2020

VWI im Fokus

02 Editorial 03 Rückblick & Ausblick 08 Interview 13 Veranstaltungskalender 16 Ausschreibung Fellowships 17 VWI-Fellows 2020/2021 21 Neue MitarbeiterInnen 22 EHRI-Preparatory Phase 24 Projekte des VWI 25 Fundstücke 26 Kurz notiert & Kleinode 27 Kurz notiert 28 Service & Impressum

VWI im FOKUS | 2020 EDITORIAL DAS INSTITUT

as VWI eröffnete den diesjährigen Veranstaltungsreigen mit einer Erinnerungsmatinee an seinen Mentor und Initiator Simon Wiesen­ thal,D der die neueste Geschichte Österreichs nachhaltig geprägt hat und dem die Republik so viel verdankt. An sechs aufeinanderfolgenden Sonn­ tagnachmittagen im Jänner und Februar 2020 präsentierte das VWI in Kooperation mit dem Österreichischen Filmmuseum das im November 1997 von Albert Lichtblau (heute Vorstandsmitglied des VWI) für die USC Shoah Foundation geführte elfstündige Interview mit Simon Wiesenthal. Niemand, weder die OrganisatorInnen der Veranstaltung noch ich, hätten auf eine so gewaltige Resonanz zu hoffen gewagt. Das Interesse, schon am ersten Nachmittag beachtlich, stieg von Vorführung zu Vorführung. Kaum jemand im Publikum­ verließ den Kinosaal vor Ende der mehr als zweieinhalbstündigen Präsentationen und den im Anschluss geführten, das jeweilige Thema des Nachmittages vertiefenden Gesprächen mit gelade­ nen ExpertInnen. Der Saal blieb gesteckt voll. Aufgrund des vollbesetzten Kinosaals mussten am letzten Screening-Nachmittag BesucherInnen sogar

Foto: privat Foto: abgewiesen werden. Terezija Stoisits. Der nächste vorgesehene große Programmpunkt des Arbeitsjahres, die Konferenz zu den Folgen der Pariser Vorortverträge 1919/1920, die Ende März im repräsentativen Palais Trautson unter Patronanz von Bundesmi­ DAS VWI IN ZEITEN VON CORONA nisterin Dr.in Alma Zadić hätte stattfinden sollen, musste coronabedingt abgesagt, das heißt auf das kommende Jahr verschoben werden. Eine klei­ nere, weniger historisch als literatur- und kulturwissenschaftlich geprägte Tagung zur Nachgeschichte des Holocaust in der fantastischen und popu­ lären Literatur und mehrere Simon Wiesenthal Lectures und VWI Visuals Closed but Active fielen ebenfalls dem Virus zum Opfer. Allein die kleineren Veranstaltungen, in erster Linie mit den Fellows des Instituts, konnten mittels Zoom in den Wie viele vergleichbare Einrichtungen verlagerte auch das VWI angesichts des Lockdowns virtuellen Raum verlagert werden. Dabei stellte sich heraus, dass auf diese viele seiner Tätigkeiten in den virtuellen Raum: Mitte März wurden diverse Veranstaltungen Weise die Kolloquien der Fellows nicht mehr unbedingt ‚klein‘ waren, zum abgesagt, das Institut geschlossen, und die MitarbeiterInnen wechselten in die Heimarbeit. Teil sogar einen weit größeren Personenkreis erreichten als in der üblichen Konstellation des VWI goes to … oder VWI invites; eine Erfahrung, die bei kommenden Veranstaltungsplanungen zu berücksichtigen sein wird. uch für die VWI-StipendiatInnen und deren Intensive Bewerbung auf der Webpage und den Untätig blieben die MitarbeiterInnen des Instituts auch ohne größere Arbeit mussten Lösungen gesucht werden: ­Social-Media-Kanälen des VWI sowie die Möglich- Veranstaltungen nicht, sie nutzten vielmehr die Zeit, Archiv und Bibliothek Einige Fellows zogen es aus gesundheitli- keit für Außenstehende, an diesen virtuellen Veran- noch besser zu inventarisieren, für Aktivitäten mithilfe der sozialen Medien Achen oder familiären Gründen vor, in ihre Heimatlän- staltungen teilzunehmen, führten dazu, dass einigen zu werben und die zentralen Projekte des Hauses weiter voranzutreiben. der zurückzukehren; andere blieben im Ausland ste- Events sogar mehr ZuhörerInnen beiwohnten als den Mit dem Start der europäischen Projekte um EHRI (European Holocaust cken, weil sie sich gerade dort auf Archivrecherche ‚normalen‘ Veranstaltungen vor Corona. Research Infrastructure), siehe dazu Seite 22, steht das VWI vor einer gro­ befanden; wiederum andere verbrach- ßen Herausforderung. ten die Zeit des Lockdowns in Wien. Schmerzliche Absagen … Das Veranstaltungsprogramm im Heftinneren bleibt vorerst eine Ab­ Im Raum stand auch die Frage, wie die Schmerzlich waren die coronabedingt sichtserklärung, in der Hoffnung verfasst, alle abgesagten Aktivitäten nur Betroffenen an ihren Projekten weiter- notwendigen Absagen der Simon Wie­ verschieben zu müssen und neue Programmpunkte setzen zu können. arbeiten und auch mit dem VWI sowie senthal Conference (SWC) sowie des Im September gedachte das VWI erneut seines Gründers: Simon Wie­ miteinander weiterhin im Austausch VWI-Workshops im Juni: Die Vor- senthal verstarb am 16. Elul 5765, am 20. September 2005. 15 Jahre später stehen könnten. Schnell war die Lö- bereitungen für die SWC 2020 Euro­ entspricht der 16. Elul dem 5. September. An diesem Tag stellte das Institut sung gefunden, und die Diskussionen pa ethnisieren. Hass und Gewalt in das Jahrzeit-Licht Simon Wiesenthals in die Auslage seines Museums. Jor­ mit und zwischen den Fellows wur- Nach-Versailles Europa waren schon zajt far Schimon. In memoriam Simon Wiesenthal wiederum lautet der Titel den über die Webkonferenz-Software sehr weit fortgeschritten, die Einla- einer – in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde durchgeführ­ Zoom abgewickelt. Die Diskussionen dungen gedruckt, als wir die Tagung ten – Veranstaltung, eines Rundgangs zu Wiener Orten des Wirkens Simon in den Methoden- und Quellensemi- kurz vor dem geplanten Termin Ende Wiesenthals, als Verneigung vor seinem Vermächtnis gedacht. naren der Fellows, die Kolloquien März absagen mussten. Dank Bundes- Wie wichtig die Tätigkeit Simon Wiesenthals für die österreichische Po­ und die dazugehörenden Kommentare ministerin Dr.in Alma Zadić und deren litik und Gesellschaft heute ist, zeigt die Auslobung des Simon-Wiesenthal- von geladenen ExpertInnen waren in Zusage, uns die Räumlichkeiten des Titelblatt: Jortsajt far Schimon: Preises, der nunmehr jährlich vom Nationalfonds der Republik Österreich dieser Form zuerst etwas ungewohnt Palais Trautson auch im Frühling 2021 Jahrzeit-Lichter am 15. Todestag für Opfer des Nationalsozialismus vergeben wird. Mit der Auszeichnung und von technischen Schwierigkeiten zur Verfügung zu stellen, wurde die von Simon Wiesenthal (1908–2005) wird zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Auf­ geprägt. Schnell spielte sich aber dann Tagung um ein Jahr verschoben. Eben- vor dem VWI. klärung über den Holocaust gewürdigt. alles ein. so konnte der für Juni 2020 geplante ➤

2 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 3 DAS INSTITUT DAS INSTITUT

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4 5 10 1 Podiumsgespräch zur jüngsten Forschung zur Vernichtungs- stätte Malyj Trostenez, Jüdisches Museum Wien, 22. Oktober 2019. 2 VWI-Fortunoff Research Fellow Nikolaus Hagen bei seinem Kolloqium Gender and the Nazi Persecution of ,Mixed ­Marriages‘, Research Lounge, 27. November 2019. 3 Abschied von den Fellows 2019/2020 in der Research Lounge, 1. Juli 2020. 4 Buchpräsentation Zwischen Prag und Nikolsburg. Jüdisches Leben in den böhmischen Ländern: Lisa Silverman, Martina Niedhammer, Katerˇina Cˇ apková, Ines Koeltzsch, Bookshop Singer, 30. Jänner 2020. 6 7 8 13 5 Buchpräsentation Nach der Shoah. Politik und Antisemitismus in Österreich nach 1945 von und mit Barbara Serloth, Workshop The Fantastic Afterlives of ten Lectures werden – wie im Terminkalender ersicht- rierten und/oder digitalisierten Teilbestände, Serien Research Lounge, 5. Dezember 2019. ins Jahr 2021 verlegt werden. Hier wird es weniger lich – im kommenden Frühling nachgeholt sowie um und Sammlungen sukzessive in dieses modernste Ar- 6 Rechercheseminar mit Beständen des VWI-Archivs, um eine historische Aufarbeitung des Holocaust gehen weitere Vortragende und neue Themen ergänzt. chivierungsstandards umsetzende System eingespielt gemeinsam mit dem Institut für Zeitgeschichte der als vielmehr um eine literaturwissenschaftliche und Highlight der noch vor der Corona-Quarantäne werden. Online werden selbstverständlich nur jene Universität Wien, 27. Jänner 2020. kulturgeschichtliche: Rollen und Implikationen fan- stattgefundenen Veranstaltungen war zweifellos die Verzeichnungsinformationen und Digitalisate ein- 7 Simon Wiesenthal Lecture von VWI-Beirätin Nanci Adler, tastischer Figuren und Phänomene bei vergangenen Vorführung des elfstündigen, im November 1997 vom sehbar sein, die alle datenschutzrechtlichen Auflagen The Future of the Stalinist Past, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, und aktuellen Annäherungen an den Holocaust sowie heutigen VWI-Vorstandsmitglied Albert Lichtblau für erfüllen. Daneben gilt es, technische Bedingungen zu 21. November 2019. deren Gebrauch in der Populärkultur werden im Fokus die USC Shoah Foundation geführten Interviews mit schaffen, um die archivischen Aufgaben der beiden 8 Kolloquium von Junior Fellow Paula Oppermann Violence as stehen. Simon Wiesenthal vor dem berstend vollen Kinosaal laufenden EHRI-Projekte bzw. die Errichtung eines Communication? Latvian Fascists’ Attacks on Jews in the Auch dass die Simon Wiesenthal Lectures ab des Österreichischen Filmmuseums. Dem bis jetzt er- österreichischen Holocaust-Forschungskonsortiums 1930s mit Maximilian Becker (IKT), Research Lounge, März annulliert werden mussten, schlug in die mehr folgreichsten Event des VWI ist ein eigener Beitrag in erwartungsgemäß umzusetzen. Die Digitalisierung 13. November 2019. als zehnjährige Tradition der alle ca. sechs Wochen diesem Heft gewidmet. von Teilbeständen ist dabei ein weiterer wichtiger 9 TeilnehmerInnen des Workshops Accessing Campscapes. stattfindenden Vorlesungen eine betrübliche Kerbe. Aspekt, in erster Linie der Falldossiers zu NS-Täte- Inclusive Strategies for Using European Conflicted Heritage Immerhin konnten davor VWI-Beirätin Nanci Adler Neues Archivinformationssystem in Vorbereitung rInnen, aber ebenso die Verzeichnung von weiteren des IC-Access Projekts der EU vor dem VWI, mit der Frage nach der Zukunft des Umgangs mit der Was die Arbeiten im Archiv des VWI betrifft, wurde Teilbeständen und Serien, so z. B. der beantworteten 16. Oktober 2019. stalinistischen Vergangenheit Russlands, Enzo Traver- Anfang 2020 eine detaillierte Übersicht und inhalt- Korrespondenz Simon Wiesenthals aus den Jahren 10 Lesezirkel The Nordbahnhof Project mit Artist-in-Residence so mit einem Vortrag zu Primo Levi und der Instru- liche Kurzbeschreibung der Teilbestände des Simon 1945 bis 2005. Die Arbeit des VWI-Archivs wird Dani Gal, VWI-Konferenzsaal, 8. Oktober 2019. mentalisierung seines Erbes, Paul Hanebrink zum My- Wiesenthal Archivs (SWA) online gestellt. Damit ab Herbst 2020 für anderthalb Jahre von der Claims 11 Junior Fellow Lovro Kralj bei seinem Kolloquium Paving thos des ‚Judäobolschewismus‘ und Dariusz Stola zur können potenzielle BenutzerInnen sich noch vor ei- Conference gefördert werden. the Road of Death. Antisemitism in the Ustasha Movement Geschichte der Bewältigung des Holocaust in Polen nem Besuch einen ersten Überblick über die Bestän- Zwei Tätigkeiten des Archivs im Bereich der Ver- 1929–1945, Research Lounge, 15. Jänner 2020. zwischen Seelenbeschau und Rückschlag zu aktuellen de des SWA verschaffen und sich im Weiteren mit mittlung seien hier noch besonders hervorgehoben: 12 Buchpräsentation Shimon An-Ski. Der Khurbn in Polen, Forschungsfragen Stellung beziehen. Wie immer kön- detaillierteren Suchanfragen an das Archiv wenden. Wie schon 2019 und 2020 werden auch 2021 gemein- Galizien und der Bukowina: Olaf Terpitz, Thomas Soxberger, nen alle Vorträge auf dem YouTube-Kanal des VWI Diese Übersicht ist der erste Schritt zur Implemen- sam mit Lehrenden des Instituts für Zeitgeschichte Marianne Windsperger, Bookshop Singer, 17. Dezember 2019. nachgesehen werden. Der Beitrag Enzo Traversos er- tierung eines neuen Archivinformationssystems, der Universität Wien wieder Rechercheseminare an- 13 Workshop What are Interviews About the Shoah Telling scheint sogar in Nummer 2/2020 von S:I.M.O.N, der mit dessen Hilfe in Zukunft schrittweise die bereits geboten und durchgeführt. Ebenso ist an eine Fort- us Beside Hard ,Facts‘ mit Selma Leydesdorff (Universität elektronischen Zeitschrift des VWI. Auch die stornier- erschlossenen, auch schon in eine Datenbank integ- setzung der gemeinsamen Lehrveranstaltung mit der ➤ ­Amsterdam), Research Lounge, 30. Oktober 2019.

