Journal für Mobilität und Verkehr, Ausgabe 2 (2019)

Journal für Mobilität und Verkehr ISSN 2628-4154 www.dvwg.de

Carsharing in Deutschland

Stefan Schmöller, Tanja Niels, Cornelius Hardt, Katrin Lippoldt, Florian Dandl*, Klaus Bogenberger Universität der Bundeswehr München, Insttut für Verkehrswesen und Raumplanung (IVR), Werner-Heisenberg-Weg 39, 85577 Neubiberg, Deutschland

Abstract

In den letzten Jahrzehnten entwickelten sich verschiedene -Modelle ausgehend vom statonsbasierten System, das nur Rundfahrten zuließ, bis hin zu free-foatng Systemen mit fexibler Fahrzeugrückgabe innerhalb eines Geschäfs- gebiets. Für Betreiber ist eine raumzeitliche Analyse der Nachfrage unabdinglich, um die Fahrzeugverfügbarkeit durch Real- lokatonen bestmöglich der Nachfrage anzugleichen. In diesem Artkel werden Carsharing-Systeme, aktuelle Entwicklungen, Nutzer- und Nachfrageanalysen sowie Reallokatonsansätze vorgestellt.

Schlagwörter/Keywords: Neue Mobilitätskonzepte, Verkehrsmitelwahl, Fahrgastbedürfnisse, Nutzeranforderungen, Nutzungsbarrieren

Carsharing ist ein Mobilitätsdienst mit Kraffahrzeugen, die ring erst im Jahr 2009 von car2go, einem Tochterunterneh- „einer unbestmmten Anzahl von Fahrern und Fahrerinnen men von Daimler, in Ulm eingeführt. Auch wenn bei beiden auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung und einem die genannten Formen von Carsharing jeweils die gemeinschaf- Energiekosten mit einschließenden Zeit- oder Kilometertarif liche Nutzung der Fahrzeuge im Vordergrund steht, so unter- oder Mischformen solcher Tarife angeboten und selbststän- scheiden sie sich dennoch sehr stark in ihren Charakteristka. dig reserviert und genutzt werden“ können (Bundesministe- Wie der Name schon impliziert, sind die Fahrzeuge beim sta- rium der Justz und für Verbraucherschutz, 2017). tonsbasierten Carsharing an sogenannte Statonen gebun- Im folgenden Artkel werden zunächst verschiedene For- den. Als Staton wird dabei jeder Parkplatz verstanden, der men des Carsharing beschrieben, bevor auf Nutzer und dem entsprechenden Anbieter fest zugewiesen ist. Da eine Nutzung der verschiedenen Systeme eingegangen wird. Im solche Zuweisung im öfentlichen Straßenraum rechtlich Anschluss werden die für Betreiber zentralen Themen Verfüg- nicht erlaubt ist, befnden sich diese Stellplätze meistens auf barkeit und Reallokaton beleuchtet. Zum Abschluss folgt ein eigens zu diesem Zweck gekaufen oder gemieteten Flächen. kurzer Ausblick, welche Veränderungen im Carsharing durch In der einfachsten und ältesten Form des statonsbasierten die Einführung autonomer Fahrzeugen zu erwarten sind. Carsharing ist jedes Fahrzeug einer festen Staton zugeord- net, d.h. ein Kunde muss ein gemietetes Fahrzeug an der Staton zurückgeben, an der er es auch abgeholt hat. Beim Verschiedene Formen des Carsharing free-foatng Carsharing hingegen sind auch Einwegfahrten möglich. Der Betreiber defniert ein Geschäfsgebiet, inner- Auch wenn heutzutage sehr viele verschiedene Formen halb dessen fast jeder Parkplatz des öfentlichen Raums ge- von Carsharing existeren, so lassen sich diese immer auf nutzt werden kann. Durch entsprechende Verträge mit der zwei Grundformen zurückführen: das statonsbasierte Car- Verwaltung kann festgelegt werden, welche Parkplätze für sharing und das fexible (free-foatng) Carsharing. Während Carsharing-Anbieter freigegeben werden und welche Gebüh- das statonsbasierte Carsharing in Deutschland schon seit ren der Anbieter dafür bezahlen muss. Kunden müssen dann 1988 mit der Gründung von StatAuto Berlin (mitlerweile selbst keine Parkgebühren mehr übernehmen, diese sind Teil von ) existert, wurde free-foatng Carsha- statdessen im Mietpreis des Fahrzeugs bereits enthalten.

