Neue Führungsrolle für Abwasserverbände

Kurt Suter | Abteilung für Umwelt | 062 835 33 60 des sein. Das ist die Vision des Kan- Wasser Gewässer tons . Schon heute überneh- Die Abwasserverbände sollen künftig eine grössere Rolle men immer mehr Verbände auch in den Verbandsgebieten übernehmen. Idealerweise wird Aufgaben im Bereich Planung, Pro- das gesamte Abwassernetz bis hin zu den Gebäuden in das jektierung, Bau und Betrieb wichtiger Eigentum der Abwasserverbände überführt. Die Aufgaben Teile des Abwassernetzes im Ver- der zukünftigen Organisationen gehen neu über den Ab­ bandsgebiet. wasserbereich hinaus, wie das Beispiel des Abwasserver­ bandes Region Möhlin zeigt, und umfassen die Bewirt­ Neue Aufgaben schaftung der Wasserressourcen, Gewässer und Wasser­ Der Verband Schweizer Abwasser- infrastrukturen. und Gewässerschutzfachleute (VSA) hat im Rahmen des Musterpflichten- hefts für die Bearbeitung der Gene- Der Abwasserverband stellt im Auf- Mit dem Abwassernetz wird das Ab- rellen Entwässerungspläne (GEP) ein trag der Verbandsgemeinden traditi- wasser aus Haushalten, Industrie und Musterpflichtenheft für die Gesamt- onell die Abwasserreinigung für das Gewerbe zur ARA transportiert, wo leitung im ARA-Einzugsgebiet (2010) Einzugsgebiet seiner Abwasserreini- es letztendlich gereinigt und in ein ausgearbeitet. gungsanlage (ARA) sicher. In der Zu- Gewässer eingeleitet wird. Zum Ab- Das Ziel ist eine effiziente Organisati- kunft nehmen der Aufgabenbereich wassernetz gehören Kanalisationen, on der Abwasserentsorgung im ge- und die damit verbundene Bedeu- Hausanschlüsse, Regenwasserbehand- samten ARA-Einzugsgebiet mit fol- tung des Abwasserverbandes zu. lungsanlagen, Abwasserpumpwerke genden Vorteilen: Schon heute umfassen die Aufgaben und andere Sonderbauwerke. Idea- hhDie Prioritätensetzung über ein ARA- der Abwasserverbände oft nicht nur lerweise würden sämtliche Abwas- Einzugsgebiet ergibt eine Massnah- die Abwasserreinigung, sondern im- seranlagen bis hin zu allen Gebäuden menplanung mit nachweisbar bes- mer mehr auch das Abwassernetz. im Eigentum des Abwasserverban- serem Kosten-Nutzen-Verhältnis als eine Prioritätensetzung pro Ge- meinde. Abwasserverband Region Möhlin hhViele kleinere Gemeinden verfügen Der Abwasserverband Möhlintal, welcher im Jahr 1975 gegründet wurde, über keine eigenen Fachleute und bestand anfangs aus den Gemeinden Möhlin (Standort ARA), begrüssen es, wenn sie durch eine und . Im Jahr 2003 nach dem Entscheid, die ARA Hellikon nicht zu Organisation mit Fachkompetenz un- sanieren, stiess der Abwasserverband Hellikon/ dazu. Der terstützt werden. Abwasserverband mit nun neu fünf stimmberechtigten Gemeinden nahm diverse abwasserrelevante Aufgaben in Angriff. Die jeweilige Pro- Zudem muss die Gesamtleitung fol- jektleitung wird vom Personal der Abteilung Bau und Umwelt Möhlin gende Leistungen erbringen: wahrgenommen. Diese ist auch gleichzeitig die Geschäftsstelle des Ab- hhDokumentation und Beurteilung der wasserverbandes. 2010 erfolgte ein weiterer grosser Zusammenschluss, aktuellen GEP im ARA-Einzugsgebiet; welcher der kantonalen Strategie entspricht. Mit dem Entscheid, die ARA hhAufzeigen des Handlungsbedarfs Wallbach nicht mehr zu sanieren, «fusionierten» die beiden Abwasser- und Erstellen des Pflichtenhefts für verbände Möhlintal und Fischingen zum Abwasserverband Region Möh- die Bearbeitung von neuen GEP im lin. 2012 erfolgt mit der Aufhebung der ARA auch noch der ARA-Einzugsgebiet; Anschluss der Gemeinde Schupfart, sodass es nun neun stimmberech- hhFührung der Generellen Entwässe- tigte Gemeinden sind. Durch die gemeinsame Realisierung von Projekten rungsplanung im ARA-Einzugsge- werden diese effizient aufgegleist und umgesetzt. Alle Verbandsgemein- biet; operative Gesamtleitung und den profitieren von den wirtschaftlichen Lösungen, da grössere Einhei- Qualitätssicherung; ten projektiert und realisiert werden können. Der Verband vertritt grund- hhÜberwachung der Realisierung der sätzlich die Auffassung, dass zukünftig die Bereiche Wasserkraft, Wasser- festgelegten Massnahmen; bau und Hochwasserschutz sowie Siedlungswasserwirtschaft vermehrt hhimmissions- und emissionsorien- vernetzt betrachtet werden müssen. tierte Erfolgskontrolle im ARA-Ein- Abwasserverband Region Möhlin zugsgebiet.