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Akademie der bildenden Künste Wien im Rahmen des künftige AuslandslektorInnen wurden hier auf ihre 1 Vergangenheitsdiskurse in Österreich nach 1945. Lehrgangs Museum and Curatorial Studies gedacht. Lehraufgaben, auf die Vermittlung österreichischer Zertifikatskurs Auslandslektorat der Universität Wien Dabei werden Möglichkeiten zu einer Präsentation der Geschichte, Kunst, Kultur und Wissenschaft an aus- mit Béla Rásky, Research Lounge, 14. Juli 2020. Objekte aus der Sammlung Wiesenthal – Geschenke, ländischen Universitäten vorbereitet. Der Kurs – von 2 Letzter Abend der Präsentation des Lebensinterviews mit Nippes, Gedenkplaketten, Zeichnungen, Objekte – zur MitarbeiterInnen des VWI konzipiert – versuchte an- Simon Wiesenthal. Am Podium im anschließenden Gespräch: Diskussion gestellt und mit dem Vermächtnis Wie- hand mehrerer Vorträge und Beispiele, den Paradig- Béla Rásky, Ariel Muzicant, Éva Kovács, Österreichisches senthals kontextualisiert. menwechsel des österreichischen Identitätskurses von Filmmuseum, 16. Februar 2020. der berüchtigten ‚Opferthese‘ zur Anerkennung der 3 Simon Wiesenthal Lecture Coming to Terms With the … langsame und zaghafte Öffnung und Mitschuld und Teilhabe zahlreicher BürgerInnen an Holocaust in Poland. From Soul-Searching to Backlash von vielversprechende neue Ideen den Verbrechen des Nationalsozialismus in allen sei- Dariusz Stola, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, 5. März 2020. Erst mit Anfang Sommer begann die zaghafte Öffnung nen Widersprüchlichkeiten, Irrungen und Wirrungen, 4 Die detaillierte Erschließung Wiesenthals beantworteter des Instituts: zuerst mit einem vorsichtigen Übergang Kontinuitäten und Brüchen darzustellen und zu kon- Korrespondenz 1945–2005 in Arbeit. von der Heimarbeit der MitarbeiterInnen zur alltägli- textualisieren. 5 Methoden- und Quellenseminar von Research Fellow Roland chen Institutsaktivität ab Mitte Mai, dann – unter Ein- Im Laufe des Sommers verabschiedete das VWI – Clarke, Research Lounge, 12. Februar 2020. 14 haltung der erforderlichen Sicherheitsauflagen – mit wie immer schweren Herzens – die Fellows des ver- 6 Einladung zum VWI-Visual Der Prinz und der Dybbuk, der Wiedereröffnung von Museum, Archiv und Bib- gangenen akademischen Jahres: Allen Schwierigkei- Le Studio, 19. Februar 2020. 11 Aus dem Archiv: Schreibmaschine mit hebräischen liothek für BesucherInnen ab Ende Juni und schließ- ten zum Trotz erwies sich der Jahrgang als sehr aktiv 7 Helmut Wohnout, Direktor des Österreichischen Staatsarchivs, Buchstaben für Briefe in Jiddisch. lich mit einem eingeschränkten Veranstaltungsbetrieb und produktiv. bei der Simon Wiesenthal Lecture A Specter Haunting Europe. 12 Lehrgang Museum and Curatorial Studies, gemeinsam mit der vorerst nur für kleine Gruppen. So begannen mit ei- Wie aus dem – vorerst angesichts der Unwägbar- The Myth of Judeo-Bolshevism von Paul Hanebrink, Haus-, Akademie der bildenden Künste Wien, mit Elke Krassny und nem Treffen einer kleinen Initialgruppe Anfang Juli keiten sicher nur provisorischen – Veranstaltungska- Hof- und Staatsarchiv, 16. Jänner 2020. Felicitas Heiman-Jelinek, 23. Jänner 2020. die Arbeiten für ein österreichisches Konsortium zur lender ersichtlich ist, hat das VWI die Absicht, spä- 8 rÆson_anzen: Deportationen aus jüdischen Kinderheimen 13 Einladung zu What‘s New at the Fortunoff Archive?, Research Errichtung einer Holocaust-Forschungsinfrastruktur testens 2021 wieder voll durchzustarten, sofern die nach Malyj Trostenez mit Michaela Raggam-Blesch, moderiert Lounge, 31. Jänner 2020. im Rahmen von EHRI, mehr dazu im Beitrag im gesundheitspolitischen Vorschriften dies erlauben. ‹ von René Bienert, Research Lounge, 15. Oktober 2019. 14 Buchpräsentation Beyond Hartheim: Es sprachen die Heftinnern. Weiters organisierte das VWI in Zusam- 9 Methoden- und Quellenseminar von Research Fellow Herausgeber Florian Schwanninger und Philipp Rohrbach, menarbeit mit dem Postgraduate Center der Univer- https://www.youtube.com/wienerwiesenthal Katarzyna Person via Zoom, 24. Juni 2020. Verena Pawlowsky (Moderatorin), Leo Gürtler sowie die sität Wien Mitte Juli ein Modul des Zertifikatskurses https://www.vwi.ac.at 10 Schmöckerecke und Gästebuch im Museum im Erdgeschoß Leiterin des Lern- und Gedenkortes Hartheim, Brigitte Vergangenheitsdiskurse in Österreich nach 1945: Zu­ http://www.facebook.com/wiesenthal.institut.vwi des VWI. Keplinger.

6 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 7 DAS INTERVIEW DAS INTERVIEW

„Schon Ende der 1940er-Jahre führten ausländische Organisationen Gedenkfahrten nach Hartheim durch.“

1940er-Jahre führten ausländische – vor allem franzö- sische und italienische – Organisationen Gedenkfahr- ten nach Österreich und im Zuge dessen auch nach Hartheim durch. Diese spielten, wie an anderen Orten der NS-Verbrechen in Oberösterreich, eine führende Rolle bei der Entstehung einer Gedenkkultur. Das er- wähnte französische Mahnmal wurde jedoch außer- halb des Schlossgebäudes errichtet. Die Nutzung des Gebäudes als Wohnhaus rief in den folgenden Jahren zahlreiche Proteste hervor. In den 1960er-Jahren kam Hartheim als Ort des Massenmords durch die Prozesse gegen Täter der NS- Euthanasie wieder in die Medien. Simon Wiesenthal leistete durch seine Recherchen zu den Tätern der NS-Euthanasie und des Holocaust einen bedeutenden Beitrag. 1969 richtete schließlich der Eigentümer zwei Ge- denkräume im Schloss ein. Die Einweihung erfolgte durch den Landeshauptmann von Oberösterreich und den Linzer Bischof. Es waren die ersten Gedenkräu- me an einem Ort der ‚‘ überhaupt. Die Nut- LERN- UND GEDENKORT SCHLOSS HARTHEIM BEI ALKOVEN IN OBERÖSTERREICH zung des Schlosses als Wohnhaus bestand jedoch fort, was weiterhin zu Unmut und Protesten durch Opfer- angehörige und -vereinigungen führte. Forschen, Vermitteln, Erinnern Zaghaftes Erinnern in Österreich Auch spielten die rund 18.000 Opfer der ‚Aktion T4‘ in den Jahren 1940/1941 – vor allem psychisch Mehrere europäische und amerikanische Städte unterhalten Einrichtungen zur Dokumentation, und Gedenkens sollte jedoch erst 1950 – und zwar auf kranke und behinderte Menschen – im Gedenken in Erforschung und Erinnerung an den Holocaust und andere NS-Verbrechen: VWI im Fokus stellt einige Veranlassung der französischen Häftlingsorganisation Hartheim lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. von ihnen in einem kurzen Gespräch mit dem Stab dieser Institutionen vor. Mit Brigitte Kepplinger Amicale de Mauthausen – gesetzt werden. Nach der Die Aktivitäten bezogen sich hauptsächlich auf die Befreiung im Mai 1945 diente das Schloss noch kurz 1941 bis 1944 hier ermordeten KZ-Häftlinge. Vor al- und Florian Schwanninger vom Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim sprach Philipp Rohrbach. als Kinderheim und dann als Wohnhaus: zuerst für lem erst im Zuge der entstehenden Behindertenbewe- Flüchtlinge und Vertriebene, sogenannte Volksdeut- gung und der Reformbewegungen in der Psychiatrie önnen Sie uns bitte einen kurzen Überblick der ‚Aktion T4‘ zur ‚Aktion Reinhard‘. Personen wie sche, und ab 1954 für Hochwassergeschädigte aus der in den 1970er- und 1980er-Jahren sollte es zu einer über die Geschichte Schloss Hartheims, ers­ beispielsweise bauten in führenden Po- Gemeinde Alkoven. Der Eigentümer, der Oberöster- Auseinandersetzung mit den NS-Euthanasieverbre- te Erinnerungsinitiativen an die dort verüb­ sitionen die Vernichtungslager im besetzten Polen auf reichische Landes-Wohltätigkeitsverein, ein privater chen kommen. Die auch nach 1945 gesellschaftlich Kten Mordaktionen sowie die spätere Etablierung des beziehungsweise betrieben sie. In Hartheim selbst katholisch-karitativer Verein, wollte im Schloss nach ausgegrenzten Opfergruppen der ‚Aktion T4‘ wurden Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim geben? wurden von 1941 bis 1944 bis zu 10.000 KZ-Häft- 1945 wieder die Betreuung von Menschen mit Behin- in Österreich übrigens bis 1995 gesetzlich nicht als Kepplinger: Schloss Hartheim – ein Renaissancebau linge aus dem KZ-Komplex Mauthausen, aus Dachau derung wie vor 1940 weiterführen, war aber aus ver- NS-Opfer anerkannt. aus dem frühen 17. Jahrhundert – diente von 1898 bis und Ravensbrück im Rahmen der ‚Aktion 14f13‘ er- schiedenen Gründen dazu nicht in der Lage. Nach zahlreichen Initiativen und Anläufen, die 1940 als Betreuungseinrichtung für Menschen mit mordet. 1944 kamen noch ZwangsarbeiterInnen hin- Nutzung als Wohnhaus zu beenden und ein wür- Behinderung. Im Zuge der ‚Aktion T4‘ wurden hier in zu. Ende 1944 begann der Abbau der Tötungsanlagen Erste Initiativen aus dem Ausland diges Gedenken im Schloss Hartheim zu ermögli- den Jahren 1940 und 1941 rund 18.000 Menschen mit und die Verwischung der Spuren und Beweise. Wie an vielen anderen Orten des NS-Terrors in Ös- chen, fasste das Land Oberösterreich im Jahr 1997 psychischer Krankheit und Behinderungen mittels Die Morde fanden zwar unmittelbar nach der Be- terreich waren es auch in Hartheim Initiativen aus den Entschluss, das denkmalgeschützte Gebäude zu Kohlenmonoxid ermordet. Etwa ein Drittel des Per- freiung und auch noch in den ersten Nachkriegsjahren dem Ausland, die sich bereits früh für ein würdiges restaurieren, die Gedenkräume zu überarbeiten und sonals der Tötungsanstalt wechselte nach dem Stopp mediale Aufmerksamkeit, ein Zeichen des Erinnerns Gedenken an die Opfer einsetzten. Schon Ende der eine Dauerausstellung einzurichten. Zwei Jahre zu- ➤

8 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 9 DAS INTERVIEW DAS INTERVIEW

zahlreiche Gruppen Schloss Hartheim und können Die Räumlichkeiten im Schloss dienen hier aus einem breiten Angebot an Vermittlungs- und sowohl der Information als auch dem Rundgangsformaten wählen. Das Längenausmaß va- Gedenken an die Opfer. riiert und es gibt verschiedene Themenschwerpunkte. So werden auch Workshops und Rundgänge angebo- ten, in deren Rahmen aktuelle Themen aus den Berei- chen Ethik, Biomedizin und Behinderung diskutiert beziehungsweise behandelt werden. Die Einbezie- hung aktueller Themen war bereits von Beginn an ein wichtiger Teil von Ausstellung und Vermittlung in Hartheim.