* Korrespondierender Autor. E-Mail: [email protected] (F. Dandl)

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Weitere Unterschiede zwischen den Systemen fndet man bieter jeweils nur lokal innerhalb eines Stadtgebietes ope- auch in der Bepreisung der Angebote und im Ablauf eines rieren (egal ob mit Statonen oder einem begrenzten Ge- Mietvorgangs. Beim statonsbasierten Carsharing werden schäfsgebiet) und maximal den Wechsel zwischen zwei fest Fahrzeuge im Allgemeinen einige Zeit im Voraus reserviert defnierten, nahegelegenen Geschäfsgebieten wie Köln und in den Mietpreis werden sowohl Dauer des Mietvor- und Düsseldorf zulassen, gibt es hier auch die Möglichkeit, gangs, als auch die gefahrene Distanz mit einberechnet. überregionale Fahrten durchzuführen. Fahrzeuge können Beim free-foatng Carsharing wird der Prozess des Mietens wie beim free-foatng Carsharing in einem Geschäfsge- deutlich fexibler gehandhabt. Eine Reservierung ist nicht biet angemietet werden und gegen einen Aufpreis auch in notwendig und auch nur in begrenztem Rahmen möglich. jedem anderen Geschäfsgebiet oder an einer beliebigen Überschreitet die Reservierungsdauer eine festgelegte Zeit- -Staton zurückgegeben werden. Derzeit bietet die Firma spanne, so fallen auch für die Reservierung Kosten an. Je- Sixt ihr Carsharing-Produkt in 3 großfächigen Geschäfsge- des Fahrzeug hat eine Anzeige, an der man erkennen kann, bieten (Berlin, Hamburg und München) sowie in 8 weiteren ob ein Fahrzeug gebucht oder frei zur Reservierung ist. Ein Städten mit ausgewählten Standorten an. Möglich wird dies freies Fahrzeug kann dann durch die Smartphone-App des durch die, im Vergleich zu anderen Anbietern, deutschland- Anbieters oder alternatv mit einer ID-Karte entriegelt bzw. weit sehr viel größere Flote. Dadurch kann überall ausrei- gebucht werden. Bei den beiden bekanntesten Anbietern chend Verfügbarkeit gewährleistet werden, selbst, wenn car2go und DriveNow (mitlerweile zusammengeschlossen viele überregionale Fahrten durchgeführt werden sollten. als ) werden Mietpreise ausschließlich anhand Alle bisher beschriebenen Systeme sind betreiberbasiert. der Buchungsdauer berechnet. Da dieses Modell zeitweise Der Betreiber ist Eigentümer der Fahrzeuge, legt das Tarif- zu der Kritk führt, dass Kunden aufgrund des entstehenden system fest und kann die gesamten Erträge aus den Fahr- Zeitdrucks zu rücksichtslosem Fahrverhalten tendieren, gibt zeugmieten für sich verbuchen. Im Gegenzug ist er auch es inzwischen auch Anbieter (z.B. MILES), die primär die ge- verantwortlich für Pfege und Wartung der Fahrzeuge, fahrene Distanz bepreisen. Um Missbrauch dieses Modells übernimmt Parkgebühren und Tankkosten und stellt einen auszuschließen, werden dabei für Parkvorgänge ebenfalls Versicherungsschutz zur Verfügung. Als Gegenentwurf dazu Kosten veranschlagt. Insbesondere in Städten mit viel Ver- hat sich insbesondere in den USA das peer-2-peer Carsha- kehr kann dieses Modell für Kunden große Vorteile haben, ring weit verbreitet. Bei diesem System können Privatper- da durch das Stehen im Stau keine Mehrkosten anfallen. sonen (oder auch Firmen) ihre eigenen Fahrzeuge zur Mie- Mit der fortschreitenden Verbreitung von Carsharing ha- te bereitstellen. Dazu stellt der Betreiber des Systems eine ben sich allerdings auch noch weitere Systeme entwickelt. Internetplatorm zur Verfügung, auf der man sein Fahrzeug Diese kombinieren meist einzelne Charakteristka der bei- anbieten kann, auf der aber auch potentelle Mieter nach den beschriebenen Grundformen und übernehmen damit Fahrzeugen suchen können. Jeder Vermieter kann dabei auch deren Vor- und Nachteile. Eines dieser Systeme lässt die Tarife für die Nutzung seines Fahrzeugs selbst festle- sich am besten mit dem Begrif zonenbasiertes Carsharing gen. Der Ertrag aus einer Miete wird dann zwischen dem beschreiben und wird z.B. von in München be- Vermieter und dem Betreiber der Platorm aufgeteilt, wo- trieben. Dabei werden im Stadtgebiet mehrere kleinräu- bei der Vermieter den deutlich größeren Anteil erhält. Im mige Zonen defniert (in München deckungsgleich mit den Gegenzug übernimmt der Betreiber üblicherweise auch nur Parkraumquarteren) und jedes Fahrzeug wird einer Zone die Kosten für den Versicherungsschutz der Fahrzeuge. Bei zugewiesen. Innerhalb seiner Zone verhält sich das Fahr- dem Anbieter z.B. ist der Vermieter für Pfege und War- zeug dann wie eines im free-foatng Carsharing. Ein Fahr- tung zuständig (sofern nicht ein Mieter nachweisbare Ver- zeug muss also am Ende einer Miete immer in seine Zone schmutzung hinterlassen hat) und der Mieter übernimmt zurückgebracht werden, kann dort allerdings an jedem frei- Parkgebühren und Tankkosten. Dennoch kann sich ein sol- gegebenen Parkplatz abgestellt werden. Eine andere Misch- ches System für alle auszahlen. Der Betreiber der Platorm form von Carsharing ist statonsbasiertes Carsharing mit kommt insbesondere mit deutlich niedrigeren Personalkos- Einwegfahrten. Hierbei sind die Fahrzeuge zwar wiederum ten aus, als Vermieter kann man mit seinem Fahrzeug Geld an Statonen gebunden, allerdings werden Einwegfahrten verdienen zu Zeiten, in denen es sonst ungenutzt wäre, und zwischen den Statonen erlaubt, d.h. die Fahrt kann an einer als Mieter hat man im Vergleich zu betreiberbasierten Car- anderen Staton enden als sie begann. Ein solches System sharing-Systemen meist eine deutlich vielseitgere (und kos- wird in Deutschland bisher allerdings noch nirgends ange- tengünstgere) Auswahl an Fahrzeugen. boten und wurde z.B. in Paris von Autolib‘ aufgrund hoher Verluste nach wenigen Jahren eingestellt. Andernorts sind solche Systeme allerdings nach wie vor anzutrefen, z.B. in Nutzer von Carsharing-Systemen Singapur (BlueSG) oder Shanghai (EVCard). Einen Schrit weiter als die bisherigen Systeme geht ein Mitlerweile ist es in Deutschland in fast jeder mitleren erst kürzlich vom deutschen Autovermieter Sixt gestartetes bis größeren Stadt möglich, ein Carsharing-Fahrzeug zu fn- Carsharing-System. Während alle bisher existerenden An- den. Für diese fächendeckende Ausbreitung sind insbeson-

