Trümmerfrauen Der Kommunalpolitik
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STADT ARCHIV STUTTGART Trümmerfrauen der Kommunalpolitik Frauen im Stuttgarter Gemeinderat 1945 bis 1960 Herausgeberin: Landeshauptstadt Stuttgart, Kulturamt, Stadtarchiv, in Verbindung mit der Abteilung Kommunikation; Redaktion: Ursula Schleicher-Fahrion Gestaltung: Uli Schellenberger Fotos: S.3 Mahlstedt, S. 7, 17, 19, 23, 29, 31, 33f, 36f, 39, 42 Stadtarchiv, S. 9, 12f, 21f, 32, 34 privat, S. 11, 14 Haus der Geschichte Baden Württem - berg, S. 15f Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Baden-Württemberg, S. 20 Friedrich- Naumann-Stiftung für die Freiheit, Archiv des Liberalismus S. 25f Sammlung Dr. Elmar Blessing, S. 27f Eppler, S. 35, 45 Kraufmann © Frauenakademie Stuttgart (Carola-Blume-Akademie) 2013 Schutzgebühr: 5. – Euro STADT ARCHIV STUTTGART Trümmerfrauen der Kommunalpolitik Frauen im Stuttgarter Gemeinderat 1945 bis 1960 1 STADT ARCHIV STUTTGART Stuttgart, im Dezember 2012 16 Frauen, die zwischen 1946 und Wenn solches Material unter fachkun - 1960 dem Stuttgarter Gemeinderat diger Beratung für die engagierte angehörten, werden in dieser Broschüre bürgerschaftliche Spurensuche heran - vorgestellt. Ihre Kurzbiographien, die gezogen wird und daraus neues histori - im Rahmen eines gemeinsamen Projektes sches Wissen entsteht, sind die Kern - der vhs-Frauenakademie mit dem funktion eines Kommunalarchivs und Stadtarchiv Stuttgart erforscht wurden, zugleich sein historischer Bildungsauf - sind allesamt „Frauengeschichten“, trag in idealer Weise erfüllt. Das Stadt - offenbaren zugleich aber ein ganzes archiv dankt den Bearbeiterinnen unter Spektrum unterschiedlichster Sozialisa - Leitung von Elisabeth Skrzypek für ihr tionen und Erfahrungen. Die Nach - Engagement. Die Ergebnisse erhellen kriegsjahre waren durchaus nicht die einen bislang wenig beachteten Aspekt Zeit geringster weiblicher Präsenz in der Stuttgarter Stadtgeschichte. gewählten politischen Gremien der Bundesrepublik Deutschland. Gleich - Ebenso gilt unser Dank der Landeszen - wohl stößt rasch an Grenzen, wer sich trale für politische Bildung Baden-Würt - dem Kreis der Frauen, die damals Politik temberg, die die Herstellung dieser Bro - mitgestalteten, biographisch nähern schüre unterstützt hat und sie künftig möchte. Wo Literatur fehlt, helfen nur in ihrer Bildungsarbeit einsetzen wird. „Primärquellen“, wie sie das Stadtarchiv Stuttgart zur Nachkriegszeit in reicher Dr. Roland Müller Zahl verwahrt. Direktor des Stadtarchivs Stuttgart 3 Inhalt Einleitung 5 Charlotte Armbruster 7 Maria Bolz 11 Erika Buchmann 15 Elisabeth Daur 17 Dr. Emmy Diemer-Nicolaus 19 Dr. Roswitha Doch 21 Maria Ernst 23 Anna Herrigel 25 Elsa Koch 27 Emma Lautenschlager 29 Hilde Pesch 31 Dr. Ilse Reinhardt 33 Helene Schoettle 37 Maria Schön 39 Junger Wein in neuen Schläuchen. Die Neue Partei (NP) 41 Johanna Vietzen 45 Elisabeth Weber 47 4 Trümmerfrauen der Kommunalpolitik Frauen im Stuttgarter Gemeinderat 1945 bis 1960 Frauen stellen die Hälfte der Bevöl - mehr Frauen als zum Beispiel in Wie sind wir dazu gekommen? kerung und die Hälfte der Wähler - den 70er Jahren. Was waren das Am Anfang gab es nur eine Liste schaft, aber dennoch