Zum Werk Von Ernst Lubitsch : Der V-Effekt: Verführung Mit Stil
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Zum Werk von Ernst Lubitsch : der V-Effekt: Verführung mit Stil Autor(en): Esser, Michael Objekttyp: Article Zeitschrift: Filmbulletin : Zeitschrift für Film und Kino Band (Jahr): 26 (1984) Heft 139 PDF erstellt am: 11.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-866568 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch Kino par excellence Zum Werk von Emst Lubitsch Der Y-Effekt: Yerffihrnng mit Stil Vorweg ten bereits den 'Lubitsch touch': zum Vorahnung des Lubitsch-Stils: in Beispiel jene Szenen, in denen die Grossaufnahme wird nur die Schleppe der »It must be a marvelous supper; we Kommis-Clowns taschenspielerisch- sich zum Empfang in Versailles may not eat it, but it must be marvelous»: tänzerischgeschwind Stoffballen entrollen schmückenden neuen Favoritin gezeigt, Herbert Marshall als Gaston in und ausbreiten. Ausgesprochener und auf diesen weissen Atlasmassen TROUBLE IN PARADISE, bevor er und Lubitsch-Stil sind auch jene Einstellungen sind die schwarzen Hände des Leibnegers Miriam Hopkins sich zum ersten Mal von oben, bei denen sich um ein sichtbar, der die Schleppe spitzbübisch ihre Fingerfertigkeiten paar Kissen ein Schwärm von Dienerinnen arrangiert.» (Lotte Eisner) demonstrieren. wie zu einer Arabeske fügt, um im »If you are interested in beauty, you nächsten Augenblick wieder auseinan- have to be a beauty specialist»: Jack derzuschwirren. (Lubitsch bringt später Vermischtes Buchanan als Graf Rudoph Farriere in ähnliche Einstellungen in LOVE PARADE MONTE CARLO, bevor seine zarte und weiss sie für seine weiteren Richtige Lubitsch-Filme seien erst die Massage Jeanette MacDonald wohlige kleine Filme immer geschickt zu variieren. Von Filme, die er in Amerika drehte, nachdem Schreie entlockt. Lubitsch sichtlich beeinflusst, wird der er sich 1923 Chaplins WOMAN amerikanische Music-hall-Film derartige OF PARIS angesehen hatte. Vorahnung Einstellungen für das Präsentieren von Ein Lubitsch-Film lasse sich für Revuegirls verwerten.) Sogar in MADAME gewöhnlich in drei Sätzen erzählen. »Einige Passagen in SUMURUN verra¬ DUBARRY finden wir einmal eine Die deutschen Stummfilme von Lu- 26 bitsch seien grober Slapstick. mag grossstädtisch-aufgeklärter Auflösung starrer Klassikerpräsentationen Lubitschs Historienfilme stempelten die Umgang mit kabbalistischer Tradition sich ins Spielerisch-Lebendige. Geschichte als sinnlos ab, sie entlarvten niedergeschlagen haben. sich als Symptome antidemokratischer ANNA BOLEYN (1920) Verwandtes Tendenzen im Nachkriegsdeutschland. Die groben Umrisse der Schulbuchgeschichte: Lubitschs Historienfilme zeigten uns Heinrich VIII erzwingt die Lubitschs Kino ist populäre Unterhaltung. Geschichte unverstellt und in ihrer ganzen Scheidung von seiner Frau Katherina, Es wurzelt, mehr noch als im Grösse. um Anna Boleyn heiraten zu können; Theater, in der Operette, dem Variété, Lubitsch vermenschliche die Geschichte. doch Anna liebt einen anderen. Sie wird der Schaubühne. hingerichtet, während der König sich DAS FIDELE GEFÄNGNIS (1917) Es sind dies Sätze, die zu Stereotypen bereits einer dritten zuwendet. Nach der Strauss'schen Operette «Die des Plauderns und Schreibens über Das Leben bei Hofe der Vorwand für Fledermaus»: Beim Frühstück Kitty De- Lubitsch geworden sind - deswegen dröhnende Saufgelage, wüste Narren- walls tiefer Augenaufschlag für das kommt es auf Quellenangaben nicht an. spässe, zotige Witze; für ein süsses Mä- Dienstmädchen, und im langen Korridor derl in der Torte, Tennis im Schlosspark, mit den vielen anliegenden Zimmern Lüsternheit im Gebüsch. das gemeinsame Suchen nach Schnuk- Wenn Truffaut schreibt, bei Lubitsch Die Macht des Herrschers im Dienste ki, dem Hausherrn. Die schelmische gehe es in Wahrheit darum, gerade keine seiner Begierden. Frage durch die noch geschlossene Geschichten zu erzählen, vielmehr Der deutsche Kaiser hatte 1918 Wohnungstür, wo er denn heute Nacht das Mittel zu suchen, sie überhaupt abgedankt, das Berliner Kinopublikum gewesen sei, und unser Wissen, dass nicht zu erzählen, so bezieht sich das amüsierte sich jetzt auf Kosten der britischen im Treppenhaus der Postbote steht, auf auf