UMWELT AARGAU Nr. 57 August 2012 9 Bearbeitung der Generellen wortlichen schnell auf eine gemein- Bearbeitung nach STORM Entwässerungspläne same Planung einigen. Die Koordina- Idealerweise genau zum Zeitpunkt Der Abwasserverband Möhlintal (heu- tion der gesamten GEP-Arbeiten wur- der Bearbeitung der GEP im Möhlin- te Region Möhlin) hat bereits im Jahr de durch den Abwasserverband in tal suchte das Projektteam der Eidge- 2001 beispielhaft die Weichen für die enger Zusammenarbeit mit den Ge- nössischen Anstalt für Wasserversor- Zukunft gestellt und die Gesamtlei- meinden übernommen. Der Ver- gung, Abwasserreinigung und Ge- tung im ARA-Einzugsgebiet über- bands-GEP und die fünf kommunalen wässerschutz (EAWAG), welches das nommen. GEP konnten im Jahr 2006 durch das Projekt STORM entwickelte, nach Die aargauischen Gemeinden haben Departement Bau, Verkehr und Um- Fallbeispielen. Der Abwasserverband in den vergangenen zwei Jahrzehn- welt genehmigt werden. und die Gemeinden des Möhlintals ten die zum Teil alten Generellen Ka- nalisationsprojekte (GKP) durch Ge- GEP des Abwasserverbands Region Möhlin nerelle Entwässerungspläne (GEP) er- Organisationseinheit GKP GEP setzt. Als die Bearbeitung der GEP im Möhlintal aktuell wurde, waren die Abwasserverband Möhlintal keines 2006 Voraussetzungen für eine optimale, Hellikon kein genehmigtes 2006 das ganze Einzugsgebiet umfassende Möhlin 1977 2006 Planung geradezu ideal. Keine der fünf Gemeinden (Möhlin, Zeiningen, Wegenstetten 1983 2006 Zuzgen, Hellikon, Wegenstetten) hat- Zeiningen 1978 2006 te mit der Bearbeitung des GEP be- Zuzgen 1977 2006 gonnen. So konnten sich die Verant-

Abwasserverband Möhlintal

Abwasserverband Möhlintal (bis 2010) Abwasserverband Fischingen (bis 2010) Projektierte Anlagen Bestehende Anlagen Zusammenschluss 2012 Quelle: Hunziker Betatech, Winterthur