sind sie bis für Frauen? Diese Frage war die mit 16 Namen. Diese Namen galt heute in den Parlamenten deutlich Forschungsfrage eines Kurses der es, mit Leben zu füllen. Von Be - unterrepräsentiert. Selbst im Stutt - Frauenakademie Stuttgart im ginn an hat uns Herr Dr. Lotterer garter Gemeinderat sitzen „nur“ Herbst 2011. Ziel war zum einen, vom Stadtarchiv Stuttgart Wege 42,7 Prozent Frauen. Und das anhand eines konkreten Themas aufgezeigt, um mehr über diese ist nicht der höchste Wert, den die Arbeit im Stadtarchiv kennen Gemeinderätinnen der Nachkriegs - Stuttgart erreicht hat. 1999, also zu lernen, und zum anderen zu zeit zu erfahren. Wie geht man vor 14 Jahren, lag der Frauenanteil erfahren, was für Frauen im vor, wenn man nach Material über mit 43,3 Prozent höher. Stuttgarter Gemeinderat der Nach - eine bestimmte Person sucht? kriegszeit gesessen haben. Unser erster Ansatz war die Wie sah die Situation nach dem Zeitungsausschnittsammlung. Über Zweiten Weltkrieg aus? In der Archivarbeit ist wie eine Schatzsuche. einige der Frauen fanden wir hier Nachkriegszeit waren die Frauen Es gibt die unterschiedlichsten Lebensläufe anlässlich ihres 70. besonders gefordert. Viele Männer Wege, die man beschreitet, die Geburtstags, ihres 80. Geburtstags waren im Krieg gefallen oder noch man ausprobiert. Und wenn man oder auch ihres Todes. Dann haben in Gefangenschaft. Die Frauen Glück hat und sich geschickt wir in den Findbüchern des Archivs übernahmen die Aufgaben der anstellt, findet man einen Schatz. weiter gesucht und so einiges Männer. Dazu zählte die Arbeit als Unseren „Schatz“ finden Sie in zusätzliche entdeckt. Es gab auch Trümmerfrauen und auch die Politik. dieser Broschüre. die ersten Bilder der Politikerinnen, So finden wir in den meisten sodass für uns nun die Frauen sicht - Parlamenten der Nachkriegszeit bar wurden. In den Gemeinderats - 5 protokollen von 1945 bis 1960 wer - stitutionen kontaktiert werden, in der. Auffällig ist, dass einige der den die Wortbeiträge festgehalten. denen die Frauen aktiv waren, die Frauen mit Männern verheiratet Da aber die Frauen eher selten zu sie vielleicht sogar aufgebaut hat - waren, die ebenfalls in der Politik Wort gekommen sind, ist dies eine ten. Bei einzelnen konnten auch aktiv waren (Lautenschlager, Buch - Sisyphusarbeit, die wir nur in Ansät - Nachkommen oder Zeitzeugen be - mann, Bolz, Schoettle). Zum Teil zen leisten konnten. In den Proto - fragt werden, die die Gemeinderä - sind die Frauen über ihre Männer kollen des Sozialausschusses dage - tinnen noch kannten. in die Politik gekommen, z. T. gen, wo die Frauen eher zu Wort haben sich die Paare aber auch bei gekommen sind, sind die Redebei - Herausgekommen ist ein sehr viel - ihrer politischen Arbeit kennen träge leider nicht wortgetreu festge - schichtiges Bild über die „Trüm - gelernt. halten. Das war eine Hürde, die uns merfrauen der Kommunalpolitik“ die Arbeit erschwerte. So ist die in Stuttgart. Dabei gibt es große Viele der Frauen haben einen Beruf tatsächliche politische Arbeit der Unterschiede in Bezug auf die erlernt und übten diesen auch aus. Frauen nur ganz schwer zu erfassen. Informationen, die gefunden wur - Das Politikfeld, in dem die Frauen Hier