns, Wiedergutmachung für in sei- halten und addiert. nen Betrieben während der Nazizeit geleistete Diese vom Chefbuchhalter Rudolf Diehl erstellten Zwangsarbeit zu erbringen. Listen ermöglichten einen ständigen vergleichen- Auch nach dem Krieg sind Flick-Gelder an die Par- den Überblick über die Leistungen an politische teien gezahlt worden: An die Unionsparteien schon Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, wobei seit 1949, an die FDP wenig später. Der SPD wurden sich auch Aufzeichnungen über Zahlungen an die erst seit 1969 Spenden gegeben. Österreichische Volkspartei (ÖVP) finden. Diese „langjährige Tradition des Hauses", auf die Die gezahlten Summen wurden entweder aus der sich Dr. Friedrich Karl Flick und Eberhard von sog. Dispositionskasse oder der „schwarzen Kasse", Brauchitsch berufen haben, ist keineswegs auf un- auch „Sonderkasse" genannt, entnommen. Für die eigennützige und edle Motive zurückzuführen. Die Dispositionskasse verwandte Buchhalter Diehl Be- „Pflege der politischen Landschaft" durch Geldzah- träge, die er von den laufenden Konten abgehoben lungen an Parteien und Politiker diente immer hatte und als Entnahme buchte und abrechnete. auch den ureigensten Zwecken des Konzerns und Die Sonderkasse wurde aus zwei Quellen gespeist: der Durchsetzung seiner Vorstellungen. Die Anfang Einmal aus an den Konzern zurückfließenden fin- 1985 veröffentlichte Äußerung Dr. Flicks, er werde gierten Spenden — Fall „Soverdia" —, zum anderen auch weiter an Parteien spenden, wenn „die Herren aus dem Rückfluß von Provisionszahlungen — Fall Kohl, Bangemann und Stoltenberg den Weg zu ihm „Rathjen" —. Beide Fälle sind bzw. waren Gegen- fänden", erscheint daher aus der Sicht des Kon- stand steuerstrafrechtlicher Ermittlungsverfahren. zerns nur folgerichtig. Bei Zahlungen aus der Dispositionskasse an die be- treffenden Konzernverantwortlichen ließ Buchhal- 464 ter Diehl von diesen eine Empfangsquittung unter- schreiben. In seinen Listen vermerkte er dann das- 2. Spendenunterlagen des Konzerns Datum der Aushändigung, den Namen des Politi- Zahlungen an politische Parteien sind in den Unter kers, der ihm genannt worden war, mit dem Kürzel lagen, die dem Untersuchungsausschuß zur Verfü „wg", die betreffende Partei, den verabfolgten Be- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 trag und mit einem Kürzel (v. B.; Dr. FKF) den Kon- teivorsitzenden der CSU Franz Josef Strauß und Dr. zernverantwortlichen. Friedrich Karl Flick. Dies wird auch dokumentiert durch die persönlichen Geldübergaben, auf die im einzelnen noch eingegangen wird. 465 Aber nicht nur die Geldzahlungen, teilweise durch 3. Die Organisation des Spendenwesens im Konzern Umwegfinanzierungen über sog. Geldwaschanla- gen, sondern auch die Förderung verschiedener Für das Spendenwesen im Flick-Konzern war zu- Unionspolitiker bestimmen das Bild der Beziehun- nächst der Vetter des Firmengründers Friedrich gen zwischen Union und Flick-Konzern. Ihm ging Flick, der langjährige persönlich haftende Gesell- es, neben der Unterstützung und Erhaltung konser- schafter Konrad Kaletsch, verantwortlich. vativer Mehrheiten durch den Einsatz seiner wirt- schaftlichen Macht, auch um die Förderung ganzer So finden sich bis zu dessen Tod im Jahre 1978 eine Politikerkarrieren. Reihe von Empfangsquittungen, die von Konrad Kaletsch unterzeichnet waren. Von ihm ergingen auch die Auszahlungsanweisungen an die Buchhal- tung. 468

Mit seiner Erkrankung ging die Verantwortung für 5.1 Spendenzeiträume Spendenzahlungen zunehmend auf Eberhard von Brauchitsch über, der sie nach 1978 allein wahr- „Inoffizielle Zahlungen" für die CSU verzeichnen nahm. die Unterlagen schon 1969 mit 220 000 DM und 1971 mit 150 000 DM. Für die CSU sind 1969 50 000 DM, Neben Konrad Kaletsch und Eberhard von Brau- 1970 55 000 DM und 1971 60 000 DM ausgewiesen. chitsch sind auch vom Konzernchef Dr. Friedrich Karl Flick selbst Barbeträge übergeben worden. Zur Bundestagswahl 1972 stiegen die Spenden er- heblich. CDU und CSU erhielten insgesamt fast In einigen Einzelfällen hatte auch der Kaletsch- 3 Mio. DM, darunter allein 880 000 DM aus der „Son- Vertraute Manfred Nemitz das Recht, Geld unmit- derkasse". 1974 wurden an die CDU 1,5 Mio. DM und telbar bei der Buchhaltung anzufordern, so daß an die CSU ebenfalls 1,5 Mio. DM, also insgesamt auch er den Empfang gegenüber Diehl quittierte. 3 Mio. DM, gezahlt. 1975 sind 2 Mio. verzeichnet; zwischen 1976 und 466 1979 schwanken die jährlich an die Unionsparteien geflossenen Summen zwischen jeweils 1,3 Mio. und 4. Die Spenden im Vergleich 1,8 Mio. DM. Allein aus den vorliegenden Unterlagen, die, wie dargelegt, Lücken aufweisen, ergeben sich für den überschaubaren Zeitraum von 1969 bis 1980 Spen- 469 denbeträge von insgesamt rund 26 Mio. DM, die 5.2 Die „Spendenwaschanlage" Staatsbürgerliche vom Flick-Konzern an politische Parteien bzw. ih- Vereinigung von 1954 e. V. Köln/Koblenz nen nahestehende Organisationen und Institutio- nen gezahlt worden sind. Keine der dargestellten Spenden wird in den Re- chenschaftsberichten der CDU als von der Firma Für CDU und CSU sind Zahlungen von rund 15 Mio. Flick stammend genannt. Allerdings findet sich DM aufgezeichnet. Für die FDP und ihr, nach den dort häufig als Spender die „Staatsbürgerliche Ver- Erkenntnissen aus den Parteispendenverfahren, einigung 1954 e. V. Köln/Koblenz". zuzurechnende Einrichtungen sind 6,5 Mio. DM ver- zeichnet. Für die SPD und SPD-nahe Institutionen Diese als gemeinnützig anerkannte Vereinigung ist finden sich Aufzeichnungen über rund 4,5 Mio. nach den Erkenntnissen von Steuerfahndung und DM. Staatsanwaltschaft aus den Parteispendenverfah- ren eine reine Tarnorganisation für Spenden an Schon an diesen Zahlen wird deutlich, daß das CDU und CSU. Schwergewicht der Spenden bei den Unionspar- teien und der FDP lag. Allein in den Jahren 1969 bis 1980 verzeichnete die Staatsbürgerliche Vereinigung 218 Mio. DM Ein- nahmen, von denen 214 Mio. DM auf Umwegen 467 dann an CDU und CSU weitergeleitet wurden. Die Spender, denen diese alleinige Funktion der Staats- 5. Spenden an CDU und CSU bürgerlichen Vereinigung bekannt war, wählten diesen Weg nicht nur aus Steuergründen, sondern Nicht nur die Größenordnung zeigt die außeror- auch, weil nicht bekannt werden sollte, in welchem dentliche Nähe des Flick-Konzerns zu CDU und Ausmaße sie die Unionsparteien finanziell unter- CSU. Besonders enge persönliche Beziehungen, bis stützten. - hin zu Duzfreundschaften, gab es zwischen dem Parteivorsitzenden der CDU Dr. Helmut Kohl und Diese Umwegfinanzierung war von Politikern der Eberhard von Brauchitsch sowie zwischen dem Par Union empfohlen worden. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Kein Zweifel besteht für die Abgeordneten der Dr. Kohl hat zu den übrigen, ihm zugeschriebenen SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß daran, Beträgen ausgesagt, daß er nicht ausschließen kön- daß sowohl die Spender als auch die beteiligten Po- ne, daß diese Beträge seiner Partei zugeflossen sei- litiker gegen Steuergesetze und das Parteiengesetz en, die Unterlagen darüber jedoch vernichtet seien. verstoßen haben. In den Listen des Buchhalters Diehl finden sich 471 Eintragungen über Zahlungen an die Staatsbürger- liche Vereinigung über jährlich DM 600 000 in den 5.4 Spenden an Franz Josef Strauß Jahren 1976 bis 1978 mit dem Vermerk „wg. Leisler- Schon zwischen dem Konzerngründer Friedrich Kiep", der Schatzmeister der CDU ist. Flick und dem CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß bestand ein enges Verhältnis. Dieses setzte sich nach dem Tode Friedrich Flicks mit dessen 470 Sohn Dr. Friedrich Karl Flick fort. 5.3 Spenden an Dr. Helmut Kohl Franz Josef Strauß gab den Rat, bei der Wiederan- lage des Verkaufserlöses Auslandsinvestitionen zu Dr. Helmut Kohl stand in engem persönlichen Kon- prüfen, und schaltete sich auch über andere Perso- takt zu Eberhard von Brauchitsch. Dieser hat das nen in die Antragsbehandlung durch Konzern-Ver- Verhältnis als „Freundschaft" bezeichnet. Das er- antwortliche ein, wie im zweiten Abschnitt darge- klärt auch seine sofortige Einbeziehung in die Be- stellt wurde. Franz Josef Strauß wird in den Diehl- mühungen Prof. Dr. Kurt Biedenkopfs, im Jahre schen Listen häufig namentlich genannt. Es sind 1973 Dr. Rainer Barzel als Parteivorsitzenden durch folgende Eintragungen festgehalten: Dr. Helmut Kohl zu ersetzen. 21. 4.1975 Ka/vB wg. FJS DM 200 000 Die besondere Nähe zwischen Dr. Kohl und Eber- 12. 7. 1976 Dr. FKF wg. FJS DM 250 000 hard von Brauchitsch wird auch durch die persönli- 11. 7.1978 Dr. FKF wg. FJS DM 250 000 chen Geldübergaben per Briefumschlag in Dr. 24.10.1979 Dr. FKF wg. FJS DM 250 000 Kohls Büro dokumentiert. Allein diese Eintragungen ergeben eine Gesamt- „Wg. ” Dr. Kohl sind insgesamt in den Diehlschen summe der „wg. FJS" erfolgten Zahlungen in Höhe Listen 665 000 DM verzeichnet. Im einzelnen lauten von 950 000 DM. die Eintragungen: Dr. Friedrich Karl Flick hat die für die Jahre 1976, 1973 Kohl DM 100 000 1978 und 1979 ausgewiesenen Beträge persönlich im 26. 9.1974 Ka wg. Kohl DM 50 000 Briefumschlag an Franz Josef Strauß übergeben. 4. 2.1975 Ka wg. Kohl ü. vB DM 50 000 3. 9. 1975 Ka wg. Kohl DM 100 000 Der Name des CSU-Vorsitzenden taucht auch bei 20.11. 1975 Ka wg. Kohl ü. vB DM 50 000 den „offiziellen Zahlungen" an die CSU auf. So sind 8. 6.1976 Ka/vB wg. Kohl DM 50 000 vom Flick-Konzern in den Jahren 1976, 1977 und 13. 7.1976 vB wg. Kohl DM 50 000 1979 Flugzeugcharterkosten für Franz Josef Strauß 17.10. 1976 vB wg. Kohl DM 30 000 mit einer Gesamtsumme von 17 000 DM bezahlt 10. 5.1977 vB wg. Kohl DM 50 000 worden. 6.12. 1977 vB wg. Kohl DM 30 000 1977 erhielt die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung 11. 8. 1978 vB wg. Kohl DM 25 000 München „wg. FJS" 100 000 DM. 1978 findet sich 19. 1.1979 vB wg. Kohl DM 30 000 eine Eintragung in den Diehlschen Listen „wg. FJS" 30. 1.1980 vB wg. Kohl DM 50 000 für die Staatsbürgerliche Vereinigung Köln in Höhe von 500 000 DM. Auch 1979 findet sich die gleiche Dr. Kohl hat den Empfang von Teilbeträgen in Eintragung „wg. FJS" an die Staatsbürgerliche Ver- Höhe von insgesamt 155 000 DM in drei Teilzahlun- einigung in Höhe von 500 000 DM. 1979 und 1980 gen vom 5. Juli 1977, 9. März 1979 und 24. April 1980 werden jeweils 60 000 DM für die Hanns-Seidel-Stif- eingeräumt. tung „wg. FJS" verzeichnet. Die Entgegennahme von Bargeld dieser Größenord- Diese Summen sind ihm von Eberhard von Brau- nung per Umschlag durch die Herren Kohl und chitsch persönlich im Briefumschlag übergeben Strauß verstößt gegen die Grundsätze politischer worden. Dr. Kohl hat dazu ausgesagt, daß von Brau- chitsch ihm versichert habe, diese Beträge seien Kultur. aus „versteuertem Einkommen". Parteivorsitzende müssen darauf bedacht sein, daß nicht einmal der Anschein einer „Kumpanei" zwi- Diese Aussage ist unglaubwürdig und als reine schen Geber und Empfänger entstehen kann. Schutzbehauptung zu werten. Aus den von Dr. Kohl und von Brauchitsch geschilderten Umständen der 472 Geldübergabe ist vielmehr zu schließen, daß hier ein stillschweigendes Einverständnis zwischen ihm 6. Förderung von Unionspolitikern und von Brauchitsch darüber bestand, daß eine der- artige Spende nicht auf offiziellem Wege gegeben Die Spendenpraxis des Flick-Konzerns ging stets wurde. Hand in Hand mit direkten personalpolitischen Be- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

ziehungen zu den Unionsparteien und deren Reprä- stand. Dieses Verhalten ist zu mißbilligen und ver- sentanten, die offiziell oder inoffiziell Zuwendungen letzt die Regeln der politischen Kultur. von ihm erhielten.

475 473 6.3 Adolf Kanter 6.1 Dr. Wolfgang Pohle Adolf Kanter wurde 1974 stellvertretender Leiter Ein frühes Beispiel dieser Politik ist der 1971 ver- des Bonner Büros des Flick-Konzerns. Dieses Büro storbene CSU-Bundestagsabgeordnete Dr. Wolf- hatte die Aufgabe, die Interessen des Konzerns ge- gang Pohle. genüber Politikern zu vertreten und Lobbytätigkeit zu betreiben. Seine Bedeutung reduzierte sich aber Er trat 1960 als Generalbevollmächtigter in den zunehmend dadurch, daß Eberhard von Brau- Flick-Konzern ein, nachdem er von 1953 bis 1957 für chitsch selbst sich der Kontakte zu Politikern und die CDU dem Bundestag angehört hatte. 1965 wurde Parteien annahm. er dann von der CSU für den Bundestag aufgestellt und auch in den Bundestag gewählt. Gleichzeitig Dr. Helmut Kohl hat als Zeuge ungefragt erklärt, er wurde er Schatzmeister der CSU. Er war also so- kenne Adolf Kanter aus gemeinsamen Zeiten in der wohl Generalbevollmächtigter des Flick-Konzerns Jungen Union von Rheinland-Pfalz. Später sei er als als auch führendes Mitglied der CSU. Geschäftsführer des Europahauses Marienberg we- gen finanzieller Unregelmäßigkeiten mit dem Ge- setz in Konflikt geraten. Dieses Strafverfahren ist 474 nachträglich Gegenstand eines rheinland-pfälzi- schen parlamentarischen Untersuchungsausschus- 6.2 Dr. Reinhold Kreile ses geworden, der der Frage nachgehen sollte, ob bei seiner Abwicklung vom damaligen Ministerprä- 1965 wurde der den Flick-Konzern anwaltlich bera- sidenten und dem Justizminister, der zugleich CDU tende Münchner Rechtsanwalt Dr. Reinhold Kreile Schatzmeister war, Einfluß genommen wurde. Mitglied des Beirates der Flick-Gruppe. Vier Jahre später wurde er für die CSU Bundestagsabgeordne- Die CDU-Mehrheit hat diesen Untersuchungsauf- ter. Er ist Mitglied des Finanzausschusses. trag nach wenigen Sitzungen für erledigt erklärt, nachdem sie einen Beweisantrag der SPD-Land- Der Flick-Konzern stellte ihm im Bonner Regie- tagsabgeordneten, auch Eberhard von Brauchitsch rungsviertel ein Haus zur Verfügung. Dort fanden zu befragen, abgelehnt hatte. Dabei hatte Eberhard auf seine Einladung hin Besprechungen mit Be- von Brauchitsch, seinerzeit selbst im Kuratorium amten des Wirtschafts- und Finanzministeriums des Europahauses, beim damaligen Ministerpräsi- statt, die über die Anträge des Flick-Konzerns zu denten Dr. Helmut Kohl in Mainz angefragt, ob die entscheiden hatten. Wie im zweiten Abschnitt dar- Landesregierung Adolf Kanter nicht durch Anmie- gestellt, wurde er schon frühzeitig in die Strategie- tung von dessen Haus helfen könne. Die besondere überlegungen zur Wiederanlage eingeschaltet. 1977 Fürsorge Adolf Kanters in seiner Flick-Lobbyisten- wurde Dr. Reinhold Kreile Vorsitzender des Auf- Tätigkeit galt dem CSU-Bundestagsabgeordneten sichtsrats der Friedrich Flick KAaA. Dr. Friedrich Voss, zusammen mit MdB Karl-Heinz Spilker Schatzmeister der CSU. Auf seine Einschal- Die Beschreibung seiner Aktivitäten mit rechtsan- tung im Bescheinigungsverfahren haben die Abge- waltlichen Tätigkeiten ist unvollständig und ver- ordneten der SPD bereits im zweiten Abschnitt hin- harmlosend. gewiesen. Im Bundestag hat er zunächst als Mitglied des Fi- nanzausschusses, ab 1976 dann als Obmann der Ar- beitsgruppe Finanzen der CDU/CSU-Fraktion diese 476 Funktion dazu benutzt, für die Anträge des Flick Konzerns auf die Beamten des Bundesfinanzmini- 7. Der Fall Dr. Rainer Barzel steriums und des Bundeswirtschaftsministeriums Die politische und finanzielle Förderung Dr. Rainer einzuwirken. In vertraulichen, teilweise „persön- Barzels ist ein besonders krasser Fall politischer lich-vertraulichen" Aktenvermerken für die Herren Personalplanung des Flick-Konzerns. An dem Auf- Dr. Flick, von Brauchitsch, Paefgen und Wacker gab stieg Dr. Rainer Barzels zum CDU-Parteivorsitzen- er Informationen weiter und beschrieb seine eige- den als Nachfolger Dr. Kiesingers war das Haus nen Initiativen. Der Flick-Konzern bediente sich Flick ebenso beteiligt wie später an dessen Ablö- seiner Verbindung zur Ministerialbürokratie und sung durch Dr. Kohl, an den Bemühungen Dr. Bar schaltete Dr. Kreile zur Überwindung einer für die zels 1976 um das Amt des Bundestagspräsidenten, Anträge nachteiligen Rechtsauffassung der bayeri- an dessen Vorsitz im Bundestags-Wirtschaftsaus- schen Verwaltung ein. schuß und schließlich vor allem an seiner finanziel- len Ausstattung. Die von Dr. Kreile selbst erstellten Aktenvermerke - und die ihm zugesandten Vermerke aus dem Flick Es trifft zwar zu, daß Dr. Barzel sich nicht für die Konzern lassen keinen Zweifel darüber, daß er sich Anträge des Flick-Konzerns eingesetzt hat, aber der als politischer Vertreter der Konzerninteressen ver Untersuchungsauftrag geht über die Prüfung der Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Einflußnahme des Flick-Konzerns zu seinen Steu- Im Sommer 1974 war Hauptthema der Besprechun- erbefreiungsanträgen hinaus. Es war auch zu unter- gen im „Höseler Kreis" die Rolle der Staatsbürgerli- suchen, ob der Konzern allgemein Einfluß auf poli- chen Vereinigung im Zusammenhang mit Spenden tische Entscheidungen zu nehmen versucht hat. an die CDU. Im November 1974 lud Prof. Dr. Gustav Dies ist hinsichtlich Dr. Barzels geschehen. Stein, damals Hauptgeschäftsführer des BDI und 2. Vorsitzender der Staatsbürgerlichen Vereinigung, Für die Abgeordneten der SPD im 1. Untersu- auch Eberhard von Brauchitsch vom Flick-Konzern chungsausschuß besteht kein Zweifel daran, daß zu einem Gespräch in die Wohnung von Fritz Berg, Dr. Rainer Barzel vom Flick-Konzern über den Um- dem BDI-Vorsitzenden, ein: „Teilnehmer: Dr. Kohl, weg des Frankfurter Rechtsanwaltsbüros Dr. Dr. H. Kiep, H. Carstens." Aus Aktenvermerken ergibt Paul in den Jahren 1973 bis 1980 mindestens sich, daß man sich vorher im „Höseler Kreis" traf. 1 661 100 DM erhielt, wie er selbst hinsichtlich der Summe gegenüber dem Finanzamt deklarierte, Ein Jahr später, im Oktober 1975, berichtete Eber- während der Flick-Konzern 1 750 000 DM an das hard von Brauchitsch in einem Vermerk von dem Rechtsanwaltsbüro zahlte. „dezidierten Wunsch" Konrad Henkels, Der Zeuge Günter Max Paefgen hat dazu ausgesagt, „im November einen Termin des sog. Höseler daß die Frankfurter Anwaltspraxis keinen Bera- Kreises festzulegen, um die Linie der Industrie tungsvertrag vom Flick-Konzern erhalten hätte, mit Rücksicht auf den Herbst 1976 abzustimmen. wenn Dr. Barzel dort nicht als wissenschaftlicher Ich möchte bei dieser Sachlage empfehlen, daß Mitarbeiter beschäftigt gewesen wäre. Der Buch- wir unser Gespräch mit W. L. Kiep erst nach dem halter Diehl hat dementsprechend auch in seinen Höseler Kreis führen." Listen die Zahlung an das Anwaltsbüro mit dem Kürzel „wg. Dr. R. Barzel" notiert. Diese Vermerke machen deutlich, daß im sog. „Hö- seler Kreis" die Spenden an die CDU für die Bun- In einem Vermerk vom 19. November 1976 berich- destagswahl 1976 festgelegt wurden, wobei die Um- tete Eberhard von Brauchitsch an Friedrich Karl wegfinanzierungen über die Staatsbürgerliche Ver- Flick, daß er dem damaligen Vorsitzenden der CDU einigung ein zentraler Punkt waren. Bundestagsfraktion Dr. Helmut Kohl in „konzer- tierter Aktion mit Schleyer" sehr ausführlich darge- Auch bei der finanziellen Ausstattung Dr. Rainer legt habe, Barzels wirkten Flick- und Henkel-Konzern von Anfang an zusammen. Noch in der Endphase war „daß es im Interesse der deutschen Politik — die Eberhard von Brauchitsch bemüht, weitere Unter- Wirtschaft habe nichts damit zu tun — liege, R. B. nehmen in die Finanzierung einzubeziehen, wie anständig zu behandeln, denn er spiele immerhin sein Vermerk vom 22. Januar 1979 zeigt: noch zwischen den Fronten eine nicht zu unter- schätzende Rolle. Das hat Kohl hundertprozentig „Wegen der persönlichen Angelegenheit Barzel eingesehen, und auf diese Erkenntnis ist wohl sollte man eine große Gruppe zusammenfinden. auch zurückzuführen, daß Kohl nunmehr die Of- Was A. S. macht, wissen wir. Oetker sollte Barzel ferte mit dem Wirtschaftsausschuß macht." selbst machen. Mit Konrad Henkel sollten wir reden. Anmerkung: Bei meinem Gespräch mit Hier wird exemplarisch deutlich, in welch starkem Konrad Henkel hat er mir gesagt, daß Barzel bei Maße Eberhard von Brauchitsch auf Personalent- ihm war. Über Einzelheiten konnten wir wegen scheidungen der Union einwirkte. Dr. Rainer Barzel Anwesenheit Dritter nicht reden. Das Thema soll war von 1976 bis 1979 Vorsitzender des Bundestags zurückgestellt werden, bis wir mit Konrad Hen- Wirtschaftsausschusses. kel am 20. Februar zusammen sind."

Spenden an den Wirtschaftsrat der CDU waren ebenfalls Gegenstand von Gesprächen zwischen 477 Konrad Henkel und Eberhard von Brauchitsch. Als Beratungspunkt ist schriftlich festgehalten ein 8. Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen Schreiben zur Förderung der Unionsparteien „Dr. von Bismarck vom 8. November 1979 an HvB Die geschilderte politische Personalpolitik des mit der Bitte, eine konkrete Zusage zu machen Flick-Konzerns, aber auch die finanzielle Unterstüt- (von Herrn Henkel liegt eine solche Zusage über zung der Unionsparteien erfolgten nie isoliert, son- eine sechsstellige Zahl schon schriftlich vor; sein dern immer auch im Zusammenwirken mit anderen Vorschlag wäre eine Zwei am Anfang)." Unternehmen. Namen wie Dr. Henkel, Oetker, Hans Merkle, Axel Die enge Verzahnung zwischen CDU und der im Springer, Quandt, Schickedanz und Eckes tauchen „Höseler Kreis" versammelten Industrie wird auch immer wieder in den dem 1. Untersuchungsaus- deutlich durch einen Vermerk von Brauchitschs für schuß vorliegenden Unterlagen auf. ein Gespräch mit dem Hauptgeschäftsführer des BDI, Dr. Siegfried Mann, am 4. September 1979, in Dreh- und Angelpunkt war der nach dem Wohnsitz dem es heißt: - von Dr. Konrad Henkel benannte „Höseler Kreis", in dem sich diese, auch andere, Industrielle mit Ver- „wegen Liquidation Staatsbürgerliche Vereini- tretern der CDU trafen. gung (Kohl informieren)." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

478 1976 ist eine erste „offizielle Zahlung" von 100 000 DM an die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung 9. Bewertung der Beziehungen zwischen „wg. Genscher" verbucht. 1977 erscheinen in den Flick-Konzern und CDU/CSU Diehlschen Listen 500 000 DM an die Friedrich- Naumann-Stiftung „wg. Genscher". 1978 werden Die dargestellten Tatsachen zeigen ein enges Bezie- ebenfalls „wg. Genscher" 500 000 DM an dieselbe hungsgeflecht zwischen den Unionsparteien und Stiftung gezahlt. dem Flick-Konzern, wie es dichter kaum sein kann. Zwischen den Parteivorsitzenden der Unionspar- teien und Dr. Friedrich Karl Flick bzw. Eberhard 481 von Brauchitsch gab es enge persönliche Kontakte 10.2 Geldwaschanlagen bis hin zur Geldübergabe. Dem Flick-Konzern ver- traglich verbundene Personen wurden gezielt ein- Auch die der FDP gegebenen Spenden des Flick gesetzt, um in der CSU politisch Karriere zu ma- Konzerns sind nicht in den Rechenschaftsberichten chen. Auf Personalentscheidungen der CDU auf dieser Partei verzeichnet. höchster Ebene wurde massiv eingewirkt. Ein füh- render Politiker der Union erhielt über eine Durch- Ebenso wie bei den Unionsparteien erfolgte die fi- laufstelle erhebliche finanzielle Unterstützung. Im nanzielle Unterstützung der FDP weitgehend über Verbund mit anderen Unternehmen wurde den Uni- Umwegfinanzierungen. Wie für CDU/CSU die onsparteien über Spendenwaschanlagen erhebliche Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e. V. Köln/Ko- Mittel zugewandt, vor allem in Wahljahren. blenz tätig war, wurden für Spenden an die FDP, wie aus den Unterlagen ersichtlich ist, viele ver- Die starke finanzielle Förderung der Unionspar- schiedene Tarngesellschaften gegründet, von denen teien durch den Flick-Konzern und andere Indu- hier nur einige genannt werden sollen: strieunternehmen ist exemplarisch deutlich gewor- den. Gesellschaft für Europäische Wirtschaftspolitik, Ge- sellschaft zur Förderung der freien Marktwirtschaft in Europa, Gesellschaft zur Entwicklung unterent- wickelter Märkte, Club für Europäische Wirt- schaftspolitik e. V., usw. 479 In den Diehlschen Listen sind Zahlungen an die 10. Spenden an die FDP Gesellschaft für Europäische Wirtschaftspolitik dann auch „wg. Riemer/-Lambsdorff" in Höhe von Die FDP spielte als Regierungspartei bis 1966 in der je 100 000 DM in den Jahren 1974 und 1975 verzeich- Koalition mit der CDU/CSU und ab 1969 in der sozi- net. alliberalen Koalition auch für den Flick-Konzern eine wichtige Rolle. In den Jahren 1976 bis 1980 sind Spenden an die Gesellschaft zur Förderung der freien Marktwirt- Insbesondere der Tatsache, daß die FDP den Bun- schaft in Europa in Höhe von insgesamt 600 000 DM deswirtschaftsminister stellte, der federführend „wg. Graf Lambsdorff" verbucht. über die Steuerbefreiungsanträge des Konzerns zu entscheiden hatte, kam aus der Sicht Eberhard von Die entsprechenden Gesellschaften sind dann als Brauchitschs und Dr. Flicks erhebliche Bedeutung Spender in den Rechenschaftsberichten der FDP zu. Die persönlichen Verbindungen zwischen Eber- verzeichnet. hard von Brauchitsch und den beiden Wirtschafts- ministern Dr. Hans Friderichs und Dr. Otto Graf Diese Umwegfinanzierungen verstoßen, ebenso wie Lambsdorff waren nicht nur aus diesem Grunde im Falle der Staatsbürgerlichen Vereinigung, gegen wichtig. Auch der damalige FDP-Parteivorsitzende geltende Steuergesetze und das Parteiengesetz. Hans Dietrich Genscher stand in freundschaftli- chen Beziehungen zu Eberhard von Brauchitsch. 482

10.3 Spenden an Dr. Hans Friderichs 480

10.1 Spendenzeiträume Mit Eberhard von Brauchitsch verband Dr. Hans Friderichs ein enges freundschaftliches Verhältnis. In den dem 1. Untersuchungsausschuß vorliegen- Dies wird auch dadurch deutlich, daß nicht nur die den Listen des Flick-Konzerns ist als erste „inoffi- „wg. Friderichs" verzeichneten Beträge in den zielle Zahlung" 1972 ein Betrag von 50 000 DM auf- Diehlschen Listen genannt sind. Hinzu kommen geführt; nach der Aussage Genschers ist die FDP Aufzeichnungen über die von Eberhard von Brau- jedoch schon „so lange er sich erinnern könne" vom chitsch angeordnete Übernahme der Personalko- Flick-Konzern unterstützt worden. sten für eine Sekretärin im FDP-Bezirksverband Eifel-Hunsrück und die Bereitstellung eines PKW 1975 beteiligte sich der Flick-Konzern an einer Um- für den gleichen Bezirk, dessen Vorsitzender Dr. schuldungs- und Unterstützungsaktion der deut- Friderichs zeitweilig war. - schen Wirtschaft zugunsten der FDP mit einem An- teil von 3 Mio. DM. Auf diese Aktion wird noch im In den Diehlschen Listen finden sich in den Jahren einzelnen eingegangen. 1974 bis April 1976 Aufzeichnungen „Ka wg. Fride- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode richs" in Höhe von insgesamt 400 000 DM. Ab Juni zur Bestreitung der Kosten ihrer Wahlkreisar- 1976 heißt es dann „vB wg. Friderichs" mit insge- beit, von Sonderaktionen in ihren Wahlkämpfen, samt vier weiteren Eintragungen in Höhe von ins- von Public Relations-Maßnahmen aller Art u. a. gesamt 240 000 DM. Für die Bestreitung solcher Sonderausgaben wa- ren in den offiziellen Parteikassen der FDP keine Dr. Friderichs hat dazu erklärt, daß er kein Geld Mittel verfügbar. Die Unterstützung und Stär- angefordert habe, kein Geld angenommen habe, kung dieser politischen Richtung erschien jedoch und ihm auch keines angeboten worden sei. dringend geboten zur Eindämmung und Abwehr der marktwirtschaft- und unternehmerfeindli- chen Tendenzen und Zielsetzungen weiter Kreise 483 der SPD und der Gewerkschaften.

10.4 Spenden an Dr. Otto Graf Lambsdorff Aus dieser Interessenlage heraus hatten sich eine Reihe von Wirtschaftsunternehmen — darunter Dr. Otto Graf Lambsdorff hat in den Jahren 1972, eben auch die W (damals noch VG) — im Laufe 1974 bis 1977 persönlich jährlich Barspenden in des Jahres 1975 bereitgefunden, die Mitglieder Höhe von 25 000 DM entweder von Konrad Ka- des rechten Parteiflügels der FDP gezielt zu un- letsch oder — später — von Eberhard von Brau- terstützen. Die VG tat dies im Herbst 1975. Da- chitsch erhalten. Er hat dazu erklärt, davon seien mals hatten Mitglieder des Präsidiums der FDP, jeweils 10 000 DM auf sein Konto eingezahlt wor- unter ihnen Herr Karry als Bundesschatzmeister, den, das er nach den „Richtlinien für die Abgeord- einige führende Vertreter der Wirtschaft zu ei- neten des Deutschen Bundestages" geführt habe, nem Gespräch gebeten. Für die Flick-Gruppe und jeweils 15 000 DM an die Partei weitergeleitet nahmen an diesem Gespräch Herr Kaletsch und worden. mein Mandant teil. In ihm eröffneten die FDP Politiker den Vertretern der Wirtschaft die deso- Insgesamt sind in den Diehlschen Listen „wg. Graf late Finanzlage der Partei. Sie war mit hohen Lambsdorff" 1,01 Mio. DM ausgewiesen. Die Staats- Krediten bei der (gewerkschaftseigenen) Bank anwaltschaft Bonn hat davon 135 000 DM aus den für Gemeinwirtschaft AG verschuldet und hatte Jahren 1977 bis 1980 zum Gegenstand der Anklage erhebliche Mühe, ihre Verpflichtungen zur Bedie- vor dem Landgericht gemacht. nung dieser Kredite ordnungsgemäß zu erfüllen. Unter dem Druck drohender Kreditkündigungen und befürchteter Versagungen von Kreditverlän- 484 gerungen sah das Präsidium der FDP die politi- sche Unabhängigkeit dieser Partei, insbesondere

10.5 DIe 3- Millionen -Zahlung im Verhältnis zu gewissen SPD- und Gewerk- schaftskreisen, als gefährdet an. In dieser von Die außerordentliche finanzielle Abhängigkeit der ihnen geschilderten Situation baten die Mitglie- FDP von Spenden der deutschen Wirtschaft wird der des Parteipräsidiums die Vertreter der Wirt- evident an der sog. Umschuldungs- und Unterstüt- schaft um Hilfe. Diese wurde ihnen in dreifacher zungsaktion der deutschen Wirtschaft Ende 1974/ Form gewährt: Anfang 1975. Der bereits erwähnte Prof. Gustav — Die Dresdner Bank AG unter ihrem damali- Stein, der von 1961 bis 1972 auch Bundestagsabge- gen Vorstandsvorsitzender, Herrn Dr. Ponto, ordneter der CDU gewesen war, ließ damals fol- übernahm es, einen wesentlichen Teil der gende Mitteilung an Eberhard von Brauchitsch Kredite der FDP bei der Bank für Gemein- durchgeben: wirtschaft AG abzulösen und auf sich umzu- „Am Dienstag, 17. Dezember, findet eine Spitzen- schulden. besprechung mit der Gruppe II (Genscher, Fride- — Die Vertreter der Wirtschaft erteilten feste richs, Karry) im Hause Berg um 20 Uhr statt. Es Spendenzusagen in betragsmäßig festgelegter gibt nur eine mündliche Einladung." Höhe für die nächsten Jahre. Herr Kaletsch sagte hierbei Herrn Karry unter vier Augen Damals ging es, wie Eberhard von Brauchitsch in für die Flick-Gruppe eine finanzielle Unter- seiner Schutzschrift mitteilte, darum, dem „rechten stützung der FDP während der nächsten drei Flügel der FDP angehörende Abgeordnete und Jahre mit Zuwendungen in einer Gesamthöhe Wahlkreiskandidaten als zuverlässige Verfechter von 3 000 000 DM zu. der Idee der Freien Marktwirtschaft innerhalb der sozialliberalen Koalition in ihrem politischen Wir- — Die Vertreter der Wirtschaft beschlossen dar- ken finanziell zu unterstützen und auf diese Weise über hinaus eine gezielte Unterstützung des zu stärken." rechten Flügels der FDP, um die Verfechter der marktwirtschaftlichen Idee zu stärken Da hier nach Auffassung der Abgeordneten der und ihnen einen größeren Einfluß bei der poli- SPD im 1. Untersuchungsausschuß die wahren Mo- tischen Willensbildung zu ermöglichen." tive der Spenden an die FDP deutlich werden, wird der folgende Teil der Schutzschrift von Brau- In der Schutzschrift heißt es dann weiter: chitschs in seinem Strafverfahren wörtlich zitiert: - „Herr Kaletsch hat dann, wie er meinem Man „Die Gelder waren bestimmt zur Finanzierung danten (E. v. Brauchitsch) im Oktober 1976 be von politischen Bildungsreisen solcher Politiker, richtete, im Anschluß an das im Herbst 1975 ge- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

führte Gespräch mit Herrn Karry Einzelheiten Es ist nicht meine Absicht, Ihre Entscheidungen der Abwicklung der gezielten Unterstützung des durch diese Information zu beeinflussen. Ich bitte rechten Flügels der FDP erörtert und festgelegt. aber um Aufgeschlossenheit, wenn der Schatz- Hiernach sollte Herr Karry zur Speisung eines meister der FDP den Weg zu Ihnen suchen Sonderfonds Barzahlungen erhalten. Die Mittel wird." dieses Sonderfonds sollte er vorwiegend an jün- gere, weniger bekannte Abgeordnete und Wahl- Wer diesen Brief erhielt und darauf als Geldgeber kreiskandidaten zur Verwendung für den be- reagierte, hat der 1. Untersuchungsausschuß nicht schriebenen Zweck weitergeben. Sowohl Herr feststellen können. Richard Wurbs ist jedenfalls Karry als auch Herr Kaletsch sollten berechtigt später, als eine durch Walter Scheel vermittelte fi- sein, diejenigen FDP-Nachwuchspolitiker auszu- nanzielle Unterstützung durch Alfons Horten be- wählen und zu bestimmen, die von Herrn Karry kannt wurde, als Bundesschatzmeister der FDP zu- Zahlungen aus dem Sonderfonds erhalten soll- rückgetreten. ten."

Mit nicht zu übertreffender Klarheit wird durch 486 diese Schutzschrift das tatsächliche Motiv für die Unterstützungsaktion der deutschen Wirtschaft zu- 11. Bewertung der Beziehungen zwischen gunsten der FDP deutlich: Es ging darum, gegen Flick-Konzern und FDP den damaligen Koalitionspartner SPD Kräfte zu mobilisieren und auf ein Auseinanderbrechen der Die Spenden an Dr. Hans Friderichs und Dr. Otto Koalition hinzuarbeiten. Gezielte Förderung sollten Graf Lambsdorff sollen nach Aussagen aller Betei- Vertreter des „rechten Flügels der FDP" erhalten. ligten an den damaligen Bundesschatzmeister der FDP, Heinz-Herbert Karry, gegangen sein. Dies läßt Besonders erschreckend kommt hinzu, daß dabei sich heute nicht mehr feststellen. der FDP-Schatzmeister Heinz-Herbert Karry damit einverstanden war, daß sein Spendengeber Konrad Jedoch ist die starke finanzielle Abhängigkeit der Kaletsch die zu fördernden Politiker mit auswählen FDP von Spenden der Industrie, auch des Flick und bestimmen sollte. Konzerns, feststellbar. Der Flick-Konzern, vertreten durch Konrad Ka- Führende Politiker der FDP haben engere persönli- letsch, bestimmte also, wer als Abgeordneter oder che Beziehungen zu Flick-Verantwortlichen unter- Wahlkreiskandidat die „richtige" politische Mei- halten. Der Eindruck, daß die Spenden an die FDP nung hatte. auch für die Beziehungen zwischen antragstellen- dem Flick-Konzern und entscheidendem Bundes- wirtschaftsminister förderlich waren, läßt sich nicht 485 verwischen. 10.6 Spendenaktion Ende 1982

Die von den Vertretern der Industrie erhoffte Koali- 487 tion zwischen CDU/CSU und FDP kam erst durch die „Wende" im Oktober 1982 zustande. 12. Spenden an die SPD

Am 5. November 1982 schrieb der Bosch-Vorstands- Spenden an die SPD wurden für den Flick-Konzern vorsitzende Hans Merkle ausweislich der Unterla ersichtlich erst wichtig, als die SPD 1969 die Regie- gen des 1. Untersuchungsausschusses an einen un- rungsverantwortung übernahm. Die, im Vergleich bekannten Empfängerkreis von Industriellen einen zu Unionsparteien und FDP, geringe Gesamt- Brief, der erneut die engen finanziellen Beziehun- summe dokumentiert, daß diese Spenden wohl eher gen zwischen Wirtschaft und FDP offenbart: unwillig gewährt wurden, weil der Flick-Konzern „In dem Gespräch, das wir am Freitag, 29.10. 1982, glaubte, die SPD nicht übergehen zu können. im Hause von Dr. Konrad Henkel in Düsseldorf mit den Bundesministern Genscher und Graf Lambsdorff sowie mit Herrn Wurbs führen konn- 488 ten ..., bildete sich als gemeinsame Auffassung 12.1 Spendenzeiträume heraus, — daß in den nächsten Monaten der Geschäfts- Erstmals wurden 1969 „inoffiziell" für die SPD politik der deutschen Unternehmungen und 60 000 DM verzeichnet. 1970 und 1971 enthalten die ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit beson- Listen einen Betrag von insgesamt 100 000 DM. Im dere Bedeutung zukommt, Jahre 1972 wurden knapp 300 000 DM an die SPD — daß die Erhaltung der FDP-Bundestagsfrak- gespendet. tion für den Fortbestand der parlamentari- 1973 und 1974 verzeichnen die Listen jeweils 190 000 schen Demokratie in der Bundesrepublik DM. 1975 erhöht sich der Betrag auf 700 000 DM. Im Deutschland entscheidend sein kann, Bundestagswahljahr 1976 erscheinen 1,2 Mio. DM.- — daß die Existenz und die Aktivität jeder Par- Danach sind die SPD und ihr nahestehende Organi- tei, also auch der FDP, bestimmte materielle sationen 1977, 1978 und 1979 mit jeweils rund Voraussetzungen hat. 400 000 DM erwähnt. Im Wahljahr 1980 sind schließ- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode lich noch einmal knapp 1 Mio. DM in den Diehl- „wg." eingetragen. Von diesen hat Prof. Dr. Horst schen Listen verzeichnet. Ehmke die Entgegennahme einer Wahlkampf- spende in Höhe von 10 000 DM von dem Leiter des Bonner Büros des Flick-Konzerns gegenüber der Staatsanwaltschaft Bonn bestätigt. Die übrigen auf- 489 geführten Personen haben den Empfang von Spen- 12.2 Spende an die Georg-von-Volimar-Akademie den verneint. Dem SPD-Parteivorsitzenden Willy Brandt ist dies auch vom Flick-Konzern schriftlich Eine Spende des Flick-Tochterunternehmens bestätigt worden. Krauss-Maffei von 25 000 DM an die Georg-von Vollmar-Akademie in München im Jahre 1980, die in den Diehlschen Listen mit dem Zusatz „wg. Dr. H. J. Vogel" versehen war, war für das „Deutsch- land-Magazin" Anlaß zu der Behauptung, es habe sich um eine Wahlkampfspende für den Vorsitzen- 492 den der SPD-Bundestagsfraktion gehandelt. 13. Bewertung der Beziehungen zwischen Auf die Unterlassungsklage der Georg-von-Vollmar- Flick-Konzern und SPD Akademie hin mußte das Deutschland-Magazin, dessen Herausgeber selbst in den Diehlschen Li- Die Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung haben sten unter dem 28. Mai 1976 mit der Eintragung nach Auffassung der Abgeordneten der SPD im „Ka wg. Ziesl CSU 100 000" erscheint, diese Behaup- 1. Untersuchungsausschuß keinen Einfluß auf die tung als unrichtig widerrufen. Haltung sozialdemokratischer Minister und Politi- ker gehabt. Die Spenden sind auch, wie die Staats- Wie von der Staatsanwaltschaft München festge- anwaltschaft festgestellt hat, für satzungsgemäße stellt wurde, ist die Spende an die Georg-von Voll- Zwecke der Stiftung verwandt worden. mar-Akademie satzungsgemäß verwandt worden. Trotzdem ist das Verhalten der Repräsentanten der Friedrich-Ebert-Stiftung zu mißbilligen. Sie hätten auch nur den geringsten Anschein einer, irgendwie 490 gearteten, Nähe zu den Antragsverfahren des Flick Konzerns vermeiden müssen. 12.3 Spenden an die Friedrich-Ebert-Stiftung

Den größten Teil der Summe, die insgesamt als „of- Soweit in den Diehlschen Listen bestimmten Perso- fizielle" und „inoffizielle" Zahlungen zugunsten der nen Beträge zugeschrieben werden, sind sie nach SPD verzeichnet sind, bilden die Spenden an die Auffassung der Abgeordneten der SPD im 1. Unter- Friedrich-Ebert-Stiftung in Höhe von insgesamt suchungsausschuß von Alfred Nau erbeten und ent- 2,76 Mio. DM. gegengenommen worden. Diese Summe wurde (auf mehrere Einzelspenden Diese Spenden wurden nicht in den jährlichen Re- verteilt) in eben den Jahren gezahlt, in denen die chenschaftsberichten der SPD angegeben. Damit Anträge des Flick-Konzerns bearbeitet wurden. ist gegen die Offenlegungspflichten des Parteienge- setzes verstoßen worden. Kein Zweifel besteht für die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungsausschuß darüber, daß mit die- sen Spenden zumindest das „Klima" zugunsten des Das Motiv Alfred Naus, für sozialdemokratische Po- litik wenigstens einen Bruchteil dessen an materiel- Flick-Konzerns beeinflußt werden sollte. Verant- ler Ausstattung zu erhalten, was den konservativen wortliche Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung ha- ben auch Eberhard von Brauchitsch und Günter Parteien von der Wirtschaft gegeben wurde, ist für die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungsaus- Max Paefgen durch ihr Verhalten in der Annahme schuß verständlich; die Annahme der Gelder und bestätigt, daß sie in diesem Sinne bei den zu tref- die Art ihrer Behandlung sind jedoch zu verurtei- fenden Entscheidungen wirken könnten. len. Dazu gehören neben der Entgegennahme von Spen- den die Vermittlung von Kontakten mit den sozial- Zu mißbilligen ist auch das Verhalten des SPD-Mit- demokratischen Finanzministern Dr. Hans Apel gliedes Günter Markscheffel, der gegen Honorar und Hans Matthöfer wie auch die Teilnahme an dem Flick-Konzern Berichte aus Sitzungen der Besprechungen mit diesen und Bundeskanzler Hel- SPD-Bundestagsfraktion lieferte und damit ihm mut Schmidt. entgegengebrachtes Vertrauen mißbrauchte.

Weiter ist zu mißbilligen, daß sich SPD-Mitglieder 491 und Angehörige der SPD-Bundestagsfraktion von Repräsentanten des Flick-Konzerns einladen ließen 12.4 Eintragungen der Diehischen Liste und dabei den Eindruck erweckten, daß sie die Wi-- derstände gegen die Anträge des Konzerns nicht In den Diehlschen Listen sind eine Reihe von so ernst nahmen oder gar zu konterkarieren bereit zialdemokratischen Politikern mit dem Kürzel waren. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

493 umstände und damit die Schäden für die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland nicht auf- gedeckt worden wären. II. Ministerialbürokratie 495 Kein Zweifel besteht für die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungsausschuß daran, daß die Ver- treter des Flick-Konzerns bei nahezu allen Beam- ten, die die Anträge zu bearbeiten hatten, besseren IV. Allgemeine Bewertung Zugang hatten als jeder normale Antragsteller. Die Untersuchung hat folgende Ergebnisse er- Ganz offenbar hat die Tatsache, daß Eberhard von bracht: Brauchitsch enge persönliche Kontakte zu den Bundeswirtschaftsministern Dr. Friderichs und 1. Der Flick-Konzern hat versucht, durch Geldzah- Graf Lambsdorff unterhielt, zu einem Klima in die- lungen in den politischen Raum politische Entschei- sem Ministerium geführt, das den Anträgen sehr dungen zu beeinflussen. förderlich war. Sehr „hilfreich" war sicher in die- 2. Der Flick-Konzern hat dabei bedenkenlos nicht sem Zusammenhang auch Dr. Kreile, der als Ob- nur Geld, sondern auch Menschen für seine Zwecke mann im Finanzausschuß des Bundestages die zu- eingesetzt, Politiker ebenso wie andere, die finan- ständigen Beamten des Bundesfinanzministeriums ziell von ihm abhängig waren. direkt ansprechen konnte. Beamte wie Ministerial- rat Wohlleben, die verwaltungsinterne Vorlagen di- 3. Der Flick-Konzern hat, unter Verstoß gegen gel- rekt dem Antragsteller zuleiten, haben gegen tende Steuergesetze, Spenden an CDU, CSU und Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung versto- FDP über sog. Geldwaschanlagen gegeben. ßen. Beamte, die telefonisch laufend über den jewei- ligen Stand der Antragsbehandlung den Verant- 4. Der Flick-Konzern hat, mit anderen Unterneh- wortlichen des Flick-Konzerns berichteten, haben men zusammen, durch Geldzahlung die Ablösung weit mehr getan, als das Verwaltungsverfahrensge- der sozialliberalen Koalition betrieben. setz erlaubt. Bezeichnend ist, daß im Flick-Konzern Die Parteivorsitzenden von CDU und CSU, Dr. von „unseren Informanten" gesprochen wurde. 5. Helmut Kohl und Franz Josef Strauß, haben durch Dieses Verhalten einzelner Beamter ist zu mißbilli- die Entgegennahme von größeren Summen Bargeld gen. Grundsätze der politischen Kultur gröblich ver- letzt. 6. Die Schatzmeister der CDU, der CSU, der FDP 494 und der SPD haben gegen das Parteiengesetz ver- stoßen, indem sie die Herkunft von Spenden ver- schleierten. III. Zur Kritik an den Anträgen 7. Politiker der CDU, der CSU, der FDP und der Die von verschiedenen SPD-Bundestagsabgeordne- SPD haben die nötige Distanz zum Antragsteller ten, vor allem Dr. Rolf Böhme und Dr. Dieter Spöri, Flick-Konzern nicht gewahrt. von Anfang an gegenüber den Anträgen des Flick 8. Ministerialbeamte haben dem Konzern mehr Konzerns und ihrer Behandlung geäußerten Beden- Entgegenkommen gezeigt, als geboten war. ken stellten keine unzulässige „Politisierung" des Bescheinigungsverfahrens dar. Insgesamt waren 9. Politiker der SPD haben zu Recht die Vorgänge die Diskussionsbeiträge, die Kritik und die steuer- um die Flick-Anträge kritisch begleitet und in die rechtlichen Reformforderungen von Abgeordneten Öffentlichkeit gebracht. des Deutschen Bundestages ein unverzichtbares Element der parlamentarisch notwendigen Kritik- 10. Ohne die Arbeit von Steuerfahndung, Strafver- fähigkeit gegenüber Mängeln einmal beschlossener folgungsbehörden und Presse wären diese Vor- Steuergesetze und ein in der parlamentarischen gänge nicht aufgeklärt worden. Demokratie selbstverständlicher Kontrollvorgang gegenüber den an wichtigen subventionspolitischen Entscheidungen beteiligten Ministerien. Die Abge- 496 ordneten nahmen dabei in effektiver Weise das ih- nen verfassungsrechtlich zustehende Kontrollrecht im Verhältnis zur Exekutive wahr und leisteten da- mit einen entscheidenden Beitrag zur heutigen V. Vorschläge an den Gesetzgeber Transparenz in der Flick-Affäre. 1. Untersuchungsausschußverfahren Mit Genugtuung stellen die Abgeordneten der SPD im 1. Untersuchungsausschuß fest, daß ohne diese Das gesamte Ausmaß des Vorgehens des Flick-Kon-- kritische Begleitung der Vorgänge bis hin zur For- zerns zur Erreichung seiner Ziele mit seinen vielfa- derung nach Einsetzung eines parlamentarischen chen Vernetzungen ist erst durch das parlamentari- Untersuchungsausschusses die gesamten Begleit sche Untersuchungsverfahren aufgedeckt worden. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Es hat die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehör- den Betroffenen auch hier der Weg zum Bundes- den sinnvoll ergänzt. Denn hier ging es nicht um die verfassungsgericht offen. Feststellung vorwerfbarer persönlicher Schuld, son- dern die Aufklärung tatsächlicher Vorgänge zum Zweck politischer Bewertung. Gerade deshalb sind 497 im 1. Untersuchungsausschuß auch alle institutio- nellen Schwächen diesen Instruments parlamenta- 2. Reform des §6b EStG rischer Kontrolle sichtbar geworden. Eine davon ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsge- Aufgrund der steuerrechtlichen Regelungen in § 6 b richts vom 17. Juli 1984, die von der Bundestags- EStG ist es möglich, daß Gewinne aus dem Verkauf fraktion der SPD und ihren Abgeordneten im bestimmter Anlagegüter (vor allem Grund und Bo- 1. Untersuchungsausschuß erstritten werden muß- den, Gebäude, abnutzbare bewegliche Wirtschafts- te, ausgeräumt; es gilt, die darin angelegte grund- güter und Anteile an Kapitalgesellschaften) im Ver- sätzliche Richtung weiterzuentwickeln und zu be- kaufsjahr nicht besteuert werden, soweit sie in be- wahren. stimmte andere Anlagegüter angelegt werden. Durch das Haushaltsstrukturgesetz 1982 ist der Be- Unabhängig davon, ob Einsetzung und Verfahren günstigungsrahmen für die Veräußerung von ab- von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen nutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern und Be- auf Bundesebene in Zukunft zusätzlich durch Ge- teiligungen auf 80 v. H. des Veräußerungsgewinns setz geregelt werden, halten die Abgeordneten der eingeschränkt worden. SPD im 1. Untersuchungsausschuß die Beachtung folgender Prinzipien für erforderlich: Bei der Regelung in § 6 b EStG handelt es sich um ein steuerrechtliches Privileg. Bei den Gewinnein- — Die Formulierung des Untersuchungsauftrages kunftsarten (Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selb- muß allein Sache der Antragsteller sein. Steht ständiger Arbeit und Land- und Forstwirtschaft) hinter ihnen das nach Art. 44 des Grundgesetzes unterliegen grundsätzlich die Gewinne aus der Ver- erforderliche Viertel der Mitglieder des Deut- äußerung von Anlagegegenständen der Einkom- schen Bundestages, kann der Auftrag weder bei men- und Körperschaftsteuer (und ggf. der Gewer- der Einsetzung noch bei der Durchführung besteuer). Der Gewinn aus der Veräußerung von durch eine Mehrheit umformuliert oder umin- Anlagegütern entsteht dadurch, daß der Verkaufs- terpretiert werden. Das Recht der Minderheit erlös den Buchwert übersteigt, mit dem das Wirt- zur Durchführung des von ihr durchgesetzten schaftsgut in der Bilanz ausgewiesen wird. Der Untersuchungsverfahrens wird nur durch das Buchwert liegt häufig unter dem tatsächlichen Wert Mißbrauchs- und Obstruktionsverbot begrenzt. des Wirtschaftsgutes, weil er sich nach den An- Streitigkeiten darüber sind weder im Ausschuß schaffungs- oder Herstellungskosten bemißt und selbst noch im Plenum des Bundestages durch zwischenzeitlich eingetretene Wertsteigerungen eine politische Mehrheit, sondern im Organ- nicht erfaßt. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern streitverfahren vor dem Bundesverfassungsge- können z. B. Sonderabschreibungen zu einem zu richt zu entscheiden. niedrigen Wertansatz in der Bilanz und damit zu „stillen Reserven" führen. Bei einer Veräußerung — Es gibt grundsätzlich keinen Sachbereich, der werden durch die Versteuerung der realisierten stil- nicht Gegenstand eines parlamentarischen Un- len Reserven (des Veräußerungsgewinns) die über tersuchungsverfahrens sein kann. Grenzen erge- den tatsächlichen Wertverzehr hinausgehenden Ab- ben sich allenfalls aus der Zuständigkeitsvertei- schreibungen rückgängig gemacht und Wertsteige- lung des Grundgesetzes zwischen Bund und rungen erfaßt. Die Besteuerung von Gewinnen aus Ländern. der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesell- — Im parlamentarischen Untersuchungsverfahren schaften ist im Rahmen des derzeitigen Körper- sind alle Unterlagen vorzulegen und haben alle schaftsteuersystems unerläßlich, um die Einmalbe- Auskunftspersonen zu erscheinen und auszusa- steuerung des von einer Kapitalgesellschaft erwirt- gen, die für die Erledigung des Untersuchungs- schafteten Gewinns sicherzustellen. Der an sich er- auftrages als erforderlich erachtet werden. Über forderlichen Gewinnbesteuerung kann durch § 6b die Erforderlichkeit entscheidet nicht eine politi- EStG ausgewichen werden, indem die stillen Reser- sche Mehrheit, sondern auch hier das Bundes- ven auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten verfassungsgericht in einem eigenen, gegebe- von Reinvestitionen übertragen werden. nenfalls neu zu schaffenden Eilverfahren.

— Das parlamentarische Untersuchungsverfahren 498 ist wie alle Ausübung staatlicher Gewalt an die Beachtung der Grundrechte gebunden. Die Übertragung von stillen Reserven auf abnutzbare bloße Berufung auf grundrechtlich geschützte Anlagegüter Positionen kann aber die Durchführung eines parlamentarischen Untersuchungsverfahrens Gewinne aus der Veräußerung von Anlagegütern noch nicht verhindern. Es ist allein Sache des können nach der geltenden Regelung ohne Beschei- Untersuchungsausschusses, die notwendige Vor- nigung des Bundeswirtschaftsministeriums auf ab- sorge zu treffen, daß bei der Durchführung sei- nutzbare Anlagegüter übertragen werden. Das im nes Untersuchungsauftrages Grundrechte nicht Mittelpunkt des Untersuchungsauftrages stehende verletzt oder gefährdet werden. Im Zweifel steht Genehmigungsverfahren zur Erlangung der Steuer- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 bescheinigung ist dabei nicht erforderlich. Im Fall Wiederanlage in andere Kapitalbeteiligungen über- der Reinvestition in abnutzbare Anlagegüter ist der tragenen stillen Reserven werden nämlich nicht in- Steuervorteil lediglich eine begrenzte Steuerstun- nerhalb eines bestimmten Zeitraumes abgebaut. dung, d.h. eine zeitliche Verschiebung der Steuer- Sie werden erst bei einer späteren Veräußerung zahlung. Bei einem abnutzbaren Anlagegut ver- oder Liquidation realisiert. braucht sich der anfängliche Steuervorteil, weil durch die Übertragung der stillen Reserven das Ab- Sowohl bei Wiederanlagen im Inland als auch im schreibungsvolumen gemindert wird und sich nur Ausland wurde beim Genehmigungsverfahren be- noch geringere Abschreibungsbeträge steuermin- urteilt, ob die wenig präzise formulierten Kriterien dernd auswirken können. Nach vollständiger Ab- für die Gewährung der Steuervorteile erfüllt waren. schreibung ist auch der Steuervorteil in vollem Um- Beim § 6 b Abs. 1 Nr. 5 EStG war dies die Frage, ob fang ausgeglichen. Ein dauerhafter Vorteil liegt je- der Erwerb der Kapitalbeteiligungen unter Berück- doch auch in diesem Fall in Form der Zinsvorteile sichtigung des Veräußerungsvorgangs „volkswirt- der Steuerstundung vor, die um so größer ausfallen, schaftlich besonders förderungswürdig und geeig- je höher das Realzinsniveau ist. net ist, die Unternehmensstruktur eines Wirt- schaftszweiges zu verbessern" oder einer „breiten Wirtschaftspolitisch gesehen ist dieser Steuerstun- Eigentumsstreuung" zu dienen. dungseffekt des § 6 b EStG sinnvoll, weil durch den positiven Liquiditätseffekt die Finanzierung von Voraussetzung der Anwendung des § 4 AIG war, unternehmensinternen Umstrukturierungsmaß- daß der Erwerb der ausländischen Kapitalanteile nahmen gefördert wird. Damit wird es den Unter- „volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig" nehmen erleichtert, durch Investitionen Arbeits- und geeignet ist, der „internationalen Arbeitstei- plätze zu sichern und bei günstiger Marktlage zu lung" oder einer „verstärkten weltwirtschaftlichen erweitern. Auch raumordnungspolitisch oder um- Verflechtung" zu dienen. Nach der Streichung des weltpolitisch erwünschte Verlagerungen von Be- § 4 AIG durch das Haushaltsstrukturgesetz 1982 triebsstandorten werden durch die Steuerbegünsti- und der gleichzeitigen Änderung des § 6 b unterlie- gung stiller Reserven bei betrieblich genutzten gen seit 1982 Transaktionen von Anteilen an in- und Grundstücken erleichtert. Der § 6 b EStG hat sich in ausländischen Kapitalgesellschaften den gleichen den genannten Fällen grundsätzlich wirtschafts- wirtschaftspolitischen Prüfungskriterien. und strukturpolitisch voll bewährt, wenn es darum ging, Umstrukturierungen im Betriebsvermögen Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, daß Bewer- vorzunehmen, die nicht dazu dienen, „Kasse" zu tungsmaßstab im Bescheinigungsverfahren nicht machen, sondern das bestehende Unternehmen nur das Wohl und Wehe der betroffenen Unterneh- bzw. seine Betriebe flexibel anzupassen und kon- men ist, sondern die positive Wirkung auf die struk- kurrenzfähig zu halten. Vor allem für die mittel- turelle Entwicklung der berührten Wirtschafts- ständische Wirtschaft hat sich der § 6 b insoweit als zweige und auf die Volkswirtschaft insgesamt. Ins- unverzichtbar erwiesen. besondere soll verhindert werden, daß uner- wünschte Konzentrationsbewegungen und eine Verschlechterung des Wettbewerbsgrades in der 499 Wirtschaft durch steuerliche Maßnahmen gefördert werden. Allerdings gibt es für die Beurteilung der Übertragung von stillen Reserven auf Anteile volkswirtschaftlichen und branchenstrukturellen an Kapitalgesellschaften Wirkungen keine konkret definierbaren Einzelkri- Bei den umstrittenen Wiederanlagefällen der Flick terien. Vielmehr muß jeweils der Einzelfall zu der Gruppe im Zusammenhang mit der Veräußerung gegebenen Situation des Wirtschaftszweiges und des Daimler-Aktienpakets ging es jedoch nicht vor- der Gesamtwirtschaft in Beziehung gesetzt wer- wiegend darum, durch Reinvestitionen in vorhande- den. nen Betrieben das Anlagekapital arbeitsplatzsi- chernd oder -erweiternd zu modernisieren. Zwei Der breite subjektive Spielraum bei der Auslegung Drittel — ca. eine Milliarde DM — der Wiederanla- abstrakter Prüfkriterien in Form unbestimmter gen wurden in die Erweiterung des bestehenden Rechtsbegriffe (Gummi-Paragraphen) war unmit- Konzerns durch den Ankauf von Beteiligungen an- telbares oder mittelbares Zielobjekt der Einflußver- derer Konzerne gesteckt. suche des Flick-Konzerns. Dabei ergab sich aus der Tatsache, daß Bundeswirtschaftsministerium, Bun- Diese Fälle wurden nach der Spezialvorschrift des desfinanzministerium, tangierte Länder-Wirt- § 6 b Abs. 1 Nr. 5 EStG oder bei Beteiligungen im schaftsministerien und ggf. weitere Bundesbehör- Ausland über die 1969 geschaffene analoge Spezial- den wie Bundeskartellamt oder Bundesaufsichts- vorschrift des § 4 Auslandsinvestitionsgesetz (AIG) amt für das Versicherungswesen an dem Bescheini- geregelt. Die dabei notwendigen Genehmigungsver- gungsverfahren beteiligt waren, ein breites Spek- fahren_ zur Erlangung der steuerbegünstigenden trum an Ansatzpunkten. Bescheinigungen waren Anlaß und Ziel der Einfluß versuche des Flick-Konzerns auf die Entschei- dungsprozesse der beteiligten Ministerien, Parteien 500 und Fraktionen. Dabei ging es auch deshalb um Reformüberlegungen einen hohen „Einsatz", weil es bei diesen Wiederan- - lagen in neue Konzerne (Grace und Gerling) um Die Reformvorstellungen für den § 6 b EStG müssen eine dauerhafte volle Steuereinsparung und nicht am eigentlichen wirtschaftspolitischen Sinn dieser etwa nur um eine Steuerstundung ging. Die auf die Vorschrift ansetzen. Der ausschlaggebende wirt- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode schaftspolitische Sinn besteht darin, daß der vor- wenn der gesamte Veräußerungserlös und nicht nur handene Produktionsapparat unserer Volkswirt- der Veräußerungsgewinn für die Reinvestition ver- schaft nicht verkrustet, sondern daß Investitionen wendet wird. und Umstrukturierungen vorgenommen werden können, die unter innovatorischen und arbeits- Eine derartige Reform des § 6 b EStG trägt auch marktpolitischen Gesichtspunkten notwendig sind. dem Gesichtspunkt Rechnung, daß die Nichtbe- Realisierte Wertzuwächse sollen dann ohne steuer- steuerung freiwerdender „stiller Reserven" ein Ver- liche Belastung reinvestiert werden können. Dar- stoß gegen die steuerliche Gleichmäßigkeit und Ge- aus ergeben sich die folgenden Empfehlungen an rechtigkeit ist: Während über den § 6 b EStG Steuer- den Gesetzgeber: pflichtige ihr Sachvermögen ohne Inflationsverlu- ste steuerfrei mehren können, also steuerfrei Ge- winne machen, muß das Millionenheer der Lohn- steuerpflichtigen jeden Pfennig versteuern. Wegen 501 dieses Zielkonfliktes mit dem Grundsatz steuerli- cher Gerechtigkeit ist den volkswirtschaftlich posi- 1. Im Verlauf der Arbeiten des Flick-Untersu- tiven Gesichtspunkten nur in begrenztem Rahmen chungsausschusses ist deutlich geworden, daß die Vorrang vor dem Gesichtspunkt der Steuergerech- im Gesetz breit formulierten wirtschaftspolitischen tigkeit einzuräumen. Zielvorstellungen auch mit Hilfe des Bescheini- gungsverfahrens über unbestimmte Rechtsbegriffe Das bedeutet nach den Vorstellungen der Abgeord- nur vage anvisiert werden konnten. Da diese brei- neten der SPD im 1. Untersuchungsausschuß für ten Zielvorstellungen nur abstrakt umschrieben die Neufassung des § 6b Abs. 1 Nr. 5 EStG: werden können, ist auch jeder Versuch, sie im Ge- setz näher zu konkretisieren, von vornherein zum — Wiederanlagen in vorhandene und neue auslän- Scheitern verurteilt. Die Unzulänglichkeiten auf- dische Beteiligungen werden von Gesetzes we- grund der unbestimmten Rechtsbegriffe beim bis- gen von der Anwendung der Bestimmung ausge- herigen Bescheinigungsverfahren zwingen aber nommen. dazu, auch die steuerliche Behandlung der Wieder- — Die Bestimmung kann nur angewendet werden, anlage von Veräußerungsgewinnen in Anteile an wenn die in inländischen Tochtergesellschaften Kapitalgesellschaften auf eine Basis zu stellen, bei vorgenommene Wiederanlage zu Investitionen der die gesetzlichen Voraussetzungen so klar gefaßt in abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des sind, daß ein Ermessens- oder Beurteilungsspiel- Anlagevermögens oder Gebäuden führt. Finanz- raum nicht bleibt. anlagen innerhalb eines Konzerns können da- Das Wesentliche an diesem Reformvorschlag ist: durch von vornherein nicht begünstigt werden. Eine solche Einschränkung des § 6 b Abs. 1 Nr. 5 — Die übertragenen stillen Reserven werden bis EStG macht ein Bescheinigungsverfahren als An- zur Höhe von 80 v. H. begünstigt, wenn der ge- satzpunkt für politische Einflußversuche auf Sub- samte Veräußerungserlös wieder angelegt wird. ventionsentscheidungen überflüssig. Einer Neuauf- lage der Flick-Affäre mit der Vernetzung von öko- — Die Steuerbefreiung entfällt, sofern die von der nomischer Macht und politischem System könnte Tochtergesellschaft angeschafften Wirtschafts- hierdurch von vornherein ein Riegel vorgeschoben güter innerhalb von fünf Jahren veräußert wer- werden. den. — Die Anwendung des sog. „Tauschgutachtens" (BFH, BStBl 1959 III S. 29) als Grundlage für 502 eine Steuerbegünstigung aufgelöster stiller Re- serven bei dem Erwerb von Anteilen an Kapital- 2. Da bei einem reinen Anteilserwerb die Abgren- gesellschaften wird gesetzlich ausgeschlossen. zung zwischen unternehmerischer Direktinvesti- tion und reiner Finanzanlage nicht eindeutig defi- Unter Zugrundelegung dieser Fassung des § 6 b niert werden kann, sollte insoweit von vornherein EStG wäre von vornherein eine Begünstigung der auf eine steuerliche Subventionierung verzichtet Flickschen Grace-Anlagen und der Gerling-Anlage werden. Künftig sollte die Anschaffung von Antei- ausgeschlossen gewesen. len an Kapitalgesellschaften nur noch dann begün- stigt werden, wenn sichergestellt ist, daß der Kapi- 503 talgesellschaft tatsächlich zusätzliche Mittel zuge- führt werden, die für Investitionen verwendet wer- 3. Bisher sind Angaben über nach § 6 b Abs. 1 Nr. 5 den. Voraussetzung wäre demnach z. B. eine An- EStG gewährte Steuervergünstigungen in dem schaffung von Anteilen im Rahmen der Erstaus- durch das StabG vorgeschriebenen Subventionsbe- gabe bzw. im Rahmen von Kapitalerhöhungen richt enthalten. Die dort gemachten Aussagen sind durch Einlagen der Anteilseigner. Ferner sollte ein in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundes- Kapitalabfluß ins Ausland nicht mehr gefördert verfassungsgericht am 15. Mai 1984 selbst von dem werden, da angesichts der bestehenden Arbeits- Berichterstatter des 2. Senats als unzulänglich be- marktsituation Investitionen in den heimischen zeichnet worden. Ein einziges Mal ist auf Anforde- Produktionsapparat sinnvoller wären. Im übrigen rung des Finanzausschusses des Deutschen Bun- sollte die Steuerermäßigung nur noch dann in dem destages ein eigener 6 b-Bericht von der Bundesre- gesetzlich vorgesehenen Höchstmaß eintreten, gierung erstellt worden. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Zur Kontrolle der Anwendung und Wirkung des re- Demokratie von solcher Tragweite, daß die Reform formierten § 6 b EStG sollte deshalb alle fünf Jahre noch in dieser Legislaturperiode durchgesetzt wer- von der Bundesregierung ein regional und bran- den muß. chenmäßig tief gegliederter Bericht dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden. Für die Erstellung ei- nes fundierten Berichts ist es erforderlich, daß die 504 Bundesregierung in die Lage versetzt wird, auch notwendige unternehmensbezogene Angaben zu Anmerkung der Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion machen, die bisher dem Steuergeheimnis unterlie- und der F.D.P.-Fraktion zum Minderheitsvotum gen können. Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und der Die Bundesregierung sollte daher insoweit von der F.D.P.-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß wei- Wahrung des Steuergeheimnisses entbunden wer- sen darauf hin: den (§ 30 Abgabenordnung). Da u. U. der Bericht der Bundesregierung für eine wirksame Kontrolle nicht Die vorstehende Bewertung durch die Ausschuß- ausreicht, sollte dies auch für die Beantwortung von minderheit der SPD-Abgeordneten hat in weiten parlamentarischen Anfragen im Deutschen Bun- Teilen weder etwas mit dem Auftrag des Untersu- destag gelten. Diese Einschränkung des Steuerge- chungsausschusses noch mit dessen Untersuchun- heimnisses ist den Steuerpflichtigen, die die Sub- gen oder gar mit dessen Feststellungen zu tun; dies vention des § 6 b EStG in Anspruch nehmen, auch ist rechtsstaatlich in hohem Maße bedenklich. Dies zuzumuten, wie das Bundesverfassungsgericht in gilt besonders für den Versuch der Minderheit, mit seinem Urteil vom 17. Juli 1984 ausdrücklich betont Ausführungen über die angebliche Verletzung steu- hat. erlicher Vorschriften im Zusammenhang mit Par- teispenden erneut Vorverurteilungen zu verbreiten. Eine derartige Reform-Initiative knüpft an die Hal- Darüber hinaus versucht die Minderheit, durch ein- tung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion seitige und mißverständliche Darstellungen davon bei Schaffung des § 6 b EStG an, diese Steuernorm abzulenken, daß der Flick-Konzern versucht hat, auf fünf Jahre zu befristen, um die dann gewonne- mit Millionenbeträgen auf die damals regierende nen Erfahrungen zu berücksichtigen (vgl. Deut- SPD wegen der in der Regierung Schmidt anhängi- scher Bundestag, 4. Wahlperiode, 140. Sitzung, gen Steuerbescheinigungsverfahren Einfluß zu S. 7045). Die negativen Erfahrungen sind für unsere nehmen. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

505

Anlage 1

Beschlüsse zur Beweisaufnahme und ihrer Vorbereitung

1 Beschluß vom 9. Juni 1983:

In der Sitzung am 16. Juni 1983 soll über das Thema „Untersuchungsausschuß und Steuerge- heimnis" beraten und es sollen Prof. Dr. Rupert Scholz sowie weitere von den Fraktionen noch zu benennende Sachverständige gehört werden.

2 Beschluß vom 16. Juni 1983:

Die Bundesregierung wird gebeten, dem Untersuchungsausschuß bis zum 15. August 1983 einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu den nachstehenden Fragen betreffend die Vor- schriften des § 6 b Einkommensteuergesetz und § 4 Auslandsinvestitionsgesetz vorzulegen: 1. Welches ist das Entscheidungsverfahren, welche Behörden sind beteiligt, welche Behör- den entscheiden, wie ist der innerbehördliche Verfahrensablauf der obersten Bundesbe- hörden (darzustellen unter Berücksichtigung etwaiger die gesetzlichen Vorschriften er- gänzender Verwaltungsanweisungen o. ä. sowie allgemein zu berücksichtigender Recht- sprechung)? 2. Welches sind ihre volkswirtschaftlichen, steuerlichen und haushaltsmäßigen Auswirkun- gen (darzustellen anhand einer allgemeinen Übersicht über die Entscheidungen in der Vergangenheit) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrif- ten? 3. Unter welchen Voraussetzungen sind hierzu ergangene Verwaltungsentscheidungen zu überprüfen und aufzuheben?

3 Beschluß vom 16. Juni 1983:

Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Eulencamp und Oberstaatsanwalt Irsfeld, Staatsanwalt- schaft Bonn, werden informatorisch gehört zu den Fragen — gegen wen und weswegen das Ermittlungsverfahren 50 Js 36/82 der Staatsanwaltschaft Bonn geführt wird, — welchen Stand das Verfahren hat und wann mit dem Abschluß der Ermittlungen gerech- net wird — und wann mit der Übersendung der vom Untersuchungsausschuß angeforderten Akten zu rechnen ist, ohne daß das Ermittlungsverfahren behindert wird.

4 Beschluß vom 16. Juni 1983:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung der staatsan- waltschaftlichen Ermittlungsakten 50 Js 36/82 (Staatsanwaltschaft Bonn) und der einschlä- gigen Vorgänge beim Bundesminister für Wirtschaft und beim Bundesminister der Finan- zen.

5 Beschluß vom 24. Juni 1983:

Zur Beweiserhebungsvorbereitung sollen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten überlassen werden, soweit der Bundesregierung im Widerrufsverfahren des Bundesministe- riums für Wirtschaft Einsicht gewährt wurde.

6 Beschluß vom 28. September 1983: -

Der von der Bundesregierung auf Aufforderung des 1. Untersuchungsausschusses vorge legte Bericht über die Anwendung des § 6 b EStG in der Praxis hat in bezug auf den konkre- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079 ten Untersuchungsauftrag, insbesondere der Ziffern 5 bis 9, eine Reihe neuer Fragen aufge- worfen. Es soll deshalb Beweis erhoben werden über folgende Fragen: 1. Handelt es sich in allen Fällen des § 6 b EStG um eine Steuerstundung oder bewirkt § 6 b Abs. 1 Satz 2 Ziff. 5 EStG faktisch einen Steuerverzicht? Ist in einem der positiv entschie- denen Bescheinigungsverfahren bereits später einmal eine Wiederveräußerung erfolgt und deshalb die Steuerzahlung nachträglich fällig geworden? War das schon bei Flick der Fall? 2. Handelt es sich bei dem Bescheinigungsverfahren des § 6b Abs. 1 Satz 2 Ziff. 5 EStG um ein streng an Rechtskriterien orientiertes und deshalb in seinem Anwendungsbereich wesentlich eingeengtes Verfahren (S. 13) oder gibt es keine abstrakt definierbaren Einzel- kriterien, sondern muß der Einzelfall zu der jeweils gegebenen Situation des Wirtschafts- zweiges und der Gesamtwirtschaft in Beziehung gesetzt werden (S. 15)? In wie vielen Fäl- len wurde wegen dieser Einschätzung die Bescheinigung zur Übertragung stiller Reser- ven verweigert? Wie groß war das Veräußerungsvolumen? Worauf war die Verweigerung gestützt? 3. Ist mit dem strengen Rechtscharakter vereinbar, daß lediglich eine „Plausibilitätsprü- fung" auf Grund und an Hand des Sachvortrages des Antragstellers erfolgt? Ist mit dem bewußt engen Anwendungsbereich und den faktischen Wirkungen vereinbar, daß keine Erfolgskontrolle hinsichtlich des Eintritts der von der bewilligenden Verwaltung an Hand des Vortrags des Antragstellers aufgestellten Prognose vorgenommen wird? Welche Günde können die Verwaltung veranlassen, in eine nachträgliche Überprüfung ihrer Ent- scheidung einzutreten? Ist im Fall Flick eine nachträgliche Überprüfung eingeleitet wor- den? Aus welchen Gründen? 4. Aus welchen Gründen wird zur Absicherung der getroffenen Bewilligungsentscheidung auf das — nicht in § 6 b EStG vorgesehene — Instrument der Nebenbestimmung zurück- gegriffen? Wird dieses Instrument nur beim Erwerb von Kapitalanteilen zur Kapitalerhö- hung eingesetzt? Wird die Einhaltung derartiger Nebenbestimmungen durch die Finanz- verwaltung kontrolliert? In welcher Weise geschieht das? War das auch bei Flick der Fall? 5. Welchen Charakter haben die Vorgespräche vor Antragstellung? An wen wenden sich die potentiellen Antragsteller in der Regel? Mit wem werden diese Gespräche geführt? Spielt bei der Wahl des Ansprechpartners beim BMWi die Höhe der geplanten Reinvestitionen eine Rolle? Werden bei derartigen Vorgesprächen Prognosen über den Ausgang des Antragsverfahrens gegeben? 6. In welchem Fall wurde die Hausleitung des BMWi vom Ergebnis der fachlichen Prüfung unterrichtet und um Billigung gebeten? In welchen Fällen gab es kontroverse Beurteilun- gen der Fachebenen von BMWi und BMF, die eine formelle Ministerentscheidung erfor- derlich machten? Wie wurde in diesen Fällen der Dissens ausgeräumt? 7. In welchen Fällen — Branche und Volumen — ist gegen ablehnende Bescheide Klage erhoben worden? Aus welchen Gründen war in diesen Fällen abgelehnt worden? Wie waren die Klagen begründet? Wie lautete die Begründung in der bereits ergangenen abweisenden Entscheidung des Gerichts 1. Instanz? 8. Ist überhaupt schon einmal von der Möglichkeit des Widerrufs Gebrauch gemacht wor- den? Kommt nach Auffassung der Bundesregierung überhaupt ein Widerruf wegen — nachträglich festgestellter — Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides gemäß § 48 VwVfG in Frage? Oder ist nur der Weg des Widerrufs eines rechtmäßigen Verwaltungsak- tes nach § 49 VwVfG möglich? durch Anhörung bzw. Vernehmung 1. des Leiters des Referates I A 3 (Steuerpolitik) des Bundesministeriums für Wirtschaft MR Dr. Mühl 2. des Leiters des Referates IV B 2 (Bilanzsteuerrecht) des Bundesministeriums der Finan- zen MR Dr. Bordewin als Sachvertändige und Zeugen. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

7 Beschluß vom 26. Oktober 1983:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung der einschlä- gigen Vorgänge beim Bundeskanzleramt.

8 Beschluß vom 26. Oktober 1983:

Die Akten, die beim BMWi sowie BMF aus Anlaß der Überprüfung der damaligen Verwal- tungsentscheidungen über Bescheinigungen nach §§ 6 b EStG und 4 AusInvG für die Firma Flick geführt werden, sollen beigezogen werden.

9 Beschluß vom 26. Oktober 1983:

Vom Bundesministerium der Finanzen werden jene Presseerklärungen und Geschäftsbe- richte angefordert, die ihm von der Fa. Flick aufgrund des Schreibens vom 19.7. 1983 zur Verfügung gestellt wurden.

10 Beschluß vom 9. November 1983:

Es werden sämtliche im BMWi geführten Referatsakten, die im Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag stehen, beigezogen. Neben anderen sollen dem Untersuchungsausschuß die folgenden Akten zur Verfügung gestellt werden: I B 6 — 224701/11 IV A 2 — 766701/11-103 IV A 2 — 766701/11-131 1 C 1 — 761870 (65) ZR — 389/80

11 Beschluß vom 9. November 1983:

Es werden die Teile der Generalakte mit dem Aktenzeichen 761786 beigezogen, die im Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag stehen.

12 Beschluß vom 9. November 1983:

Die in den Ministerbüros des Bundesministers der Finanzen und des Bundesministers für Wirtschaft sowie in den Büros der Staatssekretäre der beiden Häuser im Zusammenhang mit den Anträgen der Fa. Flick nach §§ 6 b EStG und 4 AusInvG geführten Akten werden beigezogen.

13 Beschluß vom 9. November 1983:

Alle Akten des Bundeskartellamtes, die dort aufgrund der Überprüfungen der Anträge der Fa. Flick nach §§ 6b EStG und 4 AusInvG geführt wurden, werden beigezogen.

14 Beschluß vom 9. November 1983:

Die Akten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen, die dort wegen der Über- prüfung von Anträgen der Fa. Flick nach §§ 6 b EStG und 4 AusInvG geführt wurden, werden beigezogen.

