1/04 Mittelalter
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Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2.9. Jahrgang 1997/22004/1 Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins Revue de l’Association Suisse des Châteaux forts Rivista dell’Associazione Svizzera dei Castelli Revista da l’Associaziun Svizra da Chastels 9. Jahrgang 2004/1 INHALT Hansjörg Brem, Felicitas Meile, Christoph Schenkel, Matthias Schnyder: Die Sanierung der Ruine Neuburg bei Mammern in den Jahren 2001–2003 ............................................................. 1 KURZMITTEILUNGEN..................................................................... 28 VERANSTALTUNGEN ..................................................................... 31 PUBLIKATIONEN............................................................................. 33 VEREINSMITTEILUNGEN............................................................... 36 Redaktionskommission: Urs Clavadetscher, lic. phil., Kantonsarchäologie Graubünden, Schloss Haldenstein, 7023 Haldenstein Dr. Elisabeth Crettaz, Le Forum, 3961 Zinal Dr. Hans Rutishauser, Denkmalpflege Graubünden, Loestr. 14, 7001 Chur Redaktion und Geschäftsstelle: Schweizerischer Burgenverein Thomas Bitterli, Blochmonterstr. 22, 4054 Basel Telefon 061 361 24 44; Fax 061 363 94 05 E-Mail [email protected] Postkonto 40-23087-6 http://www.burgenverein.ch Publiziert mit Unterstützung der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften SAGW Erscheint vierteljährlich Druck: Schwabe AG, Basel, Verlag und Druckerei Umschlagbild: Neuburg von Westen. Aufnahme Amt für Archäologie des Kt. Thurgau, D. Füllemann, April 2003. Die Sanierung der Ruine Neuburg bei Mammern in den Jahren 2001–2003 von Hansjörg Brem, Felicitas Meile, Christoph Schenkel und Matthias Schnyder Die Neuburg bei Mammern – zur Geschichte und Forschung Einführung Die Neuburg (älter: «Neuenburg») bei Mammern1 ist die grösste Burg- ruine im Kanton Thurgau.2 Sie liegt rund 2 km östlich des Zen- trums von Mammern an prominen- ter Lage auf einer Geländerippe vom Seerücken zum See zwischen zwei Bachläufen auf etwa halber Höhe auf rund 520 m ü. M. Die auf Ansichten des späteren 18. und 19. Jahrhunderts häufig darge- stellte Burg war wegen der starken Bewaldung allerdings für Jahr- zehnte nicht mehr sichtbar.3 Die 1: Die Neuburg aus der Luft von Osten, Frühjahr 2002. Lage am steilen, durch Wasserläufe und Tobel unterteilten Nordhang des Seerückens ist typisch für viele und weiteren Stützmauern auf der Hauptburg vermutlich 2 bis 3 m Burganlagen am Untersee. An zahl- obersten Terrasse ist dagegen wenig hoch – bedeckt, darüber zieht sich reichen Stellen tritt hier auch Mo- mehr als der Mauerverlauf erkenn- eine Humusschicht. lassesandstein zu Tage.4 bar. Der Zugang zur Burg erfolgte stets Für die Burganlage wurde die Von der übrigen Bebauung sind über einen Weg, der von Mammern Rippe mit einem rund 20 m tiefen einige Mauerzüge zwischen Haupt- nach Gündelhart führte und von Graben gegen Süden abgetrennt. und Vorburg sowie Terrassierungs- Westen her stetig steigend die Burg Die Bauten liegen auf drei Terras- mauern sichtbar. Der ganze Burg- erreichte. Die Fortsetzung nach sen mit unterschiedlichem Niveau. hügel und dessen Abhänge sind Süden verlief in einem steilen, im Ganz im Süden befindet sich auf der stark mit Abbruchschutt – auf der Gelände heute noch gut sichtbaren obersten Terrasse die Hauptburg mit Hohlweg. Heute liegt die Anlage Bergfried und Palas. Die Terrasse am Wanderweg von Mammern der Vorburg im Norden liegt rund nach Steckborn und ist ein belieb- 20 m tiefer. Nordwestlich davon tes Wander- und vor allem Schul- schliesst eine 2 m tiefer liegende reiseziel. Terrasse an, die als dreieckig vor- Die natürliche Landschaft um die springende Bastion angelegt ist. Die Burg hat sich in den letzten Jahr- gesamte Burg nimmt etwa eine zehnten stark verändert. Deutlich Hektare ein und erstreckt sich von zeigen dies die Ansichten und Pläne Nord nach Süd über rund 150 Me- des 18. und 19. Jahrhundert, wo ter. auch noch grössere Rebflächen zu Von den Gebäuden sind auf der sehen sind. Heute sind grössere Hauptburg grössere Teile des Berg- Flächen mit Wald neu bestockt, frieds und der westlichen, inneren dieser ist infolge einer verringerten Zwingermauer erhalten. Auch zwei Nutzung dichter geworden. In den steil aufragende Pfeiler, die zur Ab- steilen, schattigen Lagen auf rund stützung der Westwand des Palas 550 m ü. M. zieht sich ein eigent- dienten, stehen noch aufrecht. licher Eibengürtel dem Hang ent- Schliesslich ist auch die über dem 2: Unbekannte Gesellschaft vor der Neuburg, lang. Flora und Fauna haben hier in ca. 1920. Zahlreiche frühe Aufnahmen, die meist Burggraben liegende Südbastion den Bergfried zeigen, konnten für diese Arbeit nicht den schwer zu bewirtschaftenden besonders