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„Ein dapferer Held und Vermesser“

Landgraf Moritz der Gelehrte und der Bestand seiner architektonischen Handzeichnungen in der Universitätsbibliothek 2° Ms. Hass. 107

Ulrike Hanschke

Universitätsbibliothek Kassel 2012 Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 6

Der Bestand ...... 8

Provenienz ...... 8

Die Übergabeakte 2° Ms. Hass. 107a ...... 10

Transkription der Übergabeakte ...... 11

Zeichner und Objekte ...... 14

Landgraf Moritz der Gelehrte ...... 16

Tabellarische Kurzbiographie ...... 16

Landgraf Moritz als Zeichner ...... 18

Ausbildung ...... 18

Themen ...... 19

Technik ...... 21

Funktion ...... 23

Die anderen Zeichner ...... 24

Wilhelm Dilich (1571/72 – 1650) ...... 24

Adam Müller (ca. 1550 – vor 1627) ...... 25

Hans Müller (ca. 1560 – vor 1610) ...... 27

Johann Wi(e)dekindt (ca. 1570 – 1628/1629) ...... 28

Katalog ...... 29

Orte in Hessen ...... 30

Abterode ...... 30

Allendorf ...... 31

a. Schlossentwürfe ...... 31

b. Amtshof ...... 35

Breitenau ...... 37

Burghasungen ...... 55

Butzbach ...... 57

Cornberg ...... 61

2 Elgershausen ...... 62

Eppenberg ...... 63

Eschwege ...... 64

a. Landgrafenschloss ...... 64

b. Augustinerkloster ...... 69

c. Diverses ...... 71

Fahre ...... 72

Felsberg ...... 92

Frankfurt ...... 95

a. Arnsburger Hof und Kartäuserhof ...... 95

b. Augsburger Hof ...... 96

c. Junghof ...... 98

Freienhagen ...... 100

Friedewald ...... 101

Germerode ...... 102

Grebendorf ...... 107

Greifenstein ...... 108

Gudensberg ...... 111

Habichtswald ...... 112

Hasselbach ...... 113

Hessisch Lichtenau ...... 114

Kassel ...... 117

a. Landgrafenschloss ...... 117

b. Moritzaue ...... 121

c. Ahnaberger Kloster ...... 123

d. Reithaus am Kloster ...... 125

e. Nassauer Hof ...... 126

f. Karten ...... 133

g. Fasanenhof ...... 134

h. Waldau ...... 136

3 i. Weißenstein ...... 143

Kaufungen ...... 146

Kehrenbach ...... 151

Lich ...... 152

Liebenau ...... 154

Malsfeld ...... 155

Melsungen ...... 156

a. Landgrafenschloss ...... 156

b. Kasseler Gasse ...... 164

c. Riedeselsche Vogtei ...... 169

d. Brückenvorstadt ...... 175

e. Schützenhaus ...... 178

f. Apotheke und Laboratorium ...... 180

g. Diverses ...... 181

Mittelhof b. Felsberg ...... 182

„Moritzwerder“ ...... 184

Rückerode ...... 185

Sababurg ...... 188

„Sauerbrun“ (?) ...... 190

Schmidtfahrt a. d. Pfieffe ...... 191

Schwertzelhof ...... 195

Sontra ...... 196

„Stoltzenberg“ (?) ...... 198

Trendelburg ...... 199

Vogelsburg b. Eschwege ...... 202

Wiesbaden ...... 204

Züschen ...... 205

Orte außerhalb Hessens ...... 206

Ansbach ...... 206

Auburg ...... 209

4 Bad Boll ...... 210

Bad Dürkheim ...... 212

Bad Ems ...... 214

Cadolzburg ...... 217

Coburg ...... 219

Düsseldorf ...... 221

Hardenberg b. Velbert-Neviges ...... 222

Heidelberg ...... 223

Marientraut b. Speyer ...... 224

Plesse ...... 225

Rohna ...... 230

Speyer ...... 235

Stuttgart ...... 238

Treffurt ...... 239

Wertheim / Main ...... 240

Idealentwürfe ...... 242

Unbestimmte Zeichnungen ...... 245

Eigenhändig ...... 245

Nicht eigenhändig ...... 246

Unbestimmte Schriftstücke ...... 247

Literatur ...... 250

Archivalien ...... 261

5 Einleitung

In der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel wird seit dem 18. Jhdt. ein umfangreiches Konvolut aufbewahrt, das traditionell als „Die Handzeichnungen des Landgrafen Moritz“ bezeichnet wird. Es umfasst allerdings neben eigenhändigen Zeichnungen des vielseitig begabten Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel (1572-1632) auch Blätter von der Hand anderer Baumeister sowie einige Schriftstücke, die zum überwiegenden Teil Bauprojekte in und außerhalb Hessens betreffen. In dieser speziellen Zusammensetzung sowie als Dokument der umfang- reichen zeichnerischen Tätigkeit eines deutschen Fürsten zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist dieser Bestand einzigartig. Die von Prof. Dr. Gunter Schweikhart bereits 1982 angestrebte Tiefenerschließung der kaum be- kannten, komplexen Spezialsammlung, deren spezifische Zusammensetzung eine ganz beson- dere Herausforderung darstellt, erfolgte von 2009 bis 2011 im Rahmen eines Forschungsprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die vorliegende Publikation beruht auf den Texten der Online-Präsentation (www.ub.uni-kassel.de/ landgraf-moritz.html), die Texte wurden von dort übernommen und mit ausgewählten Abbildungen zu einer strukturierten Publikation zusammengefügt. Hinzugefügt wurden zudem zwei digitale Aufnahmen von Zeichnungen aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg (Abb. 2 + 75), für deren Publikationsgenehmigung ich an dieser Stelle herzlich danke. Vergrößerbare Digitalisate sowie die Grunddaten sämtlicher Blätter des Kasseler Bestandes können jederzeit im Dokumentenserver der Bibliothek ORKA eingesehen werden (http:// orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/browse/dfgprojektlandgrafmoritzzeichnungen*/-/1/-/-/). Dank einer umfassenden fachkundigen Restaurierung mit Spendenmitteln konnten die in den Fotos dokumentierten Schäden an den teilweise sehr fragilen Objekten inzwischen behoben werden.

6 Für wissenschaftliche Unterstützung sowie konstruktive Hinweise und Anregungen danke ich:

Elmar Brohl, Marburg Prof. Dr. Hartmut Broszinski, Kassel Johann Frank, Stadtarchiv Hessisch Lichtenau Horst Gehringer, Staatsarchiv Coburg Prof. Dr. Peter Gercke, Kassel Prof. Dr. Holger Th. Gräf, Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde Marburg Prof. Dr. G. Ulrich Großmann, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Martina Heine, Staatsarchiv Wertheim Dr. Christiane Heinemann, Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden Ernst Henn, Sontra Dr. Britta Hallmann-Preuß, Heimatmuseum der Stadt Bad Dürkheim Prof. Dr. Stephan Hoppe, Julius-Maximilian-Universität München Katrin Hopstock, Stadtarchiv Speyer Dr. Ulrich Klein, Freies Institut für Bauforschung und Dokumentation Marburg Dr. Karl Kollmann, Eschwege Markus Kothe, Hessisch Lichtenau Andrea Lothe, Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Prof. Dr. Gerhard Menk, Hessisches Staatsarchiv Marburg Dr. Marcus Popplow, Universität Salzburg Hans Poth, Felsberg Klaus Rheinfurth, Institut für Stadtgeschichte, Marc Rohrmüller, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden Dr. Peter Sandner, Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden Dr. Hans-Jürgen Sarholz, Museum und Stadtarchiv der Stadt Bad Ems Dr. Klaus Sippel, Landesamt für Denkmalpflege Marburg Dr. Brigitte Streich, Stadtmuseum Wiesbaden Dr. Paul Warmbrunn, Landesarchiv Speyer Dr. Dieter Wunder, Bad Nauheim Dr. Dieter Wolf, Museum und Stadtarchiv der Stadt Butzbach

Danken möchte ich aber auch vor allem den Mitarbeitern der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek, allen voran Dr. Konrad Wiedemann und Dr. Brigitte Pfeil, für ihre Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sowie der Fotografin Heike Hage für die Umsicht und Sorgfalt bei der Erstellung der hochauflösenden Digitalisate.

7 Der Bestand

Provenienz

Im Winter 1785/1786 berichtete die Kriegs- und Domänenkammer laut der wiederentdeckten Akte1 über die Übersendung der „Zeichnungen und Risze / welche von / Ihro Hochfürstlichen Durchlauchth, / dem Herrn Landgraffen Moritz, / mehrentheils selbst verfertigt worden“ (Abb.1) in die damalige fürstliche Bibliothek, dem Vorläufer der Landesbibliothek.

Abb. 1 Übergabeakte 2° Ms. Hass. 107a, fol. 2 recto (Detail)

Dieses umfangreiche Konvolut (346 Blatt / Schriftstücke) umfasst tatsächlich neben eigenhändigen Zeichnungen des vielseitig begabten Landgrafen Moritz d. Gelehrten Blätter von anderer Hand sowie einige Schrift-stücke, die überwiegend in Zusammenhang mit den dargestellten Bauten stehen. Es handelte sich demnach also zum damaligen Zeitpunkt um ein archivalisches Konvolut, was die spezielle Mischung von Zeichnungen und Schriftstücken sowie die durch die Auf- bewahrung (Faltung) bedingten Schäden erklärt. Eine weitere Zeichnung des Landgrafen Moritz befindet sich zudem eingebunden in ein alchemistisches Manuskript der Bibliothek2 , und konnte dem ursprünglichen Bestand jetzt „virtuell“ hinzugefügt werden. Eigenhändige Zeichnungen des Landgrafen Moritz befinden sich außerdem noch in der Gra- phischen Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel3 und im Hessischen Staatsarchiv Marburg4 (Abb.2). Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass der erhaltene Bestand nur noch einen Bruchteil der ursprünglich vorhandenen, von Landgraf Moritz eigenhändig angefertigten Zeichnungen ausmacht. Viele Zeichnungen zu konkreten Bauplanungen sind ver- mutlich an anderen Stellen der fürstlichen Bauverwaltung aufbewahrt worden und im Laufe der Jahre verloren gegangen.

1 aufbewahrt unter 2° Ms. Hass. 107a 2 4° Ms. Chem. 60 [1,2,, fol. 88 3 MHK, Graph. Sammlung , Marb. Dep. 250a: Frankfurt, Arnsburger Hof in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007 http://212.202.106.6:8080/dfg/museumkassel/home.jsp 4 HStAM, Slg. 7 Nr. d 322: Schloss Rotenburg (Abb. 2) Karten P II 10529: „Landtafel“; sowie ein Blatt eingebunden in Best. 4b 35: Entwurf für einen Anbau an das Landgrafenschloss in Kassel (Abb. 75)

8 Die lange Zeit tradierte Meinung, dass die vorliegende Sammlung nach dem Tode des Landgrafen aus seinem „Schreibtisch im Eschweger Schloss“ geborgen wurde,5 lässt sich aus den Quellen so nicht belegen. Das erhaltene, sehr genaue Nachlassinventar von 16326 führt die Blätter jedenfalls nicht namentlich auf. Da einige der Zeichnungen in die Zeit nach der Abdankung datiert sind – die letzte Datierung fällt in den August 16317 - könnten sich aber möglicherweise in den dort am Ende aufgeführten, nicht spezifizierten „Packeten“ Teile des heutigen Bestandes befunden haben.

Abb. 2 Landgraf Moritz, Schloss Rotenburg Hessisches Staatsarchiv Marburg Slg. 7 Nr. d 322:

5 so König 1933, S. 3 6 HStAM Best. 4a 38/7 7 auf dem Blatt 2° Ms. Hass. 107 [27]

9 Die Übergabeakte 2° Ms. Hass. 107a http://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1352101003614/1/

In der erwähnten Übergabeakte erläutern die zuständigen Hofbeamten am 28. November 1785: „In dem Cammer Archiv haben sich die, in abschriftlich / angebogener Designation bemerkte – von des Herrn / Landgrafen Moritz Hochfürstl: Durchlaucht mehrentheils / höchst eigenhändig verfertigte Risse und Zeichnungen / vorgefunden. // Da wir nun des unterthänigst unzielgebigsten dafürha„ / ltens sind, daß selbige, entweder in Fürstlichem Hof Archiv / oder auf Fürstlicher Bibliothec aufzubewahren seÿn / möchten; so ohnermangeln wir hiervon underthänigste An„ // Anzeige zu thun, und gnädigster Entschliesung, wohin gedachte / Riße und Zeichnungen abgegeben werden sollen“ (fol. 4 recto u. verso). Die beigefügte „Abschrift“ der „Designation“, dem damals angefertigten Verzeichnis, verzeichnet die Sammlung in 54 Positionen (Abb. 3+4). Im neunzehnten Jahrhundert wurden offensichtlich vier weitere Positionen in Graphit ergänzt, darunter die beiden Darstellungen Wilhelm Dilichs vom Landgrafenschloss „Arx vetus Casselae“ und „Arx nova Casselae“,8 die 1888 aus dem „Hess: Künstler- / album entnommen“ wurden. Im 19. Jahrhundert wurden vermutlich auch die Nachzeichnungen der Darstellung von Burghasungen hinzugefügt. Der Abgleich der teilweise summarischen Übergabeliste („ein Paquet Zeichnung von Breidenau“) mit dem heutigen Bestand ergibt, dass die darin verzeichnete Sammlung seitdem weitgehend unverändert bis heute erhalten geblieben ist. Verloren gegangen ist allerdings definitiv das unter der Nummer 54 aufgeführte Blatt: „Zeichnung von einer runden Gallerie mit 4. Pavillons, / inventirt den 22ten Sept: 1627. a M:H:L:”. Die anderen Positionen, konnten im Bestand identifiziert werden. Dabei wird deutlich, dass schon 1785 der ursprüngliche Kontext einiger Zeichnungen nicht mehr bekannt war, so dass es zu irrtümlichen Zuschreibungen kam, die erst jetzt korrigiert werden konnten (z.B. „Weinkirchen“, „Pfaffenhauser“, „Lustenau“).

Abb. 3 2° Ms. Hass. 107a fol. 6 recto Abb. 4 2° Ms. Hass. 107a fol.8 verso

8 es handelt sich um die Blätter 2° Ms. Hass. 107 [198] (Abb. 12) + [199]

10 Transkription der Übergabeakte

Fol. 1 recto „Die sich im Cammer Archiv vorfindenden und eingesendet / werden sollende[n] Risse und Zeichnungen von weyl. des Herrn / Landgrafen Moritz hochfürstl. Durchl. betr. / 1785“

Fol. 2 recto (Abb.1) „Zeichnungen und Risze / welche von / Ihro Hochfürstlichen Durchlauchth, / dem Herrn Landgraffen Moritz, / mehrentheils selbst verfertigt worden. / N.1. – 54.“

Fol. 4 recto „Cassel den 28ten Nov: 1785.“ // „Durchlauchtigster Landgraf, Gnädigster Fürst und Herr.“ // „Unterthänigster Bericht, / von der Kriegs und Domainen Camer / die im Cammer Archiv sich vorge „/ fundene Riße und Zeichnungen / vom Herrn Landgrafen Moritz betr:“ // „In dem Cammer Archiv haben sich die, in abschriftlich / angebogener Designation bemerkte – von des Herrn / Landgrafen Moritz Hochfürstl: Durchlaucht mehrentheils / höchst eigenhändig verfertigte Risse und Zeichnungen / vorgefunden. Da wir nun des unterthänigst unzielgebigsten dafürha„ / ltens sind, daß selbige, entweder in Fürstlichem Hof Archiv / oder auf Fürstlicher Bibliothec aufzubewahren seÿn / möchten; so ohnermangeln wir hiervon underthänigste An„ // [verso] „Anzeige zu thun, und gnädigster Entschliesung, wohin gedachte / Riße und Zeichnungen abgegeben werden sollen, in derjeni„ / gen tiefsten Erniedrigung an heim zu stellen, worin wir lebens„ / wierig verharren.“// „Ew Hochfürstlichen Durchlaucht,“// „unterthänigst„ treugehorsamst„ und pflichtschuldigste“// „Fleckenbuhl gt. Burgel. Meyer. Rieß. / Lichtensteiger. Schröder. Oeijnhausen. Jasmund / DApell“

Fol. 5 verso [Von anderer Hand:] „Resol. Cassel den 12tn Dec: 1785 / ad 136) Sollen sämtliche Riße sollen eingesandt werden.“ // „Ist besorget“ // „G. D. C.“ / “136.“ // „gez: Cassel d. 13. Dec. 1785“

Fol. 6 recto (Abb.3) „Abschrift.“ // „Designation“ // „Verschiedener von Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht dem Herrn Land„ / grafen Moritz mehrentheils höchst eigenhändig verfertigten Zeich„ / nungen und Rißen von allerhand Gebäuden in und auserhalb Lan„ / des, welche sich im Fürstlichen Cammer Archiv vorgefunden haben./ 1.) Ein Paquet Zeichnung von Breidenau de anno 1622. / wobeij sich ein Project von einer daselbst anzulegenden Stadt / befindet./ 2.) Ein Paquet Abrißen, als / a) vom Ahnaberger Hof. / b) von der Bergfreijheit auf dem Habichts Walde. / c) von Balthasar Marolds und förster Philips Hofstatt zu Elgers,, / haußen. / d) Von dem Schloß Warda [Waldau] beij Cassel, so jetzt der Jägerhof. / e)Vom Hof Freijenhagen an der . / 3.) Abzeichnung vom Embser Baad nebst Extract Bau Rechnung / de 1581. / 4.) Ein Paquet Zeichnungen, als / a) Abriß von Smi.[Serenissimi] Kriegs Gezelten. / b) des Obristen Riedesels Feldlager zu Liebenau de 1626. / c) Das Hauß Sababurg, idem anno 1625 inven / tiert / d) Das Hauß Trendelburg allein mit aller Zugehör des Rent,, / hofs, Mühlen und der Diemel Brücken. / e)Verschiedene Riße vom Hauß Pleßa.“

11 Fol. 6 verso 5.) Ein Paquet Risse den Hof Rohna betreffend. / 6.) Abriß einer Falkonerie. / 7.) Verschiedene Zeichnungen und Riße von dem Hof Lustenau [Lichtenau] / nebst einer Zeichnung von dem Herrn Landgrafen Moritz wie / derselbe hat sollen erbaut werden de anno 1614. / 8.) Eine Zeichnung von Caßel und der herumliegenden Gegend. / 9.) Verschiedene Zeichnungen von der Fahre an der Fulda. / 10.) Ein Band worinnen verschiedene Zeichnungen vom ehemaligen / Obersten Hof zu Caßel, von den Schlößern zu Milsungen, / Felsberg, Lustenau, Rückerode, Fahre, Mittelhof beij der / Carthauß und dem Stift Oberkaufungen. de 1627. a. M:L:H: / 11.) Dessin pour fortifier la ville de projetté par / S.A. Sme. Msg. Le Landgrave Moritz de le 25. 1630. / 12.) Zeichnung des Schloß zu Lich / 13.) Zeichnung von der Kirche, Schul, und Kirchhof des Haußes / Turckheim vom 6ten Aug: 1630 a Mauritio Hassiae Land: / 14.) Zeichnungen vom gräfl: Solmischen Hauß Greiffenstein deli,, / neirt den 28ten Aug: 1630 a. M:H.L: / 15.) Zeichnung vom Fürstl: Bischöflich Speijerischen Hauß Mer,, / gentraudt vom 10ten Aug: 1630. a. M:H.L: / 16.) Zeichnung von einem Theil der Stadt Ffurt [Frankfurt] und zwar von / der allerheiligen Gaße und dem Barfüßer Kloster. /

Fol. 7 recto 17.) Zeichnung der Vogelsburg beij Reichen Sachsen de 1631 den 15ten / März 1ten April 1631. a. M: L: H: nebst einem theil des / Schloßes zu Eschwege und Carl Hermann von Hundelshaußen / Hauß Haßelbach. Vom 14ten April 1631. A M:H:L: / 18.) Zeichnung von dem Schloß zu Burghasungen vom 8ten April / 1631. a M:L:H: / 19.) Grundriß von Nicolaus Landmann Hauß und Hofreide / zu Grebendorf vom 24ten März 1631. a. M: L: H: / 20.) Zeichnung vom Renthof zu Felsberg und denen daran / stosenden Gebäuden. / 21.) Zeichnung von Moritzwerder. / 22.) – vom Schloß zu Düßeldorf vom 14tenAug: 1629. / a M:L:H: / 23.) Riß vom Lusthäußer Hof. / 24.) – vom Schloß und Kellereij Wisbaden d 30ten / Aug: 1629. a M.L.H: 25.) Riß vom Hauß Hartenberg [Hardenberg]. / 26.) Zeichnung von einem Theil der Stadt Milsungen. / 27.) – vom Schloß zu Sontra vom 26ten October 1630. a M:L:H: / 28.) Grund Riß vom Herrn Landgraf Philips Schloß zu Butzbach. /

Fol. 7 verso 29.) Zeichnung vom Schloß zu Eschwege. / 30.) Zeichnung / a) vom Schloßhof zu Milsungen. / b) vom Hauße Cörenbach [Kehrenbach]. / c)vom Cörnbergischen Hof zu Caßel vom 29ten Sept: / 1630. a M:L:H: / 31.) Zeichnung von einem Theil des Niederfürstenthums. / 32.) – vom Amt Hauß zu Allendorf vom 29ten Aug.: 1631. / 33.) Zeichnung von Friedrich von Baÿneburg Rittmei,, / sters Hauß vom 29ten Oct: 1630. a M: L: H: / 34.) Zeichnung / a) Vom Schloßhof zu Sontra vom 23t Oct: 1630. a M: / L:H: / b) Vom Hof des Haußes Cronenberg [Cornberg] vom 25t Oct: / 1630. a M:L:H: / 35.) Zeichnung vom Heßischen Hof zu Treffurt. de 1630. / 36.) – vom Hof zu vom 2t Maÿ 1630. a M:L:H: / 37.) Riß vom Schloß zu Friedewald ex memoria deline,, / irt den 31ten März 1630. a M:L:H: / 38.) Zeichnung vom Fürstl: Schloß zu Caßel. / 39.)– vom Meijsenbugischen Schloß zu Züschen /

12 Fol. 8 recto 40.) Zeichnung vom Augsburgerhof – oder nunmehrigen von / Glauburgischen Hof zu Franckfurth delineirt den 3ten / Nov: 1629. den 28ten Aug: 1630. a M:H.L: / 41.) Zeichnung vom Pfaffenhauser in das Stift allerheiligen / gehörig. / 42.) Abriß des Eisenhammers und Schmiedwercks auf dem / Schmiedfahrt an der Pfiefe. / 43.) Abriß vom Arnsburger und Carthauser Hof [Frankfurt]. / 44.) – von Graf Friedrich Ludwigs Hof Weinkirchen / den 19ten Oct: 1629. a M:L:H: / 45.) – vom Hof Germerode vom 19ten März 1631. a / M:L:H: / 46.) – vom Bermannshof zu Apterode vom 20ten / März 1631. a M:L:H: / 47.) – vom Jagdhauß zu Kehrenbach vom 26ten Julii / 1628. a M:H:L: / 48.) Zeichnung von Schwerzelshof von 9ten Julii 1629. a / M:H:L: / 49.) – des fürstl: Sachs Coburgischen Schloßes vom / 30t Oct: 1629. / 50.) – des Schloßes zu Cadolzburg in der Burggraf,, / schaft Nürnberg delineirt den 12ten Oct: 1629. a M: / L:H: /

Fol. 8 verso (Abb. 4) 51.) Zeichnung vom Schloß zu Ansbach. / 52.) Zeichnung von dem Mittelhof beij der Carthauß / 53.) Zeichnung vom Vorhof des Schloßes zu Caßel. / 54.)Zeichnung von einer runden Gallerie mit 4. Pavillons, / inventirt den 22ten Sept: 1627. a M:H:L:” / [Spätere Ergänzung in Graphit:] „55) Fasanenhof bei Wolfsanger / 56) Vorl. unbestimmte Zeichnungen und Risse / 57) Arx vetus Casselae, 1420 } / 58) Arx nova „1605 } a.d. Hess: Künstler- / album entnommen 1888“

Fol. 10 recto „68) G.D.C.“ „Caßel den 11ten Jan: 1786.“ // „Durchlauchtigster Landgraf, / gnädigster Fürst und Herr! // Unterthänigster Bericht / von der Kriegs und Domainen Camer. / Die Einsendung der im Fürstlichen Cammer / Archiv sich vorgefundenen Riße und / Zeichnungen vom Herrn Landgrafen / Moritz Hochfürstl: Durchlaucht betr:“ // „In Gemäsheit der per Extractum Geheimen Raths / Protocolli d.d. Caßel den 17 ten December 1785. uns / gnädigst ertheilten Resolution, ermangeln wir nicht, / die im Fürstlichen Cammer Archiv sich vorgefundenen / Riße und Zeichnungen des Herrn Landgrafen Moritz / Hoch,, /“ [Von anderer Hand:]“gez: Cassel d. 19. Jan: 1786“

Fol. 10 verso Hochfürstlichen Durchlaucht hierdurch in derjenigen tiefsten / Erniedrigung unterthänigst einzuschicken, worin wir lebens,, / lang beharren // Ew Hochfürstlichen Durchlaucht,“// „unterthänigst„ treugehorsamst„ und pflichtschuldigste / Fleckenbuhl gt. Burgel. Meyer. Rieß. Heppe. Lichtensteiger. / Schröder. Schmerfeld. DApell. / Arnoldi. Doernberg. Fulda. Bose“

13 Zeichner und Objekte

Der größte Teil der eigenhändigen Zeichnungen des Landgrafen Moritz beschäftigt sich mit Objekten in zahlreichen Orten der Landgrafschaft im heutigen Nordhessen, - neben den Städten Kassel, , Allendorf und Eschwege sowie den säkularisierten Klöstern Breitenau, Burghasungen und Germerode sind auch einige kleinere Orte wie z.B. Malsfeld, Felsberg oder Kehrenbach sowie Gutshöfe wie Rückerode oder Vogelsburg vertreten. Einige Blätter wurden hingegen auf Reisen außerhalb der Landgrafschaft angelegt. Nach seiner Abdankung 1627 besuchte der Fürst von seinem zeitweiligen Standort Frankfurt aus den südhessischen Raum, wie z.B. Lich, Butzbach und Greifenstein. Mehrfach reiste er aber auch in die angrenzenden Regionen, so z.B. an den Rhein (Speyer, Bad Dürkheim, Marientraut, Düsseldorf, Hardenberg) und nach Franken (Ansbach, Wertheim, Coburg, Cadolzburg). Bei den Zeichnungen von anderer Hand handelt es sich zumeist um Werke bisher wenig doku- mentierter landgräflicher Baumeister. Interessant ist hier vor allem eine von Hans Müller signierte Entwurfszeichnung für das hessische Badehaus in Ems. Einige Zeichnungen konnten dem be- kannten Kartographen und Architekten/Ingenieur Wilhelm Dilich zugeschrieben werden (darunter die unvollendete Vorzeichnung zur einer Landtafel von Auburg, Abb. 5), außerdem sind noch die Hofbaumeister Adam Müller und Johann Wi(e)dekindt, vertreten, deren Tätigkeit am Kasseler Hof ebenfalls bislang noch kaum erforscht ist.

Abb. 5 2° Ms. Hass. 107 [32] Wilhelm Dilich (Ausschnitt)

Insgesamt sind nach jetzigem Erkenntnisstand 54 Orte in Deutschland identifizierbar. Zu den meisten Standorten liegen nur wenige Zeichnungen vor, umfangreichere Konvolute betreffen neben der Residenzstadt Kassel und ihrer näheren Umgebung vor allem die osthessischen Städte Melsungen und Eschwege sowie das Kloster Breitenau und die Domäne Fahre an der Fulda, die den Fürsten in seinen letzten Lebensjahren zu einer stattlichen Anzahl von Entwürfen für ein Lustschloss anregte. Die ebenfalls im Bestand erhaltenen Schriftstücke von unterschiedlichen Schreibern beziehen sich in den meisten Fällen auf die dargestellten Bauten (Bauanweisungen, Vermessungstabellen etc.).

14 Anders sieht es hingegen in denjenigen Fällen aus, wo Landgraf Moritz beliebige Schriftstücke (z.B. Briefe, Notizen) für seine Zeichnungen benutzte. Vor allem in seinen letzen Lebensjahren verwendete der abgedankte Fürst das Papier oft sehr sparsam und nutzte den freien Raum auf den Blättern voll aus (Abb.6).9

Abb. 6 2° Ms. Hass. 107 [112] recto + verso

9 vgl. z.B. die Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [238] (Abb. 9) oder [112](Abb. 6)

15 Landgraf Moritz der Gelehrte

Tabellarische Kurzbiographie

Geboren am 25. Mai 1572 in Kassel

1587 Nach einer umfassenden Ausbildung erfolgreiche Absolvierung einer Prüfung in mehreren Fächern an der Marburger Universität 1592 Regierungsübernahme nach dem Tode Wilhelms IV. 1593 Heirat mit Agnes von Solms (1578 – 1602), die drei Söhne und eine Tochter zur Welt brachte 1596 Ritterspiele zur Feier der Taufe der Prinzessin Elisabeth (von Wilhelm Dilich festgehalten und 1598 im Druck veröffentlicht) / Gründung der ersten Druckerei in Kassel 1598 Begründung der Hofschule, später „Collegium Mauritianum“ 1598/99 Feldzug an den Niederrhein 1600/1601 Reform der Kriegsverfassung durch das „Defensionswerk“ / Stiftung eines „Mäßigkeitsordens“ 1602 Frankreichreise mit Besuch bei König Heinrich IV. / Tod der ersten Frau Agnes 1603 Heirat mit Juliane von Nassau-Dillenburg (1587 – 1643), aus der zweiten Ehe gingen sieben Söhne und sieben Töchter hervor / Erwähnung des Plans, eine „Bibliotheca Architectonica“ anzulegen 1604 Nach dem Tode Landgraf Ludwigs IV. Erbschaft der oberhessischen Gebiete um Marburg 1604-06 Bau des Ottoneum, des ersten festen Theaterbaus in Deutschland 1605 Einführung der „Verbesserungspunkte“ („Zweite Reformation“) 1606 Pläne für die Anlage einer Stadt am ehem. Kloster Breitenau, nach deren Scheitern Planungen zum Umbau des Klosters in eine ländliche Schlossanlage / Beginn der Bauarbeiten für Schloss Weißenstein 1609 Beitritt zur evangelischen Union 1612 Aufenthalt zur Kaiserkrönung in Frankfurt 1613 Hochzeit des erstgeborenen Sohnes Otto, aus diesem Anlass Ritterspiele in Kassel 1614 Teilnahme am Unionstag in Heilbronn 1615/16 Bauarbeiten in Waldau, Pläne für ein / Umbau des ehem. Klosters Heydau (bis 1619) 1617 Tod des Sohnes Otto 1618 Reise nach Holland und Metz 1623 (bis 1625) Flucht aus Kassel wegen der Einquartierung der Tillyschen Truppen 1624 in Plesse Entwürfe für eine Befestigung der Burg

16 1627 (17. März) Abdankung / noch kurz vorher Einrichtung der „Rotenburger Quart“ zur Versorgung der Kinder aus der zweiten Ehe mit einem Viertel der Landgraf- schaft / Rückzug nach Melsungen / Pläne zur Nutzung des Ahnaberger Klosters und zu Umbauarbeiten am Nassauer Hof in Kassel 1628 Pläne für das Lustschloss Fahre / mit dem endgültigen Vertrag zur Quart im September scheidet Melsungen als Wohnsitz aus 1629 Ausgedehnte Reisen mit seinen Söhnen Moritz und Friedrich u.a. nach Bad Boll, Stuttgart, Düsseldorf, Wiesbaden, Coburg, Cadolzburg / dazwischen mehrfach längere Aufenthalte in Frankfurt 1630 Nach längerem Aufenthalt in Frankfurt hauptsächlicher Wohnort Eschwege / Reisen nach Speyer und Umgebung sowie nach Greifenstein und Butzbach 1631 Von Eschwege aus kleinere Ausflüge in die Region / auf der Reise nach Gotha und Erfurt im Sommer dauerhafte Fußverletzung

Gestorben am 15. März 1632 in Eschwege

17 Landgraf Moritz als Zeichner

Nach seinem Regierungsantritt 1592 stand für Landgrafen Moritz erwartungsgemäß die Aus- gestaltung der Residenzstadt Kassel, geprägt von dem ansehnlichen Vierflügelbau des Land- grafenschlosses, im Mittelpunkt der baulichen Aktivitäten. Neben der Fertigstellung des 1591 noch von seinem Vater begonnenen Marstallbaues beschäftigte er sich zunächst mit dem Ausbau der Befestigungsanlagen, die seinerzeit weithin als vorbildlich galten10. In der Umgebung des Schlosses ließ er das Ballhaus und die Rennbahn anlegen, den von seinem Vater Wilhelm IV. an- gelegten Lustgarten in der Aue vergrößern und das Lusthaus renovieren. Mit dem Bau des Ottoneum, des ersten festen Theaterbaus in Deutschland, prägte er das Aussehen der Stadt bis heute. Das alte Kloster auf dem Weißenstein (heute Wilhelmshöhe), damals noch außerhalb der Stadt gelegen, ließ er abbrechen und ab 1606 ein neues Lustschloss mit Gartenanlagen und Teichen errichten. Erstaunlicherweise schlagen sich diese gestalterischen Aktivitäten jedoch nur in geringem Maße in den erhaltenen Zeichnungen wieder, da möglicherweise viele der diesbezüg- lichen Zeichnungen im Laufe der Zeit verloren gegangen sind.

Ausbildung

Sein Vater Wilhelm IV. hatte für eine vielseitige Ausbildung gesorgt, - während er selber den mathematischen Unterricht übernahm, wurden die Lehrer für die anderen Fächer (u.a. auch Astronomie, Chemie und Musik) sorgfältig ausgewählt11. Spezieller Zeichenunterricht wird allerdings nicht erwähnt. Dieser gehörte aber später explicit zum Programm der von Landgraf Moritz gegründeten Ritterakademie („Collegium Mauritianum“), das nach dem Ausschreiben von 1618 unter den „Exercitia“ auch „Allerhand Anschlägen / so wohl zum Krieg / als sonsten zu den Gebewen Abrissen und Malerey dienlich“ enthält. Damit verfolgte der Fürst ein Bildungsziel, das 1528 B. Castiglione in seinem „Libro del Cortegiano“, einem Buch, das die Bildungsideale der höfischen Gesellschaft der Renaissance bis weit ins 18. Jhdt. nachhaltig beeinflusste, eindrücklich formulierte. Dort heißt es nämlich, dass das Zeichnen eine Fertigkeit sei „aus der man, außer daß sie an sich sehr vornehm und würdig ist, großen Nutzen ziehen kann, zumal im Kriege, um Orte, Landschaften, Flüsse, Brücken, Burgen, Festungen und ähnliche Dinge zu zeichnen, die man einem anderen nicht zeigen kann“12. Aus diesem Grunde wurde das Zeichnen als besondere Kulturtechnik mit militärischem Nutzen allgemein in den Kanon der Fürstenerziehung aufgenommen. Am Kasseler Hof dürfte Landgraf Moritz schon früh mit Landvermessern und Kartographen in Kontakt gekommen sein. Bereits 1587 war Arnold Mercator (1537-1587), der Sohn des großen Gerhard Mercator für Landgraf Wilhelm IV. mit Vermessungsarbeiten für Landtafeln beschäftigt gewesen – eine Begegnung mit dem damals fünfzehnjährigen jungen Fürsten scheint deshalb sehr wahrscheinlich, auch wenn sie sich archivalisch nicht belegen lässt. Noch nachhaltiger könnte aber der Kontakt zu dem außerordentlich begabten Zeichner und Kartograph Wilhelm Dilich gewesen sein, der ebenfalls schon unter Landgraf Wilhelm IV. am Kasseler Hof tätig war und in seinen „Landtafeln“ ab 1607 außergewöhnlich präzise Abbilder des hessischen Territoriums fertigte. 1603 spricht der hessische Fürst in einem Brief an seinen Vetter, den Landgrafen Ludwig von Hessen-Darmstadt davon, dass dieser ihm „Abrisse“ und Grundrisse für eine „BIBLIOTHECAM ARCHITECTONICAM“ zusenden möge13 – ein erstes Indiz dafür, dass sein Interesse an Architektur und ihrer Darstellung geweckt war, - möglicherweise ausgelöst durch seine Reise nach

10 vgl. Schweikhart 1985, S. 18 11 vgl. Kümmel 1996, S. 15 12 Baldassare Castiglione: Das Buch vom Hofmann, übersetzt und erläutert von Fritz Baumgart, München 1986, S. 89 13 in: HStAM Best. 4a 40/13

18 Frankreich im Jahre 1602, die ihn zu vielen Sehenswürdigkeiten u.a. zu den Schlössern Blois, Chambord, Fontainebleau und St. Germain geführt hatte, wie das von Caspar Widmarckter niedergeschriebene Reisetagebuch belegt.14 Andere Reisen führten ihn im Laufe der Jahre zu bedeutenden Bauten der Renaissance, nach Torgau, Heidelberg, Stuttgart, Dresden, Güstrow – um nur einige Ort zu nennen. Ähnlich wie bei seinem Verwandten Pfalzgraf Johann Casimir von Zweibrücken15 kann man deshalb davon ausgehen, dass ihm die zeitgenössische Architektur aus eigener Kenntnis sehr vertraut war. In seiner persönlichen Bibliothek, die nach seinem Tode in Schloss Eschwege inventarisiert wurde, befanden sich im übrigen Ausgaben der Architekturbücher von Vitruv und Alberti, - vermutlich nur ein Bruchteil der diesbezüglichen Publikationen, die einst in der landgräflichen Bibliothek vorhanden waren.

Themen

In den Zeichnungen des Landgrafen Moritz finden sich nicht nur Schlösser, Burgen, und Herren- häuser aus dem feudalen Umfeld, sondern durchaus auch Stadthäuser, Gutshöfe, Mühlen und andere Wirtschaftsgebäude. Neben mehr oder minder getreuen Bestandsaufnahmen damals exis- tierender Gebäude stehen Entwürfe für Umbauten und Neubauten, Dokumente der ausgeprägten zeichnerischen und planerischen Tätigkeit des hessischen Fürsten, die über gelegentliche Skizzen, wie sie auch von anderen Fürsten überliefert sind,16 weit hinausgeht. Im Zentrum stehen natürlich die landgräflichen Residenzen, deren Umbau und Erweiterung er akribisch plante. Für die Residenz in Kassel konzipierte er mehrfach einen Anbau. Nach der Ab- dankung 1627 war das Landgrafenschloss in Melsungen ein bevorzugtes Objekt des Landgrafen Moritz, der in seinen Zeichnungen diverse Umgestaltungsideen thematisierte (Abb. 7) .

Abb. 7 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten

In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich zudem intensiv mit dem Schloss in Eschwege, seinem letzten Wohnsitz. Seine Zeichnungen visualisieren in diesen Fällen Erweiterungsbauten, die sich an den vorhandenen Bestand anpassen, ihn in bescheidenem Umfang repräsentativ

14 4° Ms. Hass. 66 [1, vgl. Rommel 1839 15 vgl. Châtelet-Lange 2000 16 vgl. z.B. die Zeichnungen des Pfalzgrafen Johann Casimir, siehe Châtelet-Lange a.a.O.

19 modernisieren und erweitern. Einen weitaus größeren Erfindungsreichtum zeigen die Entwürfe für das nahe bei Kassel gelegene Jagdschloss Waldau und das Lustschloss Fahre an der Fulda. Vor allem letzteres inspirierte ihn zu einer Vielzahl von Entwurfsvarianten, die verschiedene Ideen für ein schlichtes Lusthaus innerhalb ausgedehnter Gartenanlagen thematisieren. Weitere Idealentwürfe belegen seine Vertrautheit mit zeitgenössischen Architekturpublikationen. Für das säkularisierte Kloster Breitenau plante er bereits seit 1606 eine neue Nutzung. Nachdem es ihm nicht gelungen war, hier eine neue Stadt anzusiedeln, verfolgte er über viele Jahre den Plan, einen fürstlichen Wohnsitz in den alten Klostergebäuden bzw. im Vogteihaus herzurichten, von dessen zumindest teilweiser Umsetzung die erhaltenen Bauanweisungen zeugen (Abb. 8) In gleicher Weise verfuhr auch mit anderen Klöstern, etwa mit der ehem. Kartause Eppenberg, die heute nur noch in Rudimenten erhalten ist, während für den noch in situ zu besichtigenden Umbau des Klosters Heydau (Altmorschen) leider keine eigenhändigen Zeichnungen erhalten sind17. Ähnliche Pläne hegte er auch für das Kloster Germerode, das ab 1627 zur Rotenburger Quart gehörte, dem Viertel der Landgrafschaft, das zur Versorgung der Nachkommen aus der zweiten Ehe abgetrennt wurde.

Abb.8 Ehem. Kloster Breitenau, 2° Ms. Hass. 107 [58] recto

Mehrere Zeichnungen des Bestandes geben Besitzungen der zweiten Ehefrau des Landgrafen, Juliane von Nassau (Nassauer Hof in Kassel, Cornberg, Freienhagen, Rückerode, Rohna) wieder, deren Ausbau und Befestigung ihm in den unruhigen Zeiten nach der Abdankung am Herzen lag. Die dargestellten Gutshöfe gehören zum einen zum landgräflichen Besitz (Mittelhof), zum anderen werden aber auch private Besitzungen (Abterode, Hasselbach, Vogelsburg) dargestellt, deren Lage und Aussehen ihn aus persönlichen Gründen interessierte. Einige der erhaltenen Zeichnungen visualisieren darüber hinaus auch Höfe und Häuser in städtischem Zusammenhang, nicht nur in Melsungen und Eschwege, sondern auch in Frankfurt und Speyer. Von Interesse waren für den Landgrafen nicht zuletzt aber auch technische Gebäude, wie die Zeichnungen für die Eisenschneidmühle Schmidtfahrt a.d. Pfieffe belegen, deren effizienter Betrieb ihm sehr am Herzen lag.

17 vgl. Rohrmüller 2002

20 Technik

Landgraf Moritz benutzte in der Regel für seine „Abrisse“ die Feder, deren Strich nicht korrigierbar war und ein sehr konzentriertes Vorgehen erforderte. Graphitstifte wurden damals noch sehr selten und hauptsächlich von ausgebildeten Künstlern verwendet. Einstichpunkte und geritzte Blindlinien legen nahe, dass er zumindest gelegentlich einen Zirkel und ein Lineal zur Hilfe nahm. Beim Ver- messen vor Ort konnten er bzw. sein Personal vermutlich auf Maßketten zurückgreifen. Zur Ver- fügung standen ihm natürlich auch die Vermessungsinstrumente, die schon sein Vater angeschafft hatte (u.a. das berühmte „Triangularinstrument“), deren Benutzung sich aber nicht nachweisen lässt. Diese Art der Zeichnung mit Feder und Tinte auf losen Papierblättern setzt aber zumindest ein Pult oder einen Tisch voraus, d.h. die wenigsten Blätter können tatsächlich vor Ort „im Augen- schein“ entstanden sein. In sehr vielen Fällen wird es sich daher eher um „Rekapitulationen“ handeln, was viele der Ungereimtheiten und Fehler erklären könnte, die immer wieder fest- zustellen sind. Ein wesentliches Kennzeichen seiner zeichnerischen Arbeiten ist es, dass er ausgesprochen sparsam mit dem Papier umging - das durchaus nicht nur aus einheimischen Papiermühlen stammte, sondern auch auf der Messe in Frankfurt eingekauft wurde - ob es sich nun um große Blätter oder nur winzige Notizzettel handelte. Oft sind die Blätter vorder- und rückseitig mit mehreren Zeichnungen gefüllt, manchmal überschneiden sie sich oder es wurden nicht mehr benötigte Schriftstücke wieder verwendet ( Abb. 9).

Abb.9 2° Ms. Hass. 107 [238] (Auschnitt)

Ungewöhnlich ist vor allem aber die bevorzugte, sehr spezielle Art der Darstellung: neben Grund- und einigen wenigen Aufrissen benutzte er überwiegend eine (zumeist axonometrische) Vogel- perspektive von einem mittleren Augenpunkt aus, die ähnlich der „Kavalierperspektive“ den Ein- druck erweckt, der Zeichner befinde sich auf einer Anhöhe. Diese „abgehobene“ Sicht bietet die Möglichkeit, Gebäudezusammenhänge und topographische Situationen anschaulich in ihrer räum- lichen Ausdehnung darzustellen und sie im topographischen Kontext zu präsentieren, erforderte aber gleichzeitig vom Zeichner eine besondere Vorstellungskraft und Abstraktionsvermögen (vgl. Abb. 10, Riedeselsche Vogtei in Melsungen). Damit heben sich diese Darstellungen deutlich von der klassischen Architektenzeichnung wie auch von den damals zunehmend an Bedeutung ge- winnenden Topographien und Kartenwerken ab.

21 Abb. 10 2° Ms. Hass. 107 [245] recto

Vergleichbare Ansichten mit sehr hoch gelegener oder gänzlich fehlender Horizontlinie sind eher selten zu finden, u.a. auch bei dem bereits erwähnten Kartographen Arnold Mercator, der bei den Zeichnungen aus dem Lagerbuch der Liegenschaften des Duisburger Gasthauses von 157118 eine ähnliche Perspektive wählt, was darauf schließen lässt, dass solche Vogelschaudarstellungen zur Wiedergabe begrenzter räumlicher Situationen im Einzelfall bei besonderen Fragestellungen benutzt wurden. Wie es für die kartographischen Pläne der Zeit gebräuchlich ist, verknüpft auch Landgraf Moritz häufig in seinen Darstellungen Bild und Text, indem er ausführliche Beschriftungen und Maßangaben beifügt, die ein Höchstmaß an Information vermitteln.

Abb. 11 2° Ms. Hass. 107 [190] verso, rechts (Ausschnitt)

18 Katalog Bonn 2011, Kat.Nr. 271

22 Besonders eigen erscheint allerdings die von Landgraf Moritz in mehreren Fällen gewählte Kombination mit Horizontalschnitten oder Grundrissen, die im Einzelfall zusätzliche informative Einblicke in die innere Struktur der Gebäude gewähren (vgl. Abb. 11, Burg Greifenstein). Horizontalschnitte zur Darstellung von Architektur wurden zur damaligen Zeit auch von pro- fessionellen Zeichnern noch außerordentlich selten verwendet. Als eines der wenigen Beispiele kann man hier die Darstellungen aus Jacques Perrets Buch „De Fortifications et artifices. Architecture et Perspective“ (erschienen 1602 auf deutsch) nennen, das neben isometrischen Schrägaufsichten und Grundrissen auch präzise Horizontalschnitte präsentiert. Möglicherweise ist diese spezielle Darstellungsweise in den Zeichnungen des hessischen Fürsten aber auch beeinflusst durch den Umgang mit hölzernen - häufig auch aufklappbaren – Architekturmodellen,19 die damals weitaus gebräuchlicher waren, als der heutige Bestand vermuten lässt. Modelle und Modellsammlungen der Renaissance in Deutschland sind nur selten erhalten, lassen sich aber in vielen Fällen archivalisch nachweisen. Die Baumeister der Renaissance, die häufig gleichzeitig Schreiner waren, hatten neben „Abrissen“ oft auch Modelle der geplanten Architektur zur Begutachtung zu liefern. Die leider nicht mehr erhaltene Modellsammlung der Kasseler Landgrafen war nachweislich so umfangreich, dass zu Beginn des 18. Jahrhunderts sogar ein eigenes Modellhaus zur Aufbewahrung der dreidimensionalen Objekte errichtet wurde.20

Funktion

Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz besitzen einen ganz besonderen Charakter, da sie vielfältige Funktionen zu erfüllen hatten. Die Zeichnungen dienten primär als ganz besondere Art von Notizen, in denen Architektur erfasst und vermessen wurde, gleich ob es sich nun um eigene Besitzungen oder auf Reisen besuchte Bauten handelte. Dabei bewegte den Fürst ein ausgeprägtes intellektuelles Interesse, ein Streben nach Erkenntnisgewinn, das auch bei seinen Aktivitäten auf anderen Interessensgebieten (Musik, Theater, Alchemie) spürbar ist - Zudem schuf er sich so von eigener Hand tatsächlich eine „Biblioteca architectonica“, auf die er nach Bedarf zurückgreifen konnte. Anhand dieser Blätter war es ihm aber auch möglich, seine Ideen - Bauanweisungen ebenso wie Visionen - auf besonders anschauliche Weise zu kommunizieren, nicht nur mit dem Baupersonal, sondern auch mit seinen Briefpartnern, befreundeten Fürsten oder Verwandten.21 Nach der Abdankung schließlich konnte der Fürst in seinen Zeichnungen idealen Visionen von Schlossbauten Raum geben, - oft auf konkreten Anlässen fußende Phantasien („paper villas“)22, die seinem frühabsolutistischen fürstlichen Selbstverständnis entsprachen, aber realiter keine Aussicht auf Verwirklichung hatten (z.B. die Entwürf für Fahre und Moritzwerder). Landgraf Moritz war als Zeichner ohne Zweifel ein autodidaktischer Dilettant, ein „amateur“, der mit großer Sachkenntnis und intensiver Wissbegierde, die auch vor Details nicht halt machte, vorging. Er begriff sich nicht als dokumentierender Chronist, sondern visualisierte in seinen Darstellungen sein ganz persönliches Interesse an den architektonischen Objekten. In dieser Art spiegeln die Zeichnungen seine von wissenschaftlichem Erkenntnisdrang geprägte Persönlichkeit, „generally knowing in all things & excellent in many“, wie Edward Monings 1596 in England berichtete.23 In ihrer spezifischen Eigenart und der ihnen innewohnenden Ambivalenz von Funktion und Ästhetik sind sie einzigartige Dokumente aus einer Zeit, in der bildliche Darstellungen der Umwelt noch sehr rar und kostbar waren und das Zeichnen als eine nur wenigen Personen zugängliche Kulturtechnik zur Verbildlichung von Sachverhalten einen besonderen Wert besaß.

19 vgl. Hoppe 2006 20 vgl. Bergmeyer 1999, S. 263-273 21 siehe den im Bestand der Korrespondenz mit seiner Schwester Christine, Herzogin von Sachsen Eisenach, HStAM Best. 4a 40/15, befindlichen Brief aus dem Jahr 1630, in dem er einen „Abriss“ eines Entwurfs für das Schloss in Eisenach avisiert, dessen Erhalt die Schwester höflich quittiert. 22 Begriff geprägt von Hoppe 2006 23 zitiert nach Hanschke 1997 S. 271

23 Die anderen Zeichner

Wilhelm Dilich (1571/72 – 1650)

Schon zu Zeiten Landgraf Wilhelms IV. war am Kasseler Hof der Kartograph und Kupferstecher, Architekt/Ingenieur und Historiograph Wilhelm Dilich tätig. Geboren als Wilhelm Scheffer 1571/72 in Wabern, studierte er von 1589 an in Wittenberg und ab 1591 in Marburg, wo er 1591 das Manu- skript der „Synopsis descriptionis totius Hassiae…“ mit Federzeichnungen hessischer Landstriche anfertigte. Daraufhin nahm ihn 1592 der junge Landgraf Moritz als „Abreisser“ (Zeichner) in seine Dienste. Seine Aufgabe am Kasseler Hof bestand zunächst in der Darstellung von illustrierten Chroniken und höfischen Festen.24 1605 entstand die „Hessische Chronica“ eine topographische Beschreibung Hessens, eine Publikation, die bis 1617 mehrere Auflagen erlebte. 1607 begann Dilich mit der – letztendlich unvollendet gebliebenen - Arbeit an den berühmten „Hessischen Land- tafeln“, die in ihrer topographisch genauen Schilderung hessischer Landschaften und rheinischer Burgen eine außerordentliche Meisterleistung darstellen, wobei Landgraf Moritz persönlich das Programm entworfen hatte.25 Der überwiegende Teil dieser kolorierten Zeichnungen befindet sich ebenfalls in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel.26 Überraschenderweise liegt die 1609 angefertigte, unvollendete Vorzeichnung zu einer Landtafel von Auburg jedoch im Bestand der Handzeichnungen des Landgrafen Moritz (Abb. 5). Dilichs sehr sorgfältiges und langwieriges Arbeiten zog ihm immer wieder den Unmut des hessischen Fürsten zu, da er nach dessen Meinung zu viel Zeit und Geld auf diese Arbeit verschwendete. Nach tiefgreifenden Differenzen beendeten seine Einkerkerung 1622 und die Flucht nach Dresden 1625 seine Tätigkeit für den hessischen Landgrafen. Von da an war er als bestallter Kriegsingenieur, Kartograph, Architekt und Zeichner für den sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. tätig. 1627 bereiste er Kursachsen, um für die Dekoration des Riesensaals im Dresdener Schloss 17 Stadtansichten anzufertigen. Ab 1632 leitete er die Erweiterung der Dresdener Festungsanlagen. Bis zu seinem Tod 1650 lebte er in Dresden. Neben der erwähnten Vorzeichnung für die Landtafel von Auburg befinden sich im vorliegenden Bestand ein weiterer, mutmaßlich Dilich zuzuschreibender fragmentierter Entwurf für eine Amts- karte von Kassel und Umgebung, sowie zwei beschriftete Zeichnungen des Kasseler Landgrafen- schlosses, die eng mit den Darstellungen der „Hessischen Chronica“ zusammenhängen (Abb.12).

Abb.12 Wilhelm Dilich, Landgrafenschloss, 2° Ms. Hass. 107 [198]

24z.B. der Ritterspiele zur Taufe der Prinzessin Elisabeth 1596, vgl. Nieder 2002 25 vgl. Dilich 2011 26 2° Ms. Hass. 679

24 Adam Müller (ca. 1550 – vor 1627)

Adam Müller gehörte zu einer Kasseler Familie, die unter Landgraf Wilhelm IV. und Landgraf Moritz mehrere Baumeister zu ihren Mitgliedern zählte. Sein Vater war der Hofmaler Michael Müller während sein älterer Bruder Christoph Müller zunächst als Hofschreiner und später als Baumeister am Kasseler Hof tätig war.27 Dessen Sohn wiederum war der mit einem Plan des Badehauses in Bad Ems ebenfalls im Bestand vertretene Hans Müller. Der wahrscheinlich noch vor 1550 geborene und zwischen 1622 und 1627 verstorbene Adam Müller ist nicht identisch mit dem gleichnamigen späteren Vogt von Heydau, der auch als Vermesser tätig war und als Sohn des Hofschreiners (?) Hieronymus Müller gilt, der vermutlich ebenfalls dieser handwerklich-künstlerisch begabten Familie entstammte.28 Erstmalig 1581 als Salzschreiber zu Kassel aktenkundig29 erhielt Adam Müller 1593 die Bestallung als Salzschreiber in Allendorf.30 1596 verlieh ihm Landgraf Moritz aufgrund seiner langjährigen (32 Jahre!) Verdienste ein Grundstück in Erbpacht31. 1605 wird er als Eigentümer eines Hauses an der Schlagd in Kassel genannt,32 das auch im Plan 2° Ms. Hass. 107 (57) recto verzeichnet ist. Zu dieser Zeit fungierte er in den Akten bereits als Baumeister: nachdem er noch 1602 Berichte als „Salzschreiber“ unterzeichnet hatte,33 wurde er 1603 in einer Bauanweisung zur Aue erstmalig als „bawmeister bawschreiber und Landmesser“ 34 bezeichnet und signierte fortan als Baumeister.

Abb. 13 Adam Müller, Brunnen für Breitenau, 2° Ms. Hass. 107 [60]

Neben der durch die signierten Zeichnungen belegten Beteiligung an den Bauarbeiten im ehem. Kloster Breitenau 1607-1611 (Abb. 13, Brunnenentwurf) erscheint er nicht nur in den Kasseler

27 Papritz 1964/65, S. 178 28 Papritz a.a.O 29 HStAM Best. 40d Rubr. 4 Nr. 130 30 HStAM Best. 40a Rubr. 0490 31 HStAM Best. 17e Kassel 42 32 Holtmeyer 1923, S. 746 33 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 168 34 Schriftstück vom 25.7.1603, in: HStAM Best. 53e Paket 60

25 Bauakten (u.a Ahnaberger Kloster, 1608), sondern zudem ab 1605 auch bei den Bauten in Heydau, Rotenburg und . 1609 berichtete er von der Kartause Eppenberg, 1610 von Schloss Weißenstein.35 Im gleichen Jahr wurde er wegen einer Konsultation in Bausachen nach Sondershausen zu Graf Anton Heinrich von Schwarzburg geschickt36. In der Korrespondenz zur Errichtung der „Neue Müntz unter der Kanzlei“ im Kasseler Renthof erscheint er namentlich 1611 erwähnt,37 1612 unterzeichnete er Bauabrechnungen in Waldau.38 Seine Aufgaben umfassten offenbar einen großen Teil des höfischen Bauwesens. Die häufig in den Dokumenten vorzufindenden gemeinsamen Unterschriften mit Hans Heinrich Siegerodt und Dr. Hermann Wolff verweisen darauf, dass er zumindest zwischen 1603 und 1612 eine verantwortliche Position in der landgräflichen Bauverwaltung innehatte. Vermutlich wurde er um 1615 von Johann Wiedekindt abgelöst, der nach Rommel39 1619 die Baustube anführte. Sein genaues Todesdatum ist unbekannt. Am 5. Januar 1622 taucht sein Name in einer Aktennotiz zu auf, wo er eine Taxation vornehmen sollte.40 Im Plan des Nassauer Hofes und seiner Umgebung von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [207]) ist sein Haus mit der Beischrift "Adam Müller s. / witwe" versehen. Er dürfte demnach also zwischen Januar 1622 und 1627 verstorben sein. Die erhaltenen Zeichnungen und Dokumente zeigen ihn als vielgefragten Praktiker, der wie viele seiner Kollegen seine Karriere am Kasseler Hof als Schreiber und Landvermesser begann.

