Jüdische Zahnärzte in Nürnberg und Fürth im Nationalsozialismus. Leben und Schicksal.

Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. Karl-Heinz Leven

Der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. dent.

vorgelegt von Marina Salzner aus Nürnberg Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Tag der mündlichen Prüfung: 26.06.2014

Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler

Gutachter: Prof. Dr. K.-H. Leven

Prof. Dr. U. Hirschfelder Meiner Familie in Liebe und Dankbarkeit Inhaltsverzeichnis:

Deutsche Zusammenfassung S. 1 a) Hintergrund und Ziele b) Methoden c) Ergebnisse und Beobachtungen d) Praktische Schlussfolgerungen English Summary S. 2 a) Background and aims b) Methods c) Results d) Practical conclusion 1. Einleitung S. 3 1.1 Aktueller Forschungsstand und Fragestellungen S. 3 1.2 Vorgehen S. 14 2. Allgemeines S. 18 2.1 Jüdisches Leben in Nürnberg und Fürth S. 18 2.2 Universitätsleben jüdischer Zahnmedizinstudenten S. 29 2.3 Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die Zahnheilkunde S. 35 3. Deportationen und Ghettos S. 43 3.1 Deportationen S. 43 3.2 Das Ghetto Riga S. 47 3.3 Das Ghetto Izbica S. 52 3.4 Das Lager und Ghetto Theresienstadt S. 55 4. Wiedergutmachung S. 60 4.1 Allgemeines S. 60 4.2 Beispiele für Wiedergutmachungsverfahren S. 66 5. Einzelschicksale S. 69 6. Resümee S. 121 Literaturverzeichnis S. 125 a) Ungedruckte Quellen S. 125 b) Literatur S. 130 c) Internetquellen S. 140 Abkürzungsverzeichnis S. 143 Danksagung S. 146 1

Deutsche Zusammenfassung

a) Hintergrund und Ziele

Die vorliegende Arbeit beschreibt Leben und Schicksal der jüdischen Zahnärzte in Nürnberg und Fürth zur Zeit des Nationalsozialismus. Außer- dem zeigt sie die Lebensumstände jüdischer Studenten und Zahnärzte zu dieser Zeit in Hinblick auf die Entwicklung der jüdischen Gemeinden in Nürn- berg und Fürth, das Leben an der Universität und die Entwicklungen in der Zahnärzteschaft. b) Methoden

Auf Basis archivalischer Quellen aus sechs Archiven und aktueller Forschungsliteratur wurde die Gesamtzahl der jüdischen Zahnärzte und Dentisten in Nürnberg und Fürth ermittelt. Anschließend wurde für jede Person eine Biographie verfasst. c) Ergebnisse und Beobachtungen

Von den 29 ermittelten Zahnärzten und Zahnärztinnen überlebten 16 den Holocaust, neun fielen ihm zum Opfer und vier verstarben bereits in den Anfangszeiten des ,Dritten Reichs‛ bzw. ihr genaues Schicksal ist nicht be- kannt. d) Praktische Schlussfolgerungen

Diese Arbeit soll einen Beitrag zu den Forschungen über den Natio- nalsozialismus leisten. Außerdem ist sie ein Gedenkbuch für die vorgestell- ten Personen und somit ein Teil der Erinnerungskultur. 2

English Summary

a) Background and aims

The presented thesis is supposed to give an overview of the Jewish dentists‛ life and destiny in Nuremberg and Fürth during the National Socialists‛ reign. Moreover you get an impression of the Jewish students‛ and dentists‛ living conditions as well as the development of the Jewish communities, the life at university and the general advancement concerning the dentists‛ organisations in these years. b) Methods

The first step was to investigate the Jewish dentists‛ total number in Nuremberg and Fürth with the help different scientific sources. The second one was to search for the single persons‛ fate. c) Results

29 male and female dentists were found in Nuremberg and Fürth. 16 survived and nine became victims. Four persons already died at the beginning of the socalled “Third Reich” or it was not possible to receive any information about their personal fate. d) Practical conclusion

The thesis has been written to be a contribution to the research of the National Socialism. The second aim has been to light up the lives and fates of some Holocaust victims and therefore preserve important memories for future generations. 3

1. Einleitung

1.1 Aktueller Forschungsstand und Fragestellungen

Die Verstrickung der Medizin in Politik und Ideologie des Nationalso- zialismus war in den Jahren 1946 und 1947 im Zuge des Nürnberger Ärzte- prozesses offenkundig geworden und juristisch bearbeitet worden. So veröffentlichte Max Weinreich bereits 1946 das Buch „Hitlerʼs Professors. The Part of Scholarship in Germanyʼs Crimes Against the Jewish People“, in dem er sich mit den führenden Medizinern und Wissenschaftlern des ,Dritten Reichs‛ beschäftigte.1 Im Anschluss daran vergingen Jahrzehnte, in denen die Forschung über die NS-Vergangenheit der Medizin ruhte. Erst ab 1980 wurden diese Forschungen wieder aufgenommen und nach einigen Jahren von den Ärzte- kammern auf Bundes- und Landesebene gefördert.2 Die Initiative dafür ging 1980 vom Berliner Gesundheitstag aus, dessen Eröffnungsveranstaltung „Tabuisierte Vergangenheit – ungebrochene Tradition“ thematisierte.3 Etwa zur gleichen Zeit trat das Themengebiet ,Zahnmedizin im Nationalsozialismus‛ in den Fokus der historischen Forschung. Zuvor er- schienen mehrere Werke über die Geschichte und Entwicklung der Zahn- heilkunde, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. 1973 veröffentlichte Walter Hoffmann-Axthelm sein zweiteiliges Buch „Die Geschichte der Zahn- heilkunde“. Darin schilderte er die Entwicklungen in der Zahnmedizin von der Zeit des ägyptischen Pharaonenreichs bis ins 18. Jahrhundert. Das Zeit- alter des Nationalsozialismus wurde nicht erwähnt, auch in der 1985 er- schienenen Neuauflage nicht.4 1974 wurde auf dem Deutschen Zahnärztetag beschlossen, „eine ge-

1 Vgl. Weinreich (1946) Hitlerʼs Professors. 2 Vgl. Rauh, Leven (2013) Ernst Wilhelm Baader (1892-1962) S. 18-19. 3 Vgl. Süß (2011) Medizin und Nationalsozialismus S. 13. 4 Vgl. Hoffmann-Axthelm (1973 und 1985) Die Geschichte der Zahnheilkunde Teil 1 und 2. 4 schichtliche Betrachtung der Entwicklung der Zahnärzteschaft in Deutsch- land“5 ab 1845 zu erstellen. Laut Meinung der Bundeszahnärztekammer wäre nun der passende Zeitpunkt gekommen, um sich mit der Vergangen- heit auseinanderzusetzen. Diese „Geschichte des deutschen Zahnärzte- Standes“ wurde von den Zahnärzten Kurt Maretzy und Robert Venter ver- fasst. In ihrem Werk lag der Fokus auf der Entwicklung der Ausbildung, der Berufsstände und dem Konflikt zwischen Zahnärzten und Dentisten. Der NS- Zeit wurde zwar ein ganzes Kapitel gewidmet, eine wirklich kritische Ausein- andersetzung fand aber nicht statt.6 15 Jahre später beschäftigte sich Wolfgang Strübig ebenfalls mit der „Geschichte der Zahnheilkunde“. Seine Arbeit bot, ähnlich wie die von Hoffmann-Axthelm, einen Überblick über die Entwicklungen in der Zahn- medizin vom Altertum bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Allerdings wurde auch hier die NS-Zeit nicht erwähnt.7 Historische Forschung gab es aber nicht nur in der Bundesrepublik, in der DDR beschäftigten sich Historiker ebenfalls mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Noch 1989 wurde „Medizin unterm Hakenkreuz“ von Achim Thom und Genadij Ivanovic Caregorodcev veröffentlicht, zu dem Thomas Nickol ein Kapitel über Zahnmedizin im Nationalsozialismus beitrug. Er schilderte unter anderem die Umstrukturierung der Zahnärzteschaft nach 1933, Veränderungen im Studium und Anpassungen an die nationalsozialistische Ideologie.8 Neben Thomas Nickol gab es seit den 1980er Jahren noch einige andere Forscher, die sich allgemein mit dem Themengebiet ,Zahnmedizin im Nationalsozialismus‛ beschäftigten. 1982 begann Norbert Guggenbichler mit seiner Dissertation „Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz”. Sie wurde 1988 als Buch veröffentlicht. Bereits 1984 stellte Guggenbichler erste Ergebnisse auf dem Bremer Gesundheitstag vor. Diese wurden dann 1987 im Sammel-

5 Maretzky, Venter (1974) Geschichte des deutschen Zahnärzte-Standes S. 3. 6 Vgl. ebd. S. 3-4. 7 Vgl. Strübig (1989) Geschichte der Zahnheilkunde. 8 Vgl. Nickol (1989) Zur Entwicklung der Zahnheilkunde in Deutschland von 1933-1945. 5 werk „Zahnmedizin und Faschismus” von Herausgeber Wolfgang Kirchhoff veröffentlicht. „Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz” beschäftigte sich mit der Umgestaltung des Zahnärztestandes, der Ausschaltung ,nichtarischer‛ und politisch missliebiger Zahnärzte und der Auflösung der Zahnkliniken.9 „Zahnmedizin und Faschismus” sollte ein erster Versuch zur Aufarbeitung der Geschichte der Zahnheilkunde im ,Dritten Reich‛ sein. In diesem Sam- melwerk finden sich unter anderem Beiträge von Wolfgang Kirchhoff selbst, von Wolfgang Abendroth und von Gunther Richter.10 Im Anschluss an diese allgemeinen Forschungen begann die Auseinandersetzung mit den Opfern und Tätern des NS-Regimes, vor allem in Form von Dissertationen. 1993 wurden Ulrich-Wilhelm Depmer mit „Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus”, 1994 Michael Köhn mit „Zahnärzte 1933–1945. Berufsverbot. Emigration. Verfolgung” und 1997 Ilan Golan mit „Schicksal der jüdischen Zahnärzte und Dentisten aus Freiburg und Umgebung aus der Zeit des Nationalsozialismus“ promoviert. Depmer beschäftigte sich in seiner Arbeit zunächst allgemein mit der Bedeutung der Juden im deutschen Kulturkreis, außerdem mit verschiede- nen Aspekten der Emigration und schließlich schilderte er mehrere Einzel- schicksale von jüdischen Zahnärzten, unter anderem auch dasjenige von Alfred Kantorowicz (1880-1962), einem Professor der Universität Bonn.11 Köhns Arbeit entstand 1994 auf Anregung der Berliner Zahnärztekam- mer mit dem Ziel, das „Schicksal der verfolgten, vertriebenen und ermordeten Berliner Zahnärzte in der Zeit des Nationalsozialismus zu doku- mentieren“12. Köhn erarbeitete zunächst anhand der Deutschen Zahnärzte- Bücher von 1932, 1933, 1935 und 1938 und den Zahnärzteverzeichnissen 9 Vgl. Siefer (o.J.) Buchbesprechung und vgl. Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz. 10 Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus, Abendroth (1987) Universitäten im Faschismus, Richter (1987) Schlaglichter zum Verhältnis von Zahnmedizin und Nationalsozialismus. 11 Vgl. Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus. 12 Köhn (1994) Zahnärzte 1933-1945 S. 9. 6 von 1947, 1953, 1955 und 1957 eine Auflistung der Zahnärzte aus Berlin, die zwischen 1933 und 1941 verschwanden. Anschließend wurde das Schicksal der einzelnen Personen in verschiedenen Quellen recherchiert. Diese waren unter anderem Archivmaterialien der ,Research Foundation of Jewish Emigrees‛ im Institut für Antisemitismusforschung in Berlin, dazu im Reichsanzeiger veröffentlichte Ausbürgerungslisten von 1933 bis 1945 und das Jüdische Adressbuch für Groß-Berlin 1931.13 Seine Ergebnisse präsentierte Köhn zunächst allgemein, dann folgten kurze Einzelbiographien der verschwundenen Zahnärzte. In Berlin war zu dieser Zeit die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Medizin schon recht weit fortgeschritten, denn bereits 1980 wurde „eine kritische Stellungnahme zur Rolle der Ärzteschaft im Nationalsozialismus“14 gefordert. Diese Stellungnahme folgte 1989 in Form des Sammelbandes „Der Wert des Menschen“, herausgegeben von Christian Pross und Götz Aly.15 Ähnlich war das Vorgehen von Ilan Golan bezüglich der Freiburger Zahnärzte und Dentisten. Seine Arbeit enthielt zu Beginn ein allgemeines Kapitel, in dem es unter anderem um die Maßnahmen zur Ausschaltung von jüdischen Zahnärzten und die Unterschiede der verschiedenen Berufsstände ging. Anschließend folgten detaillierte Einzelschicksale.16 Die Aufarbeitung der NS-Zeit war nun Ende des 20. Jahrhunderts nicht nur in Deutschland im Gange, auch im Ausland beschäftigen sich His- toriker damit. Bereits 1984 hatte Jacques Fouré in der britischen Zeitschrift „Bulletin of the history of dentistry“ einen Artikel über Danielle Casanova (1909-1943), eine kommunistische Zahnärztin aus Korsika, veröffentlicht. Ihr Leben und ihr Widerstandskampf, weswegen sie in Paris verhaftet und nach Auschwitz gebracht wurde, waren Inhalt des Artikels. In Auschwitz arbeitete sie als

13 Vgl. ebd. S. 9-11. 14 Pross, Aly (1989) Der Wert des Menschen S.11. 15 Vgl. ebd. S. 11. 16 Vgl. Golan (1997) Schicksal der jüdischen Zahnärzte und Dentisten in Freiburg. 7

Lagerzahnärztin und starb dort 1943 an Typhus.17 Der französische Zahnarzt und Medizinhistoriker Xavier Riaud setzte sich ebenfalls intensiv mit diesem Themengebiet auseinander und veröffentlichte einige Artikel, von denen ich drei nun kurz vorstellen werde, da sie für meine Arbeit interessant erschienen. „Trois destins tragiques de chirurgiens-dentites: M. Bernard Holstein, Mme. Danielle Casanova et le Dr René Maheu pendant la Seconde Guerre Mondiale“ erschien 2005. In diesem Artikel ging es um das Schicksal eines Juden, einer Kommunistin und eines Widerstandskämpfers unter dem NS-Regime. Das Schicksal von Danielle Casanova wurde bereits bei Fourés Artikel erwähnt. Bernard Holstein (1890-1943) gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an und stammte aus Litauen. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Frankreich. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er auf der deutschen Seite als Offizier kämpfte, blieb er Reserveoffizier und arbeitete im Elsass als Zahnarzt. Seine Vergangenheit als deutscher Offizier rettete ihn 1942 vor der Verhaftung. Dennoch wurde die gesamte Familie Holstein 1943 nach Auschwitz deportiert, nur Tochter Denise überlebte. René Maheu (1905- 1975) erwarb 1930 sein Diplom für Zahnmedizin in den USA, praktizierte dann aber bei seiner Familie in Frankreich. 1943 wurde er vom amerikani- schen Militär angeworben, eine Widerstandsgruppe anzuführen. Doch be- reits im Dezember 1943 verhaftete ihn die Gestapo. Die Zeit von 1944 bis Kriegsende 1945 musste er im Konzentrationslager Buchenwald verbringen. Nach seiner Befreiung konnte René Maheu aufgrund schwerer körperlicher Schäden nicht mehr als Zahnarzt arbeiten. Er starb 1980.18 2006 folgte der Artikel „Story of three SS dentists during World War II: Pr. Hugo Blaschke, Dr. Hermann Pook and Dr. Willy Frank“19. Diese drei Personen gehörten zu den höchstrangigen Zahnärzten im ,Dritten Reich‛.

17 Vgl. Fouré (1984) A French woman dentist who gave her life as a freedom fighter against the Nazis S. 133-134. 18 Vgl. Riaud (2005) Trois destins tragiques de chirurgiens-dentists S. 88-89 und S. 91-94. 19 Riaud (2006) Story of three SS dentists during World War II. 8

Hugo Blaschke (1881-1959)20 war nicht nur der Leibzahnarzt von Adolf Hitler (1889-1945), er war zudem für die Entfernung des Zahngoldes der KZ- Insassen verantwortlich. “Dr. Hermann Pook (1901-1983, Anm. d. Verf.)21 was the dentist in charge of all the other dentists practising in the concentration camps. […] His instructions were very clear: «No conservation or restorative treatment. Only extractions, and with no anaesthesia!»“22

Willy Frank (1903-1989)23, der in Auschwitz stationiert war, nahm an den Selektionen der Häftlinge teil. Alle drei wurden nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu Gefängnisstrafen verurteilt.24 Ein letztes Beispiel von Riauds Artikeln ist „Medical ethics under a to- talitarian regime: German dentists and the Third Reich“25 aus dem Jahr 2007. Darin schrieb Riaud unter anderem über den Unterricht an den Universitäten, über die Behandlung von Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten-Patienten und über die Entfernung des Zahngoldes aus den Leichen in den Konzentrationslagern. Im gleichen Jahr veröffentlichte Caris-Petra Heidel einen Artikel26 über den Reichszahnärzteführer Ernst Stuck (1893-1974)27, der eine wichtige Rolle in der Umstrukturierung der Zahnärzteschaft innehatte. Für meine Arbeit war zudem die Biographie über den Ghettokommandanten aus Riga

20 Hugo Blaschke wurde 1881 in Neustadt (Preußen) geboren, trat 1931 in die NSDAP ein, wurde 1933 Hitlers Leibzahnarzt und 1944 SS-Oberführer. Nach 1945 war er Zahnarzt in Nürnberg. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 52. 21 Hermann Pook wurde 1901 in Berlin geboren. Ab 1943 war er Chef aller KZ-Zahnärzte. 1947 verurteilte man ihn zu zehn Jahren Haft. Er starb 1983. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 469. 22 Riaud (2006) Story of three SS dentists during World War II S. 79. 23 Willi Frank, geboren 1903 in Regensburg, war sei 1922 Mitglied der NSDAP. Ab 1940 war er bei der Waffen-SS, ab 1943 leitender Zahnarzt in Auschwitz und Dachau. Nach 1945 arbeitete er als Zahnarzt in Stuttgart und wurde 1965 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 161. 24 Vgl. Riaud (2006) Story of three SS dentists during World War II S. 79. 25 Riaud (2007) Medical ethics under a totalitarian regime. 26 Heidel (2007) „...in erster Linie nur um das Wohl und Wehe der Zahnärzte“. 27 Ernst Stuck wurde 1893 in Sachsen geboren. 1930 trat er in die NSDAP ein, 1933 kam er zur SA. Ab 1937 lehrte er an der Universität Berlin. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 611. 9

Eduard Roschmann (1908-1977)28 von Heinz Schneppen29 interessant. Diese wurde 2009 veröffentlicht. Neben den Werken über Einzelpersonen und Personengruppen gab es im Themengebiet ,Zahnmedizin im Nationalsozialismus‛ weitere Aspekte, die noch zu erforschen waren. Eines davon war die Auseinandersetzung mit der militärischen Vergangenheit der Zahnmedizin. 1978 wurde Arno Müller mit seiner Dissertation zum Thema „Die zahnärztliche Versorgung der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg“ promoviert. Er schilderte darin die zahnärztliche Versorgung der Kriegsmari- ne im Vergleich zur britischen Royal Navy.30 Elf Jahre später wurde Wilhelm Schulz mit seiner Dissertation „Zur Organisation und Durchführung der zahnmedizinischen Versorgung durch die Waffen-SS in den Konzentrationslagern während der Zeit des National- sozialismus“ promoviert. Dabei legte er seinen Fokus auf die SS, ihre Ent- stehung und Organisation und auf die zahnärztliche Versorgung in den Konzentrationslagern. Außerdem beschäftigte er sich mit der Entnahme von Zahngold durch inhaftierte Zahnärzte und Dentisten.31 1998 kam dann das Buch „Der zahnärztliche Dienst der im Zweiten Weltkrieg“ von Claus-Dieter Schulz heraus. In diesem beschrieb der Autor zunächst den Umbau des Militärs nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Danach bot er einen Überblick über den Aufbau des Kriegssanitätsdienstes, den zahnärztlichen Dienst, das dort arbeitende Personal, die zahnärztliche Versorgung und über deren Ausstattung und Ma- terialien.32 2004 wurde André Müllerschön mit seiner Dissertation über „Die

28 Eduard Roschmann, geboren 1908 in , war ab 1938 Mitglied der NSDAP und der SS. 1941 wurde er in Lettland eingesetzt. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 507. 29 Schneppen (2009) Ghettokommandant in Riga. 30 Vgl. Müller (1978) Die zahnmedizinische Versorgung der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg. 31 Vgl. Schulz, W. (1989) Zur Organisation und Durchführung der zahnmedizinischen Versorgung. 32 Vgl. Schulz, C.-D. (1998) Der zahnärztliche Dienst der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. 10 zahnärztliche Betreuung deutscher Soldaten in der Zeit von 1939 bis 1990” promoviert. Er beschrieb und verglich in seiner Arbeit die zahnärztliche Ver- sorgung im Ersten Weltkrieg, in der Wehrmacht bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und in den Armeen der beiden deutschen Staaten BRD und DDR.33 Ein weiteres Forschungsgebiet betraf die zahnärztliche Ausbildung bzw. das Studium. 1994 wurde Thomas Blechschmidt mit „Die Entwicklung der zahnärztlichen Institute der Universitäten Erlangen, Würzburg und München im Zeitraum von 1933 bis 1945” promoviert. Er legte seinen Fokus auf die Entwicklung der Zahnmedizin an den Universitäten Erlangen, Würzburg und München in der Zeit des NS-Regimes. Nach einem allgemeinen Überblick über die Auswirkungen der Regimes auf die Universitäten folgten Kapitel über die zahnärztlichen Institute der drei ge- nannten Universitäten.34 Im Jahr 2007 berichtete Arnold Reisman in „Public healthdentistry pioneer: Alfred Kantorowicz in exile from Nazi rule“ über Alfred Kantorowicz, den Ordinarius der Universität Bonn, der jüdischer Herkunft war. Kantorowicz wurde 1880 geboren und studierte Zahn- und Humanmedizin. Nach dem Ersten Weltkrieg leitete er die Zahnklinik der Universität in Bonn. Sein Spezialgebiet war die Kinderzahnheilkunde. Anfang 1933 musste er zu- sammen mit 49 anderen Professoren die Universität Bonn verlassen. Im Frühjahr 1933 verhaftete man ihn und brachte ihn ins Konzentrationslager Börgermoor. Während seiner Haftzeit wurde Kantorowicz eine Professur in Istanbul angeboten. Im Oktober 1933 wanderte er zusammen mit seiner Familie, seiner Frau und seinen vier Kindern, in die Türkei aus und arbeitete dort wieder als Professor bis 1948. 1950 kehrte er nach Deutschland zurück, führte seine Forschungen zur Kariesprävention fort und starb 1962.35 Um den Überblick über den bisherigen Forschungsstand

33 Vgl. Müllerschön (2004) Die zahnärztliche Betreuung deutscher Soldaten in der Zeit von 1939 bis 1990. 34 Vgl. Blechschmidt (1994) Die Entwicklung der zahnärztlichen Institute. 35 Vgl. Reisman (2007) Public healthdentistry pioneer S. 7-15. 11 abzuschließen, folgt ein Blick auf die zahnärztliche Presse. Die bekanntes- ten Zeitschriften, die schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts erschienen, waren die „Zahnärztlichen Mitteilungen“36 und die „Zahnärztliche Rundschau“37. Bei den ZM handelte es sich um eine Zeitschrift, die von der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung seit 1910 herausgegeben wurde und im Deutschen Ärzte Verlag zweimal pro Monat erschien. Die ZR erschien bis 1968 in der Berlinerischen Verlagsan- stalt. In ihr wurden häufig neue Verordnungen und Gesetze veröffentlicht. Bei den ZM handelte es sich um eine Zeitschrift, bei der fachliche Informationen im Vordergrund standen. Gegen Ende des 20. Jahrhundert wurde die Rubrik „Historisches“ integriert, die sich vor allem mit der NS-Zeit beschäftigte. Somit wurde mit der Aufarbeitung des NS-Regimes auch in den zahnärztlichen Medien begonnen. 1999 veröffentlichten die ZM einen Beitrag von Wolfgang Kirchhoff zum Thema „Ein Thema, zwei Weltanschauungen“38. Zum gleichen Themen- gebiet erschienen auch Artikel von Bettina Wündrich, die aber zunächst im Jahr 2000 mit ihrer Dissertation zum Thema „‚Biologische‛ Zahnmedizin im Nationalsozialismus – Entwurf und Entwicklung einer ‚neuen deutschen Zahnheilkunde‛ zwischen 1933 und 1945 und ihre Beziehung zur alternativ- ganzheitlichen Zahnmedizin von heute” promoviert wurde. In ihrer Arbeit befasste sie sich mit der ,neuen deutschen Zahnheilkunde‛, ihren gedanklichen Grundlagen und inhaltlichen Behandlungskonzepten, sowie mit den Widersachern und Befürwortern.39 2004 veröffentlichten Hans Jörg Staehle, Bettina Wündrich und Wolfgang Eckart zwei Artikel in den „Zahnärztlichen Mitteilungen“: „Alternative Zahnmedizin im Nationalsozialismus“ Teil 1 und Teil 2. In diesen beschäftigten sich die Autoren unter anderem mit den „bekanntesten

36 Im Folgenden ZM genannt. 37 Im Folgenden ZR genannt. 38 Kirchhoff (1999) Ein Thema, zwei Weltanschauungen. 39 Vgl. Wündrich (2000) „Biologische“ Zahnmedizin im Nationalsozialismus. 12

Repräsentanten der ‚Neuen deutschen Zahnheilkunde‛“40. 2008 erschien Gisela Taschers Beitrag „Erinnerung und Aufklärung“. Darin schilderte sie die Umstrukturierung der Zahnärzteschaft nach 1933.41 Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der Human- und Zahnmedizin ist heutzutage demnach schon relativ weit fortgeschritten. Allerdings gibt es die Humanmedizin betreffend nach wie vor deutlich mehr Forschungsergebnisse, nämlich weit über 1.000 veröffentlichte Werke.42 Darunter befinden sich auch etliche Gedenkbücher für die Opfer des NS- Regimes. Für die Zahnmedizin dagegen gibt es im Moment lediglich die Werke von Depmer, Köhn und Golan. Ihnen gegenüber stehen bei den Humanmedizinern unter anderem die Arbeiten von Seidler, Schwoch und Voswinckel. Diese leisteten für meine Arbeit einen Beitrag, deswegen werde ich sie exemplarisch für die Gesamtheit der Gedenkbücher für Ärzte kurz vorstellen. Im Jahr 2000 veröffentlichte Eduard Seidler das Buch „Jüdische Kinderärzte 1933-1945“, mit dem „eine biographische Rekonstruktion der Einzelschicksale versucht“43 werden sollte. Dieses Gedenkbuch wurde bereits 1995 von der ,Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin‛ in Auftrag gegeben. Zunächst ging Seidler darin auf Ärzte jüdischer Herkunft in der Kinderheilkunde und die NS-Pädiatrie allgemein ein, dann folgten stichpunktartig die Lebensdaten von jüdischen Kinderärzten nach Städten sortiert. Regina Schwoch gab 2009 ein Gedenkbuch über jüdische Ärzte in Berlin heraus, in dem sie das Schicksal von über 2.000 Personen im Nationalsozialismus darstellte. Aufgrund der großen Personenzahl sind die einzelnen Biographien stichpunktartig und nicht als Fließtext erstellt worden. In ihrem Vorwort beschrieb Schwoch ihre Motivation für das Gedenkbuch

40 Eckart, Staehle, Wündrich (2004b) Alternative Zahnmedizin in der NS-Zeit, Teil 2 S.116 und vgl. Eckart, Staehle, Wündrich (2004a) Alternative Zahnmedizin in der NS-Zeit, Teil 1. 41 Tascher (2008) Erinnerung und Aufklärung. 42 Vgl. Süß (2011) Medizin und Nationalsozialismus S. 17. 43 Seidler (2000) Jüdische Kinderärzte 1933-1945 S. 11. 13 folgendermaßen: „Dass mit dieser Erinnerungsform vertriebener, ermordeter, heimatlos gewordener Ärzte gedacht werden kann, indem man kontinuierlich ihre Namen nennt, sollte für jeden die Erfüllung eines Gebotes sein, das da heißt: Vergiss es nicht! Jeder Einzelne muss einen Platz in unserer Erinnerung haben.“44

2012 erschien zum 75. Jubiläum der ,Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie‛ von Peter Voswinckel eine Dokumentation über die Geschichte dieser Gesellschaft. Darunter befand sich ein Abschnitt über die Ehrenmitglieder der Gesellschaft. Voswinckel beschrieb die Biografien von 54 Personen und explizit das Schicksal von Prof. Dr. Hans Hirschfeld (1873-1944). Wegen seiner jüdischer Abstammung wurden Hirschfelds Arbeiten und Forschungen für die Gesellschaft während des NS-Regimes nicht gewürdigt und ihm die Ehrenmitgliedschaft in der Gesellschaft zu Leb- zeiten verweigert. Das Leben von Hirschfeld wurde sehr anschaulich darge- stellt, indem „vereinbarungsgemäß nur Dokumente selbst zur Sprache“45 kamen. Nach diesem Überblick über die bisher vorhandene Literatur folgt nun eine kurze Darstellung der Überlegungen, die mich zu meiner Arbeit geführt haben. Wie man in der Literaturübersicht erkennen kann, gibt es bereits einige Werke über Einzelpersonen46 sowie über die Ausbildung und universitäre Lehre47. Bekannte Presseerzeugnisse wie die „Zahnärztliche Rundschau“ oder die „Zahnärztlichen Mitteilungen“ erschienen während der NS-Zeit regelmäßig. Die Geschichte dieser Zeitschriften und ihre Entwick- lung unter dem NS-Regime war eine potentielle Fragestellung für meine Arbeit. Eine weitere ergab sich bei der Auseinandersetzung mit der

44 Schwoch (2009) Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus S. 16. 45 Voswinkel (2012) Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie S. 9. 46 Bspw. Schneppen (2009) Ghettokommandant in Riga. 47 Bspw. Blechschmidt (1994) Die Entwicklung der zahnärztlichen Institute. 14

Entwicklung der Patientenversorgung. Hierbei bot ein Vergleich der Grün- dung der Zahnkliniken und einzelner Praxen oder der Konflikt zwischen Zahnärzten und Dentisten Potential für weitere Forschungen. Bis zum Ersten Weltkrieg erfüllten die Dentisten die Aufgaben der heutigen Zahn- techniker. Erst in den 1920er Jahren entwickelte sich der Beruf ,Dentist‛ zu einem eigenständigen Berufsstand. Eingeführt wurden eine Eignungsprüfung, Fachklassen in den Berufsschulen und schließlich eine staatliche Dentistenprüfung.48 Von da an war die Trennung zwischen Zahn- ärzten und selbstständig arbeitenden Dentisten endgültig. Dentisten fertigten die nötigen prothetischen Arbeiten selbst im Labor an, Zahnärzte dagegen mussten Zahntechniker mit der Herstellung beauftragen. Erst 1952 wurde durch das ,Gesetz zur Ausübung der Zahnheilkunde‛ die Ära der Dentisten beendet.49 In den Konzentrationslagern wurde die Bezeichnung ,Dentist‛ allerdings für diejenigen Personen verwendet, die den Getöteten das Zahngold entfernen mussten. Dies waren meist ehemalige jüdische Zahnärzte, die in das Konzentrationslager deportiert worden waren und durch diese ,Arbeit‛ ihren eigenen Tod noch etwas herauszögern konnten.50 Um nun also einen Beitrag für die historische Forschung und zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus zu leisten, habe ich mich in Anlehnung an die Werke von Köhn und Golan mit den jüdischen Zahnärzten aus Nürnberg und Fürth und deren Schicksalen auseinandergesetzt. Die Ergebnisse der Recherchen werde ich in den folgenden Kapiteln darlegen.