Führungen auch mit Bezug zur Gegenwart Eine dritte wichtige Aufgabe des Lern- und Gedenkorts­ Schloss Hartheim wurde in den Jahren besteht in seiner Funktion als Ort des Gedenkens an 1999 bis 2002 generalsaniert. die Ermordeten. So kommen immer wieder Angehö- rige und Nachkommen nach Hartheim, um hier der ermordeten Familienmitglieder zu gedenken, Kerzen vor hatte sich zu diesem Zweck der Verein Schloss eine Grundlage für den geplanten Lern- und Geden- oder Blumen niederzulegen oder Gedenkfeiern ab- Hartheim gegründet. Er führte verschiedene Vertreter kort zu schaffen. Hier wurden die Recherchen fort- zuhalten. Viele der Ermordeten verfügen über kein des öffentlichen Lebens, aus der Kultur und der Poli- geführt beziehungsweise intensiviert, die der frühe- Grab beziehungsweise ihre Namen wurden zumeist tik – aus unterschiedlichen Parteien beziehungsweise re Direktor des Oberösterreichischen Landesarchivs nicht auf den Grabsteinen der Familien vermerkt. Nur politischen Richtungen – zusammen, die sich für das Gerhart Marckhgott in den 1990er-Jahren begonnen manchmal erfolgte dies auf Eigeninitiative der Ange- Ziel der Einrichtung einer Gedenkstätte einsetzten. hatte. Bereits im Vorfeld der Errichtung konnten gro- hörigen, obwohl die meisten wussten beziehungswei- ße Fortschritte bei der Erforschung der Verbrechen in se wissen, dass die von der Tötungsanstalt übersandte Vollbetrieb als Lern- und Gedenkort seit 2004 Schloss Hartheim erzielt werden. Mit der Eröffnung Urne nicht die richtige Asche enthielt. Hinzu kommt, Um die Nutzung des Schlosses als Wohnhaus zu be- des Lern- und Gedenkorts verfügte nun die Forschung dass bei Grabungsarbeiten 2001/2002 große Mengen enden, wurde für die MieterInnen im Jahr 1999 ein zum Thema NS-Euthanasie und ‚14f13‘ über eine ei- von Asche und Knochenresten im Erdboden neben Ersatzwohnbau errichtet. Nach Renovierung und gene institutionelle Basis. Es gab zwar auch schon dem Schloss entdeckt wurden. Sie wurden geborgen Umbau konnte schließlich im Jahr 2003 eine als zuvor in Österreich verschiedene Forschungsarbeiten und in einer eigenen Friedhofsanlage auf der Ostseite Dauerausstellung konzipierte Sonderausstellung mit und -projekte zu diesem Thema – als Beispiel seien des Gebäudes beigesetzt. dem Titel Wert des Lebens eröffnet werden. Seit dem hier das Dokumentationsarchiv des österreichischen Folgejahr existiert der vom Verein Schloss Hartheim Widerstandes (DÖW) unter seinem früheren Leiter getragene Lern- und Gedenkort Wolfgang Neugebauer genannt –, Schloss Hartheim, der die pädago- „… eine eigene aber eine eigene Institution zur Er- gische Arbeit, die Forschungs- und forschung der NS-Euthanasie war Dokumentationstätigkeit sowie die Institution zur nicht vorhanden. Zusammen mit Erhaltung und Weiterentwicklung der Sammlung und Auswertung der Ausstellung trägt und organi- Erforschung der von Gerichtsunterlagen, biografi- siert. Der Großteil der dafür nöti- schen Unterlagen zu TäterInnen gen finanziellen Mittel stammt von NS-Euthanasie war und Opfern der NS-Euthanasie bil- einer eigens eingerichteten Stif- det die Recherche nach den Namen tung sowie vom Land Oberöster- nicht vorhanden.“ auch heute noch einen wichtigen reich. Forschungs- und pädagogi- Arbeitsbereich der Dokumentati- sche Projekte konnten und können onsstelle Hartheim, die am Lern- unter anderem durch Mittel des Nationalfonds, des und Gedenkort angesiedelt ist. Beispielsweise gibt es Zukunftsfonds und der EU durchgeführt werden. eine Datenbank, die derzeit rund 23.000 Namen und Skizzieren Sie bitte die verschiedenen Tätigkeitsfelder Daten von hier ermordeten Menschen umfasst. Es des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim. Wann kommen immer wieder neue Daten hinzu. Die Do- nahm man dort die Tätigkeit auf? Gibt es in Öster­ kumentationsstelle steht ForscherInnen, Gedenkiniti- reich andere Institutionen, die sich ebenfalls mit den ativen und vor allem auch Familienangehörigen von Inhalten, die durch Ihren Lern- und Gedenkort be­ Ermordeten offen. handelt werden, auseinandersetzen? Mit der Eröffnung der Ausstellung Wert des Le- Schwanninger: Anfänglich waren die Forschung zur bens im Jahr 2003 und der Einrichtung des Lern- NS-Euthanasie und die Sammlung von Namen und und Gedenkorts kam auch die Vermittlungsarbeit als Daten der Ermordeten von besonderer Bedeutung, um wichtiges Tätigkeitsfeld hinzu. Jedes Jahr besuchen ➤

10 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 11 DAS INTERVIEW TERMINKALENDER Brigitte Kepplinger, Soziologin und Historikerin, war von 1980 bis 1984 am Institut für Neuere Geschichte und Schloss Hartheim und die Gedenkstätte am Wiener Zeitgeschichte der Johannes Keppler Spiegelgrund sind derzeit die einzigen Dauerausstel- Universität (JKU) Linz und anschlie- Veranstaltungen des VWI 2020/2021 lungen in Österreich, die sich mit der NS-Euthanasie ßend bis zur Pensionierung 2017 am beziehungsweise den NS-Medizinverbrechen be- Institut für Gesellschafts- und Sozial- politik der JKU Linz beschäftigt. Kepplinger ist Konsulen- schäftigen und außerdem über Vermittlungsangebote SIMON WIESENTHAL LECTURES DACHFOYER DES HAUS-, HOF- UND STAATSARCHIVS, 1010 WIEN, MINORITENPLATZ 1, 18.30 UHR verfügen. tin für Wissenschaft des Landes Oberösterreich, Obfrau 16. Jänner 2020 Paul Hanebrink (Rutgers University), Momentan arbeiten Sie an einer neuen Daueraus­ des Vereins Schloss Hartheim und wissenschaftliche A Specter Haunting Europe. stellung. Was ist der Grund für die Erneuerung und Leiterin der Internationalen Hartheim Konferenz. Sie hat The Myth of Judeo-Bolshevism inwiefern haben die in der Ausstellung behandelten zahlreiche Arbeiten zur Geschichte der Arbeiterbewe- 5. März 2020 Dariusz Stola (Polish Academy of Sciences), Coming to Terms with . Inhalte Relevanz für die Gegenwart? gung, Geschichte der Sozialpolitik und zu Nationalsozia- From Soul-Searching to Backlash Schwanninger: Im Jahr 2003 wurde hier, wie erwähnt, lismus, Eugenik und NS-Euthanasie vorgelegt. 19. November 2020 Dirk Rupnow (Universität Innsbruck), „So Amazing + We‘ll Never Forget!“. die erste Dauerausstellung eröffnet. Nach 16 Jahren Holocaust-Erinnerung, Geschichtspolitik, Trump Florian Schwanninger, Historiker, war es an der Zeit, sie zu überarbeiten, teilweise 28. Jänner 2021 (Universität Basel), ist seit 2005 am Lern- und Gedenkort Caspar Battegay Parahistorisches Erzählen der Shoah. thematisch zu schärfen und zu ergänzen. Vor allem Populäre Medien und Literatur in den Bereichen, die sich mit aktuellen Themen be- Schloss Hartheim beschäftigt, den er schäftigten – mit Aspekten der Biomedizin, der Ethik seit 2014 leitet. Schwanninger ist 18. Februar 2021 Sina Arnold (Zentrum für Antisemitismusforschung, Berlin), Postmigrantische Erinnerungspolitik. und der Situation von Menschen mit Behinderungen Mitglied der wissenschaftlichen Kom- Geflüchtete und Holocausterinnerung in Deutschland in der heutigen Zeit – gab es in den letzten zehn bis mission des Forschungsprojekts Erste 15. April 2021 Larry Wolff (New York University), Self-Determiniation of Nations? 15 Jahren zahlreiche Neuerungen, die berücksichtigt Republik des Landes Oberösterreich Woodrow Wilson and Minority Rights und des wissenschaftlichen Beirats des Franz und Fran- werden mussten. Zum Beispiel wären dies die viel 29. April 2021 Hana Kubatová (Karls-Universität Prag), Being ‚Local‘ in Eastern Slovakia. ziska Jägerstätter Instituts. Zu seinen Forschungs- diskutierte Umsetzung der Behindertenrechtskonven- Biographies of Peripheries in the Holocaust tion oder neue Möglichkeiten in den Bereichen Bio- schwerpunkten zählen: NS-Euthanasie, Widerstand ge- 20. Mai 2021 Marc Volovici (Birkbeck, University of London), German as a Jewish Problem. technologie und Fortpflanzungsmedizin. Ende 2019 ­­gen den Nationalsozialismus, Geschichte der Ar­bei­ The Language Politics of Jewish Nationalism wurde schließlich die Ausstellung geschlossen, im terbewegung, oberösterreichische Regionalgeschichte Herbst 2020 soll sie neu eröffnet werden. Ihre Rele- des 20. Jahrhunderts und Erinnerungskultur nach 1945. 10. Juni 2021 Steven Seegel (University of Northern Colorado), Map Men. vanz für die Gegenwart bezieht sie aus der Verbin- Geographers Making East Central Europe dung von historischen und aktuellen Fragen aus den VWI GOES TO … / VWI INVITES … – DER KOLLOQUIENZYKLUS DER VWI-FELLOWS erwähnten Themengebieten Behinderung, Sozialpoli- schaftlich/staatlich/medizinisch umzusetzen? Und 15. Jänner 2020 VWI invites the Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte: tik, Ethik, Medizin und Biotechnologie. Den thema- wie könnten demgegenüber Zugänge aussehen, die Lovro Kralj, Paving the Road to Death. Antisemitism in the Ustasha Movement 1929–1945. tischen roten Faden bildet dabei der Umgang mit den an Themen wie Menschenrechte, Demokratie und In- Commentary: Ljiljana Radoni´c ‚Unbrauchbaren‘. Im Zentrum steht die Frage, wie klusion ausgerichtet sind? 22. Jänner 2020 VWI invites Universität of Bern: eine Gesellschaft mit als ‚unbrauchbar‘ definierten Die Menschen, um die es dabei geht, sollen jedoch Menschen umging beziehungsweise heute umgeht. nicht als passive Objekte von Politik, Wissenschaft Roland Clark, Schools of Hate. Antisemitic Student Organisations in 1920s Austria. Fragen, die dabei behandelt werden, sind beispiels- und Institutionen erscheinen. Es sollen auch ihre Commentary: Regina Fritz weise: Wie und von wem wird jemand als ‚unbrauch- Kämpfe für Selbstbestimmung und die eigenen Inte- 6. März 2020 VWI invites the Centrum für jüdische Studien, University of Graz: bar‘ definiert? Welche Vorstellungen von Normierung ressen, wie zum Beispiel im Rahmen der Behinder- Lisa Silverman, The Post-War Antisemite. Culture and Complicity after the Holocaust. und Optimierung herrschen in einer Gesellschaft vor? tenbewegung ab den 1970er-Jahren, sichtbar gemacht Commentary: Olaf Terpitz Wie wurde und wird versucht, diese Normen gesell- werden. 1. April 2020 (Zoom) VWI invites Marcus J. Carney: Viele Gedenkstätten kämpfen mit finanziellen Proble­ Rasa Balocˇkaite˙, Children and Grandchildren of Holocaust Perpetrators in Lithuania Dealing BUCH ZUM THEMA men. Ist der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim with Family Pasts längerfristig finanziell abgesichert? 15. April 2020 (Zoom) VWI invites Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin, MedUni Wien: Basierend auf einem Workshop zu Kepplinger: Zur längerfristigen Absicherung der Ar- Täter-Biographien – Kontroversen Andrew Wisely, The Deception of SS-Physician Franz Lucas. Making Sense of His Defense beit des Lern- und Gedenkorts wurde Ende 2004 Narrative Between 1955 and 1980. Commentary: Herwig Czech und aktuelle Forschungen, von der Landesregierung die gemeinnützige Stiftung der im Jänner 2017 als Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim eingerichtet. 7. Mai 2020 (Zoom) VWI goes to Interaktionen am Institut für Zeitgeschichte: Kooperationsprojekt zwischen Zusammen mit Förderungen der Kulturabteilung des Katarzyna Person, The Search for Retribution as a Community Building Process Among Jews dem VWI und dem Lern- und and Poles in the Post-War World. National and Transnational Aspects Gedenkort Schloss Hartheim Landes sichert sie in finanzieller Hinsicht den Be- stattfand, erschien Ende 2019 stand und die Arbeit des Lern- und Gedenkorts. Es 10. Juni 2020 (Zoom) VWI invites the Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte: folgender Sammelband: ist davon auszugehen, dass die Arbeit auf diese Weise Anna Corsten, Deutungskämpfe. Emigrierte Historiker erforschen Nationalsozialismus und Philipp Rohrbach, längerfristig abgesichert ist. Für Forschungsprojekte Schoah. Kommentar: Johannes Feichtinger Florian Schwanninger (Hg.), oder besondere Vorhaben in der Vermittlung werden 4. November 2020 VWI invites Institut für jüdische Geschichte Österreichs: Beyond Hartheim. auch Projektgelder verschiedener Förderstellen wie Julie Dawson, The Legacy of Trauma. Examining the ‚Crisis of Life‘ in Jewish Survivor Diaries Täterinnen und Täter im Kontext beim National- oder Zukunftsfonds der Republik Ös- of Early Post-War Romania. Commentary: Benjamin Grilj von ‚Aktion T4‘ und ‚Aktion terreich beantragt. ‹ Reinhard‘, 2. Dezember 2020 VWI invites Anton Holzer: Innbruck/Bozen/Wien 2020. http://www.schloss-hartheim.at Lukas Meissel, Der Täterblick. SS-Fotografien in Konzentrationslagern

