18 8 1 -1 9 4 5 Eugen Bolz 18 81 -19
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Baden-Württemberg Landeskunde umfasste, nicht mehr kandidieren würde, empfahl der Landesgeschichte Schwager von Bolz, Regierungsrat Dr. Karl Hepp, den Landespolitik jungen Assessor als Bewerber. Und tatsächlich wurde die Kandidatur des Mannes, der ein „unbeschriebenes 7|2005 Blatt“ war, ein Erfolg. Rastlos war Bolz im Wahlkampf tätig, und Anfang 1912 gelang es ihm das Reichstagsmandat zu errin- gen. Im letzten Reichstag des Kaiserreichs war er einer der jüngsten Abgeordneten. Ende des gleichen Jahres wurde er für seinen Heimatwahlkreis Rottenburg in die Abgeordnetenkammer des Württembergischen Landtags gewählt. Damit begann eine beispiellose politisch-parla- mentarische Laufbahn, in deren Verlauf er zeitweise (1928 – 1933) zugleich Reichs- und Landtagsabgeord- neter, Regierungschef und Staatsminister war. Angesichts einer solchen Fülle wichtigster Ämter über- 1881-1945 rascht es nicht, dass er die Führung der Zentrumspartei in Württemberg verdienten Parteifreunden überließ, selbst aber nie an der Spitze der Partei stand. Dass er EUGEN BOLZ spätestens nach 1923, als sein Parteifreund Innen- minister Eugen Graf starb, der „starke Mann“ des würt- tembergischen Zentrums war, wurde ohnehin nicht in Frage gestellt. 1881 -194 5 MENSCHEN AUS DEM LAND Die Fraktion des Zentrums im Württembergischen Landtag, vor 1928. Eugen Bolz sitzend, 3. von rechts. DAS ANDENKEN AN EINEN HERKUNFT – BERUF – GROSSEN POLITIKER BEGINN DER POLITISCHEN KARRIERE Das Andenken nur weniger Politikerpersönlichkeiten sei- Eugen Anton Bolz kam am 15. Dezember 1881 als ner Generation wird in Baden-Württemberg so in Ehren zwölftes von 13 Kindern, von denen sechs schon im gehalten wie jenes des Zentrumsabgeordneten, Minis- Kindesalter starben, in der Bischofsstadt Rottenburg am ters und Staatspräsidenten Eugen Bolz. Straßen, Plätze, Neckar zur Welt. Die Handwerkerfamilie Bolz war in Schulen und andere öffentliche Gebäude sind nach ihm dem einst vorderösterreichischen Städtchen, das zur Zeit benannt, ein Saal im Stuttgarter Landtagsgebäude trägt von Bolz’ Geburt etwa 6.800 Einwohner zählte, seit ebenso seinen Namen wie eine Stiftung und ein Preis, Jahrhunderten ansässig. Sein Vater Josef Bolz (1832– der für herausragende Verdienste um Freiheit und Demo- 1899) führte in Rottenburg ein Kolonialwarengeschäft, kratie vergeben wird. Im Herzen der Landeshauptstadt, seine Frau Maria Theresia Huber (1841–1918) war die im Landtag von Baden-Württemberg, in Rottenburg Tochter eines Kornhändlers aus Weingarten. und in Ellwangen gemahnen Bildplastiken, Büsten und Gedenktafeln an das Wirken und den gewaltsamen Nach dem Besuch der Volksschule und des Progymna- Tod des bedeutenden katholischen Politikers, der am siums in seiner Heimatstadt schloss der streng katholisch Ende des Zweiten Weltkriegs dem Wüten des national- erzogene Bolz seine Schulzeit am Karlsgymnasium in sozialistischen Unrechtsstaats zum Opfer fiel. Stuttgart ab. Das Studium der Rechtswissenschaften führ- te ihn an die Universitäten Tübingen, Bonn und Berlin. In der ersten Parlamentssitzung, die auf deutschem In Tübingen trat er der Akademischen Verbindung