1.2 Vorgehen

Als erstes wurde eine Namensliste von jüdischen Zahnärzten und Dentisten51, die im ,Dritten Reich‛ in Nürnberg, Fürth und Erlangen lebten,

48 Vgl. Maretzky, Venter (1974) Geschichte des deutschen Zahnärzte-Standes S. 146. 49 Vgl. Groß (2006) Beiträge zur Geschichte und Ethik der Zahnheilkunde S. 99. 50 Vgl. Golan (1997) Schicksal der jüdischen Zahnärzte und Dentisten in Freiburg S. 27-30. 51 Selbstverständlich wurde auch nach Zahnärztinnen und Dentistinnen gesucht, für bessere Übersicht ist hier und im Gesamttext nur von Zahnärzten und Dentisten die Rede. 15 erstellt. Dazu begannen die Recherchen im „Reichsmedizinalkalender für Deutschland“52 und in den Stadtarchiven von Nürnberg, Fürth und Erlangen. Es stellte sich heraus, dass es in der Stadt Erlangen zur fraglichen Zeit keine jüdischen Zahnärzte gegeben hatte.53 Für Nürnberg gab es bereits eine Zusammenstellung von jüdischen Gewerbetreibenden und Ärzten, die von Gerhard Jochem erstellt worden war.54 In Fürth half ein Vergleich von Adressbüchern und den Meldekarteikarten aus der Einwohnermeldekartei. Diese Meldekarteikarten wurden für jeden erstellt, der neu in eine Stadt ge- zogen war. Auf ihnen vermerkten die Einwohnermeldebehörden Name, Ge- burtstag und -ort, sowie Heirat, Geburten von Kindern und Religionszugehörigkeit. Außerdem wurden Umzüge bzw. Auswanderungen eingetragen.

Insgesamt konnten so 29 jüdische Zahnärzte und Dentisten gefunden werden, die aus Nürnberg bzw. Fürth stammten oder dort ihr Leben in den 1930er Jahren verbrachten. Nach diesen Personen wurde nun in verschiedenen Quellen recherchiert. Zunächst einmal konnten den Melde- karteien von Nürnberg und Fürth wichtige Lebensdaten entnommen werden. Außerdem war vermerkt, ob die jeweilige Person verstarb, auswanderte oder deportiert wurde. Eine weitere wichtige Quelle war die Passkartei der Stadt Nürnberg, die heute noch im Stadtarchiv erhalten ist. Auf diesen Passkarten fanden sich persönliche Merkmale wie Haarfarbe und Größe, sowie Bilder der Personen und Eintragungen, wie oft ein Pass verlängert wurde.

Bei den Deportierten fand sich auf den Meldekarteikarten immer der Hinweis „abgemeldet nach unbekannt“55. Nach diesen habe ich dann in ver- schiedenen Gedenkbüchern geforscht, von denen die meisten mittlerweile frei im Internet verfügbar sind. Unter anderem handelte es sich dabei um

52 Vgl. Reichsmedizinalkalender für Deutschland 1926-1930 (2001). 53 Vgl. Sponsel (2001) Gedenkbuch für die Erlanger Opfer der Schoa. 54 Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930. 55 Vgl. MK Fü. bzw. Nbg. 16

„The Central Database of Shoah Victimsʼ Names“56 und das „Gedenkbuch des Bundesarchivs für Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945“57. Dieses Gedenkbuch erschien erstmals 1986 und wurde seither mehrfach überarbeitet. 2007 wurde es im Internet für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler schrieb in seinem Geleitwort:

„Dieses Buch enthält Namen. Die Namen der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die im Herrschaftsgebiet des Deutschen Reiches in der Zeit des Nationalsozialismus umgebracht wurden. […] Dieses Gedenkbuch gibt den Ermordeten ihren Namen und damit ihre Menschenwürde wieder.“58

Die Suche nach den Überlebenden gestaltete sich schwieriger. Durch eine Anfrage im Staatsarchiv Nürnberg konnten dort mehrere Quellen über die Überlebenden in den Beständen des Staatsarchivs Lichtenau gefunden werden. Ein Großteil davon waren Akten der Wiedergutmachungsbehörden, in denen die Wiedergutmachungsanträge und -prozesse dokumentiert wurden. Der andere Teil bestand aus Akten des Finanzamtes Nürnberg-Ost. In diesen wurden Steuererklärungen und Insolvenzverfahren festgehalten. Außerdem gab es in den Beständen des Staatsarchivs Nürnberg noch eine Akte der Kriminalpolizei über einen der Überlebenden.

In den Promotionsakten des Universitätsarchivs Erlangen fanden sich die Dissertationsarbeiten von einigen der gesuchten Zahnärzte. Anfragen bei anderen Universitätsarchiven ergaben, dass ein Großteil der vorhandenen Studentenakten und Dissertationsarbeiten durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen waren. Die Archive der Universitäten in Leipzig, Tübingen und Würzburg lieferten jedoch informatives Quellenmaterial. Dazu gehörten unter anderem Auszüge aus der

56 http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=de (aufgerufen am 23.02.2011). Herausgeber ist die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. 57 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ (aufgerufen am 23.02.2011). 58 Köhler (2007). 17

Studentenkartei und Promotionsakten.

Anschließend folgten noch Recherchen im Jüdischen Museum in Fürth sowie in den Online-Datenbanken der Homepage „www.ancestry.com“. Hierbei handelte es sich um eine Sammlung von historischen Quellen, mit denen Ahnenforschung für jedermann möglich sein sollte. Diese Datenbanken umfassten eingescannte Archivalien aus Archiven aus der ganzen Welt, unter anderen den Sterbeindex der englischen Sozialversiche- rung59 oder Einbürgerungskarten in die USA60. Mit den gesammelten Quellen konnte für jede der 29 Personen eine Biographie erstellt werden.

Zeitgleich erfolgten die Recherchen für den allgemeinen Teil. Hierbei lag der Fokus auf Gegebenheiten, welche die jüdischen Zahnärzte in Nürn- berg und Fürth betrafen. Unter anderem waren dies das Universitätsleben und die Wiedergutmachung. Für beide Themen fand sich verwertbares Ma- terial in den Archivakten. Informationen über die anderen Themengebiete, die im Folgenden genauer beleuchtet werden, fanden sich in der umfang- reich vorhandenen Sekundärliteratur. Da die Nürnberger und Fürther Juden hauptsächlich nach Riga, Izbica und Theresienstadt deportiert wurden, habe ich einen Blick auf diese drei Ghettos mit in die Arbeit aufgenommen. Ver- wendete Abkürzungen werden im Abkürzungsverzeichnis erläutert.

59 Hierbei handelt es sich um eine digitale Ausgabe von Indizes staatlicher Regierungssysteme in Wales und England, die alle drei Monate an das General Register Office in London weitergeleitet wurden. Vgl. http://search.ancestry.de/search/db.aspx?dbid=7579 (aufgerufen am 15.05.2013). 60 Hierbei handelt es sich um eine digitale Version des Einbürgerungsregisters vom Bundesstaat New York. Vgl. http://search.ancestry.de/search/db.aspx?dbid=1629 (aufgerufen am 15.05.2013). 18

2. Allgemeines

2.1 Jüdisches Leben in Nürnberg und Fürth

Im elften Jahrhundert wurden erstmals jüdische Siedlungen in Nürn- berg erwähnt. 200 Jahre später wies man die Juden an, sich in einem be- stimmten Stadtteil niederzulassen, damit eine Art Ghetto entstand.61 Bereits im Mittelalter litten Juden unter diskriminierenden Gesetzen, Einschränkungen und Vorschriften. So gab es damals schon spezielle Kleidervorschriften, wie beispielsweise den ‚Judenhut‛ und einen langen Kaftan, zusätzlich Wohnvorschriften. Juden durften sich nur in bestimmten Bezirken niederlassen.62 Im 13. Jahrhundert wurde ihnen zudem das Waffenrecht entzogen, sodass ihr gesellschaftlicher Stand weiter sank.63

Noch dazu kam es zu mehreren Pogromen. 1298 fielen über 600 Juden dem ersten Pogrom zum Opfer. Dieser wurde auch unter dem Namen ,Rindfleisch-Pogrom‛ bekannt. Der Auslöser soll ein Metzger namens Rind- fleisch gewesen sein, welcher die Juden des Hostienfrevels beschuldigte.64 Ein halbes Jahrhundert später, 1349, waren es über 500 Juden, die bei einem Pogrom umkamen. Dabei wurde außerdem das jüdische Wohnviertel zerstört. An dessen Stelle errichtete man den Hauptmarkt, den Obstmarkt und die Frauenkirche. Die überlebenden Juden wurden aus der Stadt getrieben. Kurze Zeit später entstand allerdings wieder ein neues Judenwohngebiet, östlich des Obstmarktes gelegen.65

Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Juden endgültig aus Nürnberg

61 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 14-16. 62 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 4-5. 63 Vgl. Khateeb (1988) Geschichte der Juden in Franken S. 9-10. 64 Vgl. Lehnert (1993) Geschichte der jüdischen Mitbürger vom Mittelalter bis zur Gegenwart S. 6 und vgl. Diefenbacher, Beyerstedt, Bauernfeind (2012) Kleine Nürnberger Stadtgeschichte S. 22. 65 Vgl. Diefenbacher, Beyerstedt, Bauernfeind (2012) Kleine Nürnberger Stadtgeschichte S. 22. 19 ausgewiesen. Dies geschah auf Befehl von König Maximilian I. (1459- 1519)66, da die Juden angeblich Ursache für die Verschuldung ihrer Mitbürger waren. Erst 1850 bekam wieder ein Jude das Bürgerrecht der Stadt.67

In Fürth wurden Juden erstmals 1440 erwähnt. Während des 16. Jahrhunderts durften sich weitere dort ansiedeln, allerdings mussten sie Schutzgeld an den regierenden Markgrafen zahlen. 1566 lebten 70 Juden in der Stadt. 1604 waren schon 22 von 321 Familien jüdischer Herkunft. 1607 erhielt die Gemeinde ihren ersten Rabbiner, ein Jahrzehnt später erbaute man die erste Synagoge.68 Im Dreißigjährigen Krieg wurde Fürth fast kom- plett zerstört, nur die Michaeliskirche und die Synagoge blieben erhalten. Der Bamberger Domprobst und der Ansbacher Markgraf förderten den Wiederaufbau. Die Ansiedlung von wohlhabenden Juden trug ebenfalls positiv zum Wiederaufbau bei, da Juden Schutzgeld zahlen mussten und einen Aufschwung im Handelsgeschäft brachten. 1670 nahm die jüdische Gemeinde jüdische Flüchtlinge aus Wien auf.69

Danach entwickelte sich Fürth zu „einer der spirituellen Hauptstädte des europäischen Judentums“70 und „gehörte im 18. Jahrhundert neben Altona und Frankfurt zu den wichtigsten Orten jüdischer Gelehrsamkeit“71. 1719 erhielt die jüdische Gemeinde Privilegien, wie zum Beispiel die Wahl ihres Rabbiners ohne externe Einmischung oder die Regelung der Zuwan- derung. Allerdings mussten diese Vorrechte teuer bezahlt werden, der Bamberger Dompropst Otto Philipp von Guttenberg (1644-1723) verlangte jährlich 2.500 Gulden dafür.72

66 Geboren am 22.03.1459 in Wien, seit 1486 röm.-dt. König, ab 1508 röm.-dt. Kaiser gestorben am 12.01.1519 in Wels (Oberösterreich). Vgl. Wiesflecker (1990) Maximilian I. 67 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 81-84. 68 Vgl. Schwammberger (1984) Fürth von A bis Z S. 186 und vgl. Ohm (2007) Fürth- Geschichte der Stadt S. 69. 69 Vgl. Windsheimer (2007) Geschichte der Stadt Fürth S. 23-31. 70 Jochem, Rieger (2006) Chronologie der jüdischen Gemeinde in Fürth bis 1945 S. 4. 71 Ohm (2007) Fürth-Geschichte der Stadt S. 72. 72 Vgl. Jochem, Rieger (2006) Chronologie der jüdischen Gemeinde in Fürth bis 1945 S. 2- 4. 20

Um 1800 lebten ca. 2.500 Juden in Fürth. Dies entsprach einem Anteil von knapp 30 Prozent der Bevölkerung. Das Verhältnis zur christlichen Bevölkerung war außerordentlich gut, Juden und Christen lebten nebeneinander. Außerdem durften Juden in die Gemeindeversammlung gewählt werden und somit das Gemeindeleben aktiv mitgestalten.73

Allgemein zog es immer mehr Juden in die Städte. Lebten 1840 noch 86 Prozent von ihnen auf dem Land, so waren es 1900 nur noch 30 Prozent.74 Zudem gab es beträchtliche „Emigrations- und Immigrationsströme“75, in denen über 100.000 jüdische Bürger und Bürgerinnen das Deutsche Reich vor allem Richtung Amerika verließen und zahlreiche Juden aus Osteuropa ins Deutsche Reich kamen. Diese bezeich- nete man als ,Ostjuden‛, welche „den Typus des nicht-assimilierten Gettojuden [sic], dem vor allem aus dem liberalen Lager unverhüllte Antipathien entgegenschlugen“76, repräsentierten.

Nach den erlittenen Demütigungen und Verfolgungen der Vergangenheit ging es den Juden im Deutschen Reich während des 19. Jahrhunderts besser. Die rechtliche Gleichstellung wurde vollzogen, 1868 die letzten gesetzlichen Beschränkungen gegen sie aufgehoben.77 Mit der Gründung des ‚Zweiten Deutschen Reiches‛78 „begann für sie die Möglichkeit einer Entfaltung, wie diese […] in Deutschland bisher noch nie bestanden hatte.“79 Die Gemeinden vergrößerten sich, wählten Rabbiner und bauten Synagogen, es gab sogar jüdische Abgeordnete im bayerischen Landtag. So wurde Dr. Moritz Levin (1843-1914) 1872 der erste Rabbiner der Gemeinde Nürnberg. Dr. David Morgenstern (1814-1882), Gabriel Löwenstein (1825- 1911) und Wolf Frankenburger (1827-1889) wurden in den Landtag gewählt. 1874 begann man in Nürnberg mit dem Bau einer Synagoge am Hans- 73 Vgl. Ohm (2007) Fürth-Geschichte der Stadt S. 123-127. 74 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 6-7. 75 Khateeb (1988) Geschichte der Juden in Franken S. 25. 76 Ebd. S. 28. 77 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 156-157. 78 1871-1918. 79 Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 164. 21

Sachs-Platz.80 Das im gleichen Jahr fertiggestellte Gebäude wurde von Bürgermeister Otto von Stromer (1831-1891) „unter reger Beteiligung der städtischen Gesellschaft und weitgehend ohne öffentliche antisemitische Äußerungen […] eingeweiht“81. Der wirtschaftliche Aufschwung im 19. Jahrhundert jedoch brachte den Juden nicht nur Positives, er wurde sogar als „einer der Gründe zur Ent- stehung des Antisemitismus“82 gesehen. Denn wichtige Wirtschaftsfaktoren, beispielsweise der Hopfenhandel und die Metallindustrie, sowie ein Großteil der Privatbanken waren in jüdischer Hand, außerdem hatten die höheren Schulen in Nürnberg einen relativ großen Anteil jüdischer Schüler.83 Einflussreiche Persönlichkeiten der Stadt waren Juden, zum Beispiel der Bankier Anton Kohn (1820-1882) oder die Brüder Adolf (1842-1915) und Ignaz Bing (1840-1918), die Besitzer einer großen Metallwarenfabrik waren. Während des Ersten Weltkrieges kämpften knapp 2.000 jüdische Soldaten aus Nürnberg und Fürth für das Deutsche Reich. Über 100 von ihnen starben dabei, knapp 600 wurden mit einem Orden geehrt.84

In der neugegründeten Weimarer Republik trat der Antisemitismus, der bereits im 19. Jahrhundert aufgekommen war, in den Fokus der Öffent- lichkeit. Er wurde zum Propagandamittel der „völkischen Rechten“ 85, welche die Juden „für den Krieg, die Niederlage von 1918 […] und die Revolution verantwortlich“86 machten.

Im Gegenzug war schon im November 1890 in Berlin auf Initiative von Heinrich Rickert (1863-1936) der ‚Verein zur Abwehr des Antisemitismus‛ ge- gründet worden. Er bestand zunächst nur aus zwölf Mitgliedern. 1891 rief

80 Vgl. Schmidt (2007) „Achttausend Juden, die bestes Europa waren“ S. 134-135. 81 Ebd. S. 135. 82 Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 177. 83 Vgl. ebd. S. 178-180. 84 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 29 und vgl. Lehnert (1993) Geschichte der jüdischen Mitbürger vom Mittelalter bis zur Gegenwart S. 34. 85 Eitz, Stötzel (2009) Wörterbuch der „Vergangenheitsbewältigung“ Bd. 1 S. 42. 86 Ebd. S. 42. 22 man die Bevölkerung auf, in den Verein einzutreten und sich gegen die anti- jüdischen Maßnahmen zu stellen. Ende des Jahres hatte der Verein bereits 12.000 Mitglieder und alle zwei Wochen wurden Zeitschriften und Flugblätter wie beispielsweise „Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus“ oder die „Abwehrblätter“ herausgegeben.87 In einer dieser Mitteilungen erschien 1919 folgenden Presseerklärung:

„In den letzten Wochen sind gewissenlose Hetzer am Werk, um den konfessionellen Frieden in unserer Vaterstadt zu stören und zu untergraben. Bisher lebten sämtliche Konfessionen in Frieden und Eintracht miteinander […]. Jetzt werden Flugblätter […] niedrigsten Inhalts verbreitet. […] (Wir, Anm. d. Verf.) betrachten es als (unsere, Anm. d. Verf.) vaterländische Pflicht, gegen die unerhörte Verunglimpfung (der, Anm. d. Verf.) jüdischen Mitbürger […] entschiedenste Verwahrung einzulegen.“88

Die Arbeit des Vereins wurde durch den zunehmenden Einfluss der nationalsozialistischen Propaganda erschwert. Hatten die „Abwehrblätter“ 1930 noch eine Auflage von 25.000, sank diese bis 1933 drastisch. 89 1933 wurde der Verein aufgelöst und folgende Pressemitteilung herausgegeben:

„Nichts hat der Verein seit seiner vor 42 Jahren erfolgten Gründung sehnlicher erwünscht als die Möglichkeit seiner Auflösung wegen Erfüllung seiner Mission. Jetzt muss er sich auflösen, weil die Weiterarbeit unmöglich geworden ist. […] Dieser Entschluß kann uns freilich nicht leicht fallen. Er geschieht in nüchterner Abschätzung der tatsächlichen Lage […]. Wo die Abwehr des Antisemitismus lauteren Motiven und ehrlicher Ueberzeugung entspringt, da wird der einzelne sie auch in Zukunft üben können, ohne dabei mit dem Wollen der Regierung in Konflikt zu kommen.“90

Zwischen 1919 und 1922 waren in Deutschland mehrere Juden in führenden Positionen ermordet worden. Dazu gehörten Rosa Luxemburg (1871-1919), Karl Liebknecht (1871-1919), Kurt Eisner (1867-1919) und

87 Vgl. Suchy (1983) The Verein zur Abwehr des Antisemitismus (I) S. 205-207 und S. 210. 88 Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 188. 89 Vgl. Suchy (1983) The Verein zur Abwehr des Antisemitismus (II) S. 98-99. 90 Ebd. S. 101. 23

Außenminister Walter Rathenau (1867-1922). Luxemburg und Liebknecht wurden am 15. Januar 1919 misshandelt und erschossen. Ein Jurastudent brachte Eisner am 21. Februar um. Erwin Kern (1898-1922) und Hermann Fischer (1896-1922) ermordeten im Juni 1922 mit Hilfe von Ernst von Salomon (1902-1972) und anderen Mittätern Walter Rathenau.91 Alle Täter waren Mitglieder der rechtsgerichteten ,Organisation Consul‛.92

Ende 1922 gründete sich in Nürnberg eine Ortsgruppe der NSDAP unter Julius Streicher (1885-1946)93, 1923 eine in Fürth. Ihr Ziel war die Um- gestaltung Deutschlands nach ihren politischen Vorstellungen. 1923 wurde die ersten Ausgabe von Streichers Zeitschrift „Der Stürmer“ veröffentlicht.94 Dieses Blatt sollte später zu einem der wichtigsten Propagandamittel der Nationalsozialisten werden. Seine Hauptaufgabe bestand in der Verbreitung von „Haß-, Furcht- und Neidpropaganda“95. Auf der ersten Seite stand regel- mäßig die Parole: „Die Juden sind unser Unglück“96. 1927 fand zum ersten Mal ein Parteitag der NSDAP in Nürnberg statt.97

1930 betrug der Anteil der jüdischen Einwohner in Nürnberg noch 2,48 Prozent, in Fürth lag er bei 2,6 Prozent und der Durchschnitt im Reich lag bei 0,95 Prozent.98

Streichers Hetze zeigte jedoch bald Wirkung. Bereits 1929 fiel es Juden schwer, eine Wohnung zu finden, ferner sollten ihre Geschäfte boykottiert werden. Diese Boykotte wurde von der NSDAP-Ortsgruppe durch

91 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 107-109. 92 Vgl. Hermand (2005) Salomon, Ernst Friedrich Karl S. 392. 93 Julius Streicher wurde 1885 bei Augsburg geboren. Der Volksschullehrer wurde 1921 Mitglied der NSDAP, gründete 1923 den „Stürmer“ und ernannte sich selbst zum ,Frankenführerʽ. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 608. 94 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 190-192 und vgl. Ohm (2007) Fürth-Geschichte der Stadt S. 297. 95 Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 194. 96 Ebd. S. 195. 97 Vgl. Diefenbacher, Beyerstedt, Bauernfeind (2012) Kleine Nürnberger Stadtgeschichte S. 144. 98 Vgl. Jochem, Rieger (2009) Jüdische Ärzte 1933-1945 in Nürnberg S. 183, vgl. Diefenbacher, Beyerstedt, Bauernfeind (2012) Kleine Nürnberger Stadtgeschichte S. 130 und vgl. Windsheimer (2007) Geschichte der Stadt Fürth S. 123. 24

Veröffentlichung einer Liste ,arischer‛ Geschäfte, in welchen die Menschen in Zukunft einzukaufen hätten, initiiert.99 Immer wieder wurden Juden auf der Straße angegriffen, beispielsweise 1932 ein Rabbiner aus Jerusalem, der in Nürnberg zu Besuch war. Jüdischen Kindern an staatlichen Schulen wurden immer mehr Steine in den Weg gelegt. Sie wurden aus der Klassengemeinschaft ausgegrenzt, teilweise sprachen Mitschüler überhaupt nicht mehr mit ihnen, Freundschaften zerbrachen oder wurden von den Eltern verboten. So veröffentlichte das Israelitische Gemeindeblatt 1932 folgenden Bericht:

„Der größte Teil unserer Mitschüler […] ist […] vom Nationalsozialismus ergriffen und behandelt die Juden als Menschen zweiter Klasse […]. Die ständigen Anfechtungen drohen den moralischen Widerstand des jungen Juden zu brechen, ihn haltloser Verzweiflung preiszugeben.“100

Schon vor Hitlers Machtergreifung 1933 war Nürnberg also zu einer Hochburg des Nationalsozialismus geworden, in der es den Juden bereits deutlich schlechter ging als im restlichen Reich. Sie mussten sich vom öffentlichen Leben immer mehr zurückziehen.101 In Fürth dagegen war die Situation noch relativ entspannt, trotz der höchsten Arbeitslosigkeit in Bayern blieb die dortige Ortsgruppe der NSDAP unter 200 Mitgliedern und es gab keine öffentlichen Angriffe auf Juden.102

Am 30. Januar 1933 übernahm Adolf Hitler die Macht über das Deutsche Reich, indem er von Reichspräsident Hindenburg (1847-1934) zum Reichskanzler ernannt wurde. Am 24. März 1933 trat das ,Ermächtigungsgesetz‛ in Kraft, mit dem der Reichstag die Legislative auf die Reichsregierung übertrug. Somit war die Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt. Neue Gesetze und Verordnungen brauchten nun keine Zu-

99 Vgl. Khateeb (1988) Geschichte der Juden in Franken S. 34. 100 Lehnert (1993) Geschichte der jüdischen Mitbürger vom Mittelalter bis zur Gegenwart S. 39. 101 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 197-200 und S. 208. 102 Vgl. Windsheimer (2007) Geschichte der Stadt Fürth S. 118-120. 25 stimmung von Reichsrat und Reichstag mehr, auch die Unterschrift des Reichspräsidenten war unnötig.103

Damit begann die systematische Ausgrenzung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung. Die ersten Opfer in Fürth waren Ernst Goldmann (1908-1933) und Dr. Rudolf Benario (1908-1933). Beide gehörten linksgerichteten Gruppen an. Sie wurden 1933 verhaftet, nach Dachau ge- bracht und dort erschossen.104

Bereits im April 1933 wurden durch das ‚Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums‛ ,nichtarische‛ Beamte in den Ruhestand versetzt, mit Ausnahme derer, die im Ersten Weltkrieg an der Front gekämpft hatten und derjenigen, deren Väter bzw. Söhne dort gefallen waren.105 Zu diesem Zeitpunkt lebten noch etwa eine halbe Million Juden im Reich. Neben den für das ganze Reich geltenden Gesetzen führten auch die einzelnen Städte, Vereine und Verbände individuelle Neuregelungen für jüdische Personen ein. So mussten ab April 1933 alle preußischen Juden, die ihren Namen ändern wollten, die Antragsstellung persönlich beim preußischen Justizministerium vorlegen und im Mai 1933 schloss man Juden aus der Deutschen Turnerschaft aus.106

1935 wurde der Verkauf von jüdischen Zeitungen verboten.107 Im gleichen Jahr traten das ‚Reichsbürgergesetz‛ und das ‚Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre‛, die sogenannten ‚Nürnberger Gesetze‛ in Kraft. Volle Bürgerrechte hatten ab sofort nur noch ,arische‛ Deutsche. Juden wurden durch diese Gesetze vom Reichs- bürgerrecht ausgeschlossen und zu „Staatsangehörigen“108 erklärt. Somit

103 Vgl. Eitz, Stötzel (2009) Wörterbuch der „Vergangenheitsbewältigung” Bd. 1 S. 216. 104 Vgl. Ohm (2007) Fürth-Geschichte der Stadt S. 303. 105 Vgl. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (1933) http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/berufsbeamten33/index.html (aufgerufen am 30.11.2011). 106 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 50-51. 107 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 7. 108 Vgl. Reichsbürgergesetz und Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre (1935) http://www.1000dokumente.de/index.html? 26 waren sie „Staatsbürger zweiter Klasse“109. Außerdem durften sie keine ,Arier‛ mehr heiraten, selbst außereheliche Kontakte mussten unterbleiben. Noch dazu wurde „die Beschäftigung ,arischer‛ Dienstmädchen (unter 45 Jahren) in jüdischen Haushalten“110 verboten. Laut einer Statistik des Innenministeriums lebten ca. 750.000 ,Mischlinge 1. und 2. Grades‛ im Reich, sowie ca. 775.000 ,Volljuden‛. Zusammen waren das 2,3 Prozent der Gesamtbevölkerung im Deutschen Reich.111 Im Verlauf der nächsten zwei Jahre entzog man ihnen das Wahlrecht für den Reichstag und der Anteil jüdischer Schüler an deutschen Schulen wurde begrenzt.112 Dennoch hofften viele der im Reich verbliebenen Juden noch auf eine Entspannung der Situation. Friedländer zitierte in seinem Buch eine jüdische Frauenorganisation, welche die jüdischen Frauen warnte:

„Wir wollen […] alles vermeiden, was Aufsehen erregt und aufreizend wirkt und was den besten Kulturforderungen widerspricht, in Sprache und Ton, in Kleidung und Auftreten.“113

Ab 1936, nach den Olympischen Spielen von Berlin, verschärfte sich die antijüdische Politik der Nationalsozialisten deutlich. Das NS-Regime wollte die Wiederbewaffnung des Reiches vorantreiben und benötigte dafür Einnahmen.114

Deshalb wurde unter anderem am 26. April 1938 eine Verordnung eingeführt, wonach Juden „ihr gesamtes Vermögen (von mehr als 5.000 RM, Anm. d. Verf.) detailliert gegenüber den Finanzämtern […] deklarieren“115 mussten. Nach der Einführung eines Gesetzes zur Neugestaltung der Städte im Reich begann man im August 1938 mit dem Abriss der Nürnberger

c=dokument_de&dokument=0007_nue&object=pdf&st=&l=de (aufgerufen am 12.03.2012). 109 Diefenbacher, Endres (2000) Stadtlexikon Nürnberg S. 759. 110 Khateeb (1988) Geschichte der Juden in Franken S. 36. 111 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 168. 112 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 7. 113 Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 187. 114 Vgl. ebd. S. 197. 115 Aly (2006) Hitlers Volksstaat S. 55. 27

Hauptsynagoge. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 kam es zur sogenannten ‚Reichskristallnacht‛. Diese war vom Reichsminister für ,Volksaufklärung und Propaganda‛ Josef Goebbels (1897-1945) befohlen worden, der ein Attentat auf einen deutschen Diplomaten in Paris als Rechtfertigung nutzte.116 Mitglieder der SA verwüsteten jüdische Geschäfte und Wohnungen.117 Zehn Nürnberger Juden begingen Suizid, weitere 16 wurden in dieser Nacht umgebracht.118 In Fürth wurden unter anderem das Rabbinerhaus und zahlreiche Geschäfte in der Schwabacher Straße zerstört. Sogar das jüdische Krankenhaus blieb nicht verschont. SA-Männer erstürmten es und misshandelten die Patienten.119 Außerdem zerstörte man, wie auch in anderen Städten im Reich, die Synagoge. Am Tag danach musste die israelitische Kultusgemeinde das Gelände der jüdischen Schule und der Friedhöfe für 100 RM der Stadt Fürth überschreiben.120 Nach diesem Pogrom musste der gesamte Grundbesitz, der noch in jüdischer Hand war, Streicher zum Verkauf angeboten werden. Dabei blieb der Verkaufspreis deutlich unter dem eigentlichen Wert des Besitzes. Genauso ging man mit jüdischen Einrichtungsgegenständen und Fahrzeugen um.121 Ende November 1938 wurden 25 Prozent des Gesamt- vermögens von denjenigen Juden, die zuvor die Vermögenserklärung abgeben mussten, als sogenannte ‚Sühneabgabe‛ eingezogen. Das Geld sollte in vier gleichen Raten vierteljährlich von Dezember 1938 bis Mai 1939 an die Finanzämter gezahlt werden.122 Diese und andere Maßnahmen, beispielsweise das endgültige Verbot für jüdische Kinder an deutschen Schulen vom 15. November 1938123, führten dazu, dass sich die wirtschaftliche Situation und Lebensumstände der jüdischen Bevölkerung 116 Vgl. Schott (2007) Verfolgung und Deportation im Nationalsozialismus S. 158. 117 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 33. 118 Vgl. Schott (2007) Verfolgung und Deportation im Nationalsozialismus S. 158. 119 Vgl. Jochem, Rieger (2006) Chronologie der jüdischen Gemeinde in Fürth bis 1945 S. 9. 120 Vgl. Ohm (2007) Fürth-Geschichte der Stadt S. 306. 121 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 248-250. 122 Vgl. Aly (2006) Hitlers Volksstaat S. 62. 123 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 307. 28 drastisch verschlechterte. Vielen blieben nicht einmal mehr die Mittel, um eine Auswanderung überhaupt noch in Erwägung zu ziehen.124 1939 waren von den ursprünglich 9.280 Mitgliedern der jüdischen Ge- meinde in Nürnberg aus dem Jahr 1922 nur 2.611 übrig, zwei Jahre später verblieben gerade noch 1.835.125 In Fürth gab es 1935 noch 1.990 Juden, 1939 waren es nur noch 975.126 Bevorzugte Auswanderungsziele waren England, Palästina und die USA. Einige Juden verschlug es bis nach Australien oder China.127 Mit der Auswanderung verloren die Juden zumeist auch noch die Überreste ihrer Habseligkeiten, da sie Strafzahlungen und überhöhte Zollgebühren zu leisten hatten. Nach Kriegsbeginn 1939 wurde ein Ausreiseverbot aus dem Deutschen Reich, sowie den besetzen Gebieten in den Niederlanden, Belgien und Frankreich verhängt.128 Dazu kam eine Seeblockade der britischen Marine, sodass eine Auswanderung über den Atlantik nicht mehr möglich war.129 Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde zudem der letzte Schritt zur Vernichtung der Juden eingeleitet. Im Mai 1939 führten die Behörden eine allgemeine Volkszählung durch, um eine Registrierung der noch ver- bliebenen Juden und ,Mischlinge‛ zu erhalten.130 Ab September 1939 gab es ein Ausgehverbot ab 20 Uhr und die durch den Krieg rationalisierten Lebens- mittel durften ab sofort nur noch begrenzt und zu bestimmten Zeiten von den Juden gekauft werden. Außerdem mussten sie Rundfunkgeräte abgeben, der Besuch beim Frisör wurde untersagt. Die Verpflichtung zur Zwangsarbeit kam 1941. Im gleichen Jahr wurde das Tragen des gelben ‚Judensterns‛ ein- geführt. 1942 trat das Verbot über den Besitz von Haustieren in Kraft und Juden hatten einen Großteil ihrer Kleidung abzuliefern.131

124 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 248-250. 125 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 33. 126 Vgl. Ohm (2007) Fürth-Geschichte der Stadt S. 309. 127 Vgl. Müller (1968) Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945 S. 254. 128 Vgl. Khateeb (1988) Geschichte der Juden in Franken S. 37-38. 129 Vgl. Brakel (2008) Der Holocaust S. 44. 130 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 218. 131 Vgl. ebd. S. 275-276. 29

Dass es für die im Reich und in den besetzen Gebieten verbliebenen Juden keine Überlebenschance mehr geben würde, bekräftigten Hitler und seine Minister immer wieder. So sprach Hitler im Februar 1942 zu Goebbels:

„Der Führer gibt noch einmal seiner Meinung Ausdruck, daß er ent- schlossen ist, rücksichtslos mit den Juden in Europa aufzuräumen. […] Die Juden haben die Katastrophe, die sie heute erleben, ver- dient. Sie werden mit der Vernichtung unserer Feinde auch ihre eigene Vernichtung erleben. Wir müssen diesen Prozeß mit einer kalten Rücksichtslosigkeit beschleunigen“.132

Zuvor hatte am 20. Januar 1942 in Berlin die sogenannte ,Wannsee- Konferenz‛ stattgefunden. Auf dieser wurde die „Gesamtlösung der Juden- frage“133 entschieden. Insgesamt ca. 11 Millionen Juden aus ganz Europa sollten „im Osten zum Arbeitseinsatz kommen“134.