12 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 13 TERMINKALENDER TERMINKALENDER

20. Jänner 2021 VWI invites Institut für Konfliktforschung: 9. Februar 2020 „Du bist einer der 500 …“ – Lebensinterview mit Simon Wiesenthal Mata Haryshko, War on Women‘s Bodies. Sexual Violence During . Fünfter Abend: „Nazis sollten uns nicht regieren …“ Anschließend Dagi Knellessen (VWI) im Commentary: Helga Amesberger Gespräch mit René Bienert, Claudia Kuretsidis-Haider (DÖW) und Heidemarie Uhl (ÖAW) 10. Februar 2021 VWI invites Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien: 16. Februar 2020 „Du bist einer der 500 …“ – Lebensinterview mit Simon Wiesenthal Connor Sebestyen, German War Criminals 1945–1968. Their Oversight by the Allies, their Sechster Abend: „Alles im Leben hat seinen Preis, auch das Überleben und den zahl ich.“ Prisons, their Lives as Prisoners, and German Society. Anschließend Éva Kovács und Béla Rásky (VWI) im Gespräch mit Ariel Muzicant Commentary: Kerstin von Lingen 22. September 2020 Jorzajt far Schimon. In memoriam Simon Wiesenthal 24. Februar 2021 VWI goes to Tschechisches Zentrum: Eine Stadttour aus Anlass des 15. Todestages von Simon Wiesenthal zu den wichtigsten Orten Katerˇina Králová, (INTER)MISSION. Parent-Child Separation Due to Conflict in 20th Century seines Wirkens in Wien Europe. Commentary: Dirk Rupnow (University of Innsbruck) Mai 2021 Ausstellung Jan Lukas 24. März 2021 VWI invites Akademie der bildenden Künste: (in Planung) Mit dem Tschechischem Zentrum Anna Menyhért, Trauma in the Digital Age. Commentary: Marina Gržini´c VWI-VISUALS 25. März 2021 VWI invites/goes to …: 19. Februar 2020 Der Prinz und der Dybbuk (Elwira Niewiera/Piotr Rosołowsk, 2017). (in Planung) Armelin Maayan, Leadership Styles and Social Relations in the SS- Gemeinsam mit dem Polnischen Kulturinstitut 14. April 2021 VWI invites Österreichisches Institut für Internationale Politik: Verschoben Schritt für Schritt. Filmische Notizen aus Komárno 1999 bis 2019, Susanne und Peter Corry Guttstadt, Islamisch motivierter Antisemitismus in und aus der Türkei – Themen, Scheiner. Slowakisches Institut in Wien, 1010 Wien, Wipplingerstraße 24-26. Argumentationsmuster und Verbreitung. Kommentar: Cengiz Günay Gemeinsam mit dem Slowakischen Institut und der Schweizerischen Botschaft 28. April 2021 VWI goes to Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien: KONFERENZEN, TAGUNGEN UND WORKSHOPS Judith Vöcker, „Im Namen des deutschen Volkes“. Deutsche Rechtsprechung im besetzten Warschau und Krakau. Kommentar: Ilse Reiter-Zatloukal 31. Jänner 2020 What‘s New at Fortunoff Archive? Gemeinsam mit Fortunoff Video Archive for Holocaust Testimonies 5. Mai 2021 VWI invites Institut für Afrikawissenschaften der Universität Wien: Messan Tossa, Artefakte der Holocaustliteratur im afrikanischen Kontext. Kommentar: Martina Kopf 14. Juli 2020 Vergangenheitsdiskurse in Österreich nach 1945. Zertifikatskurs „Auslandslektorat. Weiterqualifizierung für Universitätslektor*innen“ 12. Mai 2021 VWI goes to Romano Centro/DÖW: Gemeinsam mit dem Postgraduate Center der Universität Wien Petre Matei, Roma Deportations to Transnistria During World War II. Between Central Decision- Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) Making and Local Initiatives. Commentary: Gerhard Baumgartner 6. November 2020 „… seit dem Zweiten Weltkrieg“. 26. Mai 2021 VWI invites/goes …: Zur Kritik postnazistischer Inszenierungen von Public History. (in Planung) Gerald Steinacher, Vergeben und Vergessen? Katholische Antworten auf die Nachkriegsjustiz in Depot,1070 Wien, Breite Gasse 3. Deutschland, Österreich und Italien 1945–1955 In Zusammenarbeit mit Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) RÆSON_ANZEN VWI-RESEARCH LOUNGE, 1010 WIEN, RABENSTEIG 3 11. Jänner 2021 Rechercheseminar mit dem Institut für Zeitgeschichte. 5. März 2021 Georg Bauer (Universität Wien), Aktivismus statt Analyse? Zum Genozidvorwurf in der Union VWI-Research Lounge, 1010 Wien, Rabensteig 3 (in Planung) Myanmar und dessen Folgen 18. Jänner 2021 Rechercheseminar mit dem Institut für Zeitgeschichte. BUCH- UND PROJEKTPRÄSENTATIONEN VWI-Research Lounge, 1010 Wien, Rabensteig 3 30. Jänner 2020 Buchpräsentation: Katerˇina Cˇapková/Hillel J. Kieval (Hg.), Zwischen Prag und Nikolsburg. 16. bis 18. März 2021 Ethnicising Europe. Hate and Violence in Post-Versailles Europe. Jüdisches Leben in den böhmischen Ländern, Göttingen 2020. Moderation: Lisa Silverman Simon Wiesenthal Conference 2021. Palais Trautson, 1070 Wien, Museumstraße 7 20. Februar 2020 Buchpräsentation: Philipp Rohrbach/Florian Schwanninger (Hg.) Beyond Hartheim. Täterinnen 26./27. April 2021 Überlebendenverbände. Erinnerungsgemeinschaften und polltische Akteure im Kalten und Täter im Kontext von ‚Aktion T4‘ und ‚Aktion Reinhard‘ Krieg. INTERVENTIONEN IM ÖFFENTLICHEN RAUM – AUSSTELLUNGEN Workshop. VWI-Research Lounge, 1010 Wien, Rabensteig 3 12. Jänner 2020 „Du bist einer der 500 …“ – Lebensinterview mit Simon Wiesenthal Gemeinsam mit Collegium Carolinum, München, IKT und DÖW Erster Abend: „Meine jüdische Identität war eine Selbstverständlichkeit!“ Anschließend Philipp 23./24. Juni 2021 The Fantastic Afterlives of the Holocaust. Rohrbach (VWI) im Gespräch mit Albert Lichtblau (Universität Salzburg) Simon Wiesenthal Workshop. 19. Jänner 2020 „Du bist einer der 500 …“ – Lebensinterview mit Simon Wiesenthal Bruno Kreisky Forum, 1190 Wien, Armbrustergasse 15 Zweiter Abend: „Ich war Architekt aus Passion...“ Anschließend Danielle Spera (JMW) im Oktober 2021 Precarious Archives, Precarious Voices. Expanding Jewish Narratives from the Margins. Gespräch mit der Historikerin Michaela Vocelka (in Planung) Gemeinsam mit LBI, New York, und der Rothschild Foundation (Hanadiv) 26. Jänner 2020 „Du bist einer der 500 …“ – Lebensinterview mit Simon Wiesenthal Dritter Abend: „… immer, wenn ich nach Mauthausen fahr‘.“ Anschließend Eva Blimlinger Zu den Veranstaltungen wird gesondert eingeladen. (AbgNR) im Gespräch mit Karl Fallend (IFK) und Bertrand Perz (Universität Wien) Aktuelles Programm auf 2. Februar 2020 „Du bist einer der 500 …“ – Lebensinterview mit Simon Wiesenthal www.vwi.ac.at Vierter Abend: „Wir sind alleine, alleine …“ Anschließend Christa Zöchling (profil) im Gespräch www.facebook.com/wiesenthal.institut.vwi mit dem Politikwissenschafter Anton Pelinka