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Abbildung 1: Entwicklung der Mitgliederzahlen und Fahrzeuganzahlen im Carsharing in Deutschland. Quelle: Bundesverband Carsharing e.V.

dere statonsbasierte Angebote verantwortlich, während Diese Merkmale sind dabei nicht nur typisch für deutsche free-foatng Carsharing bisher nur in einigen Großstädten Carsharing-Anbieter, sondern werden auch internatonal angeboten wird. Die Einführung dieser Angebote führte al- in entsprechenden Studien bestätgt (Martn & Shaheen, lerdings zu einem regelrechten Carsharing-Boom, wie auch 2011; Transportaton Research Board and Natonal Acade- aktuelle Zahlen des Bundesverbands Carsharing e.V. in Ab- mies of Sciences, Engineering, 2016). Man muss allerdings bildung 1 zeigen. auch festhalten, dass unterschiedliche Arten von Carsha- Umfassende Studien unter Carsharing-Nutzern wie das ring leicht unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. In der Projekt WiMobil (“WiMobil”, 2016) oder die aktuelle Mobili- Studie WiMobil zeigte sich, dass das Durchschnitsalter der tätsstudie MiD 2018 (infas et al., 2018) zeigen dabei, dass Mitglieder beim statonsbasierten Anbieter Flinkster deut- diese Entwicklung überwiegend von einem eher kleinen Teil lich höher liegt als das der Mitglieder beim free-foatng Car- der Bevölkerung vorangetrieben wird. Die wichtgsten Merk- sharing von DriveNow. Außerdem geben diese Studien (wie male, mit denen sich der Großteil der Carsharing-Mitglieder z.B. auch Abbildung 1) jeweils ein Abbild der gesamten Mit- beschreiben lässt, lauten männlich, jung, höher gebildet gliedschaf. Hier werden also auch Personen berücksichtgt, und besserverdienend als der Durchschnit. Die aktuelle die sich zwar bei einem Anbieter angemeldet haben, mög- MiD zeigt, dass ca. 62% der Carsharing-Mitglieder männlich licherweise aber noch nie ein Carsharing-Fahrzeug genutzt sind und ca. 80% aller Mitglieder zwischen 18 und 49 Jahren haben. Insbesondere aus der Sicht eines Betreibers wäre es alt sind, wobei der größte Anteil mit 32% in der Gruppe der allerdings von deutlich größerem Interesse, zu wissen, wer 30 bis 39-jährigen zu fnden ist. Das höhere Bildungsniveau Carsharing tatsächlich aktv nutzt, um daraus abzuleiten, in zeigt sich insbesondere im Anteil der Fachhochschul- bzw. welchen Städten und Regionen noch Potental vorhanden Universitätsabschlüsse. Während nur 22% der Nicht-Mit- sein könnte. glieder einen solchen Abschluss haben, ist dieser Anteil bei den Mitgliedern mit 66% dreimal so groß. Beim durch- schnitlichen Haushaltseinkommen zeigt sich ein ähnliches Zeitliche Nutzungsanalyse Bild. Während nur 10% der Carsharing-Mitglieder in Haus- halten mit einem Netoeinkommen von unter 2.000€ leben Für den Carsharing-Anbieter ist es nicht nur interessant, und dafür ca. 28% in Haushalten mit einem Einkommen von wer Carsharing nutzt, sondern auch wie es genutzt wird. Die- mehr als 5.000€ liegen diese Anteile bei Nicht-Mitgliedern se Frage lässt sich am besten beantworten, indem man be- bei 20% bzw. 17%. reits vorliegende Nutzungsdaten auf wiederkehrende Mus-