35 HStAM Best. 53e Pak. 61 36 HStAM Best. 4f Schwarzburg 51 37 s. Anm. 33 38 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 168 39 Rommel 1837, S. 413 40 HStAM Best. 22a 11 Kaufungen Pak. 7

26 Hans Müller (ca. 1560 – vor 1610)

Hans Müller gehörte zu einer Kasseler Familie, deren Mitglieder mit ihrer künstlerisch- handwerklichen Begabung über einen längeren Zeitraum für die Landgrafen Wilhelm IV. und Moritz tätig waren. Geboren wurde er vermutlich um 1560 als Sohn von Christoph Müller, der zunächst als Hof- schreiner, ab 1579 als Baumeister am Kasseler Hof beschäftigt war. Dessen Bruder war der eben- falls in gleicher Funktion tätige Adam Müller. Während dieser aber vor allem an Bauten in der Region (Waldau, Breitenau, Heydau) beteiligt war, scheint sein Neffe eher mit Bauprojekten in der Residenz beschäftigt gewesen zu sein. In den Akten erscheint Hans Müller erstmalig im Zusammenhang mit dem Neubau des Hessischen Badehauses in Ems, für den er 1580 den im Bestand vorhandenen Entwurf lieferte (Abb. 14 + 131). Beteiligt an den Bauarbeiten in Ems waren aber auch sein Vater Christoph Müller und Hans Wetzel.41Weitere Zeichnungen von seiner Hand beschäftigten sich mit der Kanzlei im Renthof (1580)42 und dem Neuen Tor (1583)43 in Kassel. Wiederum zusammen mit seinem Vater soll er auch an der Ausgestaltung der Wilhelmsburg in Schmalkalden beteiligt gewesen sein.44 1591 wird er als „Baumeister“ auf die Sababurg zur Überprüfung von Bauarbeiten gesandt45. Gemeinsam mit Hieronymus Müller, über dessen genaue verwandtschaftliche Beziehung (evtl. sein Bruder) bislang nichts bekannt ist, arbeitete er an der Errichtung des Marstalls 1591-93, für den er ebenfalls Zeichnungen lieferte46. 1593 wurde er kurzfristig zu Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg gesandt, um Gebäude zu begutachten.47 1598 wird er noch einmal wegen einer Schlägerei in Eisenach erwähnt48 - danach verliert sich seine Spur im Archiv. Nach Holtmeyer war er noch 1605 Eigentümer eines Wohnhauses in Kassel, das 1610 bereits Christof Jobst gehörte,49 weshalb er in diesem Zeitraum verstorben sein dürfte. Aufgrund seiner offensichtlichen zeichnerischen Begabung waren vor allem seine „Abrisse“ be- gehrt, während die anderen Mitglieder der Familie anscheinend eher für die praktischen Belange des Bauens zuständig waren.

Abb.14 Hans Müller, Badehaus in Ems (Detail), 2° Ms. Hass. 107 [96]

41 vgl. die Akten in: HStAW Abt. 171 Nr. E 549, HStAM Best. 4a 25/28 42 HStAM Karte P II 4303 43 HStAM Karte P II 3605 44 Müller 2004, S. 125 45 HStAM Best. 53e Pak. 61 46 vgl. die Akten in: HStAM Best. 53e Pak. 61 47 Brief von Landgraf Moritz vom 30.09.1593, in: HStAM Best. 4f Pfalz 916, 1124 48 HStAM Best. 4f Sachsen-Eisenach 48 49 Holtmeyer 1910, S. 659

27 Johann Wi(e)dekindt (ca. 1570 – 1628/1629)

Der aufgrund fehlender Nachweise nur schwer fassbare Baumeister wird 1593 mit seiner Bestallungsurkunde als Wallmeister in Kassel erstmalig erwähnt50. Seit 1610 soll er als Baumeister tätig gewesen sein,51 in dieses Jahr war auch eine Steinkartusche in der Kasseler Martinskirche datiert.52 Ab 1612/1613 leitete er vermutlich die Bauarbeiten im ehem. Kloster Breitenau. 1615 wird er im Zusammenhang mit der Mühle in Trendelburg erwähnt53, im gleichen Jahr war er vermutlich auch in Waldau tätig. 1619 leitete laut Rommel „Hans Widekind“ die landgräfliche Baustube54, als Vizebaumeister wird hier Georg Widekind genannt (sein Bruder), der auch als Baumeister in Ziegenhain und Marburg in den Akten erscheint. Bei den Befestigungsarbeiten in Marburg war er 1620 ebenso beteiligt wie Wilhelm Dilich und Benjamin Bramer.55 1622 erstellte er zusammen mit seinem Bruder Georg eine „Taxation“ in Kaufungen.56 Von einer Einfriedung für Schloss Weißenstein bei Kassel berichtete „Jwiedekindt“ am 26.10.1625.57 Vermutlich zeichnete er auch den kürzlich identifizierten, diesbezüglichen Plan.58 Bei dem großen „Abriß des Hauses Hohenenglis“ aus dem Jahre 162659 handelt es sich um die einzige von ihm eindeutig signierte und datierte Zeichnung. Noch 1627 ist er in einem Grundriss des Ahnaberger Klosters fassbar60 (Abb. 14), soll aber vor März 1629 verstorben sein.61 Während in den wenigen, ihm zugeschriebenen Zeichnungen ein um feinlinige Präzision bemühter Zeichner deutlich wird, der möglicherweise bei Wilhelm Dilich gelernt hat, lässt sich über seine Fähigkeiten als Baumeister aufgrund fehlender Dokumente bislang nichts Genaues sagen.

Abb.14 Johann Wiedekindt, Ahnaberger Kloster, 2° Ms. Hass. 107 [25]

50 HStAM Best. 40a 04138 51 Papritz 1964/65, S. 178 52 Holtmeyer 1923, S. 176 53 HStAM Best. 53e Paket 61 54 Rommel 1837, S. 413 55 Brohl 2009, S. 53, HStAM Best. 4h 51/3 56 HStAM Best. 22a 11 Kaufungen Pak. 7 57 HStAM Best. 17e Weißenstein 3 58 HStAM Karten P II 4342 59 HStAM Karten P II 11425 60 Stengel 1927, Anm. 177 61 Papritz 1964/65, S. 179

28 Katalog

29 Orte in Hessen

Abterode

„Bermanns“ Hof, 1631 2° Ms. Hass. 107 [20] (Abb. 16) Bei dem neun Kilometer von Eschwege entfernt gelegenen Ort Abterode handelt es sich um eine ehemalige Bergarbeitersiedlung. Der Ursprung des Ortes geht wahrscheinlich auf den Abt Ruthard von Fulda zurück, der um 1076 im Meißnervorland eine Abtei "Abbetesrode" gründete. Um diese Kirche herum entwickelte sich im Laufe der Zeit eine ringförmige Ansiedlung. Von wirtschaftlicher Bedeutung für die Bewohner Abterodes war seit alters her der Kupferschiefer- und später der Schwerspatbergbau im Bilsteiner Revier.62 Landgraf Moritz datierte seine Zeichnung von „Bermanns Hof“ auf den 20. März 1631. In der Vogelschau zeigt er einen rechtwinkligen Fachwerkhof am Schnittpunkt der Straße nach der „Beilsteiner Hütte“ (Bergwerk) und Allendorf sowie derjenigen nach Eschwege. Die mutmaßliche Bestandsaufnahme entstand wahrscheinlich im Laufe einer kleinen Rundreise im Amt Eschwege, die ihn nach Ausweis anderer datierter Zeichnungen von Schloß Eschwege am 15. März zum Hof Vogelsburg (2° Ms. Hass. 107 [322], Abb. 126), danach über Germerode am 19. März (2° Ms. Hass. 107 [178], Abb. 64) nach Abterode und am 24. März nach Grebendorf (2° Ms. Hass. 107 [187], Abb. 67) führte.

Abb.16 2° Ms. Hass. 107 [20]

62 vgl. Denkmaltopographie 1991, S. 244ff.

30 Allendorf

Noch vor 1218 gründeten die Landgrafen von Thüringen die Stadt Allendorf am rechten Werraufer. Bei den ertragreichen Salinen am gegenüber liegenden Flussufer lag die alte Siedlung „in den Soden“, 1264 kamen beide Orte endgültig an Hessen. Das Waldistor im Nordwesten und das Steintor im Südosten bildeten den Zugang zu der be- festigten Stadt, während das Brückentor den Übergang nach Sooden sicherte. Bereits 1386 wurde die steinerne Werrabrücke erwähnt. 1637 äscherten die kaiserlichen Truppen die Stadt im Dreißig- jährigen Krieg weitgehend ein. Die doppelte Stadtmauer ist in weiten Teilen bis heute erhalten.63 Die Zeichnungen des Landgrafen beschäftigen sich vor allem mit Entwürfen für eine umfangreiche Schlossanlage. Einige Darstellungen zeigen zudem den landgräflichen Amtshof, dessen Er- weiterung der Fürst plante. Mit den konzipierten Änderungen verknüpfen sich auf diesen Blättern historisch interessante Bestandsaufnahmen der alten Stadt. a. Schlossentwürfe

Die Entwürfe des Landgrafen Moritz präsentieren ein fürstliches Schloss an unterschiedlichen Orten in der Stadt. Einige zeigen eine geschlossene Anlage an der Nikolaikirche, deren Ruine noch bis 1823 stand.64 Eine weitere Variante platziert einen repräsentativen Bau vor der Stadt am Waldistor. In der dritten Version liegt das Schloss auf der Insel zwischen der Stadtbrücke und der Mittelbrücke direkt am Fluss.

Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Osten, 1627 2° Ms. Hass. 107 [112] recto, oben (Abb. 6) Die früher unter Eschwege eingeordneten Blätter mit Entwürfen zu einem an einer Kirche gelegenen Schlossbau65 konnten 1997 eindeutig in der Umgebung der Nikolaikirche in Allendorf verortet werden.66 Die "Invention wie auß dem / alten Rahthauß ein f. Hauß / mit Anhengung der obersten Kirche / zu verrichten were. M. H. L. / Anno 1627. den 5 Sept." zeigt das Areal neben dem "Eschwehisch[er] Burgsitz" direkt an der Stadtmauer von Osten im Kontext der umgebenden Bebauung. Die städtischen Bürgerhäuser sind mit ihrer Fachwerkgliederung summarisch wiedergegeben, während der zentrale Baukomplex an der Kirche detaillierter geschildert wird. Im rechten Winkel zu der durch die Kreuzblumen an den Giebeln, den Dachreiter und die Apsis als solche zu identi- fizierenden Kirche erstrecken sich auf beiden Seiten dreigeschossige Steinbauten mit Zwerch- giebeln bis zur Stadtmauer. Auf diese Weise entsteht ein großzügiger, auf drei Seiten bebauter Hof. Die erstmals im 14. Jhdt. erwähnte Nikolauskirche, vermutlich eine Tochterkirche von St. Crucis und häufig als „obere Kirche“ bezeichnet,67 wurde nach der Reformation vermutlich nicht mehr benutzt. Da sie bereits 1637 abbrannte, besitzen die Zeichnungen des Landgrafen Moritz besondere Aussagekraft. Das in der Beischrift erwähnte alte Rathaus ist im Stadtplan von 1745/46 nördlich der Nikolaikirche eingetragen. Es handelt sich um das ehemalige Haus des Hans von Bischoffshausen, das dieser im 15. Jahrhundert an die Stadt veräußerte, welche es als Rathaus nutzte bis der Neubau am Markt fertig war.68 Da das Gebäude 1627 nicht mehr benötigt wurde, konnte Landgraf Moritz das Areal in seine Planungen mit einbeziehen.

63 vgl. Reccius 1930 64 vgl. Nickel 1997 65 dazu gehören noch 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, oben + [110] + [111] 66 vgl. Nickel 1997 67 Reccius 1930, S. 29 68 Nickel 1997, Abb. 8, vgl. Reccius 1930, S. 22

31 Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Norden, 1627 2° Ms. Hass. 107 [112] recto, unten (Abb. 6) Die „andere invention“ des Landgrafen Moritz, zusammen mit der Ansicht von Osten auf der Rückseite eines Schriftstücks platziert, zeigt die Situation neben dem "Eschweher Burg / sitz." von Norden, wobei „die pfarkirche" im Vordergrund im Grundriss dargestellt wird und die Umgebungs- bebauung im Plan nur angedeutet ist. Ein regelmäßiger dreigeschossiger Steinbau mit Doppel- bahnenfenstern umschliesst hier den Hof hinter der Kirche auf allen drei Seiten, endend jeweils an der Nordwand der Kirche. Dekorative Schweifgiebel an den beiden Stirnseiten neben der Kirche geben der stadtseitigen Ansicht einen repräsentativen Charakter. Der Zugang zum Schlosshof erfolgt über ein halb verdecktes Portal neben der Apsis. Der Grundriss der Kirche dürfte weitgehend der damaligen Realität entsprechen, die Position des Turmes, der Umriss von Kirche und Apsis sowie die Anzahl der Fensteröffnungen entsprechen den Darstellungen in 2° Ms. Hass. 107 [111] und [28] recto, oben (Abb.18).

Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Westen 2° Ms. Hass. 107 [110] (Abb.17) Das Blatt präsentiert einen weiteren Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, gesehen von Westen, wobei auch hier die städtische Umgebung nur als Plan angedeutet ist. Bemerkenswert ist hier die überwiegend in italienischer Sprache verfasste Beschriftung. Der Eschweger Burgsitz im Hintergrund wird bezeichnet als: "Nobile palazzo / da quelli d'Esvegia", daher vermutlich die bis- herige irrtümliche Zuweisung an Eschwege. Neben der "chiesa", deren Westturm hier abweichend von den anderen Zeichnungen auf der Nordseite steht, befindet sich auf der Westseite die drei- geschossige „galeria“, die direkt an den durch geschweifte Stirngiebel und einen Mittelrisalit hervorgehobenen „palazo“ vor der Stadtmauer angrenzt. An der Ostseite schließt sich hieran ein „Stalla“ an, der über eine schlichte „porta“ wiederum mit dem „choro“ der Kirche verbunden wird. Es handelt sich also auch hier um eine vierseitig geschlossene Anlage, die die Kirche quasi als Flügelbau integriert. Die Nebenbauten sind dabei dem „palazo“ untergeordnet. Die rückseitige Nummer „30“ bezieht sich auf die „Designation“ (2° Ms. Hass. 107a), dort wird diese aber fälschlich Melsungen zugeordnet.

Abb. 17 2° Ms. Hass. 107 [110] (Ausschnitt)

32 Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Südwesten 2° Ms. Hass. 107 [111] Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [110] entwirft Landgraf Moritz auf diesem Blatt einen vierseitig geschlossenen Schlossbau, der die Nicolaikirche integriert. Drei gleichartige Flügelbauten, im Norden und Osten durch Mittelrisalite akzentuiert, bilden eine weitgehend regelmäßige Anlage um einen gepflasterten Innenhof. Auffällig ist hier der zum Kirchturm an der Südwestecke führende Treppenaufgang, der auch im Grundriss in 2° Ms. Hass. 107 [112] recto, unten (Abb. 6) ein- gezeichnet ist. Dieses Detail fußt möglicherweise auf der genauen Ortskenntnis des Landgrafen.

Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, oben (Abb. 18) Die querformatige Zeichnung, die von einem ausführlichen Erläuterungstext ergänzt wird, schildert, wie das „schloß bei die ober kirche in Allendorf / solte gebauet werden“. In Erweiterung der anderen Entwürfe wird hier nicht nur die Nikolaikirche, sondern auch der Burgsitz der Herren von Eschwege in die Planung einbezogen. Dadurch wird ein weiterer „Stallhof“ im Anschluß an das bereits in den anderen Zeichnungen konzipierte Schlossgeviert möglich, "und ein grosser / garten dahinder". Neben dem Marstall an der Stadtmauer soll dieser zweite Hof auch eine "Cantz ley" und ein "lusthaus" an der Stelle des Eschweger Burgsitzes enthalten. Die detaillierte Planung mit zahl- reichen Maßangaben in der leider teilweise verstümmelten Erläuterung dokumentiert die Kennt- nisse des Landgrafen, der hier mit großer Geste einen Plan entwirft, der vermutlich zu keiner Zeit ernsthaft zur Diskussion stand.

Abb. 18 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, oben

Entwurf für ein Schloss neben dem Heiliggeisthospital 2° Ms. Hass. 107 [112] verso, unten (Abb. 6) Auf der Rückseite der beiden 1627 datierten Entwürfe für eine Schloss an der Nikolaikirche befindet sich unter einem auf den 4.09.1627 datierten Schriftstück von anderer Hand eine Zeichnung, in der der Landgraf eine Schlossanlage vor den Toren der Stadt am Hospital konzipiert. Das dem Heiligen Geist gewidmete Hospital, das 1363 erstmalig erwähnt wurde, lag vor dem Waldis-Tor im Norden der Stadt.69

69 Reccius 1930, S. 34, Schütt 1998, S.5f.

33 Die beachtliche Anlage, bestehend aus den eingefriedeten Höfen von "Anticour", "Cour", und "Jardin" erstreckt sich zwischen dem Hospital links außerhalb des Bildes und der nordwestlichen Ecke der Stadt in der Mitte. Die rechts anschließende städtische Bebauung wird allerdings nur summarisch wiedergeben. Der quadratische, dreigeschossige Schlossbau mit Innenhof wird durch angelegte Eckpavillons und Zwerchgiebel repräsentativ ausgestattet. Davor erstreckt sich an der Werra "une vigne a plaisance", der bis zu der großen Mühle mit vier Rädern reicht, die noch im 18. Jahrhundert erwähnt wird.70 Die französische Beschriftung markiert in diesem Fall die fiktiven Elemente der Vogelschauansicht, die eine Idealvorstellung eines feudalen Schlosses mit der konkreten Situation vor den Toren der Stadt Allendorf verknüpft.

L. Lucanus, Brief an Landgraf Moritz aus Allendorf, 1627 2° Ms. Hass. 107 [112] verso, oben (Abb. 6) Der an den Fürsten gerichtete Brief ist unterzeichnet: „Actum Allendorf / den 4 Sept.: 1627. / Efg. undterth. gehohrsahmer / L. Lucanus“. Hierbei handelt es sich vermutlich um den Rat Dr. Laurentius Lucanus.71 Wie so oft, hat Landgraf Moritz auch hier ein ihm gerade zur Verfügung stehendes Schriftstück für seine Zeichnungen weiter verwendet. Die am linken oberen Blattrand auf dem Kopf stehenden handschriftlichen Notizen des Landgrafen mit Maßangaben konnten allerdings nicht unmittelbar mit den auf Vorder- und Rückseite hinzugefügten Darstellungen in Verbindung gebracht werden.

Entwurf für ein Schloss an der Werrabrücke 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, unten Die dritte Variante der Schlossentwürfe für Allendorf beschäftigt sich mit einer Anlage auf der Flussinsel zwischen der mittleren Brücke und der Stadtbrücke. Die querrechteckige Zeichnung, auf einem Blatt vereint mit einem Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, gibt eine Vogelschau werraabwärts, wobei links die Schlossanlage zwischen den beiden Brücken und rechts die Stadt mit dem Brückentor und der Stadtmauer angegeben ist. Das dreigeschossige Schloss im Vordergrund besitzt drei Zwerchgiebel auf der einen und zwei Türme auf der hofseitigen Langseite. Auf der anderen Seite des Hofes liegt der schlichte zweigeschossige „Marstall“. Querrechteckige Tortürme ("port-hauß") sichern die Zugänge zu den beiden Brücken. Neben dem Stadtturm am rechten Bildrand befindet sich direkt an der Mauer das landgräfliche „Ambtshaus“ mit dem "Ambtshof". Im Gegensatz zu den anderen Entwürfen des Landgrafen Moritz für am Fluß gelegene Schlösser (Fahre, Moritzwerder) ist diese Anlage nicht auf den Fluß ausgerichtet, präsentiert sich vielmehr als in sich geschlossener, funktionaler Herrensitz, der allerdings durch die Lage zwischen den Brücken besonders hervorgehoben wird.

Entwurf für ein Schloss an der Werrabrücke 2° Ms. Hass. 107 [26] recto (Abb. 19) Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, unten zeigt auch diese Vogelschau flussabwärts einen ausgedehnten Schlossentwurf auf dem Gelände zwischen "stad brücke" und "Mittel brücke". Das Schloss ist hier als geschlossene Vierflügelanlage mit einem kleinen Turm auf dem nördlichen Flügel konzipiert. Davor liegt ein großer Vorhof mit Marstall, dahinter der "lustgarten hinder dem / schlosse". Am rechten Ufer der Werra ist die Altstadt angedeutet mit dem hohen Brückentor, der anschließenden "stad gasse" sowie dem "Ambtshauß".

70 Schütt 1998, S. 6 71 vgl. Rommel 1837, S. 621

34 Entwurf für ein Schloss an der Werrabrücke 2° Ms. Hass. 107 [26] verso (Abb. 19) Wie auf der rückseitigen Darstellung ist auch hier eine Schlossanlage an der Werrabrücke dargestellt, im Mittelpunkt steht aber diesmal die Stadtbrücke, die über eine breite Rampe zunächst den „Anger“ quert, bevor das Tor zum "ledig platz zwischen / beyden brücken Item dem / Schlosse und Marstall" erreicht wird. Der Schlossbau ist am oberen Rand nur angedeutet, während der "stal hoff" als vierseitig geschlossene Anlage die Gestaltungsidee auf der Vorderseite des Blattes aufnimmt.

Abb. 19 2° Ms. Hass. 107 [26] recto u. verso b. Amtshof

In der Landesbeschreibung von Landgraf Hermann von 1641 heißt es zu Allendorf: „und hat es diesen ortes kein fürstl. Schloß sondern ein Ambthauß gehabt, welches alles aber in dem oftgedachten leidigen brandt im Jahr 1637. miteinander, daß hier nichts stehen blieben, eingeäschert worden“.72 Dieser Amtshof am Brückentor genügte offensichtlich nicht den An- sprüchen des Landgrafen Moritz, denn noch 1631 zeichnete er Entwürfe zum Ausbau der vor- handenen Gebäude.

Amtshof mit Entwurf für ein Herrenhaus 2° Ms. Hass. 107 [28] verso, oben rechts (Abb. 20) Auf demselben Blatt, das auf der Vorderseite einen Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche mit einem Entwurf für eine gleichartige Anlage an der Werrabrücke kombiniert, befinden sich rückseitig zwei Zeichnungen, die das Areal zwischen dem Amtshof und der St. Crucis Kirche zeigen. Die obere Darstellung gibt einen Einblick in den Hof am alten „ambtshauß" neben dem Brückentor, wobei die Bürgerhäuser im Vordergrund nur im Plan gegeben sind. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, unten begleitet eine Galerie die östliche Seite des Hofes, bezeichnet als „Neue Galerie zur verblendung der bürger hause“. Darin schließt links ein „Neuer herren baw" an, ein langgestreckter dreigeschossiger Bau mit zwei Zwerchgiebeln, offensichtlich ein Entwurf des Landgrafen. Der "Marstall uff 36 pferde" an der „Stadtmauer“ gehört vermutlich ebenso in den Zusammenhang dieses Ausbauprojektes.

72 vorhanden als Nachschrift in: 2° Ms. Hass. 636

35 Kirchgasse vor St. Crucis 2° Ms. Hass. 107 [28] verso, unten rechts (Abb. 20) Die zweite Zeichnung auf der Rückseite von 2° Ms. Hass. 107 [28] präsentiert in Fortsetzung der oberen Darstellung (Amtshof am rechten Rand angedeutet) die Bebauung vor dem „kirchhof“ von St. Crucis.73 Neben der Kirche befand sich offenbar die Schule mitsamt der "Rectors Wohnung" und dem "schul garten". Im Anschluss daran zeigt Landgraf Moritz an der „gasse“ einen stattlichen Hof mit großen Stallungen. Ob es sich hierbei um eine Bestandsaufnahme oder ein Entwurf handelt, ist aufgrund der spärlichen Quellenlage nicht mehr zu klären.

Abb. 20 2° Ms. Hass. 107 [28] verso, rechts

Amtshof, 1631 2° Ms. Hass. 107 [27] Die eigenhändige Beschriftung "Hof im Ambtshauß zu / Allendorf . 1631. / den 29. Augusti / wie derselbe zu erweitern und ferners zue bawen sein möch / te." markiert dieses kleine Blatt als die letzte datierte Zeichnung von der Hand des Landgrafen, der im Frühjahr des folgenden Jahres verstarb. Er war zu diesem Zeitpunkt schon so kränklich, dass er sich per Schiff nach Allendorf bringen lassen musste.74 Der rechteckige Hof ist hier von Süden gesehen. Linker Hand befindet sich die Stadtmauer, den hinteren Abschluss bildet das alte Amtshaus am Brückentor, während im Vordergrund - wie schon in 2° Ms. Hass. 107 [28] verso, oben rechts - ein zweigeschossiges Gebäude mit zentralem Turm an der Hofseite eine komfortable Ergänzung des Bestandes darstellt.

73 vgl. Schütt 1998, S. 11 74 siehe die Briefe v. 31. Aug./21. Sept. in: HStAM Best. 4a 40,17; vgl. Löwenstein 1989, S. 106

36 Breitenau

1113 wurde das Benediktinerkloster in der „breiten Aue“, im Mündungsgebiet der in die Fulda, von Graf Werner von Grüningen und seiner Gemahlin Gisela gestiftet. Bereits 1123, nach dem Tode der Stifter, wurde es an das Erzbistum Mainz übertragen.75 Nach der Auflösung des Klosters 1527 im Zuge der Reformation setzte Landgraf Philipp von Hessen einen Vogt zur Verwaltung ein. Unter Landgraf Wilhelm IV. wurde die Kirche 1579 in einen Fruchtspeicher und Pferdestall umgewandelt,76 wobei die Seitenschiffe abgebrochen wurden. Nachdem schon 1309 Landgraf Johann die Gründung einer Stadt an diesem Ort geplant hatte,77 beschloss Landgraf Moritz 1606 ebenfalls, auf dem Gebiet des ehemaligen Klosters eine "Colonia Hessorum" anzulegen - aufgrund mangelnden Interesses der zur Ansiedlung aufgeforderten Kölner Kaufleute wurde der Plan aber nicht weiter verfolgt.78 1607 begann der hessische Fürst stattdessen mit der Planung des Umbaus zu einer ländlichen Schlossanlage. Der mit insgesamt 47 Einzelzeichnungen sowie fünf teilweise mehrseitigen Schriftstücken vergleichsweise umfangreiche Bestand dokumentiert die intensive Beschäftigung des Landgrafen mit diversen Ausbauprojekten. Die Zeichnungen, von denen etwa ein Drittel nicht von seiner eigenen Hand stammen, visua- lisieren die geplanten Veränderungen, z.B. eine Umnutzung der Kirche und der ehemaligen Klausur, Neubauten eines Herrenhauses sowie von Ställen und Wirtschaftsgebäuden. Die Bau- arbeiten leitete zunächst Adam Müller79, der vermutlich später von Johann Wiedekindt abgelöst wurde. Von beiden Kasseler Baumeistern liegen Zeichnungen zu Breitenau vor. Nach dem Abbruch mehrerer Gebäude, der vor allem kleinere Nebenbauten und die alte Propstei betraf,80 wurden demnach die übrigen Anlagen zunächst in großen Teilen umfunktioniert und im Vogteibau westlich der Kirche Räume für den Landgrafen eingerichtet. Zudem wurden die beiden Tore, das westliche Eder bzw. Grifter Tor und das östliche Fulda bzw. Guxhagener Tor erneuert. Der mit den häufigen Besuchen des Landgrafen einhergehende erhöhte Bedarf an Wirtschafts- gebäuden hatte einen längeren diesbezüglichen Planungsprozess zur Folge. Vor allem die Anlage eines neuen Marstalls bereitete offensichtlich lange Zeit Kopfzerbrechen. 1608 verlangt Landgraf Moritz deswegen die Einrichtung weiterer Pferdeställe im Brauhaus, im Stall am Viehhaus und im Schafstall „damit wir jederzeit mit ein dreißig Pferden bis zur anrichtung eines neuen Mahrstalles untergebracht werden mögen“.81 Offensichtlich verging jedoch noch längere Zeit bis ein neuer Marstallbau errichtet wurde. 1609 wurden die beiden Brunnen erneuert und Ställe beidseits des Schweinestalls neben dem nunmehrigen Herrenhaus bis zum Eder Tor geplant und, wie Dilichs Aufnahme von 161582 belegt, auch errichtet. 1611/12 beschäftigen sich die Planungen intensiv mit diversen Varianten für den fürstlichen Pferdestall. Mehrere Zeichnungen zeigen Entwürfe für Ställe in den noch bestehenden Klausurflügeln, wobei auch schon die Idee eines abschließenden westlichen Flügelbaus auftaucht. 1613 wird neben dem Vorschlag eines größeren Gebäudes öst- lich anschließend an das Grifter Tor auch eine weitergehende Lösung mit einem Winkelhakenbau bis zur Zehntscheune diskutiert, wobei dafür Steine vom Abbruch der Klausur verwendet werden sollten. Noch 1615 ist allerdings laut Dilichs Darstellung keine Lösung gefunden. Seine Landtafel präsentiert den nördlichen Klausurflügel ohne Dach und keine neuen Bauten zwischen Grifter Tor und Zehntscheune. Die im gleichen Jahr datierte Zeichnung des Landgrafen zeigt allerdings einen vollständigen Klausurbereich neben der Kirche, was nahelegt, dass in diesem Punkt eine Ent- scheidung getroffen war. Weitere Darstellungen dokumentieren damit einhergehend Pläne für einen Ausbau des Herrenhauses, da nun die Vogtei in den neuen Klausurflügel verlegt werden

75 vgl. Unglaube 1995 76 Landau 1842, S. 81 77 Hootz 1952, S. 13/14 78 Landau 1842, S. 82 79 vgl. die „Instruction“ von 1607 2° Ms. Hass. 107 [78] 80 vgl. die betreffenden Akten in: HStAM Best. 17 e Breitenau 32 sowie Best. 53 e Pak. 61 81 „Memorial“, fol. 3, in: HStAM Best. 17e Breitenau 32 82 Landtafeln hessischer Ämter, 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8

37 konnte. Leider existieren keine dementsprechenden Akten aus dieser Zeit, allerdings zeigt der „Abriß des fstl: Haußes Breittenau ad 1622“ (2° Ms. Hass. 107 [41]) eine komplett geschlossene Klausur. In den alten Klausurflügeln wurden demnach die Stallungen untergebracht und in dem ergänzenden Neubau die Vogtei aus dem Herrenhaus ausgelagert. Ein Bericht über anberaumte Bauarbeiten aus dem Jahre 1627 belegt, dass sich Landgraf Moritz auch nach seiner Abdankung weiterhin noch in Breitenau aufhalten wollte. Da der Besitz aber nicht zur Rotenburger Quart gehörte, stand ihm dort auch keine Entscheidungsgewalt mehr zu. Bereits 1626 und noch verheerender 1640 sind teilweise erhebliche Zerstörungen am Kloster- bezirk überliefert, so dass man die tatsächlich vorgenommenen Veränderungen nicht mehr verifizieren kann. Die in der Graphischen Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel erhaltenen Zeichnungen83 lassen darauf schließen, dass um 1800 neben der heute noch existierenden ehem. Klosterkirche, der Zehntscheune und dem Grifter Tor noch einige Teile der Klausur sowie die Nikolaikirche und das Pfarrhaus vorhanden waren. Heute sind vor Ort neben der Klosterkirche nur noch die Zehntscheune und das Grifter Tor erhalten. An die neuzeitliche Geschichte des Komplexes als Arbeitsanstalt (ab 1874), Konzentrationslager (ab 1933) und Mädchenerziehungsheim (1952-1973) erinnert seit 1984 die Gedenkstätte Breitenau in einem der Nebengebäude.

Idealplan einer Stadtanlage auf dem Gebiet des ehem. Klosters, 1606 2° Ms. Hass. 107 [34] (Abb. 21) Auf diesem Blatt, verso beschriftet: "Ao 1606. Mense Augusto. / Abriß wie Breidenau in eine / rechte form einer Stadt / moge gebracht werden" präsentiert Landgraf Moritz die von ihm geplante Stadt als rechteckigen Bezirk mit streng regelmäßiger axialer Unterteilung, einzig die Klosterkirche mit ihrem charakteristischen Grundriss fügt sich nicht in das schematische Linienraster. Einige der rechteckigen Wohnblöcke, die zum Teil um Innenhöfe angeordnet zu sein scheinen, sind bereits parzelliert und mit Buchstaben bzw. alchemistischen Zeichen gekennzeichnet. Die Beischrift "A / diversorium publicum" in einem der Blocks bezeichnet eine öffentliche Herberge. In seiner Regelmäßigkeit und dem abstrakten Schematismus erinnert dieser Plan deutlich an zeit- genössische Idealstadtentwürfe, vor allem Heinrich Schickhardts Plan von Freudenstadt 1599.84

Abb. 21 2° Ms. Hass. 107 [34]

83 MHK, Graph. Sammlung, Marb. Dep. II, 163, GS 6039, Marb.Dep. II, 269, in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007. http://212.202.106.6:8080/dfg/museumkassel/home.jsp 84 Landesarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart, Inv.-Nr.: N 220 A 21 02

38 Idealplan einer Stadtanlage auf dem Gebiet des ehem. Klosters 2° Ms. Hass. 107 [35] Diese Stadtplan-Variante in Ovalform umfasst das ehem. Kloster mit der Zehntscheune und einem weiteren Gebäude - möglicherweise der in 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb.22) unter „E“ eingezeichnete Stall. Das deutlich sichtbare Netz von geritzten Hilfslinien gibt eine Vorstellung von der geplanten regelmäßigen Aufteilung der Siedlung, die der Idealform des Ovals eingeschrieben ist.

Unbekannter Zeichner, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb.22) Wie schon Hootz bemerkte,85 handelt es sich hier um einen genauen, maßstabsgerechten Plan eines Landvermessers (vermutlich Adam Müller) mit Rötelkorrekturen von der Hand des Landgrafen Moritz. Diese bezeichnen die niedergelegten Gebäude, sowie das Gelände für „Schaffgarten“, „garten“, „graßgarten“ und „Pfarhauß“. Die Verteilung der Bauten entspricht weitgehend Dilichs Landtafel von 161586, dort fehlen aber die Gebäude „A“, „B“, „G“, „H“, „K“, „L“, „M“ und „S“, die hier bereits ausgestrichen sind, während das Pfarrhaus (die alte Propstei) sowie der nördliche Klausurflügel bei Dilich ohne Dach als Ruinen gegeben sind. In Rötel sind zudem die geplante Wegführung und der Standort des Brunnens eingezeichnet, wie er auch in dem Plan von 1607 (2° Ms. Hass. 107 [64]) erscheint.

Abb.22 2° Ms. Hass. 107 [33]

Adam Müller(?), Nordwestlicher Vorhof mit „Herrenhaus“ und neuem Marstall, Lageplan, 1607 2° Ms. Hass. 107 [64] Der vermutlich von Adam Müller gezeichnete Lageplan konzentriert sich auf das „Herrenhaus“, das auch die Vogtei enthält, und den Marstall neben dem Grifter Tor. Er steht wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit der ausführlichen "Instruction, was unser Vogt zur Breijden / Aw, mitt zu thun und unsers Baumeisters / Adam Müller, noch diß Instehenden / Jars verfertigen soll Signatum am / 16 t[en] Junij Anno 1607“ (2° Ms. Hass. 107 [78]). Dementsprechend werden hier

85 Hootz 1952, S. 15 86 Landtafeln hessischer Ämter, 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8

39 die Wirtschaftsgebäude umfunktioniert und das Herrenhaus in zwei getrennte Bereiche für den Vogt und die fürstliche Herrschaft unterteilt.

Adam Müller(?), Herrenhaus, Grundriss von Erdgeschoss und Obergeschoss, 1607 2° Ms. Hass. 107 [69] Das mit der Beischrift: "Abriß der Theilung uffs hauß Breijdenaw Anno 1607 ./." betitelte Blatt zeigt recto den Grundriss des Obergeschosses und verso den des Erdgeschosses des als Herrenhaus vorgesehenen Gebäudes. Die Innenraumdisposition belegt die geplante Aufteilung des Gebäudes in Vogtei (kleiner Bereich) und Fürstenwohnung (großer Bereich) wie in 2° Ms. Hass.107 [64]. Auch hier besteht ein direkter Zusammenhang mit der in 2° Ms. Hass. 107 [78] festgehaltenen Instruktion aus demselben Jahr.

Unbekannter Zeichner, Herrenhaus, Obergeschossgrundriss 2° Ms. Hass. 107 [68] Es handelt sich hier vermutlich um einen Vorschlag zur Änderung der Raumdisposition im oberen Geschoss des Herrenhauses. Hier sollten Vorratsräume angelegt werden („Käse Cammer“, „Speck Cammer“, „Öpfell Cammer“). Die Beschriftung erwähnt zudem eine Umgestaltung der Treppen- führung: „Ist auch bewilliget dß diese treppen abgeschafft / undt der Schnecke gantz durch geführet werde." wie sie auch in 2° Ms. Hass. 107 [64] + [69] dargestellt ist. Mutmaßlich steht diese Zeichnung ebenfalls im Zusammenhang mit der Instruktion von 1607 (2° Ms. Hass. 107 [78]).

Instruktion für den Vogt und den Baumeister Müller wegen Umbauarbeiten, 1607 2° Ms. Hass. 107 [78] Die detaillierte "Instruction, was unser Vogt zur Breijden / Aw, mitt zu thun unsers Baumeisters / Adam Müller, noch diß Instehenden / Jars verfertigen soll Signatum am / 16 t[en] Junij Anno 1607“ beschreibt einige der in den Zeichnungen 2° Ms. Hass. 107 [64] + [68] + [69] visualisierten Ver- änderungen. Es geht um eine Verlegung des Marstalls in das Brauhaus: „Soll er aldar das Brau- hauß gestanden, / Auß dem Jezigen Marstall, Krippen / und Rauffen Transferieren“, während „der gewesene Marstall, zu einem Viehstall angericht werden“ solle. Dazu kommen noch verschiedene Umbaumaßnahmen im Herrenhaus, die im Zusammenhang mit der Umstrukturierung des bis- herigen Vogteigebäudes stehen, da dort auch Räume für die Herrschaft eingerichtet werden sollten.

Unbekannter Zeichner, „Hofmanns Haus“, 1608 2° Ms. Hass. 107 [70] Der "hoffmanns baw zu Breidenaw" präsentiert sich als ein kleines, fast quadratisches Gebäude mit massiven Mauern, unterteilt durch einen zentralen Flur. Das Fehlen von Fenstern und die Einzeichnung eines Kreuzgewölbes in einem der vier Räume legen nahe, dass es sich hier um einen Kellergrundriss handelt. Die genaue Lage dieses Hauses im Klosterbezirk bleibt unklar, möglicherweise handelt es sich um das Gebäude „B“ im Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb. 22).

Adam Müller(?),"Herrenhof", Lageplan, 1609 2° Ms. Hass. 107 [59] (Abb. 23) Der Lageplan vom „Innere herren hoiff / Sampt der Miststadt“ zeigt die durch eine Einfriedung ausgegrenzte Bebauung zwischen Kirche und Grifter Tor. Eingezeichnet ist hier auch ein Brunnen, wobei es sich vermutlich um denjenigen handelt, mit dessen Entwurf sich Adam Müller 1609 beschäftigte (2° Ms. Hass. 107 [60], Abb. 13). Gegenüber dem Lageplan von 1606/07 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb. 22) zeigen sich einige Veränderungen: das dort mit „O“ beschriftete Haus und die anliegenden Bauten an der inneren Mauer entfallen, wie es in einem Memorial von 1608 gefordert

40 wird, wo es heißt, dass diese „den prospect aus unserm Wohnhaus hindern“87. Dafür sind zwischen dem Grifter Tor und dem großen Stall weitere kleine Bauten an der Außenmauer geplant.

Abb. 23 2° Ms. Hass. 107 [59] (Ausschnitt)

Adam Müller, Entwurf für den Brunnen im nordwestlichen Vorhof, 1609 2° Ms. Hass. 107 [60] (Abb. 13) Der Entwurf Adam Müllers, der spätestens seit 1607 als leitender Baumeister in Breitenau tätig war, beschäftigt sich „uff 3 Manir“ mit dem Entwurf einer neuen Brunnenfassung wie in einem 1609 vom Landgrafen persönlich abgezeichneten, nach einer Besichtigung verfassten Bericht ge- fordert.88 In ähnlicher Form erscheint dieser Brunnen in einer Zeichnung des Landgrafen von 1613 (2° Ms. Hass. 107 [55]) (Abb. 28).

Adam Müller, Vermessungsplan der "neuen Wiese", 1609 2° Ms. Hass. 10 [72] Der mit der Beischrift "Die neue wisen zu Breidenau an der Fulda gemessen 29 t Aprilis Anno 1609“ versehene Vermessungsplan von Adam Müller zeigt vermutlich das in einer Akte erwähnte Gelände,89 das nördlich an das ehem. Kloster anschloss und in Dilichs Landtafel als "Nauwiese" bezeichnet wird.90 Das Blatt gehört zu dem einen Tag später datierten kleineren Plan 2° Ms. Hass. 107 [73].

Adam Müller, Vermessungsplan der "neuen Wiese", 1609 2° Ms. Hass. 107 [73] Die "Messung der Wisen / zu Breidenaw, / wie dieselbe, uttera / getheilt werden könne. / Sig: 30 t [en] Aprilis / Anno 1609" – so die rückseitige Beschriftung - gehört zu dem am vorherigen Tag angefertigten Vermessungsplan von Adam Müller 2° Ms. Hass. 107 [72]. Der Landvermesser und für Breitenau zuständige Baumeister gibt hier in verkleinertem Maßstab ein weiteres Mal das zu teilende Gelände mit den betreffenden Maßangaben wieder.

87 HStAM Best. 17 e Breitenau 32 88 HStAM Best. 17 e Breitenau 32 89 HStAM Best. 17 e Breitenau 21 90 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8

41 Adam Müller(?), Pfarrhaus, Lageplan und Aufriss der Schmalseite, 1611 2° Ms. Hass. 107 [65] Das Pfarrhaus, das im Plan 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb. 22) noch neben der Nikolaikirche verortet ist, wurde vermutlich wenig später an die südliche Mauer neben dem Tor verlegt (Gebäude „X“ im Lageplan). Der kleine, seitlich versetzte Anbau sollte offensichtlich nach Maßgabe des punktierten Umrisses in die Flucht des Gebäudes verlegt werden. Dadurch erhöhte sich die Grundfläche des Wohngebäudes, wie der entsprechende Grundriss (2° Ms. Hass. 107 [66]) zeigt.

Unbekannter Zeichner, Pfarrhaus, Grundrisse 2° Ms. Hass. 107 [66] Vermutlich im Zusammenhang mit der 1611 datierten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [65], entstand der "Abriss des Neuen pfarhaußes zu Breidenaw.“, der die Grundrisse des an der Mauer gelegenen Pfarrhauses präsentiert. Die wahrscheinlich von Adam Müller angefertigte detaillierte Zeichnung zeigt die Aufteilung der Räume in den drei Geschossen. Im Zentrum des Erdgeschosses steht die Küche mit den üblichen Nebenräumen. Die „Mittel Wanderung“ enthält die Räume des Pfarrers und eine „gesindt stube“, während in der „obrist Wanderung“ noch zwei Zimmer für die Kanzlei vorgesehen sind. Abschließend wird vermerkt: „das dach bleibt ein lediger boden zu schüttung frisch maltz hopfen undt anderer notturft."

Klausurgebäude, Kellergrundriss (?), 1611 2° Ms. Hass. 107 [51] In dem "Abriß des grundts zu Breidenaw / Zur Stallung Im Creutzgang / Ao 1611" ist ein Grundriss der Klausur wiedergegeben, der vermutlich Veränderungen in diesem Bereich thematisiert. Aus der Einzeichnung von Kreuzgewölben lässt sich folgern, dass es sich möglicherweise um das Kellergeschoß handelt. Die Küche in der nordwestlichen Ecke ist allerdings mit ihrem zentralen Rauchabzug eingezeichnet. Neben der Kirche ist an der Westseite ein Bau mit punktiertem Umriss angegeben, der die bislang offene westliche Seite des Klausurbezirks schließen sollte.

Klausurgebäude mit Entwurf für einen Stall, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [44] Ebenso wie der 1611 datierte Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [51] beschäftigt sich auch dieser "Grundtriß wie die beide baw / im Creutzgang zur Breidenaw / zur Stallung undt gemachen ahn zu legen" mit den Gebäuden der Klausur. Die beiden vorhandenen Flügel im Norden und Osten sind mit ihren Mauern wiedergegeben, ohne dass die Funktion der Räume erkennbar wird. In dieser Art diente das Blatt vermutlich als Vorlage für die in gleichem Maßstab wiedergegebene Grundriss- zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [47], die die geplante Nutzung der Räume in Erd- und Obergeschoss zum Thema hat.

Klausurgebäude, Grundrisse von Erdgeschoss und Obergeschoss 2° Ms. Hass. 107 [47] Der möglicherweise in den Grundzügen von 2° Ms. Hass. 107 [44] kopierte Entwurf (identischer Maßstab, Zirkelspuren) zur Umwidmung der Klausurgebäude präsentiert neben dem Erdgeschoss auch gleichzeitig die oberen Fachwerkgeschosse. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [51] + [44] ist ein vierter Flügel auch hier nur angedeutet. Neben dem Marstall im Ostflügel, der auch im anschließenden Querhaus der Kirche eingezeichnet ist, liegt hier im Nordflügel die damit aus dem separaten Gebäude ausgelagerte Vogtei, an deren westlichem Ende die quadratische Küche mit ihrem zentralen Schornstein anschließt. Die handschriftlichen Notizen des Landgrafen "dieses bawes theilung muß ettwas anders außgesonnen werden" (mittig oben) und "diese stall und gemach theilung ist uns gefällig" (rechts oben) dokumentieren den Planungscharakter der Zeichnung.

42 Klausurgebäude, Umbauentwürfe 2° Ms. Hass. 107 [42] (Abb. 24) In diesem skizzenhaften Grundriss erscheinen mehrere Varianten zur Umgestaltung des nördlichen Kreuzgangflügels. Das "displicet" kennzeichnet dabei offensichtlich verworfene Ideen. Der Flügel, dessen westliches Ende die Küche bildet, sollte demnach vor allem für Gesinderäume genutzt werden. Die rechte Skizze ergänzt dazu noch den abschließenden Flügel an der Westseite, der seit 1611/12 immer wieder in den Zeichnungen thematisiert wird, aber vermutlich erst zwischen 1615 und 1620 errichtet wurde.

Abb. 24 2° Ms. Hass. 107 [42]

Adam Müller(?), Klausur mit zusätzlichem Westflügel, Lageplan, 1612 2° Ms. Hass. 107 [45] Der wahrscheinlich von Adam Müller angefertigte einfache Umrissplan der Klausur, rückwärtig bezeichnet: „Die Gründe so / zu Pferdtstallung angericht werden solle Anno d [1]612 ./.", verzeichnet ebenso wie zwei weitere Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [46] + [50], Abb. 25) eine durch einen westlichen Flügelbau geschlossene Klausur neben der Kirche. Dabei besteht ein enger Zusammenhang mit dem exakt übereinstimmenden und mit denselben Maßangaben versehenen Plan 2° Ms. Hass. 107 [46].

Adam Müller(?), Klausur mit zusätzlichem Westflügel, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [46] Exakt übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [45] gibt dieser Umrissplan den durch einen neuen Westflügel geschlossenen Klausurhof neben der ehemaligen Klosterkirche wieder, gekennzeichnet als "Area Habitationis / Breidenavie."

Johann Wi(e)dekindt(?), Klausur mit zusätzlichem Flügel, überarbeiteter Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [50] (Abb. 25) Bei diesem interessanten Blatt handelt es sich um die Zeichnung eines Baumeisters - vermutlich Johann Wi(e)dekindt - zum Umbau der Klausurflügel, die mit Korrekturen und Notizen von der Hand des Landgrafen Moritz versehen wurde. Der gleiche Maßstab verbindet die Zeichnung mit 2°

43 Ms. Hass. 107 [49] (Abb. 26), mutmaßlich die von Wi(e)dekindt angefertigte Reinzeichnung. Die hier grob einskizzierten Änderungen sind in dieser weitgehend umgesetzt.

Abb. 25 2° Ms. Hass. 107 [50]

Johann Wi(e)dekindt(?), Klausur mit zusätzlichem Westflügel, Grundrisse von EG und OG 2° Ms. Hass. 107 [49] (Abb. 26) In diesem Blatt liegt vermutlich die Reinzeichnung von 2° Ms. Hass. 107 [50] (Abb. 25) vor, die über der Zeichnung eines Baumeisters mit handschriftlichen Einträgen des Landgrafen ergänzt worden war. Zeichenstil und Handschrift der beiden sorgfältig angelegten Grundrisse von Erd-ge- schoss und Obergeschoss legen nahe, dass es sich bei dem Zeichner um den Baumeister Johann Wi(e)dekindt handelt, der 1622 den Marstall in Breitenau fertiggestellt haben soll.91 Die Raum- disposition innerhalb der Klausurgebäude entspricht weitgehend der Anordnung in 2° Ms. Hass. 107 [47], wobei jetzt hier aber ein dritter Flügel fest eingeplant ist, der die Vogtei aufnimmt, wie die beigefügte Legende deutlich macht. Dadurch wird der Nordflügel frei für einen „Küe Stall“.

Abb. 26 2° Ms. Hass. 107 [49] (Ausschnitt)

91 Hootz 1952, S. 30

44 Adam Müller(?), Nordwestlicher Vorhof, Lageplan, 1612 2° Ms. Hass. 107 [61] Bei dem "Abriß eines stücks / des hoiff platz zu / Breidenaw Ao 1612" handelt es sich um einen Vermessungsplan der Hoffläche zwischen Grifter Tor, Zehntscheune und Klausur, wobei die Vogtei im Umriss nur angedeutet ist. Im Zusammenhang mit der Verlegung der Vogtei in den durch einen dritten Flügel geschlossenen Klausurbereich wurde offensichtlich auch ein Abbruch des alten Gebäudes erwogen.

Idealentwurf eines Schlosses an der Kirche 2° Ms. Hass. 107 [39] (Abb. 27) In diesem von Westen gesehenen Idealentwurf konzipiert Landgraf Moritz ein Schloss mit zwei achsensymmetrisch beidseitig der Kirche angelegten Höfen. Zur Vervollkommnung der Ansicht ist in diesem Fall der fehlende zweite Kirchturm ergänzt. „Damit ist hier eine in der Idee ähnlich großartige Anlage von Moritz geplant worden, wie sie 100 Jahre später für Kloster Weingarten vorgesehen wurde und in Einsiedeln auch ausgeführt wurde“92. Im Vordergrund sind das „Eder thor“, die Zehntscheune und der von Adam Müller geplante Brunnen (siehe 2° Ms. Hass. 107 [60], Abb.- 13) zu sehen. Auf der Rückseite der Zeichnung befindet sich eine zweispaltige Auflistung der Gebäude, die mit der "Vogtey“ beginnt und diverse Versorgungsgebäude, darunter fünf verschiedene Ställe, auflistet.

Abb. 27 2° Ms. Hass. 107 [39] (Ausshnitt)

Südwestlicher Vorhof mit Entwurf für einen neuen Stall 2° Ms. Hass. 107 [52] Die von Osten genommene Vogelschauansicht des südwestlichen Vorhofes zeigt im Zentrum die Zehntscheune am "Weg nach dem guxhagener Thor", flankiert vom "grosse Birnen garten" und einem “Weinberg” neben der Kirche. Entlang der Mauer im Hintergrund erstreckt sich ein extrem langgestrecktes (Stall-)Gebäude mit mehreren Eingängen. Der erhaltene Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [76] präzisiert diese Planung für einen Marstall, der vom Grifter Tor bis zum "schafhaus" reichen sollte. Vermutlich 1613 wurde dieses Projekt durch den Vorschlag eines „Winkelhakenbaus“ ersetzt (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [62] + [77]).

92 Hootz 1952, S. 30

45 Unbekannter Zeichner, Entwurf eines Pferdestalls an der Mauer, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [67] Auf einem schmalen Papierstreifen wird hier der Grundriss eines extrem langgestreckten Stalls präsentiert, wie er ähnlich in 2° Ms. Hass. 107 [52] mit dem Entwurf für einen Stall entlang der westlichen Klostermauer zwischen dem Grifter Tor und dem Schafhaus vorliegt. Erkennbar wird die innere Aufteilung des Gebäudes, das unter einem Dach vier Ställe für jeweils 23 Pferde mit den zugehörigen Räumen beherbergen sollte.

Kostenvoranschlag für einen neuen Marstall 2° Ms. Hass. 107 [76] Der "Ohngevehrlich Ahnschlag wie d[es] Marstals zu Breiden Auw / solte vom Wachthauß am Grifterthor biß ahn d[as] schaffm: / hauß Erbawtt werd[en]“ ermittelt die Kosten eines Gebäudes analog zur Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [52]. Da das Gebäude direkt an die vorhandenen Gebäude anschließen sollte, „ist also nicht mehr alß eine lange Maur 370ß lang […] uff zu führen“. Weiter heißt es: „In diese Maur muß wegen d[er]underschiedenen stalle und stallstuben / gehawen und gesetzt werden 16 thür“. Es folgt eine detaillierte Auflistung der benötigten Materialien und Handwerker mitsamt der veranschlagten Kosten in Höhe von „1624 fl 24 alb 10 2/5 h”. Der vermutlich von des Landgrafen eigener Hand hinzugefügte „Ander Vorschlag, wie das Closter gantzlich zu Marstall genommen undt außgebaut werden / sollte“ thematisiert wiederum die Nutzung der alten Klausurgebäude, wie sie etwa in der Zeichnung von Johann Wi[e]dekindt (2° Ms. Hass. 107 [49], Abb. 26) vorliegt und kommt auf die deutlich geringere Summe von „1265 - 22 – 7“.

Kostenvoranschlag für einen neuen Marstall, Kopie 2° Ms. Hass. 107 [79] In fast wortwörtlicher Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [76] listet dieses Schriftstück gleichfalls die Kosten für einen neuen Marstall in Breitenau auf, wobei auch hier die Variante „Wan das Closter genzlich zu Fertstal ge / nommen und aus gebauwet werden sollte“ aufgeführt wird. Es handelt sich vermutlich um eine Abschrift von der Hand desjenigen Kanzleischreibers, der auch den dritten Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [77] nach den Notizen des Landgrafen in eine geordnete Fassung kopierte.

Adam Müller(?), Nordwestlicher Vorhof mit neuem Marstall, Lageplan, 1613 2° Ms. Hass. 107 [62] Der möglicherweise von Adam Müller angelegte "Krundt riß des Marstalls zu Breidenau / wie derselbig an die grosse scheuren in / form eines Winckel haarken zu beschliessung / des Vorhoffes daselbst zu erbawen / Ao 1613. 28 t[en] Januarij" verzeichnet neben der „steinscheuer“ im Vorhof ein direkt anschließendes, neues Gebäude, das bis zur Klostermauer und von dort in annähernd rechtem Winkel bis zum "Griffter Thor" geht. Diese Planung für einen Marstall in „Winkelhakenform“ wird auch in Kostenvoranschlägen präzisiert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [63], Abb. 29 + [77]). Die nur einen Tag später datierte Zeichnung des Landgrafen Moritz 2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28) gibt einen anschaulichen Eindruck dieses Projektes.

Vorhof mit Entwurf für einen Stall (recto), tabellarischer Anschlag der Baukosten (verso), 1613 2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28) Das Doppelblatt Folio ist mit der Beischrift versehen: "Unser g[n] f[n] undt herrn anschlag uber den / vor stehenden Marstalß baw, wie derselbig / zwische[n] der grossen scheuren scheid recht / nach der mauren neben dem Grifter thor / und von dannen biß an daß Grifter thor / in einen Winckel haarken zu beschliessung / des Vorhoffs zu breidenau zu erbawen / Anno 1613. 29 t[en] Januarij" und beschäftigt sich in Text und Bild mit dem Projekt des geplanten Winkelhakenbaus im Vorhof zwischen Zehntscheuer und Tor, wobei Teile des ehemaligen Kreuzganges abgebrochen

46 werden sollten. Die Zeichnung visualisiert die Vorstellungen des Landgrafen in der bekannten Vogelschau von Norden. Von der nordwestlichen Ecke der Klausur steht nur noch der Küchenbau unweit des Herrenhauses, dessen Hof von einer Mauer mit dem integrierten Brunnenhaus zum „Misthof“ abgegrenzt wird. An die Zehntscheuer im Hintergrund schließt bruchlos das Stallgebäude an, das an der Klostermauer entlang durch ein kleineres Gebäude rechtwinklig zum Tor hin ergänzt wird. Akribisch vermerkt Landgraf Moritz die möglichen Wege, die über den Vorhof zu den Gebäuden und Toren hin verlaufen könnten. In dieser Art zeigt sich der Zusammenhang mit dem einen Tag vorher datierten Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [62]. Unterhalb der Zeichnung sind in der "Ausrechnung des alten gemeuers / Am Creutzgang“ die Mauern im Kreuzgang aufgelistet, die abgebrochen werden könnten, sowie die Verwendung des Materials in den neuen Gebäuden. Dementsprechend enthält die Rückseite die Aufstellung: "Uff vor gemeldte Ausrechnung folgen / diese anschlag bau kosten“, die Summe beträgt in diesem Fall „1523 fl. 16. 10 1/5."