15 Beschluß vom 9. November 1983:

Sämtliche Entwürfe des sogenannten 6 b-Berichts 1977 werden beigezogen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

16 Beschluß vom 9. November 1983 (gemäß Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß):

I. Es soll Beweis erhoben werden über die Fragen,

1. ob — und falls ja, in welcher Weise — es der Flick-Konzern unternommen hat, auf Entscheidungen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages, der Regierung, der Verwaltung oder sonstiger Stellen der Bundesrepublik Deutschland Einfluß zu neh- men, insbesondere auf welcher Grundlage der Bundesminister für Wirtschaft die Entscheidungen getroffen hat, die die Voraussetzungen dafür schufen, daß der Fried- rich-Flick-Industrieverwaltung KGaA steuerliche Vorteile für den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen der Firma Daimler-Benz AG im Hinblick auf gesetzlich begünstigte Wiederanlagen zu gewähren und — nach Auftreten von Zweifeln — zu belassen waren, so insbesondere

2. ob Angehörige, Mitarbeiter oder Beauftragte des Flick-Konzerns oder andere Perso- nen es unternommen haben, auf — Mitglieder der Bundesregierung, — leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stel- len, — Mitglieder des Deutschen Bundestages, — Parteien mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, die Anerkennung der bezeichneten steuerlichen Begünstigungen zu erreichen und zu sichern, 2.1. und zwar 2.1.1. sowohl hinsichtlich des Vorgehens der Firma Flick 2.1.2 als auch in Bezug auf die Einflußnahme auf Mitglieder der Bundesregie- rung 2.1.3. als auch in Bezug auf die Einflußnahme auf leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stellen 2.1.4. als auch hinsichtlich der Einflußnahme auf Mitglieder des Deutschen Bun- destages 2.1.5. als auch hinsichtlich der Einflußnahme auf politische Parteien, 2.2. so auch, ob, wann und aus welchem Anlaß Kontakte — Gespräche, Besprechun- gen, Telefongespräche, Briefe — im dienstlichen und außerdienstlichen Bereich zwischen Vertretern der Flick-Gruppe auf der einen Seite und Mitgliedern der Bundesregierung auf der anderen stattgefunden haben, die die Behandlung des Verkaufs des Daimler-Benz-Aktienpaketes sowie die Wiederanlage des dabei erzielten Gewinns durch die Flick-Gruppe zum Gegenstand gehabt haben, 2.3. welchen Verlauf diese Kontakte genommen haben, welche Erklärungen, Absich- ten oder gar Zusicherungen für die Verwendung des Veräußerungsgewinns einerseits und die Behandlung von bestimmten Reinvestitionsvorhaben im Rah- men von Anträgen nach § 6 b EStG/§ 4 AIG andererseits geäußert worden sind:

2.4. unter anderem 2.4.1. ob es bereits vor dem ersten in den Akten vermerkten Gespräch vom 21. August 1975 Besprechungen zwischen Vertretern der Flick-Gruppe und Mitgliedern der Bundesregierung wie insbesondere dem damaligen Bundeskanzler Schmidt sowie den damaligen Bundesministern Dr. Fride- richs und Dr. Apel gegeben hat, zumindest über die Frage, an wen das Daimler-Benz-Aktienpaket in Höhe von 29 % des Grundkapitals veräußert werden soll, 2.4.2. ob dabei oder in anderem Zusammenhang die Deutsche Bank entspre- chend Äußerungen des damaligen Bundeskanzlers Schmidt ermuntert worden ist, das Daimler-Benz-Aktienpaket von der Flick-Gruppe zu er- werben, um zu verhindern, daß es ins Ausland gelangt, Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

2.4.3. ob der damalige Bundeskanzler Schmidt seinerzeit schon oder später die Reinvestition des Veräußerungsgewinns angeraten und deren steuerliche Begünstigung unterstützt hat, 2.4.4. ob die Bundesregierung an die moralische Rückendeckung für die Deut- sche Bank beim Erwerb des Daimler-Benz-Aktienpaketes die Bedingung geknüpft hat, daß die Deutsche Bank die Majorität bei Daimler-Benz nur vorübergehend halten wird, und ob die Bundesregierung darüber hinaus gegenüber der Deutschen Bank oder gegenüber der Flick-Gruppe weitere Bedingungen in diesem Zusammenhang gestellt hat, 2.4.5. aus welchen Gründen der damalige Bundesminister Dr. Friderichs vor der Antragstellung das Gespräch vom 21. August 1975 mit Beauftragten der Flick-Gruppe unter seiner Gesprächsleitung geführt hat und weshalb eine zweite Besprechung am 16. Dezember 1975 vor der Antragstellung bei "dem damaligen Bundesminister Dr. Friderichs mit Vertretern der Flick-Gruppe stattgefunden hat, 2.4.6. ob bei derartigen Gesprächen Erwägungen angestellt worden sind, daß die Flick-Gruppe nicht für den Gesamtbetrag des Veräußerungsgewinns Anträge nach § 6 b EStG/§ 4 AIG stellen wird, 2.4.7. welche rechtliche Verbindlichkeit etwaige Erwägungen über eine Begren- zung der von der Flick-Gruppe beabsichtigten Reinvestition des Veräuße- rungsgewinns aus dem Daimler-Benz-Aktienpaket im Hinblick auf die Rechtsnatur des verwaltungsrechtlichen Anspruchs auf Bescheinigungen gemäß § 6 b/§ 4 AIG gehabt hätten, 2.4.8. ob bei der Bearbeitung einzelner Anträge wie z. B. US-Filter derartige Überlegungen bei der positiven Haltung des Bundesministeriums für Wirtschaft und der negativen Beurteilung des Bundesministeriums der Finanzen eine Rolle gespielt haben, 2.4.9. zu welchem Zeitpunkt, aus welchen Gründen und mit welcher Zielrich- tung das Konzept „Überlegungen zur Begründung eines Antrages gemäß § 6 b EStG wegen einer Kapitalerhöhung bei Dynamit Nobel (DN) .. ", datiert vom 27. März 1975, im Zusammenhang mit der Errichtung eines Chemie-Werkes in Steyerberg dem Bundesministerium für Wirtschaft zur Verfügung gestellt worden ist, 2.4.10. ob bei der Übergabe des Antrags der Flick-Gruppe zu den Antragskom- plexen Feldmühle, Buderus II und Grace II am 24. November 1977 in einem Gespräch mit Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff und Staatsse- kretär Dr. Schlecht wechselseitige Erklärungen insbesondere über den Umfang des zur steuerbegünstigten Wiederanlage vorgesehenen Teils des Veräußerungsgewinns abgegeben worden sind, 2.4.11. aus welchen Gründen das Gespräch vom damaligen Bundesminister Matthöfer am 1. März 1978 mit Vertretern der Flick-Gruppe stattgefunden hat, insbesondere ob Bundesminister Matthöfer dabei oder bei anderer Gelegenheit zugesagt hat, sich bei der Behandlung der Anträge des zwei- ten Antragsblocks am Votum des Bundesministers für Wirtschaft orien- tieren zu wollen, 2.4.12. welches die Gründe für die Bitte der Vertreter der Flick-Gruppe beim Gespräch über das VHDI-Projekt am 17. Februar 1978 auf Arbeitsebene im Bundesministerium für Wirtschaft gewesen sind, zunächst das Bun- desministerium der Finanzen nicht einzuschalten, und aus welchen Grün- den die Vertreter der Flick-Gruppe demgegenüber in dem Gespräch bei dem damaligen Bundesminister Matthöfer am 1. März 1978 das VHDI- Projekt von sich aus angesprochen und erläutert haben, 2.4.13. aus welchen Gründen Staatssekretär Dr. Schlecht das Gespräch am 3. März 1978 mit Vertretern der Flick-Gruppe geführt hat, 2.4.14. welches Ziel das weitere Gespräch mit Bundesminister Matthöfer am 15. August 1978 mit Vertretern der Flick-Gruppe gehabt hat, insbesondere ob in diesem Gespräch eine positive Haltung des Bundesministeriums der Finanzen zu den gestellten Anträgen zugesagt worden ist, Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

2.4.15. welche Gründe es für den Vertreter der Flick-Gruppe gegeben hat, in dem Gespräch mit Staatssekretär Dr. Schlecht im Januar 1980 den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für die Kapitalerhöhung bei PCV nicht anzusprechen, 2.4.16. welche Verhandlungen zwischen Vertretern der Flick-Gruppe und Vertre- tern der Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen, ggf. auch mit den Bundesministern selbst, in der Woche ab dem 1. April 1981 geführt worden sind und welche Themen diese Verhandlungen gehabt haben, 2.4.17. welche Verhandlungen auf Leitungsebene im Bundesministerium für Wirtschaft und im Bundesministerium der Finanzen speziell oder auch über das VHDI-Projekt gemeinsam oder einzeln mit Vertretern der Flick Gruppe stattgefunden haben und ob in diesen Verhandlungen Zusagen irgendwelcher Art (z. B. auch in zeitlicher Hinsicht) und, wenn ja, mit wel- chem Inhalt gemacht worden sind, 2.4.18. welche Gründe dafür bestimmend gewesen sind, daß die Flick-Gruppe unter dem 29. Juni 1981 den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 AIG für den Beteiligungserwerb an der US-Filter Corporation zurückgenommen hat, 2.4.19. ob durch den vorhergegangenen Verkauf der Beteiligung an der US-Filter Corporation der Antrag gemäß § 4 AIG automatisch erledigt gewesen ist oder aber ob nicht doch noch hätte entschieden werden müssen, ob der Erwerb volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig gewesen ist, 2.4.20. welche Gründe dafür maßgebend gewesen sind, daß aufgrund der Kollegi- umsbesprechung vor oder am 26. Juni 1981 der Bundesminister für Wirt- schaft Dr. Graf Lambsdorff sich für eine Ablehnung des Antrages ent- schlossen hat, und ob für diese Entscheidung auch der damals schon bekannt gewesene Verkauf dieser Beteiligung bestimmend gewesen ist, 2.5. ob es mehr als zufällig ist, daß zu dem ersten Antragsblock sämtliche um ihre Stellungnahme gebetenen Landesministerien ihre — positive — Würdigung der Reinvestitionsvorhaben Grace I, Dynamit Nobel — Chemie-Werk Steyerberg — und Buderus I und die negative Haltung zu dem Reinvestitionsprojekt Dynamit Nobel — Erwerb der restlichen Kapitalanteile — gleichermaßen unter dem 30. August 1976 datiert haben,

3. welche mittelbaren oder unmittelbaren Zuwendungen oder Leistungen materieller oder immaterieller Art den zu 2. genannten Personen, Stellen oder Organisationen in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung, den Wiederanla- gen sowie den steuerlichen Vorteilsgewährungen von seiten des Flick-Konzerns angeboten und welche Zuwendungen angenommen worden sind, und zwar 3.1. sowohl hinsichtlich des Vorgehens der Fa. Flick 3.2. als auch in Bezug auf die Einflußnahme auf Mitglieder der Bundesregierung 3.3. als auch in Bezug auf die Einflußnahme auf leitende Beamte oder sonstige Mit- arbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stellen 3.4. als auch hinsichtlich der Einflußnahme auf Mitglieder des Deutschen Bundesta- ges 3.5. als auch hinsichtlich der Einflußnahme auf politische Parteien,

4. inwieweit Zuwendungen oder Leistungen (Frage 3) mit Entscheidungen über die Anerkennung der Begünstigung der Wiederanlage oder anderen Entscheidungen in Verbindung gebracht worden sind,

4.1. sowohl hinsichtlich des Vorgehens der Firma Flick 4.2. als auch in bezug auf die Einflußnahme auf Mitglieder der Bundesregierung - 4.3. als auch in bezug auf die Einflußnahme auf leitende Beamte oder sonstige Mitar- beiter der gesetzlich hierzu berufenen Stellen Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

4.4. als auch hinsichtlich der Einflußnahme auf Mitglieder des Deutschen Bundes- tages 4.5. als auch hinsichtlich der Einflußnahme auf politische Parteien,

5. ob Parteien, Mitglieder des Deutschen Bundestages oder andere Personen es unter- nommen haben, auf Mitglieder der Bundesregierung, Parlamentarische Staatssekre- täre, leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stel- len mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, daß dem Flick-Konzern von ihm beantragte Bescheinigungen (§ 6 b EStG, § 4 AIG) nicht erteilt werden, unter anderem auch, ob, in welchem Umfang und gegebenenfalls welche Dritte, sei es aus Politik, sei es aus Wirtschaft, sei es aus der Verwaltung (insbesondere Fraktionen, Parteien, Gewerk- schaften, Arbeitgeber-, Industrie- und sonstige Verbände) sich für die Entscheidun- gen innerhalb der Bundesregierung interessiert, bestimmte Vorschläge gemacht oder ihrerseits bestimmte Aktionen oder Reaktionen angekündigt oder in sonstiger Weise Einfluß genommen haben und welche Antworten jeweils erteilt worden sind, 5.1. so auch, ob die Bemühungen des damaligen Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Lothar Wrede (Schreiben vom 21. Juni 1978) bei der Entscheidung über den Antrag betreffend Feldmühle berücksichtigt worden sind, oder aber 5.2. ob das persönliche Fernschreiben an Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff vom 15. Juni 1978 mit der Bitte um ein persönliches Gespräch (Absender unbekannt) oder aber das persönliche Schreiben vom 21. Juni 1978 (Absender ebenfalls unbe- kannt) für die von den jeweiligen Hausleitungen abschließend eingenommenen Auffassungen über die Bescheinigung des Antrages betreffend Feldmühle von maßgeblicher oder aber mindestens mitbestimmender Bedeutung gewesen sind, und 5.3. welches Gewicht die von den Belegschaftsvertretern der Firma Feldmühle dem damaligen Staatssekretär Rohwedder gegenüber geäußerte Auffassung über das Investitionsvorhaben gehabt hat,

6. ob und gegebenenfalls welche Absprache es zwischen den Bundesministern für Wirt- schaft und den Bundesministern der Finanzen und gegebenenfalls auch mit anderen Mitgliedern der jeweiligen Bundesregierungen über den Verkauf des Daimler-Benz Aktienpaketes und die Wiederanlage des Veräußerungsgewinns durch die Flick Gruppe gegeben hat und ob dies und mit welchem Ergebnis im Bundeskabinett oder gelegentlich einer Sitzung des Bundeskabinetts im Kreis der Mitglieder der Bundes- regierung beraten oder besprochen worden ist, insbesondere 6.1. ob vor der Ermunterung durch den damaligen Bundeskanzler Schmidt und den damaligen Bundesminister der Finanzen Dr. Apel bei der Einweihung des Elb- tunnels Hamburg am 11./12. Januar 1975 die Transaktion im Bundeskabinett behandelt worden ist, 6.2. aus welchem Anlaß der damalige Bundeskanzler Schmidt jeweils über den Ver- kauf der Daimler-Beteiligung der Flick-Gruppe und über einzelne Antragsver- fahren unterrichtet worden ist, welche Haltung er dazu eingenommen hat, 6.3. auf welche Weise der damalige Bundeskanzler Schmidt im November 1976 (?) über die Reinvestition bei Dynamit Nobel unterrichtet worden ist, welchen Anlaß es für seine Einschaltung gegeben und welchen Einfluß dies auf die weitere Bearbeitung der späteren Anträge der Flick-Gruppe gehabt hat, 6.4. aus welchen Gründen bei der Entscheidung über den Antrag betreffend den Erwerb der restlichen Anteile an Dynamit Nobel von einer förmlichen Beteili- gung des Bundesministeriums der Verteidigung hat abgesehen werden können,

7. welche Tatsachenbehauptungen des Steuerpflichtigen dem Bundesminister für Wirt- schaft im Be- bzw. Einvernehmen mit den gesetzlich hierzu berufenen Stellen Anlaß gegeben haben, die bezeichneten Wiederanlagen als förderungswürdig und geeignet im Sinne der jeweils einschlägigen Vorschriften anzusehen, 7.1. und zwar - 7.1.1. sowohl hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium für Wirtschaft Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

7.1.2. als auch hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium der Finanzen 7.1.3. als auch hinsichtlich des Tatsachenvortrages und der Mitwirkung der Firma Flick in den Bescheinigungsverfahren, 72. so auch, ob und in welchem Umfange die Bundesminister jeweils über den Sach- stand des Verfahrens unterrichtet gewesen sind, aus welchen Gründen die ver- schiedenen Unterrichtungsvorlagen durch die zuständigen Arbeitseinheiten der beiden Bundesministerien gemacht worden sind, ob und gegebenenfalls welche und aus welchen Gründen zusätzliche Informationen von dritter Seite eingeholt worden sind, um über den Sachstand der Verfahren unterrichtet zu sein und die von den Bundesministern geforderte abschließende Entscheidung fällen zu kön- nen, 7.2.1. unter anderem, ob es eine Weisung der damaligen Bundesminister für Wirtschaft und der Finanzen gegeben hat, sie über alle entscheidenden Schritte bei der Bearbeitung der Anträge der Flick-Gruppe zu informieren, und aus welchen Gründen die jeweiligen Informationsvorlagen an die Bun- desminister gefertigt worden sind,

7.3. welche Entscheidungen die Bundesminister in den einzelnen Verfahren selbst getroffen haben, ob und welche Entscheidungen sie, gegebenenfalls aus welchen Gründen, allgemein oder im Einzelfall delegiert oder abweichend vom normalen Geschäftsablauf an sich gezogen haben, so auch, 7.3.1. welches die Gründe dafür gewesen sind, daß innerhalb des Bundesministe- riums der Finanzen die damaligen Parlamentarischen Staatssekretäre Of- fergeld und Dr. Böhme besonders mit der Abwicklung der Anträge der Flick-Gruppe befaßt gewesen sind, 7.3.2. aus welchen Gründen zu dem ersten offiziellen Kontakt zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und dem Bundesministerium der Finan- zen der damalige Parlamentarische Staatssekretär Offergeld für den Bun- desminister der Finanzen das Gespräch mit Staatssekretär Schlecht ge- führt hat und ob und gegebenenfalls auf welche Weise der damalige Bun- desminister Dr. Apel über dieses erste Gespräch unterrichtet worden ist und er das Gesprächsergebnis gebilligt hat, ob und gegebenenfalls warum der damalige Bundesminister Dr. Apel eine im Bundesministerium der Finanzen zu fällende Benehmensentscheidung des ersten Antragsblocks nicht selbst getroffen hat, gegebenenfalls aus welchen Gründen, 7.3.3. welche Anträge aus dem zweiten und dritten Antragsblock der damalige Bundesminister Matthöfer selbst entschieden hat, insbesondere warum die Vorlage der Abteilung IV vom 28. August 1978 mit dem abschließenden Votum zum zweiten Antragsblock nicht vom damaligen Bundesminister Matthöfer selbst abgezeichnet worden ist, 7.3.4. ob es angesichts des allgemein üblichen Entscheidungsverfahrens im Bun- desministerium für Wirtschaft eine Besonderheit gewesen ist, daß die Vor- schläge zur Entscheidung der Anträge der Flick-Gruppe Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff entweder zur Kenntnis, zur Billigung oder zur Ent- scheidung vorgelegt worden sind,

7.4. welche Kriterien der volkswirtschaftlichen Förderungswürdigkeit nach § 6 b EStG/§ 4 AIG bei der jeweiligen Schlußentscheidung oder Billigung eines Ent- scheidungsvorschlages der zuständigen Abteilungen oder Referate für den be- treffenden Entscheidungsträger — Bundesminister, gegebenenfalls auch Staats- sekretär — maßgeblich gewesen sind und wie sie in den anstehenden Einzelfäl- len gehandhabt worden sind, unter anderem 7.4.1. ob die Bundesminister die Verfahren zur Erteilung von Bescheinigungen allgemein nach § 6 b EStG/§ 4 AIG nicht nur zur Wettbewerbskontrolle, sondern auch zur wirtschaftspolitischen Lenkung, insbesondere auch zur Investitionslenkung geeignet verstanden und entsprechend eingesetzt ha- ben, 7.4.2. ob es Parteitagsbeschlüsse der SPD vom November 1977 zu einer Ände- rung des § 6 b EStG bzw. § 4 AIG gegeben hat, und wenn j a, ob diese Beschlüsse oder entsprechende Initiativen auf die Bearbeitung der Flick- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Anträge im Bundesministerium der Finanzen Einfluß gehabt haben, sei es auch nur unter zeitlichen Aspekten, 7.4.3. ob nicht auch der Frage nachgegangen worden ist, welche Auswirkungen die verschiedenen Investitionsprojekte im Inland oder im Ausland für die Sicherung von bestehenden oder die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen gehabt haben, 7.4.4. aus welchen Gründen der Antrag der Flick-Gruppe auf Erteilung der Bescheinigung für den Erwerb der restlichen Anteile an Dynamit Nobel nicht als volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig angesehen und deshalb abgelehnt worden ist, aus welchen Gründen die Flick-Gruppe den Antrag nach dem ablehnenden Bescheid des Bundesministeriums für Wirtschaft nicht im Rechtsmittelweg weiter verfolgt hat, 7.4.5. aus welchen Gründen der Erwerbsvorgang Grace I die Voraussetzungen des § 4 AIG erfüllt hat, insbesondere aus welchen Gründen in dem Ver- merk des Bundesministeriums für Wirtschaft, I A 3, vom 28. Mai 1976 die Beteiligung bei Grace mit nur etwa 12% des Kapitals als „echtes unterneh- merisches Engagement" beurteilt worden ist und welche dieser Gründe für die Entscheidung der Leitung (Staatssekretär Dr. Schlecht) maßgeb- lich gewesen sind, dem Bundesminister der Finanzen ein positives Votum zu übersenden, 7.4.6. aus welchen Gründen die Flick-Gruppe nach der vorläufig positiven Ent- scheidung Ende Mai/Anfang Juni 1976 des Bundesministeriums für Wirt- schaft unter dem 21. Juni 1976 noch Kooperationsvereinbarungen zwi- schen Grace und Dynamit Nobel übersandt hat, 7.4.7. ob der Flick-Gruppe die insbesondere vom Minister für Mittelstand, Wirt- schaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen geäußerte Ermunte- rung mitgeteilt worden ist, ihre Beteiligung an der Firma W. R. Grace auf mindestens insgesamt 25 % aufzustocken, damit die strukturelle Verbesse- rung beschleunigt werden könne, 7.4.8. ob man sich im Bundesministerium der Finanzen bei der Entscheidung über Grace II von der seinerzeit bezüglich Grace I getroffenen Entschei- dung hat leiten lassen, insbesondere welche Rolle bei der Anwendung des § 4 AIG im Bundesministerium der Finanzen die Darstellung von Koope- rationsmöglichkeiten gespielt hat, 7.4.9. welche Bedeutung die Frage gehabt hat, ob es sich bei Grace II um eine Direktinvestition mit unternehmerischem Engagement gehandelt hat, 7.4.10. ob in die Bearbeitung der Anträge zu Buderus I und II das Bundeskartell- amt einbezogen worden ist und, wenn ja, ob das Bundeskartellamt oder das Bundesministerium für Wirtschaft kartellrechtliche mit strukturpoliti- schen Überlegungen sowie mit Aussichten auf die Schaffung von Arbeits- plätzen abgewogen haben, 7.4.11. ob bei der Entscheidung über den Antrag betreffend Buderus II nicht nur eine Verbesserung der Unternehmensstruktur aller betroffenen Wirt- schaftsbereiche angenommen worden ist, sondern auch bestimmend ge- wesen ist, daß mit den Investitionen positive regionalpolitische Impulse erwartet worden sind, die für den mittelhessischen Raum der Gefahr des Verlustes von Wirtschaftskraft und von Arbeitsplätzen vorbeugen wür- den, 7.4.12. ob im Fall der Entscheidung über den Antrag betreffend Feldmühle den Bundesministern für Wirtschaft und der Finanzen die vom Bundeskartell- amt und auch von Referaten der Abteilung I des Bundesministeriums für Wirtschaft erhobenen wettbewerbspolitischen Bedenken bekannt waren und aus welchen Gründen, insbesondere volkswirtschaftlichen Erforder- nissen der Papierindustrie, sie die wettbewerbspolitischen Einwendungen als nicht durchschlagend beurteilt haben, 7.4.13. ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bei der Entscheidung speziell über den Antrag betreffend Feldmühle Überlegungen allgemein wirt- schaftspolitischer Natur maßgeblich gewesen sind, das wirtschaftspoliti- sche Instrument der Bescheinigung nach § 6 b EStG/§ 4 AIG gegenüber Einwendungen aus der SPD zu verteidigen oder ob nicht letztlich die von Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Staatssekretär Dr. Schlecht nicht näher bezeichneten „guten gesamtwirt- schaftlichen Argumente" für die positive Beurteilung des Antrages maß- geblich gewesen sind und um welche gesamtwirtschaftlichen Argumente es sich im einzelnen dabei gehandelt hat, 7.4.14. welches Gewicht bei der abschließenden Beurteilung des Antrages betref- fend Feldmühle die mögliche Folge der Schaffung von Überkapazitäten im Bereich der Papierindustrie gehabt hat und aus welchen Gründen daraus etwa zu ziehende Folgerungen nicht zu einer negativen Beurteilung ge- führt haben, 7.4.15. welche Bedeutung bei der Entscheidung über den Antrag betreffend Feld- mühle arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte gehabt haben, 7.4.16. welche Bedeutung die im Jahr 1979 gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft genannte Zahl von 1 100 bis 1200 Arbeitsplätzen, die durch Investitionen der Flick-Gruppe in den Jahren 1978 und 1979 geschaffen worden sind, für die Entscheidung über die Anträge des dritten Antrags- blocks gehabt haben, 7.4.17. welche Bedeutung für die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Förde- rungswürdigkeit der Anträge betreffend US-Filter und PCV die damaligen Erklärungen, Regierungserklärungen und Programme der Bundesregie- rung zur Energiepolitik, speziell zur Kohleveredelung gehabt haben, 7.4.18. ob und gegebenenfalls welche energiepolitischen Maßnahmen der Länder in die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Förderungswürdigkeit — seien sie positiv oder negativ — eingeflossen sind, 7.4.19. warum der Bundesminister der Finanzen sich trotz der Reihe der positi- ven Bewertungen — energiewirtschaftliche Bedeutung der Kohleverede- lung — der Fachreferate des Bundesministeriums für Wirtschaft über den Antrag US-Filter auf den Standpunkt gestellt hat, dieser Reinvestitions- vorgang passe nicht in die arbeitsmarktpolitische Landschaft, 7.4.20. warum dieser Gesichtspunkt von den um Stellungnahmen gebetenen Mi- nisterien für Wirtschaft der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg nicht aufgegriffen worden ist, welche negativen ar- beitsmarktpolitischen Auswirkungen im einzelnen die Leitung des Bun- desministeriums der Finanzen bezüglich des Engagements der Flick Gruppe bei US-Filter befürchtet hat, 7.4.21. oder ob nicht vielmehr durch die erwartete Kooperation nach den Vorstel- lungen der Flick-Gruppe auch positive arbeitsmarktpolitische Wirkungen insbesondere bei der Flick-Tochter PCV erwartet werden konnten, 7.4.22. wie ganz allgemein im Bundesministerium für Wirtschaft und im Bundes- ministerium der Finanzen die Bearbeitung des Antrages bezüglich VHDI verlaufen ist, insbesondere ob Behauptungen von Vertretern der Flick Gruppe zutreffen, das Bundesministerium für Wirtschaft oder das Bun- desministerium der Finanzen oder das Bundesaufsichtsamt für das Versi- cherungswesen hätten die Flick-Gruppe gedrängt, sich am Gerling-Kon- zern zu dessen Stützung zu engagieren, 7.4.23. welche Überlegungen im Kollegium des Bundesministeriums für Wirt- schaft dafür maßgeblich gewesen sind, daß der Bundesminister für Wirt- schaft trotz der rechtlichen Bedenken des Bundesministers der Finanzen im Fall des Beteiligungserwerbs an VHDI und trotz der allgemeinen — wirtschaftspolitischen und steuerrechtlichen — Vorbehalte des Bundes- ministers der Finanzen im Fall der Kapitalerhöhung bei der PCV die beantragten Bescheinigungen erteilt hat, 7.4.24. aus welchen Gründen das federführende Referat des Bundesministe- riums für Wirtschaft bei der Prüfung des Antrages betreffend US-Filter dafür votiert hat, nicht die volle Summe für den Erwerb von 34,5 % des Kapitals für volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig zu erklären, sondern nur in Höhe von 25 %, - Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

8. wie, von wem und mit welchem Ergebnis der jeweilige Tatsachenvortrag des Steuer pflichtigen vor und nach den Begünstigungsentscheidungen überprüft worden ist, 8.1. und zwar 8.1.1. sowohl hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium für Wirtschaft 8.1.2. als auch hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium der Finanzen 8.1.3. als auch hinsichtlich des Tatsachenvortrages und der Mitwirkung der Firma Flick in den Bescheinigungsverfahren, 8.2. so auch, welche Kontakte schriftlicher, mündlicher oder fernmündlicher Art zwi- schen den damaligen Bundesministern für Wirtschaft und der Finanzen zur Abstimmung und Klärung von Zweifelsfragen oder aber zur Festlegung einer gemeinsamen Linie und mit welchem Ergebnis derartige Kontakte stattgefun- den haben, sei es unmittelbar zwischen den Bundesministern, sei es mittelbar durch Mitarbeiter der jeweiligen Leitungsbereiche, 8.2.1. so z. B., ob es hinsichtlich der Entscheidungen über den ersten Antrags- block zu dem in den Akten angekündigten Anruf von dem damaligen Bun- desminister Dr. Friderichs bei dem damaligen Bundesminister Dr. Apel Anfang August 1976 gekommen ist, 8.2.2. welches Ziel und welchen Inhalt das Telefongespräch zwischen Bundesmi- nister Dr. Graf Lambsdorff und dem damaligen Bundesminister Matthöfer Ende Juli/Anfang August 1978 über das Engagement der Flick-Gruppe bei den Gerling-Versicherungen über die VHDI gehabt hat sowie welchen Inhalt und welches Ziel die Rücksprache von Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff mit dem damaligen Bundesminister Matthöfer vor der Ent- scheidung über den dritten Antragsblock gehabt hat,

8.3. ob die jeweiligen Kontakte der die Anträge der Flick-Gruppe bearbeitenden Beamten mit Geschäftsführern und Direktoren der Flick-Gruppe den jeweiligen Bundesministern für Wirtschaft und der Finanzen generell oder im Einzelfall bekannt gewesen und von ihnen gebilligt worden sind, 8.3.1. ob und gegebenenfalls wer aus den Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen an der Inbetriebsetzung der Kohlegasfabrik auf dem Be- triebsgelände der Gewerkschaft Sophia Jacoba in Hückelhoven am 12. März 1979 teilgenommen hat, 8.3.2. ob die Teilnahme an der Inbetriebsetzung Vertretern aus den beiden genannten Ministerien Erkenntnisse gebracht hat, die die Beurteilung des Antrages betreffend die Projektierung Chemische Verfahrenstechnik, sei es in positiver, sei es in negativer Richtung, beeinflußt haben, 8.4. ob und gegebenenfalls welche Vorgaben, Weisungen oder Bitten von den Bundes- ministern der beiden erwähnten Bundesministerien im Zusammenhang mit den Anträgen der Flick-Gruppe an die Bundesministerien gerichtet und gegebenen- falls auch erfüllt worden sind, so unter anderem, 8.4.1. ob und gegebenenfalls welche Weisungen allgemeinen, verfahrensmäßi- gen, zeitlichen oder sachlichen Inhalts für die Bearbeitung der Anträge in den Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen von den jeweili- gen Bundesministern erteilt worden sind, 8.4.2. ob der damalige Bundesminister Dr. Friderichs ausdrücklich die Weisung erteilt hat, daß die Anträge der Flick-Gruppe entsprechend der Rechtslage und der bisherigen Verwaltungspraxis zu behandeln und zu entscheiden seien, 8.4.3. ob es generell üblich gewesen ist und noch ist, anhand der von Interessen- ten und späteren Antragstellern vorgelegten Arbeitspapiere vorab zu prü- fen, ob ein etwaiger Antrag Erfolg haben wird (so z. B. geschehen bei Buderus II) und aus welchen Gründen dies geschieht, - 8.4.4. ob für die Bearbeitung des Antrages Grace I im Bundesministerium für Wirtschaft und später auch im Bundesministerium der Finanzen von Ein- fluß gewesen ist, daß das Reinvestitionsprojekt bei Grace vor förmlicher Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Antragstellung in dem Schreiben von Herrn von Brauchitsch an den damaligen Bundesminister für Wirtschaft, Dr. Friderichs, vom 23. Septem- ber 1975 und in einem weiteren Schreiben der Flick-Gruppe an den dama- ligen Bundesminister Dr. Friderichs vom 7. Oktober 1975 angekündigt und im Bundesministerium für Wirtschaft in einer Hausbesprechung der be- teiligten Referate im Oktober 1975 vorgeprüft und zum gleichen Zeitpunkt zwischen dem zuständigen Referatsleiter — Ministerialrat Fischer — und Staatssekretär Dr. Schlecht die Frage geklärt worden ist, daß die positive Beurteilung der volkswirtschaftlichen Förderungswürdigkeit unterneh- merischen Kapitalexports auch in der damals herrschenden wirtschafts- politischen Situation beibehalten werde, 8.4.5. ob die Hausbesprechung im Bundesministerium für Wirtschaft betreffend Grace I Mitte Oktober 1975 unter Beteiligung der betroffenen Referate auf Weisung des damaligen Bundesministers für Wirtschaft Dr. Friderichs oder auf Veranlassung des federführenden Referats — Ministerialrat Fi- scher — nach Billigung durch Staatssekretär Dr. Schlecht stattgefunden hat, 8.4.6. ob es generell oder im Fall der gestellten Anträge des Flick-Konzerns Wei- sungen an die Ressorts durch die Hausleitungen gibt oder gegeben hat, den Antragstellern bei der Ausformulierung, der Art der Darstellung des Inhalts der Anträge sowie der Antragsbegründung behilflich zu sein,

8.4.7. aus welchen Gründen der Flick-Gruppe im Verfahren über den Antrag betreffend Buderus I der Hinweis gegeben worden ist, daß die in Rede ste- hende Reinvestition von 50 Mio. DM nicht für bestimmte Anlagen einge- setzt werden sollten, und aus welchen Gründen die Flick-Gruppe insoweit von ihrem ursprünglichen Antrag abgewichen ist, 8.4.8. ob im Zusammenhang mit anderen Investitionsvorhaben der Flick Gruppe von den beteiligten Bundesministerien auf die Art der Investitio- nen, die aus dem Veräußerungsgewinn des Daimler-Benz-Aktienpaketes finanziert werden sollten, Einfluß genommen worden ist, und, wenn ja, aus welchem Grund, 8.4.9. aus welchen Gründen die Zuleitung der Flick-Anträge (u. a. Feldmühle) vom 23. November 1977 im Bundesministerium für Wirtschaft an das dor- tige Referat I A 3 erfolgt ist mit der Bitte um Ministervorlage über Proble- me, Aussichten und Zeitbedarf, 8.4.10. welchen Anlaß es dafür gegeben hat, daß der Referatsleiter Dr. Mühl laut eines Vermerkes von Unterabteilungsleiter Dr. Uelner vom 24. Juli 1980 in einem Telefonat am 22. Juli 1980 erklärt habe, er (Mühl) werde wegen der Entscheidung sehr gedrängt, und, falls dies zutrifft, ob dieses Drängen nur in dem Sinne zu verstehen gewesen ist, daß das seit über 2 Jahren anhän- gige Verfahren nunmehr bald abgeschlossen werden müsse, 8.4.11. ob tatsächlich die Leitung des Bundesministeriums für Wirtschaft inner halb der Bearbeitung des dritten Antragsblocks — speziell im Verfahren wegen PCV — die Arbeitseinheiten gedrängt hat und ob Grund für dieses Drängen nicht nur der Zeitablauf von über einem Jahr seit Antragstellung gewesen ist, 8.4.12. bei welchem Stand des Verfahrens betreffend Grace II innerhalb des Bun- desministeriums der Finanzen sich die Leitung (Minister, Parlamentari- sche Staatssekretäre, Staatssekretäre) in die Bearbeitung eingeschaltet hat und welche Weisungen dabei erteilt worden sind, 8.4.13. auf welche Weise der damalige Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme auf die im Bundesministerium der Finanzen unterschiedlichen Auffassungen zur Beurteilung des VHDI-Antrags eingewirkt hat, 8.4.14. ob der damalige Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme sich mehr- fach, auch während seines Urlaubs, über den Fortgang der Bearbeitung des dritten Antragsblocks hat unterrichten lassen und gegebenenfalls aus - welchen Gründen, 8.4.15. ob und gegebenenfalls welche Gründe es gegeben hat, über den Antrag zu Grace II im Bundesministerium der Finanzen positiv zu entscheiden zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

einem Zeitpunkt, in dem der zuständige Unterabteilungsleiter, dessen Be- denken bekannt waren, in Urlaub gewesen ist, 8.5. wie die Anträge der Flick-Gruppe verfahrensmäßig in den Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen behandelt worden sind, so unter anderem, 8.5.1. welche Abteilungen, Unterabteilungen und Referate an dem Entschei- dungsprozeß in den Bundesministerien für Wirtschaft und Finanzen betei- ligt gewesen sind, 8.5.2. ob und auf welche Weise jeweils eine einheitliche Meinung der Arbeitsein heiten in den Bundesministerien herbeigeführt worden ist, 8.5.3. ob und gegebenenfalls wie etwaigen Bedenken verschiedener Arbeitsein- heiten nachgegangen oder Rechnung getragen worden ist oder aber Beden- ken ausgeräumt worden sind, 8.5.4. in welchen Fällen überhaupt von den beteiligten Arbeitseinheiten in den Bundesministerien den jeweiligen Bundesministern unterschiedliche Ent- scheidungsvorschläge unterbreitet worden sind, welche Meinungen die Ar- beitseinheiten dabei vertreten haben und wie, durch wen und aufgrund welcher Erwägungen die abschließende Entscheidung getroffen worden ist,

9. ob Zweifel an einem Tatsachenvortrag des Steuerpflichtigen aufgetreten sind und ob geprüft wird oder geprüft worden ist, ob eine Entscheidung des Bundesministeriums für Wirtschaft aufzuheben ist, und zwar 9.1. sowohl in bezug auf den Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft 92. als auch in bezug auf den Bereich des Bundesministeriums der Finanzen,

10. ob sich die Prognosen, die nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der Förderungswürdigkeit und Geeignetheit zu stellen gewesen sind, erfüllt haben, und zwar 10.1. sowohl für den Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft 10.2. als auch für den Bereich des Bundesministeriums der Finanzen,

11. welche steuerlichen Vorteile — auf Zeit oder auf Dauer — der Steuerpflichtige durch Entscheidungen des Bundesministeriums für Wirtschaft erzielt hat,

12. ob es in einem Bundesministerium — mit oder ohne Zusammenhang zum Fall Flick — Überlegungen gegeben hat, die gesetzlichen Grundlagen so zu verändern, daß schon für diesen oder zukünftige Fälle gleichartige Wiederanlagen nicht mehr zu steuerlichen Begünstigungen führen,

13. ob und in welcher Weise die Firma Flick Einfluß auf die Herausgabe der vom Aus- schuß in Erfüllung seines Untersuchungsauftrages angeforderten behördeninternen Unterlagen über die dem Flick-Konzern bewilligten Steuervergünstigungen genom- men hat, so unter anderem auch, 13.1. warum und auf welcher Rechtsgrundlage die Firma Flick an der Herausgabe behördeninterner Vorgänge an einen parlamentarischen Untersuchungsaus- schuß beteiligt worden ist, 13.2. ob die Bundesregierung die Reichweite des Steuergeheimnisses, wie sie in den Schriftsätzen des Vertreters der Firma Flick bestimmt worden ist, für richtig hält, 13.3. ob die Bundesregierung nach dem Ersuchen des Untersuchungsausschusses auf Aktenherausgabe bei der Firma Flick darauf hingewirkt hat, gegenüber dem Ausschuß auf die Geltendmachung des Steuergeheimnisses ganz oder teilweise zu verzichten, 13.4. ob die Frage der Aktenherausgabe Gegenstand von Kabinettsberatungen gewe- - sen ist, welche Personen im Bereich der Bundesregierung nach dem Ersuchen des Untersuchungsausschusses auf Aktenherausgabe an dem Entscheidungs- prozeß beteiligt gewesen sind, Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

13.5. welche Regierungsvertreter mit Vertretern der Firma Flick über die Aktenher- ausgabe Gespräche (Telefonate und persönliche Unterredungen) geführt haben, ob die entsprechenden Gespräche sämtlich in Aktenvermerken festgelegt wor- den sind, ob solche Gespräche auch bereits vorsorglich vor Einsetzen des Unter- suchungsausschusses bzw. vor Anforderung der Akten stattgefunden haben, 13.6. aus welchem Grund Namen der Verhandlungs- und Gesprächspartner der Firma Flick in den dem Ausschuß überlassenen Akten gestrichen worden sind, obwohl zunächst die Streichung nicht vorgesehen war,

durch Vernehmung des

- damaligen Bundesministers der Finanzen, Dr. Hans Apel, MdB, zu 1. bis 12.;

- Egon Bahr, MdB, zu 1. bis 4.;

- Referenten im Referat Steuerpolitik des Bundesministeriums für Wirtschaft, Dr. Hol- ger Berndt, zu 7. bis 8.;

- damaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU im Landtag Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Kurt H. Biedenkopf, zu 1. bis 4.;

- Leiters der Steuerabteilung der Firma Flick, Dr. Heribert Blaschke, zu 1. bis 4., 7., 8., 11.;

- damaligen Parlamentarischen Staatssekretärs, Dr. Rolf Böhme, zu 1. bis 12.;

- Leiters des Referats Bilanzsteuerrecht im Bundesministerium der Finanzen, Ministe- rialrat Dr. Arno Bordewin, zu 1. bis 4., 7. bis 11.;

- Willy Brandt, MdB, zu 1. bis 4.;

- damaligen persönlich haftenden Gesellschafters der Firma Flick, Eberhard von . Brauchitsch, zu 1. bis 12.;

- damaligen Leiters der Buchhaltung der Firma Flick, Rudolf Diehl, zu 1. bis 4.;

- Dr. , MdB, zu 1. bis 4.;

- Ministers für Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg, Dr. Rudolf Eberle, zu 1. bis 12.;

- Prof. Dr. Horst Ehmke, MdB, zu 1. bis 4.;

- Leiters des Referats Versicherungswirtschaft im Bundesministerium der Finanzen, Ministerialrat Dr. Ernst-Wilhelm Eickhoff, zu 7. bis 9.;

- , MdB, zu 1. bis 4.;

- damaligen Leiters des Referats Steuerpolitik im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialdirigent Hans August Fischer, zu 1. bis 4., 7. bis 10.; Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

- Inhabers der Firma Flick, Dr. Friedrich Karl Flick, zu 1. bis 12.;

- damaligen Bundesministers für Wirtschaft, Dr. Hans Friderichs, zu 1. bis 12.;

- Leiters der Zentralabteilung im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialdirek- tor Ulrich Geisendörfer, zu 13.;

- Hans-Dietrich Genscher, MdB, zu 1. bis 4.;

- Leiters des Rechtsreferats im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialrat Dr. Karl-Joseph Goerdel, zu 7., 8., 13.;

- damaligen persönlich haftenden Gesellschafters der Firma Flick, Dr. Klaus Götte, zu 1. bis 4., 7., 8.;

- Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft, Martin Grüner, MdB, zu 1. bis 4.;

- Prof. Dr. Friedrich Halstenberg, zu 1. bis 4.;

- Leiters des Ministerbüros im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialrat Dr. Thomas Hertz, zu 1. bis 4.;

- damaligen Mitarbeiters im Bonner Büro der Firma Flick, Adolf Kanter, zu 1. bis 4.;

- damaligen Unterabteilungsleiters im Bundesministerium für Wirtschaft und späteren Präsidenten des Bundeskartellamtes, Wolfgang Kartte, zu 1. bis 4.;

- Walther Leisler Kiep, zu 1. bis 4.;

- damaligen Leiters der Steuerabteilung im Bundesministerium der Finanzen, Ministe- rialdirektor a. D. Dr. Karl Koch, zu 1. bis 4., 7. bis 10.;

- Dr. Helmut Kohl, MdB, zu 1. bis 4.;

- damaligen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Manfred Lahn- stein, zu 1. bis 12.;

- Bundesministers für Wirtschaft, Dr. Otto Graf Lambsdorff, zu 1. bis 12.;

- damaligen Bundesministers der Finanzen, Hans Matthöfer, MdB, zu 1. bis 12.;

- damaligen Leiters der Abteilung gewerbliche Wirtschaft im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialdirektor Dr. Bernhard Molitor, zu 1. bis 4., 7. bis 10.;

- Leiters des Referats Steuerpolitik im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerial- rat Dr. Wolfgang Mühl, zu 1. bis 4., 7. bis 12.; Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

- Leiters des Referats Abgabenordnung im Bundesministerium der Finanzen, Ministe- rialrat Harro Muuss, zu 7. bis 8., 13.;

- damaligen Geschäftsführers der Firma PCV, Manfred Nemitz, zu 1. bis 12.;

– Leiters des Referats Grundsatzfragen der Strukturpolitik im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministerialrat Dr. Karl-Dietrich Nehring, zu 7. bis 8.;

- Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Günter Obert, zu 1. bis 13.;

- damaligen Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Rainer Offergeld, zu 1. bis 12.;

- damaligen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Karl Otto Pöhl, zu 1. bis 4., 7., 8.;

- Konrad Porzner, MdB, zu 1. bis 4.;

- damaligen Wirtschaftsministers des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Horst-Ludwig Riemer, zu 1. bis 12.;

- damaligen Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft, Dr. Karsten Detlev Rohwedder, zu 1. bis 12.;

- Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft, Dr. Otto Schlecht, zu 1. bis 13.;

- damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, MdB, zu 1. bis 12.;

- damaligen Leiters des Bonner Büros der Firma Flick, Dr. Walter Schmitz, zu 1. bis 4.;

- damaligen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Horst Schul mann, zu 1. bis 4., 7. bis 8.;

- damaligen Leiters des Referats Bilanzsteuerrecht im Bundesministerium der Finan- zen, Dr. Günter Söffing, zu 1. bis 4., 7. bis 10.;

- Bundesministers der Finanzen, Dr. , MdB, zu 12.;

- damaligen Mitglieds des Deutschen Bundestages Franz Josef Strauß, zu 1. bis 4.;

- damaligen Leiters der Abteilung Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirt schaft, Staatssekretär Dr. Hans Tietmeyer, zu 1. bis 4., 7. bis 10., 12.;

- damaligen Unterabteilungsleiters und jetzigen Leiters der Steuerabteilung im Bun- desministerium der Finanzen, Ministerialdirektor Dr. Adalbert Uelner, zu 1. bis 4., 7. bis 10., 13.; - – damaligen Direktors der Fa. Flick, Fritz Wacker, zu 1. bis 4., 7., 8., 11.; Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

— Leiters des Referats Industriestruktur im Bundesministerium für Wirtschaft, Mini- sterialrat Dr. Robert Wandel, zu 7. bis 8.;

— Hans-Jürgen Wischnewski, MdB, zu 1. bis 4.;

— damaligen Leiters des Ministerbüros im Bundesministerium für Wirtschaft, Ministe- rialdirigent Klaus Wohlleben, zu 1. bis 4.;

— Leiters des Referats Wettbewerbspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft, Mini- sterialrat Dieter Wolf, zu 7. bis 9.

als Zeugen.

II. Die Ergänzung des Beweisbeschlusses bleibt vorbehalten.

III. Termin für die Vernehmung der Zeugen wird gesondert bestimmt.

17 Beschluß vom 9. November 1983 (gemäß Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß):

Es soll Beweis erhoben werden

I. zu den Ziffern 1, 2 und 3 des ursprünglichen Untersuchungsauftrages sowie zu der Ergänzung in BT-Drs. 10/521

— Haben Angehörige, Mitarbeiter oder Beauftragte des Flick-Konzerns oder andere Personen es unternommen, auf — Mitglieder der Bundesregierung, — leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich dazu berufenen Stel- len, — Mitglieder des Deutschen Bundestages, — Parteien

mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, die Anerkennung der bezeichneten steuerlichen Begünstigungen zu erreichen und zu sichern?

— Welche mittelbaren oder unmittelbaren Zuwendungen oder Leistungen materieller oder immaterieller Art wurden den zu 1 genannten Personen, Stellen oder Organisa- tionen in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung, den Wie- deranlagen sowie den steuerlichen Vorteilsgewährungen von seiten des Flick-Kon zerns angeboten und welche Zuwendungen wurden angenommen?

— Inwieweit wurden Zuwendungen oder Leistungen (Frage 2) mit Entscheidungen über die Anerkennung der Begünstigung der Wiederanlagen oder anderen Entschei- dungen in Verbindung gebracht?

— Haben Parteien, Mitglieder des Deutschen Bundestages oder andere Personen es unternommen, auf Mitglieder der Bundesregierung, Parlamentarische Staatssekre- - täre, leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stellen mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, daß dem Flick-Konzern die von ihm bean- tragten Bescheinigungen (§ 6 b EStG, § 4 AIG) nicht erteilt werden? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

1. hinsichtlich des Vorgehens der Fa. Flick durch Vernehmung a) des Eigentümers Dr. Friedrich Karl Flick; b) des früheren geschäftsführenden Gesellschafters Eberhard von Brauchitsch; c) des früheren Geschäftsführers Manfred Nemitz; d) des früheren Gesellschafters Klaus Götte; e) des früheren Buchhalters Rudolf Diehl; f) des Leiters der Steuerabteilung Dr. Heribert Blaschke; g) des Direktors Fritz Wacker; h) des Mitarbeiters im Bonner Büro Dr. Schmitz; i) des Mitarbeiters im Bonner Büro Adolf Kanter; 2. in bezug auf die Einflußnahme auf Mitglieder der Bundesregierung durch Verneh- mung a) des früheren Bundesministers für Wirtschaft Dr. Hans Friderichs; b) des Bundesministers für Wirtschaft Dr. Otto Graf Lambsdorff; c) des früheren Bundesministers der Finanzen Hans Matthöfer; d) des früheren Bundesministers der Finanzen Manfred Lahnstein; 3. in bezug auf die Einflußnahme auf leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stellen durch Vernehmung von a) Staatssekretär Dr. Otto Schlecht; b) Staatssekretär Dr. Hans Tietmeyer; c) Ministerialdirektor a. D. Dr. Karl Koch; d) Ministerialdirektor Dr. Molitor; e) Ministerialdirektor Dr. Adalbert Uelner; f) Ministerialdirigent Hans August Fischer; g) Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl; h) Richter am Bundesfinanzhof Dr. Günter Söffing; i) Ministerialrat Dr. Bordewin; 4. hinsichtlich der Einflußnahme auf Mitglieder des Deutschen Bundestages durch Vernehmung von a) Dr. Alfred Dregger; b) Josef Ertl; c) Hans-Jürgen Wischnewski; d) Konrad Porzner; e) Prof. Dr. Horst Ehmke; f) Egon Bahr; 5. hinsichtlich der Einflußnahme auf politische Parteien durch Vernehmung von a) Dr. Helmut Kohl; b) Prof. Dr. ; c) Walther Leisler Kiep; d) Hans-Dietrich Genscher; e) Franz Josef Strauß; Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

f) Willy Brandt; g) Prof. Dr. Friedrich Halstenberg;

zu Ziffern 5 und 6 des Untersuchungsauftrages — Welche Tatsachenbehauptungen des Steuerpflichtigen haben den Bundeswirt- schaftsminister in Be- bzw. Einvernehmen mit den gesetzlich hierzu berufenen Stel- len veranlaßt, die bezeichneten Wiederanlagen als förderungswürdig und geeignet im Sinne der jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorschriften anzusehen?

— Wie, von wem und mit welchem Ergebnis wurde der jeweilige Tatsachenvortrag des Steuerpflichtigen vor und nach den Begünstigungsentscheidungen geprüft? 1. hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium für Wirtschaft durch Vernehmung a) des Staatssekretärs Dr. Otto Schlecht; b) des früheren Leiters der Abteilung I (Wirtschaftspolitik) Staatssekretär Dr. Hans Tietmeyer; c) des früheren Leiters des Referats I A 3 (Steuerpolitik) MinDirig Hans August Fischer; d) des früheren Leiters der Abteilung IV (gewerbliche Wirtschaft) und jetzigen Lei- ters der Abteilung I Ministerialdirektor Dr. Molitor; e) des Leiters des Referats I A 3 (Steuerpolitik) Ministerialrat Dr. Wolfgang Mühl; f) des Referenten im Referat I A 3 RD Dr. Berndt; g) des Referatsleiters des Referats W A 2 (Industriestruktur) MR Dr. Wandel; 2. hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium der Finanzen durch Vernehmung a) des früheren Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Rolf Böhme; b) des Staatssekretärs Dr. Günter Obert; c) des früheren Leiters der Abteilung IV (Steuern) Ministerialdirektor a. D. Dr. Karl Koch; d) des früheren Leiters der Unterabteilung IV B und jetzigen Leiters der Abteilung IV Ministerialdirektor Dr. Adalbert Uelner; e) des früheren Leiters des Referates IV B 2 (Bilanzsteuerrecht) Richter am Bundesfinanzhof Dr. Söffing; f) des jetzigen Leiters der Referats IV B 2 Ministerialrat Dr. Bordewin;

III. Zu Ziffer 7 des Untersuchungsauftrages — Sind Zweifel an einem Tatsachenvortrag des Steuerpflichtigen aufgetreten, und wurde bzw. wird geprüft, ob eine Entscheidung des Bundesministeriums für Wirt- schaft aufzuheben ist? 1. in bezug auf den Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft durch Verneh- mung a) des Leiters der Abteilung I (Wirtschaftspolitik) Ministerialdirektor Dr. Molitor; b) des Leiters des Referats I A 3 (Steuerpolitik) Ministerialrat Dr. Mühl; Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

c) des Leiters des Referats I B 6 (Wettbewerbspolitik) Ministerialrat Wolf;

2. in bezug auf den Bereich des Bundesministeriums der Finanzen durch Verneh- mung a) des Leiters der Abteilung IV (Steuern) Ministerialdirektor Dr. Adalbert Uelner; b) des Leiters des Referats IV B 2 (Bilanzsteuerrecht) Ministerialrat Dr. Bordewin; c) des Leiters des Referats VII B 4 (Versicherungswirtschaft) Ministerialrat Dr. Eickhoff;

IV. zu Ziffer 8 des Untersuchungsauftrages — Haben sich die Prognosen, die nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen Vor- schriften hinsichtlich der Förderungswürdigkeit und Geeignetheit zu stellen waren, erfüllt?

1. für den Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft durch Vernehmung des Lei- ters der Abteilung I (Wirtschaftspolitik) Ministerialdirektor Dr. Molitor; 2. für den Bereich des Bundesministeriums der Finanzen durch Vernehmung des Lei- ters der Abteilung IV (Steuern) Ministerialdirektor Dr. Adalbert Uelner;

V. zu Ziffer 9 des Untersuchungsauftrages — Welche steuerlichen Vorteile — auf Zeit oder auf Dauer — hat der Steuerpflichtige durch die Entscheidungen des Bundesministeriums für Wirtschaft erzielt?

durch Vernehmung des Leiters des Referats IV B 2 des Bundesministeriums der Finan- zen Ministerialrat Dr. Bordewin;

VI. zu Ziffer 10 des Untersuchungsauftrages

— Ist eine Entscheidung des Bundesministeriums für Wirtschaft aufzuheben — und falls ja — sind Maßnahmen gegen die Steuerpflichtigen zu ergreifen?

durch Vernehmung des Bundesministers für Wirtschaft Dr. Otto Graf Lambsdorff;

VII. zu der Ergänzung des Untersuchungsauftrags in BT-Drs. 10/520 — Hat die Fa. Flick — und wenn ja, in welcher Weise — Einfluß auf die Herausgabe der vom Ausschuß in Erfüllung seines Untersuchungsauftrags angeforderten behör- deninternen Unterlagen über die dem Flick-Konzern bewilligten Steuervergünsti- gungen genommen?

unter anderem in bezug auf folgende Fragen:

— Warum und auf welcher Rechtsgrundlage wurde die Fa. Flick an der Herausgabe behördeninterner Vorgänge an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß beteiligt?

— Hält die Bundesregierung die Reichweite des Steuergeheimnisses, wie sie in den Schriftsätzen des Vertreters der Fa. Flick bestimmt ist, für richtig? — Hat die Bundesregierung nach dem Ersuchen des Untersuchungsausschusses auf Aktenherausgabe bei der Fa. Flick darauf hingewirkt, gegenüber dem Ausschuß auf die Geltendmachung des Steuergeheimnisses ganz oder teilweise zu verzichten? Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

— War die Frage der Aktenherausgabe Gegenstand von Kabinettsberatungen? Welche Personen im Bereich der Bundesregierung waren nach dem Ersuchen des Untersu- chungsausschusses auf Aktenherausgabe an dem Entscheidungsprozeß beteiligt?

— Zwischen welchen Personen gab es über den Schriftverkehr mit der Fa. Flick KGaA in dieser Sache Telefon- oder sonstigen Kontakt? Von wem ging die Initiative zu diesen Kontakten aus? Welche Zusagen wurden dabei gemacht?

— Warum wurden Namen der Verhandlungs- und Gesprächspartner der Fa. Flick in den dem Ausschuß überlassenen Akten gestrichen, obwohl zunächst die Streichung nicht vorgesehen war?

durch Vernehmung a) des Ministerialsrats Dr. Karl-Joseph Goerdel, Bundesministerium für Wirtschaft; b) des Ministerialdirektors Ulrich Geisendörfer, Bundesministerium für Wirtschaft; c) des Staatssekretärs Dr. Otto Schlecht, Bundesministerium für Wirtschaft; d) des Ministerialrats Harro Muuss, Bundesministerium der Finanzen; e) des Ministerialdirektors Dr. Adalbert Uelner, Bundesministerium der Finanzen; f) des Staatssekretärs Dr. Günter Obert, Bundesministerium der Finanzen.

18 Beschluß vom 9. November 1983 (gemäß Antrag des Mitglieds der Fraktion DIE GRÜNEN im 1. Untersuchungsausschuß):

Wir beantragen A. Zu Ziffern 1, 2, und 3 des Untersuchungsauftrages — Haben Angehörige, Mitarbeiter oder Beauftragte des Flick-Konzerns oder andere Per- sonen es unternommen, auf — Mitglieder der Bundesregierung, — leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stel- len, — Mitglieder des Deutschen Bundestages, — Parteien mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, die Anerkennung der bezeichneten steuerlichen Begünstigungen zu erreichen und zu sichern? — Welche mittelbaren oder unmittelbaren Zuwendungen oder Leistungen materieller oder immaterieller Art wurden den o. g. Personen, Stellen oder Organisationen in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung, den Wiederanlagen sowie den steuerlichen Vorteilsgewährungen von seiten des Flick-Konzerns angebo- ten und welche Zuwendungen wurden angenommen? — Inwieweit wurden Zuwendungen oder Leistungen mit Entscheidungen über die Aner- kennung der Begünstigung der Wiederanlagen oder anderen Entscheidungen in Ver- bindung gebracht? I. hinsichtlich des Vorgehens der Firma Flick folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Heribert Blaschke, 2. Eberhard von Brauchitsch, 3. Rudolf Diehl, 4. Dr. Friedrich Karl Flick, 5. Klaus Götte, 6. Adolf Kanter, 7. Dr. Reinhold Kreile, 8. Dr. Schmitz, 9. Prof. Dr. Vogel, 10. Fritz Wacker, Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

II. hinsichtlich der Einflußnahme auf Mitglieder der Bundesregierung und auf leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich dazu berufenen Stellen folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Helmut Schmidt, 2. Dr. Hans Friderichs, 3. Dr. Hans Apel, 4. Dr. Otto Graf Lambsdorff, 5. Hans Matthöfer, 6. Dr. Pöhl, 7. Rainer Offergeld, 8. Dr. Rolf Böhme, 9. Manfred Lahnstein, 10. Dr. Günter Obert, 11. Dr. Horst Schulmann, 12. Martin Grüner, 13. Carsten Rohwedder, 14. Dr. Otto Schlecht, 15. Dr. Karl Koch, 16. Dr. Adalbert Uelner, 17. Dr. Günter Söffing, 18. Dr. Arno Bordewin, 19. Dr. Hans Tietmeyer, 20. Dr. Bernhard Molitor, 21. Wolfgang Kartte, 22. Hans Fischer, 23. Dr. Wolfgang Mühl, 24. Klaus Wohlleben, 25. Thomas Hertz,

III. hinsichtlich der Einflußnahme auf Mitglieder des Deutschen Bundestages und/oder auf politische Parteien folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Raimund Bach, 2. Egon Bahr, 3. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, 4. Willy Brandt, 5. Dr. Hans Buwert, 6. Dieter Cronenberg, 7. Dr. Alfred Dregger, 8. Rudolf Eberle, 9. Prof. Dr. Horst Ehmke, 10. Josef Ertl, 11. Fritz Fliszar, 12. Liselotte Funcke, 13. Hans Gattermann, 14. Hans-Dietrich Genscher, 15. Prof. Dr. Halstenberg, 16. Jaumann, 17. Walther Leisler Kiep, 18. Dr. Helmut Kohl, 19. Günter Markscheffel, 20. Wolfgang Mischnick, 21. Jürgen Möllemann, 22. Dr. Friedrich K. Patterson, 23. Konrad Porzner, 24. Dr. Horst Riemer, 25. Karl-Heinz Spilker, 26. Dr. Franz-Josef Strauß, 27. Dr. Friedrich Voss, 28. Hans-Jürgen Wischnewski. B. Zu Ziffern 5 und 6 des Untersuchungsauftrages - Welche Tatsachenbehauptungen des Steuerpflichtigen haben den Bundesminister für Wirtschaft in Be- bzw. Einvernehmen mit den gesetzlich hierzu berufenen Stellen ver- anlaßt, die bezeichneten Wiederanlagen als förderungswürdig und geeignet im Sinne der jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorschriften anzusehen? Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

- Wie, von wem und mit welchem Ergebnis wurde der jeweilige Tatsachenvortrag des Steuerpflichtigen vor und nach den Begünstigungsentscheidungen überprüft? I. hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium für Wirtschaft fol- gende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Hans Friderichs, 2. Dr. Otto Graf Lambsdorff, 3. Dr. Otto Schlecht, 4. Dr. Hans Tietmeyer, 5. Dr. Bernhard Molitor, 6. Hans Fischer, 7. Dr. Wolfgang Mühl, 8. Dr. Holger Berndt, 9. Dieter Wolf, 10. Dr. Robert Wandel, 11. Dr. Nehring, 12. Dr. Gördel; II. hinsichtlich der Entscheidungsabläufe im Bundesministerium der Finanzen folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Hans Apel, 2. Hans Matthöfer, 3. Dr. Pöhl, 4. Rainer Offergeld, 5. Dr. Rolf Böhme, 6. Manfred Lahnstein, 7. Dr. Günter Obert, 8. Dr. Horst Schulmann, 9. Dr. Karl Koch, 10. Dr. Adalbert Uelner, 11. Dr. Günter Söffing, 12. Dr. Arno Bordewin, 13. MR Muuss, 14. Dr. Ernst-Wilhelm Eickhoff; III. hinsichtlich des Tatsachenvortrags und der Mitwirkung der Firma Flick in den Bescheinigungsverfahren folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Heribert Blaschke, 2. Eberhard von Brauchitsch, 3. Dr. Friedrich Karl Flick, 4. Klaus Götte, 5. Prof. Dr. Klaus Vogel, 6. Fritz Wacker.

C. Zu Ziffer 7 des Untersuchungsauftrages - Sind Zweifel an einem Tatsachenvortrag des Steuerpflichtigen aufgetreten, und wurde bzw. wird geprüft, ob eine Entscheidung des Bundesministeriums für Wirt- schaft aufzuheben ist? sind folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Hans Friderichs, 2. Dr. Otto Graf Lambsdorff, 3. Dr. Hans Apel, 4. Hans Matthöfer,

5. Dr. Otto Schlecht, . 6. Dr. Rolf Böhme, 7. Dr. Günter Obert, 8. Dr. Hans Tietmeyer, 9. Dr. Bernhard Molitor, 10. Dr. Karl Koch, 11. Dr. Adalbert Uelner, 12. Hans Fischer, 13. Dr. Wolfgang Mühl, 14. Dr. Günter Söffing, 15. Dr. Arno Bordewin, 16. Dr. Ernst-Wilhelm Eickhoff. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

D. Zu Ziffer 8 des Untersuchungsauftrages — Haben sich die Prognosen, die nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorschrif- ten hinsichtlich der Förderungswürdigkeit und Geeignetheit zu stellen waren, er- füllt? sind folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Otto Schlecht, 2. Dr. Rolf Böhme, 3. Dr. Günter Obert, 4. Dr. Hans Tietmeyer, 5. Dr. Bernhard Molitor, 6. Dr. Karl Koch, 7. Dr. Adalbert Uelner, 8. Hans Fischer, 9. Dr. Wolfgang Mühl, 10. Dr. Günter Söffing, 11. Dr. Arno Bordewin. E. Zu Ziffer 9 des Untersuchungsauftrages — Welche steuerlichen Vorteile — auf Zeit oder auf Dauer — hat der Steuerpflichtige durch die Entscheidungen des Bundesministeriums für Wirtschaft erzielt? sind folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Wolfgang Mühl, 2. Dr. Arno Bordewin, 3. Dr. Friedrich Karl Flick, 4. Dr. Heribert Blaschke, 5. Fritz Wacker. F. Zu Ziffer 10 des Untersuchungsauftrages — Ist eine Entscheidung des Bundesministeriums für Wirtschaft aufzuheben und — falls ja — sind Maßnahmen gegen die Steuerpflichtigen zu ergreifen? sind folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Gerhard Stoltenberg, 2. Dr. Otto Graf Lambsdorff, 3. Dr. Hans Tietmeyer, 4. Dr. Otto Schlecht, 5. Dr. Wolfgang Mühl. G. Zu Bundestagsdrucksache 10/520 — Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages vom 10. Mai 1983 eingesetzte Unter- suchungsausschuß soll aufklären, ob und in welcher Weise die Firma Flick Einfluß auf die Herausgabe der vom Ausschuß in Erfüllung seines Untersuchungsauftrages ange- forderten behördeninternen Unterlagen über die dem Flick-Konzern bewilligten Steu- ervergünstigungen genommen hat folgende Zeugen zu vernehmen: 1. Dr. Otto Schlecht, 2. Ulrich Geisendörfer, 3. Dr. Karl-Joseph Goerdel, 4. Dr. Günter Obert, 5. Dr. Adalbert Uelner, 6. Harro Muuss.

19 Beschluß vom 9. Dezember 1983:

Die Akten der Staatsanwaltschaft Bonn des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Rudolf Diehl (StA Bonn 41 Js 272/80) werden beigezogen. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

20 Beschluß vom 18. Januar 1984: Die Akten der Staatsanwaltschaft Bonn in dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfah- ren gegen Verantwortliche des Flick-Konzerns (StA Bonn 41 AR 40/82) werden beigezo- gen.

21 Beschluß vom 18. Januar 1984: Die Akten der Staatsanwaltschaft Bonn in dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfah- ren StA Bonn 40 Js 114/81 werden einschließlich sämtlicher Beweismittelordner und Beiak- ten beigezogen.

22 Beschluß vom 18. Januar 1984: Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung der Akten des Generalstaatsanwalts in Köln betreffend das Ermittlungsverfahren der StA Bonn 50 Js 36/82.

23 Beschluß vom 25. Januar 1984: Unbeschadet der bisher in und vor dem Ausschuß vertretenen Meinungen über Inhalt und Reichweite des Steuergeheimnisses wird der Bundesminister für Wirtschaft aufgefordert, gegenüber der Flick-Industrieverwaltung KGaA alle gesetzlichen Möglichkeiten auszu- schöpfen, um dem Untersuchungsausschuß baldmöglichst die mit seinem Beschluß vom 26. Oktober 1983 (Ausschußdrucksache 37) beigezogenen Akten zur Verfügung stellen zu können.

24 Beschluß vom 2. Februar 1984: Die von dem Zeugen Eberhard von Brauchitsch erstellte Sammlung von Presseveröffentli- chungen zu den Anträgen des Flick-Konzerns nach § 6b EStG und § 4 AIG soll zu den Akten genommen werden.

25 Beschluß vom 8. Februar 1984: Es soll Beweis erhoben werden über die Fragen, welche Verhandlungen der damalige Bun- desminister der Finanzen Dr. Apel mit der Deutschen Bank in den Jahren 1974 und 1975 über den Verkauf des Daimler-Benz-Aktienpaketes durch die Flick-Gruppe geführt hat, welchen Inhalt diese Verhandlungen gehabt haben, insbesondere ob der damalige Bundes- minister der Finanzen Dr. Apel Zusagen irgendwelcher Art, z. B. hinsichtlich der steuerli- chen Behandlungen gemacht hat oder durch Beamte des Bundesministeriums der Finanzen hat machen lassen, ob und in welcher Weise der damalige Bundeskanzler Schmidt an diesen Verhandlungen, sei es auch nur durch Beamte des Bundeskanzleramtes, beteiligt gewesen ist, ob und in welcher Weise der damalige Bundeskanzler Schmidt auf solche Gespräche Einfluß genommen hat und in welcher Weise er unterrichtet worden ist, durch Vernehmung des — damaligen Bundesministers der Finanzen Dr. Apel, MdB; — damaligen Bundeskanzlers Schmidt, MdB; — damaligen Leiters des Ministerbüros im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Nastelski;

— damaligen Unterabteilungsleiters und jetzigen Leiters der Steuerabteilung im Bundes- ministerium der Finanzen, Ministerialdirektor Dr. Uelner; — damaligen Sprechers des Vorstandes der Deutschen Bank, Ulrich; — Steuerberaters der Deutschen Bank N. N. als Zeugen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

26 Beschluß vom 8. Februar 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung aller Akten des Bundesministeriums der Finanzen, die die Verhandlungen des Bundesministeriums der Finanzen mit der Deutschen Bank und ggf. auch mit der Flick-Gruppe über die Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpakets durch die Flick-Gruppe betreffen einschließlich aller Ver- merke, die über Gespräche des damaligen Bundesministers der Finanzen Dr. Apel mit der Deutschen Bank oder mit der Flick-Gruppe hierüber geführt sind, sowie durch Beiziehung aller Akten des Bundesministerims der Finanzen, die die Prüfung der Veräußerungsseite im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Anträge der Flick-Gruppe gemäß § 6 b EStG/§ 4 AIG betreffen.

27 Beschluß vom 8. Februar 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag über die Fragen, aus welchem Grunde der frühere SPD-Schatzmeister Nau bei Gelegenheit des Dortmunder SPD-Parteitages im Juni 1976 ein sog. Versöhnungsgespräch zwischen dem damaligen Bun- desminister der Finanzen Dr. Apel und Dr. Flick, dem damaligen Geschäftsführer der Flick Gruppe Paefgen sowie einem weiteren Angehörigen des Flick-Konzerns in der Jagdhütte Flicks im Sauerland arrangiert hat, aus welchem Grunde an diesem Gespräch der damalige Geschäftsführer der Friedrich- Ebert-Stiftung, Dr. Grunwald, teilgenommen hat, welchen Inhalt das Gespräch in der Jagdhütte Flicks genommen hat, insbesondere, ob über die bereits im Bundesministerium der Finanzen zur Entscheidung vorliegenden Anträge der Flick-Gruppe nach § 6 b EStG/§ 4 AIG sowie die Einbringung weiterer Anträge und deren Beurteilung durch den Bundesminister der Finanzen einerseits und über Zahlungen an die Friedrich-Ebert-Stiftung andererseits gesprochen worden ist, ob und ggf. welcher sachliche oder zeitliche Zusammenhang zwischen Spenden der Flick Gruppe an die Friedrich-Ebert-Stiftung in Höhe von mindestens 2,7 Mio. DM und a) dem erwähnten Gespräch des damaligen Bundesministers der Finanzen, Dr. Apel, in der Jagdhütte Flicks sowie b) sämtlichen von den Bundesministern der Finanzen Dr. Apel und Matthöfer zu treffenden Entscheidungen und sonstigen Diensthandlungen in den Verwaltungsverfahren der Flick-Gruppe gemäß § 6 b EStG/§ 4 AIG bestanden hat, durch Vernehmung des — damaligen Bundesministers der Finanzen Dr. Apel, MdB, — damaligen Bundesministers der Finanzen Matthöfer, MdB, — Inhabers der Firma Flick, Dr. Flick, — damaligen Geschäftsführers der Firma Flick, Paefgen, — damaligen Geschäftsführers der Friedrich-Ebert-Stiftung, Dr. Grunwald als Zeugen.

28 Beschluß vom 8. Februar 1984:

Es wird eine amtliche Auskunft des Bundesministers der Finanzen eingeholt, wer der Steu- erberater gewesen ist, der seinerzeit zusammen mit dem damaligen Sprecher des damaligen Vorstands der Deutschen Bank, Ulrich, im Jahre 1974 und/oder 1975 ein oder mehrere Gespräche mit dem damaligen Bundesminister der Finanzen Dr. Apel, möglicherweise unter - Beteiligung von dessen Büroleiter Dr. Nastelski, über die Veräußerung des Daimler-Benz Aktienpakets durch die Flick-Gruppe sowie den Erwerb dieses Pakets durch die Deutsche Bank geführt hat. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

29 Beschluß vom 8. Februar 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung aller Kabi- nettsprotokolle betreffend die Kabinettssitzungen der Bundesregierung, auf denen in ir- gendeiner Form die Veräußerung der Daimler-Benz-Aktien durch die Flick-Gruppe, der Erwerb dieser Aktien durch die Deutsche Bank sowie die Anträge der Flick-Gruppe nach § 6 b EStG/§ 4 AIG behandelt worden sind.

30 Beschluß vom 8. Februar 19°4:

Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung der Akten des Bun- desrechnungshofs betreffend dessen Erhebungen über das Verfahren des Bundesministers der Finanzen bei der Erteilung von Bescheinigungen nach § 6b EStG und § 4 AIG (Beschei- nigung vom 8. September 1976 bezüglich des Erwerbs von Stammaktien der Fa. W. R. Grace & Co. New York, in Höhe von 12,1 v. H. des Stammkapitals) zugunsten der Fa. Verwaltungs- gesellschaft für industrielle Unternehmungen Friedrich-Flick GmbH, Düsseldorf.

31 Beschluß vom 28. Februar 1984:

Der Bundespräsident, Dr. Karl Carstens, und der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Richard Stücklen', werden als Zeugen zu folgenden Beweisfragen vernommen: Haben, gegebenenfalls wann und in welcher Weise, die Zeugen aufgrund eines zwischen Herrn von Brauchitsch und Bundeskanzler Kohl am 20. November 1975 geführten Ge- sprächs sichergestellt, daß nicht von Angehörigen der CDU/CSU-Fraktion „das 6 b-Thema politisch" für die Fa. Flick „negativ emotionalisiert wird"? Was ist ihnen über direkte oder indirekte Zahlungen der Fa. Flick an Bundeskanzler Kohl oder an andere Politiker der CDU/CSU bekannt?

32 Beschluß vom 28. Februar 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zu der Frage, welches der Inhalt der Gespräche des damali- gen Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen mit der Flick Gruppe über deren Engagement bei VHDI/Gerling war, insbesondere ob und in welchem Umfang diese Gespräche vor dem Engagement stattgefunden haben, ob und welche Zusagen es gegeben hat und ggf. ob über solche Zusagen der Bundesminister der Finanzen informiert worden ist, durch Vernehmung des damaligen Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Dr. Rieger als Zeugen.

33 Beschluß vom 14. März 1984:

Es soll Beweis erhoben werden über die Frage, ob der Flick-Konzern zur Durchsetzung und Absicherung der Erteilung von Steuervergünstigungen für die Wiederanlage des Erlöses aus dem Verkauf von Daimler-Anteilen durch direkte Geldleistungen oder indirekte Zahlungen über die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e. V. oder in sonstiger Weise auch Einfluß auf die damalige Opposition auf Bundesebene bzw. einzelne ihrer Mitglieder mit dem Ziel genommen hat, mögliche Kritik aus deren Reihen an Inhalt und Ablauf der Bescheinigungs- verfahren zu unterbinden bzw. nicht laut werden zu lassen durch Vernehmung 1. des Vorsitzenden der CDU, Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl

2. des Schatzmeisters der CDU, Walther Leisler Kiep - 3. des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Alfred Dregger 4. des Vorsitzenden der Staatsbürgerlichen Vereinigung 1954 e. V., Dr. Hans Buwert. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

34 Beschluß vom 12. April 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung aller Akten des Bundeskanzleramtes betreffend das Gespräch von Dr. Flick und Günter Max Paefgen mit Bundeskanzler Schmidt im Frühjahr 1976.

35 Beschluß vom 12. April 1984:

Es wird eine amtliche Auskunft des Chefs des Bundeskanzleramtes zu der Frage eingeholt, wer an dem Gespräch des damaligen Bundeskanzlers Schmidt mit Dr. Flick und von Brau- chitsch im Herbst 1979 noch teilgenommen hat.

36 Beschluß vom 12. April 1984:

Es wird eine amtliche Auskunft des Chefs des Bundeskanzleramtes zu der Frage eingeholt, wer an dem Gespräch des damaligen Bundeskanzlers Schmidt mit Dr. Flick und Günter Max Paefgen im Frühjahr 1976 noch teilgenommen hat.

37 Beschluß vom 12. April 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zu Ziffer 1, 2 und 3 des ursprünglichen Untersuchungsauftra- ges (BT-Drucksache 10/34) sowie zu der Ergänzung in BT-Drucksache 10/521: — Haben Angehörige, Mitarbeiter oder Beauftragte des Flick-Konzerns oder andere Perso- nen es unternommen, auf — Mitglieder der Bundesregierung, — leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich dazu berufenen Stellen, — Mitglieder des Deutschen Bundestages, — Parteien mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, die Anerkennung der bezeichneten steuerlichen Begün- stigungen zu erreichen und zu sichern? — Welche mittelbaren oder unmittelbaren Zuwendungen oder Leistungen materieller oder immaterieller Art wurden den zu 1 genannten Personen, Stellen oder Organisationen in sachlichem oder zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung, den Wiederanlagen sowie den steuerlichen Vorteilsgewährungen von seiten des Flick-Konzerns angeboten und welche Zuwendungen wurden angenommen? — Inwieweit wurden Zuwendungen oder Leistungen mit Entscheidungen über die Anerken- nung der Begünstigung der Wiederanlagen oder anderen Entscheidungen in Verbindung gebracht? — Haben Parteien, Mitglieder des Deutschen Bundestages oder andere Personen es unter- nommen, auf — Mitglieder der Bundesregierung, — Parlamentarische Staatssekretäre, leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich hierzu berufenen Stellen mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, daß dem Flick-Konzern von ihm beantragte Beschei- nungen (§ 6 b EStG, § 4 AIG) nicht erteilt werden? durch Vernehmung des damaligen geschäftsführenden Gesellschafters der Fa. Flick, Günter Max Paefgen, als Zeugen. Der Beweisbeschluß Ausschußdrucksache 99 bleibt unberührt.

38 Beschluß vom 29. Mai 1984:

Es soll Beweis erhoben werden über die Frage, ob die dem Landesverband Nordrhein-West- falen der FDP nach Angaben des damaligen Schatzmeisters Dr. Otto Graf Lambsdorff im Jahre 1976 und 1977 vom Flick-Konzern gezahlten 200 000 bzw. 100 000 DM dem Landesver- band, dem damaligen Schatzmeister Dr. Graf Lambsdorff persönlich oder Dritten zugeflos- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode sen sind, welche Zweckbestimmung die Zahlungen hatten und an wen die Beträge ganz oder teilweise ggf. weitergeleitet worden sind, durch Vernehmung des Landesgeschäftsführers der FDP in Nordrhein-Westfalen, Herrn Eberhard Wilde, Ringelnatzweg 13, 4030 Ratingen 1 als Zeugen.

39 Beschluß vom 30. Mai 1984:

Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Zeugen Dr. Otto Graf Lambsdorff, er habe während seiner Amtszeit als Bundesminister für Wirtschaft keine Finanzakquisi- tion für die FDP mehr betrieben, durch Vernehmung 1. des Vorsitzenden des Arbeitgeberverbandes der rechtsrheinischen Textilindustrie e. V., Ernst-Günter Plutte, Wettiner Straße 11, 5600 Wuppertal 2; 2. des Geschäftsführers des Jalousie- und Rolloverbandes e. V., Dr. Peter Frohn, Ost- wall 227, 4150 Krefeld; 3. der Herren Herbert und Klaus Peter Pavel von der Fa. Rheinnadel GmbH, Reichsweg 19-42, 5100 Aachen; 4. des Landesgeschäftsführers der FDP in Nordrhein-Westfalen, Eberhard Wilde, Ringel- natzweg 13, 4030 Ratingen 1; 5. des Herrn H. L. Merkle, Postfach 50, 7000 Stuttgart 1; 6. des Herrn Dr. Konrad Henkel, Fa. Henkel KGaA, Postfach 11 00, 4000 Düsseldorf; 7. des Herrn Friedrich Malitz, in Fa. Henkel KGaA, Postfach 11 00, 4000 Düsseldorf; 8. des Herrn J. F. von Stojentin, c/o Verlags GmbH, Kapellenstraße 27, 4000 Düsseldorf 30; 9. des Vorsitzenden der Vereinigung Politik und Wirtschaft in der Bundesrepublik e. V., Wolfgang Gerner, Friedensstraße, 6000 Frankfurt/Main;

10. des Vorsitzenden der FDP, Bundesminister Hans-Dietrich Genscher, MdB, 5300 Bonn; 11. des Schatzmeisters der FDP, Richard Wurbs, MdB, 5300 Bonn.

40 Beschluß vom 30. Mai 1985, ergänzt am 27. Juni 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag, insbesondere zu den Fragen, ob von dem Flick-Konzern, insbesondere von der Krauss-Maffei AG, Ende 1979 eine Spende für den Bundestagsabgeordneten und damaligen Bundesminister der Justiz, Dr. Hans Jochen Vogel, erbeten worden ist, ob dies durch den Unternehmensberater des Flick-Konzerns, Alfred Schaller und/oder durch den früheren Bezirksleiter der IG-Metall Bayern, Erwin Essl, geschehen ist, ob und in welcher Höhe aufgrund einer solchen Bitte eine oder mehrere Spenden durch den Flick-Konzern, sei es durch die Krauss-Maffei AG, sei es durch die Buderus AG, im Jahre 1980 gezahlt worden sind und welcher Zahlungsweg dafür benutzt wurde, insbesondere ob eine Zahlung über die Georg-von-Vollmar-Akademie geleitet worden ist, durch Vernehmung von Dr. Hans-Jochen Vogel, Bundesminister der Justiz a. D. und Vorsitzender der SPD Bundestagsfraktion, Alfred Schaller, Erwin Essl, Dr. Hanns Arnt Vogels, - Dr. Hans-Heinz Griesmeier, Volkmar Gabert, MdEP, als Zeugen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

41 Beschluß vom 30. Mai 1985:

Der Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt wird nochmals zu der Frage des Zustandekom- mens, der Teilnehmer, des Inhalts und der Ergebnisse des Gesprächs mit ihm und dem Zeu- gen Dr. Friedrich Karl Flick am 13. April 1976 vernommen, insbesondere 1. durch wen das Gespräch vermittelt worden ist; 2. aus welchen Gründen es seitens des damaligen Bundeskanzlers geführt worden ist; 3. ob und ggf. aus welchen Gründen an dem Gespräch teilgenommen haben Alfred Nau, seinerzeit Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Ebert-Stiftung und Dr. h. c. Ernst Wolf Mommsen, seinerzeit u. a. Vorsitzender des Gesprächskreises „Wirt- schaft und Politik" der Friedrich-Ebert-Stiftung; 4. ob Spenden oder andere Zuwendungen an die SPD, an Parteigliederungen, an einzelne Angehörige der SPD oder an die Friedrich-Ebert-Stiftung oder aber die Beteiligung der Fa. Flick an einem Sonderfonds für den Bundestagswahlkampf 1976 Gesprächsgegen- stand gewesen sind und 5. ob in der Folgezeit entsprechende Zahlungen des Flick-Konzerns geleistet worden sind.

42 Beschluß vom 30. Mai 1985:

Die Akten der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach in dem inzwischen eingestellten Ermitt- lungsverfahren gegen BM a. D. Dr. Hans Friderichs und andere wegen versuchter Strafver- eitelung und Urkundenunterdrückung werden beigezogen.

43 Beschluß vom 30. Mai 1985:

Es wird eine amtliche Auskunft der Staatsanwaltschaft Bonn darüber eingeholt, 1. ob in den Ermittlungsakten bzw. den dazugehörigen Beweismittelordnern der Strafsache 50 Js 36/82 — Verfahren gegen von Brauchitsch, Friderichs, Lambsdorff, Riemer und Nemitz wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit — folgende Urkunden enthalten sind: a) Nachweis über eine Zahlung des Flick-Konzerns von 1 Mio. DM an die Friedrich- Ebert-Stiftung am 18. Mai 1976 durch Landeszentralbank-Scheck; b) Brief des früheren persönlich haftenden Geschäftsführers des Flick-Konzerns, Günter Max Paefgen, an die Friedrich-Ebert-Stiftung bzw. deren damaligen Vorsitzenden, Alfred Nau, vom 29. Juni 1976; c) Brief des früheren persönlich haftenden Geschäftsführers des Flick-Konzerns, Günter Max Paefgen, an die Friedrich-Ebert-Stiftung wegen einer Spende vom 17. Januar 1979; d) Bitte um eine Spende der Fa. Krauss-Maffei an die Georg-von-Vollmar-Akademie vom Frühjahr 1980; 2. welche Angeschuldigten des o. a. Strafverfahrens, deren Anwälte oder welche sonstigen Personen diese Urkunden eingesehen und davon Kopien angefertigt bzw. angefordert haben. Die StA Bonn wird gebeten, die entsprechenden Unterlagen, die ggf. vorhanden sind, in Kopie dem Ausschuß zur Verfügung zu stellen.

44 Beschluß vom 30. Mai 1985:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft Bonn 42 Js 657/82.

45 Beschluß vom 30. Mai 1985:

Die Akten der Staatsanwaltschaft Bonn 42 Js 657/82 werden zu Beweiszwecken und zur Vor- bereitung der weiteren Beweisaufnahme beigezogen. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

46 Beschluß vom 27. Juni 1984:

Zum Untersuchungsauftrag soll Beweis erhoben werden über die Frage, 1. ob sich der Flick-Konzern und/oder eines der von ihm gehaltenen Unternehmen an den beiden Spendensammelaktionen in der deutschen Wirtschaft, die der frühere Schatzmei- ster der SPD und spätere Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, Alfred Nau, zugunsten der Bundestagswahlkämpfe des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt für die Jahre 1976 und 1980 durchgeführt hat, beteiligt haben, 2. ggf. in welcher Höhe Zuwendungen geleistet worden sind, 3. ggf. ob die Zuwendungen an den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt persönlich, an Alfred Nau, an den jeweiligen Schatzmeister der SPD oder an die Friedrich-Ebert- Stiftung geleistet worden sind und 4. auf welche Weise ggf. die Zuwendungen verwandt worden sind, durch Vernehmung von Rudolf Diehl, Prof. Dr. Friedrich Halstenberg, Dr. Günter Grunwald, Dr. Karl Klasen, als Zeugen.

47 Beschluß vom 27. Juni 1984:

Der frühere Bundesbankpräsident Karl Klasen soll entsprechend Ziffer 1, 2, 3 und 5 des Untersuchungsauftrages (BT-Drucksache 10/34) zu folgenden Beweisfragen vernommen werden: 1. Haben Angehörige, Mitarbeiter oder Beauftragte des Flick-Konzerns oder andere Perso- nen es unternommen, auf — Mitglieder der Bundesregierung, — leitende Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetzlich dazu berufenen Stellen, — Mitglieder des Deutschen Bundestages, — Parteien mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, die Anerkennung der bezeichneten steuerlichen Begünstigungen zu erreichen und zu sichern? 2. Welche mittelbaren oder unmittelbaren Zuwendungen oder Leistungen materieller oder immaterieller Art wurden den zu 1. genannten Personen, Stellen oder Organisationen in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung, den Wiederanlagen sowie den steuerlichen Vorteilsgewährungen von seiten des Flick-Konzerns angeboten und welche Zuwendungen wurden angenommen? 3. Inwieweit wurden Zuwendungen oder Leistungen (Frage 2) mit Entscheidungen über die Anerkennung der Begünstigung der Wiederanlagen oder anderen Entscheidungen in Ver- bindung gebracht? 4. Welche Tatsachenbehauptungen des Steuerpflichtigen haben den Bundesminister für Wirtschaft in Be- bzw. Einvernehmen mit den gesetzlich hierzu berufenen Stellen veran- laßt, die bezeichneten Wiederanlagen als förderungswürdig und geeignet im Sinne der jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorschriften anzusehen?

48 Beschluß vom 27. Juni 1984:

Zur Aufklärung etwaiger Einflußnahmen des Flick-Konzerns auf die SPD wird eine amtli- che Auskunft der Staatsanwaltschaft Bonn eingeholt, ob dort ein Ermittlungsverfahren gegen Alfred Nau wegen Parteispenden, ggf. unter Einschaltung der Friedrich-Ebert-Stif- tung und/oder des Neuen Vorwärts Verlags, anhängig gewesen ist. Bejahendenfalls werden diese Akten zu Beweiszwecken beigezogen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

49 Beschluß vom 27. Juni 1984:

Die vollständigen Akten des Bundeskanzleramtes betreffend die Veräußerung des Daimler- Benz-Aktienpaketes durch die Firma Flick und die anschließenden Bescheinigungsverfah- ren werden beigezogen.

50 Beschluß vom 19. September 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Beiziehung der Akten 301 Js 14455/84 und 301 Js 15994/84 der Staatsanwaltschaft München.

51 Beschluß vom 19. September 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag, insbesondere dazu, welche Zah- lungen seitens des Flick-Konzerns an die SPD oder an SPD-Funktionäre erfolgt sind, durch Vernehmung des Peter Heinrich Refflinghaus als Zeugen.

52 Beschluß vom 9. Oktober 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag, insbesondere dazu, ob Zahlun- gen des Flick-Konzerns über das Büro von Rechtsanwalt Dr. Dr. Paul, Frankfurt, an MdB Dr. Rainer Barzel geleistet worden sind und diesen dazu veranlaßt haben, unmittelbar oder mittelbar Einfluß zu nehmen auf die Haltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den §§ 6 b EStG, 4 AIG-Anträgen der Fa. Flick, bzw. sich in anderer Weise für die Anträge der Fa. Flick einzusetzen durch Vernehmung folgender Zeugen: 1. Dr. Rainer Barzel, Präsident des Deutschen Bundestages; 2. Rechtsanwalt Dr. Dr. Paul, Frankfurt; 3. Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl; 4. Dr. Konrad Henkel, Düsseldorf; 5. Günter Max Paefgen; 6. Eberhard von Brauchitsch; 7. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf; 8. Rechtsanwalt Dr. Axel Schmidt-Hern; 9. Dr. Friedrich Karl Flick.

53 Beschluß vom 13. Dezember 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag durch Vernehmung von Alfred Schaller, Erwin Essl, Dr. Hans-Heinz Griesmeier, Dr. Hanns Arnt Vogels, Günter Markscheffel als Zeugen.

54 Beschluß vom 13. Dezember 1984:

Es soll Beweis erhoben werden zum Untersuchungsauftrag, und zwar zu den Fragen: 1. Ob der Flick-Konzern für seine aufgrund der Bitte des Parlamentarischen Staatssekre- tärs Offergeld vom Februar 1976 geleistete Spende in Höhe von 10 000. DM für den Land- tagswahlkampf des MdL Bantle eine Spendenbescheinigung erhalten hat, wie sie mit Schreiben des Herrn Holzer (Dynamit Nobel) vom 17. März 1976 erbeten worden war, Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

2. wer diese Quittung mit welchem Inhalt wann ausgestellt hat, 3. wo sie sich befindet und ob der Flick-Konzern bereit ist, sie dem Untersuchungsausschuß in Ablichtung zur Verfügung zu stellen, 4. ob und ggf. was sich — falls die Quittung nicht (mehr) vorhanden ist — aus der steuerli- chen Behandlung der 10 000 DM-Spende bezüglich der früheren Existenz sowie des Aus- stellers der Quittung ergibt, durch Einholung einer Auskunft vom Flick-Konzern.

55 Beschluß vom 16. Januar 1985: I. Der 1. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages hat von der Staatsanwalt- schaft Bonn bzw. vom Landgericht Bonn Akten, die den Untersuchungsauftrag betreffen, erhalten. Auf Anfrage des Untersuchungsausschusses hat der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen am 9. Januar 1984 ein Verzeichnis aller Unterlagen, die der Staats- anwaltschaft Bonn in dem Verfahren 50 Js 36/82 zur Verfügung standen, übersandt. Unter IV und V dieses Verzeichnisses sind nach Auskunft des Justizministers „ohne Unterscheidung nach ihrer Beweisbedeutung alle Unterlagen aufgeführt, die in diesem Verfahren angefallen sind und nunmehr zur Verfügung des Gerichts stehen. Aus ihrem Bestand sind teilweise die unter I bis III erwähnten Vorgänge in Form von Ablichtungen ausgesondert worden". Unter IV dieser Aufstellung sind dann unter den Ziffern 1. bis 4. aufgeführt: 1. 9 Leitzordner vertrauliche Tageskopien der Fa. Flick 2. 58 Leitzordner Tageskopien der Fa. Flick 3. 14 Leitzordner der Fa. Flick betreffend §§ 6 b EStG/4 Auslandsinvestitionsgesetz 4. 69 Leitzordner sonstige Unterlagen der Fa. Flick (Parteien; Spenden; Politiker; Büro Bonn) Im Namen des Untersuchungsausschusses wird um Auskunft bei der 7. Großen Straf- kammer beim Landgericht Bonn darüber gebeten, ob die unter diesen Ziffern genannten Unterlagen Urkunden enthalten, die zum Untersuchungsgegenstand in Bezug stehen, bzw. ob die darin enthaltenen einschlägigen Vorgänge dem Untersuchungsausschuß bereits durch die Staatsanwaltschaft Bonn bzw. das Landgericht Bonn zur Verfügung gestellt worden sind. II. Nach einem Protokoll der Steuerfahndungsstelle St. Augustin und der Staatsanwalt- schaft Bonn im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren 42 Js 657/82 vom 10. Juli 1984, das in den Unterlagen des Untersuchungsausschusses im Beweismittelordner 19, Blatt 135, zum o. a. Aktenzeichen vorhanden ist, wurden von der Staatsanwaltschaft noch weitere Unterlagen in Verwahrung genommen. Nach dem Protokoll wurden die unter Ziffer 1. bis 10. genannten Unterlagen freiwillig herausgegeben, so daß diese noch bei der Staatsanwaltschaft Bonn vorhanden sein müssen. Der Untersuchungsausschuß bittet die Staatsanwaltschaft Bonn um Mitteilung darüber, ob in den genannten Unterlagen noch Urkunden sind, die zum Untersuchungsauftrag gehören.

56 Beschluß vom 6. Februar 1985:

Die Nachtragsanklagen wegen Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen die Angeklagten Eberhard von Brauchitsch und Dr. Otto Graf Lambsdorff werden beigezogen, soweit es sich um Zuwendungen in den politischen Raum mit Bezug auf den Untersuchungsauftrag des 1. Untersuchungsausschusses handelt. Soweit der anliegende Auszug aus der Nachtragsanklage gegen Dr. Otto Graf Lambsdorff das Beiziehungsersu- chen erfüllt, ist die Sache erledigt.

57 Beschluß vom 6. Februar 1985:

Der amtierende Justizminister Dr. Posser wird gebeten, dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Eulencamp und dem Oberstaatsanwalt Irsfeld zu gestatten, dem Obleutegremium des 1. Untersuchungsausschusses umgehend Auskunft über die nicht in die Hauptakten und Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Beweismittelordner der beiden Verfahren 50 Js 36/82 Staatsanwaltschaft Bonn und 42 Js 657/82 Staatsanwaltschaft Bonn aufgenommenen beschlagnahmten Unterlagen zu ge- ben.

58 Beschluß vom 6. Februar 1985, ergänzt am 12. Februar 1985:

Nachdem der Vorsitzende der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn in Beantwortung des ihm vom Ausschuß übersandten Antrags der SPD vom 12. Dezember 1984 — Ausschuß- drucksache 220 — mit Schreiben vom 21. Januar 1985 mitgeteilt hat, daß sich in den von der Staatsanwaltschaft beim Flick-Konzern sichergestellten Unterlagen, die noch nicht Be- standteil der dem 1. Untersuchungsausschuß vorliegenden Hauptakten und zugehörigen Beweismittelordner des Strafverfahrens gegen von Brauchitsch und andere sind, auch Urkunden befinden können, die zwar nicht für das Strafverfahren, wohl aber für die Durch- führung des Untersuchungsauftrages von Bedeutung sein können, werden 1. der Vorsitzende der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn gebeten, die aus diesen Unterlagen neu angelegten Bände XXXIV bis XXXVI des Strafverfahrens 27 F 7/83 LG Bonn — 50 Js 36/82 StA Bonn — dem 1. Untersuchungsausschuß zur Verfügung zu stellen; 2. je ein Mitglied der im 1. Untersuchungsausschuß vertretenen Fraktionen beauftragt, aus den in Ausschußdrucksache 220 bezeichneten Unterlagen zunächst 15 Ordner „Politiker", 10 Ordner „Spenden und Mitgliedschaften", 14 Ordner „6 b-Verfahren", 2 Ordner „Grace", 10 Ordner „Bonner Büro", 6 Ordner „Arbeitskreis Wirtschaftspolitik" und 1 Ordner „Schal- ler/Schlieker" daraufhin durchzusehen, ob und welche Urkunden daraus für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages relevant sind, und dem Ausschuß darüber in geeigneter Weise Bericht zu erstatten. Zur Vermeidung von weiteren Zeitverlusten sollte diese Durchsicht in der Zeit zwischen der Beendigung der bereits terminierten Vernehmung benannter Zeugen bis zum 1. März und der Vorlage des vom Ausschuß vorgesehenen Sachstandsberichts erfolgen. Der Ausschuß wird sodann entscheiden, wie bezüglich dieser Unterlagen gegebenenfalls zu verfahren ist. Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Anlage 2

506

Liste der Zeugen und Sachverständigen

Lfd. Name Vorname Amtsbezeichnung/Funktion/Stellung Nr. a) Zeugen

1 Dr. Apel Hans Bundesminister a. D. Mitglied des Deutschen Bundestages 16. Mai 1974 bis 15. Februar 1978: Bundesminister der Finanzen 16. Februar 1978 bis 4. Oktober 1982: Bundesmini- ster der Verteidigung

2 Dr. Barzel Rainer Bundestagspräsident a. D. Mitglied des Deutschen Bundestages Dezember 1964 bis Mai 1973: Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion Januar 1977 bis Februar 1979: Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses 1980 bis 1982: Vorsitzender des Auswärtigen Aus- schusses März 1983 bis Oktober 1984: Präsident des Deut- schen Bundestages

3 Prof. Dr. Biedenkopf Kurt Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen 1973 bis 1977: Generalsekretär der CDU

4 Dr. Blaschke Heribert 1964 bis 1967: Hilfsreferent im Bundesministe- rium der Finanzen 1967 bis Herbst 1969: Angestellter der CDU/CSU- Fraktion des Deutschen Bundestages Oktober 1969 bis März 1974: Leiter der Steuer- und Versicherungsabteilung der Fa. Dynamit Nobel Seit April 1974: Leiter der Steuerabteilung der Verwaltungsgesellschaft für industrielle Unter- nehmungen Friedrich Flick GmbH (ab 1977: Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA) Seit 1. Januar 1981: Generalbevollmächtigter und Mitglied der Geschäftsführung der Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA

5 Dr. Böhme Rolf Oberbürgermeister der Stadt Freiburg Dezember 1972 bis Dezember 1982: Mitglied des Deutschen Bundestages 16. Februar 1978 bis 28. April 1982: Parlamentari- scher Staatssekretär beim Bundesminister der Fi- nanzen

6 Dr. Bordewin Arno Bis 6. Juni 1980: Referent im Referat IV B 2 (Ein- kommensteuer: Bilanzrecht, wirtschaftspolitische und strukturpolitische Sondergesetze usw.) des Bundesministeriums der Finanzen Seit 6. Juni 1980: Referatsleiter IV B 2

7 Brandt Willy Bundeskanzler a. D. Mitglied des Deutschen Bundstages Bundesvorsitzender der SPD Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Lfd. Name Vorname Amtsbezeichnung/Funktion/Stellung Nr.

8 von Brauchitsch Eberhard Rechtsanwalt 1965 bis 1970 und 1973 bis 1982: Persönlich haften- der geschäftsführender Gesellschafter der Ver- waltungsgesellschaft für industrielle Unterneh- mungen Friedrich Flick GmbH (ab 1977: Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA) 9 Diehl Rudolf Kaufmann Seit 1963 Mitarbeiter des Flick-Konzerns 1972 bis 1983: Leiter der Buchhaltung und der Finanzabteilung der Verwaltungsgesellschaft für industrielle Unternehmungen Friedrich Flick GmbH (ab 1977: Friedrich Flick Industrieverwal- tung KGaA) 1975 bis 1983: Mitglied der Geschäftsführung die- ser Gesellschaften 10 Fischer Hans August Ministerialdirigent a. D. November 1965 bis 15. Juli 1976: Referatsleiter I A 3 (Steuerpolitik) im Bundesministerium für Wirtschaft 16. Juli 1976 bis 31. Oktober 1985: Leiter der Unter- abteilung I B (Wettbewerbs- und Preispolitik) im Bundesministerium für Wirtschaft 11 Dr. Flick Friedrich Karl Industrieller Bis Ende 1985 Vorsitzender der Geschäftsführung der Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA und Hauptgeschäftsführer der Friedrich Flick KG 12 Dr. Fuchs Michael Regierungsrat 2. April bis 5. November 1984: Referent des Bun- destagspräsidenten Dr. Barzel 13 Dr. Friderichs Hans Bundesminister a. D. 15. Dezember 1972 bis 7. Oktober 1977: Bundesmi- nister für Wirtschaft Oktober 1977 bis 27. März 1985: Mitglied des Vor- stands der Dresdner Bank AG 14 Genscher Hans-Dietrich Bundesminister des Auswärtigen Mitglied des Deutschen Bundestages 1974 bis Februar. 1985: Bundesvorsitzender der FDP 15 Dr. Götte Klaus Vorstandsvorsitzender der Gutehoffnungshütte AG 1. Mai 1980 bis 31. Dezember 1982: Persönlich haf- tender geschäftsführender Gesellschafter der Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA 16 Prof. Dr. Halstenberg Friedrich Staatsminister a. D. 4. Juni 1975 bis 17. Januar 1978: Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen Februar 1978 bis Mai 1984: Schatzmeister der SPD 17 Prof Dr. Kartte Wolfgang Seit 16. Juli 1976: Präsident des Bundeskartell- amts 1. April 1974 bis 15. Juli 1976: Leiter der Unterab- teilung I B (Wettbewerbs- und Preispolitik) des Bundesministeriums für Wirtschaft Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Lfd. Name Vorname Amtsbezeichnung/Funktion/Stellung Nr.

18 Kiep Walther Leisler Bundesschatzmeister der CDU Deutschlands (seit 1971) 25. Februar 1976 bis 28. Oktober 1980: Niedersäch- sischer Minister der Finanzen 25. Februar 1976 bis 19. Januar 1977: mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Niedersächsi- schen Ministers für Wirtschaft beauftragt 19 Dr. Klasen Karl 1. Januar 1970 bis 31. Mai 1977: Präsident der Bun- desbank 20 Dr. Koch Karl Ministerialdirektor a. D. 1970 bis 31. März 1982: Leiter der Abteilung IV (Besitz- und Verkehrsteuern) im Bundesministe- rium der Finanzen 21 Dr. Kohl Helmut Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Mitglied des Deutschen Bundestages Seit 1973 Bundesvorsitzender der CDU 22 Dr. Kreile Reinhold Mitglied des Deutschen Bundestages Rechtsanwalt Seit 1977 Vorsitzender des Aufsichtsrates der In- dustrieverwaltung Friedrich Flick KGaA 23 Lahnstein Manfred Vorstandsmitglied der AG 1973 bis Mai 1977: Leiter der Abteilung I (Grund- satzfragen der Finanzpolitik usw.) im Bundesmi- nisterium der Finanzen Mai 1977 bis 1. Dezember 1980: Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 1. Dezember 1980 bis 28. April 1982: Staatssekre- tär im Bundeskanzleramt 28. April bis 4. Oktober 1982: Bundesminister der Finanzen 24 Dr. Graf Lambsdorff Otto Bundesminister a. D. Mitglied des Deutschen Bundestages 7. Oktober 1977 bis 27. Juni 1984: Bundesminister für Wirtschaft 25 Markscheffel Günter Journalist 26 Matthöfer Hans Bundesminister a. D. Mitglied des Deutschen Bundestages 16. Februar 1978 bis 28. April 1982: Bundesmini- ster der Finanzen 27 Dr. Mertin Klaus Vorstandsmitglied der Deutschen Bank AG 28 Dr. Mühl Wolfgang Ministerialrat Dezember 1966 bis Januar 1975: Referent im Refe- rat I A 3 (Steuerpolitik) des Bundesministeriums für Wirtschaft Februar 1975 bis Juli 1976: Referent im Referat I B 3 (Öffentliches Auftragswesen) Seit 16. Juli 1976: Leiter des Referates I A 3 29 Nemitz Manfred Kaufmann Inhaber der Firma Manfred Nemitz Industrieverwaltung Projektierung Chemische Verfahrenstechnik, Ratingen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Lfd. Name Vorname Amtsbezeichnung/Funktion/Stellung Nr.