Boden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges statt- Guestfalia bei, auch an den beiden anderen Universi- fand, nannte am 16. Januar 1946 der sozialdemo- täten schloss er sich katholischen Verbindungen an. kratische Politiker Wilhelm Keil Eugen Bolz stellvertre- tend für die Millionen Menschen, die als Deutsche in Nachdem er die beiden höheren Justizdienstprüfungen Deutschland von Deutschen ermordet worden waren. erfolgreich absolviert hatte, begann er mit 27 Jahren Die politische Arbeit von Bolz, vor allem aber seine 1909 seine Tätigkeit im württembergischen Justizdienst. Ermordung infolge der Widerstandstätigkeit des eins- Vorangegangen war die Ableistung seines Militärdiens- tigen Regierungschefs, dienten dem sich nach 1945 tes als „Einjährig Freiwilliger“ beim Feldartillerie-Regi- formierenden politischen Neubeginn im deutschen ment 49 in Ulm. Bevor er die politische Laufbahn ein- Südwesten als wiederholt beschworener Bezugspunkt. schlug, war Bolz als Gerichtsassessor der Stuttgarter Eugen Bolz spielte als identitätsstiftende Persönlichkeit Staatsanwaltschaft zugeteilt und war zeitweise als stell- sowohl für die Legitimation der südwestdeutschen vertretender Amtsrichter zum Amtsgericht Stuttgart abge- Nachkriegsstaatlichkeit als auch für die neue ordnet. 1920 heiratete Eugen Bolz seine langjährige interkonfessionelle Volkspartei CDU eine Verlobte, die Studienrätin Maria Hoeneß (1882–1948). wesentliche Rolle. Einer der wichtigsten Aus der Ehe ging die Tochter Mechtild hervor. Mitgründer des Bundeslandes Baden- Württemberg, Dr. Gebhard Müller Schon als Mittzwanziger war Bolz in die Jugendorga- (CDU), betrachtete Bolz als sein Vorbild. nisation der Zentrumspartei, den Windthorstbund, ein- Müller formulierte auch einen viel zitier- getreten. Auch für den jungen Juristen war der Windt- ten Kernsatz zu Bolz: „Die eigentliche horstbund die „Schule der Politik“, in der er sich erst- Tragik dieses Mannes lag darin, dass er mals als Redner profilierte und den Parteioberen auffiel. vom ersten Tag an das Unheil kommen Als 1911 bekannt wurde, dass der Abgeordnete des sah und doch nicht helfen konnte.“ 13. württembergischen Reichstagswahlkreises, der die Oberämter Aalen, Ellwangen, Neresheim und Gaildorf Eugen Bolz: Bronzebüste des Bildhauers Fritz von Graevenitz, 1951. MINISTER UND STAATSPRÄSIDENT IN DEN WEIMARER JAHREN Im Ersten Weltkrieg stand Bolz als Leutnant an der Bolz gehörte den Parlamenten in Berlin und Stuttgart Westfront und wirkte in den Garnisonen Ulm und an und warb in zahlreichen Versammlungen für den Ludwigsburg sowie im Reichsentschädigungsamt in neuen Staat, der auf die Unterstützung aller aufbau- Brüssel. Die Novemberrevolution 1918 hat ihn erschüt- willigen Kräfte angewiesen war. Auch auf den seit tert, eine Abkehr von der politischen Arbeit kam für 1919 abgehaltenen württembergischen Katholiken- ihn aber nicht in Frage. Mit ganzem Herzen und voller tagen sprach sich Bolz für den neuen Staat und die Kraft wollte er den Grundsatz seiner Partei vertreten, demokratische Verfassung aus. Nur selten ließ er dass man sich gerade in politisch unruhigen Zeiten, dabei seine Sorge durchblicken, der schwache Parla- in denen das bürgerlich-konservative Lager gegenüber mentarismus könne eine