Politik & Kultur
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Dossier »Wie weiblich ist die Kulturwirtschaft?« , € November/ Dezember 26 Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Tom Buhrow Jutta Cordt . Deutscher Bundestag Berliner Kulturträume Inklusive Kulturpolitik Reformationsjubiläum Henriette Reker Alles neu macht die Bundestags- Quo vadis Museen in der Mehr Barrierefreiheit in Kunst Nicht Luther, sondern Zwingli: Ulla Schmidt wahl: Worauf wird es kultur- Hauptstadt? Partizipation im und Kultur: Menschen mit Was können wir von den politisch in der kommenden Humboldtforum & Architektur Behinderung als Künstler und Schweizer Reformations- Paul Spies Legislaturperiode ankommen? am Kulturforum Kulturkonsumenten feierlichkeiten lernen? und viele andere Seite Seiten und Seite bis Seite Erosion Noch bevor der Deutsche Bundes- tag das erste Mal zusammenkam und die AfD rechts außen mit ihrer großen Fraktion Platz nahm, be- gann im Kulturbereich schon die Erosion des Widerstandes gegen die neue rechtsradikale Partei. Die Dif erenzierer und die Beschwichti- ger meldeten sich immer lauter zu Wort. Die Dif erenzierer machten ei- nen großen Unterschied zwischen der AfD und ihren Wählern. Die AfD selbst sei zwar völkisch national, fremdenfeindlich und lehne kultu- relle Vielfalt, Kunstfreiheit und ein geeintes Europa ab, aber ihre Wähler wollten doch nur protestieren gegen das Establishment und seien unzu- frieden mit ihrem Leben. Eigentlich kann man Menschen nur schwerlich schlimmer herab- setzen als ihnen jede bewusste Ent- scheidung abzusprechen. Wer die AfD gewählt hat, wusste ganz genau, Die Kraft der Worte was er tat, einen »Er will doch nur spielen«-Bonus gibt es nur für Hun- Jahre Heinrich Böll. Seiten bis de, nicht aber für Menschen. Die Beschwichtiger sind nach meiner Ansicht aber noch gefährli- ALLIANCE PICTURE FOTO: cher. Es wird schon nicht so schlimm »Die verlorene Ehre der Katharina Blum«, werden und hat die AfD nicht gerade für den Kulturbereich positive Vor- schläge im Gepäck? Mehr Kultur- förderung, mehr kulturelle Bildung, natürlich nur für Kunst und Kultur in ihrem Sinne. Europa und der Mythos des Natürlich muss mit der AfD ge- redet werden, natürlich werden wir uns keinem ernst gemeinten Gespräch mit AfD-Abgeordneten Populismus im Deutschen Bundestag und den Der alte Kontinent braucht ein neues Werkzeug Länderparlamenten verschließen. Mehr als Abgeordnete hat allein CHANDRAN NAIR Corbyn in Großbritannien und Bernie Sanders in dessen Nachwirkungen in Schwellenländern wie In- die neue AfD-Fraktion im Bundes- den Vereinigten Staaten zeigt, dass »Populismus« dien und China und den weiterhin armen Staaten tag, d.h. mehr als Mitarbeiter er Aufstieg des europäischen Populismus – trotzdem noch die Prinzipien des Pluralismus und der noch immer zu spüren sind. Z. B. ist es Europa durch werden für die Abgeordneten und das Brexit-Referendum im Vereinigten internationalen Zusammenarbeit hochhalten kann seine Agrarsubventionen möglich, die Entwicklungs- für die AfD-Fraktion in Zukunft ar- Königreich, die Zweitplatzierungen von – oder ihnen zumindest nicht widersprechen muss. länder mit billigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen beiten. Marine Le Pen in Frankreich und Geert Was alle aufstrebenden »populistischen« Bewe- Ignorieren kann und darf man DWilders in den Niederlanden, der Aufstieg der Al- gungen tatsächlich kritisieren, ist der vermeintliche diese politische Macht nicht. Aber ternative für Deutschland (AfD) und die autoritäre Trickle-Down-Ef ekt in der neoliberalen freien Markt- unsere Positionen dürfen wir bei Wende von Viktor Orbáns Regierung in Ungarn – hat wirtschaft. Das Versprechen, dass die wirtschaftli- Eine »vielfältige menschliche diesen Gesprächen nicht über Bord die Liberalen auf dem alten Kontinent erschüttert. che Globalisierung zu einem allumfassenden und Zivilisation« würde die Unter- werfen. Für viele scheint die Welt nur noch aus »Globa- gerechten Wohlstand führen würde, hat sich als falsch schiede zwischen Völkern und In der von uns ins Leben gerufe- listen« und »Populisten« zu bestehen. Globalisten erwiesen. Weltweit haben sich die Eliten unverhält- verschiedene Wege zum nen Initiative kulturelle Integration vertreten of ene Märkte, Pluralismus, Kooperation und nismäßig große Vorteile aus dem freien Marktkapi- haben wir mit vielen anderen gesell- liberale Ideen, während Populisten für Protektionis- talismus sichern können und die »Spielregeln« nach Fortschritt respektieren schaftlichen Gruppen gemeinsam mus, Nationalismus und geschlossene Grenzen stehen ihren Interessen gestaltet. Die westliche Bevölkerung in Thesen die Voraussetzungen – und dafür, dass Länder »ihren eigenen Weg gehen«. akzeptierte diesen Status quo so lange, wie ihre Län- für ein friedliches Zusammenleben Aber