Abb. 28 2° Ms. Hass. 107 [55]

Vorhof mit Entwurf für einen Stall 2° Ms. Hass. 107 [53] Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28) wird in dieser Zeichnung die Vorhofsituation vor der Klosterkirche in einer Vogelschau von Norden geschildert, wobei hier die Klausurgebäude aber beibehalten sind und durch einen abschließenden Flügelbau ergänzt werden. Es fehlt dagegen der Stall an der Mauer neben dem Vogteihaus. Der Winkelhakenbau zwischen dem Tor und der Zehntscheuer verfügt in dieser Variante als massiver Steinbau durchgängig über zwei Geschosse und ein hohes, nutzbares Dach.

Plan des westlichen Vorhofes mit neuem Stallgebäude 2° Ms. Hass. 107 [63] (Abb. 29) Auf einem Doppelblatt Folio entwirft Landgraf Moritz hier einen ausführlichen Grundrissplan: "dritter Vorschlag wie der Neue Marstall / solle von dem grifter thor an biß wieder schafmeister Wohnung + scheurenbau in ei / ner Winkelung / biß hinder der / grossen scheuer+ / gebaut

47 werden“ mit einer Auflistung der Baukosten wie im Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [77]. Interessanterweise wird hier im Titel noch das Projekt für einen Stall an der Mauer erwähnt, das aber dann durch den Winkelhakenbau ersetzt wurde, ein Hinweis auf die zeitliche Abfolge der Planungen. Der Winkelhaken-Gebäudekomplex auf der südlichen Seite des Grifter Tores reicht bis zur Zehntscheune, deren Aufteilung in den Blindlinien angedeutet ist. Während der größere Bau- körper neben der Scheune Stallungen aufnimmt, sind in dem kleineren Bau neben dem Tor Wohn- räume vorgesehen. Das deutlich erkennbare, ins Papier geritzte Netz von Hilfslinien, die der Federzeichnung zugrunde liegen, lässt in diesem Fall die Vorgehensweise des Zeichners sichtbar werden.

Abb. 29 2° Ms. Hass. 107 [63]

Kostenvoranschlag für einen neuen Marstall 2° Ms. Hass. 107 [77] Der Kostenanschlag listet übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [63] (Abb. 29) von 1613 noch einmal genau die Aufwendungen für den „dritten Vorschlagk“ auf, wobei der Schreiber die Angaben des Landgrafen sehr getreu wiedergibt. Es handelt sich demnach vermutlich um eine Reinschrift des Kanzleischreibers, der auch die Abschrift der Kostenaufstellung für den Marstall entlang der Klostermauer (2° Ms. Hass. 107 [79]) anfertigte.

Westliche Vorhöfe mit den Gartenanlagen, 1615 2° Ms. Hass. 107 [58] (Abb. 8) In dieser, rückseitig auf den 24.6.1615 datierten, sehr anschaulichen Vogelschau zeigt Landgraf Moritz das Areal westlich der Klosterkirche rund um den "Vorhoff zur Breidenaw", der hier als gepflasterte Fläche dargestellt ist. Die Kirchenfassade wird hier aus Symmetriegründen mit einem zweiten Turmhelm vervollständigt. Der leider nicht vollständig dargestellte Klausurbereich erscheint komplett geschlossen, wobei die alten Gebäude zweigeschossig ausgebaut sind. Im "Vogteyhof" liegt das auch als Herrenhaus bezeichnete Fachwerkgebäude mit dem markanten Brunnen, der wie in 2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28) in den Zaun integriert ist, der den Hof unter- teilt. Südlich der Kirche erstreckt sich ein „Weinberg“, während hinter der Zehntscheuer der „grosse lustgarten“ angesiedelt ist. Weitere Gärten ("kleiner lustgarten", „hopfen garten“, „Lein garten“) erstrecken sich außerhalb der Mauern vor dem Grifter Tor. Wie ein „Memorial“ von 1616 belegt, in dem genaue Vorschläge für eine „Gartten Erweiterung“ enthalten sind,93 kümmerte sich

93 HStAM Best. 53 e Pak. 61

48 Landgraf Moritz auch bis ins Detail um die Anlage der Gärten (vgl. den Pflanzplan 2° Ms. Hass. 107 [74]). Diese detailreiche Darstellung stimmt weitgehend überein mit dem in Dilichs Landtafel94 wieder- gegebenen Bestand. Landgraf Moritz zeigt allerdings einen vollständigen Klausurbereich neben der Kirche, was nahe legt, dass er nach der Diskussion mehrerer Varianten für die Errichtung eines Marstalls jetzt den Ausbau der Klostergebäude präferierte. Darüber hinaus unternimmt seine detaillierte, anschauliche Darstellung den Versuch, den vorhandenen Baukomplex im Sinne einer idealen ländlichen Schlossanlage mit Gärten zu vervollständigen.

Kirche und Klausur von Norden 2° Ms. Hass. 107 [38] recto (Abb. 30) Die Vogelschauansicht der Kirche und des nördlichen Hofes präsentiert die Klausurgebäude im Horizontalschnitt über dem zweiten Geschoss, wobei der markante Küchenbau mit seinem Schornstein an der Nordwestecke das „Scharnier“ bildet zu dem neuen Westflügel, der die Lücke bis zum nordwestlichen Turmstumpf schließt. Diverse Mauern und Zäune markieren die Gliederung des umgebenden Geländes. Am oberen Blattrand erscheint angeschnitten das Gebäude der Nikolauskapelle.

Abb. 30 2° Ms. Hass. 107 [38] recto u. verso

Westliche Vorhöfe von Norden 2° Ms. Hass. 107 [38] verso (Abb. 30) In Fortführung der umseitigen Ansicht zeigt diese Vogelschauansicht die westlich der Kirche gelegenen Gebäude und Höfe von Norden. Der Hof hinter dem Herrenhaus wird in diesem Fall bezeichnet als: "schloß hoff zu Breidenauw". Im Hintergrund liegt die Zehntscheune mit ihrem markanten Stufengiebel, dahinter erstrecken sich "küchengarten" und "hopfengarten". Neben dem Weinberg im Vordergrund ist ein "hüttengarten" mit hölzernen Laubengängen eingezeichnet, ein charakteristisches Element höfischer Gartenkunst.

94 Landtafeln hessischer Ämter, 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8

49 Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [53] (Abb. 29) fehlt das Stallgebäude neben dem Herrenhaus, das vermutlich durch die Verlegung in die Klausur überflüssig werden sollte.

Plan eines "Küchengartens" 2° Ms. Hass. 107 [74] Der Plan für den Küchengarten hinter der Zehntscheune (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [38] verso, Abb. 30) listet namentlich die Bepflanzung der unterschiedlich großen Felder auf, beginnend mit "N.1.2. Rot und weiß mangoldt." und diversen Kohlsorten, endend mit "N.10. Aniß.", "N.11 Hirsen." und "N. 12. Türkisch korn."

Kirche mit Klausurgeviert von Westen 2° Ms. Hass. 107 [36] verso, unten (Abb. 31) Auf dem Blatt mit mehreren Ansichten des ehemaligen Klosters fällt die von Westen gesehene Ansicht von Kirche und Klausur ins Auge, die als Abschluss des Klausurhofes einen zweistöckigen Flügel im Westen vorsieht. Die Küche an der nordwestlichen Ecke erscheint in dieser Variante nicht mehr als Bauteil hervorgehoben, sondern so integriert, dass eine einheitliche Fassade mit einer durchgehenden Fenstergliederung entsteht.

Abb. 31 2° Ms. Hass. 107 [36] verso

Nordwestlicher Vorhof 2° Ms. Hass. 107 [36] verso, oben (Abb. 31) Die kleine Ansicht des „vogtes hoff“ und „hinderhof“ von Osten zeigt im Vordergrund den Klosterhof umgeben von niedrigen Arkadengängen, die an der Nordwestecke vom Küchenbau mit seinem hohen Schornstein unterbrochen werden. Das Herrenhaus mit zwei Fachwerkgeschossen im Hintergrund wird an der Seite zum „lustgarten“ von denjenigen Stallgebäuden begleitet, die auch in anderen Zeichnungen (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [55], Abb. 28) als alter Bestand wiedergegeben sind.

50 Klausur und Herrenhaus im nordwestlichen Vorhof 2° Ms. Hass. 107 [36] recto Die ganzseitige Darstellung auf der Vorderseite des Blattes visualisiert - ähnlich wie die kleine Darstellung auf der Rückseite oben - die Umgestaltungsideen des Landgrafen für die Klausur und das unmittelbar davor gelegene Herrenhaus (die ehemalige Vogtei), wobei die Klausur um den „Inner hoff der vogteij“ im Grundriss gegeben ist, während das Herrenhaus in perspektivischer Ansicht zu sehen ist. Das zweigeschossige Fachwerkgebäude wird durch vier regelmäßig verteilte rechteckige Risalite (für Aborte?) ergänzt, eine Umbauidee, die auch in anderen Zeichnungen thematisiert wird (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [37], Abb. 32).

Klausur und Herrenhaus von Norden 2° Ms. Hass. 107 [37] (Abb. 32) Die sehr sorgfältig angelegte Vogelschauansicht von Norden präsentiert die Kirche mit der ausge- bauten und durch einen neuen Flügel komplettierten Klausur und westlich davon die ehemalige Vogtei im Vorhof. Während die Klausurgebäude wie in 2° Ms. Hass. 107 [36] verso, unten (Abb. 31) als vereinheitlichte Baukörper den Hof einschließen, weist das nun als Herrenhaus vorge- sehene Fachwerkhaus wie in 2° Ms. Hass. 107 [36]) recto vier kleine Risalit-Anbauten auf.

Abb. 32 2° Ms. Hass. 107 [37]

Kirche mit Klausurgebäuden, 1622 2° Ms. Hass. 107 [41] In diesem Umrissplan, beschriftet als "Abriß des fstl: Haußes Breittenau ad 1622" (verbessert aus "1623"), wird noch einmal die Lage der um einen Flügel ergänzten Klausurgebäude samt dem anschließenden Vorhof mit dem "hernhauß" festgehalten.

Grundriss der Kirche als Pferdestall 2° Ms. Hass. 107 [43] Die Skizze der Klosterkirche enthält einen Vorschlag zur Einrichtung von weiteren Pferdeboxen in der Kirche, die ja schon unter Landgraf Wilhelm als Fruchtscheuer und Stall eingerichtet worden war.95 Anscheinend sollte in diesem Fall das gesamte Kirchenschiff einbezogen werden: als Quartier für die „Summa 76 pferdt“.

95 Landau 1842, S. 81

51 Kostenvoranschlag für eine neue Vogtei 2° Ms. Hass. 107 [80] Die "Aus rechnunge Mauerwercks so ahn dem neuen Vogkteij baw / zu breidenaw gemacht werden muß“ liefert einen genauen Kostenvoranschlag für den Bau der Vogtei, die der Beschreibung nach in dem geplanten neuen Westflügel der Klausur vorgesehen ist ("Ein gibbel gegen der fulda Ahn die grose küche… Ein stück Mauer so von dem gefangnüs biß ahn der Vogk / teij lange zu beschliessung der obersten gibbel wandt uff / gefürtt werden muß"). Der Text stimmt exakt überein mit 2° Ms. Hass. 107 [81]. Das Wasserzeichen legt eine Datierung in die Jahre 1625 bis 1627 nahe.

Kostenvoranschlag für einen neuen Vogteibau 2° Ms. Hass. 107 [81] In genauer Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [80] gibt dieses Schriftstück den Text des Kostenvoranschlags für die Einrichtung eines neuen Vogteibaus im Westflügel der Klausur wieder. Möglicherweise handelte es sich hier um eine Reinschrift des genannten Blattes, die offensichtlich von demselben Schreiber angelegt wurde.

Klausur und Herrenhaus 2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33) Der großformatige, aus drei Teilen zusammengeklebte Plan umfasst die Kirche mit der Klausur und dem Herrenhaus, wobei die Verteilung der Erdgeschossräume im neuen Westflügel und dem Herrenhaus detailliert wiedergegeben ist. Die Kirche wird hier als "Marstall" bezeichnet, wobei im nördlichen Turmstumpf - wie schon in anderen Blättern - das Gefängnis eingerichtet ist (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [63], Abb. 29). An der N/W-Ecke des Kreuzganges sollte weiterhin die Küche liegen. Der wie im Kostenvoranschlag (2° Ms. Hass. 107 [80]) zwischen Kirche und Küche angelegte Vogtei- bau wird in der rechten Hälfte durch eine breite Einfahrt unterbrochen, die zu den Ställen in den anderen Klausurflügeln führte. Das Herrenhaus mit den beiden innenliegenden Wendeltreppen enthält im Erdgeschoss die Wirtschaftsräume. Unklar bleibt die Funktion der vier kleinen Anbauten, die möglicherweise in den Obergeschossen Aborte enthielten. Möglicherweise handelt es sich hier um eine Bestandsaufnahme der im genannten Kostenvor- anschlag dokumentierten Umbauarbeiten.

Abb. 33 2° Ms. Hass. 107 [40] (Ausschnitt)

52 Entwurf für den westlichen Klausurflügel, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [71] Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33) thematisiert die kleine Zeichnung auf einem Doppelblatt die Raumplanung im westlichen Flügel, in diesem Fall vermutlich für das Obergeschoss des als Vogtei genutzten Baukörpers.

Vorhof mit Herrenhaus 2° Ms. Hass. 107 [56] verso, unten (Abb. 34) Die Zeichnung auf der Rückseite eines Blattes mit Darstellungen Kasseler Bauten (Nassauer Hof, Salzhaus) gibt eine Vogelschauansicht der Bauten an „hern hoff“ und „hinderhof“ des ehemaligen Klosters Breitenau. Im Zentrum steht das Herrenhaus. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33) befinden sich an der östlichen Fassade vier kleinen Anbauten, die möglicherweise Aborte enthielten. Der westliche Hof ist hier dahingehend vereinheitlicht, dass das alte Stallgebäude durch kleinere, einheitlich an die Mauer angelehnte Fachwerkgebäude ersetzt wird, ein Vorschlag der mehrfach thematisiert wird (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [57] verso). Der westliche Klausurflügel ist am unteren Blattrand im Grundriss zu erkennen.

Abb. 34 2° Ms. Hass. 107 [56] verso, unten

Westliche Vorhöfe mit Gärten 2° Ms. Hass. 107 [57] verso, oben rechts In diesem Lageplan visualisiert Landgraf Moritz noch einmal die Situation der westlichen Vorhöfe anschließend an den neugebauten Westflügel der Klausur, hier als „neue Vogtey“ bezeichnet. Neben dem Herrenhaus mit den vier kleinen Anbauten liegt das „alte Viehauß“, dessen Abbruch mehrfach erwogen wurde. Ein weiteres „viehauß“ ergänzt zudem die alte Zehntscheuer vor dem „küchengarten“.

Vorhof am Grifter Tor 2° Ms. Hass. 107 [57] verso, unten rechts Ebenso wie die Darstellung auf der oberen Hälfte dieses Blattes thematisiert auch diese Vogelschau der westlichen Vorhöfe ein Stallgebäude am „küchen garten“, das in diesem Fall von der Zehntscheuer bis an die Mauer reicht, wie es ähnlich in der Variante für einen Winkelhakenbau an dieser Stelle (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [63], Abb. 29) vorgeschlagen, aber vermutlich nicht umgesetzt wurde.

53 Bericht über Bauprobleme, 1627 2° Ms. Hass. 107 [75] In dem von unbekannter Hand verfassten "Bericht uff Ifgn. gn. bevehl wegen etzlicher / Baupuncten alhier zur Breidenaw“ werden Bauarbeiten in der Vogtei („Den Abraumb in der Neuen Vogtey im Kreutzgang belangt“) und im Herrenhaus („Die Verweiderung der küche im H[errn] hauß, kan nicht wohl geschehen / Eß seij den daß IFgn. Ihro Cammer hiertzu nehme undt gebrauche“) dokumentiert. Der weitgehend unleserliche Kommentar des Landgrafen Moritz am linken Rand ist signiert: "Breidenaw den 11. Junij. 1627." Seine Bemühungen, Breitenau auch nach seiner Abdankung weiter zu nutzen und umzugestalten, waren jedoch zum Scheitern verurteilt, endet doch der Bericht des unbekannten Beamten „Wirdt Efgn. auch underthenigk gefragt, wo man zu diesem / vorbeschriebenen Baupuncten undt gebrechen den notwendigen / verlagk hernehmen soll, undt wer denselben verlegen wirdt". Die Übereinstimmung des Wasserzeichens verbindet diesen Bericht mit der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [48].

Grundriss der Klausurflügel 2° Ms. Hass. 107 [48] Dieser detaillierte Grundriss erfasst die komplette Klausur, die in diesem Fall neben der Küche und der Backstube diverse Appartements enthält, die ohne Korridor nebeneinander angeordnet sind. Die bislang im östlichen Flügel verorteten Ställe entfallen auf diese Weise. Die Einfahrt in den Hof liegt hier direkt neben der Küche in der Nordwestecke des Gebäudekomplexes. Aufgrund des identischen Wasserzeichens kann man das Blatt mit dem Schriftstück 2° Ms. Hass. 107 [75] in Verbindung bringen.

Westliche Klausur und Herrenhaus 2° Ms. Hass. 107 [234] recto, unten Der Lageplan auf der Rückseite einer Zeichnung von Melsungen, die später mit weiteren Melsunger Zeichnungen zusammengeklebt wurde, zeigt den westlichen Klausurbereich mit dem Herrenhaus bis zum Grifter Tor. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [48] liegt die Einfahrt in den Klausurhof auch hier direkt neben der Küche, wodurch mehr Raum für Appartements zur Verfügung steht. Die Raumdisposition im Herrenhaus entspricht derjenigen von 2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33), es fehlen allerdings die vier kleinen Risalite an der Seite zum „hinderhof“.

54 Burghasungen

Das im 11. Jahrhundert begründete Benediktinerkloster über dem Grab des Heiligen Heimerad auf dem Hasunger Berg oberhalb des Dorfes wurde 1527 säkularisiert, danach diente es den Land- grafen von Hessen als Jagdlager und als Sitz der Vogtei des Amtes Ahna. Wegen Baufälligkeit wurden Kirche und Kreuzgang bereits 1617 abgebrochen, wie ein Bericht des Vogtes bestätigt, in dem es heißt, er habe angeordnet, die „alte kirche sambt den kreuzgengen (außgenohmen den Thurm undt die Capelle, so noch in esto) biß uff daß Fundamendt„ abzubrechen“.96 Einzig der Turm der Klosterkirche blieb bis ins 19. Jhdt. erhalten. Nach einem Blitzeinschlag konnte auch dieser nicht mehr gesichert werden, so dass heute vor Ort nur noch Reste des Mauerwerks sicht- bar sind.97 Der Hintergrund der Entstehung der 1631 datierten und sorgfältig mit Maßangaben und Beschrif- tung versehenen Zeichnung des Landgrafen Moritz ist unklar. 1625 soll er laut Rommel98 überlegt haben, die Ritterschule wegen der Seuchen in Kassel hierher zur verlegen. Nach seiner Ab- dankung 1627 fiel dieser Besitz aber eigentlich nicht mehr in seine Zuständigkeit. Im 19. Jahrhundert wurde seine Zeichnung mehrfach sorgfältig nachgezeichnet und vermutlich für Publikationen überarbeitet, wie die drei Blätter nahelegen, die dem originalen Bestand nachträglich hinzugefügt wurden.

Abb. 35 2° Ms. Hass. 107 [82]

Umbauentwurf mit Bastion, 1631 2° Ms. Hass. 107 [82] (Abb. 35) Die Zeichnung des Landgrafen, datiert und signiert "Burghasung der schloß hof / den 8 Aprilis. 1631. M.H.L." zeigt eine am Hang gelegene, im Halbkreis angeordnete Anlage aus mehreren zwei-

96 Brief vom 17.10.1617, in: HStAM Best. 53e Pak. 61 97 vgl. Sippel 2009 98 Rommel 1837, S. 443, Anm. 199

55 stöckigen Gebäuden, die den an der Hofmauer gelegenen „sechseckicht thurn“ und „die Capelle“, die Überreste der in den alten Beschreibungen genannten Klosterkirche, einfassen. Davor er- strecken sich zwei „Lustgärten“ sowie eine Wehranlage mit „Bolwerg Saturnus“ und „Bolwerg Diana“. Die Erläuterung unten links vermerkt zusätzlich zu der Legende: "Von k biß an n; den thurn müssen / die keller neu bauet werden, verderben / sonst[en] alles. / Der baw o. und die Mauer p. / müssen in die lineare k et n versetzt / werden; / Die fortification, weil sie nicht aus / gebauet word [en], stehet in des jetzig[en] / possessoris willen, was er darmit mach[en] will." Über das tatsächliche Aussehen des ehemaligen Klosters zu diesem Zeitpunkt ist nur wenig bekannt. Bei Merian heißt es in dem Text, der auf Landgraf Hermanns Landesbeschreibung von 1641 beruht: "Das Closter an sich selbst ist dabevor von eitel quaderstücken sehr köstlich und wunderbar erbawet gewesen namblich drey absonderliche Kirchen dem Berg nach über oder aneinander neben einem hohen gantz von quaderstücken auffgeführten Thurm. […] Die underste / und zwar die kleinste Kirche / stehet noch / unnd wird zum täglichen Gottesdienste / der daran gelegenen Dorffschafft gebraucht. Die andre Clostergebäw seynd auch alle gar Alt-Väterisch / unnd sehr verfallen / doch noch bewohnt“.99 Erwähnt werden auch die beiden Brunnen und der „selbst erwachsen stehende Teich“, die in der Zeichnung deutlich erkennbar sind. Es ist anzunehmen, dass die Vogelschauansicht des Landgrafen auf der damals noch vorhan- denen Bebauung beruht, die von ihm umfunktioniert und ergänzt wird, um den Bedürfnissen eines fürstlichen Landsitzes zu genügen. Ein Bericht über die „Baugebrechen uffm Hauß Hasungen“ von 1628 belegt, dass dort zumindest einige Räumlichkeiten für den landgräflichen Hof eingerichtet waren.100 Ein weiterer Ausbau hätte allerdings in der Zuständigkeit seines Sohnes, Landgraf Wilhelm V., gelegen, worauf sich auch der letzte Satz in der der Zeichnung beigefügten Erläu- terung bezieht („stehet in des jetzig[en] / possessoris willen, was er darmit machen will.").

Unbekannter Zeichner, Nachzeichnung der Handzeichnung des Landgrafen Moritz 2° Ms. Hass. 107 [83] Es handelt sich hier um eine verkleinerte Nachzeichnung der von Landgraf Moritz 1631 angefertigten Vogelschauansicht. Die Rahmung und die Beschriftung analog der Moritz-Zeichnung lassen vermuten, dass es sich hier um die Vorlage für eine Publikation handelt. Das Blatt wurde dem Bestand im 19. Jahrhundert hinzugefügt.

Unbekannter Zeichner, Nachzeichnung der Handzeichnung des Landgrafen Moritz 2° Ms. Hass. 107 [84] Das Blatt zeigt eine maßstabsgetreue Nachzeichnung der von Landgraf Moritz 1631 angefertigten Vogelschauansicht. Das Wasserzeichen ermöglicht die Datierung in das zweite Viertel des 19. Jahrhunderts. Vermutlich entstand die Zeichnung im Zusammenhang mit einer geplanten Publikation.101

Unbekannter Zeichner, Nachzeichnung der Handzeichnung des Landgrafen Moritz 2° Ms. Hass. 107 [346] Eine weitere Nachzeichnung der Vogelschauansicht des Landgrafen Moritz wurde 1893 ange- fertigt. Der Zeichner L(?) Rabe orientierte sich sehr genau an der Vorlage, die er aber vergrößerte, und übernimmt weitgehend die Legende, die er zu entziffern versuchte. Der beigefügte Text er- läutert die Geschichte in Anlehnung an Landaus ausführliche Beschreibung102 und steht möglicher- weise im Zusammenhang mit einem kleinen, unsignierten Artikel zu Burghasungen, der 1896 erschienen ist.103

99 Matthäus Merian, Topographia Hassiae, Frankfurt 1655, S.28 100 HStAM Best. 40 a Rubr. 10 Nr. 48 101 vgl. z.B. Schlereth 1843 und Stock 1858 102 Landau 1842/2, S. 213-215 103 Touristische Mitteilungen 1896

56 Butzbach

1609/10 zog der nachgeborene Darmstädter Landgrafensohn Philipp III. von Hessen-Darmstadt in seine im sogen. „Brüdervergleich“ festgelegte Residenz Butzbach ein. Der ebenso wie sein Kasseler Verwandter vielseitig interessierte und gebildete Landgraf baute das Butzbacher Schloss, das auf einer älteren Burganlage der Falkensteiner und Eppsteiner Herren beruhte und 1603 durch einen Brand stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, 1609-22 in größerem Umfang um und ließ u.a. eine Sternwarte (1617/18) und einen Lustgarten (ab 1611) anlegen.104 Landgraf Moritz ist nachweislich mehrfach in Butzbach zu Besuch gewesen. Neben seinem Vetter Philipp III., der ein beachtenswerte Sammlung von Architekturmodellen besaß,105 residierte dort bis 1622 in unmittelbarer Nachbarschaft Graf Philipp Reinhard I. von Solms-Hohensolms, mit dem er über seine erste Frau Agnes von Solms-Laubach gleichfalls verwandt war. Landgraf Philipp III. vermittelte zudem 1629/30 nach der Abdankung des Kasseler Fürsten zwischen diesem und dessen nunmehr regierenden Sohn Wilhelm V., wie die rege Korrespondenz beweist.106 Die eigenhändigen Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [85], [86] und [238], Abb. 9) sind wahrscheinlich aus Anlass eines Besuches des Landgrafen im September 1630 angefertigt worden, während die Graphitzeichnung von unbekannter Hand (2° Ms. Hass. 107 [87]), schon um 1620 entstanden sein dürfte.

Unbekannter Zeichner, Landgrafenschloss mit Umgebung 2° Ms. Hass. 107 [87] Diese Graphitzeichnung stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Moritz selbst, da weder die Handschrift noch die Technik und die einheitliche Perspektive, die auf einen versierten Zeichner schließen lassen, den von ihm sicher überlieferten Zeichnungen entsprechen. Die mit Feder nachgezogenen Teile der Zeichnung lassen zudem vermuten, dass die gesamte Darstellung derart ausgearbeitet werden sollte. Die detaillierte Darstellung zeigt in übersichtlicher Vogelschau von Norden die südöstliche Ecke von Butzbach mit dem landgräflichen Schloss, den sich rechts anschließenden Gebäuden des Solms-Hohensolmser Hofes und dem davor befindlichen Solms-Braunfelsischen Hof. Bei dem Gebäudekomplex links im Vordergrund handelt es sich um den auch in den Zeichnungen des Landgrafen dargestellten, dem landgräflichen Schloss nördlich vorgelagerten Wirtschaftshof. Der recht genau geschilderte Solms-Hohensolmser Besitz ist bis heute noch in seinem 1481 an die Stadtmauer angebauten Hauptgebäude erhalten. Graf Philipp Reinhard von Solms musste allerdings 1622 den Hof zwangsweise an Darmstadt abtreten. Ebenso wie das für 1621 nach- gewiesene Wasserzeichen im verwendeten Papier legt diese Tatsache eine Datierung der Zeich- nung vor 1622, aber nach Errichtung der hier verzeichneten Sternwarte auf dem Treppenturm 1617/18 nahe.107

Landgrafenschloss mit Umgebung, Ansicht von Osten 2° Ms. Hass. 107 [86] recto (Abb. 36) Vom Lustgarten (Osten) aus gesehen schildert Landgraf Moritz den gesamten Komplex an der südöstlichen Ecke der Stadt mit der landgräflichen Residenz und den anliegenden Solms- Braunfelser und Solms-Hohensolmser Höfen, wobei der Schlossbau im Vordergrund im Grundriss und der Hohensolmser Bau im Horizontalschnitt wiedergegeben sind. An vier Stellen führen Brücken über den Graben an der das Gelände an zwei Seiten einfassenden Stadtmauer in die diversen Gärten. Detailliert ist hier auch der Hinterhof des Schlosses geschildert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [85] recto, rechts), der neben verschiedenen Ställen auch ein offenes Wagenhaus an der Grenze zum „Hohen Solmischen Hof“ enthält. Dahinter befindet sich der kleine „gärtners hof“.

104 vgl. Wolf 2006 105 Wolf 2006, S. 155 f. 106 HStAM Best. 4a 41/25 107 Wolf 2006, S. 179

57 Genau vermerkt werden der Verlauf der trennenden Mauern sowie die verschiedenen Brunnen und die Pferdeschwemme. Die relativ genaue Schilderung sowie der Einsatz von Grundrissen bzw. Schnitten, legt die Frage nahe, ob der Landgraf seine Zeichnung möglicherweise anhand der in Butzbach nachweislich damals vorhandenen Modelle anfertigte.

Abb. 36 2° Ms. Hass. 107 [86] recto

Landgrafenschloss mit Hinterhof, Ansicht von Norden,1630 2° Ms. Hass. 107 [85] recto, rechts Die eigenhändig signiert und datierte Vogelperspektive zeigt einen Blick von Norden über den im Grundriss wiedergegebenen Neuen Schlossbau auf "L. philippi hinderhof“. Den hinteren Abschluss bildet die Stadtmauer mit Wehrgang und Schwibbögen, an die mehrere Fachwerkbauten angelehnt sind. In der Mitte befindet sich ein Durchgang in den zweiten, äußeren Hinterhof (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [86] recto), von dessen Bauten man rechts einen Schornstein und ein höheres Haus mit Satteldach erkennen kann. Am rechten Bildrand zieht sich die eingeschossige Remise, das höhere Gebäude dahinter gehört schon zum Solms-Hohensolmser Hof. Bereits am 3. Sept. 1629 hatte Landgraf Moritz, der sich seinerzeit dauerhaft in Frankfurt aufhielt, nach Ausweis der Akten ein „Verzeichnis Aller derjeniger Chur und Fürsten Graven und Hern so auß Francfort in einem Tag in dero residenzen besucht werden können“ anlegen lassen, in dem u.a. auch Butzbach namentlich aufgeführt ist.108 Eine vom 28.8.1630 datierte Zeichnung von Frankfurt (2° Ms. Hass. 107 [165]) - vier Tage vor dem datierten Butzbacher Blatt - belegt, dass er tatsächlich direkt von Frankfurt aus nach Butzbach gereist ist.

108 in: HStAM Best. 4a 38 19

58 Landgrafenschloss mit Vorhöfen von Norden 2° Ms. Hass. 107 [85] verso, links (Abb. 37) Diese Ansicht von Norden konzentriert sich auf die zweiflügelige landgräfliche Schlossanlage mit dem vorgelegten Wirtschaftshof. Der Hofseite der beiden dreigeschossigen Flügel sind jeweils markante Treppentürme vorgelegt. Der rechteckige Turm mit Balustradenabschluss vor dem Hauptbau, dem „Neuen Bau“, beherbergt eine zweiläufige Treppe, während der sechseckige „Schnecken“-Turm auf der linken Seite mit seiner geschweiften Haube das Schloss weithin überragt. Ein langgestrecktes, schmales Gebäude schließt den Schlosshof zum „Braunfelsischen kellerey hoff“ hin ab. Im Vordergrund befindet sich der rechteckige „Viehhof“ aus Fachwerkbauten mit anschließendem „holtzhöflein“. Das Portal des Schlosshofes öffnet sich auf die „schloßgasse“, von der aus die „gasse nach der kirche“ abgeht. Der Vergleich mit der Ansicht auf dem Titel des 1630 erschienenen Gedächtnisbuchs für die 1629 verstorbene Landgräfin Anna Margareta, das den Gebäudekomplex aus einer ähnlichen Perspek- tive - möglicherweise vom Dachboden der Markuskirche aus – zeigt,109 ergibt mehrere Diskre- panzen. Am „Neuen Bau“ fehlen in der vorliegenden Zeichnung des Landgrafen die überlieferten Zwerchgiebel sowie das kaum zu übersehende Observatorium auf dem Dach, das Landgraf Philipp dem zweimal in Butzbach zu Besuch weilenden Johannes Kepler zur Verfügung stellen konnte. Der langgestreckte Bau an der Grenze zum Solms-Braunfelsischen Hof, vermutlich eine Galerie, wie in 2° Ms. Hass. 107 [86] verso, rechts dargestellt, ist nachweislich eine eigenmächtige Zutat des Landgrafen. Möglicherweise handelt es sich hier um seinen Vorschlag für einen Neubau an dieser Stelle. Die Datierung auf der Vorderseite auf den 2. Sept. 1630 legt nahe, die Entstehung der rückseitigen Zeichnung in engem zeitlichem Zusammenhang zu vermuten.

Abb.37 2° Ms. Hass. 107 [85] verso, links

109 Wolff 2006, Abb. 17

59 Landgrafenschloss mit Vorhöfen, Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [86] verso, rechts Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [85] verso ist das Schloss mit dem Vorhof dargestellt, hier aller- dings von der Gegenseite (Süden) gesehen, mit dem von Moritz vorgeschlagenen langgestreck- ten Galeriebau auf der linken Seite. Das Schlossgebäude ist im vereinfachten Grundriss wieder- gegeben, während die Wirtschaftshöfe mit den verschiedenen Ställen und Scheunen detailliert ge- schildert sind. Das Hauptaugenmerk des Landgrafen lag vermutlich auf der Darstellung des neuen Gebäudes an der Grenze zum „Brauhof“.

Quader mit Flächenberechnung, (kombiniert mit mehreren Ansichten von Melsungen, dem Hof Stoltzenberg und der Mühle Schmidtfahrt) 2° Ms. Hass. 107 [238] (Abb. 9) Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [85] recto, rechts ist diese kleine, später mit anderen Darstellungen „aufgefüllte“ Zeichnung eines Quaders mit der Flächenberechnung der "grosse[n] fläche zu Butzbach“ auf den 02.09.1630 datiert. Vermutlich bezieht sich die etwas rätselhafte Darstellung auf den großen, freien Hof vor dem Schloss.

Abb. 38 2° Ms. Hass. 107 [313] verso, unten rechts

60 Cornberg

Das ehem. Benediktinerinnenkloster Cornberg an der Straße von Bebra nach Sontra, das seit dem 13. Jahrhundert bestand, wurde nach der Reformation 1527 aufgelöst. 1580 übergab Landgraf Wilhelm IV. seinem unehelichen Sohn Philipp Wilhelm von Cornberg die ihm gehörende Hälfte, der Anteil des Stiftes Hersfeld kam 1584 hinzu. 1598 erwarb Landgraf Moritz das ehemalige Kloster für 10.000 Reichstaler und schenkte es seiner zweiten Frau Juliane von Nassau, die den an der Straße von Hersfeld nach Eschwege gelegenen Besitz als landgräfliche Vogtei verwalten ließ. 1627 gelangte Cornberg somit in die sog. „Rotenburger Quart“, den Erbteil der hessischen Neben- linie, die 1834 erlosch.110 Zwischen 1958 und 1974 wurden die bis dato erhaltenen Wirtschafts- gebäude und das Herrenhaus abgerissen. Der Klosterbezirk wurde 1990 bis 1994 renoviert und dient heute als Bürger- und Kulturzentrum. Die beiden auf einem Blatt mit Darstellungen von Sontra und Melsungen vereinten Zeichnungen des Landgrafen sind in der oberen Zeichnung auf den 25.10.1630 datiert. Zu dieser Zeit hielt er sich mit seinen beiden Söhnen Moritz und Friedrich vorwiegend in Eschwege auf. Die Vogel- schauansichten geben eine anschauliche Bestandsaufnahme des ehemaligen Klosters, das zur damaligen Zeit als gelegentliches Quartier für die landgräfliche Familie diente.

2° Ms. Hass. 107 [313] verso, oben rechts Kloster und Herrenhaus von Norden,1630 Die Ansicht präsentiert die nördliche Hälfte des von einer Mauer umgebenen Klosterbezirks mit dem dort angrenzenden Wirtschaftshof, der von der Landstraße gequert wird. Moritz verzeichnet sorgfältig alle Gebäude, einschließlich des "Wirdtshauß", das 1615 von Landgräfin Juliane verkauft worden war.111 Im Jahre 1617 sind Baukosten in Cornberg belegt.112 Die Klosterkirche wurde wie in Breitenau als „Marstall" genutzt, daran schließt in der Zeichnung links „das hauß“ an, die ehemalige Propstei, die als herrschaftliches Wohnhaus diente. Ausge- dehnte Gartenareale, u.a. ein „Lustgarten“, ein „Baumgarten“ und ein „Birngarten“ komplettieren diesen Bereich des Geländes.

Kloster und Herrenhaus von Süden 2° Ms. Hass. 107 [313] verso, unten rechts (Abb. 38) Der südliche Teil des Klosters "wie man es vom berge her ansiehet“ enthielt im ehemaligen Kreuzgang den "viehhof" mit "Rinder stal", "Marstall" und "kuhen stall". Das östlich neben der Kirche gelegene zweigeschossige „hern hauß”, die ehemalige Propstei, zeigt sich hier als reprä- sentativer Renaissancebau mit zentralem Zwerchgiebel, Doppelbahnenfenstern und zwei Flanken- türmen mit geschweiften Hauben. Neben dem “hernn hauß gärtlein“ liegt - ebenso wie in der anderen Darstellung - ein separater, parzellierter „Lustgarten“. Der rundum eingefriedete Kloster- bezirk bot somit eine ideale Grundlage für die kurzzeitige Beherbergung höfischer Gesellschaften.

110 vgl. Seib 1989, Moch 1996 111 Moch 1996, S. 24 112 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 152

61 Elgershausen

Der 1123 erstmals erwähnte Ortsteil von liegt am Fuße des Habichtswalds. Die beiden Zeichnungen zu Landgütern aus dem Jahre 1614 stammen nicht von Moritz eigener Hand, sondern sind einem seiner Bediensteten, vermutlich einem Landvermesser, zuzuschreiben.

Unbekannter Zeichner, "Baltzer Marolts" Hof, 1614 2° Ms. Hass. 107 [94] Die 1614 datierte Grundrißzeichnung zeigt jenes landgräfliche 3 Hufen-Landgut, das Landgraf Moritz 1596 dem Bergschreiber Balthasar Marold, dem Sohn des Dr. Ortolph Marold, als Erbleihe im Tausch gegen dessen Bibliothek überschrieb.113 Dieser Vertrag führte jedoch zu anhaltendem Streit zwischen dem bisherigen Nutzer, dem Greben Siebert, der auf seine alten Rechte pochte, dem Landgrafen und Marold. Nachdem dieser in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, erhielt er bereits 1607 die Erlaubnis zum Verkauf des Lehngutes.114 Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Grundrisses, der vermutlich von einem Landvermesser des Landgrafen Moritz gezeichnet wurde, befand sich das Gut also schon nicht mehr in Marolds Besitz. Dieser Hof mit seinen zu beiden Seiten angeordneten Gebäudekomplexen und dem großen Garten dahinter, der „mitten im Dorf bei der Kirche“ gelegen war, befand sich wahrscheinlich an der Stelle der heutigen Korbacher Straße 78.115

Unbekannter Zeichner, "Förster Lips" Hof, 1614 2° Ms. Hass. 107 [95] Der am selben Tag und von derselben Hand wie 2° Ms. Hass. 107 [94] gezeichnete Plan zeigt den Hof des „Förster Lips“, bestehend aus einem eingefriedeten halbrunden Hof mit rechteckigen Wohnhaus sowie zwei kleinen Nebengebäuden („M“, „N“) und Brunnen („K“, „E“). Ein „bäumgarten“ schließt sich rückseitig an. Von Landgraf Philipp als befestigter Jagdhof erbaut116 diente dieser den hessischen Fürsten seitdem während der Jagd als Unterkunft, wie aus einem Brief des Landgrafen Wilhelm IV. hervorgeht: „weil wir solche Behausung zu Jagdzeiten, wenn wir daselbten zu liegen pflegen zu unseres Hoflagerß notturfet gemeinlich geprauchen“.117 Daneben fungierte der Hof aber zudem als Wohnstätte für den Förster Philipp („Lips“) Becker und seinen gleichnamigen Sohn, der ihm im Amte nachfolgte. Das an der Vorderseite gerundete Grundstück läßt sich im Ortsplan von 1754 am Kreuzungspunkt der drei Hauptstraßen wiederfinden.118

113 HStAM Best. 17e Elgershausen 9, vgl. Hartmut Broszinski: Spuren klösterlicher Alchemie in Kasseler Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts. in: Nova de veteribus. Mittel- und neulateinische Studien für Paul Gerhard Schmidt. München/Leipzig 2004, S. 834 114 HStAM Best. 17e Elgershausen 10 115 Hellwig 1995, S. 79 116 Holtmeyer 1910, S. 60 117 vgl. Hellwig 1995, S. 85ff. 118 Hellwig 1995, S. 91

62 Eppenberg

Südöstlicher Bereich, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [10] Die ehemalige Kartause Eppenberg befand sich am Fuße des Heiligenbergs bei Felsberg, un- weit der alten Fernstraße „Sälzerweg“. Spätestens 1219 war hier eine Filiale des Augusti- nerinnenklosters Ahnaberg errichtet worden. Landgraf Ludwig I. erwirkte 1438-40 die Umwand- lung des Klosters in die mit Erfurter Mönchen besetzte Kartause St. Johannis. 1527 mussten die Mönche der Reformation weichen, die Konventsgebäude wurden als landgräfliches Jagdhaus genutzt. Ende des 16. Jhdt. gehörten zur Kartause drei Höfe, der Oberhof, d.h. das ehemalige Kloster, der Mittelhof und der Unterhof, d.h. der alte Hof Wimmenhausen. 1608/09 wurde die Kartause auf Anweisung von Landgraf Moritz durch seinen Baumeister Adam Müller umgebaut und erweitert.119 Bei Merian heißt es, dass das Kloster von Landgraf Moritz „sehr artig ernewert / und mit vielen stattlichen Gemächern dreymal ubereinander versehen worden. Hat auch seine nottürftige Stallungen/ und Schewren / alle von Stein auffgeführet / daß man mit der gantzen Fürstlichen Hoffhaltung wol daselbst accomodiert seyn können.“120 Noch 1615/16 ist in den Bau- anschlägen vom Bau einer neuen Vogtei die Rede.121 Bereits im Dreißigjährigen Krieg wurde die Anlage zerstört und danach als Vorwerk der Domäne Mittelhof eingerichtet. Nach einem Feuer 1957 verfielen die Gebäude zunehmend. Heute ist im ehemaligen Torhaus ein Bienenkunde- museum eingerichtet, vom Kloster sind allerdings vor allem nur noch Überreste der Kirche erhalten. Das Gebiet um die Kartause und die Ruinen wurden 1988 unter Naturschutz gestellt. Die bisher bei den unbestimmten Blättern eingeordnete Zeichnung konnte aufgrund der eigen- händigen Bezeichnungen der Tore ("Melsunger Thor” und "Velsberger Thor") als Darstellung des zwischen Melsungen und Felsberg gelegenen landgräflichen Besitzes identifiziert werden. Eine Bauanweisung von 1609 erwähnt diese beiden Tore ebenfalls namentlich.122 Vermutlich ist die Zeichnung unvollständig, die eine Hälfte des Blattes scheint leider abgetrennt worden zu sein. Die Darstellung beschränkt sich deshalb auf einen Plan der verschiedenen Gärten im Südosten der Anlage mit der „Einfahrt zum hause“, dem „fisch behälter", und den beiden Toren. Am Felsberger Tor liegt auch die „Cantzley", während dem Melsunger Tor Wirt- schaftsgebäude angegliedert sind.

119 vgl. Heimerich 1979, S. 209ff., Akten im HStAM Best. 17e Kartause 1 und Kartause 4 120 Merian 1646, S.46 121 HStAM Best. 53e Pak. 61 122 Brief vom 15.05.1609, in: HStAM Best. 53e Pak. 61

63 Eschwege

Erstmals erwähnt wird Eschwege 974 als sächsischer Königshof, der als Verwaltungssitz die Werrafurt bewachte. Die sich im Anschluss an den königlichen Wirtschaftshof entwickelnde Siedlung erhielt vermutlich im 12. Jahrhundert die Stadtrechte. Nach der Errichtung des Kanonissenstiftes St. Cyriakus am Ende des 11. Jahrhunderts erfolgte 1278 die Niederlassung des Augustinerordens, damals noch außerhalb der Stadt, die wenig später nach Süden erweitert wurde.123 Nach häufigem Besitzerwechsel zwischen Hessen und Thüringen kam Eschwege 1433 endgültig zu Hessen. Im 1627 zwischen Landgraf Moritz und seiner Ehefrau Juliane von Nassau geschlossenen Vertrag wurden Stadt und Amt Eschwege der sog. Rotenburger Quart zugeteilt, dem Teil Hessens, der zur Versorgung der Söhne aus zweiter Ehe dienen sollte und fiel erst 1834 an Hessen-Kassel zurück. Im Dreißigjährigen Krieg kam es 1637 zu weitreichenden Zerstörungen in der Altstadt, von denen aber das Schloss verschont blieb. a. Landgrafenschloss

Das Eschweger Schloss am nordwestlichen Rand der Altstadt geht zurück auf eine Ende des 14. Jahrhunderts errichtete Burg der Thüringer Landgrafen. Nach einer vermutlich grundlegenden Erneuerung des Nordflügels 1552124 ließ Landgraf Wilhelm IV. 1581 diesen wie auch den im Kern ebenfalls mittelalterlichen Westflügel umgestalten und mit Treppentürmen versehen. 1582 legte er zudem einen großen Lustgarten hinter dem Schloss an.125 Landgraf Moritz veranlasste zunächst nur kleinere Umbauten und ließ um 1600 seine Gemächer mit einem umfangreichen Bildprogramm ausmalen.126 An der Südostecke der Anlage wurde 1615 ein nahezu quadratischer Pavillon errichtet, der durch Arkadengänge mit den älteren Bauten verbunden ist. In diesem Jahr werden jedenfalls in den erhaltenen Bauanschlägen die „beiden Gallerijen und der viereckichte Turm“ erwähnt, die bis auf den Ausbau und das Dach fertig seien, das „Bronnenwerk“ ist hingegen noch in Arbeit.127 Ein Brunnen im Lustgarten, den der Bildhauer und Architekt Wilhelm Vernukken anfertigen soll, wird allerdings auch schon 1605 erwähnt.128 Von 1617 bis 1626 war Eschwege Witwensitz der Gemahlin des 1617 verstorbenen Landgrafensohns Otto, Agnes Magdalena von Anhalt-Dessau. Ab 1630 diente das Schloss dem abgedankten Landgrafen mit Unterbrechungen als Wohnsitz.129 Am 15. März 1632 ist er hier verstorben. Die Zeichnungen, die die Schlossanlage von mehreren Seiten zeigen, betreffen vor allem die Gestaltung der Außenanlagen des Schlosses. Neben Entwürfen für die Gestaltung eines Vorhofs an der Stadtseite, wo der Fürst zudem eine neue Kanzlei plante, finden sich Pläne für die Anlage einer Rennbahn mit Turnierhaus und eines größeren Lustgartens an der Werra. Zu datieren sind diese Darstellungen vermutlich sämtlich in die letzten Lebensjahre des Fürsten 1630/31.

Ansicht von Osten 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten (Abb. 39) Die auf einem Blatt mit einer Zeichnung von Treffurt vereinte Vogelschauansicht präsentiert die Stadtfront des Schlosses mitsamt dem 1615 errichteten "paviglion" mit Laternenaufsatz, dem „durchsichtig türmlein“ - wie Georg Fabricius es beschreibt130 - an der Südwestecke. Daran

123 vgl. Geschichte der Stadt Eschwege 1993 124 Großmann 2010, S. 97 125 Denkmaltopographie 1992, S. 176 126 vgl. Borggrefe/Fusenig/Kümmel 2000 127 Bericht von Georg Fabricius vom 26.12.1615, in: HStAM Best. 53e Pak. 61 128 Brief von Rentmeister Muldener vom 30.06.1605, in: HStAM Best. 53e Pak. 60 129 Löwenstein 1989, S. 105 130 siehe Anm. 127

64 schließen sich jene, den Pavillon mit den älteren Gebäuden im Norden und Westen verbindenden „gallereijen“ mit Balustraden an, deren Fertigstellung mit „Eijsengijtter oder Sprengwerk“ Fabricius in seinem Bericht von 1615 in Aussicht stellte. Vor der Stirnseite des Nordflügels liegt ein kleines „gärtlein“, das durch ein als Pendant zu dem „porthauß“ neben dem Portal eingezeichnetes „garthauß“ vervollständigt wird. Die städtische Bebauung im Vordergrund ist im Plan angedeutet, wobei die eingezeichnete "ledige Baustädte zur Cantzley" den Plan des Landgrafen offenbart, an dieser Stelle in der unmittelbaren Umgebung des Schlosses, ähnlich wie in Melsungen, einen neuen Kanzleibau zu errichten. Aufgrund der Datierung der auf demselben Blatt angebrachten Zeichnung von Treffurt auf den 21.04.1630 kann man von einem engen zeitlichen Zusammenhang der Darstellungen ausgehen. Landgraf Moritz reiste seinerzeit von Treffurt direkt nach Eschwege, um dort mit seinem Gefolge das Schloss zu beziehen.131

Abb. 39 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten

Ansicht von Osten 2° Ms. Hass. 107 [102] recto Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten (Abb. 39) zeigt diese sorgfältig gezeichnete Vogelschauansicht auf einem Doppelblatt das Schloss von Osten, wobei die umgebende Bebauung nur angedeutet und teilweise im Plan angegeben ist. Erkennbar wird die nahezu quadratische Anlage der Gebäude mit den Arkadengängen. Neben den „hinder hof zwischen dem Schloß und garten“, der an das „hohner thor“ angrenzt, zeichnet Landgraf Moritz in diesem Fall auch einen „Vorhof“ ein, der den kleinen Garten an der Vorderseite des Schlosses bis zum Portal neben dem Pavillon rechteckig ergänzt. Das tiefer gelegene „klein gärtlein“ wird über ein Treppen- podest an der Stelle des in der oben genannten Darstellung eingezeichneten Gartenhauses zugänglich. Die Stirnseite des Nordflügels erhält anstatt des Erkers hier einen zentralen Mittelrisalit, - auch das eine Gestaltungsidee des Fürsten zur Verschönerung des Baues, die nicht umgesetzt wurde. Die „ledige baustädte“ im Vordergrund bezeichnet wieder den Platz, den der Fürst für den Neubau einer Kanzlei in Aussicht genommen hatte.

Ansicht von Osten 2° Ms. Hass. 107 [106] Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [102] recto präsentiert auch diese Ansicht von Osten die Schloss- anlage und die nähere Umgebung mit Honer Tor und Landvogtei, wobei der Schwerpunkt auf dem

131 Löwenstein 1989, S. 105

65 Platz vor dem Schlosseingang liegt, dessen freie Fläche genau vermessen ist. Möglicherweise wurden diese Maße benötigt, um hier ein Straßenpflaster anzulegen. Auch in diesem Fall befinden sich beidseits des Schlossportals zwei eingefriedete Gärten („Pörtners garte“, „Caningarte“), wobei der Caningarten wie in 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten (Abb. 39) ein Gartenhaus als Pendant zum Pförtnerhaus aufweist. Eine massive Mauer mit zwei Portalen („herrn thor“, „neben thor“) separiert diesen Bereich von der Umgebung. Diese sorgfältige Einfriedung scheint ein wesent- liches Anliegen des Kasseler Landgrafen gewesen zu sein.

Ansicht von Osten 2° Ms. Hass. 107 [105] (Abb. 40) In dieser Vogelschauansicht, die eine weitere Gestaltungsvariante für das Areal östlich vor dem Schloss zeigt, präzisiert Landgraf Moritz seine mehrfach formulierte Entwurfsideen durch die Einzeichnung des „neuen“ Baus, eines langgestreckten Gebäudes mit vier Zwerchgiebeln gegenüber dem von ihm geplanten Vorhof, der den "platz vor der Apoteken. / zum Spielplatz zu gebrauchen" und den „Canin garte“ umfasst. Die Rasterung des freien Platzes und der Straße an der Vogtei, die sorgfältig vermessen sind, steht möglicherweise in Zusammenhang mit einer geplanten Aufpflasterung der Strassen in der Schlossumgebung, die in 2° Ms. Hass. 107 [102] recto noch in der üblichen Weise von Abwasser- rinnen durchzogen sind. Der eingefriedete Vorhof und die Pflasterung dienten dem Ziel, das Aussehen des fürstlichen Wohnsitzes in diesem Bereich zu verbessern und Unrat fern zu halten.

Abb. 40 2° Ms. Hass. 107 [105]

Rennbahn und Entwurf für eine "Neue Galerie“ 2° Ms. Hass. 107 [104] Der nordwestlich hinter dem Schloss gelegene "blatz zwischen dem schlosse / und Lustgarten“ war nach Ansicht des Landgrafen „Zum bereit und Rhennen platz zu ge brauchen“, wie in dieser Vogelschauansicht aus Richtung des Honer Tores dokumentiert ist. Entlang des Westflügels erstreckt sich ein 227 Fuß langer und 72 Fuß breiter Platz, der im Norden durch die "Neue galerie ahn dem schlosse", einen eingeschossig überbauten Arkadengang, abgeschlossen wird. Ein „bereithauß“ an der vorderen Mauer vervollständigt die intendierte Funktion eines höfischen Reit- und Turnierplatzes. Die handschriftliche Anmerkung des Landgrafen: „NB. dieser abriß ist falsch der thurm stehe / besser zur seite, die garten linie läuft herein und / nicht hinderß, die linea vondem schlosse her ist / 303 schue lg, die garten linie 330. Also / wehre Linea adaequirte 316 1/2 schue." korrigiert die

66 eingetragenen Maße und belegt die intensive Auseinandersetzung des Landgrafen mit der Aus- gestaltung in diesem Bereich.

Rennbahn mit Entwurf für eine Galerie 2° Ms. Hass. 107 [103] recto (Abb. 41) Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [104] zeigt auch dieses kleine Blatt das für eine Rennbahn vorgesehene Gelände am Schloss nebst einer Galerie von Süden. An der linken Seite schließt der „lust garte“ an. Der im Vordergrund eingezeichnete Bau des Honer Tores erhält in diesem Fall einen Dachaufbau mit Laterne, der der Haube des Pavillons angeglichen ist, vermutlich ein Einfall des Landgrafen, der nicht der Realität entsprach. In diesem Turm befand sich jene von Landgraf Moritz eingerichtete Wasserkunst, die durch eine Pumpe bei der Mühle an der Werra gespeist wurde und das Wasser in die Springbrunnen des Gartens und in die fürstliche Küche verteilte.132

Abb. 41 2° Ms. Hass. 107 [103] recto

Abrechnungsliste über Nahrungsmittel der Hofküche 2° Ms. Hass. 107 [103] verso Die auf der Rückseite der Zeichnung des Entwurfs einer Galerie an der Rennbahn befindliche Abrechnungsliste der Hofküche listet diverse Lebensmittel (u.a. "Kälber", "Lämmer", "Wild", „Caphaunen“, "Karpfen", "Stockfisch" etc.) mit den zugehörigen Kosten auf und steht somit nicht in inhaltlichem Zusammenhang mit der Zeichnung.

Schloss mit Rennbahn und Lustgarten von Norden 2° Ms. Hass. 107 [102] verso, rechts Die sorgfältig konzipierte Vogelschauansicht auf einem Doppelblatt präsentiert das hinter dem Schloss gelegene Areal von der Werra aus, wobei am oberen Bildrand das Honer Tor mit der Weg- kreuzung "Weg von Reichensachsen" / "Weg nach Nieder hohne“ zu sehen ist. Hinter dem West- flügel des Schlosses befindet sich der langgestreckte, mit Maßangaben versehene "renneplatz", der hier durch ein halbrundes, durch Arkaden-Substruktionen erhöhtes "provisto drauß dem Rennen zu zu sehen“, d.h. eine Zuschauerplattform, abgeschlossen wird. Der rechts an- schließende Lustgarten ist in diesem Fall in vier nach Planeten ("Sol", "Mars", "Jupiter" und "Saturnus") benannte Kompartimente unterteilt. Diese Bezeichnung der Felder hängt eng zusammen mit den bekannten alchemistisch-naturwissenschaftlichen Interessen des Landgrafen.

132 Hochhuth 1826, S. 56

67 Das 1625 erschienene Buch des mit Moritz in brieflichem Austausch stehenden Coburger Gelehrten Johann Popp „Kräuter Buch: Darinnen die Kräuter des Teutschen Landes, aus dem Licht der Natur, Nach rechter Art der Signaturen der Himmlischen Einfliessung [...] beschrieben“ beschäftigte sich z.B. explicit mit dem positiven Einfluß der Himmelskörper auf die Pflanzen, insbe- sondere die Arzneipflanzen. Bekannt ist, dass in Mantua seinerzeit ein Heilpflanzengarten exis- tierte, der nach der Stellung der Planeten eingerichtet war.133 Ob ein solcher „Planetengarten“ in Eschwege tatsächlich verwirklicht wurde, erscheint zweifelhaft. Im Vordergrund befindet sich unweit der am linken Bildrand gelegenen Mühle an der Werra ein kleiner sechseckiger Fachwerkbau mit Kranausleger, bez. „Der Gran“, der zur anschließenden „schlacht“ gehörte, der Umladestation für die Frachtschiffe. Landgraf Moritz hatte sich in Eschwege, wie in vielen anderen Orten auch, für die Schiffbarmachung des Flusses engagiert und die Schlagd anlegen lassen.134

Ansicht von Westen mit Planetengarten 2° Ms. Hass. 107 [108] recto unten (Abb. 42) Die Vogelschauansicht von Westen zeigt ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [102] verso einen großen, rechteckigen Rennplatz hinter dem Schloss, an den der ebenso mit Planetennamen bezeichnete Lustgarten anschließt. Es fehlt hier aber die Zuschauertribüne bzw. die in anderen Darstellungen thematisierte Galerie am Rennplatz. Augenfällig wird hier besonders die Übereinstimmung der Dachformen von Pavillon und Stadtturm, die auch in 2° Ms. Hass. [103] recto (Abb. 41) erkennbar ist, eine Gestaltungsidee des Landgrafen zur Vereinheitlichung der Außenwirkung der Schloss- anlage.