wäre noch ein Ansatzpunkt für den. Über einige Gemeinderätinnen tätig waren, war meist die Sozial - eine weitere wissenschaftliche Arbeit wurde bereits viel geschrieben politik. So saßen alle Frauen im mit dem Thema. (Armbruster, Diemer-Nicolaus), Sozialausschuss, einige waren auch über andere konnte sehr viel Neues in der Schulpolitik aktiv, nur wenige Viele der Gemeinderätinnen waren entdeckt werden (z. B. Schön, saßen im Wirtschaftsausschuss. Lehrerinnen und beim Land ange - Reinhardt, Daur) und über einige Obwohl wir nicht herausfinden stellt. Für diesen Personenkreis ist konnte – trotz intensiver Recherche konnten, ob die Tätigkeit der das Staatsarchiv in Ludwigsburg nicht viel gefunden werden. Frauen in den genannten Aus - mit seinen Personalakten eine schüssen deren eigenen Interessen Fundgrube. Dort gibt es Informa - So saß Elisabeth Weber zwölf Jahre entsprach oder ob sie von der tionen über das private und berufli - im Gemeinderat und dennoch fin - Fraktion in diese „weiblichen“ che Leben der Frauen. Auf einmal det sich in den Unterlagen nicht Politikfelder „geschoben“ wurden, wurden Menschen sichtbar, die viel mehr als ihre Berufsbezeich - waren diese sechzehn Frauen für neben ihrer politischen Arbeit auch nung: Religionslehrerin und Ge - uns interessante, politisch aktive Familie und Beruf hatten, die meindehelferin. Bis 1960 saßen Frauen, die anderen Frauen Mut Stärken und Schwächen hatten. insgesamt 16 Frauen im Stuttgar - machen sollten, ebenfalls politisch Auskunft über ihre Wohnsituation ter Gemeinderat, Frauen aus allen aktiv zu werden. gaben die Adressbücher im Stadt - politischen Lagern. Anders als in archiv, aus denen weit mehr als nur der Zeit der Weimarer Republik die Adressen zu erfahren war. In waren die meisten Politikerinnen Elisabeth Skrzypek einzelnen Fällen konnten auch In - verheiratet, viele hatten auch Kin - 6 Charlotte Armbruster * 7. November 1886 in Stuttgart † 23. September 1970 in Stuttgart Charlotte Armbruster wurde 1886 in verliehen. Diesen Orden hatte König Kaufmännische Lehre Stuttgart als viertes von sieben Kindern Wilhelm II. von Württemberg 1916 zu bei Fa. Daimler geboren. Sie wuchs im Eisenbahnerdörfle Ehren seiner Frau, Königin Charlotte, Fürsorgerin in Stuttgart im Nordbahnhofersviertel in geordneten gestiftet. Es bekamen ihn Personen - Verhältnissen auf. Der Vater Martin war ohne Ansehen des Standes, die sich im Eisenbahnbeamter. Sie besuchte die Ersten Weltkrieg in der Verwundeten - 1919 bis 1933 Mitglied im von katholischen Schwestern geleitete fürsorge verdient gemacht hatten, Gemeinderat für die Schlossschule (Volksschule). Danach später auch noch viele Bürger für ihre Zentrumspartei folgte ein hauswirtschaftliches Jahr an Verdienste in der Heimat während der der katholischen Töchterschule (später Kriegszeit. Der Orden wurde ca. 20.000 1946 bis 1959 Mitglied im St. Agnes). Bei der Firma Daimler in Mal verliehen. Gemeinderat für die CDU Stuttgart machte sie eine kaufmännische Ausbildung. Doch dieser Beruf scheint Königin Charlotte zeigte sich den Ent - sie nicht ausgefüllt zu haben. 1905, mit wicklungen der Moderne gegenüber Ausschüsse: 19 Jahren, ging sie nach Berlin und ließ aufgeschlossen. Deutlich wird dies