30 Dr. Obert Günther Seit 16. Februar 1978: Staatssekretär im Bundes- ministerium der Finanzen Bis Februar 1978: Leiter der Abteilung II (Bundes- haushalt) im Bundesministerium der Finanzen

31 Offergeld Rainer Oberbürgermeister der Stadt Lörrach Bundesminister a. D. Januar 1975 bis Februar 1978: Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finan- zen

32 Paefgen Günter Max Kaufmann, Unternehmensberater Seit 1951 Mitarbeiter des Flick-Konzerns Anfang 1955 bis 18. April 1980: Persönlich haften- der Gesellschafter der Verwaltungsgesellschaft für industrielle Unternehmungen Friedrich Flick GmbH (ab 1977: Friedrich Flick Industrieverwal- tung KGaA)

33 Dr. Dr. Paul Albert Rechtsanwalt und Notar 34 Refflinghaus Peter Heinrich Journalist 35 Dr. Rieger Walter Präsident der Bayerischen Versicherungskam- mer September 1973 bis Juni 1981: Präsident des Bun- desaufsichtsamtes für das Versicherungswesen

36 Dr. Söffing Günter Richter am Bundesfinanzhof Bis Juni 1980: Leiter des Referates IV B 2 (Ein- kommensteuer usw.) im Bundesministerium der Finanzen

37 Dr. h. c. Spilker Karl-Heinz Mitglied des Deutschen Bundestages Rechtsanwalt Landesschatzmeister der CSU

38 Dr. h. c. Strauß Franz Josef Bundesminister a. D. Seit 29. November 1978: Ministerpräsident des Freistaates Bayern Vorsitzender der CSU

39 Schaller Alfred Unternehmer 40 Dr. Schlecht Otto Seit Januar 1973: Staatssekretär im Bundesmini- sterium für Wirtschaft

41 Schmidt Helmut Bundeskanzler a. D. Mitglied des Deutschen Bundestages 16. Mai 1974 bis 1. Oktober 1982: Bundeskanzler

42 Dr. Schmidt-Hern Axel Rechtsanwalt 1. Juli 1973 bis 31. Dezember 1982: Justitiar der Fa. Flick 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1982: Mitglied der Geschäftsführung der Fa. Flick

43 Dr. Tietmeyer Hans Staatssekretär im Bundesministerium der Finan- zen (seit November 1982) Februar 1973 bis Oktober 1982: Leiter der Abtei- lung I (Wirtschaftspolitik) im Bundesministerium für Wirtschaft Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Lfd. Nr. Name Vorname Amtsbezeichnung/Funktion/Stellung

44 Dr. Uelner Adalbert Ministerialdirektor 1974 bis März 1982: Leiter der Unterabteilung IV B (Steuern vom Einkommen und Ertrag) des Bundesministeriums der Finanzen Seit April 1982: Leiter der Abteilung IV (Besitz- und Verkehrsteuern) des Bundesministeriums der Finanzen 45 Ulrich Franz Heinrich Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank AG Bis Mai 1976: Mitglied des Vorstands der Deut- schen Bank AG 46 Dr.-Ing. Vogels Hanns Arnt Vorstandsvorsitzender der Firma Messerschmitt- Bölkow-Blohm GmbH Seit 1967: Generalbevollmächtigter 1977 bis 1982: Persönlich haftender geschäftsfüh- render Gesellschafter der Friedrich Flick Indu- strieverwaltung KGaA 47 Wacker Fritz Diplomvolkswirt 1959 bis 1983: Mitarbeiter des Flick-Konzerns 1964 bis 1975: Persönlicher Referent von Dr. Friedrich Karl Flick 1976 bis 31. August 1983: Mitglied der Geschäfts- führung der Verwaltungsgesellschaft für indu- strielle Unternehmungen Friedrich Flick GmbH (ab 1977: Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA) 48 Wohlleben Klaus Ministerialdirigent 18. Dezember 1972 bis 16. März 1975: Persönlicher Referent des Bundesministers für Wirtschaft Dr. Friderichs 17. März 1975 bis 30. Juni 1978: Leiter des Mini- sterbüros im Bundesministerium für Wirtschaft Seit 1. Juli 1978: Leiter der Unterabteilung ZA (Verwaltung) im Bundesministerium für Wirt- schaft 49 lurbs Richard Bauingenieur, Bauunternehmer 1965 bis Dezember 1984: Mitglied des Deutschen Bundestages November 1979 bis Dezember 1984: Vizepräsident des Deutschen Bundestages 1. Juni 1981 bis 31. Mai 1984: Bundesschatzmeister der FDP

b) Sachverständiger

Prof. Dr. Scholz Rupert Senator für Bundesangelegenheiten des Landes Berlin

Auf die Vernehmung der übrigen in den Beweisbeschlüssen aufgeführten Zeugen wurde verzichtet. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

507 Anlage 3

Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Akten und sonstigen Unterlagen

Aktenführende Stelle/ Datum der Akten Anzahl und Bezeichnung und Inhalt der Akten Absender übersendung Art der Akten

1. Justiz

Staatsanwaltschaft 2. November 1983 1 Heft Auswertungsvermerk der StA Bonn vom Bonn 14. Januar 1982 betr. Überprüfung etwaiger Zahlungen an Amtsträger durch Angehörige des Flick-Konzerns — 50 AR 9/82 StA Bonn 12 Hefte Band I-XII (Hauptakte) des Ermittlungsver- fahrens gegen Dr. Hans Friderichs u. a. we- gen des Verdachts der Vorteilsannahme usw. — 50 Js 36/82 StA Bonn 9. November 1983 9 Hefte Band XIII-XXI (Hauptakte) des Ermittlungs- verfahrens gegen Dr. Hans Friderichs u. a. wegen des Verdachts der Vorteilsannahme usw. — 50 Js 36/82 StA Bonn 2. Januar 1984 3 Hefte Band I-III des Ermittlungsverfahrens gegen Rudolf Diehl wegen des Verdachts der Steu- erhinterziehung — 41 Js 272/80 StA Bonn Generalstaatsanwalt 27. Februar 1984 3 Hefte Akten des GStA Köln betr. das Ermittlungs- Köln verfahren 50 Js 36/82 StA Bonn — 405 E — 7.60 Der Staatsminister 5. Juli 1984 2 Hefte Akten des Ermittlungsverfahrens gegen Dr. der Justiz des Lan- Hans Friderichs u. a. wegen des Verdachts des Rheinland-Pfalz der Urkundenuntérdrückung usw. — Js 11711/83 StA Bad Kreuznach 1 Heft Beiakte Beweismittelordner XXVII, Heft 2 Staatsanwaltschaft 31. Juli 1984 1 Heft Auszug aus den Akten des Ermittlungsver- Bonn fahrens gegen Verantwortliche des Flick- Konzerns wegen des Verdachts der Steuer- hinterziehung — 42 Js 657/82 StA Bonn Landgericht Bonn 17. September bis 24 Ordner Band XXII-XXXIII (Hauptakte) und Beweis- 10. November 1984 12 Hefte mittelordner I-IV, XIII, XXI-XXXVIII (sowie Unterlagen der „Flick-Konzern-Dispositions- kasse 1974-1981" und der „Listen über Spen- den an Parteien") des Strafverfahrens gegen Dr. Hans Friderichs u. a. wegen des Ver- dachts der Bestechung usw. — 27 F 7/83 LG Bonn (50 Js 36/82 StA Bonn) Staatsanwaltschaft 27. und 15 Hefte Band I-XV (Hauptakte) des Ermittlungsver- Bonn 28. September 1984 fahrens gegen Verantwortliche des Flick- Konzerns wegen des Verdachts der Steuer- hinterziehung — 42 Js 657/82 StA Bonn 4., 5. und 15 Ordner Beweismittel des Ermittlungsverfahrens ge- 15. Oktober 1984 6 Hefte gen Verantwortliche des Flick-Konzerns we- gen des Verdachts der Steuerhinterziehung — 42 Js 657/82 StA Bonn Landgericht Bonn 15. Oktober 1984 1 Heft Auszug aus dem Beweismittelordner XIX des Strafverfahrens gegen Dr. Hans Friderichs- u. a. wegen des Verdachts der Bestechung usw. — 27 F 7/83 LG Bonn (50 Js 36/82 StA Bonn)

Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode

Anzahl und Aktenführende Stelle/ Datum der Akten Absender übersendung Art der Bezeichnung und Inhalt der Akten Akten

Der Bayerische 14. November 1984 2 Hefte Ermittlungsverfahren gegen Erwin Essl u. a. Staatsminister wegen des Verdachts der Steuerhinterzie- der Justiz hung — 301 Js 14455/84 und 301 Js 15994/84 StA bei dem LG München I Landgericht Bonn 12. Februar 1985 3 Ordner Band XXXIV-XXXVI (Hauptakte) des Straf- verfahrens gegen Dr. Hans Friderichs u. a. wegen des Verdachts der Bestechung usw. — 27 F 7/83 LG Bonn (50 Js 36/82 StA Bonn)

2. Bundeskanzleramt 17. November 1983 1 Heft Steuerliche Fragen der Friedrich Flick KG — 44 — 52130 — FL 5 2 Hefte Friedrich Flick GmbH (Nebenakte 2 des Vorgangs „Lage in der Stahlindustrie") Band 1 und 2 — 42 — 64100 — Sta 19 22. August 1984 1 Heft Austauschseiten zum Vorgang Steuerliche Fragen der Friedrich Flick KG — 44 — 52130 — FL 5 2 Hefte Austauschseiten zum Vorgang Friedrich Flick GmbH (Nebenakte 2 des Vorgangs „Lage in der Stahlindustrie") — 42 — 64100 — Sta 19 (VS-NfD, zum Teil VS-Geheim)

3. Bundesministerium für Wirtschaft 17. August 1983 1 Heft Bericht der Bundesregierung zu § 6 b Ein- kommensteuergesetz und § 4 Auslandsinve- stitionsgesetz vom 8. August 1983 31. August 1983 18 Ordner Akten des Steuerreferats zu den Bescheini- gungsverfahren des Flick-Konzerns nach § 6 b EStG und § 4 AIG 4. Januar 1984 28 Ordner Akten der an den Bescheinigungsverfahren beteiligten Referate und des Bundeskartell- amts 1 Ordner Vorgänge des Steuerreferats zu Überlegun- gen zur Änderung des § 6 b EStG und des § 4 AIG 6. Januar 1984 1 Heft Ergänzung des Berichts der Bundesregierung zu § 6 b Einkommensteuergesetz und § 4 Aus- landsinvestitionsgesetz vom 8. August 1983 15. August 1984 20 Hefte Nachlieferung von Akten des Steuerreferats zu den Bescheinigungsverfahren, die mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis zunächst nicht übersandt worden waren 16 Ordner Nachlieferung von Akten der an den Beschei- nigungsverfahren beteiligten weiteren Refe- rate, die mit Rücksicht auf das Steuergeheim- nis zunächst nicht übersandt worden waren 1 Ordner Nachlieferung von Akten des Bundeskartell- amts zu den Bescheinigungsverfahren - 12 Ordner Nachlieferung ergänzender Referatsakten Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Anzahl und Datum der Akten Aktenführende Stelle/ Art der Bezeichnung und Inhalt der Akten Absender übersendung Akten

18 Ordner Akten des Verfahrens zur Überprüfung der nach § 4 AIG erteilten Bescheinigungen (Rechtsreferat) 20 Ordner Akten des Verfahrens zur Überprüfung der nach § 4 AIG erteilten Bescheinigungen (Steuerreferat) 49 Ordner Als „VS-Geheim" eingestufte Teile der am 12 Hefte 15. August 1984 übersandten Akten 18. September 1984 3 Ordner Unterlagen, die von der StA Bonn bei der Fa. Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA und Dritten beschlagnahmt worden sind 20. September 1984 3 Hefte Unterlagen des Steuerreferats zu dem Ver- fahren zur Überprüfung der nach § 4 AIG er- teilten Bescheinigungen 25. Februar 1985 1 Heft Schriftwechsel des BMWi im Zusammenhang mit § 6 b EStG

4. Bundesministerium der Finanzen 10. Juni 1983 1 Heft Bericht der Bundesregierung an den Finanz- ausschuß des Deutschen Bundestages über die Auswirkungen der §§ 6 b und 6 c EStG vom 9. Februar 1977 16. August 1983 5 Ordner Referatsakten zu den Bescheinigungsverfah- ren des Flick-Konzerns mit zusammenfas- sender Sachverhaltsdarstellung und Doku- mentation zum Verfahrensablauf im BMF 23. September 1983 1 Heft Gutachten von Prof. Dr. Klaus Stern: „Die Kompetenz der Untersuchungsausschüsse nach Artikel 44 GG im Verhältnis zur Exeku- tive unter besonderer Berücksichtigung des Steuergeheimnisses" sowie Stellungnahme des BMF vom 22. September 1983 zur „Wah- rung des Steuergeheimnisses gegenüber par- lamentarischen Untersuchungsausschüssen" 7. Oktober 1983 Vorgänge des BMF und des BMWi mit Über- legungen zur Änderung der §§ 6 b EStG und 4 AIG: 1 Heft Zusammenstellung der Änderungsüberlegun- gen (BMF) 2 Ordner Änderungen § 6 b EStG und § 4 AIG (BMF) 1 Heft Änderung der Gesetzgebung aus Anlaß des Falles Flick (BMF) 1 Heft Verfassungsrechtliche Fragen einer rückwir- kenden Änderung des § 6 b EStG (BMF) 1 Ordner Vorgänge zu Überlegungen zur Änderung der §§ 6 b EStG, 4 AIG (BMWi — I A 3) 9. November 1983 1 Ordner Untersuchungsausschuß Flick-Konzern: Presseerklärungen und Geschäftsberichte der Fa. Flick - Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Anzahl und Aktenführende Stelle/ Datum der Akten Art der Bezeichnung und Inhalt der Akten Absender übersendung Akten

19. Januar 1984 2 Hefte Akten des BMF zum Bericht der Bundesre- gierung an den Finanzausschuß des Deut- schen Bundestages über die Inanspruch- nahme der §§ 6 b und 6 c EStG vom 9. Februar 1977 (Erfahrungsbericht über die Auswirkun- gen des § 6 b EStG und Geschäftsstatistik §§ 6 b, 6 c EStG) 7. März 1984/ 2 Hefte Protokollauszüge von Abteilungsleiterkonfe- 18. April 1984 renzen und Kollegiumssitzungen im BMF (1975-1981) und Anwesenheitslisten 8. Juni 1984 10 Hefte Akten des BMF betr. die Verhandlungen mit der Deutschen Bank wegen der Veräußerung des Daimler-Benz-Aktienpakets sowie die Prüfung der Veräußerungsseite im Zusam- menhang mit der Bearbeitung der Anträge des Flick-Konzerns gemäß § 6 b EStG und § 4 AIG 15. August 1984 16 Ordner Nachlieferung von BMF-Akten zu den Be- 18 Hefte scheinigungsverfahren des Flick-Konzerns, die zunächst mit Rücksicht auf das Steuerge- heimnis nicht übersandt worden waren; Vor- gänge des BMF aus dem Verfahren zur Über- prüfung der nach § 4 MG erteilten Bescheini- gungen (z. T. als Verschlußsachen eingestuft) 25. September 1984 2 Ordner „Unterlagen ,Flick’ der StA Bonn" 2 Hefte Unterlagen der StA Bonn aus dem Verfahren zur Rücknahme der nach § 4 AIG erteilten Bescheinigungen

5. Bundesrechnungshof 2. Oktober 1984 1 Heft Interner Prüfungsbericht über die im Novem- ber 1976 beim Bundesminister der Finanzen durchgeführten Erhebungen betr. die Anwen- dung der Vorschriften des § 6 b EStG und des § 4 AIG anläßlich der Veräußerung von Daim- ler-Benz-Stammaktien durch die Verwal- tungsgesellschaft für industrielle Unterneh- mungen Friedrich Flick GmbH (VS-NfD)

6. Bundeskartellamt 25. März 1985 1 Vorgang Aufstellung über Bescheinigungsverfahren nach § 6 b EStG und § 4 AIG, an denen das Bundeskartellamt mitgewirkt hat

7. Landtag Nordrhein-Westfalen 22. Februar 1984 1 Ordner Protokolle der öffentlichen Sitzungen des am 15. Dezember 1982 eingesetzten Parlamenta- rischen Untersuchungsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen (LT-Druck-. sache 9/2182 und 9/2183) betr. die Veröffentli- chung von Auszügen aus Akten des bei der Staatsanwaltschaft Bonn anhängigen Ermitt- lungsverfahrens wegen Vorteilsannahme und- Vorteilsgewährung usw. sowie Beschlußemp- fehlung und Bericht dieses Ausschusses vom 25. Oktober 1983 (LT-Drucksache 9/2920) Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Anzahl und Aktenführende Stelle/ Datum der Akten Art der Bezeichnung und Inhalt der Akten Absender übersendung Akten

8. Sonstige Der Schatzmeister 11. Oktober 1984 1 Ordner Materialien zu dem von der Niedersächsi- der CDU schen Landesregierung vor dem Bundesver- fassungsgericht angestrengten Verfahren zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 10b Abs. 2 EStG und des § 9 Nr. 3 b KStG (BVerfGE 52, 63 ff.) Eberhard von 9. Februar 1984 1 Ordner Sammlung von Presseveröffentlichungen zu Brauchitsch den Bescheinigungsverfahren des Flick-Kon- zerns

- Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

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Anlage 4

Verzeichnis der Ausschußdrucksachen des 1. Untersuchungsausschusses

Drucksachen- Art, Datum und Inhalt Nummer

1 Einsetzungsantrag der SPD-Fraktion (Bundestags-Drucksache 10/34) 2 Plenarprotokoll 10/8 vom 19. Mai 1983: Beratung der Einsetzungsanträge 3 Einladung an Prof. Dr. Scholz zur öffentlichen Anhörung am 16. Juni 1983 zum The- ma: Untersuchungsausschuß nach Artikel 44 Grundgesetz und Steuergeheimnis 4 Vermerk des Ausschußsekretärs vom 13. Juni 1983 zur Durchführung der öffent- lichen Anhörung 5 Beschluß vom 16. Juni 1983 betr. Anforderung eines Berichts der Bundesregierung zu Fragen des § 6 b EStG und des § 4 AIG 6 Beschluß vom 16. Juni 1983 betr. Anhörung von Vertretern der StA Bonn 7 Beschluß vom 16. Juni 1983 betr. Aktenbeiziehung 8 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 16. Juni 1983 9 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 20. Juni 1983 an den Bundeskanzler zur Ausführung der Beschlüsse vom 16. Juni 1983 (Bericht der Bundesregierung zu § 6 b EStG und § 4 AIG; Aktenbeiziehung) 10 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 20. Juni 1983 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen mit Ersuchen um Zuleitung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten sowie Erteilung einer Aussage- genehmigung für die Vertreter der StA Bonn 11 Vermerk des Sekretariats vom 21. Juni 1983 zur Frage eines Rechts des Unter- suchungsausschusses auf Vorlage der bei den Landeswirtschaftsministerien ge- führten Akten zu den Bescheinigungsverfahren gem. § 6b EStG und § 4 AIG 12 Antwortschreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 1983 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 10 13 Beschluß vom 24. Juni 1983 betr. Rücksichtnahme auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren 14 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 24. Juni 1983 15 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 28. Juni 1983 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Ersuchen um Entscheidung über die Aktenüberlassung 16 Antwortschreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 1983 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 15 17 Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16. August 1983 betr. Übersen- dung von Akten 18 Schreiben von Staatssekretär Dr. Schlecht (BMWi) vom 17. August 1983 mit Bericht der Bundesregierung zu § 6 b EStG und § 4 AIG 19 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 25. August 1983: Ankün- digung der Aktenvorlage 20 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 31. August 1983: Über- sendung von Akten des Referats I A 3 21 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. September 1983: Aufhe- bung des VS-Vermerks für Akten des BMF 22 Antrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 14. September 1983 auf Beiziehung von Schriftwechsel der Bundesregierung mit dem Flick-Konzern Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Drucksachen Nummer Art, Datum und Inhalt

23 Fragen der Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß zum Bericht der Bundesregierung (Ausschuß-Drucksache Nr. 18) 24 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß betr. Ergänzung des Berichts der Bundesregierung (Ausschuß-Drucksache Nr. 18) 25 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 8. September 1983 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Ersuchen um Mittei- lung des Zeitpunkts der Aktenvorlage 26 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 14. September 1983 an den Bundesminister der Finanzen mit dem Ersuchen zu prüfen, ob alle zur Sachverhaltsaufklärung notwendigen Unterlagen dem Untersuchungsausschuß zur Verfügung gestellt worden sind 27 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. September 1983 betr. grundsätzliche Bereitschaft zur Überlassung von Ermittlungsakten 28 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 15. Sep- tember 1983 betr. Benennung der Personen, die seitens der Bundesregierung und des Flick-Konzerns an der Aktenauswahl beteiligt waren 29 Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 23. September 1983: Übersen- dung eines Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Stern über die Offenbarungspflichten der Bundesregierung gegenüber Untersuchungsausschüssen unter besonderer Be- rücksichtigung des Steuergeheimnisses und einer ergänzenden Stellungnahme zur Auslegung und Anwendung des § 30 AO 30 Fragenkatalog des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 28. Septem- ber 1983 zum Bericht der Bundesregierung (Ausschuß-Drucksache 18) 31 Fragen der Mitglieder der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß zum Bericht der Bundesregierung (Ausschuß-Drucksache 18) 32 Schreiben des Rechtsbeistands des Flick-Konzerns vom 18. Mai 1983 an den Bun- desminister für Wirtschaft betr. Einhaltung des Steuergeheimnisses gegenüber dem Untersuchungsausschuß 33 Schreiben des Rechtsbeistands des Flick-Konzerns vom 1. Juni 1983 an den Bundes- minister der Finanzen betr. Einhaltung des Steuergeheimnisses gegenüber dem Untersuchungsausschuß 34 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 30. September 1983 betr. Auswahl der von der Bundesregierung überlassenen Akten 35 Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 7. Oktober 1983 betr. Änderungs- überlegungen zu § 6 b EStG und § 4 AIG 36 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 11. Oktober 1983 betr. Beiziehung von Akten des Bundeskanz- leramts 37 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 11. Oktober 1983 betr. Beiziehung der bei der Überprüfung der Bescheinigungen nach § 6 b EStG und § 4 AIG entstandenen Akten 38 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 12. Oktober 1983 betr. Beiziehung von Unterlagen des Flick-Konzerns vom BMF 39 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 12. Oktober 1983 zur Ergänzung des Beweisantrags Ausschuß-Drucksache Nr. 34 40 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 24. Oktober 1983 zum gesamten Untersuchungsauftrag 41 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 21. Oktober 1983 zum gesamten Untersuchungsauftrag - 42 Antrag der SPD-Fraktion vom 24. Oktober 1983 zur Ergänzung des Auftrages des 1. Untersuchungsausschusses (Bundestags-Drucksache 10/520) Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Drucksachen Nummer Art, Datum und Inhalt

43 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP zur Ergänzung des Auftrages des 1. Untersuchungsausschusses (Bundestags-Drucksache 10/521) 44 Antrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 24. Oktober 1983 zu Beginn und Reihenfolge der Zeugenvernehmungen 45/45 neu Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 25. Oktober 1983 betr. Beiziehung der Referatsakten des BMWi 46/46 neu Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 25. Oktober 1983 betr. Beiziehung der Akten des BMWi 47 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 25. Oktober 1983 betr. Beiziehung von Akten des BMWi und des BMF 48 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 25. Oktober 1983 betr. Beiziehung von Akten des Bundeskartellamtes 49 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 25. Oktober 1983 betr. Beiziehung von Akten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- wesen 50 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 25. Oktober 1983 betr. den 6 b-Bericht des BMF von 1977 51 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 1983 betr. Wahrung des Steuergeheimnisses gegenüber Untersuchungsausschüs- sen 52 Antwortschreiben des Bundesministers der Finanzen vom 26. Oktober 1983 zum Schreiben AusschußDrucksache Nr. 26 53 Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 26. Oktober 1983 betr. Umfang der Aktenherausgabe 54 Schreiben des Rechtsbeistands des Zeugen Nemitz vom 25. Oktober 1983 betr. Wah- rung des Steuergeheimnisses 55 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 26. Oktober 1983 an den Bundeskanzler betr. Beiziehung von Akten des Bundeskanzleramts 56 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 26. Oktober 1983 an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Bonn betr. Überlassung der Ermitt- lungsakten 57 Antwortschreiben des Leitenden Oberstaatsanwalts Bonn vom 31. Oktober 1983 zu Schreiben Ausschuß-Drucksache 56 58 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 9. November 1983 betr. Bei- ziehung von Ermittlungsakten 59 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 9. November 1983 zum gesamten Untersuchungsauftrag 60 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 9. November 1983 betr. Akten aus dem Verfahren zur Überprüfung der Bescheinigungen nach § 4 AIG 61 Schreiben von Staatssekretär Dr. Obert (BMF) vom 9. November 1983 betr. Überlas- sung von Unterlagen des Flick-Konzerns 62 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 9. November 1983 zum gesamten Untersuchungsauftrag 63 Beweisantrag der Fraktion DIE GRÜNEN im 1. Untersuchungsausschuß vom 24. Oktober 1983 zum gesamten Untersuchungsauftrag 64 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 11. November 1983 an den Bundesminister der Finanzen betr. Beiziehung weiterer Akten - 65 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 11. November 1983 an den Bundesminister für Wirtschaft betr. Beiziehung weiterer Akten Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Drucksachen- Art, Datum und Inhalt Nummer

66 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramts vom 17. November 1983 betr. Übersen- dung dort entstandener Akten 67 Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag vom 14. November zur Ergänzung des Untersuchungsauftrages 68 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 30. November 1983 betr. Beiziehung von Strafverfahrensakten 69 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 1. Dezember 1983 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen betr. Anforderung noch fehlender Aktenteile 70 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 9. Dezember 1983 betr. Beiziehung weiterer Strafverfahrensakten 71 Antwortschreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. De- zember 1983 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 69 72 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 12. Dezember 1983 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen betr. Beiziehung weite- rer Strafverfahrensakten 73 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE -GRÜNEN) vom 20. Dezember 1983 betr. Beiziehung weiterer Strafverfahrensakten 74 Antwortschreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. De- zember 1983 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 72 75 Erklärung von Staatssekretär Dr. Schlecht (BMWi) zum Bescheinigungsverfahren bei § 6 b-Anträgen, insbesondere im Falle Flick, vom 20. Dezember 1983 76 Schreiben des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 28. De- zember 1983 betr. Überlassung von Strafverfahrensakten 77 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 4. Januar 1984 betr. Übersendung von Referatsakten des BMWi sowie des BKartA 78 Schreiben des Ausschußsekretärs vom 6. Januar 1984 an den Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichtes Bonn betr. Überlassung von Strafverfahrens- akten 79 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 6. Januar 1984 mit Ergänzung des Berichts der Bundesregierung zu § 6 b EStG und § 4 AIG (Ausschuß- Drucksache Nr. 18) 80 Antwortschreiben des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 9. Januar 1984 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 78 81 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. Januar 1984 zur Übersendung eines Aktenverzeichnisses 82 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramts vom 13. Januar 1984 mit Aussagege- nehmigungen 83 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 18. Januar 1984 betr. Beiziehung weiterer Strafverfahrensakten 84 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 18. Januar 1984 betr. Be- schwerdeeinlegung gegen die Weigerung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn, vollständige Akteneinsicht zu gewähren 85 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsaus- schuß vom 18. Januar 1984 betr. Antrag gem. § 23 EGGVG 86 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 18. Januar 1984 betr. Beiziehung von Akten des General- staatsanwalts in Köln Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Drucksachen- Art, Datum und Inhalt Nummer

87 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 17. Januar auf Einholung eines Gutachtens der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages betr. Durchsetzung von Aktenbeiziehungs- beschlüssen 88 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 18. Januar 1984 betr. Aktenherausgabe 89 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 20. Januar 1984 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen betr. Beiziehung weiterer Ermittlungsakten 90 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 18. Ja- nuar 1984 betr. Einlegung einer Beschwerde gegen die Weigerung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn, vollständige Akteneinsicht zu gewäh- ren 91 Schreiben von Staatssekretär Dr. Obert (BMF) vom 19. Januar 1984: Übersendung. der im BMF geführten Akten zum Bericht der Bundesregierung vom 9. Februar 1977 über die Inanspruchnahme der §§ 6 b und 6 c EStG 92 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 25. Januar 1984 betr. beigezogene Akten des Bundesministers für Wirtschaft 93 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG beim Oberlandesgericht Hamm wegen der Weigerung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landge- richts Bonn, vollständige Akteneinsicht zu gewähren 94 SPD-Presseinformation vom 14. Januar 1975 mit Erklärung des Bundeskanzlers Schmidt zum Verkauf von Daimler-Benz-Aktien durch den Flick-Konzern an die Deutsche Bank 95 Schreiben des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) vom 5. März 1979 an die Arbeits- gruppe Steuern der SPD-Fraktion zu § 6 b EStG und § 4 AIG 96 Beschlußprotokoll der Arbeitsgruppe Steuern der SPD-Fraktion vom 27. März 1979 97 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 26. Januar 1984 betr. Gespräch zwischen Vertretern des Flick- Konzerns und der Bundesregierung 98 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 26. Januar 1984 betr. Beiziehung weiterer Akten des Bundes- ministers der Finanzen 9.9 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 26. Januar 1984 betr. Gespräche zwischen dem Flick-Konzern und Politikern 100 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 26. Januar 1984 auf Einholung einer Auskunft des Bundesministers der Finanzen 101 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 26. Januar 1984 betr. Beiziehung von Kabinettsprotokollen 102 Auskunftsersuchen des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 19. Ja- nuar 1984 an den Präsidenten des Bundesrechnungshofes 103 Schreiben des Zeugen Abg. Dr. Hans Apel vom 27. Januar 1984: Ergänzung der Zeu- genaussage vor dem 1. Untersuchungsausschuß 104 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 1. Februar 1984 betr. Beiziehung von Akten des Bundesrech- nungshofes 105 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 31. Januar 1984 an Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) gem. Ausschuß-Drucksache Nr. 92 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Drucksachen- Art, Datum und Inhalt Nummer

106/106 neu Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 2. Februar 1984 betr. Gespräch zwischen dem Flick-Konzern und Politikern 107 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 1984 betr. Aktenübersendung 108 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 2. Februar 1984 betr. Gespräch zwischen dem Flick-Konzern und dem Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen 109 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Februar 1984 wegen des Antrags gem. § 23 EGGVG (Ausschuß-Drucksache Nr. 93) 110 Sammlung von Presseveröffentlichungen zu den Anträgen des Flick-Konzerns (vom Zeugen Eberhard von Brauchitsch übergeben) 111 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Februar 1984: Ersuchen um Zuleitung der Protokolle der Zeugenvernehmungen des 1. Unter- suchungsausschusses an die StA Bonn 112 Auszug aus dem Kurzprotokoll der 11. Sitzung des Bundestagsausschusses für Wirt- schaft vom 25. Januar 1984: Mündlicher Bericht des Bundesministers für Wirtschaft über die Einhaltung von Fristen für die Rücknahme von Bescheiden nach § 6 b EStG und § 4 AIG 113 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 15. Februar 1984 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen betr. Überlassung von Einstellungsverfügungen der StA 114 Stellungnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 15. Februar 1984 zu Fragen der gerichtlichen Durchsetzung eines Aktenbeizie- hungsbeschlusses 115 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 20. Februar 1984 betr. Einflußnahme des Flick-Konzerns auf Politiker 116 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 1984 betr. Überlassung von Akten der StA 117 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramts vom 23. Februar 1984 betr. Überlas- sung von Kabinettsprotokollen 118 Schreiben des Generalstaatsanwalts Köln vom 27. Februar 1984 betr. Überlassung von Akten 119 Schreiben der Abgeordneten Baum (FDP) und Dr. Hüsch (CDU) vom 21. Februar 1984 betr. Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Einlegung einer Beschwerde gegen die Weigerung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn, vollständige Akteneinsicht zu gewähren 120 Entwurf der Beschwerdeschrift vom 16. Februar 1984 121 Schreiben von Staatssekretär Dr. Obert (BMF) vom 7. März 1984 zur Übersendung der Protokolle der Abteilungsleiterkonferenzen und Kollegiumssitzungen im Bun- desfinanzministerium 122 Schreiben des Präsidenten des Bundesrechnungshofes vom 9. März 1984 zur Über- sendung von Akten 123 Schreiben des Präsidenten des Landtages von Nordrhein-Westfalen vom 22. Fe- bruar 1984 zur Übersendung von Protokollen der öffentlichen Sitzungen des Unter- suchungsausschusses des Landtages von Nordrhein-Westfalen betr. Veröffentli- chungen von Auszügen aus Akten des bei der StA Bonn anhängigen Ermittlungs- verfahrens wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung usw. 124 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Februar 1984: Übersendung der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts Hamm vom 24. Februar 1984 zum Antrag des 1. Untersuchungsausschusses gem. § 23 EGGVG (Ausschuß-Drucksache Nr. 93) Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Drucksachen Nummer Art, Datum und Inhalt

125 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 3. April 1984 betr. Beiziehung von Akten des Bundeskanzler- amts 126 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 3. April 1984 auf Einholung einer amtlichen Auskunft des Chefs des Bundeskanzleramts 127 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 3. April 1984 auf Einholung einer amtlichen Auskunft des Chefs des Bundeskanzleramts 128 Gemeinsamer Beweisantrag der Mitglieder aller Fraktionen im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 12. April 1984 zur Erweiterung des Gegenstandes der Vernehmung eines Zeugen 129 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 6. April 1984 betr. Aktenüberlassung 130 Schreiben von Staatssekretär Dr. Obert (BMF) vom 4. April 1984 betr. Aktenüber- lassung 131 Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 6. April 1984 zum Quorum bei Beweisanträgen 132 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 11. April 1984 auf Vernehmung weiterer Zeugen 133 Beweisantrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 11. April 1984 auf Vernehmung eines weiteren Zeugen 134 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 10. April 1984 zur Straffung der Ausschußarbeit 135 Schreiben eines Mitarbeiters des Bundeskanzlers a. D. Schmidt vom 18. April 1984 an den Sekretär des 1. Untersuchungsausschusses: Übersendung eines Terminka- lenders (Auszug) des damaligen Bundeskanzlers Schmidt 136 Beschwerde des 1. Untersuchungsausschusses vom 18. April 1984 gegen die Weige- rung des Vorsitzenden Richters der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn, voll- ständige Akteneinsicht zu gewähren 137 Entscheidung der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 24. April 1984, der Beschwerde des 1. Untersuchungsausschusses (Ausschuß-Drucksache Nr. 136) nicht abzuhelfen 138 Schreiben von Staatssekretär Dr. Obert (BMF) vom 30. April 1984: Auskunft über Teilnehmer an einem Gespräch mit dem früheren Bundesminister der Finanzen Dr. Apel 139 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramtes vom 3. Mai 1984: Auskunft über Gespräche zwischen Dr. F. K. Flick und Bundeskanzler a. D. Schmidt 140 Vermerk des damaligen Vorstandssprechers der Dresdner Bank Frankfurt/Main, Ponto, vom 21. Mai 1976 über ein Gespräch mit Alfred Nau wegen Geldzuwendun- gen an die Friedrich-Ebert-Stiftung 141 Pressemitteilung der StA Bad Kreuznach vom 15. Mai 1984 zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Dr. Friderichs u. a. wegen versuchter Strafvereite- lung und Urkundenunterdrückung bzw. Beihilfe hierzu 142 Vermerk des Sekretärs des 1. Untersuchungsausschusses vom 16. Mai 1984 über Auskünfte zu den Gesprächen zwischen Bundeskanzler a. D. Schmidt und Dr. F. K. Flick 143 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- - chungsausschuß vom 22. Mai 1984 auf Vernehmung weiterer Zeugen Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

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144 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 22. Mai 1984 auf erneute Vernehmung des Zeugen Bundes- kanzler a. D. Schmidt 145 Antrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 22. Mai 1985: Änderungsantrag zum Beweisantrag Ausschuß-Druck- sache 133 146 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 22. Mai 1984 betr. Beiziehung von Ermittlungsakten der StA Bad Kreuznach 147 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 24. Mai 1985 betr. Einholung einer Auskunft der StA Bonn 148 Ergänzende Auskünfte des Zeugen Dr. K. F. Flick zu seinen Aussagen vor dem 1. Untersuchungsausschuß 149 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 29. Mai 1984 betr. Beiziehung weiterer Ermittlungsakten der StA Bonn 150 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 29. Mai 1985 zur Vernehmung weiterer Zeugen 151 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 30. Mai 1985 zur Vernehmung eines weiteren Zeugen 152 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 30. Mai 1985 betr. Beiziehung weiterer Ermittlungsakten der StA Bonn 153 Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 4. Juni 1984: Auskunft zur Behandlung von Anträgen nach § 6 b EStG und § 4 AIG 154 Beweisantrag .der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 6. Juni 1984 zur Vernehmung eines weiteren Zeugen 155 Schreiben von Staatssekretär Dr. Obert (BMF) vom 8. Juni 1984 betr. Übersendung weiterer Akten 156 Schreiben der Abgeordneten Dr. Struck und Dr. Spöri (SPD) vom 14. Juni 1984 zur Anberaumung von Vernehmungsterminen in der Sommerpause des Deutschen Bundestages 157 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 19. Juni 1984 betr. Über- lassung von Akten 158 Schreiben des Sekretariats des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Deutschen Bank AG, Franz Heinrich Ulrich, vom 25. Juni 1984 an den Sekretär des 1. Untersu- chungsausschusses: Übersendung verschiedener Gesprächsnotizen 159 Anträge der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungs- ausschuß vom 26. Juni 1984: 1. Einholung einer amtlichen Auskunft der StA Bonn, 2. Vorschlag zur Reihenfolge weiterer Zeugenvernehmungen 160 Schreiben des Rechtsbeistands des Zeugen Dr. Flick vom 19. Juni 1984: Auskunft zu einem Vermerksentwurf 161 Gesprächsnotizen vom Zeugen Dr. Mertin, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank AG, in der 37. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses am 27. Juni 1984 über- geben 162 Beweisantrag der Abgeordneten Schily und Hoss (DIE GRÜNEN) vom 27. Juni 1984 betr. Beiziehung von weiteren Akten des Bundeskanzleramts 163 Beschluß des OLG Hamm vom 25. Juni 1984 zum Antrag des 1. Untersuchungsaus- schusses auf gerichtliche Entscheidung nach den § 23 EGGVG (Ausschuß-Druck- sache Nr. 93) - 164 Schreiben des Ministeriums der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz vom 5. Juli 1984 betr. Übersendung von Ermittlungsakten Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

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165 Urteil des Bundesverfasssungsgerichts vom 17. Juli 1984 in dem Organstreitverfah- ren wegen Herausgabe von Akten durch die Bundesregierung an den 1. Untersu- chungsausschuß 166 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen, ohne Datum, betr. Beiziehung von Ermittlungsakten 167 Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finan- zen, Dr. Häfele, vom 25. Juli 1984 zur Übergabe von Akten nach dem Urteil des Bun- desverfassungsgerichts (Ausschuß-Drucksache Nr. 165) 168 Mitteilung der Verfahrensbevollmächtigten des 1. Untersuchungsausschusses vom 19. Juli 1984 zum Stand der Beschwerdeverfahren (Ausschuß-Drucksache Nr. 136) 169 Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Köln vom 6. Juli 1984 zur Be- schwerde des 1. Untersuchungsausschusses (Ausschuß-Drucksache Nr. 136) 170 Entgegnung zur Stellungnahme des Generalstaatsanwalts Köln im Beschwerdever- fahren vom 26. Juli 1984 (Ausschuß-Drucksache Nr. 136) 171 Bericht der Verfahrensbevollmächtigten des 1. Untersuchungsausschusses vom 16. Juli 1984 zum Stand des Beschwerdeverfahrens (Ausschuß-Drucksache Nr. 136) 172 Schreiben der StA Bonn vom 31. Juli 1984: Übersendung von Ermittlungsakten 173 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 9. August 1984 an den Staatsminister der Justiz in München: Anforderung von Akten eines bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I anhängigen Ermittlungsverfahrens 174 Auskunft des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. August 1984 über Ermittlungen im Zusammenhang mit Zahlungen des Flick-Konzerns 175 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. August 1984 betr. Über- sendung weiterer Akten nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (Ausschuß-Drucksache Nr. 165) 176 Schreiben des Staatssekretärs Dr. von Würzen (BMWi) vom 15. August 1984 betr. Überlassung von Akten nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (Ausschuß-Drucksache Nr. 165) 177 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramts vom 22. August 1984: Obersendung weiterer Akten nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (Aus- schuß-Drucksache 165) 178 Schreiben des Flick-Konzerns vom 3. September 1984: Obersendung von Schrift- stücken im Zusammenhang mit den Vernehmungen des Zeugen Paefgen 179 Schreiben des Abgeordneten Baum (FDP) vom 10. September 1984 betr. Überlas- sung von Ermittlungsakten der StA Bonn 180 Schreiben des Abgeordneten Dr. Hüsch (CDU/CSU) vom 11. September 1984 betr. Überlassung von Ermittlungsakten der StA Bonn 181 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramts vom 11. September 1984 betr. Unterla- gen eines früheren Mitarbeiters des Bundeskanzleramts 182 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 13. September 1984 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen betr. Anforderung von Ermittlungsakten der StA Bonn 183 Antwortschreiben des Bayerischen Staatsministers der Justiz vom 12. September 1984 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 173 184 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion vom 18. Septem- ber 1984 betr. Beiziehung von Ermittlungsakten der StA München 185 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion vom 18. Septem- ber 1984 betr. Vernehmung eines weiteren Zeugen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Drucksachen Art, Datum und Inhalt Nummer

186 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) betr. Übersendung weiterer Akten 187 Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 1984 zur Beschwerde des 1. Untersuchungsausschusses (Ausschuß-Drucksache Nr. 136) 188 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 19. September 1984: Ausset- zung der Beweisaufnahme 189 Antwortschreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24. September 1984 zum Schreiben Ausschuß-Drucksache Nr. 182 190 Schreiben des Staatssekretärs Dr. Obert (BMF) vom 25. September 1984: Übersen- dung von Akten 191 Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramts vom 26. September 1984 betr. Unterla- gen eines früheren Mitarbeiters des Bundeskanzleramts 192 Schreiben des Bundesrechnungshofs vom 2. Oktober 1984: Übersendung eines Prü- fungsberichts 193 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 8. Oktober 1984: Aussetzung der Beweisaufnahme 194 Beweisbeschluß des 1. Untersuchungsausschusses vom 9. Oktober 1984 zur Verneh- mung weiterer Zeugen 195 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 12. Oktober 1984 auf Fortset- zung der Vernehmung eines Zeugen 196 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen: Einwände des Rechtsbeistands von Dr. F. K. Flick und des Flick-Konzerns gegen die vom 1. Un- tersuchungsausschuß beschlossenen Beiziehung von Ermittlungsakten der StA Bonn 197 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses an die Ausschuß- mitglieder zur Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Akten 198 Schreiben des Generalbevollmächtigten des Schatzmeisters der CDU vom 11. Okto- ber 1984: Übersendung von Materialien zur Parteienfinanzierung 199 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 17. Oktober 1984 betr. Beizie- hung weiterer Ermittlungsakten der StA Bonn 200 Schreiben des Zeugen Richard Wurbs vom 17. Oktober 1984: Ergänzung der Verneh- mung vor dem 1. Untersuchungsausschuß 201 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 5. November 1984: Ergänzung des Beweisbeschlusses Ausschuß-Drucksache Nr. 194 202 Schreiben des Zeugen Richard Wurbs vom 13. November 1984: Protokollberichti- gung 203 Schreiben des Zeugen Dr. Dr. Albert Paul vom 8. November 1984: Bitte um Übersen- dung eines Vernehmungsprotokolls 204 Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. November 1984 betr. Bekanntwerden von Fakten und Zitaten aus Ermittlungsakten der StA Bonn in der Öffentlichkeit 205 Weiteres Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. No- vember 1984 betr. Bekanntwerden von Fakten und Zitaten aus Ermittlungsakten der StA Bonn in der Öffentlichkeit 206 Schreiben des Zeugen Dr. Dr. Albert Paul vom 15. November 1984: Protokollberich- tigung und Übersendung von Unterlagen

207 Schreiben von Kurt Ziesel, Breitbrunn, an den Vorsitzenden des 1. Untersuchungs-- ausschusses vom 15. November 1984 betr. „Diehl-Liste" (mit Anlagen) Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Drucksachen Nummer Art, Datum und Inhalt

208 Schreiben des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, Dr. Hans-Jochen Vogel, vom 19. November 1984: Übersendung eines an den Bundes- tagspräsidenten Dr. Jenninger gerichteten Schreibens betr. Äußerung des Minister- präsidenten des Freistaates Bayern über die Arbeitsweise des 1. Untersuchungs- ausschusses 209 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses vom 27. November 1984 an die Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses: Grenzen des Zutritts- rechts von Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu öffentlichen Ausschußsit- zungen 210 Schreiben des Zeugen Dr. Blaschke vom 23. November 1984: Übersendung von Unterlagen und schriftlichen Auskünften 211 Schreiben des Bayerischen Staatsministers der Justiz vom 14. November 1984: Übersendung der Akten der StA bei dem Landgericht München I 212 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 27. November 1984 zur Vernehmung eines weiteren Zeugen 213 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 27. November 1984 zur Vernehmung weiterer Zeugen 214 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 27. November 1984 betr. Auskünfte des Flick-Konzerns 215/215 neu Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 28. November 1984 zur Vernehmung weiterer Zeugen 216 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 30. No- vember 1984 betr. Einholung einer Auskunft der Bundesregierung 217 Schreiben des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Willy Brandt, vom 30. November 1984: Ergänzung der Zeugenaussage vor dem 1. Untersu- chungsausschuß 218 Schreiben (Auszug) des Rechtsbeistands des Zeugen Dr. Friderichs vom 3. Dezem- ber 1984: Ergänzende Mitteilungen zu den Aussagen des Zeugen Dr. Friderichs vor dem 1. Untersuchungsausschuß 219 Beweisantrag der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- chungsausschuß vom 11. Dezember 1984 zur Vernehmung weiterer Zeugen 220 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 12. De- zember 1984 betr. Auskunftserteilung durch die 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn und die StA Bonn über den Inhalt von Strafverfahrensakten 221 Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 14. November 1984 betr. Nichtzulassung der Anklage gegen den Unternehmer Horst Manfred Nemitz, Köln, und den Rechts- anwalt Dr. Horst-Ludwig Riemer, Düsseldorf 222 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 8. Ja- nuar 1985 betr. Beiziehung von Anklageschriften der StA Bonn 223 Schreiben des Bayerischen Staatsministers der Justiz, München, vom 7. Dezember 1984: Übersendung von Akten der StA bei dem Landgericht München I 224 Schriftliche Auskünfte des Flick-Konzerns vom 10. Januar 1985 225 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 15. Januar 1985 betr. Vernehmung weiterer Zeugen 226 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 16. Januar 1985 betr. Beizie- hung weiterer Strafverfahrensakten 227 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 16. Januar 1985: Ergänzung des Antrags Ausschuß-Drucksache 222 - 228 Schreiben des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 21. Ja- nuar 1985 mit Auskünften zum Inhalt von Strafverfahrensakten Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

Drucksachen- Art, Datum und Inhalt Nummer

229 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 23. Ja- nuar 1985 betr. Einsicht in weitere Strafverfahrensakten 230 Schreiben des Leitenden Oberstaatsanwaltes Bonn vom 31. Januar 1985 mit Aus- künften zum Inhalt von Strafverfahrensakten 231 Schreiben des Rechtsbeistands des Zeugen von Brauchitsch vom 4. Februar 1985: Einwände gegen die Beiziehung einer Anklageschrift der StA Bonn 232 Schreiben des Rechtsbeistands des Zeugen Dr. Graf Lambsdorff vom 4. Februar 1985: Übersendung einer Anklageschrift der StA Bonn (Auszüge) 233 Schreiben des Zeugen Abg. Dr. Barzel vom 8. Februar 1985: Übersendung von Unterlagen zur Ergänzung seiner Aussagen vor dem 1. Untersuchungsausschuß 234 Schreiben des Zeugen Ulrich vom 13. Februar 1985: Übersendung einer Aktennotiz zur Ergänzung seiner Aussagen vor dem 1. Untersuchungsausschuß 235 Schreiben des Zeugen Prof. Dr. Kartte vom 15. Februar 1985: Ergänzung seiner Aus- sage vor dem 1. Untersuchungsausschuß 236 Schreiben des Zeugen Ministerialdirektor Dr. Uelner (BMF) vom 15. Februar 1985: Übersendung der Kopie eines an den Zeugen Bundesminister a. D. Matthöfer gerichteten Schreibens vom 8. Februar 1985 237 Schreiben des Zeugen Bundesminister a. D. Matthöfer vom 5. Februar 1985: Stel- lungnahme zu Presseberichten über die Aussagen des Zeugen Ministerialdirektor Dr. Uelner (BMF) 238 Schreiben des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 26. Fe- bruar 1985: Ablehnung weiterer Akteneinsicht 239 Schreiben von Staatssekretär Dr. von Würzen (BMWi) vom 25. Februar 1985: Über- sendung von Unterlagen 240 Schreiben des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 27. Fe- bruar 1985: Übersendung einer Anklageschrift (Auszüge) 241 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion vom 28. Februar 1985, gegen die Entschei- dung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 26. Februar 1985 (Ausschuß-Drucksache Nr. 238) Beschwerde einzulegen 242 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 1. März 1985, gegen die Ent- scheidung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 26. Fe- bruar 1985 (Ausschuß-Drucksache Nr. 238) Beschwerde einzulegen 243 Beweisantrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 1. März 1985 betr. Ver- nehmung eines weiteren Zeugen 244 Schreiben des Zeugen Dr. Blaschke vom 4. März 1985: Schriftliche Ergänzung sei- ner Aussagen vor dem 1. Untersuchungsausschuß 245 Schreiben des Zeugen Ministerialdirektor a. D. Dr. Karl Koch vom 8. März 1985: Übersendung einer Kopie eines an den Zeugen Bundesminister a. D. Matthöfer gerichteten Schreibens vom 14. Februar 1985 246 Schreiben des Präsidenten des Bundeskartellamts vom 25. März 1985: Übersendung einer Aufstellung der Bescheinigungsverfahren nach § 6b EStG und § 4 AIG, an denen das Bundeskartellamt mitgewirkt hat 247 Schreiben des Rechtsbeistands des Zeugen Dr. F. K. Flick vom 25. April 1985: Ergän- zende Angaben zur Vernehmung des Zeugen Dr. F. K. Flick 248 Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Köln vom 5. Juni 1985 zu den Be- schwerden des Abgeordneten Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag vom 4. April 1985. gegen die Entscheidung des Vorsitzenden der 7. Straf- kammer des Landgerichts Bonn vom 26. Februar 1985 (Ausschuß-Drucksache Nr. 238) Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

Drucksachen- Art, Datum und Inhalt Nummer

249 Schreiben des Vorsitzenden des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Juni 1985 mit Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Köln vom 31. Mai 1985 zu der Beschwerde der Mitglieder des Deutschen Bundestages Dr. Penner, Poß, Dr. Spöri und Dr. Struck vom 6. März 1985 gegen die Entscheidung des Vorsit- zenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 26. Februar 1985 (Aus- schuß-Drucksache Nr. 238) 250 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 22. Juli 1985 betr. Beiziehung von Protokollen des Untersuchungsausschusses des rheinland-pfälzischen Landta- ges 251 Stellungnahme der Verfahrensbevollmächtigten des Flick-Konzerns zur Be- schwerde der SPD-Fraktion des Deutschen Bundestages gegen die Entscheidung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 26. Februar 1985 (Ausschuß-Drucksache Nr. 238) 252 Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft vom 18. Juli 1985: Übersendung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. Mai 1985 in dem verwaltungsge- richtlichen Verfahren der Fa. Flick gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Rücknahme von Bescheinigungen nach § 4 AIG 253 Antrag der Mitglieder der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuß vom 7. Okto- ber 1985 betr. erneutes Ersuchen um Akteneinsicht an den Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn (entspr. Ausschuß-Drucksache Nr. 229) 254 Antrag des Abgeordneten Schily (DIE GRÜNEN) vom 15. Oktober 1985, gegen die Entscheidung des Vorsitzenden der 7. Strafkammer des Landgerichtes Bonn vom 26. Februar 1985 (Ausschuß-Drucksache Nr. 238) Beschwerde einzulegen 255 Neufassung des Antrags Ausschuß-Drucksache 254 256 Verfassungsbeschwerde der Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag vom 31. Oktober 1985 gegen den Beschluß des OLG Köln vom 14. September 1985 (Aus- schuß-Drucksache Nr. 187) 257 Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag nach Artikel 93 Abs. 1 Nr. 1 GG vom 31. Oktober 1985 gegen den 1. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages 258 Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag vom 31. Oktober 1985 auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in den Verfahren gem. Ausschuß-Druck- sachen 256 und 257 259. Antrag des Abg. Schily (DIE GRÜNEN) vom 13. November 1985 betr. Wiedereintritt in die Beweisaufnahme 260 Schreiben des Vorsitzenden des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1985: Aufforderung zur Stellungnahme zum Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (Ausschuß-Drucksache Nr. 258) 261 Stellungnahme des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vom 4. Dezember 1985 zum Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (Ausschuß-Drucksache Nr. 258) 262/262 neu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 1985 im Verfahren gemäß Ausschuß-Drucksachen Nr. 257 und 258 263 Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft vom 21. Januar 1986 zum Stand des Verwaltungsstreitverfahrens wegen der Rücknahme der Bescheinigungen nach § 4 AIG 264 Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 29. Januar 1986 zum Stand des Verwaltungsstreitverfahrens der Fa. Flick gegen die Bundesrepublik Deutschland (hier: Rücknahme der Klage durch die Klägerin) 265 Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 1986 im Verfahren gemäß Ausschuß-Drucksachen Nr. 256 und 258 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Drucksache 10/5079

509 Anlage 5

Abkürzungsverzeichnis

Abg. Abgeordnete (r) Abs. Absatz Abtlg. Abteilung a. D. außer Dienst A.-drs. Ausschußdrucksache a. F. alte Fassung AIG, Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen auch AusllnvG Wirtschaft. Kurzform: Auslandsinvestitionsgesetz AK Arbeitskreis AL Abteilungsleiter Art. Artikel Az. Aktenzeichen BAV Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Bd. Band BDI Bundesverband der Deutschen Industrie BK Bundeskanzler, Bundeskanzleramt BKartA Bundeskartellamt Bl. Blatt BM Bundesminister BMF Bundesministerium der Finanzen BMFT Bundesministerium für Forschung und Technologie BMO Beweismittelordner BMVg Bundesministerium der Verteidigung BMWi Bundesministerium für Wirtschaft BRH Bundesrechnungshof BT Deutscher Bundestag BT-Drs. Bundestagsdrucksache BT-Prot. Stenographisches Protokoll des Deutschen Bundestages BVerfG Bundesverfassungsgericht DN Dynamit Nobel EGGVG Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz EStG Einkommensteuergesetz FES Friedrich-Ebert-Stiftung FR Frankfurter Rundschau GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ggf. gegebenenfalls GKB Gerling-Konzern-Versicherungs-Beteiligungs-AG GStA Generalstaatsanwalt, Generalstaatsanwaltschaft GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen i. d. F. in der Fassung IG Industriegewerkschaft IPA-Regeln Entwurf eines Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsaus-

schüssen des Bundestages (BT-Drs. V/4209) — (Gesetzentwurf der Interparla- mentarischen Arbeitsgemeinschaft) i. R. im Ruhestand KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien LG Landgericht LT-Drs. Landtagsdrucksache MD Ministerialdirektor MdB Mitglied des Deutschen Bundestages MdL Mitglied des Landtages MdEP Mitglied des Europäischen Parlaments MDgt, MinDirig Ministerialdirigent MR, MinR Ministerialrat Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

NRW Nordrhein-Westfalen OLG Oberlandesgericht OPEC Organization of the Petroleum Exporting Countries (Organisation der Erdöl exportierenden Länder) OVG Oberverwaltungsgericht ÖVP Österreichische Volkspartei OStA Oberstaatsanwalt PCV Projektierung Chemische Verfahrenstechnik GmbH, Ratingen pers. persönlich ppp Parlamentarisch-Politischer Pressedienst PStS Parlamentarischer Staatssekretär RA Rechtsanwalt RD, RegDir Regierungsdirektor SEC Securities and Exchange Commission (US-Börsenaufsicht) StA Staatsanwalt, Staatsanwaltschaft StPO Strafprozeßordnung StS Staatssekretär Tz. Textziffer 1. UA 1. Untersuchungsausschuß USF United States Filter Corporation, New York VG Verwaltungsgericht VHDI Versicherungsholding der Deutschen Industrie GmbH, Düsseldorf Vors. Richter Vorsitzender Richter VS Verschlußsache

VS-NfD Verschlußsache — Nur für den Dienstgebrauch VwVfg Verwaltungsverfahrensgesetz

Deutscher Bundestag Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 10. Wahlperiode 12.03.86

Abweichender Bericht des Abgeordneten Schily

zu der Beschlußempfehlung und dem Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes — Drucksache 10/5079 —

Vorbemerkung Um Wiederholungen zu vermeiden und den Umfang des Sondervotums zu begrenzen, wird auf eine nochmalige Wiedergabe der unstreitigen Teile der Im 1. Abschnitt des Sondervotums wird ausführlich Sachverhaltsfeststellungen des Mehrheitsberichts auf solche Gesichtspunkte des Verfahrensablaufes verzichtet. Vor allem die Bearbeitungsvorgänge in eingegangen, die in dem Mehrheitsbericht über- den beteiligten Ministerien hinsichtlich der Be- haupt nicht oder nur unzureichend berücksichtigt scheinigungsverfahren sind im Mehrheitsbericht wurden. im wesentlichen — abgesehen von einzelnen Be- weiswürdigungen und Bewertungen — korrekt dar- Der 2. Abschnitt des Sondervotums enthält unter gestellt. Ähnliches gilt hinsichtlich der von den be- Ziffer 1 zunächst eine geschlossene Darstellung der teiligten Ministern und Politikern mit Vertretern Spendenpraxis des Flick-Konzerns und unter Zif- des Flick-Konzerns geführten Verhandlungen und fer 2 der Tätigkeit des vom Flick-Konzern einge- Gesprächen. Auch insoweit kommt jedoch das Son- richteten „Bonner Büro". dervotum zu teilweise erheblich abweichenden Be- weiswürdigungen und Bewertungen.

Unter Ziffer 3 sind einzelne Ergänzungen und Be- Im 3. Abschnitt wird das Gesamtergebnis der Be- richtigungen zum Mehrheitsbericht unter Bezug- weisaufnahme einschließlich der im Mehrheitsbe- nahme auf dessen jeweilige Textziffern zusammen- richt enthaltenen unstreitigen Sachverhaltsfeststel- gestellt. lungen politisch bewertet. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Inhaltsübersicht

Seite 1. Abschnitt: Ablauf des Verfahrens

1. Einsetzung des Ausschusses und dessen Auftrag 1 2. Vorgeschichte und Parallelverfahren 2 2.1 Vorgeschichte 2 2.2 Parallelverfahren 4 3. Ablauf des Untersuchungsverfahrens 5 3.1 Konstituierung des Ausschusses 5 3.2 Beweisaufnahme 5 3.2.1 Zeit- und Arbeitsaufwand 5 3.2.2 Vorbereitung der Beweisaufnahme 5 3.2.3 Aktenbeiziehung 5 3.2.4 Reichweite des Untersuchungsauftrages 12 3.2.5 Zeugenvernehmungen 13 3.2.6 Verhinderte Aufklärung 16

2. Abschnitt: Ermittelte Tatsachen (Ergänzungen und Berichtigungen zur Sachverhaltsdarstellung des Mehrheitsberichts)

1. Das Spendensystem des Flick-Konzerns 18 1.1 Spendenkanäle 18 1.1.1 Spenden der Konzern-Untergesellschaften an Politiker und Par- teien 18 1.12 Spenden der Konzern-Obergesellschaft 18 1.2 Spendenempfänger 19 1.2.1 Ermittelte Summe der Spendenzahlungen seitens der Konzern-Ober- gesellschaft 19 1.2.2 Spitzenreiter der Spendenempfänger 20 1.2.3 Signifikante Zahlungsspitzen 20 1.2.4 Spenden an Politiker und Parteien laut Diehl-Liste 22 1.2.5 Sonderzahlungen 26 1.2.6 Zahlungen an Politiker und Parteien im Vergleich mit Spenden für caritative, kirchliche, sportliche und andere Zwecke 27 2. Die „Pflege der Bonner Landschaft" durch das „Bonner Büro" des Flick-Konzerns 27 2.1 Vorbemerkung 27 22 „Thema Mitbestimmung" 28 2.3 „Kontaktausbau zu einer Gruppe potenter Politiker um Dr. Czaja" 30 2.4 „Zahlung an Willibald Hilf. / Begründung: Seine Bedeutung auch künftig im Bereich Medienpolitik" 30 2.5 Generalkonsul Conrads „Bettelbrief" 31 2.6 „Kontakt mit Wissmann auf Perspektive sehr wesentlich und auch in unserem Sinne hoffnungsvoll" 31 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Seite 2.7 „Beachtenswert ist, daß die Friedrich-Naumann-Stiftung direkt Par- teiveranstaltungen der FDP organisiert und natürlich auch finan- ziert" 32 2.8 „Spende in einer bestimmten Angelegenheit" 33 2.9 „Heiße Quellen bei den CDU-Rechten" 33 2.10 „Spezialbrief für Dr. Voss / Abwicklung über Münchner Stiftung für ihn nicht wünschenswert" 34 2.11 „Ziel ist es, die Wirtschaftspolitik des zweiten Gliedes aus der Frak tion einzubinden " 37 2.12 „Teltschik, ein wichtiger Kontaktmann für unsere Arbeit" 38 2.13 „Mit dem Ziel der Effizienzkontrolle die Spendenpolitik gestrafft (größere Wirkung mit geringeren Mitteln)" 38 2.14 „Für weitere Streichungen kaum noch Raum, ohne daß wir die Effek- tivität der politischen Verbindungen zu unserem Nachteil einschrän- ken" 39 2.15 „Ziesl beteuerte, loyal zu Dr. Kohl zu stehen" 39 2.16 „Herausfinden, ob Zimmermann, mit dem wir bekanntlich eine an- waltschaftliche Beratung haben, in Bonn helfen kann.40 ” 2.17 „Büro Bonn von Parlamentariern, Beamten sowie Funktionsträgern in Parteien 1979 in zunehmendem Maße in Anspruch genommen" 41 2.18 „Vor allem ,psychologische Beihilfe' und Argumentationshilfen ha ben uns ,gute Freunde’ für die neue Legislaturperiode gesichert" 42

3. Ergänzungen und Berichtigungen des Mehrheitsberichts 42

3. Abschnitt: Politische Bewertung und Schlußfolgerungen

1. Verhältnis von Wirtschaft und Politik 68 1.1 Vorbemerkung 68 1.2 Historische Entwicklung 68

2. Das Einflußpotential des Flick-Konzerns in der Bundesrepublik 73 2.1 Die ungebrochene Kontinuität der Flick-Herrschaft nach 1945 73 2.2 Die engen Beziehungen des Flick-Konzerns zu Parteien und Politi kern von CDU/CSU und FDP 75 2.3 Einflußmethoden 76 2.4 Einflußfelder und Einflußziele des Flick-Konzerns 79

3. Rechtliche Beurteilung 80

4. Schlußfolgerungen 81 4.1 Rückkehr zum Recht 81 4.2 Ausgabenreduzierung 82 4.3 Neue Verhaltensregeln für Abgeordnete 82 4.4 Wiedereinführung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbeste- chung? 82 4.5 Änderung der Vorschrift in § 6b EStG 82 4.6 Neutralisierung der Kapitalmacht von Großunternehmen und Ban ken 87 4.7 Stärkung der Minderheitenrechte in Untersuchungsausschüssen 87

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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

1. Abschnitt Verlauf des Verfahrens

1. Einsetzung des Ausschusses und dessen Auf welche Weise kann die Entscheidung be- Auftrag treffend die Steuerbefreiung revidiert wer- (zu Tz 1 des Mehrheitsberichts — im folgenden „zu den? Welche Vorkehrungen sind notwendig, Tz ... des MB") um künftig Steuerbefreiungen gemäß § 6b des Einkommensteuergesetzes in ähnlich oder gleichgelagerten Fällen zu verhindern? Am 27. April 1983 beantragte die Fraktion DIE Muß die Vorschrift in § 6 b des Einkommen- GRÜNEN die Einsetzung eines Untersuchungs- steuergesetzes geändert werden? ausschusses mit folgendem Auftrag (Drucksache 4. Sind von seiten des Flick-Konzerns und sei- 10/33): ner Beauftragten unmittelbar oder mittelbar „Es wird ein Untersuchungsausschuß gemäß Arti- über Dritte, insbesondere in sachlichem und kel 44 GG eingesetzt, bestehend aus dreizehn Mit- zeitlichem Zusammenhang mit den Anträgen gliedern (fünf CDU/CSU, vier SPD, zwei FDP, auf Gewährung von Steuerbefreiungen ge- zwei GRÜNE). mäß § 6 b des Einkommensteuergesetzes, Zah- lungen oder andere geldwerte Leistungen Dieser Ausschuß soll den Vorgang und insbeson- Parteien oder Politikern zugewendet wor- dere folgende Fragen klären: den? Nach einer Vielzahl von Presseberichten in den Haben Beauftragte des Flick-Konzerns insbe- letzten Jahren soll es im Zusammenhang mit sondere versucht, Steuerbefreiungen des Flick-Konzerns in Höhe a) mit Geldzahlungen den allgemeinen wirt- von über 800 Millionen DM nach § 6 b des Ein- schaftspolitischen Kurs von CDU, CSU, kommensteuergesetzes zu Einflußnahmen des SPD und FDP zu beeinflussen, Flick-Konzerns und seiner Beauftragten auf die b) Politiker durch Geschenke, Spenden und Entscheidungsfindung von Regierungsmitglie- durch Betreuung auf Auslandsreisen für dern, Abgeordneten und weiteren Personen ge- ihre Zwecke gewogen zu machen, kommen sein. Ferner sollen nach Presseberich- ten in den letzten Jahren den Parteien CDU, CSU, c) den Einfluß der Linken in SPD und FDP SPD und FDP Spenden auf dem Umweg über zu neutralisieren, steuerlich privilegierte Organisationen (z. B. ge- d) die Karriere Flick-genehmer Nachwuchs- meinnützige Vereine, staatsbürgerliche Vereini- politiker zu fördern und gungen, parteinahe Stiftungen) zugeflossen sein. e) durch gezielte Spendenzahlungen inner- parteiliche Flügelkämpfe zu entscheiden? 1. Hat der Flick-Konzern — gegebenenfalls auf welche Weise — auf Gremien oder einzelne Auf welchen Wegen sind diese Geldleistungen Mitglieder des Deutschen Bundestages, die bzw. geldwerte Leistungen erbracht worden? Bundesregierung, einzelne Ministerien und/ Fungierten steuerlich privilegierte Organisa- oder andere Stellen sowie Parteien Einfluß tionen (u. a. gemeinnützige Vereine, partei- genommen? nahe Stiftungen, staatsbürgerliche Vereini- gungen, Berufsverbände) als „Zwischenträ- 2. Wie ist die Entscheidung der damaligen SPD/ ger" und „Geldwaschanlagen"? FDP-Regierung über die Gewährung von 5. Sind diese Zuwendungen in die Rechen- Steuervorteilen aus dem Gewinn des Ver- schaftsberichte der Parteien aufgenommen kaufs von Daimler-Benz-Aktien des Flick worden? Gegebenenfalls in welcher Form? Konzerns zustande gekommen? Welche Über- legungen, Vorschläge und Informationen sind 6. Haben Abgeordnete des Deutschen Bundesta- insbesondere von den beteiligten Ministerien ges, soweit sie Zuwendungen oder andere für Wirtschaft und Finanzen oder auch von geldwerte Leistungen des Flick-Konzerns er- Behörden der Bundesländer erörtert worden? hielten, von dort Gehälter bezogen oder mit diesem über Beraterverträge verbunden wa- 3. Wie hat der Flick-Konzern seine Anträge auf ren, diese entsprechend den Verhaltensregeln Steuerbefreiung begründet? Sind seitens des für Mitglieder des Deutschen Bundestages Flick-Konzerns zur Begründung der Anträge (Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Deut- auf Steuerbefreiung unzutreffende, unvoll- schen Bundestages) dem Präsidium ange- ständige oder irreführende Angaben gemacht zeigt? Welche Abgeordnete haben in welcher worden? Was und wie ist geprüft worden, ob Höhe solche Zuwendungen erhalten? Haben- die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung diese Abgeordneten an Entscheidungen, die nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes vor- den Flick-Konzern mittelbar oder unmittelbar lagen? betreffen, mitgewirkt? Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlneriode

7. Haben die Parteien CDU, CSU, SPD und FDP chungsauftrag mit Beschluß des Deutschen Bun- auch von anderer Seite Spenden in Form von destages vom 27. Oktober 1983 lediglich wie folgt Geldbeträgen oder geldwerten Leistungen ergänzt (Plenarprotokoll 10/31 S. 2065f.): über steuerlich privilegierte Organisationen (z. B. gemeinnützige Vereine, parteinahe Stif- „Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages tungen, staatsbürgerliche Vereinigungen, Be- vom 19. Mai 1983 eingesetzte Untersuchungsaus- rufsverbände) als „Zwischenträger" und schuß soll auch klären, ob und in welcher Weise „Geldwaschanlagen" erhalten? Sind zur Ver- die Firma Flick Einfluß auf die Herausgabe der deckung solcher „Umwegfinanzierungen" vom Ausschuß in Erfüllung seines Untersu- Geldbeträge in das Ausland transferiert und chungsauftrages angeforderten behördeninter- von dort der jeweils begünstigten Partei zur nen Unterlagen über die dem Flick-Konzern be- Verfügung gestellt worden? willigten Steuervergünstigungen genommen hat." Sind Spenden der genannten Art in die veröf- fentlichten Rechenschaftsberichte der Par- Eine zusätzliche Ergänzung des Untersuchungsauf- teien aufgenommen worden? Gegebenenfalls trages beschloß der Bundestag auf Antrag der Frak- in welcher Form? tion von CDU/CSU und FDP (Drucksache 10/521) 8. Haben im Zusammenhang mit den staatsan- ebenfalls in -der Sitzung vom 27. Oktober 1983 (Ple- waltschaftlichen Ermittlungen um verdeckte narprotokoll 10/31 S. 2065f.): Parteispenden und Zahlungen des Flick-Kon- „Der durch Beschluß des Deutschen Bundestages zerns persönlich betroffene oder nicht unmit- vom 19. Mai 1983 eingesetzte Untersuchungsaus- telbar beteiligte Personen auf die laufenden schuß soll auch klären, ob Parteien, Mitglieder Verfahren Einfluß genommen? Gegebenen- des Deutschen Bundestages oder andere Perso- falls in welcher Weise und mit welchem Ziel? nen es unternommen haben, auf 9. Aus welchen Erwägungen ist im Jahre 1981 — Mitglieder der Bundesregierung, von den Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP — Parlamentarische Staatssekretäre, leitende ein Gesetzentwurf zur „steuerlichen Selbstbe- Beamte oder sonstige Mitarbeiter der gesetz- richtigung und zur Steuernachzahlung" aus- lich hierzu berufenen Stellen gearbeitet worden? Welche Veranlassung be- mit dem Ziel Einfluß zu nehmen, daß dem Flick stand, die in diesem Gesetzentwurf vorgese- Konzern von ihm beantragte Bescheinigungen hene Gewährung von Straffreiheit auch auf (§ 6 b EStG, § 4 AIG) nicht erteilt werden." Straftaten gemäß §§ 246, 243 und 266 StGB (Unterschlagung, Betrug und Untreue), die in Tateinheit mit Steuerhinterziehung begangen worden sind, zu erstrecken? 10. Welche Schlußfolgerungen ergeben sich aus 2. Vorgeschichte und Parallelverfahren diesen Vorgängen, insbesondere mit Blick auf die Bestimmung in Artikel 21 Abs. 1 Satz 4 GG 2.1 Vorgeschichte für den Gesetzgeber?" (zu Tz 4 MB)

Dieser Antrag wurde in der Plenarsitzung des Deut- Im Jahre 1953 veröffentlichte der Vorstand der so- schen Bundestages am 19. Mai 1983 mit den Stirn zialdemokratischen Partei Deutschlands eine men der CDU/CSU-, FDP- und SPD-Fraktion abge- Denkschrift mit dem Titel „Unternehmermillionen lehnt. kaufen politische Macht! Finanzierung und Kor- Statt dessen wurde der von der SPD-Fraktion ein- rumpierung der Regierungsparteien durch die Ma- gebrachte Antrag auf Einsetzung eines Untersu- nagerschicht der Wirtschaft". Bereits in dieser chungsausschusses (Drucksache 10/34) angenom- Denkschrift wurden illegale Spendenpraktiken, men, mit dem die Reichweite des Untersuchungs- Steuerhinterziehung bei Vergabe von Spendengel auftrages im wesentlichen auf die Klärung der dern, verfassungswidriges Verschweigen von Groß- Frage beschränkt wurde, ob — und falls ja, in wel- spenden in den Rechenschaftsberichten und mas- cher Weise — es der Flick-Konzern unternommen sive Einflußnahmen bestimmter Wirtschaftskreise hat, auf Entscheidungen von Mitgliedern des Deut- auf Parlament und Regierung dokumentiert und schen Bundestages, der Regierung, der Verwaltung kritisiert. Es kam jedoch weder zu einer parlamen- oder sonstiger Stellen der Bundesrepublik Deutsch- tarischen Untersuchung noch zu nennenswerten land Einfluß zu nehmen. staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten zur Aufklä- rung der Steuerstraftatbestände. Auch in den fol- (Wortlaut des SPD-Antrages siehe MB Tz 1) genden Jahren wurden hin und wieder in der Mit Ausnahme der Fraktion DIE GRÜNEN war Presse die dubiosen Methoden bei der Beschaffung keine andere Fraktion des Deutschen Bundestages von Parteispenden angeprangert, ohne daß dies je- bereit, die Untersuchungen auf Einflußnahmen und doch in der Öffentlichkeit größere Resonanz fand Spendenpraktiken anderer Großunternehmen aus- und zu parlamentarischen Konsequenzen führte. zudehnen. Vor allem in der Zeitschrift „DER SPIEGEL", aber- auch in der „Süddeutsche Zeitung", in der Wochen- Auf Antrag der Fraktion der SPD vom 24. Oktober schrift „DIE ZEIT", in der Illustrierten „Stern" und 1983 (Drucksache 10/520) wurde der Untersu im „Kölner Stadtanzeiger" erschienen Berichte Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

über illegale und verfassungswidrige Umwegfinan- Die Ermittlungen im Zusammenhang mit der „Ge- zierungen bei der Akquisition von Parteispenden, sellschaft des göttlichen Wortes mit beschränkter ohne daß sich die seinerzeit im Bundestag vertrete- Haftung" (Soverdia) und zahlreicher Spendenver- nen Parteien dazu aufraffen konnten, den Vorwür- eine erstreckten sich auch auf Verantwortliche der fen in einem parlamentarischen Untersuchungs- Geschäftsführung des Flick-Konzerns, die in den ausschuß nachzugehen. Verdacht der Beteiligung an den illegalen Spenden- transaktionen geraten waren. Im Rahmen der Er- Als im Herbst 1975 der damalige Leiter der Steuer- mittlungsverfahren fanden mehrere Durchsuchun- fahndungsstelle St. Augustin, Klaus Förster, der gen der Geschäftsräume des Flick-Konzerns statt. „Europäischen Unternehmensberatungsanstalt" in Diese Durchsuchungen führten zur Auffindung Vaduz/Liechtenstein auf die Spur kam, die mittels zahlreicher Beweismittel, insbesondere von Kas- systematischer Steuerhinterziehung Spendensum- senabrechnungen des Flick-Konzerns seit dem men in Millionenhöhe in die Kassen der CDU Jahre 1951 sowie einer dazu gehörenden Sammlung schleuste, wurde er in seinen Ermittlungen erheb- von Belegen und Quittungen ab 1975. Unter ande- lich behindert (vgl. dazu Kilz/Preuss „Flick — Die rem wurden mehrere von dem Chefbuchhalter des gekaufte Republik", Spiegel-Buch 1983 S. 21 ff.). Konzerns, Diehl, geführte Schnellhefter (Diehl-Li- Obwohl „DER SPIEGEL" bereits im Jahre 1976 ste) entdeckt, die tabellarische Zusammenstellun- über das obskure Vaduzer Unternehmen berichtete, gen von Zahlungen an die Parteien CDU/CSU, SPD fand sich auch im 1976 neu gewählten Bundestag und FDP und einzelne Politiker in den Jahren 1969 niemand, der eine parlamentarische Untersuchung bis 1980 enthielten. In weiteren Unterlagen fanden in Gang bringen wollte. Das änderte sich auch sich Hinweise auf eine enge Zusammenarbeit von nicht, als im Jahre 1977 die Steuerfahndung St. Au- Angehörigen des Flick-Konzerns mit Amtsträgern, gustin die steuerbetrügerischen Spendentransak- die in den Jahren 1975 bis 1981 mit dem Bescheini- tionen aufdeckte, die über die „Gesellschaft des gungsverfahren aus Anlaß des Daimler-Aktienver- göttlichen Wortes mit beschränkter Haftung" abge- kaufes befaßt waren und die lt. Diehl-Liste in dem wickelt wurden. Es stellte sich heraus, daß der fraglichen Zeitraum Zahlungen vom Flick-Konzern Flick-Konzern der genannten Gesellschaft im Laufe erhalten haben sollen. von mehreren Jahren eine Spendensumme in Höhe von insgesamt 12,3 Millionen DM gegen steuerab- Die Staatsanwaltschaft Bonn leitete daraufhin im zugsfähige Spendenquittungen überwiesen hatte. Februar 1982 u. a. gegen den damaligen geschäfts- Von dieser Summe ließ sich der Konzern jedoch führenden Gesellschafter der Friedrich Flick Indu- unter der Hand 80 % in bar zurückzahlen, das sind strieverwaltung KGaA Eberhard von Brauchitsch rund 9,8 Millionen DM. Weitere 10 % der Spenden- sowie gegen Bundesminister a. D. Dr. Hans Fride- summe gingen an den früheren CDU-Bundestags- richs und Bundesminister Dr. Otto Graf Lambsdorff abgeordneten Prof. Walter Löhr, die ihm „für politi- Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der sche Aufgaben der CDU" in bar ausgehändigt wur- Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsnahme ein. In einer den (vgl. unten). Über diesen Millionenbetrug zu sehr breit angelegten Berichterstattung versuchte Lasten des Fiskus berichtete wiederum „DER SPIE- „DER SPIEGEL" die Öffentlichkeit über das Aus- GEL", ohne daß der im Jahre 1980 neu gewählte maß des Skandals umfassend zu unterrichten. Un- Bundestag irgendwelche Versuche unternommen geachtet wachsender Kritik in der Bevölkerung und hätte, sich des Themas in einem parlamentarischen den Medien versuchten manche Politiker, die gegen Untersuchungsausschuß anzunehmen. Im Jahre sie und andere gerichteten Vorwürfe mit Angriffen 1981 wurden von der Staatsanwaltschaft in Bonn auf die Staatsanwaltschaft abzuwehren. Im März mehrere steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfah- 1982 sprachen der bayrische Ministerpräsident ren gegen die Verantwortlichen von sogenannten Strauß und der damalige Oppositionsführer Kohl Spendenvereinen wegen des Verdachts der Steuer- von „einer systematischen Kampagne mit spezifi- hinterziehung eingeleitet. Zu den Vereinen gehört scher politischer Zielrichtung". Strauß bezeichnete die „Staatsbürgerliche Vereinigung von 1954 e. V.", die angebliche Kampagne als einen „Generalangriff die im Laufe der Jahre über 200 Millionen DM ge- gegen die ganze Führungsschicht der Bundesrepu- gen Spendenquittung vereinnahmt und anschlie- blik" und Kohl assistierte ihm mit der Behauptung, ßend an CDU/CSU und FDP weitergeleitet haben die Enthüllungen im Zusammenhang mit der Spen- soll. Auch das Bekanntwerden dieser Ermittlungen denaffäre richteten sich in erster Linie gegen Politi- führte nicht zur Einsetzung eines Untersuchungs- ker, die für einen gemäßigt-pragmatischen Kurs ausschusses. Im Gegenteil: Eine interfraktionelle einträten, dies gelte in gewissem Sinne auch für die Arbeitsgruppe der seinerzeit im Bundestag vertre- Angriffe gegen die Gewerkschaftsführung im Zu- tenen Parteien (CDU/CSU, SPD und FDP) entwarf sammenhang mit dem ebenfalls vom „SPIEGEL" ein Amnestiegesetz, mit dem den Ermittlungen der aufgedeckten Korruptionsskandal beim gewerk- Staatsanwaltschaft die Grundlage entzogen worden schaftseigenen Baukonzern „Neue Heimat" (Be- wäre. Das Amnestiegesetz sollte in einem parla- richt der „Neue Zürcher Zeitung" vom 5. März 1982). mentarischen Schnellverfahren verabschiedet wer- Strauß verstieg sich später zu der Frage: „Welche den. (vgl. Bericht des „Tagesspiegel" vom 18. De- kriminellen Elemente gibt es im Dunstkreis der zember 1981 S. 1 „Parteien planen Eilgesetz als Aus- Staatsanwaltschaft, die geheime Zeugenverneh- weg aus der Spendenaffäre"). Die SPD-Fraktion mungsprotokolle — entweder gegen Geld oder aus stimmte dem Entwurf jedoch nicht zu, vor allem politischen Motiven — zur Diffamierung des politi- wegen des entschiedenen Widerspruchs der Abge- schen Gegners dem ,SPIEGEL’ zuspielen?" (Bericht ordneten Dr. Vogel, Dr. Schmude und Dr. Spöri. „DIE WELT" vom 30. November 1982). Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Die Versuche, die Staatsanwaltschaft einzuschüch- mitz ließ das Landgericht Bonn nicht zu; die von tern und die Offentlichkeit von den eigentlichen der Staatsanwaltschaft gegen diese Entschei- skandalösen Vorgängen abzulenken, verfingen je- dung eingelegte Beschwerde wurde vom Ober- doch nicht. Kritik in der Bevölkerung schlug teil- landesgericht verworfen. Die Anklage gegen von weise in helle Empörung um. Selbst die „Frankfur- Brauchitsch, Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambs- ter Allgemeine Zeitung" gelangte in einem im Ja- dorff wurde vom Landgericht Bonn mit Beschluß nuar 1983 abgedruckten Kommentar zu einem ver- vom 29. Juni 1984 zur Hauptverhandlung zuge- nichtenden Urteil: lassen und das Hauptverfahren eröffnet, verbun- den mit dem rechtlichen Hinweis gemäß § 265 „Was da zutage kommt, wirkt mit seinen wider- StPO, daß anstelle des Straftatbestandes der Be- wärtigen Details über schwarze Kassen in Millio- stechung bzw. Bestechlichkeit auch eine Verur- nenhöhe, Zuwendungen in Kuverts, Durchsteche- teilung lediglich wegen Vorteilsgewährung bzw. reien und unverhohlenen politischen Ansinnen Vorteilsnahme in Betracht komme. Darüber hin- wie eine Horrorgeschichte über die Abgründe des aus erhob die Staatsanwaltschaft Bonn am Kapitalismus. Es zeigen, weil rundum betroffen, 28. Dezember 1984 gegen die genannten drei An- alle Parteien nur einen schwachen Impuls, sich geklagten Anklage wegen Steuerhinterziehung mit den Skandal zu beschäftigen. Nichts dagegen, bzw. Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Auch daß die Staatsanwaltschaft in Ruhe zu Ende er- diese Anklage wurde vom Landgericht Bonn zur mittelt. Das kann der Sache nur nützen. Aber Hauptverhandlung zugelassen. Die Hauptver- dann sollte in dieses Dunkel viel Licht gebracht handlung gegen die drei Angeklagten begann werden, nicht zuletzt aus sozialhygienischen am 29. August 1985 und dauert zur Zeit noch an. Gründen." Im Hinblick auf die Mitte 1983 noch nicht abge- Im 10. Deutschen Bundestag, der im März 1983 ge- schlossenen strafrechtlichen Ermittlungen hat wählt wurde, waren die von dem Spenden- und der 1. Untersuchungsausschuß die Beiziehung Flick-Skandal betroffenen Parteien nicht mehr un- der entsprechenden Ermittlungsakten für meh- ter sich. Die neue Oppositionsfraktion der GRÜ- rere Monate zurückgestellt, um die Ermittlungs- NEN ergriff die Initiative und forderte am 27. April arbeit nicht zu stören. Der Untersuchungsaus- 1983 die Einsetzung eines Untersuchungsausschus- schuß hat ferner Zeugen, gegen die ein staatsan- ses. Ihr schloß sich die SPD-Fraktion mit einem waltschaftliches Ermittlungsverfahren eingelei- eigenen Antrag an, mit dem allerdings der Untersu- tet worden war, in Anlehnung an die Vorschrift chungsauftrag weitgehend eingeschränkt wurde. in § 136 StPO ein Aussageverweigerungsrecht Anzuerkennen ist, daß die SPD-Fraktion von ihrem eingeräumt, von dem einige Zeugen in weitem Antragsrecht gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes Umfang Gebrauch gemacht haben. Außerdem Gebrauch gemacht hat, obwohl sie damit rechnen wurde diesen Zeugen das Recht zugestanden, bei mußte, daß im Verlauf der Untersuchungen auch ihrer Vernehmung einen Rechtsanwalt als Bei- für die SPD nachteilige Sachverhalte zur Sprache stand hinzuzuziehen. Dementsprechend erschie- kommen. nen u. a. die Zeugen Dr. Flick und von Brau- chitsch mit ihren Verteidigern als Rechtsbei- stand.