Zwischen 1941 und 1944 fanden verschiedene Deportationen der Nürnberger und Fürther Juden statt, auf die im dritten Kapitel noch näher eingegangen wird.

Insgesamt überlebten nur 72 Juden aus Nürnberg den Holocaust,135 über 2.300 Menschen fielen ihm zum Opfer.136 In Fürth starben dadurch über 886 Menschen, nur 40 kehrten nach Kriegsende wieder nach Fürth zurück.137

2.2 Universitätsleben jüdischer Zahnmedizinstudenten

Im Sommersemester 1930 gab es im gesamten Deutschen Reich knapp 100.000 Studenten an den Hochschulen. Davon waren ca. vier

132 Ebd. S. 716. 133 Brakel (2008) Der Holocaust S. 98. 134 Ebd. S. 98. 135 Vgl. Eckert, Rusam (1995) Geschichte der Juden in Nürnberg und Mittelfranken S. 33. 136 Vgl. Diefenbacher, Beyerstedt, Bauernfeind (2012) Kleine Nürnberger Stadtgeschichte S.148. 137 Vgl. Jochem, Rieger (2006) Chronologie der jüdischen Gemeinde in Fürth bis 1945 S. 9. 30

Prozent der jüdischen Religion zugehörig. An der Universität Erlangen war der Anteil deutlich geringer, von 1.772 Studenten waren 33, also knapp zwei Prozent, Juden.138 Die Zahl der ,Nichtarier‛ an den Universitäten wurde durch ein „Gesetz gegen die Ueberfüllung der deutschen Schulen und Hochschulen vom 25. April“139 1933 limitiert. Dies wirkte sich bereits im Som- mersemester 1933 aus. Zunächst gab es in diesem Jahr in Deutschland 1.859 Abiturienten, die nicht zu 100 Prozent ,arischer‛ Herkunft waren. Diese Zahlen beruhten aber nicht nur auf Zählung bei der Immatrikulation, sondern sie wurden zum Teil berechnet und geschätzt. Von diesen 1.859 ,Nichtariern‛ immatrikulierten sich etwa acht Prozent, wohingegen 26 Prozent aller Abiturienten insgesamt eine Hochschule besuchten. In Preußen waren es sogar nur knapp sechs Prozent der jüdischen Abiturienten. Die Anzahl der bereits studierenden ,Nichtarier‛ sank von 3.950 im Jahre 1932 auf 1.908 im Jahr darauf.140

Dieser starke Einbruch beruhte nicht nur auf den neuen Zulassungs- beschränkungen, sondern auch auf dem freiwilligen Verzicht mancher jüdischer Studenten und Abiturienten. Zeitgleich mit dem ‚Gesetz gegen die Überfüllung‛ wurden Vergünstigungen für Juden aufgehoben. Dies betraf unter anderem Stipendien und Gebührenerlasse. Außerdem durften sie die Mensen nicht mehr besuchen.141

Zu den Zulassungsbeschränkungen kam 1934 noch eine Änderung der Approbationsregelung für Humanmedizin, Zahnmedizin und Pharmazie, die vom Innenministerium erlassen wurde, hinzu. Darin hieß es:

„Es ist je eine Liste für die nichtarischen Kandidaten der […] Zahnheilkunde […] anzulegen, in die […] alle diejenigen nichtarischen Kandidaten […] einzutragen sind, die für die Approbation in Frage kommen […] und ein Approbationsgesuch vorgelegt haben.“142

138 Vgl. Grüttner (1995) Studenten im Dritten Reich S. 495. 139 ZR-Bericht: ZR (1934) Nr. 12. S. 487. 140 Vgl. ebd. S. 487. 141 Vgl. Grüttner (1995) Studenten im Dritten Reich S. 216. 142 UAE: C 3/1 Nr. 342: Schreiben des Reichministers des Inneren vom 14.08.1934. 31

Von 100 Approbationen durfte nur eine für einen ,Nichtarier‛ erteilt werden. Härtefallregelungen galten nur für die Studenten, „bei denen der Grad des nichtarischen Einschlags unter dem der Halbjuden“ 143 lag. Bei den ,Voll- und Halbjuden‛ wurde keine Rücksicht auf eine Kriegsteilnahme im Ersten Weltkrieg oder ihre wirtschaftliche Situation genommen. ,Nichtarier‛, die bereits ins Ausland geflohen waren, erhielten trotz eines Platzes auf der oben genannten Liste keine Approbation mehr, da sie sich der

„polizeiliche[n] Kontrolle entzogen [hätten], und nicht einwandfrei festgestellt werden [könnte], ob sie die Voraussetzungen für die Approbationserteilung […] erfüllen“144 könnten.

Aber nicht nur die ,Rassenzugehörigkeit‛ allein konnte Staatsexamen und Approbation gefährden. Beim Vorliegen von strafrechtlichen oder sittlichen Verfehlungen, Ungewissheiten über die moralische und nationale Zuverlässigkeit oder Geistes- und Suchtkrankheiten mussten die Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse auch ,arische‛ Kandidaten melden, gegen die dann Ermittlungen aufgenommen wurden.145

1935, nur ein Jahr später, wurden die Ordnungen für die Prüfungszu- lassung und Approbation erneut geändert. Diejenigen ,nichtarischen‛ Stu- denten, die vor 1933 ihr Studium begonnen hatten, durften zumindest an den Prüfungen teilnehmen, erhielten aber keine Approbation. Diejenigen, die erst nach 1933 mit dem Studium begonnen hatten, konnten „nur in ganz be- sonderen Ausnahmefällen und nur mit von Fall zu Fall einzuholende[r] Zustimmung“146 geprüft werden. Alle ,Nichtarier‛ hatten nun kein Anrecht mehr auf ihre Approbation. Ausnahmefälle, über die einzeln entschieden 143 Ebd. Die betroffenen Personen durften höchstens ,Vierteljuden‛ sein, d.h. nur einer seiner vier Großelternteile durfte jüdisch sein. 144 Ebd. 145 Vgl. ebd. 146 UAE: C 3/1 Nr. 342: Schreiben des Reichministers des Innern vom 23.04.1935. 32 wurde, waren Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg und ,Vierteljuden‛.147

Das Studium an sich wurde für die jüdischen Studenten ebenfalls er- schwert. So veröffentlichte das Wissenschaftsministerium noch im Jahr 1935 einen Erlass, der alle jüdischen Repetitorien verbat:

„Es verstößt gegen Würde und Ansehen der Hochschule, wenn Studenten deutscher Abstammung bei jüdischen oder jüdisch versippten Repetitoren hören.“148

Am 11. November 1938, nach der ,Reichskristallnacht‛, erließ Reichs- erziehungsminister Rust (1883-1945)149 per Telegramm die Verordnung, dass Juden nicht mehr an Lehrveranstaltungen teilnehmen und die Hochschule erst gar nicht mehr betreten durften. Schon vor Veröffentlichung dieser Verordnung litten jüdische Studenten außerdem immer mehr unter Schikanen ihrer ,arischen‛ Kommilitonen. So wurden beispielsweise Apparate für zahntechnische Arbeiten absichtlich verstellt oder nationalsozialistisch eingestellte Studenten wollten sich im Hörsaal nicht mehr neben ,Nichtarier‛ setzen.150 Schon im Jahr 1933 gründete sich in der Deutschen Studentenschaft eine Presse- und Propagandaabteilung, die kurz nach ihrer Gründung einen Aufruf zur Bücherverbrennung startete. Diese fand am 10. Mai 1933 in mehreren deutschen Städten statt. In Berlin vor der Staatsoper wurden über 20.000 Bücher verbrannt. Darunter befan- den sich unter anderem Werke von Sigmund Freud (1856-1939) und Kurt Tucholsky (1890-1935).151

Schon vor den 1920er Jahren waren Zahnmedizinstudenten Mitglieder in nationalsozialistisch orientierten Gruppierungen geworden, bis

147 Vgl. ebd. 148 UAE: C 3/1 Nr. 342: Schreiben des Reichministers des Innern vom 26.11.1935. 149 Bernhard Rust wurde 1883 in Hannover geboren. 1925 trat er in die NSDAP ein, 1934 wurde er Reichserziehungsminister. Am 08.05.1945 beging er Selbstmord. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 516. 150 Vgl. Grüttner (1995) Studenten im Dritten Reich S. 220-225. 151 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 70-71. 33

1933 traten rund 1.300 Zahnärzte in die NSDAP ein.152 Die meisten Professoren blieben zunächst politisch neutral, wobei durchaus eine „antide- mokratische Grundhaltung“153 vorhanden war. Nach der Einführung der Gesetze und Verordnungen vom April 1933 folgte eine Entlassungswelle für jüdische Professoren und Dozenten. Dabei wurden reichsweit ca. 14 Pro- zent des gesamten Lehrpersonals und über zehn Prozent der Ordinarien aller Universitäten und Fakultäten entlassen.154

Bei den Professoren der Zahnheilkunde ist die genaue Anzahl der be- troffenen Personen nicht bekannt, allerdings gibt es ein paar bekannte Beispiele, die ich nun kurz erwähne. Als wohl bekanntesten Vertreter der entlassenen Professoren traf es Alfred Kantorowicz, der verhaftet und ins Konzentrationslager Börgermoor gebracht wurde. Nach internationalen Protesten ließ man ihn wieder frei, er durfte in die Türkei auswandern und wirkte an der Universität in Ankara.155 Noch im Jahr 1933 entzog man Kantorowicz den 1926 verliehenen Ehrendoktortitel.156 Ein ähnliches Schicksal traf die beiden Berliner Professoren Konrad Cohn (1866-1938) und Fritz Münzesheimer (1895-1986). Cohn wurde bereits 1933 entlassen, er starb 1938 in Berlin. Münzesheimer dagegen durfte noch bis 1935 lehren. Danach gelangte er nach England und arbeitete dort als Zahnarzt. Später kehrte er wieder nach Deutschland zurück und starb 1986.157 An der Universität Rostock traf es den Direktor des Zahnärztlichen Lehrinstituts, Hans Moral (1885-1933). Nach seiner Entlassung 1933 beging er Suizid.158 Neben der Zahl der jüdischen Hochschullehrer sank auch die Zahl der jüdischen Zahnmedizinstudenten nach der Machtergreifung drastisch. Gab

152 Vgl. Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 13. 153 Franze (1993) Die Erlanger Studentenschaft S. 176. 154 Vgl. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (1933) und vgl. Erdmann (1999) Deutschland unter der Herrschaft des Nationalsozialismus 1933-1939 S. 171. 155 Vgl. Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz S. 146 und vgl. Kap. 1.1. 156 Vgl. Forsbach (2006) Die Medizinische Fakultät der Universität Bonn im „Dritten Reich“ S. 346. 157 Vgl. Köhn (1994) Zahnärzte 1933-1945 S. 75. 158 Vgl. Catalogus Professorum Rostochiensium „Moral, Hans“ http://cpr.uni-rostock.de/metadata/cpr_person_00003118 (aufgerufen am 06.08.2013). 34 es 1933 im Deutschen Reich noch 240 im ersten Semester, so waren es ein Jahr später nur noch 49 und 1935 keiner mehr.159

Zu den Änderungen der Studienzulassung, Prüfungsordnung und Approbationserteilung kamen außerdem 1934 in Preußen noch andere Promotionsbestimmungen für jüdische Studenten hinzu. Dort durfte die Pro- motion erst nach erhaltener Approbation durchgeführt werden. Diese bekamen die ,Nichtarier‛ aber gar nicht mehr. Ausnahmen gab es für ,Nichtarier‛, die nicht mehr im Deutschen Reich lebten. Sie konnten ihre Doktorarbeit einreichen, wenn sie durch eine Erklärung auf die Approbation im Deutschen Reich verzichteten.160 Doch nicht allen ,nichtarischen‛ Studenten blieb die Möglichkeit eines Auslandsstudiums offen. Dieses wurde durch mangelnde Sprachkenntnisse und oft unzureichenden finanziellen Mitteln für Unterkunft und Studienge- bühren verhindert. Ab April 1937 durfte kein Jude mehr an den Doktorprüfungen teilnehmen, somit war eine Promotion unmöglich. Die sogenannten ,Mischlinge‛ waren von dem Verbot zwar ausgenommen, aller- dings war es für sie schwierig einen Doktorvater zu finden. Außerdem durften sie den Titel überhaupt nur führen, wenn sie eine Anstellung im Aus- land vorweisen konnten.161 Des weiteren entzog man an den deutschen Universitäten über 2.000 Personen den Doktortitel, allein an der Universität Erlangen waren es über 160.162 Rechtliche Grundlage dafür war eine Ergänzung der Promotionsordnung, die im Oktober 1933 vom bayerischen Kultusminister an die Rektoren der Universitäten ging: „Die Promotionsordnungen werden daher durch eine Bestimmung des Inhalts zu ergänzen sein, dass die Doktorwürde auch entzogen werden kann, wenn der Promovierte nach dem Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen 159 Vgl. Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 20. 160 Vgl. ZR-Bericht: ZR (1934) Nr. 12. S. 487. 161 Vgl. Grüttner (1995) Studenten im Dritten Reich S. 219-221. 162 Vgl. Wittern, Frewer (2008) Aberkennung der Doktorwürde im „Dritten Reich“ S. 9. 35

Staatsangehörigkeit […] der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt wurde.“163

Insgesamt gesehen lässt sich erkennen, dass sich die Situation an den Universitäten für jüdische Studenten deutlich verschlechterte und sie dadurch kaum noch eine Chance hatten, den Beruf ihrer Wahl zu erlernen bzw. auszuüben.

2.3 Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die Zahnheil- kunde

In der Zeit des Ersten Weltkrieges teilten viele Zahnärzte, egal welcher Religion, zu Beginn die Begeisterung des restlichen Volkes und stellten sich als Soldaten zur Verfügung. Dem Generalstabsarzt wurde 1914 die Mithilfe der Zahnärzte in der Krankenpflege des Militärs angeboten. Diejenigen, die zu Hause blieben, sollten die Kriegsteilnehmer in ihren Praxen vertreten.164 Für die Kriegszahnärzte selbst gab es in Berlin extra Lehrgänge für den Einsatz, zum Beispiel der „Kursus über die zahnärztliche Behandlung der Kieferschussfrakturen und im Anlegen von Kieferprothesen“165 im Februar 1914.

Nach Kriegsende rief Philipp Scheidemann (1865-1939) am 9. November 1918 in Berlin eine demokratische Republik aus, die als Weimarer Republik in die Geschichte einging. Doch nicht nur die Weltwirt- schaftskrise in den 1920er Jahren schwächte diese Republik, auch waren große Teile der Bevölkerung, wie zum Beispiel enttäuschte Militärs oder Adelige sowie viele in Not und Armut lebende Bürger, nicht von der Demo- kratie überzeugt. Die Industrie- und die Finanzwelt hatte Profitmöglichkeiten

163 Schreiben von Hans Schemm an die Rektorate der bayerischen Landesuniversitäten, zitiert bei: Wittern, Frewer (2008) Aberkennung der Doktorwürde im „Dritten Reich“ S. 20. 164 Vgl. Maretzky, Venter (19874) Geschichte des deutschen Zahnärzte-Standes S. 130- 132. 165 Müllerschön (2004) Die zahnärztliche Betreuung deutscher Soldaten in der Zeit von 1939 bis 1990 S. 11. 36 in der Rüstungsindustrie und den Kolonien verloren. Zudem sorgten häufige Regierungswechsel und -neubildungen für wachsende Frustration und Verärgerung in der Bevölkerung. In dieser Zeit kam es zum Aufschwung der nationalsozialistischen Bewegung, die bereits frühzeitig von Teilen der Industrie gefördert wurde. Ziel der Nationalsozialisten war das Ende der Republik und eine Umgestaltung Deutschlands nach ihren Vorstellungen.166 Außerdem gehörte der Antisemitismus bereits zum Programm. Dieser war ein „mächtiges und wirksames Propagandamittel, das zur Erklärung aller existierender Mängel und Niederlagen eingesetzt wurde.“167

Die NSDAP bekam nun immer mehr Rückhalt und Unterstützung aus dem Bürgertum, das sich von den Versprechungen Hitlers und seiner Partei blenden ließ. So hatte unter anderem die Nürnberger Ortsgruppe der NSDAP 1927 bereits 2.000 Mitglieder.168

Auch ein Teil der Zahnärzteschaft verfiel der nationalsozialistischen Propaganda. Generell war man eher konservativ eingestellt und stand der Republik skeptisch gegenüber. Bereits zu Gründungszeiten der NSDAP fanden sich Studenten der Zahnmedizin und Zahnärzte unter ihren Mitglie- dern. Es entstand die Idee, eine Gemeinschaft der Zahnärzte zu schaffen. Außerdem sollte den niedergelassenen Zahnärzten das alleinige Behand- lungsrecht verschafft werden, sodass der Berufsstand der Dentisten nicht mehr benötigt würde.169

Bis 1933 waren über 1.000 Zahnärzte Mitglied in der NSDAP. 74 davon wurden mit dem Goldenen Ehrenabzeichen dieser Partei geehrt, was bedeutete, dass sie zu den ersten 100.000 Parteimitgliedern gehört hatten.170

Die Zahl der Zahnärzte und Dentisten im Deutschen Reich hatte seit 166 Vgl. Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 9-13. 167 Eitz, Stötzel (2009) Wörterbuch der „Vergangenheitsbewältigung” Bd. 1 S. 42-43. 168 Vgl. Diefenbacher, Endres (2000) Stadtlexikon Nürnberg S. 730. 169 Vgl. Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 9-13. 170 Vgl. Heidel (2009) Ärzte und Zahnärzte im Jahre 1933 S. 224 und vgl. Bedürftig, Zenter (1985) Das große Lexikon des Dritten Reiches S. 221. 37

Beginn des 20. Jahrhunderts stark zugenommen. Gab es 1909 erst knapp 3.000 Zahnärzte und über 7.000 Dentisten, so waren es 1927 schon mehr als 8.000 Zahnärzte und 15.000 Dentisten.171 Ende 1931 waren 10.277 Zahnärzte und Zahnärztinnen im Deutschen Reich zugelassen. Der Anteil der Juden unter ihnen war nicht genau bekannt, da zu dieser Zeit noch nicht zwischen ,Ariern‛ und ,Nichtariern‛ unterschieden wurde. Die meisten hatten eine eigene Praxis. Organisiert waren sie in mehreren zahnärztlichen Ver- bänden. Zu den bekanntesten und größten gehörten der ,Reichsverband der Zahnärzte Deutschlands‛, der bereits 1910 gegründet worden war, und seit 1927 der ,Reichsverband Deutscher Krankenkassenzahnärzte‛.172

Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begann das NS-Regime im Deutschen Reich. Danach folgte der Umbau sämtlicher Systeme, zum Beispiel auch des ,Reichsverbandes Deutscher Kassenzahnärzte‛. Dessen Leitung bestand aus Zahnärzten, die zum Teil jüdisch waren, zum Teil mit der SPD oder KPD sympathisierten oder Mitglie- der im ,Verein Sozialistische Ärzte‛ waren. Alle diese Personen wurden durch regimetreue Personen ersetzt.173 Im März 1933 wurde Dr. Ernst Stuck, ein überzeugter Nationalsozialist, zum Vorsitzenden des ,Reichsverbandes für Zahnärzte‛ gewählt. Anfang Mai erhielt Stuck von allen Vorstandsmitgliedern die uneingeschränkte Vollmacht. Damit durfte er allein im Namen des Reichsverbandes agieren.174 Auch in den zahnärztlichen Medien kam es zu personellen Änderun- gen. So wurden Hans Egon Bejach (1889-1969), Schriftleiter der „Zahnärztlichen Rundschau“, und Fritz Salomon (1890-1967), Schriftleiter der „Zahnärztlichen Mitteilungen“, durch bekennende Nationalsozialisten ersetzt.175 Am 7. April 1933 trat das ‚Gesetz zur Wiederherstellung des Berufs-

171 Vgl. Maretzky, Venter (1974) Geschichte des deutschen Zahnärzte-Standes S. 143. 172 Vgl. Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz S. 23-24 und S. 43. 173 Vgl. Köhn (1994) Zahnärzte 1933-1945 S. 16. 174 Vgl. Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz S. 77-78. 175 Vgl. Köhn (1994) Zahnärzte 1933-1945 S. 25. 38 beamtentums‛ in Kraft, wodurch nach §3 alle „Beamte, die nicht arischer Ab- stammung sind, […] in den Ruhestand zu versetzen“176 waren. Am 22. April und am 2. Juni 1933 folgten der Entzug der Kassenzulassung für ,nichtarische‛ und kommunistisch engagierte Zahnärzte und ein Berufsverbot für ,nichtarische‛ und kommunistisch engagierte Zahntechniker.177 Dies geschah durch die ‚Verordnung über die Tätigkeit von Zahnärzten und Zahntechnikern bei den Krankenkassen‛. In dieser hieß es: „Die Tätigkeit von Zahnärzten und Zahntechnikern auf Kosten von Krankenkassen […] endet, wenn sie nichtarischer Abstammung sind oder sich im kommunistischen Sinne betätigt haben; solche Zahnärzte und Zahntechniker sind auch künftig von dieser Tätigkeit ausgeschlossen.“178

Bis zum 31. Dezember 1933 erhielten 500 jüdische bzw. kommunistisch eingestellte Zahnärzte Berufsverbot, waren ausgewandert oder in Konzentrationslager gebracht worden. Dennoch gab es 1934 von rund 11.000 Zahnärzten noch immer über 1.000 jüdische.179 Im Vergleich dazu war der Anteil der jüdischen Ärzte unter den Humanmedizinern höher. Von ca. 52.000 Ärzten waren über 15 Prozent jüdischer Herkunft bzw. nach den Definitionen der Nationalsozialisten ,Nichtarier‛.180 Der Machtwechsel 1933 hatte aber auch Einfluss auf die Inhalte des Zahnmedizinstudiums und der Zahnheilkunde allgemein. So beschwerte sich Dr. Hans Böes in einem Artikel in der „Zahnärztlichen Rundschau“, dass es in der Zahnheilkunde noch kein rassenkundliches Material gäbe. Er schrieb wie folgt: „Für manchen rassenkundlich interessierten Zahnarzt mag der Grund zum Schweigen in den bisherigen allgemeinen Verhältnissen gelegen haben: Man konnte sich ums Brot bringen, wenn man hier zu laut redete. Es steht aber zu erhoffen, daß nunmehr erbhygienische und damit auch rassenkundliche Gedankengänge

176 Ebd. S. 16. Siehe auch Kap. 2.1. 177 Vgl. ebd. S. 17-18. 178 ZM-Bericht: ZM (1933) Nr. 24. S. 648. 179 Vgl. Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz S. 79. 180 Vgl. Jütte (2011) Medizin und Nationalsozialismus S. 83. 39

[…] einen besseren Widerhall finden werden.“181

Die Inhalte des Studiums wurden solchen Meinungen angepasst, Inhalte über „Erb- und Rassenkunde, Rassenhygiene, Erbbiologie und Bevölkerungspolitik nationalsozialistischer Prägung“182 integriert. Besonders konzentrierte man sich auf „erb- und rassenbiologische Gesichtspunkte der Gebißanomalien, der Paradontoseforschung [sic] (sowie, Anm. d. Verf.) auf die Erbgesetzgebung bei Kiefer- und Gaumenspalten als anzeigepflichtige Erkrankung“183. Gerade die Forschung über parodontale Erkrankungen geriet in das Visier der Wissenschaften. Dr. Rawengel, ein Stettiner Zahn- arzt, forderte in einem Beitrag in der „Zahnärztlichen Rundschau“: „Es müßten nun entsprechende Untersuchungen in den verschiedenen Anstalten nach Rassengesichtspunkten gemacht werden, um zu erweisen, ob die Annahme richtig ist, daß die nordische Rasse stärker als andere Rassen physiologisch die Bereitschaft zur Paradentose [sic] zeigt.“184

Auch die Dissertationsthemen zu dieser Zeit orientierten sich zunehmend an den nationalsozialistischen Ideologien, beispielsweise gab es Arbeiten über die Zusammenhänge von Rassenzugehörigkeit und Karieshäufigkeit.185 Im September 1934 setzte sich Stuck das Ziel, den Befehl Hitlers, dass „[j]eder anständige Deutsche [...] Nationalsozialist werden“ sollte,186 umzusetzen. Dafür wurde als eine ,Berufsstandespflicht‛ angeordnet, dass jeder ,arische‛ Zahnarzt, der zum 1. Oktober 1934 noch nicht selbstständig war, acht Wochen lang in ein Lager im brandenburgischen Jüterbog zur Schulung musste. Neben Vorträgen und chirurgischen Kursen wurden auch sportliche Übungen von den Teilnehmern durchgeführt.187 Zu dieser Zeit beinhalteten Gesetze und Anordnungen noch Ausnah-

181 Böes (1933) „Rassenkunde“ und deutscher Zahnarzt S. 867. 182 Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 20. 183 Ebd. S. 20. 184 Rawengel (1933) Paradentose und Rasse S. 870. 185 Vgl. Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 23. 186 Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz S. 108. 187 Vgl. ebd. S. 110-113. 40 men für jüdische Zahnärzte und Ärzte, zum Beispiel für diejenigen, die mit ,arischen‛ Frauen verheiratet waren. Doch in den nächsten Jahren wurde deren Zahl immer geringer.188 Noch 1934 gründete sich mit der Erlaubnis von Reichszahnärzteführer Stuck eine Art Hilfsorganisation, die den jüdischen Zahnärzten nach ihrem Berufsverbot helfen sollte.189 Ein Jahr später benannte man den Reichsverband in ,Deutsche Zahnärzteschaft‛ um und führte zugleich das ,Arierprinzip‛ ein. Somit durften nur noch ,arische‛ Zahnärzte vollwertige Mitglieder bleiben, die verbliebenen jüdischen Kolle- gen konnten noch als außerordentliche Mitglieder verbleiben.190 1936 wurde eine Anordnung von Stuck veröffentlicht. Entsprechend der ,Nürnberger Gesetze‛ von 1935 musste nun zwischen jüdischen und nichtjüdischen Zahnärzten wie folgt unterschieden werden: „Jüdische Zahnärzte sind: a) Die Volljuden (mit vier jüdischen Großelternteilen); b) die Dreivierteljuden (mit drei jüdischen Großelternteilen); c) die Halbjuden […], die 1. am 16. September 1935 der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört haben oder danach in diese aufgenommen (worden, Anm. d. Verf.) sind oder werden, oder 2. am 16. September 1935 mit einem Juden verheiratet gewesen sind […]. Sämtliche anderen Zahnärzte gelten als nichtjüdische Zahnärzte“191.