14 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 15 FELLOWS FELLOWS

MAAYAN ARMELIN JUNIOR FELLOW (10/2020 – 03/2021) FÜHRUNGSSTILE UND SOZIALBEZIEHUNGEN BEI DEN SS-EINSATZGRUPPEN

Im Fokus des Promotionsvorhabens stehen Führungsstile der Befehlshaber FELLOWSHIPS 2021/2022 der SS-Einsatzgruppen sowie deren Sozialbeziehungen untereinander: Wie beeinflussten Zusammenhalt, Kameradschaft, Herkunft und Prägung den DES WIENER WIESENTHAL INSTITUTS FÜR HOLOCAUST-STUDIEN (VWI) Maayan Armelin ist Doktorandin am Impuls, am Massenmord teilzunehmen? Durch die Anwendung sozialpsy- Strassler Center for Holocaust and Genocide ■ • Als Research Fellows werden promovierte Wissenschaft- Das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien chologischer Konzepte wie gruppeninternen Beziehungen, ‚leadership’- Studies an der Clark University, Worcester, (VWI) gibt die Ausschreibung seiner Fellowships für das lerinnen und Wissenschaftler mit Publikationen in ihrem Ansätzen und Fragen nach Konformität und Gruppendruck analysiert die MA. Ihren BA in Geschichte und Psychologie Studienjahr 2021/2022 bekannt. Forschungsfeld gefördert. Studie Aussagen ehemaliger Einsatzgruppenmitglieder in Deutschland und und MA in Sozialpsychologie erlangte sie an Das VWI ist eine noch zu Lebzeiten von Simon Wiesenthal • Als VWI-Fortunoff Research Fellows werden vorzugswei- Österreich. Die Zusammenführung historischer und psychologischer Pers- der Universität Haifa. initiierte und konzipierte, vom österreichischen Bundes- se promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- pektiven veranschaulicht, wie bestimmte Sozialbeziehungen zum Ausmaß ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, ler mit Publikationen in ihrem Forschungsfeld gefördert. der von den Einsatzgruppen begangenen Verbrechen beitrugen. der Stadt Wien sowie dem Bundeskanzleramt geförderte • Im Rahmen des Junior-Fellowship-Programms werden wissenschaftliche Einrichtung zur Erforschung und Doku- Doktorandinnen und Doktoranden gefördert. mentation zu den Themen Antisemitismus,­ Rassismus, Na- Ziel des Aufenthaltes am VWI ist neben der Forschungstä- tionalismus und Holocaust. Schwerpunkt der Arbeit ist der tigkeit der akademische Austausch und die wissenschaft- JULIE DAWSON Holocaust im europäischen Zusammenhang, einschließlich liche Interaktion mit den anderen Fellows am Institut. Es seiner Vor- und seiner Nachgeschichte. wird erwartet, dass Fellows die wissenschaftliche Arbeit FORTUNOFF-VWI RESEARCH FELLOW (10/2020 – 05/2021) Eingereichte Projekte behandeln die Forschungsschwer- des Instituts fördern und einander bei ihren Forschungsvor- TRAUMATISCHES ERBE. EINE UNTERSUCHUNG DER „LEBENSKRISE“ IN punkte des VWI; Fragestellung, Verfahren und ­Methoden haben beratend unterstützen. Die Fellows sind verpflichtet, TAGEBÜCHERN JÜDISCHER ÜBERLEBENDER IM RUMÄNIEN DER FRÜHEN stehen frei. Die Bestände des institutseigenen Archivs ste- regelmäßig am VWI anwesend zu sein. Erfahrungsgemäß NACHKRIEGSZEIT hen den Fellows zur Verfügung. Ihre Einbeziehung in die sind Aufenthalte zwischen neun und elf Monaten für die Forschungsarbeit ist erwünscht. Ergebnisse werden im wissenschaftliche Arbeit der Fellows am ergiebigsten. In einer verlassenen Synagoge einer Siebenbürger Kleinstadt wurde 2009 Kreis der Fellows diskutiert und in regelmäßigen Abstän- Die Auswahl der Fellows erfolgt durch den Internationalen eine Serie von vier Tagebüchern gefunden. 800 Einträge, die in der Zeit Julie Dawson ist Doktorandin am Institut den einem größeren Publikum präsentiert. Wissenschaftlichen Beirat des VWI. zwischen 1948 bis 1961 erstellt wurden, bieten eine akribisch genaue Auf- für Zeitgeschichte der Universität Wien. Von Gefördert werden Ein Research Fellowship wird von der Gerda Henkel Stif- 2010 bis 2019 war sie Mitarbeiterin am zeichnung eines Lebens voller Trauer und beschränkten Glücks einer jun- New Yorker Leo Baeck Institute, wo sie von • zwei Senior Fellows, • zwei Research Fellows, tung gefördert, das VWI-Fortunoff Research Fellowship von gen Überlebenden des transnistrischen Holocaust. Die Tagebücher Blanka • ein VWI-Fortunoff Research Fellow und der Yale University. 2012 bis 2019 ein Projekt zur Erschließung Lebzelters gewähren vielschichtige Zugänge für eine Untersuchung der • vier Junior Fellows Die Anträge auf ein Fellowship 2021/2022 sind bis 17. Jän- von Archivmaterial in Siebenbürgen und der Erfahrungen jüdischer Überlebender in Rumänien nach 1945 wie auch für für einen Zeitraum von mindestens sechs bis maximal elf ner 2021 in elektronischer Form (in einem PDF-Dokument Bukowina leitete. Monaten, im Falle des VWI-Fortunoff Research Fellowships zusammengefasst) an: [email protected] zu richten. eine Analyse, wie sich Traumata im Alltagsleben manifestierten. Das For- für acht Monate. Weitere Informationen über Bewerbungsmodalitäten, Ziel- schungsvorhaben wird dabei auf Traumata fokussieren, wie sie einerseits • Als Senior Fellows werden qualifizierte, promovierte For- setzungen, Auswahlverfahren und Fördersummen sind den unmittelbar erlebt wurden und wie sie durch Archivquellen und ZeitzeugIn- scherinnen und Forscher gefördert, die sowohl schon he- einzelnen Merkblättern zu den genannten Fellowships zu neninterviews belegt werden können, andererseits auch auf die Retraumati- rausragende wissenschaftliche Publikationen vorgelegt entnehmen, die auch von der Homepage des VWI herunter- sierungen in den Nachkriegsjahren, wie sie die Tagebücher dokumentieren. haben als auch im universitären oder wissenschaftlich- geladen werden können. institutionellen Bereich über langjährige Erfahrungen verfügen. Nähere Informationen unter: www.vwi.ac.at CORRY GUTTSTADT SENIOR FELLOW (02/2021– 07/2021) DAS NEUNTE JAHR ISLAMISCH MOTIVIERTER ANTISEMITISMUS IN UND AUS DER TÜRKEI. Ausbau des Fellowshipprogramms mit weiteren PartnerInnen THEMEN, ARGUMENTATIONSMUSTER UND VERBREITUNG Über Ausmaß und Verbreitung des islamischen Antisemitismus wird in der Mit Herbst 2020 trat das VWI-Fellowshipprogramm operation mit dem Leibniz-Institut für jüdische Ge- europäischen Öffentlichkeit vehement diskutiert. Allerdings ist die Debatte in sein neuntes Jahr: Insgesamt 92 Fellows kön- schichte und Kultur – Simon Dubnow vorerst nur häufig politisch motiviert und stark ideologisiert. Eine fundierte wissen- Corry Guttstadt ist Turkologin und nen sich inzwischen als VWI-Alumnae oder VWI- einmal genutzte, das Ernst Mach-Stipendium sowie schaftliche Untersuchung über Häufigkeit und Argumentationsmuster anti- Historikerin sowie Geschäftsführerin des Türkei-Europa-Zentrums an der Universität Alumni bezeichnen. Dank Drittmittelförderer oder das noch besser zu etablierende Artists-in-Residence semitischer Äußerungen islamisch-religiöser Institutionen in der Türkei Hamburg. Schwerpunkte ihrer Forschung im Rahmen von Kooperationen kamen – neben den Programm, und nicht zu vergessen die Conny Cristel fehlt bislang. Das Vorhaben untersucht die Haltung des türkischen Präsidi- und Publikationstätigkeit sind die Situation ‚klassischen’ ursprünglichen Kategorien von Junior, Fellowships, die nun nach der allzu früh verstorbe- ums für Religionsangelegenheiten (Diyanet İşleri Başkanlığı) sowie füh- der Minderheiten in der Türkei, die Politik der Research oder Senior Fellows – im Laufe der Jahre nen EHRI-Projektleiterin benannt wurden. Ab diesem render islamisch-theologischer Fakultäten gegenüber Juden. Neben einer neutralen Staaten während des Holocaust, weitere Fellowships dazu: so jenes vom Fortunoff- akademischen Jahr fördert weiters die Gerda Henkel quantitativen Auswertung von Stellungnahmen und Publikationen der ge- Antisemitismus und die Geschichte der Archiv der Yale University geförderte, das in Ko- Stiftung ein Research Fellowship. nannten Institutionen zum Thema Juden und dem Anteil negativer Darstel- sephardischen Juden. lungen sollen diese qualitativ auf verwendete Topoi und die Rolle explizit https://www.gerda-henkel-stiftung.de * https://web.library.yale.edu/testimonies * https://www.ehri-project.eu/Research islamisch-religiöser Motive untersucht werden.

16 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 17 FELLOWS FELLOWS

MARTA HAVRYSHKO LUKAS MEISSEL GERDA HENKEL RESEARCH FELLOW (01/2020 – 08/2021) JUNIOR FELLOW (10/2020 – 08/2021)) KRIEG GEGEN DEN KÖRPER VON FRAUEN. SEXUELLE GEWALT WÄHREND DER TÄTERBLICK. SS-FOTOGRAFIEN AUS DEN KONZENTRATIONSLAGERN DES HOLOCAUST IN DER UKRAINE Das Promotionsvorhaben untersucht Fotografien von Tätern in NS-Konzen- Sexuelle Gewalt gehörte zu den schrecklichsten Alltagserfahrungen, die trationslagern, besonders jene Aufnahmen, die von SS-Männern gemacht Frauen im Holocaust machten. Anhand eines gendertheoretischen Zugangs und durch die Erkennungsdienste entwickelt wurden. Zu diesen zählen Marta Havryshko ist wissenschaftliche Porträtbilder von Deportierten, Fotos von Häftlingen bei der Zwangsarbeit, Lukas Meissel ist Doktorand an der Univer- Mitarbeiterin am Ivan-Krypiakevyh-Institut für werden Ursachen, Muster, Dynamiken und Folgen sexueller Gewalt gegen sität Haifa. Er hatte Fellowships in Israel, den jüdische Frauen während der Shoah in der Ukraine analysiert. War sexuel- Baustellen und Bauwerke in den Lagern, Leichen ermordeter Häftlinge, Ukrainistik in Lemberg/Lwiw. Ihr Forschungs- interne Feierlichkeiten, Besuche von Abordnungen und NS-Funktionären USA, Deutschland und Österreich und publi- le Gewalt eher eine ‚Nebenerscheinung‘ oder ein kalkuliertes Instrument zierte in den Bereichen visuelle Geschichte, schwerpunkt ist sexuelle Gewalt in Kriegen sowie private Fotografien des SS-Personals. Ziel des Projekts ist, nicht nur und Genoziden. Sie hat zahlreiche Stipendien der Vernichtung? Wie und wieso kann Vergewaltigung als Werkzeug von Holocaust-Studien und -erziehung sowie erhalten, u.a. vom United States Holocaust Terror, Erniedrigung, Strafe, Rache zur Demonstration von Macht, für den das Gezeigte in diesen Aufnahmen zu untersuchen, sondern diese auch Antisemitismus. Memorial Museum, von Yad Vashem, vom Zusammenhalt von TäterInnen und die Konstruktion von Genderrollen be- als visuelle Narrative der Täter zu interpretieren. Zentrales Argument ist, Deutschen Akademischen Austauschdienst trachtet werden? Darüber hinaus wird das Projekt einen ausdrucksstarken dass diese Fotos eine entscheidende Rolle bei der Legitimierung der Lager und von der Monash University, Melbourne. Raum für die Stimmen und Perspektiven jüdischer Frauen schaffen. innerhalb der SS und bisweilen über diesen inneren Kreis hinausgehend spielten. KATERˇ INA KRÁLOVÁ RESEARCH FELLOW (08/2020 – 05/2021) ANNA MENYHÉRT (INTER)MISSION. ZUR TRENNUNG VON ELTERN UND KINDERN IN RESEARCH FELLOW (09/2020 – 05/2021) EUROPÄISCHEN KONFLIKTEN DES 20. JAHRHUNDERTS TRAUMA IM DIGITALEN ZEITALTER

(INTER)MISSION untersucht, wie sich Flüchtlingskinder aus Konfliktzonen Untersucht wird, wie digitale Plattformen das Wesen von Übertragung, Re- in punkto Herkunft und Zugehörigkeit zurückbesinnen. Das Projekt konzent- präsentation und Verarbeitung von Traumata verändern. Dabei wird das in Katerˇina Králová ist außerordentliche riert sich auf Displaced Children, die vom Zweiten Weltkrieg bis in den Kal- Professorin für Moderne Geschichte an Entstehung begriffene interdisziplinäre Feld digitaler Traumastudien vorge- ten Krieg hinein von Gewalt bedroht und von ihren Eltern getrennt wurden. Anna Menyhért ist Professorin für Trau- der Karls-Universität, Prag. Von ihr liegen stellt. Wie erreichen traumatische Inhalte die NutzerInnen digitaler Medi- Es werden drei Fallbeispiele untersucht: die Kindertransporte (1938/1939), mastudien an der Universität für Jüdische zahlreiche Publikationen zum Umgang mit der en? Wie können soziale Medien und Online-Gruppen, die sich auf aktuelle Studien in Budapest. Ihre Forschungsschwer- NS-Vergangenheit, dem Holocaust und seinen der Griechische Bürgerkrieg (1946–1949) und der Ungarische Volksaufstand und historische Traumata (wie etwa den Holocaust) beziehen, Blogs von punkte sind Traumastudien, soziale Medien, Folgen vor. Ihr zweites Buch, eine Studie über (1956). Analysiert werden die Strategien, mittels derer sich die Kinder mit MigrantInnen und Tweet-Ketten wie die #MeToo-Bewegung zu Foren der Memory Studies, Kritische Theorie und Holocaustüberlebende, befindet sich derzeit ihrer Relokalisierung und der Trennung von ihren Familien auseinandersetz- Verarbeitung von Traumata werden? Arbeitsziel ist ein Buch, das mittels Frauenliteratur. in Begutachtung. ten: ihrer Kindheit, wie auch als Erwachsene. Dabei dienen soziale Zuge- Fallstudien die Besonderheiten jedes einzelnen digitalen Mediums und des- hörigkeit, Adaptierungsmechanismen und Haltungen gegenüber Krieg als sen jeweilige charakteristische Eigenschaft auf die Form traumabezogener zentrale analytische Kategorien. Kommunikation untersucht.