2.2 Parallelverfahren b) Noch vor Beginn der Tätigkeit des 1. Untersu- (zu Tz 5 MB) chungsausschusses leitete das Bundesministe- rium für Wirtschaft am 10. November 1982 auf- Der 1. Untersuchungsausschuß hat aufgrund ein- grund von Hinweisen, die es von der Staatsan- stimmiger Beschlußfassung bei seiner Arbeit Rück- waltschaft Bonn erhalten hatte, ein Verfahren sicht auf mehrere gleichzeitig laufende Ermitt- zur Überprüfung von zwei dem Flick-Konzern lungsverfahren bzw. Strafverfahren sowie ein ver- nach § 4 AIG erteilten Bescheinigungen für den waltungsrechtliches Verfahren genommen. Erwerb von Beteiligung an dem amerikanischen Grace-Konzern ein, weil der Verdacht entstan- a) Die bereits unter Ziffer 1. genannten Ermitt- den war, daß die fraglichen Bescheinigungen lungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen aufgrund unrichtiger und unvollständiger Anga- Friderichs u. a. (50 Js 36/82) führten am 29. No- ben des Flick-Konzerns erteilt worden waren. vember 1983 zur Anklageerhebung wegen des Am 28. Dezember 1983 wurden aufgrund des Verdachts der Bestechlichkeit gegen Bundesmi- Überprüfungsverfahrens die Bescheinigungen nister a. D. Dr. Friderichs, Bundeswirtschaftsmi- für die Grace-Beteiligung zurückgenommen. Der nister Dr. Graf Lambsdorff und den früheren Flick-Konzern hat dagegen Klage beim Verwal- Wirtschaftsminister in NRW, Dr. Riemer, sowie tungsgericht Köln erhoben, das mit Urteil vom wegen des Verdachts der Bestechung gegen den 28. Mai 1985 teils zu ungunsten, teils zugunsten früheren persönlich haftenden Gesellschafter des Flick-Konzerns entschied. Gegen das Urteil des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch haben beide Seiten Berufung eingelegt. Im Beru- und den für die Unternehmensgruppe seinerzeit fungsverfahren hat der Flick-Konzern mit Zu- tätigen Kaufmann Nemitz. Das Verfahren hin- stimmung der Bundesregierung die Klage zu- sichtlich der übrigen Beschuldigten wurde einge- rückgenommen. Damit ist die Rücknahme der stellt. Die Anklagen gegen Dr. Riemer und Ne Bescheinigungen rechtskräftig geworden. - Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

3. Ablauf des Untersuchungsverfahrens Stellvertretendes Mitglied Abg. Willi Hoss 3.1 Konstituierung des Ausschusses (vgl. Tz 6 des MB) Hinsichtlich des Ausscheidens und der Umbeset- zung einzelner Ausschußmitglieder wird auf den Der Ausschuß ist am 9. Juni 1983 durch die Vizeprä- Mehrheitsbericht (Tz 3 des MB) verwiesen. sidentin des Deutschen Bundestages, Frau Anne- marie Renger, konstituiert worden. Er hat die Abge- ordneten Dr. Langner (CDU) zum Vorsitzenden und 3.2 Beweisaufnahme Dr. Penner (SPD) zum Stellvertretenden Vorsitzen- den bestimmt. Als Berichterstatter sind zunächst 3.2.1 Zeit- und Arbeitsaufwand die Abgeordneten Schröder (CDU, Luneburg) und (zu Tz 7 des MB) Dr. Struck (SPD) benannt worden. Für den am 17. Januar 1984 ausgeschiedenen Abgeordneten Der 1. Untersuchungsausschuß hat sich zu insge- Schröder (Lüneburg) hat der Abgeordnete Bohl des- samt 86 Sitzungen zusammengefunden. In 66 Sit- sen Funktion als Berichterstatter übernommen. zungen wurden Zeugen vernommen; im Rahmen zahlreicher Sitzungen waren auch Verfahrensfra- Das Verlangen der GRÜNEN, den Vorsitz des Un- gen Beratungsgegenstand. tersuchungsausschusses einem ihrer Abgeordneten zu überlassen, weil DIE GRÜNEN als einzige Partei Der Anregung der Vertreter der GRÜNEN, Zeugen- von den zu untersuchenden Vorgängen nicht betrof- vernehmungen auch in den Wochen durchzuführen, fen sind, wurde abgelehnt. in denen keine Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages stattfinden, wurde bis auf wenige Aus- Dem Ausschuß gehörten im übrigen folgende Mit- nahmen nicht entsprochen. glieder an:

CDU/CSU 3.2.2 Vorbereitung der Beweisaufnahme (zu Tz 8 des MB) Ordentliche Mitglieder Abg. Friedrich Bohl Vor Eintritt in die Beweisaufnahme hat der 1. Un- Abg. Dr. Heinz Günther Hüsch tersuchungsausschuß von dem Sachverständigen Abg. Dr. Manfred Langner Prof. Dr. Rupert Scholz in einer öffentlichen Anhö- Abg. Alfred Sauter (Ichenhausen) rung ein Gutachten zum Thema „Parlamentari- Abg. Horst Schröder (Lüneburg) scher Untersuchungsausschuß nach Artikel 44 GG und Steuergeheimnis" vortragen lassen. Der Sach- Stellvertretende Mitglieder verständige kam zu dem Ergebnis, daß das parla- Abg. Dietrich Austermann mentarische Untersuchungsrecht grundsätzlich Abg. Werner Dörflinger nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 Abgabenord- Abg. Dr. Kurt Faltlhauser nung) eingeschränkt ist, jedoch bei der Durchfüh- Abg. Ingrid Roitzsch rung des Untersuchungsverfahrens auf die grund- Abg. Dr. Conrad Schroeder (Freiburg) rechtlichen Schutzpositionen zur Wahrung der Pri- vat- und Intimsphäre Bedacht genommen werden SPD müsse. Ordentliche Mitglieder Der 1. Untersuchungsausschuß hat sich darüber Abg. Dr. Willfried Penner hinaus von Vertretern der Staatsanwaltschaft Bonn Abg. Gerhard Schröder (Hannover) über Gegenstand, Betroffene und den damaligen Abg. Dr. Dieter Spöri Stand der laufenden Ermittlungsverfahren infor- Abg. Dr. Peter Struck mieren lassen. Stellvertretende Mitglieder Abg. Gernot Fischer (Osthofen) Abg. Peter Reuschenbach 3.2.3 Aktenbeiziehung (zu Tz 9 des MB) Abg. Günter Schlatter Abg. Dr. Dietrich Sperling Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der 1. Unter- suchungsausschuß die Beiziehung folgender Akten FDP beschlossen: Ordentliches Mitglied a) Akten Abg. Gerhart Rudolf Baum — des Bundesministers für Wirtschaft (BMWi) Stellvertretendes Mitglied einschließlich der Akten des Verwaltungsver- fahrens zur Überprüfung des Bescheini- Abg. Dr. Hermann-Otto Solms gungsverfahrens nach § 4 AIG für die Anteils- erwerbe der Firma Flick bei Grace DIE GRÜNEN — des Bundesministers der Finanzen (BMF) Ordentliches Mitglied einschließlich der Akten des Rücknahmever- Abg. Otto Schily fahrens „Flick" betreffend Grace I und II Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

— des Bundeskanzleramts (BK) 3.2.3.1 — des Bundesrechnungshofes (BRH) Die Bundesminister für Wirtschaft und der Finan- — des Bundeskartellamtes (BKartA) zen hatten die vom 1. Untersuchungsausschuß an- — des Bundesaufsichtsamtes für das Versiche- geforderten Akten zusammen mit einer Sachdar- rungswesen (BaV) stellung und Dokumentationen zum Verfahrensab- lauf unter Hinweis auf das Steuergeheimnis zu- b) Bericht und Protokolle eines Untersuchungsaus- nächst nur unvollständig — zahlreiche Seiten wa- schusses des Landtages von Nordrhein-Westfa- ren entfernt und viele Textpassagen und Angaben len geschwärzt worden — übersandt und sie teilweise als „VS-Vertraulich" eingestuft. Die Fraktion DIE c) Hauptakten, Beweismittelordner und Beiakten GRÜNEN im Bundestag reichte gegen die Verwei- des Landgerichts Bonn in der Strafsache gegen gerung der Aktenherausgabe am 8. September 1983 Friderichs u. a. AZ 27 F 7/83 StA Bonn 50 über ihren Prozeßbevollmächtigten Prof. Dr. Uwe Js 36/82 Wesel eine Organklage beim Bundesverfassungsge- richt ein. Dieser Organklage schloß sich die SPD d) Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bonn Fraktion mit einer eigenen Organklage vom 22. De- in dem Ermittlungsverfahren 40 Js 114/81 ein- zember 1983 an. schließlich Beweismittelordner und Beiakten Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Urteil e) Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bonn vom 17. Juli 1984, daß die Weigerung der Bundesmi- in dem Ermittlungsverfahren gegen Diehl nister für Wirtschaft und der Finanzen, die Akten 41 Js 272/80 vollständig herauszugeben, Artikel 44 GG verletzt. Die Leitsätze der Entscheidung (BVerfGE 67, f) Akten der Staatsanwaltschaft in dem Ermitt- 100 ff.) lauten: lungsverfahren gegen von Brauchitsch u. a. 42 Js 657/82 (ausgetrennt aus dem Ermittlungs- „1. Zur Parteifähigkeit und Prozeßführungsbe- verfahren 40 Js 114/81) fugnis in einem Organstreit gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 1 GG um das Beweiserhebungsrecht g) Akten der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach eines parlamentarischen Untersuchungsaus- des Ermittlungsverfahrens gegen Dr. Friderichs schusses. u. a. AZ Js 11 711/83 2. Wird ein Untersuchungsausschuß des Bundes- h) Akten der Staatsanwaltschaft München I des tages zur Kontrolle der Bundesregierung ein- Ermittlungsverfahrens gegen Erwin Essl gesetzt, erstreckt sich das Beweiserhebungs- AZ 301 Js 14 455/84 und 301 Js 15 994/84 recht des Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 Abs. 1 GG auch auf das Recht zur i) Akten des Generalstaatsanwalts in Köln 405 E Vorlage der Akten. — 760 Bd. I—III 3. a) Auf ein solches Aktenherausgabeverlan- Die Prüfung und Auswertung der vorgenannten gen findet gemäß Artikel 44 Abs. 2 Satz 1 Akten, deren Beiziehung der Untersuchungsaus- GG die Vorschrift des § 96 StPO sinnge- schuß beschlossen hatte, ist hinsichtlich bestimm- mäß, d. h. unter Beachtung des Sinns par- ter Akten oder Aktenteile erheblich verzögert und lamentarischer Kontrolle, Anwendung. erschwert und hinsichtlich anderer Akten vollstän- b) Das Wohl des Bundes oder eines Landes dig vereitelt worden. (§ 96 StPO) ist im parlamentarischen Re- — Der damalige Bundesminister für Wirtschaft, gierungssystem des Grundgesetzes dem Graf Lambsdorff, und der Bundesminister der Bundestag und der Bundesregierung ge- Finanzen, Stoltenberg, haben die vollständige meinsam anvertraut. Die Berufung auf das Herausgabe der Akten ihrer Ministerien bis zur Wohl des Bundes gegenüber dem Bundes- Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tag kann mithin in aller Regel dann nicht vom 17. Juli 1984 verweigert. in Betracht kommen, wenn beiderseits wirksame Vorkehrungen gegen das Be- — Der Vorsitzende der 7. Strafkammer des Landge- kanntwerden von Dienstgeheimnissen ge- richts Bonn verweigerte ebenfalls die Heraus- troffen werden. gabe eines Teils der Hauptakten aus dem Straf- c) Nur unter ganz besonderen Umständen verfahren gegen Friderichs u. a. (50 Js 36/82) und können sich Gründe finden lassen, dem der dazugehörenden Beweismittelordner bis zur Untersuchungsausschuß Akten unter Be- Entscheidung des OLG Köln vom 14. September rufung auf das Wohl des Bundes oder eines 1984. Landes vorzuenthalten. Solche Gründe können sich insbesondere aus dem Gewal- — Die CDU/CSU- und FDP-Mitglieder im Ausschuß tenteilungsgrundsatz ergeben. Die Verant- sabotierten die Durchführung des Beschlusses, wortung der Regierung gegenüber Parla- mit dem die Beiziehung der Akten der Staatsan- ment und Volk setzt notwendigerweise ei-- waltschaft Bonn 40 Js 114/81 einschließlich Bei- nen Kernbereich exekutiver Eigenverant- akten und sonstiger Beistücke angeordnet wor- wortung voraus, der einen auch von parla- den war. mentarischen Untersuchungsausschüssen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

grundsätzlich nicht ausforschbaren Initia- die Verhandlungen mit Bundeskanzler Schmidt tiv-, Beratungs- und Handlungsbereich ein- überreicht, die in den Akten des Bundeskanzleram- schließt. tes nicht vorhanden waren. 4. a) Zu den von § 96 StPO erfaßten öffentlichen Jedoch haben im Anschluß an die Entscheidung des Belangen kann auch das Steuergeheimnis Bundesverfassungsgerichts auch das Bundeskanz- im Sinne des § 30 AO gehören. leramt und der Bundesrechnungshof dem Untersu- b) Der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 4 chungsausschuß zunächst noch zurückbehaltene Nr. 5 Buchstabe c AO ist verfassungskon- Aktenteile, die als Verschlußsache eingestuft wur- form so auszulegen, daß er auch den Fall den, zur Verfügung gestellt. des Aktenvorlageverlangens des Untersu- Aufgrund der von den Bundesministern für Wirt- chungsausschusses erfaßt, mit dem der schaft und der Finanzen verschuldeten Verzöge- Bundestag in der Öffentlichkeit verbreite- rung wurden den Ausschußmitgliedern die Akten ten Zweifeln an der Vertrauenswürdigkeit der Ministerien erst acht Monate nach Beginn der der Exekutive nachgeht, die auch die Steu- Zeugenvernehmungen zugänglich gemacht. ermoral der Bürger nachhaltig erschüttern könnten. 5. a) Das Beweiserhebungsrecht und das Recht auf Aktenvorlage gemäß Artikel 44 Abs. 1 3.2.3.2 GG können durch die Grundrechte ein- geschränkt sein. Beweiserhebungsrecht Auch die Beiziehung der Akten des Strafverfahrens gegen Friderichs u. a. (27 F 7/83 — 50 Js 36/82) hat des Parlamentarischen Untersuchungsaus- sich erheblich verzögert. Der 1. Untersuchungsaus- schusses und grundrechtlicher Daten- schuß erhielt zwar Anfang November 1983 von der schutz müssen im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, daß beide soweit Staatsanwaltschaft Bonn einen großen Teil der Hauptakten, jedoch lehnte später der nach Erhe- wie möglich ihre Wirkung entfalten. bung der Anklage zuständige Vorsitzende der b) Das Recht auf Wahrung des in § 30 AO 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn es ab, dem gesetzlich umschriebenen Steuergeheim- Ausschuß die restlichen Hauptakten, insbesondere nisses ist als solches kein Grundrecht. Die die Anklageschriften sowie die Einstellungsverfü- Geheimhaltung bestimmter steuerlicher gung, und vor allem die Beweismittelordner zur Angaben und Verhältnisse kann indessen Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. In diesem durch grundrechtliche Verbürgungen ge- Fall beschloß der Untersuchungsausschuß einstim- boten sein. mig, gegen die Entscheidung des Strafkammervor- c) Die Bedeutung, die das Kontrollrecht des sitzenden Beschwerde einzulegen. Das Oberlandes- Parlaments sowohl für die parlamentari- gericht Köln gab der Beschwerde mit Beschluß vom sche Demokratie als auch für das Ansehen 14. September 1984 (NJW 1985, S. 336 f.) statt. Auf- des Staates hat, gestattet in der Regel grund der Entscheidung des Oberlandesgerichts dann keine Verkürzung des Aktenheraus- Köln erhielt der Untersuchungsausschuß die ange- gabeanspruchs zugunsten des Schutzes forderten restlichen Hauptakten und Beweismittel- des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ordner aus dem Strafverfahren gegen Friderichs des Eigentumsschutzes, wenn Parlament u. a. (27 F 7/83 — 50 Js 36/82) im Oktober 1984 in und Regierung Vorkehrungen für den Ge- Ablichtung. heimschutz getroffen haben, die das unge- störte Zusammenwirken beider Verfas- Die dadurch eingetretene Verzögerung hat die Ar- sungsorgane auf diesem Gebiete gewähr- beit des Untersuchungsausschusses ebenfalls er- leisten, und wenn der Grundsatz der Ver- heblich erschwert. Der Ausschuß konnte bei der Be- hältnismäßigkeit gewahrt ist." fragung der Zeugen, die bereits im Januar 1984 be- gonnen hatte, nicht auf die in den Beweismittelord- In Befolgung der Entscheidung des Bundesverfas- nern zusammengestellten Urkunden für Vorhalte sungsgerichts haben die Bundesminister für Wirt- und Gedächtnisstützen zurückgreifen. Bei der Ver- schaft und der Finanzen dem 1. Untersuchungsaus- nehmung mangels Akten war deshalb eine präzise schuß nachträglich die zunächst aussortierten oder Befragung vieler wichtiger Zeugen, u. a. der Zeugen unkenntlich gemachten Aktenteile im August und Graf Lambsdorff, Friderichs und von Brauchitsch September 1984 zur Verfügung gestellt. Die vorher nur in sehr begrenztem Ausmaß möglich. zurückbehaltenen oder unkenntlich gemachten Ak- tenteile sind teils offen, teils als Verschlußsachen Hinzu kam, daß sich die Ausschußmitglieder in die unter Einstufung als „VS-Nur für den Dienstge- nachgelieferten umfangreichen Akten parallel zu brauch" (VS-NfD) oder als „Geheim" eingestuft den weiterlaufenden Zeugenvernehmungen einar- übersandt worden. Durch diese Aufteilung der Ak- beiten mußten. Der Antrag der Vertreter der GRÜ- ten war die Übersicht über deren Gesamtinhalt er- NEN im Ausschuß, die Zeugenvernehmungen bis heblich erschwert. Ohnehin konnte der 1. Untersu- zum 31. Oktober 1984 auszusetzen, um den Aus- chungsausschuß aufgrund der unübersichtlichen schußmitgliedern Gelegenheit zu geben, sich mit Aktenführung diese nicht auf Vollständigkeit kon- dem Inhalt der nachgelieferten umfangreichen Ak- trollieren. So wurden dem Untersuchungsausschuß ten vor Fortsetzung der Zeugenbefragung vertraut später von dem Bankier Ulrich Schriftstücke über zu machen, fand keine Mehrheit. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

3.2.3.3 8 LO Spenden und Mitgliedschaften 1. 1. 1973-30.5.1975 A-L Die Ausschußmitglieder der CDU/CSU- und FDP M-Z Fraktion haben verhindert, daß der Ausschuß sämt- 1. 6. 1975-31. 12. 1976 A-L liche Akten prüft, aus denen Erkenntnisse zur Er- M-Z füllung des Untersuchungsauftrages zu erwarten 1. 1. 1977-31. 12. 1977 waren. 1.1.1978-31.12. 1978 A-F Von besonderer Bedeutung waren die Unterlagen, G-Z die die Staatsanwaltschaft bei mehreren Durchsu- 1. 1. 1979-30.9. 1979 chungen in den Geschäftsräumen des Flick-Kon- zerns im November 1981 in 150 Leitz-Ordnern und 1 LO M. Nemitz - Arbeitskreis Wirtschaftspolitik Heftern sichergestellt hat. Es handelt sich im ein- 1973-1978 zelnen um folgende Dokumente: 1 LO Minister Dr. Friderichs 1975-1977

a) Ablage von Brauchitsch 1 LO § 6 b - Gespräche mit Politikern 1975/76 4 LO Politik 1. 1. 1973-30.6. 1975 I 2 LO 1973 Korrespondenz Tageskopien 1. 1. 1973-30.6. 1975 II A-K L-Z 1. 7. 1975-31.12.1976 I 1. 7. 1975-31. 12.1976 II 1 LO Tageskopien Hausmitteilungen und Telefonnotizen 7 LO Politiker 1. 1.-28.9. 1973 1973-30.6.1975 A-E F-L 1 LO Tageskopien (Berlin) 1. 7. 1975-31. 12. 1977 A-E 20. 11.1972-30.6.1973 F-L M-Z 2 LO Tageskopien 1. 10.-8. 12.1973 1978 K-M 10. 12.-31.12. 1973 L-Z b) Keller 6 LO 1974 Tageskopien 8 LO 1975 Tageskopien 1 LO Notizen Dr. FKF ab 1. 1. 1973-31. 8. 1974 8 LO 1976 Tageskopien 1 LO 2. 9. 1974- 1. 5. 1975 8 LO 1977 Tageskopien 1 LO 1. 5. 1975-31. 12. 1975 7 LO 1978 Tageskopien 1 LO 1. 1. 1976-30. 6. 1976 8 LO 1979 Tageskopien 1 LO 1. 7. 1976-31. 12. 1976 7 LO 1980 Tageskopien 1 LO 1. 1. 1977-31. 12. 1977 1 LO Notizen PHGs Paefgen, Kaletsch, Dr. Vogels 1. 1. 1977-31. 12.1978 1 LO Notizen Dr. GRF, Dr. FCF Kaletsch, Dr. OAF, Paefgen 1975-1976 1 LO Notizen Generalbevollmächtigte 1. 1.-31. 12.1977 1 LO FKF und Sekretariat Dr. FKF übersandte Notizen 1977 3 LO mit Klarsichteinlagen USF (§ 6 b/4) 1 LO Notizen Generalbevollmächtigte Buderus/FM/Grace/PCV (Diehl, Kämpfer, Dr. Thomae, Dr. Vogels, DN/Buderus/Grace Dr. Schröder) 1. 1. 1976-31. 12. 1976 2 LO FKG Büro Bonn 1977 1 LO Dr. FKF, H. v. B. an FKF 1. 1.1978-30.4. 1979 1. 1. 1978-31. 10. 1978 1 LO Dr. Kreile 1973-1975 1 LO FKG Büro Bonn 1. 1.-31. 12. 1973 1. 1.-31. 12. 1974 1 LO FKF Konten alter Unterlagen 1. 1.-31. 12. 1975 1. 1.-31. 12. 1976 1 LO Grace Info Allgemein/steuerliche Gesichts- punkte/betriebswirtschaftliche Analysen/ 1 LO Kanter privat, November 1972-31. 12. Organisation 197(?) Februar-September 1975 1 LO vB an FKF 1. 11. 1978-30.9. 1979 c) Büro und Sekretariat Dr. FKF 1 LO Dr. FKF allgemein 1 LO Duplos 1 (laufend) von/an H. v. B. 1 LO FK spezial 1973-1978 1 LO Duplos 2 (laufend) von/an H. v. B. - 8 LO Vertraulich FK März 1973-Dezember 1974 1 LO streng vertraulich Notizen an Dr. FKF 1975-1979 vom 21. 1. 1980-10. 11. 1980 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

1 LO ohne Rückenbeschriftung, Duplos Rede- 3 Klars.- mund hüllen 1. Notiz vom 22. 6. 1981 betr. Spenden vom 14. 10. 1980-5. 11. 1981 2. Troost, Vermerk vom 8. 8. 1980 über eine Besprechung mit der Finanzver- 1 LO Tageskopien (1) bis 31. 8. 1981 waltung 3. Notiz Diehl vom 13.8. 1980 über 1 LO Tageskopien (2) ab 1. 9. 1981 Spenden (Friderichs) 1 LO 6 b vom 29. 1. 1979-3. 12. 1980 1 LO Parteien, CDU/CSU, SPD und FDP e) Panzerschrank Paefgen 1 LO F. J. Str. (Ausz.) Januar 1978 - 1 LO Arbeitsunterlagen 6 b bis Ende März 197(?) 1 LO Kreile, Notizen und Korrespondenz 1 LO „G" - geheim - (Duin, Göring, Werner „Spezi-Themen" Jung, Kersten, Speer, Wolff) 1 LO Steuern allgemein 1 LO Allgemeine Notizen - Schriftwechsel 6 b Unterlagen ab 1976 1 LO Büro Bonn ab 1. 6. 1978 bis 31.12. 1978 1 LO Gespräche mit Persönlichkeiten A-L 1 LO Gespräche mit Persönlichkeiten M-Z f) Büroraum Blomesath 1 LO Gespräche mit Politikern L-Z 1 LO Staatsbürgerliche Vereinigung 2 LO H. v. B. an FKF 1 H Kreile 1. 1. 10. 1979-1.4. 1981 2 H Nemitz 2. ab 10. 4. 1981 1 H 1 LO verschiedene Unterlagen 6 b, Gerling Steyler Missionare PCV (aus Klarsichthülle „sortiert") 1 H Friedrich-Ebert-Stiftung 1 LO § 6 b/4 (roter Aktendeckel „von FKF zurück 1 H Vereinigung Politik und Wirtschaft und muß nochmal mit der bei uns befindli- chen Mappe koordiniert werden") 1 H Heinz H. Karry 1 H Gemeinschaft zur Erschließung unterent d) Büro von Brauchitsch wickelter Märkte 1 H Gesellschaft für Wirtschaftsförderung 1 Karte Dr. Friderichs 18. 7. 1980 Koblenz 1 Antwortschreiben v. B. an Dr. Friderichs vom 8. 8. 1980 1 H Friedrich-Naumann-Stiftung 4 LO §6b/4 und weitere Hefter 1. Allgemein seit 1977 2. Bundeswirtschaftsministerium/ (vgl. Verzeichnis der sichergestellten Gegenstände Bundesfinanzministerium, Riemer, Voss Anlagen Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 8 zum Durchsuchungs- 3. Bescheinigungsverfahren protokoll der Staatsanwaltschaft Bonn vom 20. No- 4. Gesetz und Verordnung pp. vember 1981 AZ 40 Js 114/81 in Band III Blatt 43 ff. der Steuerstrafakten Diehl StA Bonn 41 Js 272/80) 1 LO Beratungsverträge ausgelaufen A-Z Die vorstehend bezeichneten Unterlagen hat die 1 LO Spenden Politiker/Parteien Staatsanwaltschaft Bonn mehrmals durchgesehen und einen Teil der Unterlagen, soweit diese für die 1 LO Büro Bonn, Ansätze für die Arbeit des Klärung strafrechtlicher Vorwürfe relevant waren, Büros Bonn, Spenden ausgesondert und in sogenannten Beweismittelord- 1 LO Maxhütte/K1, Vertrag usw. nern zusammengefaßt. Diese Beweismittelordner wurden dem Untersuchungsausschuß nach der Ent- 1 LO Notizen über erledigte Rücksprachen FKF scheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 1984 in Fotokopie zur Verfügung ge- 1 LO Grace mit den Unterbezeichnungen stellt. Die in den Beweismittelordnern enthaltenen Abgabe, Zukauf, Schachtel usw. Urkunden umfassen schätzungsweise allenfalls ein 1 LO Bescheinigungsverfahren 6 b Dritter Fünftel der insgesamt sichergestellten Dokumente. Geleitzug Auf diese Weise blieb dem Ausschuß der Einblick in 1 LO Vertrauliche Tageskopien 2. 1. 1980 bis den größeren Teil der sichergestellten Urkunden verwehrt. 30.9. (?) - 1 LO Akte Dr. FKF, Konten usw. Die Vertreter der GRÜNEN im Untersuchungsaus schuß haben sich seit Mitte Juni 1983 vergeblich 1 H Sonderanlage zur Bilanz und G. u. V. I-V bemüht, eine vollständige Durchsicht und Prüfung Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

sämtlicher von der Staatsanwaltschaft sicherge- 40 Js 114/81 sichergestellten Urkunden erstreckt stellten Unterlagen zu erreichen. hat.

Bereits am 16. Juni 1983 hatten die Mitglieder der Mit Schreiben vom 5. und 6. November 1984 haben Fraktion DIE GRÜNEN im 1. Untersuchungsaus- DIE GRÜNEN den Vorsitzenden daher aufgefor- schuß einen entsprechenden Antrag gestellt. Die dert, dafür Sorge zu tragen, daß der Untersuchungs- daraufhin einstimmig beschlossene Aktenbeizie- ausschuß entsprechend dem von ihm gefaßten Be- hung wurde später von der Ausschußmehrheit ent- schluß vom 18. Januar 1984 Einsicht in die in dem gegen dem wirklichen Verfahrenshergang dahin Sicherstellungsverzeichnis vom 20. November 1981 gehend interpretiert, es sei nur die Beiziehung der aufgeführten Urkunden gewährt wird. In dem Hauptakten und der Beweismittelordner des Straf- Schreiben vom 6. November 1984 wurde insbeson- verfahrens 50 Js 36/82 beschlossen worden. dere darauf hingewiesen, daß die auf den Aktenord- nern vermerkten Inhaltsangaben auf deren unmit- Die Vertreter der GRÜNEN haben daraufhin am telbare Bedeutung für die Beurteilung der Beschei- 18. Januar 1984 (UA-Drucksache 74) beantragt, die nigungsverfahren und der Verbindungen des Flick Akten der Staatsanwaltschaft Bonn in dem steuer- Konzerns zu Politikern und Amtsträgern schließen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren StA Bonn 40 lassen. Js 114/81 einschließlich sämtlicher Beweismittel- ordner und Beiakten beizuziehen. In der Begrün- Sämtliche 69 Leitz-Ordner mit Aufzeichnungen des dung des Antrages wurde insbesondere auf die Un- „Büro Bonn" des Flick-Konzerns und Vermerken, terlagen hingewiesen, die in dem vorerwähnten Si- Korrespondenz und Telefonnotizen unter dem cherstellungsverzeichnis der Staatsanwaltschaft Stichwort „Parteien", „Spenden" und „Politiker" so- vom 20. November 1981 aufgeführt sind. wie 9 Leitz-Ordner mit „Vertraulichen Tagesko- pien" und 58 Leitz-Ordner sonstiger Tageskopien Dieser Antrag der GRÜNEN, dem sich die Mitglie- hätten einer genauen Durchsicht unterzogen wer- der der SPD anschlossen, wurde in der 13. nichtöf- den müssen. fentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses Der Untersuchungsausschuß durfte sich nicht dar- am 18. Januar 1984 angenommen (UA Prot. Nr. 13 auf verlassen, daß die Auswahl der Unterlagen, die S. 15). Der Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Lang- die Staatsanwaltschaft in den Beweismittelordnern ner, unterließ es jedoch, den Beschluß zu vollziehen. zusammengestellt hatte, für die Zwecke des Unter- Der Vorsitzende hatte sich zwar mit Schreiben vom suchungsausschusses ausreichend ist, da sich die 20. Januar 1984 (Drucksache Nr. 89) an den Justiz- Staatsanwaltschaft selbstverständlich bei der Aus- minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Die- wahl von beweiserheblichen Urkunden auf solche ter Haak, mit der Bitte um Übersendung der fragli- beschränkt hat, die für die strafrechtliche Beurtei- chen Akten gewandt. Jedoch unternahm der Aus- lung der Vorgänge von Bedeutung sind. Da sich der schußvorsitzende, nachdem ihn Justizminister Auftrag des Untersuchungsausschusses aber nicht Haak mit Schreiben vom 22. Februar 1984 (UA auf die Untersuchung strafrechtlicher Gesichts- Drucksache 116) gebeten hatte, die Aktenübersen- punkte bezog und verengte, bedurfte es einer sehr dung vorläufig zurückzustellen, nichts mehr, um die viel weiterreichenden Auswertung der von der vom Ausschuß beschlossene Aktenbeiziehung Staatsanwaltschaft sichergestellten Papiere. durchzusetzen. Der Ausschußvorsitzende hat allerdings mit Schrei- Mit Schreiben vom 29. November 1984 hat es der ben vom 13. September 1984 (UA-Drucksache 182) Ausschußvorsitzende gleichwohl abgelehnt, den Be- an Justizminister Dr. Haak darauf gedrängt, daß schluß des Untersuchungsausschusses vom 18. Ja- die Akten der Staatsanwaltschaft Bonn 42 Js 657/82 nuar 1984 auszuführen. kurzfristig zur Verfügung gestellt werden. In dem In den nichtöffentlichen Sitzungen des Ausschusses Schreiben vom 13. September 1984 führte der Aus- am 13. Dezember 1984 und 16. Januar 1985 wurde schußvorsitzende Dr. Langner aus, daß „gerade in die Frage der Aktenbeiziehung auf der Grundlage den kommenden Wochen die Spendenzuwendungen der bereits gefaßten Beschlüsse ausführlich erör- der Firma Flick einen Schwerpunkt der Arbeit des tert, ohne daß sich die Ausschußmitglieder mit Aus- Untersuchungsausschusses darstellen werden". Bei nahme des Vertreters der GRÜNEN bereitfanden, den Akten der Staatsanwaltschaft Bonn 42 Js 657/ den Beschluß vom 18. Januar 1984 auf Beiziehung 82 handelt es sich um die des steuerstrafrechtlichen der oben aufgeführten Unterlagen zu verwirklichen. Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche des Statt dessen beschloß der Untersuchungsausschuß Flick-Konzerns, das ursprünglich Bestandteil des auf Antrag der SPD-Mitglieder bei der 7. Großen Ermittlungsverfahrens 40 Js 114/81 war und später Strafkammer eine Auskunft einzuholen, ob die in ausgetrennt wurde. Mit der Austrennung des Et- dem Verzeichnis der Staatsanwaltschaft aufgeführ- mittlungsverfahrens verloren jedoch die ursprüng- ten Aktenordner Urkunden enthalten, die zum Un- lich unter dem Aktenzeichen 40 Js 114/81 in den Ge- tersuchungsgegenstand in bezug stehen und ihm schäftsräumen der Firma Flick sichergestellten Un- noch nicht zur Verfügung gestellt worden sind (UA terlagen ihren Sachzusammenhang mit dem steuer- Drucksache 220). strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen von Brauchitsch u. a. nicht. Unverständlich ist es daher, Den Inhalt dieses Beschlusses teilte der Ausschuß-- daß der Ausschußvorsitzende die dringliche Anfor- vorsitzende dem Strafkammervorsitzenden mit derung der Akten 42 Js 657/82 nicht auch auf die in Schreiben vom 18. Januar 1985 mit, von dem er dar- dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren aufhin mit Schreiben vom 21. Januar 1985 die Aus- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 kunft erhielt, daß die in dem Aktenverzeichnis der Bonn anhängige Strafverfahren 27 F 7/83 einbezo- Staatsanwaltschaft aufgeführten Urkunden „zumin- gen worden waren, beizuziehen. Diesem Antrag dest zu Teilen des Untersuchungsgegenstandes in schlossen sich die Mitglieder der Fraktion DIE Bezug stehen" (UA-Drucksache Nr. 228). Ferner GRÜNEN am 16. Januar 1985 (UA-Drucksache 227) hieß es in dem Schreiben, es könne nicht völlig aus- an und beantragten ergänzend, sämtliche von der geschlossen werden, daß ,,sich in den Ordnern noch Staatsanwaltschaft Bonn in dem Strafverfahren ge- einzelne Unterlagen finden, die zwar für das Straf- gen von Brauchitsch und Graf Lambsdorff mit den verfahren unerheblich erscheinen, gleichwohl aber Nachtragsanklagen vorgelegten Hauptakten, Be- aus der Sicht des Ausschusses relevant sein könn- weismittelordner und Beiakten in Fotokopie beizu- ten". ziehen, soweit diese nicht dem Ausschuß bereits in Fotokopie vorlagen. Der Antrag der SPD auf Beizie- Aufgrund der Mitteilung des Strafkammervorsit- hung der Anklageschriften wurde in der Sitzung zenden im Schreiben vom 21. Januar 1985 bean- des Untersuchungsausschusses vom 6. Februar 1985 tragte die SPD-Fraktion am 23. Januar 1985 angenommen, während der ergänzende Antrag der 1. die in dem Strafverfahren 27 F 7/83 neu angeleg- GRÜNEN mit 10 : 1 Stimmen erneut abgelehnt ten Bände der Hauptakten XXXIV bis XXXVI wurde. beizuziehen sowie Mit Schreiben vom 26. Februar 1985 (UA-Druck- 2. je ein Mitglied der im 1. Untersuchungsausschuß sache 238) lehnte der Vorsitzende der 7. Strafkam- vertretenen Fraktionen zu beauftragen, die in mer des Landgerichts Bonn die Einsichtnahme in dem Sicherstellungsverzeichnis der Staatsan- die Unterlagen ab, die nach dem Beschluß vom waltschaft aufgeführten 150 Leitz-Ordner darauf- 23. Januar 1985 einer Vorprüfung durch vier Aus- hin durchzusehen, ob und welche Urkunden dar- schußmitglieder unterzogen werden sollten. aus für die Erfüllung des Untersuchungsauftra- In der Sitzung vom 1. März 1985 sperrte sich die ges relevant sind und dem Ausschuß darüber in geeigneter Weise Bericht zu erstatten (UA Ausschußmehrheit von CDU/CSU und FDP, gegen die Entscheidung des Strafkammervorsitzenden Drucksache Nr. 229). Beschwerde einzulegen. Die daraufhin ohne Mit- In der Sitzung vom 12. Februar 1985 wurde über die- wirkung der Ausschußmehrheit seitens der SPD sen Antrag beraten. Der Ausschuß-Vorsitzende und der GRÜNEN eingelegten Beschwerden ver- machte angebliche rechtliche Bedenken gegen die warf das Oberlandesgericht Köln mit Beschluß vom Zulässigkeit einer Einsichtnahme bei einem Teil 13. September 1985, weil nach seiner Ansicht nur der in der Ausschuß-Drucksache 229 Ziffer 2 ge- der Ausschuß in seiner Gesamtheit beschwerdebe- nannten Unterlagen unter dem Gesichtspunkt des fugt sei. Auch nach dieser Entscheidung war die Grundrechtschutzes geltend. Im übrigen regte er Ausschußmehrheit nicht zu bewegen, ihre starre an, die relevanten Unterlagen in der Geheimschutz Haltung zu überprüfen und gemeinsam gegen die stelie des Deutschen Bundestages auszusondern Verweigerung der Aktenherausgabe seitens des und dann den Ausschuß über die Beiziehung und Strafkammervorsitzenden im Beschwerdewege vor- eine eventuelle Einstufung entscheiden zu lassen zugehen. Die Anrufung des Bundesverfassungsge- (UA-Prot. 75/2). Ein weiterer Abgeordneter der CDU richts durch die Fraktion der GRÜNEN blieb ergeb- hielt die Durchsicht der Unterlagen für „unzulässig, nislos. zumindest aber unzweckmäßig". Der Vertreter der Die Ausschußmehrheit von CDU/CSU und FDP hat GRÜNEN vertrat dagegen die Auffassung, daß mit ihrer Handlungsweise das Minderheitenrecht sämtliche in dem SPD-Antrag (Ausschuß-Druck- auf Durchführung einer Beweisaufnahme unterlau- sache 229 Ziffer 2) genannten Unterlagen eingese- hen werden müßten. fen. Das Beweiserhebungsrecht der Minderheit ist nur dann gewährleistet, wenn gleichzeitig sicherge- Nach einer Unterbrechung der Sitzung schränkte stellt ist, daß notfalls die Durchführung der be- der Abgeordnete Dr. Struck (SPD) seinen Antrag schlossenen Beweiserhebung mit Rechts- und dahin gehend ein, daß — unter Zurückstellung des Zwangsmitteln durchgesetzt wird. Ebenso, wie die Antrags im übrigen — zunächst nur folgende Unter- Ausschußmehrheit die zwangsweise Vorführung ei- lagen durchgesehen werden sollten: 15 Ordner nes Zeugen nicht verweigern darf, wenn dieser ei- „Politiker", 10 Ordner „Spenden und Mitgliedschaf- ner auf Antrag der Minderheit beschlossenen La- ten", 14 Ordner „6 b-Verfahren", 2 Ordner „Grace", dung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt, 10 Ordner „Bonner Büro", 6 Ordner „Arbeitskreis ist es eine Mißachtung der Minderheitenrechte und Wirtschaftspolitik" und 1 Ordner „Schaller/Schlie- ein Verstoß gegen Artikel 44 Grundgesetz, wenn die ker". Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von Ausschußmehrheit die Durchsetzung des Aktenein- SPD und GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU/ sichtsrechts gegenüber einem Gericht dadurch ver- CSU und FDP angenommen. eitelt, daß sie das Beschwerdeverfahren aus forma- len Gründen zum Scheitern bringt. Die Ausschuß- Zuvor hatten die Mitglieder der Fraktion der SPD minderheit wäre sonst von der Willkür der Aus- im 1. Untersuchungsausschuß am 8. Januar 1985 schußmehrheit abhängig, ob eine beschlossene Be- (UA-Drucksache 222) beantragt, die Nachtragsan- weiserhebung zum Zuge kommt oder nicht. klageschriften wegen Steuerhinterziehung bzw. - Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen die Ange- Im übrigen beweist die Tatsache, daß sich die Mehr klagten Eberhard von Brauchitsch und Dr. Otto heit von CDU/CSU und auch FDP einer vollständi Graf Lambsdorff, die in das vor dem Landgericht gen Prüfung sämtlicher beim Flick-Konzern sicher- Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode gestellten Unterlagen in den Weg gestellt hat, daß ber 1977 angekündigt wird. Dieser Vermerk hat sie an einer rückhaltlosen Aufklärung des Sachver- erhebliche Beweisbedeutung im Zusammenhang halts im Sinne des Untersuchungsauftrages nicht einer von dem Zeugen Dr. Kohl bestrittenen interessiert war. Zahlung in Höhe von 30 000 DM, die er lt. Diehl- Liste am 6. Dezember 1977 erhalten haben soll. Ihrerseits hat es die 7. Strafkammer des Landge- richts Bonn, die die Akten unter dem sehr viel enge- c) Ein weiteres Beispiel ist der Brief des Zeugen ren Blickwinkel strafrechtlicher Vorwürfe zu prü- Dr. Kreile vom 20. November 1975, von dem der fen hat, nicht unterlassen, die 150 Leitz-Ordner, die Ausschuß erstmals mit den vom Landgericht zuvor bereits mehrmals von der Staatsanwaltschaft Bonn nachgelieferten Unterlagen und somit durchforstet worden waren, zur Vorbereitung der nach Ende der Befragung dieses Zeugen Kennt- Hauptverhandlung noch einmal durchzukämmen. nis erhielt. Der Inhalt dieses Briefes läßt sich Bei dieser erneuten Durchsicht hat die Strafkam- nicht in Einklang mit der Sachverhaltsschilde- mer eine Vielzahl weiterer Urkunden entdeckt, die rung des Zeugen Dr. Kreile bringen und hätte sie in Fotokopie in die Hauptakten des Strafverfah- ihm vorgehalten werden müssen. rens übernommen hat. Diese Aktenbände hat die Die nachgelieferte Urkundenauswahl des Landge- Strafkammer dem Untersuchungsausschuß im Fe- richts Bonn enthält außerdem weitere Urkunden bruar 1985 (!) zur Verfügung gestellt, d. h. also nach aus den Leitz-Ordnern „Tageskopien", „Spenden", Vernehmung der Mehrzahl der wichtigsten Zeugen, „Politiker" und „Büro Bonn", die für die Beurteilung darunter der Zeugen Kohl, Genscher, Strauß, Apel, anderer Unterlagen und der Angaben der Zeugen Diehl, Lambsdorff, von Brauchitsch, Friderichs, geeignet sind. Eine Durchsicht sämtlicher Leitz- Kiep, Halstenberg und Spilker. Ordner, vor allem auch der Tageskopien und der Auf diese Weise konnten eine Reihe von Urkunden, „Vertraulichen Tageskopien", war um so mehr ge- die dem Ausschuß erst mit den Nachlieferungen des boten, als in den bisher dem Ausschuß vorliegenden Landgerichts Bonn überlassen worden sind, den Unterlagen häufig Bezugsschreiben oder Anlagen Zeugen nicht vorgehalten werden. zu Vermerken und Briefen fehlen. In seinen Akten hat das Landgericht Bonn im übri- Da schon das Landgericht Bonn in den 150 Leitz- gen kenntlich gemacht, daß es sich um „beschlag- Ordnern eine nicht unbeträchtliche Zahl von Doku- nahmte bzw. sichergestellte Unterlagen" handelt. menten entdeckt hat, die für das Strafverfahren be- Solche Unterlagen können ebenso wie für das Straf- weiserheblich sein können, ist mit Sicherheit anzu- verfahren auch für die Beweisaufnahme eines par- nehmen, daß die sorgfältige Durchsicht der beim lamentarischen Untersuchungsausschusses heran- Landgericht lagernden Urkundensammlungen be- gezogen werden. Ob die Unterlagen sich aufgrund deutsames Erkenntnismaterial über Einflußnah- eines förmlichen Beschlagnahmebeschlusses oder men des Flick-Konzerns auf Politiker und Amtsträ- lediglich einer Sicherstellungsverfügung der Staats- ger zutage gefördert hätte. Die Ausschußmehrheit anwaltschaft mit Zustimmung der Beschuldigten mußte diese Aufklärung offenkundig fürchten. Die im Gewahrsam des Gerichts befinden, macht dabei von der Ausschußmehrheit von CDU/CSU und FDP keinen Unterschied. verhinderte Ausschöpfung sämtlicher Aufklärungs- möglichkeiten stellt sich als zielbewußte Obstruk- Beachtung verdient im übrigen insbesondere die tion gegenüber dem Untersuchungsauftrag dar, den Tatsache, daß sich in den vom Landgericht Bonn der Deutsche Bundestag den Ausschußmitgliedern nachgelieferten Beweisunterlagen nicht wenige für erteilt hat. die Aufklärung des Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsauftrages aufschlußreiche Doku- Wie willkürlich die Ausschußmehrheit hinsichtlich mente befinden. So z. B. Aktenbeiziehungen vorgegangen ist, wird an dem Umstand deutlich, daß sie sich einerseits mit allen a) der in den Tageskopien aufgefundene Vermerk Kräften dagegen gesträubt hat, die bei der Firma vom 28. Januar 1975 Flick sichergestellten Unterlagen durchzusehen, „Sonderthema: andererseits nicht darauf verzichten wollte (Antrag Markscheffel 1 der Mitglieder der CDU/CSU- und der FDP-Frak- KO 1/2 tion vom 18. September 1984/UA-Drucksache 184), F 1/2 die Akten der Staatsanwaltschaft München aus WS 1 dem Ermittlungsverfahren gegen Erwin Essl beizu- R 1/2" ziehen, weil sie darauf spekulierte, aus diesen Akten könnten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, Dieses Dokument hat eine nicht unerhebliche daß der heutige Vorsitzende der SPD-Fraktion, Beweisbedeutung im Zusammenhang mit Zah- Dr. Hans-Jochen Vogel, während seiner Amtszeit lungen, die in der Diehl-Liste unter dem 4. Fe- als Bundesminister der Justiz eine Spende eines bruar 1975 u. a. „wg. Dr. Friderichs 50 000 DM, Flickunternehmens erhalten habe. wg. Scheel 100 000 DM, wg. Kohl 50 000 DM und wg. Brandt 100 000 DM" eingetragen sind. 32.4 Reichweite des Untersuchungsauftrages b) Ein anderes Beispiel ist ein Notizzettel für den (zu Tz 12 MB) - Zeugen von Brauchitsch vom 5. Dezember 1977, in dem ihm ein kurzer Besuch von Frau Weber Die sachgerechte Arbeit des Untersuchungsaus aus dem Sekretariat Dr. Kohl für den 6. Dezem schusses ist erheblich durch eine Kontroverse zwi- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 schen der Ausschußmehrheit von CDU/CSU und Tiedge). Dort hat die SPD-Fraktion durch einen Zu- FDP einerseits und der Ausschußminderheit von satzbeschluß des Deutschen Bundestages vom SPD und GRÜNEN andererseits über die Reich- 24. Januar 1986 dafür gesorgt, daß Versuche der weite des Untersuchungsauftrages erschwert wor- CDU/CSU- und FDP-Vertreter, durch einschrän- den. Die Ausschußmehrheit von CDU/CSU und kende Interpretation des Untersuchungsauftrages FDP hat versucht, den vom Bundestag beschlosse- bestimmte Fragestellungen zu blockieren, unter- nen Untersuchungsauftrag restriktiv in der Weise bunden wurden. zu interpretieren, daß lediglich Einflußnahmen im Zusammenhang mit den Bescheinigungsverfahren aus Anlaß des Daimler-Aktien-Verkaufes Gegen- stand der Untersuchungen seien. 3.2.5 Zeugenvernehmungen (zu Tz 11 MB) Die Vertreter von SPD und GRÜNEN haben demge- Neben der Auswertung der Akten waren Zeugen- genüber stets betont, daß Sinn und Wortlaut des befragungen das wichtigste Erkenntnismittel für Einsetzungsbeschlusses vom 19. Mai 1983 mit der restriktiven Auslegung seitens der Ausschußmehr- die Aufklärung des Sachverhalts im Sinne der Fra- heit nicht zu vereinbaren sei. gestellung des Untersuchungsauftrages. In einer Presseerklärung vom 6. November 1984 sah Ursprünglich hatte der Ausschuß die Vernehmung sich ein Sprecher der sozialdemokratischen Bun- von insgesamt 104 Zeugen beschlossen. Davon wur- destagsfraktion zu folgenden Feststellungen veran- den jedoch lediglich 36 Zeugen vernommen. Mit der laßt: Vernehmung von weiteren 13 Zeugen wurde begon- nen, ohne daß deren Vernehmung nach Unterbre- „Im Hinblick auf die in dieser Woche anstehen- chung der Befragung zu Ende geführt werden den Zeugenvernehmungen vor dem 1. Untersu- konnte. chungsausschuß (Flick) erinnern wir an folgen- den Passus aus dem Einsetzungsbeschluß des Einer korrekten Durchführung der Zeugenverneh- Deutschen Bundestages vom 19. Mai 1983: Dieser mung hat die Ausschußmehrheit von CDU/CSU und Ausschuß soll klären, — ob und falls ja, in wel- FDP zahlreiche Hindernisse in den Weg gelegt, bis cher Weise — es der Flick-Konzern unternom- schließlich die Zeugenvernehmungen abrupt und men hat, auf Entscheidungen von Mitgliedern des panikartig unter Mitwirkung der SPD-Vertreter im Deutschen Bundestages, der Regierung, der Ver- Ausschuß abgebrochen wurden. Zugleich wurden waltung oder sonstiger Stellen der Bundesrepu- sämtliche Beweisanträge der GRÜNEN auf Einver- blik Deutschland Einfluß zu nehmen (BT-Druck- nahme zusätzlicher Zeugen von den CDU/CSU-, sache 10/34)." FDP und SPD-Ausschußmitgliedern pauschal abge- lehnt. Die Ausschußmehrheit, insbesondere der Aus- schußvorsitzende, Dr. Langner (CDU), beharrten je- doch auch in öffentlichen Erklärungen auf ihrer ab- 3.2.5.1 weichenden Meinung. Anfangs war innerhalb und außerhalb des Untersu- In der Ausschußsitzung vom 13. Dezember 1984 hat chungsausschusses das uneingeschränkte Interesse deshalb der Vertreter der GRÜNEN folgenden An- an der vollständigen Aufklärung der Flick-Affäre trag eingebracht: herausgestellt worden. So verlangte das SPD-Präsi- „Der Ausschuß stellt fest, daß der Untersuchungs- dium in einer am 23. Oktober 1984 herausgegebe- gegenstand sämtliche Einflußnahmen des Flick nen Erklärung „eine rückhaltlose Aufklärung der Konzerns auf politische Entscheidungsträger, wie Flick-Affäre und aller damit verbundenen Vorgänge sie in Absatz 1 des Untersuchungsauftrages auf- einschließlich des Falles Barzel" (Bericht „Kölner geführt sind, umfaßt, und zwar auch solche außer- Stadtanzeiger" vom 24. Oktober 1984). halb der Bescheinigungsverfahren" (UA-Prot. In der Bundestagsdebatte vom 16. November 1984 62/170). forderte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Dieser Antrag wurde von der Ausschußmehrheit Dr. Hans-Jochen Vogel, ebenfalls eine „rückhaltlose mit den Stimmen der SPD-Vertreter als unzulässig Aufklärung aller Verstöße und Verstrickungen abgelehnt. durch den Untersuchungsausschuß" und der neuge- wählte Bundestagspräsident, Dr. Jenninger, er- Der Stellvertretende Vorsitzende, Dr. Penner (SPD), klärte am 5. November 1984 vor dem Deutschen erklärte in dieser Sitzung, er räume ein, daß dabei Bundestag, daß „nichts unter den Teppich gekehrt der Dissens zwischen der Ausschußmehrheit und werden" dürfe. Auch der frühere FDP-Vorsitzende der Ausschußminderheit über die Auslegung des Genscher gab bei seiner Zeugenbefragung am Untersuchungsauftrages offenbleibe. 8. November 1984 vor dem Untersuchungsausschuß zu Protokoll, er sei der Meinung, „daß man sich Die SPD fand sich jedoch nicht bereit, einer Anre- bemühen sollte, so viel darüber aufzuklären", des- gung der GRÜNEN zu folgen und eine Klarstellung halb habe er sich auch dafür eingesetzt, „daß auch durch einen Beschluß im Plenum des Deutschen dieser Untersuchungsausschuß stattfindet". - Bundestages herbeizuführen. Das steht im auffälli- gen Gegensatz zum Verhalten der SPD-Fraktion im Bereits Ende November 1984 zeichnete sich jedoch 2. Untersuchungsausschuß (Fall Zimmermann/ ab, daß die Ausschußmitglieder der CDU/CSU, FDP Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode und SPD den Rückzug antreten und sich darauf Unverkennbar gab es einen Zusammenhang zwi- verständigen wollten, die Zeugenvernehmungen ab- schen dem vorzeitigen Abbruch der Beweisauf- zubrechen. nahme und der seinerzeit bevorstehenden Land- tagswahl in Nordrhein-Westfalen am 12. Mai 1985. Die Öffentlichkeit wurde auf den Abbruch der Be- Die Ausschußmehrheit, die aufgrund der Stimmen- weisaufnahme in einem Interview des Vorsitzenden verhältnisse letztlich die Entscheidung an sich zie- der CSU-Landesgruppe im Bundestag, , hen konnte, in welcher Reihenfolge die Zeugen ver- eingestimmt: nommen werden, soll der SPD damit gedroht ha- „Im Süddeutschen Rundfunk sagte Waigel: ,Ich ben, bis zum 12. Mai 1985 nur noch Zeugen aus den habe den Eindruck, daß alle politischen Parteien Reihen der SPD einschließlich des nordrhein-west- langsam einsehen, daß man wieder zu einer sach- fälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau und lichen und vernünftigen Arbeit zurückkehren des nordrhein-westfälischen Finanzministers Pos muß.' Seit der Vernehmung des CSU-Landesvor- ser zu laden, falls die SPD auf einer Fortsetzung der sitzenden Franz Josef Strauß sei klar, daß der Beweiserhebung, insbesondere einer Fortsetzung Flick-Untersuchungsausschuß ,nicht ein Ausfor- der unterbrochenen Befragung der Zeugen Bundes- schungsausschuß zur Durchleuchtung sämtlicher kanzler Dr. Kohl und Ministerpräsident Dr. h. c. Lebensvorgänge in der Bundesrepublik Deutsch- Strauß bestehe. land’sein dürfe und auch ,kein Instrument des Die Ausschußmehrheit einschließlich der SPD-Ver- Herrn Schily sein kann, um inquisitorisch die treter hat es zu verantworten, daß viele aufklä- Bundesrepublik als Ganzes und alle demokrati- rungsbedürftige Sachverhalte im Dunkeln und die schen Parteien diskriminieren zu können.'" (Be- Untersuchungsarbeit ein Torso geblieben sind. richt der „Frankfurter Rundschau" vom 10. De- zember 1984 Seite 4) a) Vor allem die Tatsache, daß begonnene Zeugen- vernehmungen nicht zu Ende geführt worden In der Sitzung vom 16. Januar 1985 erklärte der Ob- sind, läßt sich in keiner Weise rechtfertigen. mann der SPD-Fraktion, Dr. Struck, seine Fraktion sei nicht mehr bereit, im Augenblick neue Beweis- Als die Vernehmung des Zeugen Bundeskanzler beschlüsse zu fassen, die neue Zeugen erfordern. Dr. Kohl unterbrochen wurde, erklärte der Abge- ordnete Dr. Struck (SPD) u. a.: Schließlich erklärte der SPD-Abgeordnete „Es sind in der Tat noch einige Komplexe zu Dr. Struck in der Sitzung vom 1. März 1985, nach- klären, die überhaupt noch nicht angespro- dem ein Tag zuvor der Ausschußvorsitzende einen chen worden sind. Ich nenne als Beispiel nur Sachstandsbericht über das bisherige Beweisergeb- das Thema ,Staatsbürgerliche Vereinigung'. Es nis aus seiner Sicht gegeben hatte, er sei der Auf- ist ja wohl nicht zu bestreiten, daß die ,Staats- fassung, daß erstens keine neuen, noch nicht be- bürgerliche Vereinigung` hier eine große Rolle nannten Zeugen zu hören seien und zweitens auch spielt, auch im Einleitungsvermerk der Staats- die Fortsetzung von formal unterbrochenen Zeu- anwaltschaft. Der Zeuge ist hier in seiner Ei- genvernehmungen nicht mehr erforderlich sei. Das genschaft als Parteivorsitzender der CDU zu gelte bis auf zwei Ausnahmen. Die beiden Ausnah- diesem Punkt ausführlich zu befragen. Er ist men seien Herr Flick und Herr Paefgen .. . in seiner Eigenschaft als früherer Minister- präsident des Landes Rheinland-Pfalz auch in Die Vernehmung weiterer Zeugen, vor allen Dingen seinem Verhältnis zu dem Landesgeschäfts- die Fortsetzung von Zeugenvernehmungen werde führer der CDU Rheinland-Pfalz, Herr Terlin- auch von der SPD nicht beantragt werden. den, und dessen Verhältnis zur ,Staatsbürgerli- Übereinstimmend äußerten sich die Vertreter der chen Vereinigung zu befragen. Der Zeuge ist CDU/CSU- und der FDP-Fraktion. Entsprechend außerdem noch ausführlich zu dem Komplex der Übereinkunft zwischen den CDU/CSU-, FDP- Barzel zu befragen. Ich habe nichts dagegen, und SPD-Mitgliedern wurden dann am 27. und wenn die Sitzung jetzt unterbrochen wird. Ich 28. März 1985 nur noch die Zeugen Paefgen und weigere mich aber, ... in nichtöffentlicher Sit- Dr. Flick vernommen. Am Schluß der Sitzung vom zung darüber zu beraten, ob wir den Zeugen 28. März 1985 wurde die Beweisaufnahme — gegen noch weiter befragen. Ich stelle hier ausdrück- den Widerspruch des Vertreters der GRÜNEN — lich fest, daß, wenn diese Sitzung heute hier mit dem Vorbehalt einer eventuellen Einsicht in abgebrochen wird, dies eine Unterbrechung weitere Unterlagen des Flick-Konzerns, die damals und niemals eine Beendigung ist. Wenn Sie Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens waren, auf Ihrem Verfahren bestehen sollen, Herr geschlossen. (UA-Prot. 81/301) Kollege Hüsch, werden wir uns auch öffentlich über das Spielchen, das Sie treiben, auseinan- dersetzen." (UA-Prot. 50/286 bis 287) Bei der Unterbrechung der Vernehmung des 3.2.5.2 Zeugen Außenminister Genscher erklärte der Vorsitzende Dr. Langner (CDU), nachdem der Die abrupte Beendigung der Beweisaufnahme, die Vertreter der GRÜNEN weitere Fragen ange- zwischen den CDU/CSU-, FDP- und SPD-Ausschuß- kündigt hatte: - mitgliedern außerhalb der Ausschußsitzungen aus- gehandelt worden ist, war vor allem eine drastische „Wenn ein Mitglied des Ausschusses erklärt Kehrtwende auf seiten der SPD-Fraktion. hat, daß er noch einen weiteren Fragebedarf Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

hat, und keine anderweitigen Anträge gestellt mit Rücksicht auf das gegen sie laufende Straf- werden, dann unterbreche ich die Verneh- verfahren auf ihr Aussageverweigerungsrecht mung des Zeugen Außenminister Genscher." beriefen. (UA-Prot. 51/317) c) Auffällig ist, daß sich die SPD-Vertreter im Aus- Bei Unterbrechung der Aussage des Zeugen Mi- schuß dem Ansinnen von CDU/CSU und FDP nisterpräsident Dr. h. c. Strauß, erklärte der gebeugt haben, die Vernehmungen des CSU-Vor- Stellvertretende Vorsitzende, Dr. Penner (SPD): sitzenden Strauß und des CDU-Vorsitzenden Dr. „Ich breche die Vernehmung von Herrn Dr. Kohl nicht zu Ende zu führen, während der SPD Strauß ab. Wir sehen uns dann nach Vereinba- Vorsitzende Willy Brandt nach Unterbrechung rung über einen neuen Termin wieder." seiner Vernehmung am 26. Oktober 1984 zur Fortsetzung seiner Vernehmung am 29. Novem- Am Ende der Sitzung vom 28. Juni 1984 sagte der ber 1984 vor dem Untersuchungsausschuß ein Ausschußvorsitzende Dr. Langner (CDU), er „un- zweites Mal erscheinen mußte. (UA-Prot. Nr.49 terbreche die Vernehmung des Zeugen Diehl für und 56) heute und beende die heutige Sitzung und berufe den Ausschuß wieder auf Mittwoch, dem 12. Sep- Auffällig ist ferner, daß die Vorsitzenden der tember, um 14.30 Uhr, zur Fortsetzung der Ver- CDU/CSU und FDP Dr. Kohl, Dr. h. c. Strauß und nehmung des Zeugen Diehl ein". Die Verneh- Genscher — gegen den Widerspruch des Vertre- mung des Zeugen Diehl wurde jedoch weder am ters der GRÜNEN — jeweils nur für die Nach- 12. September 1984 noch zu einem anderen Zeit- mittagsstunden geladen wurden, wodurch sich punkt fortgesetzt, obwohl dem Vertreter der die Vernehmungszeit jeweils zunächst auf einen GRÜNEN während der Vernehmung des Zeugen halben Tag reduzierte und der Vertreter der Diehl am 28. Juni 1984 überhaupt noch keine Ge- GRÜNEN — abgesehen von Zwischenfragen — legenheit zur Befragung gegeben worden war. mit der regulären Befragung der Zeugen erst in Daß Fragen an den Zeugen Diehl mit Rücksicht den Abend bzw. den späten Nachmittagsstunden auf die von ihm geführte Spendenbuchhaltung beginnen konnte. von besonderer Wichtigkeit waren, ist unbe- d) Falsch ist der Einwand, der Ausschuß sei aus streitbar. Die Ausschußmehrheit hat gleichwohl zeitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, unter Mitwirkung der SPD-Mitglieder den GRÜ- das Beweisprogramm entsprechend der Be- NEN die Befragung des Zeugen Diehl verwehrt. schlußlage abzuwickeln und die begonnenen Ähnliches gilt für den Zeugen Dr. Biedenkopf. Zeugenvernehmungen zu Ende zu führen. Der Zeuge Biedenkopf wurde vor dem Ausschuß leldiglich zu dem Komplex Barzel vernommen. Der Ausschuß fand immerhin Zeit, den Zeugen Als ihm der Vertreter der GRÜNEN die Frage Halstenberg an vier, den Zeugen Staatssekretär stellte, ob der Zeuge während seiner Tätigkeit Otto Schlecht an drei, den Zeugen Wacker eben- falls an drei Sitzungstagen zu vernehmen. Der als Generalsekretär der CDU auch etwas mit Vernehmung der relativ unbedeutenden Zeugen Spendenangelegenheiten zu tun gehabt habe, Schaller und Refflinghaus widmete sich der Aus- unterbrach ihn der Vorsitzende Dr. Langner und schuß ebenfalls jeweils an zwei Sitzungstagen. wies ihn darauf hin, daß die Befragung zu dem Hinzu kommt, daß im Januar 1985 für die ersten allgemeinen Thema des Untersuchungsaus- zwei Wochen keine und für den Monat März 1985 schusses zu einem späteren Zeitpunkt stattfin- den solle und veranlaßte ihn, seine Frage bis nur an zwei Tagen (28. und 29. März 1985) Ter- mine für Zeugenvernehmungen angesetzt wur- dahin zurückzustellen. Eine spätere Befragung den. Es hätten daher ohne große zeitliche Be- des Zeugen Biedenkopf war ebenfalls wegen des drängnis wenigstens die begonnenen Zeugenver- vorzeitigen Abbruchs der Beweisaufnahme nicht nehmungen fortgesetzt und abgeschlossen wer- möglich. den können. Auch die Fortsetzung der unterbrochenen Befra- gung der Zeugen Kiep und Barzel wurde auf e) Mit dem hastigen Abbruch der Beweisaufnahme diese Weise unterbunden. Das hat sich vor allem wurde im übrigen verhindert, daß eine Vielzahl hinsichtlich der Befragung des Zeugen Kiep wichtiger Zeugen, deren Vernehmung der Aus- nachteilig ausgewirkt, weil mit dessen Verneh- schuß zunächst einstimmig beschlossen hatte, mung zu einem Zeitpunkt begonnen wurde, als nicht vor dem Ausschuß gehört werden konnten. ein wesentlicher Teil der später beigezogenen So wurde die Befragung des Vorsitzenden der Akten noch nicht vorlag. CDU/CSU-Fraktion Dr. Dregger, des Bundesmi- nisters a. D. Josef Ertl, des Bundestagsvizepräsi- Mit ihrer Weigerung, wenigstens die begonne- denten Dieter Cronenberg (FDP), des Bundes- nen Zeugenvernehmungen zu Ende zu führen, tagsabgeordneten Gattermann (FDP), des Bun- hat die Ausschußmehrheit unter Mitwirkung der desministers der Finanzen Stoltenberg (CDU), SPD dem Vertreter der GRÜNEN bei einigen des FDP-Fraktionsvorsitzenden Mischnick, des Zeugen das Fragerecht ganz, bei anderen teil- SPD-Abgeordneten Porzner, des Bundestagsvi- weise unter Verstoß gegen Artikel 44 GG und die zepräsidenten Richard Stücklen (CSU) und an- Verfahrensregeln entzogen. derer Politiker, deren Namen in den Spenden b) Lediglich im Fall der Zeugen von Brauchitsch, Listen des ehemaligen Flick-Buchhalters Diehl- Graf Lambsdorff und Friderichs war eine Fort- notiert sind, verhindert. setzung der unterbrochenen Zeugenvernehmun- Es unterblieb auch die Vernehmung des Leiters gen deshalb nicht möglich, weil sich die Zeugen des sogenannten Büro Bonn des Flick-Konzerns Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Dr. Schmitz und seines Mitarbeiters Adolf Kan- den er als „Wohlfahrtsausschuß" bezeichnete, den ter, von denen wichtige Aufschlüsse über Ein- man in eine Jauchegrube versenken und „zuschei- flußnahmen des Flick-Konzerns auf Politiker ßen" sollte („Frankfurter Allgemeine Zeitung Maga- und Amtsträger anhand der von ihnen der Ge- zin" vom 1. März 1985), ohne daß der Ausschuß dar- schäftsführung des Flick-Konzerns erstatteten auf in deutlicher Form reagiert und den Zeugen Berichte zu erwarten waren. zurechtgewiesen hätte. Statt dessen belohnte ihn Die Vernehmung des früheren Bundespräsiden- die Ausschußmehrheit mit Unterstützung der SPD ten Prof. Dr. Carstens und anderer Zeugen wäre für seine Widersetzlichkeit und dispensierte den notwendig gewesen, um die Verbindungen zwi- Zeugen von einer Fortsetzung der für ihn offenbar schen Bundeskanzler Dr. Kohl und dem Flick höchst risikoreichen Befragung. Konzern aufzuhellen. Auch das hat die Aus- schußmehrheit unter Mitwirkung der SPD un- möglich gemacht. 3.2.5.4 Unverzichtbar war auch die von den GRÜNEN beantragte Vernehmung weiterer Zeugen, deren Allgemein muß festgestellt werden, daß es einige Ladung sich jedoch die CDU/CSU-, FDP- und Zeugen an der Bereitschaft fehlen ließen, in ange- SPD-Ausschußmitglieder einträchtig entgegen- messener Weise zur Aufklärung der Geschehnisse gestellt haben. Es handelt sich in der Mehrzahl beizutragen. Einen besonders negativen Eindruck um Zeugen, von denen Auskünfte über Spenden hat der Zeuge Dr. Flick hinterlassen, dessen nahezu des Flick-Konzerns an Politiker zu erwarten wa- totaler Gedächtnisausfall mit dem Inhalt der Ur- ren, unter ihnen der SPD-Abgeordnete Dr. Eh- kunden, die dem Ausschuß vorliegen, nicht in Ein- renberg, die CDU-Abgeordnete Verhülsdonk, der klang zu bringen ist. Umso mehr wäre eine genaue bayrische Landtagspräsident Dr. Heubi, der Ge- Überprüfung der Aussage von Dr. Flick durch Hin- neralbevollmächtigte der CDU, Dr. Uwe Lüthje, zuziehung des gesamten beim Landgericht Bonn und der frühere FDP-Vorsitzende und Schatz- vorhandenen Aktenmaterials geboten gewesen. meister Bundespräsident a. D. Walter Scheel. Insbesondere konnte der Zeuge Walter Scheel nicht nach der Summe von 100 000 DM befragt Im Fall des Zeugen Bundeskanzler Dr. Kohl besteht werden, die er laut Diehl-Liste am 4. Februar nach Aktenlage der Verdacht einer vorsätzlich fal- 1975 aus der „Schwarzen Kasse" des Flick-Kon- schen uneidlichen Aussage. Auszüge des Protokolls zerns erhalten haben soll. über die Aussagen von Bundeskanzler Dr. Kohl so- wie Hinweise auf Tatsachen, die den Verdacht einer Ebenso konnte auf diese Weise nicht aufgeklärt Falschaussage begründen, sind daher der Staatsan- werden, ob es sich bei Zahlungen in Höhe von waltschaft Bonn mit Strafanzeige vom 29. Januar 3,3 Millionen DM in der Zeit von 1974 bis 1981, 1986 und nachfolgendem Schreiben vom 14. Februar die in der Buchhaltung des Flick-Konzerns als 1986 zur Prüfung zugeleitet worden. „Honorar Liesenfeld" ausgewiesen sein sollen, um verdeckte Spenden handelt oder nicht. Es erscheint notwendig, dem Verdacht einer Falsch- Da sich die Ausschußmehrheit unter Mitwir- aussage nachzugehen, weil anders die Wirksamkeit kung der SPD gegen einen Großteil von Zeugen- des parlamentarischen Untersuchungsrechtes nach befragungen abgeschottet hat, sind die Untersu- Artikel 44 GG nicht gewahrt werden kann. Wenn chungen des Ausschusses zwangsläufig in man- sich der Eindruck befestigen sollte, ein Zeuge dürfe chen Bereichen in Vermutungen und Unklarhei- vor einem parlamentarischen Untersuchungsaus- ten steckengeblieben. schuß seine Aussage mehr nach politischem oder sonstigem Gutdünken als an der strikten Einhal- tung seiner Wahrheitspflicht ausrichten, käme das 3.2.5.3 parlamentarische Untersuchungsrecht in Gefahr, wirkungslos zu werden. Der Ausschuß hat bedauerlicherweise einige Zeu- gen nicht mit der notwendigen Entschiedenheit zur strikten Befolgung ihrer Zeugenpflichten angehal- 3.2.6 Verhinderte Aufklärung ten und ist provokatorischen Äußerungen innerhalb und außerhalb des Ausschusses nicht angemessen Der in der Öffentlichkeit erhobenen Forderung, entgegengetreten. So hat der Ausschuß den Zeugen ohne Ansehen der Person ohne Retuschen und Ministerpräsident Dr. h. c. Strauß nicht zurechtge- Schönfärberei die Flick- und Spendenaffäre zu un- wiesen, als er auf zulässige Fragen eines Ausschuß- tersuchen, ist die Ausschußmehrheit nicht nachge- mitgliedes antwortete, das „gehe ihn nichts an," kommen. „das seien Ausforschungsfragen, auf die er keine Antwort gebe," „Sie kriegen von mir keine andere In einem am 18. Dezember 1981 unter der Über- Antwort", er könne sich nicht in Einzelheiten „ver- schrift „Große Koalition ertappter Steuersünder" stricken", der Ausschuß „packe die Klärung dieser erschienenen Artikel schrieb „Der Tagesspiegel" Vorgänge falsch an", der Fragesteller sei „nicht der am 18. Dezember 1981: Revisor der CSU" und ähnliches mehr. - „Man wird diesen Fall, der von großer Brisanz ist, Derselbe Zeuge tat sich später mit außergewöhnlich nur mit schonungsloser Offenheit und mit Konse rabiaten Beschimpfungen des Ausschusses hervor, quenz bezüglich der steuerrechtlichen Ahndung Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

sowie der politischen Verantwortung bewältigen Auch Karl-Heinz Krumm meinte in einem Leitarti- können." kel in der „Frankfurter Rundschau" vom 26. Okto- ber 1984: Ähnlich äußerte sich Robert Leicht in der „Süddeut- sche Zeitung" am 26. Oktober 1984: „Wenn es den Politikern aller Parteien tatsäch- lich um die Stabilität der zweiten deutschen De- „Aber wo bleibt der Untersuchungsausschuß, der mokratie und ihrer Zukunft geht, bleibt nur eines: die gesamte illegale Praxis der Parteienfinanzie- Sie müssen endlich selbst, auch wenn dies für rung in allen Dimensionen ausleuchtet? Dieses Einzelne Schmerzen und Verzicht bedeutet, alle peinliche Geschäft überläßt man der durch Ver- Unterlagen über die Spenden- und Flick-Affäre jährungsfristen angenehm behinderten Justiz. offen auf den Tisch legen." Und zugleich versucht man, der Justiz auf vielfäl- tige Weise in den Arm zu fallen — brutal und sub- Die Appelle stießen bei der Mehrheit des Ausschus- til zugleich, z. B. mit der verlogenen Parole von ses, wie der Verfahrensablauf lehrt, auf taube angeblichen Gesetzeslücken." Ohren. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

2. Abschnitt Ermittelte Tatsachen (Ergänzungen und Berichtigungen zur Sachverhaltsdarstellung des Mehrheitsberichts)

1. Das Spendensystem des Flick-Konzerns — Vereinigung für europäische Wirtschaftspolitik e. V. 1.1 Spendenkanäle — Club für europäische Wirtschaftspolitik e.V. Der Flick-Konzern verfügt über weit verzweigte — Gesellschaft zur Förderung der freien Markt- Spendenkanäle, über die er in verdeckter Form vor- wirtschaft in Europa e.V. nehmlich CDU, CSU und FDP sowie — nach Über- nahme der Regierung im Jahr 1969 — zeitweise — Wirtschaftspolitische Vereinigung e.V. auch der SPD Spenden zugewendet hat. — Deutsche Gruppe der liberalen Internationalen Der Untersuchungsausschuß hat nur einen Teil und der liberalen Bewegung für ein vereintes der Geldkanäle und Spendenzuflüsse aufdecken Europa e.V. können. — Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e.V. — Gemeinschaft zur Erschließung unterentwickel- 1.1.1 Spenden der Konzern-Untergeselischaften ter Märkte e.V. an Politiker und Parteien — Arbeitskreis für kommunalpolitische Bildung Neben Spenden der Konzern-Obergesellschaft, für e. V. die tabellarische Aufstellungen für den Zeitraum — Neuer Vorwärts-Verlag von 1969 bis 1980 (Diehl-Liste) vorliegen, haben auch die Konzern-Untergesellschaften Krauss-Maf- — Seminar für sozial- und staatspolitische Bil- fei, Feldmühle, Maxhütte sowie Dynamit-Nobel dungsarbeit der christlichen Arbeitnehmer- Zahlungen erheblichen Umfanges an Politiker und schaft in NRW e.V. Parteien geleistet. Die Spenden wurden in der Flick-Buchhaltung als Die genaue Größenordnung der Spenden im Be- „offizielle Zahlungen" an die vorgenannten Organi- reich der Untergesellschaften konnte der Untersu- sationen deklariert, die auch entsprechende steuer- chungsausschuß mangels ausreichenden Aktenma- abzugsfähige Quittungen ausstellten. Insgeheim je- terials nicht ermitteln. Anhand einzelner Doku- doch wurden die Spendensummen (Durchlaufspen- mente ist jedoch der Schluß gerechtfertigt, daß den) zum Teil unter Einbehalt eines 10 %igen Ver- auch die Untergesellschaften unmittelbar erhebli- waltungskostenanteiles an die Parteien weitergelei- che Dotationen an die betroffenen Parteien, insbe- tet. Dementsprechend wurden die in der Flick- sondere an CDU, CSU und FDP verteilt haben. Buchhaltung ausgewiesenen „offiziellen" Zahlun- Jedenfalls handelte es sich um Spendensummen ei- gen an angeblich gemeinnützige Organisationen als ner Größenordnung, die in den Rechenschaftsbe- Spenden den jeweils begünstigten Parteien zuge- richten der bedachten Parteien hätten veröffent- ordnet. licht werden müssen. Als „offizielle" Zahlungen sind in der Diehl-Liste auch indirekte Spenden an die parteinahen Stiftun- gen verbucht. Die Spenden an die Stiftungen hat 1.1.2 Spenden der Konzem - Obergesellschaft der Flick-Konzern in seinen internen Aufstellungen Die Konzern-Obergesellschaft hat über zwei Spen- ebenfalls der jeweiligen Partei zugeordnet. denkanäle Gelder in die Parteikassen eingezahlt.

1.1.2.2 1.1.2.1 Neben den „offiziellen" wurden auch „inoffizielle" Das größere Spendenaufkommen wurde unter min- Zahlungen an Parteien und Politiker geleistet. destens teilweise illegaler Inanspruchnahme von Bei den „inoffiziellen" Zahlungen handelte es sich Steuervergünstigungen auf indirektem Wege über durchweg um Barzuwendungen, die aus einer „Dis- Organisationen mit Gemeinnützigkeitsstatus abge- positionskasse" erhoben wurden. wickelt. Dazu gehörten unter anderen: Die Auszahlungen aus der „Dispositionskasse" wur- den auf einem besonderen Konto außerhalb der- — Internationaler Wirtschaftsclub e.V. normalen Buchführung verbucht. — Internationale Wirtschaftspolitische Vereini- Aus dieser Kasse wurden zumeist in großen Brief gung e.V. couverts Bargeldsummen — bis zu 250 000 DM — Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 den jeweiligen „Destinatären" über Dr. F. K. Flick, Von dieser Summe ließ sich der Flick-Konzern den Kaletsch, von Brauchitsch sowie in einigen Fällen Betrag von 1,29 Millionen DM in bar außerhalb der auch über die Mitarbeiter des „Bonner Büro" Dr. Bücher zurückvergüten. Schmitz und Kanter zugeleitet. Der Zeuge Diehl hat bestätigt, daß dieser Betrag Bei Bargeldentnahmen aus der „Dispositionskasse" der beim Flick-Konzern eingerichteten „schwarzen ließ sich Buchhalter Diehl Empfangsquittungen un- Kasse" zugeführt worden ist. Er sei eines Tages von terschreiben und vermerkte auf der Rückseite der Eberhard von Brauchitsch gebeten worden,nach Quittungen die Namen (oder Namensabkürzungen) Zürich zu fliegen, um sich bei der Bank Cantrade der ihm jeweils als Empfänger benannten Politi- mit Herrn Ratjen zu treffen und dort den Barbetrag ker. in Empfang zu nehmen. Auftragsgemäß habe er den Ferner führte Diehl über „inoffizielle" Zahlungen Betrag in der Schweiz abgeholt und in Düsseldorf aus der „Dispositionskasse" fortlaufende Kassenbü- in einem Panzerschrank hinterlegt. cher mit den Namen der Überbringer sowie den Im Fall „Soverdia" hatte im Jahre 1967 der Abgeord- ihm jeweils genannten Politikern. nete und Landesschatzmeister der hessischen CDU Darüber hinaus vermerkte Diehl in den Spendenli- Walter Löhr im Einvernehmen mit Pater Josef sten für die Parteien CDU, CSU, FDP und SPD auf Schröder von der Steyler Mission in St. Augustin Grundlage der Kassenbücher und Quittungsbelege sich folgendes Modell ausgedacht: das Datum der Aushändigung der erhobenen Beträ- 80 % der Spenden, die von der „Soverdia" verein- ge, die Namen der ihm genannten Empfänger sowie nahmt wurden und für die sie steuerabzugsfähige die Namen der Personen aus der Geschäftsleitung Quittungen erteilte, sollten die Spender auf Umwe- des Flick-Konzerns, die für die Auszahlungen ver- gen zurückerhalten. antwortlich waren. Von den Politikern, die die Bar- Von den restlichen 20 % sollten 10% der „Soverdia" geldbeträge erhielten, wurden ausnahmlos Quittun- verbleiben und 10 % als „Provision" Löhr zustehen. gen nicht erteilt. Nach diesem Modell hat der Flick-Konzern in den Neben der „inoffiziellen Dispositionskasse" bestand Jahren 1968 bis 1977 insgesamt 12,3 Millionen DM eine „schwarze Kasse". Eine Reihe der „inoffiziel- an die „Soverdia" gespendet. Einen Großteil der len" Zahlungen an bestimmte Politiker sind nach Spendensumme konnte der Flick-Konzern auf- den vorhandenen Unterlagen der „schwarzen Kas- grund der erteilten steuerabzugsfähigen Spenden- se" entnommen worden. Über Ein- und Ausgänge quittungen aus ersparten Steuern (Steuerersparnis der „schwarzen Kasse" und ihren jeweiligen Be- schätzungsweise mindestens 5 Millionen DM) fi- stand liegen dem Untersuchungsausschuß nur sehr nanzieren. lückenhafte Unterlagen vor. 9,8 Millionen DM wurden „schwarz" von der „Sover- Diehl hat zwar in den für die Geschäftsleitung an- dia" an den Flick-Konzern zurückgezahlt. Aus den gefertigten Zwischenbilanzen über „inoffizielle" Spendenaktionen erhielt der Flick-Konzern dem- Zahlungen einzelne Beträge mit der Kennzeich- nach einen Nettogewinn von 2,8 Millionen DM. nung Aus den Rückflüssen in den Fällen „Ratjen" und „Zahlungen aus der schwarzen Kasse" „Soverdia" hat der Flick-Konzern in der „schwarzen oder Kasse" innerhalb von 10 Jahren rund 11,3 Millionen „Politische Zahlungen über Sonderkasse" DM angesammelt und daraus Barzahlungen an eine Reihe von Politikern vorgenommen. versehen. Kassenbücher oder Quittungen über Aus- zahlungen aus der „schwarzen Kasse" hat die Staatsanwaltschaft jedoch bei den Durchsuchungen 1.2 Spendenempfänger nicht sicherstellen können. 1.2.1 Ermittelte Summen der Spendenzahlungen Auffälligerweise hat allerdings der Zeuge von Brau- seitens der Konzern-Obergesellschaft chitsch mit der Schutzschrift seines Verteidigers vom 7. Dezember 1982 die Quittung über eine Ent- Insgesamt hat der Flick-Konzern in den Jahren nahme aus der „schwarzen Kasse" in Höhe von 1969 bis 1980 ausweislich der dem Untersuchungs- 500 000 DM vorgelegt. ausschuß zugänglichen Unterlagen Spenden an Die „schwarze Kasse" wurde u. a. durch Rückflüsse CDU, CSU, FDP und SPD sowie an Politiker aus aus Provisionszahlungen im Fall „Ratjen" und aus diesen Parteien in Höhe von 26 Millionen DM gelei- fingierten Spenden des Flick-Konzerns an die „So- stet. verdia-Gesellschaft für Gemeinwohl mbH" gefüllt. Davon entfielen auf die CDU/CSU 15 Millionen DM, Im Fall „Ratjen" hatte der Flick-Konzern dem Ban- auf die FDP 6,5 Millionen DM und auf die SPD kier Adolf Ratjen aus Vaduz/Liechtenstein am 4,5 Millionen DM. 5. November 1977 einen Betrag von 2,67 Millionen Die Gesamthöhe der „offiziellen" Zahlungen in den DM auf ein Konto bei der Bank Cantrade AG in genannten Jahren betrug rund 18 Millionen DM. Zürich überwiesen. Davon entfielen rund 8 Millionen DM auf die CDU, Dieser Betrag sollte angeblich die Provision für die 4 Millionen DM auf die FDP, 3 Millionen DM auf die Kaufvertragsvermittlung Ratjens anläßlich der CSU sowie 2,8 Millionen DM auf die SPD. Veräußerung der Konzern-Untergesellschaft Max- Die „inoffiziellen" Zahlungen sind nach den Bü- hütte sein und ist vermutlich auch ertragsmindernd chern des Flick-Konzerns für den genannten Zeit- als Betriebsausgabe verbucht worden. raum auf insgesamt 8,5 Millionen zu beziffern. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Davon entfallen rund 2,5 Millionen DM auf die FDP, — der ehemalige SPD-Schatzmeister Nau. Allein 2,4 Millionen DM auf die CDU, 2 Millionen DM auf unter seinem Namen sind „inoffizielle" Zahlun- die CSU und rund 1,7 Millionen DM auf die SPD. gen in Höhe von 250 000 DM aufgeführt. Aller- In den „inoffiziellen" Zahlungen sind Beträge aus dings ist anzunehmen, daß weitere „inoffizielle" der „schwarzen Kasse" in einer Gesamthöhe von Beträge, die in den Unterlagen anderen SPD rund 2,2 Millionen DM enthalten. Davon entfallen Politikern zugeordnet wurden, ebenso an Nau ca. 930 000 DM auf die CDU, 715 000 DM auf die ausgehändigt wurden. „Sonderzahlungen" an CSU, 370 000 DM auf die FDP und 130 000 DM auf Nau sind, wie in den oben genannten Fällen, die SPD. nicht auszuschließen. Weiterhin wird Nau in den Spenden-Unterlagen als Adressat von „offiziel- Wegen der Unvollständigkeit der Akten kann nicht len" Spenden in Höhe von insgesamt rund ausgeschlossen werden, daß die genannten Par- 450 000 DM aufgeführt; teien weitergehende Spenden in erheblichem Um- fang erhalten haben, insbesondere auch in Form — Dr. Kohl, dem — abgesehen von „Sonderzahlun- von direkten Zahlungen der Untergesellschaften. gen" in nicht bekannter Höhe — „inoffizielle" Ferner konnte das Volumen von „Sonderzahlungen Spenden in Höhe von 665 000 DM, davon mögli- für die Bereiche F, S und FJ" nicht aufgeklärt wer- cherweise 150 000 DM aus der „schwarzen Kas- den (vgl. unten) „Sonderzahlungen ... ”). se" (fehlende Quittungsbelege) in bar ausgehän- digt wurden.

1.2.2 Spitzenreiter der Spendenempfänger 1.2.3 Signifikante Zahlungsspitzen Spitzenreiter sind Die Höhe der Zahlungen an Parteien zeigt in den zurückliegenden Jahren ein unterschiedliches Bild. — der bayrische Ministerpräsident und CSU-Vor- sitzende Franz Josef Strauß, dem — abgesehen von „Sonderzahlungen" in unbekannter Höhe — 1.2.3.1 „inoffizielle" Spenden in Höhe von 1,160 Millio- Die Zahlungen an die CDU/CSU stiegen im Wahl nen DM, davon möglicherweise 500 000 DM aus jahr 1972 erheblich an auf insgesamt rund 3,2 Mil- der „schwarzen Kasse" (weil Belege über Ent- lionen DM, wovon allein 900 000 DM aus der nahmen aus der „Dispositionskasse" fehlen) in „schwarzen Kasse" gezahlt wurden. 500 000 DM des bar ausgehändigt wurden. Betrages aus der „schwarzen Kasse" wurden für Außerdem wird Strauß in den Büchern des „Wahlanzeigen" notiert. Flick-Konzerns als Adressat von „offiziellen" Eine ähnliche Steigerung ist mit dem Beginn der Spenden in Höhe von insgesamt 1,45 Millionen Bescheinigungsverfahren im Jahre 1975 festzustel- DM aufgeführt; len. Zusammen erhielten CDU/CSU in diesem Jahr — der ehemalige Minister für Wirtschaft des Lan- an „inoffiziellen" und „offiziellen" Spenden rund des Nordrhein-Westfalen Horst-Ludwig Riemer 2,15 Millionen DM. (FDP), dem — abgesehen von „Sonderzahlun- In welchem Ausmaß der Flick-Konzern am Spen- gen" in unbekannter Höhe — „inoffizielle" Spen- denaufkommen zugunsten von CDU/CSU in den den in Höhe von rund 190 000 DM in bar ausge- Jahren ab 1982 im Zusammenhang mit der Bildung händigt wurden. Zusätzlich ist Riemer bei den der neuen Koalitionsregierung Kohl/Genscher be- „offiziellen" Zahlungen mit ca. 1,45 Millionen teiligt war, konnte der Ausschuß mangels Unterla- DM notiert; gen nicht klären. Deshalb kann auch keine Aussage darüber gemacht werden, ob im Vorwahljahr 1982 — Bundesaußenminister Genscher, an den — auch und im Wahljahr 1983 die Spenden aus dem Flick hier ungeachtet der „Sonderzahlungen" in unbe- Konzern zugunsten der CDU/CSU einen neuen kannter Höhe — der „inoffizielle" Betrag von Höchststand erreicht haben. 50 000 DM ging. An „offiziellen" Zahlungen wur- den für Genscher in den Spendenunterlagen Der CDU und vermutlich auch der CSU sind seitens 1,1 Millionen DM vermerkt; des Flick-Konzerns auch im voraus bestimmte Spendenzusagen gemacht worden. Ob und inwie- — Graf Lambsdorff, für den — ebenfalls abgesehen weit der Flick-Konzern an Entschuldungsaktionen von „Sonderzahlungen" in unbekannter Höhe — der CDU/CSU beteiligt war, ließ sich bisher nicht 300 000 DM als „inoffizielle" Zahlungen, davon ermitteln. möglicherweise 65 000 DM aus der „schwarzen Offen blieb auch die Frage, ob und inwieweit der Kasse", notiert sind. 800 000 DM sind als „offi- Flick-Konzern CDU/CSU bei der Inanspruchnahme zielle" Zahlungen für Graf Lambsdorff ausge- von Bankkrediten behilflich war. Für die CSU fin- wiesen; det sich beispielsweise in den Spenden-Unterlagen — Dr. Friderichs. Er wird bei den „inoffiziellen" für das Jahr 1979 u. a. die Eintragung „Treuhandge- Zahlungen — abgesehen von „Sonderzahlungen" bühr — Finter Bank 7 402,80 DM". in unbekannter Höhe — mit 640 000 DM geführt, Die Zahlungen an die CSU haben bereits im Jahre wovon 190 000 DM ausweislich der Unterlagen 1949, zu einem Zeitpunkt, als sich Friedrich Flick- aus der „schwarzen Kasse" erhoben wurden. Sen. noch im Kriegsverbrechergefängnis in Lands- „Offizielle" Zahlungen für Dr. Friderichs belau- berg befand, „aus einem gewissen Grund" (Franz fen sich auf 130 000 DM; Josef Strauß) begonnen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Über die Höhe der Zahlungen von 1949 bis 1968 rung stiller Reserven für die Durchführung von konnte der Untersuchungsausschuß mangels Un- Auslandsinvestitionen". terlagen keine Erkenntnisse gewinnen. Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Dr. Wolf- Auch die Zahlungen an die CDU haben bereits vor gang Pohle, zugleich Kommanditist und Interessen- 1969 eingesetzt. In welchen Jahren die CDU erstma- vertreter der Firma Flick, wandte sich mit Schrei- lig Spenden vom Flick-Konzern erhalten hat, ben vom 17. März 1969 an das Bundeswirtschaftsmi- konnte jedoch definitiv nicht festgestellt werden. nisterium und überreichte diesem eine Studie, die im Hause Flick „über die Direktinvestitionen der Inwieweit einzelne Zuwendungen mit bestimmten deutschen Privatindustrie in das Ausland als Mittel politischen Zielsetzungen des Flick-Konzerns un- mittelbar in Verbindung zu bringen sind, blieb zum nachhaltigen Ausgleich der Zahlungsbilanz ebenso offen. der Bundesrepublik erstellt worden" war. Bemerkenswert ist immerhin, daß der CSU-Vorsit- Zuwendungen des Hauses Flick über den FDP-Par- zende Strauß bereits im Jahre 1969 vom Flick-Kon- teivorsitzenden Scheel konnten schon 1969 auf Tra- zern einen Bargeldbetrag in Höhe von 200 000 DM dition verweisen. Dies läßt sich einem Vermerk des erhalten hat. Im selben Jahr ist auf maßgebliches Vorstandsvorsitzenden der Untergesellschaft Feld- Betreiben des damaligen Bundesfinanzministers mühle AG, Helmfried Krug, vom 14. Januar 1965 an Strauß die Steuerbegünstigungsvorschrift § 4 Aus- Dr. Pohle entnehmen. Krug hielt in seinem Schrei- landsinvestitionsgesetz eingeführt worden, über die ben fest: später der Flick-Konzern nahezu die Hälfte des „Betr.: Gespräch mit Herrn Min. Kienbaum, Daimler-Verkaufserlöses in den USA anlegen konn- Herrn Min. Scheel und Herrn Zoglmann am 14. 1. te. Auch bei dieser Transaktion hat Ministerpräsi- 1965. dent Strauß dem Flick-Konzern Hilfestellung gelei- Den Herren wurde vermittelt, daß die Gruppe be- stet. reit ist, für den Wahlkampf 1965 DM 100 000 zur Verfügung zu stellen, und zwar zweckgebunden für Bemühungen in Nordrhein-Westfalen, wobei 1.2.3.2 ausdrücklich erklärt wurde, daß die Herren der Bundesparteileitung gegenüber vermerken, daß Auch für die FDP ist im Bundestagswahljahr 1972 die Gruppe dann nicht mehr wegen Wahlkampf- ein deutlicher Anstieg der Spendeneingänge vom zuwendungen anzusprechen sei, und wir auch — Flick-Konzern zu verzeichnen. falls wir trotzdem angesprochen werden — erklä- Mit Beginn der Bescheinigungsverfahren im Jahre ren werden, daß wir unseren Beitrag geleistet ha- 1975 zeigt sich ebenfalls eine nochmalige erhebliche ben. Bei dieser Gelegenheit brachten die Herren Steigerung des Spendenvolumens auf etwa 1,8 Mil- Scheel und Zoglmann zum Ausdruck, daß sie lionen DM. Der Flick-Konzern hatte sich im Jahre noch für ihre Landeskasse Zuwendungen erwar- 1975 bei einer Stützungsaktion mit einer Spenden- ten. Herr Dr. Pohle wollte diese Frage mit Ka- summe von 3 Millionen DM für die Umschuldung letsch aufnehmen. Über das weitere Vorgehen ist der FDP von der Bank für Gemeinwirtschaft zur vereinbart worden, daß innerhalb der FDP mor- Dresdner Bank engagiert. Im Bundestagswahljahr gen in einer Sitzung die Möglichkeit einer Public- 1976 wurde die FDP wiederum mit der beachtlichen relation-Arbeit besprochen werde, um dann ge- Spendensumme in Höhe von fast 1,3 Millionen DM meinsam mit uns, d. h. voraussichtlich mit Herrn bedacht. Dr. Pohle und mir sowie im Beisein der Herren Bei der im Jahre 1969 an den FDP-Parteivorsitzen- Schmidt, Paefgen und Dr. Geginat, ein Aktions- den Scheel geleisteten Spende ist davon auszuge- programm festzulegen. Herr Zoglmann läßt von hen, daß es sich um eine gezielte Unterstützung für sich hören." den Bundestagswahlkampf handelte. Ebenso beweist ein Schreiben des FDP-Politikers Dem Flick-Konzern war offensichtlich an einem Rieger an den damaligen Bundesminister Walter Stimmenzuwachs der FDP bei der Bundestagswahl Scheel vom 29. September 1966, daß Scheel vor 1969 nicht zuletzt deshalb gelegen, weil sich die FDP — auch während seiner Amtszeit als Minister — durch ihren parlamentarischen Vorstoß vom De- Spenden bei verschiedenen Firmen akquiriert hat. zember 1968, als sie eine über den seinerzeit vorlie- In dem Schreiben heißt es: genden Regierungsvorschlag hinausgehende parla- „Lieber Walter! mentarische Initiative zur steuerlichen Förderung von Auslandsinvestitionen ergriffen hatte, den Anbei übersende ich Dir mit der Bitte um Kennt- hieran interessierten deutschen Wirtschaftsunter- nisnahme und Rücksendung nach Unterzeich- nehmen einschließlich des Flick-Konzerns beson- nung das Protokoll über die letzte Sitzung unse- ders empfohlen hatte. res Finanzausschusses. Der Flick-Konzern war schon damals an der Ein- Bei den noch von Dir nachzuarbeitenden Häu führung einer steuerlichen Privilegierung von Aus- sern handelt es sich nach unserer Absprache um landsinvestitionen in hohem Maße interessiert. So schrieb der persönlich haftende Gesellschafter Bankhaus Trinkhaus des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch be- Thyssenhütte - reits zwei Monate nach dem FDP-Entwurf an den Flick-Gruppe Bundesminister für Wirtschaft und unterbreitete diesem Vorschläge zur „steuerneutralen Mobilisie GHH Horten Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Im Laufe des Oktober werden wir uns wohl erst- 1974: malig über einen Haushaltsvorschlag für 1967 zu Ka wg. Kohl 50 000 unterhalten haben. Es wäre gut, wenn wir bis Ka wg. Dregger 50 000 dahin wüßten, wie wir die bisher offen gebliebe- Ka wg. v. Hassel 30 000 nen Fälle einzuordnen haben, unabhängig vom und andere 50 000 tatsächlichen Zahlungseingang. 180 000 An die übrigen Kollegen Rubin und Zoglmann 1975: werde ich mit der gleichen Bitte herantreten." Ka wg. Kohl ü v. B.* 50 000 Ka wg. Tamm (Springer) 50 000 Dr. Schmitz wg. Dregger 20 000 Ka wg. Kohl 100 000 1.2.3.3 und andere 160 000 Zu nennenswerten Spenden an die SPD sah sich 380 000 der Flick-Konzern erst im Jahre 1969 mit Beginn der Regierungszeit der sozial-liberalen Koalition *Zahlung aus der „schwarzen Kasse" veranlaßt. Die Spendenzahlungen an die SPD er- reichten in den Jahren 1969 bis 1974 eine ver- 1976: gleichsweise bescheidene Höhe von durchschnitt- Ka v. B wg. Kohl 50 000 lich jährlich 150 000 DM. v. B. wg. Kohl 50 000 Das Spendenvolumen zugunsten der SPD stieg v. B. wg. Kohl 50 000 zunächst im Jahre 1972 mit Bestätigung der so- v. B. wg. Kohl 30 000 zial-liberalen Regierung deutlich an auf rund und andere 25 000 260 000 DM. 205 000 Ein weiterer, überproportionaler Anstieg der Spen- 1977: den an die SPD bzw. an die SPD-nahe Friedrich- v. B. wg. Kohl 50 000 Ebert-Stiftung ist für die Jahre ab 1975 — parallel v. B. wg. Kohl * 30 000 zu den Bescheinigungsverfahren — zu verzeichnen. 80 000 Die Friedrich-Ebert-Stiftung erhielt in den Jahren von 1975 bis 1980 insgesamt rund 2,8 Millionen * Zahlung bestritten DM. 1978: v. B. wg. Kohl * 25 000 v. B. wg. Eberle 35 000 1.2.4 Spenden an Politiker und Parteien laut Diehl - Liste 60 000 Im einzelnen sind laut Diehl-Liste folgende Spen- den an CDU/CSU, FDP und SPD vom Flick-Kon- *Zahlung bestritten zern vergeben worden. 1979: v. B. wg. Biedenkopf * 30 000 v. B. wg. Kohl 30 000 1.2.4.1 „Inoffizielle" und „offizielle" Zahlungen 60 000 an die CDU in den Jahren 1969 bis 1980 a) „Inoffizielle Zahlungen an die CDU" * Laut von Brauchitsch 25 000 an Kohl und 5 000 an 1969-1980 Köppler

DM 1980: 1969: 50 000 v. B. wg. Kohl 50 000 1970: 55 000 v. B. wg. Biedenkopf * 25 000 1971: 60 000 und andere 3 000 1972: 78 000" Schröder 50 000 Köppler 50 000 * Laut von Brauchitsch an Köppler v. Hassel 30 000 Lutzke * 380 000 Müller, Hbg. für b) „offizielle Zahlungen an die CDU" 1972 bis Wahl-Anzeigen * 500 000 1980 und andere 5 000 1 015 000 1972: Staatsbürgerliche Vereinigung * Zahlungen aus der „schwarzen Kasse" Leisler Kiep 750 000 Gemeinschaft zur Erschließung 1973: unterentwickelter Märkte Kohl 100 000 Stoltenberg 200 000 und andere 80 000 und andere 530 000 180 000 1 480 000 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

1973: 1.2.4.2 „Inoffizielle" und „Offizielle" Zahlungen L-K über Stbgl. Vg. 500 000 an die CSU 1969 bis 1980 Köhler 150 000 a) „Inoffizielle Zahlungen an die CSU" 1969 bis und andere 20 000 1980 670 000 1974: 1969: Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln Strauß 200 000 wg. Leisler Kiep 500 000 Heubi 20 000 wg. Dr. Köhler/CDU-Rheinland 100 000 220 000 Dr. Dr. A. Paul 1971: wg. Dr. R. Barzel 250 000 Strauß 100 000 Ludwig-Erhard-Stiftung 100 000 und andere 50 000 und andere 191 140 150 000 1 141 140 1972: 1975: Heubi 50 000 Staatsbürgerliche Vereinigung Höcherl * 15 000 wg. Leisler Kiep 600 000 und andere 50 000 wg. Dr. Köhler/CDU-Rheinland 130 000 115000 wg. Windelen/Dr. Rinsche/ Dr. Schwefer/CDU-Westfalen 100 000 * Zahlung aus der „schwarzen Kasse" Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt/M. wg. R. Barzel 250 000 1973: 45 000 und andere 261 980 1974: 1 341 980 Ka wg. Heubi 50 000 1976: Ka wg. Jaumann 20 000 Staatsbürgerliche Vereinigung und andere 25 000 wg. Leisler Kiep 600 000 95 000 20 000 wg. Dr. Dregger, Fulda 1975: Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt/M. Ka/vB wg. FJS 200 000 wg. R. Barzel 250 000 und andere 180 000 Studiengesellschaft für 380 000 Information und Fortbildung, Stuttgart 1976: wg. Todenhöfer 10 000 Ka wg. Ziesel * 100 000 und andere 195 923,61 Ka wg. CSU-3.10 ** 100 000 1075 923,61 Dr. FKF wg. FJS 250 000 Ka wg. FJS ü Srbik 10 000 1977: und andere 10 000 Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln 470 000 wg. Leisler Kiep 600 000 Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt/M. * Zahlung aus der „schwarzen Kasse" wg. Barzel 250 000 ** Zahlung aus der „schwarzen Kasse", ohne Angabe und andere 140 700 , 05 des Empfängers 990 700,05 1978: Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln 1978: wg. Leisler Kiep 500 000 Dr. FKF wg. FJS 250 000 wg. Albrecht 60 000 Kanter wg. Dr. Voß 5 000 wg. Kanther 5 000 255 000 Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt/M. 1979: wg. Barzel 250 000 Dr. FKF wg. FJS 250 000 und andere 88 560 903 560 1980: 1979: v. B. wg. Voß ü Kanter 5 000 Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln wg. Vogel' 20 000 b) „Offizielle Zahlungen an die CSU" 1969 bis Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt/M. 1980 wg. Barzel 250 000 Für die Jahre 1969 bis 1971 liegen dem Ausschuß und andere 167 544,48 keine Unterlagen vor. 437 544,48 Für 1972 findet sich folgende Eintragung: * Gemeint ist (CDU) In 1972 zugesagt 1 000 000 In 1972 tatsächlich gezahlt 1980: 500 000 Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt/M. 500 000 wg. Barzel 62 500 Staatsbürgerl. Verein. und andere 125 792,95 (Oktober 1972) 75 000 188 292,95 575 000 Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