Weiterhin wurde angeordnet: „Nichtjüdische Zahnärzte dürfen sich nicht durch jüdische Zahnärzte vertreten lassen. Jüdische Zahnärzte dürfen sich nur von jüdischen Zahnärzten vertreten lassen. […] Nichtjüdische Zahnärzte dürfen ihre nichtjüdischen Patienten nur nichtjüdischen Zahnärzten und Aerzten überweisen.“192

Ebenfalls 1936 veröffentlichten die „Zahnärztlichen Mitteilungen“

188 Vgl. Köhn (1994) Zahnärzte 1933-1945 S. 22. 189 Vgl. Guggenbichler (1988) Zahnmedizin unter dem Hakenkreuz S. 135-137. 190 Vgl. Köhn (1994) Zahnärzte 1933-1945 S. 28. 191 ZR-Bericht: ZR (1936) Nr. 12. S. 524-525. 192 Ebd. S. 525. 41 einen Erlass des Reichsinnenministers, wonach die „Dienstunfähigkeitszeugnisse jüdischer Ärzte nicht mehr anerkannt, Notstandsbeihilfen und finanzielle Unterstützung […] nicht mehr geleistet werden“193 sollten. 1938 erloschen durch die vierte und achte ‚Verordnung zum Reichsbürgergesetz‛ die Zulassungen und Approbationen von jüdischen Ärzten und Zahnärzten zum 31. Januar 1939. Zu diesem Zeitpunkt gab es gerade noch 372 jüdische Zahnärzte im Deutschen Reich.194 Nur wenige von ihnen durften mit einer Genehmigung weiterhin jüdische Patienten behandeln. So hieß es in der Verordnung: „«Diejenigen, die Genehmigung […] erhalten, dürfen nicht die Bezeichnung ‹Arzt›, sondern nur die Bezeichnung ‹Krankenbehandler› führen.»“195

Ihr weiteres Schicksal und wie viele von ihnen genau den Holocaust und den Krieg überlebten, ist nicht bekannt. Nach Kriegsende im Mai 1945 begannen Wiederaufbau und Neu- strukturierung der Zahnärzteschaft, wobei es dem Großteil davon gelang, den Prozess der ,Entnazifizierung‛ ohne Folgen zu überstehen.196 Ein Beispiel dafür möchte ich nun kurz erwähnen. Der Marburger Professor Hans Fliege (1890-1976) war Mitglied der SS und Leiter der Marburger Zahnklinik gewesen. Erst nach seiner Verhaf- tung durch die Besatzungssoldaten übernahm zunächst der antifaschistisch eingestellte Zahnarzt Dr. Wiese die Leitung der Zahnklinik. Ihm folgte, nach beendetem Entnazifizierungsprozess, Professor Hans Heuser. Fliege und mancher seiner früheren Kollegen dagegen wechselten in die Niederlassung und praktizierten als Kassenzahnärzte oder übernahmen Stellen in den zahnärztlichen Medien.197 Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass ein erheblicher Teil der

193 Golan (1997) Schicksal der jüdischen Zahnärzte und Dentisten in Freiburg S. 22. 194 Vgl. Richter (1987) Schlaglichter zum Verhältnis von Zahnmedizin und Nationalsozialismus S. 152-153. 195 Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 279. 196 Andere, z.B. Dr. Hermann Pook, wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Siehe Kap. 1.1. 197 Vgl. Kirchhoff (1987) Zahnmedizin im Faschismus S. 20-21. 42 deutschen Zahnärzte und die berufsständischen Organisationen komplett dem NS-Regime und seinen Anschauungen nahestanden und von ihm profi- tierten. Die ,Ausschaltung‛ jüdischer Studenten, Dozenten und Zahnärzte wurde von diesem Teil der Zahnärzte widerstandslos akzeptiert und teilweise aktiv unterstützt. Die ,ausgeschalteten‛ Personen hatten keine Chance, den Beruf ihrer Wahl weiter auszuüben bzw. ihn überhaupt zu erlernen. Viele der ,arischen‛ Zahnärzte profitierten zudem von der Vertreibung und Vernichtung ihrer ,nichtarischen‛ Kollegen. Deren Praxisausstattung wurde meist beschlagnahmt und dann deutlich unter ihrem Wert an die ,arischen‛ Kolle- gen weiterverkauft. Außerdem übernahmen ,arische‛ Zahnärzte einen Großteil des Patientenstamms der jüdischen Kollegen, sodass sich ihre wirtschaftliche Situation dadurch verbesserte. 43

3. Deportationen und Ghettos

3.1 Deportationen

Im Jahr 1937 lebten noch über 350.000 Juden im Deutschen Reich. Diese Zahl sollte nach Meinung Hitlers weiter gesenkt werden. Durch die Maßnahmen des Regimes ab 1933, wie beispielsweise Berufsverbot und Geschäftsboykott, verarmten jüdische Mitbürger jedoch immer mehr, sie konnten sich eine Auswanderung finanziell nicht mehr leisten. Außerdem lehnten immer mehr Länder die Einwanderung von Juden ab. Im Juli 1938 rief der Präsident der USA, Franklin D. Roosevelt (1882-1945), zu einer internationalen Konferenz im französischen Evian zusammen. Allerdings erklärte sich auch hierbei kein Land dazu bereit, Juden aus dem Deutschen Reich aufzunehmen. Manche Länder wie beispielsweise Frankreich oder die Niederlande verschlossen sogar ihre Grenzübergänge. Währenddessen wurden vom NS-Regime neue Pläne zur Vertreibung der Juden erstellt.198

Bereits nach dem Pogrom vom November 1938, der ‚Reichskristall- nacht‛, fanden die ersten Massenverhaftungen und Transporte von Juden in Konzentrationslager statt. Hierbei wurden bis zu 30.000 jüdische Männer aus allen Regionen des Deutschen Reiches in die Lager Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau gebracht. Darunter befanden sich auch Männer aus Nürnberg und Fürth, die nach Dachau deportiert wurden. Hunderte von ihnen starben während der Inhaftierung durch die katastrophalen Bedingun- gen in den Lagern. Ein Großteil der Überlebenden wurde zwar nach ein paar Wochen wieder entlassen, allerdings mussten sie sich zuvor verpflichten, möglichst bald aus dem Reich auszuwandern.199

Ende der 1930er Jahre nahmen die Pläne zur Massenvertreibung der

198 Vgl. Gruner (2004) Von der Kollektivausweisung zur Deportation der Juden aus Deutschland S. 23 und vgl. Brakel (2008) Der Holocaust S.40. 199 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 28-30. 44

Juden genauere Gestalt an. Die im Reich verbliebenen Juden sollten von einem anderen Staat aufgenommen werden. Der sogenannte ,Madagaskar- Plan‛ aus dem Sommer 1940 sah vor, „knapp fünf Millionen europäische sowie 1,6 Millionen weitere Juden auf der Insel anzusiedeln“200. Dieser Plan wurde allerdings durch den weiteren Kriegsverlauf undurchführbar.201

Während des Zweiten Weltkrieges, zwischen Oktober 1939 und März 1945, fanden dann die genauestens geplanten Deportationen statt. In einem Merkblatt für die Gestapobeamten hieß es, dass eine Namensliste von allen deutschen, polnischen, tschechischen und staatenlosen Juden erstellt werden sollte. Die Listen für die Transporte mussten die jüdischen Gemein- den selbst erstellen. Pro Person durften 50 Kilogramm Gepäck mitgenom- men werden. Alles Bargeld und sämtliche persönlichen Dokumente wurden den Juden abgenommen, alle Deportierten hatten außerdem ein Prozent ihres verbliebenen Vermögens als Transportgeld zu bezahlen. Zunächst wurden nur Juden aus den besetzten Gebieten Europas deportiert, ab Januar 1940 weitete man die Transporte auch auf die deutschen Juden aus.202

Die Nürnberger Juden traf es im Oktober 1941. Dabei sollten zunächst 1.000 Männer unter 65 Jahren ausgewählt werden. Nach Verhand- lungen mit der Gestapo wurden 500 aus der Stadt Nürnberg selbst ausge- wählt, die restlichen kamen aus dem Umland.203 In drei größeren Transporten wurden die Nürnberger und Fürther Juden im November 1941 nach Riga, im März 1942 nach Izbica und im September 1942 nach Theresi- enstadt gebracht. Dies werde ich in den folgenden Abschnitten genauer erläutern. Dazu kamen noch mehrere kleine Transporte, unter anderem einer, der zwischen dem 17. und dem 18. Juni 1943 73 Menschen direkt

200 Brakel (2008) Der Holocaust S. 53. 201 Vgl. ebd. S. 52-54. 202 Vgl. Gruner (2004) Von der Kollektivausweisung zur Deportation der Juden aus Deutschland S. 24-26, S. 30-33 und S. 37. 203 Vgl. Meyer (2004) Handlungsspielräume regionaler jüdischer Repräsentanten S. 76. 45 nach Auschwitz brachte.204 Insgesamt wurden 1.656 Juden aus Nürnberg deportiert.205

1941 begannen die Deportationen von Juden nach Riga. Die ersten stammten aus Berlin und fielen gleich nach ihrer Ankunft einer Massener- schießung gemeinsam mit lettischen Juden zum Opfer.206 Bis zum 18. Dezember 1941 trafen zehn Transportzüge der Deutschen Reichsbahn in Riga ein, darunter auch der aus Nürnberg. Bereits am 31. Oktober 1941 war beschlossen worden, die Juden aus Nürnberg und Umgebung zu ,evakuieren‛. Dazu fuhr man sie mit Zügen aus Würzburg und Bamberg, bzw. mit Bussen oder Lastkraftwagen aus den kleineren Städten ins Sam- mellager in Langwasser im Süden von Nürnberg. Beginn der eigentlichen Deportation war dann der 29. November 1941. Zusammen mit den Deportierten aus Stuttgart, Wien und wurden die Nürnberger nach Riga-Jungfernhof gebracht. Insgesamt waren knapp 4.000 Menschen dort. Von ihnen überlebten nur 148, darunter 52 aus Nürnberg. Die anderen starben durch die schlechten Bedingungen im Lager oder wurden ins Ghetto Riga verlegt.207

Die Transporte nach Izbica und in die anderen Ghettos in der Gegend von Lublin fanden im Frühjahr 1942 statt. Über 15.000 deutsche und öster- reichische Juden deportierte man mit Transportzügen dorthin. Sie alle wurden Opfer der ‚Aktion Reinhard‛. Unter diesem Decknamen verstand man die Vernichtung von rund zwei Millionen Juden in den Kreisen Warschau, Krakau, Lublin und Radom, dem sogenannten Generalgouverne- ment. Vor ihrem Tod in den großen Lagern Belzec, Sobibor und Majdanek mussten sie einige Zeit in den polnischen Durchgangsghettos, unter anderem in Izbica, verbringen.208

204 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch-Chronologie der Deportationen. 205 Vgl. Meyer (2004) Handlungsspielräume regionaler jüdischer Repräsentanten S. 78. 206 Siehe Kap. 3.2. 207 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 111-115 und S. 122. 208 Vgl. Kuwalek (2004a) Das kurze Leben im Osten S. 112. 46

Die beiden Transportzüge aus Nürnberg, die am 24. März 1942 star- teten, hatten zunächst Trawniki, eine Kleinstadt an der Hauptbahnstrecke zwischen Warschau und Cholm, als Ziel. Hier befand sich ein kleines Lager. Dies war aber nicht für Juden gedacht, sondern eher für aufgegriffene Flüchtlinge. Deswegen änderte man das Ziel in Izbica. Normalerweise soll- ten immer 1.000 Menschen transportiert werden, doch so viele Juden lebten zu dieser Zeit gar nicht mehr in Nürnberg. Deswegen weitete man den Ein- zugsbereich der Deportation aus und deportierte zusätzlich noch 224 Juden aus Fürth und 208 Juden aus Unterfranken mit dorthin. Die meisten Männer darunter wurden gleich nach der Ankunft in das Lager Majdanek weitertrans- portiert, in dem sie unter katastrophalen Bedingungen arbeiten mussten und bald darauf starben bzw. ermordet wurden.209 Insgesamt überlebten nicht einmal 20 Menschen aus Deutschland den Transport und Aufenthalt im Distrikt Lublin.210 Das Ghetto und Lager Theresienstadt war seit November 1941 Ziel von Deportationen aus Tschechien und Böhmen. Man brachte die Juden mit Zügen zur Bahnstation ‚Theresienstadt-Bauschowitz‛ und ein Jahr später weiter in den Osten, nach Riga, Izbica oder Lublin. Anschließend wurden die meisten im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Ab Juni 1942 trafen Trans- porte aus dem Deutschen Reich und Österreich in Theresienstadt ein. Hier- bei handelte es sich um Juden, die älter als 65 Jahre oder sehr gebrechlich waren. Außerdem befanden sich „Angehörige bestimmter »bevorzugter« Gruppen […]: Männer mit hohen militärischen Auszeichnungen (und, Anm. d. Verf.) Menschen mit wichtigen internationalen Verbindungen“211 in den Transporten. In nur acht Wochen, ab August 1942, sollten große 26 Transportzüge je 1.000 Juden aus dem Reich nach Theresienstadt bringen. Letztendlich waren es 21 dieser großen Transportzüge bis Oktober 1942.

209 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 156-157, S. 166-167 und S. 185-186. 210 Vgl. Kuwalek (2004a) Das kurze Leben im Osten S. 133. 211 Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941-1945 S. 262-263 und siehe Kap. 3.4. 47

Aber das waren nicht die einzigen Transporte, es gab auch noch kleinere. Insgesamt hatte man rund 30 Prozent der deutschen und österreichischen Juden im Sommer 1942 nach Theresienstadt deportiert. Die restlichen Juden aus Nürnberg und Umgebung traf es am 10. September 1942. Darunter waren 550 aus Nürnberg, 180 aus Fürth, 128 aus Bamberg und 142 aus Würzburg. Nur 51 von ihnen überlebten den Lage- raufenthalt. Innerhalb der ersten zwei Jahre nach ihrer Ankunft wurden die anderen nach Treblinka und nach Auschwitz gebracht und dort getötet oder starben im Ghetto. Im Juni 1943 gab es noch einmal einen kleineren Transport aus Nürnberg nach Theresienstadt. Insgesamt überlebten knapp 17.000 Menschen die Befreiung des Lagers.212 „Die Deportation der deutschen Juden war ein staatliches organisiertes Verbrechen.“213 Dieser Satz von Wolf Gruner fasst das Kapitel über die Deportationen gut zusammen. Es folgt ein genauerer Blick auf die Ghettos in Riga, Izbica und Theresienstadt.

3.2 Das Ghetto Riga

Am 1. Juli 1941, kurz nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion, besetzten Truppen der Wehrmacht Lettland. Danach begann die Verfolgung der lettischen Juden. Synagogen und andere Gebetshäuser wurden ohne Rücksicht auf die sich darin befindenden Men- schen in Brand gesteckt. Andere wurden grundlos verhaftet und ermordet. Dieser Massenmord forderte im gesamten Land bis Mitte Oktober 1941 ins- gesamt 30.025 jüdische Opfer.214 Zuvor hatte es dort noch ungefähr 90.000 Juden gegeben.215 Für die verbliebenen Juden beschlossen die Oberkriegs- verwaltungsräte mit Zustimmung des SS-Sturmbannführers Batz (1903-

212 Vgl. ebd. S. 260-263, 283-286 und S. 360. 213 Gruner (2004) Von der Kollektivausweisung zur Deportation der Juden aus Deutschland S. 60. 214 Vgl. Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 78-91. 215 Vgl. Reichelt (2005) Zwei Gesellschaften auf begrenztem Raum S. 269. 48

1961)216 die Kennzeichnung der Menschen und ihre Umsiedlung in ein Ghetto. Dadurch konnte das Ghetto als Arbeitskräftedepot genutzt und die Struktur von Rigas Stadtteilen nach den Vorstellungen der Besatzer neu gestaltet werden.217 Am 24. Juli 1941 trat die Kennzeichnungspflicht mit dem Judenstern in Kraft und Juden mussten umgehend ihre Wohnungen verlassen. Zum gleichen Zeitpunkt hatten jüdische Geschäfte und Praxen zu schließen. Nach nur einem Monat unter deutscher Besatzung war das jüdische Leben in Riga zerstört. Mitte August 1941 entstand das Ghetto in Riga in der sogenannten ‚Moskauer Vorstadt’. Die jüdischen Bewohner sollten sich selbst verwalten, sie durften das Ghetto nur zum Arbeiten verlassen.218 Insgesamt wurden ungefähr 27.000 Juden ins Ghetto und 10.000 Letten aus der ‚Moskauer Vorstadt‛219 nach Riga umgesiedelt.220 Am 25. Oktober 1941 schloss man die Eingänge des Ghettos zum ersten Mal. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 29.602 Personen dort.221 Anfang November wurde der SS-Obergruppenführer (1865-1946), ein „mörderischer Antisemit“222, nach Riga versetzt. Er sollte auf Befehl vom Reichsführer der SS Heinrich Himmler (1900-1945) das Ghetto liquidieren, um Platz für die zukünftigen Deportationen aus Deutschland zu machen.223 So kam es am 30. November 1941 zur Ermor- dung von rund 12.000 Ghettobewohnern. Sie wurden im „Wald von Rumbula“224, in der Nähe von Riga, erschossen. Es traf aber nicht nur lettische Juden. Auch ein Transport mit 1.053 Juden aus Berlin fiel diesem

216 Rudolf Batz, geboren 1903 bei Erfurt, trat 1933 in die NSDAP ein, 1941 war leitete er das Einsatzkommando in Lettland. 1961 beging er Suizid. Vgl. Klee (2003) Das Personenlexikon zum Dritten Reich S. 30. 217 Vgl. Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 93-95. 218 Vgl. ebd. S. 97-99 und S 111. 219 Ein Vorort von Riga. 220 Vgl. Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 114. 221 Vgl. Reichelt (2005) Zwei Gesellschaften auf begrenztem Raum S. 270. 222 Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 140. 223 Vgl. ebd. S. 139. 224 Vgl. Reichelt (2005) Zwei Gesellschaften auf begrenztem Raum S. 270. 49

Massenmord zum Opfer. Am 8. Dezember 1941 fand erneut eine Mas- senexekution statt. Insgesamt blieben nur ca. 4.500 lettische Juden am Leben. Hierbei handelte es sich zumeist um jüngere Männer, deren Arbeits- kraft noch gebraucht wurde. Saul Friedländer zitierte in seinem Werk „Das Dritte Reich und die Juden“ folgenden Augenzeugenbericht: „Während die Ghettobewohner […] den Wald erreichten, wurden sie […] von Wachen zu den Gruben getrieben. Kurz bevor die Juden zu der Hinrichtungsstätte kamen, zwang man sie, sich ihrer Koffer und Taschen zu entledigen, ihre Mäntel abzulegen und schließlich ihre Kleidung auszuziehen. Dann stiegen die nackten Opfer […] in die Grube hinunter, legten sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden […] und wurden aus einer Entfernung von etwa zwei Metern mit einer einzigen Kugel in den Hinterkopf erschossen.“225

Wenige Tage später trafen weitere Transporte aus Deutschland ein. Am 10. Dezember 1941 wurden Kölner Juden in das gerade erst geräumte Ghetto gebracht.226 Trotz der Räumungsaktion erwies sich das Ghetto bald als zu klein für die steigende Zahl an Deportierten. Deswegen beantragte die Ghettoverwaltung bereits im September 1941 die Errichtung eines Konzentrationslagers. Einen Monat später begann der Bau des Lagers in Salaspils, einem kleinen Dorf etwa 20 Kilometer südlich von Riga, in das bis zu 25.000 Menschen passen sollten. Während der Bauphase sollten die Neuankömmlinge aus den Transporten zunächst im ehemaligen Gutshof Jungfernhof untergebracht werden.227 Dieser bestand aus „einem Gutshaus, drei großen Holzscheunen, fünf kleineren Häusern und verschiedenen Vieh- ställen“228 und befand sich in einem katastrophalen Zustand.229 Währenddessen wurden im November 1941 Juden aus Franken, unter anderem aus Nürnberg, Fürth und Bamberg, ins Nürnberger Sammel-

225 Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 643. 226 Vgl. Reichelt (2005) Zwei Gesellschaften auf begrenztem Raum S. 271. 227 Vgl. Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 202-211. 228 Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941-1945 S. 114. 229 Vgl. ebd. S. 114. 50 lager in Langwasser gebracht. Unter ihnen befanden sich auch der Dentist Paul Rubin und dessen Familie.230 Am 30. November 1941 verließen diese Menschen „nahezu unbemerkt von der örtlichen Bevölkerung die Stadt“ 231, fuhren vom Güterbahnhof aus „drei Tage und zwei Nächte in Richtung Norden“232 und erreichten am 2. Dezember 1941 ihren Endbahnhof in Riga. Zu Fuß ging es weiter zum Jungfernhof. Ebenfalls dorthin kamen im Laufe des Dezembers Juden aus Württemberg, Wien und Hamburg, sodass sich ungefähr 4.000 Menschen in den Baracken befanden. Viele der Deportierten überlebten den ersten Winter im Lager nicht, da sie den nordischen Winter nicht gewohnt waren und nicht die nötige Ausstattung hatten, zudem waren viele von den unmenschlichen Bedingungen des Transports geschwächt.233 Nach Ankunft der Deutschen wurde das Ghetto in einen deutschen und einen lettischen Bereich geteilt. Nun gab es zwei Gruppen von Juden, die sich in kultureller, religiöser und sozialer Hinsicht unterschieden. Obwohl der direkte Kontakt zwischen ihnen strengstens verboten war, entwickelten sich dennoch Beziehungen untereinander. Die lettischen Juden hatten den Verlust ihrer Familien in den Massenexekutionen vom Winter 1941 zu verkraften, die deutschen Juden mussten mit den Erlebnissen der Deportation und des ungewohnten Ghettolebens zurechtkommen. Beide Gruppen hatten also mit schweren Schicksalsschlägen zu kämpfen und dies verband sie.234 Im Ghetto gab es im Gegensatz zu einem Konzentrationslager durchaus ein Gemeinschaftsleben mit Gottesdiensten und Schulunterricht. Sogar die Straßen hatten Namen, je nach der Herkunft ihrer Bewohner. 235 Über 10.000 Juden wurden als Arbeitskräfte im und außerhalb des Ghettos eingesetzt. Kurz nach Beginn des Jahres 1942 wurden durch die mehrere Selektionen im Ghetto ausgeführt. Dabei wählten

230 Siehe Kap. 5 Rubin, Paul. 231 Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 216. 232 Ebd. S. 218. 233 Vgl. ebd. S. 216-220. 234 Vgl. Reichelt (2005) Zwei Gesellschaften auf begrenztem Raum S. 266 und S. 270-271. 235 Vgl. Schneppen (2009) Ghettokommandant in Riga S. 101. 51 die Aufseher mehr als 4.400 vorwiegend alte und nicht mehr arbeitsfähige Juden aus und ermordeten sie.236 Diese sogenannte ‚Aktion Dünamünde‛ wurde im Jungfernhof am 26. März 1942 durchgeführt. Nur 450 Lagerinsassen durften weiter für den Aufbau des Lagers sorgen, alle andern wurden im ,Wald von Bikernieki‛ erschossen.237 Im Juni 1943 kam der Befehl von Heinrich Himmler, das Ghetto aufzulösen und alle Insassen in Konzentrationslager zu bringen. Das kurz zuvor errichtete Konzentrationslager Kaiserwald, das nahe Riga gelegen war, übernahm 2.000 Personen, der Rest musste an seinen Arbeitsplätzen leben. Am 2. November 1943 liquidierten Kräfte der SS das Ghetto in Riga, die meisten Überlebenden von dort wurden nach Auschwitz deportiert. Die restlichen noch in Riga lebenden Juden brachte man Mitte des Jahres 1944 per Schiffstransport ins Konzentrationslager Stutthof bei Danzig.238 Dort wurden sie als Zwangsarbeiter für die Rüstungsindustrie eingesetzt. Am 8. Mai 1945 befreiten sowjetische Truppen das Lager.239 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Holocaust in Riga zum einen aus mehreren großen Aktionen240 bestand, der Großteil der Opfer aber bereits vor der Ghettoentstehung im Herbst 1941 durch „Einzelmorde aus Tötungslust, zur Bestrafung oder zur Abschreckung“241 ums Leben kam. Für Lettland selbst bedeutete er folgendes: “[It] was the gravest crime in the modern history of , a crime that was characterized by indescribable sadism and a huge number of victims“.242

236 Vgl. ebd. S. 237. 237 Vgl. Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 342-343. 238 Vgl. Bästlein (2005) Völkermord und koloniale Träumerei S. 237. 239 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 120-121. 240 Unter anderem die Massenerschießung am 30.11.1941 und die ‚Aktion Dünamünde’. 241 Angrick, Klein (2006) Die „Endlösung“ in Riga S. 405. 242 Stranga (2005) The Holocaust in Occupied Latvia S. 161. 52

3.3 Das Ghetto Izbica Das polnische Dorf Izbica, im Distrikt Lublin gelegen, war bereits in den Jahren 1939, 1940 und 1941 Ziel für die Deportation von etwa 2.000 Juden aus Lodz, dem Warthegau und Lublin. Insgesamt lebten 1941 ungefähr 7.000 Juden dort unter sehr primitiven Bedingungen. Die meisten Straßen waren nicht gepflastert und ein Großteil der Menschen musste in einfachsten Holzhäusern wohnen. Für das NS-Regime eignete sich Izbica gut, um dort ein Durchgangsghetto für die Transporte in die Vernichtungs- lager Belzec und Sobibor einzurichten.243 Der Ort lag nämlich an der Bahn- strecke von Lublin nach Belzec, Sobibor und Treblinka und seine Einwohner waren bereits zum größten Teil jüdisch.

Im März 1941 wurde beschlossen, dass insgesamt 55.000 Menschen aus Deutschland, Österreich und Böhmen dorthin deportiert werden sollten. Zeitgleich schlossen Arbeiter den letzten Bauabschnitt im Vernichtungslager Belzec ab, in Sobibor liefen die Planungen für ein weiteres Vernichtungs- lager an.244 Dies wurde Anfang 1942 fertiggestellt und bereits in den ersten drei Monaten brachte man dort ca. 100.000 Juden um.245

Zunächst sollten die polnischen Juden nach Sobibor oder Belzec gebracht werden, um in Izbica Platz für die Deportierten aus dem Deutschen Reich zu schaffen. Am 13. März 1942 traf der erste Transport aus dem Lager Theresienstadt in Izbica ein, erst knapp zwei Wochen später wurden die ersten Juden nach Belzec deportiert. Bis Mitte Juni erreichten über 18.000 Juden Izbica. Darunter befanden sich auch 700 bis 800 Juden aus Franken, die am 28. März 1942 ankamen. Durch den großen Zuwachs der Einwohner wurden die Lebensumstände für die Insassen nochmals deutlich schwieriger. Immer mehr starben an Hunger, da „seit April 1942 [...] ihr Gepäck in Lublin abgenommen“246 wurde und somit zuvor versteckte Vorräte

243 Vgl. Kuwalek (2004b) Die letzte Station vor der Vernichtung S. 157-159. 244 Vgl. Kuwalek (2003) Das Durchgangsghetto in Izbica S. 321-322. 245 Vgl. Friedländer (2008) Das Dritte Reich und die Juden S. 739. 246 Kuwalek (2004b) Die letzte Station vor der Vernichtung S. 162. 53 verloren gingen. Im Gegensatz zu anderen Ghettos, wie beispielsweise dem in Riga, hatten sie auch keine Möglichkeit zu arbeiten.247 Nur sehr wenige hatten Arbeit und damit eine Chance auf geringfügig bessere Lebensumstände. So behandelten Ärzte und Zahnärzte die polnische Bevölkerung und wurden dafür mit Lebensmitteln entlohnt. Außerdem gab es bei Augustówa in der Nähe von Izbica ein Arbeitslager, in dem die jüngeren Ghettobewohner arbeiten konnten.248

Izbica war kein künstlich abgeschlossenes Ghetto. Durch seine Lage zwischen Bergen und dem Fluss Wieprz sowie die Androhung der Todess- trafe bei einem Fluchtversuch wirkte „das Städtchen mit seiner Umgebung schon von sich aus als Ghetto und Falle“249. Zu den Problemen mit der Lebensmittelversorgung und der Hygiene kam noch ein weiteres hinzu. Zwischen den polnischen und den ausländischen Juden trat schon bei ihrer Ankunft ein „ziemlich markanter Kulturkonflikt zu Tage.“250 Die einheimischen Juden waren eher traditionell eingestellt, also sehr orthodox und auf die Einhaltung alter Traditionen bedacht, wohingegen sich unter den ausländischen viele Hochgebildete, sowie Konvertierte und Atheisten befanden. Diese wurden bei der Besetzung der Posten im Lager von den Deutschen bevorzugt eingesetzt und sahen sich selbst auch als Deutsche.251 Es kam „zu Ausbrüchen nicht nur der Abneigung, sondern auch des Hasses auf beiden Seiten.“252 Die NS-Truppen nutzten diesen Konflikt zwischen den Nationalitäten für ihre Zwecke. Sie gründeten unter anderem jeweils eine deutsche und eine polnische Ghettopolizei. Überlebende berichteten später, dass die Deutschen brutaler mit den Polen umgingen als mit ihren Landsleuten. Die Polen dagegen wählten bevorzugt deutsche Juden für die weiteren Deportationen aus.253

247 Vgl. ebd. S. 160-163. 248 Kuwalek (2004a) Das kurze Leben im Osten S. 122. 249 Kuwalek (2003) Das Durchgangsghetto in Izbica S. 331. 250 Ebd. S. 332. 251 Vgl.ebd. S. 331-332. 252 Kuwalek (2004b) Die letzte Station vor der Vernichtung S. 165. 253 Kuwalek (2004a) Das kurze Leben im Osten S. 127. 54

Bis Mai 1942 war es den deutschen Juden gestattet, Briefe an ihre Verwandten und Bekannten im Ausland zu schreiben. Da aber darin immer öfter die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto geschildert wurden, verbot das Reichssicherheitshauptamt sämtliche private Briefe.254 Das einzige, was noch verschickt werden durfte, „waren vorformulierte Karten […]: »Ich bin gesund. Es geht mir gut.«“255

Von März bis Juni 1942 gab es drei größere Transporte, bei denen Juden in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor gebracht wurden. 256 Dies führte zu einer Überfüllung der beiden Lager. Belzec wurde im Mai 1942 vorübergehend stillgelegt und umgebaut.257

Bis zum Oktober erfolgten dann zwar keine Deportationen mehr von Izbica aus, einige hundert Menschen fielen jedoch einer Typhusepidemie im Ghetto zum Opfer. Im Herbst kam es erneut zu weiteren Transporten in die Vernichtungslager, der letzte des Jahres 1942 fand am 2. November statt. Dabei sollten alle noch lebenden Juden deportiert werden, sodass der Ort Izbica ,judenfrei’ wäre. Ein paar Juden gelang die Flucht in die Wälder der Umgebung. Der Rest wurde entweder an Ort und Stelle erschossen oder am Bahnhof in Waggons getrieben. Der Platz darin reichte aber nicht aus. Deswegen wurden über 1.000 Menschen im ehemaligen Kino eingesperrt. In dem völlig überfüllten Gebäude erstickten etliche von ihnen, die übrig gebliebenen wurden ein paar Tage später am jüdischen Friedhof ermordet.258 Die meisten Flüchtlinge kehrten Ende 1942 wieder nach Izbica zurück. Dort lebten sie noch bis April 1943. Danach wurden sie in mehreren Transporten nach Sobibor gebracht. Das Ghetto Izbica existierte nicht wei- ter.259

254 Vgl. Kuwalek (2004b) Die letzte Station vor der Vernichtung S. 165-166. 255 Ebd. S. 166. 256 Vgl. ebd. S. 169-171. 257 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 180. 258 Vgl. Kuwalek (2004b) Die letzte Station vor der Vernichtung S. 169-171. 259 Vgl. Kuwalek (2003) Das Durchgangsghetto in Izbica S. 341. 55

3.4 Das Lager und Ghetto Theresienstadt

Der Habsburgische Kaiser Joseph II. (1741-1790)260, Maria Theresias (1717-1780)261 Sohn, gründete 1780 die Festungsstadt Theresienstadt im Norden von Böhmen. Gelegen am Zusammenfluss von Eger und Elbe diente sie durch diese günstige Lage zur Verteidigung von Böhmen gegen Preußen während der Schlesischen Erbfolgekriege. 160 Jahre später wurde die Stadt vom NS-Regime „als einer der Hauptorte im Plan der Vernichtung des europäischen Judentums ausgewählt.“262

Im Herbst 1941 musste die jüdische Kultusgemeinde aus Prag ihre Verwaltung nach Theresienstadt verlegen, denn diese sollte die Verwaltung des neuen Ghettos werden. Jacob Edelstein (1903-1944)263 wurde zum ersten Judenältesten bzw. Vorsitzenden bestimmt. Im November 1941 kamen die ersten 340 Arbeiter dorthin, um das Ghetto zu errichten.264 Sie mussten es schachbrettartig um einen großen Hauptplatz herum anlegen und mit einem Befestigungsring umgeben. Dadurch sah das gesamte Gelände der Form eines Sterns ähnlich und konnte gut gesichert werden. Dies nannte man ‚Große Festung‛. Gegenüber der jüdischen Gemeinde behauptete man aber, dass es ein offenes Lager sei, welches sie selbst verwalten dürften. Zusätzlich hatte man bereits 1940 die ‚Kleine Festung‛ erbaut, die als Gefängnis der Gestapo und als Aufenthaltsort für die SS- Truppen diente.265 In diesem Gefängnis waren jeweils zwischen 150 und 5.500, insgesamt über 30.000 Personen inhaftiert.266 Die beiden Lager in

260 Kaiser Joseph II. wurde 1741 geboren und 1765 zum Mitregenten seiner Mutter Maria Theresia. Nach ihrem Tod 1780 war er Alleinherrscher über das Habsburger Reich. Er starb 1790. Vgl. Schich (1964) Universalgeschichte in Stichpunkten S. 675-678. 261 Kaiserin Maria Theresia kam am 13.05.1717 zur Welt. 1740 wurde sie Kaiserin des Habsburger Reichs, am 29.11.1780 starb sie. Vgl. Hantsch (1968) Die Geschichte Österreichs S. 100, S. 137 und S. 205. 262 Braun (2001) Das Ghetto Theresienstadt 1941-1945 S. 124. 263 Edelstein lebte von 1903 bis 1944. Er war stellvertretender Vorsitzender der Prager Judengemeinde. 1943 deportierte man ihn von Theresienstadt nach Auschwitz, 1944 wurde er dort erschossen. Vgl. Benz (2009) Theresienstadt S. 455 und S. 462. 264 Vgl. Murmelstein (2007) “The Show Ghetto“ Theresienstadt. 265 Vgl. Braun (2001) Das Ghetto Theresienstadt 1941-1945 S. 124-126. 266 Vgl. Benz (2009) Theresienstadt S. 452. 56