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Abbildung 2: Verteilung der Buchungshäufgkeiten nach Tageszeit. Quelle: Schmöller, Weikl, Müller & Bogenberger, 2015

ter analysiert. Derartge Muster zeigen sich insbesondere in roskopische Analyse des Gesamtsystems ermöglichen. Aus der tageszeitlichen Entwicklung der Buchungshäufgkeiten. Sicht des Betreibers ist indes eine genauere Analyse, insbe- Eine solche Tagesganglinie ist in Abbildung 2 zu sehen und sondere im mikroskopischen Bereich, unerlässlich, um die zeigt die unterschiedlichen Verläufe der Buchungshäufgkei- operatven Kennzahlen eines Systems sauber erfassen zu ten an verschiedenen Tagen bei DriveNow. können. Hierzu sind vor allem die geographische Verortung An den Tagen von Montag bis Freitag sind die Unterschie- der Nachfrage und die Systemperformance bezüglich die- de eher gering, weshalb diese in einer Kurve zusammen- ser Nachfrage von besonderem Interesse. Ausgehend von gefasst wurden. An diesen Tagen ist sowohl eine deutliche einem klassischen Geschäfsgebiet, wie in Abbildung 3 dar- Morgen- als auch Abendspitze zu erkennen. An Wochenen- gestellt, ergeben sich hier einige Herausforderungen. Die in den hingegen ist keine deutliche Morgenspitze erkennbar. der Praxis entworfenen Geschäfsgebiete sind im Allgemei- Vielmehr verteilen sich die Buchungen gleichmäßig über nen ein Resultat verschiedener Überlegungen; eine wicht- den Tag, wobei sich zumindest samstags noch eine Abend- ge Rolle spielen unter anderem die Bevölkerungsdichte, die spitze zeigt. Erkennbar ist auch, dass an Wochenenden ein Anzahl potenteller Nutzer und die Möglichkeit, Fahrzeuge deutlich höherer Anteil der Fahrten in der Nacht durchge- legal abzustellen. Ein Geschäfsgebiet soll für potentelle führt wird. All diese Eigenschafen lassen sich beispielswei- Nutzer möglichst atraktv und für den Betreiber möglichst se durch die Fahrtzwecke, die in WiMobil herausgefunden proftabel sein. Wie in Abbildung 3 zu sehen, schließen die wurden, erklären. Dort zeigte sich, dass im free-foatng Geschäfsgebiete in München und Berlin neben den Stadt- Carsharing sehr viele Fahrten für Freizeitaktvitäten, ins- zentren auch größere Teile der Stadtgebiete sowie einige besondere solche, die bevorzugt abends an Wochenenden Satelliten ein. Die blau umrandeten Bereiche zählen zu dem statinden, durchgeführt werden. Aber auch Fahrten nach Kerngeschäfsgebiet, in dem der Nutzer seine Fahrt ohne Hause, zum Einkaufen und mit Arbeitsbezug (zur Arbeit bzw. zusätzliche Kosten beenden kann. Im Vergleich dazu gibt Dienstahrt) waren sehr häufge Nennungen. es verschiedene hellblau umrandete Satelliten, bei denen der Betreiber eine Gebühr für das Abstellen erhebt. Grün- de für diese Gebühr sind entweder zusätzliche Parkkosten Räumlich-zeitliche Nutzungsanalyse für den Betreiber (Bsp. Flughäfen) oder lange Standzeiten in nachfrageschwachen Gebieten, bei denen die Fahrzeuge Die übergreifende Analyse der Nutzung von free-foa- häufg durch den Betreiber ins zentrale Geschäfsgebiet zu- tng Carsharing-Systemen ist durch Tagesganglinien und rückgeführt werden müssen. Weiterhin sind innerhalb des Buchungshäufgkeiten gekennzeichnet, welche eine mak- Geschäfsgebiets Zonen defniert, in welchen der Service