1973: 1972: Staatsbürgerl. Verein. Genscher 50 000 (Januar 1973) 75 000 Lambsdorff 25 000 1974: Scheel 15 000 1974 zugesagt 250 000 und andere 150 000 Restzahl. aus Zusage 1972 500 000 240 000 750 000 1973: 95 000 und andere 34 508 784 508 1974: Ka wg. Scheel 5 000 1975: 56 844 Ka wg. Friderichs * 75 000 Ka wg. Graf Lambsdorff 10 000 1976: Ka wg. Ertl 50 000 Bayern-Kurier, München 18 000 und andere 127 700 MTM-Aviation, München 267 700 wg. Charterflug-Rechnung F. J. S. 10 577,72 * Zahlung bestritten und andere 63 744 92 321,72 1977: 1975: Hanns-Seidel-Stiftung, München Ka wg. Dr. Friderichs* 50 000 wg. F.J.S. 100 000 Ka wg. Scheel* 100 000 Bayern-Kurier, München 40 951,68 Ka wg. Graf Lambsdorff 25 000 Ka wg. Ertl 25 000 Air-Traffic, Düsseldorf Ka ohne Angabe ü Nemitz** 200 000 wg. Charterflug-Rechnung und andere 220 320 und andere F.J.S. (anteilig) 2 735,08 620 320 und andere 88 300 231 986,76 * Zahlung aus der „schwarzen Kasse", bestritten 1978: ** Auf Rückseite des Quittungsbelegs: „Frdr" Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln wg. F.J.S. 500 000 Hanns-Seidel-Stiftung, München, 1976: wg. F.J.S. 60 000 vB wg. Graf Lambsdorff 25 000 Kolping Familie Ka wg. Dr. Friderichs* 75 000 wg. Streibl 25 000 Ka wg. Ertl ü Nemitz 10 000 Bayern-Kurier, München 23 482,56 vB wg. Dr. Friderichs** 70 000 Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln vB wg. Dr. Friderichs * 60 000 wg. Heubl 20 000 und andere 107 500 und andere 19 302,56 347 500 647 785,12 * Zahlung aus der „schwarzen Kasse", bestritten 1979: ** Zahlung bestritten Hanns-Seidel-Stiftung, München wg. F.J.S. 60 000 Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln 1977: wg. F.J.S. 500 000 v. B. wg. Graf Lambsdorff 25 000 wg. Bössle 30 000 v. B. wg. Dr. Friderichs * 70 000

Air-Traffic, Düsseldorf v. B. wg. Dr. Friderichs 40 000 wg. F.J.S. 3 997,63 v. B. wg. Graf Lambsdorff * 25 000 und andere 104 026,80 v. B. wg. Graf Lambsdorff ** 30 000 697,024,43 und andere 25 000 1980: 215 000 Hanns-Seidel-Stiftung, München wg. F. J. S. 60 000 * Zahlung aus der "schwarzen Kasse", bestritten ** Zahlung bestritten und andere 52 330,50 112 330,50 1978: v. B. wg. Karry 35 000 und andere 1.2.4.3 „Inoffizielle" und „Offizielle" Zahlungen 61 200 an die FDP 1969 bis 1980 96 200 1979: a) „Inoffizielle Zahlungen an die FDP" 1969 bis v. B. wg. Graf Lambsdorff * 30 000 1980 und andere 15 000 1969: 50 000 45 000

1971: 60 000 * Zahlung bestritten Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

1980: 1977: v. B. wg. Graf Lambsdorff * 40 000 Friedrich-Naumann-Stiftung v. B. wg. Graf Lambsdorff * 40 000 wg. Genscher 500 000 v. B. wg. Graf Lambsdorff * 25 000 Gesellschaft zur Förderung v. B. wg. Funcke 40 000 der freien Marktwirtschaft 145 000 in Europa * Zahlung bestritten wg. Graf Lambsdorff 100 000 Rechnung der Air-Traffic, b) „Offizielle Zahlungen an die FDP" 1969 bis Düsseldorf 1980 wg. Friderichs 13 141,06 1969: Internationale wirtschafts- Gesellschaft für europäische politische Vereinigung Wirtschaftspolitik/H. Kaletsch wg. Hoesch/Funcke 5 000 H.v.B. 100 000 618 141,06 davon: Scheel 50 000 1978: 1970: Friedrich-Naumann-Stiftung Gesellschaft für europäische wg. Genscher 500 000 Wirtschaftspolitik 100 000 Gesellschaft zur Förderung 1972: der freien Marktwirtschaft Internationaler Wirtschafts- in Europa club Düsseldorf wg. Graf Lambsdorff 100 000 Weyer 200 000 Scheel 30 000 Forschungsinstitut für Zoglmann 10 000 Wirtschaftspolitik an der 240 000 Universität Mainz wg. Friderichs 40 000 30 000 FDP/Bayern Diverse Druck- und Anzeigen- 1973: rechnungen FDP/Bayern 50 000 wg. Solms/Funcke 4 018,19 1974: 644 018,19 FDP/Bayern 60 000 Gesellschaft für europäische 1979: Wirtschaftspolitik Friedrich-Naumann-Stiftung wg. Riemer/Graf Lambsdorff 75 000 wg. Bangemann 7 500 135 000 wg. Friderichs 50 000 1975: Gesellschaft zur Förderung Friedrich-Naumann-Stiftung 65 000 der freien Marktwirtschaft Rechnung der Werbeagentur in Europa Träger & Lauenstein wg. Graf Lambsdorff 100 000 wg. Ertl 25 000 Stadtkasse Mainz-Brunnen Rechnung der Wirtschafts- Lerchenberg Informationsdienst Verlags- wg. Friderichs 50 000 gesellschaft wg. Maihofer 25 000 Deutsche Gesellschaft für Rechnungen der Troost Kg. Fotografie, Köln Werbeagentur wg. Friderichs 10 000 wg. Riemer 620 400 und andere 143 923,93 Gesellschaft für europäische 360 423,93 Wirtschaftspolitik wg. Riemer/Graf Lambsdorff 125 000 1980: und andere 6 000 Gesellschaft zur Förderung 866 400 der freien Marktwirtschaft in Europa 1976: 100 000 Gesellschaft zur Förderung wg. Graf Lambsdorff der freien Marktwirtschaft Studentenschaft in einer in Europa demokratischen Gesell- wg. Graf Lambsdorff 200 000 schaft e.V. Friedrich-Naumann-Stiftung wg. Dr. Friderichs 10 000 wg. Genscher 100 000 Deutsche Gesellschaft für Rechnungen der Troost Kg. Fotografie, Köln wg. Dr. Friderichs 10 000 Werbeagentur, Düsseldorf wg. Riemer 618 045,05 und andere 16 955,59 918 045,05 136 955,59

Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

1.2.4.4 „Inoffizielle" und „Offizielle" Zahlungen 1974: an die SPD 1969 bis 1980 Die demokratische Gemeinde wg. Nau/Petersen 24 895,20 a) „Inoffizielle Zahlungen an die SPD" 1969 bis und andere 44 592,90 1980 69 487,10 1975: 1969: 60 000 Friedrich-Ebert-Stiftung 250 000 1970: 70 000 und andere 67 513,20 1971: 30 000 317 513,20 1972: 180 000 1976: 1973 150 000 Friedrich-Ebert-Stiftung 1 000 000 1974: 121 000 und andere 59 507,40 1975: 1 059 507,40 Ka wg. Brandt * 100 000 1977: Ka wg. Nau 100 000 Friedrich-Ebert-Stiftung 250 000 und andere 170 000 und andere 51400,14 370 000 301 400,14 1978: * Zahlung aus der „schwarzen Kasse" an Nau, mögli- Friedrich-Ebert-Stiftung 260 000 cherweise über Markscheffel und andere 49 974,39 309 974,39 1976: 123 000 1977: 5 000 1979: Friedrich-Ebert-Stiftung 250 000 1978: Verein der Freunde und vB wg. Bahr * 40 000 Förderer des deutschen vB wg. Eppler * 40 000 Kollegs am Campo Santo in vB wg. Böhm * 40 000 Rom 120 000 wg. Leber 20 000 Zahlungen bestritten, möglicherweise an Nau und andere 49 974,39 319 974,39 1979: 1980: vB wg. Porzner * 25 000 Friedrich-Ebert-Stiftung 250 000 vB wg. Junghans * 25 000 und andere 35 000 vB wg. Brandt ** 40 000 285 000 vB wg. Ehrenberg * 40 000 130 000

* Zahlung bestritten, möglicherweise an Nau 1.2.5 Sonderzahlungen ** Zahlung an Nau a) „Sonderzahlungen für die Bereiche F, S und FJ" 1980: Auf Anforderung des Konzerneigners Dr. Flick vB wg. Brandt ** 50 000 hatte von Brauchitsch diesem im Mai 1981 eine vB wg. Matthöfer * 40 000 Liste über „Spenden- und Beitragsleistungen" der vB wg. Lahnstein * 35 000 Konzernobergesellschaft für die Jahre 1976 bis 1980 vB wg. Ehmke 10 000 zugesandt. In einer Begleitnotiz hierzu vermerkte vB wg. Nau 150 000 von Brauchitsch für Dr. Flick, 285 000 „Sonderzahlungen für die Bereiche F, S und FJ" * Zahlung bestritten, möglicherweise an Nau seien in dieser Aufstellung nicht enthalten. Hier- ** Zahlung an Nau über wolle er sich mit Dr. Flick persönlich unterhal- ten. Der Ausschuß hat zu diesen Zahlungen keine b) „Offizielle Zahlungen an die SPD" 1969 bis Feststellungen treffen können. Von Brauchitsch hat 1980 hierzu vor kurzem in dem u. a. gegen ihn anhängi- gen Strafverfahren vor der 7. Strafkammer des Für die Jahre 1969 bis 1971 liegen keine Unterla- Landgerichts Bonn laut Presseberichten ausgesagt, gen über „inoffizielle" Zahlungen vor. das von ihm in der Notiz benutzte Kürzel „F" stehe 1972: für Zahlungen an die FDP, „S" für solche an die Die demokratische Gemeinde SPD und „FJ" für Zahlungen an den bayerischen wg. Nau/Petersen 63 846,20 Ministerpräsidenten Dr. Strauß. Über die Höhe die- und andere 19 100 ser Zahlungen wollte von Brauchitsch keine Anga- 82 946,20 ben machen. 1973: Die demokratische Gemeinde b) „Sonderzahlungen in einer speziellen Sache wg. Nau/Petersen 23 917,— 220 000 DM" und andere 19 100 Dem Ausschuß liegt eine von Dr. Flick unter 43 017,— dem Datum vom 16. Oktober 1978 abgezeichnete Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Notiz von Brauchitschs vor, in der dieser folgen- nen DM, rechnet man die vermerkten „Inoffiziellen des festhielt: Zahlungen" an Politiker für die Jahre 1976 bis 1980 „Von Juli—September 1978 hinzu. Sonderzahlungen in einer speziellen Sache Dieser Betrag erhöht sich um weitere Zahlungen 220 000 DM" aus der „Schwarzen Kasse" sowie „Sonderzahlun- gen für die Bereiche F, S und FJ", über deren Volu- Des weiteren befinden sich auf der Notiz folgende men der Untersuchungsausschuß nicht bzw. keinen handschriftliche Eintragungen: ausreichenden Beweis erhoben hat. „Bahr 40 SPD Eberle 35 CDU Eppler 40 SPD Bohm 40 SPD Rie 30 FDP Karry 35 2. Die „Pflege der Bonner Landschaft" durch 220" das „Bonner Büro" des Flick-Konzerns Hiermit korrespondieren unter dem Datum vom 24. Oktober 1978 in den Aufstellungen Diehls ver- 2.1 Vorbemerkung merkte „Inoffizielle Zahlungen" an Politiker der CDU, FDP und SPD. Ein anschauliches Bild institutionalisierter Einfluß- nahme auf Politiker und Abgeordnete vermitteln Den Verbleib der Zahlungen hat der Ausschuß die dem Ausschuß zur Verfügung stehenden Unter- nicht aufgeklärt (vgl. hierzu Tz. 198 des MB). Die in lagen über die Tätigkeit des „Bonner Büro" der Betracht kommenden Zeugen wurden nicht ver- Firma Flick. nommen, weil die Beweisaufnahme im Frühjahr 1985 abgebrochen wurde. Die „politische Stabsstelle der Geschäftsführung" in Bonn fungierte als verlängerter Arm der Konzern- zentrale, um unter regelmäßiger Rückkopplung mit 1.2.6 Zahlungen an Politiker und Parteien im Vergleich mit dieser auf Gesetzgebung, politischen Meinungsbil- Spenden für caritative, kirchliche, sportliche und andere Zwecke (zu Tz 24 des MB) dungsprozeß, Wahlen und Kandidaturen mittels Geldzahlungen, Informationsbeschaffung und Aus- Die Feststellung im Mehrheitsbericht, der Flick stattung mit Informationsmaterial, Einfluß zu neh- Konzern habe „erheblich" höhere Spenden für cari- men. tative, kulturelle und andere Zwecke vergeben als an Politiker und Parteien, ist falsch. Eine Auswer- Dr. Walter Schmitz war, nachdem er 1969 aus seiner tung des dem Ausschuß zur Verfügung stehenden Stellung als Beamter zur Firma Flick übergewech- Zahlenwerks zeigt ein völlig anderes Bild. Ein Zah- selt war von 1974 bis 1981 — also in der Zeit der lenvergleich ergibt sich aus einer Zusammenstel- Antragsverfahren — Leiter des „Bonner Büro" der lung der von der Konzernobergesellschaft in den Firma Flick. Jahren 1976 bis 1980 „geleisteten Spenden und Bei- Er war für die Anbahnung von Kontakten zu Abge- tragszahlungen". Diese war dem Konzerneigner Dr. ordneten und politischen Funktionsträgern, für Flick auf dessen Verlangen im Jahre 1981 von Eber- Spendenvorschläge sowie Überbringung von Spen- hard von Brauchitsch mit der Bemerkung über- den an Abgeordnete, für die Beschaffung von — sandt worden, hierin seien die „Sonderzahlungen zum Teil vertraulichen — Informationen aus Bon- für die Bereiche F, S und FJ" nicht enthalten. ner Ministerien, Fraktionen und anderen politi- Bei den in der vorgenannten Aufstellung aufgeführ- schen Gremien zuständig. ten „Allgemeinen Zahlungen" handelte es sich, wie aus den Aufzeichnungen Diehls ersichtlich ist, so Adolf Kanter war, nachdem er etwa 1 3/4 Jahr als gut wie ausnahmslos um Zuwendungen an Politiker Berater im „Bonner Büro" beschäftigt gewesen war, und Parteien. So finden sich beispielsweise für das von 1974 bis 1981 als stellvertretender Leiter des Jahr 1977 Zahlungen an die Adressaten „Bonner Büro" für die Firma Flick eingesetzt. Kan- ter sorgte, ebenso wie Dr. Schmitz, für die Anknüp- — „Dr. Dr. A. Paul, Frankfurt 250 000" fung von Kontakten zu Abgeordneten, Parteien, — „Hanns-Seidel-Stiftung, München 100 000" Parlament und anderen politischen Stellen. Er — „Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln machte Vorschläge für Spenden an Abgeordnete 615 000" und politische Funktionsträger und war ebenfalls welche in den Aufzeichnungen Diehls den Parteien mit der Überbringung von Spenden betraut. CDU und CSU jeweils mit den Vermerken Nach Abschluß der Steuerbegünstigungsverfahren wurde das Bonner Büro auf Weisung von Dr. Flick — „wg. Barzel" zum Ende des Jahres 1981 aufgelöst. — „wg. F. J. S." — „wg. Leisler Kiep" Eine Vernehmung von Dr. Schmitz und Adolf Kan- zugeordnet sind. ter als Zeugen vor dem 1. Untersuchungsausschuß- wurde von der Mehrheit im Ausschuß abgelehnt. Die sich hieraus ergebende Summe, 5,3 Millionen DM, Zahlungen an Politiker und Parteien erhöht Folgende Beispiele illustrieren die weitreichenden sich um weitere 3 Millionen DM auf rund 8,3 Millio Tätigkeiten des „Bonner Büro". Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

2.2 „Thema Mitbestimmung" Grundsätzlich halte

Mit Schreiben vom 26. April 1973 wandte sich Dr. „Professor Biedenkopf es für verfehlt, daß neben Schmitz an von Brauchitsch, um diesem über ein der ULA noch eine weitere Vereinigung agiert, Gespräch mit „Herrn Professor Biedenkopf" zu be- die letztlich keine andere Aufgabe haben kann, richten. als den Leitenden Angestellten ein spezielles Gruppeninteresse zu predigen." Für die Vermittlung des Gesprächs hatte von Brau- chitsch im Wege eines Schreibens an Professor Bie- Professor Biedenkopf werde, so weiter Dr. Schmitz, denkopf vom 9. April 1973 gesorgt, in dem er aus- „falls nötig, seinen Einfluß bei der CDU in diesem führte: Sinne geltend machen." „Ich höre, daß Überlegungen angestellt werden, Dr. Schmitz berichtete weiter, er habe den Leitenden Angestellten, vertreten durch die ULA, eine eigene Position — möglicherweise ein- „diese Gelegenheit ferner wahrgenommen, Pro- getragener Verein — innerhalb oder am Rande fessor Biedenkopf meine Besorgnis über die Ent- der CDU zu verschaffen. Meines Erachtens ist wicklung der Mitbestimmungsdiskussion inner- das nicht zu Ende gedacht. halb der CDU vorzutragen, insbesondere im Hin- blick auf das weitere Vordringen des Horn-Mo- Bei uns ist Herr Dr. Walter Schmitz aus unserem dells. Aufgrund meiner Darstellungen über die Bonner Büro in dieser Spezialfrage sachkundig. bevorstehende Veröffentlichung der neuesten Ich würde es dankbar begrüßen, wenn Sie Herrn Überlegungen von Herrn Horn in den gesell- Dr. Schmitz zu einem kurzen Besuch empfangen schaftspolitischen Kommentaren erwägt Profes- würden ..." sor Biedenkopf, ggf. selbst eine Entgegnung zu Vier Tage später schrieb von Brauchitsch erneut an schreiben." Professor Biedenkopf: In einem Schreiben vom 29. Mai 1973 an von Brau- „Ich würde gern gelegentlich mit Ihnen über die chitsch ließ Professor Biedenkopf — ausweislich Frage sprechen, ob es nicht zweckmäßig ist, den seines Briefkopfes als „Geschäftsführer der Hen- Kreis zusammenzurufen, der im vorigen Herbst kel-GmbH" — diesem sein vom selben Datum an im Haus von Herrn Dr. Henkel in Hösel *) über „Dr. Heimo George, Wirtschaftsrat der CDU" gerich- den Wahlkampf gesprochen hat. tetes Schreiben zukommen. Mir scheint es richtig, daß sich die Wirtschaft In dem Schreiben führte Professor Biedenkopf un- rechtzeitig und nicht erst wieder unter dem Zeit- ter anderem aus, ihm druck einer neuen Wahl darüber klar wird, wie sie sich in Zukunft zu dem Themenkreis verhal- „würde sehr daran liegen, möglichst bald nach ten sollte. dem 12. Juni Gelegenheit zu haben, in einem klei- Diese Zeilen sind nur als Denkansporn für uns nen Kreis im Wirtschaftsrat unter Bedingung der beide ... '' absoluten Vertraulichkeit laut über eine Lösung der Mitbestimmungsfrage im Rahmen der CDU Dr. Schmitz berichtete über das mit Professor Bie- nachdenken zu können. Entscheidend scheint denkopf geführte Gespräch vom April 1973 an von mir, daß wir möglichst bald jetzt eine Antwort auf Brauchitsch, Professor Biedenkopf habe das Mitbestimmungsproblem finden, die, ohne Modelle anzubieten, konkret genug ist, um dem „weder die VFLA noch deren Bestrebungen ge- Bedürfnis der Sozialausschüsse nach einer Alter- kannt, sich am Rand der CDU auf gleicher Ebene native zu DGB und SPD zu entsprechen, und die wie Wirtschaftsrat und Mittelstandsvereinigung als zweite Bedingung auch für die FDP akzepta- zu etablieren." bel sein könnte." Daß der Flick-Konzern zur rechten Zeit Abgeord- nete mit Zahlungen bedachte, insbesondere wenn es galt, Mandatsträger, die durch ihr Abstimmungs- *) Der „Höseler Kreis", ein nach dem Wohnsitz von Dr. Konrad Henkel benannter Treffpunkt, diente der Bera- verhalten bei Entscheidungen zur betrieblichen tung der Finanzierung von CDU und FDP durch nam- Mitbestimmung „positiv" aufgefallen waren, zu be- hafte Wirtschaftsunternehmen. Thema war in diesem lohnen, zeigt ein Vorgang aus dem Jahr 1969. Kreis u. a. die Bereitstellung von Geldmitteln für die Bundestagswahlen sowie die Spendenbeschaffung über Am 25. Juli 1969 schrieb der persönlich haftende die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e.V. Ausweis- Gesellschafter der Firma Flick, Dr. Wolfgang Pohle, lich der durch die Staatsanwaltschaft Bonn beschlag- zugleich CSU-Bundestagsabgeordneter, an den Vor- nahmten Aufzeichnungen wurden in diesem Kreis, an dem für die CDU mehrfach deren Vorsitzender Dr. sitzenden der Feldmühle-AG einen Brief mit folgen- Kohl, der damalige Bundesgeschäftsführer Professor dem Wortlaut: Kurt Biedenkopf, sowie der Bundesschatzmeister Wal- „Mein Bundestagskollege Valentin Brück, der ter Leisler-Kiep, für die FDP deren früherer Vorsitzen- der Walter Scheel und sein Nachfolger Bundesaußen- sich um die vernünftige Ausgestaltung des Leber minister Hans-Dietrich Genscher teilnahmen, zuletzt Plans großen Verdienst erworben hat, hat mich- auch im Herbst 1982 Überlegungen angestellt, wie gefragt, ob wir ihm nicht DM 10 000,— zur Verfü- durch finanzielle Unterstützung der FDP deren Ver- gung stellen könnten. Ich würde Ihnen vorschla- bleib im Bundestag sichergestellt werden könne. gen, daß Sie Herrn Brück diese DM 10 000,— ge-

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währen über einen noch zu vereinbarenden Weg, gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erheb- über den wir noch sprechen müßten. liche Mängel aufweist, und daher eine Interven- Ich würde es begrüßen, wenn ich aber schon auf- tion ihrerseits bei Prof. Biedenkopf empfohlen grund Ihrer Zusage Herrn Brück die DM wird." 10 000,— in Aussicht stellen könnte. Am selben Tag richtete von Brauchitsch ein Schrei- Brück ist einer der Abgeordneten, die sich im ben, mit Durchschrift an das „Büro Bonn", an Prof. Bundestag mir sehr stark angeschlossen haben Dr. Biedenkopf mit folgendem Wortlaut: und die auch überzeugte Gegner des Montan Mitbestimmungsgesetzes sind. Brück gehört zu „Soeben erhalte ich die Information, daß eine Pla- den Ordnungselementen des sog. Arbeitnehmer- nungsgruppe der CDU/CSU-Fraktion an einem flügels." grundsätzlichen Papier zur Fortschreibung des letzten Wahlprogramms arbeitet. Die Behandlung des Themas „Mitbestimmung im Darin soll u. a. das durch Inflation ruinierte Sozi- Unternehmensrecht" in der CDU beschäftigte das alleistungsgefüge durch eine „Stabilitätspolitik Bonner Büro auch im Jahre 1974. mit sozialen Vorzeichen" in Ordnung gebracht In einer Notiz an von Brauchitsch teilte Dr. Schmitz werden. Im engen Zusammenhang mit dieser Sta- unter dem Datum vom 23. März 1974 „Persönlich bilitätspolitik sollen vor allem berufliche Bildung, Vertraulich" zur Gründung der CDU-Kommission Mitbestimmung und Vermögenspolitik stehen. „Neues Unternehmensrecht" folgendes mit: Mir scheint dies nicht unbedingt mit den klaren „Wie Herr Kanter und ich Ihnen bereits vorgetra- Aussagen des Hamburger Parteitages in Ein- gen haben, sind als politische Mitglieder folgende klang zu stehen. Persönlichkeiten benannt: Ich würde gerne dazu Stellung nehmen; das setzt Vorsitz: Professor Biedenkopf, Katzer allerdings voraus, daß ich dieses Papier von Ih- Mitglieder: Dr. Barzel, Hasinger, Mikat, Pieroth, nen erhalten würde." Schwarz-Schilling, Friedrich Vogel, Zink und ein Diehl notierte für das Jahr 1974 folgende „inoffi- von der Jungen Union zu benennendes Mit- zielle Zahlungen an die CDU/CSU: glied ... Ferner sollen noch Sachverständige aus der Wirt- Ka wg. Kohl 50 000,— schaft beigezogen werden. Hier gibt es offenbar Ka wg. Dregger 50 000,— noch keine fixierten personellen Vorstellungen. Ka wg. v. Hassel 30 000,— Wir haben die Möglichkeit (auf neutralem Bogen) Ka wg. CDU 30 000,— die Meinungsbildung in diesem Punkt durch ei- Ka wg. CDU-Bonn 20 000,— gene Vorschläge in den nächsten Tagen zu beein- Ka wg. Heubl 50 000,— flussen." Ka wg. Jaumann 20 000,— Ka wg. CSU 25 000,—" Auch Dr. Reinhold Kreile teilte in einer Aktennotiz vom 25. März 1974 die Besetzung der „Unterneh- Ebenso für 1974 notierte Diehl neben weiteren eine mensrechtsreformkommission der CDU" — in ei- „offizielle Zahlung" an die nem weiteren Vermerk auch mit „Mitbestimmungs- Kommission" bezeichnet — mit. „Staatsbürgerliche Vereinigung wg Leisler-Kiep 500 000,—". Darüber hinaus hatte Dr. Kreile *) zu berichten, daß er über die „von der CSU zu stellenden Mitglieder Das Thema Mitbestimmung beschäftigte den Flick dieser Tage ein längeres Gespräch mit FJS" geführt Konzern auch in den weiteren Jahren. So findet habe. sich für das Jahr 1978 in einem „Tagesordnungsvor- schlag" des Bonner Büros „für Rücksprache bei „Vornehmlich", so Dr. Kreile, sei „dabei an Roden Herrn von Brauchitsch am 19. Januar 1978" neben stock gedacht worden, als Wissenschaftler an Prof. Besprechungspunkten wie Schumann aus Regensburg (mit welchem ich einen „— Altparteien-Affäre um 90 noble Spender engen und laufenden persönlichen juristischen — Spendenliste 1978 habe)." Kontakt — Wahlkämpfe (Einzelpositionen)" In einer Notiz vom 5. September 1974 an von Brau- chitsch teilten Dr. Schmitz und Kanter aus dem auch der Tagungsordnungspunkt „Büro Bonn" mit, „Klage gegen Mitbestimmungsgesetz (Sprachre- „daß das Ihnen mit Notiz vom 30. Juli 1974 vorge gelung)" legte vertrauliche Strategiekonzept der Planungs- vermerkt. Knapp sieben Monate später notierte Dr. Schmitz *) Professor Dr. Reinhold Kreile, MdB/CSU seit 1969 war unter dem Datum vom 11. August 1978 für von von 1965 bis 1977 Mitglied des Beirats der Flick-Gruppe; Brauchitsch: seit 1977 Vorsitzender des Aufsichtsrates der Friedrich - Flick KG aA. Dr. Kreile unterhielt einen jährlich mit „Betr.: Ihr Gespräch mit Herrn Dr. Kohl am 180 000,— DM dotierten Beratungsvertrag mit der 15. August 1978 Firma Flick. Hinzu kamen 204 000,— DM jährlich an Miete für ein Büro Dr. Kreiles in Bonn. Sie hatten mich um einen „Fahrplan" gebeten. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Beigefügt lege ich ein Papier vor, in dem die fol- „Bund der Vertriebenen (Dr. Czaja) genden Themen behandelt sind: Herr Dr. Czaja hat sich mit Schreiben vom 4. De- — Konjunkturprogramm der Bundesregierung zember 1974 an den Linksunterzeichneten mit — Zur Struktur des Konrad-Adenauer-Hauses der Bitte um Unterstützung des Bundes der Ver- triebenen gewandt. Als Strafe wegen der konse- — Verfassungsbeschwerde gegen das Mitbestim- quenten Haltung gegen die Ostpolitik der Sozial- mungs-Gesetz liberalen Koalition hat die Bundesregierung dem — 4. Partei Verband die Mittel drastisch gekürzt. — Medienpolitik (WDR) Wir sind der Auffassung, daß die Haltung dieses — CDU-Grundsatzprogramm Verbandes nicht nur honoriert werden sollte; au- ßerdem hat sich um Dr. Czaja eine Gruppe poten- — Bürokratisierung (CDU-Kongress)" ter Politiker gesammelt, zu denen wir unseren Am gleichen Tag notierte die Sekretärin von Brau- Kontakt ausbauen möchten." chitschs für Diehl notierte für das Jahr 1975 unter „Offizielle „Frau Dr. von Brauchitsch Zahlungen an die CDU und der CDU nahestehende am Dienstag, 15.8. kommt um 18.00 Uhr Herr Dr. Institutionen: Kohl (alleine) nach Metzkausen." Verein zur Förderung der Ziele des Bundes der In den Aufzeichnungen über „inoffizielle Zahlungen Vertriebenen, Bonn an die CDU" findet sich für den 11. August 1978 die wg. Czaja 30 000,—". Zahlungseintragung: „vB wg. Kohl 25 000,—" *) 2.4 „Zahlung an Willibald Hilf/Begründung: Seine Zwei Tage nach dem Gespräch mit Dr. Kohl no- Bedeutung auch künftig im Bereich tierte von Brauchitsch „für Herrn Dr. Walter Medienpolitik". Schmitz" wie folgt: Zu Beginn des Jahres 1974 notierte der stellvertre- „Mein Gespräch mit Kohl war nicht sehr ergiebig. tende Leiter des „Bonner Büro" Adolf Kanter für Bei Ihrem nächsten Besuch in Düsseldorf sollten Dr. Schmitz über ein Gespräch mit „Staatssekretär wir hierüber sprechen." Willibald Hilf in Mainz" wie folgt: Weitere zwei Wochen später listete Dr. Schmitz wie- „Wie verabredet, habe ich heute mit Herrn Hilf derum in einem „Tagungsordnungsvorschlag für gesprochen. Da er bedingt durch den Wahlkampf die Besprechung mit Herrn von Brauchitsch am jeden Abend im Land als Redner eingesetzt ist, 31. August 1978" neben zu behandelnden Themen lädt er uns zu einem Mittagessen ein, für Don- wie nerstag, den 30. Januar 1975 ... '' „Spendenschreiben Kreiskomittee Düsseldorf, Europawahl 1979 Am 20. Januar 1975 schrieb Kanter an von Brau- chitsch: — Zwischenbericht Spendenzahlungen — Notiz Kanter vom 25. Juli betr. beruflichen „Bezüglich einer evtl. finanziellen Mitwirkung Werdegang Dr. P. Andersen, Leiter Abteilung d. h. Vergabe einer Spende für die Landtagswah- Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik im Kon- len in Rheinland-Pfalz möchte ich folgendes zu rad-Adenauer-Haus bedenken geben. — Kandidatenaufstellung für die Europa-Wahl Spenden in die große Kasse, d. h. in die Kasse des im Landesverband Rheinland" Landesschatzmeisters, kommen weniger zur Gel- tung, als wenn man eine „gezielte" Spende ge- auch den Besprechungspunkt währen würde über einen Mann, mit dem man gut im Gespräch ist. „Gespräch mit Dr. Kohl am 15. August 1978 Verfassungsbeschwerde gegen Mitbestimmungs Dies ist hier zweifelsohne Staatssekretär Willi- bald Hilf. Er ist Landtagskandidat im Wahl- gesetz (CGB) .. . Memo: Kohl w/parlamentarischen Abend" kreis I ... Um den Wahlkampf — wie vorbereitet — durch- auf. führen zu können, fehlen hier ca. DM 30 000,— bis 40 000,—. 2.3 „Kontaktausbau zu einer Gruppe potenter Es wäre eindrucksvoll, wenn man ca. DM Politiker um Dr. Czaja" 15 000,— als Spende gewähren könnte. In einer Notiz vom 13. Dezember 1974 an Kaletsch Wenn möglich, sollten dies DM 10 000,— offiziell und von Brauchitsch betreffend die „Förderung von über Willibald Hilf an einen Spendenverein sein Gruppierungen im vorparteilichen Raum" schrieb und vielleicht DM 5 000,— aus der „Sonderkasse" Dr. Schmitz: ebenfalls über Hilf. Herr Dr. Schmitz und ich wer-- den am 30. Januar Herrn Hilf in Mainz zu einem *) vgl. 3. Ergänzungen und Berichtigungen des Mehrheits- allgemeinen Gedankenaustausch treffen. Die berichts zu Tz 244 des MB. Wahlen finden bekanntlich am 9. März statt." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Im Jahre 1976 wandte sich wiederum der stellver- „an Herrn Willibald Hilf (CDU) Chef der Staats- tretende Leiter des Bonner Büros Adolf Kanter, mit kanzlei Mainz, Spende Bundestagswahl" einem Schreiben „persönlich/vertraulich" an von Brauchitsch, um vermerkt. „anzuregen, noch zwei Hilfen zur Bundestags- Ebenso für das Jahr 1976 notierte Diehl unter der wahl per Briefumschlag zu geben." Rubrik „offizielle Zahlungen an die CDU und der CDU nahestehende Institutionen" einen Betrag von 10 000,— DM an die Kanter schlug vor, auf diesem Wege eine Zahlung zu leisten „Gemeinschaft zur Erschließung unterentwickel- ter Märkte wg. Schwarz Rheinland-Pfalz" „an Willibald Hilf für „Rhein-Lahn-Wahlkreis. (Obwohl er natürlich nicht kandidiert, möchte er hier seine politische Heimat erhalten und die dor- tigen Funktionäre für sich bei Laune). 2.5 Generalkonsul Conrads „Bettelbrief" Begründung: In einer Notiz an Kaletsch und von Brauchitsch Seine Bedeutung auch künftig im Bereich Me- schrieb der Leiter des „Bonner Büro" Dr. Schmitz dienpolitik" im Februar 1975: „In den Jahren 1973/74 hatten Sie auf meine An- Des weiteren schlug Kanter vor, regung hin der deutsch-tunesischen Gesellschaft „einen ,Nachschlag` von DM 3 000,— an Heinz e.V. jährliche Zahlungen in Höhe von DM 3 000,— Schwarz. zugewendet (für nicht erschienene Anzeigen in der deutsch-tunesischen Rundschau). Begründung: Der Grund dafür war die Pflege des Kontaktes Es gab hier offensichtlich zwischen Heinz mit Herrn Generalkonsul Conrad, dem Präsiden- Schwarz und Dr. Schmitz ein Mißverständnis bei ten des wirtschaftspolitischen Clubs, dem ich seit einem Gespräch mit einem Dritten auf dem CDU Jahren angehöre. Bundesparteitag. Schwarz hatte uns (Dr. Schmitz und mich) kürzlich zu einem etwa vierstündigen Persönlich möchte ich von einer Fortsetzung die- Privatbesuch an seinen Fischweiher eingeladen. ser Unterstützung abraten, da — soweit ich es zu Auch Dr. Bergsdorf, der Büroleiter von Dr. Kohl übersehen vermag — die Kontakte von Herrn — als Parteivorsitzender — war zeitweise anwe- Conrad nicht zu überschätzen sind und ich selbst send. M. E. ist hier aufgrund des erwähnten Ge- nunmehr genügend im wirtschaftspolitischen spräches auf dem Bundesparteitag psychologisch Club integriert bin ... etwas zu reparieren. Vielleicht kann ich Dir bei Ich bitte um Ihre Entscheidung, ob ich Herrn dem Termin 20.9. in Düsseldorf vor oder nach Conrad eine höfliche Absage erteilen soll. dem Gespräch mit Herrn Wolfgang Fischer vom Sein Bettelbrief liegt bei." Konrad-Adenauer-Haus zu meinem heutigen An- liegen mündlich ergänzend berichten." 2.6 „Kontakt mit Wissmann auf Perspektive sehr wesentlich und auch in unserem Sinne Knapp einen Monat später schrieb Dr. Schmitz an hoffnungsvoll" Robert Layton, den Vorstandsvorsitzenden der Feldmühle-AG: Im Jahre 1976 notierte Diehl unter „an die CDU und der CDU nahestehende Institutionen geleistete offi- „Unter Bezugnahme auf unser soeben geführtes zielle Zahlungen": Telefongespräch leite ich Ihnen Kopie eines Schreibens des CDU-Kreisverbandes Rhein-Lahn „Verband der Wirtschaft Baden-Württemberg an Herrn Berger, Norddeutsche Papierwerke zu. wg. Wissmann/Junge Union 7 500,—."

Ich möchte noch einmal festhalten, daß es sich Hierzu hatte Dr. Schmitz in einem Schreiben vom dabei um den ehemaligen Wahlkreis von Staats- 8. April 1976 an von Brauchitsch und Kaletsch fol- gendes mitgeteilt: sekretär Hilf, den Chef der Staatskanzlei Mainz handelt, der ab 1977 Intendant des Südwestfunks „Bei meiner Rücksprache am 24. März 1976 haben sein wird. Sie entschieden, unter Bezugnahme auf meine Ergebnisnotiz vom 7. Januar 1976, mit deren In- Herr Hilf hatte uns — traditionsgemäß — gebe- halt Herr Kaletsch sehr einverstanden war, ... ten, die Spendenbitte seines Kreisvorsitzenden auch unsererseits einmal zur Sprache zu brin- Herrn Wissmann für seinen persönlichen Wahl- gen." kampf DM 7 500,— zuzuwenden. Die Kontonum- mer lautet:.. . Die Überweisung soll den Zusatz erhalten: „Ak- In einer Aufstellung über „politische Spenden-Zah- - lungen in 1976/1977" ist unter dem Datum vom tion: N" (Sonderbeitrag) 30. September 1976 der Betrag von 5 000,— DM mit Empfänger ist der Verband der Wirtschaft Baden der Notiz Württemberg zur Bildung neuen Eigentums e.V." Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Bereits im Dezember 1974 hatte sich der Bundes- zeitlichen Abstand zu dem bevorstehenden Ge- vorsitzende der „Junge Union Deutschlands" beim spräch mit Herrn Wissmann zu wahren. stellvertretenden Leiter Adolf Kanter für dessen Die Spende sollte addressiert sein an Junge Schreiben bedankt. Union Deutschland z. Hd. Herrn Peter Helmes, 5300 Bonn-Bad Godesberg ... Wissmann führte in seinem Schreiben an Kanter aus: eine Spendenbescheinigung wird durch den Ver- ein Robert-Tillmann-Haus e.V. ausgestellt." „Auch ich bin der Meinung, daß das Gespräch vom 13. Dezember 1974 außerordentlich fruchtbar Diehl notierte für das Jahr 1975 unter „an die CDU und konstruktiv gewesen ist. Ich meine, daß eine und der CDU nahestehende Institutionen geleistete Fortsetzung zu geg. Zeit sehr sinnvoll wäre. Ich offizielle Zahlungen: würde mich freuen, wenn der bei diesem Treffen angebahnte gute Kontakt zwischen Ihnen und „Verein R. Tillmanns-Haus, Berlin der Jungen Union eine Fortsetzung im nächsten wg. Helmes/Junge Union 8 000,- Jahr fände ...'' wg. Helmes/Schülerunion 10 000,—" Nachdem Dr. Schmitz unter dem Datum vom Noch im selben Jahr mit Schreiben vom 30. Dezem- 12. November 1976 in einem Schreiben an von Brau- ber 1974 wandte sich Kanter wiederum zur Person chitsch „aus atmosphärischen Gründen für eine Hil- Wissmanns an von Brauchitsch und teilte diesem fe" von DM 500,— an mit: „Herrn Roth, Parl. Referent von Dr. Friderichs" „Beigefügte Kopie eines Schreibens von zu Deiner persönlichen Unterrichtung, empfohlen und Diehl für den 18. November 1976 denn es handelt sich um einen Schriftwechsel „vB wg. Roth ü. Dr. Schmitz 500,—" qua Birkenhof. Noch persönlich aufgeschlossener haben in den letzten Tagen zwei weitere Bundes- in der Rubrik „inoffizielle Zahlungen an die FDP" vorstandsmitglieder der Jungen Union und der vermerkt hatte, berichtete Dr. Schmitz auch im Bundesgeschäftsführer nach hier geschrieben ... Jahr 1981 in einer Notiz an von Brauchitsch zu Heute wollte ich nur noch einmal herausstellen, einer Spendenanfrage Wissmanns wie folgt: daß mir der Kontakt mit Matthias Wissmann und Peter Helmes, dem Bundesgeschäftsführer der „Wissmann sprach mich dieser Tage darauf an, Jungen Union und zugleich Bundesgeschäftsfüh- daß in der Wahlkampfkasse seines Wahlkreises rer der Schüler-Union, auf Perspektive sehr we- ein Loch aus Landtagswahl und Bundestagswahl sentlich und auch in unserem Sinne hoffnungs- klafft. Er traue sich allerdings nicht, Ihnen dieser voll erscheint. halb zu schreiben. Ich habe ihm daraufhin er- Man muß allerdings für solche Leute etwas tun, klärt, darüber noch einmal nachzudenken; indes- wobei ich keinesfalls nur an Geld denke. sen glaubte ich kaum, daß noch Mittel zu aktivie- ren seien. Die persönliche Kontaktpflege ist sehr wichtig. Nach meiner Auffassung kann dies im Augen- Das Haus Flick habe sich bei dieser wichtigen blick leider nicht genügend realisiert werden ... '' Bundestagswahl wirklich engagiert. Das Verhal- ten der CDU/CSU-Fraktion sowie auch der Partei in Sachen Mitbestimmung könne nicht gerade als In einer Notiz vom 22. August 1975 meldeten Ermutigung aufgefaßt werden ... Dr. Schmitz und Adolf Kanter aus dem Bonner Ich bitte um Ihre Entscheidung, ob Sie dennoch Büro an Kaletsch und von Brauchitsch „betr.: Junge mit Rücksicht auf die Person Wissmann besonde- Union": res Wohlwollen — etwa mit einer Spende an ei- nen gemeinnützigen Verein — zeigen möchten." „Wir haben im vergangenen Jahr mehrfach über den Standort der Jungen Union gesprochen; da- bei wurde festgestellt, daß sich Personengruppen innerhalb der Jungen Union herauskristallisieren 2.7 „Beachtenswert ist, daß die und zunehmen, die unseren politischen Vorstel- Friedrich-Naumann-Stiftung direkt lungen nicht nur aufgeschlossen gegenüberste- Parteiveranstaltungen der FDP organisiert und hen, sondern aktiv in unserem Sinne in die Junge natürlich auch finanziert" Union hineinwirken. Sie hatten im vergangenen Jahr entschieden, Am 5. April 1976 berichtete Adolf Kanter an von erstmalig 1975 der Jungen Union einen Betrag Brauchitsch über die „recht beachtlichen politi- von DM 5 000,— zuzuwenden. schen Aktivitäten, vornehmlich von seiten der FDP und CDU mit Spitzenleuten im Wahlkreis von Wir möchten uns erlauben, den Vorschlag zu ma- Herrn Dr. Friderichs". chen, diesen Betrag jetzt auszuzahlen, um einer- seits die Konsolidierung der Bundesgeschäfts- Hierüber hinaus ließ Kanter von Brauchitsch eine - stelle durch den uns persönlich in der Sache sehr Unterlage über eine Veranstaltung mit der Vizeprä- nahestehenden Bundesgeschäftsführer, Herrn sidentin des Deutschen Bundestages, Frau Liese- Peter Helmes, zu fördern und andererseits einen lotte Funcke zukommen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

In diesem Zusammenhang berichtete Kanter: 2.9 „Heiße Quellen bei den CDU-Rechten" „Es ist vielleicht beachtenswert, daß die Fried- Am 31. Oktober 1976 hatte Adolf Kanter in einem rich-Naumann-Stiftung direkt Parteiveranstal- Schreiben an von Brauchitsch „persönlich/vertrau- tungen der FDP hier organisiert und natürlich lich" folgendes zu berichten: auch finanziert. „Der in Fotokopie beigefügte vertrauliche Bericht Bezüglich der Finanzierung wurde mir von FDP über eine Reise zur türkischen Hauptstadt Leuten „augenzwinkernd" gesagt, ich wüßte ja stammt von Dr. . wohl, woher die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit käme. Ich meine, daß für Dich besonders das, was auf Seite 5 des Berichtes gesagt ist, von Interess e Ich habe so getan wie Goethe einmal gesagt hat: sein dürfte. „Mancher hat durch stolze Haltung und durch würdevolle Art das Geheimnis seiner Dummheit Solche CDU-internen Unterlagen erhalte ich als bis zum Tode sich bewahrt". „Berater" von Dr. Klepsch und als „alter CDU Freund" auf jeden Fall per Adresse Birkenhof. Vielleicht können wir über diesen Punkt gele- gentlich einmal sprechen. Ich meine, daß ich die Quelle auf diesem Wege auch soweit wie möglich nutzen sollte, damit ich Für das dritte Vallendarer Gespräch am 19. Mai Dir solche Dinge persönlich zusenden kann. hat zwischenzeitlich Dr. Alfred Dregger seine Mitwirkung zugesagt. Auch hierüber wollte ich Es gibt einige „Quellen", aus denen bestimmte Dich unterrichtet haben." Unterlagen nicht an meine Dienstadresse nach Bonn zu haben sind u. a. weil man Sorgen hat, daß diese in Richtung FDP verwandt werden 2.8 „Spende in einer bestimmten Angelegenheit" könnten. Dies gilt insbesondere auch für Dinge von Wolfgang Fischer, dem Leiter der Abteilung Im Februar 1977 notierte Dr. Schmitz für von Brau- Medienpolitik im Konrad-Adenauer-Haus. Von chitsch: ihm erhalte ich z. B. ein Papier, welches ich Dir übermorgen schicken kann und das wahrschein- „Sie hatten entschieden, daß in einer bestimmten lich für Herrn Springer von speziellem Interesse Angelegenheit, die ich Ihnen vorgetragen habe, sein wird. eine Spende in Höhe von DM 5 000,— gewährt werden soll. Vielleicht können wir uns über die „Behandlungs- methode solcher Quellen" am kommenden Sonn- Spendenempfänger: Internationale Wirtschafts- tag nochmals kurz unterhalten ... " politische Vereinigung e.V.... Spendenquittung wird erteilt." Diehl notierte für das Jahr 1976 unter „an die CDU und der CDU nahestehende Institutionen geleistete Diehl notierte im Jahr 1977 unter „Zahlungen an die offizielle Zahlungen: FDP-NRW: Rechnung der H. Kunze GmbH Internationale Wirtschaftspolitische wg. Dr. Klepsch, Koblenz 7 500,—". Vereinigung wg. Hoesch/Funcke 5 000,—" In einem Schreiben an von Brauchitsch vom 21. März 1978 teilte Adolf Kanter mit: Auch im November 1977 war die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags Frau Lieselotte Funcke „Mit dem ,Vertrauensmann in Bonn' von Franz Gegenstand der Berichterstattung von Dr. Schmitz Josef Strauß, Dr. V., habe ich ja ein besonders an von Brauchitsch. gutes Verhältnis. Er glaubt, daß Informationen, die er mir gibt, nur für Dich persönlich bestimmt In einer Notiz betreffend den „FDP-Parteitag Kiel, sind (womit er j a richtig liegt!); deshalb auch die hier: Frau Funcke" hielt Dr. Schmitz für von Brau- Offenheit ... chitsch fest: Es gibt hier ein Problem. Bei unserer Januarbesp- rechung zu dritt, hatten wir Dr. V. auf die Liste „Frau Funcke ist zur Stellvertretenden Bundes- mit acht Abgeordneten genommen, die ggf. ,einen vorsitzenden mit 257 Ja-Stimmen bei 31 Enthal- Umschlag' für ihre politische Arbeit erhalten sol- tungen und 46 Nein-Stimmen gewählt worden. len. Dr. V. kündigte ich dies an. Er hat dankend Nach meinem Eindruck ist sie für „Streichelein- akzeptiert (bisher hat er ja nichts angenommen). heiten" empfänglich, weil sie über das Ergebnis Es wäre nur notwendig, daß dieser Umschlag in sehr beglückt ist. Deinem Namen von mir übergeben würde. Leider Ich halte eine atmosphärische Aufbereitung auch kann ich dies Dr. Schmitz nicht so offen erklären. im Hinblick darauf, daß sie innerhalb der Koali- Im Falle Kanther (Hessen) wäre es auch besser tion Vorstöße der SPD-Steuerexperten abfangen über mich gelaufen. (Dies sind schließlich alte muß, für nützlich." Freunde von mir; die Verbindungen stammen aus der ,Vorzeit'). Diehl notierte im Jahr 1978 in einer Aufstellung Einige Leute glauben (dazu gehört auch Dr. V.), über „Zahlungen an die FDP-NRW: daß mein Kollege besondere Vertrauensverhält-- Diverse Druck- und Anzeigenrechnungen nisse zur FDP pflegt, und sind deshalb verschlos- wg. Solms/Funcke 4 018,19". sen. Anlage I zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Sicher genügt es, wenn Du Dr. Schmitz beim Ab- Von Brauchitsch schrieb hierzu: zeichnen der Vorlage sagen könntest, daß es aus Deiner Sicht zweckmäßiger erscheine, wenn die „In dem Ihnen bekannten Flick-Konzern-Kreis Verbindungen Dr. V. und Dregger-Gruppe — ein- München hat dieser Tage Herr Kanther, CDU schließlich Kanther — in solchen Fällen durch Geschäftsführer Hessen, über den Hessischen mich versorgt würden. Hier geht es einzig und Wahlkampf und die Analyse gesprochen. Ich habe alleine darum, einige ,heiße Quellen bei den CDU von diesem Mann einen ganz ausgezeichneten Rechten' für Dich zu erhalten! ... '' Eindruck und dachte, daß Sie das für Ihre Dispo- sitionen 1976 interessiert ... '' Betreffend die Person Dr. Dreggers, dessen Mitwir- kung am „dritten Vallendarer Gespräch" für den Diehl notierte für das Jahr 1975 als Zahlung über 19. Mai 1976 von Brauchitsch bereits im Schreiben die vom 5. April 1976 von Kanter angekündigt worden „Staatsbürgerliche Vereinigung war, schrieb Kanter erneut am 25. August 1976 „per- wg. M. Kanther/CDU-Hessen. DM 3 000,—" sönlich/sehr vertraulich" an von Brauchitsch: Ebenso notierte Diehl für 1978 unter „Zahlungen an „Betr.: Verbindung zu Dr. Dregger und seiner Um- die CDU und der CDU nahestehende Institutionen: gebung Aufgrund meiner früheren Schreiben unterhiel- Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln, ten wir uns bei unserem letzten ,Immobiliengesp- wg. Kanther 5 000,—" räch` auch über meine guten Beziehungen zu Dr. Im gleichen Jahr hatte Dr. Schmitz zur Person Kan- Dregger persönlich und zu seiner Umgebung im ther an von Brauchitsch mit Schreiben vom 22. Fe- besonderen. Meinen gelegentlichen Vorschlägen bruar 1978 wie folgt berichtet: im Laufe des letzten Jahres, hier etwas — auch im Hinblick auf die Bundestagswahl — in Verbin- „Betr.: CDU-Hessen dung mit Dir zu tun, konnte nicht entsprochen Herr Kanther (Landesgeschäftsführer) machte werden. mich darauf aufmerksam, daß im letzten Land- Gestern bekam ich nun zufällig mit, daß Herr tagswahlkampf zwar entschieden worden sei von Kaletsch aufgrund eines Briefes wahrscheinlich der Feldmühle Papier für eine Wahlillustrierte zu eine 20er Hilfe über Walter Schmitz leiten wird. spenden; diese Entscheidung aber wegen Termin- Hiergegen darf ich natürlich nichts sagen; das ist schwierigkeiten nicht habe realisiert werden kön- nicht meine Kompetenz! Dir gegenüber fühle ich nen. mich aber doch zu folgender Äußerung verpflich- Er bittet um eine Papierspende für den jetzt an- tet: laufenden Wahlkampf (zwei Mio.-Wahlillustrierte Über diesen Weg sind sicherlich keine wesentli- sollen bei Burda gedruckt werden). chen ,Rückflüsse` zu erhalten. Hier gibt es psy- Ich bitte um Entscheidung, ob ich Herrn Layton chologische Barrieren, die letztlich unüberbrück- darauf mit positivem Akzent ansprechen kann." bar sind, was zutrifft, auch wenn man dies be- streiten sollte." 2.10 „Spezialbrief für Dr. Voss/Abwicklung über Für den CDU-Abgeordneten und Fraktionsvorsit- Münchener Stiftung für ihn nicht zenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Al- wünschenswert" fred Dregger notierte Diehl für das Jahr 1976 unter „offizielle Zahlungen an die CDU und der CDU na- Adolf Kanter wandte sich in einem Schreiben „per- hestehende Organisationen: sönlich/sehr vertraulich" vom 22. April 1977 an von Staatsbürgerliche Vereinigung Brauchitsch, um diesen auf dessen „Gespräch am wg. Dr. Dregger, Fulda 20 000,—" 29. April 1977 — 13.00 Uhr in München" vorzuberei- ten. Kanter berichtete: Ebenfalls für das Jahr 1976 vermerkte Diehl unter „Zwischen dem Mitarbeiter und Vertrauten Dei- der gleichen Rubrik eine weitere Zahlung in Rich- nes Gesprächspartners und mir ist in diesem Zu- tung Dr. Dregger: sammenhang keine konkrete Tagesordnung be- „Rechnung der Fuldaer-Zeitung sprochen worden. Neben einem grundsätzlichen wg. Dr. Dregger, Fulda 9 621,81". Gedankenaustausch, der ab und zu unter vier Augen stattfinden sollte', schien es wünschens- Neben diesen Zahlungsaufzeichnungen „wg. Dreg- wert, aktuelle brennende Probleme aus dem Be- ger" finden sich weitere unter der Rubrik „inoffi- reich der Finanzpolitik zu erörtern. zielle Zahlungen" für die Jahre 1974 und 1975: Eine kleine Anregung von mir: „1974 Ka wg. Dregger 50 000,- In unserem Bonner Dunstkreis spricht man da- 1975 Dr. Schmitz wg. Dregger 20 000,—" von, daß FJS in Sachen Mehrwertsteuer pokert, d. h. sich nach außen hart gegen eine Erhöhung Den im Schreiben Kanters an von Brauchitsch vom der Mehrwertsteuer ausspricht (so angeblich vor 21. März 1978 erwähnten „Kanther (Hessen)" hatte einigen Tagen bei einer Besprechung der Finanz- - von Brauchitsch bereits in einem Schreiben vom und Steuerexperten der CDU/CSU), in Richtung 14. November 1974 an Professor Biedenkopf beson- Bundeskanzler aber zu verstehen geben soll, daß ders empfohlen. man mit ihm darüber reden könne. Dabei soll es Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

ihm darum gehen, mit dem Bundeskanzler an Dr. nen offiziellen Rücksprachetermin ,zu dritt` mehr Kohl vorbei ,im Gespräch zu bleiben'. bei Dir geben. Deshalb schreibe ich Dir heute in In Bonn schwätzt man ja unheimlich viel, — aber der Sache Dr. V. nachdem ich das Vorhergesagte mehrfach hörte, Vorgeschichte: Im Januar hatten wir Dir acht ist vielleicht etwas dran, was festzustellen — auf- Fälle vorgetragen, die bedacht werden sollten. grund der besonderen Bedeutung des ,Steuerpa- Hiervon hatte ich zwei Personen vorgeschlagen. ketes' für uns — von Interesse sein könnte. Im Prinzip hattest Du zugestimmt; möglichst soll- ten gemeinnützige Vereine genannt werden. Aus- Dann noch ein zweiter Hinweis: nahmen seien möglich. Es wäre für uns, wobei ich natürlich in erster Bei der Rücksprache am 27.4. in Bonn hattest Du Linie an Deine Position denke, wahrscheinlich nach entsprechender Erklärung von mir einge- sehr nützlich, Dr. V., der dieses Gespräch vorbe- willigt, daß ausnahmsweise „Spezialbrief" erfol- reitet, irgendwie an uns zu binden. Vielleicht ist gen solle. dies nebenbei auch ein Thema für Dich mit Dei- Dr. Schmitz empfahl mir, die Sache abschließend nem Gesprächspartner. Hierzu meine unmaßgeb- zu klären. liche — aber in diesen Fällen sicher fundierte — Auf meine Anfrage am 29.5. bei Frl. Heidemann persönliche Meinung: riet mir diese, Dir nochmals einen Brief zu schrei- Dr. Krei hat in den letzten Jahren offensicht- ben, da Du noch keine Anweisung gegeben hät- lich immer mehr an Ansehen verloren. Dies test. Wie soll die Sache endgültig abgewickelt wohl auch von seinem Amtschef, obwohl dies werden?" von dort nicht ohne weiteres zugegeben wird, ebenso bei der Landesgruppe ... Unter dem Datum vom 28. Juni 1978 notierte von Brauchitsch für Dr. F. K. Flick: Dr. V. scheint gegenüber seinem Chef absolut loyal zu sein, was dieser wahrscheinlich auch „betr.: Termin FJS am 11.7. 1978 spürt und würdigt. Er ist ein unabhängiger Jung- Dannecker teilt mir soeben folgendes mit: der geselle mit voller Einsatzbereitschaft. Er hat Termin am 11.7. könne mit ihm (Dannecker) und seine Zulassung als Rechtsanwalt. Bekanntlich Voss stattfinden. FJ käme nur dann hinzu, wenn

war er früher Finanzrichter, bevor er von seinem Du auch dazukämst(!) .. . jetzigen Chef damals ins Bundesfinanzministe- Dannecker selber war der Meinung, daß es viel- rium gerufen wurde. Es ist wohl auch ziemlich leicht zur Aufklärung des Sachverhalts (Stiftun- einmalig, daß ein fröhlicher Rheinländer aus gen und § 4/Grace) richtiger sei, wenn wir zu dritt Düsseldorf CSU-Abgeordneter wird." (Voss, Dannecker, v. B.) reden und anschließend berichten. So sind wir verblieben." Diehl notierte im Kassenbuch bereits für Februar 1976: Für den 11. Juli 1978 notierte Diehl unter „inoffi- zielle Zahlungen an die CSU: „7. 2. Ka wg Dr. Voss, Bonn 15 000,—". Dr. FKF wg. FJS 250 000,—". Auf der Rückseite der mit dieser Zahlung korre- spondierenden Quittung ist handschriftlich ver- Ein mit dieser Zahlung korrespondierender Quit- merkt: tungsbeleg ist in den Unterlagen nicht vorhanden. Es ist daher davon auszugehen, daß es sich um eine „D. Voss, Bonn Frz. J. Strauß FJS". Zahlung aus der „Schwarzen Kasse" oder anderen Verfügungsmitteln gehandelt hat. In seinem Schreiben vom 21. März 1978 hatte Kan- ter an von Brauchitsch zur Person von „Dr. V." mit- Unter dem Datum vom 17. Juli 1978 schrieb von geteilt: Brauchitsch wiederum an Dr. Flick: „ ,Mit dem Vertrauensmann in Bonn" von Franz „FJ hatte Gespräche mit Dr. Voss angeregt, und Josef Strauß, Dr. V. habe ich ja ein besonders gu- zwar unter zweierlei Gesichtspunkten: tes Verhältnis ... Position von Voss im Zusammenhang mit unse- Es gibt hier ein Problem. Bei unserer Januarbesp- rechung zu dritt hatten wir Dr. V. auf die Liste rem Steuerrechtsstandpunkt, daß für die Stiftun- mit acht Abgeordneten genommen, die ggf. ,einen gen die erste Erbersatzsteuer als gezahlt gilt, so Umschlag' für ihre politische Arbeit erhalten sol- daß erst nach weiteren drei Jahren effektiv ge- len. Dr. V. kündigte ich dies an. Er hat dankend zahlt werden muß. akzeptiert. (Bisher hat er ja nichts angenommen) Voss hat das nur für die beiden kleinen Stiftun- Es wäre nur notwendig, daß dieser Umschlag in gen akzeptiert, nicht aber für die FKF-Stiftung. Deinem Namen von mir übergeben würde ... '' Angebliche Hinweise aus der Finanzverwaltung (Bundesfinanzministerium?), das unsere Begrün- Im Juni 1978 schrieb dann Kanter an von Brau- dung für Grace (§ 4) nicht ausreiche. chitsch betreffend den „Spezialbrief für Dr. V.": Fehlende Kooperationsverträge könnten mögli-- „Durch die Erkrankung von Herrn Dr. Schmitz cherweise sogar die Genehmigung der ersten und seinem danach ja bald anstehenden Urlaub Tranche Grace rückwirkend unwirksam ma- wird es wahrscheinlich vor Spätsommer wohl kei chen." Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Am 20. Juli 1978 notierte Dannecker für Dr. Flick Am 2. August 1978 notierte das „Büro Bonn" für von betreffend „6 b/4 mit FJS am 18.7.1978 bei Käfer": Brauchitsch und Wacker unter der Überschrift „6 b- Anträge-,Hilfe` aus München": „FJS eröffnete uns anhand einer Aktennotiz, die er vor sich hatte, daß im BFiM größte Bedenken „Entsprechend der Anregung von Herrn Wacker bestünden hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 4 vom 28. Juli 1978 hat der Unterzeichnende heute auf die in den USA getätigten Investitionen. Er ein ausführliches Gespräch mit Herrn Dr. V. ge- präzisierte dabei seine Informationen aus dem führt. Der Gesprächspartner verstand schnell das BFiM dahin, daß MD Koch dort die Auffassung vorsichtig angesprochene Thema, mit dem er of- vertrete, ohne Vorlage eines Kooperationsvertra- fensichtlich mehrfach direkt und indirekt befaßt ges könne keine Anerkennung erfolgen ... worden war. Aufgrund von Informationen, die er von früheren Kollegen aus dem BMFi erhalten FK erklärte hierzu, daß der Kooperationsvertrag und an seinen Chef weitergegeben hatte, habe dem BFiM bereits vorliege, so daß diese Voraus- man in München in informeller Weise über die setzung erfüllt sei. anstehende Frage nachgedacht, davon ausge- FJS gab dann den dringenden Rat, wegen der hend, daß man interessiert sei zu helfen, soweit Größe und Bedeutung des Komplexes unbedingt dies möglich ist. mit MD Koch Verbindung zu halten. Er regte an, Der Gesprächspartner deutete an, daß offensicht- eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich mit den lich Probleme enthalten seien, bei der Grace-Be- Fragen des BFiM beschäftigt ... teiligung — was die vorgesehene Aufstockung an- Auch hält er es für dringend notwendig, regelmä geht. Bei den Zuständigen, beim BMFi sei der ßig vertrauliche Gespräche mit MD Koch hin Eindruck entstanden, daß es sich hier nicht, wie sichtlich seiner eventuellen Bedenken zu füh in gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen, um ren eine Kooperation handele, sondern wohl nur um Auf Frage von FJS, ob wir jemand hätten, der die- eine Kapitalanlage. sen persönlichen Kontakt herstellen könne, er- Dies sei gesetzlich unzureichend, um die bean- klärte ich, daß ich wisse, daß Herr Blaschke bei tragte Zustimmung zu erhalten. Weitere der vor- Herrn Koch verkehre und mit ihm per Du sei. liegenden Anträge seien nicht ausreichend gut FJS meinte dazu, daß er, falls diese Brücke nicht formuliert. Die juristische Betrachtung sei sehr möglich sei, einen direkten Kontakt herstellen gut, aber die politischen Aspekte kämen nicht könne. ausreichend zur Geltung. Im übrigen stehe er nach wie vor gerne mit Rat „Gutwillige Leute", die seinem Chef nahestehen und Tat zur Seite und müsse nur entsprechend würden, hätten zum Teil über ihn Hinweise gege- informiert werden." ben, daß die Gefahr bestände, „daß aus „Grund- sätzlichem", was zum Teil in der Formulierung In einem Schreiben vom 24. Juli 1978 an Dr. Fried- der Anträge läge, die Gefahr bestehe, daß vieles rich Karl Flick schrieb dann Ministerpräsident kaputtgehen würde." Strauß „persönlich/vertraulich": Da der Unterzeichnende im Konkreten nur teil- weise über die anstehenden Fragen unterrichtet „... Du hast mir nun mitgeteilt, daß ein solcher ist, „mit Vorbehalt" folgende Anregung: Kooperationsvertrag vorliege. Nachdem der „Chef" angeblich Herrn Dr. FK Ich gebe Dir deshalb den Rat, Dich sowohl beim Flick grundsätzlich unterrichtet hat, könnte es Bundeswirtschaftsministerium wie beim Bundes- nützlich sein, daß Dr. V. evtl. eingeschaltet wird. finanzministerium durch Deine Mitarbeiter, not- Er ist bereit tätig zu werden, wenn er von Mün- falls durch eigene Vorsprache zu vergewissern, chen aus den Auftrag oder zumindest „grünes daß dieser Kooperationsvertrag im Sinne von § 4 Licht" erhält. Auslandsinvestitionsgesetz anerkannt wird. Zur Person des Gesprächspartners nur noch ein- Wenn es hier noch Schwierigkeiten geben sollte, mal zur Erinnerung: dann ist es notwendig, zu klären, welche Voraus- setzungen, bzw. Bedingungen die beiden Ministe- Er war früher Finanzrichter in Düsseldorf, dann rien dafür stellen, daß der Kooperationsvertrag im BMFi Chef des Ministerbüros. Er ist jetzt Mit- oder kooperative Einzelabsprachen steuerlich an- glied des Finanzausschusses des Deutschen Bun- erkannt werden. destags und nach wie vor in besonderer Weise Vertrauensmann seines Chefs in finanzpoliti- Wenn ein steuerlich anerkennungsfähiges Globa- schen und bedingt auch in steuerpolitischen Fra- labkommen nicht oder noch nicht erreicht wer- gen. Er ist als Steuerberater zugelassen." den kann, dann ist es zumindest notwendig, for- melle Arbeitsgruppen zwischen der Flick-Gruppe und Grace zu bilden und in ihnen Einzelabspra- Am 8. August 1978 schrieb Kanter „persönlich/ver- chen, die den geforderten Kriterien entsprechen, traulich" an von Brauchitsch wieder betreffend den zu erarbeiten. Aus diesem Grunde ist dann auch „Spezialbrief für Dr. V.". Kanter berichtete: mit den für die Prüfung zuständigen Beamten im - Bundesfinanzministerium Verbindung zu halten „Du hattest in dieser Sache bei der offiziellen Be- und mit der gebotenen Vertraulichkeit zu spre- sprechung am 27. April d. J. in Bonn grundsätz- chen ... '' lich entschieden: „Spezialbrief 5".

Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Da für mich bezüglich der Abwicklung Unklarhei- Es ist mir ein Bedürfnis, Dir auch auf diesem ten bestanden, hatte ich mir erlaubt, Dir noch- Wege noch einmal zu danken, da Du nun schon mals unter dem 12. Juni zu schreiben. seit Jahrzehnten die Geschehnisse in meinem Bei meinem Gespräch mit Dr. V. am 2. 8. habe ich Hause kritisch begleitest. zu diesem Punkt am Rande vermerkt, „daß die Dein Rat hat einen besonderen Rang für Sache noch laufe". mich ... '' Dabei konnte ich auf mein Antippen hin noch- Unter dem Datum vom 4. Oktober 1978 notierte mals feststellen, daß eine Abwicklung über die Diehl unter „inoffizielle Zahlungen an die CSU: „Münchner Stiftung" für ihn nicht wünschens- wert ist. Kanter wg. Dr. Voss 5 000,—". Zu dem Besprechungsthema vom 2. August fol- gendes: In einer Aufstellung über Zuwendungen an Politi- ker anläßlich von Landtagswahlen findet sich die Wenn ich danach Dr. V. richtig verstanden habe, maschinenschriftliche Notiz: scheinen wichtige Dinge — zum Teil durch For- mulierungsfragen — gefährdet. „CSU: Landtagswahl-Dr. Voss 5 000" Wie ich weiter bei diesem Gespräch feststellen sowie die handschriftliche Notiz: konnte, fühlt sich FJS gegenüber dem alten Herrn Flick in außerordentlich großer Schuld und „Dr. Voss: Spezial". Verpflichtung. Er scheint bereit zu sein, alles zu tun, was in sei- ner Macht liegt ... 2.11 „Ziel ist es, die Wirtschaftspolitiker des zweiten Gliedes aus der Fraktion einzubinden ..." Wenn Dr. V. aufgrund seiner Intimkontakte zu früheren Kollegen etwas tun kann, dann ist dies Im Dezember 1977 notierte Dr. Schmitz betreffend nach meiner Einschätzung nur möglich, wenn die „Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer ihm sein Chef ausdrücklich „grünes Licht" gibt. Fragen e.V." für von Brauchitsch und Diehl: In Bonn möchte er dann aber auch keine weite- ren Mitwisser haben. Er hat Sorgen, daß seine „Herr Lutzke sprach mich darauf an, daß er nun- sehr guten persönlichen Informationskontakte mehr geschäftsführendes Vorstandsmitglied der im BMFT schnell verlorengehen könnten ... '' „Strukturgesellschaft" sei. Er müsse jetzt für den 1. Vorsitzenden, Herr Müller-Hermann, eine Am 25. August 1978 berichtete Kanter nochmals Spendenbriefaktion starten. Bei der Durchsicht zum „Spezialbrief Dr. V.": der Akten habe er festgestellt, daß das Haus Flick von 1960 bis 1976 einschließlich zu den großzügi- „bezüglich des ,Spezialbriefs Dr. V.' hat sich vor ein gen Spendern gehöre. paar Tagen herausgestellt, daß Frau Grimm die von Dir schriftlich gegebene Zustimmungserklärung of- Die Aktivitäten dieser Gesellschaft sollen — nach fensichtlich aus Versehen abgeheftet hatte. Ich längerer Lethargie — durch Herrn Lutzke wieder habe zwischenzeitlich mit Herrn Dr. Schmitz und neu belebt werden. Ziel ist es, die Wirtschaftspoli- gelegentlich des Sommerfestes auch mit Herrn tiker des zweiten Gliedes aus der Fraktion einzu- Diehl die Sache dahin gehend besprochen, daß ich binden, mit Material auszustatten und einen gu- nach dem Urlaub von Herrn Diehl mit der Erklä- ten Kontakt zur Wirtschaft herzustellen. rung von Dir vorbeikomme. In diesem Falle lege ich Ich empfehle, gegenüber der „Strukturgesell- sehr großen Wert darauf, Dr. V. den „Brief" selbst zu schaft" eine zurückhaltende Spendenpolitik zu übergeben, da dies der Sache sicherlich am meisten verfolgen. nützt. Von der Wirksamkeit der Wiederbelebungsversu- Ich hoffe, Du bist hiermit einverstanden?" che bin ich nicht überzeugt. Im übrigen bin ich Am 29. August 1978 schrieb Dr. Friedrich Karl Flick der Auffassung, daß diese Aufgaben innerhalb mit Durchschrift für von Brauchitsch an Franz Jo- der CDU konzentriert vom Institut Professor Bie- sef Strauß: denkopf mittelfristig übernommen und erfüllt werden könnten." „Deinen Brief am 24. Juli im Anschluß an unsere ausführliche Unterhaltung habe ich dankend er- Offensichtlich folgte man im Flick-Konzern der halten. Ich darf Dir versichern, daß ich alle Sor- Empfehlung von Dr. Schmitz, „gegenüber der Struk- gen und Anregungen, die Du zu Papier gebracht turgesellschaft eine zurückhaltende Spendenpoli- hast, und die aus der Anlage Deines Briefes zu tik" walten zu lassen und schloß sich dessen Auffas- entnehmen waren, einer sorgfältigen Behandlung sung, „daß diese Aufgaben innerhalb der CDU kon- in meinem Hause zugeführt habe. Ich werde dar- zentriert vom Institut Professor Biedenkopf über- auf bedacht sein, daß die gebotenen Schlußfolge- nommen werden könnten", an. rungen gezogen werden. So notierte Diehl, beginnend mit dem Jahr 1977 Vielleicht darf ich in diesem Zusammenhang unter „Zahlungen an die CDU und CDU naheste- doch noch einmal auf Deine Anregungen aus dem hende Institutionen: Frühjahr zurückkommen wegen eines Zusam- mentreffens meiner Fachleute mit Dr. Voss in Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik Bonn. wg. Prof. Biedenkopf 20 000". Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Gleichartige Eintragungen finden sich auch für die 5. Beurteilung politischer Entwicklungen Jahre 1978, 1979 und 1980. Analyse personeller und inhaltlicher Verschie- bungen bei Parteien, Fraktionen, Ministerien. 2.12 „Teltschik, ein wichtiger Kontaktmann für unsere 6. Abgabe von Voten zur Entscheidungsfindung Arbeit" bei der Spendenvergabe Auf der Grundlage intensiver Materialauswer- Nach dem Gespräch von Brauchitschs mit Minister- tung vorparteilicher und vorpolitischer Grup- präsident Dr. Kohl vom 15. August 1978 meldete das pierungen (Programm, Personalstruktur, Ein- Bonner Büro in einer Notiz vom 4. Oktober 1978 an fluß) mit dem Ziel der Effizienzkontrolle von Brauchitsch, daß wurde die Spendenpolitik gestrafft (größere „Horst Teltschik, Leiter des Büro Dr. Kohl bei der Wirkung mit geringeren Mitteln) CDU/CSU-Bundestagsfraktion, einer der engsten Mitarbeiter Dr. Kohls, jetzt ein Buch mit den wichtigsten Reden von Dr. K. herausgebracht hat. II. Service für die Unternehmen der Gruppe Wir möchten von diesem Buch zugunsten von Herrn Teltschik 30 Stück ankaufen. Der Stück- Zusätzlich zur Beschaffung von Informationen preis beträgt DM 14,05 netto. und Beratung bei politischen Fragen 1978 zuneh Unsere Überlegung geht davon aus, daß Herr mende Inanspruchnahme bei der Verkaufsförde- Teltschik ein wichtiger Kontaktmann für unsere rung und der Beschaffung öffentlicher Mittel (in Arbeit ist." vielen Fällen geschah dies aufgrund von Anre- gungen, die wir aus der Kenntnis der Bonner Zu- Am 20. Oktober 1978 fertigte Herr Dr. Schmitz eine sammenhänge geben konnten) ... Notiz folgenden Wortlauts für von Brauchitsch: Beispiele: „Beigefügt legen wir die Rechnung für 30 Exem- b) Feldmühle-AG plare des Buches „Bundestagsreden von Helmut Vorbereitung von Gesprächen Layton bzw. Gegi- Kohl" vor. Sie hatten aufgrund unserer Notiz vom nat in Sachen 6 b .. . 4. Oktober 1978 dieser Bestellung zugestimmt." Gegensteuern im BMI wegen „Wettbewerbsver- Ausweislich der Notiz ging die Rechnung an Buch- zerrung bei Anwendung des Abwasserabgabenge- halter Diehl, welcher für den 11. August bereits setzes" (Verhinderung von Ausnahmegenehmi- 25 000,— DM „wg. Kohl" notiert hatte. gung für Konkurrenz) ...

die 2.13 „Mit dem Ziel der Effizienzkontrolle III. Politische Einflußnahmen Spendenpolitik gestrafft (größere Wirkung mit geringen Mitteln)" 1. Parteien (einschl. zuzuordnender Institutio- In ihrem „Bericht über die Arbeit des Büro Bonn im nen) und Fraktionen Jahre 1978" an die Konzernzentrale verfaßten Dr. Gleichzeitig ermöglichen diese Kontakte für I. Schmitz und Adolf Kanter einen Katalog über die und II. notwendige Informationsabschöpfung. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als „Stabsstelle der Geschäftsführung". Der Bericht nennt u. a. folgende a) CDU und CSU Tätigkeitsschwerpunkte: Massives Einsteigen in die Diskussion um das „I. Zuarbeit für Geschäftsführung und einzelne CDU-Grundsatzprogramm Abteilungen Beratung bei der Entwicklung einer neuen Kon- 1. In Sachen § 6 b, § 4 Beratung von Herrn von zeption zur Umweltpolitik Brauchitsch und Herrn Wacker über perso- „Munitionierung von Abgeordneten für Hearing nelle Zusammenhänge und Ansprechwege. Jugendarbeitsschutzgesetz" Herstellung von Kontakten, Beschaffung von Herstellung von Kontakten zur Wirtschaft für Einzelinformationen aus Bundestag, BMWi, Mitarbeiter des Konrad-Adenauer-Hauses (zur BMF Behebung der Realitätsferne) ... 3 Besorgung von — teilweise — vertraulichen Beteiligung an Diskussionsveranstaltungen der Referentenentwürfen, zu Gesetzesvorhaben Mittelstandsvereinigung (intensiver Kontakt zu und Papieren vor politischen Initiativen. Prof. Zeitel) *) Z. B.: Weiterführung der Gesprächskreise Junge Uni — Parlamentarische Anfragen und Initiativen in on/Wirtschaft sowie RCDS/Wirtschaft — ergänzt Sachen 6 b. durch Einzelberatung bei der Formulierung von — Neue steuerpolitische Beschlüsse der FDP vor der Sitzung des Parteipräsidiums. *) Für Prof. Zeitel notierte Diehl im Jahr 1976 unter „offizielle Zahlungen an die CDU und der CDU na- 4. Herstellung von Kontakten sowie organisato- hestehende Institutionen: - rische und inhaltliche Vorbereitung von Ge- Rechnung der Gebr. Bohl sprächen z. B.: Funcke, Häfele, Wirtschaftsmi wg. Professor Dr. Zeitel, Hohensachsen DM

nister Klumpp .. . 6 758,80" Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Grundsatzpapieren und der Durchführung von 2.14 „Für weitere Streichungen kaum noch Raum, Aktionen. **) ohne daß wir die Effektivität der politischen Einwirkungen auf Wirtschaftsrat (CDU) und Teil- Verbindungen zu unserem Nachteil nahme an Veranstaltungen des Wirtschaftsbeira- einschränken" tes (CSU) ***) Hilfe beim Aufbau geeigneter Kan- Am 13. Februar 1979 notierte von Brauchitsch „per- didaten für parlamentarische Gremien. sönlich u./Umschlag für Paefgen:

**) Diehl notierte für 1978 „offizielle Zahlungen" an „Wie im Vorjahr habe ich die beiliegende Disposi- den tionsliste des Bonner Büros mit den dortigen „Verein Robert Tillmanns Haus, Berlin Herren vorbesprochen. Ich wäre Dir für kritische wg. Junge Union 10 000,— DM Durchsicht dankbar und auch für Mitteilung, ob wg. Schüler-Union 1 000,— DM" Du einverstanden bist. Nachdem wir vor drei Jah- ***) Diehl notierte im Jahr 1978 als „offizielle Zahlun- ren radikal die früheren Großzügigkeiten zusam- gen: mengestrichen haben, scheint jetzt für weitere Wirtschaftsrat der CDU 21 560,— DM Streichungen kaum noch Raum zu sein, ohne daß Wirtschaftsbeirat der Union München wir die Effektivität der politischen Verbindungen 17 000,— DM." zu unserem Nachteil einschränken." Auf der Notiz findet sich die handschriftliche Einfü- b) FDP gung „Ja" mit dem in Klammern gesetzten Namen Permanente „Versorgung" des Umkreises von „(Paefgen)". Frau Funcke in steuerpolitischen Angelegenhei- ten. Schaffung eines Kristallisationspunktes für Gut eine Woche später teilte von Brauchitsch in Gespräch CDU/FDP einer Notiz an Dr. Schmitz mit Durchschrift an Diehl mit: Hessen-Wahl: Frühzeitige Unterstützung für Gruppierungen, die für Koalition CDU offen wa- „Der guten Ordnung halber teile ich Ihnen mit, ren. daß Sie entsprechend der Liste verfahren kön- nen, die Sie mit Notiz vom 9. Februar vorgelegt c) SPD haben." Ermöglichung eines Parlamentariergesprächs Wiederum eine Woche später notierte Dr. Schmitz SPD/BKU für Diehl: Teilnahme an Gesprächskreisen der Friedrich- Ebert-Stiftung. *) „Herr von Brauchitsch hat folgendes entschie- den: Frühzeitige Aufnahme des Kontaktes zu Jung- Überweisung von DM 3 000 an: hans (noch bevor er wirtschaftspolitischer Spre- Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e.V...., Köln cher wurde) Spendenquittung wird erteilt." Versuche der Klimaverbesserung beim „Vor- Gemäß einer weiteren Notiz vom selben Tag von wärts" **) Dr. Schmitz an Diehl „hat Herr von Brauchitsch *) Diehl notierte für 1978 als „offizielle Zahlung an die entschieden: SPD: Überweisung von DM 5 000,— an: Friedrich-Ebert-Stiftung 260 000,— DM" Staatsbürgerliche Vereinigung ..., Köln Spendenquittung wird erteilt." **) Diehl notierte für 1978 als „offizielle Zahlung an die SPD: Diehl notierte für das Jahr 1979 unter „Zahlungen Neuer Vorwärts-Verlag an die CDU und der CDU nahestehende Institutio- wg. Nau/Petersen 49 974,39 DM" nen" neben weiteren folgende Zahlungen: „Staatsbürgerliche Vereinigung, Köln 2. Bundesrat wg. Geil 5 000,— DM Frühzeitige Warnung und Aufbau von Gegenposi- wg. Prof. Mohr 3 000,— DM" tionen im Gesetzgebungsverfahren Steueränderungsgesetz 78/79 Jugendarbeitsschutzgesetz 2.15 „Ziesl beteuerte, loyal zu Dr. Kohl zu stehen" Hier bewähren sich gute Kontakte zu den Lan- desvertretungen: Baden-Württemberg, Rhein- In einer Notiz vom 21. März 1979 für von Brau- land-Pfalz, Niedersachsen, Bayern, Hessen. chitsch hielt Dr. Schmitz über ein Gespräch von Brauchitschs betreffend „Deutschland-Stiftung/ 3. Bundesministerien Deutschland-Magazin mit den Herren Ziesl und Argumente für BMI gegen die vom BMA geplante Dr. Burneleit am 20. März 1979 in Düsseldorf", fol- gendes fest: Arbeitszeitordnung - Lieferung von Sachargumenten bei Entwurf TA „Ziesl und Burneleit anerkennen (zunächst zö Luft, Abwasserabgabegesetz, Bundesemmissions- gernd), daß das Haus Flick eine erhebliche Unter schutzgesetz ..." stützung für Start und erste Phase des Deutsch- Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

land-Magazins gewährt hat. Ziesl bat um Hilfe Knapp einen Monat nach der von Diehl „wg. Ziesl" für die zweite Phase ... notierten Zahlung wandte sich Kurt Ziesl mit einem Ziesl bat darum von der Feldmühle kostenlos Pa- Schreiben vom 18. Juni 1976 an von Brauchitsch pier für den Druck des Magazins beziehen zu und berichtete diesem: können (Bedarf ca. 10 000 kg/Ausgabe maschi- „... Besten Dank für Ihr Schreiben vom 16. Juni. nengestrichenes Papier im Wert von DM 12 000,— Ich bedauere es sehr, daß es Herrn Kaletsch ge- bis 13 000,—) ... sundheitlich noch immer nicht besser geht. Be- Herr von Brauchitsch wies darauf hin, daß eine sonders dankbar bin ich Ihnen, daß Sie Herrn Papierspende wegen der Konsequenzen bei nicht Layton gebeten haben, hinsichtlich der Papierlie- auszuschließenden Indiskretionen ausscheide. ferungen, uns einen wirksamen Rabatt zu gewäh- Unter der Voraussetzung, daß der Papierbedarf ren. Das würde für uns im Augenblick ganz be- ausschließlich bei der Feldmühle zu den bisheri- sonders wirkungsvoll sein, weil wir unsere näch- gen Konditionen gedeckt werde, sagte Herr von ste Anfang August erscheinende Nummer, die als Brauchitsch im Hinblick auf die Umstellung des große Wahlnummer herauskommt, voraussicht- Magazins eine einmalige Spende von DM lich in einer Zusatzauflage von mehr als 100 000 20 000,— zahlbar zu je DM 10 000,—, in der ersten Exemplaren herausbringen werden, da zahlrei- und zweiten Jahreshälfte 1979 zu. che Landes- und Kreisverbände der CDU und CSU diese Nummer von uns zur Wahlpropaganda Herr Ziesl akzeptierte dies mit Freude ... einsetzen werden ... * Herr von Brauchitsch kritisierte, daß das Deutschland-Magazin leichtfertig an der Demon- tage von Dr. Kohl mitwirke. 2.16 Herausfinden, ob Zimmermann, mit dem wir Herr Ziesl beteuerte, loyal zu Dr. Kohl zu stehen bekanntlich eine anwaltschaftliche Beratung und auch seinen Freund Löwenthal in diesem Zu- haben, in Bonn helfen kann" sammenhang mehrfach zur Ordnung gerufen zu Am 8. August 1979 schrieb Wilken von Reden, Ge- haben ... * schäftsführer der Bayerischen Staatsbürgerlichen Bereits in einem Schreiben vom 9. Februar 1976 Vereinigung, an Dr. Hans-Heinz Griesmeier, den hatte sich Kurt Ziesl mit folgendem Anliegen an Vorstandsvorsitzenden der Krauss-Mafei-AG: von Brauchitsch gewandt: „... am 27. Juni hatten Sie u.a. auch den vorher „... Im Nachtrag zu unserem Briefwechsel hin- stattgefundenen Besuch der Mitglieder des Bun- sichtlich des Einsatzes für den CDU-Vorsitzenden destags-Haushaltsausschusses und Ihre Absicht Kohl darf ich Ihnen in der Anlage unsere soeben erwähnt, sich mit Herrn Dr. Zimmermann über erschienene neueste Nummer senden, die in ei- dabei erkennbar gewordene Tendenzen zu unter- ner wesentlich vergrößerten Auflage auch für den halten. Weil ich im Juli keine Gelegenheit hatte, Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg ein- mit ihm zu sprechen, habe ich ihn kürzlich gesetzt wird und in der wir übrigens neben den schriftlich gebeten, eine alsbaldige Besprechung Interviews mit Herrn Filbinger und Herrn Wör- mit Ihnen anläßlich eines nächsten Aufenthalts ner auch auf Seite 44 einen besonderen Kasten in München vorzusehen, an der auch die Herren über Herrn Kohl veröffentlicht haben. Prof. Madelung oder Hort beteiligt werden soll- Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang die ten. Ich hoffe, daß Herr Dr. Zimmermann auch Frage, ob angesichts der nun wohl beseitigten während der Parlamentsferien bereit ist und sich Einwendungen Ihrerseits hinsichtlich unserer po- mit Ihnen in Verbindung setzen wird ... litischen Linie die Möglichkeit bestünde, wie in Für den Betrag Ihres Unternehmens in Höhe von den vergangenen Jahren uns gerade in diesem DM 20 000,— danke ich Ihnen herzlich und beson- Jahr des Bundestags-Wahlkampfes wiederum in ders dafür, daß es Ihnen möglich war, meine Bitte irgendeiner Form zu helfen, sei es durch Papier- um Überweisung noch im Juni zu erfüllen ... * lieferungen gegen Spendenquittungen, sei es wie bisher durch Bezahlung von Druckrechnungen An Dr. Zimmermann hatte sich von Brauchitsch oder auch durch einfache Spenden ... * ausweislich einer Telefonnotiz bereits zu Anfang des Jahres 1979 gewandt. Diehl notierte unter „inoffizielle Zahlungen an die CSU" für das Jahr 1976: Zwei Tage nach diesem Telefonat fertigte von Brau- chitsch unter dem Datum vom 19. Februar 1979 eine „28. 5. Ka wg. Ziesl 100 000,— DM". Notiz „persönlich/vertraulich/unter Umschlag" für Dr. Flick betreffend die im Hause Flick in Erwä- Ein mit dieser Zahlung korrespondierender Quit- gung gezogene Reinvestition eines Teils des Veräu- tungsbeleg findet sich nicht in den Unterlagen. In ßerungserlöses aus dem Daimler-Benz-Aktienver- einer Aufstellung über „politische Zahlungen über kauf bei „MBB". Sonderkasse" notierte Diehl für das Jahr 1976 ne- ben einer Zahlung an die Von Brauchitsch hielt hierzu in seinem Vermerk fest: „CSU wg. Kaletsch 100 000,— DM" „Für Dein Gespräch mit FJS: eine weitere an 1. Nachdem LM es steuersystematisch für mög- „CSU Ziesl 100 000,— DM". lich hält, aus Bayern unseren 6 b-Antrag we- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

gen MBB zu unterstützen, wäre es gut, von FJS furt gegenüber Konkurrenz) bei Anwendung der die Zusage zu erhalten, daß der Ministerpräsi- Härteklausel im Abwasserabgabengesetz (u. a. dent dieses Vorgehen gutheißen würde ... entscheidenden Gesprächseinstieg im BMI ver- 5. Herausfinden, ob Zimmermann (stellv. Frak- mittelt). tionsvorsitzender der CDU/CSU und Verteidi- BMI mit FM-Material versorgt zur Objektivie- gungsexperte), mit dem wir bekanntlich eine rung des Berichts über Bodenseeverschmutzung anwaltschaftliche Beratung haben, in Bonn nach Auftreten von Problemen mit Kläranlage in helfen könnte, wegen „volkswirtschaftlich för- Baienfurt ..." *) derungswürdig".

2.17 „Büro Bonn von Parlamentariern, Beamten *) Das Feldmühle-Werk Baienfurt hatte bereits 1973 die sowie Funktionsträgern in Parteien 1979 in Verantwortlichen im Flick-Konzern beschäftigt. We- gen einer Umweltauflage des Landratsamtes Ra- zunehmendem Maße in Anspruch genommen" vensburg für das Werk in Baienfurt im Jahre 1973 wandte sich von Brauchitsch an den Baden-Württem- In seinem Bericht „über die Arbeit im Jahre 1979" bergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger. hielt das „Büro Bonn als politische Stabsstelle der Der „persönliche Berater" Filbingers, Minister für Geschäftsführung" u. a. folgende Aufgabenschwer- Bundesangelegenheiten des Landes Baden-Württem- punkte fest: berg a. D., Dr. Dr. h. c. A. Seifritz, berichtete wenig später an von Brauchitsch, wie das Gespräch auf Fil- „I. Zuarbeit für Geschäftsführung und einzelne binger gewirkt habe. Abteilungen Von Brauchitsch notierte hierauf für Dr. Flick, daß Gespräch sei „nützlich" gewesen, da es Filbinger „ein 5. Besorgung von — teilweise — vertraulichen Werkzeug in die Hand gegeben habe, die Angelegen- Referentenentwürfen, Papieren und Informa- heit Baienfurt positiv voranzutreiben". tionen möglichst vor politischen Entscheidun- „MinDir Maier", so Brauchitsch weiter in seiner No- gen (je nach Interessenlage gingen diese Un- tiz, „hat von Filbinger den Auftrag bekommen, die terlagen auch an zuständige Vorstände der Un- Ministerialbürokratie einschließlich Wasserwirt- ternehmen) schaftsamt beim Regierungspräsidenten in Tübingen auf konstruktive Linie zu bringen". Berichterstattung über Vorträge und Diskussio- Am 5. Oktober 1973 berichtete von Brauchitsch wie- nen im Gesprächskreis Wirtschaft der Friedrich- derum an Dr. Flick, die

Ebert-Stiftung für Herrn Paefgen .. . „sofortige Vollziehung der Auflagen des Landrats- Nicht-öffentliche Protokolle von Parlamentsaus amtes Ravensburg gegen Baienfurt ist durch neue Verfügung ... soeben ausgesetzt worden; damit ist schüssen .. . das wesentliche Problem der Angelegenheit Baien- furt zunächst gelöst". 6. Beurteilung politischer Entwicklungen Am 6. Dezember 1973 notierte von Brauchitsch für Teilnahme an den Parteitagen von CDU, SPD, Kaletsch: FDP und Deutschlandtag Junge Union, Bundes- „Beiliegend ein Brief von Minister a. D. Seifritz vertreterversammlung RCDS sowie Auswertung. vom 3. d. s. Monats. Seifritz hat uns in ungewöhnli- Bei diesen Veranstaltungen bot sich Gelegenheit chem Maße in der Angelegenheit Baienfurt gehol- zum Ausbau der Kontaktbasis; in Einzelfällen fen. konnte Argumentationshilfe vor Ort geleistet Uns war schon damals klar, daß das Geld kosten werden. wird. Wir sollten in der ersten Tranche DM 5 000,— für die deutsch-indische Gesellschaft bezahlen. Beispiele zur politischen Einflußnahme Seifritz kommt sicher immer wieder und deshalb 7. sollten wir uns zunächst auf diesen Betrag be- Formierung einer Arbeitsgruppe für Stoiber (u. a. schränken. inhaltliche Vorbereitung CSU-Kongreß „Zu- Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihr Einver- kunft") sowie Mitwirkung. ständnis auf beiliegender Kopie zeichnen, damit Im Jahre 1979 zeigte sich, daß der Rat des Büro Herr Diehl die Überweisung vornehmen kann." Bonns von Parlamentariern, Beamten sowie Hierauf bedankte sich Seifritz mit Schreiben vom Funktionsträgern in Parteien und anderen Orga- 10. Dezember 1973 bei von Brauchitsch mit folgenden Zeilen: nisationen in zunehmendem Maße in Anspruch genommen wurde. Auf diese Weise konnten im „... Sie haben mir mit Ihrer Spende einen ganz großen Dienst erwiesen und wesentliche Hilfe ge- Vorfeld politischer Vorgänge bereits Korrekturen leistet. Für Ihre Großzügigkeit und für Ihr taten- vorgenommen werden (u. a. CDU-Konzept For- frohes Verständnis meinen herzlichen Dank ... * schung und Umwelt durch Lieferung von Beiträ- Auch für eine im Jahre 1974 an die deutsch-indische gen aus Unternehmen der Gruppe; Verhinderung Gesellschaft — Präsident Dr. Seifritz — geleistete der Gründung einer wirtschaftsfeindlichen Um- Spende in Höhe von 10 000,— DM bedankte sich Seif weltstiftung). ritz in einem Schreiben vom 22. Februar 1974 bei von Brauchitsch mit den Zeilen: II. Service für Unternehmen der Gruppe „... mit Ihrem Schreiben vom 19. Februar 1974 ha- Feldmühle ben Sie mir eine ganz große Freude bereitet. Ich - werde Ihnen dieses Verständnis und diese große Kontinuierliche Unterstützung bei Problem: Hilfe nie vergessen. Ich weiß nur nicht, wie ich Wettbewerbsverzerrung (Benachteiligung Baien mich entsprechend revanchieren kann ..."

Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

2.18 ,Vor allem ,psychologische Beihilfe' und Mitwirkung bei der „Ordnung" des Verhältnisses Argumentationshilfen haben uns ,gute Freunde' von CDU-Wirtschaftsrat zu CDU-Wirtschaftsver- für die neue Legislaturperiode gesichert" einigung."