diese Darstellung wendet ein rein europä- der – und damit auch sie selbst – die Begünstigten zu überfl uten und gleichzeitig Handelsschranken in unserem Land beschrieben. Die- isches – oder zumindest westliches – Verständnis waren und überließ den Eliten dafür sogar alle Sahne- aufrechtzuerhalten, um Konkurrenz zu verhindern. sen Voraussetzungen fühlen wir uns politischer Spaltungen auf den Rest der Welt an. Mit stückchen. Aber als die Situation, bedingt durch den Staatschefs wie Narendra Modi, Vladimir Putin, Xi dauerhaft verpfl ichtet. der »Populismuswelle« drückte die westliche libe- Aufstieg der globalen Mehrheit, ungemütlich wurde, Jinping, Recep Tayyip Erdoğan und Rodrigo Duterte Der Deutsche Kulturrat ist partei- rale Presse politischen Bewegungen, die sich an die zeigten sich Brüche in den westlichen Gesellschaften erhalten von ihren Bevölkerungen so massenhafte politisch neutral, aber das bedeutet und ließen diese gegenwärtige Welle des westlichen Unterstützung, weil sie damit argumentieren, dass nicht, dass wir Parteien nicht kriti- »Populismus« anschwellen. ihren Ländern ungerechterweise ein Platz in der glo- sieren dürfen, die unsere Werte mit Aber weltweit existiert der »Populismus« bereits seit balen Politik, Wirtschaft und Regelsetzung verweigert Füßen treten. Das Versprechen, dass die Jahrzehnten als die Kluft zwischen den »Besitzenden« wurde und dass es an der Zeit ist, mitreden zu dür- Lassen Sie es uns mit Erich Käst- wirtschaftliche Globalisierung und den »Besitzlosen« oder zwischen reichen, entwi- fen. Indien hat noch immer keinen permanenten Sitz ner halten, der sagte: »Die Er- zu einem allumfassenden und ckelten Ländern und aufstrebenden Entwicklungs- im UN-Sicherheitsrat, im Gegensatz zum winzigen eignisse von bis hätten gerechten Wohlstand führt, hat ländern. Sie manifestiert sich in dem of ensichtlichen Großbritannien. spätestens bekämpft werden Unbehagen der reichen Nationen und ihrer Bürgerin- Westliche Führer mögen von diesen Forderun- müssen, später war es zu spät. Man sich als falsch erwiesen nen und Bürger angesichts des Aufstiegs der anderen. gen enerviert sein, aber die Wahrheit ist, dass Men- darf nicht warten, bis der Freiheits- Die Debatte »Globalisten gegen Populisten« er- schen in den Entwicklungsländern ihre ungleiche kampf Landesverrat genannt wird. örtert die Welt, wie sie sein oder nicht sein sollte. Behandlung als globale Bürger zweiter Klasse längst Man muß den rollenden Schneeball Massen und gezielt gegen die vermeintlichen Profi - Die Globalisten wollen die Globalisierung noch wei- bemerkt haben. Mittlerweile sind jedoch einige zertreten; die Lawi- teure wirtschaftlicher Strukturen richten, einen wenig ter ausdehnen. Die »Populisten« – zumindest in der dieser Länder reich genug, dass ihre Regierenden ne hält keiner mehr schmeichelhaften Stempel auf. Einige westliche »po- Darstellung der liberalen Medien – wollen die Uhr glauben, nicht mehr einem westlichen Narrativ, ei- auf.« pulistische« Bewegungen versuchen, andere Kulturen zurückdrehen. Die Kluft »Besitzende gegen Besitz- Fortsetzung auf Seite und Immigranten für die Probleme der »Abgehäng- lose« dagegen stellt unsere Welt infrage, wie sie der- Olaf Zimmermann ten« verantwortlich zu machen – ein Schachzug, der zeit ist: ein von geopolitischen und wirtschaftlichen Nr. / ist Herausgeber zu Recht kritisiert wird. Aber nicht jeder »Populismus« Interessen regiertes Konstrukt, gestaltet von den ISSN - 4<BUFJTM=gadaai>:V;n von Politik & Kultur ist schlecht. Der überraschende Erfolg von Jeremy wohlhabenden Ländern nach dem letzten Weltkrieg, B 02 SEITE www.politikundkultur.net Editorial: Erosion Not perfect Terrorismus – das nützliche Überblick: Heinrich Bölls KULTURELLES LEBEN Olaf Zimmermann 01 Olaf Zimmermann 08 Gespenst politisches Engagement 21 Reinhard Baumgarten 15 Reformation in der Schweiz: Leitartikel: Europa und der Ein Spiegel der Gesellschaft Böll und die Schriftsteller: Jubiläen feiern, wie sie fallen. Mythos des Populismus Susanne Keuchel 09 Hochschulen in Indien: Das Das Ende der Bescheidenheit Aber wie? Chandran Nair 01 vorhandene Potenzial entfalten Eva Leipprand 22 Martin Heller 28 Brauchen wir eine inklusive Heike Mock 15 Kulturmensch Norbert Lammert 02 Kulturpolitik? Überblick: Heinrich Bölls Kultur wieder groß schreiben: Max Fuchs 09 Reden 22 Isabel Pfeif er-Poensgen im Porträt DIE ROTE LISTE Andreas Kolb 29 AKTUELLES Eine Bereicherung Er war in erster Linie Ulla Schmidt im Gespräch 10 Gefährdete Kulturinstitutionen 16 Schriftsteller Gott und die Welt: Vorbei?! Neuer Bundestag, neue René Böll im Gespräch 23 Christian Stäblein 29 Bundesregierung Mehr als nur eine Rollstuhlrampe Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 03 am Vordereingang 100 JAHRE Bölls Literatur in der DDR: Tabea Rößner 10 HEINRICH BÖLL Der Panzer zielte