10 Nr. 57 August 2012 U M W E L T AARGAU stimmten der Anwendung der neuen Betrachtungsweise zu, sodass die STORM GEP bezüglich Einfluss der Sied- Beim Projekt STORM handelt es sich um eine immissionsorientierte Be- lungsentwässerung bei Regenwetter trachtungsweise. Dabei geht es um die Gewässerbelastungen durch Ab- auf den Möhlinbach auch heute noch wasser aus Kanalisationen bei Regenwetter. Die stofflichen, physikali- dem neusten Stand entsprechen. Die schen, hygienischen und ästhetischen Belastungen beeinträchtigen die Studie wurde in der Zeitschrift «Gas Gewässernutzung und das Gewässer als Lebensraum. Konkrete Vor- Wasser Abwasser» (gwa 11/2004) ver- schläge zur Identifikation und Bewertung von Beeinträchtigungen durch Wasser Gewässer öffentlicht (www.rebeka.ch). Abwassereinleitungen aus Kanalisationen bei Regenwetter unterstützen die gewässerbezogene und problemorientierte Massnahmenplanung. Realisierung STORM ist als rollende Planung gedacht. Mit immissions- und emissi- der Regenwasserbehandlung onsorientierten Erfolgskontrollen von realisierten Massnahmen wird all- Weil die Abwasserreinigungsanlagen fällig weiterer Handlungsbedarf abgeklärt. Das Projekt wurde vom Bun- nur eine kleine Abwassermenge ver- desamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL (heute BAFU) und der arbeiten können, bei starken Regen EAWAG initiiert. aber sehr viel Abwasser anfällt, wird eine grosse Abwassermenge ohne Reinigung in der ARA in die Ober­ flächengewässer entlastet. Das mit häuslichem, gewerblichem und in- anlagen (Mischwasserbehandlungs- Bearbeitung des Überlaufkonzeptes dustriellem Abwasser vermischte Re- anlagen, Regenbecken). auf Verbandsebene konnten die feh- genwasser ist entsprechend ver- Zum Zeitpunkt der GEP-Bearbeitung lenden Regenwasserbehandlungsan- schmutzt und muss deshalb vor der fehlten die Regenwasserbehandlungs- lagen optimal geplant und nach ge- Einleitung in die Gewässer behan- anlagen im Möhlintal mit Ausnahme wässerschützerischen Prioritäten rea- delt werden. Dies geschieht in soge- einer Anlage für ein kleines Einzugs- lisiert werden. Dies geschah in ext- nannten Regenwasserbehandlungs- gebiet in Wegenstetten. Durch die rem kurzer Zeit – 2011 waren bereits Foto: Kurt Suter

Regenwasserbehandlungsanlage (Regenbecken) Zuzgen

UMWELT AARGAU Nr. 57 August 2012 11 Regenwasserbehandlungsanlagen des Abwasserverbands Region Möhlin

Anlage Baujahr Fangkanal Wegenstetten 2002 Regenbecken ARA Möhlin 2008 Aufhebung ARA Hellikon und Umbau in ein Regenbecken 2009 Regenbecken Zuzgen 2010 Regenbecken Zeiningen 2011

alle Anlagen in Betrieb. Die Regen- Immissions- und emissionsorien­ wasserbehandlungsanlagen sind im tierte Erfolgskontrollen Eigentum des Abwasserverbandes Weil die Regenwasserbehandlung und werden von diesem gewartet praktisch vollständig fehlte, konnte in und betrieben. den Jahren 2007 und 2008 der Zu- stand des Möhlinbachs ohne Regen- GEP-Check wasserbehandlung aufgenommen Im Jahr 2011 hat die Abteilung für werden. Die Zustandsaufnahme nach Umwelt den ersten GEP-Check im der Regenwasserbehandlung steht Möhlintal durchgeführt. Beim GEP- noch aus. Zukünftig sollen im Kanton Check, der zirka alle fünf Jahre durch- Aargau die von der Siedlungsentwäs- geführt wird, kontrolliert die kanto­ serung relevant beeinflussten Ge- nale Fachstelle unter anderem den wässer mit permanenten (einfachen) Stand der Umsetzung der im GEP und alle 10 Jahre mit einer periodi- festgelegten Massnahmen. Im Möh­ schen (umfassenden) Erfolgskontrol- lintal wurden die GEP-Checks durch le überprüft werden. Auch die Funkti- den Abwasserverband koordiniert. onsweise der Regenbecken wird in So konnten sie innerhalb von zwei den kommenden Jahren systemati- Tagen für alle Gemeinden und den scher kontrolliert, sodass in Zukunft Verband durchgeführt werden. Die bessere Grundlagen für allenfalls er- Resultate der GEP-Checks fielen un- forderliche weitere Massnahmen vor- terschiedlich aus. Die Nachbearbei- liegen werden. tung der GEP-Checks sowie die Koor- dination verschiedener Massnahmen erfolgen ebenfalls durch den Abwas- serverband, was für alle Beteiligten zur Reduktion des organisatorischen und finanziellen Aufwandes führt.

12 Nr. 57 August 2012 U M W E L T AARGAU