Abb. 42 2° Ms. Hass. 107 [108] recto,unten

133 Tomasi 1993, S.78 134 Schmincke 1922, S. 218

68 Ansicht von Norden 2° Ms. Hass. 107 [108] recto oben In dieser kleinen, vermutlich ergänzend am oberen Rand der anderen Zeichnung auf diesem Blatt eingefügten Ansicht des Schlosses von Norden wird das abschüssige Terrain zwischen dem Nordflügel und der Schlagd wiedergegeben, das als „holtzblatz“ bezeichnet wird. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [102] verso trennt eine Mauer an der nordwestlichen Ecke des Flügels diesen Bereich vom anschließenden „Rennplatz“.

Schloss mit Gartenanlage von Norden 2° Ms. Hass. 107 [101] Die Zeichnung zeigt die hinter dem Schloss gelegenen Gartenbereiche, wobei der Westflügel am linken Bildrand nur angeschnitten erscheint. Unterhalb des an den „Renne-platz“ angrenzenden Lustgartens, ist das Terrain an der Werra zum Teil dreifach terrassiert, was vor allem durch die sorgfältig abgestufte Mauer zur Schlagd hin deutlich wird. Ein zwei Ebenen überspannender, abgegrenzter Bereich in der Mitte ist durch die regelmäßige Parzellierung als Lustgarten aus- gewiesen („hinder gärtlein“) und umfasst ein kleines Gartenhaus. Dieses Haus erscheint auch noch in späteren Plänen.135 Daneben erstreckt sich ein „Baumgärtlein“ bis zur Mauer. Das am rechten Blattrand nur angedeutete Gebäude am Werraufer unterhalb des äußeren Torgebäudes kann man als eines der zwei Rondelle identifizieren, die Landgraf Moritz am Ende des Gartens errichten ließ und von denen eines noch heute erhalten ist. Dilich schreibt in seiner „Hessischen Chronik“, der Fürst habe das Eschweger Schloss „anno 1595 mit einem liblichen schönen lustgarten / einer mawren mit zweyen artigen rundelen erweitern“ lassen.136 Vermutlich handelt es sich hier um einen Umgestaltungsentwurf, der das terrassierte Gelände an der Werra betrifft.

Maßtabelle zu einem Zaun am Schlossgarten 2° Ms. Hass. 107 [15] Das bisher nicht zugeordnete kleine Schriftstück "Data des langen gartten Zauns an / der werra von den Rundehlen an / biß an die schlacht“ gehört eindeutig zu den Zeichnungen vom Eschweger Schlossgarten. Die Verortung von „Rundehlen“ und „schlacht“ an der Werra stellt einen Zu- sammenhang mit der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [101] her, wo der Garten in diesem Bereich dar- gestellt ist. Die genaue Maßtabelle erfasst den Umfang der verschiedenen Gärten zwischen Lust- garten und Werra.

Lageplan mit Vermessungstabelle von Grundstücken hinter dem Lustgarten 2° Ms. Hass. 107 [18] Der Grundstücksplan mit den "Data hinderm hindersten gartten / Thor” verzeichnet die Gärten und Äcker die an die hinterste Grenze des Lustgartens mit den beiden Rondellen angrenzen. Text und Darstellung stehen vermutlich in engem Zusammenhang mit der offensichtlich von gleicher Hand angefertigten Maßtabelle zu einem Zaun am Schlossgarten 2° Ms. Hass. 107 [15]. b. Augustinerkloster

Das 1278 im südwestlichen Teil der Stadt errichtete Augustiner-Eremitenkloster wurde 1527 säku- larisiert.137 Ein Teil der Anlage (Kirche mit Kreuzgang) wurde dem St. Elisabeth-Hospital über- eignet, das dort bis 1968 bestand. Der übrige Teil des Klosters diente als landgräflicher Renthof und Marstall. Vom Kloster sind heute noch die um 1484 errichtete Hospitalkapelle (Hospitalplatz 5) 138 sowie das ehemalige Konventsgebäude mit einer historischen Inschrift von 1501 (Kloster-

135 Plan von 1745, vgl. Denkmaltopographie 1992, S. 177 136 Dilich 1605, S. 137 137 Seib 1993, S. 371 138 Denkmaltopographie 1992, S. 114

69 straße 1)139 erhalten. 1875 übernahm eine Brauerei das Gelände und ließ dort neue Gebäude errichten. Die beiden zusammengehörigen Zeichnungen des Landgrafen vom Hospital und Renthof im ehemaligen Augustinerkloster stehen im Zusammenhang mit seinen Bestrebungen, den Renthof zur Unterbringung von Pferde und Materialien im Zusammenhang mit dem dauerhaften Einzug im Schloss 1630 zu benutzen, wie erhaltene Schriftstücke belegen.140 Wie aus den Akten weiter hervorgeht, gab es damals Schwierigkeiten, das gesamte Hofpersonal unterzubringen. Neben dem Schloss, der Landvogtei und dem Renthof wurden noch weitere Quartiere in der Stadt gesucht.141

Augustinerkloster, Hospital und Renthof 2° Ms. Hass. 107 [113] (Abb. 43) Aus fünf Teilen setzt sich das Blatt zusammen, auf dem Landgraf Moritz in einer breit gelagerten Vogelschauansicht von Westen das ehemalige Augustinerkloster mit dem damals dort be- heimateten Spital und Renthof mit der angrenzenden städtischen Bebauung visualisiert. Die "Spitals gasse" auf der linken, „Walgasse“ (Wallgasse) und „der Böneburgische hof" auf der rechten Seite, sowie „der Weg an der Stadtmauer“ im Vordergrund lokalisieren das Areal. Der „spitals hof“ mit der Kirche, deren Kapelle noch heute erhalten ist,142 nahm den hinteren, nord- östlichen Teil der Anlage ein. Vom sehr detailliert, bis hin zum Storchennest auf dem First, ge- schilderten „dormitorium“ ist heute noch der Keller erhalten.143 Die beiden vorderen Höfe sind unterteilt in „Rendthofs garte“, der auch einen „Würtzgarten“ und ein „küch[en] gärtlein“ enthält, und den „Augustiner / Rendthof. Zum theil / die mistädte“ vor dem Dormitorium, der eingerahmt wird von diversen Wirtschaftgebäuden. Die städtische Bebauung an der Spitalsgasse mit den zahlreichen Fachwerkhäusern und der Wallgasse mit dem „Böneburgisch hof“ ist nur ansatzweise wiedergegeben.

Abb.43 2° Ms. Hass. 107 [113]

139 Denkmaltopographie 1992, S. 121 140 vgl. die Anweisungen vom 5./6. Mai 1630, in: HStAM Best. 4a 38/20 141 vgl. die Anweisung vom 5.10.1630, in: HStAM Best. 4a 38/26 142 Denkmaltopographie 1992, S. 114 143 Denkmaltopographie 1992, S. 118

70 Augustinerkloster, Renthof 2° Ms. Hass. 107 [114] Die großformatige Zeichnung präsentiert die Wirtschaftsgebäude des Renthofes im ehemaligen Augustinerkloster in einer detaillierten Vogelschauansicht von Osten, wobei die alten Kloster- gebäude im Vordergrund im Grundriss wiedergegeben sind. Die sorgfältige Schilderung der den Hof mit der „Mistädte“ und dem Pflasterweg umgebenden Fachwerkgebäude dokumentiert das besondere Interesse des Landgrafen an dieser Anlage. Nach den im Staatsarchiv Marburg er- haltenen Quellen war er bestrebt, nach seiner Ankunft in Eschwege im Mai 1630 den Renthof zum Logis für „Pferde, Kutschen od Wagen“, d.h. zum Marstall zu erhalten.144 Die Übereinstimmung des Wasserzeichens im benutzten Papier mit dem bei 2° Ms. Hass. 107 [113] verwendeten belegt, dass beide Zeichnungen in engem zeitlichem Zusammenhang entstanden sind. c. Diverses

Boyneburgischer Hof (?) 2° Ms. Hass. 107 [109] Die Zeichnung von "Friedrich von Böneburgs Ritmeisters / rathes[?] Böneburgisches hauß, deliniiert / den 29. Octobris. 1630. M.H.L." gibt in der Vogelschau ein städtisches Gebäude- ensemble wieder, das zwischen „Marktblatz“, "gässlein nach der Stadtmauer" und "scheidtmauer vom Augustiner Closter" angesiedelt ist. Im Zentrum stehen drei eng aneinandergedrängte Fach- werkgebäude, bezeichnet als "pferdt stall", "Won hauß" und "Sommer / hauß“. Während im Vorder- grund eine Wirtschaftshof liegt, dessen Mauerverlauf mehrfach korrigiert ist, erstreckt sich links hinten zwischen den Gebäuden „Ein garten“, der durch gleichmäßige Kompartimente gekenn- zeichnet ist. Traditionell Eschwege zugeordnet, zeigen sich jedoch im Detail deutliche Diskrepanzen zu der in 2° Ms. Hass. 107 [113] geschilderten Situation, die eine Verortung in Eschwege schwierig machen. Die zeitliche Nähe zu den Zeichnungen von Sontra (2° Ms. Hass. 107 [312] + [313]) legte eine Recherche in diesem Ortszusammenhang nahe, auch dort konnte aber dieser Hof so nicht verortet werden.

Vermessungstabelle zur Stadtbefestigung 2° Ms. Hass. 107 [17] Der kleine, bisher nicht zugeordnete Notizzettel kann aufgrund der hier genannten, bestimmbare Lokalitäten („Düntzebacher Thor”, „Boineburger Thor“) nach Eschwege verortet werden. Der erwähnte runde Turm am Dünzebacher Tor wurde nach der Zerstörung 1637 wieder aufgebaut und ist noch heute erhalten.

144 Anweisung vom 5. Mai 1630, in: HStAM Best. 4a 38/20

71 Fahre

Der unweit von Melsungen gelegene herrschaftliche Gutshof Fahre diente einstmals als Herberge bei der Fuldafähre an der alten Landstraße „Durch die langen Hessen“ nach Thüringen und ge- hörte ursprünglich zum nahegelegenen Schwertzelhof. Aufgrund des regen Verkehrs befand sich neben dem landgräflichen Gasthaus auf dem Ostufer auch ein weiter südlich gelegener Riedesel- scher Hof am Westufer der Fulda.145 Nach der Abdankung des Landgrafen Moritz 1627 gehörte diese Gehöftgruppe zu den wenigen ihm verbliebenen Besitzungen. Später diente die Anlage als hessische Staatsdomäne 146 und befindet sich heute im Besitz der Fa. B. Braun Melsungen. Reste der alten Gebäude und der Einfriedungsmauer sind an einigen Stellen vor Ort noch vorhanden. Das sanft ansteigende Terrain direkt am Fluss bot aufgrund seiner besonderen Lage, die die von Landgraf Moritz sehr geschätzte Erreichbarkeit auf dem Wasserweg gewährleistete, offensichtlich ideale Bedingungen für die Konzeption einer ländlichen Schlossanlage mit Gärten. Die in einigen Fällen anzutreffende eigenhändige Bezeichnung als „Herrenhaus“ oder „Sommerhaus“ spiegelt die Überlegungen zu einem mehr privaten, zeitweilig genutzten Wohnsitz. Wie die zahlreichen Varianten (insgesamt 56 Einzelzeichnungen und 5 Schriftstücke) zeigen, kreisen die Entwürfe des hessischen Fürsten um die Idee eines einflügeligen Lustschlosses als relativ schlichtem längsrechteckigen Bau, wahlweise dekoriert mit Zwerchhäusern sowie Anbauten in Form von Risaliten, Pavillons oder Türmen, eingebettet in einen geschlossenen Hof mit an- schließender vielfältiger Gartenlandschaft. Sie stehen in der Tradition der ländlichen, von Flüssen und Kanälen begleiteten Lustschlösser der Renaissance, wie sie in J.A. Du Cerceaus meister- haften architektonischen Stichwerken147 beispielhaft dargestellt sind. Die unterschiedlichen Versi- onen setzen das Lustschloss, das in der Größe zwischen zwei und drei Geschossen und fünf bis neun Fensterachsen differiert, in der Regel in einen eingefriedeten Hof, der mit Vorliebe durch Eck- pavillons akzentuiert ist, wobei eine Aufböschung die Hanglage ausgleicht. Die in vielen Beispielen visualisierte Position des Gebäudes an der Südseite, d.h. bezogen auf die Landstraße und den Wirtschaftshof, wird in einigen Fällen zugunsten einer Verknüpfung mit dem Lustgarten und dem Fluss auf die Ost- bzw. Westseite verlagert. Andere Varianten sehen das Schloss als Fachwerk- gebäude bzw. mit einer bastionären Plattform, die wehrtechnisch eigentlich keine Bedeutung besitzt. Der auf der anderen Straßenseite gelegene, ausgedehnte Wirtschaftshof an der alten Herberge wird als separate Versorgungseinheit ebenfalls in die Planung mit einbezogen, ähnlich wie es auch für die „villeggiatura“ der italienischen Renaissance kennzeichnend ist. Weiträumige Lagepläne und die erhaltenen ausführlichen Anweisungen zur Bepflanzung der Gärten und Felder weisen darauf hin, dass der Landgraf stets auch die wirtschaftliche Nutzung des Geländes im Auge hatte. Die häufig eingetragenen Maßzahlen belegen die recht konkreten Vorüberlegungen des Land- grafen, die aber aufgrund der finanziellen Probleme nicht realisierbar waren. Die in den bei- liegenden Schriftstücken aus dem Jahre 1628 erwähnten Bauarbeiten betreffen vor allem die Um- mauerung des Hofes (einschließlich von „Erkern“, d.h. Pavillons), die Wirtschaftsgebäude und das Gartengelände.

Entwurf für ein Lustschloss "Moritzheim" bei der Herberge, Lage- und Pflanzplan, 1628 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) Der große, aus zwei Blättern zusammengefügte Plan umfasst das gesamte bewirtschaftete Terrain an der Fulda, wobei die rechts unten eingefügte Datierung: "1628 15. Martij / Melosung[?]" vermutlich nicht von der Hand des Landgrafen stammt. Während die alte Scheuer an der Straße bereits als abgerissen gekennzeichnet wird („plätzlein da die scheuer / bestanden“), besteht das „hauß Moritzheim an der fahre“ hier noch aus dem alten, bei Dilich verzeichneten Bau - eine Erweiterung des Gebäudes wird aber bereits skizziert. Die Aufteilung des Wirtschaftshofs an der

145 vgl. die Landtafeln von Dilich, 2° Ms. Hass. 679 Taf. 6b und 9 146 Historisches Ortslexikon (Stand: 4.11.2010) 147 vgl. vor allem die Darstellungen im „Livre d’architecture“ von 1582

72 Herberge entspricht bis auf die offensichtlich neue Scheuer an der kleinen Schmiede ebenfalls Dilichs Landtafel. Neu ist die Einfriedung des Hofes um das Herrenhaus durch eine Mauer mit Eck- pavillons, wobei der Zugang über eine Rampe von der Landstraße her erfolgt. Neben verschie- denen Gärten vermerkt die Zeichnung auch die Bepflanzung der einzelnen, sorgfältig abgegrenz- ten Äckerflächen. Nach den erhaltenen, nur wenige Tage später (auf den 21., 28. und 30.3.1628) datierten Schrift- stücken (2° Ms. Hass. 107 [155], [156] + [152]) ist zumindest die Abräumung des alten „Reise- stalls“ und die Einfriedung des Hofes am Herrenhaus in Angriff genommen worden. In der Kosten- aufstellung für Zäune und Mauern ist zudem namentlich die Rede von „Schloshoff“ und vier „Erkern“, womit vermutlich die Eckpavillons in der Mauer gemeint sind. Die gründliche Planung des großen Gartengebiets entspricht ebenfalls im Wesentlichen den Anweisungen in den Schriftstücken. Der Lustgarten nahm dabei nur einen kleinen Raum ein, wichtiger waren Küchen- und Arznei- bzw. Apothekengarten.

Abb. 44 2° Ms. Hass. 107 [149]

Abbruchanweisung für den "Reisestall" 2° Ms. Hass. 107 [155] Die von einem Schreiber verfasste und vom Landgrafen abgezeichnete Anweisung beginnt: "Heut dato den 21 t Martij Ao 1628. Ist mit M: Hans Kolben, Bürge auß Milsungen, gehandelt worden, d [aß] derselbe den Alten / Reijse Stall zur Fahre abbrechen soll“ und vermerkt, dass dieser nicht nur die Ziegel und das Holz abräumen soll, sondern zudem „den hoff, wie solcher / abgestickt, nach der wagen hübsch zu vergleichen, damit derselbe / fein gleich vergleichen werde, undt in eine gleichheitt kommen möge

Ziegelbestellung 2° Ms. Hass. 107 [156] Im Zusammenhang mit den Planungen für eine Umgestaltung des Hofes Fahre erfolgte am 28.03.1628 eine Bestellung an den „Ziegeler von d[er] Carthauß“ der „so baldt / als Immermöglich” Steine liefern solle. Die Rede ist nicht nur von „Backen Steine[n]“, sondern auch von „Garten scherben“ und „Baumscherben“, die vermutlich zur Gliederung der in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) eingetragenen Gartenareale eingesetzt werden sollten.

73 Kostenaufstellung für Zäune und Mauern 2° Ms. Hass. 107 [152] Die auf den 30.03.1628 datierte „Ausrechnung des gantzen Mauerwergks, wo fern an Stat des / frasenwalls die Area des Schloshoffs zur fahre, biß an die / vergleichung des platzes oder fußs solte von Mauerwergk gemacht, / und die Erde darhinder verstürtzt werden“ veranschlagt die Aus- maße und Unkosten einer Aufböschung und soliden Einfriedung des Hofes um das geplante Lust- schloß in Fahre, wie sie in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) vorgestellt wird. Dabei werden zwei Varianten der Anfertigung verglichen. Das „Mauerwerck von Steinen“ erscheint teurer als die „Haar-wandt“ (eine Fachwerkkonstruktion), „es ist aber solche haarwandt bei weitem nicht / so bestendig, und vorm insteigen so sicher, / alß das mauerwerck von Maursteinen."

Vermessungstabelle zu Gartenarealen 2° Ms. Hass. 107 [153] Die vorliegende Tabelle gibt die Maße der verschiedenen Gärten und Äcker am geplanten Lust- haus (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [149], Abb. 44) die bebaut werden sollen. Ergänzend sind zudem die Kosten für die Samen aufgeführt (Erbsen, Bohnen, Reis Hirse), die ausgesät werden sollen. Des Weiteren wird festgelegt, dass „wenigstens 3 Acker Brach zu kraudt, / Rüben, Wurtzel, pastinaken und dergleichen küchen sachen“ vorgehalten werden sollen. Diese Aufstellung steht vermutlich im Zusammenhang mit der Aussaatanweisung 2° Ms. Hass. 107 [154].

Aussaatliste für den Küchengarten 2° Ms. Hass. 107 [154] Die Aufstellung "Zu besahmung unsers gemeinen feldt oder küchen gartens zur Fahre / seindt vonnöten noch folgende Sahmen, so theils jetzo also baldt theils / hinkünftig in [...] verschaft werden sollen.” verzeichnet die geplanten Sämereien (u.a. Petersilie, Senf, Bohnen) im Küchen- garten. Die von anderer Hand angefügte „Taxa“ notiert zudem die darauf anfallenden Kosten.

Entwurf für ein "Lusthaus" bei der Herberge, Lageplan, 1628 2° Ms. Hass. 107 [145] Der Lageplan, bezeichnet: "das f. lusthauß / zur Fahre an der fulde. / Inventiert den 2 Aprilis . 1628. / M.H.L.", stimmt in der Aufteilung des Areals weitgehend mit 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) überein, wobei hier zudem das Gelände des Wirtschaftshofes komplett angegeben ist. Auf Details und die Einzeichnung des Herrenhausgrundrisses wurde verzichtet, da hier der Interessenschwerpunkt auf dem Verlauf der Mauern und Abgrenzungen liegt - möglicherweise im Zusammenhang mit dem erhaltenen Schriftstück vom 30.03.1628 (2° Ms. Hass. 107 [152]) in dem es um eine Kosten-aufstellung für Zäune und Mauern geht.

Entwurf für eine Gartenanlage hinter dem Lustschloss, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [150] Die schon in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) dargestellten großen Gartenareale und bepflanzten Felder hinter dem geplanten Herrenhaus werden in diesem Entwurf durch einen botanischen Garten im Anschluss an das "stück so mit haver gesehet" ergänzt. Die Beschriftung der einzelnen Felder: "Area Aromaticorum", "Area Bulbosarum", "Area ternifoliens.", "Hortus sylvestrium", "Area florigenarum", "Area Tuberosarum" und "Area pilosarum" spiegelt eine Bepflanzung nach botanischen Interessen. Ein halbkreisförmiger Abschluß zur Straße hin und kleine, runde Lauben an den drei äußersten Punkten geben der durch ein doppeltes Wegekreuz unterteilten Anlage darüber hinaus ein repräsentatives Aussehen.

Entwurf für ein Herrenhaus bei der Herberge, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [143] (Abb. 45) Dieser ausführlich mit Maßangeben versehene Lageplan entspricht vor allem in der Anlage der Herberge mit den anliegenden Wirtschaftsgebäuden der in 2° Ms. Hass. 107 [145] gegebenen An-

74 ordnung. Sehr ähnlich ist auch die Anlage des Schlosshofs mit durch rechteckige Mauervor- sprüngen betonten Ecken, aber ohne Pavillons. Das eher schlichte Herrenhaus erscheint als eine Weiterentwicklung der in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) angedeuteten hälftigen Erweiterung des vorhandenen Gebäudes. Der auffällige Horizontalschnitt des geplanten Herrenhofes ermöglicht dem Landgrafen, das nach der Fulda hin abschüssige Gelände zu demonstrieren, dessen Aus- gleich eine massive Substruktion (Futtermauer mit Rundbögen) am unteren Ende des Terrains erforderte. Die am oberen Rand ansetzende, bis in die Zeichnung reichende Materialliste bezieht sich auf Holzbalken, die möglicherweise für ein neues Wirtschaftsgebäude benötigt wurden.

Abb. 45 2° Ms. Hass. 107 [143]

Entwurf für ein Herrenhaus bei der Herberge, Lageplan, 1628 2° Ms. Hass. 107 [144] Der Plan in der unteren Hälfte des Blattes wird durch die beigefügte ausführliche Maßtabelle er- gänzt, die die geplanten Baumaßnahmen am Wirtschaftshof erläutert. Danach sollte die Herberge verkleinert werden: „die Abseite daran soll abgelegt und uff / eine andere städte versetztet werd [en] -16 schue.“ (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [143], Abb. 44). Dafür könnte der Misthof ver-größert werden: „Alßo kan der Misthoff hinder der scheuer noch / verlengert werde - 100 schue." Der fürstliche Hof mit dem schlichten Gebäude des Herrenhauses, bezeichnet als „das hauß / zur Fahre an der Fulda“ verfügt in dieser Variante über quadratische Eckpavillons in der Ein- fassungsmauer. Die einzelnen Gartenareale werden durch Baumreihen abgegrenzt, wobei der schon in 2° Ms. Hass. 107 [143] eingezeichnete Teich hier direkt unterhalb der Hofanlage platziert ist.

Entwurf für ein Herrenhaus bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [123] recto Das ausgesprochen kleine Blatt zeigt eine Skizze vom "hof des / hauses zur / Fahre". Der Hof mit dem schlichten, im Umriss wiedergegebenen Herrenhaus, gelegen an der "Straße von Spangen- berg uff ", wird ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [144] von einer mit Eckpavillons aufge- werteten Mauer eingefasst und von Gärten und Teichen, untergliedert von Baumreihen, begleitet.

75 Entwurf für ein Lustschloss mit großem Garten, 1628 2° Ms. Hass. 107 [120] recto Der 1628 datierte Entwurf konzentriert sich wie 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) auf die Gestaltung des Terrains, das sich unterhalb und neben dem Hof erstreckt, gestaltet als großzügige Gartenanlage mit geometrischen Kompartimenten. Von den dort eingezeichneten landwirt- schaftlich genutzten Flächen sind hier nur "Wiese und Baumgarte“ und "gense Anger" am Fluß übrig geblieben. Die Anlage von Hof und Herberge entspricht den Lageplänen 2° Ms. Hass. 107 [143] (Abb. 44)+ [144].

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Südwesten 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts (Abb. 46) Der in Vogelschauansicht von Westen gegebene Entwurf ist wirkungsvoll so ins Bild gesetzt, dass sämtliche Begrenzungslinien und Wege diagonal verlaufen. Das zweigeschossige „Schloß Fahre“ besitzt einen Mittelrisalit an beiden Langseiten und eine von quadratischen Eckpavillons überragte Hofmauer. Der südöstliche Pavillon erhält dabei zusätzlich ein Fachwerkobergeschoß. An diesem Pavillon liegt auch der "deich", der in den Entwürfen des Landgrafen mehrfach die Position wechselt. Der Eingang zum Schlosshof liegt an der "Strasse nach Schwertzels hoff" (s.a. Schwerzelhof), die an der „herberge" vorbei zur Fulda führt. Rechtwinklig dazu geht oberhalb des Hofes der "Weg nach Beysefurht" (Beiseförth) ab.

Abb. 46 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts

76 Entwurf für eine Gartenanlage am Lustschloss 2° Ms. Hass. 107 [115] verso, rechts Auf der Rückseite des Entwurfs für das „Schloß Fahre“ befindet sich ein kleines Schema für einen geometrisch gegliederten Ziergarten von quadratischem Umfang. Ausgehend von einem runden Feld in der Mitte durchschneiden vier radiale Wege die unterschiedlichen rechteckigen Beet- kompartimente, endend in teilweise nur angedeuteten runden bzw. halbrunden Feldern. In dieser geometrisierenden Gestaltung ähnelt der Entwurf den Beetgestaltungen, die Charles Estienne in seinem Buch vom Landbau "Maison rustique"148, das auch im Nachlassinventar des Landgrafen verzeichnet ist, 149 in vielen Varianten vorführt. Möglicherweise handelt es sich hier um einen Entwurf für den quadratischen „Blumengarten“ auf der Vorderseite des Blattes.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [151] Die anschauliche Vogelperspektive zeigt eine ähnliche Geländeaufteilung mit Gärten und Feldern wie 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts (Abb. 46). Die geometrische Aufteilung des Garten- bereichs unterhalb des Schlosses sowie die spezielle Einzäunung reflektieren die Planung eines repräsentativen Lustgartens an dieser Stelle. Das zweigeschossige Lustschloss wird in dieser Variante mit breiten, zweiachsigen Zwerchgiebeln an den Langseiten aufgewertet, die mit der Form der Stirngiebel korrespondieren. Die quadra- tischen Eckpavillons sind mit kleinen Laternenaufsätzen auf dem Zeltdach dekoriert.

Entwurf für ein Lustschloss in Fachwerkkonstruktion 2° Ms. Hass. 107 [137] verso Das kleine Blatt präsentiert eine Entwurfsvariante, die die geplante Anlage vor dem "Weg nach Beysefurt" auf gxanz eigene Art als komplette Fachwerkkonstruktion auf dreieckiger Grundfläche zeigt. Dadurch verengt sich der Hofraum derart, dass das Hauptgebäude nur unzureichend dargestellt werden konnte. Die Eckpavillons werden mit Dachbalustraden und Laternen- bzw. Belvedere-Aufbauten besonders hervorgehoben. Mit ähnlichen Elementen wie in 2° Ms. Hass. 107 [151] werden ein eingezäunter Lustgarten und „küchengarten“ -Bereiche angefügt.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [124] Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts (Abb. 46) und [151] ist die gesamte Anlage systematisch in verschiedene Funktionsbereiche untergliedert. Neben den sorgfältig unterteilten Gärten und Feldern ist in dieser Variante noch ein kleiner „Spielplatz“ am „Weg nach Beisefuhrt" eingezeichnet. Das zweigeschossige Gebäude entlang der östlichen Seite im „Schloßhoff“ verfügt über einen zentralen Wendeltreppenturm mit Haubendach. Die Herberge auf der anderen Seite der Landstraße wird durch zwei identische Gebäude auf der Rückseite erweitert. Eine solche Planung erscheint ein zweites Mal in 2° Ms. Hass. 107 [118] und wurde vermutlich nicht verwirklicht.

Entwurf für ein „Lusthaus“ in Fachwerkkonstruktion 2° Ms. Hass. 107 [136] recto, oben (Abb. 48) Der obere Entwurf auf einem Blatt mit zwei Varianten des Lusthauses in Fahre auf der Basis einer Fachwerkkonstruktion, zeigt das Gelände in der aus anderen Plänen bekannten Aufteilung von Süden, wobei auch hier ein „Spielplatz“ nördlich an den „herren hof“ angrenzt. Ins Auge fällt der durch einen Aufsatz aufgewertete, den Dachfirst deutlich überragende zentrale (Treppen)Turm an der Front des Gebäudes, dem ein Risalit an der Rückseite entspricht. Während das Lustschloss

148 vgl. etwa die Ausgabe London 1616, S. 274 +275 149 HStAM Best. 4a 38/7

77 vom Sockel an komplett in Fachwerkbauweise entworfen ist, sind die Eckpavillons der Umwehrung weiterhin in Massivbau vorgesehen. Die Wirtschaftsgebäude an der Straße sind in diesem Fall um einen „Reisestall“ ergänzt, der außerhalb der Schranken liegt,150 die in Höhe der beiden vorderen Eckpavillons die Straße ab- sperren.

Abb. 47 2° Ms. Hass. 107 [136] recto

Entwurf für ein „Lusthaus“ in Fachwerkkonstruktion, 1628 2° Ms. Hass. 107 [136] recto, unten (Abb. 47) Die auf den 8. Mai 1628 datierte Zeichnung „Der Hof des Lusthauses zur fahre an der fulda“ zeigt ebenso wie die auf dem gleichen Blatt befindliche Variante einen Entwurf des Lustschlosses als Fachwerkbau, der sich an der ländlichen Umgebung orientiert. Im Zentrum des von Westen her gesehenen Geländes liegt der vom oberhalb gelegenen Spielplatz zugängliche Schlosshof, dessen Einfriedung mit den Eckpavillons zum Hang hin abgeböscht ist. Das herrschaftliche Lust- haus in schlichtem Fachwerk wird durch einen zentralen, steinernen Wendeltreppenturm mit Haube und bekrönender Wetterfahne ergänzt. Der Ziergarten wird auch hier wie in anderen Bei- spielen durch eine geometrische Beeteinteilung gekennzeichnet.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [127] Eine eigenwillige Kombination von Vogelschau (Wirtschaftshof und Garten) und Horizontalschnitt (Schlosshof) prägt diesen Entwurf, der auf diese Weise einen Einblick in das Innere des herr- schaftlichen Wohnhauses ermöglicht. Das Erdgeschoss sollte demnach, wie damals allgemein üblich, die Versorgungsräume enthalten. Da kein separater Treppenturm vorgesehen ist, sind an

150 ein Schlagbaum existierte schon im 15. Jahrhundert, vgl. Wolf 2003, Bd. 1, S. 28

78 zwei Stellen einfache Treppen zur Erschließung der verschiedenen Ebenen eingezeichnet. Ähnlich wie bereits in 2° Ms. Hass. 107 [143] (Abb. 44) wird in diesem Fall die Mauer einzig durch Mauer- vorsprünge anstatt der Eckpavillons vervollständigt. Vom Schlosshof aus gelangt man über eine zentrale Pforte direkt in den „Blumen garten“ dessen variantenreiche geometrische Beetgliederung die Bepflanzung eines Zier-Parterres versinnbildlicht. Im Bereich der Bebauung ist die Landstraße, wie schon in 2° Ms. Hass. 107 [136] recto, oben (Abb. 47) mit Schlagbäumen zur Erhebung von Wegezoll versehen, ein für den Fürsten nicht unwichtiges Detail.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [148] Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [127] präsentiert auch dieser Plan einen Entwurf für das Lusthaus Fahre in einem Hof mit schlichter Mauer, wobei die Planung sich auf den Schlosshof und die direkt anschließenden Gelände von Spielplatz und Ziergarten beschränkt. Der Grundriss des fürstlichen Wohngebäudes, das neben einem rechteckigen Treppenturm auf der Vorderseite auch einen ausladenden Mittelrisalit auf der Rückseite aufweist, zeigt in diesem Fall in seiner Raumdisposition mit zwei Appartements - bestehend aus Vorgemach, Kammer und Stube - und einem zentralen „Sahl“ das obere Geschoß.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) Die Darstellung, die sich auf das fürstliche Herrenhaus und seine Verortung im Hof konzentriert, gibt eine relativ nahsichtige schräge Vogelschauansicht von Süden. Das zweigeschossige Ge- bäude mit seinen charakteristischen Doppelbahnenfenstern, einem Erker für die Aborte („Secret.“) auf der Rückseite, einem Turm mit „Laterne“ auf der Vorderseite, sowie weiteren Risalitvorbauten an den Stirnseiten ist hier direkt in die Hofmauer integriert. Wie in anderen Varianten markieren auch hier quadratische Pavillons die Ecken der Anlage, wobei die Angabe der Funktionen ("die küche", "die Silber Cammer", "Bütteley", "Backerey“) den kleinen Gebäuden wirtschaftliche Zwecke zuordnet. Bemerkenswert ist der Eingang zur Straße hin mittels eines kleinen runden Pavillons ("hinab tridt"). Eine weitere Maueröffnung führt auf der rechten Seite in den ummauerten Vorhof, der den in anderen Zeichnungen hier verorteten Spielplatz an dieser Stelle ablöst. Rechts oben auf der Straße ist deutlich die kleine Brücke zu erkennen, die in der rückseitigen Darstellung separat und detailliert gezeigt wird.

Abb. 48 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten

79 Entwurf für eine Brücke über den Flutgraben, 1628 2° Ms. Hass. 107 [134] verso, oben In einer separaten Zeichnung thematisiert Landgraf Moritz den Bau der kleinen Brücke über den Flutgraben am Kreuzungspunkt der Landstraße und der Straße nach Malsfeld, der auch auf der Vorderseite des Blattes eingezeichnet ist. Die steinerne Konstruktion trägt auf der Balustrade die Inschrift "1.6.2.8. / M.M.M. / M.L.Z.H.". Weitere Darstellungen (2° Ms. Hass. 107 [135] + [142]) belegen konkrete Planungen für diesen Zweckbau.

Entwurf für ein Lustschloss an der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [342] verso, unten rechts In ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) integriert diese kleine Zeichnung auf einem Blatt mit unterschiedlichen Darstellungen das Herrenhaus in die Hofmauer, wobei die beiden Eckpavillons direkt an das Gebäude rücken. Allerdings liegt das Gebäude hier an der Ostseite des Hofes wie in 2° Ms. Hass. 107 [117] (Abb. 51) + [126] und ist somit zur Fulda hin ausgerichtet.

Wirtschaftsgebäude neben der Herberge, Umbauentwurf 2° Ms. Hass. 107 [140] recto (Abb. 49) Wie eine Ergänzung der in 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) gezeigten Ansicht erscheint diese Zeichnung, die den Blick vom Schlosshof über die Straße mit dem Graben auf die Herberge und den Wirtschaftshof wiedergibt. Die beiden Eckpavillons im Vordergrund ("grande vessellerie:", "Cusineries:") sowie die die kleine Wendeltreppe zur Landstraße ("Eschelles:") sind im Horizontalschnitt gegeben, ebenso auch die "Scheuer" und der "Marstall" im Hintergrund, während die Fachwerkgebäude von "herbirge" und "gast stall" in gemäßigter Vogelschau darge- stellt sind. Dabei wird deutlich, dass das Stallgebäude im vorderen Bereich mittels eines Dach- ausbaus mit der Scheuer verbunden werden soll. Dieses Vorhaben wird auch in weiteren Zeich- nungen (2° Ms. Hass. 107 [218] mittig und [139] recto, oben) thematisiert. Die Adresse auf der Rückseite und die Spuren der ursprünglichen Faltung verraten, dass der Landgraf hier einen benutzten Briefumschlag weiter verwendete.

Abb. 49 2° Ms. Hass. 107 [140] recto

80 Wirtschaftshof, Entwurf für einen Dachausbau am Stall 2° Ms. Hass. 107 [218] mittig Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [139] + [140] beschäftigt sich Landgraf Moritz auch in dieser Zeichnung mit dem Entwurf für einen „Sattel“, eine Querverbindung im Dach zwischen dem großen Kuhstall und der Scheuer entlang der Landstraße, wobei in diesem Fall der Übergang „geduppelt“, d.h. in der Dachlinie abgestuft ist.

Entwurf für einen Eckpavillon 2° Ms. Hass. 107 [218] unten Unterhalb des Entwurfes für eine Dachweiterung am Stallgebäude in Fahre befindet sich ein als "Muster Wie die thürmlein sollen gedeckt werden" betitelter Entwurf, der sich mit der Bedachung der als Wirtschaftsgebäude vorgesehenen Eckpavillons am Schlosshof beschäftigt. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [306] recto, unten links (Abb. 50) wird die Balkenkonstruktion sehr sorgfältig geschildert, so dass sie möglicherweise als Anweisung an die Dachdecker benutzt werden konnte.

Konstruktionszeichnung für das Dachwerk eines Eckpavillons 2° Ms. Hass. 107 [306] recto, unten links (Abb. 50) Die Konstruktionszeichnung zeigt ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [218] unten die Balkenlagen des Daches auf einem der Eckpavillons am Schlosshof. Aus dem eigenhändigen Titel: "Dachung der zwey uffgeführten steinern / Erkern zur Fahre an der fulda", läßt sich schließen, dass zwei der schon in der Kostenaufstellung 2° Ms. Hass. 107 [152] erwähnten, als Erker bezeichneten Pavillons tatsächlich errichtet worden sind.

Abb. 50 2° Ms. Hass. 107 [306] recto, unten links

Wirtschaftshof, Umbauentwurf für den Stall 2° Ms. Hass. 107 [139] recto, oben In perspektivischer Ansicht zeigt der hessische Fürst in dieser Zeichnung den "kuen[?] stall mit dem rechten Sattel geg[en] der scheuren" wie in 2° Ms. Hass. 107 [140] recto (Abb. 49) + [218] mit einer Quer-verbindung im Dachstuhl zur Scheuer hin.

Wirtschaftshof neben der Herberge mit Umbauentwurf für den Stall 2° Ms. Hass. 107 [139] recto, unten Die Vogelschauansicht gibt einen Einblick von Norden, d.h. von der Landstraße aus, in den an der Herberge gelegenen Wirtschaftshof mit seinen Gebäuden, wobei das Gasthaus im Horizontal- schnitt auf unterster Ebene gegeben ist. Entlang des durchgehenden "Ehrn" liegen Wirtschafts- räume sowie eine „große“ und eine „kleine Stube“. Über den rückwärtigen Ausgang erreicht man den „Misthof“, um den sich diverse Ställe sowie der durch Schornsteine gekennzeichnete bi- funktionale Bau von „Brau hauß"/„Backhauß" gruppieren. Der langgestreckte Stallbau, der den Hof auf der rechten Seite abschließt, wird auch in diesem Fall wie in der oberen Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [139] recto, oben durch einen Dachausbau mit dem rechts anschließenden Gebäude verbunden.

81 Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Westen 2° Ms. Hass. 107 [117] recto (Abb. 51) Auf diesem Blatt entwirft Landgraf Moritz eine sehr anschauliche Ansicht des geplanten Lust- schlosses Fahre und seiner Umgebung von Westen. Die Bezeichnung am oberen Bildrand: "Auttre façon du chasteau des paques" wie auch die gesamte übrige Beschriftung ist in französischer Sprache verfasst. Die Schlossanlage liegt an der in west-östlicher Richtung verlaufenden "Strade / venant d'Homberg & / allant vers Spangenberg". Mehrere Gartenareale ("herberie“, „jardins“ und "Pomier") begleiten ähnlich wie in den anderen Entwürfen den Schlosshof, wobei diesmal der Teich ("estoin") auf der westlichen Seite der Einfriedung angeordnet ist. Neu ist im herrschaftlichen „Cour“ die Position des dreigeschossigen, mit risalitartigem, rechteckigem Treppenturm ergänzten „chasteau" an der Ostseite (Ausrichtung zum Fluß hin) und die Vervollständigung durch ein rechtwinklig dazu angelegtes Nebengebäude ("les services"), das die zu ähnlichen Zwecken genutzten Eckpavillons überflüssig macht. In dieser Art erinnert die Anlage deutlich an den eben- falls dreigeschossigen Schlossbau in Melsungen mit dem rechtwinklig dazu angeordneten Burg- grafenhaus (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben, Abb. 95). Vier runde Ecktürme in der mit kleinen Schießscharten versehenen Mauer komplettieren das Bild eines komfortablen, ländlichen Lustschlosses. Im Vordergrund zieht sich "La riviere de la fuld." mit der Bootsanlegestelle, markiert durch ein Fährboot ("la paque" = „bac“ in heutigem Französisch) mit zwei dekorativ am Ufer abgelegten ge- kreuzten Rudern. Am westlichen Flußufer liegt neben der Riedeselschen Herberge ("hostellerie.") noch eine „tuillerie“ (Ziegelhütte). Beide Anlagen sind auch in Dilichs Landtafeln151 eingezeichnet, allerdings in deutlich größerem räumlichem Abstand.

Abb. 51 2° Ms. Hass. 107 [117] recto u. verso

151 2° Ms. Hass. 679, Taf. 6b und 9

82 Entwurf für ein Lustschloss auf bastionärer Plattform 2° Ms. Hass. 107 [117] verso, oben (Abb. 51) Die Ansicht von Norden präsentiert das, ähnlich wie in der Darstellung der Vorderseite des Blattes an die Ostseite des Hofes gesetzte, fürstliche „herrnhauß“ nebst den „services“ auf einem bastionären Podest mit umlaufendem Graben. In dieser Form korrespondiert der Entwurf mit Ideal- entwürfen für Schloß Melsungen, die ähnliche befestigte Plattformen zeigen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, rechts). Das dreigeschossige Hauptgebäude ist mit einem Mittelrisalit an der Vorder- seite und vier an den Ecken angesetzten, quadratischen Ecktürmen repräsentativ aus-gestattet. An der "strasse von - Spangenberg / - Leiptzig nach - Homberg. / - Frankfurdt" liegen im Vorder- grund die Wirtschaftsgebäude mit der “herbirge zur fahre".

Entwurf für ein Lustschloss auf bastionärer Plattform. 2° Ms. Hass. 107 [117] verso, unten (Abb. 51) Die zweite Variante auf der Rückseite des Blattes gibt das Lustschloss in einer Ansicht von Westen, bezeichnet im Hof als "das Castell zu Fahre". Die schon in der oberen Darstellung be- schriebene, bastionäre Plattform wird hier nur hälftig präsentiert, wobei ein Teil des Nebenge- bäudes im Horizontalschnitt gezeigt ist. Dem großen Teich im "grasgarten", liegen auf der anderen Straßenseite "die herberge", "Stal" und "Küch[en]garte" gegenüber. Im Vordergrund ist wieder die Fulda mit dem Fährboot wiedergegeben.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [126] Das schmale Blatt gibt die Bebauung beidseits der „strasse nach Spangenberg" wieder. Das wie- derum an der Ostseite des Hofes angesiedelte dreigeschossige Schlossgebäude präsentiert sich als langgestreckter Bau mit markantem rückseitigen Treppenturm und polygonalen Ecktürmen. Statt der üblichen Eckpavillons wird die Mauer nur an der Westseite durch einen sechseckigen Pavillon unterbrochen, der den Übergang zum tiefer gelegenen Terrain mit dem Teich ermöglicht.

Herberge mit Wirtschaftshof, darüber drei Detailzeichnungen 2° Ms. Hass. 107 [129] recto, oben Die Zeichnung auf der oberen Hälfte des Blattes gibt in der Vogelschau einen Einblick in den Wirtschaftshof an der Herberge von Norden. Das Gasthaus wird in diesem Fall wie in 2° Ms. Hass. 107 [139] im Horizontalschnitt gezeigt, wobei der Schnitt hier entlang der Geschoßdecke über dem Erdgeschoß verläuft. Deutlich wird, dass die Raumanordnung grundsätzlich übereinstimmt, auch wenn die Funktionalitäten anders verteilt sind. Man kann deshalb davon ausgehen, dass es sich hier um eine Bestandsaufnahme handelt. Die rückwärtig anschließenden Gebäude ("Sau stall", "Kühe Stall", "pferdt stall", "Brau hauß", "herrn Pferde stall") erscheinen ebenso in der genannten Darstellung. Der inhaltliche Zusammenhang mit den drei Detailzeichnungen am oberen Bildrand ("scala lapidea" = steinerne Treppe, "Necessarium" = Abortstuhl, Abseite „stultificium“ = dumme Sache) bleibt unklar. Bei der Darstellung der gewendelten Treppe mit zehn Stufen könnte es sich um eine Version der in 2° Ms. Hass. 107 [140] recto (Abb. 49) dargestellten kleinen Treppe an der Pforte zur Landstraße handeln.

Zwei Entwurfsvarianten für ein Lustschloss mit Garten 2° Ms. Hass. 107 [129] recto unten (Abb. 52) Die Darstellung auf der unteren Hälfte des Blattes vereint zwei nicht deutlich voneinander ge- trennte Entwurfsvarianten des Lustschlosses, wobei die Schnittline ungefähr in der Diagonale ver- läuft. In beiden Versionen sitzt der Schlosshof auf einem Podest, das die Hanglage ausgleicht. Die obere, vom Bildrand angeschnittene Version deutet eine sechseckige Grundform des Hofes an. Das Gebäude wird ausgesprochen dekorativ in Szene gesetzt, mit zentralem Treppenturm, be-

83 krönt von einem Belvedere, sowie an der Traufe ansetzenden Dachtürmchen und Runderkern an den Stirnseiten. In der unteren Variante, die von Osten aus gesehen ist, wird der Schlossbau an der Südseite des Hofes durch ein zurückgesetztes drittes Geschoß und Mittelrisalite an den Langseiten geprägt. Beide Entwürfe zeigen im Anschluss an den Hof unterschiedlich gestaltete Ziergartenareale.

Abb. 52 2° Ms. Hass. 107 [129] recto unten

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, darunter Lohnliste ("Quartalszettel") 2° Ms. Hass. 107 [118] In dieser Vogelschauansicht von Norden konzentriert sich Landgraf Moritz auf die Darstellung von „Herren hof“ und Wirtschaftsgebäuden am Kreuzungspunkt der Straßen, wobei er die ver- schiedenen Zufahrtswege ergänzt. Die Einfahrt zum Schlosshof erfolgt in diesem Fall über die an der Kreuzung gelegen Ecke des Vorhofs und ein Öffnung in der östlichen Mauer, die mit Eck- pavillons versehen ist. Ein kleines Tor mit zweiläufiger Freitreppe ermöglicht den Zugang für Fuß- gänger von der Landstraße aus. Das an der Südseite positionierte, zweigeschossige Lustschloss verfügt über einen zentralen polygonalen Treppenturm der wie in 2° Ms. Hass. 107 [129] recto, unten (Abb. 52) von einem Belvedere-Aufsatz mit Balustrade bekrönt wird. Für den Wirtschaftshof sind auch in diesem Entwurf Erweiterungen vorgesehen. Neben den schon in 2° Ms. Hass. 107 [124] visualisierten Anbauten an die Herberge verzeichnet der Landgraf östlich anschließend zwei kleinere Gebäude an dem „stück / könte zu einem viehof / genommen werden“. Eine nähere Erläuterung dieser Planung liegt vermutlich in 2° Ms. Hass. 107 [147] vor. Der im unteren Drittel des Blattes notierte „Quartalszettel geg[en] / den 1. Julij“ steht in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Zeichnung.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [147] Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [118] visualisiert dieser Plan Schlosshof, Vorhof und den Wirtschaftshof an der "Landtstrasse nach der Fähre". Die eingetragenen Funktionen der Wirt- schaftsgebäude erläutern, dass die beiden neuen Gebäude neben dem „Stall“ für "Char", d.h. Karren, vorgesehen sind, ergänzt um die mit großen Einfahrten versehenen „denne[n]“.

Entwurf für ein Lustschloss ("Sommerhaus"), 1629 2° Ms. Hass. 107 [132] (Abb. 53) Der Entwurf für ein "Sommerhaus zur Fahre", über dem Portal mit der Jahreszahl 1629 versehen, präsentiert das geplante Lustschloss als eindrucksvollen dreigeschossigen Bau mit vier sechs-

84 eckigen (?) Ecktürmen im Kontext des mit Mauer und Eckpavillons eingefassten Hofes. Die Art der Darstellung korrespondiert in diesem Fall deutlich mit einem Idealentwurf des Landgrafen für ein Lusthaus am Fluß (2° Ms. Hass. 107 [272], Abb. 149), das ähnliche Ecktürme und eine vergleich- bare Fassadengestaltung mit Zwillingsfenstern und Gesimsen aufweist. Die handschriftliche Erläuterung "Sommerhauß zur Fahre. lang 80 sch. Breidt / 36 schue hoch biß an das tach 42 schue. die vier / Eckthürmlein gehen weidt an Diameter 16 schue." gibt eine recht konkrete Vorstellung von den Maßen des Baues (ca. 26m lang, 12m breit, 14m hoch), der wie ein Modell auf ein Podest gesetzt ist. Die Schriftproben und Rechenoperationen auf der Rückseite stehen vermutlich nicht im Zu- sammenhang mit der Zeichnung.

Abb. 53 2° Ms. Hass. 107 [132]

Entwurf für ein Lustschloss 2° Ms. Hass. 107 [133] In ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [132] (Abb. 53) zeigt auch diese Entwurfsvariante an der Südseite des Hofes einen relativ kleinen Bau ohne Treppenturm, aber mit vier quadratischen Ecktürmen, die an den Schmalseiten eine Fassade mit dekorativen geschweiften Stirngiebeln rahmen. Die Maßangaben stimmen überein mit den in dem gleichartigen Entwurf 2° Ms. Hass. 107 [128] gegebenen Zahlen.

Entwurf für ein Lustschloss mit Garten 2° Ms. Hass. 107 [128] Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [133] wird der Schlossbau auch in dieser Variante geprägt von den (diesmal runden) Ecktürmen und den geschweiften Giebeln, die hier auch den dominanten Zwerchgiebel am der Langseite schmücken. Die eingetragenen Maße der Schmalseite stimmen in diesem Fall mit denen in der genannten Zeichnung überein, allerdings erhält der Bau durch ein drittes Geschoss eine andere Höhendimension. Vergleichbar erscheint auch die Bewehrung der Mauer mit Eckpavillons, die an der Westseite zweigeschossig ausgebildet sind und zu den tiefer gelegenen Gartenbereichen überleiten. Dekorative Zäune und kleine, offene Pavillons akzen- uieren die Unterteilung der verschiedenen Areale.

Entwurf für ein Lustschloss an der Herberge, Ansicht und Grundrisse 2° Ms. Hass. 107 [122] recto, links Die linke Darstellung auf der Vorderseite eines mit mehreren Entwurfszeichnungen zum Lust- schloss Fahre gefüllten Blattes präsentiert in der Mitte die perspektivische Ansicht des zwei-

85 geschossigen Hauptgebäudes mit einem turmartigen Treppenanbau an der Langseite. Das Fehlen des Daches und der Schnitt durch die Schmalseite des Treppenturms gewähren wie in einem hölzernen Modell Einblicke in das Gebäudeinnere. Die kleinen Grundrisse darüber zeigen links einen der Eckpavillons an der Mauer, der Küchen- räume enthält und rechts daneben eine weitere Darstellung des Lusthauses im Hof als schlichten Rechteckbau mit sechseckigem Treppenturmanbau an der Front. Eine weitere Zeichnung am unteren Blattrand thematisiert eine dreieckige Befestigung, deren Zusammenhang mit den anderen Skizzen unklar bleibt.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Osten 2° Ms. Hass. 107 [122] recto rechts Die Vogelschauansicht auf der rechten Seite des mit Zeichnungen gefüllten Blattes visualisiert den geplanten Schlosshof sowie den Wirtschaftshof von Osten, wobei wie in 2° Ms. Hass. 107 [118] und [147] besonderer Wert auf die Wegeführung zum Schloss über die vorhandene Straßen- kreuzung gelegt wird. Die Zufahrt erfolgt in diesem Fall über die in gleicher Achse liegenden Tore an der Ostseite von Vorhof und Schlosshof. Der Schlossbau wird durch zwei Risalite an den beiden Langseiten sowie einen Turm bzw. Risalit an der Stirnseite gegliedert. Die Herberge und der daran liegende Wirtschaftshof werden wie in den genannten Zeichnungen mit neuen Fachwerkgebäuden neben dem Stall an der Straße ergänzt.

Zwei Entwurfsvarianten für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [122] verso (Abb. 54) Weitgehend übergangslos werden wie auf der Vorderseite des Blattes zwei bzw. drei(?) ver- schiedene Entwurfsskizzen präsentiert, die unterschiedliche Vorüberlegungen des Landgrafen illustrieren. Die dominierende Zeichnung beinhaltet eine von Norden gesehene perspektivische Ansicht des dreigeschossigen Schlossbaus mit Risaliten an Front und Stirnseite. Die Eckpavillons in der Hofmauer sind im Horizontalschnitt gegeben. Die zweite Variante in der rechten unteren Blatthälfte präsentiert die Anlage von der Gegenseite, wobei in diesem Fall an der Front ein Turm mit Belvedere-Plattform vorgesehen zu sein scheint. Die links unten eingefügte Darstellung von Wirtschaftsgebäuden mit Öfen passt inhaltlich zu keinem der beiden Entwürfe, möglicherweise handelt es sich um eine Darstellung der auch in Dilichs Landtafeln152 verzeichneten, am anderen Fuldaufer gelegenen Gebäude von Ziegelhütte/ Kalkofen.

Abb. 54 2° Ms. Hass. 107 [122] verso

152 2° Ms. Hass. 679, Taf. 6b und 9

86 Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [146] Der große Lageplan verzeichnet das gesamte Terrain des Lustschlosses mit allen Gärten und dem nach Osten hin erweiterte Wirtschaftshof. Das „Lusthaus“ wird wiederum an allen Seiten durch Mittelrisalite, bzw. einen Treppenturmvorbau erweitert. Den Eckpavillons des Hofes sind wie schon in 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) wirtschaftliche Funktionen zugewiesen.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht des Geländes von Westen 2° Ms. Hass. 107 [116] recto Die sehr anschauliche Vogelschauansicht von Westen präsentiert Schloss, Gärten und Wirtschaftsgebäude auf dem sanft ansteigenden Gelände an der Fulda. In der schon von anderen Zeichnungen (z.B. 2° Ms. Hass. 107 [146]) bekannten Anordnung gliedern verschiedene Gärten, Ackerfelder und ein Teich das Terrain vor dem Schlosshof. Sowohl "der schloßhof” wie auch "der Vorhof" sind direkt von der „strasse nach Spangenberg" aus durch Tore zugänglich. In der äußerlichen Gestaltung der Eckpavillons und des Schlossgebäudes greift Landgraf Moritz auf eine Idee zurück, die er u.a. auch in 2° Ms. Hass. 107 [136] recto (Abb. 46) thematisierte: die Konstruktion der Obergeschosse in Fachwerkbauweise, die die Bauten mit den alten Gebäuden des Wirtschaftshofs verbindet.

Entwurf für ein Lustschloss, Grundriss des Schlosshofes 2° Ms. Hass. 107 [116] verso, unten rechts Der "Hoff des Hauses zur fahre.", umgeben von einer Mauer mit Eckpavillons, die in diesem Fall Appartements enthalten, wird durch eine Treppe von der Landstraße her sowie durch ein Tor vom „vorplatz“ aus zugänglich. Das rechteckige Schlossgebäude, erschlossen durch den halbrunden, mit Arkaden (?) versehenen Treppenturm, enthält neben einem großen Appartement, bestehend aus "Vorgemach" "Stube", und zwei „kammer[n]“, auf der rechten Seite eine Küche mit "Speis Kammer", "Back Kammer". Die in den anderen Entwürfen vorgesehene Raumdisposition, die die Wirtschaftsräume in den Pavillons verortete und das Haus allein für Wohnzwecke reservierte (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [146]) wird in diesem Entwurf abgelöst durch eine Variante, die auch in den Pavillons Wohnräume vor- sieht.

Wirtschaftshof an der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [138] Die vom „herrenhof“ in Richtung des Wirtschaftshofes genommene Vogelschauansicht zeigt das Gasthaus und die daran anschließenden Scheuern und Ställe längs der Landstraße. Der im Horizontalschnitt gegebene Schlosshof ist nur über den Vorhof vom "Weg uff Malsfeldt" her zugänglich. In den beiden vorderen Eckpavillons sind "Herren küche" und "Silber kammer" verortet. Das „herren hauß" wird in diesem Fall durch den zentralen, rechteckigen „Schnecken“ (Treppenturm) mit entsprechend geradläufigen Treppen mit Podesten erschlossen.