Theresienstadt hatten eine besondere Aufgabe für das NS-Regime, nämlich „Vorzeigeort (und, Anm. d. Verf.) Schaufenster für die deutsche und später auch für die Weltöffentlichkeit zu sein“267. Ab November 1941 bis zum Frühling 1943 wurden über 80.000 Juden aus Prag, sowie aus dem übrigen Böhmen und Mähren dorthin deportiert. Zusätzlich kamen ab 1942 noch Transporte aus dem Deutschen Reich dazu. Es handelte sich meist um ältere Menschen und um solche, die zuvor noch durch Privilegien geschützt gewesen waren. Darunter befanden beispielsweise diejenigen mit militäri- schen Verdiensten und Auszeichnungen.268 Viele von ihnen wurden durch sogenannte „Heimkaufverträge“269 getäuscht, bei denen sie ihr letztes Geld für einen angeblichen Alterswohnsitz ausgaben und erst bei der Ankunft in Theresienstadt die Täuschung bemerkten.270 Durch die Transporte aus dem Reich wuchs die Zahl der Insassen Theresienstadts ständig. Während im Mai 1942 12.986 Menschen dort lebten, waren es ein halbes Jahr später bereits 45.312. Zwischen Juni und Oktober 1942 wurden knapp 30.000 tschechische Juden in die Vernich- tungslager Treblinka und Auschwitz gebracht.271 Im Ghetto bildeten sich im Laufe der Zeit drei Gruppen: eine deutsche, eine tschechische und eine österreichische. Außerdem gab es Konflikte zwischen gläubigen und nicht-religiösen Juden, sowie zwischen den verschiedenen politischen Ansichten.272 Die jüdische Selbstverwaltung schaffte es jedoch, zumindest allen Neuankömmlingen unter den gegebenen Umständen halbwegs erträgliche Umstände zu bereiten. Dazu gehörte auch ein für ein solches Lager einmaliges Kulturleben. Es gab Opernaufführungen, Vorträge und Lesungen. Unter den Gefangenen befanden sich zahlreiche Musiker, Dirigenten und Komponisten. Carlo Taube 267 Ebd. S. 125. 268 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 260-263. 269 Vgl. Braun (2001) Das Ghetto Theresienstadt 1941-1945 S. 127. Ein Beispiel dafür ist abgebildet bei Adler (1958) Die verheimlichte Wahrheit S. 55-60. 270 Vgl. Murmelstein (2007) “The Show Ghetto“ Theresienstadt. 271 Vgl. Braun (2001) Das Ghetto Theresienstadt 1941-1945 S. 126-127. 272 Murmelstein (2007) “The Show Ghetto“ Theresienstadt. 57

(1897-1944), ein Komponist aus Berlin, organisierte aus Streichern und Akkordeonspielern ein Orchester und komponierte die ,Theresienstädter Symphonie‛. Karl Fischer, ein Dirigent, gründete einen Chor und führte Oratorien von Haydn und Mendelssohn auf. Als Höhepunkt galt die Darbietung von Verdis ,Requiem‛. Der Schauspieler Kurt Gerron (1897- 1944) führte bei zahlreichen Theaterstücken Regie. So wurden unter anderem Dramen von Shakespeare, Lessing und Schiller, aber auch im Ghetto selbst entstandene Werke aufgeführt.273 Im November 1942 wurde eine Bibliothek eingerichtet, die das gesamte Ghetto kulturell versorgen sollte. Für die ‚Prominenten‛ unter den Juden, wie zum Beispiel die Lyrikerin Elsa Bernstein (1866-1949), baute man eigene Häuser. Die Insassen durften Briefe schicken und Pakete empfangen. All diese Maßnahmen wurden vom NS-Regime aber nur getrof- fen, weil sie Theresienstadt zu einem ‚Vorzeigelager‛ erhoben hatten. Damit sollten ihre Gräueltaten an den deutschen Juden kaschiert werden. Ab dem Jahr 1943 trafen Juden aus Dänemark und den Niederlanden ein. Dadurch wurde die internationale Aufmerksamkeit gezielt auf Theresien- stadt gerichtet. Besonders das Dänische Rote Kreuz war am Schicksal der dänischen Juden sehr interessiert. Diese bekamen ebenfalls eigene Häuser. Bereits im Winter 1943 kam der „Befehl zur Stadtverschönerung“274, womit man sich auf einen Besuch des Internationalen Roten Kreuzes am 23. Juni 1944 vorbereitete. Zu den getroffenen Maßnahmen gehörten: Erneuerung und Verbesserung der Straßen, Pflanzung von Rasen und Rosenstöcken, der Bau eines Musikpavillons und die teilweise Entfernung der Zäune.275 Diese Aktion brachte dem NS-Regime den gewünschten Erfolg, denn die Delegationsmitglieder ließen sich von dem schönen Schein trügen und fragten nicht genauer nach dem eigentlichen Schicksal der Insassen.276 Wolfgang Benz zitierte in seiner Arbeit über Theresienstadt den

273 Vgl. Wlaschek (2001) Kunst und Kultur in Theresienstadt S. 13-15. 274 Braun (2001) Das Ghetto Theresienstadt 1941-1945 S. 129. 275 Vgl. Adler (1960) Theresienstadt 1941-1945 S. 166. 276 Vgl. ebd. S. 127-130. 58

Delegierten Maurice Rossel wie folgt: „Das Lager Theresienstadt ist ein ‹Edellager›, normalerweise wird niemand, der einmal ins Ghetto gekommen ist, anderswohin geschickt. […] Überall kann man sich davon überzeugen, daß die Bevölkerung ausreichend ernährt ist […]. Es gibt sicher kaum eine Bevölkerung, die so gut versorgt wird wie die von Theresienstadt.“277

Noch 1944 gab die SS den Befehl, einen Propagandafilm im Ghetto zu drehen. Dieser Film sollte „der Welt ein falsches Bild über das friedliche und idyllische Leben in der «jüdischen Stadt»“278 übermitteln. Ein Kamerateam aus Prag drehte ihn unter der Regie von Kurt Gerron. 1945 wurde der Film fertiggestellt, allerdings zeigte man ihn nie vor Publikum. Der Arbeitstitel lautete „Die jüdische Selbstverwaltung in Theresienstadt“, fertig- gestellt bekam er den Titel „Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“. Während des Krieges wurde der Film zum größten Teil zerstört.279 Das wahre Schicksal der Insassen sah jedoch anders aus. Bereits 1942 hatte man begonnen, Juden aus Theresienstadt noch weiter in den Osten, also nach Riga, Izbica, Warschau oder in andere Lager zu transportieren. Insgesamt wurden dabei knapp 90.000 Menschen in die Ver- nichtungslager geschafft. Im Ghetto selbst starben über 30.000 Juden an den Folgen der katastrophalen Lebensumstände.280 Zu den Opfern, die im Herbst 1944 nach Auschwitz deportiert wurden, gehörte ein Großteil der Lagerverwaltung und der Kulturschaffenden. Damit brach das kulturelle Leben und die selbstverwaltete Ordnung in Theresienstadt nahezu komplett zusammen. Die Lagerverwaltung hatte sich zuvor aus den drei Judenältesten Jacob Edelstein, Dr. Paul Eppstein (1901-1944)281 und Dr.

277 Benz (2009) Theresienstadt S. 473-474. 278 Ebd. S. 476. 279 Vgl. ebd. S. 476-478. 280 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 262-265. 281 Paul Eppstein wurde 1901 in Mannheim geboren, studierte unter anderem Philosophie und war Privatdozent an der Handelshochschule Mannheim. 1943 kam er nach Theresienstadt und löste Edelstein als Judenältesten ab. 1944 wurde er in der ,Kleinen Festung’ erschossen. Vgl. Benz (2009) Theresienstadt S. 461-464. 59

Benjamin Murmelstein (1905-1989)282, sowie einem Ältestenrat zusammen- gesetzt.283 Im März 1945 gab es erneut einen Verschönerungsbefehl, da sich das Internationale Rote Kreuz nochmals zum Besuch angemeldet hatte.284 Zuvor waren zwischen Januar und März 1945 erneut über 3.000 tschechische Juden aus Prag, Olmütz und anderen Städten nach Theresienstadt deportiert worden. Dabei handelte es sich um diejenigen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch durch eine Ehe mit einem ,Arier’ geschützt gewesen waren. Außerdem trafen zusätzliche Transporte mit den restlichen Insassen der bereits aufgegebenen Konzentrationslager ein. Durch dieses Hinzukommen von über 15.000 Menschen brach die ,Infrastruktur’ des Ghettos in Theresienstadt nahezu zusammen. Eine Typhusepidemie brach aus und viele der noch lebenden Juden erfuhren erst jetzt von den Vorgängen in den diversen Vernichtungslagern.

Einige von ihnen hatten Glück. Am 5. Februar 1945 wurden 1.200 In- sassen auf Befehl von Heinrich Himmler in die Schweiz freigelassen. Insgesamt überlebten über 17.000 Menschen den Aufenthalt in Theresien- stadt. Am 8. Mai 1945 wurde das Ghetto von der Roten Armee befreit.285

282 Benjamin Murmelstein, geboren in Lemberg, war Rabbiner in Wien. 1943 wurde er nach Theresienstadt gebracht, er bildete mit Eppstein und Edelstein die Leitung der Selbstverwaltung. 1944, nach dem Tode Edelsteins und Eppsteins, übernahm er die alleinige Leitung bis zum Ende des Lagers 1945. 1989 starb er in Rom. Vgl. Benz (2009) Theresienstadt S. 465. 283 Vgl. Adler (1960) Theresienstadt 1941-1945 S. 252-254. 284 Vgl. Braun (2001) Das Ghetto Theresienstadt 1941-1945 S. 130. 285 Vgl. Gottwaldt, Schulle (2005) Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941- 1945 S. 265 und S. 366-368. 60

4. Wiedergutmachung

4.1 Allgemeines Die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus und seiner Folgen nach 1945 fand im westlichen Deutschland in fünf Abschnitten statt. Als erstes wurde die sogenannte ,Entnazifizierung‛ durchgeführt.286 Diese ging von den alliierten Besatzern aus und hatte zum Ziel, dass öffentliche Posten und Positionen nicht von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP, SS und SA besetzt werden sollten. Der zweite Abschnitt bestand in der „strafrechtliche[n] Auseinandersetzung mit NS-Unrechtstätern“287. Wichtigster Prozess war der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher von Oktober 1945 bis Oktober 1946 vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg, der heutzutage unter dem Begriff ‚Nürnberger Prozess‛ bekannt ist. Bei diesem wurden unter anderen der ehemalige Stellvertreter Hitlers Rudolf Heß (1894-1987), der Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring (1893-1946) und der Gauleiter Frankens und Herausgeber des „Stürmers“ Julius Streicher angeklagt. Wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit wurden sie zum Tode bzw. zu Gefängnisstrafen verurteilt.288 Neben diesem Prozess gab es zahlreiche Verfahren, in denen „NS-Funktionäre zum Teil für Jahre interniert und sogenannte Mitläufer […] zur Rechenschaft gezogen wurden.“289

Die dritte Teilaufgabe beinhaltete, erneut eine demokratische

286 Folgende Punkte wurden von den Alliierten auf der Konferenz von Jalta 1945 beschlossen: „Verbot der NSDAP und jeglicher nazistischer Propaganda, Aufhebung der NS-Gesetze, Festnahme und Bestrafung der führenden NS-Größen, Entlassung aller aktiven NSDAP-Mitglieder aus öffentlichen Ämtern und Führungspositionen der Wirtschaft, Reinigung des Erziehungswesens“. Bedürftig (2002) Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg S. 142. 287 Hockerts (2003) Wiedergutmachung S. 7. 288 Heß wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, beging 1987 Selbstmord. Göring und Streicher wurden zum Tode verurteilt. Göring beging am Tag vor der Hinrichtung Selbstmord, Streicher wurde am 16.10.1946 hingerichtet. Vgl. Priemel, Stiller (2013) NMT S. 761-764. 289 Frei (2009) 1945 und wir S. 43. 61

Ordnung in der Bundesrepublik einzuführen. Dadurch sollten die vom NS- Regime begangenen Rechtsverstöße, wie beispielsweise die ‚Nürnberger Gesetze‛, rückgängig gemacht und für die Zukunft weitere Verbrechen dieser Art verhindert werden. Die „Abgrenzung vom Nationalsozialismus und de[r] Aufbau demokratischer Wertüberzeugungen“290 war der vierte Teil. Der fünfte bestand in der eigentlichen Wiedergutmachung.291

Dieses Thema trat erst in den 1980er Jahren in den Blick der histori- schen Forschung. Dabei bedeutete der Begriff „weniger […] eine umfassende Rehabilitierung der NS-Verfolgten, sondern fasst[e] ein […] Bündel rechtlicher und finanzieller Maßnahmen zusammen“292. Die Maßnah- men ließen sich in drei Bereiche aufteilen:

„[E]rstens (die, Anm. d. Verf.) individuelle Entschädigung für persönliche Schäden, zweitens die Rückerstattung von Eigentum, und drittens globale Abkommen mit ausländischen Regierungen oder Nicht-Regierungs-Organisationen.“293

Allerdings gab es vor allem bei der Rückerstattung Probleme. Viele der geforderten Gegenstände, zum Beispiel Grundstücke, Immobilien oder Wertsachen waren verloren gegangen oder zerstört worden. Viele Opfer wollten ihre früheren Gegenstände nicht zurück, sondern zogen einen finanziellen Ausgleich für die entstandenen Verluste vor. Bei den Entschädigungen war es noch schwieriger. Die erlittenen Schäden an Gesundheit und Psyche durch Verfolgungen und Aufenthalte in Konzentrationslagern konnten nicht einfach wiedergutgemacht werden. Das Ziel der Entschädigungen konnte nur sein, den Opfern für die Zukunft ein besseres Leben zu bieten, in welchem die Folgen der NS-Zeit eine nicht mehr so große Rolle spielen sollten.294

290 Hockerts (2003) Wiedergutmachung S. 7. 291 Vgl. ebd. S. 7. 292 Goschler (2007) Wiedergutmachung für NS-Verfolgte S. 82. 293 Ebd. S. 82. 294 Vgl. Kuller (2003) Dimensionen nationalsozialistischer Verfolgung S. 53. 62

Zwischen 1947 und 1949 wurden im westlichen Teil Deutschlands von den Alliierten entsprechende Militärregierungsgesetze erlassen, die zunächst die Rückerstattung der geraubten Vermögensgegenstände regelten.295 Die neugegründeten Ämter für Wiedergutmachung entschieden zwischen den Prozessparteien. Wenn es keine Einigung gab, wurde der Fall an höhere Instanzen weitergegeben. Diese bestanden aus den Wiedergut- machungskammern der Landgerichte, den Oberlandesgerichten und schließlich dem obersten Rückerstattungsgericht. Von diesem gab es in jeder Besatzungszone nur eines und die dort eingesetzten Richter stammten bis 1955 aus der jeweiligen Besatzungsmacht. Erst 1957 wurde ein Gesetz für die gesamte Bundesrepublik erlassen, das ‚Bundesrückerstattungsge- setz‛. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Verfahren einheitlich entschieden und die Rückerstattungssummen ausgezahlt werden.296

Zuvor erließ die Bundesregierung 1953 das ‚Bundesentschädigungsgesetz‛. Es war das „Herzstück des Wiedergutma- chungsprogramms“297 und wurde bis 1965 mehrfach überarbeitet. Dadurch war es denjenigen möglich, die im ,Dritten Reich‛ „aus ‚rassischenʽ, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen […] verfolgt worden waren“298 eine finanzielle Entschädigung zu bekommen. 1965 gab es eine letzte Novellierung des ,Bundesentschädigungsgesetzes‛, das sogenannte ,Schlussgesetz‛, mit dem signalisiert wurde, dass nun alle Wünsche erfüllt wären.299

Durch diese Entschädigungsleistungen sollten jüdische Opfer nicht nur von der Bundesrepublik rehabilitiert werden, sondern man erkannte zudem offiziell die vom NS-Regime zugefügten Leiden an. Viele Deutsche allerdings verstanden unter der Wiedergutmachung eher ein Eingeständnis

295 Vgl. Goschler (2007) Wiedergutmachung für NS-Verfolgte S. 81. 296 Vgl. Lillteicher (2007) Die Rückerstattung staatlich entzogenen Eigentums S. 91-92 und S. 102. 297 Goschler (2007) Wiedergutmachung für NS-Verfolgte S. 82. 298 Ebd. S. 82. 299 Vgl. Mahrenholz (2010) Verhandelte Gerechtigkeit S. 32. 63

dafür, dass sie kollektiv an dem geschehenen Unrecht schuld gewesen wären. Das Thema und die Probleme dabei wurden demzufolge in der Öffentlichkeit weitgehend verdrängt.

Das Stellen von Wiedergutmachungsansprüchen war für die Betroffe- nen nicht einfach. Viele Opfer lebten im Ausland und mussten Rechtsanwälte in Anspruch nehmen, die nicht nur finanzielle Vorschüsse für ihre Leistungen, sondern auch hohe Erfolgsbeteiligungen forderten. Dazu kam noch, dass die meisten Überlebenden in finanziell engen Verhältnissen lebten, da sie selten ihren sozialen Status von früher wieder erreichen konnten.300 So arbeitete beispielsweise der Zahnarzt Alexander Singer nach seiner Auswanderung in England als Fabrikarbeiter. Seine ehemaligen Kollegen aus Nürnberg, Kurt Baruch, Arthur Falk und Ernst Spitzer, meldeten sich nach ihrer Emigration in die USA beim amerikanischen Militär.301

Dennoch spielte die Wiedergutmachung eine wichtige Rolle im Leben vieler Verfolgter. Obwohl sich die Verfahren teilweise über Jahre hinweg zogen und manche der Verfolgten das Geld nicht mehr benötigten, war es für sie ein Zeichen, dass die Zeit des Leidens und der Entrechtung endgültig vorbei war. Für einige von ihnen war die Stellung des Wiedergutmachungsantrags der erste Kontakt mit Deutschland seit ihrer Ausreise. Außerdem hatten die Zahlungen zum Teil erheblichen Einfluss auf den Neuaufbau und die Sicherung ihrer Existenzen.302

Insgesamt zahlte die Bundesrepublik bis 1971 über sieben Milliarden DM für knapp eine Million Rückerstattungsanträge.303 Für weitere Entschädi- gungen gab es bis 1999 ca. zwei Millionen Anträge, die nach dem ,Bundesentschädigungsgesetz‛ bewilligt wurden und ungefähr eine Million

300 Vgl. Klatt (2007) Die Wiedergutmachungsrealität aus Sicht der jüdischen Verfolgten S. 138-139. 301 Siehe Kap. 5. 302 Vgl. Winstel (2003) Über die Bedeutung der Wiedergutmachung im Leben der jüdischen NS-Verfolgten S. 211-215. 303 Vgl. Lillteicher (2007) Die Rückerstattung staatlich entzogenen Eigentums S. 92. 64

Anträge, die abgelehnt wurden. Die bis 1999 gezahlte Summe betrug 103,8 Milliarden DM.304 Rund zwei Drittel der Gelder gingen an ehemalige Häftlinge in Ghettos und Konzentrationslagern, das andere Drittel an Emigranten. 80 Prozent der Antragsteller lebten im Ausland, die meisten in den USA und in Israel.305

Der dritte Punkt des Wiedergutmachungsprogramms bestand in Abkommen, in denen Entschädigungszahlungen und -leistungen für Länder und Organisationen geregelt wurden. Dazu musste sich zuerst eine Interessenvertretung der jüdischen Verfolgten und Opfer bilden. Dies geschah am 25. Oktober 1951 in New York, indem dort die ‚Conference on Jewish Material Claims against Germany‛306 gegründet wurde. Unter dem Vorsitz von Nahum Goldmann (1895-1982) vertrat sie die Interessen der Juden, die nicht in Israel lebten. Israel setzte sich selbst durch seinen Politiker für die Interessen seiner Bürger ein. Zuvor hatte sich Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1967) mit der deutschen Bundesregierung dazu bereit erklärt, zusammen mit jüdischen und israelischen Vertretern über die Ansprüche auf Wiedergutmachung zu reden.307 Israel forderte nämlich eine „Sonderzahlung für die Integration von einer halben Million Shoah-Überlebender“308.

Am 6. Dezember 1951 begannen die Verhandlungen. Zunächst trafen sich Goldmann und Adenauer. Sie einigten sich darauf, die von Israel geforderten eineinhalb Milliarden Dollar als Verhandlungsgrundlage zu nutzen. Im März 1952 stieg Israel dann selbst mit in die Verhandlungen ein. Oftmals standen diese kurz vor dem Abbruch, da unter anderem das Bun- desfinanzministerium gegen die Forderung der Claims Conference von 500 Millionen DM war. Schließlich kam es im Sommer 1952 zu einer Einigung.309 304 Vgl. Hockerts (2003) Wiedergutmachung S. 15. 305 Vgl. Goschler (2009) Wiedergutmachungspolitik S. 68. 306 Im Folgenden Claims Conference genannt. 307 Vgl. Hoppe (2007) Zwischen Maßnahmen zur Versorgung von Überlebenden der Shoah und Lobby-Arbeit im Bundestag S. 171-173. 308 Ebd. (2007) S. 173. 309 Vgl. ebd. S. 174-175. 65

Am 10. September wurde das ‚Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel‛ in Luxemburg von Adenauer und dem israelischen Außenminister Sharett (1894-1965) unterzeichnet.310 Es wurde auch als ‚Luxemburger Abkommen‛ bezeichnet. Darin hieß es:

„In der Erwägung DASS während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft unsagbare Verbrechen gegen das jüdische Volk verübt worden sind, UND DASS die Regierung der Bundesrepublik Deutschland […] ihren Willen bekundet hat, in den Grenzen (ihrer, Anm. d. Verf.) Leistungsfähigkeit die materiellen Schadensfolgen dieser Taten wiedergutzumachen, UND DASS der Staat Israel die schwere Last auf sich genommen hat, so viele […] jüdische Flüchtlinge aus Deutschland […] in Israel anzusiedeln […] SIND der Staat Israel und die Bundesrepublik Deutschland zu (einer, Anm. d. Verf.) Vereinbarung gelangt“311.

Insgesamt hatte die Bundesrepublik knapp dreieinhalb Milliarden DM zu bezahlen, davon bekam die Claims Conference 450 Millionen und Israel drei Milliarden. 1953 folgte eine Festlegung von Leitlinien, um das Geld gerecht zu verteilen. Empfänger waren beispielsweise Wohlfahrtsorganisa- tionen und Krankenhäuser in Amsterdam und Wien. Außerdem unterstützten die Gelder der Claims Conference Forschungen über die Judenverfolgung im Nationalsozialismus. Mit ihrer Hilfe erfolgte die Gründung und Förderung zahlreicher jüdischer Museen, um eine Auseinandersetzung mit der Ge- schichte zu ermöglichen und das Vergessen zu verhindern.312

310 Vgl. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (1953) http://www.1000dokumente.de/index.html? c=dokument_de&dokument=0016_lux&object=pdf&st=&l=de (aufgerufen am 12.03.2012). 311 Ebd. 312 Vgl. Hoppe (2007) Zwischen Maßnahmen zur Versorgung von Überlebenden der Shoah und Lobby-Arbeit im Bundestag S. 175-180. 66

Neben dem wohl bekanntesten Abkommen, dem bereits erwähnten ‚Luxemburger Abkommen‛ von 1953, wurden zwischen 1959 und 1964 zu- sätzlich noch „Globalabkommen mit elf westeuropäischen Staaten geschlos- sen, um Verfolgte, die »typisches NS-Unrecht« erlittenen hatten, […] zu ent- schädigen“313. Dabei stellte die Bundesregierung aber nur eine relativ geringe Summe von 876 Millionen DM zu Verfügung. Erst in den 1970er Jahren wurden Verträge zur Entschädigung mit osteuropäischen Staaten vereinbart.314

Im Anschluss an diesen allgemeinen Überblick werde ich im folgen- den Kapitel einige Wiedergutmachungsverfahren darstellen.

4.2 Beispiele für Wiedergutmachungsverfahren

Im von mir untersuchten Thema „Jüdische Zahnärzte in Nürnberg und Fürth im Nationalsozialismus“ betrafen 27 Fälle ein derartiges Verfahren. Diese Verfahren wurde entweder durch die Betroffenen selbst, ihre Angehö- rigen oder die Jewish Restitution Successor Organization315 eingeleitet. Beispielhaft werde ich im Folgenden zwei Einzelfälle von Wiedergutmachungsverfahren vorstellen, weitere Beispiele folgen im anschließenden Kapitel bei den einzelnen Biographien. Bei beiden Verfahren vertraten die JRSO bzw. der Freistaat Bayern die Interessen der früheren Nürnberger Zahnärzte Dres. Ullmann, Weil, Spitzer, Falk, Singer sowie des Dentisten Rubin.

Der erste Fall ging gegen den Zahnarzt Friedrich Döring aus Neustadt

313 Hockerts (2003) Wiedergutmachung S. 18. 314 Vgl. ebd. S. 18. 315 Die Jewish Restitution Successor Organization (im Folgenden JRSO genannt) wurde 1948 für die amerikanische Besatzungszone in Nürnberg gegründet. Sie sollte emigrierte und verstorbene Juden bei den Wiedergutmachungsprozessen vertreten. Vgl. Bentwich (2007) „Jewish Successor Organizations.“ Encyclopaedia Judaica http://go.galegroup.com/ps/i.do?id=GALE %7CCX2587510155&v=2.1&u=uben&it=r&p=GVRL&sw=w (aufgerufen am 22.05.2013). 67

an der Aisch. Im Dezember 1948 stellte die JRSO den Antrag auf „Rücker- stattung von zahnärztlichem Inventar“316. Ab 1952 trat der Freistaat Bayern an die Stelle der JRSO. Doch erst im November 1957 begann das Verfahren, indem Friedrich Döring zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde. Er schrieb wie folgt:

„Über Ihre Forderung […] war ich sehr erstaunt. Ich hatte seinerzeit die Gegenstände im Ärztehaus Nürnberg gegen entsprechende Bezahlung gekauft und ordnungsgemäss bezahlt. Welcher Herkunft die Gegenstände waren, war mir bis jetzt unbekannt. Ich bin mir deshalb nicht bewusst, warum heute noch eine Forderung an mich gestellt wird.“317

Die Verhandlung fand am 22. Januar 1958 in Fürth statt. Es ging um zahnärztliches Inventar, das Döring für 245 RM erstanden hatte. Man einigte sich auf einen Vergleich. Döring hatte innerhalb von vier Wochen 260 DM an die Staatsoberkasse München zu zahlen.318

Im zweiten Fall ging es gegen den Nürnberger Zahnarzt Jean Streb. Auch dieser Antrag wurde von der JRSO 1948 gestellt; es handelte sich ebenfalls um die Aufforderung zur „Rückerstattung von zahnärztlichem Inventar“319. Dies hatte Streb 1938 für 321 RM gekauft. Die JRSO forderte unter anderem die Herausgabe der Vermögensgegenstände bzw. den Antragsgegner Streb dazu zu verurteilen, dass er „eine angemessene Vergünstigung für die gezogene Nutzung zu entrichten und darüber Rech- nung zu legen“320 hätte. Auch hier begann das eigentliche Verfahren erst Ende der 1950er Jahre. Streb erhob 1957 Einspruch gegen den Antrag, da ihm der Begriff ‚zahnärztliches Inventar‛ zu allgemein war und er bat um eine genauere Auflistung.

316 StaA Li.: JR III 4439: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 27.02.1957. 317 StaA Li.: JR III 4439: Brief von Friedrich Döring an die Finanzmittelstelle Ansbach. 318 Vgl. StaA Li.: JR III 4439: Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung der Wiedergutmachungsbehörde III vom 22.02.1958. 319 StaA Li.: JR III 4433: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 20.03.1957. 320 Ebd. 68

1958 stellte sich heraus, dass Arthur Falk und Alexander Singer für sich selbst bereits Rückerstattungsansprüche erhoben hatten. Hierbei handelte es sich bei Arthur Falk um die „Entziehung der zahnärztlichen Einrichtungsgegenstände (Sprech- und Wartezimmer) im Werte von DM 4.400.--“321. Dieses Verfahren endete 1954 mit einem Vergleich zwischen ihm und der ehemaligen DAF322. Alexander Singer erhielt 1955 in einem Vergleich von der ehemaligen NSDAP 3.500 DM „zur Abfindung der Entziehung der gesamten Praxiseinrichtung (einschließlich, Anm. d. Verf.) Bücher, Bücherschrank, Schreibtisch und Praxiswäsche“323. Falk und Singer mussten nun nachweisen, dass die Gegenstände, die sie zusätzlich von Streb forderten, nicht bereits mit den vorherigen Verfahren erstattet worden waren. Wenn dies nicht bis zum August 1958 geschehen würde, würde der Antrag gegen Streb abgelehnt. So geschah es auch, am 12. August 1958 erging der Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde in Fürth, dass der Antrag zurückgewiesen werde.324

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass die Wiedergutmachung ein entscheidender Faktor im Leben der Verfolgten und Opfer des NS-Regi- mes war. Zwar konnten Tod, sowie körperliche und seelische Verletzungen nicht rückgängig gemacht werden, aber dennoch erfolgte durch die Wieder- gutmachung für einige Menschen eine gewisse Entschädigung.

