„Ewige Namen Gebe Ich Ihnen ..."(Jesaja 56,5)
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
„Ewige Namen gebe ich ihnen ..." (Jesaja 56,5) Gedenkheft für die jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus Memmingen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, verschleppt und ermordet wurden Materialien zur Memminger Stadtgeschichte Reihe B: Forschungen Herausgegeben vom Stadtarchiv Memmingen Zum Geleit „Ewige Namen gebe ich Ihnen ...“, so des nationalsozialistischen Unrechts- Schütz mit einer Ansicht der Synagoge lautet der Titel der Neuauflage der systems mit der grausamen Konse- dazu, die in das heutige Geviert einbe- Gedenkschrift, die nunmehr das Leben quenz des Holocaust dar, der bereits zogen wurde. von 119 jüdischen Frauen, Männern 1933 mit zunehmender Diskriminierung und Kindern biografisch beschreibt. der jüdischen Bevölkerung seine Die Künstlerin Petra Bammes hat Vom Stadtarchiv neu erschlossene Ar- Schatten vorauswarf. 1998 mit Unterstützung der Deutsch- chivbestände haben diese Ergänzung, Israelischen Gesellschaft Memmingen auch am Gedenkstein, ermöglicht. Seit April 1970 erinnert ein von der das Denkmal mit den Schrifttafeln und Diese Schrift reiht sich ein in die vielen Stadt Memmingen errichteter und von den damals 106 Namen ermordeter Zeugnisse, die an das jüdische Leben in Max Pöppel gestalteter Gedenkstein an jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbür- unserer Stadt erinnern. die frevelhafte Tat. Im November 1986 ger mit dem Sinnspruch „Erinnerung kam auf Anregung von Erich Häring stiftet Erlösung“ neu gestaltet. Sie war Die jüdischen Mitbürgerinnen und eine von den Lechelektrizitätswerken es auch, die 2012 für die Stadt Mitbürger waren fast ein Jahrhundert und der Heimatpflege Memmingen Memmingen die nach der flächen- geachteter Bestandteil des städtischen gestiftete Bronzetafel von Friedrich haften Erweiterung mögliche Lebens und ein wichtiger Wirtschafts- faktor in der aufstrebenden Industrie- und Gewerbestadt Memmingen seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausdruck dieser Teilhabe am städti- schen Erfolg war die im Stil des ausge- henden Kaiserreiches 1908/09 erbaute Synagoge am Schweizerberg. Ein schönes und selbstbewusstes Gebäude im Kreise von Schule und Finanzamt, die zu ebenjener Zeit im gleichen Stil entstanden. Mehr als 30 Jahre hatte sich die seit 1875 schnell anwachsende Kultusgemeinde mit Provisorien in der Fuggergasse begnügen müssen. Nur 30 Jahre später fiel das Gottes- haus in der Reichspogromnacht 1938 bronzenes Halbrelief dem organisierten Pöbel zum Opfer. mit einer Ansicht Kein Stein blieb auf dem anderen. Der der Memminger Abbruch der Synagoge stellt das Fanal Synagoge, 1986 1 grundlegende Neugestaltung vornahm. Beziehungen zur Stadt Kiryat Shmona Inschrift des Synagogen-Gedenksteines: Im Bodenbelag eingelassene Messing- in Galiläa, die an der Nordgrenze Israels AN DIESER STELLE WURDE 1909 DIE schienen zeichnen teilweise den Grund- besonderen Gefahren ausgesetzt ist. SYNAGOGE FÜR UNSERE MITBÜRGER riss der ehemaligen Synagoge nach. Auch eine Straße im Gewerbegebiet JÜDISCHEN GLAUBENS ERRICHTET. Petra Bammes fügte die bisherigen Nord weist auf diese Beziehung hin, die IM JAHRE 1938 FIEL SIE