Entwurf für ein Lustschloss mit Gartenplan 2° Ms. Hass. 107 [125] recto unten Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [138] ist in dieser Ansicht von Westen der "Herrn hof" mitsamt den vier Eckpavillons im Horizontalschnitt gegeben. Das Schloss mit seiner symmetrischen Unter- teilung verfügt in diesem Fall über einen sechseckigen Wendeltreppenturm auf der Vorderseite und einen rückseitigen Aborterker. Der „Lustgarten“ wie auch der schmale angrenzende "küch[en] garten" im Vordergrund sind mit einer regelmäßigen Beeteinteilung versehen, deren lateinische Beschriftung einen (idealen) Bepflanzungsplan in alphabetischer Reihenfolge erkennen lässt. Die Abfolge der Wirtschaftsgebäude auf der linken Seite entspricht derjenigen in dem ge- nannten Blatt, wenn auch die in der Beschriftung angegebenen Funktionen teilweise vertauscht wurden.

87 Entwurf für ein Lustschloss an der Herberge, Ansicht von Norden 2° Ms. Hass. 107 [125] verso In dieser von Norden gesehenen Ansicht erscheint das wie ein Modell auf ein Podest gesetzte Schloss mit vier runden Ecktürmen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [128] recto) im Zentrum des Hofs gegenüber den anderen Gebäuden deutlich disproportioniert. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf dem mit Maßangaben versehenen Wirtschaftshof im Vordergrund und die Anordnung der Gebäude rund um den „Misthof“.

2° Ms. Hass. 107 [141] Wirtschaftshof an der Herberge Eine weitere Variante zur räumlichen Gestaltung der Wirtschaftsgebäude zeigt die kleine Zeichnung, die ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [125] verso mehrere kleine Gebäude um den hinteren “Mist hoff" anordnet. Der Vergleich mit dem Plan vom 02.04.1628 (2° Ms. Hass. 107 [145]) verrät, dass Landgraf Moritz eine Vergrößerung des Wirtschaftshofes plante.

Entwurf für ein Lustschloss, Horizontalschnitt 2° Ms. Hass. 107 [130] recto, unten (Abb. 55) In diesem Entwurf widmet sich Landgraf Moritz in ähnlicher Weise wie in 2° Ms. Hass. 107 [125] recto unten anhand eines Horizontalschnitts der Gestaltung des Kernbereichs der geplanten Anlage, bestehend aus Vorhof, Schlosshof und Lustgarten. Das Schloss mit sechseckigem Wendeltreppenturm auf der Vorderseite und einem rückseitigen Aborterker wird durch das zentrale „vorgemach“ unterteilt, dem sich beidseits Appartements, bestehend aus Stube und Kammer, anschließen. Die Zufahrt von der Straße ist über zwei Toröffnungen im Osten des Vorhofs möglich, wobei ein Tor direkt an der Straßenkreuzung liegt. In diesem Bereich befindet sich auf der Straße auch der Übergang über den Flutgraben, dessen fachgerechte Überbrückung in mehreren Zeichnungen thematisiert wird (2° Ms. Hass. 107 [134] verso, [135], [142])

Abb. 55 2° Ms. Hass. 107 [130] recto, unten

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [121] recto oben Der Blick von Süden auf das Gelände von Lustschloss und Herberge zeigt den „Schloss hoff" in der bekannten Weise mit vier Eckpavillons zwischen dem Vorhof und dem Lustgarten. Der zweigeschossige Schlossbau mit hervorgehobenem Treppenturm auf der Vorderseite und rückseitigem Mittelrisalit variiert die von den anderen Entwürfen bekannten Gestaltungselemente.

88 Der anschließende Lustgarten ist wiederum sorgfältig parzelliert. Die Gebäudeanordnung am „Misthoff“ entspricht mit der direkt an den Stall anschließenden Scheune dem in 2° Ms. Hass. 107 [138] vorliegenden Entwurf.

Entwurf für ein Lustschloss, Horizontalschnitt 2° Ms. Hass. 107 [121] recto unten links Die kleine Zeichnung mit einem Horizontalschnitt des Schlosshofes präsentiert das Gebäude mit halbrundem Treppenvorbau an der Front sowie weiteren Treppenanbauten an den Schmalseiten. Der große zentrale Raum des Erdgeschosses dient in diesem Fall als Küche, während beidseits Appartements anschließen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [116] verso).

Entwürfe für ein Lustschloss bei der Herberge 2° Ms. Hass. 107 [121] recto unten rechts Die kleine Vogelschau-Skizze von Wirtschaftshof und Vorhof ergänzt ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [125] recto östlich des Stalls die beiden Gebäude von "hanfscheuer" und "frucht / scheuer". Hinzu kommt in der linken unteren Ecke die auffällige perspektivische Ansicht eines Schlosses mit einem halbrunden Wendeltreppenturm, der durch eine Belvedere-Plattform hervorgehoben ist. Dabei handelt es sich vermutlich um eine weitere Variante des Lustschlosses, die auf dem Horizontalschnitt auf der linken Seite des genannten Blattes basiert.

Entwurf für ein Lustschloss mit Garten 2° Ms. Hass. 107 [131] recto oben (Abb. 56) Die obere Zeichnung von zwei auf einem Blatt vereinten Darstellungen eines vermutlich zusammenhängenden Entwurfs zum Lustschloss zeigt den Hof im Zentrum der Anlage im Horizontalschnitt. Das Gebäude an der Südseite des Hoffs wird gekennzeichnet durch die halbrunden Vorbauten an allen vier Seiten, wobei derjenige an der Vorderfront wie in 2° Ms. Hass. 107 [121] recto unten links die Treppe aufnimmt. Die räumliche Teilung erfolgt einheitlich quer zwischen den Fensterachsen. Die Einfahrt erfolgt einzig östlich vom Vorhof her. Der an der Westseite anschließende Lustgarten wird in diesem Fall durch ein ganz besonderes, aufwendiges Muster gegliedert, wobei sich konzentrische und radiale Wege in regelmäßiger Abfolge kreuzen.

Abb. 56 2° Ms. Hass. 107 [131] recto oben

89 Entwurf für ein Lustschloss, perspektivische Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [131] recto unten Die perspektivische Ansicht des Lustschlosses auf der unteren Blatthälfte zeigt das Schloss übereinstimmend mit der oberen Darstellung als zweigeschossigen Bau über einem niedrigen Sockelgeschoss mit halbrunden Mittelrisalit bzw. Treppenturm. Die Darstellung des Treppenturms erscheint dabei perspektivisch deutlich verzeichnet (Versuch einer zentralperspektivischen Darstellung). Mit großer Sorgfalt sind größere und kleinere Details dargestellt: die geschweiften Giebel, die Turmhaube mit dem abschließenden Knauf, die Portale ("hauß thür." und "keller thür.") mit ihrer Umrandung, die umlaufenden Gesimse und die charakteristischen Doppelbahnenfenster

Entwurf für ein Lustschloss, perspektivische Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [131] verso oben (Abb. 57) In gleichem Maßstab wie die perspektivische Ansicht auf der Vorderseite des Blattes gibt diese Zeichnung eine weitere Variante des Lustschlosses, die der anderen Darstellung in vielen wesent- lichen Elementen so sehr ähnelt, dass es sich möglicherweise um ein eine Ansicht der Rückseite desselben Baus handeln könnte. Im Zentrum der Front steht hier ein Mittelrisalit, der in der Be- dachung das Turmmotiv der anderen Zeichnung aufgreift. In ähnlicher Wiese ist auch der Risalit der Schmalseite mit einer halben geschweiften Haube versehen. Die im Vordergrund eingezeichnete Einfriedung zwischen den Pavillons wird durch ein offen- sichtlich später eingefügtes kleines Portal mit doppelläufiger Freitreppe durchbrochen. Diese Art des Zugangs wird auch in anderen Entwürfen als Zugang zur Straße thematisiert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [118]), erscheint aber hier in deutlich verkleinertem Maßstab und - im Falle einer rück- wärtigen Ansicht – an falscher Stelle.

Abb. 57 2° Ms. Hass. 107 [131] verso, oben

Entwurf für eine Brücke über den Flutgraben 2° Ms. Hass. 107 [135] Die durchgängig mit einer Beschriftung in Latein versehene Vogelschau konzentriert sich auf die Darstellung des "Pro aulium inter Arcem / & diversorium.", des Straßenbereichs zwischen Schloss und Herberge. Ähnlich wie in der 1628 datierten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [134] verso ist hier im Bereich der Kreuzung von „via publica“ und „via Malsfeldiana“ eine kleine Brücke über den hier verlaufenden Graben vorgesehen. Die Zufahrt zum Schlosshof („aula arcis“) erfolgt ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [130] recto, unten (Abb. 55) über zwei Tore im Vorhof („vestibulum“). Auf die Herberge „Diversorium" folgen auf der linken Seite der Misthof ("Fimarium") sowie der Pferdestall ("Equile"), eine Scheuer („horreum“) und eine Schmiede („fabrile“).

90 Entwurf für eine Brücke über den Flutgraben mit erläuterndem Text 2° Ms. Hass. 107 [142] Das bereits zu einem frühen Zeitpunkt beschnittene Blatt enthält neben zwei kleine Entwürfen der Brücke über den längs der Landstraße verlaufenden Wassergraben mehrere Texte, wobei die Aufzählung der Bauarbeiten unterhalb der linken Skizze ganz konkret die Ausführung der „brücke über den Wasserguß zu Fahre.“ betrifft. Der eingegrenzte Text in der linken oberen Ecke bezieht sich hingegen vermutlich auf Bauarbeiten in Melsungen.

Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, 1630 2° Ms. Hass. 107 [119] recto oben (Abb. 58) Die auf einem Blatt mit einem Plan der neuen Kanzlei in Melsungen kombinierte Zeichnung ist von Landgraf Moritz eigenhändig auf den 20(?). September 1630 datiert worden. Sie präsentiert noch einmal eine sehr anschauliche Vogelschauansicht der geplanten Anlage von Osten. Die von den anderen Entwürfen hinlänglich bekannten Elemente (Vorhof, Schlosshof mit Pavillons, Gärten) sind auch hier wieder in ähnlicher Weise aneinandergefügt - allerdings wird das Schloss an der Westseite des Hofes positioniert, wodurch es sich mit der einen Front zu den beiden zentral gelegenen Portalen in den Einfriedungsmauern, mit der Rückseite aber zum Fluss hin orientiert. Die Verbindung zur Landstraße und zum Wirtschaftshof an der Herberge ist damit sekundär geworden. Das "fürstlich lusthauß", erhält mit neun Fensterachsen und drei Geschossen eine beachtliche Dimension und wird mit drei Zwerchgiebeln an der Vorderfront und einem Treppenturm an der Rückfront repräsentativ aufgewertet. Während die Schlossanlage somit deutlich als Idealentwurf zu interpretieren ist, kann man in der mit zahlreichen anderen Zeichnungen überein- stimmenden Darstellung der Wirtschaftsgebäude am "Wirtshaußhof." eine Wiedergabe der realen Gegebenheiten vermuten.

Abb. 58 2° Ms. Hass. 107 [119] recto, oben

91 Felsberg

Die den Ort weithin überragende Burg Felsberg war ursprünglich der Stammsitz der Grafen von Felsberg. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren Ort und Burg im Besitz der Land- grafen von Hessen. Landgraf Philipp richtete 1544 in der Kapelle auf der Burg ein Pulvermagazin ein, das bis Ende des 18. Jahrhunderts bestand. Die übrigen Gebäude wurden wahrscheinlich schon seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr genutzt.153 Die Siedlung unterhalb des Burgbergs entwickelte sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts, 1286 wurde sie erstmalig als Stadt bezeichnet.154 Zwischen dem Obertor und dem Untertor erstreckte sich die Bebauung entlang mehrerer Längsachsen in Terrassen am Hang. Neben dem land- gräflichen Renthof am Obertor, zu dem auch der außerhalb des Tores gelegene Schafhof gehörte, lag die Kommende des Deutschen Ordens in Marburg, der bis zur Reformation das Patronatsrecht über die Stadtkirche innehatte. Von hier aus verwaltete ein Komtur den Grundbesitz der Um- gebung.155 Landgraf Moritz hielt in Felsberg im November und Dezember 1626 seinen letzten Landtag ab. Die vermutlich alle im Zusammenhang mit Besuchen im Sommer 1627 entstandenen Zeichnungen des Landgrafen zeigen neben einem Plan der Burganlage Ansichten und Entwürfe zum landgräflichen Renthof und zum zugehörigen Schafhof. - Im Dreißigjährigen Krieg wurde die an der Straße von Kassel nach Frankfurt gelegene Stadt durch Brand in weiten Teilen zerstört.156

Burg und Stadt von Süden 2° Ms. Hass. 107 [164] recto, rechts Die schon zu einem frühen Zeitpunkt, eventuell vom Landgrafen Moritz selbst, mit einer Dar- stellung vom Hof Rückerode zusammengeklebte Zeichnung präsentiert eine skizzenhafte Stadtansicht mit der auf dem Berg gelegenen Höhenburg und ihrem charakteristischen, hohen „Butterfaß“-Turm. Die Stadt ist in Vogelschau gezeigt, deutlich erkennbar sind der Kirchturm sowie der Gebäudekomplex von Renthof / Deutschordenshof links daneben, wobei es sich bei dem massiven Steingebäude im Hintergrund vermutlich um eine Ergänzung des Landgrafen handelt.

Burg, Grundriss, 1627 2° Ms. Hass. 107 [163] recto, rechts Der Grundriss der Burg „Schloß platz des hauses / Felsberg abgerissen / den 11. Aug: 1627. M.H.L“, überliefert die langgestreckte Anlage rund um den „grossen thurm“, den aus dem 14. Jahrhundert stammenden, noch heute vorhandenen Bergfried. An der Nordseite erstreckt sich nach Osten hin der spätgotische Zwinger. Vom „Vorzwinger“ im Westen aus führt eine vielstufige Treppe in die innere Burg. Vor der Nord- mauer liegt der „alte pulver schopfen“, vermutlich in Fachwerk angelegt, und im Südosten hinter dem Turm ein Bau mit L-förmigem Grundriss anstelle der heutigen Gebäude (Pulverhaus und Burgkeller). Die nach Westen und Nordosten auslaufenden Mauern sind Teil der Stadt-befestigung und zum Teil noch heute erhalten.

Renthof, Lageplan und Grundriss, 1627 2° Ms. Hass. 107 [162] verso, rechts Der Lageplan, vom Landgrafen signiert und datiert "Forderhof des Rendt / hofes zu felsberg / 1627. den 22 Julij. M.H.L.", gibt im Grundriss den gesamten Baukomplex des Renthofes mit anschließendem Deutschordenshof an der Stadtmauer neben dem „Casselthor“ (Obertor) wieder. Der "Forderhof“ wird gerahmt von den alten Wirtschaftsgebäuden an der linken Seite, ergänzt vom

153 vgl. Langenbrinck 2008 154 vgl. Hess 1966, S. 158f. 155 Schaal 1996, S. 286-291 156 vgl. Grotefend 1891, Brauns 1986

92 "Neue baw so anzuleg[en]" neben dem Küchenbau am Hinterhof und einem weiteren Neubau neben dem Portal, angrenzend an den "Landtcomptour / hof."

Renthof von Osten, 1627 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links (Abb. 58) Die Ansicht des "Rendhof zu Felsberg wie er / auß des Landt komm thur hause anzuseh[en]“ zeigt die Situation des auf der Rückseite des Blattes im Grundriss wiedergegebenen Hofes, datiert „1627. den 6 Aug: M.H.L. zu Breidenawe". Diese Zeichnung ist also nicht vor Ort entstanden und datiert wenige Tage nach der anderen Darstellung. Im Unterschied zum Grundriss wird hier auch der Bau neben dem „fruchthauß“ als "Neuer hernbaw" bezeichnet, an den ein später eingefügter Treppenturm anschließt. Das bedeutet, dass möglicherweise in diesem Bereich des Hofes Umbau- arbeiten geplant waren. Die Bebauung rund um das Stadttor entspricht dem auf dem rückseitigen Plan angegebenen Bestand.

Abb. 59 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links

Renthof und Deutschordenshof 2° Ms. Hass. 107 [163] verso, oben rechts Die auf der Rückseite des auf den 11.08.1627 datierten Burggrundrisses angelegte detailreiche Darstellung präsentiert Renthof und Deutschordenshof von der „haubtgasse“ her. Die Anlage der generell mit Fachwerkobergeschossen versehenen Gebäude entspricht dem Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [162] verso. Hinter dem in ähnlicher Form auch in 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links (Abb. 59) geschilderten Küchengebäude neben dem Tor erstreckt sich der Hof mit einer Galerie an der Seite zur Kommende hin. Das Gebäude im Hintergrund, im Grundriss als "Neuer Bau“ bezeichnet, wird auch hier wie in der Darstellung vom 6.08. (2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links) von einem angedeuteten Treppenturm ergänzt, der so nicht im Grundriss vorkommt – ein Hinweis auf den Entwurfscharakter der Zeichnungen an dieser Stelle.

Renthof, Entwurf für einen Neubau 2° Ms. Hass. 107 [161] recto, unten (Abb. 60) Die sehr akkurat, mit Hilfe eines Lineals angelegte Zeichnung schildert den Renthof neben dem Stadttor in der Vogelperspektive als geschlossenen, regelmäßig gegliederten Hof mit zwei

93 stattlichen Steingebäuden an drei Seiten und einem Säulenportal im zweigeschossigen Torbau. Die Stirnseiten der beiden dreigeschossigen Hofgebäude verfügen über doppelbahnige Fenster in den durch Gesimse untergliederten Geschossen und große durchfensterte Giebel (Fruchtboden). Das direkt anschließende Deutschordenshaus ist der Übersichtlichkeit halber im Grundriss gegeben. Die sehr sorgfältige Darstellung, die durch präzise Angaben der räumlichen Verhältnisse und Schattenschraffuren eine gewisse Dreidimensionalität anstrebt, gibt dieser Zeichnung einen bei- spielhaften Charakter, die sie deutlich von den anderen Zeichnungen des Renthofes abhebt.

Abb. 60 2° Ms. Hass. 107 [161] recto, unten

Schafhof am Obertor 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, unten links Der vor dem Obertor gelegene landgräfliche Schafhof bestand aus einer dreiseitig bebauten quadratischen Hofanlage und dem angrenzenden Schafgarten an der „Strasse von Cassel an Felsberg“. Die vermutlich in engem zeitlichen Zusammenhang mit der auf der oberen Blatthälfte angelegten, auf den 6.08.1627 datierten Zeichnung entstandene Vogelschauansicht des Land- grafen gibt die Bebauungssituation vor dem Obertor bis zu diesem Wirtschaftshof wieder, wobei die Notiz an den Gebäuden direkt am Tor: "Alßo solten die heuser gestelt / werden" darauf schließen lässt, dass die damals vorhandene Häuserzeile tatsächlich anders aussah. Wie so oft, konnte der Landgraf anscheinend auch hier nicht umhin, ihn störende Unregelmäßigkeiten um- gehend in seinen Handzeichnungen zu korrigieren.

Schafhof am Obertor 2° Ms. Hass. 107 [163] verso, unten rechts Die zweite Ansicht des Schafhofes auf der Rückseite des Burgrundrisses vom 11.08.1627 gibt den einfachen Fachwerkhof in ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [162] recto unten links, versehen mit Maßangaben.

Vorstadt am Untertor 2° Ms. Hass. 107 [161] verso, rechts Die Bebauungssituation vor dem Untertor in Felsberg zwischen "Weg nach " und dem "under Weg nach " wird in dieser Zeichnung in Vogelperspektive geschildert. Im Zentrum steht der „schwemm deich“, der direkt an der Stadtmauer liegt. Daneben erstreckt sich rechts die Stadtmauer in die Tiefe, während links der "Spitahlsgart[en]" liegt.

94 Frankfurt

Landgraf Moritz hielt sich regelmäßig zu den Messezeiten in Frankfurt auf. Nach seiner Abdankung 1627 und dem Zerwürfnis mit seiner zweiten Frau Juliane von Nassau verbrachte er mehrere Male längere Zeit in der Reichsstadt, was aber wegen der hohen Mietkosten auf Dauer zu aufwendig wurde.157 Die in diese Zeit, 1629/30, zu datierenden Zeichnungen des Landgrafen beschäftigen sich mit dem Junghof am Rossmarkt, dem Augsburger Hof und Karthäuserhof zwischen Schnurgasse und Töngesgasse sowie dem Arnsburger Hof unweit der Fahrgasse.158 Die Darstellungen stehen ver- mutlich alle im Zusammenhang mit den von ihm bewohnten Logis in der Reichsstadt. Die ebenfalls im Bestand vorgefundenen Schriftstücke 2° Ms. Hass. 107 [19] + [172] verso + [175] belegen ebenso wie die im Staatsarchiv Marburg vorliegende diesbezügliche Korrespondenz die Be- mühungen um eine adäquate und bezahlbare Unterkunft in Frankfurt. a. Arnsburger Hof und Kartäuserhof

Der alte Stadthof des Zisterzienserklosters Arnsburg, nach der Reformation eine katholische Enklave in der Stadt Frankfurt, lag unweit der Fahrgasse, zwischen Predigergasse und Brückhof- strasse. Der gesamte Hofkomplex bestand aus einer Reihe von Häusern, Höfen und Gärten, die über ein großes Tor (Arnsburger Bogen) von der Predigergasse („Pfaffengasse“) her zugänglich waren. Der Kartäuserhof bildete den Abschluß an der Schmalseite des langgestreckten Platzes, während dem eigentlichen Arnsburger Hof an der östlichen Langseite mit den anschließenden Vikarienhäusern vom Fronhof des Bartholomäusstifts westlich das Hinterhaus des Haus zum Ochsen und weitere Privathäuser gegenüberlagen.159 Die Zeichnungen des Landgrafen stehen im Zusammenhang mit seinem Quartier in „Frau Flagelettis haus“ 1629/30, das in der Korrespondenz erwähnt wird. Dabei handelte es sich um das rechtwinklig an den Karthäuserhof anschließende Haus neben dem „Ochsen“, wie die Zeichnung in der MHK160 belegt.

Abb. 61 2° Ms. Hass. 107 [169]

157 vgl. Löwenstein 1989, S. 105 158 Bei der Identifizierung der Höfe war mir dankenswerterweise Klaus Rheinfurth vom Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt behilflich. 159 vgl. Battonn 1864, S. 113 ff., Wolff 1914, S. 442 – 459 160 Museumslandschaft Hessen Kassel, Graph. Sammlung, Marb. Dep. 250a, vgl. Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007

95 Arnsburger Hof und Umgebung, 1629 2° Ms. Hass. 107 [169] (Abb. 61) Die auf den 3.11.1629 datierte Zeichnung zeigt den Gebäudekomplex um den Arnsburger Hof von Westen, wobei die Gebäude im Vordergrund (zur Fahrgasse hin) im Grundriss wiedergegeben sind, während der eigentliche Arnsburger Hof nebst den anschließenden Häusern mit der Einfahrt zum kleine Hinterhof in Vogelschau dargestellt ist. Die Bebauung rund um den im Titel erwähnten „Ochsen“ ist detailliert wiedergegeben. Neben „D. Gersons Cantzlers zu Meintz hause darin / jetzo D. Heidenreich[?] wohnet.“ liegt in der Mitte "her Brauer hof und hauß", an den rechts laut der oben genannten Zeichnung in der MHK der mehrfach erwähnte Hof der Frau Flageletti anschließt.

Kartäuserhof und Arnsburger Hof 2° Ms. Hass. 107 [167] recto Die beiden skizzenhaften Darstellungen beschäftigen sich mit der Bebauung rund um den Arns- burger Hof. Der Grundriss/Lageplan verzeichnet mit Maßangaben die Gebäude zwischen "Abtes zu Arnsburg hof" und "Carthauser hoff jetzo schopfen hauser" mit den Wirtschaftsgebäuden rund um den kleinen Hinterhof. Die kleine Zeichnung darunter gibt eine Ansicht der westlichen Häuser- front am Arnsburger Hof, wie sie auch in der Zeichnung der MHK (s.o.) zu sehen ist. Links vom Hinterhaus des „Ochsen“ mit seinem markanten Zwerchhaus befand sich das von Landgraf Moritz bewohnte Haus der Frau Flageletti (vgl. 2° Ms. Hass. [169], Abb. 61 + [170]). Rechts neben dem Torgebäude ist die anschließende Bebauung an der Predigergasse angedeutet.

Alchemistische Herdstellen und Geräte 2° Ms. Hass. 107 [167] verso Auf der Rückseite der Zeichnungen vom Arnsburger Hof in Frankfurt befindet sich die gerahmte Darstellung zweier alchemistischer Herdstellen "zum schmeltzen, probiren abtreiben; calciniren und reverberiren" und diverser diesbezüglicher Geräte. Eine thematisch ähnliche Darstellung findet sich auch auf dem Blatt der MHK (s.o.), weshalb sich die Frage erhebt, ob dem Landgrafen möglicherweise in Frankfurt ein Laboratorium für seine alchemistischen Versuche zur Verfügung stand.

Hof der Frau Flageletti am Kartäuserhof 2° Ms. Hass. 107 [170] Quasi in Ergänzung der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [167] recto gibt dieser Grundriss, der in der „Designation“ von 1786 unter der Nr. „41.“ fälschlich als „Zeichnung vom Pfaffenhausen in das Stift allerheiligen gehörig“ bezeichnet wird, die Bebauung zwischen „Carthauser hof“ und "fahrgasse", wieder, wobei der Schwerpunkt auf dem Gebäude liegt, das man als das Haus der „Frau Flageletti“ identifizieren kann. Ein "Quartierszettel“ vom 7.9.1629 im Staatsarchiv Marburg dokumentiert die Nutzung durch den Landgrafen und sein Gefolge.161 Nachdem dieser die Wohnung im Frühjahr 1630 aufgeben musste, kam es im August wegen der Bezahlung zu Auseinandersetzungen mit der „flagelattisch wittib“, die wegen ausstehender Zahlungen die „Pagage“ zurückhielt.162 b. Augsburger Hof

Der Augsburger Hof, ursprünglich ein Patrizierhof in Frankfurt, zwischen Schnurgasse und Tönges- asse (Antoniusgasse) gelegen, war um 1600 im Besitz der Familie von Glauburg.163 Wenig später wurde er als Augsburger Hof bezeichnet, vermutlich, da dort die Augsburger Kaufleute ab- stiegen.164 Die von Norden und Süden zugängliche, langgestreckte Hofanlage verfügte an der

161 in: HStAM Best. 4a 38/19 162 in: HStAM Best. 4a 38/20 163 vgl. Wolff 1914, S. 404-407 164 vgl. Batton Bd. 3, 1864, S. 69-71

96 einen Schmalseite über ein stattliches, massives Gebäude mit einem hochaufragenden Turm, dessen spitzer Helm die umgebende Bebauung überragt.165 Nach den Querelen mit der Wirtin Frau Flageletti (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [170]) scheint das Gefolge des Landgrafen im August/September 1630 Unterkunft in diesem Hof gefunden zu haben. Am 17.9. erkundigte sich jedenfalls Johann Ludwig von Glauburg wegen Besorgungen für Moritz und die „Jung herrn Söhne“ mit der Begründung „sofern ihre fürst: Gn: belieben wirdt, ferner beij mir das losament zu behalten“166.

Augsburger Hof, 1630 2° Ms. Hass. 107 [165] (Abb. 62) Die detaillierte Darstellung des Augsburger Hofes kombiniert in der für den Landgrafen Moritz charakteristischen Weise der Übersichtlichkeit halber eine Vogelschauansicht mit einem Grundriss der Gebäude links im Vordergrund. Die Beschriftung "der Augsburger hoff in Frankfordt. Jetzo Bürgermeister hans Ludwig von Glauburg zustandig Anno 1630. den 28 Augusti deliniiert à M.H.L." identifiziert den Gebäudekomplex, der auch in Merians großem Stadtplan von 1628 nachweisbar ist. Die „schnurgasse" im Vordergrund und das „gässlein in die S. Anthoniygasse“ im Hintergrund verorten den Hof im Stadtgefüge. Das „kleine gässlein in die schnurgasse“ führt zum Hoftor, gerahmt von einfachen Bürgerhäusern, deren Nutzung sorgfältig vermerkt ist. Die Hofanlage im Hintergrund wird bestimmt von dem charakteristischen dreistöckigen Gebäude mit dem angelegten spitzbehelmten Turm und der anschließenden nördlichen Tordurchfahrt. Beidseits des davor ge- legenen Platzes gibt Landgraf Moritz weitere massive Steinbauten wieder, die aber Merians Stadt- plan und der Ansicht in 2° Ms. Hass. 107 [166] recto, rechts widersprechen. Offensichtlich handelt es sich hierbei um einen eigenen Entwurf für eine regularisierte Veränderung der vorhandenen Situation.

Abb. 62 2° Ms. Hass. 107 [165]

165 vgl. die Ansicht in Merians großem Stadtplan von 1628 166 HStAM Best. 4a 38/20

97 Augsburger Hof von Norden 2° Ms. Hass. 107 [166] recto, rechts Die Zeichnung auf der rechten Hälfte eines auf der linken Seite beschnittenen Blattes zeigt den Augsburger Hof von Norden, quasi die Gegenansicht zu 2° Ms. Hass. 107 [165] (Abb. 62), wobei auch hier das Gebäude im Vordergrund im Grundriss gegeben ist. Die Bebauung auf der Ost- und Westseite des Hofes besteht aus mehreren unregelmäßig großen Häusern, ein Umstand, der den Landgrafen, wie das andere Blatt zeigt, zum Entwurf einer regelmäßigeren Anlage herausforderte. c. Junghof

Der Junghof, westlich am Rossmarkt gelegen, befand sich längere Zeit im Besitz der Familie von Glauburg, weshalb er auch als „Glauburger Hof“ bezeichnet wurde.167 Südlich grenzte der Stoss- hof an, nördlich der „Rothe Hof“, wobei alle drei von einem gemeinsamen Platz aus zu erreichen waren.168 Die Anlage des Hofes mit dem zentralen Brunnen und den unterschiedlichen Gebäuden erinnerte in seiner Weiträumigkeit an einen ländlichen Gutshof, wie Merians großer Stadtplan von 1628 zeigt.169 Die Zeichnungen und Schriftstücke des Bestandes dokumentieren die Bemühungen um ein Quartier im Junghof im September/Oktober 1629, als Landgraf Moritz im Haus der „Frau Flageletti“ am Arnsburger Hof logierte, wie der „Quartierszettel“ vom 7. 9.1629 belegt.170

Junghof und Stosshof, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [174] Der Grundriss verzeichnet den östlichen Teil des Junghofs mit dem Stosshof und der Eingangssituation zum Rossmarkt auf der rechten Seite. Von Interesse waren für den Land- grafen offensichtlich die Wohngebäude auf der nördlichen Seite des Junghofs, da er hier die Raumaufteilung genau erfasst. Vermutlich hat er diese Räume genau inspiziert und auf ihre möglich Nutzung geprüft, wie auch die beiden anderen Zeichnungen 2° Ms. Hass. 107 [172] + [173] nahelegen.

Junghof, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [173] In Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [174] sind hier die Gebäude im östlichen Bereich von Junghof und Stosshof wiedergegeben, wobei auch die die „gemeine gasse“ flankierenden Areale von "hans hector zum Jung hof.", „Glauburg[er] scheuer“ und "Junker heintzes berg" eingezeichnet sind. Anschließend an die Überlegungen zu einer Nutzung der Gebäude hat Landgraf Moritz über der „stallung uff 20 pferdt“ die „zweite wanderung“ ergänzt, die als Wohnung für Bedienstete genutzt werden sollte, wie die Schriftstücke 2° Ms. Hass. 107 [19] + [172] verso + [175] belegen.

Junghof, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [172] recto Ebenso wie die beiden anderen Zeichnungen zum Junghof dokumentiert auch dieses Blatt, das auf der Rückseite auf den 16. September 1629 datierte Anweisungen an den Quartiermeister enthält, die Bestrebungen des Landgrafen, in Frankfurt ein adäquates Logis für sich und sein Personal zu erhalten. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [173] skizziert der Fürst auch in diesem Grundriss die Lage der Gebäude im Junghof und Stosshof, die er für sich und sein Gefolge anmieten wollte.

167 vgl. Battonn 1871, S. 283 f. 168 Wolff 1914, S. 420 169 Wolff 1914, Fig. 301 170 in: HStAM Best. 4a 38/19

98 Anweisung für ein Logis im Junghof 2° Ms. Hass. 107 [172] verso Die auf den 16. Sept. 1629 datierte Anweisung an "Monsieur Truchses“,171 die sich auf der Rückseite einer Grundrisszeichnung des Junghofs befindet, enthält detaillierte Vorschläge, die dieser dem Herrn von Dam (Julius von Damm) wegen eines Logis in diesem Hof unterbreiten soll: „hat den von Dam anzuschlagen, wo ich / nach der Messe wieder zu Ime in sein losier mich begeben solte / müste er uff folgende conditiones wissen“. In fünf Punkten erläutert Landgraf Moritz anschließend die genauen Konditionen. Zu mieten wünscht er neben dem Wohnhaus auch die „Cantzley“ und einen Stall für 24 Pferde, die eventuell im Stosshof untergebracht werden sollten. Bereits am 30.4.1629 hatte Julius von Damm dem Landgrafen ein Angebot wegen einer Wohnung übermittelt.172 Zu dieser Zeit hatte dieser sich nach Ausweis der erhaltenen Korrespondenz173 ebenfalls bereits in Frankfurt aufgehalten.

Anweisung für ein Logis im Junghof mit Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [175] Der kleine Notizzettel vom 25.9.1629 enthält Überlegungen: "studium wie das losamen / In monsieur Damms hause auszurichten“, in die eine kleine Grundrisskizze des Hauses integriert ist. Landgraf Moritz plante demnach im Detail die Unterteilung des Gebäudes im Junghof und die Nutzung der Räume in den Geschossen, einschließlich von Dach und Keller. Desweiteren forderte er auch die Nutzung des „höltzern Cantzley baw.“, der in den drei Zeichnungen 2° Ms. Hass. 107 [172] + [173] + [174] dargestellt ist: „Wird begehrt das mir derselbe zu losirung / etlicher diener, nicht allein oben in der [...] / Cantzley, sondern auch unden in der understen wande / rung müste gantz eingegeben werden“. Zur Unterbringung von 22 Pferden schlägt er den Stall im angrenzenden Stosshof oder die Scheuer im Garten vor, die umgebaut werden müsste. „Weil nun die Zeit kurtz” solle “monsieur Truchses” endlich mit den Verhandlungen beginnen.

Johann Hermann Truchseß von Rheinfelden, Brief an Landgraf Moritz wegen Logis 2° Ms. Hass. 107 107 [19] Am 26. September 1629 berichtete wiederum der Kammerjunker „Jh. Truchseß" aus Frankfurt vom Ergebnis der Verhandlungen mit Julius von Damm wegen eines „logement“ und erklärte dessen Zustimmung, sofern „E.F.G. die wande / rung und gebeu in ihren Costen werden machen lassen“. Die verlangte Stallung sollte im Stosshof eingerichtet werden und auch bezüglich des Dachbodens über der Kanzlei und eines Kellers (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [175]) wurden Erkundigungen eingeholt. Aus der erhaltenen Korrespondenz wird allerdings nicht ersichtlich, ob Landgraf Moritz dann tatsächlich in diesem Hof abgestiegen ist. Noch zu Beginn des Jahres 1630 war er nachweislich in Frankfurt ansässig, musste aber dann wegen finanzieller Probleme die Stadt verlassen.174

171 Johann Hermann Truchseß von Rheinfelden, seinerzeit Kammerjunker des Landgrafen, der in der Korrespondenz des Jahres 1629 im HStAM Best. 4a 38/19 mehrfach genannt wird 172 siehe Anm. 170 173 HStAM Best. 4a 41/25 174 vgl. Löwenstein 1994, S. 105 + Anm. 17

99 Freienhagen

Unbekannter Zeichner, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [176] Der auf der linken Fuldaseite gegenüber von Bergshausen gelegene Gutshof Freienhagen, der im Mittelalter zusammen mit den umliegenden Dörfern der Familie von Hund gehörte, kam im 14. Jahrhundert in landgräflichen Besitz. 1619 schenkte Landgraf Moritz das Gut seiner zweiten Ehefrau Juliane von Nassau,175 die es später an ihren Sohn Landgraf Friedrich von Hessen- Eschwege weitergab. Von diesem erwarb es 1651 dessen Hofmeister, der Obristleutnant Hans Heinrich Hund.176 Nach einem erneuten Besitzerwechsel kaufte Landgraf Karl 1702 den Hof, um dort ein Sommerschloss mit einem terrassierten Garten anzulegen.177 Einige Gebäude und Reste der Gartenanlage sind noch heute erhalten. Der aufgrund des Wasserzeichens auf 1617/18 zu datierende Lageplan zeigt einen quadratischen, eingezäunten Hof mit Gebäuden an zwei Seiten und einem zentralen Brunnen. Möglicherweise entstand die Zeichnung eines unbekannten Vermessers im Zusammenhang mit der Schenkung von 1619.

Abb. 63 2° Ms. Hass. 107 [177] (Ausschnitt)

175 HStAM Best. 17e Freienhagen 3 176 vgl. Holtmeyer 1910, S. 66-69 177 vgl. G. Fenner in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007, 3.31 Freienhagen

100 Friedewald

Lageplan, 1630 2° Ms. Hass. 107 [177] (Abb. 63) Die Burg in Friedewald wurde im 13. Jahrhundert als „Straßenburg“ errichtet, um die wichtige Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig zu schützen. Seinerzeit war sie im Besitz des Klosters Hersfeld. Nachdem sie in den alleinigen Besitz der hessischen Landgrafen übergegangen war, ließ Landgraf Heinrich III. die alte Anlage niederlegen und ab 1476 von seinem Festungsbaumeister Hans Jacob von Ettlingen eine neue Wasserburg bauen, die als Verwaltungssitz und für Jagd- aufenthalte genutzt wurde. Es entstand eine nahezu quadratische Anlage mit vier mächtigen Rundtürmen an den Ecken (Kastellburg): „Ist ein altes steinernes / mit dicken Rundelen / vnd ziemblichen Wassergräben / versehenes Jagdhauß / in dessen Vorhof ein herrlicher Kumpff / vnd Springbrunnen / auch von so grossen Steinen / wie die Säulen zu Hirschfeld gehauen / stehet“ notierte Merian.178 Die Vorburg, ein weiträumiger Wirtschaftshof, war vermutlich ab 1580 hinzu- gefügt worden.179 Landgraf Wilhelm IV. ließ 1582-84 einen Marstall errichten.180 Akten aus den Jahren 1601-1609 vermelden eine rege Bautätigkeit unter Landgraf Moritz.181 In dieser Zeit ent- standen weitere zum Teil noch heute erhaltene Wirtschaftsgebäude (u.a. neuer Marstall, Jäger- haus, Meierei) und der Dreischalenbrunnnen182. Die Kernburg wurde während des siebenjährigen Krieges im Jahr 1762 weitgehend zerstört. Der mit Maßangaben versehene Grundriss/Lageplan von Kastellburg und Vorwerk, von Landgraf Moritz ausdrücklich „ex memoria“, d.h. aus dem Gedächtnis, angelegt, ist auf den 31.3.1630 datiert. Der Grundriss der Burg gibt die Raumdisposition im Erdgeschoß der vier Flügel wieder, wobei hier neben dem großen Saal im Nordflügel vor allem Küchenräume und Kammern einge- zeichnet sind. Die Aufnahme der Gebäude des Wirtschaftshofes mit Marstall, Schafscheuer und Viehställen zeigt wahrscheinlich den damaligen Bestand, während es sich bei den Gebäuden im Süden neben dem "Viehauß" (Viehstall, Schuppen) um Entwürfe handelt. Die seitlich und oben an- geklebten Blätter belegen eine sukzessive Erweiterung des Planes im Rahmen weiterer Über- legungen. Der Beweggrund für diese Planungen des Landgrafen Moritz liegt vermutlich in seinem für das Frühjahr 1630 dokumentierten Ansinnen, Friedewald von seinem Sohn Landgraf Wilhelm V. als Residenz zugesprochen zu bekommen,183 was ihm aber nicht bewilligt wurde. 1631 erhielt da- gegen Landgräfin Juliane die Erlaubnis, das Schloss zu bewohnen,184 wohin sie mit den bei ihr lebenden Kindern aus Rotenburg anreiste, bevor sie sich doch aus Gründen der Sicherheit in den Nassauer Hof nach Kassel zurückzog.185

178 Merian 1646, S. 54 179 vgl. Onlinekatalog Hessische Renaissanceschlösser 2005 180 HStAM Rechn. II Friedewald Nr. 17 181 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 157, Best. 53e Pak. 61 182 vgl. Altwasser 1994 183 diesbezügliche Briefe im HStAM Best. 4a 41/10 184 HStAM Best. 4c Hessen-Rheinfels und -Rotenburg Nr. 1144 185 Lemberg 1994, S. 272

101 Germerode

Das Kloster der Prämonstratenserinnen in Germerode, 1145/46 ursprünglich als Doppelstift für Chorherren und Chorfrauen von den Grafen von Bilstein gegründet, wurde ebenso wie alle anderen hessischen Klöster 1527 säkularisiert und zunächst verpfändet. 1571 wurde die Klosteranlage durch Landgraf Wilhelm IV. wieder eingelöst und seitdem als landgräfliche Vogtei genutzt. Ab 1627 bis 1834 gehörte sie zum Territorium der Rotenburger Quart, dem Besitz der Söhne aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz. Die Baurechnungen aus der Zeit des Landgrafen Moritz belegen einige kleinere Renovierungs- arbeiten sowie eine größere Summe im Jahre 1616, über deren genaue Verwendung aber leider nichts bekannt ist.186 Nach Ausweis der Zeichnungen plante Landgraf Moritz offensichtlich, ähnlich wie in Breitenau und Heydau (Haydau-Altmorschen), einen Umbau zu einem Herrenhaus mitsamt Lustgarten für die landgräfliche Familie, wobei die Position der dafür vorgesehenen Neu- und Um- bauten mehrfach variiert.187 Da die Zeichnungen sehr spät zu datieren sind - zwei davon tragen die Jahreszahl 1631 - dürften diese Pläne aber reine Phantasieprojekte gewesen sein. Die sechs Blätter mit insgesamt neun Einzelzeichnungen des Landgrafen sowie das zugehörige Schriftstück mit Maßangaben geben allerdings ein anschauliches Bild des damaligen Baubestands, der sich zum Teil bis zum Ende des 19. Jhdt. erhalten hat.188

Abb. 64 2° Ms. Hass. 107 [178] (Ausschnitt)

"Abriß" von Nordosten, 1631 2° Ms. Hass. 107 [178] (Abb.64) Die mit der ausführlichen Beschriftung "des Hauses Germerode perspectivische Abriß / wie man es von der Freiheit her à Septendrione / an zu sehen, wan die zwey neue bau daran uffgerich / tet wehren. 1631. den 19. Martij M.H.L." versehene Ansicht des Klosterkomplexes von Nordosten

186 Kollmann 1994, S. 106 187 vgl. Seib 1994 188 siehe die Zeichnung der Domäne von C. Arend, abgebildet in Schilling 1994, Abb. S. 193

102 schildert das Kloster mit der näheren Umgebung sehr detailliert. Der Klosterkomplex mit seinen beiden Höfen ist auf einer Aufböschung gelegen. Die Kirche erscheint hier als weitgehend intakte Anlage mit Doppelturmfassade. An die Türme schließt der Nonnenbau an, auf der anderen Seite des „Oberhoff“ liegt das abgeknickt verlaufende sog. „Zinsbodengebäude“. Der „underste hoff“ mit der „Mistädte“ wird nach Osten und Süden von einer Fachwerkbebauung abgeschlossen, wobei der südliche Teil mit dem Tor und einer winkelförmigen Bebauung bis an die südliche Chorpartie noch heute in ähnlicher Form erhalten ist. Der nördliche Abschluss mit den beiden vom Landgrafen geplanten Massivbauten erhebt sich mit drei Vollgeschossen und doppelbahnigen Fensterreihen hoch über der abgeschrägten Böschungsmauer. Der Um- bzw. Neubau an dieser Stelle ist auch in den anderen Zeichnungen in unterschiedlicher Weise visualisiert. Nordwestlich von Kirche und Klausur schließt sich ein "lustgarten" an. Südlich des "Weg vom hause nach der Freyheit" befinden sich kleinere Parzellen mit dem Pfarrhof und separierten Wirtschaftsgebäuden. Die Datierung auf den 19.3.1631 stellt einen Zusammenhang her mit der am 20.3. datierten Zeich- nung von Abterode (3km entfernt, 2° Ms. Hass. 107 [20], Abb. 16), sowie einer weiteren von Grebendorf vom 24.3. (8km entfernt, 2° Ms. Hass. 107 [187], Abb. 67). Der Landgraf hatte damals seinen Wohnsitz im Schloss Eschwege, brach aber immer wieder zu kleineren und größeren Reisen auf.

Unterer Vorhof von Süden, 1631 2° Ms. Hass. 107 [180] recto, rechts Die im „Alt herren hauß“ über dem Portal 1631 datierte Vogelschau des unteren Klosterhofs von Süden zeigt vermutlich weitgehend den damals vorhandenen Bestand, ergänzt um zwei neue, beidseits an dieses Haus anschließende Gebäude. Der eine Bau verläuft entlang des „ober hof“, während der an der anderen Seite rechtwinklig angrenzende Bau bis zur „vogtey“ und den daran anschließenden Wirtschaftsgebäuden an der Ostseite des „Under hof“ reicht. Im Vordergrund liegt der alte Eingang mit dem "porthauß" und dem Lindenbaum auf dem Anger davor. Ein einfacher Winkelbau, bezeichnet als "Pferde ställe uff / 20 pf." führt entlang von "pförtners garte" und "layen / kirchof" zu den Kirchenapsiden. Der nördlich an die Kirche angrenzende Bau wird hier als "fruchthauß" bezeichnet. Der schmale, parzellierte Garten auf der Böschung an der Straße erscheint ein weiteres Mal in der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [182] recto. Der hier querende Abwasserkanal wird auch in 2° Ms. Hass. 107 [178] (Abb. 64) detailliert geschildert.

Oberer Hof von Osten 2° Ms. Hass. 107 [180] verso links (Abb. 65) Der „Oberhof zu Germerode“ ist hier von Osten gesehen, wobei die Kirchenapsis, der Ostflügel der ehemaligen Klausur ("künftiger Marstall oben Fruchthaus") und das angrenzende Gebäude im Vordergrund im Grundriss dargestellt sind. Das Langhaus der Kirche mit den beiden Türmen ist bis hin zur Turmuhr - über deren Existenz nichts bekannt ist - detailliert geschildert, dahinter erstreckt sich der „layen kirchoff“ neben dem „lustgarten“. Das nordwestlich an die Kirche anschließende ehemalige Nonnenhaus wird als "neuer herren bauw" bezeichnet, ebenso wie der langgestreckte zweigeschossige Steinbau, der den Oberhof nach Norden abschließt. Während das Nonnenhaus nur umgebaut werden sollte, handelt es sich hier um einen Entwurf für einen Neubau, der in einer anderen Zeichnung (2° Ms. Hass. 107 [182] recto) auch als „galerie“ bezeichnet wird.

Ansicht von Westen mit Lustgarten 2° Ms. Hass. 107 [180] verso rechts (Abb.65) Die Ansicht von Westen präsentiert im Vordergrund einen quadratischen Lustgarten, vierfach unterteilt in: "Hortus Coronalis, Hortus Medicinalis, Hortus Culinaris, Hortus Sylvestris", gruppiert um eine zentrale Brunnenschale. Dahinter sieht man das umgebaute Nonnenhaus neben der Westfassade der Kirche sowie den geplanten Neubau auf der Nordseite des oberen Hofes (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [180] verso, links).

103 Einen gestalteten Garten an dieser Stelle zeigt auch 2° Ms. Hass. 107 [182] verso (Abb. 66).

Abb. 65 2° Ms. Hass. 107 [180] verso

Unterer Vorhof, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [179] Der Grundriss präsentiert den gesamten unteren Hof einschließlich der Kirche mit ihren Anbauten. Neben dem südlichen Eingang, der ungefähr an der heutigen Stelle liegt, besitzt diese einen weiteren Zugang am Nordturm, in dessen Verlängerung der „kälberstall" und die „holtzkammer“ angelegt sind. Dabei bleibt unklar, ob es sich hier um das nördliche Seitenschiff oder einen Anbau handelt. Neben der „Einfahrt“ schließt "der stall. / oben frucht hauß" an, der ohne die in den anderen Zeichnungen feststellbare charakteristische Abknickung gezeigt wird. Detailliert sind die Räumlichkeiten des nördlichen Querflügels wiedergegeben, Durchstreichungen und die Notiz "fellige Risse" verweisen an dieser Stelle aber auf Korrekturen, die möglicherweise im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [181] umgesetzt wurden. Die Ostbebauung ist wenig differenziert als Abfolge von fünf Häusern wiedergegeben, während die Darstellung des südlichen Eingangsbezirks der Schilderung in 2° Ms. Hass. 107 [180] recto, rechts entspricht.

Unterer Vorhof, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [181] Bei diesem Grundriss des Klosterkomplexes handelt es sich möglicherweise um eine korrigierte Version von 2° Ms. Hass. 107 [179]. Die dort etwas unklar gebliebene Situation im Bereich des nördlichen Kirchenschiffes ist hier so gelöst, dass das Seitenschiff als "Kälber und Rinderstall" dient und eine "Butter Cammer" in der Apsis vorgesehen ist. Sowohl die Bebauung an der West- als auch die an der Ostseite weisen eine deutliche Abknickung auf. Die südliche Eingangssituation entspricht weitgehend der in 2° Ms. Hass. 107 [179] geschilderten Anlage mit den anschließenden Pferdeställen. Der nördliche Abschluss des Oberhofs ist hier summarisch als "Newer baw, zur hern wonung" angegeben.

104 Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [182] recto Der weiträumige Vogelschauplan verzeichnet das Kloster mit seinen Höfen im Grundriss sowie die nähere Umgebung mit Häusern und Straßen, Äckern und Gärten aus der Vogelschau. Die Dar- stellung der Umgebungsbebauung stimmt weitgehend mit der Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [178] (Abb. 64) überein. Das neue Gebäude im nördlichen Abschluss des Oberhofs wird hier als "Galerie" bezeichnet. Das nördliche Kirchenschiff erscheint wie in 2° Ms. Hass. 107 [181] separiert und damit für neue Funktionen nutzbar. Die Bebauung des Unterhofs entspricht mit kleinen Modifikationen dem Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [181].

"Ictum et Scenographia" , Ansicht von Süden mit Horizontalschnitt 2° Ms. Hass. 107 [182 ] verso (Abb. 66) Die Ansicht von Süden gibt die Klostergebäude im Horizontalschnitt über dem Erdgeschoss mit der Beischrift: "Ictum et Scenographia domus Germerodensis". Der projektierte Neubau an der Nordseite des Oberhofs - auf der Vorderseite des Blattes als „Galerie“ bezeichnet - fällt hier durch einen vorgelegten Arkadengang auf. Dahinter befindet sich der „gang zum garten“, der am linken Bildrand als sauber parzellierter Garten mit alphabetisch sortierten lateinischen Pflanzennamen wiedergegeben ist. Die Kirche enthält auch hier ein deutlich abgetrenntes nördliches Seitenschiff, an das der „Marstall“ wie auf der Darstellung der Vorderseite direkt anschließt. Die Fläche des Unterhofs, dessen östliche Bebauung nicht dargestellt wird, erscheint ebenso wie der Oberhof gepflastert - auch das ein Mittel, der eher ländlichen Hofanlage ein herrschaftliches Gepräge zu geben. An der südlichen Grenze des Kirchhofs ist hier der Fachwerkbau der „Schule“ eingezeichnet, die sich an dieser Stelle bis ins 19. Jhdt. befunden hat.189

Abb. 66 2° Ms. Hass. 107 [182 ] verso

189 Seib 1994, S. 203

105 Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [183] Der Komplex des Klosters mit den beiden Höfen ist in dieser Zeichnung von Süden gesehen, wobei die Kirche und der die beiden Höfe trennende Stallflügel vermutlich aus Gründen der Übersichtlichkeit im Horizontalschnitt gezeigt sind. Die Abfolge der Gebäude entlang von „Oberhoff“ und „Unterhof“ entspricht am ehesten der Anordnung der 1631 datierten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [180] recto rechts, wobei die östliche Gebäudeabfolge hier abweichend unter- gliedert erscheint. Möglicherweise schilderte Moritz hier die vorhandene Bebauung, die in dem anderen Blatt im Zuge der Veränderungen vereinheitlicht wiedergegeben ist.

Schafhof neben dem ehem. Kloster 2° Ms. Hass. 107 [184] Das kleine Blatt zeigt den außerhalb des Klosterkomplexes, auf der anderen Seite der Straße gelegene Schafhof mit großer Scheuer und den zugehörigen Grundstücken nordwestlich des Klosterbereichs, der auch in 2° Ms. Hass. 107 [178] + [182] recto dargestellt ist.

Vermessungstabelle 2° Ms. Hass. 107 [185] Das Schriftstück "Data uber die gebeu Germerode“ enthält eine Aufstellung von Gebäudeab- messungen, die allerdings so nicht in den von Moritz mit Maßangaben versehenen Zeichnungen wieder zu finden sind. Erwähnt wird auch zweimal ein abgebranntes Gebäude („abgebrande Bawstätte“, “abgebranden Waschaus“) dessen Standort in den Zeichnungen nicht kenntlich ist. Es wird deshalb nicht deutlich, ob ein direkter Zusammenhang mit den vorliegenden Zeichnungen besteht.

106 Grebendorf

Landmanns Hof, Lageplan, 1631 2° Ms. Hass. 107 [187] (Abb. 67) Die Gemeinde Grebendorf im Werratal, erstmalig erwähnt 1262, kam nach der Säkularisierung des Klosters Heydau (Haydau-Altmorschen) zur Landgrafschaft Hessen. 1596 vergab Landgraf Moritz den Ort an Bernhard von Keudel, der dort 1610 ein Herrenhaus errichtete.190 Ebenso wie der Hof Vogelsburg, das ehemalige Kloster Germerode und Abterode, die am 15., 19. und 20.3. sowie am 1.4.1631 von Moritz gezeichnet wurden, gehörte Grebendorf zum Amt Eschwege, das später an die Rotenburger Quart fiel. Die zeitlich nahe Abfolge der erwähnten Zeichnungen lässt vermuten, dass Moritz von seinem Alterssitz Eschwege aus kleine Reisen bzw. Ausflüge unter- nahm, wobei ihn wahrscheinlich seine damals bei ihm lebenden Söhne Moritz und Friedrich begleiteten. Der schlichte Plan eines Hofs auf nahezu quadratischem Gelände ist signiert und datiert: "Niclaus Landt / mans hauß und hofreide zu Greben / dorf. 1631. den 24. Martij / M.H.L.". Die an der linken unteren Ecke des Geländes situierte Hofreite besteht aus dem Wohnhaus neben der Einfahrt, einem Backhaus, Ställen, einer Scheuer und dem „schopfen“ (Schuppen). Die "gasse nach / der kirche" und die "gasse nach / Keudels Burgsitz" (Keudelsches Schloß) lokalisieren den Standort, der heute ungefähr im Gebiet Kirchstraße / Am Dorfanger zu vermuten ist. Ein im Staatsarchiv Marburg erhaltener Briefwechsel erhellt das spezielle Interesse des Land- grafen Moritz an diesem Hof.191 Am 26.3.1631 wünscht Moritz den Hof zu kaufen, der zu diesem Zeitpunkt von den Vormündern des jungen „Niclausen Landtman“ verwaltet wird, da diese „gedachten Ihrem blöden [sic!] Pflegling zum besten solche hoiff zu verkauffen undt Wir auch geneigt wehren denßelben unßern Junge Herrschafft zum besten [...] zu erkauffen“. Mit „junger Herrschaft“ sind in diesem Fall die Söhne Moritz und Friedrich gemeint. Bereits am 27.3. antwortet aber „Clauß Landt Von grebendorff“ eigenhändig, „daß ich meinen lieben Eltern uff deren todt bett habe zu geloben und verflichten mußen solche behausung zeitt meines lebens nicht zu verkauffen“. Die Randnotiz des Landgrafen vermerkt dann auch: „Er behalte sein hauß in gottes nahm / so behalten wir unser geld.“

Abb. 67 2° Ms. Hass. 107 [187] (Aussschnitt)

190 vgl. Simon 1991, Reuter 1997, S. 31-37 191 HStAM Best. 4a 38/21

107 Greifenstein

Am Ostrand des Westerwaldes befindet sich noch heute die mit ihrer Doppelturmfassade weithin sichtbare Ruine der befestigten Höhenburg Greifenstein. Von ihrem Ursprung ist nichts überliefert, im 13. Jahrhundert wurde Greifenstein als Sitz des Rudolf II. von Beilstein erwähnt.192 Die beiden markanten Türme und die Reste der Kernburg stammen vom Ende des 14. / Anfang des 15. Jahrhunderts. Die 1432 in den alleinigen Besitz der Grafen von Solms-Braunfels gelangte Burganlage kam 1602 an den mehrfach als Festungsbaumeister in Erscheinung getretenen Grafen Wilhelm I. (1570-1832), der Burg und Stadt ab 1606 mit einer Wallanlage zu einer Festung ausbaute, in welche die alten Befestigungsanlagen integriert waren.193 In einer zweiten Phase ließ er zusätzlich ab 1620 die Südostseite der Burg sichern. Dabei entstand das massive Rondell („Rossmühle“), das eine Mauerstärke von fünf Meter aufweist. Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz, die auf zwei Blättern mit einem übereinstimmenden Wasserzeichen angelegt sind, wobei eine Ansicht auf den 28.8.1630 datiert ist, könnten anlässlich eines Besuches entstanden sein, den der Fürst von seinem damaligen Quartier in Frankfurt aus unternahm. Greifenstein gehörte nach Meinung des Landgrafen ebenso wie Butzbach und Lich zu den Residenzen „derjenigen […] Fürsten Graven und hern so auß Francfort in einem Tag […] besucht werden können“, wie es in einem Verzeichnis vom 3.9.1629 heißt.194 Wilhelm I. von Solms-Braunfels zu Greifenstein war 1620-22 Generalleutnant des hessischen Heeres gewesen, danach stand er in kaiserlichen Diensten, aus denen er 1629 ausgeschieden war. Ein Besuch des Landgrafen bei diesem alten Bekannten erscheint also plausibel, allerdings lassen die Diskrepanzen der Darstellung zum Baubestand zweifelhaft erscheinen, ob die Zeichnungen tatsächlich vor Ort entstanden sind. Eine weitere Darstellung, die in Feder über einer Graphitvorzeichnung angelegt wurde, stammt vermutlich von einem fachkundigen Zeichner, einem Architekten oder Landvermesser.