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Abbildung 3: Geschäfsgebiete DriveNow in München (links) und Berlin (rechts). Quelle: www.drive-now.com

explizit nicht angeboten wird, und Fahrzeuge daher nicht suchten Areale verschiedenen Schwankungen unterliegen. abgestellt und wieder angemietet werden können. Gründe Die Identfkaton derartger Diferenzen erlaubt es einer- dafür können temporäre Halteverbote aufgrund von Ver- seits, die Fahrzeugfote nach nachfragespezifschen Eigen- anstaltungen, oder generelle Parkverbote in zum Beispiel schafen zu steuern, andererseits aber auch die preisliche Anwohnerparkgebieten oder auf größeren privaten Park- Steuerung des Angebots. Durch den Vergleich der Areale fächen sein. im Bereich der Nachfrage lassen sich Bereiche mit gleichen Um in einem derartgen Geschäfsgebiet mikroskopische Charakteristka im Geschäfsgebiet identfzieren. Wie in Ab- Analysen durchführen zu können, ist eine Parttonierung bildung 4 bereits erkennbar, wurden verschiedene Areale in kleinere Bereiche notwendig. In der aktuellen Forschung (Hardt & Bogenberger, 2018) zu Clustern mit gleichartger haben sich hierzu im Wesentlichen zwei verschiedene Vor- Nachfragekurve zusammengefasst. Wesentliches Ergebnis gehensweisen etabliert. Einerseits die punktuelle Betrach- war hier, dass insbesondere die innerstädtschen Bereiche tung, bei der Kreise oder Polygone um Punkte von Interesse, ähnliche Nachfragemuster haben, welche auch denen in wie bspw. Mobilitätsstatonen, defniert werden, anderer- einigen Satellitenbereichen ähneln, und in Abbildung 4 als seits die Parttonierung des gesamten Geschäfsgebietes in Cluster B dargestellt sind. Bereiche am Stadtrand haben hin- gleichmäßige, fächendeckende Zellen wie Quadrate oder gegen andere Nachfragekurven, hier als Custer A dargestellt. Hexagone. Für die Resultate einer fächendeckenden Par- Diese Ergebnisse decken sich mit anderen Studien (Boldrini, ttonierung ist zu empfehlen, diese im Nachgang zu über- Bruno, & Cont, 2016). Weiterhin ist anzumerken, dass einige arbeiten, um bspw. Areale, die nur Seen, Flüsse, oder Pri- Areale im Bereich der Nachfrage eigene Nachfragemuster vatgelände umfassen, für spätere Analysen außen vor zu bilden, welche sich von denen der anderen Cluster abheben. halten. Durch Analyse dieser Strukturen lassen sich so ortsspezif- Die Parttonierung in Teilfächen ermöglicht es, verschie- sche Muster innerhalb eines Sharing-Systems besser erken- dene Zonen miteinander zu vergleichen, indem innerhalb nen und dem Betreiber ist es möglich, die Flotenverteilung der einzelnen Teilgebiete verschiedene Kenngrößen er- mitels Reallokatonen entsprechend zu steuern. mitelt werden (Hardt & Bogenberger, 2018). Als relevante Kenngröße bietet sich die Nachfrage an, um die Wahl des Geschäfsgebiets besser betriebswirtschaflich messen zu Verfügbarkeit und tatsächliche Nachfrage können. Hierbei sind kumulierte Werte zwischen Arealen vergleichbar, wie auch die generellen Nachfragemuster Neben der Analyse der Nachfrage muss für ein vollstän- („demand paterns“). Während die kumulierten Werte der diges Bild des Systems auch die Möglichkeit der Kunden be- Nachfrage einen Rückschluss über die generelle Nutzungs- trachtet werden, überhaupt ein Fahrzeug anmieten zu kön- bereitschaf und -akzeptanz erlauben, zeigen die Nachfrage- nen. Hierbei ist die klare Abgrenzung von Verfügbarkeit und muster tägliche Nutzungsschemata und das Zusammenspiel Fahrzeugangebot wichtg. Während sich die Verfügbarkeit im Kontext der täglichen Bewegungsmuster. Wie in Abbil- (Availability) innerhalb eines Areals und eines bestmmten dung 4 zu sehen, können die Nachfragemuster der unter- Zeitraumes über den Anteil der Zeit defniert, in dem min-

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Abbildung 4: Nachfragemuster verschiedener Arealcluster, Quelle: Hardt & Bogenberger, 2018