321 StaA Li.: JR III 4433: Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde III vom 19.05.1958. 322 Die ehemalige DAF und NSDAP wurden in den Verfahren durch den Freistaat Bayern vertreten. In den beiden vorgestellten Fällen übernahm der Freistaat Bayern auch die Zahlung der Vergleichssummen. Diese wurden mit dem von der NSDAP übernommenen Vermögen beglichen. Vgl. StaA Li.: JR III 4433: Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde III vom 12.08.1958. 323 StaA Li.: JR III 4433: Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde III vom 19.05.1958. 324 Vgl. StaA Li.: JR III 4433: Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde III vom 12.08.1958. 69

5. Einzelschicksale

Im folgenden Kapitel werde ich die einzelnen Schicksale der Nürnberger und Fürther Zahnärzte und Zahnärztinnen in alphabetischer Reihenfolge beschreiben. Die Quellenlage habe ich bereits in Kapitel 1.2 erläutert. Ergänzend sei hier noch erwähnt, dass Auswanderungen und Um- züge auf den Meldekarteien immer mit „Abmeldung nach“ gekennzeichnet wurden. Wenn sich eine Person beispielsweise „in die USA abgemeldet“ hat, dann wanderte die Person auch dorthin aus. Die Eintragung „abgemeldet nach unbekannt“ dagegen bedeutete die Deportation und höchstwahrschein- lich den Tod derjenigen Person. Die meisten der vorgestellten Zahnärzte und Zahnärztinnen hatten eine Passkartei bei der Stadt Nürnberg. Abbildungen davon sind im Anschluss an die jeweilige Biografien eingefügt. Handschriftliche Vermerke, die für die Biographie der jeweiligen Person interessant waren, sind in den Fußnoten transkribiert. Verwendete Abkürzungen werden im Abkürzungsverzeichnis erläutert. 70

Dr. Bachmann, Albin

Albin Bachmann325 Albin Bachmann kam am 13. Mai 1884 in Würzburg als Sohn des Kaufmanns Israel Bachmann und dessen Frau Babette, geborene Prank, zur Welt.326 Familie Bachmann lebte in der Augstinerstraße 10 in Würzburg und gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Am 27. Dezember 1906 erhielt Albin Bachmann seine Approbation als Zahnarzt.327 Zwischen Oktober 1908 und September 1909 arbeitete er als Feldarzt beim Militär.328 1910 zog er nach Nürnberg und hatte sein Sprechzimmer in den Landgrabenstraße 132.329 Während des Ersten Weltkrieges war er von 1915 bis 1918 erneut Feldarzt.330 Am 25. Mai 1920 heiratete er, ein Jahr später wurde Sohn Fritz Alex geboren. Im gleichen Jahr, also 1921, wurde Albin Bachmann mit einer Dissertation zum Thema „Radium. Seine Anwendung und Heilwirkung in der Zahnheilkunde“331 promoviert. Familie Bachmann meldete sich am 29. Juli 1935 nach Mailand ab. 332 Über das weitere Schicksal ist nichts bekannt, außer dass Albin Bachmann noch einen Wohnsitz im schweizerischen Lugano hatte.333

325 StA Nbg. C 21/VII Nr. 4: Bachmann, Albin. Bild 1, Detail. 326 Vgl. Kriegsstammrolle: Bachmann, Albin. 327 Vgl. UAW: Studentenkartei Bachmann, Albin. 328 Vgl. Kriegsstammrolle: Bachmann, Albin. 329 Vgl. MK Nbg.C 21/X Nr. 4. 330 Vgl. Kriegsstammrolle: Bachmann, Albin. 331 Bachmann (1921) Radium. 332 Vgl. MK Nbg.C 21/X Nr. 4. 333 Vgl. Deutschland: Juden in Würzburg, 1900-1945: Bachmann, Albin. 71

Passkartei Albin Bachmann Vorderseite334

Passkartei Albin Bachmann Rückseite335

334 StA Nbg. C 21/VII Nr. 4: Bachmann, Albin. Bild 1. handschriftlicher Vermerk: Kind: Fritz Alex 27.6.21. 335 StA Nbg. C 21/VII Nr. 4: Bachmann, Albin. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Schnellbrief an Deutsches Gen. Kons. Mailand 15.3.38. 72

Dr. Baruch, Kurt

Kurt Baruch336 Am 10. Juli 1891 wurde Kurt Baruch in Karlsruhe geboren und war dort Mitglied der jüdischen Gemeinde. 1919 zog er von Regensburg nach Nürnberg337 und praktizierte dort als Zahnarzt in der Lorenzer Straße 26.338 Im Alter von 40 Jahren heiratete er am 14. April 1931 die einundzwanzigjährige Frieda Reis. Die Ehe blieb kinderlos, die Religionszu- gehörigkeit von Frieda ist nicht bekannt. Kurt Baruch und seiner Ehefrau gelang 1940 die Ausreise nach London. Von Liverpool aus fuhren sie am 30. Mai 1940 mit dem Schiff „Antonia“, welches zur Dampfschifflinie „Cunard White Star Limited“ gehörte, nach Montreal in Kanada.339

1940 wurde gegen Kurt Baruch ein Verfahren zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft eingeleitet.340 Der Verlust der Staatsbürger- schaft wurde am 22. Juli 1940 bekannt gegeben und im Deutschen Reichs- anzeiger, sowie im Preußischen Staatsanzeiger veröffentlicht.341 1941 lebte das Ehepaar Baruch in New York. Dort meldete sich Kurt Baruch zum amerikanischen Militär.342 Nach Kriegsende beantragte er die amerikanische

336 StA Nbg. C 21/VII Nr. 6: Baruch, Kurt. Bild 2, Detail. 337 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 1. 338 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 339 Vgl. Großbritannien, Listen abreisender Passagiere, 1890-1960: Baruch, Kurt. 340 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 1. 341 Vgl. Deutschland, Index von Juden, deren deutsche Staatsbürgerschaft vom Nazi- Regime annulliert wurde 1935-1944: Baruch, Kurt. 342 Vgl. US-amerikanische Einzugsregistrierungskarten 2. Weltkrieg: Baruch, Kurt. 73

Staatsbürgerschaft. Diese erhielt er am 29. April 1946.343 Im November 1970 verstarb Kurt Baruch in New York, seine Frau Frieda im Februar 1981.344

Passkartei Kurt Baruch Vorderseite345

Passkartei Kurt Baruch Rückseite346

Dr. Benario, Walter Am 16. März 1885 kam Walter Benario in Wertheim am Main zur Welt. 1911 zog er von Würzburg nach Nürnberg und war von 1914 bis 1918 Kriegszahnarzt im Ersten Weltkrieg.347 Anschließend heiratete die aus München stammende Alice Politzer und drei Jahre später, am 15. März

343 Vgl. Einbürgerungsgesuche New York: Baruch, Kurt. 344 Vgl. Sterbeindex der Sozialversicherung: Baruch, Kurt und Baruch, Frieda. 345 StA Nbg. C 21/VII Nr. 6: Baruch, Kurt. Bild 1. 346 StA Nbg. C 21/VII Nr. 6: Baruch, Kurt. Bild 2. 347 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 1 und vgl. Kriegsstammrolle: Benario, Walter. 74

1921, wurde Sohn Peter geboren. Bis zu seinem Tod am 23. Juli 1933 praktizierte Walter Benario als Zahnarzt in Nürnberg.348 1940 bemühte sich seine Witwe Alice um „die Ausstellung eines Aus- landspasses“349, den sie auch erhielt. Dadurch konnte sie ihrem bereits 1934 nach Philadelphia verzogenen Sohn dorthin folgen.350 1946 beantragte Alice die amerikanische Staatsbürgerschaft. Diese wurde am 8. Juli 1946 genehmigt.351 Wie viele andere der im Ausland lebenden Juden wandten sich auch Alice und Peter, der statt des Nachnamens Benario nun den Namen Bennet trug352, an die Wiedergutmachungsbehörden in Deutschland. 1965 erhielten sie einmal 100 DM353 und einmal „Entschädigungen in Höhe von DM 440.-- wegen Schadens durch Zahlung von Sonderaufgaben“354. Alice Benario starb am 22. Dezember 1987 in Rockland im US- Bundesstaat New York.355

Dr. Braun, Mathilde Die Zahnärztin Mathilde Braun wurde am 12. Februar 1894 in München als Tochter eines Kaufmanns und der Kauffrau Clara Braun gebo- ren. Ihre Schwester Else war bereits am 9. Februar 1893 ebenfalls in München zur Welt gekommen. Mathilde besuchte eine Oberrealschule, Else ein Gymnasium. Else begann in Karlsruhe ihr Studium der Pharmazie und wechselte an die Universität Tübingen.356 Mathilde Braun immatrikulierte sich an der Universität München im Fach Zahnmedizin, welches sie ab dem 20. Mai 1914 in Tübingen fortsetzte.357 Hier besuchte sie vom Sommersemester

348 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 1. 349 StaA Li.: III N 2505: Schreiben des Finanzamtes Nürnberg-Ost vom 15.02.1940. 350 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 1. 351 Vgl. Ausgewählte Indizes der Einbürgerungsregister der USA 1791-1966: Benario, Alice. 352 Vgl. StaA Li.: III N 4469: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 08.01.1965. 353 Vgl. ebd. 354 StaA Li.: III N 4468: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 08.01.1965. 355 Vgl. Sterbeindex der Sozialversicherung: Benario, Alice. 356 Vgl. UAT: 5/35: Universitätsmatrikel 1914. 357 Vgl. UAT: 258/2044: Studentenakte Braun, Mathilde. 75

1914 bis zum Wintersemester 1916/17 unter anderem bei Professor Dr. Peckert, ihrem späteren Doktorvater, einen „Kursus für Gold- und Porzellan- füllungen“358. 1917 erhielt sie nach bestandenem Examen die Approbation als Zahnärztin. Anschließend begann sie ihre Assistenzzeit. Diese unterbrach sie im August 1919, um sich im Oktober 1919 wieder an der Universität Tübingen zu immatrikulieren. Dieses Semester war nötig, um die Zulassung zur Promotion zu erhalten.359 In einem Brief vom Februar 1920 an das Dekanat der medizinischen Fakultät Tübingen schrieb sie: „Da ich nun am 1. März eine günstige Assistentenstelle erhalten könnte, ausserdem meine privaten Mittel nicht erlauben, die Möglichkeit der Promotion im Sommersemester 1920 abzuwarten, so bitte ich die Hohe Medizinische Fakultät mir die Zulassung zur Promotion zu Beginn des Zwischensemesters erteilen zu wollen“360.

Unterstützung erhielt sie von ihrem Doktorvater, der ihre Dissertation über das Thema „Die Dislokation von Unterkieferfortsatzbrüchen am aufsteigenden Ast und am Kieferwinkel“ betreute.361 Ende Februar war das Promotionsverfahren mit der Zahlung von 300 Mark Promotionsgebühr ab- geschlossen.362 Anschließend zog Mathilde Braun von Tübingen nach Nürnberg. Praxis und Wohnung befanden sich im selben Haus in der Sulzbacher Straße 80. In ihrer Meldekarte wurde als Religion statt „isr.“ „diss.“ ver- merkt.363 „Diss.“ stand für „Dissident“. Das bedeutete, dass diese Person nicht mehr Mitglied der jüdischen Gemeinde, aber auch kein Mitglied der christlichen Gemeinde war, sozusagen „religionslos“.364 Bei der Einschreibung zum Studium war bei Mathilde noch die Religion „isr.“ einge-

358 UAT: 258/2044: Bescheinigung vom 13.12.1935. 359 Vgl. UAT: 125/82 Nr. 13: Schreiben Tilde Braun an das Studiendekanat Tübingen vom 07.02.1920. 360 Ebd. 361 Vgl. UAT: 125/82 Nr. 13: Schreiben Prof. Peckert vom 11.02.1920. 362 Vgl. UAT: 125/82 Nr. 13: Quittung über bezahlte Promotionsgebühr. 363 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41 und MK Nbg. C 21/IX Nr. 36. 364 Vgl. Ritter (2008) Isidor Rosenthal S. 37. 76 tragen.365 Kurz nach der Machtergreifung Hitlers meldete sie sich 1933 nach Agram, dem heutigen Zagreb, in Kroatien, ab.366 Ihre neue Wohnadresse war Dezeliceva 61,I in Zagreb. Von dort aus versuchte Mathilde Braun 1936 eine Arbeitserlaubnis für Großbritannien zu erhalten. Dafür benötigte sie eine Bestätigung der zahnärztlichen Qualifikation. In einem Schreiben von Herrn Eisenstaedt, vermutlich ein Behördenmitarbeiter, aus London vom 22. Januar 1936 hieß es allerdings:

„Ich muss dazu aber bemerken, dass sich die Lage hier jetzt so entwickelt hat, dass Sie auch nach erfolgter Registrierung […] wenig Aussicht auf Arbeitserlaubnis, soweit es Grossbritannien selbst betrifft, haben. Der Weg in die Kolonien steht Ihnen allerdings noch zum Teil offen.“367

Um die entsprechenden Bestätigungen dennoch zu erhalten, wandte sich Mathilde Braun erneut an ihren Doktorvater aus Tübingen. In einem Brief vom 4. Februar 1936 bat sie ihn:

„Darf ich Sie ersuchen […] den Stempel der Universität geben zu lassen. Es ist dies die Bestätigung, daß ich diese Kurse besucht habe […]. Ich bitte Sie nochmals sehr herzlich um Ihre Vermittlung. Unter den jetzigen Verhältnissen kann ich mir die teure Reise nicht erlauben. Und davon hängt mein weiteres Einkommen ab.“368

Nur drei Wochen später schrieb sie erneut an Professor Peckert. Diesmal war es eine Postkarte, auf der sie ihm zudem ihren Umzug an eine neue Adresse, nämlich Jurisiceva 25 I in Zagreb, mitteilte.369 Danach ist nichts weiteres über ihr Schicksal bekannt.

365 Vgl. UAT: 5/35: Universitätsmatrikel 1914. 366 Vgl. MK Nbg. C 21/IX Nr. 36. 367 UAT: 258/2044: Schreiben F.M. Eisenstaedt an Dr. Tilde Braun. 368 UAT: 258/2044: Schreiben Dr. Tilde Braun an Prof. Peckert. 369 Vgl. UAT: 258/2044: Postkarte von Dr. Tilde Braun an Prof. Peckert. 77

Dr. Dankwerth, Kurt

Kurt Dankwerth370 Kurt Dankwerth wurde am 25. Juli 1901 als Sohn eines Kaufmanns in Würzburg geboren. Bis 1920 besuchte er das Realgymnasium im thüringischen Nordhausen, 1922 erhielt er das Schulabgangszeugnis in München. Anschließend nahm er im Mai 1922 das Studium der Zahnheilkunde in Würzburg auf. Dies beendete er 1924, ein Jahr später wurde er zum Dr. med. dent. promoviert.371 Das Thema seiner Doktorarbeit lautete: „Lehre und Kritik der ,Focal-Infection‛“372. Anschließend zog er aus Bleicherode nach Nürnberg. Er praktizierte in der Ludwigstraße 71.373 1926 heiratete er Ilse Steinhardt. Diese wurde am 7. Juli 1904 in Würzburg als Tochter von Isaak Nathan und Gida Steinhardt geboren und war ebenso wie Kurt der jüdischen Religion zugehörig.374

Schon kurz nach Beginn des ,Dritten Reiches‛ im November 1933 meldete sich das kinderlose Ehepaar nach Haifa ab und wanderte dorthin aus.375 Ob Kurt Dankwerth dort weiter als Zahnarzt praktizierte ist nicht be- kannt. 1963 stellte er einen Antrag für Wiedergutmachung, der ihm bewilligt wurde.376

370 StA Nbg. C 21/VII Nr. 22: Dankwerth, Kurt. Bild 2, Detail. 371 Vgl. UAW: Studentenkartei Dankwerth, Kurt. 372 Dankwerth (1925) Lehre und Kritik der „Focal-Infection“. 373 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 374 Vgl. Deutschland: Juden in Würzburg, 1900-1945: Dankwerth, Ilse. 375 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 2. 376 Vgl. StaA Li.: III N 4395: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 78

Passkartei Kurt Dankwerth Vorderseite377

Passkartei Kurt Dankwerth Rückseite378

07.01.1965. 377 StA Nbg. C 21/VII Nr. 22: Dankwerth Kurt. Bild 1. 378 StA Nbg. C 21/VII Nr. 22: Dankwerth Kurt. Bild 2. 79

Dr. Ehrmann, Friedrich

Friedrich Ehrmann379 „Ich bin geboren am 24. Dezember 1894 zu Heidelberg […]. Mein Vater ist Spezialarzt für Magen- und Darmkrankheiten Dr. med. Julius Ehrmann zu Nürnberg.“380

Von 1901 bis 1913 besuchte er Schulen in Nürnberg, erst die Volksschule und dann das Neue Gymnasium, anschließend studierte er in Erlangen, in Würzburg und in München Zahnmedizin. Seine zahnärztliche Prüfung legte er im Frühjahr 1921 in Erlangen ab.381 Zwischen Schule und Studium diente er „vom 1.10.1913 – 1.8.1914 als Einjährig Freiwilliger, vom 2.8.1914 – 17.12.1918 stand [er] im Felde; am 31.12.1918 wurde [er] aus dem Heeresdienst entlassen.“382 Im Jahr 1921 legte er seine Dissertation zum Thema „Über zwei Fälle von folliculären Zahnzysten“383 vor und wurde damit zum Dr. med. dent. pro- moviert. Friedrich Ehrmann zog wieder nach Nürnberg und arbeitete dort als Zahnarzt. Sechs Jahre später heiratete er die in Nürnberg geborene Ilse Benedikt. Im November 1929 wurde Sohn Joachim geboren.384 Im Novem- ber 1937 beendete Friedrich Ehrmann seine zahnärztliche Tätigkeit, im

379 StA Nbg. C 21/VII Nr. 34: Ehrmann, Fritz. Bild 2, Detail. 380 UAE: C 3/3 Nr.4013: Lebenslauf Ehrmann, Friedrich. 381 Vgl. ebd. 382 Ebd. 383 Ebd. 384 Vgl. MK Nbg. C 21/X 2. 80

Dezember meldete er sich und seine Familie in die USA ab.385 Von Hamburg aus ging es mit dem Schiff „S.S. Washington“ nach New York. Dort kamen sie am 29. Dezember 1937 an.386 Anschließend zogen sie nach Philadelphia. 1943 beantragte Ilse Ehrmann die amerikanische Staatsbürgerschaft, welche ihr am 29. Dezember 1943 genehmigt wurde.387 Die Praxis am Äußeren Laufer Platz 26 wurde vom Nürnberger Zahnarzt Josef Metzger übernommen, der „durch einen Laboranten, Zahn- technikermeister Max Danzl, darauf aufmerksam gemacht (wurde, Anm. d. Verf.), daß die Praxisräume des Verfolgten […] frei“388 wurden. 1948 wurde ein Antrag auf Rückerstattung gegen Josef Metzger gestellt. In diesem forderte Fritz Ehrmann eine Entschädigung für die von Metzger übernommene Praxiseinrichtung im Wert vom 3000 RM. Josef Metzger nahm wie folgt dazu Stellung: „Ich habe diese Praxisräume im Januar 1939 bezogen und für die Installationen und für die noch vorhandenen zahnärztlichen Einrichtungsgegenstände […] und für die Wasser, Licht- und Gasleitung einschl. der Beleuchtungskörper […] insgesamt RM 3.000,-- bezahlt. Diese Installationen der Praxisräume habe ich sozusagen im Verhältnis des Verfolgten zum Hauseigentümer abgelöst. Der Verfolgte, Dr. Ehrmann, der Deutschland verlassen hat, hätte diese Gegenstände nicht mitnehmen können.“389

Das Verfahren endete mit einem Vergleich. Josef Metzger musste 210 DM bezahlen.390 Ilse Ehrmann meldete sich noch einmal im Juni 1970 mit einem Brief bei der Wiedergutmachungsbehörde. Darin erklärte sie, dass ihr „Mann, Dr. Fritz Ehrmann, Zahnarzt in Nürnberg für 16 Jahre, […] (am, Anm. d. Verf.) April 23-1963“391 verstorben wäre und dass er versucht hätte, „noch einige

385 Vgl. ebd. 386 Vgl. Passagierlisten New York, 1820-1957: Ehrmann, Ilse. 387 Vgl. Ausgewählte Indizes der Einbürgerungsregister der USA 1791-1966: Ehrmann, Ilse. 388 StaA Li.: JR III 12595: Niederschrift zur Verhandlung wegen Rückerstattung gegen Metzger, Josef vom 26.11.1975. 389 Ebd. 390 Vgl. ebd. 391 StaA Li.: III N 7757: Schreiben von Ilse Ehrmann an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 10.06.1970. 81

Monate vor seinem Tode eine Rente vom deutschen Reiche zu bekom- men.“392 Sie selbst hätte „nun Parkinson′s Disease und [...] weder die Kraft noch das Wissen in diesen Dingen, um etwas unternehmen zu können.“ 393 Kurz danach zog sie den Antrag wieder zurück.394 Im Oktober 1978 verstarb Ilse Ehrmann in Philadelphia.395

Passkartei Friedrich Ehrmann Vorderseite396

Passkartei Friedrich Ehrmann Rückseite397

392 Ebd. 393 StaA Li.: III N 7757: Schreiben von Ilse Ehrmann an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 10.06.1970. 394 Vgl. StaA Li.: III N 7757: Schreiben von Ilse Ehrmann an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 26.06.1970. 395 Vgl. Sterbeindex der Sozialversicherung: Ehrmann, Ilse. 396 StA Nbg. C 21/VII Nr. 34: Ehrmann, Fritz. Bild 1. 397 StA Nbg. C 21/VII Nr. 34: Ehrmann, Fritz. Bild 2. 82

Dr. Falk, Arthur

Arthur Falk398 Am 22. Dezember 1892 kam Arthur Falk in Breslau zur Welt. Er gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Im Alter von 32 Jahren zog er nach Nürnberg399 und praktizierte dort als Arzt und Zahnarzt. Er lebte und arbeitete in der Fürther Straße 23.400 Mit seiner Ehefrau Paula Falk, geborene Deller, die er am 20. September 1927 geheiratete hatte, bekam er zwei Kinder. Sohn Walter wurde 1929 in Nürnberg und Tochter Ina 1935 in Fürth geboren. Bereits 1939 wurden die Kinder nach London abgemeldet, das Ehepaar Falk meldete sich erst 1941 nach Südamerika ab.401 Im Laufe der Jahre traf sich die Familie in den USA wieder und lebte in New York. Mit 54 Jahren meldete sich Arthur Falk 1948 für das amerikanische Militär. 402 Arthur Falk arbeitete anschließend als Krankenpfleger, seine Frau führte ihren Beruf als Säuglingspflegerin fort. Im August 1950 starb sie in New York.403 Danach begann Arthur Falk für sich allein und gemeinsam mit anderen geschädigten Zahnärzten, beispielsweise Ernst Spitzer und

398 StA Nbg. C 21/VII Nr. 35: Falk, Arthur. Bild 2, Detail. 399 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 2. 400 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 401 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 2. 402 Vgl. US-amerikanische Einzugsregistrierungskarten 2. Weltkrieg: Falk, Arthur. 403 Vgl. StaA Li.: III N 825: Anmeldung von rückerstattungsrechtlichen Geldansprüchen gegen das Deutsche Reich vom 25.02.1958. 83

Alexander Singer404, Anträge auf Wiedergutmachung an die deutschen Be- hörden zu stellen. So erhielt er unter anderem einmal „Entschädigungen in Höhe von DM 1.227.-- für Schaden […] an Eigentum und Vermögen“405 und einmal „Entschädigungen in Höhe von DM 3.600.--“406. 1953 beantragte Arthur Falk die amerikanische Staatsbürgerschaft, die ihm am 9. Februar des Jahres genehmigt wurde.407 1958 verbrachte er einen zweiwöchigen Aufenthalt in London und kam am 3. Dezember 1958 mit dem Schiff „Queen Mary“ wieder in New York an.408 Im Januar 1980 starb Arthur Falk in Tel Aviv.409

Passkartei Arthur Falk Vorderseite410

404 Vgl. StaA Li.: JR III 4433: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 20.03.1957. 405 StaA Li.: III N 8396: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 23.02.1955. 406 StaA Li.: III N 11628: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 15.09.1955. 407 Vgl. Einbürgerungsgesuche New York: Falk, Arthur. 408 Vgl. Großbritannien, Listen ankommender Passagiere 1878-1960: Falk, Arthur. 409 Vgl. Sterbeindex der Sozialversicherung: Falk, Arthur. 410 StA Nbg. C 21/VII Nr. 35: Falk, Arthur. Bild 1. 84

Passkartei Arthur Falk Rückseite411

Dr. Hirsch, Alfred

Alfred Hirsch412 Alfred Hirsch kam am 8. August 1899 in der Pfalz, in Pirmasens, zur Welt. Sein Vater war der Kaufmann Fritz Hirsch, seine Mutter hieß Frieda, geborene Hassermann. Im Mai 1918 kam Alfred Hirsch zum Militär, allerdings schied er bereits vier Monate später im September aufgrund einer Verletzung wieder aus.413 Bis 1919 besuchte Alfred Hirsch dann ein Realgymnasium in Nürnberg. 1920 erhielt er das Abgangszeugnis in München. Noch im Oktober 1920 begann er das Studium der Zahnheilkunde an der Universität Würzburg. Dieses beendete er am 16. Februar 1923.414

411 StA Nbg. C 21/VII Nr. 35: Falk, Arthur. Bild 2. handschriftlicher Vermerk (rot): Ausw. geprüft. 412 StA Nbg. C 21/VII Nr. 69: Hirsch, Alfred. Bild 1, Detail. 413 Vgl. Kriegsstammrolle: Hirsch, Alfred. 414 Vgl. UAW: Studentenkartei Hirsch, Alfred. 85

Mit seiner Dissertation zum Thema „Der Foetor ex ore und seine Therapie bei Krankheiten des Mundes und Allgemeinerkrankungen“415 wurde er noch im gleichen Jahr zum Dr. med. dent. promoviert. Anschließend zog er nach Nürnberg und praktizierte seitdem in seiner Praxis in der Fürther Straße 10416, ganz in der Nähe von Arthur Falk. Wie alle anderen jüdischen Zahn- ärzte in Nürnberg litt auch Alfred Hirsch unter dem NS-Regime. In einem Brief an das Finanzamt hieß es: „Die Einnahmen des Jahres 1933 sind gegenüber dem Jahre 1932, insbesondere in den letzten Monaten bedeutend zurückgegangen. Mein Einkommen hat demnach eine solche Einbusse erlitten, dass die bisherigen […] geleisteten Vorauszahlungen zur Deckung der anfälligen Einkommenssteuer fast vollkommen genügen.“417

Ein Jahr später brach der Umsatz seiner Praxis noch weiter ein. Daraufhin beschloss Alfred Hirsch, das Deutsche Reich zu verlassen. Des- halb beantragte er 1935 einen Reisekreditbrief vom Bankhaus Anton Kohn in Höhe von 500 RM. Dieser Vorgang weckte allerdings Verdacht bei den Behörden, denn das Finanzamt Nürnberg äußerte „die Vermutung, daß Reisekreditbriefe über einen höheren Wert aus- gestellt (worden waren, Anm. d. Verf.), als dem tatsächlichen Bedarf des Reisenden [entspräche] und daß dadurch eine unerlaubte Ver- wendung der Zahlungsmittel nicht ausgeschlossen [wäre].“418

Am 25. März 1937 heiratete Alfred Hirsch Trude Hirsch, die am 13. Juni 1904 in Hagenow bei Schwerin geboren worden war. Ihre Religionszu- gehörigkeit ist nicht bekannt.419 Im gleichen Jahr beantragten beide Auswan- derungspapiere in die USA. Dieser Vorgang wurde dem Finanzamt von der Gestapo gemeldet. So sollte das Finanzamt „erforderlichenfalls in eigener Zuständigkeit Maßnahmen […] treffen, um Steuer- und Kapitalflucht zu ver-

415 Hirsch (1923) Der Foetor ex ore und seine Therapie. 416 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 4. 417 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 6563: Schreiben von Alfred Hirsch an das Finanzamt Nürnberg Ost vom 24.11.1933. 418 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 6563: Schreiben des Finanzamtes Nürnberg-Ost an das Landesfinanzamt vom 23.12.1935. 419 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 4. 86 hüten.“420 Dennoch gelang es Alfred Hirsch noch im Februar 1938 seinen Anteil an einem Grundstück in Möhrendorf in der Nähe von Erlangen zu ver- kaufen.421 Am 15. April 1938 kam das Ehepaar Hirsch in New York an und zog weiter nach Louisville im Bundesstaat Kentucky. Dort wohnten sie in der South Second Street 829. Noch im Juni 1938 beantragten beide die amerikanische Staatsbürgerschaft.422 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wandte sich Dr. Hirsch an die Wiedergutmachungsbehörde in Deutschland und forderte einen Ausgleich für sein Grundstück in der Arminiusstraße in Nürnberg, das er Dr. Friedrich Paul Backof verkauft hatte. Doch dieser widersprach den Vorwürfen: „Der Kaufpreis des Grundstücks von Mark 7700.- ist […] vom Verkäufer, Herrn Zahnarzt Dr. Hirsch, abquittiert. Er ist ihm voll zuge- flossen und er konnte mit dem Betrage machen, was er wollte […]. (Er, Anm. d. Verf.) hatte einen freien Beruf und war nicht Beamter, der ent- lassen wurde. […] Von einem politischen Druck oder Zwang konnte damals bei ihm nicht gesprochen werden.“423

Im Übrigen hätte Dr. Hirsch das Grundstück selbst erst 1933 erwor- ben, „zu einer Zeit, wo das Nazi-Regime schon bestand.“424 Den Ausgang des Verfahrens erlebte Alfred Hirsch nicht mehr. Er starb am 20. Januar 1967 in New York. Seine Witwe beerbte ihn und erhielt 1969 nach einem Vergleich 19.000 DM.425 Trude Hirsch starb am 14. Juli 1994, einen Tag nach ihrem 90. Geburtstag, in New York.426

420 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 6563: Schreiben der Gestapo an das Finanzamt Nürnberg- Ost vom 02.11.1937. 421 Vgl. StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 6563: Kaufvertrag vom 17.02.1938. 422 Vgl. Kentucky, Einbürgerungsregister, 1906-1991: Hirsch, Alfred und Hirsch, Trude. 423 StaA Li.: III JR 2061: Schreiben von Dr. Friedrich Paul Backof an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 04.02.1951. 424 Ebd. 425 Vgl. StaA Li.: III N7424: Schreiben der Wiedergutmachungsbehörde III vom 28.06.1968 und Niederschrift des Urteils vom 06.02.1969. 426 Vgl. Sterbeindex der Sozialversicherung: Hirsch, Trude. 87

Passkartei Alfred Hirsch Vorderseite427

Passkartei Alfred Hirsch Rückseite428

Krischer, Paul Der Dentist Paul Krischer wurde am 21. April 1893 im polnischen Garlice geboren. 1919 heiratete er in Berlin Victoria Steiner, die ebenfalls aus Polen stammte, und zog mit ihr nach Nürnberg. Ihre Religionszugehörig- keit ist nicht bekannt. Die beiden bekamen drei Kinder: Am 28. Oktober 1920 Leni, am 26. September 1924 Edith und am 13. Mai 1929 Kurt. Die älteste Tochter Leni starb bereits 1927, der Sohn Kurt wurde 1937 nach Marburg abgemeldet, wo er sechs bis zwölf Monate in einem Erziehungsheim ver-

427 StA Nbg. C 21/VII Nr. 69: Hirsch, Alfred. Bild 1. letzte Eintragung: Bes. Kennzeichen: Muttermal a.d. Oberlippe rechts. 428 StA Nbg. C 21/VII Nr. 69: Hirsch, Alfred. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Ausw. Frage geprüft 18.11.37. 88 bringen sollte. Am 23. März 1939 meldete sich Kurt Krischer nach Garlice, in den Geburtsort seines Vaters ab. Über das weitere Schicksal von Paul und Victoria Krischer ist nichts bekannt.429

Offenbacher, Fanny Fanny Offenbacher wurde am 2. Februar 1898 in Fürth geboren. 1923 wurde sie an der Universität Würzburg mit einer Dissertation zum Thema „Über die Extraktion von Praemolaren an Stelle der ersten Molaren zwecks orthodontischer Maßnahmen“430 promoviert. Sie arbeitete in Fürth als Zahn- ärztin und wanderte nach London aus. Zu Beginn des Jahres 1938 heiratete sie im englischen Willesden und trug seitdem den Nachnamen Greenbaum. Außerdem änderte sie ihren Vornamen in die englische Variante „Fenny“431. Wie sie ihr weiteres Leben verbrachte ist nicht bekannt. Fenny Greenbaum starb im Alter von 89 Jahren im August 1987.432

Dres. Oppenheimer, Alice und Frieda

Alice Oppenheimer433 Frieda Oppenheimer434 Alice Oppenheimer kam am 22. August 1886 in Darmstadt zur Welt, ihre Schwester Frieda bzw. Friedel wurde vier Jahre später, am 17. Februar 1890 ebenfalls in Darmstadt geboren. Beide studierten Zahnheilkunde in

429 Vgl. MK Nbg. C 21/IX. 430 Offenbacher (1923) Über die Extraktion von Praemolaren. 431 Vgl. England & Wales, Hochzeitsindex 1916-2005: Offenbacher, Fenny. 432 Vgl. Sterbeindex England & Wales 1916-2006: Offenbacher, Fenny. 433 StA Nbg. C 21/VII Nr. 113: Oppenheimer, Alice. Bild 1, Detail. 434 StA Nbg. C 21/VII Nr. 113: Oppenheimer, Frieda. Bild 2, Detail. 89

Leipzig. Frieda immatrikulierte sich am 22. April 1912, Alice am 16. Oktober 1916. Nach je zwei Jahren Studium verließen sie die Universität 1914 bzw. 1918. Während der Studienzeiten lebten sie bei ihren Eltern in der Robert- Schumanstraße in Leipzig.435 1917 zog Frieda aus Leipzig nach Nürnberg, Alice kam 1924 nach.436 Zusammen hatten sie eine Zahnarztpraxis in der Luitpoldtstraße und führten einen gemeinsamen Haushalt.437 Zu dieser „Haushaltung gehört[e] [ihre] 67 Jahre alte Mutter; [ihr] Vater verstierbt [sic], 76 Jahre alt, am 21. Februar 1926.“438 Zu Beginn der 1930er Jahre ver- schlechterte sich die Einkommenssituation der Schwestern drastisch. So schrieb Frieda in ihrer Steuererklärung für das Jahr 1931: „Infolge ungünstigen Mietvertrags und katastrophalen Einnahmerückganges ist mein Einkommen 1931 so gering, sodaß ich um überhaupt den Lebensunterhalt bestreiten zu können, Schulden aufnehmen musste. Ich bitte um gefl. Berücksichtigung meiner wirtschaftlichen Verhältnisse.“439

Im darauffolgenden Jahr wurde „infolge [ihres] häufigen Krankseins Einkommen sowie Umsatz wiederum kleiner“440. Aufgrund der Folgen eines „nervösen Zusammenbruches“441 kam der Praxisbetrieb im April 1933 fast zum Erliegen. Die Einnahmen reichten „nicht einmal zur Deckung der Praxismiete sowie Heizung und Beleuchtung“442 aus, weswegen sie im Mai 1933 den Offenbarungseid vor dem Amtsgericht Nürnberg leisten mussten. Ab 1934 „gewährte die Wohlfahrtsstelle der isr. Kultusgemeinde […] eine monatliche Unterstützung von 50.- RM.“443

435 Vgl. UAL: Quästur, AZ 7513.50/2012/1230: Studentenkartei Frieda und Alice Oppenheimer. 436 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 437 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 438 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 7411: Steuererklärung Alice Oppenheimer für 1926. 439 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 7411: Steuererklärung Frieda Oppenheimer für 1931. 440 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 7413: Schreiben von Frieda Oppenheimer an das Finanzamt Nürnberg Nord vom 30.04.1932. 441 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 7413: Schreiben von Frieda Oppenheimer an das Finanzamt Nürnberg Nord vom 28.04.1933. 442 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 7413: Steuererklärung Frieda Oppenheimer für 1933. 443 StaA Li.: Finanzamt Nbg-Ost 7413: Steuererklärung Frieda Oppenheimer für 1935. 90

Zusammen mit anderen Juden aus Nürnberg wurden beide am 24. März 1942 ins Ghetto Izbica deportiert.444 Über ihr Schicksal dort ist nichts bekannt. 1962 wurde für Alice und Frieda vom Amtsgericht Nürnberg der 31. Dezember 1945 zum Todestag erklärt.445

Passkartei Alice Oppenheimer Vorderseite446

Passkartei Alice Oppenheimer Rückseite447

444 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Oppenheimer Alice, Oppenheimer Frieda. 445 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 446 StA Nbg. C 21/VII Nr. 113: Oppenheimer, Alice. Bild 1. 447 StA Nbg. C 21/VII Nr. 113: Oppenheimer, Alice. Bild 2. letzte Eintragung: Nr. 4072; Tag der Ausfertigung: 15.7.25; Gültigkeitsdauer: 15.7.27; Bestimmungsland: D.b.G. + Ausl.; Verlängerung der Gültigkeitsdauer am: 15.7.27 bis 13.7.30. 91

Passkartei Frieda Oppenheimer Vorderseite 448

Passkartei Frieda Oppenheimer Rückseite 449

Dr. Oppenheimer, Moritz Am 3. August 1877 wurde Moritz Oppenheimer in Ochsenfurt geboren. 1915 heiratete er die aus Straßburg stammende Paula Loeb. Noch im gleichen Jahr kam Sohn Erich auf die Welt, zwei Jahre später Tochter Martha. In Stuttgart wurde 1919 Tochter Ruth geboren. Ein Jahr später zog Familie Oppenheimer von Straßburg nach Nürnberg.450 Moritz Oppenheimer arbeitete dort in der Kaiserstraße 20 als Zahnarzt.451 Bereits 1933 wanderte 448 StA Nbg. C 21/VII Nr. 113: Oppenheimer, Frieda. Bild 1. 449 StA Nbg. C 21/VII Nr. 113: Oppenheimer, Frieda. Bild 2. letzte Eintragung: Nr. 5852; Tag der Ausfertigung: 12.8.25; Gültigkeitsdauer: 12.8.27; Bestimmungsland: D.b.G. u. g. Ausland; Verlängerung der Gültigkeitsdauer am: 28. Nov. 1938. 450 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 451 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 92 die Familie nach Palästina aus. Ruth Oppenheimer verstarb dort am 26. April 1938.452 Weitere Fakten über das Schicksal der Familie sind nicht bekannt.