Auch der Bericht des Bonner Büros für das Jahr Der Bericht des „Bonner Büro" für das Jahr 1980 1980 enthält aufschlußreiche Informationen über wurde dann von Eberhard von Brauchitsch am dessen Tätigkeiten. 15. Januar 1981 „persönlich — unter Umschlag" an Der Bericht beginnt mit einer „Vorbemerkung" fol- Dr. Götte und Dr. Vogels mit einer Begleitnotiz fol- genden Inhalts versandt: genden Wortlauts: „Das Jahr 1980 setzte als Wahljahr für die Arbeit „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir — wie in der des Büro Bonn die Akzente anders als in den Vor- Vergangenheit — so verfahren könnten, das Sie jahren, weil das Parlament nur wenig Gesetzge- ,nach Studium des Berichtes diesen vernichten bungsvorhaben behandelte, die sonst von uns ar- und auf mein Panzerschrankexemplar jederzeit gumentativ begleitet wurden, in Folge personeller zurückgreifen. Verschiebungen in Parlamenten und Ministerial- Die Vernichtung kann allerdings auch zurückge- bürokratie neue Kontakte geknüpft werden muß-. stellt werden, bis zu einem Gespräch, das nun ten...'' zwischen uns und den Herren des Büros Bonn Informationen und Analysen über Parteien, notwendig ist, um den Herren die Gelegenheit zu Gruppen und Personen vor und nach den Wahlen geben, die geplante Arbeit 1981 vorzutragen ... '' nahmen naturgemäß einen relativ breiten Raum ein. Vor allem „psychologische Beihilfe" im Wahl- 3. Ergänzungen und Berichtigungen des kampf und Argumentationshilfe haben uns „gute Mehrheitsberichts Freunde" für die neue Legislaturperiode gesi- chert ... '' Zu Tz 28 des MB Im einzelnen wurden im Bericht 1980 u. a. folgende Tätigkeitsfelder aufgelistet: Ob seitens des Iran ein ernsthaftes Kaufangebot unterbreitet worden ist, blieb im Dunkeln. Jeden- „Zuarbeit für die Geschäftsführung und einzelne falls sind die angeblichen Persien-Verhandlungen Abteilungen. von der Firma Flick, insbesondere von dem persön- lich haftenden Gesellschafter Eberhard von Brau- 1. Steuerrechtliche und politische Themen chitsch, zielbewußt gegenüber den Ministerien zur Recherchen in Sachen § 6 b, 4 insbesondere Erlangung von „Wohlwollenserklärungen" für beab- über Zusammenwirken zwischen BMF/BMI sichtigte Reinvestitionen genutzt worden; insbeson- (Rechtsfragen ggf. bei Auflagenerteilen) und dere auch um die äußerst umstrittene Veräußerung BMF/SPD-Fraktion; Stimmungsanalyse BMWi des Daimler-Pakets an die Deutsche Bank und die hiermit zusammenhängende Beurteilung der soge- nannten Veräußerungsseite im Rahmen von Steu- 5. Beurteilung politischer Entwicklungen im erbegünstigungsanträgen der Firma Flick in einem Jahre 1980 besseren Licht erscheinen zu lassen.

Besuch und Anlayse der Wahlparteitage von In mehreren Vermerken hat von Brauchitsch im CDU, SPD und FDP Zusammenhang mit der angeblichen Offerte aus Beurteilung der Chancen einzelner Kandidaten dem Iran Andeutungen über eine „falsche Ge- (u. a. Brunner, Wissmann, Junghans) schichtsschreibung" gemacht, ohne daß er bis heute das Geheimnis der „falschen Geschichtsschrei- Entwicklung Scheel im Hinblick auf Europäische bung" gelüftet hat. Ämter mit Auswirkung auf Wahlkampf ...

6. Beispiele politischer Einflußnahmen Zu Tz 28 des MB (zum Teil auch in Ziffer 5. enthalten) Für Januar 1975 enthält die Diehl-Liste folgende — Beratung von Abgeordneten und Beamten aus Eintragung: verschiedenen Fachbereichen, sowie Mitarbei- tern in Fraktionen und Parteizentralen „Inoffizielle Zahlungen an die FDP 1975: z. B.: 2. 1. Ka ohne Angabe ü Nemitz 50 000" Argumentative „Begleitung des Wahlprogramms" der CDU/CSU Zu Tz 30 des MB Koordinierung von wahltaktischen „Einzelfra- gen" mit CSU-Landesleitung und CSU-Büro Ausweislich des Vermerks vom 9. Januar 1975 Bonn wurde eine Pressekooperation zwischen der Fa. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Flick und dem Bundeswirtschaftsministerium ver- gierung gewünscht hatte. Tatsächlich erfolgte die einbart. Von Brauchitsch notierte hierzu, Dr. Fride- „Ermunterung" bzw. die „moralische Rückendek- richs werde, „falls die Sache publizistisch heiß wird, kung" durch Bundeskanzler Schmidt nur gegen- seinen Pressechef auf den des Hauses Flick schal- über der Deutschen Bank, nicht aber gegenüber der ten"; beide Herren würden sich kennen und gut Fa. Flick. kooperieren. Weiterhin vermerkte von Brauchitsch: Zu Tz 32 des MB „Friderichs hat mir abschließend gesagt, er Der Zeuge Bundeskanzler a. D. Schmidt hat die stünde uns zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Ver- Richtigkeit der Wiedergabe seiner damaligen Er- fügung. Er sei jederzeit von mir erreichbar, auch klärungen vor dem 1. Untersuchungsausschuß be- dann, wenn er sich in Mainz befinde. Ich habe stätigt. Die „moralische Rückendeckung" sei, wie ihm, auch im Namen des Hauses, sehr herzlich der Zeuge bekundete, nicht der Firma Flick, son- für die loyale Haltung gedankt und gesagt, daß dern der Deutschen Bank gegeben worden, um ei- wir uns unsererseits melden, soweit es etwas nen Verkauf der Aktien an das Ausland zu verhin- Neues gibt." dern, nachdem die Deutsche Bank zunächst wegen einer verbreiteten, auch von ihm geteilten Kritik an Zu den letzten beiden Sätzen äußerte sich der großen industriellen Beteiligungen der Banken ge- Zeuge Dr. Friderichs vor dem 1. Untersuchungsaus- zögert habe, das Aktienpaket zu erwerben. Deshalb schuß, er habe wahrscheinlich von Brauchitsch ge- sei ihm damals auch nicht in den Sinn gekommen, sagt, dieser könne ihn auch außerhalb der Dienst- daß die „moralische Rückendeckung" für die Deut- zeit in seiner Privatwohnung erreichen; dies habe sche Bank später von der Firma Flick in den Be- er aber nicht nur der Firma Flick, sondern auch scheinigungsverfahren aufgegriffen und psycholo- anderen Unternehmern gesagt. Der Dank für die gisch benutzt werden könnte. „loyale Haltung" des Bundeswirtschaftsministe- riums habe sich möglicherweise auf diese, seine Er- Daß nicht die Firma Flick, sondern die Deutsche klärung bezogen. Bank „ermuntert" worden sei und zwischen dieser „Ermunterung" und einer Wohlwollenserklärung Zu den sonstigen Einzelheiten des Vermerks, insbe- für die Prüfung der Förderungswürdigkeit der Wie- sondere zu der Notiz von Brauchitschs, Dr. Fride- deranlagen kein Junktim bestanden habe, hat auch richs habe ihm auf die Frage, ob er, von Brau- der Zeuge von Brauchitsch eingeräumt. Dies hielt chitsch, von diesem Gespräch überhaupt Gebrauch diesen allerdings nicht davon ab, wie sich aus sei- machen könne, „lakonisch" geantwortet: nen Notizen über Gespräche mit Bundeswirt- schaftsminister Dr. Friderichs vom 1. und 11. April, „Das sei eben der Unterschied zwischen ihm und 24. Mai 1975 sowie aus seinem Vortragskonzept für mir; er habe mich ohne Rücksicht auf seine Ver- das „Spitzengespräch" im Bundeswirtschaftsmini- pflichtungen unmittelbar informiert" sterium vom 21. August 1975 ergibt, gegenüber Bun- konnten die Zeugen Dr. Friderichs sowie von Brau- deswirtschaftsminister Dr. Friderichs geltend zu chitsch nicht befragt werden, da der Wortlaut der machen, der Veräußerungsvorgang sei schon wegen Notiz zu deren Zeugenvernehmungen dem Aus- der „Ermunterung" der Bundesregierung als volks- schuß noch nicht vorlag und die Zeugen später we- wirtschaftlich förderungswürdig, jedenfalls nicht gen des vor dem Landgericht Bonn anhängigen als störend anzusehen. Strafverfahrens von ihrem Aussageverweigerungs- recht Gebrauch machten. Zu Tz 34 des MB Nicht auszuschließen ist, daß bereits vor dem Ver- Zu Tz 31 des MB kauf des Aktienpakets Gespräche zwischen Bun- deswirtschaftsminister Dr. Friderichs und von Dr. Flick war damals offenbar an einer Teilnahme Brauchitsch über eine Gewährung von Steuerver- am Kanzlergespräch sehr gelegen. Von Brauchitsch günstigungen nach § 6 b EStG und § 4 AIG für von vermerkte hierzu in einem Vermerk an Dr. Flick der Firma Flick beabsichtigte Reinvestitionen des vom 1. September 1975 (zur Vorbereitung eines Ge- Daimler-Erlöses stattgefunden haben. spräches Dr. Flicks mit Ulrich), es habe damals Ei- nigkeit zwischen Ulrich und Dr. Flick bestanden, Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs hatte daß die Transaktion nur durchgeführt werden kön- dies in der Kabinettssitzung vom 15. Januar 1975 ne, wenn der Bundeskanzler „die Partner ... minde- bestritten. stens ermuntert". Ulrich sei dann „im Gegensatz zu dieser Absprache" bei Schmidt gewesen. Bereits in der „Stuttgarter Zeitung" vom 15. Januar 1975 war allerdings über Gespräche zwischen von Der Zeuge Ulrich hat hierzu in seiner Aussage vor Brauchitsch und Dr. Friderichs zu § 6 b berichtet dem 1. Untersuchungsausschuß versichert, Dr. Flick worden. Im „Handelsblatt" vom 20. Januar 1975 wa- habe ihn zwar mehrfach um die Vermittlung eines ren derartige Vermutungen sogar unter Berufung Kanzlergesprächs gebeten, er habe aber sinngemäß auf einen namentlich nicht genannten Mitarbeiter geantwortet: „Lassen Sie mich erstmal meine eige- Dr. Friderichs geäußert worden. Demgegenüber hat- nen Sachen machen." Die Brauchitsch-Notiz spricht der Zeuge von Brauchitsch ausgesagt, es habe vor dafür, daß die Firma Flick eine öffentliche Ermun- der Abgabe der Daimler-Aktien keine Kontakte und terung beider Vertragspartner durch die Bundesre Gespräche mit den zuständigen Stellen über die

Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Steuerfreiheit der Transaktion gegeben, auch keine Ebensowenig ist auszuschließen, daß von Brau- Zusage oder ähnliches. Von Brauchitsch hat hierzu chitsch und Dr. Friderichs schon bei einem Ge- im einzelnen ausgeführt, es habe weder ein Anlaß spräch vom 29. November 1974 über steuerliche Fra- noch die Möglichkeit bestanden, sich vorher bei gen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Daim- Bundesminister Dr. Friderichs zu vergewissern, wie ler-Aktien gesprochen haben. Eine Befragung zu die Verwaltungspraxis zu 6 b/4 war und ob die Steu- dem Gespräch vom 29. November 1974 war jedoch erfreiheit gesichert sei. Nach dem weiteren Bekun- zum einen nicht möglich, da dem 1. Untersuchungs- den von Brauchitschs soll die Möglichkeit einer vor- ausschuß zum Zeitpunkt der Zeugenvernehmungen herigen Klärung wegen des Zeitablaufs nicht be- von Brauchitschs und Dr. Friderichs die betreffende standen haben. Hierzu verwies er einerseits — Originalnotiz noch nicht zur Verfügung stand; zum nicht überzeugend — darauf, daß die Zeitspanne anderen weil auch Dr. Friderichs im Hinblick auf zwischen der Kontaktaufnahme mit der Deutschen das vor dem Landgericht Bonn gegen ihn eröffnete Bank um Weihnachten/Neujahr 1974/1975 wegen Strafverfahren von seinem Aussageverweigerungs- der Abgabe der Daimler-Aktien und dem Vertrags- recht Gebrauch machte. Es verbleiben demnach abschluß am 13. Januar 1975 so knapp gewesen sei, nicht unerhebliche Zweifel, ob es nicht doch vor daß keine Zeit mehr für etwas anderes gewesen Abschluß des Vertrages vom 13. Januar 1975 sowie wäre. Zum anderen sei es unmöglich gewesen, Dr. vor der Kabinettssitzung vom 15. Januar 1975 Ge- Friderichs über den beabsichtigten Verkauf an den spräche über steuerliche Fragen betreffend von der Iran zu informieren, bevor der Mitaktionär, die Firma Flick beabsichtigte 6 b- und 4-Anträge zwi- Deutsche Bank, unterrichtet gewesen sei. Er habe schen Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs Dr. Friderichs auch vor dem Telefonat vom 9. Ja- und von Brauchitsch gegeben hat. nuar 1975 nicht informieren können; im Hause Flick sei man nicht daran interessiert gewesen, daß Zweifel bleiben deshalb, weil nicht geklärt werden Dr. Friderichs früher informiert worden wäre. konnte, ob nicht schon bereits am 7. Januar 1975 ein Zusammentreffen zwischen Bundeswirtschaftsmi- Bei einem „hypothetischen Gespräch" mit Dr. Fri- nister Dr. Friderichs und von Brauchitsch stattfand derichs vor dem 9. Januar 1975 über den Verkauf und was ggf. hierbei sowie ferner am 29. November einer Beteiligung sowie Wiederanlagemöglichkei- 1974 im einzelnen besprochen worden ist. ten habe Dr. Friderichs aber gefragt, was denn ver- kauft werden solle. Bei diesem Gespräch sei jedoch Dafür, daß von Brauchitsch Dr. Friderichs bereits die Problematik der Wiederanlage nicht zur Spra- zu einem früheren Zeitpunkt über beabsichtigte che gekommen. Reinvestitionen nach § 6 b EStG und § 4 AIG ins Mit dieser Aussage zum Inhalt des Gespräches zwi- Vertrauen gezogen haben könnte, sprechen die be- schen von Brauchitsch und Dr. Friderichs vom 9. Ja- reits damals engen Kontakte zwischen Bundeswirt- nuar 1975 steht auch die Aussage Dr. Friderichs vor schaftsminister Dr. Friderichs und von Brauchitsch dem 1. Untersuchungsausschuß im Einklang. Er als exponiertem Wirtschaftsvertreter. Von Brau- konnte aus dem Gedächtnis heraus zwar nicht chitsch hatte zudem bereits in seiner Notiz vom mehr sagen, ob bei dieser Gelegenheit über § 6 b 10. Mai 1974 bemerkt, ihn verbinde mit Dr. Fride- und Neutralität der Veräußerungsseite gesprochen richs ein „besonders vertrauensvolles Verhältnis", worden sei, aus seinen Unterlagen ergebe sich je- wobei in diesem Zusammenhang ebenso bemer- doch nicht, daß Steuerfragen angesprochen worden kenswert die Eintragung des Buchhalters Diehl seien. Er könne allerdings nicht ausschließen, daß vom 22. Mai 1974 ist, welche wie folgt lautet: damals gesagt worden sei, das Thema der Steuerbe- „Ka wg. Friderichs 75 000". freiung werde auf ihn zukommen. Nicht abschlie- ßend zu klären war, ob bei anderer Gelegenheit vor dem Vertragsschluß vom 13. Januar 1975 Fragen Hinzu kommt, daß für die Firma Flick im Hinblick zur steuerlichen Behandlung der Daimler-Transak- auf diejenigen vorgesehenen Wiederanlagen, für tion zwischen von Brauchitsch und Bundeswirt- die eine Bescheinigung nach §§ 6 b/4 erforderlich schaftsminister Dr. Friderichs erörtert worden war, durchaus Veranlassung bestand, sich vorher beim Bundesminister für Wirtschaft wenigstens in sind. allgemeiner Form nach den Chancen späterer An- Dies könnte zunächst bei einem Zusammentreffen träge auf Bescheinigungen zu erkundigen. Wenn beider, welches möglicherweise am 7. Januar 1975 dazu zwischen der Kontaktaufnahme mit der Deut- um 21.00 Uhr — also vor dem 9. Januar 1975 , an schen Bank in den letzten Tagen des Jahres 1974 dem Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs und dem Vertragsschluß vom 13. Januar 1975 wirk- erstmals von dem beabsichtigten Verkauf der lich keine Zeit gewesen wäre, wie von Brauchitsch Daimler-Aktien an die Deutsche Bank erfahren ha- bekundete, hätte dies durchaus auch vorher erfol- ben will -- der Fall gewesen sein. Dieser Termin ist gen können, nachdem die Verhandlungen mit dem jedenfalls im Kalender von Bundeswirtschaftsmini- Iran angeblich schon seit Monaten liefen und im ster Dr. Friderichs eingetragen. Dr. Friderichs hat Dezember 1974 in ein entscheidendes Stadium ge- hierzu ausgesagt, er könne sich an ein Gespräch kommen sein sollen. mit von Brauchitsch vom 7. Januar 1975 nicht erin- nern. Der Zeuge von Brauchitsch konnte hierzu Für ein Gespräch zu § 6 b im Hinblick auf beabsich- nicht mehr befragt werden, nachdem er im Hinblick tigte Reinvestitionen vor dem 15. Januar spricht auf das gegen ihn vor dem Landgericht Bonn eröff- auch eine von von Brauchitsch gefertigte Notiz über nete Strafverfahren von seinem Aussageverweige- ein Telefonat mit Dr. Friderichs vom 17. Januar, im rungsrecht Gebrauch gemacht hat. Verlaufe dessen sich von Brauchitsch dafür be-

Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 dankte, daß Dr. Friderichs „ohne Abstimmung" Ge- nicht „Industrie- oder Unternehmerminister", wie spräche über 6 b dementiert habe. ihm das von Kritikern nachgesagt werde. Von Brauchitsch bezog sich hier offensichtlich auf Hans Dieter Kloss wurde nach der Bekundung von die Erklärung Bundeswirtschaftsminister Dr. Fride- Bundeskanzler Dr. Kohl vor dem 1. Untersuchungs- richs gegenüber dem Sprecher der Bundesregie- ausschuß mit Wirkung vom 25. Juli 1979 mit einem rung, Dr. Grünewald, laut dessen Presseerklärung Drei-Jahres-Zeitvertrag als Chefredakteur bei dem vom 15. Januar 1975 der Bundeswirtschaftsminister CDU-Organ „Deutsches Monatsblatt" auf Vorschlag mit Vertretern des Hauses Flick „bisher nicht" über von Heiner Geißler an den Parteivorsitzenden 6 b gesprochen habe. Dr. Kohl eingestellt, nachdem Kloss beginnend mit dem Jahr 1975 bis 1978 gegen die Gewährung von 6 b-Steuerbegünstigungen für die Fa. Flick 13 Arti- Zu Tz 34 des MB kel in der „Stuttgarter Zeitung" geschrieben hatte. Es wird darauf hingewiesen, daß die Notiz von So berichtete die „Stuttgarter Zeitung" am 18. Ja- Brauchitschs zum Telefonat mit Bundeswirtschafts- nuar 1975, die Bundesregierung habe dem Verneh- minister Dr. Friderichs vom 17. Januar 1975 in Zif- men nach die Absicht, im Falle der Fa. Flick beson- fer 1 folgenden Wortlaut aufweist: ders sorgfältig zu prüfen, ob 6 b angewandt werden „Ich habe ihm dafür gedankt, daß er ohne Abstim- könne. Des weiteren wurde berichtet: mung mit uns in gleicher Weise dementiert hat, „Wie es heißt, sei dies allein deshalb notwendig, daß es zwischen ihm und uns irgendwelche Ge- weil zwischen dem persönlich haftenden Gesell- spräche über steuerliche Regelungen im Zusam- schafter der Friedrich Flick GmbH, Eberhard von menhang mit der Abgabe des Daimler-Paketes Brauchitsch, und führenden Politikern der Freien gibt." Demokraten enge persönliche Beziehungen be- stünden." Zu Tz 35 des MB In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß Von Brauchitsch hatte in einem am 20. Januar 1975 von Brauchitsch zum Telefonat mit Bundeswirt- erschienenen SPIEGEL-Interview eine Stellung- schaftsminister Dr. Friderichs vom 17. Januar 1975 nahme zu Gründen des Verkaufs abgelehnt, aber in einer Notiz vom selben Tage festhielt: erklärt, Dr. Flick habe das Aktienpaket nicht kon- „1. Friderichs erklärte mir, daß diese Angele zeptionslos abgegeben. Für die Transaktion sei genheit gezielt auf ihn zugekommen sei, und nicht nur eine einzige Erwägung maßgebend gewe- zwar nicht etwa unter dem Titel ,Haus Flick/Bun- sen; dabei habe auch die Frage einer künftigen deswirtschaftsminister`, sondern unter dem Titel Trennung der beiden Familienstämme irgendeinen ,Friderichs/von Brauchitsch`." Stellenwert gehabt. In Teilen der Presse ging man damals davon aus, die Firma Flick verspreche sich nicht mehr viel von einem Engagement in der Auto- Zu Tz 36 des MB mobilindustrie und werde eine Umorientierung in ertragsstärkere Branchen vollziehen. Von Anfang Vor dem 1. Untersuchungsausschuß hat Dr. Böhme an vermutete man als Motiv für den Aktienverkauf bezüglich seiner Äußerung in der Panorama-Sen- aber auch, daß aus dem Erlös die Abfindung der dung erklärt, es sei nicht der Sinn des 6 b, Vermö- Flick-Neffen bestritten werden sollte, deren Aus- genskonzentrationen zu erleichtern; seine Kritik scheiden Ende Januar 1975 bekannt wurde. habe sich auf die Auszahlung der Flick-Neffen bezo- gen. Wenn die Aktien tatsächlich — wie er das Erste kritische Töne gegen eine Inanspruchnahme damals der Presse entnommen habe — zur Abfin- von § 6 b durch die Firma Flick wurden schon in dung der Erben verkauft worden wären, also prak- einem Artikel des Journalisten Hans Dieter Kloss tisch zur Stabilisierung der familiären Anteilsver- in der „Stuttgarter Zeitung" vom 16. Januar 1975 hältnisse, hätte das eine Rolle spielen müssen, weil laut, in dem es hieß, es gebe Anzeichen dafür, daß bei einer Gesamtbetrachtung des 6 b die Gründe sich mindestens Teile der Bundesregierung an- und Hintergründe der Veräußerung in die rechtli- schickten, „aus übergeordneten wirtschaftspoliti- che Beurteilung einzubeziehen seien. Diese Argu- schen Gründen" die durch den Verkauf der Aktien mentation sei aber nur einer der Gründe für seine anfallenden Erträge „mit einer Elle zu messen, die Auffassung gewesen, daß 6 b nicht zur Anwendung bei anderen Steuerzahlern nicht angelegt wird". 6 b kommen könne. enthalte einen „Handlungsspielraum" für die Bun- desregierung. Wie sie ihn nutze, sei eine „politische Daneben seien steuersystematische und steuerpoli- Frage von hohem Rang". Wenn geprüft werde, ob es tische Gesichtspunkte, der steuerrechtliche Grund- gerechtfertigt wäre, „zu gut Deutsch Gnade vor satz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, vertei- Recht ergehen zu lassen", sei zu berücksichtigen, in lungspolitische Argumente und die Frage der Aus- welchem Ausmaß Friedrich Flick und seine Nach- wirkungen auf die Öffentlichkeit und die Volkswirt- kommen mit ihrer Beteiligung an der Daimler-Benz schaft für ihn von Bedeutung gewesen. AG Geld verdient hätten. Die anfallende Steuerlast von rund DM 1 Mrd. sei mit dem Blick auf alle Zu Tz 37 des MB - anderen Steuerzahler durchaus gerechtfertigt. Für Hans Friderichs sei das eine Gelegenheit zu bewei- Offen blieb die Frage, auf welche Weise der Auszug sen, daß er tatsächlich Wirtschaftsminister sei und aus dem Protokoll der Haushaltsausschußsitzung

Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode vom 23. Januar 1975 an die Firma Flick gelangte nung außerhalb der normalen Buchführung und und wer den Vorschlag gemacht hat, wegen des war eingerichtet worden, um die Vertraulichkeit der Steuergeheimnisses „einen Brief an Dr. Strauß" zu aus ihr erfolgten Zahlungen zu wahren. Zahlungen schreiben. Der Zeuge Dr. Blaschke bekundete hier- aus dieser Kasse sollen laut Angaben Diehls nur die zu, ein entsprechender Vermerk sei weder von ihm persönlich haftenden Gesellschafter Kaletsch und noch von seinen Sekretärinnen abgezeichnet. Er später von Brauchitsch veranlaßt haben können, in- wisse nicht, von wem der Vorschlag stamme und dem sie gegen Quittung den gewünschten Barbe- woher der Protokollauszug gekommen sei. trag bei Diehl erhoben, der auf der Rückseite der Quittungen entsprechend den ihm gegenüber ge- Die Tatsache, daß Dr. Blaschke in dem Vermerk als machten Angaben Betrag und Namen der Endemp- Urheber des Vorschlags genannt ist, spricht jedoch fänger notierte, um dann auf dieser Grundlage die mit großer Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Vor- Kassenabrechnung in Form des Kassenbuches für schlag auf ihn zurückzuführen ist, was deutlich die „inoffizielle Kasse" sowie die Listen der „inoffi- macht; daß man im Hause Flick die Möglichkeit ziellen Zahlungen" an Politiker zu erstellen. hatte und wahrnahm, sich interne Unterlagen aus einem Bundestagsausschuß zu beschaffen, um dann Die beim Flick-Konzern eingerichtete schwarze durch direkte Kontaktaufnahme mit dem Bundes- Kasse wurde aus Rückflüssen von steuerlich gel- minister für Wirtschaft hierauf zu reagieren. tend gemachten fingierten Spenden der Firma Flick an die Soverdia GmbH St. Augustin während Zu Tz 43 des MB der Jahre 1968 bis 1977 und Rückflüssen von Provi- sionszahlungen im Fall „Adolf Ratjen" gespeist. We- Aus der Anfangszeit der öffentlichen Diskussion der Dr. Friedrich Karl Flick noch Eberhard von um die Flick-Transaktion stammen eine im Büro Brauchitsch wollen vor den Feststellungen der von Eberhard von Brauchitsch gefertigte Notiz vom Steuerfahndung Kenntnis von der Existenz dieser 28. Januar 1975 und Eintragungen Diehls vom Kasse gehabt haben. 30. Januar und 4. Februar 1975 über Zahlungen an Politiker verschiedener Parteien. Die maschinen- Hiergegen sprechen jedoch die in den Unterlagen schriftliche Notiz vom 28. Januar 1975 mit dem Dik- aufzufindenden Vermerke und Rücksprache-Noti- tatzeichen einer Sekretärin von Eberhard von zen, in denen von Brauchitsch anläßlich von Unter- Brauchitsch lautet wie folgt: redungen mit Dr. Friedrich Karl Flick zu mehreren Terminen das Stichwort „Soverdia" festhielt. Für „Zettel Diktat eine Kenntnis von Brauchitschs um die Führung Sonderthema: einer schwarzen Kasse bei der Firma Flick bereits Markscheffel 1 vor den Feststellungen der Steuerfahndung spricht KO 1/2 auch die handschriftliche Notiz Diehls in einer F 1/2 Spendenaufstellung über „inoffizielle Zahlungen an WS 1 die FDP von 1975 bis 1979", gefertigt mit Datum R 1/2" vom 5. Juni 1979, in der einzelne Zahlungen an Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff mit dem Ver- Nimmt man diese Zahlen als Kürzel für DM-Be- merk „Zahlungen aus der schwarzen Kasse" verse- träge in der Größenordnung von 100 000, so stim- hen sind. Unterhalb dieser Zahlungseintragungen men sie bis auf eine Ausnahme genau mit folgen- findet sich die handschriftliche Notiz Diehls: den Eintragungen Diehls in den von ihm geführten Listen über „inoffizielle Zahlungen" an die SPD, „Aufstellung hat H. v. B. am 6. 6. 1979 vorgele- CDU und FDP vom 4. Februar 1975 überein. gen".

Die Eintragungen lauten wie folgt: Für die Eintragungen in der Liste über „inoffizielle „4.2. Ka wg. Brandt 100 000 Zahlungen" an Politiker vom 4. Februar 1975 fehlen 42. Ka wg. Kohl ü v. B. 50 000 hiermit korrespondierende Eintragungen in der 4.2. Ka wg. Dr. Friderichs 50 000 Kassenabrechnung (Kassenbuch) zur „inoffiziellen 4.2. Ka wg. Scheel 100 000" Kasse" sowie Quittungen. Jedoch finden sich in ei- ner weiteren Liste mit der Aufschrift: „Politische Die Ausnahme betrifft den Vermerk zu „R". Hierzu Zahlungen über Sonderkasse", unter dem Jahr 1975 findet sich in den Diehl-Listen bereits unter dem 30. die den Zahlungen vom 4. Februar 1975 entspre- Januar 1975 die Eintragung: chenden Personen und Beträge, nämlich: „30. 1. Ka wg. Riemer ü Neuritz 30 000" „CDU Kohl 50 000 In den Listen über „inoffizielle Zahlungen" an Poli- FDP Scheel 100 000 tiker sind — wie sich aus den Eintragungen ergibt Friderichs 50 000 und auch vom Zeugen Diehl bestätigt worden ist — SPD Brandt 100 000". Barzahlungen sowohl aus der „inoffiziellen Kasse" als auch aus der „Sonderkasse" oder auch Die bezüglich der Zahlungen vom 4. Februar 1975 „schwarze Kasse" erfaßt. fehlenden Eintragungen im Kassenbuch und Quit- tungen erklären sich demnach insofern, wie diese- Die „inoffizielle Kasse" wurde nach Angaben Diehls Zahlungen laut den Aufzeichnungen Diehls aus der aus der offiziellen Kasse bzw. Konten der Firma schwarzen Kasse des Flick-Konzerns vorgenom- Flick gespeist, hatte eine besondere Kassenabrech men wurden. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Bei der Zahlungseintragung vom 4. Februar 1975 Es ist davon auszugehen, daß der Parteivorstand „wg. Brandt" ist davon auszugehen, daß diese in den der SPD es billigend in Kauf nahm, daß Nau finan- Bereich der SPD und hier mit hoher Wahrschein- zielle Mittel zum Zwecke der Parteien- und Wahl- lichkeit an deren Schatzmeister Nau geflossen ist, kampffinanzierung sammelte, ohne die Namen der ohne daß der SPD-Vorsitzende Brandt eigens davon wahren Spender, so auch den der Firma Flick preis- informiert wurde. zugeben. Ebenso ist anzunehmen, daß der im Re- chenschaftsbericht der SPD von 1982 ausgewiesene Der Vermerk aus dem Sekretariat von Brauchitschs Betrag von 7 647 550,— DM — dort bezeichnet als mit der Bezeichnung „Sonderthema", worauf Mark- das „Ergebnis einer von Herrn Alfred Nau durchge- scheffel mit der Ziffer 1 notiert ist, legt den Schluß führten und im Jahre 1982 abgeschlossenen Aktion nahe, daß eine Zahlung zumindest mit Wissen von zur Sammlung von Spenden" — auch Zahlungen Markscheffel an den Schatzmeister der SPD, Nau, der Firma Flick an die SPD enthält. Auch hierbei ist erfolgt ist. anzumerken, daß die SPD sich bis heute nicht zur Offenlegung der Spender entschließen konnte. Ob Markscheffel die Zahlung vermittelt oder gar selbst überbracht hat oder ob dieses einvernehm- lich zwischen Nau und von Brauchitsch ablief, läßt Zu Tz 43 des MB sich nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisauf- nahme nicht feststellen. In seiner Vernehmung vor Bei der den CDU-Bundesvorsitzenden und damali- dem 1. Untersuchungsausschuß bestritt der Zeuge gen Ministerpräsidenten des Landes Rheinland- Markscheffel — insoweit in Übereinstimmung mit Pfalz, Dr. Helmut Kohl, betreffenden Eintragung der Aussage des Zeugen von Brauchitsch —, mit vom 4. Februar 1975 ist davon auszugehen, daß die von Brauchitsch jemals über Spenden gesprochen Zahlung in Höhe von 50 000,— DM Dr. Kohl erreicht oder Spenden überbracht zu haben. hat. Bundeskanzler Dr. Kohl hat als Zeuge vor dem Der Zeuge Markscheffel konnte jedoch mit der No- 1. Untersuchungsausschuß hierzu ausgesagt, die tiz „Sonderthema" während seiner Vernehmung vor von Diehl vermerkten Zahlungen unter seinem Na- dem 1. Untersuchungsausschuß nicht konfrontiert men für die Jahre 1975 und 1976 seien vermutlich werden, da die Notiz dem Ausschuß zum Zeitpunkt korrekt eingetragen; er habe allerdings keine Un- der Vernehmung des Zeugen nicht vorlag. Eine terlagen mehr hierüber. Bis 1976 habe er nämlich schon aus diesem Grunde notwendige Fortsetzung Spenden an die Landes- oder Kreispartei bzw. den der Vernehmung des Zeugen konnte wegen des vor- Wahlkreis weitergegeben, wo die Unterlagen ent- zeitigen Abbruchs der Beweisaufnahme nicht sprechend den Bestimmungen des Parteiengesetzes durchgeführt werden. nach fünf Jahren vernichtet worden seien. Daß die Zahlung letztlich den Schatzmeister der Bundeskanzler Dr. Kohl bekundete des weiteren, er SPD, Nau, erreichte, ergibt sich auch aus der Be- habe Spenden aus dem Hause Flick immer nur von kundung des Zeugen Schmidt-Hern vom Flick-Kon- Eberhard von Brauchitsch erhalten, der ihm stets zern, welcher vor dem 1. Untersuchungsausschuß erklärt habe, es handele sich um Spenden aus ver- aussagte, von Brauchitsch habe ihm gegenüber zu steuertem Einkommen. Eintragungen „wg. Brandt" erklärt, Brandt habe zwar keine Zahlungen erhalten, die Zahlungen (vgl. zu Zahlungen an Dr. Kohl Anmerkung zu Tz 60 seien aber in andere Bereiche der SPD gegangen, des MB) wobei auch der Name Nau gefallen sei.

Inwieweit hierbei der Schatzmeister der SPD, Nau, Zu Tz 43 des MB der Firma Flick respektive deren Bevollmächtigten Von einer abschließenden Stellungnahme zu der von Brauchitsch, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob Dr. Friderichs entsprechend der Diehl- Tatsache, daß es sich um eine Zahlung aus der schen Eintragung vom 4. Februar 1975 eine Spende schwarzen Kasse handelte, zusichern mußte, diese aus der schwarzen Kasse erhalten hat, soll hier mit Zahlung — unter Verstoß gegen Artikel 21 GG — Rücksicht auf das laufende Strafverfahren gegen nicht der Veröffentlichung im Rechenschaftsbericht Dr. Friderichs und von Brauchitsch abgesehen wer- der SPD zuzuführen, ist wegen des Todes Alfred den. Naus nicht mehr nachprüfbar. Wenn die unter dem 4. Februar 1975 vermerkte Zah- Hierzu wäre der langjährige enge Mitarbeiter Naus, lung tatsächlich an Dr. Friderichs geleistet wurde, Dr. Grunwald, zu befragen gewesen, wozu sich die wäre hieraus der Schluß zu ziehen, daß die Zahlung anderen im Ausschuß vertretenen Fraktionen nicht im Zusammenhang mit den 6 b- und 4-Vorhaben der verstehen konnten, sondern vielmehr die Beweis- Firma Flick an den Bundeswirtschaftsminister ge- aufnahme vorzeitig abbrachen. leistet wurde und dieses für Bundeswirtschaftsmi- nister Dr. Friderichs auch erkennbar war. Des weiteren ist davon auszugehen, daß in den Be- trägen, die der frühere SPD-Schatzmeister Nau ins- Von Brauchitsch hat zu Zahlungen an Bundeswirt- besondere für die Bundestagswahlkämpfe 1976 und schaftsminister Dr. Friderichs ausgesagt, weder er 1980 gesammelt und seinen Nachfolgern Dröscher noch — nach seiner Kenntnis — ein anderer Ange- und Halstenberg übergeben hatte, auch Zahlungen höriger des Flick-Konzerns habe einem Mitglied der Firma Flick enthalten waren. der Bundesregierung im Zusammenhang mit der

Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Veräußerung der Daimler-Aktien sowie der Reinve- Da auszuschließen ist, daß der Flick-Konzern sich stitionen des Veräußerungserlöses oder im Zusam- für Zahlungen aus der schwarzen Kasse auch Spen- menhang mit irgendeinem anderen den Flick-Kon- denquittungen zwecks steuerlicher Abzugsfähigkeit zern betreffenden Entscheidungsprozeß umittelbar erteilen ließ und ein solches Verfahren von der re- oder mittelbar Zuwendungen angeboten oder ge- gelmäßigen Konzernbetriebsprüfung beim Flick- währt. Konzern sicher sehr bald aufgedeckt worden wäre, ist davon auszugehen, daß die vom 4. Februar 1975 Dr. Friderichs hat bestritten, jemals vor oder wäh- verzeichnete Zahlung „wg. Scheel" mit der im De- rend seiner Amtszeit als Bundesminister für Wirt- zember 1975 von der Flick-Tochter Feldmühle an schaft vom Flick-Konzern finanzielle Vorteile gefor- die Deutsche Krebshilfe geleisteten Spende nicht dert, sich versprechen lassen oder angenommen zu identisch ist. haben. Während seiner Amtszeit habe auch niemals ein Beauftragter des Flick-Konzerns oder sonst je- mand ihm gegenüber geäußert, aus dem Hause Die von dem Vertreter der GRÜNEN im 1. Untersu- Flick sei eine Spende an die FDP gegeben worden. chungsausschuß beantragte Vernehmung von Bun- despräsident a. D. Walter Scheel wurde von der Die Staatsanwaltschaft Bonn hat hinsichtlich der Ausschußmehrheit abgelehnt. Zahlung vom 4. Februar 1975 das Verfahren aus Gründen der Verjährung eingestellt. Dafür, daß die von Diehl unter dem 30. Januar 1975 und unter dem 4. Februar 1975 vermerkten Zahlun- Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, daß gen jedenfalls in die parteipolitische Richtung der Bundesminister Walter Scheel wie auch andere notierten Zahlungsempfänger gingen, spricht auch FDP-Minister (z. B. Minister Ertl) während ihrer die Einlassung Dr. Hubers in seiner Vernehmung Amtszeit sich keineswegs geniert haben, Spenden vor der Staatsanwaltschaft. zu akquirieren. Diehl hatte unter dem Datum vom 30. Januar 1975 Zu Tz 43 des MB vermerkt: Zu der unter dem 4. Februar 1975 notierten Zahlung „Ka wg. Huber DM 50 000". an den früheren FDP-Vorsitzenden Walter Scheel hat dieser vor der Staatsanwaltschaft Bonn ausge- Die hiermit korrespondierende Quittung ist auf der sagt, er habe diese Zahlung nicht erhalten und Rückseite mit dem Vermerk wisse auch nichts davon, daß eine solche Spende unter Hinweis auf seinen Namen an jemand ande- „v. Srbik B.Fi.Mi.Hub.". ren erfolgt sei. versehen. Scheel teilte später der Staatsanwaltschaft Bonn in einem Schreiben mit, im Dezember 1975 sei der Auf Befragen, ob ihm durch Kaletsch eine Zahlung Deutschen Krebshilfe eine Spende von 100 000,— zugekommen sei, bekundete Dr. Huber, ihm sei DM aus dem Hause Flick zugegangen. „einmal angeblich im Auftrag von Hr. Kaletsch ein Briefumschlag übergeben worden mit dem Hinweis, Es bestehen Anhaltspunkte dafür, daß neben der das könne für die CSU von Interesse sein". Er habe Zahlung an die Deutsche Krebshilfe eine weitere in diesen Briefumschlag Kaletsch später dann unge- gleicher Höhe an Bundespräsident Scheel bereits öffnet persönlich zurückgegeben mit der Erklärung, Anfang des Jahres 1975, wie von Diehl notiert, er- er bitte „Aktionen, die für die CSU bestimmt" seien, folgt ist. „an die CSU zu adressieren und nicht an mich". Auf weiteres Befragen, ob es sich hierbei um die bei Dafür, daß die unter dem 4. Februar 1975 verzeich- Diehl vermerkte Zahlung aus dem Jahre 1975 ge- nete Zahlung nicht identisch mit der Spende an die handelt habe und ob der Überbringer des Umschla- Deutsche Krebshilfe sein kann, spricht schon die ges Dr. Srbik gewesen sei, entgegnete Dr. Huber, Bekundung Scheels selbst. daß dieses so sein könne, „zumal ihm Dr. Ritter von Srbik bekannt" und dieser nach seiner Kenntnis Dieser teilte der Staatsanwaltschaft Bonn in einem Schreiben mit, für die Zahlung der Firma Flick an auch mit Kaletsch persönlich befreundet gewesen sei. die Deutsche Krebshilfe sei eine Spendenbescheini- gung über den Betrag von 100 000,— DM für die Flick-Tochter Feldmühle ausgestellt worden. Dr. von Srbik war ausweislich einer Notiz Diehls vom 1. September 1976 auch in weiteren Fällen als Die vom 4. Februar 1975 vermerkte Zahlung „wg. Spendenüberbringer in Richtung auf CSU-Politiker Scheel" ist jedoch ausweislich einer von Diehl ange- für die Firma Flick tätig. fertigten Aufstellung aus der beim Flick-Konzern eingerichteten schwarzen Kasse erhoben worden. Diehl notierte wie folgt: So notierte Diehl in gleich zwei Aufstellungen über „inoffizielle Zahlungen an die FDP" unter dem Na- „Ka wg. FJS ü Srbik 10 000". men Scheel eine Zuwendung von 100 000,— DM für das Jahr 1975 und versah die Zahlung mit dem Ver- Hiermit korrespondiert die Quittung aus dem Kas- merk: senbuch Diehls, auf deren Rückseite vermerkt ist: „Zahlungen aus der schwarzen Kasse" „Brief an Dr. v. Srb. für/FJS CSU wg. 3.10. 1976".

Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Zum gleichen Vorgang findet sich neben dem Post- „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: einlieferungsschein und der Visitenkarte Dr. Srbiks 22.4. Ka wg. Tamm (Springer) 50 000" eine weitere Notiz Diehls mit folgendem Wortlaut: sowie „Betr.: Inoffizielle Zahlung für FJS, Herr Kaletsch hat mich heute fernmündlich gebeten, Herrn „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: Dr. von Srbik, München, einen Betrag von DM 21.4. Ka/v.B. wg. FJS 200 000". 10 000,— im Brief zu übersenden. Gleichzeitig bat Herr Kaletsch, daß ich Herrn Dr. v. Srbik davon Der Zeuge Dr. Strauß hat hierzu, wie zu weiteren unterrichte, daß er den Betrag in bar erhält und unter seinem Namen notierten Zahlungen, ausge- ihn bitte, FJS diese Summe auszuhändigen mit sagt, Dr. Flick habe der CSU über ihn Zuwendungen dem Hinweis, daß es sich hierbei um eine persön- zukommen lassen. Angaben über einzelne Zahlun- liche Zahlung * von Herrn Kaletsch an FJS han- gen hat der Zeuge Dr. Strauß verweigert. delt". " Unterstreichung vom Verfasser des Sondervotums Zu Tz 47 des MB

Zu Tz 43 des MB Die Aussage des Zeugen Fischer, dem Vertreter der Es besteht ein unübersehbarer Zusammenhang Firma Flick, Blaschke, eine „soziale Tat" im Hin- zwischen der im Jahre 1975 — zeitgleich mit Beginn blick auf deren Wirkung auf die Veräußerungsseite der Gespräche des Flick-Konzerns mit Vertretern sowie das Abwarten der Bundestagswahlen 1976 der Bundesregierung — einsetzenden Spenden an nicht empfohlen zu haben, ist nicht glaubhaft. die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung und dem 6 b Dieses schon unter Berücksichtigung eines Ver- Bescheinigungsverfahren. Die formale, organisato- merks von Wacker und Schmidt-Hern zum Ge- rische Trennung zwischen SPD und Friedrich- spräch der Firma Flick mit Vertretern des Bundes- Ebert-Stiftung steht dem nicht entgegen. wirtschaftsministeriums vom 16. Dezember 1975, Aussagekräftig ist die regelmäßige Teilnahme von darunter auch Fischer, worin es heißt: Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftung an Gesprä- „Im übrigen sei aus dem Gespräch hervorgegan- chen (sowie deren Vermittlung) zwischen Vertre- gen, daß die isolierte Betrachtung einzelner Vor- tern der Firma Flick mit den mit 6 b- und 4-Anträ- haben nicht als sinnvoll betrachtet werde. Ein in gen befaßten SPD-Ministern Apel und Matthöfer. sich ausgewogenes Gesamtpaket habe am ehe- Dieses vor allem angesichts des hier in engem zeit- sten Aussichten, kurzfristig positiv beschieden zu lichen, durch Schriftverkehr zwischen der Firma werden." Flick sowie Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftung belegten Zusammenhangs von Gesprächen zu den In einem weiteren Gespräch Fischers vom 2. Fe- Bescheinigungsverfahren und Zahlungen an die bruar 1976 mit dem Vertreter der Firma Flick, Wak- Friedrich-Ebert-Stiftung. ker, zu Fragen des bevorstehenden ersten Antrags- blocks soll Fischer laut einem von Wacker gefertig- Ebensowenig wie die Berufung auf Ämtertrennung ten Vermerk vorgeschlagen haben, die Anträge bis die Umgehung der Veröffentlichung von Zuwendun- zum 20. Februar 1976 einzureichen, was Wacker zu gen an die SPD rechtfertigt, so wenig kann auch die der Kommentierung veranlaßte: Trennung von Partei und parteinaher Stiftung Ein- flußnahmen bzw. deren Billigung in einem milderen „Da wir im Hause ebenfalls der Auffassung sind, Licht erscheinen. mit den Anträgen wegen des Bundestagswahl- kampfes nicht länger zu warten, habe ich seinen Zu Tz 46 des MB Vorschlag akzeptiert." Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für Der Zeuge Fischer erklärte hierzu, er wisse nicht, 1975 wird hingewiesen: warum der Termin 20. Februar 1976 — welcher dann tatsächlich Datum der Antragstellungen war „Inoffizielle Zahlungen an die SPD: — vereinbart worden sei. 1. 3. Ka ohne Angabe ü Refflinghaus 80 000" Auch zu einem Gespräch Wackers mit Fischer an- Auf der Rückseite des mit dieser Zahlung korre- läßlich der Übergabe der Anträge vom 25. Februar spondierenden Quittungsbelegs findet sich die 1976 taucht der Hinweis auf den Termin der Bun- Notiz: destagswahlen sowie der weitere Hinweis auf, Fi- scher hoffe, die Entscheidung des Bundeswirt- „Ref. SPD 4 x 20" schaftsministeriums bereits bis Ende April 1976 sowie herbeigeführt zu haben. „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: Im Ergebnis ist davon auszugehen, daß MR Fischer bereits anläßlich des Gespräches mit Blaschke vom 20.3. Ka wg. CSU 20 000". 24. April 1975 den Hinweis einer positiven Wirkung auf die Anträge bei Zurückhaltung derselben bis Zu Tz 47 des MB - nach der Bundestagswahl und auch die für etwaige Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für Anträge zur Überwindung der Veräußerungsseite 1975 wird hingewiesen: positive Wirkung einer „sozialen Tat" gab. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag —10. Wahlperiode

Dies wird durch die Tatsache erhärtet, daß Wacker Zu Tz 50 des MB und Blaschke in Vermerken zu voneinander unab- hängigen Gesprächen mit Fischer auf die Bedeu- Auf weitere Zahlungseintragungen im Jahr 1975 tung der Bundestagswahlen im Hinblick auf beab- wird hingewiesen: sichtigte Anträge hinwiesen. „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: MR Fischer hat dem Antragsteller Ratschläge er- 2. 7. Dr. Schmitz wg. Dregger 20 000" teilt und bei diesem Hoffnungen geweckt, welche sowie Tit den gesetzlichen Erfordernissen nicht in Ein- klang zu bringen sind. „11. 7. Ka wg. CDU-Bonn 10 000". Der mit letzterer Zahlung korrespondierende Quit- Zu Tz 49 des MB tungsbeleg weist auf der Rückseite die handschrift- liche Eintragung: Wegen des vorzeitigen Abbruchs der Beweisauf- nahme wurde die in diesem Zusammenhang not- „Dr. Krei/CDU-Bonn" wendige Vernehmung Lothar Müllers und insoweit auf. auch die Klärung der Frage, inwieweit dieser auf die „politische Atmosphäre" zugunsten der Fa. Flick in Bonn eingewirkt hat, vereitelt. Zu Tz 50 des MB Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für 1975 wird hingewiesen: 1975 wird hingewiesen: „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: „Inoffizielle Zahlungen an die SPD: 22.5. Ka wg. CSU-München 50 000" 26.7. Ka wg. Wienand ü Nemitz 10 000". Ein mit dieser Zahlung korrespondierender Quit- tungsbeleg befindet sich nicht in den Akten, so daß Zu Tz 51 des MB von einer Zahlung aus der „schwarzen Kasse" aus- zugehen ist, Dr. Schmidt-Hern hielt in seiner ausführlichen No- tiz zu dem Gespräch vom 21. August 1975 unter an- sowie derem fest, das Gespräch habe sich „als außeror- dentlich nützlich" erwiesen. Es sei eingehend über „Inoffizielle Zahlungen an die FDP: den Veräußerungsvorgang gesprochen worden. Die 22.5. Ka wg. FDP-München 30 000". „starre Haltung" des Ministeriums zum Abgabevor- gang — bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, daß die Weiterveräußerung der Aktien durch die Zu Tz 50 des MB Deutsche Bank mehrere Jahre dauern würde — sei „durchbrochen" worden. Dazu seien verschiedene Die Parallelität des Gespräches zu 6 b- und 4-Anträ- Lösungsmodelle diskutiert worden. Beispielsweise gen sowie die unstreitig erfolgte Zahlung an könnte man es ausreichen lassen, daß die angekün- Dr. Graf Lambsdorff spricht dafür, daß man sich im digte Streuung der Aktien „nach freier Beweiswür- Hause Flick bereits im Sommer 1975 bei der Spende digung" als hinreichend sicher angesehen werde. an den wirtschaftspolitischen Sprecher der FDP Bundestagsfraktion hierdurch eine günstige Wir- kung auf die beabsichtigten Reinvestitionen ver- Zu Tz 52 des MB sprach. Hierauf deutet auch eine Notiz von Brau- chitschs zu einem Gespräch mit Dr. Graf Lambs- Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für dorff vom Oktober 1976 hin, in der von Brauchitsch 1975 wird hingewiesen: festhielt: „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: „Lambsdorff, den wir aus verschiedenen Gründen 3. 9. Ka wg. Kohl 100 000". in der Vergangenheit immer gut behandelt ha- bén, wird voraussichtlich in der neuen Fraktion Diese Zahlung korrespondiert mit zwei Quittungs- eine gute Position bekommen." belegen vom 3. September 1975 über jeweils DM 50 000,—, auf deren Rückseite der handschriftliche Hieran wird deutlich, daß die Motive der Firma Vermerk: Flick auch für Zuwendungen an Dr. Graf Lambs- dorff durchaus verschiedener Natur gewesen sein „Helm. Ko" können, was die Schlußfolgerung nahelegt, daß Zah- angebracht ist. lungen an Dr. Graf Lambsdorff vor dessen Amtszeit als Bundeswirtschaftsminister u. a. auch auf dessen (vgl. zu Zahlungen an Dr. Kohl, zu Tz 60 des MB) zu erreichenden positiven Einfluß in der FDP-Bun- destagsfraktion für die Antragsverfahren der Fa. Flick zielten. Von einer abschließenden Würdigung Zu Tz 54 des MB - dieses Vorganges wird mit Rücksicht auf das lau- fende Strafverfahren vor dem Landgericht Bonn Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für abgesehen. 1975 wird hingewiesen: Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

„Inoffizielle Zahlungen an die SPD: geltenden Rechts für Flick gewandt hätten, 2. 10. Ka wg. Wienand ü Nemitz 50 000" Dr. Kohl gebeten habe, darauf zu achten, „daß das Ding nicht noch aus seiner eigenen Par- Auf der Rückseite der mit dieser Zahlung korre- tei mit angereichert wird". spondierenden Quittung findet sich der hand- schriftliche Vermerk: Bundeskanzler Dr. Kohl vermochte sich in seiner „WiPol. A.Kr.Nem Vernehmung vor dem 1. Untersuchungsausschuß KW". an das Gespräch nicht zu erinnern und hielt es auch für unwahrscheinlich, daß ein solches stattgefun- den hat. Zu Tz 58 des MB Entgegen der Aussage des Zeugen Bundeskanzler Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für Dr. Kohl ist davon auszugehen, daß das Gespräch, 1975 wird hingewiesen: so wie es im Vermerk von von Brauchitsch festge- halten ist, stattgefunden hat. Hierbei ist zunächst „Inoffizielle Zahlungen an die FDP: völlig unerheblich, inwieweit die im Verlaufe des 5.11. Ka wg. Ertl 25 000". Gespräches getroffenen Vereinbarungen dann auch tatsächlich zur Ausführung gelangt sind. Von Brau- Der hiermit korrespondierende Quittungsbeleg chitsch hatte wegen der ohnehin massiven Kritik trägt auf seiner Rückseite den handschriftlichen an der beabsichtigten Inanspruchnahme von Steu- Vermerk: erbegünstigungen allen Anlaß, um die Möglichkeit einer Durchführung von steuerfreien Wiederanla- „Ertl". gen des Veräußerungserlöses zu fürchten.

Somit ist die Einlassung von Brauchitschs, er habe Zu Tz 59 des MB Dr. Kohl „unter dem Eindruck dieser Emotionalisie- Festzustellen ist, daß Dr. Kreile die Beamten über rungen" gebeten, darauf zu achten, „daß das Ding seine wahren Absichten zum Gespräch vom 12. No- nicht auch aus seiner eigenen Partei mit angerei- vember 1975 durch die Ankündigung, es solle über chert wird", ebenso plausibel wie die Notiz zu die- die Beratungen zur Körperschaftsteuerreform ge- sem Gesprächspunkt. sprochen werden, irregeführt hat. Dies wird durch Weiterhin spricht für die Glaubwürdigkeit der Notiz den Vermerk Dr. Kreiles drei Wochen vor dem insgesamt auch der laut Vermerk von Dr. Kohl ge- Gespräch für von Brauchitsch deutlich, in dem äußerte Vorschlag, er werde für die Partei sowie Dr. Kreile festhielt, „offiziell" habe er die Einladung Carstens und Stücklen für die Fraktion sicherstel- „aus Anlaß des Beginns der Beratungen zur Kör- len, daß nicht von linken CDU/CSU-Politikern das perschaftsteuerreform" begründet. Thema 613 zuungunsten der Firma Flick „negativ In Ausnutzung seiner Eigenschaft als Mitglied des emotionalisiert" werde. Bundestages sowie als den Beamten bekanntes Mit- Die Notiz ist deshalb beweiskräftig, weil Dr. Kohl, glied im Finanzausschuß nahm er die Gelegenheit da er zum Zeitpunkt des Gespräches kein Mitglied wahr, entgegen seiner Ankündigung sich anläßlich des Bundestages war, seine Einflußmöglichkeiten des Gespräches verschiedene für die Antragsvorbe- in seiner Funktion als Parteivorsitzender bei der reitung wichtige sowie vertrauliche Informationen Partei sah, während Carstens und Stücklen auf- über den internen Willensbildungsprozeß der Mini- grund ihrer Funktionen folgerichtig eher für ein sterien für die Firma Flick zu besorgen. Tätigwerden in den Bundestagsfraktionen in Frage Auf folgende weitere Zahlungseintragung für 1975 kamen. wird hingewiesen: Auch trifft es nicht zu, wie Dr. Kohl dieses in seiner „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: Aussage vor dem 1. Untersuchungsausschuß be- hauptete, daß der damaligen Opposition angehö- 18. 11. Ka wg. CSU 30 000". rende Abgeordnete den 613- und 4-Anträgen der Der hiermit korrespondierende Quittungsbeleg Firma Flick bzw. beabsichtigten steuerfreien Rein- trägt auf seiner Rückseite die handschriftliche No- vestitionen nicht hätten gefährlich werden können. tiz „CSU". Das Gegenteil zeigt schon die Anfrage des CSU- Abgeordneten Dr. Althammer aus Februar 1975, die in der Firma Flick sogar zu Überlegungen dahin Zu Tz 60 des MB gehend führte, einen „Brief an Herrn Strauß mit der Frage" zu schreiben, „ob wir überhaupt noch Der Zeuge von Brauchitsch führte zu seinem Ver- Steuererklärungen abgeben könnten, wenn das merk vom 21. November 1975 in seiner Vernehmung Steuergeheimnis nicht gewahrt wird". vor dem 1. Untersuchungsausschuß aus, er habe es für selbstverständlich gehalten, nicht nur die Vor- Auch aus der Tatsache, daß in der Folgezeit des sitzenden der Regierungsparteien, sondern auch Gespräches vom 20. November 1975 keinerlei kriti- den CDU-Vorsitzenden über die konzeptionellen sche die Anträge der Firma Flick „gefährdende" Pläne des Hauses Flick zu unterrichten. Er schließe Stimmen von CDU/CSU-Abgeordneten bekannt nicht aus, daß er „unter dem Eindruck dieser Emo- wurden, läßt nicht den Schluß zu, es habe keine Kri- tionalisierungen", die sich gegen die Anwendung tik von dieser Seite gegeben und somit sei auch Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode eine Einflußnahme Dr. Kohls und anderer nicht Von Brauchitsch bekundete hierzu, daß Dr. Kohl, notwendig gewesen. wenn dieser Zahlungen angefordert habe, als Grund für seinen Wunsch nach Barzahlung zu ver- Vielmehr spricht gerade die Tatsache, daß nach der stehen gegeben habe, Anfrage des CSU-Abgeordneten und zweiten Vor- sitzenden der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung „daß es dort darum ging, z. B. Wahlaufwendungen Dr. Althammer sowie in der Folgezeit des Gesprä- zu bezahlen, die in dem Gesamtbereich nicht — ches vom 20. November 1975 keinerlei kritische wollen wir einmal sagen — hierarchisch nicht so Töne von CDU/CSU-Abgeordneten zu 6 b- und 4- hineinpassen. So habe ich das verstanden". Vorhaben/Antragstellungen der Firma Flick be- kanntgeworden sind, dafür, daß intern geäußerte Bundeskanzler Dr. Kohl hingegen nannte als Kritik durch entsprechende Einflußnahme ge- Grund für die regelmäßigen Barzahlungen, daß dämpft bzw. unterbunden wurde. Im übrigen ist der „Herr von Brauchitsch dann aus seinen Gründen Vermerk vom 21. November 1975 einen Tag nach den Weg gewählt hat, diese Spenden bar zu über- dem Gespräch vom 20. November 1975 gefertigt bringen ..." worden, also zu einem Zeitpunkt, als dem Zeugen von Brauchitsch das Gespräch noch frisch im Ge- Es ist davon auszugehen, daß zwischen von Brau- dächtnis war. Es ist überdies nicht erklärlich, chitsch und Dr. Kohl verabredet war, Barspenden warum der Zeuge von Brauchitsch in dem Vermerk an Dr. Kohl — unter Verstoß gegen Artikel 21 GG vom 21. November 1975 irgendwelche erfundenen — nicht in den Rechenschaftsberichten der CDU zu Gesprächsinhalte zu Papier gebracht haben sollte. veröffentlichen. Die Entgegenahme von Bargeld ohne Quittung ließ dem Empfänger freie Hand hin- Auffällig ist im übrigen, daß die Zahlung anläßlich sichtlich der Verwendung. des Gesprächs vom 20. November 1975 an Dr. Kohl in Höhe von 50 000,— DM in zwei Tranchen à Darüber hinaus war der Firma Flick an Barzahlun- 25 000,— DM übergeben wurde. gen gelegen, da derartige Zahlungen aus der beim Flick-Konzern eingerichteten schwarzen Kasse ent- Der naheliegenden Frage, ob insoweit hierbei ein nommen werden konnten. Dieses war ausweislich Zusammenhang zu den von Dr. Kohl gegenüber von der Unterlagen auch bei mindestens einer Zahlung Brauchitsch zur Verhinderung von CDU/CSU-Kri- an Dr. Kohl im Jahr 1975 der Fall. Hierbei mußte tik an Flickschen Steuerbegünstigunggsverfahren die Firma Flick aus naheliegenden Gründen erst genannten Dr. Carstens und Stücklen besteht, recht darauf vertrauen können, daß eine solche Zu- konnte wegen des vorzeitigen Abbruchs der Be- wendung nicht im Rechenschaftsbericht der CDU weisaufnahme und der dadurch verhinderten Fort- erscheint. setzung der Vernehmung Bundeskanzler Dr. Kohls sowie der auf diesem Wege ebenso vereitelten Ver- Betreffend Zahlungen aus der „schwarzen Kasse" nehmung Dr. Carstens und Stücklens nicht nachge- sowie der hiermit im Zusammenhang stehenden gangen werden. Vorgänge liegt dem Ausschuß eine Akte „Soverdia" Bezüglich des Gespräches vom 20. November 1975 als Beweismittelordner im Steuerstrafverfahren ge- ist daher davon auszugehen, daß Dr. Kohl dem Be- gen Verantwortliche des Flick-Konzerns vor. vollmächtigten des Flick-Konzerns von Brauchitsch Ein in diesem Aktenband befindlicher Vermerk — Zusicherungen der Art gegeben hat, wie sie in dem offensichtlich im Büro von Brauchitsch unter dem Vermerk von von Brauchitsch festgehalten sind. Datum vom 6. November 1980 von der Sekretärin Für Dr. Kohl mußte hierbei erkennbar sein, daß die Frau Heidemann angefertigt — lautet wie folgt: an ihn geleistete Zahlung mit der Erwartung sol- cher Zusicherungen verbunden war. „Kohl gibt Zwischenbescheid Adresse nicht bekannt" Da hierüber hinaus nicht etwa der Flick-Konzern Zahlungen an Dr. Kohl von sich aus anbot, sondern In seiner Aussage vor dem 1. Untersuchungsaus- Dr. Kohl die Zahlungen beim Flick-Konzern anfor- schuß bestritt Bundeskanzler Dr. Kohl von der derte — so jedenfalls die in diesem Punkt überein- beim Flick-Konzern geführten „Schwarzen Kasse" stimmenden Bekundungen der Zeugen von Brau- und den Vorgängen um die „Soverdia" Kenntnis ge- chitsch sowie Bundeskanzler Dr. Kohl in ihren Aus- habt zu haben. sagen vor dem 1. Untersuchungsausschuß —, so mußte anläßlich des Gesprächs vom 20. November Weitere Feststellungen zu dem Vermerk konnten 1975 bei von Brauchitsch erst recht der Eindruck wegen des vorzeitigen Abbruchs der Beweisauf- entstehen, daß die anläßlich des Gespräches von nahme nicht getroffen werden. Insbesondere wurde Dr. Kohl abgegebene Zusicherung in Verbindung auf diesem Wege die Vernehmung der Sekretärin mit der von Dr. Kohl angeforderten Spende zu brin- Frau Heidemann, die den Vermerk angefertigt hat- gen war. te, vereitelt.

Erhebliche Widersprüche ergaben sich zwischen Zwei Wochen nach dem Gespräch zwischen den Aussagen der Zeugen von Brauchitsch und Dr. Kohl und von Brauchitsch am 20. November Dr. Kohl auch hinsichtlich der Frage, welchen 1975 notierte Diehl unter Grund die von den Zeugen übereinstimmend be- kundete Üblichkeit der Barzahlungen an Bundes- „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: kanzler Dr. Kohl hatte. 2. 12. Ka wg. CDU-Wirtschaftsrat 100 000". Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Ob bei dieser Zahlung ein Zusammenhang mit dem Sowohl Dr. Tietmeyer als auch Fischer haben Ge- Gespräch zwischen Dr. Kohl und von Brauchitsch spräche mit Dr. Kreile zur damaligen Zeit einge- sowie den damals getroffenen Verabredungen be- räumt. steht, konnte wegen des vorzeitigen Abbruchs der Beweisaufnahme nicht geklärt werden. In der Beweisaufnahme ist von verschiedenen Zeu- gen dem offensichtlichen Versuch, einen Scheinan- Bemerkenswert ist jedoch, daß ausschließlich für trag zu empfehlen, um dem Bundeswirtschaftsmini- das Jahr 1975 eine „inoffizielle Zahlung" an den sterium aus taktischen Gründen die Möglichkeit ei- „CDU-Wirtschaftsrat" notiert ist, während dies we- ner Ablehnung zu geben, eine andere Deutung ge- der im Jahr zuvor noch in den folgenden Jahren der geben worden. So führte Wacker aus, der Antrag sei Fall war. gut begründet gewesen; er habe ihn nie als „Türke" betrachtet. Er wisse allerdings, daß man — und zwar nach seiner Erinnerung in der Firma Flick — Zu Tz 63 des MB von einem „Türken" gesprochen habe. Laut dem Vermerk von Wacker und Dr. Schmidt- Hern hat Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs Von Brauchitsch wandte sich ebenfalls gegen die Formulierung „Türke". Vielmehr sei es ein „offener gegenüber der Äußerung von Staatssekretär Offer- Fall" gewesen, der „möglicherweise" abgelehnt wer- geld (BMF), für die Beurteilung der Veräußerungs- de. Man habe nur einen „dolus eventualis" gehabt, seite sei auf die endgültige Plazierung der Daimler also die Ablehnung nicht beabsichtigt, sondern nur Anteile abzustellen, betont, „aus der Sicht seines in Kauf genommen. Hauses sei die Veräußerungsseite nunmehr ge- klärt". Dr. Kreile meinte, man habe lediglich eine „rechts Bereits einen Tag vor dem „Spitzengespräch" no- mittelfähige Entscheidung" haben wollen. Der Be- tierte Diehl unter „Inoffizielle Zahlungen an die griff „Türke" sei nur in dem Sinne zu verstehen, daß FDP: es für das Bundeswirtschaftsministerium eine „psy- chologische Entlastung" habe geben sollen. 15. 12. Ka ohne Angabe ü Nemitz 200 000" Staatssekretär Dr. Schlecht hat im wesentlichen Der mit dieser Zahlung korrespondierende Quit- ausgeführt, es sei damals lediglich gemeint gewe- tungsbeleg trägt auf seiner Rückseite die hand- sen, Flick müsse damit rechnen, daß „schon aus schriftliche Notiz: optischen Gründen" nicht alle Anträge genehmigt „Frdr. FDP" werden könnten. Einen „Türken" habe es nicht ge- geben. Von Brauchitsch hat hierzu in der Schutzschrift sei- nes Verteidigers erklären lassen, die Zahlung vom Dr. Tietmeyer hatte bei seiner staatsanwaltschaftli- 15. Dezember 1975 sei dem FDP-Schatzmeister Her- chen Vernehmung ausgeführt, man habe — auch er bert Karry zugeflossen, was jedoch schon von daher selbst — gegenüber der Firma Flick mehrfach deut- zu bezweifeln ist, weil im Falle von Zahlungen an lich gemacht, daß im Hinblick auf politische Ausein- Karry dieser in den Aufzeichnungen Diehls aus- andersetzungen ein Ablehnungsfall im Rahmen ei- drücklich mit seinem Namen aufgeführt ist. nes Paketantrages nützlich wäre. Vor dem 1. Unter- suchungsausschuß hat er diese Aussage dahin ge- hend interpretiert, er habe der Firma sinngemäß Zu Tz 63 des MB gesagt, ein Fall, der die Möglichkeit gebe, die Krite- rien zu verdeutlichen, die man an derartige Fälle Zum weiteren Verlauf des Gesprächs vom 16. De- anlegen könne, sei nicht von vornherein schlecht, zember 1975 wird auf folgendes hingewiesen: sondern könne jedem anderen Antragsteller auch passieren. Anschließend sei u. a. von Dr. Friderichs die Frage aufgeworfen worden, welche sonstigen 6 b/4-Vorha- Angesichts dieser Aussagen, die dem Vermerk ei- ben die Firma Flick plane. Ministerialdirektor nen anderen Sinn zu geben versuchen, ihn aber Dr. Hans Tietmeyer habe bemerkt, die einzelnen inhaltlich nicht prinzipiell in Frage stellen, ist da- Wiederanlagevorgänge dürften nicht isoliert be- von auszugehen, daß die Kreile-Notiz im wesentli- trachtet werden, sie seien vielmehr im ganzen zu chen zutreffend den Inhalt seiner Gespräche wie- würdigen, wobei Vorhaben, die der Arbeitsplatzsi- dergibt. Abgesehen davon, daß wenig später im er- cherung dienten, die Beurteilung des Gesamtpakets sten Antragsblock ein offenkundig aussichtsloser positiv beeinflußten. Antrag gestellt wurde, ist der Vermerk auch inso- weit plausibel. Offensichtlich hatte das Bundeswirt- Diese auch später gelegentlich geäußerte Ansicht schaftsministerium damals erhebliche Sorgen we- steht nicht im Einklang mit dem Gesetz, welches gen der Kritik von SPD-Politikern an den Flick eine Prüfung jedes einzelnen Antrages vorsieht. Anträgen und hielt es für notwendig, gegenüber der Eine wechselseitige Beeinflussung verschiedener Öffentlichkeit deutlich zu machen, daß jedenfalls Anträge ist rechtlich nicht möglich. nicht alle Flick-Anträge genehmigt würden.

Im Ergebnis ist festzustellen, daß Dr. Kreile emp- Zu Tz 67 des MB - fahl, dem Bundeswirtschaftsministerium mittels Im Ergebnis spricht vieles dafür, daß die Ge der Stellung eines Scheinantrages die Möglichkeit sprächspartner Dr. Tietmeyer und Fischer waren. einzuräumen, der Kritik von seiten der SPD sowie Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode der interessierten Öffentlichkeit zu den Anträgen „Inoffizielle Zahlungen an die FDP: der Firma Flick einen Ablehnungsfall präsentieren 17.2. vB ohne Angabe ü Dr. Schmitz 20 000" zu können, um auf diesem Wege den weiteren An- trägen der Firma Flick den Weg zu ebnen. Auf der Rückseite des mit dieser Zahlungkorre- spondierenden Quittungsbelegs findet sich die handschriftliche Notiz: Zu Tz 69 des MB „Dr. Schm. f. 4 FDP-Abg." Der parlamentarische Staatssekretär Offergeld zeigte mit seiner Bitte um Parteispenden bei einem Des weiteren: Tochterunternehmen der Firma Flick, mit deren „17.2. v.B. wg. Graf Lambsdorff 25 000". Anträgen er sich voraussichtlich dienstlich zu be- fassen hatte, eine bedenkliche Verquickung von Auf dem entsprechenden Quittungsbeleg findet sich Amtsinhaberschaft und parteipolitisch motivierter die handschriftliche Eintragung: Spendenakquisition. Selbst wenn er diese Akquisi- „Graf La". tion in seiner Eigenschaft als Bundestagsabgeord- neter vornahm, so ist dennoch zu bedenken, daß Von Brauchitsch hat hierzu in seiner Schutzschrift eine solche Trennung von Funktionen für Außenste- ausführen lassen, daß diese Zahlung ebenso wie die hende nicht ohne weiteres erkennbar und nicht ge- vom 7. Juli 1975 Dr. Graf Lambsdorff als Landes- eignet ist, das Aufkommen des Verdachts einer un- schatzmeister der FDP-Nordrhein-Westfalen zuge- zulässigen Beeinflußbarkeit der Amtsausübung zu gangen ist. Dr. Graf Lambsdorff hat dies in der verhindern. Erschwerend kommt in diesem Fall Schutzschrift seines Verteidigers bestätigen las- hinzu, daß Offergeld — wenn auch nach seiner Aus- sen. sage versehentlich — einen Brief mit seiner Amts- bezeichnung benutzt hat. Zu Tz 71 des MB Ebenso am 27. Februar 1976 sprach Wacker mit dem Zu Tz 70 des MB zuständigen Beamten des nordrhein-westfälischen Von Brauchitsch erörterte am 5. Februar 1976 in Wirtschaftsministeriums, und zwar — wie er ver- einem zweistündigen Gespräch mit Bundeswirt- merkte — „in Verfolg der mit Minister Dr. Riemer schaftsminister Dr. Friderichs u. a. die beabsichtig- am 6. Februar 1976 getroffenen Vereinbarung". ten Anträge. Hierzu teilte von Brauchitsch Dr. Flick Wacker vermerkte weiter, die „schon mit Dr. Rie- mit, Dr. Friderichs habe ihn zu diesem Gespräch mer getroffene Absprache", von seinem Ministe- gebeten. Es sei „hochbrisant" und in der 6 b-Angele- rium aus in Bonn keine Schritte zu unternehmen, genheit „befriedigend" gewesen. Er habe darüber sondern zu warten, bis das Bundeswirtschaftsmini- eine Aktennotiz gefertigt, die er in seiner Briefta- sterium auf das Land zukomme, sei bekräftigt wor- sche habe und ihm (Dr. Flick) zum Lesen vorlegen den. Das Landeswirtschaftsministerium habe sich wolle. Er habe Sorge, sie der Post oder dem Haus- „der mit Bonn getroffenen Vereinbarung, bei Anfra- umlauf anzuvertrauen. gen der Presse auf das Steuergeheimnis hinzuwei- Diese Notiz ist in den dem 1. Untersuchungsaus- sen und keine Auskünfte zu geben", angeschlos- schuß zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht sen. auffindbar. Aus einem späteren Vermerk von Brau- In diesem Zusammenhang wird auf folgende wei- chitschs ergibt sich jedoch, daß Dr. Flick die ver- tere Zahlungseintragung für 1976 hingewiesen: trauliche Notiz gelesen hat. Von Brauchitsch no- tiert, Dr. Flick sei „allenthalben einverstanden". „Inoffizielle Zahlungen an die FDP: Auf folgende weitere Zahlungseintragung für 1976 17.2. vB wg. Riemer ü Nemitz 5 000". wird hingewiesen: Der entsprechende Quittungsvermerk trägt die Auf- „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: schrift: 7. 2. Ka wg. Dr. Voß CDU-Bonn 15 000". „Ne wg. Rie". Auf der Rückseite der mit dieser Zahlung korre- spondierenden Quittung ist folgendes handschrift- Zu Tz 73 des MB lich vermerkt: „D. Voß Bonn FrzJ.Str" Ebenso für den 22. März 1976 findet sich in den Unterlagen eine von Kaletsch unterzeichnete Quit- sowie tung über die Barauszahlung von 75 000 DM. „FJS". Auf der Rückseite der Quittung ist notiert: „Dr. Frid. FDP"

Zu Tz 70 des MB Des weiteren notierte Diehl unter „Inoffizielle Zah- lungen an die FDP" für den 1. April 1976: Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für 1976 wird hingewiesen: „Ka wg. Dr. Friderichs 75 000" Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Von Brauchitsch hat zu der Zahlung ausführen las- Ebenso unter dem 8. Juni 1976 findet sich unter sen, diese sei, ebenso wie die vom 15. Dezember „inoffizielle Zahlungen an die CDU" folgende Ein- 1975 an den FDP-Schatzmeister Karry gegangen. tragung: Dr. Friderichs hat den Erhalt der Zahlung bestrit- ten. „1. 6. Ka vB wg. Kohl 50 000". (vgl. zu Zahlungen an Dr. Friderichs, zu Tz 43 des Ein mit dieser Zahlung korrespondierender Quit- tungsbeleg befindet sich in den Akten. MB) (vgl. zu Zahlungen an Dr. Kohl, zu Tz 43 des MB) Zu Tz 74 des MB

Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für Zu Tz 77 des MB 1976 wird hingewiesen: Anlaß zu Bedenken gibt die Tatsache, daß der Bun- „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: desminister für Wirtschaft, Dr. Friderichs, wegen 3. 5. Dr. Schmitz wg. CDU 10 000" der angestrebten vorzeitigen Pensionierung von Prof. Dr. Günther gerade einen Vertreter der Firma sowie Flick um finanzielle Hilfe bat, obwohl damals noch „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: nicht endgültig über die 6 b- und 4-Anträge des Er- sten Antragsblockes entschieden war und weitere 3. 5. vB wg. CSU ü Dr. Schmitz 10 000". Anträge bereits angekündigt waren. Eine solche Auf der mit diesen Eintragungen korrespondieren- Bitte einer Behörde an einen Antragsteller, mit der den Quittung findet sich neben der Unterschrift von auch eigene Interessen der Behörde verfolgt wer- Brauchitschs auch die von Dr. Schmitz. Auf der den, konnte beim Antragsteller — und in diesem Quittungsrückseite findet sich die handschriftliche Fall auch bei der Deutschen Bank, welche nach wie vor die Weiterveräußerung der erworbenen Daim- Notiz: ler-Aktien zu bewerkstelligen hatte und immer „4x5 an Schmitz" noch mit einem Fusionskontrollverfahren zu rech- nen hatte - die Erwartung entstehen lassen, eine sowie die maschinenschriftliche Notiz: erwiesene Gefälligkeit könne sich bei späteren Ent- „Unterstützung für Abgeordnetenkandidaten scheidungen auszahlen. Detlef Kühn CDU Graf Huyn CSU Wittmann CSU Zu Tz 81 des MB von der Heydt CDU". Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für 1976 wird hingewiesen: Zu Tz 76 des MB „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für 28.5. Ka wg. Ziesl 100 000 1976 wird hingewiesen: 28.5. Ka wg. CSU -- 3. 10.76 100 000". „Inoffizielle Zahlungen an die FDP: Mit diesen Zahlungen korrespondierende Quit- Ka wg. Ertl ü Nemitz 10 000" tungsbelege befinden sich nicht in den Unterlagen, was darauf schließen läßt, daß es sich um Zahlun- Der mit der Zahlung „wg. Ertl" korrespondierende gen aus der schwarzen Kasse des Flick-Konzerns Quittungsbeleg trägt auf seiner Rückseite die hand- gehandelt hat. Dies wird dadurch bestätigt, daß in schriftliche Eintragung: einer Aufstellung über „Politische Zahlungen über Sonderkasse" bei der CSU für 1976: „FDP-Ertl ü Ne". „Ziesl 100 000 wg. Kaletsch 100 000" Zu Tz 76 des MB vermerkt ist. Ein mit der Zahlungseintragung vom 8. Juni 1976 „wg. Dr. Friderichs" korrespondierender Quittungs- beleg ist in den Unterlagen nicht vorhanden. Zu Tz 82 des MB In einer Aufstellung über „inoffizielle Zahlungen an Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für die FDP 1975 bis 30. Mai 1979" findet sich unter dem 1976 wird hingewiesen: Namen Friderichs für das Jahr 1976 die Zahlungs- „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: eintragung 70 000 DM, versehen mit dem Vermerk: 13.7. vB wg. Kohl 50 000" „Zahlungen aus der schwarzen Kasse". Hiermit korrespondiert ein Quittungsbeleg mit der Von Brauchitsch hat die Kenntnis dieser Zahlung Aufschrift: ebenso wie Dr. Friderichs bestritten. „CDU-Ko" (vgl. zu Zahlungen an Dr. Friderichs, zu Tz 43 des MB) (vgl. zu Zahlungen an Dr. Kohl, zu Tz 43 des MB) Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Unter „Inoffizielle Zahlungen an die CSU" findet sterbüros von Dr. Friderichs, MR Wohlleben, im sich unter dem 12. Juli folgende Eintragung: Düsseldorfer Büro von Eberhard von Brauchitsch. „Dr. FKF wg. FJS 250 000". Für den gleichen Tag quittierte von Brauchitsch eine Kassenentnahme von insgesamt 90 000 DM in Ein entsprechender Quittungsbeleg befindet sich in bar. der Akte „Dispositionskasse". Auf der Vorderseite des Quittungsbelegs findet sich (vgl. zu Zahlungen an Dr. Strauß, zu Tz 47 des MB) die Notiz: „Bar 3 x 30" Zu Tz 84 MB Auf der Rückseite des Belegs wurde von Diehl ver- Zwei Tage nach den Voten der Landeswirtschafts- merkt: ministerien zum 1. Antragsblock notierte Diehl un- „Fr. 60 ter dem Datum vom 1. September 1976 folgende Ko. 30" „Inoffizielle Zahlungen an die SPD: Bundeskanzler Dr. Kohl hat als Zeuge vor dem Ka ohne Angabe ü Nemitz 18 000 1. Untersuchungsausschuß zu unter seinem Namen Ka ohne Angabe ü Nemitz 30 000". notierten Zahlungen für die Jahre 1975 und 1976 Bei der FDP sind für den 1. September 1976 fol- ausgesagt, diese seien „vermutlich korrekt" einge- gende „Inoffizielle Zahlungen" notiert: tragen. „Ka ohne Angabe ü Nemitz 12 000 Der Zeuge Wohlleben hat in seiner Aussage vor Ka ohne Angabe ü Nemitz 20 000". dem 1. Untersuchungsausschuß bekundet, er habe keine Kenntnis von Zahlungen der Firma Flick an Zu den unter SPD und FDP vermerkten Zahlungen Dr. Friderichs. Auch Zahlungen an ihn selbst be- über insgesamt 80 000,— DM finden sich entspre- stritt der Zeuge. chende Quittungen in den Unterlagen. Von Brauchitsch ließ zu der Zahlung „Fr. 60" in sei- Des weiteren notierte Diehl für den 1. September ner Schutzschrift ausführen, diese sei ebenso wie 1976 unter „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: weitere, an den FDP-Schatzmeister Heinz-Herbert Karry gegangen. Ka wg. FJS ü Srbik 10 000". Dr. Friderichs bestritt grundsätzlich den Erhalt von Auf der Rückseite der hiermit korrespondierenden Zahlungen von seiten des Flick-Konzerns vor und Quittung findet sich folgende handschriftliche Ein- während seiner Amtszeit als Bundeswirtschaftsmi- tragung: nister. „Brief an Dr. v Srb. f FJS (vgl. zu Zahlungen an Dr. Friderichs, zu Tz 43 des CSU wg. 3.10. 1976". MB) Hinzu kommt folgende maschinenschriftliche Notiz Die Staatsanwaltschaft Bonn geht davon aus, daß Diehls vom 1. September 1976 folgenden Inhalts: der Betrag von 60 000 DM an Wohlleben und durch „Betr.: Inoffizielle Zahlung für FJS diesen an Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs Herr Kaletsch hat mich heute fernmündlich gebe- übergeben wurde. Sie hat diese Zahlung zum Ge- ten, Herrn Dr. von Srbik, München, einen Betrag genstand der Anklage gemacht. Von einer abschlie- von DM 10 000 im Brief zu übersenden. Gleichzei- ßenden Beweiswürdigung wird mit Rücksicht auf tig bat Herr Kaletsch, daß ich Herrn Dr. von das laufende Strafverfahren vor dem Landgericht Srbik davon unterrichte, daß er den Betrag in bar Bonn abgesehen. erhält und ihn bitte, FJS diese Summe auszuhän- digen mit dem Hinweis, daß es sich hierbei um eine persönliche Zahlung von Herrn Kaletsch an FJS handelt." Zu Tz 89 des MB Der Zeuge Dr. Strauß bekundete hierzu in seiner Vernehmung, die Zahlung vom 1. September 1976 Unter dem Datum vom 12. November 1976 findet sei „mit Sicherheit" auf ein „Wahlkampffinanzie- sich eine Notiz von Dr. Walter Schmitz an von Brau- rungskonto" der CSU gegangen, ohne daß er zu nä- chitsch mit folgendem Wortlaut: heren Angaben bereit war. „Persönlich! Unter Umschlag. Betr.: Herrn Roth, Parlamentarischer Referent (vgl. zu Zahlungen an die CSU über Dr. Srbik, zu von Dr. Friderichs Tz 43 des MB) Ich erhielt die Information, daß Herr Roth bei sei- nem Wahlkampf mit seinem Budget um ca. DM 500,— zu kurz gekommen ist. Zu Tz 85 des MB Ich würde aus atmosphärischen Gründen für eine- Am 17. September 1976 traf sich von Brauchitsch, Hilfe plädieren, möchte aber nicht dazu raten, einer Eintragung des Kalenders des Vorzimmers daß er eine Druckrechnung an die VG adressie- von Brauchitschs zufolge, mit dem Leiter des Mini ren läßt." Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Unter dem Datum vom 18. November 1976 ver- Von Brauchitsch bestreitet die Kenntnis dieser merkte Diehl als „Inoffizielle Zahlungen an die Zahlung. In seiner Schutzschrift ließ er zu Zahlun- FDP" folgende Eintragung: gen aus der „Schwarzen Kasse" ausführen, er habe „erst später" von der Existenz dieser Kasse Kennt- „18. 11. vB wg. Roth ü Dr. Schmitz 500." nis bekommen. Dem entspricht ein Beleg über eine Kassenent- Hiergegen spricht jedoch, neben der oben genann- nahme in Höhe des genannten Betrages. ten Notiz Diehls, daß in zahlreichen Vermerken und Rücksprachenotizen von Brauchitschs für Dr. Flick Zu Tz 97 des MB das Wort „Soverdia" zu finden ist. Auf folgende weitere Zahlungseintragung für 1977 Dr. Friderichs hat den Erhalt dieser Zahlung be- wird hingewiesen: stritten. „13.4. v.B. wg. Graf Lambsdorff 25 000" Die Staatsanwaltschaft Bonn hat diesen Vorgang nicht zum Gegenstand der Anklage gemacht, da ih- Von Brauchitsch ließ hierzu in seiner Schutzschrift rer Auffassung nach kein hinreichender Verdacht ausführen, die Zahlung sei, ebenso wie die aus 1975 für die tatsächliche Übergabe des Betrages vor- und 1976 dem Schatzmeister des FDP-Landesver- liegt. bandes Nordrhein-Westfalen, Graf Lambsdorff, zu- gegangen. Zu Tz 101 des MB Dr. Graf Lambsdorff hat dies in der Schutzschrift seines Verteidigers bestätigen lassen und hinzuge- Diehl notierte für den 1. Mai 1977 unter „Inoffizielle fügt, es sei „für einen Schatzmeister einer Partei Zahlungen an die FDP: üblich, der Bitte, den Spender ungenannt zu lassen, v.B. wg. Dr. Friderichs 40 000" zu entsprechen". Der mit dieser Zahlung korrespondierende Quit- tungsbeleg trägt auf seiner Rückseite den Ver- Zu Tz 100 des MB merk: Auf folgende Zahlungseintragung für 1977 wird hin- „FDP Frid./pers." gewiesen. Diehl hat als Zeuge zu dem Zusatz „pers." erklärt, er „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: habe unterstellt, daß von Brauchitsch Dr. Friderichs 10.5. v.B. wg. Kohl 50 000" diesen Betrag persönlich übergeben habe. Ein mit dieser Zahlung korrespondierender Quit- Von Brauchitsch hat zu dieser Zahlung in seiner tungsbeleg fehlt in den Unterlagen. Daher ist davon Schutzschrift erklären lassen, die Zahlung sei von auszugehen, daß es sich um eine Zahlung aus der ihm „persönlich" an Karry übergeben worden, wor- „schwarzen Kasse" gehandelt hat. auf das Kürzel „pers." hinweise. Der Zeuge Bundeskanzler Dr. Kohl hat hierzu vor Dr. Friderichs hat den Erhalt der Zahlung bestrit- dem 1. Untersuchungsausschuß ausgesagt, ihm sei ten. durch die Schatzmeisterei der CDU ein Spenden- eingang von 50 000 DM vom 5. Juli 1977 bestätigt Einer Kalendereintragung im Sekretariat von worden. Die zeitliche Differenz zu den in der Diehl Brauchitschs zufolge hat am 31. Mai 1977 MR Klaus Liste vermerkten Zahlungen ergebe sich dadurch, Wohlleben von Brauchitsch aufgesucht. daß er die von der Firma Flick erhaltenen Barspen- Der Zeuge Wohlleben hat hierzu ausgesagt, Fride- den erst bei einem auf den Zahlungszeitpunkt fol- richs habe ihn „dahin geschickt, irgendwelche Stel- genden späteren Treffen mit dem Schatzmeister lungnahmen zu holen". der CDU habe übergeben können. Von einer Zahlung will der Zeuge keine Kenntnis (vgl. zu den Zahlungen an Dr. Kohl, zu Tz 60 des MB) erlangt haben. Ebenso für den 10. Mai 1977 notierte Diehl: Die Staatsanwaltschaft Bonn hat die Eintragung zum Gegenstand der Anklage gemacht. Von einer „v.B. wg. Dr. Friderichs 70 000" abschließenden Beweiswürdigung wird mit Rück- Ein hiermit korrespondierender Quittungsbeleg be- sicht auf das laufende Strafverfahren vor dem findet sich nicht in den Unterlagen. In einer von Landgericht Bonn abgesehen. Diehl am 5. Juni 1979 angefertigten Aufstellung über „Inoffizielle Zahlungen an die FDP" ist der Zu Tz 107 des MB neben dem Namen „Friderichs" notierte Betrag von 70 000 DM mit dem Vermerk „Zahlung aus der Am 21. September 1977 trafen von Brauchitsch und schwarzen Kasse" versehen. Dr. Graf Lambsdorff zu einem Gespräch zusam- men. Ebenso unter dem 21. September 1977 findet Auf der Unterseite dieser Zahlungsaufstellung ver- sich in der Diehl-Liste über „Inoffizielle Zahlungen - merkte Diehl: an die FDP" die Eintragung: „Aufstellung H.v.B. am 6. 6. 1979 vorgelegen". „vB wg. Graf Lambsdorff 25 000". Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Dieser Zahlungsvorgang erscheint — jedenfalls wendungen keine Quittungsbelege in den zur Ver- nach den dem 1. Untersuchungsausschuß bislang fügung stehenden Unterlagen auffindbar sind. zugänglichen Unterlagen — in den Aufzeichnungen Diehls erstmals in einer vom 5. Juni 1979 erstellten Zusammenstellung von „Inoffiziellen Zahlungen an Zu Tz 117 des MB die FDP 1975 bis 30. Mai 1979" mit dem handschrift- lichen Vermerk: Es stellt sich hier die Frage, warum Dr. Mühl in die- ser Vorlage erklärte, bei dem Antrag Grace II hät- „Aufstellung HvB am 6. 6. 1979 vorgelegen" ten sich „bei erster Beurteilung keine negativen Hinweise" ergeben, obwohl er in der Besprechung und ist dort mit dem Zusatz am 13. Oktober 1977 laut einer Wacker-Notiz gesagt „Zahlungen aus der schwarzen Kasse" hat, die Kooperationspläne der Firma Flick mit Grace hätten sich „bisher wohl nicht erfüllt". Der gekennzeichnet, was erklärt, warum für diese Zah- Zeuge Dr. Mühl führte zur Begründung für seine lung kein korrespondierender Quittungsbeleg auf- Äußerung in der Ministervorlage an, entsprechend findbar ist. seinem am 13. Oktober 1977 geäußerten Wunsch habe die Firma als Anlage zum Grace-Antrag kon- In der Schutzschrift des Verteidigers von Eberhard kret darüber berichtet, was bisher passiert sei und von Brauchitsch wird hierzu ausgeführt, von Brau- was in Zukunft beabsichtigt sei.Die Firma habe of- chitsch habe sich am 21. September 1977 die Be- fen bekundet, daß sich die eine oder andere Koope- träge von 500 000 DM und 25 000 DM — welche zur ration nicht habe realisieren lassen, und begründet, Rettung des Präsidenten der Bundesvereinigung warum ein verstärkter Einfluß notwendig sei „und der Deutschen Arbeitgeberverbände Hanns Martin über den verstärkten Einfluß die Kooperation einen Schleyer eingesetzt werden sollten — von Diehl Schub bekommen soll". Daraus habe sich kein ne- aushändigen lassen. gativer Hinweis für die Beurteilung dieser Grace- Aufstockung ergeben. Dr. Mühl sah auch keinen In diesem Zusammenhang sei auch der Betrag von Anlaß, seine Aussage zu korrigieren, als ihm ein 25 000 DM dem Schweizer Rechtsanwalt Payot zu- Zitat aus einer Ministervorlage vom 8. August 1978 gegangen. Von Brauchitsch habe erst, so wird dort vorgehalten wurde, wonach der Erwerb von Grace I weiter ausgeführt, später davon erfahren, daß diese „entgegen den im damaligen Antrag gemachten Beträge von Diehl aus der „Schwarzen Kasse" erho- Ausführungen bisher zu keiner merklichen Koope- ben wurden. ration zwischen Grace und der Flick-Gesellschaft Diese Einlassung von Brauchitschs ist nicht glaub- Dynamit Nobel geführt hat". haft. Hierzu bemerkte Dr. Mühl, man habe nach dem Zum einen sprechen hiergegen zahlreiche Ver- Gesetzeswortlaut nicht verlangen können, daß be- merke und Rücksprachenotizen, in denen von Brau- reits kooperiert werde, sondern lediglich die Eig- chitsch für Unterredungen mit Dr. Friedrich Karl nung des Vorhabens für die internationale Arbeits- Flick schon frühzeitig das Stichwort „Soverdia" teilung verlangen können. festhielt. Zum anderen spricht hiergegen auch die Überraschend ist dann jedoch, daß in der Minister- Notiz Diehls in einer Aufstellung über Zahlungen vorlage nicht wenigstens darauf aufmerksam ge- an die FDP aus der „Schwarzen Kasse", wonach macht wurde, daß die bei Grace I vorgetragenen diese Aufstellung von Brauchitsch bereits am Kooperationspläne durchweg noch nicht verwirk- 6. Juni 1979 vorgelegen hat. licht worden waren. Selbst wenn man — wie der Zeuge Dr. Mühl aussagte — der Argumentation der Nach der Aussage des Zeugen Diehl war von Brau- Firma Flick folgen wollte, hätte zumindest kurz dar- chitsch die Existenz der schwarzen Kasse „ab dem auf eingegangen werden und der Hinweis ange- Jahre 1976 oder 1977 bekannt". „Auf Anforderung bracht werden müssen, daß diese Frage noch einer von Herrn von Brauchitsch" habe er „jeweils Aus- sorgfältigen und kritischen Prüfung bedürfe. Letz- züge aus den Listen gefertigt und ihm vorgelegt". ten Endes muß daher offenbleiben, ob das Fehlen Wenn insoweit davon auszugehen ist, daß von Brau- eines derartigen Hinweises auf unkritische Über- chitsch die vom 5. Juni 1979 von Diehl gefertigte nahme der Flick-Argumentation durch Dr. Mühl Zahlungsaufstellung über „Inoffizielle Zahlungen oder darauf zurückzuführen ist, daß Dr. Mühl aus an die FDP" mit der als „Zahlung aus der dem Vermerk von Staatssekretär Dr. Schlecht über schwarzen Kasse" gekennzeichneten Eintragung die erbetene Ministervorlage nicht nur auf ein leb- unter dem Namen Graf Lambsdorff vorgelegen hat, haftes Interesse des Bundeswirtschaftsministers so ist nicht einzusehen, warum er es bei der Zuord- am zweiten Antragsblock, sondern auch auf eine nung unter dem Namen Dr. Graf Lambsdorff beließ, „positive Grundeinstellung" des Ministers zu den wenn dies nicht von ihm gutgeheißen wurde. Anträgen — wie Wacker notierte — geschlossen hat. Bemerkenswert ist auch, daß von Brauchitsch über den seinen Angaben nach aus der „schwarzen Kas- Zu Tz 117 des se" erhobenen Betrag von 500 000 DM eine Quittung MB - beibringen konnte, während zu allen sonstigen in Zu der Zahlungseintragung vom 6. Dezember 1977: den Spendenaufstellungen Diehls als „Zahlungen aus der schwarzen Kasse" gekennzeichneten Zu „vB wg. Kohl 30 000", Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 deren Kenntnis und Erhalt Bundeskanzler Dr. Kohl Zu Tz 118 des MB in seiner Vernehmung vor dem 1. Untersuchungs- Zur Herausgabe der Ministervorlage hat sich der ausschuß bestritt, ist auf folgende Vorgänge hinzu- Zeuge Wohlleben in seiner Vernehmung vor dem weisen: 1. Untersuchungsausschuß des weiteren wie folgt In der Diehl-Liste sind in der Rubrik „Inoffizielle geäußert: Zahlungen" für den 6. Dezember 1977 folgende Zah- Unter anderem sei es damals um die Empfehlung lungen eingetragen: zu größerer Transparenz gegangen. Es sei darauf „v.B. wg. Kohl 30 000 angekommen, die Firma Flick erneut auf die zu v.B. wg. Graf Lambsdorff 30 000" erwartende politische Diskussion hinzuweisen, zu- mal die Anträge ein „Politikum" gewesen seien. Er Die sich aus der Addition der beiden Beträge erge- habe befürchtet, daß „wieder diese politische Be- bende Summe von 60 000 DM korrespondiert mit schimpfung des Wirtschaftsministeriums stattfin- einer „Barabhebung für Kasse Diehl" vom 6. De- den würde", wenn die Firma Flick nicht die Offent- zember 1977 bei der Deutschen Bank in Höhe von lichkeit darüber unterrichte, was beantragt worden 60 000 DM. sei.