destens ein Fahrzeug zur Anmietung bereitsteht, wird unter Grund wurden zusätzlich zu den Nutzungsdaten auch Daten dem (Fahrzeug-)Angebot (Supply) die Anzahl an Fahrzeuge aus den eingesetzten Smartphone-Apps untersucht (Niels verstanden, welche innerhalb des Areals und des bestmm- & Bogenberger, 2017). Allerdings geben auch diese Daten ten Zeitraums durchschnitlich zur Verfügung standen. Die keinen vollständigen Aufschluss über die tatsächliche Nach- Verfügbarkeit ist damit ein qualitatver Begrif, welcher die frage: inwieweit ein Kunde Apps nutzt, um direkt eine Fahr- zeitliche Verfügbarkeit darstellt, während das (Fahrzeug-) zeugmiete zu starten, oder nur eine generelle Informaton Angebot als quanttatver Begrif die Mengen der verfüg- zur Verfügbarkeit sucht, bleibt weitgehend unklar. Als alter- baren Fahrzeuge repräsentert. Die Interpretaton dieser natven Ansatz schlagen Hardt und Bogenberger zur Bestm- Kennzahlen durch Kunden und Betreiber unterscheidet sich mung der Nachfrage den Einsatz von Unconstraining-Metho- hier erheblich: Während Kunden eine möglichst hohe Ver- den vor, die Nutzungsdaten und Verfügbarkeit gleichzeitg fügbarkeit an ihrem aktuellen Standort und die Auswahl analysieren und zum Beispiel in der Hotel- und Flugbranche zwischen verschiedenen Fahrzeugen, also ein hohes Ange- angewendet werden (Hardt & Bogenberger, 2019). bot, wünschen, ist ein Betreiber eines solchen Systems eher daran interessiert, dass möglichst viele Fahrzeuge gleich- zeitg in Nutzung sind, bzw. das Angebot an möglichst vie- Reallokaton len nachfragerelevanten Orten verfügbar ist. Im Gegensatz zum Kunden sieht der Betreiber das gleichzeitge Angebot Die bereits erwähnte fehlende Fahrzeugverfügbarkeit ist mehrerer Fahrzeuge innerhalb eines Areals daher als wenig nicht zwangsläufg Folge einer hohen Fahrzeugauslastung. erstrebenswert an, so dass in diesem Zusammenhang auch Vielmehr kann sie auch Folge eines Problems sein, von dem vom Verfügbarkeitsdilemma gesprochen werden kann. fast alle Carsharing-Systeme mit Einwegfahrten betrofen Bei der Bestmmung eines optmalen Fahrzeugangebots sind und durch räumlich-zeitliche Analysen identfziert wer- je Areal ergibt sich für den Betreiber das Problem, dass die den können. Insbesondere in den Spitzenstunden sind eini- Nachfrage nach seinem Carsharing-Angebot nicht alleine ge Bewegungsmuster erkennbar, die einen großen Teil der aus den Nutzungsdaten gemessen werden kann. Die tat- Flote betrefen, z.B. morgens von Wohngebieten ins Stadt- sächliche Nachfrage besteht nicht nur aus ausgeführten zentrum bzw. in Gebiete mit vielen Arbeitsplätzen und Ge- Buchungen, sondern auch aus Buchungswünschen, welche schäfen (Schmöller et al., 2015). Dies führt dazu, dass wie- aufgrund fehlender Verfügbarkeit von Fahrzeugen oder der derholt eine große Anzahl an Fahrzeugen an Orten steht, an aktven Ablehnung der zur Verfügung gestellten Fahrzeug/ denen sie zum jeweiligen Zeitpunkt nicht benötgt wird. Im Preis-Kombinatonen nicht realisiert wurden. Aus diesem Gegensatz dazu kann teilweise Nachfrage nicht erfüllt wer-