Dr. Peretz, Eugen Am 1. März 1869 kam Eugen Peretz in Berlin zur Welt. 453 Er studierte Zahnmedizin und wurde 1893 an der Universität Würzburg mit seiner Dissertation zum Thema „Ueber Unterkieferfrakturen“454 promoviert. 1895 heiratete er Resie Freudenthal. Die Ehe blieb kinderlos. Bereits 1914 meldete sich Eugen Peretz als Freiwilliger für den Krieg, ein Jahr später wurde er zum Kriegszahnarzt ernannt.455 Im April 1921 zog das Ehepaar Peretz von München nach Nürnberg. Eugen Peretz arbeitete als Zahnarzt in seiner Praxis in der Karolinenstraße. Er verstarb am 14. Dezember 1936.456

Dr. Reiß, Moritz Moritz Reiß wurde „in Herbstein in Oberhessen am 29. September 1867 als der Sohn des Kaufmanns Seligmann Reiss und dessen Ehefrau Helene geborene Spier“457 geboren. In seiner Heimatstadt besuchte er die Volksschule, danach „Gymnasien in Fulda und Giessen“.458 Das Studium der Zahnmedizin, welches er 1890 abschloss, erfolgte in Berlin. 1892 ließ sich Moritz Reiß in Metz als Zahnarzt nieder, heiratete 1894 und wurde im April 1895 Vater eines Sohnes namens Friedrich.459 Seine Ehefrau Anna, geborene Morgenstern, war die Tochter des ersten jüdischen Abgeordneten im bayerischen Landtag, Dr. David Morgenstern.460 „Von Oktober 1914 an machte [er] als vertraglich verpflichteter Civil-

452 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 453 Vgl. ebd. 454 Vgl. Peretz (1893) Ueber Unterkieferfrakturen. 455 Vgl. Kriegsstammrolle: Peretz, Eugen. 456 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 457 UAE: C 3/3 Nr. 4067: Lebenslauf Reiß, Moritz. 458 Ebd. 459 Vgl. ebd. 460 Vgl. Blume: Memorbuch – Opfer der Shoa Reiss, Anna. 93

zahnarzt den Krieg mit bis zum Ende. […] Nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges und dem Einzug der Franzosen musste [er seine] Praxis bald daraufhin schliessen“461

und ließ sich 1919 in Fürth nieder. Erst im Jahre 1922 wurde er mit einer Dissertation zum Thema „Beiträge zur zahnärztlichen Behandlung der Oberkieferbrüche“462 promoviert und zog daraufhin mit seiner Familie nach Nürnberg. Hier arbeitete er in seiner Praxis in der Fürther Straße. Am 3. Juni 1933 meldete sich Moritz Reiß nach Bad Reichenhall ab.463 1939 zog das Ehepaar Reiß nach Stuttgart und 1942 nach Dellmensingen in der Nähe von Ulm. Im August 1942 wurden Moritz und Anna Reiß über Stuttgart nach Theresienstadt deportiert.464 Bereits einen Tag nach der Ankunft, am 23. August, starb Moritz Reiß465, Anna wurde Ende September ins Vernichtungslager Treblinka gebracht und später für tot erklärt.466 Der Sohn Friedrich Reiß studierte Medizin und heiratete 1924 Herta Linda Hausmann. 1925 und 1928 wurden die Söhne Hermann und Klaus geboren. Die Familie lebte bis zum 31. Dezember 1935 in Weinheim und wanderte dann nach Haifa in Palästina aus.467

Dr. Rosenbaum, Fritz Fritz Rosenbaum kam am 29. Juni 1899 im brandenburgischen Cros- sen als Sohn von Moritz und Margarete Rosenbaum auf die Welt.468 1924 zog er aus Bernburg in Sachsen-Anhalt nach Nürnberg469 und arbeitete hier als Zahnarzt in der Gibitzenhofstraße 71.470 Ein Jahr später heiratete er Olga

461 UAE: C 3/3 Nr. 4067: Lebenslauf Reiß, Moritz. 462 Ebd. 463 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 464 Vgl. Blume: Memorbuch – Opfer der Shoa Reiss, Anna. 465 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Reiß Moritz. 466 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Reiß Anna. 467 Vgl. Juden in Weinheim Dr. Reiß, Friedrich. 468 Vgl. The Central Database of Shoah Vicitmsʼ Names-Rosenbaum Fritz. 469 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 470 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 94

Bergmann, die 1900 in Nürnberg geboren worden war. Die Ehe blieb kinderlos. Nach eigenen Angaben verbrachten Fritz und Olga Rosenbaum 1935 fünf Wochen in Palästina, kamen aber im gleichen Jahr wieder ins Deutsche Reich zurück.471 Über ihr weiteres Schicksal in der Zwischenzeit ist nichts bekannt. Am 16. Juni 1943 wurden Fritz und Olga Rosenbaum ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort starb Olga Rosenbaum am 6. Januar 1944.472 Im September 1944 kam Fritz Rosenbaum nach Auschwitz. Bereits einen Monat später wurde er ins Konzentrationslager Dachau verlegt. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 14. Februar 1945, starb er im Dachauer Außenlager Kaufering.473

Rubin, Paul

Paul Rubin474 Am 24. Oktober 1880 wurde Paul Rubin in Karlsruhe geboren. Er lernte den Beruf Dentist. 1910 heiratete er in Stuttgart Susanne Reinemann. Deren Religionszugehörigkeit ist nicht bekannt. Diese Ehe wurde geschieden. Mit 52 Jahren heiratete Paul Rubin 1932 in zweiter Ehe die erst dreiundzwanzigjährige Lisbeth Steiner-Krauß. Auch bei ihr ist keine Religionszugehörigkeit bekannt. Das Paar lebte in Nürnberg und bekam ein

471 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 7. 472 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Rosenbaum Olga. 473 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Rosenbaum Fritz. 474 StA Nbg. C 21/VII Nr. 131: Rubin, Paul. Bild 3, Detail. 95

Jahr später eine Tochter namens Ursula.475 Ende November 1941 wurde die Familie Rubin von Nürnberg nach Riga-Jungfernhof deportiert.476 Ihre genauen Todesdaten sind nicht bekannt.

Passkartei Paul Rubin Vorderseite Blatt 1477

Passkartei Paul Rubin Vorderseite Blatt 1478

475 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 476 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Rubin Paul, Rubin Lisbeth. 477 StA Nbg. C 21/VII Nr. 131: Rubin, Paul. Bild 1. 478 StA Nbg. C 21/VII Nr. 131: Rubin, Paul. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Bestimmungsland: umgez. 9.8.29; Verlängerung der Gültigkeitsdauer am: 29.12.26 bis 17.12.28. 96

Passkartei Paul Rubin Vorderseite Blatt 2479

Silberpfennig, Lina

Lina Silberpfennig480 Lina Silberpfennig, geborene Ullmann, wurde am 7. Februar 1877 in Gailingen am Bodensee geboren. Sie lernte den Beruf Dentistin. Ort und Datum der Hochzeit, sowie der Vorname des Ehemanns sind nicht bekannt. Sie bekam vier Kinder: Max, geboren am 25. Febraur 1899, Myra, geboren am 6. Januar 1901, Irma, geboren am 7. Januar 1903, und Berta, die am 25. Januar 1904 zur Welt kam. 1921 zog die Familie nach Nürnberg. Lina Silberpfennig arbeitete dort in einer Praxis am Hauptmarkt als Dentistin, Tocher Myra erlernte ebenfalls diesen Beruf.481 1942 wurde Lina Silberpfennig zunächst in das „Lager Langwasser (und von dort, Anm. d.

479 StA Nbg. C 21/VII Nr. 131: Rubin, Paul. Bild 3. 480 StA Nbg. C 21/VII Nr. 153: Silberpfennig, Lina. Bild 2, Detail. 481 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 97

Verf.) nach Izbica, Kr. Lublin, Polen“482 deportiert. Vom Amtsgericht Nürnberg wurde 1951 „als Todestag der 8. Mai 1945“483 angenommen. Ob ihr Ehemann und die Kinder Max und Irma das gleiche Schicksal erlitten wie Lina oder ob sie wie die Töchter Myra484 und Berta485 ins Ausland gehen konnten, ist nicht bekannt. Berta Gold, geborene Silberpfennig, verbrachte ihr weiteres Leben in den USA. Bereits ab 1948 bemühte sie sich um die Herausgabe von persönlichen Gegenständen ihrer Mutter, die sich zum einen bei „Fräulein Elisabeth Fischer“486 und zum andern bei „einem gewissen Leo Bärnkopf bei der Betreuungsstelle für Juden, München, Holbeinstr. 11“487 befänden. Zu diesen Gegenständen gehörten unter anderem: „[Eine] goldene Bruecke m. 5 Zaehnen “ gold. Bruecke m. 3 Zaehnen […] ein kl. quantum Altgold […] 2 paar goldene Ohrringe eine goldene Halskette mit gold. Anhaenger, 2 Photos.“488

Sie begründete ihren Anspruch damit, dass „Frl. Elisabt [sic] Fischer und ihre Schwester Walli Fischer […] Zeugen (wären, dass ihre, Anm. d. Verf.) Mutter (nach Izbica, Anm. d. Verf.) transportiert wurde, und dass [sie] die Tochter“489 wäre. Außer ihr hätte kein Mitglied der Familie überlebt. 1951 wurde der Antrag zurückgewiesen, da sich „die Antragsstellerin nach der Mit- teilung des Bayerischen Landesentschädigungsamtes mittlerweile wieder im

482 StaA Li.: IIIa/3180: Erbschein Lina Silberpfennig, ausgestellt vom Amtsgericht Nürnberg am 14.04.1951. 483 Ebd. 484 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 485 Vgl. StaA Li.: IIIa/3180: Schreiben von Berta Gold an das Zentralanmeldeamt Bad Nauheim vom 26.12.1948. 486 StaA Li.: IIIa/3180: Schreiben des Bayerischen Landesentschädigungsamtes vom 04.10.1951. 487 Ebd. 488 StaA Li.: IIIa/3180: Schreiben von Berta Gold an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 12.07.1950. 489 Ebd. 98

Besitz der bezeichneten Gegenstände“490 befände.

Passkartei Lina Silberpfennig Vorderseite491

Passkartei Lina Silberpfennig Vorderseite492

490 StaA Li.: IIIa/3180: Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde III vom 30.11.1951. 491 StA Nbg. C 21/VII Nr. 153: Silberpfennig, Lina. Bild 1. handschriftlicher Vermerk: Bedenken geg. Paßausstellung 10.5.39. 492 StA Nbg. C 21/VII Nr. 153: Silberpfennig, Lina. Bild 2. 99

Silberpfennig, Myra

Myra Silberpfennig493 Myra Silberpfennig kam am 6. Januar 1901 in München als Tochter von Lina Silberpfennig zur Welt. 1921 zog sie mit ihren Eltern und Geschwistern nach Nürnberg und arbeitete wie ihre Mutter als Dentistin. 1937 meldete sie sich nach Holland ab, 1939 zog sie nach Brüssel. Darauf- hin wurde im September 1939 ein Verfahren zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft gegen sie eröffnet.494 Im August 1942 meldete sich Myra Silberpfennig in Saint-Pardoux- Isaac, einer Kleinstadt im Südwesten Frankreichs, an. Aufgrund ihrer jüdischen Abstammung wurde sie verhaftet und ins Lager Sauvaud in Casseneuil, ebenfalls in Südwestfrankreich gelegen, gebracht. Von dort aus deportierte man sie ins Sammellager Drancy bei Paris und am 9. September 1942 gelangte sie mit dem Transport Nummer 30 nach Auschwitz. Ihr genauer Todeszeitpunkt ist nicht bekannt.495

493 StA Nbg. C 21/VII Nr. 153: Silberpfennig, Myra. Bild 1, Detail. 494 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 495 Vgl. Mémorial de la Shoa: Silberpfenig, Myra und Anonymes, Justes et Persécutés durant la période Nazie: Saint-Pardoux-Isaac en 1939-1945. 100

Passkartei Myra Silberpfennig Vorderseite496

Passkartei Myra Silberpfennig Rückseite497

496 StA Nbg. C 21/VII Nr. 153: Silberpfennig, Myra. Bild 1. handschriftlicher Vermerk: Verfahren auf Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit 9.10.39. 497 StA Nbg. C 21/VII Nr. 153: Silberpfennig, Myra. Bild 2. 101

Dres. Singer, Alexander und Anna

Alexander Singer498 Alexander Singer wurde am 5. Mai 1884 in Prerau in Mähren gebo- ren. Sein Vater Salomon Singer war dort Rabbiner. Ab 1915 war Alexander Singer Kriegszahnarzt im Ersten Weltkrieg.499 Nach dessen Ende heiratete er in Nürnberg die zehn Jahre jüngere Anna Gottschalk, die aus Köln stammte.500 Beide hatten Zahnmedizin studiert und wurden promoviert. Alexander Singer verfasste seine Arbeit 1921 über die „verspätete 2. Dentition“501, seine Frau schrieb über die „Bäckerkaries am Beispiel der in der Nürnberger Lebkuchenindustrie tätigen Arbeiter“502. Gemeinsam führten sie eine Zahnarztpraxis in Nürnberg. Zuvor hatte Alexander Singer im Ersten Weltkrieg als Sanitätsoffizier gedient.503 Am 8. Juni 1920 bekam das Ehe- paar Tochter Ruth, 1923 folgte Sohn Salomon.504 Für seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg erhielt Alexander Singer 1935 „das von dem Reichspräsidenten Generalfeldmarschall von Hinden- burg gestiftete Ehrenkreuz für Frontkämpfer“505.

498 StA Nbg. C 21/VII Nr. 154: Singer, Alexander. Bild 1, Detail. 499 Vgl. Kriegsstammrolle: Singer, Alexander. 500 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 501 Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus S. 132. 502 Ebd. S. 132. 503 Vgl. ebd. S. 132. 504 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 505 Verleihungsurkunde des Ehrenkreuzes für Alexander Singer 1935, abgebildet in: Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus Anlage 3 c). 102

Bereits im August 1933 hatte Anna Singer ihre Kassenzulassung ver- loren, da sie „nach [einem] Fragebogen als Nichtarierin (gelte und, Anm. d. Verf.) weder am Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich gekämpft [habe], noch (sei ihr, Anm. d. Verf.) Vater im Weltkrieg gefallen.“506

Alexander durfte noch bis zu seinem Zulassungsentzug 1938 in der Praxis arbeiten. Dann wurde er in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Durch den Schulleiter der beiden Kinder, die mittlerweile in England lebten, erhielt das Ehepaar Singer ein Visum für Großbritannien und Alexander wurde aus dem Lager entlassen.507 Vor der Abreise im Mai 1939 verloren Alexander und Anna nahezu ihren gesamten Besitz. Die gemeinsame „Praxis-Einrichtung, bestehend unter anderem aus: zahnärztlichem Operationsstuhl (Ritter-Bieber), electrischer [sic] Wandarm- Bohrmaschine […] - (wurde, Anm. d. Verf.) durch die Deutsche Arbeitsfront […] versiegelt und dann unter persönlichen Bedrohungen […] abmontiert und weggeschafft.“508

Von ihren privaten Wertgegenständen mussten sie einen Großteil an das Leihamt in Nürnberg abliefern, es blieben ihnen lediglich ein paar Kisten mit Umzugsgut. Doch auch diese wurden im Hamburger Hafen beschlagnahmt und „von den Nazis veräussert“509. Ohne Besitz gelangte das Ehepaar nach Harwich in England. Dort versuchte Alexander Singer sofort eine Arbeitserlaubnis zu bekommen und als Zahnarzt weiter zu arbeiten, doch seine Bemühungen waren erfolglos. So wurde die „Bewerbung beim ‛General Council of Medical Eduaction and Registration‛ […] ebenso abgelehnt wie sein Gesuch, als Schulzahnarzt zu

506 Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Nürnberg 1933, abgebildet in: Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus Anlage 3 b). 507 Vgl. Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus S. 133. 508 StaA Li.: III N 1832: Schreiben von Alexander Singer an das Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung vom 08.11.1947. 509 Ebd. 103 arbeiten“510. Zunächst nahm Alexander Singer deshalb eine Stelle als Fabrik- arbeiter und danach als Packer an, später wurde er für ein Dentaldepot als Vertreter tätig.511 Inzwischen lebte Familie Singer in London. Von dort aus beantragte Alexander Singer bei der Wiedergutmachungsbehörde in Ansbach Entschädigungen für die eingezogene Praxiseinrichtung, die Abgabe der Wertsachen und die beschlagnahmten Umzugskisten. Der An- trag wurde abgelehnt. Tochter Ruth heiratete und ging mit ihrem Ehemann nach Porto Allegre in Brasilien. Sohn Salomon blieb wie seine Eltern in England. 1951 starb Anna Singer512, 21 Jahre später verstarb Alexander Singer in einem englischen Altersheim.513

Passkartei Alexander Singer Vorderseite Blatt 1514

510 Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus S. 133. 511 Vgl. ebd. S. 133. 512 Vgl. StaA Li.: III N 1775: Anmeldung von rückerstattungsrechtlichen Geldansprüchen gegen das Deutsche Reich vom 29.11.1958. 513 Vgl. Depmer (1993) Weg und Schicksal verfolgter Zahnmediziner während der Zeit des Nationalsozialismus S. 133. 514 StA Nbg. C 21/VII Nr. 154: Singer, Alexander. Bild 1. 104

Passkartei Alexander Singer Rückseite Blatt 1515

Passkartei Alexander Singer Vorderseite Blatt 2516

515 StA Nbg. C 21/VII Nr. 154: Singer, Alexander. Bild 2. Eintragung von 1928: zu Verlust gegangen; Neuausst. genehmigt 16.9.28. 516 StA Nbg. C 21/VII Nr. 154: Singer, Alexander. Bild 3. 105

Dres. Spitzer, Ernst und Martha

Ernst Spitzer517 Martha Spitzer518 Am 14. August 1886 kam Ernst Spitzer in Gleiwitz, dem heutigen Gliwice in Polen, zur Welt.519 Ein Jahr später wurde seine Ehefrau Martha Steinfeld am 29. September 1887 als Tochter von Samuel und Cecilia Steinfeld geboren.520 Ernst Spitzer und Martha Steinfeld studierten Zahn- medizin und heirateten am 21. November 1911 in Augsburg. Kurz nach der Hochzeit zogen sie nach Nürnberg und bekamen zwei Kinder: Ellen, gebo- ren 1913, und Hellmut, geboren 1921.521 Martha und Ernst Spitzer praktizier- ten in einer Praxis in der Königsstraße und „bewohnten in Nürnberg eine 9- Zimmer-Wohnung im Hause am Rennweg 1.“522 Kurz nach den Machtergrei- fung Hitlers wurden sie im Frühjahr 1933 per Einschreiben „hiermit aufgefordert [ihre, Anm. d. Verf.] Praxis bis längstens 1-Juli 1933 wieder zusammenzulegen. Nach nationalsozialistischer Auffas- sung ist eine getrennte Praxisausübung zweier Ehegatten im Interesse des wirtschaftlichen Wiederaufstiegs unstatthaft. Ein für alle Mal muss dem Doppelverdienertum523 zu Leibe gerückt werden. In An- betracht der grundlegend veränderten politischen Verhältnisse dürfte

517 StA Nbg. C 21/VII Nr. 156: Spitzer, Ernst. Bild 2, Detail. 518 StA Nbg. C 21/VII Nr. 156: Spitzer, Martha. Bild 1, Detail. 519 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 520 Vgl. Illinois, Todesfälle und Totgeburten, 1916-1947: Spitzer, Martha. 521 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 522 StaA Li.: III N172: Schreiben von Dr. Wurzer an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 22.04.1958. 523 Das NS-Regime wollte Frauen aus dem Beruf drängen, um die sinkende Geburtenrate wieder anzuheben und mehr Arbeitsplätze für Männer zur Verfügung zu haben. Dies brachte aber keine nachhaltigen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Vgl. Bavaj (2003) Ambivalenz der Moderne S. 112. 106

es ratsam sein diesem […] Verlangen nachzukommen.“524

Außerdem musste die Familie noch im gleichen Jahr „in eine kleine Wohnung in der Bahnhofsstraße umziehen.“525 Ein Großteil ihrer Möbel und viele Wertgegenstände passten nicht mehr in die neue Wohnung, deshalb wurde ein „erheblicher Teil dieser Einrichtung […] in Kisten oder sonst wie ver- packt auf dem Boden abgestellt, darunter beispielsweise Orginalradierungen, Gemälde, Perserteppiche, […] eine Erstausgabe der Bibel in mehr als 20 Bänden auf Pergament mit Goldschnitt […] usw.“526

Zum 31. Januar 1939 mussten jüdische Zahnärzte ihre Tätigkeit be- enden, danach durfte „ein bestimmter Teil jener Zahnärzte nur noch für jüdische Patienten tätig sein“527. Bereits am 23. Januar 1939 erschien ein Beauftragter der DAF mit dem Auftrag, „die Praxis von Herrn Dr. Spitzer und die Praxis seiner Ehefrau zu schliessen. […] Der Mann verschloß daraufhin die Räume und nahm die Schlüssel an sich.“528

Kurz danach wurde die Einrichtung der Praxis, „ohne daß eine Quit- tung oder sonst irgend ein Beleg übergeben worden wäre“529 von der DAF abgeholt und später versteigert. So wie dem Ehepaar Spitzer ging es auch allen anderen jüdischen Zahnärzten der Region, sie wurden Opfer einer „der berüchtigten Sonderaktionen des ebenso berüchtigten Gauleiters Streicher in Nürnberg.“530 Familie Spitzer meldete sich Ende 1939 in die USA nach San

524 StaA Li.: III N172: Schreiben des Zahnärztlichen Vereins II für Mittel- und Oberfranken e.V. vom 01.04.1933. 525 StaA Li.: III N172: Schreiben von Dr. Wurzer an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 22.04.1958. 526 Ebd. 527 StaA Li.: III N172: Schreiben von Dr. Wurzer an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 30.11.1957. 528 Ebd. 529 Ebd. 530 Ebd. 107

Francisco ab.531 Zuvor gelang es ihnen, „6 große Kisten mit wertvollen Ein- richtungsgegenständen für die Auswanderung zum Versand zu bringen.“532 In diesen Kisten befand sich außerdem „noch eine Kücheneinrichtung, die nach dem Pogrom533 neu angeschafft worden war“534 und „eine komplette Einrichtung mit allen Apparaten nebst Zubehör zur Herstellung von Pralinen. Die Verfolgten hatten in Berlin […] einen Kurs mitgemacht, um sich durch die Herstellung von Pralinen nach der Emigration zunächst einmal vielleicht den notwendigsten Lebensunter- halt verdienen zu können.“535

Diese Kisten wurden wie geplant nach Rotterdam versandt. Am dortigen Hafen allerdings wurden sie „durch deutsche Behoerden beschlag- nahmt und auf Anweisung des Oberfinanzpraesidenten Nordmark nach Luebeck verladen.“536 Somit standen sie der Familie nicht mehr zur Verfü- gung. Von Rotterdam aus gelangten Ernst und Martha Spitzer, gemeinsam mit ihren Kindern und Marthas Mutter Cecilia Steinfeld, am 22. November 1939 mit dem Schiff „S.S. Rotterdam“ nach New York.537 Von dort aus zog die Familie nach Chicago und lebte in der 53. Straße.538 1942 meldete sich Ernst Spitzer zum amerikanischen Militär. Er war zu dieser Zeit arbeitslos. 539 Tochter Ellen heiratete einen Herrn Sandmann.540 Am 10. Oktober 1946 starb Martha Spitzer, nur einen Tag später wurde sie in Proviso, in der Nähe von Chicago, beigesetzt.541 Ab 1948 bemühte sich Ernst Spitzer um Wiedergutmachung für die

531 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 8. 532 StaA Li.: III N172: Schreiben von Dr. Wurzer an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 22.04.1958. 533 Vermutlich in der ‚Reichskristallnacht’ vom 09.11.1938. 534 StaA Li.: III N172: Schreiben von Dr. Wurzer an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 22.04.1958. 535 Ebd. 536 StaA Li.: III N172: Eidesstattliche Erklärung von Ernst Spitzer vom 31.07.1958. 537 Vgl. Passagierlisten New York 1820-1957: Spitzer, Ernst. 538 Vgl. US-Volkszählung 1940: Spitzer, Ernst. 539 Vgl. US-amerikanische Einzugsregistrierungskarten 2. Weltkrieg: Spitzer, Ernst. 540 Vgl. StaA Li.: III N172: Erbschein Martha Spitzer vom 10.02.1959. 541 Vgl. Illinois, Todesfälle und Totgeburten, 1916-1947: Spitzer, Martha. 108 erlittenen Schäden durch das NS-Regime.542 Erst 1965 bekam er „Entschädigungen in Höhe von DM 4.000.-- für Schaden […] an Eigentum und Vermögen […] gewährt.“543 Ernst Spitzer starb im September 1974 in Chicago.544

Passkartei Ernst Spitzer Vorderseite545

Passkartei Ernst Spitzer Rückseite546

542 Vgl. StaA Li.: JR III 10346: Schreiben an das Zentralanmeldeamt Friedberg bei Bad Nauheim vom 27.12.1948. 543 StaA Li.: III/N 8981: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 18.03.1965. 544 Vgl. Sterbeindex der Sozialversicherung: Spitzer, Ernst. 545 StA Nbg. C 21/VII Nr. 156: Spitzer, Ernst. Bild 1. 546 StA Nbg. C 21/VII Nr. 156: Spitzer, Ernst. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Ausw. gepr. 17.11.39. 109

Passkartei Martha Spitzer Vorderseite547

Passkartei Martha Spitzer Rückseite548

547 StA Nbg. C 21/VII Nr. 156: Spitzer, Martha. Bild 1. handschriftlicher Vermerk: Ellen Spitzer geb. 8.1.1913 Nürnberg; Hellmut 15.2.21. 548 StA Nbg. C 21/VII Nr. 156: Spitzer, Martha. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Ausw. gepr. 17.11.39. 110

Dr. phil. Steinhardt, Maximilian

Maximilian Steinhardt549 Maximilian Steinhardt wurde am 12. Oktober 1878 geboren und studierte Zahnmedizin. Der genaue Studienort und warum er zum Dr. phil. und nicht zum Dr. med. dent. promoviert wurde, ist nicht bekannt.

1912 ehelichte er die 1882 im badischen Wenkheim geborene Ida Lehmann. Sie war die Tochter von Maier und Karoline Lehmann und hatte vier Geschwister: Regina, Luise, Berthold und Paula.550 Das Ehepaar Steinhardt lebte in Nürnberg. Dort kam 1915 Tocher Cäcilin auf die Welt. Im gleichen Jahr ging Maximilian Steinhardt zum Militär und war bis 1918 Kriegszahnarzt.551 Am 24. Februar 1932 starb er in Würzburg, seine Witwe meldete sich 1935 nach München ab.552 Wie es ihr und ihrer Tochter dort ergangen ist, ist nicht weiter bekannt.

549 StA Nbg. C 21/VII Nr. 158: Steinhardt, Otto Maximilian. Bild 2, Detail. 550 Vgl. Deutschland: Juden in Würzburg, 1900-1945: Steinhardt, Ida. 551 Vgl. Kriegsstammrolle: Steinhardt, Maximillian. 552 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 9. 111

Passkartei Maximilian Steinhardt Vorderseite553

Passkartei Maximilian Steinhardt Rückseite554

553 StA Nbg. C 21/VII Nr. 158: Steinhardt, Otto Maximilian. Bild 1. letzte Eintragung: Bes. Kennzeichen: Narben am rechten Handgelenk und im Gesicht. 554 StA Nbg. C 21/VII Nr. 158: Steinhardt, Otto Maximilian. Bild 2. 112

Dr. Stern, Kurt

Kurt Stern555 Am 6. August 1899 wurde Kurt Stern im thüringischen Sonneberg ge- boren. Sein Vater Nathan war Kaufmann und starb frühzeitig. Sterns Mutter Paula heiratete den Kaufmann Philipp Hirsch und die Familie zog nach Nürnberg. Dort besuchte Kurt Stern bis 1919 ein Gymnasium. Während seiner Schulzeit, von 1917 bis 1918, war er Soldat im Ersten Weltkrieg.556 Anschließend studierte er in Würzburg und in Berlin Zahnmedizin. Im Februar 1923 erhielt er die Approbation als Zahnarzt und wurde im Oktober zum Dr. med. dent. promoviert.557 Das Thema seiner Dissertation lautete: „Über Chlorphenol, Kampfer und Chlorphenolkampfer“558. Danach zog er erneut nach Nürnberg und arbeitete in seiner Praxis als Zahnarzt. 1934 meldete er sich nach Haifa ab559, „um Verfolgungsmassnahmen aus rassischen Gründen zu entgehen.“560 Ein Jahr später heiratete er die 1900 in Kiel geborene Erna Goerke. Diese war keine Jüdin, sondern evangelisch getauft. 1936 meldete sich Erna Stern ebenfalls nach Haifa ab.561 Drei Jahre später stellte Kurt Stern einen Antrag auf den Erhalt der palästinensischen Staatsbürgerschaft, die er am 27. April 1939 erhielt. Über das weitere Leben des Ehepaar Stern in Haifa ist

555 StA Nbg. C 21/VII Nr. 160: Stern, Kurt. Bild 1, Detail. 556 Vgl.: Kriegsstammrolle: Stern, Kurt. 557 Vgl. UAW: Studentenkartei Stern, Kurt 1. 558 Stern (1923) Über Chlorphenol, Kampfer und Chlorphenolkampfer. 559 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 9. 560 StaA Nbg.: Kriminalinspektion Nbg. Abg. 1784, Nr. 3044: Schreiben des Landesamtes für Entschädigung vom 24.04.1957. 561 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 9. 113 nichts bekannt, außer der Tatsache, dass Kurt Stern 1960 wieder die deutsche Staatsbürgerschaft erwarb.562

Passkartei Kurt Stern Vorderseite563

Passkartei Kurt Stern Rückseite564

562 Vgl. ebd. 563 StA Nbg. C 21/VII Nr. 160: Stern, Kurt. Bild 1. 564 StA Nbg. C 21/VII Nr. 160: Stern, Kurt. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Auswanderung geprüft 1. Akt. 13.8.34. 114

Dr. Türkheim, Nora

Nora Türkheim565 Nora Türkheim kam am 17. November 1898 in Fürth zur Welt. Nach ihrem Zahnmedizinstudium zog sie 1919 aus Würzburg nach Nürnberg.566 Dort praktizierte sie in der Bucher Straße 79.567 1922 wurde sie an der Uni- versität Würzburg mit einer Dissertation zum Thema „Über Wesen und Ätiologie der Opisthognathie bezw. Opisthogenie“568 promoviert.