PETRE MATEI RESEARCH FELLOW (10/2020 – 07/2021)) CONNOR SEBESTYEN DEPORTATIONEN VON ROMA NACH TRANSNISTRIEN WÄHREND DES JUNIOR FELLOW (11/2020 – 05/2021) ZWEITEN WELTKRIEGS. ZWISCHEN ZENTRALER ENTSCHEIDUNG UND DEUTSCHE KRIEGSVERBRECHERINNEN 1945–1958. IHRE INHAFTIERUNG LOKALEN INITIATIVEN DURCH DIE ALLIIERTEN, IHRE GEFÄNGNISSE, IHR LEBEN ALS GEFANGENE UND DIE BUNDESDEUTSCHE GESELLSCHAFT Die Deportationen rumänischer Roma im Zweiten Weltkrieg waren die Petre Matei ist Forscher am Nationalen Folge der lange vorher erfolgten Ausgrenzung durch lokale AkteurInnen. Von einem vergleichenden Ansatz ausgehend, untersucht das Promotions­ Institut für Holocaust-Forschung Elie Wiesel Connor Sebestyen ist Doktorand an der Verglichen werden ältere – in Milieus wie nationalistische Parteien, Exeku- vorhaben die Inhaftierung deutscher KriegsverbrecherInnen durch die in Bukarest. Er verfasste rund zwanzig Universität Toronto. Seine Forschungs- Beiträge zur Geschichte der Roma. Seine tivorgane und in der Eugenik vorherrschende - Haltungsmuster gegenüber westlichen Alliierten. Für ein besseres Verständnis der Nachkriegsjustiz schwerpunkte liegen an den Schnittstellen Forschungsschwerpunkte sind Geschichte Roma mit den Maßnahmen, die während dieses Krieges ergriffen wurden. und deren Wahrnehmung durch die deutsche Öffentlichkeit ist es notwen- von Militärgeschichte und internationalen der Roma, Holocaust sowie Entschädigung Roma erlitten unterschiedliche Schicksale. Diese Unterschiede, deren Zu- dig, die Umstände der Haft, der Gerichtsverhandlungen und Verurteilungen Beziehungen sowie der gesellschaftlichen und Erinnerung. standekommen, stehen im Mittelpunkt der Fragestellung. Bezüglich der noch unter alliierter Verantwortung näher zu beleuchten. Mittels Archivma- wie juristischen Auseinandersetzung mit dem Verfolgung der Roma überschnitten sich unterschiedlichste Agenden, die je terial aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutsch- Holocaust. nach Kontext entweder zusammenwirkten oder in Konkurrenz zueinander land wird gezeigt, wie mittlere und niedere BeamtInnen der Westalliier- standen. Die Kriterien für eine Identifikation der ‚unerwünschten‘ Roma ten – auch unter Druck der deutschen Öffentlichkeit – den Umgang mit blieben vage, was lokalen Interessenvertretungen gestattete, diese situativ KriegsverbrecherInnen beeinflussten, die öffentliche Nachsicht gegenüber zu interpretieren und zu verhandeln. Ebenso werden die von den deportier- den NS-TäterInnen forcierten und schließlich die Massenamnestie ent- ten Roma eingesetzten Selbstverteidigungsstrategien untersucht. scheidend vorantrieben.

18 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 19 FELLOWS FORSCHUNG

GERALD STEINACHER VERSTÄRKUNG FÜR DAS TEAM DES VWI SENIOR FELLOW (01/2021– 06/2021) Unsere Neuen VERGEBEN UND VERGESSEN? DER VATIKAN UND DER NÜRNBERGER PROZESS 1945–1955 Vier neue MitarbeiterInnen unterstützen das VWI-Team sowohl in wissen- schaftlicher als auch in archivischer Hinsicht. Papst Pius XII., seine engsten Berater sowie zahlreiche Kardinäle und Bi- Nicole-Melanie Goll studierte Geschichte an der Karl-Franzens-Univer- schöfe standen dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess sowie der sität (KFU) Graz, wo sie 2014 auch promovierte. Nach Forschungsauf- Gerald J. Steinacher ist Professor für Entnazifizierung äußerst kritisch gegenüber. Päpstliche Interventionen lie- enthalten, u a. am Center Austria der University of New Orleans, arbeitete Geschichte an der University of Nebraska– fen schließlich auf Forderungen nach einer allgemeinen Amnestie hinaus. Lincoln und wird im Zeitraum von Jänner bis sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Zeitgeschichte des Das Projekt untersucht grundsätzliche Fragen zu Schuld und Verantwor- Juni 2021 als Senior Fellow am VWI tätig Instituts für Geschichte der KFU Graz, am Joanneum und am Haus der tung, die dann einen Vergleich unterschiedlicher, konkurrierender Modelle sein. Derzeit arbeitet er an einer Monographie Geschichte Österreich (hdgö). Neben ihrer Lehrtätigkeit an der Universität von Transitional Justice gestatten sollen. Somit werden sich die Ergebnisse mit dem Arbeitstitel Forgive and Forget? Graz und der PH Steiermark war sie auch kuratorisch tätig: Steirerland im nicht bloß auf den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust beziehen, sondern The Vatican and the Trials Arbeitsg‘wand. Bilder einer Wirtschaftsgeschichte; Bombenkrieg in Graz; darüber hinaus auch auf andere Strafverfahren im Gefolge von Diktaturen, 1945–1955. Die Steiermark und der „Große Krieg“. Ihre Forschungsinteressen liegen Kriegen und Genoziden. im Bereich der Sozial- und Kulturgeschichte des Krieges und der Memory Studies. Am VWI arbeitet sie seit Februar 2020 am vom Nationalfonds und vom Zukunftsfonds geförderten Forschungsprojekt Tatort Graz-Wetzels­ dorf 1945, wo sie eines der größten Verbrechen in der Kriegsendphase 1945 MESSAN TOSSA im österreichischen Raum, die Ermordung von über 250 Menschen in der RESEARCH FELLOW (03/2021– 07/2021) SS-Kaserne Graz-Wetzelsdorf, der heutigen Belgierkaserne, aufarbeitet. ARTEFAKTE DER HOLOCAUSTLITERATUR IM AFRIKANISCHEN KONTEXT Manfred Huber ist Kameramann, Fotograf und Bildbearbeiter. Er hat an zahlreichen Scanarbeiten für wissenschaftliche Institutionen gearbeitet, In vielerlei Hinsicht gilt der Holocaust als zentrales Element des kollek- darunter bei der Österreichische Nationalbibliothek, dem Haus-, Hof- und tiven Gedächtnisses westlicher Gesellschaften. Im Kontext der Verwest- Staatsarchiv, dem Wiener Stadt- und Landesarchiv, dem Dokumentations- lichung peripherer Weltregionen wird der Holocaust zur Folie globaler archiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und beim Archiv der Messan Tossa studierte Germanistik an Erinnerungsrituale. Narrative des Holocaust stehen nicht mehr nur im ­Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Am VWI ist er für die Digitalisierung der Université de Lomé, Togo, wo er 2014 Zeichen eines ungeheuren Zivilisationsbruchs des Westens, sondern auch von Teilbeständen und Serien aus dem Bestand des Simon Wiesenthal Ar- promovierte. Zurzeit arbeitet er im Staats- in jenem einer globalen Moderne. Dabei fungieren die Darstellungsfor- chivs (SWA) zuständig. Dazu gehören unter anderem die Fotosammlung, archiv Togos und als Honorardozent in der men dieses Bruchs als Paradigma auch für außereuropäische Genozide. Deutschabteilung der Université de Lomé. die Telefaxe sowie Fall-Dossiers zu NS-Täterinnen und -Tätern. Damit setzt Gegenstand dieses Projekts ist die Erkundung dialogischer Verflechtun- das VWI einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung eines modernen, in- gen zwischen der Holocaustliteratur und der Literatur zum Völkermord ternationalen Standards entsprechenden, benutzerfreundlichen Archivs. in Ruanda. Jan Kiepe studierte Mittlere und Neuere Geschichte sowie Soziologie in Göttingen, arbeitete in dieser Zeit in diversen KZ-Gedenkstätten und in Yad Vashem. Er schloss das Studium 2006 mit einer Studie über das Strafver- fahren gegen das Hamburger Reservepolizeibataillon 101 ab. Darauf folgte JUDITH VÖCKER die Mitarbeit an der Arbeitsstelle für Historische Anthropologie des Max- JUNIOR FELLOW (10/2020 – 08/2021) Planck-Instituts für Geschichte an der Universität Erfurt und danach eine „IM NAMEN DER DEUTSCHEN NATION“. DIE DEUTSCHE GERICHTSBARKEIT Promotion mit einer alltagsgeschichtlichen Studie über die Parteischulung IN WARSCHAU UND KRAKAU WÄHREND DER NS-OKKUPATION der SED. Zwischen 2013 und 2018 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Staatsarchiv des Kantons Zürich. Seit Jänner 2020 ist er am VWI für Das Promotionsvorhaben untersucht, wie die deutsche Gerichtsbarkeit die Ordnung und Katalogisierung der beantworteten Korrespondenz von im Generalgouvernement umgesetzt und wie Straftaten von Jüdinnen und Simon Wiesenthal zuständig. Judith Vöcker ist Doktorandin am Stanley Juden, PolInnen und Volksdeutschen abgeurteilt wurden. Wie definier- Wolfgang Schellenbacher studierte Geschichte an der Universität Wien. Burton Centre for Holocaust and Genocide ten die BesatzerInnen überhaupt Verbrechen und auf welcher rechtlichen Von 2010 bis 2019 war er am Jüdischen Museum in Prag angestellt, wo Studies an der Universität Leicester. Sie hat Basis wurden diese Vergehen sanktioniert? Im Fokus stehen das Deut- er neben dem Editionsprojekt BeGrenzte Flucht vor allem für EHRI tätig zahlreiche Stipendien erhalten, darunter beim Midlands Cities Doctoral Programme und sche Gericht und die Sondergerichte in Warschau und Krakau, da diese war. Ab 2018 arbeitete er in Projekten zu jüdischen Flüchtlingen in Mit- bei EHRI. nicht nur jüdische, sondern auch polnische und volksdeutsche Angeklag- teleuropa in den 1930er-Jahren sowie an einer mobilen Web-Applikation te strafrechtlich verfolgten. Das Projekt untersucht die Entwicklung der zur Geschichte des Holocaust in Prag am Masaryk-Institut und Archiv der Gerichtsurteile über die Jahre der NS-Okkupation, um festzustellen, ob Tschechischen Akademie der Wissenschaften. Er ist Mitarbeiter am Do- und wie Veränderungen innerhalb dieser Körperschaften eintraten. Der kumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und leitet Fokus liegt dabei auf einer Rekonstruktion des Umgangs der deutschen dort das digitale Archivprojekt Memento Wien, das auf mobilen Endgeräten Gerichtsbarkeit mit Kriminalfällen und auf dem Ausmaß des Einflusses, Informationen zu den Opfern der NS-Diktatur in Wien sichtbar macht. Am den die Okkupationsziele, rassistische Ideologien und der Kriegsverlauf VWI ist er seit September 2020 im Rahmen des Projektes EHRI-3 tätig und ausübten. kuratiert neben der Arbeit an Online-Editionen den EHRI Document Blog.