konsequente Staatsführung der Linken kurzzeitig an Einfluss verlor, nicht abseits unmöglich machen. stellen dürfe. Im Gegenteil: Das Zentrum habe die Pflicht, seine christliche Politik beharrlich fortzuführen Nach dem Tod des Justizministers Dr. Johannes von und Staat und Volk in ruhigere Zeiten zu geleiten. Bolz Kiene (1852–1919) berief Staatspräsident Wilhelm hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er sich – Blos (SPD) den 38-jährigen Amtsrichter Bolz am 29. ob im Reich oder in Württemberg – eine Regierung Oktober 1919 zum württembergischen Justizminister. ohne Beteiligung des Zentrums nicht vorstellen konnte. Kaum ein Jahr später bestimmte ihn Staatspräsident Daher lehnte er die Rätebewegung vollkommen ab und Johannes von Hieber (DDP) zu seinem Stellvertreter, machte sich für die möglichst rasche Einberufung ver- 1923 wechselte Bolz vom Justiz- ins Innenressort. fassunggebender Versammlungen stark, die im Januar 1928 erfolgte seine Wahl zum Staatspräsidenten und 1919 mit ihrer Arbeit begannen. Regierungschef einer Mitte-Rechts-Koalition mit der deutschnationalen Bürgerpartei und dem Württem- bergischen Bauernbund, die Anfang 1930 durch die Beteiligung der liberalen Parteien DVP und DDP erwei- tert wurde. Als Regierungsmitglied und zuletzt Regierungschef be- fand sich Bolz in einer geradezu erstaunlichen Weise auf der Höhe der Zeit. Er setzte vor allem im Bereich der Sozial-, Verkehrs- und Energiepolitik bleibende Akzente. Württemberg wurde in den 1920er-Jahren großflächig an das Stromnetz angeschlossen. Bolz zählte zu den Mitgründern der Württembergischen Landeskreditanstalt und der Schwabenwerke, der spä- teren Energieversorgung Schwaben (EVS). Bei allen Entscheidungen suchte er die finanziellen Folgen zu bedenken. Gegen die Wirtschaftskrise agierte er mit beispielloser Sparsamkeit. Bolz drang auf Staatsverein- fachung, um hier Kosten zu sparen. In diesem Zusam- menhang sah er auch einen möglichen Zusammen- Eugen Bolz (mittlere Reihe, 2. von links) im Stuttgarter Halbmondsaal als Justizminister schluss Württembergs mit dem benachbarten Baden, im Kabinett Johannes Hieber (1920 – 1924). wovon er sich auch eine Stärkung gegenüber den Interessantes zum Land von der LpB Berliner Zentralisierungsbestrebungen versprach. Das Baden-Württemberg – Vielfalt und Stärke der Regionen Kabinett schreckte allerdings vor den hohen Schulden hrsg. v. Hans-Georg Wehling u.a., 400 S., 700 Abb., 2002, 15.- EUR Badens zurück, das seinerseits nicht von Württemberg Parteien in Baden-Württemberg Schriften zur politischen „geschluckt“ werden wollte. Landeskunde Bd. 31, Michael Eilfort (Hrsg.): 263 S., 2004, 5.- EUR Kulturelle Vielfalt, Baden-Württemberg als Einwande- Als Innenminister führte er die Verstaatlichung der bis- rungsland Schriften zur politischen Landeskunde Bd. 32, Karl-Heinz her kommunal organisierten Polizei durch und verstand Meier-Braun/Reinhold Weber (Hrsg.): 316 S., 2005, 5.- EUR es, in Württemberg in Zeiten Ruhe und Ordnung weit Taschenbuch Baden-Württemberg Gesetze – Daten – Analysen gehend aufrecht zu erhalten, in denen es in anderen Red.: Siegfried Frech, 520 S., Neuausgabe 2004, 2,50 EUR Ländern wie Bayern oder Thüringen zu bürgerkriegs- Baden-Württemberg enträtseln – denken,