Kernburg mit äußerem Burghof und Zwinger, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [189] Der ausführlich beschriftete Plan der Kernburg mit den umgebenden Höfen zeigt die am höchsten gelegenen Teile der Anlage im Grundriss, während die tiefer gelegenen Bereiche im Horizontal- schnitt gegeben sind. Direkt an die beiden Rundtürme, den sog. Nassauer Turm und den Bruder- turm, schloss sich die „herrn / küche“ mit großer Feuerstelle an, an die östlich das Torgebäude am unteren Zwinger, dem zweiten Verteidigungsring, angrenzt. Die beiden südlich anschließenden Flügel enthalten im Erdgeschoß ebenfalls Wirtschaftsräume und werden durch Wendeltreppen an den Fassaden vertikal erschlossen. Der alte Palas aus dem 13. Jahrhundert mit seinen massiven Mauern schließt den inneren Burghof nach Süden hin ab. Direkt im Anschluss daran verzeichnet Landgraf Moritz hier einen „Cantzley bau" am "Cantzley hof", vermutlich eine von ihm entwickelte Idee, ein Verwaltungsgebäude im Kernbereich der Burg anzusiedeln.

Innenhof der Kernburg von Süden 2° Ms. Hass. 107 [190] verso, rechts (Abb. 11) Die von Süden gesehene Vogelschauansicht gibt den „Innerste[n] Schloßhof“ in weitgehender Übereinstimmung mit dem Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [189] wieder. Um einen ungehinderten Einblick in den Hof zu ermöglichen, ist der große Saal im Vordergrund im Horizontalschnitt des Erdgeschosses gezeigt, wodurch die beiden angrenzenden dreigeschossigen Flügel im Quer- schnitt präsentiert werden können – eine eigentümliche Darstellungsweise, die Landgraf Moritz mehrfach angewendet hat.195

192 vgl. Knappe 1995, S. 287f. 193 vgl. Brohl 2009, S. 48-50 194 in: HStAM Best. 4a 38/19 195 vgl. z.B. die Zeichnung der Cadolzburg 2° Ms. Hass. 107 [88] (Abb. 132)

108 Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [190] recto, oben rechts (Abb. 68) Die Vogelschauansicht mit der Beischrift "das grävlich Solmische hauß Greiffenstein. / wie man das vom westerfeldt her zu sichern / deliniiert den 28. Augusti 1630. M. H. L." befindet sich auf einem Doppelblatt mit mehreren Zeichnungen von Greifenstein. Sie zeigt die südliche Seite der Anlage mitsamt des Vorhofes und der Kapelle. Wie in der rückseitigen Ansicht imaginiert Landgraf Moritz vermutlich auch hier eine Ergänzung der vorhandenen Gebäude im inneren Vorhof. In diesem Fall zeichnet er parallel zum ebenfalls erneuerten Palas ein zweigeschossiges Gebäude anstelle der Mauer zum "Vor hoff da die streichen / stehen". Dadurch wird die Anlage stärker regularisiert. Der Rundturm an der südöstlichen Ecke entspricht in seiner Größe zudem nicht dem dort 1620 angelegten Rondell („Rossmühle“), so dass sich die Frage erhebt, ob die Zeichnung möglicherweise aus der Erinnerung angelegt wurde.

Abb. 68 2° Ms. Hass. 107 [190] recto

Ansicht von Norden 2° Ms. Hass. 107 [190] recto, unten rechts (Abb. 68) Die zweite Vogelschauansicht auf der Vorderseite des Doppelblattes zeigt die Burganlage mit Viehhof und Wassergraben von Norden. Der Viehhof beherbergt mehrere langgestreckte Gebäude entlang der Mauer am Burggraben sowie einen Flügelbau in T-Form in der Mitte des Hofes. An

109 dieser Stelle können mehrere Bauten nachgewiesen werden, deren genaue Lage und Aussehen aber nicht überliefert sind. Die Gestaltung des „Mittel Zwinger“ mit zwei Eckgebäuden sowie einem zentralen erkerartigen Gebäude auf der Mauer entspringt vermutlich wieder der gestalterischen Phantasie des Landgrafen, der an dieser Stelle die beiden heute noch vorhandenen Bollwerke außer Acht lässt. Das Aussehen der Kernburg entspricht weitgehend der in dem Grundriss/ Horizontalschnitt 2° Ms. Hass. 107 [189] gezeigten Anlage.

Unbekannter Zeichner, Burganlage von Südwesten 2° Ms. Hass. 107 [188] Die über einer Graphitvorzeichnung von versierter Hand angelegte, vermutlich unvollendete Zeichnung zeigt die Burganlage ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [190] recto, oben rechts (Abb. 68) von Südwesten. Sehr präzise vermerkt der Zeichner die genaue Position der unter- schiedlichen Höfe und Gebäude sowie die architektonischen Details nebst den Schießscharten in der äußeren Mauer mit den hier positionierten Kanonen. Im Gegensatz zu den Hand- zeichnungen des Landgrafen herrscht hier das Bemühen vor, ein getreues Abbild der Anlage zu geben. Bei dem unbekannten Baumeister oder Vermesser, der die Zeichnung anfertigte, könnte es sich möglicherweise um August Rumpf handeln, der für Graf Wilhelm I. zunächst in Ungarn tätig war und 1627 Baumeister in Greifenstein wurde.196

196 Brohl 2009, S. 63

110 Gudensberg

Entwurf zur Befestigung der Stadt 2° Ms. Hass. 107 [186] (Abb. 69) Die nordöstlich von Fritzlar gelegene kleine Stadt Gudensberg erstreckt sich am Fuße zweier Gipfel, die einst von Burgen bestanden waren, der Obernburg und der als Vorwerk dienenden Wenigenburg. Von der höhergelegenen Obernburg sind noch Ruinen erhalten, während die Reste der schon 1387 zerstörten Wenigenburg später verbaut wurden.197 Die "Invention pour fortifier la ville de Gudesberg on la basse Hassie, ou le Chasteau peut servir a commander pour tou / tes six rebords de la ditte ville; projetée le 24 Juin, 1630 M.H.L." zeigt in Vogelschauansicht den nur angedeuteten Ort Gudensberg hinter den beiden markanten Burg- bergen, eingeschlossen von einer Festung mit sechs Bastionen. Deutlich erkennbar ist das „Chasteau“ der Obernburg mit dem viereckigen Bergfried und den beiden zweigeschossigen Ge- bäuden. Von der Wenigenburg sieht man nur den auch in Dilichs Stadtansicht von 1605 deutlich erkennbaren Rundturm mit spitzem Helm. Die von Landgraf Moritz erdachte Befestigung mit Bastionen und Graben hätte die alte Stadt- mauer, die schon im 16. Jhdt. in schlechtem Zustand war, wirkungsvoll ergänzt. Eine Namensliste der Bastionen ist unten links eingefügt: "Noms des Rebords." // "Vitriol." // "Nitre." // "Alume[n]." // "Sal armoriac.", "Sal commun[e]" // "Tartre.", wobei letztere auf der Ansicht vermutlich von der Obernburg verdeckt ist. Die Namen wie auch die beigefügten Symbole kennzeichnen Stoffe der von dem hessischen Fürsten zeitlebens mit Eifer betriebenen Alchemie. Nach Rommel198 gehörte die Befestigung der Stadt Gudensberg zu den unausgeführten Plänen des Landgrafen. 1640 wurde die Stadt weitgehend eingeäschert.

Abb. 69 2° Ms. Hass. 107 [186]

197 vgl. Drach 1909, S. 161 ff., Brunner 1922 198 Rommel 1837, S. 417

111 Habichtswald

Unbekannter Zeichner, Lageplan einer Bergarbeitersiedlung 2° Ms. Hass. 107 [191] Bereits unter Landgraf Wilhelm IV. wurden im Habichtswald Bergwerke zum Abbau von Braunkohle errichtet.199 Landgraf Moritz hatte 1615 mit dem „Bergwerkscollegium“ eine zentrale Behörde für Bergwerksangelegenheiten begründet. Es ist zu vermuten, dass die vorliegende Zeichnung, ein einfacher Lageplan verschiedener Wohnhäuser in durch Schraffuren angedeutetem hügeligem Gelände, in diesem Zusammenhang von einem der Amtmänner des Landgrafen angefertigt wurde

199 vgl. Waitz von Eschen 2005, betr. Akten im HStAM Best. 55a Nr. 1462

112 Hasselbach

Gutshof der Herren von Hundelshausen, Lageplan, 1631 2° Ms. Hass. 107 [194] (Abb. 70) Der südöstlich von Hessisch Lichtenau gelegene, kleine Ort Hasselbach wurde im 13. Jahrhundert erstmals schriftlich erwähnt. Im 15. Jahrhundert gehörte das Dorf zur einen Hälfte den Landgrafen von Hessen, zur anderen den Herren von Hundelshausen, im 16. Jahrhundert erhielten die von Hundelshausen das gesamte Dorf zum Lehen.200 Das stattliche Gut, im Norden des Dorfes an Wehre/Hasselbach gelegen, bestimmt noch heute das Ortsbild.201 Der skizzenhafte Grundriss des Landgrafen Moritz ist mittig bezeichnet: „Junker Kurt herman / von Hundels Hausen Haus Haselbach. / Ibidem den 14. April: 1631 / M.H.L.“ Das an zwei Seiten von einem „Wassergraben“ umgebene Areal beinhaltet eine nahezu quadratische Hofanlage, be- stehend aus diversen Wirtschaftsgebäuden sowie einem „Alten“ und einem „Neuen“ Wohnhaus. Die Datierung belegt, dass Landgraf Moritz den Ort von seinem damaligen Wohnsitz Eschwege aus besuchte.

Abb. 70 2° Ms. Hass. 107 [194]

200 vgl. „Hasselbach, Gemeinde Waldkappel“, in: Historisches Ortslexikon (Stand: 27.7.2010) 201 vgl. Denkmaltopographie 1991, S. 495 ff.

113 Hessisch Lichtenau

Die im späten 13. Jahrhundert planmäßig angelegte Stadt Lichtenau (seit 1889 Hessisch Lichtenau) besaß eine annähernd querovale Form, durchzogen in der Längsachse von drei Haupt- straßen, die jeweils in die beiden Stadttore, das Obertor im Süden und das Untertor im Norden, mündeten. Östlich des Obertors befand sich vermutlich die landgräfliche Burg, die später vom Renthof abgelöst wurde.202 1637 wurden weite Teile der Altstadt durch kroatische Truppen zerstört. Der Mauerring mit dem Obertor blieb allerdings weitgehend erhalten. Bei den diesbezüglichen Blättern im Bestand handelt es sich um zwei Grundrisse des Renthofes von unbekannter Hand aus dem Jahre 1614 sowie sechs eigenhändige Zeichnungen des Land- grafen, die mutmaßlich alle erst nach 1627 entstanden sind. Sie spiegeln eine intensive Ausein- andersetzung mit der Innenraumdisposition im Renthof wieder, deren Beweggrund sich leider nicht mehr eruieren lässt.

Unbekannter Zeichner, Renthof, Grundrisse, 1614 2° Ms. Hass. 107 [227] Die rückseitig mit dem Titel “wie das hern hauß Im / Renthoff zur lichtenaw Jetzo ligt. / Ao 1614. 19 Maij" versehene Zeichnung zeigt einen Umrissplan der drei Etagen mit Bezeichnung der Zimmer. Der Grundriss des Erdgeschosses auf der rechten Seite des Blattes wird durch Maßangaben und Einzeichnung der Türen, die durch eine Legende erläutert werden, ergänzt. Neben Küche, Back- stube und Speisekammer befand sich hier in der vorderen linken Hälfte des Hauses der "Hauß Ern" und neben dem Eingang die Treppe in die „Zweite Wanderung“. Diese ist links oben auf dem Blatt dargestellt und enthält neben dem "Hauß ehrn gehet / durch biß under die dritte / wanderung" die "Rentmeisters Stube" und diverse Kammern. Eine kleine Treppe führt wiederum ins zweite Obergeschoß, das neben kleinen Kammer auch die große "durch gehende Cammer darin Vor zeit [en] daß / frawn Zimmer geleg[en], liegt jetzo frucht darauff" beherbergt. Der unbekannte Zeichner, vermutlich ein Baumeister oder Vermesser in Diensten des Landgrafen, hat auf diesem Blatt sorgfältig den Zustand notiert, den er seinerzeit vorgefunden hat. Die einen Tag später datierte zweite Zeichnung von derselben Hand 2° Ms. Hass. 107 [228] unterbreitet demgegenüber einen Vorschlag zur Veränderung des Baubestands.

Unbekannter Zeichner, Renthof, Umbauentwurf, Grundrisse, 1614 2° Ms. Hass. 107 [228] Die im rückseitigen Titel als: "un vorgreifflicher vorschlag / wie daß hern hauß Im / Renthoff zur lichtenaw zu / gemach in fürstenlagern zu zurichten. / Anno 1614. 20. Maij" betitelte Zeichnung präsentiert ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [227] den Grundriss aller drei Geschosse des Renthofes, der offensichtlich umgestaltet werden sollte. Vorgeschlagen wird eine Vereinheitlichung der Raum- disposition mit einem zentralen Flur in allen Etagen. Zugeordnet sind diesem beidseits jeweils symmetrisch angelegte, gleich große Räume. Im Erdgeschoss (links unten) sind neben Küche und Speisekammer auch Räume für das Gesinde und den Rentschreiber vorgesehen. Die "Zweite wanderung" (links oben) ist mit "frawen zimmers Stub" und "Herrn Stub" sowie zwei zugeordneten Kammern für Wohnzwecke reserviert, während die "dritte wanderung" nicht näher spezifizierte Kammern und Stuben enthält.

Renthof, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [226] Die großformatige eigenhändige Grundrisszeichnung des Landgrafen gibt das Gebäude mit allen Details (Türen, Fenster, Kamine) sehr sorgfältig wieder. Im Gegensatz zu dem Entwurf des unbe- kannten Zeichners von 1614 (2° Ms. Hass. 107 [228]) wird das Gebäude durch einen quer ver- laufenden Flur organisiert, der links von der Mittelachse liegt und vom Vordereingang zum

202 vgl. Hessischer Städteatlas 2006, S. 16

114 Hintereingang mit dem außen an das Gebäude angelegten Treppenhaus führt. Die Küche mit dem großen Herd rückt dadurch auf die rechte Seite des Hauses. Der rückseitig von anderer Hand hinzugefügte Titel "Wie der Rendthoiff zu Lichtenaw sol erbawet werden / Anno 1614 von Illi. selbst Inventirt" suggeriert einen Zusammenhang mit den beiden in dieses Jahr datierten Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [227] und [228]), das Wasserzeichen verbindet das Blatt aber mit anderen Objekten des Bestandes (2° Ms. Hass. 107 [80] + [299]), die in die späten Lebensjahre des Landgrafen datiert sind. Es muss deshalb offen bleiben, ob diese Zeichnung tatsächlich bereits 1614 oder erst 1625-30 entstanden ist.

Renthof am Obertor, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [224] In den Situationsplan des Renthofs neben dem Obertor an der Stadtmauer integriert Landgraf Moritz einen Grundriss des Erdgeschosses, der eine weitere Variante der Raumdisposition darlegt. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [226] liegen Eingang und "haußehrn" links von der Mitte, die Küche erscheint aber, wie in den 1614 datierten Zeichnungen von unbekannter Hand, direkt dahinter an der Rückseite des Hauses. Daran schließt sich an der rechten Seite die "gesinde stube" an, während die Treppe rechts von der Mittelachse neben dem Flur situiert ist. Die zahlreichen Maßangaben suggerieren eine konkrete Planung, differieren aber von denen in den anderen Darstellungen des Bestandes.

Renthof am Obertor, 1630 2° Ms. Hass. 107 [223] (Abb. 71) Die Vogelschauansicht zeigt den Renthof im Bebauungszusammenhang von der Rückseite her, eingefasst auf der linken Seite und im Vordergrund von der Stadtmauer, sowie von der „haubt gasse“ (hinten) und der „Rendthofs gasse“ (rechts). Das Hauptaugenmerk liegt auf den Hofgebäuden, dem Marstall und der Scheuer auf der rechten und den beiden Viehställen auf der linken Seite. Mittig im Hof ist die Zeichnung signiert und datiert: "der Rendthof zur Lichtenau / den 13. Novemb: 1630 M.H.L.". Dieses Datum trägt auch eine weitere Darstellung des Renthofs (2° Ms. Hass. 107 [225]), ein Grundriss, der den Hinterhof in gleicher Anordnung wiedergibt. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Blättern um Bestands- aufnahmen.

Abb. 71 2° Ms. Hass. 107 [223]

115 Renthof, Grundriss, 1630 2° Ms. Hass. 107 [225] Der auf dasselbe Datum wie 2° Ms. Hass. 107 [223] (Abb. 71) datierte Grundriss zeigt ebenso wie diese Vogelschauansicht die Gebäudesituation des Renthofes am Obertor mit den zugehörigen Wirtschaftsgebäuden. Der Grundriss des Erdgeschosses gibt eine Raumdisposition, die keiner der anderen Varianten entspricht. Einzig die Position der Küche an der linken Rückseite und der da- nebenliegenden Gesindestube entspricht der Anordnung in 2° Ms. Hass. 107 [224]. Der „Ehrn“ ver- läuft hier in Längsrichtung an der Vorderseite des Hauses und enthält auf der rechten Seite die Treppe. Genaue Angaben der Details von Türen und Kaminen sowie die Maßangaben suggerieren auch hier einen gewissen Wahrheitsgehalt – aufgrund der offensichtlichen Diskrepanzen lässt sich aber nicht mit Sicherheit sagen, ob hier eine Bestandsaufnahme oder ein Umbauentwurf vorliegt.

Renthof am Obertor und Umgebung 2° Ms. Hass. 107 [237] Wie in 2° Ms. Hass. 107 [223] (Abb. 71) und [225] ist hier die bauliche Situation des Renthofs am Obertor geschildert, wobei der Renthof im Vordergrund im Grundriss gezeigt wird, während die Bebauung dahinter (Obertor, Meisenbuger Hof) in Vogelperspektive erscheint. Die rechte Seite der Zeichnung erscheint unvollendet. Die Wiedergabe des Renthofsgebäudes wirkt allerdings in diesem Fall in den Proportionen deutlich verändert, weshalb es sich möglicherweise um eine Skizze aus der Erinnerung handeln könnte.

Renthof am Obertor und Umgebung 2° Ms. Hass. 107 [222] (Abb. 72) Das Blatt enthält eine ausführliche Darstellung der Bebauungssituation am Obertor, gesehen vom Meisenbuger Hof im Westen, dessen großer Baumgarten den Vordergrund bestimmt. Die Stadt- häuser auf der linken Seite sind sehr sorgfältig mit Angabe des Fachwerks wiedergegeben, das je- doch mehrheitlich schematisiert erscheint. Ebenso detailliert ist das Stadttor auf der rechten Seite geschildert, wobei allerdings der Turm mit seinem spitzen Helm deutlich überhöht dargestellt ist. Der Renthof wird hier im Horizontalschnitt des Erdgeschosses präsentiert, die Raumorganisation entspricht aber wiederum keiner der anderen Zeichnungen. Wie auch in 2° Ms. Hass. 107 [225] liegt die Küche an der Rückseite, die Speisekammer links davon, Kammer und Schreibstube an der rechten Seite. Hinter der zentralen Haustür befindet sich ein „Vorgemach“, von dem aus die neben der Küche liegende Treppe erreichbar ist. Der weitgehende Verzicht auf Innentüren und Fenster lässt diese Wiedergabe trotz der Maßangaben als weitere Studie zur Umgestaltung der Räume erscheinen.

Abb. 72 2° Ms. Hass. 107 [222]

116 Kassel

Die Residenzstadt Kassel, geprägt von dem alten Schloss der Landgrafen stand zunächst primär im Mittelpunkt der architektonischen Bestrebungen des Landgrafen Moritz nach seinem Regierungsantritt 1592. Neben der Fertigstellung des 1591 begonnenen Marstallbaues be- schäftigte er sich zunächst mit dem Ausbau der Befestigungsanlagen, die weithin als vorbildlich galten. Im Außenbereich des Schlosses ließ er das Ballhaus und die Rennbahn anlegen. Der von seinem Vater Wilhelm IV. angelegte Lustgarten in der Aue wurde vergrößert und das Lust- haus ausgebaut und für vielerlei Zwecke genutzt. Mit dem Bau des Ottoneum, des ersten festen Theaterbaus in Deutschland, prägte er das Aussehen der Stadt bis heute. Das alte Kloster auf dem Weißenstein (heute Wilhelmshöhe), damals noch außerhalb der Stadt gelegen, ließ er ab- brechen und ab 1606 ein neues Lustschloss mit Gartenanlagen und Teichen errichten. Erstaunlicherweise schlagen sich diese, das Aussehen der Stadt wesentlich prägenden bau- lichen Aktivitäten nur in geringem Maße in dem Kasseler Konvolut wieder. Abgesehen von einigen wenigen Zeichnungen vom Landgrafenschloss, der Moritzaue und Schloss Weißenstein beschäftigen sich die übrigen Darstellungen vor allem mit dem säkularisierten Ahnaberger Kloster, dem Nassauer Hof, Eigentum der Landgräfin Juliane, dem Fasanenhof vor dem Ahna- berger Tor und dem damals noch weit außerhalb der Stadt gelegenen Jägerhof bei der alten Burg in Waldau. a. Landgrafenschloss

Hoch über dem nordwestlichen Steilufer der Fulda lag seit alters her die Burg der Landgrafen von Hessen, die über einer älteren Bebauung angelegt wurde. Landgraf Ludwig II. hatte 1466 als Teil umfangreicher Umbaumaßnahmen ein neues Herrenhaus errichten lassen, das wenig später nach einer Pulverexplosion erneuert werden musste. Landgraf Philipp der Großmütige begann 1557 die umfassende Erneuerung und Erweiterung der landgräflichen Burg unter Einbeziehung vor- handener Bausubstanz. Auf den Neubau des Küchenbaues mit der zentralen Einfahrt im Süd- westen folgten 1560 die Arbeiten am anschließenden stadtseitigen Backhausbau, während der zur Brüderkirche hin gelegene Frauenzimmerbau 1560-62 ausgebaut wurde. Landgraf Wilhelm IV. ließ schließlich 1570-74 den alten gotischen Wilhelmsbau an der Fulda, der nun als ‚Rotenstein‘ be- zeichnet wird, renovieren. Landgraf Moritz ergänzte die Umgestaltung mit dem Umbau der Kapelle zwischen diesem Flügel und dem Frauenzimmerbau. Das Schloss präsentierte sich jetzt als nicht ganz regelmäßige Vierflügelanlage mit polygonalen Wendeltreppentürmen in den Hofecken und einem hohen Dach mit zahlreichen Zwerchgiebeln. Diese repräsentative Residenz überdauerte mehrere Jahrhunderte, obschon es immer wieder Pläne für eine Umgestaltung gab. Nach dem großen Brand von 1811 unter König Jérôme von Westphalen begann Kurfürst Wilhelm I. 1813 mit den Planungen für einen wesentlich größeren Neubau am alten Platz, die Chattenburg. Bereits 1821 kamen die Bauarbeiten mit seinem Tod allerdings zum Erliegen. Heute steht an der Stelle des Landgrafenschlosses das in den fünfziger Jahren errichtete Regierungspräsidium. 203 Die beiden Zeichnungen von der Hand Wilhelm Dilichs (2° Ms. Hass. 107 [198], Abb. 12 + [199]) gehörten nicht zum ursprünglichen Konvolut, sondern wurden erst 1888 hinzugefügt, wie aus dem ergänzenden Eintrag in der "Designation" (2° Ms. Hass. 107a, fol. 8 verso, Abb.4) hervorgeht. Ebenso wie in der "Hessischen Chronica" von 1605 zeigen sie Ansichten des Landgrafen- schlosses im Zustand von 1490 und 1605. Die insgesamt vier erhaltenen Zeichnungen des Landgrafen Moritz - zwei davon befinden sich nicht im Bestand sondern sind in ein Manuskript eingebunden - beschäftigen sich hingegen vor allem mit der Idee der Ergänzung eines neuen Flügels im Süden der Anlage, zur Rennbahn hin, ein Projekt, das auch in einer im HStAM in anderem Zusammenhang aufgefundenen Zeichnung204 thematisiert wird.

203 vgl. Heppe 1995, Hanschke 2009 204 in HStAM Best. 4b 35, eingebunden in Hofrechnungen (Abb. 75)

117 Wilhelm Dilich, "Arx vetus Cassellae 1490" 2° Ms. Hass. 107 [199] Die Zeichnung Wilhelm Dilichs wurde zusammen mit dem zugehörigen Blatt 2° Ms. Hass. 107 [198] (Abb. 12) erst 1888 im Landesmuseum dem alten Bestand hinzugefügt.205 Die beiden klein- formatigen Darstellungen geben genauso wie in der "Hessischen Chronica" von 1605 Ansichten des Landgrafenschlosses im Zustand von 1490 und 1605. "Arx vetus Cassellae 1490", das alte Schloss, ist von der Stadtseite wiedergegeben, mit seiner Befestigung und dem angrenzenden Brüderkloster. Unter der mit einer Doppellinie gerahmten Darstellung ist ein erläuternder Text beigefügt, der leider nicht mehr vollständig erhalten ist: "das alde schloß zue Cassel In der gestaldt, welche due alhier siehst abe gemaldt, / sampt dem Brüder Closter undt Kirchen auch, wies da zue mahl Ist gewesen im gebrauche / als man hat schrieben 1490 Jahr, von stein undt Holtz gebawet wahr / das Castehl [...]". Es handelt sich hierbei nicht um den Text der „Hessischen Chronica“, der das Schloss ähnlich schildert als: „ein grossen baw am schloß gegen der stadt / darauf er oben ein hölzern stockwerck / mit thürnen und spitzen gezieret / setzen lassen“.206 Nach alten Berichten war aber das Fachwerk zu diesem Zeitpunkt bereits durch einen Steinbau ersetzt worden.207 Offen bleibt, welche Bildquelle Dilich für seine Zeichnung benutzt hat. Die originale Nummerierung „.15.“ lässt vermuten, dass die Zeichnung ebenso wie das zweite Blatt ursprünglich in einen größeren Zusammenhang gehörte.

Wilhelm Dilich, "Arx nova Cassellae 1605" 2° Ms. Hass. 107 [198] (Abb. 12) Die wie in 2° Ms. Hass. 107 [199] gerahmte Ansicht "Arx nova Cassellae 1605" zeigt das Schloss zur Zeit des Landgrafen Moritz von Norden. Die hochaufragende, von Wällen geschützte Anlage mit den charakteristischen Zwerchgiebeln ist durch das schräg im Wall sitzende alte Tor zugäng- lich, das 1615 durch einen südlicheren Neubau ersetzt wurde. Die Darstellung entspricht bis ins Detail der Darstellung in der „Hessischen Chronica“. Der beigefügte Text lautet in diesem Fall: "das neue schloß undt Casteel, ein schöne vestunge ohn allen Fehl, / Ins geviert gebawet worden Ist, Im 1605 Jahr wie man list, / durch moritz Landgraven zue Hessen, welcher Ist ein dapferer Held und vermesser / Welcher das gantze wergk in eine ordnung hat gebracht, undt alles aufwendig gemacht". Die Zeichnung dokumentiert also die durch den Landgrafen vorgenommenen Um- und Ausbauarbeiten am Schloss, wobei der Text und die auch hier eingetragene Nummerierung darauf hindeuten, dass sie Bestandteil einer Blattfolge war, die Dilich vermutlich Landgraf Moritz persönlich gewidmet hat.

Ansicht von der Fulda her 2° Ms. Hass. 107 [200] recto (Abb. 73) Die eigenhändige Zeichnung des Fürsten präsentiert das Schloss mit seinen Befestigungen von der Fulda aus, wobei im Vordergrund der Vogelschau noch eine Ecke des „Ravelin“ auf der Aueinsel an der „kleinen fulda“, sowie die “grosse fulda“ mit dem gegenüberliegenden Ufer zu sehen sind. Detailliert ist die Vierflügelanlage mit den charakteristischen Zwerchgiebeln, Türmen, Erkern und den beiden turmartigen Anbauten mit Altan dargestellt. Die Fassade des Fuldaflügels weist die Abfolge von Backhausbau, deutlich abgesetztem Rotenstein mit großem Mittelgiebel und zwei kleineren Zwerchgiebeln und dem Frauenzimmerbau mit integrierter Kapelle auf, so wie sie sich nach den letzten Umbauten unter Landgraf Moritz präsentierte. In derselben Weise ist sie auch noch auf einem Fassadenaufriß aus dem 18. Jhdt zu sehen.208 Der Innenhof ist in der

205 der Eintrag im Übergabeverzeichnis 2° Ms. Hass. 107 a, fol. 8 verso lautet: „a.d. Hess: Künstleralbum entnommen 1888“ 206 Dilich 1650, S.158 207 Heppe 1995, S. 17 208 Museumslandschaft Hessen Kassel, Graphische Sammlung, GS 1599, vgl. Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007

118 Schrägaufsicht sehr verkürzt dargestellt, wobei die Darstellung des Frauenzimmerbaus mit der Galerie perspektivisch missglückt erscheint. Hinter dem „Rondel“ auf der rechten Seite befindet sich der auch bei Dilich dargestellte überdeckte Verbindungsgang zum Renthof, der hier zweistöckig wiedergegeben ist. Der Wassergraben da- hinter reicht bis zur nördlichen Ecke des Walls, ab dort verläuft er trocken. Den stadtseitigen Wall hatte Landgraf Moritz ab 1594 errichten lassen. Als „stern“ wird an dieser Seite der alte Torbau bezeichnet, eine Bezeichnung, die auch in den Akten benutzt wird.209 Der neue "Portengang" mit dem "wachthauß", 1615 errichtet, befindet sich links daneben. Dieses neue Tor ermöglichte das Passieren des Walles direkt in den Vorhof hinein. So ist es auch auf dem Plan von Wessel 1673 eingezeichnet.210

Abb. 73 2° Ms. Hass. 107 [200] recto

Vermessungstabelle zum Landgrafenschloss 2° Ms. Hass. 107 [200] verso, oben Die zu der Darstellung des Landgrafenschlosse auf der anderen Seite des Blattes gehörige Maßtabelle wird durch eine Doppellinie von einer Darstellung von Kasseler Tor und Kasseler Straße in Melsungen abgetrennt. Sie ergänzt die Zeichnung durch die detaillierte Auflistung von Länge und Breite der gesamten Schlossanlage einschließlich der Gräben und Wälle. Das identifizierbare Wasserzeichen im Papier legt eine Datierung in die Zeit nach der Abdankung des Landgrafen 1628/29 nahe.

209 vgl. Heppe 1995, S. 121 210 Heppe a.a.O., Abb. 15

119 Entwurf für einen Anbau 2° Ms. Hass. 107 [201] (Abb. 74) In dieser Zeichnung entwirft Landgraf Moritz einen neuen Flügel im Südosten des Schlosses, der direkt an den turmartigen Eckrisalit mit Altan anschließt. Mit einem geschweiften Stirngiebel und zwei Zwerchhäusern sollte sich dieser neue Flügel optisch an den alten Bau anpassen. Zwei niedrigere, durch Gesimse unterteilte Geschosse und zwei Vollgeschosse gleichen die Höhe des Gebäudes dem alten Bau an. Neben dem Tordurchgang an der linken Seite des Gebäude sind noch ein Tor zur „hinabfahrt nach dem Ravelino“ (d.h. zur Aue), sowie eines zur „fahrt uff den Wahl“ rechts zwischen dem Gebäude und dem „Linden bergk" markiert. Diese Planung steht möglicherweise im Zusammenhang mit dem Neubau des Walltors 1615, das den direkten Zugang zum „vorhoff" und dem neuen Flügel gewährt hätte. Weitere Details zu diesem Projekt zeigen zwei eigenhändige Zeichnungen, die in ein alchemistisches Manuskript des Landgrafen eingebunden wurden, sowie eine in anderem Zusammenhang aufgefundene Zeichnung im HStAM (Abb. 75)211

Abb. 74 2° Ms. Hass. 107 [201]

Entwurf für einen südöstlichen Anbau, Horizontalschnitt 4° Ms. Chem. 60 [1,2, fol. 88 recto Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [201] (Abb. 74) zeigt auch dieser Entwurf einen Anbau im Südosten des Landgrafenschlosses, der hier aber nicht direkt an den im Anschnitt dargestellten turmartigen Vorbau mit Altan anschließt, sondern durch ein kleines Portal, das den Zugang zum Wall hinter dem Schloss ermöglicht, separiert ist. Dadurch entfällt gegenüber dem anderen Entwurf eine Fensterachse des Gebäudes, das auch hier zum Hof hin an zentraler Stelle einen in die Fassade eingelassenen Brunnen aufweist. Der Horizontalschnitt in Höhe des Gesimse über den beiden unteren Geschossen ermöglicht den Einblick in die Raumdisposition der oberen Etage mit einem zentralen Saal, einer Stube, zwei Kammern und einem Vorgemach, das vermutlich von der Treppe in der linken hinteren Ecke aus zugänglich sein sollte.

Entwurf für einen südöstlichen Anbau mit Laboratorium, Horizontalschnitt 4° Ms. Chem. 60 [1,2, fol. 88 verso Ebenso wie die Studie auf der Vorderseite präsentiert auch dieser Entwurf einen Horizontalschnitt durch den geplanten neuen Flügelbau im Südosten des Schlosses. Im Grundriss wiedergegeben und lateinisch beschriftet ist hier hinter der Fassade der beiden unteren Geschosse allerdings das untere Geschoß, in dessen Zentrum ein Laboratorium mit zwei Herdstellen stehen sollte. Neben dem „vestibolum“ mit der Treppe auf der linken Seite, befindet sich ein als „Museu“ bezeichneter Raum, der möglicherweise Kunstgegenstände aufnehmen sollte,212 während „Cubile“ (d.h. Schlaf-

211 ein Blatt eingebunden in: HStAM Best. 4b 35 212 Kümmel 1996, S. 164

120 lager) und „Conclave“ (d.h. Gemach) auf der rechten Seite zur Unterbringung von Materialien und Personal vorgesehen gewesen sein könnten.213 Damit hätte dem Landgrafen neben dem im Lust- haus in der Aue vermuteten Laboratorium in unmittelbarer Nähe des Schlosses weitere großzügige Räume für seine alchemistischen Experimente zur Verfügung gestanden.

Abb. 75 Hessisches Staatsarchiv Marburg in: Best. 4b 35 b. Moritzaue

Da am befestigten Schloss in Kassel nicht genügend Platz vorhanden war, wählten die Landgrafen das zu seinen Füßen gelegene, von Großer und Kleiner Fulda umgebene Gelände der Aue für einen herrschaftlichen Lustgarten. Ab 1568 ließ Landgraf Wilhelm IV. auf dem direkt unterhalb des Schlosses gelegenen Teil der Fuldainsel einen Garten anlegen, dessen botanische Vielfalt berühmt war.214 1570/71 wurde zudem ein Lusthaus erbaut „mit vier aus dem Fundament zum Tach hinauslaufenden, weiten runden Erkern“215, das vermutlich auch ein Laboratorium beherbergte.216 Landgraf Moritz erweiterte den Garten ab 1604, nachdem er das gesamte Gelände in seinen Besitz gebracht hatte und nannte den Garten fortan „Moritzaue“ und das ebenfalls umgestaltete Lustschloss „Mauritianum“.217 Die fürstliche Familie nutzte das Gebäude gelegentlich zu Wohnzwecken - u.a. auch wenn Seuchen in Kassel grassierten.218 Nach seiner Abdankung im März 1627 hatte sich Landgraf Moritz zunächst hierhin zurückgezogen, bis er in den ihm vorläufig zugebilligten Wohnsitz Melsungen zog.219 1697 wurde das inzwischen baufällige Lusthaus abgerissen. Später wurde die gesamte Aueinsel unter Landgraf Karl in die weitläufig barocke Anlage umgewandelt, die heute noch in Grundzügen erhalten ist. An den alten Lustgarten schloss sich südwestlich ein „stattliches Vorwerck und Meyerey“220 an, eine umfangreiche Anlage, die u.a. Stallungen und Gesinderäume enthielt und vermutlich die Funktion des damals umfunktionierten Renthofs am Landgrafenschloss übernahm. Neben zwei Zeichnungen des Lusthauses und seiner Nebengebäude des Landgrafen Moritz ent- hält der Bestand einen Plan des vor dem Garten gelegenen Geländes von der Hand eines Land- vermessers.

213 Heiner Borggrefe in: Katalog Lemgo/Kassel 1997, S. 362 214 vgl. Hanschke 1991 215 Merian 1646, S. 33, vgl. Perst 1964/65 216 vgl. Borggrefe 2000 217 vgl. Holtmeyer 1923, S. 326 f. 218 Lemberg 2000, S. 180 219 betr. Akten in: HStAM Best. 4a 41/12 220 Merian 1646, S. 33

121 Unbekannter Zeichner, Vermessungsplan des Geländes 2° Ms. Hass. 107 [275] Der Geländeplan von der Hand eines unbekannten Landvermessers überliefert den südwestlichen Teil der Aue, bestehend aus „Ober Aw“ und „nieder Aw“, d.h. das Gebiet vor dem landgräflichen Lustgarten. In der Mitte der Fuldainsel ist ein „Gewesener baumgart“, eingezeichnet, an der Spitze der „Entenfang“, der auch bei Merian erwähnt wird: „oben am ende da sich der Strom theilet ligt ein sehr lustiger und nutzbarer Antenfang“221. Die Zeichnung steht möglicherweise im Zusammen- hang mit den Erweiterungsplänen des Landgrafen Moritz für den Lustgarten.

Lusthaus mit Nebengebäuden, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [273] (Abb. 76) Der Lageplan des Landgrafen zeigt das Lusthaus mit seinen Nebengebäuden zwischen „Blecken- teich“ und „Schlagenteich“ an der Großen Fulda. Ähnlich wie es auch in Merians Stadtansicht von 1646 zu sehen ist, befinden sich am Fuldaufer Nebengebäude, deren Aufteilung und Funktion im Plan präzisiert wird. Eine "altaune“, d.h. ein Altan (eine erhöhte Plattform) ver-bindet das Wasch- haus am „Wassergraben“ mit dem „Bakhaus“. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die „Zweij Heußer beij dem Lusthaus“, deren Fertigstellung der Hofgärtner Joachim Gille im Jahre 1602 vermeldete.222 Dahinter liegt ein langgestreckter "spielblatz". Eine Portalanlage führt vom Schloss- platz auf den „dam“ und zum „gang vom lusthause in den gart[en]“. Den Damm zur Sicherung des Lustgartens vor Überschwemmungen hatte schon Landgraf Wilhelm IV. anlegen lassen,223 dies- bezügliche Ausbesserungsarbeiten werden in den Bauakten mehrfach erwähnt.224 Der Grundriss des Lusthauses gibt die Raumdisposition des längsrechteckigen Baues mit vier polygonalen (acht- eckigen?) Ecktürmen und zwei (?) Mittelrisaliten mit flankierenden Altanen (ähnlich der Ideal- ansicht 2° Ms. Hass. 107 [272], Abb. 149). In den Türmen sind im Erdgeschoss demnach eine Wendeltreppe, eine „Cammer“, eine Speisekammer neben der Küche sowie das Badebecken der „Badtstube“ untergebracht.225 Im Zentrum des Gebäudes lag die „herrn stube“ mit einem „vorgemach“.

Abb. 76 2° Ms. Hass. 107 [273]

221 Merian a.a.O., S. 34 222 in: HStAM Best. 17 e 41 223 Holtmeyer 1923, S. 325 224 z.B. im Jahre 1605, in: HStAM Best. 53 e Pak. 60 225 vgl. Borggrefe 2000, S. 233 ff.

122 Lusthaus mit Wirtschaftshof, mit Vermessungstabelle 2° Ms. Hass. 107 [274] (Abb. 77) Die links oben ansetzende Vermessungstabelle erfasst das Terrain des Lustgartens bis an das „Ravelin“, die kleine Befestigung an der Brücke über die Kleine Fulda. Die unten und am rechten Rand darum herum angelegte Vogelschauansicht präsentiert unten das Lustschloss mit dem Baumgarten zwischen „Schlagenteich“ und „Bleckenteich“, sowie rechts oben den „Welsche hüner garte“ am „Vorwerk“, dem Wirtschaftshof mit seinen Fachwerkgebäuden. Das „fischerhauß“ neben dem „Behälter“ (Teich), das 1602 errichtet wurde,226 erscheint noch im 18. Jahrhundert am gleichen Ort in einer Zeichnung von Giovanni Ghezzi in der MHK.227 Bei dem großen Stallgebäude mit zentralem Zwerchgiebel auf der rechten Seite handelt es sich möglicher- weise um jenen „Stall vor zwolff oder vierzehn Pferde mit Stube, Cammer, futter und heuboden“, den Landgraf Moritz 1603 zu erbauen anwies.228 Die Zeichnung des Landgrafen diente somit zur näheren Erläuterung der Tabelle und zeigt ver- mutlich den damaligen Baubestand.

Abb. 77 2° Ms. Hass. 107 [274] c. Ahnaberger Kloster

Das spätere Augustiner-Chorfrauenstift auf dem Ahnaberg, ursprünglich außerhalb der Altstadt Kassels im Mündungsgebiet der Ahne in die Fulda gelegen (heute ungefähr auf dem Terrain der Max-Eyth-Schule am sog. Katzensprung), wurde in den vierziger Jahren des 12. Jahrhunderts als Prämonstratenser-Doppelstift begründet.229 Über Aussehen und Umfang der ersten Klosteranlage ist nichts bekannt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden die Konventsgebäude erneuert.230 Nach der Säkularisierung 1527 ließ Landgraf Wilhelm IV. 1567 in der alten Anlage ein Fruchthaus einrichten. Landgraf Hermann zu Hessen-Rotenburg beschrieb die bauliche Situation 1641: "ein

226 Bericht des Gärtners Joachim Gille vom 27.9.1602, in: HStAM Best. 17 e 41 227 Museumslandschaft Hessen Kassel, Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007, Marb. Dep. 254,6 228 Anweisung vom 25.7.1603, in: HStAM Best. 53 e Pak. 60 229 vgl. Heimerich 1979, S. 23 ff. 230 vgl. Holtmeyer 1923, S. 139ff.

123 sehr kostbares steinernes Gebäu, inwendig mit einem lang, viereckten Hofe. Weil aber allbereit fürstliche Pallatia genug, ist dieses durch und durch mit vielen stattlichen Böden durchbauet und zum Provianthaus verordnet." 231 Bis 1763 wurde der Gebäudekomplex weiterhin als Pferdestall und Fruchtmagazin genutzt und war Teil der Kasseler Festungswerke. 1763 erfolgte der Umbau zur ersten Kaserne der Garde du Corps und der Artillerie.232 Die Zeichnungen des Bestandes stammen überwiegend nicht von Landgraf Moritz selbst und dokumentieren Pläne zu einer neuen Nutzung des ehem. Klosters sowie einem Umbau des nahegelegenen Reithauses. Vermutlich stehen diese Pläne im Zusammenhang mit den Verhandlungen des Landgrafen nach seiner Abdankung 1627 bezüglich eines Wohnsitzes in Kassel, in denen mehrfach der „Annaberger Hof“ erwähnt wird.233

Unbekannter Zeichner, Lageplan, 1621 2° Ms. Hass. 107 [21] Der von einem unbekannten Zeichner angefertigte "Grundtriß deß Ahnberger Klosters / zue Cassel Anno 1621." präsentiert eine sorgfältige Aufnahme der Umrisse der Klostergebäude, versehen mit einem bezifferten Maßstab. Dabei entspricht die Anordnung der Gebäude nebst dem an- grenzenden "Zimmerblatz“ und dem "Fstl. Zeughaus" der noch in Wessels detailliertem Stadtplan von 1673234 wiedergegebenen Disposition. Es handelt sich vermutlich um eine Bestandsaufnahme, wobei die eingefügten Beschriftungen die Funktionen der Bauten (vorwiegend Ställe) erläutern. "Ihre fstl. Gn. / L.W. Kutschen / pferdt stall" bezieht sich offensichtlich auf die bereits von Landgraf Wilhelm IV. vorgenommene Umnutzung der Gebäude.

Johann Wi(e)dekindt(?), Entwurf zum Umbau, 1627 2° Ms. Hass. 107 [25] (Abb. 15) Diese sehr präzise Grundrisszeichnung, die man einem der landgräflichen Baumeister, vermutlich Johann Wi(e)dekindt zuweisen kann,235 ist betitelt "Ungefehrer abriss und Vor= / schlag wie das Anneberger Closter / zur fl Wohnung anzurichten / 4 ter Aprilis / Anno 1627." Auf Vorder- und Rückseite enthält das Blatt die Grundrisse zweier Geschosse der ehemaligen Klosteranlage. Wie der Vergleich mit dem Plan von 1621 (2° Ms. Hass. 107 [21]) zeigt, umfassen die geplanten Veränderungen vor allem Umnutzungen der einzelnen Gebäude. Weitgehend unverändert bleibt vor allem der "Marstal uff / 32 Pferde" auf der linken Seite im Erdgeschoß. Die im alten Plan angrenzende Durchfahrt an der Vorderseite ist hier verschlossen und durch ein Treppenhaus ersetzt, an das eine „Stalstube“ und der große „Gesinde Sahl“ an- schließen. Der rückseitig anschließende Bau, der durch ein gemeinsames Treppenhaus im linken Flügel erschlossen wird, enthält vor allem Vorratsräume wie die "Lichtkammer" und die "Silber- kammer". Die kleineren Gebäude auf der rechten Seite sind im Erdgeschoß deutlich separiert, sie beherbergen neben den vermutlich als Wachtstube zu interpretierenden Räumen neben der Einfahrt im hinteren Bereich die Küche mit den zugehörigen Räumlichkeiten. Im Obergeschoß sind in den großen Flügelbauten Wohnräume vorgesehen, die einheitlich durch einen Korridor an der Hofseite erschlossen werden. Über dem Gesindesaal und der Einfahrt erstreckt sich ein großer „Herren Sahl“, der von einem offenen Kamin und einem Ofen beheizt wird. Eine kleine Tür auf der rechten Seite erlaubt die Kommunikation mit den über eine kleine Treppe zu erreichenden Küchenräumen im Erdgeschoß. Die neue, vereinheitlichende Raumdisposition im Obergeschoß mit hofseitigen Korridoren zur Erschließung der Räume und die sorgfältig eingezeichneten Kamine und Öfen (und Aborte)

231 zitiert nach Perst 1964/65, S. 215 232 vgl. Gerd Fenner, in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007, 1.34.1.1. Klosterkaserne 233 in: HStAM Best. 4a 41/12 234 HStAM Karten R II 46 235 Stengel 1927, Anm. 177

124 reflektieren das Bemühen, die alten Räumlichkeiten in einen komfortablen Wohnsitz zu ver- wandeln. Vermutlich steht das Umbauprojekt im Zusammenhang mit den Bestrebungen des Landgrafen, nach seiner am 17. März 1627 erfolgten Abdankung einen adäquaten Wohnsitz in Kassel zu behalten.236 Dieser Plan ist aber nicht zur Ausführung gekommen, die Anlage wurde vielmehr unverändert vorwiegend als Stallung genutzt.

Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben (Abb. 78) Die eigenhändige Zeichnung von Moritz auf der Rückseite eines fragmentierten Schriftstücks, zusammengeklebt mit Zeichnungen vom Nassauer Hof und Breitenau, zeigt eine Vogelschau- ansicht der Klosteranlage von Süden mit Tür- und Fensterverteilung wie in der Zeichnung von 1621 (2° Ms. Hass. 107 [21]). Die dreigeschossige Vorderfront des massiven Steinbaus wird von zwei dreigeschossigen Stirngiebeln im Dachbereich gerahmt. Übereinstimmend mit den bekannten Stadtplänen (Merian 1646, Wessel 1673) schildert der Landgraf die Gebäudesituation vor und neben dem ehemaligen Kloster zwischen "weisse gasse" und “Wall”. Rechts unten schließt die "Jud[en] gasse" an, deren anschließende Bebauung in 2° Ms. Hass. 107 [253] verso, rechts dargestellt ist. Die Anlage des Reithauses auf der rechten Seite präsentiert die in den diesbezüglichen Entwürfen (2° Ms. Hass. 107 [22] entlang der [24]) vorbereitete Bebauung.

Abb.78 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben d. Reithaus am Kloster

Neben dem Kloster Ahnaberg lagen in der Ecke vor dem Ahnaberger Tor ursprünglich weitere zugehörige Wirtschaftsgebäude.237 Landgraf Moritz ließ hier neben der alten Zehntscheuer neue Gebäude planen, die zunächst ein Wagenhaus (1608), später auch einen Pferdestall bzw. ein Reithaus (1617) aufnehmen sollten. Als „Altes Reidhaus“ ist der Hof 1673 in Wessels Plan ein- gezeichnet.238 Im 18. Jhdt. stand hier das „von Uffelnsche Haus“, das in der Zeit des „Königreich Westphalen“ von Karl Anton Henschel als Gießerei genutzt wurde.

236 vgl. die Korrespondenz in HStAM Best. 4 a 41/12, in der mehrfach der „Annaberger Hof“ erwähnt wird 237 vgl. Holtmeyer 1923, S. 749 238 Holtmeyer 1923,Taf. 86, 2

125 Adam Müller(?), Entwurf für ein Frucht- und Wagenhaus neben dem Kloster, Lageplan und Grundriss, 1608 2° Ms. Hass. 107 [23] Der "Abriß der ledigen Bau / statt bey der Annaberger / Scheuer, Actum am 1 ten / Februarij Anno 1608" zeigt einen Lageplan mit einem Grundriss der geplanten Gebäude neben dem Kloster, den man aufgrund des Schriftvergleichs dem damaligen Kasseler Baumeister Adam Müller zu- schreiben kann. Die nahezu rechtwinklig aneinanderstoßenden Gebäude sind wie in der eigen- händigen Zeichnung des Landgrafen 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben (Abb. 78) vom Platz vor dem Kloster aus durch eine Einfahrt zugänglich und grenzen rückseitig an die Mauer vor dem Wall. Die beigefügte Beschriftung "Neu frucht und Wagen hauß an der Zehendt Scheuer vor dem Annabergk“ erläutert die geplante Funktion der Bauten, deren räumliche Ausmaße durch den beigefügten bezifferten Maßstab verdeutlicht werden.

Adam Müller(?), Entwurf für einen Pferdestall am Kloster, Lageplan und Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [24] Der in dieser Zeichnung wiedergegebene Grundriss der Gebäude zwischen „Zehendtscheuer", “Wall“ und „Gassen nach dem Fulda Thore” gibt eine gegenüber dem Plan von 1608 (2° Ms. Hass. 107 [23]) modifizierte Gebäudeanlage wieder. Die beiden Bauten, die den Hof zur Stadt hin abschließen, sind komplett als Pferdestall für insgesamt 46 bzw. 48 Pferde eingerichtet. Hinzu kommt neben der Durchfahrt an der Grenze zur Zehntscheuer eine "Fuhrknechte Stuben" hinter dem "Pfortstüblein". Punktierte Linien markieren vermutlich eine ehemals vorhandene Bebauung. Das identifizierbare Wasserzeichen und der Zusammenhang mit der 1617 datierten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [22] geben Anhaltspunkte für eine Datierung in diesen Zeitraum zwischen 1614 und 1617. Der rückseitige notierte Titel "Grundt-Riß des Annaberger Plans alda das Acker haus gestanden" legt nahe, dass der 1608 projektierte Plan für ein Wagenhaus (2° Ms. Hass. 107 [23]) zu diesem Zeitpunkt noch nicht umgesetzt war.

Unbekannter Zeichner, Reithaus am Kloster, Lageplan und perspektivische Ansicht des Fachwerkgerüstes (recto), Lageplan (verso), 1617 2° Ms. Hass. 107 [22] Der "Abriss des Reithauses / uff dem acker hauß platz vor / dem Anaberg in eil uff: / zu richten Ao 1617." enthält zwei Umrisspläne auf der Vorder- und Rückseite des Blattes, die den aus 2° Ms. Hass. 107 [23] und 2° Ms. Hass. 107 [24] bekannten Platz zwischen Kloster und Wall für die ge- nannte Funktion gestaltet. Die Variante auf recto legt das Reithaus auf die Vorderseite des Hofes, dahinter liegt der "hin der hoff so auch uff den notfall / zum bereiten zu gebrauchen". Die Zeichnung auf verso platziert hingegen das Reithaus an die Rückseite: "Reid hauß gegen den Wall". Auf der Vorderseite befindet sich zudem eine vermutlich von Landgraf Moritz ergänzte Skizze einer Fachwerkkonstruktion, erläutert "Wan es mit lauter solchen strebbügen zu / machen were, sparte man viel holtzes und / könte schleunig gehoben werden". Wie die vom Landgrafen später angelegte Vogelschauansicht der topographischen Situation (2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben, Abb. 78) nahelegt, wurde das Reithaus tatsächlich in Fachwerk errichtet und zwar in der in den anderen Entwürfen propagierten Form zweier nahezu rechtwinklig aneinanderstoßender Flügel - der vorhandenen Strassen. In dieser Form zeigt ihn noch der Stadtplan von Wessel 1673.239 e. Nassauer Hof

Der seinerzeit nach der zweiten Ehefrau des Landgrafen Juliane von Nassau benannte Hof lag an der Stelle des hier vermuteten alten Fronhofs an der "Schlagd", dem Umladeplatz der Schiffe an der Fulda unweit des Ahnaberger Klosters und der Einmündung der von Nordwesten kommenden

239 HStAM Karten R II 46, Holtmeyer 1923,Taf. 86, 2

126 Ahna.240 Landgraf Hermann von Hessen-Rotenburg beschrieb 1641 diesen Hof als ein “fürstlich in die Längde fast vierecktes zugebautes, doch nicht ganz steinernes Haus […], sehr lustig an der Fulda ahn dem Ort, wo die Schiffe ausgeladen werden, und ist mit ziemlichen Sälen und notwendigen Gemächern versehen“.241 Als „Oberstenhof“ war er 1573 von Landgraf Wilhelm IV. angekauft worden und diente zunächst als Sitz des Kasseler Stadtkommandanten. Während der Regierungszeit Landgraf Moritz d. Gelehrten wurde er von Mitgliedern der fürstlichen Familie bewohnt, so etwa 1612/13 von Otto, dem ältesten Sohn. 1617 wurde er Juliane von Nassau (in den Zeichnungen als „Illustrissima“ bezeichnet) überschrieben, wobei in der Schen- kungsurkunde242 vermerkt ist, dass es sich um eine umfangreiche Anlage mit mehreren Neben- gebäuden handelte. Nach der Abdankung des Landgrafen 1627 sollte er der Landgräfin und ihren unmündigen Kindern nach dem Wunsche von Wilhelm V. als Unterkunft dienen - aufgrund der be- engten Verhältnisse wurde dies aber zunächst aufgeschoben.243 Erst nach dem Tode ihres Ehe- manns 1632 konnte die hessische Fürstin dort dauerhaft einziehen, mit ihrem Erbe gelangte der Besitz 1643 an die Rotenburger Linie des Landgrafenhauses.244 Später befanden sich hier der „neue Collegienhof“ und im 18. Jahrhundert der „Packhof“.245 Landgraf Moritz hat die ansehnliche, sich zum Wall hin verjüngende Hofanlage nach seiner Abdankung mehrfach gezeichnet. Hauptthema der Zeichnungen war eine Erweiterung und Homo- genisierung der Bauten sowie die Konzeption eines repräsentativen Hauptgebäudes. Wie schon Holtmeyer bemerkte, stimmen die Zeichnungen weder in Zahl noch in Größe der angegebenen Gebäude überein. Das könnte möglicherweise damit zusammenhängen, dass einige der Zeich- nungen nicht vor Ort entstanden sind und der hessische Fürst geschätzte Maße angab. Inwieweit die vorgeschlagenen Veränderungen, die vermutlich mit dem geplanten Umzug der Landgräfin nach der Abdankung 1627 zusammenhängen, tatsächlich in diesem Ausmaß um- gesetzt wurden, bleibt zweifelhaft. Der in dem Stadtplan von Wessel 1673246 eingezeichnete Grundriss zeigt nach wie vor eine relativ unregelmäßige Anlage. Die geplante Verlegung des Flußlaufs der Ahne unter den Nassauer Hof ist allerdings tatsächlich erfolgt.247

Ansicht von Westen 2° Ms. Hass. 107 [57] recto, links Die langgestreckte Ansicht des Hofes auf der Rückseite einer Darstellung des ehemaligen Klosters Breitenau geht vom Hauptgebäude an der Südseite des Komplexes aus und zeigt die anschließenden Bauten bis zum Wall. Vermutlich aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit sind die Häuser im Vordergrund im Grundriss wiedergegeben. Hier befinden sich außerhalb des Hofs neben dem "Saltz haus" auf der rechten Seite auch die Wohnungen des "Cantzley knechts" und von "Heinrich der Kutscher“ neben "der alten Baumeisterin Müllers / Hofstädte"248. Der „große sahl" neben dem Hoftor an der "schlacht gasse" (heute "Vor der Schlagd") ist ver-bunden mit dem an der linken Ecke anschließenden quadratischen "vorsahl", der in den Hofraum hineinragt und an "Georg Königs hofstädte" angrenzt. Die weiteren, in Vogelschau wiedergegebenen Hofgebäude weisen einheitlich Fachwerkkonstruktionen in den Oberge-schossen auf, so wie es auch von Schmincke 1767 beschrieben wird: „ist ganz von Holz und nur mit einem steinernen Fusse versehen“249. Bei dem langgestreckten Bauwerk auf der linken Seite handelt es sich vermutlich um ein Stallgebäude, während rechts auf das alte Herrenhaus am Fuldaufer nach Norden hin ein deutlich zurück gesetztes Nebengebäude und eine überbaute Galerie folgen. Den Abschluss an

240 vgl. Holtmeyer 1923, S. 429 ff. 241 zitiert nach Perst 1964/65, S. 216 242 HStAM Best. 4a 42 Nr.15 243 Lemberg 1994, S. 345f. 244 vgl. Lemberg a.a.O., S. 387ff. 245 Holtmeyer 1923, S. 437 246 HStAM Karten R II 46 247 Holtmeyer 1923, S. 435 248 nach Holtmeyer 1923, S. 746 besaß Baumeister Adam Müller 1605 das Haus „Vor der Schlagd Nr. 5“ 249 Schmincke 1767, S. 236

127 der Schmalseite zum „Wall“ hin bildet ein schmaler Verbindungsbau. Auf der rechten Seite, am Flussufer, erstreckt sich ein kleines Gartenareal mit einem Teich, das auch in anderen Zeich- nungen wiedergegeben ist (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [202], [204], [208]). Links im Hintergrund ist die angrenzende Bebauung an der „fliegengase“ und "Jud[en]gasse“ neben dem Wall teilweise nur angedeutet.