Deutsche Verkehrswissenschafliche Gesellschaf e.V. 6 Journal für Mobilität und Verkehr, Ausgabe 2 (2019) Schmöller/Niels/Hardt/Lippoldt/Dandl/Bogenberger p. 1-9 den, da in den entsprechenden Gebieten keine Fahrzeuge kung des Rückgabegebiets gewährt, während die Boni nur (mehr) vorhanden sind. Es liegt somit eine unausgewoge- dann gutgeschrieben werden, wenn der Nutzer seine Fahrt ne Fahrzeugverteilung vor. Da der Betreiber aber möglichst innerhalb eines vorher defnierten Bereichs des Geschäfs- viele Fahrtwünsche erfüllen will, liegt es in seinem Interes- gebiets beendet. Ziel der Angebote ist es, die kostenintensi- se, durch Reallokatonen wieder eine für ihn möglichst vor- ven betreiberbasierten Reallokatonen zumindest teilweise teilhafe Fahrzeugverteilung herzustellen. Dabei unterschei- zu ersetzen und die Verteilung der Fahrzeuge innerhalb des det man zwischen betreiberbasierten und nutzerbasierten Geschäfsgebietes zu verbessern. Reallokatonen. In den beiden Studien von Lippoldt et al. untersuchten die Autoren das Potenzial nutzerbasierter Reallokatonen am Beispiel eines free-foatng Carsharing-Systems in den Betreiberbasierte Reallokaton Städten Mailand und Köln (Lippoldt, Niels, & Bogenberger, 2018, 2019). In beiden Städten identfzierte der Betreiber Diese Reallokatonen werden von Mitarbeitern oder nachfragestarke Zonen im Zentrum und nachfrageschwä- Dienstleistern ausgeführt. Die Schwierigkeit hierbei liegt in chere Zonen im Randbereich des Geschäfsgebiets. Aus der Entscheidung, welche Fahrzeuge umgeparkt werden sol- diesem Grund sind die Geschäfsgebiete wie in Abbildung len und wo sie am wahrscheinlichsten benötgt werden. Die- 5 links dargestellt jeweils zweistufg defniert und der Be- se Entscheidung alleine reicht aber noch nicht aus, um eine treiber setzt die oben genannten preislichen Anreize ein, möglichst optmale Reallokatonsstrategie zu entwickeln. um im zentralen Geschäfsgebiet eine höhere Verfügbarkeit Man muss dazu z.B. auch die Anzahl verfügbarer Mitarbeiter zu erreichen und langen Standzeiten der Fahrzeuge in den oder die Kosten einer einzelnen Reallokaton beachten. Um Randbereichen entgegenzuwirken. Die Autoren analysier- all diese Aspekte in einem Modell zu berücksichtgen, hat es ten unter anderem, wie gut die Angebote von den Kunden sich bewährt, all diese Restriktonen in einem Optmierungs- angenommen wurden und ob die Fahrzeugverteilung durch problem abzubilden (Jorge, Correia, & Barnhart, 2014; Weikl die vergünstgten Fahrten verbessert werden konnte. & Bogenberger, 2016). Darin können alle Beschränkungen Preisliche Anreize werden aufgrund der aktuellen An- als Nebenbedingungen eingebunden und die Zielsetzung gebots- und Nachfragesituaton für einzelne Fahrzeuge (z.B. Gewinnmaximierung oder minimale Anzahl unerfüllter manuell vergeben. In beiden Städten entspricht der ver- Fahrtwünsche) in einer entsprechenden Zielfunkton abge- günstgte Minutenpreis, je nach eingestelltem Rabat, einer bildet werden. Weikl und Bogenberger untersuchten mithil- Preisredukton von ca. 30-40 %. In Mailand werden je nach fe von Feldtests die Auswirkungen gezielter Reallokatonen eingestelltem Angebot 15 oder 20 Bonusminuten gutge- auf Umsatz und Standzeiten und konnten Reduktonen der schrieben, wenn das entsprechende Fahrzeug im zentralen mitleren Standzeiten in der Gesamtlote von bis zu 18% Geschäfsgebiet zurückgegeben wird, in Köln sind die Bo- sowie eine Umsatzsteigerung zwischen 4,7% und 5,8% be- nusminuten in Abhängigkeit der Distanzen gestafelt (siehe obachten. Für diese Ergebnisse wurden zwischen 32 und 36 Abbildung 5 rechts). Die Analyse der Fahrzeugstandzeiten Fahrzeuge von 6 bis 8 Fahrern in 5-7 Stunden transferiert. und der sogenannten Take Rate, also dem Prozentsatz an Alle Umsetzungen wurden jeweils in Nächten von Sonntag Angeboten, die tatsächlich zu einer Buchung führten, deu- auf Montag durchgeführt (Weikl & Bogenberger, 2016). Im tet darauf hin, dass die Bonusminuten von den Kunden in Realbetrieb sind solche Fahrten kostenintensiv und hohe Mailand besser angenommen werden als die reduzierten Nachtzuschläge sowie Parkplatzmangel an den Zielorten Minutenpreise (Lippoldt et al., 2018). Allerdings lassen sich führen dazu, dass Reallokatonen eher am Tag durchgeführt genaue Präferenzen und die Auswirkungen auf die Standzei- werden, obwohl dies zur Folge hat, dass die Fahrzeuge wäh- ten der Fahrzeuge nur schwer quantfzieren. Während ein rend dieser Zeit nicht für Kunden zur Verfügung stehen. Fahrzeug im Außenbereich des Geschäfsgebiets in Mailand zwischen zwei Fahrten im Durchschnit 520 Minuten steht, sind es zwischen dem Einstellen eines Angebots und der Nutzerbasierte Reallokatonen Buchung einer rabaterten Fahrt im Mitel nur ca. 300 Mi- nuten. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Fahr- Bei dieser Art der Reallokaton werden verschiedene An- zeuge durchschnitlich bereits ca. 640 Minuten in einem sätze verwendet, um Nutzer zu belohnen, wenn sie Fahr- nachfrageschwachen Bereich stehen, bevor sie mit einem zeuge bewegen, die in nachfrageschwachen Gebieten ste- Angebot versehen werden. Der Erfolg eines Angebots hängt hen. Dabei können zwei Arten von Anreizen unterschieden zudem von zahlreichen weiteren Faktoren ab, wie zum Bei- werden: das Angebot von reduzierten Preisen auf der einen spiel der genauen Positon des Fahrzeugs und der Uhrzeit Seite und die Gutschrif von Boni für zukünfige Fahrten auf der Angebotseinstellung. der anderen Seite. Beide Angebote werden vom Betreiber Insgesamt wurden Fahrzeuge in Mailand bei 89% der Bu- für einzelne Fahrzeuge meist nach längerer Standzeit ein- chungen mit Bonusminuten im zentralen Geschäfsgebiet gestellt und sind in der App für den Kunden sichtbar. Die zurückgegeben, bei Fahrten mit reduziertem Minutenpreis reduzierten Preise werden ohne eine besondere Einschrän- (und ohne Einschränkung des Rückgabegebiets) waren es im-

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Abbildung 5: Übersicht des Geschäfsgebiets in Köln. Links: zweistufges Modell, rechts: Stafelung der angebotenen Bonusminuten, Eigene Darstellung auf Basis von (Lippoldt et al., 2019).