DER Elemente gelungen zu einer Neukon- Chaim Zachar aus Haifa zusammen mit GEWALTHERRSCHAFT ZUM OPFER. DEM GEDENKEN UND ZUR zeption zusammen. Diese Gedenkstätte dem Memminger Dr. Manfred Worm MAHNUNG DIENE DIES. erinnert damit in würdiger Weise an initiiert hat. das dunkelste Kapitel der deutschen NICHT DURCH MACHT UND NICHT DURCH Geschichte und ist gleichzeitig ein „Erinnerung stiftet Erlösung“. Die STÄRKE, SONDERN DURCH MEINEN GEIST Bekenntnis zu den Menschenrechten, Gedenkstätte am Schweizerberg wie SPRICHT DER HERR. Zachar 4/6 zur Demokratie und zur Freiheit. auch diese Schrift mögen kleine aber Inschrift der Holocaust-Gedenktafeln: bedeutsame Steinchen im entstehen- Dafür steht auch die vorliegende den Mosaik der Versöhnung darstellen. ERINNERUNG STIFTET ERLÖSUNG. Schrift, die über die Nennung der ZUM GEDENKEN AN DIE 1941-1945 ERMORDETEN JÜDISCHEN Namen der Gepeinigten und Ermor- Dr. Ivo Holzinger MEMMINGER BÜRGERINNEN UND BÜRGER deten auf dem Gedenkstein hinaus Oberbürgermeister die einzelnen Menschen und deren Schicksale lebendig werden lässt. Auch die Erinnerungstafeln an der Villa Laup- heimer und dem ehemaligen Anwesen der Rosenbaums am heutigen Vöhlin- Gymnasium gehören dazu. Für die Stadt Memmingen sind aber Gedenksteine, wie auch der eindrucks- volle jüdische Friedhof im östlichen Teil der Stadt mit dem Ehrenmal für die gefallenen jüdischen Soldaten des deutschen Heeres im Ersten Weltkrieg und die jüdische Abteilung im Stadt- museum, nur ein Teil der Erinnerungs- kultur. Sie ersetzen nicht die beein- druckenden Begegnungen mit den Grundriss der überlebenden Nachkommen und deren Memminger Syna- Familien. Sie ersetzen nicht die Begeg- goge, Baueingabe- plan von Max Seck- nungen mit den Menschen, vor allem bach, Frankfurt/Main der jungen Menschen in Israel. Deshalb 1908 (Stadtarchiv unterhalten wir partnerschaftliche Memmingen) 2 Vorwort Anfang der 1960er Jahre wandte sich vorausging (Dorothee Linn). Ab 1983 sein Gedenkbuch fortlaufend auf sei- „Yad Vashem. Martyrs And Heroes veröffentlichte Gernot Römer seine nen Webseiten. Die Gedenkstätte Yad Memorial Authority“, Jerusalem, an die umfangreichen Forschungsergebnisse Vashem Jerusalem digitalisiert die dort Landkreise und Städte mit der Bitte um zur Geschichte der Juden in Bayerisch- von Familienangehörigen eingereichten Angaben zur jüdischen Bevölkerung Schwaben unter Einbeziehung der Gedenkblätter für ermordete Menschen vor 1945. Der Leiter der Einrichtung, Informationen des Internationalen und macht diese Informationen in Baruch zvi Ophir, hatte die Erwartung, Suchdienstes des Roten Kreuzes und ihrer Holocaust Memorial Database der „dass es an Hand dieser Listen moeg- des Bundesarchivs in Koblenz. Für den Öffentlichkeit zugänglich. Die Erfor- lich sein sollte, Einzelschicksale der zweiten Band der „Geschichte der Stadt schung der Euthanasie im Nationalso- deutschen Juden unter dem Nazire- Memmingen“ sichtete Paul Hoser die zialismus erbrachte neue Erkenntnisse gime genau zu verfolgen. In den Jahren archivalische Überlieferung in loka- zur Ermordung jüdischer Menschen in 1933-1940 siedelten viele Juden aus len, regionalen und überregionalen Heil- und Tötungsanstalten. den kleineren Ortschaften in die Mit- Archiven und