Grundriss der südwestlichen Gebäude mit Erweiterungsentwurf 2° Ms. Hass. 107 [206] (Abb. 79) Der Grundriss der südwestlichen Gebäude des Nassauer Hofes entspricht in der gezeigten Gebäudedisposition weitgehend dem in 2° Ms. Hass. 107 [57] dargestellten Zustand, wobei hier einige Details präzisiert werden. "Georg Könings Hofstädte" in der Ecke zwischen "Illa. [IIlustrissima] Sahl“ und "Neuer baw." wird hälftig unterteilt, wobei ein Teil beschriftet ist "dieses gebe ein / stall 70 sch lang / 24 schu breidt", der andere "dieses bliebe ein / höflein." Die Erweiterung durch den Besitz von Georg König250 wird in 2° Ms. Hass. 107 [204] verso expressis verbis erwähnt, kam aber vermutlich nicht zustande, wie der Plan von Wessel aus dem Jahre 1673251 nahelegt. Das kleine quadratische Gebäude in der inneren Hofecke enthält neben der Treppe auch eine "Silber Cammer". Das angrenzende Gebäude umfasst Kammern und Stuben, die von einem durchlaufenden Gang erschlossen werden.

Abb. 79 2° Ms. Hass. 107 [206]

Grundriss der südwestlichen Gebäude 2° Ms. Hass. 107 [205] Die sorgfältig mit Hilfe eines Lineals angelegte Zeichnung, die vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt beschnitten wurde, präzisiert die Planung für den südwestlichen Teil des Nassauer Hofs, wie er in 2° Ms. Hass. 107 [206] (Abb. 79) vorliegt. Der neu zu errichtende Anbau an den Saal ist hier aufgeteilt in einen "Stall uff 26 pferde." mit kleiner "Stalstube" und "Vorgemach". Ein "höflein" in der Ecke zum “Vohrsälein” erlaubte den Durchgang vom Stall zum Vorgemach und der Stallstube. Das anschließende Gebäude an der Ahna konnte nur über den Innenhof erreicht werden.

Ansicht von Westen 2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten links Die kleine Vogelschauansicht auf der Rückseite einer Zeichnung des ehemaligen Klosters Breitenau zeigt den Nassauer Hof in einem ähnlichen räumlichen Zusammenhang wie 2° Ms. Hass. [57], allerdings in diesem Fall von der „hinder Ahne gasse” im Westen aus gesehen. Ebenso

250 hierbei handelt es sich vermutlich um den Zeugmeister gleichen Namens, vgl. die Akte im HStAM Best. 4d Nr. 247 251 HStAM Karten R II 46, Holtmeyer 1923, Taf. 19,1

128 wie dort begleitet den Lauf der Ahne ein langgestrecktes Wirtschaftsgebäude bis zum Wall hin. An der gegenüberliegenden Langseite im Hintergrund zieht sich auch hier eine überbaute Galerie, die bis zum alten Herrenhaus am rechten Bildrand reicht. Saal und Vorsaal neben dem Eingang erscheinen angeschnitten. Die Bürgerhäuser im Vordergrund sind nur angedeutet, während das Fachwerkhaus zwischen Fliegengasse und Judengasse genau dargestellt ist, - im Gegensatz zu der Darstellung in der genannten Zeichnung aber ohne einen Steinsockel.

Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [207] Der skizzenhafte Grundriss präsentiert die Gebäudesituation ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [57] recto, links mitsamt der südlich anschließenden Bebauung. Besonderes Augenmerk legt die Darstellung auf die Einzeichnung von Stallungen in dem zur Erweiterung vorgesehenen Gelände und den Ausbau des nördlich am Wall gelegenen Gebäudes.

Ansicht von Norden mit Erweiterungsentwurf , 1627 2° Ms. Hass. 107 [204] verso (Abb. 80) Die eigenhändig signierte Darstellung: "Illa [IIlustrissima] hof wie derselbe könte / durch erkaufung George Königs hauß / erweitert werd[en]. / inventiert in d[er] Moritzaw, den / 29. Aprilis 1627" greift den auch in anderen Zeichnungen verdeutlichten Vorschlag auf, den Hof an der Südseite nach Westen hin zu erweitern. An dieser Stelle präsentiert der Entwurf ein Fachwerkgebäude, das neben dem steinernen Hauptgebäude ein Stück weit zurückspringt, wobei der dort bisher einge- zeichnete quadratische „Vorsaal“ entfällt (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [207]). Ein langgestrecktes Ge- bäude mit Fachwerkobergeschoß begleitet den Lauf der Ahne, die im Vordergrund unter dem Wall verschwindet. An dieser Stelle schließt der Hof mit einem „Misthöflein“ hinter dem nördlichen Hofabschluss, einem einfachen Gebäude, das laut Beschriftung einen „kuhstall“ und ein „Bakhaus“ beherbergen soll. An der Fuldaseite zieht sich neben dem Garten eine überbaute Galerie, die hier bruchlos in das deutlich erweiterte Herrenhaus übergeht. Auf diese Weise erreicht Landgraf Moritz eine Vereinheitlichung der Hofanlage, die mit der fast durchgängigen Verwendung von Fachwerk einen ländlichen Charakter erhält.

Abb. 80 2° Ms. Hass. 107 [204] verso

129 Ansicht von Norden 2° Ms. Hass. 107 [253] verso, rechts Die ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [204] verso (Abb. 80) von Norden genommene Vogelschau- ansicht wird in ähnlicher Weise erläutert als "der Oberst hoff. erweitert / durch erkauffung geörge Königs hauß“. An der betreffenden Stelle neben dem Saalbau steht wiederum ein Fachwerk- gebäude, das an das langgestreckte Gebäude an der Ahne grenzt, einen schmalen ein- geschossigen Steinbau. Auch hier mündet das Gelände in den Misthof am Wall hinter dem nördlichen Hofgebäude. Die Kanalisierung der Ahne unter dem Wall ist deutlich erkennbar. Detailliert schildert die Zeichnung auch die die angrenzenden Bebauung an "Newe Ahne gasse", "flieg[en]gasse" und „Juden gasse“, überwiegend eng zusammenstehende Fach-werkbauten. Hier schloss nördlich das Reithaus am Ahnaberger Kloster an (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben, Abb. 78). Die Bezeichnung “Fuldathumer gasse“ bezieht sich auf den sogen. Fuldaturm252 in der Mauer am Fluß.

Ansicht von Nordwesten 2° Ms. Hass. 107 [234] recto, oben Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [204] verso (Abb. 80) und [253] zeigt auch diese Vogelschau, die sich auf den südwestlichen Teil des Nassauer Hofes beschränkt, einen Fachwerkanbau an das große Saalgebäude, der in diesem Fall in L-Form ausgebildet ist und in Höhe der kleinen Ahne- brücke an das langgestreckte Stallgebäude anschließt, das hier nur auf Grundriss reduziert ist. Die Einzeichnung von "Schulbau", "grosse stall" und "klein stall" auf der Hoffläche dokumentiert weitere Überlegungen zur Erweiterung der von der landgräflichen Familie genutzten Gebäude, wobei die Schule für die damals noch unmündigen neun Kinder aus der zweiten Ehe vorgesehen sein dürfte.

Ansicht von Norden 2° Ms. Hass. 107 [203] recto Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [234] recto, oben konzentriert sich die Darstellung auf den südwestlichen Teil von "Illa [Illustrissima] hof", wobei die angrenzende Bebauung im Grundriss nur angedeutet ist. Der Saalbau wird in diesem Fall von einem rechtwinklig(?) anschließenden Ge- bäude ergänzt, bei dem es möglicherweise um den in der genannten Zeichnung einskizzierten „Schulbau“ handelt.

Besoldungsliste des Hofes der Landgräfin Juliane 2° Ms. Hass. 107 [203] verso Die Rückseite der kleinen Zeichnung vom Nassauer Hof enthält eine ausführliche Auflistung der Kosten des Hofes der Landgräfin und der Familie. Nach der Abdankung des Landgrafen Moritz wünschte Wilhelm V. ihren Umzug in den Nassauer Hof, der aber aufgrund der Vielzahl des Personals nicht so einfach zu bewerkstelligen war.253

Ansicht von Norden, 1627 2° Ms. Hass. 107 [202] (Abb. 81) Die sorgfältige, unter Zuhilfenahme eines Lineals ausgeführte Zeichnung ist beschriftet: "der f. [ürstliche] hof Illa. [Illustrissima] 1627 6 Maij M.H.L.". Die Ansicht von Norden zeigt die zum Wall hin sich verjüngende Hofanlage, deren Umgebung links außerhalb durch „die schlacht" (Schlagd), vorne durch "die möhl" (Mühle) und rechterhand durch die „hinder ahn gasse“ und den „ahn fluß“ definiert ist. Der Eingang erfolgt über das „furder thor“, das neben dem im Hintergrund angedeuteten Salzhaus (s.u. 2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten rechts) liegt. Ein regelmäßiger dreistöckiger Steinbau mit Mittelrisalit, bezeichnet als "der Sahlsbaw", „die schule“ und "der neue bau", ersetzt die alten Gebäude im Süden. Die rechte Langseite des Hofes besteht aus einem

252 Brunner 1913, S. 80 253 Lemberg 1994, S. 345

130 schmalen steinernen Verbindungsbau entlang der Ahne. An der linken Langseite befindet sich das „herrnhauß“, begleitet von zwei Gärten, dem „würtzgärtlein“ und dem „Biebergarten“, der von einer „Galerie“ zum Hof hin abgeschlossen wird. Der abschließende Bau im Vordergrund wird als „Der Neue bauw uber dem keller“ bezeichnet, rechts daneben liegt das „wall thor“. Bis auf das alte Herrenhaus sind sämtliche Gebäude als regelmäßige Steinbauten konzipiert, die dem Hof ein herrschaftliches Gepräge geben, eine Idealvorstellung des gerade abgedankten Landgrafen, der zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch von einem gemeinsamen Aufenthaltsort der fürstlichen Familie ausging.

Abb. 81 2° Ms. Hass. 107 [202]

2° Ms. Hass. 107 [204] recto, oben Ansicht von Norden In weitgehender Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [202] (Abb. 81) schildert auch diese Zeichnung die gesamte Hofanlage von Norden als Abfolge von regelmäßig gegliederten Steinbauten. Der nördliche Abschluß zieht sich aber hier nicht bis zur Schlagd, sondern integriert das an dieser Stelle vorhandene alte Fachwerkgebäude, das in 2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten links als „Wagenhaus“ bezeichnet wird. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [253] verso, rechts ist auch hier die städtische Bebauung von "hinder Ahngasse", "fliegen gasse" und „Jud[en] gasse“ wiedergegeben, allerdings mit deutlichen Abweichungen, die auf eine eher summarische Aufnahme dieser Gebäude schließen lassen.

2° Ms. Hass. 107 [204] recto, unten Grundriss Der Grundriss von "Illa [IIlustrissima] erweiterter hof" auf einem Blatt, das auf Vorder- und Rückseite weitere Varianten zum Umbau des Nassauer Hofes präsentiert, verzeichnet eine relativ regelmäßige Anlage des Hofes mit einem durch den "Neue[n] bau uff / george königs bawstädte" erweiterten Hauptgebäude, einer offenen Galerie an der Ahneseite und einem breiten Querriegel "neuer baw mit Abschaffung / des Wag[en] hauses" am Wall. In ähnlicher Form ist der Baukomplex auch in der 1627 datierten Vogelschauansicht 2° Ms. Hass. 107 [202] geschildert.

131 Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [209] Der sorgfältig ausgeführte, unbeschriftete Grundriss wiederholt sehr getreu die in 2° Ms. Hass. 107 [204] recto, unten vorgegebene Gliederung. Kennzeichnend ist die regularisierte Anlage der Bauten um den Innenhof, der durch Arkadengänge repräsentativ aufgewertet wird.

Idealentwurf, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [208] (Abb. 82) Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [209] präsentiert auch dieser Grundriss einen recht detaillierten Entwurf für eine durchdachte Homogenisierung und Erweiterung der Hofanlage. Das Hauptgebäude "Illa [Illustrissima] Sahl" wird durch den "Neu baw / von george / könig erkauft. / darin etzliche ge / mach zu erbauen." ergänzt, wobei wie in der Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [202] (Abb. 81) ein mittig vorgelegter Risalit beide Bauten verbindet und zugleich die Treppe und die "Silber / stub[e]." aufnimmt. Das alte Herrenhaus an der Seite zur Schlagd hin sollte gemäß der eingezeichneten Raumdisposition als Versorgungsgebäude mit "Küche", "Speiskammer" und "backstube" dienen, während auf der gegenüberliegenden Seite eine "Stallung uff 25. pfe" die "Stallung uff 20 pfe." am Wall zu einem fürstlichen Marstall ergänzt. Die beiden Galerien zwischen den Gebäuden vereinheitlichen den Hofraum und werten ihn repräsentativ auf. Im Anschluß an das Stallgebäude am Wall sind hier ein „keller“ und ein „Mühle“ eingezeichnet. Die vorge- schlagenen Veränderungen zielen in der Gesamtheit auf die Möglichkeit der Unterbringung einer großen fürstlichen Entourage. Ergänzt wird die Darstellung durch die Angabe der Bebauung an der „saltz oder schlacht gasse", die ähnlich auch in 2° Ms. Hass. 107 [57] recto, links und [207] angeben ist. Die sorgfältige Aufnahme des Salzhauses korrespondiert mit der separaten Ansicht des Gebäudes 2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten rechts.

Abb. 82 2° Ms. Hass. 107 [208]

2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten rechts Salzhaus am Nassauer Hof Das „Saltzhaus“, ein stattlicher zweiflügeliger Bau vor dem Nassauer Hof an der Schlagdgasse, war von Landgraf Wilhelm IV. zwischen 1570 und 1580 erbaut worden Es diente vermutlich in erster Linie zur Aufnahme des Salzes, das in Sooden bei Allendorf gewonnen wurde. In seiner Grundgestalt war es noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhalten.254 Landgraf Moritz zeigt den Bau in Übereinstimmung mit dem Grundriss in 2° Ms. Hass. 107 [208] (Abb. 82) mit seinen im rechten Winkel aufeinander treffenden dreigeschossigen Flügeln, die durch den Wendeltreppen-

254 vgl. Holtmeyer 1923, S. 598f.

132 turm in der Hofecke erschlossen werden. Rechts anschließend liegt der „Commiß / hof", der seinerzeit zur Verpflegung des Hofpersonals diente. 1615 hatte Landgraf Moritz das unweit ge- legene Rüsthaus gegen diesen zwischen dem Salzhaus und dem „Neuen Bau“ gelegenen Hof getauscht.255 Auf dem Stadtplan von Wessel 1673 ist er an derselben Stelle eingezeichnet.256 1618 war das ehemals landgräfliche Rüsthaus an der Schlagdgasse an Hans Fahr verkauft worden, unter dessem Namen erscheint es auch auf dieser Zeichnung links unten neben dem Haus von Bürgermeister Didamar.257 Geschildert wird das stattliche Eckgebäude als Fachwerkkonstruktion über zwei Steingeschossen, ergänzt durch einen Erker an der Schlagdgasse. Vermutlich handelt es sich bei dieser Vogelschauansicht um eine Bestandsaufnahme der Bebauungssituation vor dem Nassauer Hof.

Bericht über Bauarbeiten am Nassauer Hof 2° Ms. Hass. 107 [211] Der undatierte Bericht über „Die Gedingte Arbeijten ahn hießigem E. f.g. Naßau,, / ischen hoiff“, betrifft die Bezahlung der Arbeiter „daß alß selbiger Arbejtter einer wochentlich / uff seine Verköstigung zue 42. auch zue 36 alb. bekomen thutt“ und die Beschaffung von Material und Fachkräften zum Verputzen „Wan E.F.G. mir auch in gn. befohlen etzliche Kleibe / wie auch Kalck zue verbinde[en] So balt Möglich zue / wege zue bring“. Ein konkreter Bezug zu den Zeichnungen lässt sich nicht erkennen.

Hof am Steinweg (?) 2° Ms. Hass. 107 [219] verso, unten rechts Die kleine Ansicht mit der Beischrift „Illi. Hof zu den Linden am stein weg [?] Zu Cassel 1630 den 29. Septemb. M.H.L.“, war bisher bei den Zeichnungen des Nassauer Hofes abgelegt worden. Die Beschriftung verortet diesen Hof jedoch eindeutig in der direkten Umgebung des Landgrafen- schlosses am Steinweg. „Schloßwall“, „Schloßgraben“, und "Brüder Pfarrhaus" verorten die Ge- bäude ungefähr im Bereich des Renthofes. Der im Horizontalschnitt angedeutete "Cörenbergisch hoff" - gemeint ist vermutlich der Cornberger Hof - lag aber eigentlich am Graben, an der Ecke zur Druselgasse.258 Aufgrund dieser Widersprüche ist eine genaue Lokalisierung des Hofes in Kassel derzeit nicht möglich. f. Karten

Neben dem wahrscheinlich Wilhelm Dilich zuzuschreibenden unvollendeten Fragment einer Amts- karte von Kassel und Umgebung enthält der Bestand zwei Zeichnungen des Landgrafen Moritz, die möglicherweise im Zusammenhang mit den Landtafeln Wilhelm Dilichs stehen.

Wilhelm Dilich (?), Entwurf für eine Amtskarte 2° Ms. Hass. 107 [197] (Abb. 12) Die aus fünf Einzelteilen zusammengesetzte Karte, deren ungewöhnliches Format auf eine spä- tere Reduzierung schließen lässt, erweist sich als unvollendetes Fragment einer von einem Land- vermesser mit Hilfsinstrumenten angelegte Karte des Amtes Kassel, wobei im Zentrum die Festung Kassel steht. Die deutliche erkennbaren geritzten Blindlinien, das an einer Stelle vorhan- dene Linienraster und die Graphitkorrekturen im Kernbereich lassen die Vorgehensweise des Zeichners erkennen. Die ausführliche Beschriftung, die auch heute noch in Kassel vertraute Namen verwendet (z.B. "Müncheberg", "Auefeldt", "Burgfeldt"), stimmt überein mit dem von Wilhelm Dilich in seinen Land-

255 vgl. Holtmeyer 1923, S. 423ff. 256 Abb. in Holtmeyer 1923, Taf. 19, 1 257 Holtmeyer 1923, S. 422 258 Holtmeyer 1923, S. 672

133 tafeln verwendeten Schema, wobei die Gleichartigkeit des Schriftbildes seine Autorschaft auch in diesem Fall sehr wahrscheinlich macht. Die Anlage der Festung entspricht weitgehend dem in Stockholm aufbewahrten Plan259, der zwischen 1618 und 1623 datiert wird, wie auch dem von Holtmeyer um 1620 datierten Festungs- plan.260 Da Dilich bis 1618 mit der Arbeit an dem groß angelegten Projekt der Landtafeln für Land- graf Moritz beschäftigt war, das auch eine Karte des Amtes Kassel beinhalten sollte,261 dürfte die Zeichnung spätestens 1618 entstanden sein.

Landtafeln von Nordhessen, Skizze 2° Ms. Hass. 107 [212] recto Die skizzenhafte Zeichnung auf diesem später mit der Nummer „31“ versehenen Blatt lässt sich bei näherer Betrachtung in zwei nicht eindeutig getrennte, schematische Landtafeln des „Nieder- fürstenthums“262 differenzieren. Der obere Plan zeigt das Gebiet um Ziegenhain, wobei der Norden („septentrio“) links liegt, der untere präsentiert Kassel mit Umgebung in ähnlicher Ausrichtung. In diesen Zusammenhang gehört vermutlich auch die Tabelle auf der Rückseite des Blattes, die hessische Städte auflistet. Eine im Marburger Staatsarchiv befindliche "Landtafell uber die Stede Im niderfürstenthumb“ von der Hand des Landgrafen Moritz263 präsentiert die Landgrafschaft in ähnlicher, sehr vereinfachter Weise, wobei nur die ungefähre Ortslage im Gesamtzusammenhang des Hoheitsgebietes von Interesse ist. Da das Blatt aufgrund des Wasserzeichens relativ früh zu datieren ist (1607-1615), könnte die Zeichnung im Zusammenhang mit den Landtafeln Dilichs entstanden sein.

Idealplan von Stadt und Festung 2° Ms. Hass. 107 [212] verso Der schematische Idealentwurf für die Stadt Kassel bringt die Grundform der Stadt und Festung Kassel in die Gestalt zweier halbkreisförmiger Befestigungen mit rasterförmigem Straßennetz zu beiden Seiten des Flusses. Auf diesem ist eine elegante, von zwei Personen mit langen Rudern bewegte Gondel eingezeichnet, beschriftet "Giovanni eccelio in gondola", eine humorvolle An- spielung auf den landgräflichen Sekretär Johann Eckel, der dem Landgrafen viele Jahre treu diente.264 Der Entwurf orientiert sich mit seinem regelmäßigen Bastionärssystem an zeitgenös- sischen Entwürfen für moderne Befestigungen, wie sie etwa Daniel Specklin in seinen Büchern zur Festungsbaukunst zeigte.265 Der Ausbau der Befestigungsanlagen in Kassel war lange Jahre ein wesentliches Anliegen des Landgrafen Moritz gewesen. Das ebenfalls auf dieser Blattseite befindliche siebenspaltige Verzeichnis von Ortsnamen bezieht sich vermutlich auf die rückseitigen skizzenartigen Landtafeln. g. Fasanenhof

Fasanengärten, die seit dem 17. Jahrhundert im höfischen Umfeld angelegt wurden, waren relative großzügige Gehege, in denen Fasanen gehalten wurden, die seinerzeit auch häufig der Mittel- punkt großer Festessen waren. Es ist anzunehmen, dass in diesen speziellen Anlagen auch anderes Geflügel gezogen wurde. Der vor dem Ahnaberger Tor bei Wolfsanger gelegene landgräfliche Fasanenhof wird 1607 erstmalig in den Akten erwähnt. 1640 schenkte ihn Landgräfin Amalie dem Hofprediger, dessen

259 Riksarkivet Stockholm 0406:25:038:001, vgl. Papritz 1964/65 260 Holtmeyer 1923, Taf. 64 261 vgl. Stengel 1959 262 in der Übergabeliste von 1786: „31. Zeichnung von einem Theil des Niederfürstenthums Nordhessen“, 2° Ms.Hass. 107a, fol. 7 verso 263 HStAM Karten P II 10529 264 vgl. Broszinski 2011, S. XXII 265 z.B. Fischer 1996, Abb. 70

134 Witwe ihn aber wieder an die landgräfliche Familie veräußerte, 1702 wurde er neu angelegt.266 1766 kam das Gut an die Kriegs- und Domänenkammmer, die dort neue Wirtschaftsgebäude errichten ließ.267 1920 wurde die Domäne von der Stadt Kassel angekauft und 1926 mit dem Stadt- teil „Fasanenhof“ eingemeindet. Der ehemalige Standort ist heute an der Fuldatalstraße, ungefähr an der Stelle des Altenwohnheims zu verorten. Die Zeichnungen des Landgrafen mit leicht unterschiedlichen Entwürfen zur Anlage von Gebäuden im Fasanengarten werden ergänzt durch ein Schriftstück mit einer Maßtabelle zu einem neu ge- kauften Grundstück. In den Bauanschlägen für 1615 wird der Bau eines „fasanen hauß“ in Kassel erwähnt und mit „factum“ auch als umgesetzt gekennzeichnet.268

Fasanengarten, 1615 2° Ms. Hass. 107 [157] (Abb. 83) Die Vogelschauansicht der gesamten Anlage zeigt einen L-förmigen Fachwerkkomplex, bestehend aus einem langgestreckten Fasanengehege mit abgeschrägter Wand und einer mit feinem Ge- flecht geschlossenen Dachöffnung und einem kleinen zweistöckigen Haus, dem rechtwinklig dazu ein kleineres einstöckiges Gebäude beigesellt ist. Feste Holzzäune schließen den vorderen Hof ein, dem ein weiteres umzäuntes Gelände mit einem großen Teich angeschlossen ist. Ein ein- zelner Vogel auf dem Teich belebt die schlichte Umgebung und deutet die Funktion an. Die Beschriftung "Neuer fasangarten nicht weit von Wolfes anger. 1615. 26. Julij. inventiert / Im Obersten hoff zu Cassel." verortet die Anlage und gibt einen Hinweis darauf, dass es sich um einen Entwurf handelt, den Moritz im „Obersten hof“, dem vormals so genannten Nassauer Hof in Kassel anfertigte. Nach Ausweis der Akten war 1615 tatsächlich ein Fasanenhaus errichtet worden.

Abb.83 2° Ms. Hass. 107 [157]

Ansicht und Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [158] Die Zeichnung präsentiert in Grundriss und Vogelschau untereinander eine ähnliche Anlage wie in 2° Ms. Hass. 107 [157] (Abb. 83), bei der allerdings das Gebäude am Kopf des Fasanenhauses

266 Holtmeyer 1910, S. 65 267 vgl. die Zeichnung in der Graph. Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel, Marb. Dep. 254,34, in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007 268 in: HStAM Best. 53e Pak. 61

135 quer gestellt ist. Die Graphiteinzeichnung im Bereich des Grundrisses ist vermutlich späteren Datums.

Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [159] Der Lageplan zeigt die gesamte Anlage sowie das sie umgebende Areal an der "Strasse nach Wolffes anger". Am Kopfende des Fasanenhauses stehen hier aber im Gegensatz zu 2° Ms. Hass. 107 [157] (Abb. 83) und [158] zwei kleinere Gebäude, eine "fasanstube" und ein "fasan warmes hauß." Baumaßnahmen bezüglich eines Fasanenhauses sind für 1615 belegt, es bleibt aber unklar, welche Variante umgesetzt wurde.

Maßtabelle eines gekauften Grundstücks 2° Ms. Hass. 107 [160] Die "Außmessung des gekauften gartens“ liefert die Zahlen für ein insgesamt 11 Acker umfas- sendes Stück Land, das vermutlich dem Fasanenhof hinzugefügt werden sollte. h. Waldau

In dem im Südosten der Stadt Kassel gelegenen heutigen Ortsteil Waldau, ehemals auch Walda oder Walde genannt, lag nördlich der Kirche eine befestigte Burg, die im 15. Jhdt. als landgräfliche "Kemenate" bezeichnet wurde. 1486 ließen die Landgrafen diese erneuern.269 Nach Aussage der in diesem Bestand vorliegenden Pläne, die nicht alle vom Landgrafen selbst gezeichnet wurden, handelte es sich um einen rechteckigen Bau in einer quadratischen Umwehrung mit vier Eck- türmen und einem umlaufenden Wassergraben. Landgraf Moritz plante an dieser Stelle die Anlage eines neuen Jagdschlosses mit dem Namen „Moritzheim“. Dafür erwarb er zunächst weitere Gebäude und Gelände. Wie die Lagepläne be- legen, war auch eine zumindest partielle Auffüllung der Gräben vorgesehen. 1615 werden in den Baurechnungen Hundeställe erwähnt,270 ebenso noch mehrfach 1616.271 Mehrere Zeichnungen und Bauanweisungen belegen konkrete Arbeitsmaßnahmen im Hof des „Hetzmeisters“. Die darüber hinaus angestrebten Pläne, ein neues Jagdschloss zu errichten, konnten allerdings nicht verwirklicht werden.272 Eine Nutzung als Jagd und Falknereihof ist noch im 18. Jahrhundert belegt. Reste der alten Ringmauer und zweier Türme sind heute noch vor Ort im Unterbau des Fachwerkhauses (ehem. Försterhaus) aus dem 17. Jhdt. vorhanden.

Adam Müller(?), Wasserburg, Lageplan, um 1600 2° Ms. Hass. 107 [333] (Abb. 84) Der auf einem Doppelblatt Folio mit einem um 1600 zu datierenden Wasserzeichen angelegte Lageplan, verso beschriftet: "Abriß des hauses zur / Wahl bei Cassell", zeigt die von einem breiten Graben umgebene, quadratische Anlage mit zwei hölzernen Brücken, die den Zugang über die Tore in der Ringmauer ermöglichen. Im inneren Geviert liegt der massive Steinbau, ein kompaktes „festes Haus“ mit vorgelegtem Wendeltreppenturm, ein kleineres Gebäude fügt sich in die linke untere (südöstliche) Mauerecke. Die Beischriften vermerken oben die „Area des Gartten“ sowie unten links die Maße der Mauern. Die vermutlich nachträglich eingezeichneten Füllungen in Fenstern und Türen verweisen auf Baumaßnahmen, die in dem Lageplan von 1610 (2° Ms. Hass. 107 [329]) verwirklicht sind.

269 vgl. Holtmeyer 1910, S. 208ff. 270 „Aufhebung der Englisch hundtställ zu Walda“, Bericht von H. Wolff, HStAM Best. 4a 39/54 271 in: HStAM Best. 53e Pak. 61 272 Rommel 1837, S. 417

136 1601/2 vermerkt ein Register Ausgaben „am fürstlichen Baw zur Walda, so Itzo der Falckner bewohnet“.273 Dabei handelte es sich aber vor allem um Arbeiten am Innenausbau. Holtmeyer be- richtet allerdings von einem teilweisen Abbruch des Hauses, wobei das Material beim Bau von Schloss Weißenstein (1606ff.) verwendet worden sein soll.274 Die Zeichnung stammt vermutlich vom Kasseler Baumeister Adam Müller, wie der Schriftvergleich nahelegt.

Abb. 84 2° Ms. Hass. 107 [333]

Plan der Wasserburg 2° Ms. Hass. 107 [329] Der möglicherweise nicht von Moritz eigener Hand stammende Plan, bezeichnet verso in Kanzleischrift: "Däß Schloß zur / Wale Grundt / riß / 1610", präsentiert einen Grundriss der alten Burganlage, wobei die in 2° Ms. Hass. 107 [333] (Abb. 84) eingefügten Veränderungen weitgehend umgesetzt sind. Der Wohnbau enthält nur noch eine Türöffnung und erscheint deshalb im Erd- geschoss nicht mehr für Wohnzwecke geeignet. Möglicherweise befanden sich hier die mehrfach erwähnten Hundeställe. Bemerkenswert sind auch die eingezeichneten Auffüllungen der Ecktürme sowie der Wegfall des Turmes an der südlichen Seite am Nebengebäude.

Lageplan der Wasserburg 2° Ms. Hass. 107 [332] Der "Grundtriß des Alten baues zur Walda" wiederholt die in 2° Ms. Hass. 107 [329] gezeigte grundsätzliche Disposition der Gebäude innerhalb der Ringmauer. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [333] (Abb. 84) sind hier allerdings drei Tore in der Mauer eingezeichnet sowie ein Abort in einem der runden Ecktürme.

273 in: HStAM 40 a Rubr. 10 Nr. 90 274 Holtmeyer 1910, S. 209

137 Johann Wi(e)dekindt(?), alte Burg und Falknerei, Lageplan, 1615 2° Ms. Hass. 107 [338] Die im Laufe der Jahre in mehrere Teile zerfallene und jetzt wieder zusammengefügte, große Zeichnung ist auf einem aus fünf Teilen zusammengeklebten Blatt angelegt worden. Die rück- wärtige Beschriftung lautet: "Gründt Risß des alten Schlosses zür / Walda sampt dem falcken hauß, hundts stellen / undt Garten, den 11. Decemb[er] Anno 1615". Es handelt sich hier um einen vermutlich vom Baumeister Johann Wiedekindt angefertigten Lage- plan des Areals der alten Burganlage mitsamt den angrenzenden Gärten und den Gebäuden des Falknereihofes am „Waldabach“. Hieraus wird ersichtlich, dass der Wassergraben zum Teil auf- geschüttet werden sollte. Das „feste Haus“ ist wiederum als massiver Bau ohne Fenster ge- schildert, umgeben von einer Wehrmauer mit runden Ecktürmen, deren einer wie in 2° Ms. Hass. 107 [332] einen Abort enthält. Eine Holzbrücke macht die Burg von Norden her zugänglich. Die zum Bach und Weg ausgerichteten Gebäude des Falknereihofes sind mit ihren Funktionen de- tailliert geschildert, wobei neben "falckners / won haus" auch "Oppermans haus" aufgeführt wird. Die kräftigen Markierungen/Ausstreichungen und die Beischriften in der rechten unteren Ecke gehen vermutlich auf Landgraf Moritz zurück (siehe das vergleichbare Beispiel 2° Ms. Hass. 107 [50], Abb. 25).

Unbekannter Zeichner, Hof des Hetzmeisters mit den Hundestallungen, 1615 2° Ms. Hass. 107 [339] Der "Abriss des Hauses / Hundtställ, falcken undt / Jäger Wohnung Item der / Garten zur Walda / 1615" ist nahezu identisch mit dem Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [338], wobei auch hier Korrekturen eingetragen wurden. Neben dem Falknereihof ist in diesem Fall noch ein "Künfftiger neuer / Jaghundtstall" mit punktierter Umrißlinie skizziert worden. Auf diesen, von Hofbeamten sorgfältig aufgenommenen Lageplänen bauen die Entwürfe des Landgrafen zur Umgestaltung des „Jägerhofes“ auf (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [336]).

Jagdhof an der ehemaligen Wasserburg 2° Ms. Hass. 107 [336] Die von Landgraf Moritz eigenhändig angefertigte "Ohngefehrliche Inlineatio / des hauß, hoff undt / garten zur Walda" fußt auf den von seinen fachkundigen Vermessern angefertigten Plänen 2° Ms. Hass. 107 [338] + [339]. In vereinfachter Darstellung skizziert er die von ihm vorgesehenen Veränderungen. Neben dem "opfermans heuslein" notiert er "Alhier bey A / werden die hundestell / gesetzt". Einen weiteren "Neu Jachthund Stall" zeichnet er neben dem Falknereihof ein. Zudem ergänzt er an zwei Seiten der Burgmauer aneinandergereihte, kleine Stallungen, die vermutlich ebenfalls für Hunde vorgesehen waren.

Hof des Hetzmeisters, Plan, 1616 2° Ms. Hass. 107 [331] Der "Abriß wie des hetzmeisters / hoff bey der Waldau selbander / beschlossen und außgebauet / werden soll. 13 Maij 1616." konzentriert sich auf die Darstellung des 1615 als Falknereihof bezeichneten Areals (2° Ms. Hass. 107 [338]) östlich der alten Burg. Das Wohnhaus des Hetz- meisters275 wird hier durch zwei senkrecht dazu stehende, gleichartige Stallgebäude ergänzt, deren eines als Stall, das andere aber als Back- und Waschhaus dienen sollte. Ein vergleichbares Gebäude, das alle genannten Funktionen in sich vereint, ist auch in den älteren Plänen einge- zeichnet. Die Anmerkung des Landgrafen „Wirdt besser sein diese beyde bau / in einen zu bring [en] und etwas breiter zu / machen“ lässt darauf schließen, dass die Planung zu diesem Zeit-punkt noch nicht abgeschlossen war. Die erhaltenen Akten belegen, dass seit 1615 Verände-rungen an den Hundeställen geplant waren,276 die vermutlich 1616/17 auch umgesetzt wurden, wie aus der diesbezüglichen Bauanweisung des Landgrafen (2° Ms. Hass. 107 [337]) hervorgeht.

275 seinerzeit Burkard von Stockheim, vgl. 2° Ms. Hass. 107 [4] 276 siehe den Bericht von Hermann Wolff vom 22.10.1615, in: HStAM 4a 39/54

138 Hof des Hetzmeisters, Plan mit Bauanweisung 2° Ms. Hass. 107 [337] In einer Kombination von Planskizze und Anweisung gibt Landgraf Moritz auf diesem Blatt genaue Instruktionen zu den Bauvorhaben im Hof des „Hetzmeisters“, dem für die Jagdhunde zuständigen Aufseher. Aus dem Plan wird deutlich, dass das Areal zwischen „Windtstallung“ und dem geplanten Gebäude mit der Beischrift "Allhiehr wirdt künftig / zum / Jaghunden gebauw / werden" durch ein rechtwinklig zum Wohnhaus stehendes Gebäude ergänzt werden soll, das alle der in den älteren Plänen genannten Funktionen übernimmt. In der detaillierten Anweisung heißt es hierzu: "Es soll […] zu beschliessung des Hatzmeisters hoff […] ein bewlein von 60 ß lang / 18 schue breidt undt / 18 schue hoch zu Zweijen wanderung […] gefertiget, hierzu die abseite an dem hunde / Jung losament genohmen undt mehr gehöltz dazu gegeben werden und / wan es fertig uff die seite nach der Burg Wiesen zu in die lange von hauß / hinab nach dem dorff zu gesetzt undt auß gefertiget werden, darin der hetzmeister sein / pfe. undt Rindtviehe stellen, auch sein back undt wasch / hauß haben; undt oben ettwa ein kemmerlein oder zwen gebrauchen unter / dem dach aber futterung behalten könne". Eine genaue Abschrift dieser Anweisung mitsamt dem Plan findet sich in 2° Ms. Hass. 107 [334] und ebenso in den Bauanschlägen von 1616 unter dem Titel “Bauw zum Wasch, Back undt hüner hauß Item zur vihstallung vor dem Hetzmeister zur Walda“.277

Unbekannter Zeichner, Hof des Hetzmeisters, Lageplan mit Bauanweisung 2° Ms. Hass. 107 [334] Bei diesem Blatt handelt es sich offensichtlich um eine Abschrift/Nachzeichnung der handschrift- lichen Anweisung des Landgrafen Moritz (2° Ms. Hass. 107 [337]) die ein weiteres Mal in den Bau- anschlägen von 1616 unter dem Titel “Bauw zum Wasch, Back undt hüner hauß Item zur vihstallung vor dem Hetzmeister zur Walda“ (s.o.) vorliegt. Die Anweisung des Landgrafen wurde offensichtlich zur Information der am Bau Beteiligten mehrfach vervielfältigt.

Hof des Hetzmeisters mit den Hundestallungen, 1616 2° Ms. Hass. 107 [330] recto, oben Die Zeichnung „A“ auf einem Blatt mit zwei Ansichten von Waldau, rückseitig beschriftet "Abrisse uber den Jäg[er] hoff / zur Waldau den 13 und 15 / Maij ao 1616 gemach" präsentiert den Hof des Hetzmeisters mit den Stallungen in einer Vogelschauansicht von Nordosten. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [331] liegt links neben dem Wohnhaus der "windt hundstall“, an den das "hunde Jung[en] hauß" anschließt, das in den Plänen von 1615 (2° Ms. Hass. 107 [339]) noch als „oppermanns hauß“ bezeichnet wird. Weitere unterschiedliche Hundeställe („hetzhunde“, „Pirschhunde“, „Englische hunde“) schließen sich an. Stallungen für „Leid und bludhunde“ befinden sich auf der rechten Seite des Hofes, dahinter liegt der "grosse Jegerhunde / garten". Die alte Burg mit ihren Befestigungen und dem breiten Graben ist im Hintergrund nur angedeutet. Die in den älteren Plänen neben dem Hof des Hetzmeisters positionierten Gebäude der Falknerei sind hier auf die andere Seite des Baches und der „Strasse nach Milsungen“ im Vordergrund verlagert. Die durch eine kleine Kartusche eingerahmten arithmetischen Berechnungen links unten am Rand stehen möglicherweise im Zusammenhang mit den Maßangaben in der Zeichnung.

Entwurf für ein Jagdschloss 2° Ms. Hass. 107 [330] recto, unten (Abb. 85) Die zweite Zeichnung „B“ auf dem Blatt mit Ansichten von Waldau präsentiert auf dem Gelände der alten Wasserburg zwischen der Kirche und dem Hetzmeisterhof einen regelmäßigen, quadra- tischen Schlossbau, bestehend aus einem Hauptbau mit zwei Zwerchgiebeln und drei den Innen- hof umrahmenden schmalen Flügelbauten, bestehend aus zweigeschossigen Arkaden. Wie in der oberen Zeichnung liegen neben dem Hof des Hetzmeisters an der Straße mehrere Stallungen für unterschiedliche Hundearten sowie hinter dem Schloss noch ein „Jegerhunde / garten" und ein „küchengarten".

277 HStAM Best. 53 e Pak. 61, fol. 34 verso

139 Abb. 85 2° Ms. Hass. 107 [330] recto, unten

Georg Burkhard von Stockheim, Schriftstück zum Jagdhaus in Waldau (?), dazu Text von Landgraf Moritz 2° Ms. Hass. 107 [4] Das in drei verschiedenen Handschriften verfasste Schriftstücke enthält neben einer Anfrage von "Jörge Borgkard von Stöckem" vom 24. Mai 1616 wegen einer "Mäus Kammer" einen spanischen Text von der Hand des Landgrafen Moritz, der einen Raum für die Mauser der Falken ("camera por deplumacion de los falcones") erwähnt, sowie eine Randnotiz, in der von Hundeställen die Rede ist. Burkard von Stockheim wurde 1598 in Waldau in Zusammenhang mit der Falknerei erwähnt.278 1613 fungiert er als "Hetzmeister" am Kasseler Hof.279 Das Schriftstück steht deshalb mutmaßlich im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen in Waldau 1616.

Entwurf für ein Jagdschloss 2° Ms. Hass. 107 [326] (Abb. 86) In diesem sorgfältig angelegten Grundriss des „baues zur Wahl / genandt Moritzheim“ visualisiert Landgraf Moritz seine Vorstellung eines Jagdschlosses auf dem quadratischen Gelände der alten Wasserburg in Waldau. Dem mauerumwehrten Hof, in dessen vier Ecken kleine quadratische Wirtschaftsgebäude eingefügt sind, ist ein zentrales quadratisches Gebäude eingeschrieben, das durch vier vorspringende Annexe kreuzförmig erweitert wird. Auf diese Art entsteht ein absolut symmetrisch gegliedertes, regelmäßiges System auf der Basis des Quadrats, wie sich auch in den Ansichten 2° Ms. Hass. 107 [327] (Abb. 87) + [328] zeigt. Ähnlich wie in den Entwürfen für Fahre und Weißenstein sind die Wirtschaftsräume vom Hauptgebäude abgetrennt und subordiniert. Küche und Bäckerei (beide mit drei Kaminen versehen), sowie Silberkammer und „Boteleij” (Schenke) in den Ecken des Hofes dienen der Versorgung der Hofgesellschaft im großen Saal, der mit „Musikstand“ und „schencken standt“ in den Vorbauten für Festlichkeiten gerüstet ist. Die Treppe im vorderen Annexbau wird als Wendel- treppe („schnecken“) bezeichnet, allerdings handelt es sich hier um gerade Treppenläufe mit quadratischem Mittelpfeiler und Podesten in den Ecken, eine Weiterentwicklung der in Schloß

278 „Falckener new Wohnhaus zur Walda darin itzo der von Stöckheim wohnet“, zitiert nach Holtmeyer 1910. S. 208 279 Rommel 1837, S. 391, Anm. 112

140 Melsungen eingebauten Wendeltreppe in einem rechteckigen Gehäuse. In den oberen Ge- schossen waren vermutlich die Wohnappartements vorgesehen.

Abb. 86 2° Ms. Hass. 107 [326]

Entwurf für ein Jagdschloss 2° Ms. Hass. 107 [328] Die isometrische Vogelschauansicht des in 2° Ms. Hass. 107 [326] (Abb. 86) im Plan vorliegenden Schlossentwurfs, verso bezeichnet: "Verzeichnuß des hauses / zur Wale bei Cassell", wird – analog zum Grundriss - bestimmt von einem System kubischer Baukörper. Die kleinen, zwei- geschossigen Eckpavillons ordnen sich dem dreigeschossigen Hauptbau mit den pavillonartigen Annexen unter. Zeltdächer mit Laternen und begehbaren Umgängen, die das Zusehen bei der Jagd ermöglichen sollten, bilden eine Dachlandschaft, die an die dekorative Dachgestaltung französischer Lustschlösser erinnert. Die mit Schießscharten und Zinnen versehene Mauer hat in diesem Zusammenhang nur eine symbolische Funktion.280

Unvollendeter Entwurf für ein Jagdschloss 2° Ms. Hass. 107 [327] (Abb. 87) In dieser sorgfältig angelegten, aber unvollendeten Zeichnung versuchte Landgraf Moritz in einer ungewöhnlichen Kombination von Aufriss und Dachaufsicht die wesentlichen Elemente der dekorativen Ausgestaltung des Jagdschlosses im Detail festzuhalten. Die Anordnung und Gliederung der Baukörper folgt dabei dem in 2° Ms. Hass. 107 [326] + [328] entworfenen System. Bemerkenswert erscheint die aufwendige Aedikularahmung der Fenster und Portale, ein Detail, das an keiner anderen Stelle in den Entwürfen des Landgrafen Moritz auftaucht und ebenso wie die Bandrustika an den Pavillons und dem Hauptportal eine Reminiszenz an italienische Renaissancearchitektur darstellt. Die Dachlandschaft mit den Laternen und den Umgängen mit den ornamental gestalteten Gittern erinnert allerdings eher an französische Schlossbauten, von denen der hessische Fürst einige bedeutende Beispiele (z.B. Madrid, St. Germain-en-Laye und Fontainebleau) auf seiner Frankreichreise 1602 persönlich kennengelernt hatte.

280 vgl. Hoppe 2003, S. 89f.

141 Die Füllung der Fenster- und Türöffnungen mit Schraffuren geht zurück auf die Darstellungsweisen zeitgenössischer Architekturpublikationen, wie z.B. das Stichwerk „Des fortifications et artifices. Architecture et perspective“ des hugenottischen Architekten und Ingenieurs Jaques Perret, das 1601 erstmalig erschien und 1602 bereits in deutscher Sprache verlegt wurde. Die Kenntnis solcher Architekturbücher scheint für eine derart konsequent durchgestaltete ideale Vision eines Jagdschlosses eine wesentliche Voraussetzung.

Abb. 87 2° Ms. Hass. 107 [327](Aussschnitt)

Entwurf für ein Jagdschloss 2° Ms. Hass. 107 [219] verso, oben rechts Die Vogelschauansicht auf einem Blatt mit mehreren in das Jahr 1630 datierten Zeichnungen präsentiert einen weiteren Entwurf für ein Schloss an der Stelle der Wasserburg, wobei wie in der Wassergraben erhalten bleibt. Der Schlossbau besteht hier aus vier gleichartigen Flügeln um einen Innenhof, wobei die runden Ecktürme noch an die alte Anlage erinnern. Dem Eingang vorgelagert ist ein in Kompartimente unterteilter Kräutergarten, dessen Bepflanzung exemplarisch angegeben ist. Dort lag in der älteren Zeichnung „hetzmeisters küchgarten“. An der Stelle des ehemals „ledigen“ Platzes auf der Rückseite des Schlosses befindet sich hingegen in diesem Fall ein Vorhof mit Ställen. Die Umgebung des Schlosses und ihre Bebauung werden ebenfalls detailliert geschildert. Der ehemalige Hof des Hetzmeisters (hier: „leyfers hof“) ist auch hier mit Nebengebäude und angrenzenden Ställen und Gärten eingezeichnet. Der auf der anderen Set des Baches gelegene Hof mit der Scheuer wird jetzt als „Vogtes hof“ bezeichnet. In der genannten Zeichnung war dieser für den Falkner vorgesehen.

Unbekannter Zeichner, Jagdhof und Falknerei mit Gärten, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [335] Der mit der Beischrift „Abriß falcknereij“ versehene Lageplan von den Bauten und Grundstücken an der alten Burg in Waldau wird von einem erläuternden Text begleitet. Darin geht es um die

142 westlich angrenzenden Grundstücke, die von Landgraf Moritz dem Falknereihof zugefügt wurden („Alß aber L: Moritzen fg, daß falkenhauß gebawt, hatt Ifg: / die platze ABC. nicht allein beij daß Falckenhauß geortnet, undt / dem damahligen Falckener eingethan, Sondern auch noch von dem Burgkfeldtt der Hoffwiesen, Daß Stück D. auch dem falckenhauß zugelegt, und dem falckener eingethan“). Später seien diese Länder dann „Hans Widdekindts deß Baumeisters S: Wittibe […] ein,, / geraumett worden". Da der Kasseler Baumeister Johann Wiedekindt noch 1626 den großen „Abris des Hausses Engel Sües“281 angefertigt hat, ist davon auszugehen, dass die vorliegende Zeichnung später, d.h. vermutlich in den letzten Lebensjahren des Landgrafen entstanden ist. Der Umriss der Burg im Graben wird hier noch wie in den Zeichnungen von 1616 angegeben, allerdings fehlt das fürstliche Haus, möglicherweise ein Hinweis auf einen inzwischen erfolgten Abbruch. Von den Gebäuden des Jagdhofes sind nur „Falckners / hauß“, „Brauhauß“ und „Hundt / stall“ eingezeichnet. Das „Vogts hauß“ liegt wie in 2° Ms. Hass. 107 [219] verso, oben rechts auf der anderen Seite des "Weg nach Cassell". Die Aussagekraft der Zeichnung wird dadurch eingeschränkt, dass sich der Zeichner offensichtlich auf die Angabe der im Text erwähnten Grundstücke konzentriert hat und die Bauwerke nur als topographische Anhaltspunkte benutzt. Aus dem Fehlen einiger in den anderen Zeichnungen vor- handener Gebäude kann man deshalb in diesem Fall keine eindeutigen Rückschlüsse ziehen. i. Weißenstein

Das 1143 erstmalig genannte Augustinerkloster Weißenstein auf einem Bergplateau nahe der Stadt Kassel, wurde nach der Säkularisierung von den Kasseler Landgrafen Philipp und Wilhelm IV. als Sommerwohnsitz und Jagdhaus genutzt. Landgraf Moritz errichtete an dieser Stelle ab 1606 ein Lustschloss, wie Schminke berichtet: "Landgraf Moritz erbaute daselbst das Schloß nebst dem schönen Lustgarten, pflegte sich auch an diesem Orte, welchen er Mauritiolum Leucopetraeum, villam Mauritianam, Moritzheim benannte, öfters aufzuhalten."282 Als Baumaterial wurden u.a. Steine vom Abbruch der Burg in Waldau verwendet.283 Noch 1612 werden Bauarbeiten am „Herrenbau“ erwähnt,284 im gleichen Jahr konnte hier bereits ein Fürstenlager abgehalten werden.285 1615-16 sind noch Arbeiten an der Grotte und den Teichen im Gange. Nach den wenigen erhaltenen Zeugnissen handelte es sich um eine dreiflügelige Anlage aus schlichten Gebäuden mit einem Ehrenhof nach Westen und rechteckigen Ecktürmen an den Außenfronten. „Der Lage nach ist dasselbe ungemein lustig, und von dreyen Seiten zu gebauet; die vierte Seite aber nach dem Walde und Cascaden zu offen. In dem mittleren Bau befinden sich die fürstlichen Gemächer […]. Die zwey Seitengebäude aber dienen zum Marstall und Logis für das fürstliche Gefolge.“286 Diesen ersten Dreiflügelbau in Deutschland, der von der Talseite den Eindruck eines kastellartigen Vierflügelbaus erweckte,287 überliefert auch eine jetzt identifizierte Zeichnung im Staatsarchiv Marburg.288 Diese zeigt einen Plan der Anlage mitsamt einer weiträumigen Einfriedungsmauer, die auch die Teiche vor dem Ehrenhof umschließt und steht möglicherweise im Zusammenhang mit einem Bericht des Baumeisters Johann Wiedekindt vom 26. Oktober 1625, der erklärt, „daß nunmehr die Beschliessung des Fürstlichen haußes Weißenstein Gantz fertig ist“.289 Vom Ersatz des eingefallenen Zaunes zu Weißenstein im Jahre 1625 berichtet auch Heidelbach, der die diesbezüglichen Akten genau untersucht hat.290

281 HStAM Karten P II 11425 282 Schminke 1767, S.416 283 Holtmeyer 1910, S. 24 284 HStAM Best. 53 e Pak. 61, fol. 15 285 HStAM Best. 4b Nr. 85 286 Schminke 1767, S.416 287 vgl. Großmann 2010, S. 85 288 HStAM Karten P II 4342 289 HStAM Best. 17e Weißenstein 3 290 vgl. Heidelbach 1909, S. 12-28

143 Unter Landgraf Friedrich II. wurde das Schloss 1766 bis 1769 umgebaut und das Corps de Logis aufgestockt. Wilhelm IX. ließ schließlich alle noch vorhandenen Teile abbrechen und zwischen 1786 und 1801 das von Simon Louis Du Ry und Heinrich Christoph Jussow geplante Schloss Wilhelmshöhe errichten. Die skizzenhaften, ineinander verschachtelten Zeichnungen des Landgrafen auf einem Blatt, das auf der Rückseite zudem Darstellungen von Melsungen, Mittelhof und Fahre enthält, thematisieren die Positionierung der Wirtschaftsgebäude in separierten Höfen, wodurch eine weiträumige Anlage entsteht, wie sie Landgraf Moritz ähnlich auch in seinem Idealentwurf einer Schlossanlage (2° Ms. Hass. 107 [244] verso, rechts, Abb. 147) konzipierte. Die strikte räumliche Trennung von herr- schaftlichem Haus und Wirtschaftsgebäuden, die der hessische Fürst in seinen Schlossentwürfen bevorzugt, ist in der deutschen Architektur seiner Zeit durchaus unüblich291 und geht mög- licherweise auf Eindrücke zurück, die dieser auf seiner Reise nach Frankreich 1602 empfangen hatte.292

Abb. 88 2° Ms. Hass. 107 [342] recto

291 Hoppe 2003, S. 89 292 vgl. Hanschke 1998, S. 268

144 Entwürfe für einen separierten Wirtschaftshof 2° Ms. Hass. 107 [342] recto, oben (Abb. 88) Die obere Zeichnung wird im Zentrum dominiert von einem Horizontalschnitt der Anlage auf einer Hangterrasse. Gezeigt wird eine rechteckige, symmetrische Schlossanlage aus drei gleich großen Höfen, wobei der mittlere im Ganzen den Schlosshof bildet, während die beiden seitlichen jeweils durch ein schmales Stallgebäude in Garten und Wirtschaftshof unterteilt sind. Das Hauptgebäude liegt an der mit Eckhäusern betonten Schlossmauer auf der abfallenden Seite des Hügels, auf der anderen Seite des Hofs bildet der Marstall dazu das Pendant. Das Innere dieses Gebäudes wird dreifach unterteilt in einen mittleren Saal sowie zwei flankierende Raumkomplexe, vermutlich Appartements zu Wohnzwecken. Ein polygonaler Treppenturm, der eine besondere Erdaufschüttung erfordert, sowie vier quadratische Türme geben der Anlage an der Hangseite zur Stadt hin repräsentativen Charakter. An der Bergseite sind zwei große Fischteiche in der Fluchtung der Schlossmauern eingezeichnet, weitere Teiche ziehen sich am Fuß des Abhangs. Die eigentlich von der Stadtseite her aufgenommene Ansicht des Geländes wurde in diesem Fall vom Zeichner zur Beschriftung um 180° gedreht. Die Anlage dieser Zeichnung erforderte zudem die Vervollständigung des beschädigten Blattes durch ein angeklebtes Papier, wobei sich bei näherer Untersuchung erweist, dass die rückwärtige Zeichnung zu diesem Zeitpunkt bereits angelegt war. Dieselbe räumliche Disposition zeigt auch der kleinere, unten rechts später eingefügte Grundriss, der lateinisch beschriftet ist. Unterschiede zeigen sich vor allem darin, dass hier das Schloss mit zwei zentralen Vorbauten und vier Ecktürmen versehen ist, wie es ähnlich auch für Fahre geplant war. Neu ist auch die Positionierung der Wirtschaftsgebäude an der Mauer auf der Bergseite. Der lateinische Sinnspruch in der Mitte des Blattes: „Si tua res crescit, crescit labor & tibi Cura / Cura tibi seges est, messis & ipsa, Labor” steht nicht in inhaltlichem Zusammenhang mit den Darstellungen.