1933 meldete sich sich nach Paris ab und wanderte über Paris nach Oderzo in Italien aus. 1951 wurde sie als deutsche Staatsbürgerin wieder in der Bundesrepublik eingebürgert.569 Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

565 StA Nbg. C 21/VII Nr. 164: Türkheim, Nora. Bild 1, Detail. 566 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 9/10. 567 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 568 Türkheim (1922) Über Wesen und Ätiologie der Opisthognathie bezw. Opisthogenie. 569 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 9/10. 115

Passkartei Nora Türkheim Vorderseite570

Passkartei Nora Türkheim Rückseite571

570 StA Nbg. C 21/VII Nr. 164: Türkheim, Nora. Bild 1. 571 StA Nbg. C 21/VII Nr. 164: Türkheim, Nora. Bild 2. letzter handschriftlicher Vermerk: Stadtrat Würzburg Inl. Prs. Geb. Saargeb. u. Ausl. umgez: 28.12.27. 116

Dr. Ullmann, Ludwig

Ludwig Ullmann572 Ludwig Ullmann kam am 7. August 1892 in Nürnberg als der Sohn des Kaufmanns Gustav Ullmann und seiner Frau Louise, geborene Schwab, zur Welt. Während des Zahnmedizinstudiums wurde er im August 1914 ein- gezogen und war bis Januar 1919 Soldat im Ersten Weltkrieg.573 Nach dem Studium arbeitete er in Nürnberg als Zahnarzt am Hefners- platz574 und heiratete am 20. Dezember 1923 in Heilbronn Karolina Kern, die ebenfalls der jüdischen Religion angehörte. Die Ehe der beiden blieb kinder- los.575 19 Jahre später, im September 1942, wurde das Ehepaar mit dem Transport Nr. II/25 nach Theresienstadt deportiert. Dort starb Ludwig, der die Häftlingsnummer 474 trug, am 17. November 1942576 und Karolina am 17. April 1943.577 Knapp zehn Jahre nach Kriegsende versuchte die JRSO für die ver- folgten und getöteten Juden Wiedergutmachung von der Bundesrepublik Deutschland zu bekommen. So beantragte sie auch für Ludwig Ullmann Ent- schädigungen unter anderem von den Zahnärzten Karl Gattner578 und Fritz

572 StA Nbg. C 21/VII Nr. 167: Ullmann, Ludwig. Bild 1, Detail. 573 Vgl. Kriegsstammrollen: Ullmann, Ludwig. 574 Vgl. Jochem (2010) Jüdische Gewerbetreibende, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930 S. 41. 575 Vgl. MK Nbg. C 21/X Nr. 9. 576 Vgl. The Central Database of Shoah Vicitmsʼ Names-Dr. Ullmann Ludwig. 577 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Ullmann Karolina. 578 Vgl. StaA Li.: JR III 4438: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 20.03.1957. 117

Bach579. In einem Begründungsschreiben vom Mai 1958 hieß es: „Auf Grund der achten Verordnung der jüdischen Zahnärzte zum RBG vom 17.1.1939 […] erloschen die Zulassungen der jüdischen Zahnärzte am 31.1.1939. Sie waren daher gezwungen, ihre Praxis aufzugeben. Wie gerichtsbekannt, wurde ihnen das Betreten ihrer Praxisräume verboten. Sie mußten ihre Praxiseinrichtung zu einem Bruchteil des tatsächlichen Wertes veräußern.“580

Die Sprechzimmereinrichtungen wurden von der DAF beschlagnahmt, „zum Teil bereits an Ort und Stelle“581 verkauft, andere Teile wurden gesam- melt und bei der AOK Nürnberg veräußert.582 „[E]s ist anzunehmen, daß die DAF diese Gegenstände ohne Rücksicht auf frühere Eigentumsverhältnisse en bloc verkauft hat“583, sodass man nicht mehr nachvollziehen konnte, „welcher Bohrmaschinensatz etwa an welchen arischen Zahnarzt verkauft wurde“584.

Passkartei Ludwig Ullmann Vorderseite585

579 Vgl. StaA Li.: JR III 4459: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 18.09.1957. 580 StaA Li.: JR III 4461: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 14.05.1958. 581 StaA Li.: JR III 4459: Schreiben der Finanzmittelstelle Ansbach an die Wiedergutmachungsbehörde vom 18.09.1957. 582 Vgl. ebd. 583 Ebd. 584 Ebd. 585 StA Nbg. C 21/VII Nr. 167: Ullmann, Ludwig. Bild 1. letzte Eintragung: Bes. Kennzeichen: Narben an d. Stirn 118

Passkartei Ludwig Ullmann Rückseite586

Dr. Walter, Max

Max Walter wurde am 12. März 1902 „als Sohn der Kaufmannsehe- leute Sigmund und Babette Walter in Zeil a. Main geboren“587. Nach dem Abschluss der Realschule in Fürth und einem halben Jahr beim „vaterländischen Kriegshilfsdienst“588 besuchte er drei Jahre lang die Oberrealschule in Fürth. Im „Mai 1921 begann [er] an der Universität Erlangen mit dem Studium der Chemie um es dann aber mit dem der Zahn- heilkunde zu vertauschen“589. Nach weiteren drei Jahren erhielt er nach be- standenem Staatsexamen die zahnärztliche Approbation. Im April 1927 zog er aus Hassfurt nach Fürth und praktizierte dort als Zahnarzt. Er blieb allein- stehend und kinderlos. 1936 meldete er sich nach London ab. 590 Über sein weiteres Leben ist seitdem nichts bekannt. Im Frühjahr 1974 verstarb er in London.591

586 StA Nbg. C 21/VII Nr. 167: Ullmann, Ludwig. Bild 2. 587 UAE: C 3/3 Nr. 4370: Lebenslauf Walter, Max. 588 Ebd. 589 Ebd. 590 Vgl. MK Fü.: Dr. Walter, Max. 591 Vgl. Sterbeindex England & Wales 1916-2006: Walter, Max. 119

Dr. Weil, Louis

Louis bzw. Ludwig Weil wurde „in Fürth i/Bayern am 15.I.84 als der Sohn des Kaufmanns Heinrich Weil und dessen Ehefrau Sofie, geb. Lehmann“592 geboren. Nach der Volksschule und „7 Klassen des humanistischen Gymnasiums“593 in Fürth studierte er ab 1902 Zahnmedizin in Heidelberg. 1905 bestand er das Staatsexamen und verbrachte seine 24 Monate dauernde „Assistentenzeit unter anderem in Heidelberg und bei Dr. Albrecht in Frankfurt a/Main“594. Anschließend „liess [er sich] 1908 in Fürth als Zahnarzt nieder.“595 1915 wurde er zum Militär eingezogen und 1916 zum Kriegszahnarzt ernannt. 1917 erklärte ihn die Lazarettmusterungskommission für kriegsuntauglich.596 Der genaue Grund dafür ist nicht bekannt. Zwei Jahre später, 1919, heiratete er die 1892 geborene Luise Neumayer. Ihre Religionszugehörigkeit ist nicht bekannt.597 1921 wurde Louis Weil an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen über das Thema: „Die Röntgenstereophotogrammetrie in der Zahnheilkunde“ promoviert.598 Im gleichen und im darauffolgenden Jahr kamen die Töchter Marianne und Elisabeth zur Welt.599 Kurz vor Mariannes viertem Geburtstag, am 30. März 1925, starb Luise Weil. Zwei Jahre nach ihrem Tod ehelichte Louis Weil 1927 Florenze Feldmann, die aus Nürnberg stammte und ebenfalls Jüdin war.600 Florenze Weil adoptierte ihre Stieftöchter. 1939 bemühte sich Louis Weil um eine Ausreisegenehmigung für die Familie.601 Diese Bemühungen blieben erfolglos. Am 22. März 1942 wurde

592 UAE: C 3/3 Nr. 4011: Lebenslauf Weil, Louis. 593 Ebd. 594 Ebd. 595 Ebd. 596 Vgl. Kriegsstammrolle: Weil, Ludwig. 597 Vgl. MK Fü.: Dr. Weil, Ludwig (Louis). 598 UAE: C 3/3 Nr. 4011: Lebenslauf Weil, Louis. 599 Vgl. MK Fü.: Dr. Weil, Ludwig (Louis). 600 Vgl. ebd. 601 Vgl. Blume, Halmȏn (1997) Zum Gedenken an die von den Nazis ermordeten Fürther Juden S. 451. 120

Louis Weil „abgemeldet nach unbekannt“602 und die gesamte Familie ins Ghetto Izbica deportiert.603 Dort starb Louis am 31. März 1942. Florenze wurde am 7. Oktober 1955604, die beiden Kinder im Jahr 1960 „mit dem Zeitpunkt des 31. Dezember 1943 für tot [erklärt]“605. Nach Kriegsende versuchte eine Verwandte der Familie, Emmy Herrmann, geb. Feldmann, von den USA aus eine Entschädigung des Frei- staates Bayern „in Höhe von DM 1.400.--“606 zu bekommen. 1973 zog sie diesen Antrag aber wieder zurück. Noch heute leben Angehörige der Familie Weil/Feldmann in den USA.607

602 MK Fü.: Dr. Weil, Ludwig (Louis). 603 Vgl. Straßenburg: Gedenkbuch Weil Elisabeth, Weil Florenze, Weil Louis, Weil Marianne. 604 Vgl. MK Fü.: Dr. Weil, Ludwig (Louis). 605 StaA Li.: III N 8385: Erbschein Marianne und Liesel Weil, ausgestellt vom Amtsgericht Fürth am 05.07.1960. 606 StaA Li.: III N 8385: Schreiben an das Verwaltungsamt für innere Restitutionen vom 12.03.1965. 607 Vgl. StaA Li.: III N 8385: Schreiben von Emmy Herrmann an die Wiedergutmachungsbehörde III vom 20.02.1973. 121

6. Resümee

Um abschließend einen Überblick über die Schicksale der Nürnberger und Fürther Zahnärzte und Dentisten zu geben, habe ich zunächst folgende Tabelle erstellt, die im Anschluss danach noch einmal genauer aufgeschlüs- selt wird:

Anzahl Personen insgesamt 29

Männer 20 Frauen 9

Zahnärzte/innen 25 Dentisten/innen 4

Wohnort Nürnberg 25 Wohnort Fürth 4

Opfer der Deportation 9 Emigration gelungen 16 Im Deutschen Reich vor 1936 verstorben 3 Schicksal unbekannt 1 122

Deportationsziele: 123

Izbica 4 Theresienstadt 3 Riga 1 Auschwitz 1

1. Emigrationsland: Großbritannien 5 USA 4 Palästina 3 Frankreich 1 Italien 1 Kroatien 1 Südamerika 1

Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg 11

Wiedergutmachungsverfahren eröffnet: 27 Antragsteller dabei: JRSO für Opfer 4 Emigrierte selbst 17 Angehörige von Opfern 6

Wie man an den vorgestellten Biographien erkennen kann, zeigen Leben und Schicksal der jüdischen Zahnärzte in Nürnberg und Fürth im Nationalsozialismus sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede. Infolge der Maßnahmen des NS-Regimes verschlechterten sich bei allen er- wähnten Personen die Lebensumstände, obwohl von 20 Männern elf im Ersten Weltkrieg als Kriegszahnärzte oder Soldaten eingesetzt wurden. Zu Beginn des NS-Regimes wurden nämlich Personen jüdischer Herkunft, die im Ersten Weltkrieg für das Reich gekämpft hatten, noch geschont. Sie konnten beispielsweise bei Studienbeginn 1933 dennoch auf die Erteilung der Approbation hoffen, alle übrigen ,Nichtarier‛ nicht mehr. Die Umsätze der Praxen brachen ein, es mussten zahlreiche Sonder- 124 steuern und Abgaben gezahlt werden. Außerdem wurden die Einrichtungen und Materialien beschlagnahmt und an ,arische‛ Zahnärzte verkauft. Spätestens nach dem Erlöschen der Approbation konnten jüdische Zahnärzte ihren Beruf nicht mehr ausüben, außer sie waren sogenannte ,Krankenbehandler‛.608 Dies war aber keiner der 29 vorgestellten Personen. Dem Großteil, nämlich 16, gelang rechtzeitig die Flucht ins Ausland, für neun Personen und ihre Familien gab es keine Möglichkeit zur Flucht mehr. Manche gerieten auch erst in den besetzten Gebieten Europas in die Hände des NS-Regimes. Sie wurden deportiert und ermordet bzw. nach Kriegsende für tot erklärt. Dies bedeutete, dass die genauen Todesumstände nicht bekannt wurden. Die genaue Verteilung lässt sich aus der Tabelle ablesen. Drei Personen waren bereits vor 1936 verstorben. Die einzelnen Todesursachen blieben unbekannt. Bei einer Person ließ sich das genauere Schicksal außer Geburtstag, Heirat und Anzahl der Kinder nicht nachvollziehen. Von den Überlebenden kehrten nur wenige wieder nach Deutschland zurück, die meisten verbrachten ihr restliches Leben in den USA, in England oder in Israel. Im gelernten Beruf Zahnarzt arbeitete allerdings keiner mehr, bei vier Personen ist der Beruf in der Emigration bekannt gewesen.609 Fast alle Überlebenden und einige Angehörige der Opfer bemühten sich ab den 1950er Jahren um Wiedergutmachung. Insgesamt 27 Prozesse zogen sich in der Regel über mehrere Jahre hin, hatten aber meistens Erfolg und die Geschädigten erhielten Geldbeträge aus dem eingezogenen NS- Vermögen.610 Die in der Arbeit dargestellten Lebensläufe betreffen Menschen, die in keiner Weise prominent oder bedeutend gewesen waren. Vielmehr handelt es sich um Deutsche jüdischer Herkunft, die in ihrem Beruf als Zahnärzte

608 Vgl. Kap. 2.3. 609 Vgl. Kap. 4.1. 610 Vgl. Kap. 4.2 und Kap. 5. 125 und Dentisten wirkten, solange dies ihnen möglich war. Das NS-Regime und seine Maßnahmen zerstörte ihre Lebensgrundlage, einigen von ihnen und ihren Familien raubte es auch das Leben selbst. Die Auseinandersetzung mit diesen Schicksalen und die möglichst genaue Aufnahme der Ereignisse zielt nicht auf eine ,Vergangenheitsbewäl- tigung‛, sonder vergegenwärtigt eine dramatische Vergangenheit. Hieraus einen in der Gegenwart wirkenden Sinn zu ziehen, ist die Aufgabe einer kritischen Geschichtsbetrachtung. Meine Arbeit soll nun ihren Teil dazu beitragen, dass die Erinnerung an die Verfolgten und Opfer des Nationalso- zialismus auch in künftigen Generationen nicht verloren geht. Außerdem erweitert sie den bisherigen Forschungsstand zum Themengebiet ,Zahn- medizin im Nationalsozialismus‛. 126

Literaturverzeichnis

a) Ungedruckte Quellen [1] Datenbanken online (www.ancestry.com):

Zugriff am: 25.03.2013

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Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration Washington, D.C.: Indexes to Naturalization Petitions to the U.S. Circuit and District Court for the Eastern District of Pennsylvania 1795–1951: Benario, Alice Ehrmann, Ilse Benedict

b) Deutschland, Index von Juden, deren deutsche Staatsbürgerschaft vom Nazi-Regime annulliert wurde 1935-1944

Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration Washington, D.C.: Namensindex von Juden, deren deutsche Staatsbürgerschaft vom Nazi- Regime annulliert wurde (Berlin Documents Center): Baruch, Kurt

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Ursprüngliche Daten: Strätz, R.: Biographisches Handbuch Würzburger Juden. 1900-1945. Schöningh Verlag: Würzburg. 1989. Bachmann, Albin Dankwerth, Ilse Steinhardt, Ida

d) Einbürgerungsgesuche New York

Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration (Northeast Region) New York City: Soundex Index to Petitions for Naturalization filed in Federal, State, and Local Courts located in New York City, 1792-1989: Falk, Arthur 127 e) England & Wales, Hochzeitsindex 1916-2005

Ursprüngliche Daten: General Register Office London: England and Wales Civil Registration Indexes: Offenbacher, Fenny f) Illinois, Todesfälle und Totgeburten 1916-1947

Ursprüngliche Daten: FamilySearch Salt Lake City: Illinois Deaths and Stillbirths, 1916–1947: Spitzer, Martha g) Großbritannien, Listen ankommender Passagiere 1878-1960

Ursprüngliche Daten: National Archives of the UK Surrey: Board of Trade: Commercial and Statistical Department and successors: Inwards Passenger Lists: Baruch, Kurt Falk, Arthur h) Kentucky, Einbürgerungsregister 1906-1991

Ursprüngliche Daten: National Archives Atlanta: Records of District Courts of the United States, Record Group 21: Hirsch, Alfred Hirsch, Trude i) Kriegsranglisten und -stammrollen des Königreichs Bayern im Ersten Weltkrieg 1914-1918

Ursprüngliche Daten: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung IV Kriegsarchiv: Kriegsstammrollen 1914-1918: Bachmann, Albin Bd. 13457: Bd. 308 Bd. 12994: Bd. 1 Benario, Walter Bd. 19844: Bd. 297, 323 Hirsch, Alfred Bd. 14137: Bd. 10 Bd. 14222: Bd. 9 Peretz, Eugen: Bd. 20106: Bd. 2 Bd. 20105: Bd. 1 Singer, Alexander: Bd. 19836: Bd. 1 Bd. 6251: Bd. 2 Steinhardt, Max. Bd. 20242: Bd. 3 Stern, Kurt: Bd. 8473: Bd. 5 128

Ullmann, Ludwig: Bd. 19842: Bd. 1 Bd. 12630: Bd. 4 Weil, Ludwig: Bd. 19841: Bd. 2 j) Passagierlisten New York 1820-1957

Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration Washington, D.C.: Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897- 1957: Spitzer, Ernst k) Passagier- und Besatzungslisten Kalifornien 1882-1957

Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration Washington, D.C.: Passenger Lists of Vessels Arriving at San Francisco, 1893-1953: Falk, Arthur l) Sterbeindex England & Wales 1916-2006

Ursprüngliche Daten: General Register Office London: England and Wales Civil Registration Indexes, 1916-2006: Offenbacher, Fenny Singer, Alexander Walter, Max m) Sterbeindex der Sozialversicherung

Ursprüngliche Daten: Social Security Administration USA: Social Security Death Index, Master File: Baruch, Kurt Baruch, Frieda Benario, Alice Ehrmann, Ilse Falk, Arthur Hirsch, Trude Spitzer, Ernst 129 n) US-amerikanische Einzugsregistrierungskarten 2. Weltkrieg 1942

Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration Washington, D.C.: Selective Service Registration Cards, World War II: Fourth Registration: Baruch, Kurt Falk, Arthur o) US-Volkszählung 1940

Ursprüngliche Daten: National Archives and Records Administration Washington, D.C.: Sixteenth Census of the United States, 1940: Spitzer, Ernst

[2] Staatsarchiv Lichtenau: Rückerstattungsakten: N 11872 III N 2505, 4468,4469 III N 4394, 4395 III N 7757, 7758, 708 WB III JR 3788 WB III JR 9528 WB III JR 12595 III N 825, 3034, 3240, 8396 III/N 11628 III N 7371, 7372, 7381, 7423, 7424 WB III JR 2061 WB III JR 8484 WB III JR 6326 III/N 12341; IIIa/3180 III N 1832, 4156 III/N 12187, 12188 WB III JR 4452-4463 III N 1775 III N 172, 8979, 8981, 8980 WB III JR 10346 WB III JR 4433-4435, 4438, 4439, 4452-4463 WB III JR 6506 WB III JR 8447 III N 5606, 5896 III N 1956 III N 8385 130

Steuerakten: Finanzamt Nürnberg-Ost Nr. 6563, 6564, 7411, 7412, 7413, 7414

[3] Staatsarchiv Nürnberg: Kriminalinspektion Nürnberg: Rep. 218/5 Abg. 1784 Nr. 3044

[4] Stadtarchiv Fürth: Meldekartei: Dr. Max, Walter; Dr. Weil, Ludwig

[5] Stadtarchiv Nürnberg: Meldekartei: C21/X Nr. 1, 2, 7, 8, 9, 10 Passkartei: C 21/VII Nr. 4, 6, 22, 34, 35, 69, 113, 153, 154, 156, 158, 160, 164,167

[6] Universitätsarchiv Erlangen: allgemeine Akten: UAE: A 1/3 a Nr. 1068 UAE: C 3/1 Nr. 314, 342, 435

Promotionsakten: UAE: C 3/3 Nr. 4011, 4013, 4067, 4370

Approbationsakten: UAE: C 3/6 Nr. 2657, 2895

[7] Universitätsarchiv Leipzig: Studentenkartei: Quästur: AZ 7513.50/2012/1230

[8] Universitätsarchiv Tübingen: Studentenakte: UAT: 258/2004

Einschreibebuch: UAT: 5/44 131

Promotionsakte: UAT: 125/82, 13

Universitätsmatrikel: UAT: 5/35

[9] Universitätsarchiv Würzburg: Studentenkartei: Bachmann, Albin Dankwerth, Kurt Hirsch, Alfred Stern, Kurt b) Literatur

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[107] Windsheimer, B.: Geschichte der Stadt Fürth. C.H.Beck Verlag: München. 2007.

[108] Winstel, T.: Über die Bedeutung der Wiedergutmachung im Leben der jüdischen NS-Verfolgten. In: Hockerts, H.; Kuller, C. (Hrsg.): Nach der Ver- folgung. Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Deutschland? Wallstein Verlag: Göttingen. 2003. S. 199-228.

[109] Winstrich, R.: Wer war wer im Dritten Reich? Ein biographisches Lexikon. Fischer Taschenbuch Verlag: Müchen. 1989.

[110] Wittern, R.; Frewer, A.: Aberkennungen der Doktorwürde im „Dritten Reich“. Depromotionen an den Medizinischen Fakultät der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen. Verlag Universitätsverbund Erlangen- Nürnberg e.V.: Erlangen. 2008.

[111] Wlaschek, R.: Kunst und Kultur in Theresienstadt. Eine Dokumentation in Bildern. Bleicher Verlag: Gerlingen. 2001.

[112] Wündrich, B.: „Biologische“ Zahnmedizin im Nationalsozialismus. Entwurf und Entwicklung einer „neuen deutschen Zahnheilkunde“ zwischen 1933 und 1945 und ihre Beziehung zur alternativ-ganzheitlichen Zahnmedizin von heute. Med. Diss. Heidelberg. 2000.

[113] ZM-Bericht: Verordnung über die Tätigkeit von Zahnärzten und Zahn- technikern bei den Krankenkassen. In: ZM. Nr. 24. 1933. S. 648-656.

[114] ZR-Bericht: Anordnung des Reichszahnärzteführers. Anordnung gemäß den Nürnberger Gesetzen zur Unterscheidung zwischen jüdischen und nichtjüdischen Zahnärzten. In: ZR. Nr. 12. 1936. S. 524-526. 141

[115] ZR-Bericht: Die Zahl der nichtarischen Studenten in Deutschland. In: ZR. Nr. 12. 1934. S. 487.

[116] ZR-Bericht: Neue Promotionsbestimmungen für nichtarische Studierende. In: ZR. Nr. 12. 1934. S. 487. c) Internetquellen [1] Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel, 10. September 1952. In: Bundesgesetzblatt. Nr. 5. 1953. S. 35-54. http://www.1000dokumente.de/index.html? c=dokument_de&dokument=0016_lux&object=pdf&st=&l=de. 12.03.2012.

[2] Anonymes, Justes et Persécutés durant la période Nazie: Saint-Pardoux- Isaac en 1939-1945. http://www.ajpn.org/commune-Saint-Pardoux-Isaac-47264.html. 27.02.2013.

[3] Bentwich, N.: Jewish Successor Organizations. In: Berenbaum, M.; Skolnik, F. (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica. Bd. 11. 2007. S. 327. http://go.galegroup.com/ps/i.do?id=GALE %7CCX2587510155&v=2.1&u=uben&it=r&p=GVRL&sw=w. 22.05.2013.

[4] Blume, G.: Memorbuch – Opfer der Shoa Reiss, Anna. http://www.juedische-fuerther.de/index.php? option=com_wrapper&view=wrapper&Itemid=29. 27.02.2013.

[5] Catalogus Professorum Rostochiensium: Moral, Hans. http://cpr.uni-rostock.de/metadata/cpr_person_00003118. 06.08.2013.

[6] Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. In: Reichsgesetzblatt I. 1933. S. 175. http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/berufsbeamten33/index.html. 30.11.2011.

[7] Jochem, G.: Jüdische Gewerbetreibenden, Ärzte und Rechtsanwälte in Nürnberg 1930. 2010. www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_NU_JU_gewerbe.pdf. 20.03.2012.

[8] Jochem, G., Rieger, S.: Chronologie der jüdischen Gemeinde in Fürth bis 1945. 2006. http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_FU_JU_fuerth4.pdf. 20.03.2012.

[9] Juden in Weinheim: Dr. Reiß, Friedrich. http://www.juden-in-weinheim.de/de/personen/r/reiss-friedrich-dr..html#personendaten. 07.05.2013. 142

[10] Köhler, H.: Geleitwort des Bundespräsidenten. 2007. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/geleitwort.html.de. 03.12.2012.

[11] Mémorial de la Shoa: Silberpfenig, Myra. http://bdi.memorialdelashoah.org/ Suchbegriff: Silberpfenig, Myra. 27.02.2013.

[12] Murmelstein, W.: “The Show Ghetto“ Theresienstadt. 2007. http://www.holocaustresearchproject.org/othercamps/showcamp.html. 22.03.2011.

[13] Reichsbürgergesetz und Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. In: Reichsgesetzblatt. Nr. 100. 1935. S. 1146-1147. http://www.1000dokumente.de/index.html? c=dokument_de&dokument=0007_nue&object=pdf&st=&l=de. 12.03.2012.

[14] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Chronologie der Deportationen. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/chronicles.html.de?page=1. 30.11.2011.

[15] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Oppenheimer Alice. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html? id=940293&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 23.02.2011.

[16] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Oppenheimer Frieda. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html? id=940533&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 23.02.2011.

[17] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Reiß Anna. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=948633&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 29.11.2011.

[18] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Reiß Moritz. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=948906&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 29.11.2011.

[19] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Rosenbaum Fritz. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html? id=951210&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 23.02.2011.

[20] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Rosenbaum Olga. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=951384&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 29.11.2011.

[21] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Rubin Lisbeth. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=1008314&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 30.11.2011. 143

[22] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Rubin Paul. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html? id=956234&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 23.02.2011.

[23] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Silberpfennig Lina. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html? id=961501&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 23.02.2011.

[24] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Ullmann Karolina. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html? id=983775&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 23.02.2011.

[25] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Weil Elisabeth. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=987002&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 30.11.2011.

[26] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Weil Florenze. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=987233&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 30.11.2011.

[27] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Weil Louis. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=987551&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 30.11.2011.

[28] Straßenburg, M.: Gedenkbuch-Weil Marianne. http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de? id=987484&submit=1&page=1&maxview=50&offset=0. 30.11.2011.

[29] The Central Database of Shoah Victims' Names-Rosenbaum Fritz. http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=de Suchbegriff: Rosenbaum, Fritz. 23.02.2011.

[30] The Central Database of Shoah Victims' Names-Dr. Ullmann Ludwig. http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=de Suchbegriff: Ullmann, Ludwig. 16.03.2012.

[31] Wiesflecker, H.: Maximilian I. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. 16. 1990. S. 458-471. http://www.deutsche-biographie.de/pnd118579371.html. 30.03.2012. 144

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung a.d. an der/dem/den Anm. Anmerkung Ausl. Ausland Ausw. Auswanderung AZ Aktenzeichen Bd. Band Bes. Besondere bes. Gebiete besetzte Gebiete bspw. beispielsweise BRD Bundesrepublik Deutschland bzw. beziehungsweise ca. circa d. der/dem/den DAF Deutsche Arbeitsfront D.b.G. Deutschland und besetzte Gebiete DDR Deutsche Demokratische Republik d.h. das heißt DHM Deutsches Historisches Museum Diss. Dissertation DM Deutsche Mark Dr. Doktor Dres. Doktores dt. deutsch/e/er Ebd./ebd. Ebenda g. gesamtes geb. geborene geg. gegen 145

Gen. Kons. Generalkonsulat gepr. geprüft Gestapo Geheime Staatspolizei Hrsg./hrsg. Herausgeber/-in/herausgegeben Inl. Inland isr. israelitisch JRSO Jewish Restitution Successor Organization Kap. Kapitel kg Kilogramm KPD Kommunistische Partei Deutschlands Kr. Kreis KZ Konzentrationslager LKW Lastkraftwagen med.dent. medicinae dentariae MK Fü. Meldekartei der Stadt Fürth MK Nbg. Meldekartei der Stadt Nürnberg Neuausst. Neuausstellung N.N. Nomen nescio Nr. Nummer NS Nationalsozialismus NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei o.J. ohne Erscheinungsjahr o.V. ohne Verlag Prof. Professor Prs. Preußen RBG Reichsbürgergesetz RM Reichsmark röm. römisch S. Seite SA Sturmabteilung Saargeb. Saargebiet SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands 146

StA Fü. Stadtarchiv Fürth StA Nbg. Stadtarchiv Nürnberg StaA Li. Staatsarchiv Lichtenau StaA Nbg. Staatsarchiv Nürnberg SS S.S. Steam Ship u. und UAE Universitätsarchiv Erlangen UAL Universitätsarchiv Leipzig UAT Universitätsarchiv Tübingen UAW Universitätsarchiv Würzburg umgez. umgezogen Verf. Verfasserin Vgl./vgl. vergleiche ZM Zahnärztliche Mitteilungen ZR Zahnärztliche Rundschau 147

Danksagung

Als erstes möchte ich mich bei meinem Doktorvater und Betreuer Prof. Dr. Karl-Heinz Leven für die Überlassung des Themas und die sehr gute Betreuung während der Arbeitsphase bedanken.

Außerdem danke ich den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Instituts für Geschichte der Medizin für Informationen, zügige Terminvereinbarungen und die schnelle Beantwortung meiner Anfragen.

Zudem bedanke ich mich bei folgenden Personen: Gerhard Jochem vom Stadtarchiv Nürnberg, Gunther Friedrich vom Staatsarchiv Nürnberg, Dr. Clemens Wachter vom Universitätsarchiv Erlangen, Herrn Krause vom Staatsarchiv Lichtenau und Herrn Langer vom Stadtarchiv Fürth. Ihre Aus- künfte und Hinweise erwiesen sich als sehr hilfreich. Zusätzlich danke ich noch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Universitätsarchive in Leipzig, Tübingen und Würzburg, sowie Frau Berthold-Hilpert vom Jüdischen Museum in Fürth.

Abschließend möchte ich mich noch bei meiner Familie bedanken. Ich danke meinen Großeltern Ingrid und Dietrich Schaper für ihre Hilfe beim Ent- ziffern der Sütterlinschriften. Ich bedanke mich bei meinen Eltern Ute und Hans-Jürgen Salzner, die in meinem Leben immer für mich da waren. Zu- letzt danke ich noch meinem Freund Alexander für seine Unterstützung und beständige Aufmunterung.