Bibliotheken zur natio- tel- und Grossstädte ueber, und wenn nalsozialistischen Judenverfolgung in Die Neugestaltung der Gedenkstätte es ihnen nicht gelang, sich noch recht- Memmingen. am Schweizerberg 2012 war für das zeitig durch Auswanderung zu retten, Stadtarchiv Memmingen Anlass, seine hat sie an ihrem neuen Wohnsitz das Mit der Entscheidung der Stadt Mem- Informationen zur jüdischen Bevölke- traurige Los der Deportation nach dem mingen, den Gedenkstein am Standort rung Memmingens auf Vollständigkeit Osten oder nach Theresienstadt ereilt.“ der ehemaligen Synagoge in Zusam- und Richtigkeit zu überprüfen. Einige Ein vom Einwohneramt Memmingen menarbeit mit der Deutsch-Israelischen Schicksale von Personen, die bereits erstellter Fragebogen, der neben den Gesellschaft um ein Verzeichnis der vor 1933 ihre Heimat- oder Geburts- Bevölkerungszahlen allgemein Hinweise ermordeten jüdischen Bürgerinnen und stadt Memmingen verließen, konnten auf Gruppen- und Einzelabmeldungen, Bürger Memmingens zu erweitern, war nun geklärt werden. natürliche Todesfälle und Fälle von 1996/97 eine umfassende Auswertung Freitod enthielt, diente zur Anfertigung einschlägiger Quellen, insbesondere der Nachfolgend wird - in Fortführung von Namenslisten, die schließlich im erhaltenen Einwohnerunterlagen sowie des Gedenkheftes „Erinnerung stiftet März 1962 an Yad Vashem gesandt weiterer Archivalien in Stadt- und Erlösung“ - an die ermordeten Frauen, wurden. Bis zur Veröffentlichung Staatsarchiven verbunden. Gleichzeitig Männer und Kinder aus Memmingen zusammenfassender Chroniken der erfolgte ein Abgleich der Daten mit im Zusammenhang der nationalsozia- jüdischen Gemeinden in Bayern 1972 den Erkenntnissen von Bundesarchiv, listischen Judenverfolgung erinnert. (hebräische Ausgabe) und 1979 (deut- Internationalem Suchdienst des Roten Die biographischen Notizen enthalten sche Ausgabe) sollten allerdings noch Kreuzes und Yad Vashem in Jerusalem. Querverweise auf Personen innerhalb einige Jahre vergehen. dieses Gedenkheftes, nicht jedoch auf Seither sind 15 Jahre vergangen, in Geschwister und / oder Kinder, die der Eine Namensliste der jüdischen Op- denen zahlreiche, bislang nicht be- Deportation durch Emigration entkom- fer war kurz zuvor im Rahmen einer kannte Quellen in- und ausländischer men konnten. Dies wird Aufgabe einer Schüler-Seminararbeit veröffentlicht Archive erschlossen werden konnten. Prosopografie zur jüdischen Bevöl- worden, der auch eine erste Sich- Weitere Gedenkbücher sind erschienen: kerung in Memmingen zwischen den tung einschlägiger Verwaltungsakten Seit 2005 aktualisiert das Bundesarchiv Jahren 1862 und 1942 sein. 3 Quellenbestände in Archiven Das Gedenkheft „Ewige Namen gebe Für die biographischen Recherchen wurden Jüdische Standesregister im Bayerischen ich ihnen ...“ (Jes. 56,5, hebräisch: im Stadtarchiv Memmingen, gegebenenfalls Hauptstaatsarchiv: Trauungen 1879-1919, auch in anderen Kommunalarchiven, vor allem Bestattungen 1875-1937 Yad Vashem) will Menschen aus folgende Quellenbestände ausgewertet: ihrer Anonymität ins Gedächtnis des Nicht vergessen werden dürfen an dieser Stelle Gemeinwesens, dem sie angehörten, Einwohnerverzeichnisse Erlebnisberichte Überlebender oder deren Fami- zurückholen, will