20 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 21 FORSCHUNG FORSCHUNG

frastructures Sustainable by Using Digital Archives, Electronic Repositories, and Internet Platforms on Local and Regional Levels und „It Happened Here!” Digital and Shared: Holocaust History in Public Space und diente als Gastinstitution für insgesamt sechs EHRI-Fellows. Ende 2018 wurde nicht nur das Vorhaben für ei- nen dritten Zyklus, also EHRI-3, der Europäischen Kommission zur Förderung vorgelegt, sondern auch ein Antrag auf Erweiterung des Projekts zu einer eu- ropäischen Institution im Rahmen des Europäischen Karel Berghoff beim General Partner Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ES­ Meeting für EHRI-2, Amsterdam, FRI) erfolgreich gestellt. Das Projekt zielt darauf 4. Juli 2019. ab, mittels der Verknüpfung nationaler Einrichtun- Vorbereitungstreffen für den Aufbau von EHRI-AT, VWI, gen Grenzen zu überwinden, die sich aus der Frag- 6. Juli 2020. EHRI-PREPARATORY PHASE FUNDING mentierung nationaler Forschungsinfrastrukturen ergeben. Damit ergibt sich die Möglichkeit, rasch Der Weg zu einem österreichischen Konsortium auf neue Fragestellungen zu reagieren und die Ent- wicklung wissensbasierter Technologien voranzu- Das VWI ist seit 2010 am EU-Projekt European Holocaust Research In­ treiben. EHRI-PP – European Holocaust Research fra­structure (EHRI) beteiligt. Verschiedene Forschungs- und Dokumenta­ Infrastructure (Preparatory Phase Funding) – wird tionseinrichtungen, Archive und Museen aus Europa, Israel und den USA dafür sorgen, dass Europas Platz an der Spitze der mit Bezug zur Geschichte des Holocaust entwickelten hier gemeinsam Holocaust-Dokumentation und -Forschung langfris- Möglichkeiten zur Integration und Vernetzung von Quellenbeständen tig gesichert ist. bzw. Weiterentwicklung thematischer und methodischer Forschungs- Österreich wird in diesem europäischen Zusam- schwerpunkte: Im ersten Projektzyklus bis 2014 dokumentierte das VWI menschluss durch ein neues, nationales Konsortium holocaustbezogene Sammlungen in Österreich, testete Vermittlungs- und vertreten sein, in dem die zentralen Proponenten der Präsentationsmethoden und half mit, innovative Forschungsthemen und Holocaustforschung des Landes vertreten sind. Die -fragestellungen zu entwickeln. Vorarbeiten für EHRI-AT unter der Federführung des Die Fortsetzung des Projekts als EHRI-2 unter der Beteiligung von 21 VWI begannen noch im Dezember 2019 mit einem Kick-off-Meeting zu EHRI-PP, Institut für Zeitgeschichte, Holocaust-Forschungsstätten wurde noch Anfang 2015 mit einer Laufzeit ersten, vom Wissenschaftsministerium initiierten München, 12. Februar 2020. von vier Jahren von der Europäischen Kommission genehmigt. Das VWI Tref­fen in der Research Lounge des VWI. Über die erkundete hier Möglichkeiten zur Erweiterung bzw. Nachhaltigkeit von weiteren Schritte einigte sich die vorerst kleine, aber zu einem späteren EHRI-1, weiters Wege, um verstreute und kaum bekannte, aber für die For- Zeitpunkt erweiterbare Kerngruppe in einem Workshop im Juli 2020 und schung relevante Sammlungen zugänglich(er) zu machen. Die Frage des bereitete den Konsortialvertrag, einen Arbeits- und Zeitplan vor. EHRI-AT, Ausbaus von Forschungsinfrastrukturen mittels digitaler Plattformen, Re- so der Name des österreichischen Konsortiums, sollte bis Ende 2021 einge- positorien und Datenbanken bzw. internetbasierter Lehrpläne, Ausstellun- richtet sein. Die Arbeiten an den EHRI-Projekten werden von Éva Kovács gen und Präsentationen zu Forschungsprojekten und/oder Fallstudien war und Marianne Windsperger koordiniert. ein weiterer Fokus. In diesem Sinn organisierte das VWI die Workshops Transnational meets Local. Making Holocaust Research Projects and In­ https://blog.ehri-project.eu/

Éva Kovács moderiert die interaktive Sitzung Reflection on EHRI Processes and Management, Amsterdam, Kick-Off Meeting für EHRI-3 via 4. Juli 2019. Zoom, 16. September 2020.

22 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 23 FORSCHUNG DOKUMENTATION

NEUE DRITTMITTELPROJEKTE DES VWI Forschen, Dokumentieren, Vermitteln FUNDSTÜCKE AUS DEM ARCHIV Das VWI konnte jüngst mehrere Drittmittelförderungen akquirieren: Abstellgleis Strasshof – gefördert vom ungarischen Nationalen Büro für ■ Dass Simon Wiesenthal zu Lebzeiten die Phantasien Krieges aufgesessen zu sein, könnte der niederländische Forschung, Entwicklung und Innovation (NKFIH) und vom österreichi- und Gemüter der Menschen auf der ganzen Welt bewegt Teenager Simon Wiesenthal sehr wohl abgerungen haben. schen Wissenschaftsfonds (FWF) – beschäftigt sich mit jenen 15.000 jü- und erregt hat, ist bekannt. Da gab es die AntisemitInnen, Nach einer intensiven Werbekampagne lief der Film Gold- dischen UngarInnen, die im Juni 1944 nach Strasshof an der Nordbahn HolocaustleugnerInnen und RevisionistInnen, die ihn in finger ab Dezember 1964, wenige Monate nach der Anfra- deportiert wurden. Die Familien mussten auf Bauernhöfen, im Handel Briefen und Artikeln mit Hass und Ressentiments über- ge also, in den europäischen Kinos an. James Bond ver- und in der Kriegsindustrie arbeiten. In Fortsetzung des 2016/2017 von der schütteten. Ebenso bekannt sind diejenigen, die ihm ihre sucht darin, dem durch die Darstellkunst Gert Fröbes Berliner Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ geförderten Anerkennung für das Geleistete aussprachen, ihn lobten unvergessenen (Auric) Goldfinger einen Goldbarren zuzu- Vorhabens Jüdische Sklaven in einer ,judenreinen’ Stadt. Die Topogra­ und ihm ihren Respekt zollten. schieben. Dieser Barren stammt aus dem Toplitzsee im Luftaufnahme der US-Air Force des phie der ungarisch-jüdischen Zwangsarbeit in Wien 1944/45 werden nun Manchem Zeitgenossen scheinen aber auch die Phanta­ Lagers Graz-Wetzelsdorf, Jänner 1945. die Umstände der Abschiebung, die Bedingungen der Zwangsarbeit, die sien durchgegangen zu sein. Die Frage eines Rückkehr und Fragen der Wiedergutmachung erforscht. Das Vierjahres- 19-jährigen Niederländers an Wie- projekt steht in Ungarn unter der Leitung der Szegeder Historikerin und senthal von Juli 1964, VWI-Alumna Judit Molnár, am VWI unter jener von VWI-Alumna Kinga ob dieser ihn im Frojimovics. „privat[en] Nachrich- Seit Februar 2020 arbeitet die Historikerin Nicole-Melanie Goll am vom tendienst gebrauchen“ Zukunfts- und Nationalfonds geförderten Projekt Tatort Graz-Wetzelsdorf könne, deutet noch 1945. Geschichte. Gedächtnis. Gedenken, das eines der größten NS-End- nicht darauf hin, auch phaseverbrechen im österreichischen Raum untersucht. Im April 1945 wur- nicht die Versicherung, den in der SS-Kaserne Graz-Wetzelsdorf über 250 Menschen – KZ-Häft- dass er „[s]olche Arbeit linge, Zwangsarbeiter, WiderstandskämpferInnen, Kriegsgefangene und liebe“ und auch einige ZivilistInnen – ermordet. Neben einer ausführlichen Beschreibung ihrer Menschen aus seinem Um- Schicksale beleuchtet das Vorhaben auch Aspekte der Täterschaft und die feld dafür bürgen würden. Struktur des dort stationierten Waffen-SS-Verbandes. Ziel ist eine Publika- Einen Monat später aber tion sowie – in Zusammenarbeit mit dem Bundesheer – eine Entwicklung schickte er eine Liste mit von Gedenkformen, die der Arbeit auch eine Nachhaltigkeit garantiert. Utensilien an Simon Wie- Die Claims Conference fördert ab September 2020 zum einen die redak- senthal, die in seiner Vorstel- tionelle Arbeit von S:I.M.O.N. – Shoah: Intervention. Methods. Documen­ lung zu einem nach ehemaligen tation, zum anderen die virtuelle Zusammenführung der Dokumente Simon NS-VerbrecherInnen suchenden Wiesenthals aus seinen Linzer Jahren 1945–1952. Zwar übergab er diese Agenten gehörten. Auf diese Lis- Anfang der 1950er-Jahre Yad Vashem, aber ein kleinerer Teilbestand ver- te bzw. das erneute Angebot zur Signatur: VWI-SWA, III.3.10.5 blieb in Österreich. Im Laufe seiner späteren Tätigkeit wurde dieser über Zusammenarbeit nahm Wiesenthal mehrere Schachteln und Ordner verteilt. erst im Sommer des folgenden Das schon seit längerem am VWI beheimatete Austrian Heritage Archi­ Jahres mit dem Versprechen Bezug, seine „Hilfsbereit- Steirischen Salzkammergut. Der aufgrund seiner Mitglied- ve (AHA), eine digitale Sammlung von Interviews mit österreichisch-jüdi- schaft ganz bestimmt in Anspruch [zu] nehmen, sobald schaft in der NSDAP vor allem in Israel nicht unumstritte- schen EmigrantInnen in den USA und Israel, kann mittels Förderungen von wir unsere Tätigkeit in Holland ausbauen“. ne Fröbe hatte fünf Jahre zuvor bereits in dem nur von National- und Zukunftsfonds weitergeführt werden: Das für zwei Jahre an- In den 1960er-Jahren gingen im von Wiesenthal geleiteten wenig Erfolg gekrönten KriminalfilmDer Schatz im Toplitz- gelegte Projekt unter der Leitung von VWI-Mitarbeiter Philipp Rohrbach Wiener Dokumentationszentrum regelmäßig Anfragen zur see mitgespielt. Wie wir aus der fundierten Biographie von und Adina Seeger (Verein GEDENKDIENST) wird den Online-Auftritt der Zusammenarbeit ein, wie sie der Niederländer gestellt Tom Segev wissen, wurde auch Wiesenthal über Jahre Webseite optimieren, eine mobile Version der AHA-Webseite erstellen und hatte. Diesem Fall müsste also keine weitere Aufmerk- von den vielen wilden Gerüchten über einen Goldschatz in weitere 20 Interviews aufbereiten. Abschließend wird VWI-Vorstandsmit- samkeit gegeben werden. Wenn der Blick jedoch in den den Bann gezogen, den die Nazis kurz vor Kriegsende in glied Albert Lichtblau auf Grundlage der Interviews der Austrian Heritage sozialhistorischen Zusammenhang und im Besonderen jenem See versenkt haben sollten. Collection für die VWI-Studienreihe eine Publikation erstellen, in der die auf den spezifischen Drang (man könnte auch von Beses- Auch wenn er Autos liebte, im Besitz von Handfeuerwaffen Formen der Aufarbeitung der Lebensschicksale österreichisch-jüdischer senheit sprechen) und die Vorstellungswelt gerichtet wird, sowie eines Mantels mit hochstehendem Kragen war und EmigrantInnen und Überlebender in den USA dargestellt und analysiert mit denen Simon Wiesenthal sich auf die Suche (als „Jä- über ein ausgezeichnetes Erinnerungsvermögen verfügte, werden. ger“ ließ er sich bekanntlich nicht gern bezeichnen) nach springen doch zuerst die Unterschiede in Auftreten und https://ungarische-zwangsarbeit- Zu den Aufgaben des VWI im inzwischen mehrere Teilprojekte um- NS-VerbrecherInnen und deren Spuren machte, lässt die Charakter zwischen Wiesenthal und Bond ins Auge. Oder in-wien.at fassenden europäischen Forschungsvorhaben EHRI, siehe Seite 22-23. Anfrage des Niederländers auch eine reizvolle Interpreta- ist es vorstellbar, dass sich Wiesenthal während seiner https://simon.vwi.ac.at Die erste, von der Gerda Henkel Stiftung geförderte Stipendiatin wird im tion und Einordnung zu. unzähligen Hotelaufenthalte an die Bar gesetzt und mit https://www.vwi.ac.at/index.php/ Jänner 2021 ihre Forschungen am VWI beginnen: Näheres zum Vorhaben Mehr als ein Schmunzeln darüber, mit seiner Anfrage ei- den Worten geordert hätte: „Wodka-Martini … geschüt- dokumentation/archiv/archivbestand Marta Havryshkovas ist bei der Vorstellung der Fellows des akademischen ner popkulturellen Welle in den Hochzeiten des Kalten telt, nicht gerührt!“?. https://austrianheritagearchive.at Jahres 2020/2021 nachzulesen.