Der Zeuge von Brauchitsch hat am 6. Dezember Die Herausgabe erfolgte nach Aussage des in die- 1977 den Empfang eines Barbetrages in Höhe von sem Verfahren federführenden Referatsleiters 60 000 DM quittiert. Auf der Rückseite der Quittung Dr. Mühl ohne dessen Kenntnis. Dr. Mühl äußerte hat der Zeuge Diehl folgendes eingetragen: sich in seiner Aussage vor dem 1. Untersuchungs- ausschuß, er hätte, wenn er davon gewußt hätte, „30 Ko. Einspruch dagegen erhoben. Dieses Verhalten von 30 Gr. La" Wohlleben sei weder durch das Verwaltungsverfah- rensgesetz gedeckt noch entspreche es dem übli- In der Schutzschrift seines Verteidigers hat der chen Verfahren. Zeuge von Brauchitsch vorgetragen, die in der Diehl-Liste eingetragene Zahlung an Graf Lambs- Die Übersendung der Ministervorlage durch den dorff vom 6. Dezember 1977 sei nicht an diesen, son- Leiter des Ministerbüros Wohlleben an von Brau- dern an den damaligen FDP-Schatzmeister Karry chitsch war unzulässig. Zum einen erfolgte sie ohne erfolgt. Zustimmung oder wenigstens Unterrichtung des zu- ständigen Referenten Dr. Mühl. Zum anderen ent- Es kann dahingestellt bleiben, ob seine Einlassung hielt sie Angaben über unterschiedliche Ansichten zutrifft. Jedenfalls hat von Brauchitsch die Eintra- innerhalb der beteiligten Verwaltungsstellen. Ge- gung Diehls vom 6. Dezember 1977 hinsichtlich der rade auch die Unterrichtung des Ministers über die Zahlung an Dr. Kohl in Höhe von 30 000 DM in sei- politischen Aspekte des Falles zeigt, daß die Vor- ner Schutzschrift nicht beanstanden lassen. lage inhaltlich zur Unterrichtung des Ministers und nicht für Außenstehende bestimmt war. In den dem 1. Untersuchungsausschuß Ende Fe- bruar 1985 vom Landgericht Bonn übersandten zu- Sie ist daher auch nicht mit den „Akten" sonstiger sätzlichen drei Aktenordnern im Strafverfahren ge- Verwaltungsverfahren vergleichbar. Selbst wenn gen Dr. Friderichs u. a. — also knapp drei Monate man ein weitgehendes Auskunfts- und Aktenein- nach der Vernehmung von Bundeskanzler Dr. Kohl sichtsrecht eines Antragstellers in einem Verwal- vor dem 1. Untersuchungsausschuß — findet sich tungsverfahren befürwortet, kann dieses nicht dazu eine Notiz vom 5. Dezember 1977 aus dem Sekreta- führen, daß auch Vorlagen, die lediglich eine erste riat von Brauchitschs mit folgendem Wortlaut: Meinungsbildung des Referats über interne Mei- nungsverschiedenheiten sowie die politischen Im- „Frau Weber/Sekr. Dr. Kohl fragt an, ob es Ihnen plikationen des jeweiligen Falles wiedergeben und recht ist, wenn sie morgen, Dienstag, 6. 12., gegen unterrichten, an Außenstehende gegeben werden. 16.00 Uhr bei Ihnen kurz vorbeikommt./h." Der „Service" des Bundeswirtschaftsministeriums Der zeitliche Zusammenhang der Eintragung in der gegenüber dem Antragsteller ist hier eindeutig Diehl-Liste vom 6. Dezember 1977 mit dem ange- überzogen worden und läßt sich auch nicht durch kündigten kurzen Aufenthalt von Frau Weber bei die vom Zeugen Wohlleben vorgebrachten mögli- Herrn von Brauchitsch am selben Tage läßt die chen Motive — notwendige Öffentlichkeitsarbeit Schlußfolgerung zu, daß Frau Weber am 6. Dezem- der Firma Flick zum Schutze des Bundeswirt- ber 1977 den Betrag von 30 000,— DM in Empfang schaftsministeriums — rechtfertigen. genommen hat.

Eine Vernehmung Bundeskanzler Dr. Kohls in die- Zu Tz 136 des MB sem Zusammenhang konnte wegen des vorzeitigen Abbruchs der Vernehmung Dr. Kohls sowie wegen Ein derartiges Engagement in der Personalangele- des insgesamt vorzeitigen Abbruchs der Beweisauf- genheit eines Beamten, der über Jahre hinweg mit nahme nicht erfolgen. Anträgen der Firma Flick dienstlich befaßt war, läßt vermuten, daß von Brauchitsch sich bei Wohlle- Aus demselben Grunde unterblieb die von Vertre- ben für die Art und Weise von dessen Dienstaus- tern der GRÜNEN 1985 beantragte Vernehmung übung im Verhältnis zur Firma Flick erkenntlich der Zeugin Juliane Weber. zeigen wollte, und deutet auf fehlende Distanz zwi- Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

schen Antragsteller und Amtsträger hin. Diese feratsleiters im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. wäre jedoch geboten gewesen, um das Aufkommen Tietmeyer, der laut einem Brauchitsch-Vermerk von Zweifeln an der Lauterkeit und Unbestechlich- zum Gespräch zwischen der Firma Flick und Ver- keit der Exekutive zu vermeiden. tretern des Bundeswirtschaftsministeriums vom 16. Dezember 1975 bemerkte, die einzelnen Wieder- anlagevorgänge dürften nicht isoliert betrachtet Zu Tz 138 des MB werden, sie seien vielmehr im ganzen zu würdigen. Es ist davon auszugehen, daß Selles Bereitschaft In die gleiche, vom Gesetz jedoch nicht gedeckte und seine spätere Beteiligung an der Diskussion Richtung läuft der Hinweis Dr. Tietmeyers bei sei- innerhalb der SPD zu § 6 b sich zugunsten des Hau- ner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft, wo er ses Flick auswirken sollte und in Verbindung mit bekundete, man habe — auch er selbst — gegen- den an ihn in den Vorjahren sowie ausweislich der über der Firma Flick mehrfach deutlich gemacht, Unterlagen auch noch 1980 geleisteten Zahlungen daß im Hinblick auf die politische Auseinanderset- zu bringen ist. zung ein Ablehnungsfall im Rahmen eines Paketan- Die Zahlungen wurden von Selle in seiner Verneh- trages möglich wäre. mung vor der Staatsanwaltschaft Bonn bestätigt.

Selbst wenn kein unmittelbarer Zusammenhang Zu Tz 155 des MB zwischen Zuwendungen und „Gegenleistungen" Sel- les erkennbar ist, so ist dennoch davon auszugehen, Mit den Erfordernissen eines ordentlichen Prü- daß Selle vom Hause Flick im Wissen um an diesen fungsverfahrens war es nicht in Einklang zu brin- ergangene Zuwendungen gezielt angesprochen gen, daß beide Zeugen hier „taktische" Argumente, wurde. Auch bei Selle ging man im Flick-Konzern so z. B. die Auswirkung der Entscheidungen auf die davon aus, auf einen durch die Zuwendungen den 6 b-Reformdiskussion und die „gesamtpolitische Si- Plänen des Hauses Flick gewogenen Politiker zu tuation", zur Begründung heranzogen, statt auf die treffen. gesetzlichen Kriterien abzustellen. Selbst wenn Wacker damals nicht wußte, daß Selle vom Hause Flick Zuwendungen erhalten hatte, so Zu Tz 165 des MB ist dennoch mit an Sicherheit grenzender Wahr- scheinlichkeit davon auszugehen, daß die gezielte Es wird darauf hingewiesen, daß wegen des vorzei- Gesprächsaufnahme mit Selle im Wissen um ergan- tigen Abbruchs der Beweisaufnahme eine Verneh- gene Zahlungen an diesen bzw. eine hierdurch er- mung von Dr. Voss sowie des stellvertretenden Lei- wartete Aufgeschlossenheit Selles für die Pläne des ters des Bonner Büros der Firma Flick, Adolf Kan- Hauses Flick erging. ter, unmöglich war. Dieses mußte auch für Selle erkennbar sein, als die- (vgl. hierzu 2. im 2. Abschnitt des Sondervotums, zur ser — ohnehin gegen Artikel 21 GG in Verbindung Tätigkeit des „Bonner Büro") mit § 25 PartG verstoßend, indem er die an die SPD weitergereichten 40 000,— DM aus 1974 nicht dem Zu Tz 169 des MB Rechenschaftsbericht der SPD zugänglich machte — sich für die Pläne der Firma Flick verwandte. Am Vermerk von Dr. Berndt fällt der Hinweis auf, daß die Grace I-Beteiligung „zu keiner merklichen Wegen des vorzeitigen Abbruchs der Beweisauf- Kooperation" geführt habe. nahme konnte nicht geklärt werden, in welchen Ge- sprächen mit welchen politischen Persönlichkeiten So hätte davon ausgegangen werden müssen, daß auf Landes- und Bundesebene Selle für die Anträge mit dieser Formulierung nicht nur eine Auffassung der Firma Flick geworben hat und inwieweit hier- des Bundesministeriums für Finanzen wiedergege- durch ggf. Einfluß auf den Entscheidungsfindungs- ben wurde, sondern daß diese Tatsache auch dem prozeß genommen wurde. Bundeswirtschaftsministerium bekannt war — zu- dem hatte sich in diesem Sinne Dr. Mühl bereits am 3. Oktober 1977 gegenüber Wacker geäußert —, wel- Zu Tz 145 des MB ches sich allerdings damit zufrieden gab, daß die Der Hinweis Staatssekretär Schlechts an die Firma Verstärkung des unternehmerischen Einflusses bei Flick, wenn diese darauf Wert lege, sei er bereit, Grace zum Ziel haben sollte, „die Kooperationsvor- „das Paket aufzuschnüren", mußte beim Antragstel- haben besser durchsetzen zu können". ler den Eindruck erwecken, als sei eine wechselsei- Im Ergebnis ist festzustellen, daß die im Bundesfi- tige zur Disposition stehende Wirkung der Anträge nanzministerium und im Bundeswirtschaftsmini- untereinander möglich. sterium festgestellte nicht erfolgte Verwirklichung Tatsächlich jedoch handelte es sich um Einzelan- der bei Grace I angekündigten Kooperationsvorha- träge, welche nach den hierfür einschlägigen ver- ben zu einer besonders sorgfältigen und strengen waltungsrechtlichen Grundsätzen jeder für sich zu Prüfung im Hinblick darauf hätte zwingen müssen, beurteilen und zu entscheiden waren. an welchen Gegebenheiten die unternehmerische- Zusammenarbeit gescheitert war und ob tatsäch- Daß dieser Hinweis Dr. Schlechts durchaus kein lich die bloße Erhöhung der Beteiligung zu einer Einzelfall war, beweist schon die Äußerung des Re völlig anderen Situation führen konnte. Hierbei Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 hätte insbesondere berücksichtigt werden müssen, die Frage nach der tatsächlichen Beteiligung des daß nach der gängigen Auslegung des § 4 AIG ein Vorstandsvorsitzenden der Feldmühle, Krug, und echtes „unternehmerisches Engagement" verlangt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, wird, da der Gesetzgeber „Direktinvestitionen" för- Dr. Lothar Späth. dern wollte. Ob hierfür eine bloße „Kooperation" — statt einer gemeinsamen unternehmerischen Kon- zeption — ausreichend ist, ist als äußerst zweifel- Zu Tz 242 des MB haft zu bezeichnen. Bei „der Angelegenheit der zwanzig Weihnachts- karten" handelte es sich mit an Sicherheit grenzen War aber nicht einmal zu erkennen, wie es wenig- der Wahrscheinlichkeit um Spenden an F.D.P.-Poli- stens zu einer solchen Kooperation kommen sollte, tiker, wovon auch von Brauchitsch entgegen seinem so konnte erst recht nicht von einem „unternehme- Bekunden Kenntnis gehabt haben muß. rischen Engagement" ausgegangen werden. In den Unterlagen findet sich eine Notiz aus dem Sekretariat von Brauchitschs, welche sich ebenso Zu Tz 178 des MB auf eine „Hausnummer" bezieht. Es wird darauf hingewiesen, daß eine Klärung der Unter dem Datum vom 26. Februar 1975 ist hierin in diesem Zusammenhang stehenden Vorgänge festgehalten: nicht möglich war, weil sich die Mehrheit im Aus- schuß nicht zu einer Zeugenvernehmung Porzners „Memo für Telefonat mit Herrn Kobold: verstehen konnte. Endgültige Hausnummer 100-130." Dies läßt die Schlußfolgerung zu, daß die Bezeich- Zu Tz 179 des MB nung „Hausnummer" nicht etwa auf zu versen- dende Weihnachtskarten zu beziehen ist, wie es von Auf folgende weitere Zahlungseintragung für 1978 Brauchitsch in seiner Vernehmung bekundete, son- wird hingewiesen: dern als Pseudonym für Spenden an Parteien und „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: Politiker benutzt wurde. 11.8. vB wg. Kohl 25 000". Bereits am 5. Juni 1974 hatte von Brauchitsch für Kaletsch notiert: Ein hiermit korrespondierender Quittungsbeleg fin- det sich in den Akten. „Ich übermittle Ihnen beiliegend Kopie des Brie- fes von Konrad Henkel vom 31. Mai mit der (vgl. zu Tz 244 des MB) Zu-/Absagenliste für den 19. Juni. Nach meinem heutigen Gespräch mit Herrn Kobold werden au- ßer Ihnen und mir die Herren van Delden, Otto ZuTz196 des MB Henkel, Quandt mit Goltz und Schickedanz mit Es ist davon auszugehen, daß eine Intervention Laschet zur Vorbesprechung um 16.30 Uhr gebe- Krugs auf den Landeswirtschaftsminister Dr. Ru- ten (Haus Hösel) ... Ich habe mich einverstanden dolf Eberle über Burda und Dr. Lothar Späth erfolgt erklärt, einen einführenden Satz zur Problematik ist. der Finanzierung von ,Nebenorganisationen' zu machen." Dieses ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Schäfer vor der Staatsanwaltschaft Bonn, wonach Unter dem Datum vom 28. Februar 1975 findet sich Minister Dr. Eberle ihn „um beschleunigte Bearbei- ein weiterer Sekretariatsvermerk aus dem Büro tung durch das zuständige Referat gebeten" habe, von Brauchitschs mit folgendem Wortlaut: sowie der dann auch tatsächlich feststellbaren be- schleunigten Bearbeitung der Anträge im Stuttgar- „Mitgabe zum Termin 4. März bei Dr. Henkel er- ter Wirtschaftsministerium. ster Dienstag, 4. 3., abschließende Hausnummer von Herrn Kobold in Sachen Projekt ,R`. 2. CDU- Metzkausen 2x5 (Flick und Henkel)." Zu Tz 198 des MB Aufschlußreich zur Frage des Gegenstandes von Im Ergebnis ist festzustellen, daß die von Diehl ver- Gesprächen im „Höseler Kreis" — in offensichtli- merkten Zahlungsempfänger durchweg den Emp- cher Verbindung zu Gesprächen von Brauchitschs fang der Zahlungen bestreiten, jedoch die Erklä- mit Konrad Henkel sowie Kobold — ist eine weitere rung von Brauchitschs zum Verbleib des Geldes Notiz aus dem Sekretariat von Brauchitschs, in der nicht glaubhaft ist. unter dem 15. Juli 1974 wie folgt notiert wurde: Die aus diesem Grunde notwendige Vernehmung „Memo für nächsten Henkel-Kreis. Kiep soll Otto A. Kaletsch jun. ist durch die Ablehnung des grobe Einnahmen- und Ausgabenrechnung für Beweisantrages der Vertreter der GRÜNEN im Hösel (nächstes Gespräch) vorbereiten. 1. Untersuchungsausschuß sowie wegen des insge- (Abgestimmt mit Laschet)." samt vorzeitigen Abbruchs der Beweisaufnahme vereitelt worden. Weitere Aufklärung hätte nur die Fortsetzung der - Vernehmung des Zeugen Kiep sowie die Verneh- Auch der Verbleib der für Dr. Eberle vermerkten mung Dr. Konrad Henkels ergeben, was jedoch Zahlung konnte ebenso nicht geklärt werden wie durch den von der Ausschußmehrheit herbeigeführ- Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode ten vorzeitigen Abbruch der Beweisaufnahme ver- DM in 1979 oder möglicherweise insgesamt eitelt wurde. 55 000,— DM in 1979. Der Zeuge Kiep konnte vor dem 1. Untersuchungs- Auf weiteres Befragen nach dem „wg. Biedenkopf" ausschuß zu den oben aufgeführten Vermerken notierten Betrag von 30 000,— DM, von dem nicht befragt werden, da diese Unterlagen dem Aus- Dr. Kohl 25 000,— DM erhalten haben soll, erklärte schuß bei der Vernehmung des Zeugen noch nicht er: zur Verfügung standen. Ein hierauf von den Vertre- tern der GRÜNEN im 1. Untersuchungsausschuß „Der ist bei mir nicht eingegangen". eingebrachter Antrag auf erneute Ladung des Zeu- Angaben darüber, daß die in der Diehl-Liste unter gen Kiep im Hinblick auf die sich aus den nachge- der Bezeichnung „wg. Kohl" notierten Beträge, ins- lieferten Akten neu ergebenden Fakten fand besondere die vom 11. August 1978 in Höhe von ebenso keine Mehrheit im Ausschuß. 25 000,— DM und vom 19. Januar 1979 in Höhe von 30 000,— DM in seinem Namen von der Zeugin We- Zu Tz 244 des MB ber entgegengenommen oder abgeholt worden sind, machte Dr. Kohl nicht. Er bekundete vielmehr, daß Auf folgende weitere Zahlungseintragungen für Herr von Brauchitsch, 1979 wird hingewiesen: „... wenn er kam oder jemanden vorbeischickte, „Inoffizielle Zahlungen an die CDU: er diese Spenden mir übergeben hat. Ich habe die 19. 1. vB wg. Biedenkopf 30 000 Spenden entgegengenommen und bei der näch- 19.1. vB wg. Kohl 30 000". sten Gelegenheit, wenn ich Herrn Dr. Lüthj e traf, wenn er einen Termin bei mir hatte, ihm überge- Mit diesen Zahlungen korrespondierende Quit- ben. Das war nicht am gleichen Tag, sondern mei- tungsbelege befinden sich in den Akten. stens wesentlich später." Die Zahlungseintragung vom 19. Januar 1979 war Hinsichtlich der Frage, ob Dr. Kohl den insoweit ebenso wie die vom 11. August 1978 Gegenstand der strittigen Betrag vom 11. August 1978 über 25 000,— Befragung Bundeskanzler Dr. Kohls vor dem 1. Un- DM und über unter seinem Namen eingetragene tersuchungsausschuß. Zu letzterer bekundete Dr. Zahlungen hinausgehende Geldzuwendungen er- Kohl wie folgt: halten hat, liegen folgende Erkenntnisse vor: ,,... diese Zahlung findet sich natürlich in meiner In einem Vermerk für Herrn von Brauchitsch vom Aufstellung. Wenn Sie die Zahlen 25 000 und 11. August 1978 hielt dessen Büro unter Ziffer 8 fol- 30 000 addieren, ergibt das nach den Grundre- gendes fest: chenarten die Summe, die darin steht am 9. März." „Herr Dr. Kohl bittet um Ihren Rückruf, wenn möglich bis kurz vor 11 — sonst meldet er sich Dr. Kohl bezog sich in seiner Antwort auf die Auf- am Nachmittag wieder .../h." stellung, die er mit Schreiben vom 22. September 1982 der Staatsanwaltschaft Bonn übermittelt hatte. Unter demselben Datum ist in der Diehl-Liste eine In dieser Aufstellung wurden drei Barzahlungen Zahlung in Höhe von 25 000,— DM „wg. Kohl" ver- bestätigt, und zwar: zeichnet. 5. Juli 1977 DM 50 000,- Ebenfalls unter dem 11. August 1978 fertigte das Büro von Brauchitschs einen Vermerk für Frau Dr. 9. März 1979 DM 55 000,- von Brauchitsch mit folgendem Inhalt: 24. April 1980 DM 50 000,— „Am Dienstag, 15.8., kommt um 18.00 Herr Dr. Kohl (alleine) nach Metzkausen." Zu der Zahlungseingangsbestätigung der Schatz- meisterei der CDU vom 9. März 1979 in Höhe von Hinsichtlich der Zahlungen vom 19. Januar „wg. 55 000,— DM bekundete Dr. Kohl auf die Frage, ob Kohl" sowie „wg. Biedenkopf" ließ der Zeuge von er meine, daß dies eine Zahlung sei, die er zum Teil Brauchitsch in einer Schutzschrift seines Verteidi- in 1978 und zum Teil in 1979 erhalten habe, wie gers vom 1. Dezember 1982 folgendes vortragen: folgt: „Ursprünglich war auch der von meinem Man- „Das meine ich nicht so, das ist so." danten am 19. 1. 1979 ,wegen Biedenkopf' erho- Dr. Kohl bestritt bei seiner Befragung zunächst, im bene Betrag von DM 30 000,— zur Weiterleitung Jahre 1979 über die von ihm genannten 30 000,— an Herrn Köppler und bei ihm zur Finanzierung DM Zahlungen erhalten zu haben. Auf weiteren eines ähnlichen Zweckes bestimmt. Die insoweit Vorhalt jedoch wollte er nicht ausschließen, daß vorgesehene Maßnahme entfiel jedoch, nachdem sich der Betrag von 55 000,— DM nicht auf die mein Mandant sich den Betrag zu ihrer Finanzie- Jahre 1978 und 1979 verteilt habe, sondern insge- rung bereits aus der Dispositionskasse hatte aus- samt im Jahre 1979 an ihn gezahlt worden sei. händigen lassen. Er gab diesen Betrag deshalb nur noch in Höhe von DM 5 000,— zur Finanzie-- Jedoch blieb Dr. Kohl dabei, daß er insgesamt nur rung allgemeiner Parteiausgaben an Herrn Köp- 55 000,— DM erhalten habe, entweder in zwei Be pler weiter und ließ die verbleibenden trägen, nämlich 25 000,— DM in 1978 und 30 000,— DM 25 000,— zusammen mit den gleichfalls am Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

19. 1. 1979 ohnehin zu diesem Zweck erhobenen Im Ergebnis ist festzustellen, daß bei einem Ver- DM 30 000,— Anfang März 1979 Herrn Dr. Kohl gleich der in den Jahren 1977, 1978 und 1979 auf den aushändigen." Konten der CDU verbuchten Eingänge an Flick- Spenden — die von Dr. Kohl an seine Partei weiter- Der Zeuge Dr. Biedenkopf hat in seiner Verneh- geleitet wurden — mit den Ausgängen, die laut mung vor der Bonner Staatsanwaltschaft am Diehl-Liste in den genannten Jahren als Spenden- 14. Juni 1982 sowie in einem Schreiben an die Bon- zahlungen an Dr. Kohl ergangen sind, sich ein Fehl- ner Staatsanwaltschaft vom 7. Juli 1982 bestätigt, betrag in Höhe von insgesamt 55 000,— DM errech- daß er die unter der Bezeichnung „wg. Biedenkopf" net, dessen Verbleib ungeklärt ist. in der Diehl-Liste eingetragene Zahlung in Höhe von 30 000,— DM vom 19. Januar 1979 nicht erhal- Es ist daher denkbar, daß Dr. Kohl die Zahlungsein- ten hat. In dem Schreiben vom 7. Juli 1982 heißt es gänge vom Dezember 1977 sowie vom August 1978 hierzu: in seiner Zeugenvernehmung deshalb in Abrede „Wie vereinbart, habe ich mich inzwischen be- stellte, weil er die Weitergabe der Beträge an seine müht festzustellen, ob die in der Buchhaltung der Partei nicht zu belegen vermag. Firma Flick aufgezeichneten Zahlungen vom Zu Tz 248, 255 des MB 19.1. 1979 über DM 30 000,— und 30. 1. 1980 über Im Gegensatz zu den Feststellungen des Mehrheits- DM 25 000,— an Stellen der westfälischen CDU berichts ist u. a. aufgrund der Brauchitsch-Notiz geflossen sind. Ich konnte jedoch keine entspre- vom 13. Februar 1979 sowie der Aussage des Zeugen chende Zahlungen ermitteln. Ich muß deshalb da- Dr. Schmitz bei seiner staatsanwaltschaftlichen von ausgehen, daß die quittierten Beträge an Vernehmung davon auszugehen, daß anläßlich des Dritte geflossen sind." Berichts über die „Arbeit des Bonner Büro" im Jahr Dies legt den Verdacht nahe, daß die Aussage von 1978 sowie Gesprächen über die „Dispositions-Li- Dr. Kohl hinsichtlich der Zahlung in Höhe von ste", über finanzielle Zuwendungen der Firma Flick 25 000,— DM vom 11. August 1978 ebenso unrichtig in den politischen Raum beraten wurde. ist wie die hinsichtlich der Zahlungen vom 6. De- Hierbei ist ein Zusammenhang der Zuwendungen zember 1977 (siehe oben) und vom 19. Januar 1979. mit den 6 b- und 4-Verfahren in hohem Maße wahr- Dr. Kohl behauptete, er habe die Zahlung in Höhe scheinlich. Der Zeuge Dr. Schmitz äußerte sich bei von 30 000,— DM vom 6. Dezember 1977 nicht erhal- seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung zu ten und die entsprechende Eintragung in der Diehl der Brauchitsch-Notiz vom 13. Februar 1979 wie Liste sei unrichtig. folgt: Angesichts der Aufzeichnung aus dem Büro von „Der Transport von Informationen setzte Kon- Brauchitschs, der zufolge Frau Weber am 6. Dezem- takte voraus. Es hat sich nach meiner Erfahrung ber 1977 von Brauchitsch offenbar lediglich zu Ab- herausgestellt, daß die Kontakte zu Bundestags- holzwecken für kurze Zeit aufsuchte sowie der zeit- abgeordneten häufig dadurch verbessert wurden, lichen Übereinstimmung mit der Eintragung in der daß man ihre Bitte um Unterstützung im Wahl- Diehl-Liste: kampf nicht abschlägig beschied." „6. 12.77 wg. Kohl 30 000 DM" Aus den Berichten des Bonner Büros an die Kon- zernzentrale läßt sich eine intensive Mitarbeit von ist jedoch davon auszugehen, daß Frau Weber im Schmitz und Kanter zu den Bescheinigungsverfah- Namen von Dr. Kohl den Betrag von 30 000,— DM ren feststellen. Einige in den Berichten gewählte entgegennahm. Formulierungen lassen keinen Zweifel daran, daß Auch die Bekundungen Dr. Kohls, er habe in den über das Bonner Büro erfolgte Geldzuwendungen Jahren 1978 und 1979 insgesamt lediglich 55 000,— an Politiker und Parteien mit der Erwartung politi- DM von der Firma Flick über Herrn von Brau- scher Gegenleistungen der Zahlungsempfänger ver- chitsch erhalten, sind unrichtig. Beide Varianten bunden waren. der Sachverhaltsdarstellung von Dr. Kohl lassen So findet sich im Bericht über die Arbeit des Bon- sich mit den vorhandenen Urkunden, den Angaben ner Büros aus dem Jahre 1978 unter der Über- des Zeugen von Brauchitsch und des Zeugen Bie- schrift: denkopf nicht in Einklang bringen. „Steuerpolitische Anliegen des Hauses" Dr. Kohl will entweder 55 000,— DM in Teilbeträgen von 25 000,— DM im Jahre 1978 und 30 000,— DM folgende Notiz: im Jahre 1979 oder in 1978 nichts und im Jahre 1979 den Gesamtbetrag von 55 000,— DM erhalten ha- „In Sachen § 6 b, § 4 Beratung von Herrn von ben. Brauchitsch und Herrn Wacker über personelle Zusammenhänge und Ansprechwege, Herstel- Nach den Eintragungen in der Diehl-Liste sowie lung von Kontakten, Beschaffung von Einzelin- den Angaben der Zeugen Biedenkopf und von Brau- formationen aus Bundestag, BMWi und BMF." chitsch hat Dr. Kohl jedoch in den Jahren 1978 und 1979 insgesamt 80 000,— DM erhalten. Des weiteren unter der Überschrift: Schließlich verschwieg Dr. Kohl überhaupt, daß „Besorgung von — teilweise — vertraulichen Re-- seine Mitarbeiterin Juliane Weber Zahlungen von ferentenentwürfen zu Gesetzesvorhaben und Pa- der Firma Flick entgegennahm. pieren vorpolitischer Initiativen": Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

„Parlamentarische Anfragen und Initiativen in bestens informierter Unterabteilungsleiter des Sachen 6 b". BMI" habe ihm gesagt, im Bundeswirtschaftsmini- sterium sei keine Neigung vorhanden, diesen Fall Unter der Überschrift: an Spitzfindigkeiten des Steuerverwaltungsverfah- rensrechts aufzuhängen. Man suche lediglich nach „Abgabe von Voten zur Entscheidungsfindung bei einer Formulierung, den Tatbestand der Förde- der Spendenvergabe: rungswürdigkeit zu verlängern; „diese würde den Auf der Grundlage intensiver Materialauswer- Fall politisch abfedern". Die Firma Flick solle auf tung vorparteilicher und vorpolitischer Gruppie- sehr hoher Ebene dem Bundeswirtschaftsministe- rungen (Programme, Personalstruktur, Einfluß) rium und dem Bundesfinanzministerium gegenüber mit dem Ziel der Effizienzkontrolle wurde die eine Art „Garantieerklärung" abgeben; sie sei dann Spendenpolitik gestrafft. (Größere Wirkung mit insofern gebunden, als sie sich ein kurzfristiges Ab- geringeren Mitteln.)" rücken davon kaum leisten könne. Eine aus diesen Gründen gebotene Vernehmung Für das Jahr 1980 finden sich in dem Bericht über von Dr. Schmitz und Kanter war wegen des vorzei- die Arbeit des Bonner Büros weitere Hinweise zu tigen Abbruchs der Beweisaufnahme ebensowenig dessen Befassung mit den 6 b- und 4-Verfahren der möglich wie die Vernehmung der Sekretärin im Firma Flick. Büro Eberhard von Brauchitschs, Frau Heidemann, Unter der Überschrift „Steuerrechtliche und politi- zu Fragen nach Eintragungen in der Diehl-Liste, sche Themen" wurde folgendes notiert: zum Bargeldverkehr, über die Verbindung von Brauchitsch/Schmitz und Kanter sowie zu Vermer- „Recherchen in Sachen § 6 b, 4, insbesondere über ken und Telefonvermerken aus dem Hause Flick. Zusammenwirken zwischen BMF/BMI (Rechts- fragen ggf. bei Auflagenerteilungen und BMF/ SPD-Fraktion; Stimmungsanalyse BMWi ... ' Zu Tz 256 des MB

Anläßlich der zum Antrag VDHI seinerzeit streiti- Zu der Zahlungseintragung vom 19. April 1979 gen Frage, ob dieser mit einer Auflage zu versehen „wg. Graf Lambsdorff 30 000" wäre, wurde das „Bonner Büro" eingeschaltet. hat von Brauchitsch in seiner Schutzschrift ausfüh- Dr. Schmitz teilte von Brauchitsch am 9. Mai 1980 ren lassen, der Betrag sei an den Schatzmeister der mit, er habe sich „diskret" erkundigt, ob zu dieser FDP Karry gegangen. Rechtsfrage inzwischen auch das Bundesministe- Die Glaubwürdigkeit dieser Einlassung von Brau- rium des Innern eingeschaltet worden sei. Dies sei chitschs ist jedoch schon deshalb zu bezweifeln, aber sowohl im Bundeswirtschaftsministerium als weil Karry selbst namentlich als Zahlungsempfän- auch im Bundesministerium des Innern verneint ger in den Aufzeichnungen Diehls vermerkt ist. worden. Er werde deshalb „diskret" bei Beamten des Bundesfinanzministeriums recherchieren, wo Dr. Otto Graf Lambsdorff hat den Erhalt der Zah- nun wirklich die Sache hänge. lung in Abrede gestellt. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat hinsichtlich die- Am 3. Juni 1980 konnte Dr. Schmitz von Brau- chitsch über seine erneute „diskrete" Recherche be- ser Zahlung aus Mangel an Anhaltspunkten für eine Übergabe des Betrages das Ermittlungsverfah- richten. ren eingestellt. Der zufolge hatte der telefonisch angesprochene Von einer abschließenden Beweiswürdigung wird BMI-Referent Bedenken gegen eine Auflage geäu- mit Rücksicht auf das vor dem Landgericht Bonn ßert. Das Bundesfinanzministerium wolle wieder anhängige Strafverfahren abgesehen. auf das Bundesministerium des Innern zurückkom- men; dies sei bisher aber nicht geschehen. Daraus Zu Tz 258 des MB lasse sich folgern, daß eine zitierfähige rechtsgut- achterliche BMI-Außerung bisher nicht eingeholt Weder Junghans noch Porzner konnten als Zeugen worden sei. Auch im Bundeswirtschaftsministerium gehört werden, da die Ausschußmehrheit die Be- sei man — so fuhr Dr. Schmitz fort — der Auffas- weisaufnahme vorzeitig abbrach. sung, daß dieses Verfahren wohl „Ausfluß einer — wie auch immer — begründeten Verzögerungstak- Aufklärungsbedarf besteht wegen des auffälligen tik" sei. zeitlichen Zusammenhangs der Eintragungen mit Dr. Schmitz unterrichtete von Brauchitsch sodann den vorangegangenen Gesprächen zwischen von eingehend über die rechtlichen Überlegungen des Brauchitsch mit Junghans und Porzner. BMI-Referenten. Dieser habe u. a. gemeint, eine vertragliche Selbstbindung des Antragstellers sei Zu Tz 282 des MB zwar zulässig, aber ohne jede Wirkung, da man den Antragsteller nicht an einem derartigen Vertrag Auf folgende weitere Zahlungseintragung für 1979 festhalten könne. wird hingewiesen: Offenbar nach einer weiteren Recherche teilte „Inoffizielle Zahlungen an die CSU: Dr. Schmitz mit, ein ihm „sehr gut bekannter und 24. 10. Dr. FKF wg. FJS 250 000". Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

In seiner Vernehmung vor dem 1. Untersuchungs- „... Besorgung von nicht-öffentlichen Protokollen ausschuß bestritt der Zeuge Strauß, daß er im von Parlamentsausschüssen". Herbst 1979 — insoweit mit Bezug auf die von Diehl festgehaltene Zahlung „wg. FJS" über Dr. Flick vom Unter der Überschrift: 24. Oktober 1979 — mit Dr. Flick zusammengetrof- „Beispiele zur politischen Einflußnahme": fen sei. In den Akten findet sich jedoch eine Notiz von Brauchitschs vom 26. Oktober 1979, gerichtet an „... Formierung einer Arbeitsgruppe für Stoiber Dr. Flick „persönlich — unter Umschlag" mit fol- (u. a. inhaltliche Vorbereitung CSU-Kongreß ,Zu- gendem Wortlaut: kunft`) sowie Mitwirkung „Ich habe FJ am 25.10. die Unterlagen mit Deinen Weiterführung der Gesprächskreise Junge Uni- besten Grüßen übermittelt. FJ läßt Dir bestens on/Wirtschaft sowie RCDS/Wirtschaft (ergänzt danken. Nebenbei bemerkt habe ich fast zwei durch Einzelberatung) Stunden auf ihn warten müssen." Ansätze zur Installierung einer Gesprächsrunde mit ,schwierigen` Bonner Journalisten (im Zu- Dies legt die Schlußfolgerung nahe, daß der vom sammenwirken mit Dr. Kiesewetter) 24. Oktober 1979 von Diehl festgehaltene Betrag Im Jahre 1979 zeigte sich, daß der Rat des Büro „wg. Strauß" über von Brauchitsch am 25. Oktober Bonn von Parlamentariern, Beamten sowie Funk- ' 1979 an Dr. Strauß ausgehändigt worden ist. tionsträgern in Parteien und anderen Organisa- Auf Befragen, ob dieses so der Fall gewesen sein tionen in zunehmendem Maße in Anspruch ge- könne, entgegnete Dr. Strauß: nommen wurde. Auf diese Weise konnten im Vor- feld politischer Vorgänge bereits Korrekturen „Herr von Brauchitsch hat mich mehrmals aufge- vorgenommen werden (u. a. CDU-Konzept For- sucht. Ich bin ja gefragt worden (Dr. Strauß ver- schung und Umwelt durch Lieferung von Beiträ- wies hier auf die Befragung vor der Staatsanwalt- gen aus Unternehmen der Gruppe; Verhinderung schaft Bonn), ob die Liste stimmt. Da habe ich der Gründung einer wirtschaftsfeindlichen Um- gesagt, daß diese Eintragung ,FKF` nicht weltstiftung) ... * stimmt." Auf nochmaliges Befragen, ob von Brauchitsch ihm im Oktober 1979 250 000,— DM in bar übergeben Zu Tz 294 des MB haben könnte, entgegnete Dr. Strauß: Es wird darauf hingewiesen, daß die Eintragung „Das war im Vorfeld der Bundestagswahl. Da „wg. Funcke" mit dem Bescheinigungsverfahren zu- sind verschiedene Zuwendungen gekommen. Ich sammenhängen könnte, da Frau Funcke zum einen habe Herrn von Brauchitsch zwar nicht so oft wie als Steuerexpertin der FDP galt und zum anderen andere Würdenträger, aber auch einige Male ge- seit November 1979 Minister für Wirtschaft, Mittel- sehen. Mehr kann ich jetzt nicht sagen." stand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfa- len war und somit eine Stellungnahme zum 3. Ge- Unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen leitzug abzugeben hatte. Dr. Strauß sowie der Aussage des Zeugen Dr. Flick, welcher Barzahlungen an Dr. Strauß bestätigte, ist Zu der Zahlung „wg. Graf Lambsdorff" ließ von davon auszugehen, daß Dr. Strauß die von Diehl Brauchitsch in seiner Schutzschrift ausführen, verzeichnete „inoffizielle Zahlung" für das Jahr diese sei, ebenso wie die vorangegangenen Zahlun- 1979 erhalten hat. gen vom 6. Dezember 1977 und vom 19. April 1979 und die später erfolgten Zahlungen vom 15. April Insoweit ist die Einlassung von Dr. Strauß, die 1980 und 7. Juli 1980 an den Schatzmeister der FDP, Diehl-Liste sei die Eintragung vom 24. Oktober 1979 Heinz-Herbert Karry, gegangen. betreffend unrichtig, nicht haltbar. Die Einlassung von Brauchitschs vermag jedoch Ein mit der Zahlung korrespondierender Quittungs- schon deshalb nicht zu überzeugen, weil Karry beleg ist in der Buchführung über die sogenannte selbst namentlich in den Aufzeichnungen Diehls Dispositionskasse nicht vorhanden; sie kann daher notiert ist. nur aus der „schwarzen Kasse" oder anderen Verfü- gungsmitteln stammen. Dr. Graf Lambsdorff hat den Erhalt dieser und der beiden weiteren im Jahr 1980 von Diehl notierten Zahlungen „wg. Lambsdorff" bestritten. Zu Tz 291 des MB Von einer abschließenden Beweiswürdigung wird Es wird darauf hingewiesen, daß neben den im im Hinblick auf das vor dem Landgericht Bonn an- Mehrheitsbericht genannten Tätigkeiten des Bon- hängige Strafverfahren abgesehen. ner Büros im Jahre 1979 u. a. folgende weitere Tä- tigkeiten festgehalten sind: Zu Tz 318 des MB Unter der Überschrift: Es ist davon auszugehen, daß die Gespräche Gen- „Besorgung von — teilweise — vertraulichen Re- schers mit von Brauchitsch mit dem Inhalt stattge- ferentenentwürfen, Papieren und Informationen funden haben, wie ihn von Brauchitsch in seinen möglichst vor politischen Entscheidungen": Vermerken festhielt. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Aus der Tatsache nicht bekanntgewordener mittel- „Tel. Besprechung mit Herrn Dr. Kinkel in Bonn. barer oder unmittelbarer Versuche von Einflußnah- Herr Dr. Kinkel hat folgende Kontonr. durchge- men Genschers auf Dr. Uelner ist nicht ohne weite- geben: Deutsche Bank, Bonn-Bad Godesberg, Nr. res zu folgern, es habe eine derartige Zusage Gen- 1231471, Friedrich-Naumann-Stiftung/Inland. Von sehers an von Brauchitsch nicht gegeben. dort würde auch die Quittung kommen. Ist damit Ihr Telefonwunsch von heute/vormittags erle- Es ergibt sich vielmehr der Eindruck, daß die Zu- digt?" sage vor dem Hintergrund der vom Parteivorsitzen- den der FDP weiterhin gewünschten Zuwendungen Sechs Tage später, am 27. Oktober 1976, übersandte an die FDP, insbesondere angesichts der um die der Geschäftsführer der Friedrich-Naumann-Stif- Zeit der Gespräche benötigten Wahlkampfmittel, tung der Konzerntochter Feldmühle eine abzugsfä- erfolgt ist. hige Spendenbescheinigung über 100 000 DM. Von daher erscheint es naheliegend, wenn die Firma Flick bei ihren Überlegungen und Gesprä- Diehl notierte hierzu unter „Zahlungen an die chen zur Möglichkeit einer Einflußnahme auf den FDP: in Uelner vermuteten „FDP-Hauswart im Bundesfi- Friedrich-Naumann-Stiftung nanzministerium" den Weg zum Parteivorsitzenden wg. Genscher 100 000". Genscher suchte. Dieses vornehmlich aus dem Grunde, weil sie sich Auch für die Jahre 1977 und 1978 finden sich Hin- wegen zuvor an die FDP geleisteter Zahlungen weise in den Unterlagen dafür, daß von Brauchitsch so auch an die der FDP nahestehende Friedrich- sowohl persönlichen als auch telefonischen Kontakt Naumann-Stiftung „wg. Genscher" — Hilfe von de- mit Dr. Kinkel hatte. Dieses läßt vermuten, daß ren Parteivorsitzenden für die laufenden Anträge Dr. Kinkel auch bei Abwicklung der Zahlungen „wg. versprach. Genscher" für die Jahre 1977 und 1978 eingeschaltet war. Daß der Parteivorsitzende Genscher Kenntnis von den Zahlungen der Firma Flick an die FDP-nahe Die Fortsetzung der lediglich unterbrochenen Ver- Friedrich-Naumann-Stiftung „wg. Genscher" — in nehmung von Bundesaußenminister Genscher so- den Jahren 1976 bis 1978 insgesamt 1,1 Millio- wie die Vernehmung des Zeugen Dr. Kinkel war nen DM — hatte, ergibt sich schon aus der Aussage wegen des vorzeitigen Abbruchs der Beweisauf- des Zeugen von Brauchitsch im Strafverfahren vor nahme unmöglich. der 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn, in der von Brauchitsch zu Zahlungen an die Friedrich- Naumann-Stiftung ausgesagt hat, Genscher habe geklagt, daß die FDP die einzige Partei sei, die im Zu Tz 335 des MB Großraum Bonn keinen geeigneten Platz für Tref- Bei der (späteren) Rücknahme des Antrags US-Fil- fen habe. ter spielte neben ohnehin positiven finanziellen Von Brauchitsch kommentierte dies in seiner Aus- Auswirkungen für die Firma Flick auch die Überle- sage vor dem Landgericht mit der Bemerkung: gung eine Rolle, für die noch laufenden Anträge, vor allem für den Gerling-Antrag, ein günstigeres „Kli- „Für jemanden, der Ohren hat, war zu erkennen, ma" zu schaffen. daß er die Wirtschaft zur Kasse bitten wollte." Bereits Anfang 1978 hatte der Firmeninhaber Genscher habe seinerzeit vorgeschlagen, erst ein- Dr. Flick nach einem Vermerk von Brauchitschs an mal in zwei Tranchen à 250 000,— DM zu zahlen Wacker angeregt, wegen der im Hinblick auf ihre sowie dann auf Nachhaken Genschers noch eine Genehmigung gefährdeten Anträge Feldmühle und halbe Million. Grace einen weiteren Antrag zu stellen, um den befaßten Ministerien „etwas zum Ablehnen" zu ge- Den dem 1. Untersuchungsausschuß vorliegenden ben. Unterlagen ist zu entnehmen, daß unter dem Da turn vom 16. Dezember 1977 zwei Zahlungen von je Wörtlich hielt von Brauchitsch hierzu fest: 250 000 DM von den Konzerntöchtern Buderus und Dynamit Nobel an die Friedrich-Naumann-Stiftung „Um der Sache Fm eine größere Chance einzu- geleistet wurden sowie unter dem Datum vom räumen, hat Dr. F. K. Flick eine — wie mir 16. Mai 1978 eine Zahlung in Höhe von 500 000 DM. scheint — grandiose Idee geboren. Wir sollten — ohne jeden sachlichen Hintergrund — einen An- Bei Zahlungen an die Friedrich-Naumann-Stiftung trag nach § 4 zur Beteiligung an einer US-ameri- „wg. Genscher" war auch der Ministerialdirektor kanischen Papierfabrik nachschieben. Dann gäbe des Auswärtigen Amtes, Dr. Kinkel — von von es etwas abzulehnen, und zwar im § 4-Bereich, Brauchitsch in einem Schreiben für Paefgen als und außerdem würde es die Behörde schwerer „Sonderbotschafter und graue Eminenz von Gen- haben, im Bereich der Fm zwei Ablehnungen aus- scher" bezeichnet —, eingeschaltet. Bereits in ei- zusprechen ... '' nem Vermerk vorn 21. Oktober 1976 aus dem Sekre- tariat von Brauchitschs ist zur Mitwirkung Dr. Kin- In der Folgezeit nahm Dr. Flick den Gedanken ei-- kels bei Zahlungen an die FDP-nahe Friedrich-Nau- nes „deal" wieder auf und hielt in einem Vermerk mann-Stiftung folgendes zu entnehmen: vom 11. Mai 1981 folgendes fest: Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

„... Es war ein großer Fehler, sich in den Fällen nicht Aufteilung — nämlich daß Kl. zu La hin- USF und Gerling nicht vorher eine schriftliche geht. Im Zuge der USF-Abgabe muß es denn ja

Zusage geben zu lassen ... vB soll jetzt sofort zu möglich sein, die Genehmigung für Gerling zu

M und L hingehen, wobei überlegt werden soll, ob besorgen, wie denn sonst ..." Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

3. Abschnitt Politische Bewertung und Schlußfolgerungen

1. Verhältnis von Wirtschaft und Politik Vertrauen in die demokratischen Institutionen ver- lieren, wenn nicht grundlegende Änderungen voll- 1.1 Vorbemerkung zogen werden. Sicherlich unter einem anderen Blickwinkel und Die vom Untersuchungsausschuß festgestellten Tatsachen vermitteln einen Einblick in ein engma- auf der Grundlage wirtschaftspolitischer Vorstel- schiges Geflecht von Beziehungen zwischen dem lungen, die DIE GRÜNEN nicht teilen, kam die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Kom- Flick-Konzern und Politikern aus CDU, CSU, FDP und SPD. Über ein weitverzweigtes Kapillarsystem mentar (FAZ-Ausgabe vom 7. Mai 1985, S. 13) über wurden den genannten Parteien und einzelnen Poli- Fusionen im Medienbereich zu ähnlich kritischen Überlegungen: tikern, die dem Flick-Konzern besonders genehm waren, finanzielle Transfusionen zugeleitet, die sie „Die Konzentration von Macht ist Gift für eine in zunehmende Abhängigkeit von ihren Geldgebern freie Ordnung ... Das Schlimmste, nämlich die brachten. Formierung eines in seinen Auswirkungen nicht abzuschätzenden Bündnisses von Mächtigen, ist Vorgehens- und Verhaltensweisen der Geschäftslei- nicht auszuschließen. Das wäre ein politisches tung des Flick-Konzerns und einer großen Zahl von Verhängnis." Politikern widersprechen so deutlich den Grundre- geln der Demokratie, daß sie teilweise sogar von Leider übersieht die Frankfurter Allgemeine Zei- der Ausschußmehrheit in sachter Form „mißbilligt" tung, daß dieses „in seinen Auswirkungen nicht ab- werden (vgl. Tz 418 MB). zuschätzende Bündnis von Mächtigen" längst be- steht. Für die Beurteilung des Sachverhalts genügt eine isolierte Betrachtungsweise jedoch nicht, sondern Das Beziehungsgeflecht zwischen Flick-Konzern Struktur und Funktionsweise der Beziehungen zwi- und Politik, dessen Relief aufgrund der Beweiserhe- schen Flick-Konzern und Politikern können nur auf bungen des Ausschusses in Umrissen erkennbar dem Hintergrund der historischen Entwicklung und wurde, ist exemplarisch für das unmittelbare Hin- des gesellschaftlichen Umfeldes begriffen werden. einwirken „der Wirtschaft" in die Politik. Daß sich Angesichts der Krise, in die die von Flick alimen- der Flick-Konzern in mancher Hinsicht dabei be- tierten Parteien geraten sind, wurde der Versuch sonders exponiert hat, vermag an dieser Feststel- unternommen, den Schaden durch die These zu be- lung nichts zu ändern. grenzen, die Flick-Affäre sei ein Ausnahmefall, ein politischer Unfall, während an guten Sitten, Demo- kratietreue und Ehrbarkeit nirgendwo sonst zu 1.2 Historische Entwicklung zweifeln sei. Mit großem Pathos wurde beschworen, die Republik sei nicht käuflich. Auch der Mehr- a) Bereits in der Weimarer Republik haben Groß- heitsbericht behauptet, die in den Medien erhobe- unternehmen erfolgreich rechtsgerichtete Par- nen schwerwiegenden Vorwürfe hätten sich nicht teien für ihre wirtschaftlichen Interessen in bestätigt. Das Agieren des Flick-Konzerns, die Ein- Dienst genommen. Die dabei angewandten Me- nistung seiner Lobby in Parteien und politischen thoden ähneln in verblüffender Weise den Akti- Institutionen, Herrschaftsanspruch und Herr- vitäten, die mit der Flick- und Parteispenden- schaftsgebaren von Flick und seiner Bevollmächtig- affäre aufgedeckt worden sind. ten sind aber keineswegs eine exotische Ausnah- Eine ausführliche Beschreibung der Beziehun- meerscheinung sondern symptomatisch für eine ge- gen zwischen der Großindustrie und bestimmten sellschaftliche Fehlentwicklung in sehr viel größe- Parteien während der Weimarer Zeit ist inner- ren Dimensionen. Kennzeichnend dafür ist das sich halb des Ausschußberichts weder möglich noch immer mehr vergrößernde bedrohliche Überge- notwendig. Immerhin wurde schon damals eine wicht großer Konzerne und Banken. Sie haben sich „Staatsbürgerliche Vereinigung" gegründet, de- zu Machtzentren ausgebildet, die die Gefahr der ren Bestrebungen der Leiter des IG Farben Kon- Zerstörung der demokratisch-parlamentarischen zerns, Carl Duisberg, in der Gründungsver- Institutionen von innen heraus begründen. Wenn sammlung folgendermaßen zusammenfaßte: die Innenansicht der politischen Institutionen er- „In der Behandlung wichtiger wirtschaftlicher gibt, wofür die Untersuchungen des Ausschusses ei- Fragen muß eine Änderung eintreten. Wie nige Belege liefern, daß manche Politiker nur noch man es machen muß, das kann man in Arne- als Handlager von Kapitalinteressen fungieren, die rika sehen. Die ganze Politik dort wird von- von ihren politischen Geldgebern „an die Leine" ge- einem Gremium von Wirtschaftlern gemacht. legt werden können, steht jedenfalls die Substanz Wenn größere Fragen zur Entscheidung ste der Demokratie auf dem Spiel. Das Volk wird das hen, dann treten sie zusammen, sprechen Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

diese durch und setzen Richtlinien fest, nach durchgeführte Währungsreform nicht beein- denen wird dann gearbeitet. Aber wie soll man trächtigt sondern eher verstärkt. So hielten sich die Sache in Deutschland machen? Alle diese die Finanziers und Profiteure der Nazi-Verbre- Dinge werden im Reichstag entschieden. chen an die bereits 1926 von dem liberalen Fi- Darum können und müssen wir auf die Partei- nanzsoziologen Prof. Goldscheid in seinem Bei- politik einwirken. Aber einzuwirken mit der trag zum Handbuch der Finanzwissenschaften Vernunft auf die Parteien, das hat man allge- beschriebene Regel, wonach „die Besitzenden mein aufgegeben. Nur durch planmäßige Be- die Kosten des Krieges wie die aller seiner zer- einflussung lassen sich alle Schwierigkeiten störerischen Nachwirkungen auf die Besitzlosen überwinden. Zur Durchsetzung der Gedanken überwälzen wollen". Der von den Nazis entfes- und Pläne der staatspolitischen Vereinigung selte Zweite Weltkrieg kostete nahezu fünfund- aber gehört Geld." (Zitiert nach Peter Kulitz fünfzig Millionen Menschen das Leben und ver- „Unternehmerspenden an politische Parteien", ursachte Kriegsausgaben und Kriegsschäden in Duncker & Humblot 1983 Seite 29) Höhe von rd. 1 350 Milliarden Dollar (vgl. Mi- chael Schneider „Die Wiedergutmachung oder Das finanzielle Wohlwollen industrieller Kreise Wie man einen verlorenen Krieg gewinnt" — wandte sich Anfang der dreißiger Jahre ver- Kiepenheuer & Witsch 1985 S. 225). Einige haben stärkt den Nationalsozialisten zu. Vor allem an dieser Katastrophe glänzend verdient. Schwerindustrie und Banken förderten mit riesi- Nicht wenige dieser Industriellen und Bankiers gen Summen die NSDAP. Allein aus der Ruhr nutzten ihre fortbestehenden wirtschaftlichen Industrie erhielt die NSDAP in den Jahren 1930 Machtpositionen auch nach Gründung der Bun- bis 1932 jährlich eine Summe von schätzungs- desrepublik Deutschland, um Einfluß auf die ih- weise 2 Millionen Reichsmark. (Vgl. Kulitz nen nahestehenden Parteien zu gewinnen. Be- a. a.O., S. 36) reits im Sommer 1949 — wenige Monate vor der Als Anfang 1933 die Nationalsozialisten nach ei- ersten Bundestagswahl — schlossen Wirt- ner Serie kostspieliger Wahlkämpfe in eine kriti- schaftsverbände das „Pyrmonter Abkommen", sche finanzielle Situation gerieten, wurden ihre dessen Inhalt in einem unter „Vertraulich! Per- Finanzen mit Hilfe höchst einflußreicher indu- sönlich!" von dem Hauptgeschäftsführer der strieller Gönner saniert. Die Appelle von Hitler Wirtschaftsvereinigung Bauindustrie in Düssel- und Göring an die „Opferbereitschaft" der Indu- dorf herausgegebenen Rundschreiben vom strie blieben nicht ungehört. Am 20. Februar 10. Juni 1949 wie folgt wiedergegeben wurde: 1933 versammelten sich etwa 25 führende Indu- „Aufgrund eines Abkommens zwischen den strielle im Dienstsitz des früheren Reichstags- Wirtschaftsverbänden und den die Wirt präsidenten Göring. Nach einer Ansprache Hit- schaftspolitik des Herrn Prof. Erhard tragen lers nahm Göring das Wort und wies auf die Not- den Parteien haben sich die Verbände ver wendigkeit hin, den Wahlfeldzug auf eine Weise pflichtet, für den Wahlfonds dieser Parteien zu finanzieren, die es überflüssig mache, Steuer- einen Betrag von insgesamt 2 Millionen DM gelder für politische Zwecke zu verwenden und aufzubringen. Auf den Sektor Bauindustrie fuhr fort: entfallen insgesamt davon 600 000 DM. Die „Das erbetene Opfer wird der Industrie sicher- aufkommenden Gelder werden nach folgen lich um so leichter fallen, wenn sie weiß, daß dem Schlüssel auf die Parteien verteilt: die Wahlen am 5. März die letzten inner- 65% erhält die CDU halb von 10 Jahren, voraussichtlich aber von 25% erhält die FDP 100 Jahren sein werden." (Vgl. Kulitz a. a.O., 10% erhält die Deutsche Partei ... '' Seite 39) (Vgl. die bereits zitierte Denkschrift des SPD Am 1. Juni 1933 wurde eine einheitliche Rege- Vorstandes „Unternehmermillionen kaufen poli- lung der Spendenfonds festgelegt, die jeden Un- tische Macht! Seite 2) ternehmer mit einer Parteispende zugunsten der NSDAP in Höhe von 5 Promille der Jahres-, Das Pyrmonter Abkommen zum Zweck der mas- Lohn- und Gehaltssumme 1932 belegte. Diese siven Stützung einer Rechtskoalition stand in Sammlung ging unter dem Namen „Adolf-Hitler- engem Zusammenhang mit der Abkehr der CDU Spende der deutschen Wirtschaft" in die Ge- von ihrem „Ahlener Programm" und dem Über- schichte ein. (Vgl. Kulitz a. a.O. Seite 40) gang zu den „Düsseldorfer Leitsätzen". (Vgl. Ku- Sie war die finanzielle Vorbereitung und Voraus- litz a. a.0., Seite 46/47) setzung für die unermeßlichen Verbrechen, die In Bayern vollzog sich eine ähnliche Entwick- Hitler, Himmler, Göring, Goebbels und zahllose lung. Anfangs bestand in der Programmdiskus- andere Kriminelle begangen haben. sion der CSU noch die Tendenz, „unbegrenzten Wirtschaftsliberalismus" ebenso wie „kollektivi- b) Viele Großindustrielle, die das Nazi-Terrorre- stische Planwirtschaft" abzulehnen. Während gime unterstützt und sich zugleich kräftig berei- „eine besondere Förderung des Klein- und Mit- chert haben, konnten ihre Millionen- und Milli- telbetriebes in Landwirtschaft, Handwerk, Han- ardenvermögen über den Zusammenbruch des del, Gewerbe und Industrie und dessen Schutz Dritten Reiches hinwegretten. Ihre Aktienpa- gegen Auflösung und Aufsaugung" verlangt wur- - kete blieben ihnen erhalten oder wurden ihnen de, betonte das Grundsatzprogramm der CSU wieder zurückgegeben. Ihre wirtschaftlichen 1946 zugleich, daß „der wirtschaftliche Großbe- Machtpositionen wurden auch durch die 1948 trieb — unter keinen Umständen zu einem

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selbstsüchtigen und kapitalistischen Profitunter- oder gemeinnützige Vereinigung deklarierte nehmen ausarten" darf. (Vgl. Kulitz a. a. O., S. 48). Fördergesellschaft. Die als Mitgliedsbeiträge Innerhalb weniger Jahre entwickelte die CSU je- oder gemeinnützige Spenden getarnten Geldbe- doch unter wachsendem Einfluß von Franz Josef träge wurden steuermindernd bei der Einkom- Strauß das Profil einer Industriepartei. men- bzw. Körperschaftssteuer geltend gemacht. „Die offensichtliche Wahrnehmung von Unter- Die Fördergesellschaften leiteten dann ihrer- nehmerinteressen durch Franz Josef Strauß seits die Beiträge — nicht selten entsprechend findet ihren Widerhall einerseits in positiver den Einzelanweisungen des Spenders — an die publizistischer Hervorhebung seiner Person gewünschte Partei weiter. und Partei durch offizielle Publikationsorgane bb) Anonymität der Unternehmerschaft, andererseits in einer Ober die Fördergesellschaften erhielten die — auch in der Wissenschaft — verbreiteten Rechtsparteien Geldmittel erheblichen Umfan- Qualifizierung der CSU als ,Industriepartei'. ges, ohne daß ihre eigentlichen Geldgeber be- Diese Einschätzung resultierte aus der Tatsa- kanntwurden. In den Rechenschaftsberichten che, daß ein erheblicher Teil der CSU-Finan- der Parteien erschienen allenfalls die Namen zierung als Folge des aktiven unternehmer- der Fördergesellschaften. Entgegen dem Verfas- freundlichen Verhaltens der Partei von der sungsgebot des Artikels 21 Abs. 1 Satz 4 GG blie- spendenbereiten Wirtschaft aufgebracht wird." ben damit die Spender anonym. (Kulitz a. a.O., Seite 48/49) Der Öffentlichkeit blieben die Industriespenden cc) Politischer Einfluß für die Rechtsparteien weitgehend verborgen. Durch die Konzentration und straffe Organisa- Mit Recht rügte seinerzeit der SPD-Vorstand in tion der verdeckten Parteienfinanzierung erhöh- der oben erwähnten Denkschrift einen Verstoß ten sich die Einflußmöglichkeiten der Wirt- gegen Artikel 21 GG, wonach die Parteien über schaftsverbände. Schätzungen ergaben, daß die die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechen- Wirtschaftsverbände die Rechtsparteien bei- schaft geben müssen. spielsweise im Wahljahr 1957 mit insgesamt 41,3 Aber Verfassung, Strafgesetze und Steuervor- Millionen Mark gefördert haben (Kulitz a. a. O., schriften kümmerten Spender und Spendenemp- S. 53). Mit dem Anwachsen des Anteils der Un- fänger wenig. ternehmerverbände an dem Finanzierungsauf- Nach dem Pyrmonter Abkommen und der erfolg- kommen der begünstigten Parteien wuchs auch reich zugunsten der Rechtskoalition verlaufenen deren politischer Einfluß. „Er reichte von einer Bundestagswahl des Jahres 1949 wurden zahl- generellen Beeinflussung der Koalitionspolitik lose Fördergesellschaften zur Finanzierung der über die Mitwirkung bei der Kandidatenaufstel- Rechts-Parteien gegründet. „Als Dachorganisa- lung bis zur Einflußnahme auf einzelne Sachent- tion fungierte ein Zentralkuratorium der Förder- scheidungen." (Vgl. Kulitz a. a. O., S. 54) gesellschaften in Köln, welches das durch Um- Wie massiv und direkt aus den beteiligten Wirt- lage bei den Verbandsmitgliedern gesammelte schaftskreisen mittels Auf- oder Zudrehen des Geld nach einem bestimmten — machmal vom Geldhahnes der sogenannten Fördergesellschaf- Wohlverhalten der einzelnen Parteien abhängi- ten auf die Politik Einfluß ausgeübt wurde, be- gen — Verteilungsschlüssel an die Koalitions- weist ein Bericht der Zeitung „Der Tagesspiegel" parteien weiterleitete." (Kulitz a.a.O., S. 51) (Ausgabe vom 6. Mai 1956 S. 7): Für die Bundesebene wurde mit der Gründung „Ärger zwischen Fördergesellschaften und der berüchtigten „Staatsbürgerlichen Vereini- FDP hatte es bereits in den Monaten vor der gung 1954 e. V." die Spendenbeschaffung zentra- Krise bei anderen Gelegenheiten gegeben, als lisiert und erheblich ausgeweitet (vgl. Kulitz bestimmte Gesellschaften beispielsweise Zu- a.a.O., S. 51). Aufgabe dieser neuen Vereinigung schüsse für einen Landtagswahlkampf von der war es, die „fünfzig bis sechzig Großunterneh- vorherigen Zusage einer Koalition mit der men, vornehmlich der Schwerindustrie, Banken CDU oder von persönlichen Forderungen ab- und Versicherungen sowie des Handels, gezielt hängig machen wollten, und als sie die Beglei- um Spendenbeiträge anzugehen und mit dem chung von Wahlschulden der FDP, zu der sie Ertrag die Regierungsparteien auf Bundesebene sich verpflichtet hatten, bis nach der Regie- zu unterstützen, während die bisherigen Landes- rungsbildung verzögerten, um ein Druckmittel Fördergesellschaften ihre Sammlungen bei der in der Hand zu behalten." übrigen Wirtschaft fortführten, um damit die Der Sturz der nordrhein-westfälischen Lan- Landesverbände mit zu unterhalten." (Kulitz desregierung des damaligen CDU-Minister- a.a.O., S. 51/52) präsidenten Arnold im Jahre 1956 blieb für die FDP nicht ohne finanzielle Folgen. Ab Mitte Die Spendenvereine wurden entweder als Be- Februar 1956 wurden die Zahlungen der rufsverbände oder „gemeinnützige" Organisatio- Staatsbürgerlichen Vereinigung 1954 e. V. und nen deklariert. Sie sollten in dreifacher Weise der Landesfördergesellschaften in Hessen und den beteiligten Unternehmern von Nutzen sein: Nordrhein-Westfalen für die FDP eingestellt aa) Steuerersparnis (vgl. „Der Tagesspiegel" a. a. O.). Der damalige- Ihre Zuwendungen, als Mitgliedsbeitrag oder ge FDP-Vorsitzende prangerte meinnützige Spenden getarnt, zahlten die Unter das finanzielle Erpressungsmanöver mit fol- nehmer zunächst an eine als Berufsverband genden Worten an: Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

„Das ist der schlimmste Kapitalismus, wenn fassungsgerichts vom 24. Juni 1958 Spenden an man mit Geld politischen Einfluß nehmen die Bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung will." „nicht mehr als Betriebsausgaben abgesetzt wer- („Der Tagesspiegel" a. a. O.) den können". Im Gründungsjahr der Staatsbürgerlichen Ver- Die Bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung einigung 1954 e. V. veränderten die Rechtspar- war jedoch nicht nur eine Organisation zur teien gegen den Widerstand der SPD die Vor- Sammlung und Anonymisierung, sondern nach schriften des Einkommensteuergesetzes und des Hinweisen in den Akten des Untersuchungsaus- Körperschaftsteuergesetzes. Ab 1954 wurden schusses und anderen Recherchen hat sie auch erstmals Spenden an politische Parteien bis zur eng mit Organisationen zusammengearbeitet, Höhe von 5 % des Gesamtbetrages der Einkünfte die als Geldwaschanlagen dienten. So wurde in bzw. des Einkommens oder 2 %o der Summe der einem bei einer Flick-Untergesellschaft aufge- gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr auf- fundenen Vermerk festgehalten, daß zur Erlan- gewendeten Löhne und Gehälter als Sonderaus- gung einer steuerlichen Begünstigung die Zah- gaben abziehbar. Diese Steuerbegünstigung von lung an einen anderen Verein möglich sei, der Großspenden wurde mit Beschluß des Bundes- die Spende dann an die Bayerische Staatsbür- verfassungsgerichtes vom 24. Juni 1958 auf eine gerliche Vereinigung weiterleitet. Nach diesem von der SPD-geführten hessischen Landesregie- Muster sollen erhebliche Zahlungen von der rung eingereichte Normenkontrollklage wegen Staatsbürgerlichen Vereinigung 1954 e. V., die Verstoßes gegen das Grundrecht der Chancen- steuerbegünstigte Spendenquittungen ausstellen gleichheit für verfassungswidrig erklärt. Das konnte, an die Bayerische Staatsbürgerliche hinderte die beteiligten Unternehmerkreise Vereinigung geleistet worden sein, die größten- nicht, das Netz der Fördergesellschaften weiter teils, um keinen Argwohn bei steuerlichen Über- auszubauen und sich illegal Steuervergünstigun- prüfungen zu erwecken und die Spuren zu verwi- gen dadurch zu verschaffen, daß die Parteispen- schen, in bar abgewickelt wurden. (Vgl. Joachim den als Zuwendungen an vermeintlich gemein- Wagner „Tatort Finanzministerium" 1986 nützige Organisationen deklariert wurden. S. 74 ff.) Über die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 Es entstanden eine große Anzahl von Vereinen e. V. wurden in den Jahren 1969 bis 1980 auf dem mit klangvollen Namen, die in ähnlicher Weise Umweg über obskure Institute in der Schweiz zum Teil über das Ausland unter Umgehung des und in Liechtenstein allein 214 Millionen Mark Verfassungsgebots in Artikel 21 GG, des Partei- in die Kassen von CDU/CSU und FDP geleitet. engesetzes und der Steuervorschriften Spenden Die dadurch bewirkten Steuerhinterziehungen in die Kasse der Parteien transferierten. haben ein Volumen von mehreren Millionen Darüber hinaus wurde eine Reihe anderer Mo- DM. delle zur Umgehung der erwähnten Verf as- Auch die Bayerische Staatsbürgerliche Vereini- sungs- und Gesetzesbestimmungen entwickelt. gung galt als „eine für die Sammlung von steuer- Dazu gehört das sogenannte Kaskaden-System, abzugsfähigen Wahlgeldern für rechtsgerichtete mit dem Spenden über Berufsverbände und an- Parteien bestehende Institution", wie aus einem dere Unterorganisationen in die Parteikassen von der Staatsanwaltschaft sichergestellten geschleust wurden, verdeckte Parteienfinanzie- „Streng vertraulichen" Vermerk eines Flick-Un- rung durch Übernahme von Inserats-, Druck- ternehmens aus dem Jahre 1976 hervorgeht. oder Materialkosten, die als Betriebsausgaben In einem an den Vorstand der Firma Krauss verbucht wurden und der „Gutachtenkauf" als Maffei AG gerichteten Schreiben vom 22. Juni Steuerhinterziehungsmodell, das erst durch die 1966 definierte der Vorsitzende der Bayerischen beharrlichen Ermittlungen des Steuerbeamten Staatsbürgerlichen Vereinigung, Prof. Dr. Ro- Klaus Förster enttarnt wurde. Beim letztgenann- denstock, deren Aufgabe wie folgt: ten Steuerhinterziehungsmodell zahlten die be- „Die CSU hat in wirtschafts- und sozialpoliti- teiligten Unternehmen hohe Geldbeträge für schen Fragen im allgemeinen für die Wünsche Scheingutachten, die als fingierte Betriebsausga- der Wirtschaft mehr Verständnis gezeigt als ben ertragsmindernd verbucht wurden, an par- die CDU und einen entsprechenden Einfluß teinahe Institute, die ihre Einkünfte an die je- auf die Entscheidungen des Bundestags und weilige Partei transferierten (vgl. Kilz/Preuss der Bundesregierung ausgeübt. Die gleiche a. a. O. S. 13 f.; Kulitz a. a. O., S. 80 f. und Feststellung kann hinsichtlich der FDP ge- S. 137 ff.). macht werden. Die Wirtschaft ist daher an ei- Nachdem die steuerliche Außenprüfung bei der nem möglichst großen Wahlerfolg dieser ihr CDU-eigenen Unionbetriebs-GmbH zur Aufdek- nahestehenden Parteien interessiert." kung des Steuerhinterziehungsmodells (Gutach- Die Bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung tenkauf) über die „Europäische Unternehmens- hatte allerdings im Unterschied zur Staatsbür- beratungsanstalt" in Vaduz/Liechtenstein ge- gerlichen Vereinigung 1954 e. V. keinen Gemein- führt hatte, leitete die Staatsanwaltschaft in den nützigkeitsstatus und stellte auch nicht entspre- Jahren 1977 und 1978 Ermittlungsverfahren we- chende Spendenquittungen aus. In dem vorer- gen des Verdachts der Steuerhinterziehung ge- wähnten Schreiben vom 22. Juni 1966 hat Prof. gen 105 deutsche Unternehmen ein, was be-- Dr. Rodenstock auch „vorsorglich" darauf hinge- trächtliche Unruhe bei den beteiligten Unterneh- wiesen, daß aufgrund des Urteils des Bundesver men und Parteien auslöste. 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Das Bonner Büro des Flick-Konzerns notierte in Der Begründer des Flick-Konzerns, Friedrich dieser Zeit als Tagesordnungspunkt für eine Flick, war einer der finanziellen Sponsoren der Rücksprache mit Herrn von Brauchitsch „Allpar- Massenmörder Hitler und Himmler und ihrer teienaffäre um 90 noble Spender". Vor allem für Gefährten. Er war Wehrwirtschaftsführer und die CDU hatten die Ermittlungsverfahren ver- gehörte dem „Freundeskreis des Reichsführers heerende politische Auswirkungen. Die Spen- SS Heinrich Himmler" an, auf dessen Sonder- deneinnahmen gingen im Jahr 1978 drastisch zu- konto er jährlich 100 000 Reichsmark überwies. rück. Die CDU mußte hohe Kredite aufnehmen, Insgesamt spendete Friedrich Flick in den Jah- was einem mit der Überprüfung der Finanzlage ren 1933 bis 1945 den Nazi-Verbrechern die ge- beauftragten Gutachter zu der Feststellung ver- waltige Summe von 7,65 Millionen Reichsmark. anlaßte, die Überschuldung habe ein Maß er- (Michael Schneider, a. a. O., S. 270) Diese Spen- reicht, das eine Beschäftigung mit dem Konkurs- den waren für ihn eine lohnende Investition. und Vergleichsrecht erforderlich mache (vgl. Ku- („Der Wirtschaftsführer denkt sehr häufig nicht litz S. 141). Die Überschuldung brachte die CDU in den Grundsätzen der bedingungslosen Unter- in gesteigerte Abhängigkeit von Großspendern stützung, sondern in denen der Investitionspoli- und den kreditgewährenden drei Großbanken. tik", Gustav Stein, Vorstandsmitglied der Staats- Folgerichtigerweise kam bereits damals auf sei- bürgerlichen Vereinigung 1954 e. V. und Haupt- ten der CDU der Gedanke an eine Amnestie auf. geschäftsführer des Bundesverbandes der Deut- Eine Entlastung versprach sich die CDU auch schen Industrie in einem SPIEGEL-Gespräch, von einer von der CDU-Regierung Niedersach- SPIEGEL Nr. 45/1959, S. 28). Als Gönner und zu- sen eingereichten Verfassungsklage, die jedoch gleich Nutznießer des Nazi-Terrorregimes ver- im Jahr 1979 vom Bundesverfassungsgericht ab- diente Flick an der „Arisierung" jüdischen Ver- gewiesen wurde. Um den finanziellen Bankrott mögens, an der Versklavung und Ausbeutung abzuwenden, suchte die CDU nach Möglichkei- von Kriegsgefangenen, KZ-Häftlingen und ten zur Aufbesserung ihrer Kasse durch üppi- Fremdarbeitern. Er erzielte Supergewinne aus gere staatliche Bezuschussung und die Einfüh- der Rüstungsproduktion. rung steuerlicher Anreize für Großspenden. Die „Flick bewarb sich offiziell im November 1933 SPD war diesem Vorhaben zunächst nicht zu- um Rüstungsaufträge und suchte persönlich gänglich. Als sich die Finanzsituation auf seiten das Reichswirtschaftsministerium auf, um die der SPD in den folgenden Jahren ebenfalls dra- Herren von der Leistungsfähigkeit seines Un- matisch verschlechterte, änderte sie ihre Hal- ternehmens zu überzeugen. Bereits Anfang tung und stimmte Ende 1983 einer Anhebung der 1934 durfte Flick die ersten Granaten, Bomben Wahlkampfkostenpauschale und der steuerli- und Geschützrohre für die neuen Machthaber chen Privilegierung von Großspenden zu.*) fertigen. In seinem Bewerbungsschreiben Sämtliche Parteien, mit Ausnahme der hatte der tüchtige Konzernherr mit Nach- GRÜNEN, hatten sich in der Vergangenheit zu- druck darauf verwiesen, daß seine mitteldeut- nehmend verschuldet. Im Wahljahr 1980 finan- schen Firmen besonders günstig hinsichtlich zierten die Parteizentralen 38 % ihrer Ausgaben des ,A-Falls' lagen. Gemeint war: Falls es über Kredite (vgl. Peter Lösche „Wovon leben die Krieg gab, befanden sich Flicks Fabriken weit Parteien?" 1984 S. 87). Die gesamte Neuverschul- ab vom Schuß." dung der 1980 im Bundestag vertretenen Par- (Kilz/Preuss, a. a. O., S. 227) teien betrug 77,3 Millionen DM, zu der 1981 noch „Es dauerte nicht lange, bis Flick mit Adolf eine weitere Verschuldung von 24 Millionen DM Hitler Freundschaft schloß. Als Belohnung er- hinzukam. Die von dem damaligen Bundespräsi- hielt er von Göring im Namen der ,Arisierung` denten Prof. Dr. Karl Carstens einberufene Rechte zur Übernahme jüdischer Beteiligun- Sachverständigenkommission gelangte daher in gen an der Kohleförderung in Tschechoslowa- ihrem Bericht vom 18. April 1983 zu folgender kei wie auch an Erzminen in Lothringen. Schlußfolgerung: Nachdem die deutschen Truppen die Ortsge- „Die Finanzierung durch Kredite hat damit bei biete besetzt hatten, standen Flick die Tore den Parteizentralen ein Ausmaß erreicht, das der dortigen Industrie mitsamt ihren Arbei- geeignet ist, die Funktionsfähigkeit und Unab- tern offen. Flick traf sich regelmäßig zu wirt- hängigkeit der Parteien erheblich zu beein- schaftspolitischen Diskussionen mit Himmler trächtigen." und spendete ansehnliche Geldsummen für (Bericht zur Neuordnung der Parteienfinan- die SS, die an hohe SS-Offiziere weitergeleitet zierung Seite 163) wurden. Es gab keinen größeren Gönner als den treuen Friedrich Flick. Die 100 000 RM, die c) Der Flick-Konzern hat in der langen Tradition jedes Jahr an Himmler gingen, wurden von der Beeinflussung politischer Entscheidungspro- Flicks Cousin, Konrad Kaletsch, überwiesen, zesse durch Spenden eine herausragende Rolle der der SS versicherte, daß sie mit weiterer gespielt. Unterstützung rechnen könne. Kaletsch, der 1937 der NSDAP beitrat, war ein Vertrauter *) Anmerkung: Gegen die Regelung zur steuerlichen Pri- vilegierung von Großspenden an politische Parteien ha- des Konzernherrn. Den Nazis war Flick ein ben DIE GRÜNEN Organklage beim Bundesverfas- loyaler Zeitgenosse. Wenn die Einsatzgruppe sungsgericht erhoben, über die voraussichtlich Mitte des Generals Ohlendorf von der Ostfront zu- dieses Jahres entschieden wird (Aktenzeichen rückkehrte, um dem ,Freundeskreis des BVerfG 2 BvE 2/84). Reichsführers SS Heinrich Himmler' Bericht Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

zu erstatten, befand sich auch Flick unter dem Otto Ambros gehörte früher dem Vorstand der IG erlauchten Publikum. Farben-Industrie an. Die IG-Direktoren wählten ihn Sein Name wie auch der seines Cousins Ka- zum Leiter der Buna-Anlage in Auschwitz, in dem letsch standen ganz oben auf der Verteilerliste KZ-Häftlinge als Sklaven-Arbeiter zum Tagespreis eines geheimen Berichts vom 19. November von 3 Reichsmark, der an die SS zu entrichten war, 1941, in dem es heißt: ,Die Stadt ist judenfrei, arbeiten mußten. Kinder kosteten pro Tag 1,50 wie auch schon die Städte Kiev, Kriwoi, Rug Reichsmark. und andere Orte, durch die wir gekommen (Joseph Borkin „Die unheilige Allianz der IG Far- sind. Was nicht geflohen ist, wurde liquidiert.' ben, S. 111) Himmler lud Flick auch zu einer Besichtigung Über die Tätigkeit von Ambros in Auschwitz gibt von Konzentrationslagern ein." (Ferencz folgendes Schreiben Auskunft: „Lohn des Grauens", Campus-Verlag 1981 Sei- „Dr. Otto Ambros te 197) Ludwigshafen a. Rh., 12. April 1941 „Als Flick im Juli 1943 seinen 60. Geburtstag An die Herren feierte, hatte der Konzernschmied das größte Direktor Dr. ter Meer private Industrie-Imperium im Reiche Adolf Direktor Dr. Struß Hitlers errichtet. Sein Konzern war umfang- IG.-Frankfurt reicher als der des legendären Gustav Krupp von Bohlen. Flick produzierte mehr Kanonen, mehr Stahl und auch mehr Kohle. ,Niemand`, Sehr geehrte Herren, so feierte ihn Goebbels' Wochenzeitung Das in Anlage übersende ich Ihnen die Berichte über Reich, ,hat die Ernennung zum Wehrwirt- unsere Baubesprechungen, die regelmäßig wö- schaftsführer mehr verdient als Friedrich chentlich einmal unter meiner Leitung stattfin- Flick. " (Kilz/Preuss a. a. O., Seite 231) den. Nach Niederwerfung des Nazi-Terrorregimes Sie entnehmen daraus die organisatorische Rege- wurde Flick interniert und im Jahre 1947 von dem lung und vor allem den Beginn unserer Tätigkeit Militärgerichtshof in Nürnberg zu einer Gefängnis- im Osten. strafe von sieben Jahren verurteilt. Er wurde im Inzwischen fand auch am 7. April die konstitu- Gefängnis Landsberg am Lech inhaftiert, wo viele ierende Gründungssitzung in Kattowisz statt, die „Prominente" des Dritten Reiches untergebracht im großen und ganzen befriedigend verlief. waren. Er begann im Gefängnis mit dem Wieder- aufbau seines Industrieimperiums, von dem wert- Gewisse Widerstände von kleinen Amtsschim- volle Teile erhalten geblieben waren. Als er 1950 meln konnten schnell beseitigt werden. vorzeitig aus der Haft entlassen wurde, verfügte er Dr. Eckell hat sich dabei sehr bewährt und außer- — zwei Jahre nach der Währungsreform und ein dem wirkt sich unsere neue Freundschaft mit der Jahr nach Gründung der Bundesrepublik Deutsch- SS sehr segensreich aus. land — wieder über ein Vermögen von mehreren Anläßlich eines Abendessens, das uns die Leitung hundert Millionen DM. des Konzentrationslagers gab, haben wir weiter- hin alle Maßnahmen festgelegt, welche die Ein- schaltung des wirklich hervorragenden Betriebes 2. Das Einflußpotential des Flick-Konzerns in des KZ-Lagers zugunsten der Buna-Werke betref- der Bundesrepublik Deutschland fen. 2.1 Die ungebrochene Kontinuität der Ich verbleibe mit besten Grüßen Flick-Herrschaft nach 1945 Ihr gez. Otto Ambros" (vgl. „Hitler, Aufstieg und Untergang des Dritten Innerhalb weniger Jahre gelangte Friedrich Flick Reiches", Verlag Kurt Desch 1961, Seite 249) nach Entlassung aus dem Gefängnis Landsberg wieder zu einer Machtfülle, die zu einer „markanten Ein Mann, der „Widerstände von kleinen Amts- Bedrohung unserer gesellschaftlichen und staatli- schimmeln" zu beseitigen wußte, und eine „segens- chen Ordnung" wurde (Handelsblatt zitiert nach reiche Freundschaft mit der SS" gepflegt hatte, war Kilz/Preuss a. a. O., S. 235) Friedrich Flick sehr willkommen, um sein Indu- strie-Reich wiederaufzurichten. Aus dem während seiner Haftzeit vorbereiteten Verkauf seiner Kohlenzechen erlöste Flick rund 250 „Zwischen der IG und der SS bestand von Beginn Millionen DM an liquiden Mitteln, mit denen er an engste Zusammenarbeit. Die zwei Organisa- Beteiligungen in der Auto- und Kunststoffproduk- tionen ergänzten einander in Auschwitz. Wäh- tion sowie der Papier-, Zellstoff- und Chemieindu- rend die IG die Baracken baute, lieferte die SS strie erwarb. Auf diese Weise kam fast die Hälfte das ,Mobiliar` (die Pritschen). Die SS stellte die des Aktienkapitals der Daimler-Benz AG, über 80 % Bewacher, denen die IG ihren Werkschutz (eine der Dynamit-Nobel AG und 100 % der Feldmühle Art ,Fabrikpolizei) zur Seite stellte. Die IG bat AG in den Besitz von Flick. um die Bestrafung von Häftlingen, die ihre Vor- Beraten wurde Friedrich Flick von einem früheren schriften übertraten, die SS vollstreckte sie. Die Landsberger Mithäftling, Dr. Otto Ambros (Feyer- SS ernährte die Häftlinge mit der Auschwitzer abend „Die leisen Milliarden — Das Imperium des Standardkost und die IG gab noch etwas ,Buna- Friedrich Karl Flick, Econ-Verlag 1984 S. 32 ff.). Suppe' dran, um die Arbeitsleistung zu sichern. Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Auch gesellschaftlich stand man auf gutem Fuß stellten Akten erkennen läßt, bei dem Erwerb der ... Doch das Engagement der IG ging weit über Grace-Beteiligung aus dem Erlös des Daimler-Ak- die organisatorische Zusammenarbeit und die tienpaketes mitgewirkt. herzlichen gesellschaftlichen Beziehungen hin- Nur am Rande sei erwähnt, daß Ambros später, wie aus; die IG machte sich in ihrer Fabrik Methoden viele andere Nazi-Verbrecher, in zahlreichen bedeu- und Mentalität der SS zu eigen. tenden Industrieunternehmen hochdotierte Auf- Weit davon entfernt, sich aufgrund ihrer Beschäf- sichtsratsposten übernehmen konnte, so u. a. der tigung in Buna irgendwie beschützt zu wissen, Bergwerksgesellschaft Hibernia AG, der internatio- mußten sich die Häftlinge zu Tode rackern. Schon nale Galalith-Gesellschaft AG, der Pintsch Bamag in der Konstruktionsphase übernahmen die IG AG und der Süddeutschen Kalk-Stickstoffwerke Vorarbeiter das ,Arbeitstempo' der SS — etwa AG. Er unterhielt gute Beziehungen zur chemi- das Zementabladen im Laufschritt. Eines Tages schen Industrie, u. a. der BASF und der Knoll AG in im Jahre 1944 wurde eine große Gruppe frisch Ludwigshafen. eingetroffener Häftlinge mit einer Rede begrüßt, in der ihnen mitgeteilt wurde, daß sie sich jetzt Für die Beurteilung der Rolle des Flick-Konzerns im Konzentrationslager der IG-Farben Industrie innerhalb der bundesrepublikanischen Gesellschaft befänden. Sie seien nicht hergebracht worden um ist es von keineswegs nebensächlicher Bedeutung, zu leben, sondern um ,im Beton zu verrecken'. zu welchen Personen und Gruppen innerhalb des Diese Begrüßungsrede bezog sich nach Auskunft wirtschaftlichen Sektors Beziehungen bestanden. eines Überlebenden auf die Gepflogenheit der IG Farben, die Leichen von Häftlingen in Gräben zu Das in wenigen Jahren rasch angewachsene Ver- werfen, die für Kabelleitungen bestimmt waren. mögen verlieh Friedrich Flick eine dominierende Diese Leichen wurden dann ... unter Beton be- wirtschaftliche Macht, die er im Sinne der Spenden- graben ... Eines Tages begaben sich zwei Buna tradition des Hauses Flick auch im politischen Häftlinge, Dr. Raymond van den Straaten und Dr. Raum zu nutzen verstand. Fritz Löhner-Beda an ihre Arbeit, als eine aus IG- Die Tatsache, daß ein Förderer und Nutznießer der Farben-Größen bestehende Besuchergruppe des NS-Verbrechensherrschaft bereits ein Jahr nach Weges kam. Einer der Direktoren wies auf Dr. Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Löhner-Beda und sagte zu einem SS-Begleiter: alsbald nach Entlassung aus der Haft mit dem ,Diese Judensau könnte auch rascher arbeiten.' phantastischen Startkapital von 250 Millionen DM Darauf bemerkte ein anderer IG-Direktor: ,Wenn liquiden Mitteln seine Ränke von neuem beginnen die nicht mehr arbeiten können, sollen sie in der konnte, ist ein Vorgang, der mit dem Wort „Skan- Gaskammer verrecken.' Nachdem die Inspektion dal" nur höchst unzulänglich beschrieben wird. Er vorbei war, wurde Dr. Löhner-Beda aus dem Ar- beweist, daß die gesellschaftlichen Strukturen der beitskommando geholt, geschlagen und mit Fü- Bundesrepublik Deutschland, die Flicks Wiederauf- ßen getreten, daß er als Sterbender zu seinem stieg zuließen und begünstigten, große Demokratie Lagerfreund zurückkam und sein Leben in der Defizite aufweisen. IG-Fabrik Auschwitz beendete. Die Rechtstitel Flicks, der an den unsäglichen Ver- Insgesamt gingen etwa 35 000 Häftlinge durch brechen der Nazis mitschuldig ist, waren blutbe- Buna. Mindestens 25 000 starben. Die Lebenser- fleckt und hätten von der neugegründeten Bundes- wartung eines jüdischen Häftlings in der IG republik Deutschland nicht anerkannt werden dür- Auschwitz betrug drei oder vier Monate." fen. Statt dessen nahm Flick „Recht und Gesetz", (Roui Hilberg „Die Vernichtung der europäischen auf das sich später auch sein Erbe gern berief, für Juden — Die Gesamtgeschichte des Holocaust", den Fortbestand seiner Eigentumstitel in Anspruch, 011e & Wolter, 1982, Seite 628) kaufte Aktienpakete und eignete sich mit diesen die Erträge der Arbeit von hunderttausenden Men- Wegen seiner Verbrechen wurde Ambros vom ame- schen an, die an den Fließbändern und in den Büros rikanischen Militärgericht in Nürnberg als Kriegs- der Daimler-Benz-Werke und in anderen Betrieben verbrecher verurteilt, jedoch ebenfalls vorzeitig aus arbeiteten. der Haft entlassen. Nach Artikel 20 des Grundgesetzes ist die Bundes- Er erschien Friedrich Flick als geeigneter Berater republik Deutschland als sozialer und demokrati- für seinen Konzern. Zwei Schwerverbrecher zim- scher Rechtsstaat gegründet worden. Die Machtfül- merten am Fundament für den Neuaufbau des le, die der Flick-Konzern in der Bundesrepublik größten privaten Industriekonzerns der Bundesre- publik Deutschland. Deutschland erringen konnte, steht in einem dia- metralen Gegensatz zu diesen Verfassungsprinzi- Allein dieser Vorgang ist eine Monströsität und pien. wirft einen tiefen Schatten auf die bundesrepubli- kanische Gesellschaft. Nach gängiger und vordergründiger Meinung gilt das Flick-Vermögen als legal erworben. Angesichts Die Ausschußmehrheit war völlig desinteressiert der düsteren und kriminellen Vergangenheit der Fi- daran, etwas über Ambros in Erfahrung zu bringen nanzmacht des Flick-Konzerns ist der fehlende und ließ Fragen an Zeugen zu diesem Thema nicht Bruch mit der Kontinuität der Flick-Herrschaft der zu, obwohl Ambros später auch als Berater von dem schlimmste Tatbestand, den der Ausschuß feststel- - Konzernerben Friedrich Karl Flick sowie dem ame- len konnte, schlimmer noch als jeglicher späterer rikanischen Industriellen Peter Grace hinzugezo- Rechtsbruch, an dem der Flick-Konzern beteiligt gen wurde. Ambros hat, wie sich aus den sicherge war. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

