1000 Jahre Stadtgeschichte(N) Ricoldinchuson – Recklinghausen

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1000 Jahre Stadtgeschichte(N) Ricoldinchuson – Recklinghausen 1000 Jahre Stadtgeschichte(n) Ricoldinchuson – Recklinghausen 1000 Jahre Stadtgeschichte(n) Ricoldinchuson – Recklinghausen herausgegeben von Matthias Kordes, Georg Möllers, Jürgen Pohl im Auftrag der Stadt Recklinghausen und des Vereins für Orts- und Heimatkunde Recklinghausen e.V. Recklinghausen 2017 Impressum Herausgeber: Stadt Recklinghausen; Verein für Orts- und Heimatkunde Recklinghausen e.V. Redaktion / verantwortlich für den Inhalt: Matthias Kordes, Georg Möllers, Jürgen Pohl Satz und Gestaltung: Unica Design, Recklinghausen Titelbild: Fotos von Stadt Recklinghausen, Thomas Nowaczyk, Reiner Kruse und Steven Schilling 1. Auflage, Mai 2017 3.000 Druck: © Stadt Recklinghausen; Verein für Orts- und Heimatkunde Recklinghausen e.V., 2017 VEREIN FÜR ORTS- UND HEIMATKUNDE RECKLINGHAUSEN E.V. Gegründet am 23. November 1890 4 1000 JAHRE RECKLINGHAUSEN Inhalt Grußwort des Bürgermeisters 7 Gastfreundschaft seit über 600 Jahren 34 St. Peter – Keimzelle der Stadt 8 Mit Franziskanern und Preußen zur Bildungsstadt 36 Archäologische Funde in der Recklinghäuser Altstadt 10 Schützentradition seit über 630 Jahren 38 Die älteste Erwähnung Recklinghausens in einer Abscheuliche Pestzeiten 40 Kaiserurkunde Heinrichs II. von 1017 12 Ein Bettelorden in der Stadt 42 1236 – Recklinghausens findet Anschluss an das alteuropäische Städtewesen 14 Hauptstadt des Kurfürstentums Köln 1794–1803 44 Das mittelalterliche Siegel der Stadt Recklinghausen 16 Ein Recklinghäuser Fürstentum 46 Vest Recklinghausen: Geschichte und Wortbedeutung 18 Ein westfälischer Gräftenhof in Suderwich 48 Als das Rathaus noch am Marktplatz stand 20 1815/16: Die Preußen kommen 50 Die Stadtmauer: Auch in Recklinghausen das alte Symbol „Freiheit, Freiheit, Republik“ – städtischen Selbstschutzes und Selbstbewusstseins 22 Revolutionstage 1848/49 52 Recklinghausen und die Hanse 24 Die Gustav-Adolf-Kirche (1847) – Die erste evangelische Kirche im Vest Recklinghausen 54 Das Augustinessenkloster St. Barbara 26 Barmherzige Schwestern und erste Krankenhäuser 56 Drangsale im Zeitalter der Glaubenskämpfe: Die Belagerung Recklinghausens im Jahre 1584 28 Die Christuskirche – ein protestantischer Kirchenbau zur „Halbzeit der Moderne“ 58 Recklinghausen im Streit mit den Herren von Strünkede 30 „Klärchen“ bringt die Industrialisierung 60 Verbrannte Straßen: Feuersbrunst in der Stadt 32 In eine neue Welt: Reichsgründung und Eisenbahn 62 1000 JAHRE RECKLINGHAUSEN 5 Inhalt Ein Ingenieur der ersten Stunde: Carl Still 64 Bombenkrieg, Bodenkrieg, Befreiung: Kriegsende 1945 in Recklinghausen 90 Die Recklinghäuser Synagogengemeinde 66 Ein Baby beglückt die Stadt: Großstadt-Ilse 92 Entstehung und Bedeutung des Wappens der Stadt Recklinghausen 68 Was für ein Auflauf! Die Bevölkerungsentwicklung in Recklinghausen 94 Das Rathaus von 1908: Historistische Architektur für die aufstrebende Industriestadt 70 Ein kriegszerstörter Torso als Mahnung und Aufruf 96 Recklinghausen und der Große Krieg 1914–1918 72 „Kohle gegen Kunst, Kunst gegen Kohle“: Die Ruhrfestspiele 98 Uhren für Bikittinggi und die Welt 74 Versöhnung und Begegnung durch