die amerikanischen Filme von Monarchie. dessen Gesicht die kühnsten Erwartungen Lubitsch. Vorerst nimmt er bekannte dann spielen. Vor allem aber, Geschichten zur Vorlage und erzählt sie auf Voraussetzungen nachdem die beiden Frauen ihre Suche seine Weise, oder er erfindet Geschichten, aufgegeben haben, die kleine die in bekannter Umgebung spielen, 1 892, als Lubitsch geboren wurde, gab Kameraneigung von der am Schreibtisch den oder seine Geschichten ähneln es das Kino noch nicht einmal als Haftbefehl lesenden Dewall auf den bekannten Geschichten. Jahrmarktsattraktion der armen Leute. Die berauscht schlummernden Ehemann Harry abendlichen Vergnügungen der Liedtke zu ihren Füssen - und kurz Varianten gehobenen Gesellschaft, die Rendez-vous darauf sein gequälter Blick ins Publikum: und Verabredungen zum Souper fanden «Mir ist ja soo schlecht.» Dazwischen Ansätze zur Verführung in der Variation zwischen dem zweiten und dritten Akt gross die Mausefalle, unerwartet von Mustern wie: Exotik / Abenteuer; des «Zigeunerbarons» oder des «Ga- hinter den Draperien und Fauteuils, der Dienstboten / Kaufhaus / Grossstadt; sparone» statt. Die Operette mit ihren Chaiselongue und dem Fernsprecher, historische Stoffe, finden sich in den spritzigen Bonmots und eingängigen folgenden Beispielen: Melodien, mit Kabalen um verlorene SCHUHPALAST PINKUS (1916) Spitzentücher und vertauschte Der Ladenschwnegel Sally Lubitsch Offiziersdegen war die schaumgeborene zeigt's seinem Chef - auch, wie man Tochter aus einer champagnerbeschwipsten eine kapriziöse Dame bedient; Spiel der Liaison der behäbigen Oper Eitelkeiten; die verkauften Schuhe zwei mit dem zwielichtigen Variété. Nummern zu klein und trotzdem 1911, als der Schauspieler Ernst passend; die Kundin Ossi Oswalda zufrieden Lubitsch in das Ensemble des Deutschen mit dem kessen Bengel; sie tanzt, er Theaters unter Max Reinhardt bekommt sein eigenes Geschäft. Die aufgenommen wurde, hatte sich das Kino in Treppen des Schuhpalastes der eigenen Sälen etabliert. Vorwand für eine Stiefelschau, die Stiefelschau Wie sehr die deutschen Filmregisseure Vorwand für das Defilee wohlgeformter von den Inszenierungen Reinhardts be- Damenfüsschen unter gerafften einflusst waren, darauf hat Lotte Eisner Röcken: die Raffinesse der Riemchen wiederholt hingewiesen. DAS FIDELE und Schnallen von Lubitsch gestenreich GEFÄNGNIS (1917) bedient sich des erläutert. gepflegten Interieurs moderner Bevor Lubitsch zur Bühne ging, half er Gesellschaftskomödien. Lubitschs Dirigieren während der Saison im Herrenmodegeschäft der Massen ist ebenfalls auf Reinhardt seines Vaters aus. zurückzuführen. «Lubitsch kommt für DIE AUGEN DER MUMIE MA (191 8) seine Pariser Massenszenen (in MADAME Reiselust; Abenteuer in der Wüste; das DUBARRY, 1919) mit einem einzigen Geheimnis der Pyramiden; die Augen Platz aus, der für alles dient: der Mumie, zu Leben erwacht; die Mumie Aufmärsche vor, Volksgebrodel während Ma aus der Totenkammer entführt; und nach der Revolution. Dennoch ein finsterer Tempeldiener folgt dem gelingt ihm eine Authentizität in den Entführer Liedtke und der Entführten Massenszenen, wie sie das heutige Kino Pola Negri von Kairo nach Berlin; Ma kaum zustande bringt. Das sind keine tanzt im Salon, später auch im Variété; hilflosen Statisten, sondern sorgfältig schliesslicher Tod der Untoten. Pola durchinszenierte Figuren, jede einzelne, Negris Tanz der Vorwand für die auch bei Szenen, in denen Hunderte exotische Kulisse, die Kulisse Vorwand für vorkommen.» (Helma Sanders-Brahms) Pola Negris orientalische Erotik. Mit ANNA BOLEYN zieht Lubitsch die In der mysteriösen Ägypten-Zauberei Konsequenzen aus der Reinhardtschen 27 Kino par excellence hinter den Requisiten luxriöser Mondä- nität - Zeichen dafür, dass der Lubitsch- Film weitergeht, den langen Weg vom Boulevardtheater zum Kino und den kurzen Gang durch Haus-, Küchen-, Mädchenkammer-, Boudoir- und Schlafzimmertüren. ROMEO UND JULIA IM SCHNEE (1920) Die Capulethofer und die Montekugerln fechten's im winterlichen Alpendorf per Schneeballschlacht aus. KOHLHIESELS TÖCHTER (1 920) Ein derber Volksschwank mit Wirtshausschlägerei, unfreiwilliger Schlittenpartie und der Widerspenstigen Zähmung: Vor Kohlhiesels Wirtshaus lockt der Hausierer