2.2 Enge Beziehungen des Flick-Konzerns zu b) Die richtige Abstufung der Beziehungen des Parteien und Politikern von CDU/CSU und FDP Flick-Konzerns zu den übrigen Parteien läßt sich Mit frappierender Geschwindigkeit gelang es Fried- vielleicht am ehesten aus einem Vermerk des rich Flick, aufgrund der von ihm wieder errungenen Zeugen von Brauchitsch für Dr. Flick vom wirtschaftlichen Machtposition vielfältige Kontakte 27. Oktober 1976 herleiten, in dem es hieß: zu den politischen Parteien zu knüpfen, deren För- „Nach Gesprächen in Bonn habe M... den Ein- derung seinen wirtschaftlichen und politischen In- druck, daß steuerliche Wünsche zweckmäßi- tentionen entsprach. Aus dem dem Ausschuß vorlie- gerweise über die FDP lanciert werden mit genden Aktenmaterial ergibt sich ein Hineinwirken gewissen flankierenden Hilfen bei der CDU. des Flick-Konzerns in die Parteien, das deren Unab- Vor der Regierungsbildung sei bei der SPD auf hängigkeit in erheblichem Maße gefährdete. Deut- diesem Gebiet nicht mit Gehör zu rechnen." lich wurde ein sehr differenziertes Verhältnis zwi- Wie aus diesem Vermerk zu entnehmen ist, galt schen dem Flick-Konzern und einzelnen Parteien. für den Flick-Konzern die FDP sozusagen als die Dabei hielt sich Friedrich Flick ebenso wie sein klassische Industrie-Partei, bei der die Interes- Sohn Dr. Friedrich Karl Flick im Hintergrund, von sen des Flick-Konzerns am besten aufgehoben wo er mit seinen Direktiven das Geschehen steuer- waren. Das erklärt die vielfältigen und engma- te. Es gehörte zu den Attitüden oder zur Vorsicht schigen Verbindungen zu den freien Demokra- und damit zur Erreichung besserer Effizienz, die ten, die Flick mit Millionensummen gestützt hat. Einflußnahmen nicht nach außen in Erscheinung Mit einem gewissen Recht haben die als Zeugen treten zu lassen. gehörten FDP-Politiker darauf verwiesen, daß a) Das engste Verhältnis bestand nach dem vom sie für irgendwelche Wünsche des Flick-Kon- Untersuchungsausschuß gewonnenen Beweiser- zerns generell nicht geneigt gemacht werden gebnis zwischen dem Flick-Konzern und der In- mußten, weil diese Geneigtheit ohnehin und dustrie-Partei CSU. Dem CSU-Vorsitzenden und prinzipiell bereits vorhanden war. Es gab eine bayerischen Ministerpräsidenten Dr. h. c. Strauß kontinuierliche und intensive Zusammenarbeit verband eine persönliche Freundschaft zu Fried- mit der FDP, die möglicherweise in der Person rich Flick und dessen Erben Dr. Friedrich Karl des Zeugen Dr. Friderichs kulminierte, der sich Flick. Die Zuwendungen der Firma Flick an die „Tag und Nacht" für den Flick-Konzern (Ver- CSU begannen bereits im Jahre 1949 „aus ganz merk von Brauchitsch vom 9. Januar 1975) be- gewissem Grund" (Aussage Strauß, UA-Prot. reithielt. Das schließt jedoch nicht aus, daß die 54/147), also zu einem Zeitpunkt, als Friedrich FDP-Politiker sehr deutlich und ohne große Zu- Flick noch im Landsberger Gefängnis einsaß. rückhaltung gegenüber dem Flick-Konzern fi- Den „ganz gewissen Grund", der zum Beginn der nanzielle Forderungen geltend gemacht haben. Flick-Dotationen an die CSU führte, hat Strauß Ob die vormaligen Minister Graf Lambsdorff dem Untersuchungsausschuß nicht offenbart. und Friderichs bei der Spendenakquisition säu- Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, berlich zwischen ihren Partei-Interessen und ih- daß einer der engsten Mitarbeiter von Friedrich ren Verpflichtungen aus dem Ministeramt unter- Flick, Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Pohle, der ihn schieden haben, kann im Rahmen des Untersu- bereits während der Landsberger Haftzeit häu- chungsberichts mit Rücksicht auf das laufende fig besuchte, politisch aktiv wurde. Strafverfahren nicht abschließend beurteilt wer- den. Beide frühere Minister haben Anspruch auf Während der Nazi-Herrschaft war Wolfgang Respektierung der Unschuldsvermutung zu ih- Pohle engster Mitarbeiter des Mannesmann-Ge- ren Gunsten. Es wäre zwar durchaus zulässig neraldirektors Wilhelm Zangen, der seinerzeit gewesen, daß der Untersuchungsausschuß eine die „Reichsgruppe Industrie" und den „Haupt- Bewertung der Aussagen der Zeugen Graf ausschuß für Rüstung und Kriegsproduktion im Lambsdorff und Dr. Friderichs auch hinsichtlich Ministerium von Albert Speer" leitete. Pohle der von ihnen bestrittenen Zahlungen während wurde bald nach 1945 Generalbevollmächtigter ihrer Amtszeit vornimmt. Soweit in Abschnitt 2) des Flick-Konzerns und zugleich Vorsitzender im Sondervotum zu den Zahlungen an die Zeu- des wirtschaftspolitischen Ausschusses der rhei- gen Graf Lambsdorff und Dr. Friderichs Stellung nischen CDU. Später wechselte er zur CSU, genommen wird, soll das nur als eine vorläufige wurde zu deren Schatzmeister bestellt und mit Beurteilung vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse einem sicheren Listenplatz in den Bundestag in dem Strafverfahren und ohne negative oder entsandt. Mit ihm verschaffte sich der Flick positive Präjudizierung der strafrechtlichen Vor- Konzern einen unmittelbaren Zugang zur CSU würfe zugunsten oder zu Lasten der genannten und in den Bereich der Politik. Personen verstanden werden. Am besten wird das enge Verhältnis zwischen c) Wenn von Brauchitsch in dem zitierten Vermerk dem Flick-Konzern und der CSU durch folgen- darauf hinweist, daß die CDU nicht der erste den Satz aus einem Schreiben des Zeugen von Adressat für steuerliche Wünsche war sondern Brauchitsch an den Generalsekretär der CSU nur für „gewisse flankierende Hilfen" in Be- Dr. Stoiber vom 2. Juli 1980 charakterisiert: tracht kam, hängt das sicherlich damit zusam- men, daß die CDU keine homogene Partei ist. Zu - „Jede Hilfestellung für Franz Josef Strauß ist Teilen der CDU, vor allem zu ihrer Führung, un- für uns das Vorrangigste, was nur denkbar terhielt der Flick-Konzern ebenso enge Bezie- ist." hungen wie zur CSU und FDP. Gleichwohl war Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode

der Einfluß des Flick-Konzerns auf die Politik berichteten. Der CDU-Vorsitzende Dr. Kohl in- der CDU nicht unbegrenzt, wie mit Recht von formierte den Flick-Konzern über interne Ent- deren Generalsekretär Dr. Geißler in der um- scheidungen seiner Partei sowie über Vorstel- strittenen Frage der Mitbestimmung hervorge- lungen hinsichtlich der Besetzung hoher Staats- hoben worden ist. Dennoch konnte der Flick ämter, z. B. des Amtes des Bundestagspräsiden- Konzern innerhalb der CDU an vielen Fäden zie- ten. Die Vorrechte, die dem Flick-Konzern einge- hen. Der CDU-Vorsitzende Dr. Kohl beteiligte räumt wurden, müssen als demokratieschädlich den Flick-Konzern in der Person des Zeugen von und demokratiefremd eingestuft werden. Brauchitsch an vielen sachlichen und personel- b) len Entscheidungen seiner Partei. Das gleiche gilt für die Tatsache, daß sich Bun- desminister Dr. Friderichs dazu bereitfand, seine Ebenso ist der Fall Dr. Barzel ein beredtes Bei- Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Bescheini- spiel für die verschwiegene Indienstnahme eines gungsverfahren mit dem Flick-Konzern abzu- führenden CDU-Politikers. stimmen. Auch diese Verhaltensweise läßt die d) Wie aus dem eingangs unter a) zitierten Ver- notwendige Distanz zu einem Antragsteller ver- merk hervorgeht, galt das Interesse des Flick missen. Konzerns der SPD nur dann, wenn diese in der c) Auf verschwiegenen Wegen gelang es dem Flick Regierung war, weil erst nach der Regierungsbil- Konzern nicht nur, Informationen zu gewinnen, dung auf „Gehör zu rechnen" war. Das beleuch- sondern auch umgekehrt zielgerichtet be- tet die zweideutige Haltung der SPD während stimmte Informationen zu „infiltrieren". Auch ihrer Regierungszeit, in der sich manche SPD diese Form der Einflußnahme gefährdet eine Politiker, vor allem die Friedrich-Ebert-Stiftung, korrekte Arbeit von Parlament und Regierung. auf zwielichtige Geschäfte mit dem Flick-Kon- zern eingelassen haben. Daß die traditionsreiche d) Wichtigstes Instrument des Flick-Konzerns, um SPD sich sogar zum hundertsten Jahrestag der politischen Einfluß bei Parteien und Politikern Sozialistengesetze die sehr bescheidene Summe zu gewinnen und zu sichern, war nach bewähr- von 10 000 DM vom Flick-Konzern auszahlen tem Muster die Vergabe von Spenden in Millio- ließ, beweist, daß der SPD die Sensibilität, die sie nenhöhe. Mittels Spendenvergabe hat sich der zur Zurückweisung vor allem dieser wie auch Flick-Konzern so systematisch Einflußfelder aller anderen Flick-Spenden hätte veranlassen verschafft, daß ungeachtet der Frage, ob in dem sollen, verlorengegangen ist. einen oder anderen Fall der Straftatbestand der Bestechung oder der Bestechlichkeit verwirk- e) Während sich die genannten politischen Par- licht ist, von politischer Korruption großen Aus- teien als wenig widerstandsfähig und -willig ge- maßes gesprochen werden muß. genüber einer penetranten und teils mit Pressio- nen, teils mit finanziellen Verlockungen arbei- Das konspirative Geld, das der Flick-Konzern tenden Einflußnahme des Flick-Konzerns erwie- verteilt hat, verschaffte den begünstigten Par- teien einen erheblichen finanziellen Vorsprung sen haben, war die Resistenz auf seiten der Be- vor ihren politischen Konkurrenten. Die Tatsa- amtenschaft weitaus größer. Daß manche politi- che, daß dies vor der Öffentlichkeit geheimgehal- schen Beamten ohne Schwierigkeiten auf die po- ten wurde, ist ein massiver Eingriff in den demo- litischen Vorgaben und Wünsche ihrer Minister kratischen Willensbildungsprozeß (vgl. näheres einzustimmen waren und darauf reagiert haben, dazu 3.1). ist nicht ungewöhnlich. In dem einen oder ande- ren Fall wäre jedoch deutlichere Distanz gegen- Der verheerende Eindruck, den die Diehl-Liste über manchem Ansinnen des Flick-Konzerns vermittelt, daß Politiker und Parlamentarier so- wünschenswert und geboten gewesen. Die sorg- zusagen nach Katalogpreis vorn Flick-Konzern fältige und kritische Überprüfung der Anträge eingekauft worden sind, hat der Demokratie des Flick-Konzern in den Bescheinigungsverfah- schweren Schaden zugefügt, selbst wenn es sich ren hat darunter gelitten. nur um den bösen Schein handeln sollte. Als besonders anrüchig muß es gelten, daß hoch- rangige Politiker, vor allem der CDU, CSU und 2.3 Einflußmethoden FDP, sich nicht gescheut haben, sehr hohe Geld- beträge in bar ohne Quittung entgegenzuneh- Der Flick-Konzern hat ein vielseitiges Instrumenta- men. Nach den Aufzeichnungen des Flick-Kon- rium entwickelt, um mit Erfolg Einfluß auf politi- zerns sollen mindestens einige dieser Beträge sche und behördliche Entscheidungen zu nehmen. aus einer „Schwarzen Kasse" gezahlt worden sein. Die Parteien hätten damit in erheblichem a) Es gelang dem Flick-Konzern, sich über diskrete Umfang an Steuerbetrug partizipiert. Verbindungen Informationen zu beschaffen, die weit über die Auskünfte hinausgingen, die ein Anstößig ist die Abwicklung des Spendenver- gewöhnlicher Antragsteller über Meinungsbil- kehrs als Bargeldzahlungen ohne Quittung nicht dungsprozesse in den Ministerien erhalten kann. nur deshalb. Wie urkundlich belegt ist, ging der Ähnliche Informationsdrähte des Flick-Kon- Wunsch nach Barzahlung von den Empfängern zerns führten in die unter 2. genannten Parteien. aus (Dr. Friderichs an von Brauchitsch am- Der Flick-Konzern hatte Informanten, die ihm 18. Juli 1980: „Zahlung, wenn möglich, in bar."). unmittelbar von Fraktionssitzungen der SPD Welchen Sinn sollte die Barzahlung ohne Quit- oder aus dem Ministerium von Dr. Friderichs tung aus der Sicht des Empfängers haben, wenn Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

nicht den, daß die Beträge nicht ordnungsgemäß beralen Elements in der Bundesrepublik verbucht werden sollten? So hat vor allem der zu erfahren, verbleibe ich mit freundli- bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsit- chen Grüßen zende Dr. h. c. Strauß, der die höchsten Barspen- Ihr den erhalten hat, nicht zu erläutern vermocht, gez. Möllemann" warum ihm die Summe von zweimal je 250 000 Im Jahr zuvor hatte sich Möllemann eben- DM und einmal 200 000 DM in bar ohne Quittung falls an den Vorstand der Firma Krauss ausgehändigt worden sind und was mit diesen Maffei AG mit der Bitte um eine Spende an ungewöhnlich hohen Barbeträgen im einzelnen die Gesellschaft für Sicherheit und Zusam- geschehen ist. Ähnlich verhält es sich im Fall menarbeit in Europa e. V. (GSZE) mit folgen- von Bundeskanzler Dr. Kohl, dem lt. Diehl-Liste den Worten gewandt (Schreiben vom 24. Ja- im Laufe der Jahre insgesamt über 500 000 DM nuar 1979): in bar ausgezahlt worden sein sollen. „Die Notwendigkeit und Bedeutung einer Erheblich verschlimmert sich das Bild durch die liberalen Außen- und Sicherheitspolitik mutmaßlich kriminelle Kooperation hinsichtlich bzw. deren Ausgestaltung und Intensivie- der Spendenwaschanlagen, an denen auch der rung im Blick auf ein sich einigendes Eu- Flick-Konzern beteiligt war. Aufgrund der dem ropa stehen wohl außer Frage. Wir wären Ausschuß vorliegenden Urkunden kann es als Ihnen deshalb sehr dankbar, wenn Sie gesicherte Tatsache gelten, daß der Flick-Kon- sich bereitfinden könnten, die Zielsetzung zern mittels Steuerhinterziehungsmodellen CDU der GSZE durch eine finanzielle Spende und FDP erhebliche Gelder zugewendet hat, ob- zu unterstützen. Unsere Gesellschaft ist wohl der Ausschuß diesen Zahlungen nur gele- als gemeinnützig anerkannt." gentlich nachgegangen ist. Es hat den Anschein, Die Firma Krauss Maffei leistete daraufhin daß manche Unternehmer sich an illegaler Spen- zunächst eine einmalige Spende in Höhe densammlung nicht aus eigener Initiative son- von 3 000 DM. In einem Schreiben an den dern auf Anstiftung hochrangiger Politiker ein- Zeugen Nemitz vom 20. März 1979 fragte der gelassen haben. Falls das zutrifft, muß das Fehl- Vorstand von Krauss Maffei dann nach der verhalten der Politiker als sehr viel gravierender Notwendigkeit der Spende: angesehen werden als das von Unternehmern, „Ich hätte die Frage an sie gerichtet, ob die zu einem illegalen Spendenweg überredet die Gesellschaft, kurz GSZE genannt, wurden. durch uns finanziell unterstützt werden Folgende Beispiele illustrieren, wie Politiker mit muß. In unserem Spendenetat ist nichts Unternehmen aus dem Flick-Konzern bei der il- vorgesehen, zumal wir j a einiges sehr un- legalen Umwegfinanzierung zusammengearbei- mittelbar für die Durchsetzung unserer tet haben: Verkaufsziele aufzuwenden haben." aa) Am 6. August 1980 richtete der Abgeordnete Dieses Schreiben ist sehr aufschlußreich, Möllemann (FDP) ein persönliches Schrei- weil es den Hinweis enthält, daß die Rü ben an ein Vorstandsmitglied der Firma stungsfirma Krauss Maffei „einiges sehr un Krauss Maffei AG in München, das auszugs- mittelbar für die Durchsetzung ihrer Ver weise folgenden Inhalt hatte: kaufsziele aufzuwenden" hatte. „Lieber Herr Dr...., bb) Am 1. März 1976 richtete der damalige Bun- bezugnehmend auf unser Telefongespräch desminister für Ernährung, Landwirtschaft vom Freitag, dem 1. August d. J., darf ich und Forsten, Josef Ertl, ein Schreiben an mich heute erneut an Sie wenden. Sie sag- den Vorstandsvorsitzenden der Krauss Maf- ten mir in diesem Gespräch zu, meinen fei AG, das — auszugsweise — folgenden Wahlkampf im Münsterland finanziell zu Wortlaut hatte: unterstützen. Es gibt dafür zwei Möglich- „Angesichts der bevorstehenden Bundes- keiten: Zum einen eine Überweisung auf tagswahl darf ich mich mit einer besonde- das Wahlkampfkonto ... — das wäre die ren Bitte an Sie wenden. Die FDP hat mit von mir bevorzugte Lösung. Zum zweiten ihrer Regierungsmannschaft in Bonn be- könnten Sie auf das Konto ... eine Über- wiesen, daß liberale Politik gemacht und weisung, die allerdings nur den Vermerk dirigistischen sowie sozialistischen Ten- ,Spende` enthalten dürfte, vornehmen; In- denzen wirkungsvoll begegnet wird. Nicht haber der Kontos ist der Club für europäi- zuletzt das Mitbestimmungsgesetz und die sche Wirtschaftspolitik. Wenn Sie die Entscheidungen in der Wirtschafts- und Möglichkeit zwei bevorzugen, möchte ich Steuerpolitik zeigen den Willen und die Sie allerdings bitten, dem Club über meine Kraft der FDP sich mit ihren liberalen Bonner Anschrift eine präzise Mitteilung Auffassungen durchzusetzen. Noch nie dahin gehend zu machen, daß der von Ih- war die Eigenständigkeit der FDP und nen überwiesene Betrag den Wahlkampf ihre Durchsetzungskraft so groß wie des Abgeordneten Möllemann unterstüt- jetzt. zen soll. Die Bundestagswahlen am 3. Oktober 1976 - In der Hoffnung, nach diesem Schreiben werden entscheidende Akzente setzen. Es eine Ihnen angemessene Unterstützung wird darauf ankommen, liberale Politik bei den Bemühungen zur Stärkung des li für weitere vier Jahre abzusichern. Garant Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

dafür ist allein die FDP. Ohne sie ist libe- In einem späteren Schreiben vom 21. Mai rale Politik nicht abgesichert. 1971 an den Vorstand der Feldmühle AG be- Nur die FDP kann Polarisierung und Kon- stätigte die „Studien- und Fördergesellschaft frontation mit allen verhängnisvollen poli- der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft . tischen Folgen verhindern. e. V.", daß die Beiträge zu der Gesellschaft, Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die da sie als Berufsverband von der Finanzver- FDP zu stärken. Das setzt voraus, daß die waltung anerkannt sei, steuerlich absetzbar FDP einen aktiven Wahlkampf um jede sind. liberale Wählerstimme führt. Die dafür er- Hinsichtlich der Überlegungen, die bei dem forderlichen erheblichen Finanzmittel Flick-Unternehmen angestellt wurden, no- können wir leider aus eigener Kraft nicht tierte ein Vertreter der Feldmühle AG am aufbringen. Ich wende mich daher mit 25. Mai 1971 folgendes: meiner Bitte um Unterstützung an weit- „Herrn Diehl/Friedrich Flick KG blickende Persönlichkeiten aus Wirt- Betr.: Sonderzahlungen an die Studien- schaftskreisen, die nicht zuletzt die Lei- und Fördergesellschaft der Schleswig-Hol- stungen der FDP im allgemeinen und ih- steinischen Wirtschaft e. V. Rendsburg rer Bundesminister im besonderen zu be- Wir haben mit der oben genannten Gesell- urteilen und zu bewerten wissen. schaft die Frage diskutiert, inwieweit die Für etwaige Rückfragen steht Ihnen mein einmaligen Zahlungen als Beratungsko- Beauftragter, Herr Theo Baarfuß, gern zur sten erhoben werden können. Wie Sie aus Verfügung ... dem beiliegenden Schreiben ersehen, be- gez. J. Ertl" stehen bei der Gesellschaft Schwierigkei- Im Anschluß daran schloß die Firma Krauss ten, Beratungskosten steuerfrei einzuneh- Maffei mit der „Wirtschafts- und Sozialpoli- men, so daß u. E. nur eine Zahlung über tik Vertriebs-GmbH" am 10. Mai 1976 einen ,Mitgliedsbeiträge` zu einer steuerlichen „Beratungs- und Informationsvertrag, in Absetzbarkeit für die VG und die FM füh- dem ein Pauschalhonorar in Höhe von ren kann. 15 000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verein- Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns bart wurde, was am Tage des Vertrags- kurz Ihre Gedanken zu diesem Problem schlusses der Krauss Maffei in Rechnung mitteilen könnten, damit wir im Gleich- gestellt und von dieser als Betriebskosten schritt vorgehen." verbucht wurde. Mit Schreiben vom 20. De- dd) Unter dem 14. Mai 1974 hielt das Mitglied zember 1976 dankte Bundesminister Ertl für der Geschäftsführung des Flick-Konzerns „die Unterstützung seiner Aufgaben im Zu- Kaletsch über eine Besprechung mit dem sammenhang mit der Bundestagswahl". CDU-Schatzmeister Leisler-Kiep am Vor- Ähnliche Verträge wurden auch in den Jah- tage folgendes fest: ren 1977 und 1978 sowie in früheren Jahren abgeschlossen. „Wir hatten gestern abend eine einge- hende Besprechung mit L.-K. Abgesehen cc) Unter dem 18. Dezember 1970 fertigte das von verschiedenen grundsätzlichen Fra- Vorstandssekretariat der Feldmühle AG fol- gen über die Entwicklung der letzten genden Vermerk: Jahre (insbesondere 1972 bis zur Gegen- „Betr. Spende an die ,Studien- und Förder wart) haben wir auch die aus der neuesten gesellschaft der Schleswig-Holsteinischen Entwicklung resultierenden zukünftigen Wirtschaft` Rendsburg (CDU/Dr. Nar Überlegungen eingehend erörtert. jes) .. . Die letzte Zahlung an L.-K. wurde geleistet Nach einer Rückfrage bei Dr. Narjes bzw. mit einem Betrag von DM 0,5 Mio. im Herrn Hahne/Studien- und Fördergesell- Jahre 1973, die jedoch aus einer verbindli- schaft ... soll die vorgesehene Spende fol- chen Zusage als Restzahlung aus der be- gendermaßen überwiesen werden: reits im ersten Halbjahr 1972 getroffenen 50 000 DM auf Konto Nr. ... mit Vermerk: Absprache resultierte (Begegnung in Hö- Beitragszahlung Feldmühle sel; ca. 1. Quartal 1972). AG/Norddeutsche Papierwerke Flensburg Grundsätzlich wurde vereinbart, daß sich 50 000 DM auf Konto Nr. ... Vermerk: unser diesbezügliches Gespräch nur auf Beitragszahlung Feldmühle/ die VG (Konzernspitze einschließlich FM Norddeutsche Papierwerke Uetersen und DN) bezieht, daß also eine direkte Es darf also nicht das Wort ,Spende' er- Inanspruchnahme von L.-K. in bezug auf scheinen. Damit diese ,Beitrags'-Zahlung FM und DN nicht in Betracht kommt. Au- gerechtfertigt ist, erhalten wir von der ßerdem wurde mit L.-K. abgestimmt, daß Studien- und Fördergesellschaft ein er die Gruppe Bds ebenfalls nicht an- Schreiben, in dem die Beiträge für Flens- spricht, weil hier anderweitige besondere burg und Uetersen (beide Werke sind Verbindungen zu berücksichtigen sind. wirklich Mitglied dieser Studiengesell- Ferner scheidet für die Überlegungen von- schaft) erhöht werden. L.-K. selbstverständlich die MH aus, weil Der Betrag der VG wäre dann an FM diese in bezug auf die CSU die Repräsen- rückzuerstatten." tantin unserer Gruppe ist. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

Um Herrn L.-K. die zukünftige Arbeit und hatten mit Sicherheit wenigstens eine Art von Übersicht zu erleichtern, haben wir mit klimatischer Wirkung, um die beteiligten Politi- ihm vereinbart, daß wir ihm in 1974, und ker auf eine wohlwollende Haltung einzustim- zwar speziell für 1974 einen Betrag von men. Die Opposition, soweit der Zeuge von Brau- DM 0,5 Mio. zur Verfügung stellen. chitsch bei Teilen der Bundestagsfraktion Auf- Da sich die weitere Entwicklung zur Zeit sässigkeiten vermutete, wurde durch ein Ge- noch nicht übersehen läßt, sind wir mit L. spräch mit dem CDU-Vorsitzenden Dr. Kohl ru- K. dahin gehend verblieben, daß wir für higgestellt. Sicherlich haben die fortlaufenden das Jahr 1975 eine endgültige und verbind- Spendenzahlungen an die CDU das Gewicht der liche Zusage noch nicht geben. Wir erklär- Hinweise des Zeugen von Brauchitsch gegen- ten uns jedoch bereit, ihm Akonto des Be- über Dr. Kohl verstärkt, selbst wenn sich die trages, der für 1975 zu einem späteren Spenden nicht sonderlich ausgeweitet haben. Zeitpunkt vereinbart werden soll, schon in Besonders auffallend ist der Anstieg der Spen- 1974 einen Teilbetrag von DM 0,1 Mio. zu denzahlungen an die SPD-nahe Friedrich-Ebert- zahlen, der dann in 1975 Akonto dessen, Stiftung während des Zeitraums der Bescheini- was dann weiter vereinbart werden wird, gungsverfahren, wie in dem Mehrheitsbericht anzurechnen ist. mit Recht hervorgehoben wird. Wir zahlen also an L.-K., jetzt im Jahre Daß der Firmeninhaber Dr. Friedrich Karl Flick 1974 einen Gesamtbetrag von DM 0,5 Mio., die Spendenzahlungen keineswegs ohne sachli- und zwar aus Gründen der Abzugsfähig- chen Bezug zum Erfolg seiner Steuerstundungs- keit über die Staatsbürgerliche Vereini- anträge sah, ergibt sich aus dem Vermerk, in gung. dem er sich darüber beklagte, die bisherigen Um Mißverständnissen auszuweichen und „Freundlichkeiten in Bonn" hätten ihm nichts sicherzustellen, daß der Betrag in die Dis- genutzt. positionen von L.-K. kommt, werden wir einen auf die Staatsbürgerliche Vereini- Der Flick-Konzern scheute sich im übrigen gung ausgestellten Verrechnungsscheck nicht, auch mit kleineren Beträgen zur Stelle zu mit einem an die Staatsbürgerliche Verei- sein, wenn er sich davon etwas versprach. So soll nigung gerichteten Brief an Herrn L.-K. der persönliche Referent des damaligen Wirt- persönlich schicken, so daß L.-K. in der schaftsministers Dr. Friderichs nach den aufge- Lage ist, diesen Brief mit dem Verrech- fundenen Unterlagen einen Betrag in Höhe von nungsscheck an die Staatsbürgerliche 500 DM erhalten haben. Wegen des vorzeitigen Vereinigung selbst zu übermitteln." Abbruchs der Beweisaufnahme ließ sich dieser Vorgang nicht abschließend klären. Anmerkung: Auch in anderen Einzelfällen, in denen es um behördliche Entscheidungen ging, hat sich der Die Unterstreichungen in dem zitierten Flick-Konzern seiner weitreichenden politischen Vermerk stammen vom Verfasser des Einflußmöglichkeiten bedient. Ein Beispiel ist Sondervotum. Mit den Abkürzungen sind das Werk Baienfurt. Dem Flick-Konzern gelang gemeint: es, sich einer Umweltschutzauflage durch Hilfe- L.-K. = Leisler-Kiep stellung eines Ministers zu entledigen, das die- sem durch eine von ihm gewünschte Spende an FM = Feldmühle AG einen Verein entgolten wurde. (Vgl. 2. Abschnitt, DN = Dynamit Nobel AG Ziff. 2, „Bonner Büro") Bds = Buderus AG b) Der Flick-Konzern hat sich auch massiv mittels MH = Firma Maxhütte der für ihn verfügbaren Spendendestinatäre in Gesetzgebungsentscheidungen und sogar perso- nelle Entscheidungen eingemischt, vor allem auf Politiker, die in eine mutmaßliche kriminelle Ko- dem Gebiet des Steuer- und Unternehmens- operation der genannten Art verstrickt sind, ver- rechts. Die Erfolge auf diesem Gebiet bleiben lieren nicht zuletzt dadurch ihre Unabhängigkeit jedoch teilweise begrenzt. und politische Integrität. c) Schließlich hat der Flick-Konzern durch gezielte Förderung bestimmter Parteiflügel oder Einzel- kandidaten auf das parteipolitische Profil Ein- 2.4 Einflußfelder und Einflußziele des Flick-Konzerns fluß genommen. Im Fall der FDP hat das, wie die Die Aktivitäten des Flick-Konzerns erstreckten sich Entwicklung der letzten Jahre beweist, nicht ge- auf zahlreiche Einflußfelder und Einflußziele. ringe Auswirkungen gehabt. a) Im Vordergrund des Interesses der Mehrheit des d) Welches Ausmaß die Aktivitäten des Flick-Kon- Untersuchungsausschusses standen die Einfluß- zerns erreicht haben, wird ansatzweise aus den nahmen des Flick-Konzerns während der Be- Berichten des „Bonner Büros" erkennbar, die im scheinigungsverfahren, die von der Geschäftslei- 2. Abschnitt des Sondervotum wiedergegeben tung generalstabsmäßig konzipiert und durchge- sind. - führt wurden. Die von dem Flick-Konzern wäh- e) Zugleich hat der Flick-Konzern aufgrund seiner rend dieser Zeit geleisteten Spendenzahlungen wirtschaftlichen Machtposition unmittelbar die Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Bildung oder Ablösung von Regierungen beein- Daß die Parteien dieses zentrale Verfassungsge- flußt. Der Wechsel von der früheren SPD/FDP- bot systematisch (Schutzschrift des Verteidigers zur heutigen CDU/CSU/FDP-Regierung wurde von Graf Lambsdorff vom 30. November 1982: vom Flick-Konzern tatkräftig unterstützt, nach- „Es ist für einen Schatzmeister einer Partei üb- dem frühere Bemühungen in dieser Richtung zu- lich, der Bitte, den Spender ungenannt zu las- nächst erfolglos geblieben waren. sen, zu entsprechen"!) verletzt haben, ist eine Mißachtung der Verfassung, des Bundesverfas- sungsgerichts, demokratischer Grundprinzipien und nicht zuletzt des Volkes, das über die Geld- 3. Rechtliche Beurteilung quellen der Parteien getäuscht und damit bei 3.1 Die demokratiegefährdenden Einflußnahmen den Wahlentscheidungen in die Irre geführt des Flick-Konzerns auf die Politik konnten ihre wurde. volle Wirkung nur deshalb entfalten, weil der Die betroffenen Parteien suchen sich durch den Öffentlichkeit die Spendenmillionen, die Flick Hinweis zu entschuldigen, daß auch ihre Kon- an die Parteien gezahlt hat, nicht bekanntgege- kurrenzparteien die Pflicht zur Rechenschafts- ben wurden. legung nicht erfüllt hätten. Das ist aber keine Die Parteivorsitzenden und Schatzmeister von taugliche Entschuldigung, weil ein Verfassungs- CDU, CSU, FDP und SPD mußten zugestehen, verstoß nicht dadurch besser wird, daß auch an- daß sie in den vergangenen Jahrzehnten fortge- dere ihn begehen. setzt bewußt gegen die ihnen in Artikel 21 des Der Name Flick findet sich nicht in einem einzi- Grundgesetzes in Verbindung mit § 25 des Par- gen Rechenschaftsbericht der Parteien, die teiengesetzes auferlegte Verpflichtung versto- Flick-Spenden in Millionenhöhe erhalten haben. Ben haben, über die Herkunft ihrer Einnahmen Bei Offenlegung dieser Spenden wäre sein Ein- öffentlich Rechenschaft zu legen und Spender fluß auf die betroffenen Parteien sichtbar und mit einem Spendenaufkommen von jährlich dadurch, wenn nicht verhindert, so doch wenig- mehr als 20 000 DM in den Rechenschaftsbe- stens begrenzt worden. richten namentlich aufzuführen. Nicht auszuschließen ist im übrigen, daß Spen- Zu Unrecht behandelt die Ausschußmehrheit den in erheblicher Größenordnung in die Re- dies als ein Randproblem. (Vgl. Tz 416 des MB) chenschaftsberichte — abgesehen von der Na- Nach der Rechtsprechung des Bundesverfas- mensnennung — überhaupt nicht aufgenom- sungsgerichts handelt es sich um ein zentrales men worden sind. Da die betroffenen Parteien Gebot der Verfassung, dem die betroffenen Par- Spenden in Millionenhöhe vom Flick-Konzern teien zuwidergehandelt haben. Das Bundesver- in bar und ohne Quittung vereinnahmt haben, fassungsgericht hat in seinem Urteil vom war ihre ordnungsgemäße Verbuchung nicht si- 24. Juli 1979 (BVerfGE Band 52, 86f.) folgendes chergestellt. Wenn im Mehrheitsbericht Bar- festgestellt: spenden ohne Quittung als nicht „unüblich" hin- „Das Grundgesetz verwehrt Spenden an poli- gestellt werden, haben die jeweiligen Parteien tische Parteien grundsätzlich nicht. Artikel 21 möglicherweise erheblich mehr an Barspenden GG gewährleistet den Parteien Freiheit vom von anderer Seite erhalten, als bisher aus den Staat, nicht jedoch absoluten Schutz vor dem Flick-Unterlagen bekanntgeworden ist. Einfluß finanzkräftiger Einzelpersonen, Un- 3.2 Daß die Parteien im großen Umfang konspirati- ternehmen und Verbände. Der Gefahr, daß ves Geld über Spendenwaschanlagen in ihre anonyme Großspender durch ins Gewicht fal- Kassen geleitet haben, ist ein Verstoß gegen Ar- lende finanzielle Zuwendungen auf die län- tikel 21 GG und abgesehen von der möglichen gerfristige Zielsetzung der begünstigten Par- Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen, tei oder sie berührende innerparteiliche Ent- über die hier nicht zu befinden ist, eine fortge- scheidungen von Einzelfragen einzuwirken setzte und bewußte Mißachtung des Grundsat- versuchen, um so indirekt mehr oder minder zes der Chancengleichheit, der ebenfalls Verfas- großen Einfluß auf die staatliche Willensbil- sungsrang hat. dung zu gewinnen, begegnet das Grundgesetz durch das in Artikel 21 Abs. 1 Satz 4 GG an 3.3 Die unentwegt behauptete Legende vom unkla- die Parteien gerichtete Gebot, über die Her- ren Rechtszustand ist ein gezieltes Täuschungs- kunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu manöver, um sich von der verfassungsrechtli- geben ... Diesem Verfassungsgebot kommt chen und strafrechtlichen Verantwortung frei- zentrale Bedeutung zu. Es zielt darauf ab, den zuzeichnen. Prozeß der politischen Willensbildung für den Spätestens nach dem Beschluß des Bundesver- Wähler durchschaubar zu machen und ihm fassungsgerichts vom 10. Juli 1958 bestand abso- offenzulegen, welche Gruppe, Verbände oder lute Klarheit darüber, daß Spenden, die steuer- Privatpersonen durch Geldzuwendungen auf begünstigt an eine gemeinnützige Organisation die Parteien politisch einzuwirken suchen. gegeben werden, „weder unmittelbar noch mit- Der Wähler soll über die Herkunft der ins telbar einer politischen Partei zufließen dürfen". Gewicht fallenden Spenden an politische Par- (BVerfGE 8/71) Dieser Rechtssatz war ebenso teien korrekt und vollständig unterrichtet klar, wie die Vorschrift im § 242 StGB, wonach werden und die Möglichkeit haben, daraus Diebstahl strafbar ist. Alle wortreichen Auslas- seine Schlüsse zu ziehen." sungen über angebliche Rechtsungewißheit Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

sind der ebenso dreiste wie untaugliche Ver- CDU/CSU im Untersuchungsausschuß, Bohl, such, sich nachträglich auf ein fehlendes Un- noch in einem Interview vom 14. September rechtsbewußtsein herauszureden. Daß es ein 1985, die SPD müsse endlich die Herkunft der sehr ausgeprägtes Unrechtsbewußtsein gab, Summe von 7,6 Millionen DM bekanntgeben, die läßt sich aus den zahlreichen Dokumenten, die im Rechenschaftsbericht über die Einkünfte der dem Untersuchungsausschuß zugänglich gewor- SPD als Spende des früheren Schatzmeisters den sind, unschwer erkennen. Vor allem ist Nau erscheinen. So berechtigt diese Forderung sonst nicht erklärbar, warum die Spendenum- ist, könnte ihr nur dadurch Glaubwürdigkeit wege so sorgfältig getarnt wurden und erst verliehen werden, daß die CDU, CSU und FDP Ende der siebziger Jahre aufgrund von staats- ihrerseits mindestens für die letzten fünf, bes- anwaltschaftlichen Ermittlungen nach und nach ser für die zurückliegenden zehn Jahre, die ih- an das Tageslicht kamen. Nicht zuletzt wird die nen zugeflossenen Großspenden ordnungsge- Behauptung vom fehlenden Unrechtsbewußt- mäß veröffentlichen. sein durch die Anstrengungen widerlegt, im Wege einer Amnestierung die strafrechtlichen 3.5 Die einzige Vorschrift, an die sich die betroffe- Vorwürfe zu bereinigen. nen Parteien hinsichtlich der Parteispenden ge- halten haben, war die Vorschrift im Parteienge- Es ist eine interessante Betrachtungsweise, setz, die es ihnen erlaubt, nach Ablauf von fünf wenn Rechtsanwalt Felix in einem Interview Jahren Buchhaltungsunterlagen zu vernichten. der „Tageszeitung" behauptete, für den spen- Hier wäre zu empfehlen, von dem Recht zur denwilligen Unternehmer seien die Parteien als Aktenvernichtung so lange keinen Gebrauch zu „halbstaatliche" Institutionen „exterritorial" ge- machen, als die Rechenschaftsberichte der letz- wesen. Die Parteien sind selbstverständlich ten fünf Jahre nicht vollständig vorliegen. nicht „exterritorial" und können für sich keinen rechtsfreien Raum beanspruchen. Es mag für die einzelnen Unternehmer ein Milderungs- 4. Schlußfolgerungen grund sein, daß sie von Politikern und Parteien zu illegaler Spendenfinanzierung animiert wor- „Die völlige Trennung zwischen Moral und Politik den sind. Das hat aber mit einem „unklaren gehört zu den hauptsächlichen Verirrungen und Rechtszustand" überhaupt nichts zu tun. Die Übeln unserer Zeit." Verantwortung der Parteien wird dadurch nicht verringert sondern eher vergrößert. Wladimir Solowjow Im übrigen gibt es einen aus Sicht der Aus- schußmehrheit gewiß unverdächtigen Zeugen, 4.1 Rückkehr zum Recht den Vorsitzenden der bayerischen Staatsbür- Eine der ersten, einfachsten und wichtigsten Kon- gerlichen Vereinigung e.V., Prof. Dr. Rolf Bo- sequenzen, die aus den vom Untersuchungsaus- denstock, der in einem Rundschreiben vom Fe- schuß gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen wäre, bruar 1982, das sich in Kopie bei den sicherge- bestünde in der Bereitschaft der betroffenen Partei- stellten Unterlagen befindet, folgendes bemerk- en, sich für die Zukunft auf die Achtung von Verfas- te: sung und Gesetz zu verpflichten. Solange sich die „Die Rechtslage der Möglichkeiten und Gren- betroffenen Parteien in dieser Hinsicht zögerlich zen finanzieller Unterstützung von Parteien oder ausweichend verhalten, ist es müßig, neue Ge- und Politikern ist eindeutig." setze zu verabschieden, weil zu befürchten ist, daß Die Änderung des Parteiengesetzes und steuer- auch diese wie früher von den betroffenen Parteien rechtlicher Vorschriften Ende 1983 war daher umgangen werden, wenn es um ihre materiellen keine Bereinigung eines angeblich unklaren Interessen geht. Rechtszustandes, sondern im wesentlichen le- Eine günstige Prognose hinsichtlich einer Besse- diglich rung im Verhalten der betroffenen Parteien hätte — die Einführung von Sanktionen im Falle von zur Voraussetzung, daß sie sich zur längst überfälli- Rechtsverstößen, die in der Vergangenheit gen umfassenden Aufklärung hinsichtlich ihres von Parteien nicht freiwillig eingehalten verfassungswidrigen und illegalen Finanzgebarens worden waren, in der Vergangenheit entschließen. Dazu gehört ins- — die Belohnung der betroffenen Parteien für besondere Rechtsverstöße der Vergangenheit durch Er- — die Vorlage korrekter und vollständiger Rechen- höhung der Wahlkampfkostenpauschale schaftsberichte über die Einnahmen mindestens und in den vergangenen zehn Jahren einschließlich — die Einführung der verfassungswidrigen der Namhaftmachung bisher anonym gebliebe- Steuerbegünstigung von Großspenden an ner Spender, Parteien. — die rückhaltlose Offenlegung illegaler Spenden- 3.4 Die Untersuchungen des Ausschusses haben er- transfers unter Angabe der Personen, die davon geben, daß die betroffenen Parteien keinerlei Kenntnis hatten, dazu angestiftet oder in sonsti- Bereitschaft zeigen, wen igstens nachträglich ger Weise daran mitgewirkt haben, - ihre Verpflichtungen aus Artikel 21 zu erfüllen und die Spendenzuflüsse aus Mitteln des Flick — die Unterstützung der Strafverfolgungsbehör- Konzerns und anderer Großspender offenzule- den bei der Aufklärung von Steuerstraftaten im gen. Zwar forderte der Berichterstatter der Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Zusammenhang mit verdeckter Parteienfinan- der seine Entsprechung in vielen Verlautbarungen zierung. aus den betroffenen Parteien hat. Was soll aber „un- würdig" daran sein, wenn die Parteien gezwungen Leider ist kaum zu hoffen, daß sich die betroffenen werden, sich bei der Spendenbeschaffung an Ver- Parteien auf diese Forderungen einlassen werden. fassung, Strafgesetz und Steuervorschriften zu hal- Skepsis gegenüber ihrem künftigen Verhalten ist ten? Darf den Parteien nicht zugemutet werden, daher angebracht, es sei denn, daß sie von der Of- was Gesetzgeber, Gerichte und Finanzbehörden je- fentlichkeit energisch zur Erfüllung ihrer Verpflich- dem einzelnen abverlangen, Gesetz und Recht zu tung aus Artikel 21 Grundgesetz, die nicht verjährt, respektieren? Ist es nicht eher „unwürdig", daß sich angehalten werden. Bisher haben sich die betroffe- die betroffenen Parteien in der Vergangenheit in nen Parteien auf ein wechselseitiges Schwarzes- kriminelle Machenschaften verstrickt und damit Peter-Spiel beschränkt. So vermißt die CDU/CSU für erheblichen Schaden für den Rechtsstaat ange- (Presseerklärung vom 18. Februar 1986) bei der richtet haben? Zur Festigung der freiheitlichen De- SPD „Reue, Einsicht und Besserung", sträubt sich mokratie haben die betroffenen Parteien, die sich aber ihrerseits bis heute dagegen, eigenes Fehlver- so gern als staatstragend ausgeben, durch ihre halten in der Vergangenheit einzugestehen und Spendenpraktiken keinesfalls beigetragen. Auskunft darüber zu geben, wieviel Millionen DM an illegalen Spenden sie über die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e. V. und andere Spendenwasch- anlagen erhalten hat, welche CDU- und CSU-Politi- 4.3 Neue Verhaltensregeln für Abgeordnete ker an den illegalen Spendentransaktionen mitge- wirkt und davon Kenntnis hatten, und wer im ein- Eine Verschärfung der Anzeigepflicht der Mitglie- zelnen ihre finanziellen Sponsoren waren. Umge- der des Deutschen Bundestages hinsichtlich ihrer kehrt hat bis heute die SPD, die immerhin den Mut Einkommens- und Vermögensverhältnisse, vor al- zu einigen selbstkritischen Sätzen in ihrem Minder- lem über unentgeltliche Zuwendungen, die sie wäh- heitenvotum gefunden hat, sich ihrerseits bisher rend der Mandatszeit erhalten, ist geboten. nicht dazu aufraffen können, alle Großspenden of- Die Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundes- fenzulegen, die sie in der Vergangenheit erhalten tag hat dazu in der „Kommission des Ältestenrates hat. für die Rechtsstellung der Abgeordneten" den An- trag eingebracht, die Anzeigepflicht nach § 44 a des 4.2 Ausgabenreduzlerung Abgeordnetengesetzes dahin gehend zu erweitern, daß die Mitglieder des Deutschen Bundestages dem Die notwendige Unabhängigkeit politischer Par- Bundestagspräsidenten Angaben über ihre sämtli- teien kann nur gewahrt bleiben, wenn sie sich in chen neben der Mitgliedschaft im Deutschen Bun- ihren Ausgaben so beschränken, daß sie nicht auf destag ausgeübten Tätigkeiten sowie über ihre ge- finanzielle Unterstützung durch Großspender oder samten Einkommens- und Vermögensverhältnisse Kredite finanzkräftiger Unternehmen und Banken zu machen haben. angewiesen sind.

Die betroffenen Parteien müssen sich auf die 4.4 Wiedereinführung des Straftatbestandes der Grundregel besinnen, die jeder einzelne zu beach- Abgeordnetenbestechung? ten hat, daß nicht mehr ausgegeben werden kann, als Einnahmen vorhanden sind. Leider haben die Zu prüfen wäre die Wiedereinführung einer Vor- betroffenen Parteien selbst diese Regel nicht für schrift, die die Abgeordnetenbestechung unter sich als verbindlich anerkennen wollen. Im Gegen- Strafe stellt. Seit 1953 ist die Abgeordnetenbeste- teil, weil sie mit ihrem Geld nicht auskamen, haben chung, die immerhin in Großbritannien als Kapital- sie sich Geld auf illegalem Weg beschafft. verbrechen gilt, in der Bundesrepublik Deutschland Bedauerlicherweise hat die vom damaligen Bundes- nicht mehr strafbar. Im Hinblick auf die erhebli- präsidenten einberufene Sachverständigenkommis- chen Abgrenzungsprobleme müssen jedoch die sion in ihrem „Bericht zur Neuordnung der Partei- Möglichkeiten, zu einer klaren und praktikablen enfinanzierung" die illegale Spendenbeschaffung Regelung zu gelangen, in welchen Fällen Zuwen- nicht nur nicht kritisiert, sondern sogar mit folgen- dungen an Abgeordnete als Bestechung strafbar der fragwürdiger Argumentation zu entschuldigen sein sollen, eher zurückhaltend bewertet werden. versucht:

„Es ist aber einer freiheitlichen Demokratie in 4.5 Änderung der Vorschrift in § 6b EStG höchstem Grade unwürdig, die sie tragenden poli- tischen Parteien in eine Situation zu versetzen, Für eine steuerfreie Wiederanlage von Veräuße- die sie zwingt, entweder auf ihnen zugedachte rungsgewinnen aus dem Verkauf von Anteilen an Spenden verzichten oder stets am Rande der Le- Kapitalgesellschaften in Anteile anderer Kapitalge- galität operieren zu müssen." sellschaften ist nach § 6 b Abs. 1 Nr. 5 eine Beschei- (Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzie- nigung des Bundesministers für Wirtschaft im Be- rung Seite 196) nehmen mit dem Bundesminister der Finanzen, dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung- In diesem Satz offenbart sich ein nahezu katastro und der von der Landesregierung bestimmten phales Verfassungs- und Rechtsverständnis, das lei Stelle darüber notwendig, „daß der Erwerb der An- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 teile unter Berücksichtigung der Veräußerung der sinnvolle Entscheidungen nicht in jedem Fall mit Anteile volkswirtschaftlich besonders förderungs- dem volkswirtschaftlichen Interesse überein. würdig ... * ist. Dieser Überlegung trägt die bestehende Vorschrift Diese Bescheinigung für die steuerfreie Reinvesti- des § 6b EStG insofern Rechnung als nicht jede tion der Gewinne aus der Veräußerung der Anteile Übertragung stiller Reserven von einem auf ein an- der Daimler-Benz AG zu erhalten, war Anlaß der deres Anlageobjekt steuerlich begünstigt wird. Ins- gesteigerten politischen Einflußnahmetätigkeit des besondere kann eine Wiederanlage der Veräuße- Hauses Flick. Dieses Bescheinigungsverfahren rungsgewinne in Anteile von Kapitalgesellschaften steht deshalb im Mittelpunkt der Änderungsan- nur insoweit steuerfrei erfolgen als diese Gewinne träge der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD. aus der Veräußerung von Kapitalbeteiligungen ent- Nach Meinung der GRÜNEN darf sich die Überprü- standen sind. Eine Übertragung der Gewinne aus fung der gegenwärtigen Regelung des § 6 b EStG der Veräußerung von abnutzbaren Wirtschaftsgü- jedoch nicht auf das Bescheinigungsverfahren be- tern in Anteile an Kapitalgesellschaften wird dage- schränken, sondern muß eine grundsätzliche Beur- gen nicht begünstigt. teilung dieser Vorschrift umfassen. Ihrer Beurtei- lung legen die GRÜNEN andere Maßstäbe zu- Für diese Einschränkung sind vor allem zwei Argu- grunde mit der Folge, daß sich ihre Vorschläge zur mente bedeutsam: Änderung des § 6 b EStG wesentlich von denen der — Anders als bei einer Reinvestition stiller Reser- anderen Fraktionen unterscheiden. ven in abnutzbare Anlagegüter wirkt sich § 6 b EStG bei der Reinvestition in Kapitalbeteiligun gen nicht als zeitlich befristete Steuerstundung, sondern als dauerhafte Steuereinsparung aus. a) Die grundsätzliche Problematik des Dies ist die Folge der Regelung, daß nach Steuerprivilegs nach § 6b EStG § 6 Abs. 1 EStG die Veräußerungsgewinne von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Nach den Vorschriften des EStG unterliegen Ge- Reinvestitionsobjektes abgezogen werden kön- winne aus der Veräußerung von Anlagegütern bei nen. Mit der Begrenzung der in der 'Steuerbilanz den Gewinneinkunftsarten grundsätzlich der Ein- zu berücksichtigenden Anschaffungs- und Her- kommen- und Körperschaftsteuer. Die Gewinne er- stellungskosten verringert sich bei abnutzbaren geben sich aus der Differenz zwischen dem Ver- Wirtschaftsgütern auch das berücksichtigungs- kaufserlös und dem Buchwert der Anlagegüter. fähige Abschreibungsvolumen, wodurch sich Nach den Bewertungsvorschriften des EStG sind ebenfalls die steuermindernden jährlichen Ab- für den Buchwert die Anschaffungs- und Herstel- schreibungsbeträge reduzieren. Der Steuervor- lungskosten, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern die teil aus der Übertragung der stillen Reserven Anschaffungs- und Herstellungskosten vermindert wird im Laufe der Abnutzung des Wirtschaftsgu- um die Absetzungen für Abnutzung nach § 7 EStG, tes dadurch kompensiert, daß die steuerpflichti- maßgeblich. Weil diese Differenz zwischen Ver- gen Periodengewinne höher ausgewiesen wer- kaufswert und Buchwert erst im Zeitpunkt der Ver- den. Demgegenüber unterliegen Kapitalbeteili- äußerung aufgedeckt wird, trägt dieser Unter- gungen keiner Abnutzung, Absetzungsbeträge schiedsbetrag die Bezeichnung „stille Reserve". für Abnutzung fallen bei der laufenden Gewinn- ermittlung nicht an, wodurch die Steuerbegün- Die Gewinne aus der Veräußerung bestimmter An- stigung nach § 6 b EStG bis zur Wiederveräuße- lagegüter werden nach § 6 b EStG jedoch dann nicht rung der Kapitalbeteiligung beim Anteilseigner im Zeitpunkt ihrer Realisierung besteuert, wenn sie verbleibt. Bei einer erneuten Veräußerung der in bestimmte Anlagegüter reinvestiert werden. § 6 b Reinvestitionsanlage können die entstandenen EStG stellt mithin eine Steuervergünstigung dar, stillen Reserven zudem kumuliert werden, wo- die folgerichtig auch als solche im Subventionsbe- durch der Anteil des steuerbegünstigten Kapi- richt der Bundesregierung aufgeführt wird. tals an den Kapitalbeteiligungen wächst. Gerechtfertigt wird diese Steuervergünstigung mit — Durch die Möglichkeit, stille Reserven auf neue dem Argument, daß ohne sie ein Strukturwandel Kapitalbeteiligungen zu übertragen, wird die der Wirtschaft behindert werde. Diese Argumenta- Tendenz zur Verflechtung von Unternehmen ge- tion unterstellt, daß jede Übertragung stiller Reser- stärkt, die in der Bundesrepublik Deutschland ven auf ein anderes Anlagegut zu einem Wandel in mit Konzentrationsprozessen verbunden ist. Wie der Wirtschaftsstruktur führt und daß dieser Wan- die Erfahrungen zeigen, ist die Ausdehnung der del volkswirtschaftlich positiv zu bewerten ist, also Marktmacht einzelner Unternehmen nicht nur einen subventionswürdigen Tatbestand darstellt. Es wettbewerbsmäßig nachteilig, sondern verstärkt wird weiterhin unterstellt, daß die privatwirtschaft- auch ihren politischen Einfluß, was nicht nur der lich gelenkte Verwendung finanzieller Ressourcen Demokratie, sondern auch dem Versuch, die a priori von größerem volkswirtschaftlichen Nutzen Umwelt- und Sozialverträglichkeit der Wirt- ist als eine staatliche Verwendung der potentiellen schaft zu verbessern, schadet. Steuermittel. Diese Annahmen müssen vor dem Hintergrund zunehmender Konzentrationsprozesse Dem Umstand, daß der volkswirtschaftliche Nutzen - in der Wirtschaft, wachsender Arbeitslosigkeit und einer Reinvestition von Veräußerungsgewinnen in steigender Umweltschäden jedoch in Frage gestellt Anteile an Kapitalgesellschaften fraglich ist, trägt werden. Demnach stimmen einzelwirtschaftlich § 6 b Abs. 1 Ziffer 5 insofern Rechnung als hier die Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Bescheinigung — und damit die Prüfung — über Bedingung für den Erhalt der Steuervergünstigung die besondere volkswirtschaftliche Förderungswür- soll lediglich weiterhin die sogenannte Aktivitäts- digkeit als Voraussetzung genannt wird. klausel bleiben, nach der die Kapitalgesellschaft, an der Anteile erworben werden, mit mindestens 50 % Dieses Kriterium ist in der Vorschrift des EStG ihres Umsatzes produktiv tätig sein muß. Als neue jedoch nicht konkretisiert. Die Ausfüllung des un- Bedingung soll eingeführt werden, daß die neu er- bestimmten Rechtsbegriffs „volkswirtschaftliche worbenen Anteile mindestens 10 % der der Kapital- Förderungswürdigkeit" bleibt den für die Beschei- gesellschaften betragen. Begründet wird diese Be- nigung der besonderen volkswirtschaftlichen För- dingung damit, daß vermieden werden soll, „Streu- derungswürdigkeit zuständigen Verwaltungsorga- besitz" in die Vergünstigungen einzubeziehen. Da- nen überlassen. Die Bewilligung der Steuervergün- mit wird ein bestimmter Grad der Konzentration stigung obliegt mithin einem besonderen Willens- für die Gewährung der Steuervergünstigung vor- bildungsprozeß der Behörde. Der Fall Flick hat die ausgesetzt. Das widerspricht den eigenen wettbe- Gefahr deutlich werden lassen, daß ein solcher be- werbspolitischen Absichtserklärungen der Regie- sonderer Willensbildungsprozeß auch der besonde- rungsparteien. ren Einflußnahme der Antragsteller unterliegt. Zudem soll die für das Gros der Wiederanlageob- Deshalb ist das Bescheinigungsverfahren in den jekte bestehende Begrenzung der Steuervergünsti- Mittelpunkt der Diskussion um eine Änderung des gung auf 80 % des Veräußerungsgewinns auf 100 % § 6b geraten. Mit einer Aufhebung oder Änderung angehoben werden, wodurch das Subventionsvolu- des Bescheinigungsverfahrens wird jedoch die Pro- men für die Wirtschaft — entgegen allen von den blematik des Steuerprivilegs nicht angegangen. Regierungsparteien im Wahlkampf für die Bundes- Dieser Problematik werden deshalb die von den tagswahl 1983 gemachten Versprechen — wieder Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD angekün- einmal aufgestockt würde. Die Regierungsparteien digten Änderungsvorschläge nicht gerecht. rechnen dementsprechend mit einem drastischen Anstieg der Fälle, in denen § 6 b EStG in Anspruch genommen wird, falls ihre Änderungsvorschläge Gesetz werden. b) Kritik an den Änderungsankündigungen der Die Spendentätigkeit des Flick-Konzerns hätte mit CDU/CSU, FDP und SPD der Verwirklichung des Vorschlages der Koalitions- aa) Änderungsvorschlag der Koalitionsfraktionen fraktionen sonst einen zusätzlichen Erfolg errun- gen. Interessierten Industriekreisen wird die von Die von den Koalitionsfraktionen angekündigten der Ausschußmehrheit angestrebte Ausdehnung Änderungsvorschläge beschränken sich auf § 6 b des Steuerprivilegs nach § 6 b EStG sehr willkom- Abs. 1 Nr. 5 EStG. Als Konsequenz aus der Arbeit men sein. des 1. Untersuchungsausschusses wird gefordert, die steuerbegünstigte Reinvestition von Veräuße- bb) Änderungsvorschläge der SPD rungsgewinnen in Anteile von Kapitalgesellschaf- ten künftig zuzulassen, ohne daß es eines besonde- Auch die Vorschläge der SPD beschränken sich auf ren Genehmigungsverfahrens bedarf. Damit soll die eine Änderung von Nummer 5 des § 6 b EStG. Die Rechtslage der Tatsache angeglichen werden, daß SPD bejaht im Grundsatz die Steuervergünstigung die Wirtschaft über genügend politischen Einfluß für eine Wiederanlage der Veräußerungsgewinne in verfügt, um das Ergebnis eines Genehmigungsver- Kapitalbeteiligungen. Das Problem, daß es sich fahrens ohnehin in ihrem Sinne zu steuern. Der hierbei nicht um eine zeitlich begrenzte Steuerstun- Verzicht auf das Bescheinigungsverfahren orien- dung, sondern um eine Steuerbefreiung handelt, tiert sich demnach anpassungsbereit an den beste- und die Tatsache, daß die Steuervergünstigung den henden Machtkonstellationen in der Bundesrepu- Konzentrationsprozeß in die Wirtschaft fördert, be- blik Deutschland. Der Gefahr der Bestechung und rücksichtigt der SPD-Vorschlag nicht, sondern es Bestechlichkeit soll dadurch aus dem Weg gegan- wird in Übereinstimmung mit den Koalitionsfrak- gen werden, daß der „Gestaltungsspielraum des Un- tionen davon ausgegangen, daß § 6 b EStG grund- ternehmens" (Solms) erweitert wird. Das Kriterium sätzlich wirtschaftspolitisch wünschenswert ist. Ar- eines allgemeinwirtschaftlichen Nutzens soll entfal- gumentiert wird damit, daß durch die Möglichkeit len, vielmehr wird auch bei der Wiederanlage in einer steuerfreien Übertragung von stillen Reser- einer Kapitalbeteiligung der volkswirtschaftliche ven Arbeitsplätze gesichert werden und raumord- Nutzen a priori zugestanden. Obwohl gerade die nungs- wie umweltpolitisch erwünschte Verlage- Wiederanlage der Gewinne aus dem Verkauf der rungen von Betriebsstandorten erleichtert werden Daimler-Benz-Aktien in Anteile der Firma Grace können. Raumordnungs- und umweltpolitische gezeigt hat, daß ein volkswirtschaftlicher Nutzen Aspekte werden jedoch nur als möglich und nicht eingetreten ist, wird diese Erfahrung nicht in wünschbar erwähnt, als Kriterien für die Gewäh- die Änderungsvorschläge einbezogen. Der Reform- rung der Steuervergünstigung erscheinen sie in schlag der Koalitionsparteien ist daher Ausdruck dem Änderungsvorschlag dagegen nicht. Damit einer Wirtschaftsideologie, nach der generell die wird auch eine gegenteilige Wirkung des Veräuße- volkswirtschaftliche Überlegenheit des einzelwirt- rungs- und Reinvestitionsvorgangs — z. B. die Ent- schaftlichen Kalküls gegenüber staatlicher Einfluß- nahme von Kapital aus einer strukturschwachen nahme auf die Verwendung von Finanzmitteln un- Region oder die Hinlenkung in ökologisch bedenkli- terstellt wird. che Produktionen — in Kauf genommen. Allein das Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

arbeitsmarktpolitische Argument läßt der Ände- angetastet. Damit wird die Tatsache, daß diese Re- rungsvorschlag gelten. Als Indikator dafür, daß ein gelung insbesondere Großunternehmen zugute positiver Arbeitsplatzeffekt aus der Wiederanlage kommt, weiterhin in Kauf genommen. Regelungen, resultiert, wird in dem Vorschlag jedoch lediglich die diese Wirkung eingrenzen, z. B. eine absolute angeführt, daß die Reinvestition nicht im Ausland mengenmäßige Begrenzung der steuerfrei reinve- erfolgen dürfe und die Reinvestition in Kapitalan- stierbaren Gewinne, finden sich in dem SPD-Vor- teile erfolgen müsse, die mit einer Erstausgabe oder schlag nicht, so daß er hinter Anträgen, die auf einer Kapitalerhöhung verbunden sind. SPD-Parteitagen gestellt wurden — z. B. auf dem Parteitag in Hamburg 1979 von der Landesorgani- Diese Voraussetzung kann jedoch nicht generell als sation Hamburg und von dem Bezirk Hessen-Süd Indikator für einen positiven Arbeitsplatzeffekt ge- — zurückbleibt. sehen werden. Vielmehr kann das Kapital aus einer Kapitalerhöhung ebenso wie für Erweiterungsinve- cc) Änderungsforderungen der GRÜNEN im Deutschen stitionen auch für Rationalisierungsinvestitionen Bundestag verwendet werden. Der SPD-Vorschlag reiht Ziffer 5 den Ziffern 1 bis 4 Die GRÜNEN stimmen mit den anderen Parteien von § 6 EStG also insofern ein, als sichergestellt ist, darin überein, daß die Entscheidung über die Ge- daß durch die Wiederanlage der Veräußerungsge- währung einer Subvention nicht von einem beson- winne Investitionen erfolgen und reine Finanzanla- deren Willensbildungsprozeß abhängig sein darf, gen ausgeschlossen sind. Den Nachweis des positi- zumal nicht einem solchen, dem es an klar definier- ven Arbeitsplatzeffektes bleibt der Vorschlag je- ten Tatbestandsmerkmalen mangelt. Der Fall Flick doch schuldig. Als zweiter Aspekt ist bei dieser vor- lehrt, daß spezifische politische Willensbildungspro- geschlagenen neuen Bedingung problematisch, daß zesse für Steuervergünstigungen dem besonders in- die Kapitalerhöhung einer Gesellschaft die Markt- tensiven Einfluß der Wirtschaft unterliegen. Dabei macht derselben stärkt und somit die Vergünsti- ist zu bedenken, daß der parlamentarische Willens- gung des § 6 b EStG mit einer potentiell konzen- bildungsprozeß ohnehin gerade im Bereich der trationsfördernden Entwicklung zwangsläufig ver- Steuerpolitik wesentliches Zielobjekt der Einfluß- knüpft wird. nahme seitens der Wirtschaft ist. Ein zusätzliches Bescheinigungsverfahren wie es das geltende Bedingung für die Gewährung des Steuerprivilegs Recht vorschreibt, bietet zusätzliche Möglichkeiten soll weiterhin sein, daß nicht nur die Gewinne, son- zur Erlangung von Sonderprivilegien. Deshalb dern der gesamte Erlös reinvestiert wird. Unter sollte das Bescheinigungsverfahren wegfallen. Dar- dem arbeitsmarktpolitischen Aspekt kann diese Be- aus folgt aber umso dringlicher, die Berechtigung dingung ihre Berechtigung haben. Fragwürdig ist der Steuervergünstigung nach § 6 b EStG zu über- jedoch, daß damit der Grad der Verflechtung der prüfen. Dabei ist die Frage zu untersuchen, ob Wirtschaft zumindest festgeschrieben wird. Mit durch § 6 b EStG ein positiv zu beurteilender Struk- dem Ziel der Dekonzentration und der Entflechtung turwandel zustande kommt, der nach grünen Krite- ist diese Bedingung nicht zu vereinbaren. rien 1. eine Verbesserung der Umwelt- und Sozial- In dem SPD-Vorschlag wird also insgesamt davon verträglichkeit sowie 2. eine Dekonzentration und ausgegangen, daß in jedem Fall der marktwirt- Entflechtung der Wirtschaft zur Folge haben muß. schaftliche Regelungsmechanismus zu den von der Außerdem ist 3. die Vergünstigung unter dem Ge- SPD genannten Zielfunktionen im Sinne eines sichtspunkt der steuerlichen Gleichbehandlung zu Strukturwandels, d. h. Arbeitsplatzsicherung sowie beurteilen. Raumordnungs- und Umweltverträglichkeit führt. Auf eine konkrete Steuerung der Investitionen mit 1. Verbesserung der Umwelt - dem Instrument des § 6 b EStG wird verzichtet. Da- und Sozialverträglichkeit der Wirtschaft bei ist die Verwirklichung der raumordnungspoliti- schen Zielvorgabe schon allein deshalb mehr als Die GRÜNEN teilen nicht die Einschätzung, daß fraglich, weil die Veräußerungserlöse zumeist in be- eine Reinvestition von Veräußerungsgewinnen ein stehende Tochterunternehmen investiert werden, a priori subventionswürdiger Tatbestand ist. Es ist eine Verlagerung von Betriebsstätten also nicht eine unbewiesene Unterstellung, daß die Reinvesti- stattfindet. Ebenso ist keineswegs wahrscheinlich, tionen von Veräußerungsgewinnen notwendiger- daß die umweltpolitische Zielsetzung erreicht wird. weise einen Strukturwandel zur Folge haben und Der Verkauf von Anteilen und den Erwerb neuer daß dieser Vorgang in jedem Fall volkswirtschaft- Anteile bewirkt noch keine Verbesserung der Um- lich von Nutzen ist. Ein Wechsel der Eigentümer ist weltverträglichkeit der Produktion oder der Pro- nicht gleichzusetzen mit einem Wandel in der Pro- duktpalette. Dies ist selbst dann nicht der Fall, duktions- oder Produktstruktur der Wirtschaft. Ge- wenn die Kapitalerhöhung, die investiert wurde, für rade im Fall Flick hat sich gezeigt, daß die Wieder- Umweltschutzanlagen verwendet wird. Mit dieser anlage von Veräußerungsgewinnen in Kapitalbetei- Maßnahme ist nicht gewährleistet, daß bei der Ge- ligungen sich als Ringtausch vollziehen kann, bei sellschaft, deren Anteile verkauft wurden, eine öko- dem die Eigentumsverhältnisse verändert werden, logisch positive Änderung stattfindet. Dort kann ohne daß ein Wandel in der Produktionsstruktur ohne weiteres die umweltschädliche Produktion un- eintritt. - verändert weitergehen. Aber selbst ein Wandel in der Wirtschaftsstruktur Die konzentrationsfördernde Tendenz des § 6 b kann nicht als grundsätzlich positiv anerkannt wer EStG Abs. 1 Nr. 5 bleibt in dem SPD-Vorschlag un den. Die fortschreitende Umweltzerstörung und die Anlage 1 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode anhaltende Arbeitslosigkeit signalisieren, daß ein- 3. Steuergerechtigkeit zelwirtschaftlich scheinbar sinnvolle Entscheidun- gen nicht in jedem Fall positive Ergebnisse für die Das Steuerprivileg des § 6 b EStG verleiht dem Volkswirtschaft zeigen. Steuerpflichtigen bei der Wiederanlage in Kapital- beteiligungen eine zeitlich unbefristete Steuerver- Bei der Beurteilung von Strukturveränderungen günstigung, bei der Wiederanlage in Wirtschaftsgü- sollte ausschlaggebend sein, ob dadurch die ökologi- ter, die der Abnutzung unterliegen, eine Steuerstun- schen und sozialen Bedingungen verbessert wer- dung, bei der mindestens ein Zinsgewinn als dauer- den. Eine Steuervergünstigung nach § 6 b EStG hafter Vorteil dem Steuerpflichtigen zufällt. Ge- sollte in diesem Sinne nur dann gewährt werden, rechtfertigt wird diese Steuerprivilegierung u. a. wenn der Veräußerungs- und Wiederanlagevorgang mit dem Hinweis darauf, daß wegen der Bewer- dazu beiträgt, die Arbeitslosigkeit abzubauen sowie tungsvorschriften des EStG, nach denen die An- Umwelt- und Gesundheitsbeeinträchtigungen zu schaffungs- oder Herstellungskosten und nicht die verringern. Wiederbeschaffungskosten maßgeblich sind, auch Scheingewinne besteuert werden. Der ermittelte Es ist zu prüfen, ob durch die Steuervergünstigung Gewinn aus der Veräußerung von Anlageobjekten nach § 6b EStG Investitionsentscheidungen geför- umfaßt nämlich auch inflationsbedingte Preisstei- dert werden, die diese Zielsetzung unterstützen. gerungen der Anlagegüter. Durch eine Besteuerung Eine aufgrund des einzelwirtschaftlichen Rentabili- von Scheingewinnen tritt ein Substanzverlust auf tätskalküls getroffene Veräußerungsentscheidung der Vermögensseite ein. Durch die Steuerbefreiung und Reinvestition steht nicht notwendigerweise im nach § 6 b EStG können dagegen Betriebsvermögen Einklang mit den genannten gesamtwirtschaftli- steuerfrei ohne Inflationsverluste vermehrt wer- chen Zielsetzungen. Das kann umso weniger ange- den. nommen werden, als diese Entscheidungen nicht der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Bei Unter dem Postulat der Gleichbehandlung ist diese einer erweiterten Mitbestimmung, wie sie von den Wirkung des § 6 b EStG mit der Besteuerung ande- GRÜNEN gefordert wird, wäre jedoch eher gewähr- rer Einkünfte, die nicht Gewinneinkünfte sind, zu leistet, daß sowohl die Belange der Unternehmer vergleichen. Auch für diese ist der Nominalwert des als auch der Region und der Umwelt in die Ent- Einkommens für die Bemessung der Steuerschuld scheidung einbezogen werden. maßgeblich. Betroffen hiervon ist die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die einem steigenden Grenzsteu- Für eine Reform des § 6 b EStG hieße dies, daß ersatz allein deshalb unterliegen, weil sie zum Aus- abzuwägen wäre, ob die genannten Ziele besser gleich von Preissteigerungen Lohnerhöhungen er- durch eine Besteuerung von Veräußerungsgewin- halten. Insoweit muß aufgrund der Besteuerung nen und einer direkten staatlichen Disposition der eine Reallohnminderung hingenommen werden. In Mittel im Sinne des gewünschten Lenkungseffektes den letzten Jahren ist ungeachtet sinkender Real- zu erreichen sind oder durch die Steuerbegünsti- löhne für die Arbeitnehmer die Lohnsteuerbela- gung der reinvestierten Veräußerungsgewinne. Die stung gestiegen. Dies ist insbesondere auch vor Steuervergünstigung sollte nur dann gewährt wer- dem Hintergrund zu sehen, daß insgesamt bei den den, wenn der Nachweis erbracht ist, daß durch die Gewinneinkunftsarten die Möglichkeit, steuermin- Veränderung der Wirtschaftsstruktur deren Um- dernde Ausgaben geltend zu machen, die auch dem welt- und Sozialverträglichkeit verbessert wird. Privatbereich dienen, um vieles höher ist als für die Bezieher von Einkommen aus unselbständiger Ar- beit.

2. Dekonzentration und Entflechtung Das Nominalwertprinzip kann deshalb nach Auffas- der Wirtschaft sung der GRÜNEN das Steuerprivileg nach § 6 b EStG nicht rechtfertigen. Um die Besteuerung von Die derzeitige Wirtschaftsentwicklung in der Bun- Scheingewinnen zu verhindern, wären relative desrepublik Deutschland ist gekennzeichnet durch Freibeträge, deren Höhe an Preissteigerungen ge- eine zunehmende Konzentration und Verflechtung koppelt sind, ein geeigneteres Instrument. Unter der Unternehmen. Dies ist nicht nur aus wettbe- dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit kann werblichen Gesichtspunkten negativ zu beurteilen. deren Einführung nur im Zusammenhang mit Inde- Durch die Verknüpfung von wirtschaftlicher und xierungsmaßnahmen gefordert werden, die auch politischer Macht führt die zunehmende Konzentra- die Besteuerung von allein inflationsbedingten Ein- tion dazu, daß soziale und ökologische Verbesserun- kommensteigerungen für die Arbeitnehmer verhin- gen im Bereich der Wirtschaft unterbleiben oder dern. Exklusive Steuervergünstigungen für Ge- erschwert werden. Grüne Wirtschaftspolitik zielt winneinkunftsarten sind abzulehnen. darauf ab, nicht nur das Entstehen marktbeherr- Für die Reform des § 6 b EStG werden seitens der schender Unternehmen zu verhindern, sondern GRÜNEN deshalb im einzelnen folgende Forderun- auch eine Umkehr der Konzentrationsprozesse im gen erhoben: Sinne einer Entflechtung der Konzerne in Gang zu bringen. Für die Reform des § 6b EStG bedeutet — Ziffer 5 in § 6 b Abs. 1 Satz 2 EStG ist ersatzlos zu dies, daß eine steuerfreie Wiederanlage von Veräu- streichen. Die steuerfreie Übertragung von Ge- ßerungsgewinnen in Kapitalbeteiligungen wegen winnen aus der Veräußerung von Anteilen an derer konzentrationsfördernder Wirkung ausge- Kapitalgesellschaften auf andere Kapitalbeteili- schlossen werden muß. gungen sollte wegen ihres besonderen steuerli- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 1 zu Drucksache 10/5079

chen Entlastungseffekts und ihrer konzentra- 4.6 Neutralisierung der Kapitalmacht von tionsfördernden Wirkung künftig nicht mehr Großunternehmen und Banken möglich sein. Der Fall Flick ist exemplarisch für die unheilvollen — Die weiteren steuerfreien Übertragungsmöglich- demokratiegefährdenden Auswirkungen der Zu- keiten von Veräußerungsgewinnen nach § 6 b sammenballung wirtschaftlicher Macht in Großkon- Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 sind grundsätzlich in zernen und Großbanken. Innerhalb des Sondervo- Frage zu stellen. Es ist zu prüfen, ob hierdurch tums ist eine eingehende Analyse und Kritik der Investitionen begünstigt werden, die sich positiv bestehenden Gesellschaftsstruktur sowie die Dar- auf die Beschäftigungs- oder Umweltsituation stellung von Konzepten für deren Überwindung auswirken. Hierzu sollte die Bundesregierung nicht möglich. Das Sondervotum beschränkt sich dem Parlament noch in dieser Legislaturperiode daher auf die Benennung möglicher Wege zur Wei- einen Bericht über die begünstigten Veräuße- terentwicklung der Gesellschaft im Sinne des vom rungs- und Reinvestitionsgeschäfte vorlegen. Grundgesetz aufgegebenen demokratischen und so- Kann der Nachweis nicht geführt werden, daß zialen Rechtsstaates. die Steuervergünstigung nach § 6 b Nr. 1 bis 4 ein Strukturwandel im Sinne der genannten Zielset- zungen fördert, sollte § 6 b EStG vollständig auf- Folgende kurzfristige, mittelfristige oder längerfri- gehoben werden. stige Maßnahmen kommen in Betracht: — Die GRÜNEN verkennen nicht das Problem, daß a) Verschärfung des Kartellrechts das Einkommensteuergesetz Veräußerungsge- b) Novellierung des Kreditwesengesetzes winne ungleich behandelt. Eine ungleiche Be- handlung liegt insbesondere im Hinblick darauf c) Erweiterung- der betrieblichen Mitbestimmungs vor, ob sich das Veräußerungsobjekt im Privat- und Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer oder Betriebsvermögen befindet und welcher d) Neubestimmung des Eigentumsrechts im Sinne Art das Veräußerungsobjekt ist. Dabei hat der einer funktionalen Ausdifferenzierung von Ei- Gesetzgeber bereits heute den Gewinn aus der gentumsarten (vgl. hierzu Hans Georg Schwep- Veräußerung von Kapitalbeteiligungen eine penhäuser „Macht des Eigentums" Radius-Ver- Sonderstellung eingeräumt. So unterliegen auch lag 1970) die Veräußerungsgewinne von im Privatvermö- gen befindlichen Kapitalbeteiligungen (§ 17 EStG) der Besteuerung gemäß § 34 Abs. 2 EStG, wenn der Veräußerer am Kapital der Gesell- schaft wesentlich beteiligt war. Private Veräuße- rungsgeschäfte werden im übrigen nur dann 4.7 Stärkung der Minderheitenrechte in steuerlich erfaßt, wenn sie als Spekulationsge- Untersuchungsausschüssen schäfte definiert werden. Die hierfür maßgebli- chen Fristen zwischen der Anschaffung und In einer Verfahrensordnung für Untersuchungsaus- Veräußerung der Anlagegüter sind nach § 23 schüsse nach Artikel 44 Grundgesetz sollten die EStG wesentlich kürzer bemessen als sie dem Minderheitenrechte verstärkt werden. Insbeson- tatsächlichen Spekulationsgeschäftsverhalten dere bedarf es einer klaren Regelung, daß die von entsprechen. Um die Besteuerung von Veräuße- der Ausschußminderheit, die über das Quorum rungsgewinnen gerechter zu gestalten, müssen nach Artikel 44 GG verfügt, verlangte Beweiserhe- die maßgeblichen Fristen nach § 23 EStG ange- bung notfalls auch durch eigene Rechtsmittelbefug- messen verlängert werden. nisse durchgesetzt werden kann.

Schily

Deutscher Bundestag Anlage . 2 zu Drucksache 10/5079 10. Wahlperiode 12. 03. 86

Sachgebiet 1

Abweichender Bericht der Abgeordneten Austermann, Dr. Hüsch, Sauter (Ichenhausen), Baum

zu der Beschlußempfehlung und dem Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes — Drucksache 10/5079 —

Die vorbezeichneten Abgeordneten der CDU/CSU Die politische Bewertung im 3. Abschnitt des ab- Fraktion und der FDP-Fraktion im 1. Untersu- weichenden Berichts des Abgeordneten der chungsausschuß sehen sich durch das eigene Vo- GRÜNEN greift diese Absicht, über eine solche tum der Abgeordneten der SPD-Fraktion im 1. Un- Spendentradition einen inhaltlichen Zusammen- tersuchungsausschuß (Drucksache 10/5079 Textzif- hang zwischen der Diktatur Hitlers und seiner fern 460 ff.) und durch das abweichende Votum des Verbrechen und unserer freiheitlichen Demokra- Abgeordneten der Fraktion DIE GRÜNEN im 1. Un- tie herzustellen, auf und erweitert sie noch. Die tersuchungsausschuß (Anlage 1 zu Drucksache 10/ Verfasser dieses abweichenden Berichts distan- 5079) veranlaßt, folgende Richtigstellungen und An- zieren sich von dieser Geschichtsfälschung. Sie merkungen zu treffen: distanzieren sich vor dem Hintergrund eines fast 40jährigen funktionierenden Rechts- und Sozial- staates von der Behauptung „großer Demokratie 1. Der Untersuchungsauftrag (Drucksache 10/34) Defizite" in der Bundesrepublik Deutschland. Sie umfaßt ausschließlich politische Einflußnahmen verweisen statt dessen auf die rechtsstaatliche des Flick-Konzerns in bezug auf das Steuerbe- und soziale Wirklichkeit, die die Bürger dieses scheinigungsverfahren (vgl. Textziffer 12). Eine Landes tagtäglich erfahren und selbst gestalten. weitergehende Auslegung des Auftrags ist unzu- lässig. Bemerkungen zu außerhalb des Auftrags 2. Nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt sind liegenden Themen verbieten sich auch deshalb, Ausführungen über die finanzielle Unterstützung weil sie nicht Gegenstand der Beweisaufnahme der Parteien durch andere Unternehmen als den durch Zeugenvernehmungen gewesen sind. Der Flick-Konzern und seine Tochterunternehmen unkritische Rückgriff lediglich auf den Aktenin- (Textziffer 477). Feststellungen hierzu hat der halt reicht nicht aus und führt deshalb vielfach Untersuchungsausschuß ebensowenig getroffen nur zu unbewiesenen Verdächtigungen. wie zur allgemeinen Parteienfinanzierung, insbe- sondere zu den hiermit in Zusammenhang ge- brachten Einrichtungen (Textziffer 469). Die auf Die Abgeordneten der SPD überschreiten die unbegründete Mutmaßungen gestützte Annah- Grenze des Untersuchungsauftrages, wenn sie me, mit Geld hätte ein Regierungswechsel er- zum Thema ihres Votums ganz allgemein Aus- reicht werden sollen oder auch nur können (Text- führungen über Einflußnahmen auf politische ziffern 467, 485), ist abwegig. Gleiches gilt für ent- Entscheidungen durch den Flick-Konzern ma- sprechende Bewertungen im abweichenden Be- chen (z. B. Textziffer 476) und damit jeglichen Zu- richt des Abgeordneten der GRÜNEN, insbeson- sammenhang zum Steuerbescheinigungsverfah- dere auch, soweit sich seine Ausführungen auf ren vermissen lassen. Gleiches gilt für die Aus- die Zeit ab 1982 erstrecken. Derartige Unterstel- führungen zum Verhalten der Verantwortlichen lungen entbehren jeder Grundlage. Sie über- des Flick-Konzerns während der Weimarer Zeit schätzen zudem die Bedeutung von Industrie- und des Dritten Reiches (Textziffer 463). Der Ver- spenden im Vergleich zum finanziellen .Gesamt- such, die Unionsparteien und die FDP in eine auf aufkommen der Parteien und damit die angebli- - die damalige Zeit zurückgeführte Spendentradi- che „Macht der Industrie" und unterschätzen den tion einzubinden, ist historisch falsch und stellt demokratischen Willensbildungsprozeß in den eine politische Verunglimpfung dar. Parteien in sachlicher und personeller Hinsicht. Anlage 2 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

3. Der Abgeordnete der GRÜNEN hat die Grenzen bewußt ausgelassen worden, daß eingeräumte des Untersuchungsauftrages sowohl während Barzahlungen an die jeweiligen Parteikassen der Arbeit des Untersuchungsausschusses als weitergeleitet wurden. auch mit den Ausführungen in seinem abwei- Der von der SPD angestellte Spendenvergleich chenden Bericht bewußt verletzt. Er hat sich (Textziffer 466) hinkt. Abgesehen davon, daß sich über den vom Plenum des Deutschen Bundesta- zugunsten der SPD ein weit höheres Spenden- ges gezogenen und damit rechtlich verbindlichen aufkommen durch den Flick-Konzern errechnet, Rahmen unzulässigerweise hinweggesetzt. Sein ist zur Beurteilung weniger die Spendenhöhe als abweichender Bericht zeigt, daß er den Gegen- die Tendenz, die im Spendenaufkommen zum stand seiner zusätzlichen „Feststellungen" und Ausdruck kommt, von Bedeutung. Für den ent- Bewertungen ausschließlich an dem von seiner scheidungserheblichen Zeitraum (die Steuer- Fraktion formulierten Untersuchungsauftrag stundungsanträge waren relevant von 1975 bis ausrichtet, obwohl der hierauf gerichtete Antrag 1981) sind die Spenden an die Unionsparteien von allen übrigen Mitgliedern des Deutschen und die FDP insgesamt kontinuierlich fallend, Bundestages abgelehnt worden ist. während sie zugunsten der SPD deutlich steigen, Viele der im 2. Abschnitt des abweichenden Be- vor allem auffällig höher sind als vor dem ent- richts des Abgeordneten der GRÜNEN aufge- scheidungserheblichen Zeitraum. führten Einzelpunkte sind vom Untersuchungs- Zu den Ausführungen der Abgeordneten der SPD auftrag nicht gedeckt. Es ist schon sachfremd, die sind folgende Richtigstellungen erforderlich: Diehl-Liste insgesamt als richtig hinzustellen. Die vom Ausschuß durchgeführte Beweisauf- a) Dr. Kohl hat nicht „den Empfang von Teilbe- nahme hat dies jedenfalls nicht ergeben. Die Art trägen in Höhe von insgesamt 155 000 DM in der Darstellung der Notierungen und die Kenn- drei Teilzahlungen vom 5. Juli 1977, 9. März zeichnung von bestrittenen Zahlungen ist zudem 1979 und 24. April 1980 eingeräumt" (Textzif- vielfach unzutreffend oder unvollständig. Ange- fer 470). Dr. Kohl hat vielmehr generell den sichts solcher Verfälschungen des Auftrags und Empfang von Barspenden — und zwar für der Ergebnisse der Beweisaufnahme weisen die seine Partei — eingeräumt, ohne zur jeweili- Verfasser dieses abweichenden Berichts die ge- gen Höhe und zu den genauen Übergabeter- gen die Ausschußmehrheit gerichteten Vorwürfe minen aus der Erinnerung heraus noch etwas einer „restriktiven Interpretation" des Untersu- sagen zu können. Die genannten drei Daten chungsauftrages, der „Sabotage" und „Obstruk- sind Eingangsdaten bei der Schatzmeisterei tion" und ähnliches mit Entschiedenheit zurück. der Bundesgeschäftsstelle. Frühere Eingangs- daten waren wegen der verstrichenen Aufbe- Die dem Ausschuß zur Verfügung gestellten Ak- wahrungszeit nicht mehr zu erhalten. ten sind ihm ausschließlich zum Zwecke der Er- füllung seines Auftrages überlassen worden. Es Dr. Kohl hat sich auch nicht „ungefragt" ist deshalb unverantwortlich, daß mit dem vom (Textziffer 475) zum „Thema Kanter" geäu- Abgeordneten der GRÜNEN erstellten abwei- ßert, sondern auf ausdrückliche Nachfrage chenden Bericht Aktenteile veröffentlicht wer- durch den Ausschußvorsitzenden. Zur unge- den, die erkennbar keinen Bezug zum Untersu- fragten Reaktion bestand im übrigen kein An- chungsauftrag haben. Dadurch werden Persön- laß, weil kein Zusammenhang zum Gegen- lichkeitsrechte der Betroffenen verletzt. Zudem stand der Zeugenvernehmung herzustellen besteht die Gefahr des zusätzlichen Mißbrauchs war. durch Dritte. b) Bei den Anmerkungen zu Franz Josef Strauß Der Versuch, Vorgänge im Untersuchungsaus- (Textziffer 471) wird wider besseres Wissen schuß eines Landesparlaments durch Mitteilung verschwiegen, daß sämtliche Zahlungen an entsprechender Passagen einer selbstverfaßten Strauß für die CSU auch an die CSU weiterge- Strafanzeige in die Arbeit des Bundestagsaus- leitet wurden. Im übrigen hat auch er generell schusses mit einzubeziehen, ist juristisch und po- den Empfang von Barspenden für seine Partei litisch abzulehnen. eingeräumt, ohne zur jeweiligen Höhe und zu den genauen Übergabeterminen aus der Erin- 4. Die Auflistung von Zahlungsnotierungen in der nerung heraus noch etwas sagen zu können. Diehlschen Liste bezüglich der beiden Vorsitzen- den der Unionsparteien (Textziffern 470, 471) sol- c) Die Ausführungen zu Dr. Reinhold Kreile len den Eindruck erwecken (Textziffer 464: „ge- (Textziffer 474) bedürfen der Richtigstellung. nau dokumentiert"), die notierten Beträge seien Dr. Kreile hat auf Beamte des Bundeswirt- in den genannten Höhen und zu den angeführten schaftsministeriums oder des Bundesfinanz- Daten an die jeweiligen Personen gezahlt wor- ministeriums im Rahmen des Steuerstun- den. Die Liste wird damit als richtig hingestellt. dungsverfahrens nicht eingewirkt. Er hat Derartige Feststellungen hat der Ausschuß nicht nach den Feststellungen des Ausschusses in getroffen und aufgrund der Beweisaufnahme seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt den zu- auch nicht treffen dürfen. Es hat sich vielmehr ständigen Beamten Rechtsauffassungen vor- herausgestellt, daß die Liste in der Tat als ein getragen und mit ihnen erörtert. Dr. Kreile ist „Teppich voller Löcher" angesehen werden muß. auch nicht zur Überwindung einer für die An- Das gilt nicht nur, soweit SPD-Politiker als Zah- träge nachteiligen Rechtsauffassung der lungsempfänger genannt sind. Im übrigen ist in bayerischen Verwaltung eingeschaltet wor- den Ausführungen der SPD und der GRÜNEN den. Dies ist schon deshalb falsch, weil die Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode Anlage 2 zu Drucksache 10/5079

bayerische Verwaltung mit den Steueranträ- Personen zur Förderung in der FDP durch gen nicht befaßt war. den Flick-Konzern benannt worden sind; im Die Auffassung, Dr. Kreile habe sich als „poli- übrigen ist zu betonen, daß es Spendern unbe- tischer Vertreter der Konzerninteressen" ver- nommen ist, bestimmte politische Richtungen standen, läßt sich aus dem festgestellten Sach- zu unterstützen oder aber bestimmte Perso- verhalt nicht herleiten. Danach kann lediglich nen, wie dies auch bei der SPD geschieht. festgehalten werden, daß Dr. Kreile als j) Das Gespräch im Hause Henkel im Oktober Rechtsanwalt mit den Rechtsfragen der Steu- 1982 hat keinen Zusammenhang mit dem Un- erstundungsanträge befaßt war. tersuchungsauftrag oder dem Flick-Konzern; d) Die Ausführungen zur Person Dr. Barzel ein Repräsentant des Flick-Konzerns hat an (Textziffer 476) gehen am Thema des Untersu- diesem Gespräch nicht teilgenommen. Außer- chungsauftrages vorbei. Die SPD räumt selber dem ist erwiesen, daß irgendwelche Spenden ein, daß diese Vorgänge mit den Steuerstun- des Flick-Konzerns an die FDP 1982 nicht zu dungsanträgen nichts zu tun haben. Im übri- verzeichnen waren. Im übrigen führen alle gen ist zu der kommentarlosen Wiedergabe Parteien — auch die SPD — vergleichbare Ge- von Aktenvermerken von Brauchitschs festzu- spräche immer wieder mit den verschiedenen halten, daß sie sich häufig genug als überzo- gesellschaftlichen Gruppierungen. gen und für die Wahrheitsfindung als ungeeig- net erwiesen haben. 5. Die Verfasser dieses abweichenden Berichts ver- zichten an dieser Stelle darauf, zu den Unterstel- e) Der angebliche Verstoß der „Herren Kohl und lungen, Unkorrektheiten und unhaltbaren Be- Strauß gegen die Grundsätze der politischen weiswürdigungen im 2. Abschnitt des. eigenen Kultur" (Textziffer 471) entbehrt jeder Grund- Berichts des Abgeordneten der GRÜNEN im ein- lage. zelnen Stellung zu nehmen. Im Ergebnis werten Die Höhe der notierten Barzahlungen an sie dessen abweichenden Bericht als den Ver- Dr. Kohl liegt im Rahmen der notierten Bar- such, die Ergebnisse der Ausschußarbeit für an- zahlungen an SPD-Politiker, die offenbar aus dere als vom Auftrag gedeckte Ziele einzuset- der Sicht der SPD mit den Grundsätzen der zen. politischen Kultur in Einklang zu bringen sind. Spenden an politische Parteien sind ver- 6. Die Ausführungen zum Abschnitt „Spenden an fassungspolitisch erwünscht. Das Bundesver- die SPD" im eigenen Votum der SPD (Textziffern fassungsgericht hat das ausdrücklich bestä- 487 ff.) bleiben erstaunlich blaß. Sie dokumentie- tigt. ren die einseitig beschönigende Einstellung der Ein Hinweis auf eine angebliche „Kumpanei SPD zum Untersuchungsgegenstand und zeugen zwischen Geber und Empfänger" (Textziffer von mangelnder Selbstkritik. 471 am Ende) wird nicht mitgeteilt. Kumpa- Schon die Einsetzung des Untersuchungsaus- neien kann es viel näherliegend gegeben ha- schusses signalisierte das tiefe Mißtrauen der ben zwischen der SPD und dem Flick-Kon- SPD gegenüber der von ihr geführten Bundes- zern, da dort die Widerstände gegen die Steu- regierung. Die SPD-Abgeordneten Dr. Böhme erbescheinigungen lagen (Dr. Böhme, Dr. Spö- und Dr. Spöri personifizierten diese Kritik. ri) und SPD-Minister über die Anträge mit zu Dr. Böhme hat sogar zum Rechtsbruch im Fi- entscheiden hatten. nanzministerium aufgefordert. f) Der Untersuchungsausschuß hat keine Betei- Nur überflächlich dargestellt und bewertet wer- ligung von Hans-Dietrich Genscher an den den die Verflechtung der SPD mit dem Flick unter seinem Namen eingetragenen Zah- Konzern, die Nähe zu den Spendensammlern lungsvorgängen festgestellt. Nau, Dr. Grunwald und Mommsen sowie die Be- g) Der Untersuchungsausschuß hat selbst keine züge zum Bescheinigungsverfahren. Dr. Apel hat Feststellungen zur Frage der steuerlichen Be- sich zu sehr mit Flick und den Spendensamm- handlung von Spenden an Teile der Finanzor- lern eingelassen, insbesondere im Jagdhütten ganisationen der Parteien oder selbständige Gespräch; er hat die äußerst merkwürdigen Um- Organisationen getroffen; es hätte dem sonst stände und den Ort dieses Gespräches erst auf immer hervorgehobenen Verständnis von Vorbehalt eingeräumt. Matthöfer hat vorschnell Rechtsstaatlichkeit bei der SPD mehr ent- Zusagen gegeben und in erheblichem Umfang sprochen, die gerichtliche Klärung der Proble- auf das Steuerbescheinigungsverfahren einge- matik abzuwarten. wirkt. Die Vorgänge zeigen eine Empfänglichkeit der SPD für Spenden und ihr ständiges Bemü- h) Dr. Graf Lambsdorff hat vom Flick-Konzern hen, sich dem Kapital und ihren Vertretern zu nicht die ihm im SPD-Minderheitsvotum zu- nähern. geschriebene Summe von 1,01 Millionen DM als Spenden für seine politische Arbeit erhal- Nach wie vor ist die Herkunft der von Nau ge- ten, sondern nur die von ihm bestätigten Ein- sammelten Millionenbeträge unaufgeklärt. Her zelbeträge in den Jahren 1972, 1974 bis 1977 kunft und Verwendung der Kanzlerfonds sind vor seinem Amtsantritt. nicht dargestellt. - i) Es ist durch keine Aussage oder Unterlage im Daß die Flick-Spenden „eher unwillig gewährt" Untersuchungsverfahren erwiesen, daß tat- (Textziffer 487) worden seien, ist angesichts der sächlich von Konrad Kaletsch irgendwelche Spende von 1 Million DM im Jahre 1976 (höchste Anlage 2 zu Drucksache 10/5079 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode

Einzelspende überhaupt) und 750 000 DM im präsidenten Börner und auch Rau. Im Bereich Jahre 1980 an die Friedrich-Ebert-Stiftung wohl der Düsseldorfer Landesregierung sind die für als schlichte Schutzbehauptung zu werten, zumal Flick zuständigen Steuerbehörden angesiedelt, von Brauchitsch 1981 eine weitere 1 Million die in die Steuervorgänge eingeschaltet waren. DM-Spende ins Auge gefaßt hatte. Rau selbst hat an mindestens einer Besprechung Die Verantwortlichkeit für die Vorgänge bei der auch mit von Brauchitsch teilgenommen. Friedrich-Ebert-Stiftung trifft auch deren Stell- Ein klärendes Wort zu diesen offenen Punkten vertretenden Vorsitzenden und jetzigen Kanzler- läßt das Votum der SPD vermissen. Der Ruf nach kandidaten Rau. Aufklärung wird unglaubwürdig, wenn eigenes Nicht beleuchtet sind Vorgänge aus Länderberei Fehlverhalten nur am Rande oder gar nicht dar- chen, insbesondere die Beteiligung der Minister gestellt und bewertet wird.

Bonn, den 12. März 1986

Austermann Dr. Hüsch Sauter (Ichenhausen) Baum

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