merhin 81%. Da bei Fahrten mit Bonusminutenangebot das werden. Großräumige Reallokatonen zwischen verschiede- Rückgabegebiet durch den Betreiber defniert ist, hängt die nen Arealen und sonstge Servicefahrten können deutlich Verbesserung der Fahrzeugverteilung in diesem Fall maßgeb- günstger durchgeführt werden, weil kein Personal involviert lich davon ab, wie gut dieses Gebiet gewählt wurde. Gerade ist. Dadurch fallen sowohl die Zeitkosten des Personals weg, bei diesem Angebot ist ein deutlicher Mitnahmeefekt sicht- als auch die Transportkosten, die beim Befördern des Per- bar: Kunden nutzen das Angebot, mieten ein entsprechend sonals zu den jeweiligen Fahrzeugen entstehen. Zusätzlich rabatertes Fahrzeug und stellen es direkt hinter der Grenze verändert sich das Einzugsgebiet, das durch ein Fahrzeug ab- des zentralen Geschäfsgebiets ab. Dieser Efekt zeigt sich gedeckt werden kann, da die Fahrzeuge zum Kunden fahren auch bei den Fahrtdauern: mehr als 35% der Fahrten mit Bo- können. Während bei Carsharing der maximal akzeptable nusminutenangebot in Mailand sind kürzer als 10 Minuten. Fußweg von Kunden das Einzugsgebiet eines Fahrzeugs auf Während die durchschnitliche Fahrtdauer bei Fahrten mit ca. 300-500 m begrenzt (Seign, Rene; Bogenberger, 2012), reduziertem Minutenpreis ca. 32 Minuten betrug, waren es ist zu erwarten, dass bei einem autonomen Mobilitätsdienst bei Fahrten mit Bonusminutenangebot nur ca. 19 Minuten. die maximale Wartezeit den wichtgsten limiterenden Fak- Bei einer durchschnitlichen Fahrtdauer von ca. 26 Minuten tor darstellt. Eine Studie, die sich auf Uber beruf, gibt 6 Mi- entsprechen 20 Bonusminuten einer Preisredukton von ca. nuten als maximale Wartezeit an (Spieser et al., 2016). Bei 75% Prozent bei der nächsten Fahrt. Während sich bezüg- einer angenommenen Geschwindigkeit von 30 km/h erhöht lich der nutzerbasierten Reallokaton in Köln grundsätzlich sich damit das Einzugsgebiet eines Fahrzeuges auf 3 km. ähnliche Ergebnisse zeigten wie in Mailand, wird dem hier Mit Hilfe von Simulatonen kann dieser Efzienzgewinn beschriebenen Mitnahmeefekt in Köln durch die Stafelung gemessen werden. In einer Studie, in der die Nachfrage der Bonusminuten entgegengewirkt (Lippoldt et al., 2019). für einen autonomen Mobilitätsdienst auf Buchungsdaten Wenn das Geschäfsgebiet und die Angebote sinnvoll ge- eines Carsharing-Betreibers in München basiert, wird ge- staltet sind, können preisliche Anreize demnach unterstüt- zeigt, dass ein autonomes Fahrzeug in etwa drei bis vier zend eingesetzt werden, um die Fahrzeugverteilung und Carsharing-Fahrzeuge ersetzen kann (Dandl and Bogen- -auslastung zu verbessern. Sie können betreiberbasierte berger, 2018b). Wegen der geringeren Fahrzeuganzahl und Reallokatonen allerdings nicht vollständig ersetzen: Wenn dadurch niedrigeren Fixkosten kann davon ausgegangen ein Fahrzeug sehr zeitnah bewegt oder in einen genau de- werden, dass der Mobilitätsdienst wesentlich günstger als fnierten Bereich gefahren werden soll, sind nutzerbasierte heutges Carsharing angeboten werden kann, allerdings zu- Reallokatonen weniger geeignet. Zudem werden betreiber- sätzliche Fahrleistung durch Leerfahrten generiert werden basierte Reallokatonen häufg mit zusätzlichen Dienstleis- könnten. tungen, wie zum Beispiel der Fahrzeugreinigung, dem Tan- Inwiefern Mobilitätsdienste mit autonomen Fahrzeugen ken oder dem Laden verbunden. aus Nutzersicht eher als „autonomes Carsharing-System“ (Nutzer wählt explizit Fahrzeug aus) oder „autonomes Ta- xi-System“ (Betreiber weist Nutzer ein Fahrzeug zu) angebo- Ausblick ten werden, bleibt abzuwarten, allerdings gibt es Hinweise, dass es bei sehr großen Floten Sinn ergibt, wenn der Be- In Zukunf kann durch die Verwendung autonomer Fahr- treiber und nicht der Kunde die Fahrzeugauswahl vornimmt zeuge der Carsharing-Betrieb deutlich efzienter gestaltet (Dandl and Bogenberger, 2018a).

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