eindrücklich; vom Palas ausgewertet werden. Hangpartien eine besonders ab- 1 Albrecht Georg Fürst zu Schaum- burg-Lippe; aus dieser Zeit stam- men die ersten detaillierten Plan- aufnahmen.7 Auch die erste wissen- schaftliche Auseinandersetzung mit dem Bau durch Rahn erfolgte in den 1890er Jahren. Spätere Bear- beiter stützten sich mit einer Aus- nahme8 weitgehend auf dessen so- wie Staubers Aussagen.9 Die Burg wurde am 16. August 1930 vom damaligen Leiter der Klinik Mammern, Waldemar Ull- mann10, erworben und ist seither im Besitz dieser Familie.11 Waldemar Ullmann hatte ein grosses Interesse an der Anlage und sorgte mit ersten – und vor unserer Intervention den einzigen – Restaurierungsmassnah- men für deren Fortbestand. Über das Vorgehen von Waldemar Ullmann bei seiner Restaurierung in den dreissiger Jahren ist bis jetzt nichts bekannt, doch trat er offen- bar in Kontakt mit dem Schwei- zerischen Burgenverein12, und die Restaurierungen, die sich praktisch 3: Bergfried 1958. auf allen Mauerpartien bis in eine Höhe von etwa fünf Metern er- strecken, sind infolge des verwen- wechslungsreiche Ausprägung er- nen Schlosses Glarisegg verkaufte. deten, speziellen Mörtels optisch halten5, so dass die Neuburg in Bis 1930 blieb die Anlage mit gut erkennbar (vgl. Kasten Mör- einem überaus interessanten, na- Schloss Glarisegg und deren Be- telanalysen). Die neuere Restaurie- türlichen Umfeld liegt. Wie die sitzern verbunden. So war die rungsgeschichte der Neuburg be- meisten thurgauischen Burganla- Neuburg in den neunziger Jahren ginnt mit einer Intervention des gen ist die Neuburg heute in Pri- des 19. Jahrhunderts auch einmal thurgauischen Denkmalpflegers vatbesitz. Eigentum des Fürsten Stephan Albert Knoepfli13 in den Jahren 1957 und 1958. Seine durch die Burgenspezialistin Franziska Knoll- Forschungs- und Heitz und den thurgauischen Hei- Restaurierungsgeschichte matschutz unterstützten Bemü- hungen für eine Sanierung scheiter- Neuere Recherchen zur Geschichte ten allerdings. Danach blieb es um von Burg und Herrschaft Neuburg die Neuburg lange Zeit ruhig, bis fehlen. Die Arbeit von Emil Stau- Werner Meyer, Präsident des ber6 aus dem Jahr 1934 ist bis heute Schweizerischen Burgenvereins, die einzige vertiefte Studie geblie- 1986 in einem Schreiben an den ben. Es ist deshalb möglich, dass thurgauischen Denkmalpfleger Jürg zur Geschichte der Neuburg eine Ganz zum Handeln mahnte und ganze Anzahl Quellen noch nicht auch die finanzielle Hilfe des Ver- erschlossen und/oder ausgewertet eins (sic!) in Aussicht stellte.14 worden ist. Da die Neuburg 1982 im Rahmen Die nicht mehr bewohnbare Burg- einer systematischen Planerfassung anlage war 1838 bei der Veräusse- der thurgauischen Burgstellen rung der Besitzungen des Klosters durch Jakob Obrecht und Matthias Rheinau/ZH an den Basler Rudolf Schnyder im Auftrag des Amtes für Huber gelangt, der sie ein Jahr spä- Archäologie neu vermessen worden ter an den Besitzer des einige Kilo- war, erhielt Obrecht im Herbst meter östlich der Neuburg gelege- 4: Bergfried im Winter 2000. 1986 den Auftrag, zu einer Sanie- 2 Burgenarchäologie im Thurgau Der Thurgau ist reich an Erdwerken Zuständigkeit für die Wehranlagen Suter-Haug in seinem 1978 publi- und Burgen. Von einem schönen Teil regelte Meyer nämlich bewusst oder zierten Blatt 2 der Burgenkarte der finden sich nur Spuren im Boden, unbewusst schwammig. Den Ar- Schweiz verarbeitet. Des Weiteren von andern haben die Appenzeller beitsbereich des Konservators der ur- finden sich im Amt für Archäologie und die Burgenbrecher des 18. und und frühgeschichtlichen Sammlung Hinweise und Aufzeichnungen der 19. Jahrhunderts nur Ruinen stehen und gleichzeitig Kantonsarchäolo- Kreuzlinger Lehrer Roland Henke lassen, einige sind erhalten geblieben gen beschränkte er ausdrücklich auf und Titus Winkler sowie von Tho- und als mittelalterliche Wehrbauten die Zeitabschnitte vor dem Jahre mas Specker, welcher im Zuge der erlebbar, wenige haben einen Um- 1000 und damit auf die älteren Erd- Geländeaufnahmen für das Inventar oder Ausbau zum Schloss erfahren. werke sowie die auf Burghügeln oft Historischer Verkehrswege (IVS) bis- Trotz der Vielfalt an Objekten setzte anzutreffenden prähistorischen Be- lang unbekannte Burgstellen ent- die archäologische Erforschung der funde. Die mittelalterlichen Belange deckte. Seit 1979 lässt das Amt jähr- Burgen im Thurgau erst spät ein. der Burgenforschung waren Sache lich den Istzustand von zwei bis drei Zwar befasste sich bereits um die der freiberuflich tätigen und direkt Burgstellen aufnehmen. Es wird aber Mitte des 19. Jahrhunderts der Pfar- Meyer verantwortlichen Franziska Jahre dauern, bis dieses Projekt abge- rer, Historiker und Staatsarchivar Jo- Knoll-Heitz und die Konservierung schlossen und damit ein vollständi- hann Adam Pupikofer (1797–1882) und Restaurierung