Partnerstädte 100 Der industrielle Fortschritt und seine Katastrophen – Grubenunglücke in Recklinghausen 76 Wunderbar: Ikonen in der Bergbaustadt Recklinghausen 102 Neue Stadtteile – neue Menschen: 1926 entsteht Groß-Recklinghausen 78 Früher war viel mehr Zukunft – Recklinghausen im Strukturwandel 104 Recklinghausen geht ein Licht auf 80 Die Faszination des Lichts: „Recklinghausen leuchtet“ 106 Auf dem Prüfstand zerbrochen: die erste Demokratie in Recklinghausen 82 Tausendjähriges Recklinghausen ganz jung 108 „Volkssturm“ auf das Rathaus – Schlagwortverzeichnis 110 Machtübernahme 1933 84 Pogrom am 9./10. November 1938 86 Aus den Ghettohäusern „abgemeldet nach unbekannt“ 88 6 1000 JAHRE RECKLINGHAUSEN Grußwort des Bürgermeisters On the Shoulders of Giants – Auf den Schultern von Riesen traditionsreichem Brauchtum und besonderen Festen der Kir- nannte der amerikanische Soziologe Robert K. Merton 1965 chen und Vereine, nicht zuletzt unserer Herbstveranstaltung seine auch in deutscher Sprache erschienene Publikation zur „Recklinghausen leuchtet“ sind überzeugende Beispiele für Entwicklung des „Wissens“. Er griff dabei auf ein Gleichnis das lebendige Miteinander von Tradition und Gegenwart. zurück, das bereits bei Bernhard von Chartres, dem Lehrer und Rektor der berühmten französischen Domschule um Die Publikation zum Jubiläumsjahr stellt uns eine Viel- 1120 bezeugt ist. Der englische Theologe Johannes von Salis- zahl wichtiger Ereignisse, prägender Entwicklungen und bury zitiert ihn 1159 so: Bernhard von Chartres sagte, wir seien handelnder Personen aus diesem Jahrtausend Recklinghäuser gleichsam Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen, um Geschichten vor. Wir begegnen Herausforderungen und Pro- mehr und Entfernteres als diese sehen zu können – freilich nicht blemen und ihren damals gefundenen Lösungen. Wir erfah- dank eigener scharfer Sehkraft oder Körpergröße, sondern weil die ren, welch gravierenden Veränderungen sich die Einwohner Größe der Riesen uns emporhebt. der alten Hansestadt der Handwerker und Fernkaufleute, des Städtchens der Ackerbürger, der plötzlich expandierenden Gemeint ist die Selbsterkenntnis, dass wir als Menschen Bergbau- und Industriestadt bis in die Gegenwart gestellt der Gegenwart uns und unsere Erkenntnisse und Fertigkeiten haben und stellen müssen. Uns begegnet die Geschichte und auch immer den Generationen vor uns verdanken. Das könn- Bedeutung von bis heute stadtprägenden Gebäuden. Und wir te ein Beitrag zur Bescheidenheit sein und ist zugleich ein können nachlesen, dass Grundfragen der Menschheit nach Auftrag im Hinblick auf die uns folgenden Generationen. Bildung, Gesundheit, Glaubensüberzeugung oder Sicherheit in den vergangenen Jahrhunderten ebenso wichtig waren wie So feiern wir die erste Erwähnung von Ricoldinchuson in heute. Uns begegnen interessante und für die Entwicklung einer Urkunde Kaiser Heinrichs II. vor genau tausend Jahren Recklinghausens bedeutsame Menschen. in dem Bewusstsein, dass wir als Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt heute in einer alten Tradition leben, der wir Autorinnen und Autoren haben natürlich eine Auswahl auch heute noch Vieles verdanken. Die vielfältige Geschichte aus der reichen Geschichte treffen müssen. Dafür danke ich Recklinghausens