24 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 25 KURZ NOTIERT KURZ NOTIERT

HASHTAG UND CO AUS DEM GÄSTEBUCH DES MUSEUMS SIMON WIESENTHAL Das VWI in den sozialen Medien Berührendes, Persönliches, Mahnendes

Dass in jeder Krise auch eine Chance zur Weiterentwicklung steckt, zeigt „Thank you Simon for dedication and courage. May we all learn from your die Aktualisierung des Social-Media-Auftritts des VWI während des Coro- life and example“, dies war der letzte Eintrag einer/s BesucherIn aus Ka- na-Lockdowns. Das Institut hatte sein Facebook-Konto lange nur genutzt, nada im Gästebuch am 10. März 2020, kurz bevor sich auch das VWI in um eigene Veranstaltungen zu bewerben. Heimarbeit und der Wille, auch in den Lockdown begeben musste. Und auch der erste Eintrag danach nimmt der Zeit der Schließung des Instituts über laufende Arbeiten zu informieren direkten Bezug auf Wiesenthals Schaffen: „Antisemitismus darf nie wieder und in der Öffentlichkeit präsenter zu sein, gaben dem Ausbau des Social- salonfähig werden, sonst ist das Erbe von Leuten wie Wiesenthal verloren.“ Media-Lebens des Instituts einen starken Impuls: Wie viele andere ähnli- Seit 15. Juni 2020 ist das Museum Simon Wiesenthal – Die Zukunft des che Einrichtungen nutzte das VWI Facebook, um seine Aktivitäten noch Erinnerns wieder für das Publikum zugänglich. Wie in allen Einrichtungen breiter bekannt zu machen, mittels aktueller Bezüge Beiträge in S:I.M.O.N. gelten die gesetzlichen Bestimmungen zur Eindämmung der Pandemie. Das Gästebuch des Museums ist in der in Erinnerung zu rufen, die Bestände des Archivs nicht nur ForscherInnen, Das bedeutet, dass ein Mindestabstand von einem Meter eingehalten wer- ‚Schmökerecke‘ mit Büchern zu Leben sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen sowie die Vi- den muss. Das Tragen eines Mund-Nasenschutzes ist nicht verpflichtend und Werk Simon Wiesenthals zu finden. deos zurückliegender Veranstaltungen über den YouTube-Kanal des VWI wird aber empfohlen, insbesondere wenn sich mehrere Personen gleich- zu bewerben. Weiters baten wir VWI-Alumnae und -Alumni darum, einen zeitig in den Räumlichkeiten aufhalten. Auf Grund seiner Größe kann das kurzen Essay zu jenem Buch zu schreiben oder per Kurzvideo zu erzählen, Museum zurzeit von maximal zehn Personen gleichzeitig besucht werden. das sie während ihres Aufenthaltes am Institut besonders inspiriert hat: Un- ter #inspiringbooksvwi können die einprägsamen, manchmal auch witzigen Texte nun auf der Facebook-Seite des VWI nachgelesen werden. Auch die anderen erwähnten und darüber hinausgehenden Einträge wurden unter ei- genen Hashtags zusammengefasst. Das im Mai 2020 eingerichtete Instagram-Konto wiederum stellt rück- Das Instagram-Konto des VWI. blickend Veranstaltungen des VWI, Zusammenkünfte der Fellows und das Alltagsleben des Instituts mithilfe einprägsamer Fotos in den Mittelpunkt; unter #VWIImFokus werden zukünftig aktuelle sowie vergangene Ausga- ben des VWI-Newsletters beworben.

https://www.instagram.com/wienerwiesenthalinstitut https://www.facebook.com/wiesenthal.institut.vwi https://www.youtube.com/wienerwiesenthal

SIMON WIESENTHAL IM INTERVIEW Kleinode der VWI-Bibliothek Eine Rückschau ■ Folgende empfehlenswerte Neu- chen Spezialeinheit Special erwerbungen aus dem Bereich Ho- Operations Executive und arbei- „Ein alter Mann erzählt, spricht in die Kamera: vor ihm ein Tisch, hinter locaust- und Frauenstudien sind nun tete von Paris aus mit der Wider- ihm ein Bücherregal. Sowohl er als auch das Aufnahmegerät werden sich im Bestand der VWI-Bibliothek zu fin- standsbewegung zusammen. In stundenlang kaum bewegen. Aus dem Off stellt jemand hin und wieder Fra- den: Lara R. Curtis vergleicht in Wri- Zwischenleben. Von Colombelles gen, greift aber nur selten in den Erzählfluss ein. Alle halben Stunden wird ting Resistance and the Question of nach Mauthausen, 1943–1945 das Gespräch unterbrochen, ein neues Band eingelegt, technische Durchsa- Gender (2019) das Leben und Werk von (2020) schildert die Widerstands- gen verlautbart, das Interview fortgesetzt: Simon Wiesenthal erinnert sich.“ An sechs Abenden im Jänner und drei sehr unterschiedlichen Frauen: kämpferin und Überlebende Gisèle Dieser kurze, nicht gerade inspirierende oder einen spannenden Kinonach- Februar präsentierte das VWI Charlotte Delbo, Noor Inayat Khan und Guillemot ihr „Zwischenleben“, wie mittag versprechende Kurztext der Einladung machte die Veranstaltung Ich in Zusammenarbeit mit dem Germaine Tillion. Unterschiedlicher sozia- sie selbst die Zeit ihrer Deportation be- bin einer der 500 von 150.000. Simon Wiesenthal im Interview zur bisher Österreichischen Filmmuseum das ler Background, unterschiedliche berufli- zeichnet. Im Herbst 1943 beginnt ihre meistbesuchten Veranstaltung des VWI. Elf Stunden lang und über sechs elfstündige, von VWI-Vorstand Albert che und private Interessen, und doch vereint durch ihre Odyssee, die sie von Paris aus in 89 Tagen quer durch Sonntagnachmittage im Jänner und Februar 2020 verteilt erzählte Simon Lichtblau im November 1997 geführte, riskante Tätigkeit und ihr couragiertes Engagement gegen Deutschland über zahlreiche Gefängnisse und Lager Wiesenthal im zum Bersten vollen Kinosaal des Österreichischen Filmmu- elfstündige Interview mit Simon den NS-Aggressor in der Résistance. Delbo und Tillion wa- schließlich bis nach Lübeck bringt. Ihre Irrfahrt führt sie seums über sein Leben: Und selbst nach den – nicht gerade bekömmlichen Wiesenthal. ren in Auschwitz und Ravensbrück interniert, setzten aber schließlich ins KZ Mauthausen, wo sie im April 1945 be- – Vorführungen verließen nur wenige den Saal, sondern hörten sich statt- auch hier ihre literarische Tätigkeit fort und ließen dabei freit wird. Die klare, differenzierte und dichte Beschrei- dessen noch die vertiefenden, kommentierenden, manchmal auch korrigie- ihre Perspektiven als Frauen einfließen. Khan war die ers- bung ihrer Erfahrungen machen dieses Zeugnis beson- renden Gespräche zwischen ExpertInnen zum Gezeigten an. Simon Wie- te weibliche Funkerin der britischen nachrichtendienstli- ders lesenswert. senthal ist und bleibt eine nicht wegzudenkende Figur der österreichischen Erinnerungslandschaft zur Shoah.

26 VWI im FOKUS | 2020 VWI im FOKUS | 2020 27 SERVICE/IMPRESSUM

VWI-VORSTAND Trägerorganisation des VWI Vorsitzende: Terezija Stoisits Stv. Vorsitzender: Trägerorganisation des VWI ist ein Verein, zu dem sich die Israelitische Gerhard Baumgartner, Kultusgemeinde Wien (IKG Wien), das Dokumentationszentrum des Bun- Dokumentationsarchiv des des Jüdischer Verfolgter des Naziregimes (BJVN), das Dokumentations- ­österreichischen Widerstandes archiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), das Institut für Zeit­ Stv. Vorsitzende und Schriftführerin: geschichte der Universität Wien, das Jüdische Museum Wien (JMW), die Claudia Prutscher, Israelitische International Holocaust Rememberence Allicance (IHRA), das Zentrum Kultusgemeinde Wien für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg und der Verein Stv. Schriftführerin: _erinnern.at_ zusammengeschlossen haben. Die einzelnen Organisationen Silvia Sandorffy, Bund Jüdischer beschicken die VWI-Generalversammlung, die das Leitungsgremium des Verfolgter des Naziregimes VWI, den Vorstand, wählt. Kassier: Bertrand Perz, Universität Wien Weitere Vorstandsmitglieder: Albert Lichtblau (Universität Salzburg) Internationaler Wissenschaftlicher Beirat des VWI Martina Maschke,Verein _erinnern.at_ In allen wissenschaftlichen Fragen des VWI kommt dem Internationalen Danielle Spera, Jüdisches Museum Wissenschaftlichen Beirat eine Schlüsselrolle zu. Dieser umfasst zurzeit elf Wien international anerkannte Expertinnen und Experten im Bereich der Holo- Juliane Wetzel, International Holocaust Remembrance Alliance caustforschung und der Nationalism and Genocide Studies. Aktuell gehören­ diesem Beirat folgende Mitglieder (in alphabetischer Reihenfolge) an: VWI-TEAM Geschäftsführung: Béla Rásky • Nanci Adler (Instituut voor Oorlogs-, Holocaust- en Genocidestudies, Akademische Programmleitung: Amsterdam) Éva Judit Kovács • Jolanta Ambrosewicz-Jacobs (Uniwersytet Jagielloński, Kraków) Wissenschaftliche MitarbeiterInnen: • Peter Black (United States Holocaust Memorial Museum, Washington Philipp Rohrbach DC) Marianne Windsperger • Susanne Heim (Institut für Zeitgeschichte, Berlin-München) ProjektmitarbeiterInnen: • Robert Graham Knight (University College London) Nicole Goll, Kinga Frojimovics, • Dan Michman (Yad Vashem, Jerusalem – Bar-Ilan University, Ramat Wolfgang Schellenbacher Gan) Bibliothek: Barbara Grzelak • A. Dirk Moses (University of North Carolina, Chapel Hill) Archiv: René Bienert, Jan Kiepe • Dirk Rupnow (Universität Innsbruck) Öffentlichkeitsarbeit/ • Irina Scherbakowa (Memorial, Moskau) Wissenschaftliche Publikationen: • Sybille Steinbacher (Fritz Bauer Institut, Frankfurt am Main) Jana Starek • Dominique Trimbur (Fondation pour la Mémoire de la Shoah, Paris) Museum und technische Assistenz: • Yfaat Weiss (Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Sandro Fasching Simon Dubnow, Leipzig) Digitalisierung: Manfred Huber Büro- und Veranstaltungs­ organisation: Greta Anderl Das VWI wird gefördert von: E-Mail: [email protected], [email protected] VWI-FELLOWS 2020/2021 Senior Fellows: Corinna Guttstadt, Gerald Steinacher IMPRESSUM „VWI im Fokus“. Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien Research Fellows: Katerˇina Králová, (VWI), A-1010 Wien, Rabensteig 3. Telefon: +43 (01) 890 15 14. E-Mail: [email protected]: ­ www.vwi. Petre Matei, Anna Menyhért, Messan ac.at. Redaktion: Béla Rásky, Philipp Rohrbach. Fotos: Sandro Fasching (VWI), wenn nicht anders angegeben; Tossa Foto Simon Wiesenthal: Luigi Caputo. Layout: Hans Ljung. Druckerei: Thomas Resch KG, A-1150 Wien, Rosina- Junior Fellows: Mayaan Armelin, gasse 19. Lektorat: Jan Kiepe. DVR-Nr.: 4002512. Lukas Meissel, Connor Sebestyen, OFFENLEGUNG NACH § 25 MEDIENGESETZ Judith Vöcker Medieninhaber: Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) Forschung – Dokumentation – Vermitt- lung. Vereinszweck: Forschung, Dokumentation und Vermittlung zu allen Fragen, die Antisemitismus, Rassismus Fortunoff-Fellow: Julie Dawson und den Holocaust einschließlich Vorgeschichte und Folgen betreffen. Vorstand: Terezija Stoisits. Geschäfts- Gerda-Henkel-Fellow: Marta führung: Dr. Béla Rásky. Blattlinie: VWI im Fokus informiert über Aktivitäten des Instituts im Bereich Holocaust- Havryshko Forschung, Vermittlung und Dokumentation und erscheint jährlich.

28 VWI im FOKUS | 2020