ist ja gerade in den letzten Jahrzehnten auf ihnen wie den Herausgebern für ihre Initiative und wünsche wachsendes Interesse gestoßen: Die Altstadt mit ihrem his- der Veröffentlichung zum Jubiläumsjahr einen guten Erfolg. torischen Wegenetz und den denkmalgeschützten Gebäuden bietet Baudenkmäler des Mittelalters und der frühen Neuzeit. In den Stadtteilen laden Zeugnisse sowohl der langen land- wirtschaftlichen Tradition wie auch des Industriezeitalters, das vom Steinkohlebergbau geprägt war, zum Besuch ein. Die große Resonanz von Stadterkundungen und -rundfahrten, 1000 JAHRE RECKLINGHAUSEN 7 St. Peter – Keimzelle der Stadt Du bist Petrus der Fels und auf diesen Felsen will ich meine Kir- Betrachter dem kunstgeschichtlichen Urteil der Experten nur che bauen (Mt. 16, 18). Diese Verheißung Jesu im Matthäus- beipflichten: Das Südportal zur Marktseite hin ist eines der evangelium hat die katholische Welt Jahrhunderte lang so schönsten romanischen Kirchenportale Westfalens. Hier fan- wörtlich genommen, dass nicht nur die ältesten Patrozinien – den Gerichtsverhandlungen, Gildentagungen und die Wahl beginnend mit St. Peter in Rom und der Kölner Domkirche – der kurgenossen statt, die dann Bürgermeister und Ratsherren auf den Apostelfürsten lauten. Unsere heutige Propsteikirche ernannten. In der Stadtkirche erfüllte auch der Turmwächter hatte nach einhelligen Grabungsbefunden mindestens zwei mit der wachtklocke, die Feuer oder Feinde ankündigte, bis Vorgängerbauten (10.-12. Jahrhundert). Der Bauplatz war be- 1652 bürgerschaftliche Funktionen. zeichnenderweise der höchste Punkt des frühmittelalterlichen Siedlungskerns. Auch der verheerende Stadtbrand im Jahre 1500 hat zu Entsprechend der herausragenden Bedeutung dieser erstaunlichen architektonischen Leistungen geführt. So schuf ältesten Pfarrkirche im Vest hatte sie auch die meisten Filial- noch im Jahr der Katastrophe der weitberühmte Gerard de kirchen: Tochtergemeinden, die in einem Abhängigkeitsver- Wou ein vollkommenes Dreiergeläut. Unter Verzicht auf die hältnis zur Mutterkirche in Recklinghausen standen. Die Son- romanischen Chorflankentürme errichtete man innerhalb we- derstellung ihres Pfarrers unterstrich später der Amtstitel des niger Jahre einen perfekten gotischen Hochchor, der den eher Commissarius Vestanus, den Johannes Wesener (1793–1822) düsteren Charakter des Altarraumes von Osten her markant noch mit Stolz führte. Der „Petrusschlüssel“ ist bis heute Be- aufhellte. Eines der erstaunlichsten Zeichen hochherrschaft- standteil der Wappen von Stadt und Kreis Recklinghausen. lichen Sponsorentums stellt das Sakramentshaus (1520) dar, 1821 wurde das bis dahin dem Erzbistum Köln zugehörige an dessen Sockel sich die Stifterfamilie von Schaumburg- Vest dem Bistum Münster zugeordnet. Ende 1931 adelte Holstein, damalige Pfandinhaber von Stadt und Vest Reck- Bischof Johannes Poggenburg die vielhundertjährige Vorrang- linghausen, mit ihrem Wappen verewigt hat. Bemerkenswerte position mit der Verleihung des Propst-Titels an Pfarrer Karl Gegenstücke finden sich in unmittelbarer Nachbarschaft in Heiermann und seine Nachfolger. St. Amandus, Datteln und St. Lambertus, Castrop-Rauxel. So wenig wir über die Frühzeit der Kirche wissen,
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