Entwürfe für einen separierten Wirtschaftshof 2° Ms. Hass. 107 [342] recto, unten (Abb. 88) Die durch eine doppelte Trennlinie von der oberen Darstellung abgetrennte Zeichnung bietet eine perspektivische Ansicht der Anlage vom Berg her, wobei auch hier die Grunddisposition von drei nebeneinander angeordneten Höfen beibehalten ist. Das dreigeschossige Schloss ist ebenso wie auf der anderen Ansicht als rechteckiger Bau mit Treppenturm und Ecktürmen an der Talseite gestaltet. Die vier Wirtschaftsgebäude sind hier jedoch rechtwinklig zum Schloss entlang der Vorhöfe aufgereiht. Ein Lattenzaun grenzt einen breiten Weg rings um die Schlossanlage ab und schafft eine Verbindung zu dem Garten auf der linken Seite. Ein kleines Portal führt im Vordergrund zu den genau definierten Fischteichen („Carpen deich“, „Hechte“, „forellen“), die ebenso in dem Marburger Plan (s.o.) aufgeführt sind - weitere Teiche liegen rechts unten am Fuße des Berges. Nach Heidelbach gehörten zu Weißenstein insgesamt 13 Fischteiche, die exklusiv zur Versorgung des Hofes vorgesehen waren.293 Die kleine Plan-Skizze in der oberen Mitte entspricht ungefähr dem Grundriss der oberen Zeichnung, und ist gleichfalls mit lateinischen Erläuterungen versehen. Direkt über der Schloßansicht befindet sich die nur schwer entzifferbare Beischrift: "Haec primo est [?] Inventio ex schedulae [?] / Leuco petreae, quae deinde anno 1604 mutila est". Demnach scheint sich die Zeichnung ebenso wie die anderen Varianten auf erste, später verworfene („mutila“) Entwürfe zu Weissenstein („Leucopetreae“) aus dem Jahre 1604 zu beziehen. Die zeichnerische Rekapitulation dieser frühen Pläne entstand möglicherweise in Zusammenhang mit den Plänen des Landgrafen für das Lustschloß in Fahre, die nach seiner Abdankung 1627 entstanden.

293 Heidelbach 1909, S. 22

145 Kaufungen

1017 gründete Kaiserin Kunigunde das Benediktinerinnenkloster Kaufungen, in das sie nach dem Tode Heinrichs II. als Nonne eintrat.294 Bereits 1025 konnte die Kirche geweiht werden. Der ursprünglich reichsunmittelbare Besitz gelangte 1086 an die Bischöfe von Speyer und unterstand ihnen bis 1226. Spätestens 1132 wurde das Kloster in ein Kanonissenstift umgewandelt. 1509 erfolgte eine Reform des Klosterlebens gemäß den Regeln der „Bursfelder Kongregation“. Nach der Säkularisierung 1527 aufgelöst wurde der Besitz 1532 zusammen mit dem Kloster Wetter der hessischen Ritterschaft zur Ausstattung ihrer Töchter überwiesen, „Vnd stehet dieses Closter der Ritterschafft deß Nider-Fürstenthumbs Hessen zu / darauß jegliche Adeliche Jungfraw / so verheuratet wird / ein hundert Goldgülden / zum Brautschatz / fallen hat“295. Während die er- wirtschafteten Einkünfte zunächst nur für die Ausstattung adliger Töchter verwendet wurden, ging man im Jahre 1735 dazu über, auch andere Bedürftige zu unterstützen.296 Noch heute widmet sich das „Ritterschaftliche Stift Kaufungen“ gemeinnützigen Zwecken. Die Zeichnungen des Landgrafen zeigen den Klosterbezirk rings um die Hallenkirche mit spät- gotischem Chor, dem ehemaligen Kreuzgang und den sie umgebenden Höfen bis zur „Freyheit“ und dem „Lindenplatz“ in Ansichten aus verschiedenen Richtungen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem südöstlichen Vorhof mit dem Haus des Vogtes Anton Becker, der mehrfach nament- lich genannt wird. Wie aus den erhaltenen Akten hervorgeht, versuchte der Landgraf 1621/22 dessen „hofreite undt zugehör ahn das Kloister stoßend“ - auch als „Hüttenhof“ bezeichnet - zu kaufen, um „eine eigene possession daselbst in od[er] bey unserem dorf kauffungen“ zu erhalten. Das Vorhaben scheiterte aber u.a. aufgrund des Widerstands der Vorsteher der Ritterschaft, „sintemalen die behaußung uffs Stifts grundt undt bodten undt In deßen Ringkmauer stünde“, - der Landgraf versuchte stattdessen den außerhalb gelegenen „Diegelschen Hüttenhoiff bey Kauffungen“ zu erwerben.297 Die sämtlich nicht datierten Ansichten dürften folglich in diesem Zusammenhang entstanden sein.298 Die beiden Doppelfolioblätter (2° Ms. Hass. 107 [215] + [216]) waren ursprünglich zusammen- geheftet (übereinstimmende Nadelspuren im Falz), so dass sich daraus eine Art Notizkladde ergab, - es lässt sich aber nicht mehr eindeutig klären, ob diese Bindung schon durch den Landgrafen oder erst später in der Plankammer erfolgte.

Stiftsbezirk 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts (Abb. 89) Die Vogelschauansicht von Südwesten auf dem beidseitig genutzten Doppelfolioblatt präsentiert den gesamten Bezirk des ehemaligen Klosters mit seinen Höfen in anschaulicher Weise übereck ins Bild gesetzt. Die kreuzförmige Kirche besitzt einen rechteckigen Westturm an den nördlich der sechseckige „Archivturm“ angrenzt. Während auf der Nordseite der „kirch hoff“ und der „garten hinder der kirchen“ liegen, gruppieren sich auf der anderen Seite um den „Creutz ganges garten“ (die alte Klausur) der „Chloster hof“ im Westen sowie „Antonij Beker hof“, d.h. der Hof des Vogtes im Osten. An der Südseite des Klausurgebäudes befindet sich ein kleiner Garten ("Elias Bekers s. / garten."), der durch eine Mauer vom „grossen lindenplatz“ entlang der südlichen Mauer des Geländes abgegrenzt wird. Sehr detailliert ist die Bebauung am „Chloster hof“ mit der darin liegenden Pferdeschwemme geschildert, die auch in 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, unten ein- gezeichnet ist. Neben der Westfront der Kirche erhebt sich das neue Gebäude der 1606 – 1608 errichteten Renterei,299 ein stattlicher Fachwerkbau mit zwei Zwerchgiebeln über dem steinernen

294 vgl. Broedner 1997 295 Merian 1646, S. 97 296 vgl. Wroz 1985 297 in: HStAM Best. 22a 11 Kaufungen/Wetter Pak. 7, für den freundl. Hinweis auf diese Akte danke ich Herrn Dr. D. Wunder 298 vgl. Hanschke 2011 299 siehe dazu die Akten im HStAM Best. 304 A 1 Rechnungen

146 Erdgeschoss. Die Wiedergabe des Gebäudes mit den beiden rundbogigen Portalen entspricht allerdings nur annähernd dem heute noch vorhandenen Bestand, so dass die Vermutung nahe liegt, dass Landgraf Moritz die Zeichnung aus der Erinnerung anfertigte.

Abb. 89 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts

"Prelaten hof" von Westen 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, unten In dieser mit Maßangaben versehenen Vogelschau von Westen schildert Landgraf Moritz den hier als „Prelaten hof“ bezeichneten Klosterhof in ähnlicher Gebäudeanordnung wie in 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts (Abb. 89). Einfache Fachwerkgebäude verschiedener Größe um- geben den Hofplatz mit der Pferdeschwemme. Die Westfront der Kirche und die Renterei, die hier korrekt mit einem zentralen Rundbogenportal versehen ist, sind im Hintergrund nur angeschnitten wiedergegeben. Diverse Wege gehen vom Torgebäude des Hofes aus: der "Weg nach der thor [?] hütten" sowie derjenige „nach volmars hausen" verlaufen parallel in nördliche Richtung, während der "Weg nach dem Bilchen [?]" (gemeint ist wahrscheinlich der Belchen bzw. Belger Kopf) durch die „freyheit“ hindurch nach Westen geht.

Stiftsbezirk von Westen 2° Ms. Hass. 107 [215] recto, oben rechts Das zweite Doppelfolioblatt beinhaltet auf der Vorderseite eine Ansicht des gesamten Klosterkomplexes von Westen. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts (Abb. 89) umfasst die Darstellung sämtliche Höfe innerhalb der Einfriedungsmauer, wobei unten in der Mitte die Einfahrt zum Klosterhof liegt. Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, unten verfügt die Renterei auch hier über einen zentralen Eingang und über zwei Zwerchgiebel, die allerdings im heutigen Zustand deutlich größer angelegt sind.

147 Südöstlicher Hof von Westen 2° Ms. Hass. 107 [216] verso, rechts (Abb. 90) Auf der Rückseite der Darstellung des Klosterkomplexes von Südwesten befindet sich diese sorgfältige, mit Hilfe von Zirkel und Lineal angelegte Zeichnung, die den südöstlichen Hof mit dem Vogtshaus von Westen zeigt. Die Gebäude der ehemaligen Klausur ("das hinder gebeu am Chloster", "Dormitorium") sind dabei nur im Grundriss angedeutet, um die ungehinderte Einsicht in den Hof zu ermöglichen. Direkt an die Klausur schließt sich links der "Sud Chor an der Kirchen" an, wobei das Gebäude im Gegensatz zu der Darstellung in 2° Ms. Hass. 107 [215] recto direkt an die westliche Wand des Kreuzarmes angrenzt. Die Mauer entlang des Gartens führt bis zu "Anthonij Beker Vogtes zu Kaufung[en] / hauß", einem Fachwerkgebäude, dessen steinernes Sockelgeschoss überraschen- derweise die charakteristische Gliederung der Renterei mit dem zentralen Portal unter zwei Ober- lichtern zwischen Zwillingsfenstern aufweist - auch dies wieder ein Hinweis darauf, dass der Landgraf hier vermutlich aus der Erinnerung zeichnete. Rechts neben dem Tor befindet sich hier wie in anderen Zeichnungen "Elias Be / kers s. hauß". Interessant ist der Einblick in das Innere des „Brauhauß“ mit eigentümlichen Rundbogenöffnungen auf der rechten Seite, das direkt an das Dormitorium anschließt. Es handelt sich hierbei um die ehemalige Georgskapelle, die nach der Reformation profanen Zwecken diente und noch heute vorhanden ist.

Abb. 90 2° Ms. Hass. 107 [216] verso, rechts (Ausschnitt)

Südöstlicher Vorhof, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [215] verso, oben rechts Auf der Rückseite des zweiten Doppelfolioblattes mit einer Ansicht des Klosterkomplexes von Westen befinden sich zwei weitere Darstellungen des südöstlichen Hofes mit dem Haus des Vogtes Anton Becker. Die obere Zeichnung präsentiert einen skizzenhaften Lageplan der Ge- bäudegruppe, wie sie auch in der unteren Darstellung in der Vogelschau zu sehen ist. Interessant ist hierbei die Erweiterung des Vogtshauses durch den Anbau eines „Bakauß" und die Erläuterung eines durch gestrichelte Linien angedeuteten Areals im Hof "hier soll die / vogtliche Stallung stehen" – möglicherweise ein Hinweis auf geplante Veränderungen.

148 Südöstlicher Vorhof von Osten 2° Ms. Hass. 107 [215] verso, unten rechts (Abb. 91) Ebenso wie die obere Darstellung zeigt auch diese Zeichnung auf der rechten unteren Hälfte eines Doppelfolioblattes den südöstlichen Hof an der Stiftskirche, der hier als "Prior hoff" bezeichnet wird, allerdings in der Vogelschau von Osten, wobei die beiden Gebäude an der Südmauer ("Elias s. hauß", "Anthonij Beker hauß") hier im Horizontalschnitt gegeben sind, der einen Einblick in die Raumdisposition des Erdgeschosses ermöglicht. Die Maßangaben stim- men dabei mit denen des Lageplans überein, so dass der inhaltliche Bezug von oberer und unterer Darstellung auf diesem Blatt evident ist. Im Schnitt wird deutlich, dass die beiden Gebäude auf der Südseite neben dem Tor auch direkt vom „lindenplatz“ her zugänglich waren, ein durchgehender „Ehrn“ bestimmt jeweils die räum- liche Organisation, die im Falle des Vogthauses neben einer Stube auf der linken Seite Küche und Speisekammer sowie den Backhausanbau auf der anderen Seite umfasst. Auch hier ist das "Brau hauß" in der ehemaligen Georgskapelle links neben dem „Closter“ untergebracht, die durch die halbkreisförmige Apsis und die Rundbogenfenster in ihrer ur- sprünglichen Funktion kenntlich wird.

Abb. 91 2° Ms. Hass. 107 [215] verso, unten rechts

Südöstlicher Vorhof von Osten 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, oben Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [215] verso, unten rechts gibt die Zeichnung eine Vogelschau des südöstlichen Vorhofes von Osten, wobei im Vordergrund der abgeböschte „linden platz“ liegt. Die eingetragenen Maßangaben differieren allerdings an einigen Stellen. Das ehemalige Klausurgebäude grenzt auch hier an die Westseite des südlichen Kreuzarmes. Am linken und unteren Rand der Zeichnung verunklären vermutlich später hinzugefügte arithmetische Berechnungen (links) sowie eine detaillierte Aufstellung der Unterhaltskosten der fürstlichen Verpflegung ("hern tisch", "officium tisch", "gemeine tisch"), die Darstellung. Der senkrecht an der Anlage entlang verlaufende „weg nach der freiheit“ wird begleitet durch den „Weg vom Schwartzenberge“ und den „Weg aus dem dorffe her“.

149 Südöstlicher Vorhof (Hüttenhof) von Osten 2° Ms. Hass. 107 [213] recto Eine weitere Variante des sog. Hüttenhofes von Osten präsentiert diese Darstellung, deren un- einheitliche Perspektive erhebliche Brüche und Versprünge im räumlichen Zusammenhang verur- sacht. Auf diese Weise kommt der irritierende Sachverhalt zustande, dass das östliche Klausur- gebäude auf der einen Seite an die Georgskapelle anstößt, an der anderen Seite aber fälsch- licherweise am Westturm der Kirche endet.

Stiftskirche von Osten 2° Ms. Hass. 107 [213] verso, links Die kleine Vogelschauansicht auf der linken Blatthälfte beschränkt sich auf die Wiedergabe der östlichen Kirchenpartie mitsamt der Einfriedung und der davor gelegenen abgeböschten Terrasse. Die in diesem Fall ergänzte kleine Futtermauer zur Substruktion der Schräge illustriert möglicherweise einen Vorschlag des Landgrafen zur besseren Sicherung der Anlage an dieser Stelle. Die am unteren Rand querverlaufende tabellarische Kostenaufstellung (u.a. „Bier“, „Wein“) bezieht sich ebenso wie die Liste in 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, oben auf Unterhaltskosten des fürstlichen Hofes, die wie die unter der Zeichnung noch teilweise lesbare Adressierung in einen anderen Zusammenhang gehören.

Südöstlicher Vorhof von Osten 2° Ms. Hass. 107 [213] verso, rechts Die auf der rechten Blatthälfte angelegte Vogelschauansicht präsentiert den Hüttenhof am „Kloster Kaufung[en]“ noch einmal von Osten, wobei hier die in der linken Darstellung separat wieder- gegebene Kirche nicht dargestellt wird. Der Blick konzentriert sich vielmehr auf die Abfolge der Wohn- und Wirtschaftsgebäude bis hin zum „Brau hauß“ in der ehemaligen Georgskapelle. "Anthonii Beker hauß", ein zweigeschossiger Fachwerkbau über massivem Erdgeschoss, wird durch einen zentralen Zwerchgiebel an Vorder- und Rückfront deutlich hervorgehoben und auch in der Größe deutlich von den anderen Gebäuden abgesetzt. Das "Neben wohn hauß" wird in den anderen Zeichnungen übereinstimmend als Wohnhaus von Elias Becker bezeichnet. Besonderes Augenmerk legt Landgraf Moritz auf die „Terrace“ im Vordergrund, die ähnlich wie in der linken Darstellung mit einer Mauer gestützt und mit einem Geländer versehen ist. Hier sah der Fürst wohl Handlungsbedarf zur Sicherung der Anlage.

Abb. 92 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, oben rechts

150 Kehrenbach

Der kleine Ort im Riedforst, ca. 8 km nordöstlich von Melsungen im Tal des Kehrenbachs gelegen, wurde 1209 erstmals urkundlich erwähnt. Dort verlief ein Fußpfad zwischen Spangenberg und Kassel. 1469/70 errichtete Landgraf Ludwig II. nördlich oberhalb des Ortes ein Jagdhaus als „festes Haus“ in einem Fischweiher, der durch Stauung des Baches angelegt wurde.300 Dieses kleine Schlösschen wurde von den hessischen Landgrafen und ihrem Gefolge rege genutzt und musste unter Landgraf Wilhelm IV. 1585 ausgebessert werden.301 Die drei Zeichnungen des Landgrafen Moritz, die sämtlich nach seiner Abdankung entstanden sind, zeigen ein einfaches dreigeschossiges Gebäude auf einer Weiherinsel, charakterisiert durch ein steinernes Erdgeschoß und zwei Fachwerkobergeschosse unter einem steilen Walmdach. Eine Holzbrücke (Zugbrücke) führt zum Weg und dem am Hang des Arnsbergs gelegenen Wirt- schaftshof, der aus zwei gegenüberliegenden Fachwerkhäusern mit verbindenden Hofmauern besteht. Ob die Wirtschaftsgebäude in dieser Form tatsächlich existiert haben, ist unklar. Die in den Zeichnungen festgehaltenen Überlegungen des Landgrafen Moritz beziehen sich vor allem auf diesen Vorhof. 1639 wurde das Schloss von durchziehenden Truppen geplündert und danach nicht mehr instand- gehalten. Das Gebäude verfiel, während der Forellenteich noch längere Zeit genutzt wurde. Heute ist das Gelände modern überbaut.

Landgräfliches Jagdhaus 2° Ms. Hass. 107 [218] oben Die kleine Darstellung auf einem Blatt mit Zeichnungen zu Fahre, beschriftet "Domus Ve,, / natico / Cörenba / chensis. / delineavit / 26. Julii / 1628. / M.H.L.", gibt nebeneinander das dreigeschossige Fachwerkhaus mitsamt den Grundrissen der einzelnen Geschosse („contignatio“ = Stockwerk) wieder. Das kleine, quadratische Gebäude bot in dieser Form nur wenig Platz und machte eine Unterbringung der Jagdgesellschaft andernorts notwendig.

Landgräfliches Jagdhaus mit Umgebung 2° Ms. Hass. 107 [217] Die anschauliche Vogelschauansicht präsentiert den Weiher mit dem kleinen Jagdschloss, eingebettet in die hügelige Landschaft des Riedforstes. Im Vordergrund erstreckt sich ein nahezu quadratischer „Stalhoff“ mit zwei einander gegenüberliegenden Gebäuden, vermutlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, oben rechts ein Entwurf des Landgrafen, der dem Mangel an Räumen für Personal und Pferde abhelfen sollte.

Landgräfliches Jagdhaus mit Wirtschaftshof 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, oben rechts (Abb. 92) Wie in 2° Ms. Hass. 107 [217] zeigt die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Zeich- nungen von Melsungen, Waldau und Kassel das Weiherschloss mit einem Vorhof auf der anderen Seite des Weges. Doppelstöckig terrassierte Substruktionen am Hang sollten in diesem Fall vermutlich die räumliche Situation an dieser Engstelle verbessern helfen.

300 vgl. Baeumerth 1985 301 HStAM Best. 17 I Nr. 321, vgl. Wolf 2003, S. 589-591, Blumenstein 2009

151 Lich

Das Schloss der Grafen von Solms-Hohensolms-Lich, die mit den Landgrafen von Hessen-Kassel verwandtschaftlich verbunden waren (u.a. über Moritz erste Frau Agnes von Solms), bestand zu Landgraf Moritz Zeiten noch aus der von den Falkensteinern im 13. Jahrhundert errichteten qua- dratischen Wasserburg mit Ecktürmen. „Der mittelalterliche Bau bildete ein Viereck, das sich um einen Binnenhof legte. Er war mit Erkern und Giebelaufbauten reichlich versehen, wie die alten Stadtbilder von Döring, Meißner und Merian erkennen lassen. An den vier Ecken standen Rundtürme mit spitzen Kegeldächern“.302 Anfang des 16. Jahrhundert ließ Festungsbaumeister Reinhard von Solms in Lich eine neue Stadtbefestigung anlegen. Möglicherweise in diesem Zu- sammenhang entstand auch die weitere Befestigung der alten Burg mit einer in den Wassergraben vorgeschobenen Plattform mit auffälligen rechteckigen Ausbauten in den Mitten und an zwei Ecken sowie zwei Rundtürmen im Nordwesten und Südosten. Der Nordwestturm des Schlosses musste 1617 abgerissen werden und wurde nicht wieder aufgebaut. 1673-82 wurde diese Anlage zu einem repräsentativen Schloss umgebaut, wobei die alten Ecktürme im Kern aber erhalten blieben. Nachdem 1764-66 der südliche Flügel gänzlich niedergelegt worden war, wurde 1836 durch Georg Moller ein Querflügel im Ehrenhof errichtet, und schließlich 1911/12 an der Nordost- ecke ein zweigeschossiger Bau angefügt.303 Während der diesbezügliche Lageplan eines Vermessers aufgrund der Darstellung des nordwest- lichen Schlossturms vor 1617 zu datieren ist, muss die vermutlich aus der Erinnerung entstandene Ansicht des Landgrafen Moritz aufgrund der rückseitig überlieferten Adresse, die auf die Zweit- verwendung eines Schriftstücks schließen lässt, nach 1610 entstanden sein.

Unbekannter Zeichner, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [220] Die „Ichnographia oder grundt / riß des Schloßes zue / Licha" verzeichnet in einer sorgfältig in Feder über Graphit angelegten Zeichnung das Areal des von einem Graben umgebenen Schlosses. Die sehr regelmäßige quadratische Anlage des Schlossbaues um den „Inwendige Schloßplatz“ („A“) wird geprägt von den vier „rundeel od[er] ercker“ („D“) an den Ecken, wovon einer eine Wendeltreppe enthält. Weitere „Schnecken“ (“C“) befinden sich in zwei der inneren Hof- ecken. Die Grundform des Schlosses wird in der Einfassungsmauer wiederholt, wobei hier Ron- delle mit eckigen Vorbauten abwechseln. Der Marstall liegt auf dem Schlossplatz außerhalb des „Schloßgrab[en]“ („K“) Das Aussehen der Anlage entspricht genau dem bei Walbe304 rekonstruierten Zustand mitsamt dem nordwestlichen Schlossturm, der 1617 abgerissen wurde. Deutlich sichtbar ist die Verbindung des Nordostturms, der eine Wendeltreppe beherbergte, mit dem äußeren Turmbau („G thor zwischen dem haus und großen thurm“), durch eine Bogenbrücke im Obergeschoß.305 Weitere Treppentürme befanden sich an der Innenseite des Südflügels. Die Schlosskapelle („F“) ist am Ostflügel neben dem Eckturm eingezeichnet. Die sorgfältige Darstellung über einer Graphitvorzeichnung und die Legende sprechen für die Urheberschaft eines professionellen Vermessers oder Bauverwalters, der den Plan vermutlich zwischen 1600 und 1617 angelegt hat.

302 Walbe 1933, S. 284 303 vgl. Walbe 1933, S. 284ff., Schnorr 1993, S. 23, Denkmaltopographie 2008, S. 440 304 Walbe 1933, Abb. 219, 220 305 Walbe 1933, S. 286

152 Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [221] (Abb. 93) Die Vogelschauansicht des Landgrafen Moritz zeigt die alte Burganlage vermutlich von Osten, wobei allerdings der "Vorhoff." auf der rechten Seite, der sich eigentlich auf der Westseite befindet, falsch positioniert ist.306 Im Vordergrund befindet sich links das untere Stadtor mit der "lange gasse von dem undern thor an das Westtor". Direkt neben dem Tor führt ein Portal zu dem "Lange baw" entlang der Stadt- mauer, der auch im Plan 2° Ms. Hass. 107 [220] eingezeichnet ist. Die von Wassergräben um- fangene Plattform mit dem Schlossbau weist in diesem Fall kleine Nutzbauten in den rechteckigen Ausbuchtungen auf. Der Vorhof mit der Kanzlei und dem Marstall ist über eine Brücke mit dem Schloss verbunden, befand sich aber nachweislich nicht auf dieser Seite der Anlage. Diese deut- liche Abweichung von der Realität lässt sich nur damit erklären, dass der Landgraf diese Zeichnung, wie in anderen Fällen auch, aus der Erinnerung angefertigt hat. Rückseitig enthält das Blatt eine Adresse: "Der hochgeborenen fürstin unserer freundtliche liebe Basen, / dochter undt gevatterin, frawe Anna Geborene landgrävin / zu Hessen dermahlen graven zu Solms wittibe", gemeint ist die Schwägerin des hessischen Fürsten Landgräfin Anna von Hessen-Darmstadt, die Witwe des 1610 verstorbenen Albrecht Otto von Solms. Aus der Sekundär- verwendung dieses Schriftstücks lässt sich eine Datierung zwischen 1610 und 1630 schluss- folgern, auch wenn Vorder- und Rückseite nicht zwingend in ursächlichem Zusammenhang stehen müssen.

Abb. 93 2° Ms. Hass. 107 [221]

306 vgl. Walbe 1933, Abb. 219

153 Liebenau

Feldlager des Oberst Riedesel, Plan 2° Ms. Hass. 107 [229] Im Jahr 1471 trat das Bistum Paderborn nach der Hessen-Paderbornischen Fehde das im Jahre 1293 erstmals urkundlich erwähnte Liebenau, gelegen zwischen Warburg und , an die Landgrafen von Hessen ab.307 Im Dreißigjährigen Krieg waren hier mehrfach Truppen des General Tilly einquartiert. Im Zusammenhang mit den Kriegshandlungen entstand vermutlich auch die Zeichnung des Landgrafen, die mehrfach als „des Obristen Riedteßels feldtlager zu Liebenaw Anno 1626“ bezeichnet wird.308 Die Zeichnung mit teilweise französischer Beschriftung zeigt ein verschanztes Lager am „diemel strom“. Rechteckige Parzellen illustrieren die Verteilung der einzelnen Kompanien zwischen den Versammlungsplätzen ("place d'alarme”) mit den Namen ihrer Befehlshaber. Auch hier wird Oberst Riedesel namentlich genannt. Volprecht Riedesel stand lange Jahre im Dienste des Landgrafen und wurde 1625 zum Hof- und Obermarschall sowie Obristen der Festung Kassel ernannt.309 Ebenso wie in dem im Staatsarchiv Marburg erhaltenen Plan von unbekannter Hand für eine Erweiterung der Festungswerke von 1623310 wird die militärische Zielsetzung dieser Zeichnung mit der Notierung von Schusslinien verdeutlicht.

Abb. 94 2° Ms. Hass. 107 [267] recto, unten links

307 Thaetner 1993 308 Beschriftung in Graphit auf der Rückseite und auf dem als Umschlag dienenden Blatt 2° Ms. Hass. 107 [7] verso, ebenso in der "Designation" von 1786 unter Nr. 4b 309 Rommel 1837, S. 620 310 HStAM Karten P II 10031

154 Malsfeld

Die südlich von Melsungen und Fahre gelegene Gemeinde Malsfeld wurde 1196 erstmals namentlich erwähnt. 1521 gelangte eine Hälfte des Ortes als ehemaliges hessisches Lehen an die Herren von Scholley, 1581 auch die andere Hälfte und blieb so bis ins 19. Jhdt. im Besitz der Familie. Vom nahegelegenen, ebenfalls im Besitz der Familie befindlichen Beiseförth aus wurde traditionell die ertragreiche Fulda-Schiffahrt nach Kassel und Hersfeld betrieben. Die auf den 2. Mai 1630 datierte eigenhändige Zeichnung des Landgrafen entstand während seines Besuches bei der Familie des zeitweiligen landgräflichen Kammerdirektors Philipp von Scholley, wie nicht nur erhaltene Briefe311 belegen, sondern sogar ein lateinisches Dankesgedicht vom gleichen Tag, das Landgraf Moritz diesem zueignete.312

Gutshof der Herren von Scholley, 1630 2° Ms. Hass. 107 [267] recto, unten links Die als "hauß hoff zu Malsfeldt ao 1630 den 2.Maijo M.H.L." betitelte Vogelschauansicht auf der Rückseite eines Berichtes des Kammerdieners Heintzmann zeigt einen großen, zweigeteilten Hof im angedeuteten Ortszusammenhang. Während auf der linken Seite im ummauerten Bereich ein langgestrecktes steinernes Herrenhaus positioniert ist, befinden sich rechts im „viehof“ die Wirtschaftsgebäude. Das steinerne Gebäude mit der großen Tordurchfahrt an der Rückseite der Anlage verbindet beide Höfe, die durch eine Mauer getrennt sind. In Wilhelm Dilichs Landtafel des Amtes Malsfeld von 1615313 wird ein vergleichbarer zweigeteilter Gutshof neben der Gerichtslinde im Zentrum des Ortes dargestellt. Die von Moritz im Vordergrund eingezeichnete Böschung wäre dann als Abhang zur Fulda hin zu interpretieren. Es scheint sich also um eine Bestandsaufnahme dieses Gutshofes zu handeln, wobei das Gebäude des Herrenhauses möglicherweise als eine „invention“ des Landgrafen anzusehen ist – eine nette Geste gegenüber seinem Gastgeber, dem er am gleichen Tag auch ein lobendes Dankesgedicht widmete.

Christoph Heintzenman (Heintzmann), Brief an Landgraf Moritz aus Malsfeld, 1630 2° Ms. Hass. 107 [267] verso Der auf der Rückseite der Zeichnung des Landgrafen von Malsfeld erhaltene Brief des Kammer- dieners Heintzmann vom 2. Mai 1630 berichtet über ihm aufgetragene Erkundigungen bei Schiffern bezüglich des Zustandes der fürstlichen Schiffe („1. das eine Reinische Schiffe, 2. das lust Schiffe 3. das grosse Last Schiff zu Cassel“), die nach Kassel verlegt worden seien und die Fähre in Fahre („Die fehrdte zur Fahre belangent, ist solche noch vorhanden“). Die Datierung des Briefes auf denselben Tag wie die Zeichnung legt einen Zusammenhang mit der Darstellung des Malsfelder Hofes nahe. Wie ein in der Bibliothek erhaltener Brief an Philipp von Scholley belegt, hatte der Landgraf im Zusammenhang des Ausbaus der Schifffahrt auf der Fulda im Jahre 1612 die Unterstützung der von Scholleyschen Untertanen in Malsfeld und Beiseförth angefordert.314 Man kann daher vermuten, dass der nach seiner Abdankung nunmehr haupt- sächlich mit Reisen beschäftigte Fürst seinerzeit wegen der Schiffe in Malsfeld weilte und dabei die Hilfe seines langjährigen Bediensteten von Scholley in Anspruch nahm. Wie das durch Casparson überlieferte Dankesgedicht (s.o.) zeigt, wusste er dessen Unterstützung sehr zu schätzen.

311 in: HStAM Best. 4a 38/20 312 „Exaratum inter coenandum dominica vocem jucunditatis, quae erat 2. D. Maji anno 1630. In aedibus tuis.“, zitiert nach Casparson, Zu der feyerlichen Einführung des von S.H.D. Friedrich dem Zweyten […] ernannten Prorectors des Collegii illlustris Carolini, Cassel 1783, S. 23 f. 313 2° Ms. Hass. 679, Taf. 9 314 2° Ms. Hass. 239, fol. 13

155 Melsungen

Die planmäßige Gründung der gut zwanzig Kilometer südlich von Kassel, am Übergang der sog. Sälzer Straße über die Fulda gelegenen Stadt erfolgte am Ende des 12. Jahrhunderts durch die Landgrafen von Thüringen. Noch heute kann man in der gut erhaltenen Fachwerkstadt die Grund- form des Stadtgrundrisses mit zwei sich kreuzenden Hauptachsen und gleichmäßiger Block- aufteilung erkennen.315 Die nach 1263 von den hessischen Landgrafen errichtete Burg lag am Nordrand der Altstadt, wahrscheinlich im Bereich des späteren Renthofs.316 Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war diese so verwahrlost, dass Landgraf Philipp Gartengelände nordwestlich vor der Stadtmauer erwarb, um dort ein neues Schloss zu errichten. Sein Sohn Landgraf Wilhelm IV. leitete die durch Bauinschriften von 1554 bis 1556 datierten Bauarbeiten. Das vermutlich gleichzeitig entstandene Burggrafenhaus (später Küchenbau) und der 1577 datierte Marstall vervollständigen die Anlage.317 Diese als Nebenresidenz und Verwaltungssitz fungierende Schlossanlage diente Landgraf Moritz nach der Abdankung 1627 zunächst als ständiger Wohnsitz - als Melsungen aber 1628 im end- gültigen Vertrag von der Quart ausgenommen wurde, stand ihm diese nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung.318 Neben den Entwürfen zum nahegelegenen Lustschloss Fahre bilden die Zeich- nungen von Melsungen zahlenmäßig das größte Konvolut (69 Einzelzeichnungen und zwei Schrift- stücke) im Gesamtbestand. Außer Entwurfszeichnungen zur Schlosserweiterung, die auch groß angelegte Idealentwürfe beinhalten, zeigen die Blätter vielfach zudem dessen nähere Umgebung, vor allem das Kasseler Tor mit der Kasseler Gasse im Zusammenhang mit einer geplanten Kanzlei, sowie den Bezirk um den Riedeseler Hof und den ungenutzten Berlepschen Burgsitz, an dessen Stelle der Fürst ebenfalls neue Gebäude plante. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt liegt auf der Brückenvorstadt mit der neuen Scheuer an der 1596 errichteten Fuldabrücke. a. Landgrafenschloss

In Merians Topographie wird das landgräfliche Schloß wie folgt beschrieben: „ist solches zimblich alt / doch gantz von Steinen / vier Wanderungen hoch auffgeführet / darinnen 4. Grosse Säle vber einander / […]. Ostenwerts gegen der Fulda ist der Hof mit einer geringen Mauer geschlossen / die andere beyde seyten aber gegen der Statt / vnnd Baumgarten / sind (wiewol in keiner gewissen Formb) mit einem Marstal / Renthofe / vnd andern Gebäuen / zugemacht / vnd der Hof ist langlecht / vnnd nicht gantz geschlossen / sondern hat daselbst eine Durchfahrt / auß dem Schloß / gleich nach dem Garten / vnnd der Landstrasse von der Statt / massen das Schloß auff der Ringmauren ligt.“319 Das längsrechteckige Hauptgebäude wird an der Stadtseite durch einen rechteckigen Mittelrisalit gegliedert, der eine Wendeltreppe sowie Nebenräume beinhaltet. Weitere Risalitvorbauten be- inden sich auch an den Stirnseiten, während rückseitig zwei Aborterker das Gliederungsmotiv auf- greifen. An der Westseite schließt sich in rechtem Winkel das Haus des Burggrafen an. Südlich erstrecken sich entlang des kleineren Vorhofs die Gebäude von Zehntscheuer und Marstall. An den Hinterhof des Schlosse grenzt westlich der Schlossgarten an. Dieser Komplex ist noch heute im Wesentlichen unverändert erhalten. Die Zeichnungen beinhalten vor allem Entwürfe für einen neuen Flügel im Vorhof sowie die (heute noch vorhandene) Verbindungsgalerie zwischen Schloss und Burggrafenhaus, die nach Maßgabe der beiliegenden Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265]) zu diesem Zeitpunkt verändert wurde. Mehrere Idealentwürfe belegen die intensive Beschäftigung des Landgrafen mit seinem designierten Alterswohnsitz, den er offensichtlich gerne in eine „moderne“, symmetrische

315 vgl. Fenner 1987, Wolf 2003 316 Wolf 2003, S. 80ff. 317 vgl. Onlinekatalog Hessische Renaissanceschlösser 2005, Großmann 2010, S. 98f. 318 Armbrust 1921, S. 41 319 Topographia Hassiae, 1656, S. 108

156 Anlage ausgebaut hätte.320 Von ganz besonderem Interesse sind die dem Bestand beiliegenden, 1624 datierten schriftlichen "Anweisungen" an die "Tapecari" zur Ausstattung der Räume im Ober- geschoss mit Wandteppichen, die Ansichten von Städten, Burgen und Schlössern der Landgraf- schaft Hessen-Kassel zeigen sollten.

Anweisung für die Raumausstattung im Obergeschoss, 1624 2° Ms. Hass. 107 [264] Das Schriftstück beginnt auf der linken Seite in einer unbekannten Handschrift: "Verordnung derer Tapecari In Illust. gemach zur Melsunge / sollen 9 stück von den 9 stätten des nieder fürsten thumbs, Hessen / Rijnischen quartirs, in nachfolgender ordtnung verfertigt werden“ und listet diverse Räume und ihre Dekoration auf („In Illustrissimi Vorsahll“, „In dem kleinen gemach nach dem / Marstall zue.“, „Im Kleinen gemach nach der bürge garten zu“). Die rechte Spalte, die Moritz‘ eigene Handschrift trägt, resümiert "Summa dieser Tapezerey uff der zweiten Wanderung / im grossen herrnbaw zu Milsungen“ und veranschlagt die Kosten. Darunter folgen noch weitere Aus- stattungspläne für die Privaträume: „Verzeichnis der Schlösser so zu die Cammern / zu machen sein“, wobei aufgezählt werden: „in Illi. schlafkammer.“, „In die Cammer des klein gemachs nach den schlos / hof.“, „In der jung herrn schlaf Cammer“, sowie „In Illi. ruhe Cammer“. Die Auflistung der Ortsnamen, die zum überwiegenden Teil auch in der im Staatsarchiv Marburg erhaltenen eigenhändigen Landtafel des Landgrafen321 eingetragen sind, dokumentiert eine umfassende bild- liche Darstellung des hessischen Herrschaftsgebietes in den Räumen des Schlosses. Dabei sind die Darstellungen der Städte in den Gemächern regional gruppiert, während in den mit Schloss- ansichten dekorierten Kammern offensichtlich spezielle Vorlieben zum Tragen kamen. In „Ill [ustrissim]i Schlafkammer“ waren demnach acht Wandteppiche vorgesehen: neben Kassel, Weißenstein und Burghasungen auch die „Moritzburg vor “322 sowie die „Hermansburg“ bei , Sababurg, Trendelburg und die Gieselwerder „Schantze“. In dieser Form dokumentiert das Schriftstück ein umfangreiches Ausstattungsprogramm, das in der Aufzählung der Städte und Schlösser der Landgrafschaft Hessen-Kassel eine eindrucksvolle Dokumentation des fürstlichen Herrschaftsgebietes darstellt. Eine inhaltlich entsprechende Wand- dekoration mit Vogelschauansichten der königlichen Schlösser - allerdings als Wandmalerei, konnte Landgraf Moritz auf seiner Reise nach Frankreich 1602 in der „galerie des cerfs“ im Schloss Fontainebleau besichtigen.323 Gemalte Landtafeln bildeten auch das Dekorationsprogramm im Festsaal des Stuttgarter Lusthauses.324 Zeitgenössische Nachweise für topographische Dar- stellungen in Wandteppichen fehlen allerdings gänzlich, insofern handelt es sich um ein wirklich einzigartiges Programm des Landgrafen Moritz, das eindrucksvoll seine persönlichen Interessen illustriert, - dessen konkrete Umsetzung allerdings nicht belegt werden kann.

Landgrafenschloss mit Kasseler Tor 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben (Abb. 95) Die obere Zeichnung auf der Vorderseite eines Blattes mit mehreren Zeichnungen von Melsungen zeigt das Schloss und seine nähere Umgebung in der Vogelschau von Südosten, aus Richtung der Kasseler Straße. Die Fachwerkbauten am vorderen rechten Bildrand markieren den Beginn der Bürgerstadt. Der langestreckte Marstall auf der linken Seite neben dem Kasseler Tor gehört zum landgräflichen Wirtschaftshof, dem sogen. Stallhof. Der große Schlosshof wird beherrscht von dem sehr detailliert geschilderten Landgrafenschloss, einem schlichten, dreigeschossigen Bau mit zentralem Treppenturmrisalit an der Hoffront. Ihm zur Seite steht auf der Westseite das Burg-

320 vgl. Helm 1967, S. 15 f. 321 HStAM Karten P II 10.529 322 nach Merian „hat Herr LandGraff Moritz an dieser Statt einen ansehnlichen Schloßbaw angefangen; ist aber wegen deß eingefalnen Kriegswesens verblieben“, Merian, Topographia Hassiae 1655, S. 146, Rommel zählt sie zu den un- ausgeführten Projekten des Landgrafen, vgl. Rommel 1937, S. 417 323 Rommel 1839, S. 453f. 324 vgl. Weber-Karge 1989, S. 88 f.

157 grafenhaus, dessen ebenfalls zentral vorspringender Risalit auf der Rückseite mit einem zierlichen Turm korrespondiert. Ein Torbogen, der in diesem Fall noch nicht durch die später hier vorhandene Galerie überbrückt wird, führt in den Hinterhof mit dem kleinen Gebäude am Eckturm, das in 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten als „Backhaus“ bezeichnet wird. Die gegenüberliegende Ecke des Hinterhofs markiert ein Rundturm mit Fachwerkobergeschoss und welscher Haube. Bei dieser sehr detaillierten Zeichnung mit Maßangaben handelt es sich vermutlich um eine weit- gehend getreue Aufnahme des damals vorhandenen Baubestandes im Schlosshof, allerdings entspricht die Gestaltung des Kasseler Tores mit den beiden geschweiften Stirngiebeln vermutlich nicht dem damaligen Zustand.

Abb. 95 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben

Aufrisse der Stirnseiten 2° Ms. Hass. 107 [258] Das leider auf der linken Seite stark beschädigte Blatt, das möglicherweise nicht von Landgraf Moritz, sondern von einem Baubeamten angelegt wurde, liefert detaillierte Aufrisse der beiden Stirnseiten des Melsunger Schlosses, versehen mit diversen Maßzahlen. Die nordöstliche Seite wird geprägt von der Abfolge von Treppenrisalit, Hauptbau mit Stirnrisalit und rückseitigem Aborterker, wobei Risalite und Erker gleichermaßen über geschweifte Giebel- aufsätze verfügen, die von Fachwerkbalken durchzogen sind. In dem komplett erhaltenen süd- westlichen Aufriss ist detailliert der obere Abschluss des hofseitigen Treppenrisalits eingezeichnet, mitsamt den seitlichen Zwerchhäusern, wie sie auch in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben (Abb. 95) zu sehen sind. Deutlich erkennbar sind an dieser Stelle die Vorhangbögen im Fachwerkgerüst, die noch ein altertümliches Relikt gotischer Formen darstellen,325 und die spezielle Ausformung der geschweiften „Landgrafengiebel“, die heute nicht mehr vorhanden sind. Sehr genau werden auch die rückseitigen Mansarden und die Position und Form der Fenster und Türen samt ihrer Maße vermerkt. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Bestandsaufnahme, die unter Berücksichtigung des Wasserzeichens bereits 1620 entstanden sein könnte.

325 vgl. Großmann 2010, S. 98f.

158 Schlosshof und Marstall 2° Ms. Hass. 107 [300] verso, links Die mittig mit der Bezeichnung "der schloßhof zu Melsungen" versehene Darstellung auf einem Blatt, das auf der Rückseite eine 1627 datierte Zeichnung von Rückerode enthält, präsentiert das Schloss mit dem Stallhof im Grundriss bzw. Horizontalschnitt, während die Mauer mit dem Rund- turm und das Kasseler Tor im Hintergrund in der gewohnten schrägen Vogelperspektive zu sehen sind. Der Horizontalschnitt des Schlossgebäudes, der vermutlich oberhalb des Erdgeschosses gelegt ist, zeigt die Risalite auf Vorder- und Schmalseite als Gehäuse für Wendeltreppen, während der rückwärtige Erker zwei Aborte beherbergt. Eine Säulenreihe unterteilt mittig den die gesamten Fläche einnehmenden „gesinde sahl“. Während der Grundriss des Marstalls auf der anderen Seite des Hofes durch beidseitig angeordnete Stallboxen gekennzeichnet ist, werden die Räume des daran rechtwinklig anschließenden Verbindungsflügels zum Kasseler Tor als Viehstall und Wohnung für den Pförtner gekennzeichnet. Eine kleine Tordurchfahrt ermöglicht, wie auch in den anderen Zeichnungen, den direkten Zugang zur „Cassel gasse“. Die arithmetischen Berechnungen im unteren Drittel des Blattes könnten sich möglicherweise auf die Berechnung von Mauerwerk beziehen.

Landgrafenschloss von Nordwesten 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links (Abb. 96) Die in ähnlicher Form wie die Ansicht des geplanten Lustschlosses Fahre (2° Ms. Hass. 107 [117] recto) mit einer französischen Beschriftung versehene kleine Vogelschau zeigt das Schloss mit Vorhof und Garten zwischen Kasseler Tor und Eulenturm von Norden. Die Anordnung von „Cour du Chasteau“, „Cour dÈtable“ und „Jardin du chasteau“ suggeriert das Bild einer absolut regelmäßigen, geschlossenen Anlage - die sie ja tatsächlich nie war.

Abb. 96 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links

Zwei kleinere Anbauten mit hohem Schornstein auf der Rückseite des Burggrafenhauses mar- kieren die Position der Küchenräume an dieser Stelle. Die Rückfront des Schlossbaues wird in Abwandlung des Baubestandes durch zwei durchgehende Risalite an der Stelle der Aborterker gegliedert, eine Umgestaltungsidee des Landgrafen, die auch in einer weiteren Zeichnung (2° Ms. Hass. 107 [137] recto) thematisiert wird, aber offensichtlich nicht realisiert wurde. In Ergänzung der in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben gegebenen Disposition der verschiedenen Haupt- und Nebengebäude überbrückt in diesem Fall ein Torbogen mit darüber gelegener Galerie den Abstand zwischen Schloss und Burggrafenhaus. Diese Verbindungsgalerie wird auf der Vorderseite des Blattes wie auch in weiteren Zeichnungen ausführlich thematisiert.

159 Das außerhalb des Schloßgeländes neben dem „tour des hulotts" - dem Eulenturm, dessen Name später auf den südwestlichen Turm überging326 - gelegene Terrain ist beschriftet als "plan appartenent aux gentils / hommes de Riedesel. longue / 230 pieds et large autant que le / grenier du chasteau“. Dieses Gelände interessierte den Landgrafen besonders im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Renthofs (vgl. Melsungen, Riedeseler Hof).

Landgrafenschloss und Kasseler Tor von Norden 2° Ms. Hass. 107 [239] recto, rechts Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links (Abb. 96) präsentiert die kleine Ansicht von Norden die Rückseite des Schlosses mit zwei Risaliten an der Stelle der hier vorhandenen Aborterker. Verändert erscheint allerdings das Kasseler Tor, das ebenso wie in weiteren Zeichnungen im Zusammenhang mit den Planungen für eine neue Kanzlei (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [236], Abb. 100) durch ein zweites Geschoss erhöht wird.

Umbauentwurf für die hintere Fassade 2° Ms. Hass. 107 [137] recto Das kleine Blatt, das auf der Rückseite einen Entwurf für das Lustschloss Fahre trägt, zeigt auf der Vorderseite den Ausschnitt einer dreigeschossigen Front mit zwei Risaliten hinter einem "Zwing [er]". Die schwer lesbare Notiz in der Zeichnung lautet: "nach Stutgarder schlosse [?] gemachen sollen die / hinder [...] vorbauwe werden". Es handelt sich höchstwahrscheinlich um einen Entwurf für die auch in 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links (Abb. 96) + [239] recto, rechts eingezeichnete Erweiterung der rückseitigen Aborterker durch entsprechende Anbauten im Erd-geschoss, auch wenn die Anzahl der Fensterachsen zwischen den Vorbauten nicht der Realität entspricht. Die Dreigeschossigkeit der Fassade mit Doppelbahnenfenstern sowie die Fachwerk-aufbauten auf den Risaliten verweisen jedoch eindeutig auf das Melsunger Schloss. Interessanterweise erhält auch die Mauer mit dem hier eingezeichneten kleinen Anbau im Horizon- talschnitt, beschriftet "Alhier könte noch / dies kämmerlein gemacht werden", einen Umbau- vorschlag. Landgraf Moritz fertigte vermutlich auch diese Zeichnung, wie so viele andere, aus der Erinnerung.

Umbauentwurf 2° Ms. Hass. 107 [232] verso, oben rechts Auf einem Blatt mit mehreren Darstellungen aus dem Stadtgebiet von Melsungen befindet sich auch diese Ansicht des Schlosses von Osten in der Vogelschau. Relativ detailliert sind die einzelnen Bauten geschildert, deren grundsätzliche Position den in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben (Abb. 95) gezeigten Gegebenheiten entspricht. Auffallend verändert erscheint hier allerdings der zentrale Treppenrisalit am Schloss, der turmartig aufgestockt ist und über dem Dachfirst ein ab-schließendes (offenes?) Belvedere-Geschoß aus Fachwerk erhält. Auf diese Weise setzt sich der Hauptbau markant von den Nebengebäuden ab und erhält ein besonderes Würdemotiv.

Landgrafenschloss mit Entwurf für einen neuen Flügel 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten (Abb. 7) Die Darstellung auf einem Blatt mit diversen Ansichten der Riedeselschen Vogtei in Melsungen präsentiert das Schloss mit seinen Nebengebäuden von der Stadt her, wobei die Gebäude des Vorhofes sowie die Bürgerhäuser an der Kasseler Gasse im Grundriss gezeigt sind. Der "vornembste schloß baw" wird in diesem Fall symmetrisch flankiert vom „küchen / baw“ auf der linken, sowie von "Neuer / schloßbaw" mit „Capelle“ auf der rechten Seite, einem langgestreckten Gebäude, das in Größe und Ausgestaltung das gegenüberliegende Burggrafenhaus nachahmt. Tordurchgänge mit darüber gelegenen Galerien verbinden die drei Gebäude untereinander. In dieser Form entsteht eine betont regelmäßige Schlossanlage, wie sie Landgraf Moritz als Idealbild vorschwebte.

326 vgl. Helm 1967, S.22

160 Idealentwurf 2° Ms. Hass. 107 [235] recto (Abb. 97) In diesem Ideal-Entwurf thematisiert der hessische Fürst den hypothetischen Ausbau des Mel- sunger Schlosses, dessen Haupt- und Nebengebäude im Vordergrund eindeutig zu identifizieren sind, zu einer symmetrisch angelegten, von einem befestigten Graben umgebenen, repräsen- tativen Schlossanlage. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten wiederholt ein zweiter Flügel auf der Stadtseite die Anlage des Burggrafenhauses. Der Stallhof wird zum „Rendthof“ und durch den spiegelbildlich angelegten neuen „Stallhof“ mit weiteren Gebäuden ergänzt. Rundtürme sitzen auf den Ecken der Befestigungsmauer, die von einem breiten Wassergraben umzogen ist. Kongenial ist die Anlage der Stadt, die sich im Halbkreis um die Schlossanlage anlegt und von radialen Strassen durchzogen wird. Ganz offensichtlich handelte es sich hier um eine Gedan- kenspielerei des Landgrafen, der Schloss und Stadt nach „modernen“ Gesichtspunkten gestalten wollte. Die Anlage einer idealen Stadt hatte ihn ja schon um 1606 im Zusammenhang mit der ehemaligen Klosteranlage Breitenau beschäftigt (2° Ms. Hass. 107 [34], Abb. 21 + [35]).

Abb. 97 2° Ms. Hass. 107 [235] recto

Idealentwurf 2° Ms. Hass. 107 [235] verso Die Vogelschauansicht auf der Rückseite des Idealentwurfs für Schloss und Stadt Melsungen verbildlicht die Gegenansicht zu der Darstellung auf der Vorderseite, den Blick von der Stadt her auf die Schlossanlage „nach Melsungischer art Inventirt". Ebenso wie dort sind die vorhandenen Gebäude zu einer symmetrischen Anlage mit umlaufendem Wassergraben ergänzt und erinnern in ihrer konsequenten Regelmäßigkeit an die Modelle, die Jacques Androuet Du Cerceau in seinem ,Livre d’Architecture‘ von 1582 in vielen Varianten vorstellte.327

327 vgl. Chatenet 2010

161 Landgrafenschloss mit Entwurf für eine Galerie 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten visualisiert Landgraf Moritz in dieser Zeichnung einen Entwurf für einen ergänzenden Flügel, der den Schlosshof zur Kasseler Strasse hin ab- schließt und durch einen überbauten Torbogen mit dem Hauptgebäude verbunden wird. In diesem Fall ist er aber als zum Hof hin offene, mit einem Geschoss überbaute Galerie ausgestaltet, ein südländisch anmutender Kontrapunkt zu den beiden massiven Steingebäuden mit ihren regional verwurzelten Fachwerkdetails. Die Gebäude des Vorhofs sind auch hier in Grundrissplänen zweitrangig behandelt.

Hinterhof mit Verbindungsgalerie und Lustgarten 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, oben rechts (Abb. 98) Die Vogelschauansicht präsentiert den westlichen Hinterhof des Schlosses mit der Verbindungs- galerie zwischen fürstlichem Wohnsitz und Burggrafenhaus/Küchenbau nebst einem Pflanzplan für den angrenzenden Lustgarten. Das Bemühen des Landgrafen, die Galerie mit ihren beiden Bögen und der Balustrade unverkürzt darzustellen, führt allerdings in diesem Fall zu einer fehlerhaften, missverständlichen Darstellung der beiden Gebäude, die nicht im korrekten rechten Winkel ange- ordnet sind. Die Anreicherung der Beete des Lustgartens mit lateinischen Pflanzennamen von „Anis“ bis „Zucca“ entspricht eher der Zurschaustellung enzyklopädischen Wissens als einem tatsächlich gestalterisch wirksamen Pflanzplan.

Abb. 98 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, oben rechts

Lustgarten am Schloss 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben mittig (Abb. 9) Die extrem kleine Skizze auf dem mit diversen Zeichnungen gefüllten Blatt präsentiert das mit einer Mauer eingefriedete Terrain des "lustgarten zu Milsung[en]", der im Westen an Schloss und Burggrafenhaus anschließt und vom Hinterhof aus zugänglich war. Im Hintergrund erkennt man das westliche Eckgebäude des Hinterhofes mit dem runden Turm und die Küchenanbauten am Landgrafenhaus, während an der rechten Seite der Eulenturm die Grenze zur Stadt hin markiert.

162 Verbindungsgalerie 2° Ms. Hass. 107 [259] recto Die Detailzeichnung gibt die Verbindungsgalerie zwischen Wohngebäude und Burggrafenhaus im "hinderhof des schlosses Milsungen" von Westen wieder, wobei wie in 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, oben rechts (Abb. 98) die perspektivischen Regeln zugunsten der genauen Darstellung der Torbögen mit der darüber positionierten umlaufenden Balustrade außer Acht gelassen sind. An dieser mehrfach dargestellten Verbindungsgalerie wurden 1627 tatsächlich Veränderungen vor- genommen, wie die dem Bestand beiliegenden Melsunger Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265]) nahelegen, wo von einer „Versetzung des gehawenen Thores undt / ganges Zwischen dem Gn undt Küche[n] Baw“ die Rede ist. Ein bemerkenswertes Detail stellt die Darstellung der „Abzucht“ dar, eines Abzugskanal hinter der Küche, der Landgraf Moritz‘ Sinn für jedes noch so kleine Detail bezeugt.328

Hinterhof mit Verbindungsgalerie 2° Ms. Hass. 107 [260] Der Hinterhof des Schlosses mit der Verbindungsgalerie und dem Eckgebäude am runden Turm ist das Thema einer weiteren, sorgfältig mit Lineal und Blindlinien angelegten Zeichnung des Landgrafen. Die in diesem Fall perspektivisch korrekt geschilderte Lage der Gebäude gibt den räumlichen Zusammenhang der Gebäude anschaulich wieder. Die Galerie mit ihrer steinernen Balustrade wird allerdings in diesem Fall von Konsolen getragen, die in den anderen Zeichnungen und im heutigen Baubestand durch massive Pfeiler ersetzt sind. Der Horizontalschnitt/Grundriss des in der Ecke der Einfriedungsmauer gelegenen Gebäudes gibt eine Nutzung als Wohnung mit einer im Rundturm platzierten Küche an.

Hinterhof mit Entwurf für eine Verbindungsgalerie 2° Ms. Hass. 107 [261] verso, mittig rechts Ähnlich wie die Darstellung auf der Vorderseite des Blattes thematisiert auch diese Zeichnung, die von weiteren Detailskizzen begleitet wird, die Verbindungsgalerie zwischen fürstlichem Wohnsitz und Burggrafenhaus in eigenwilliger perspektivischer Ansicht, die wahrscheinlich dem Bemühen geschuldet ist, das Bauwerk im Winkel mit allen wesentlichen Details zu zeigen. Deutlich wird, dass die Galerie von der ersten Fensterachse des Burggrafenhauses bis zum Risalit an der westlichen Stirnseite des Schlosses reichen sollte und von zwei massiven Pfeilern an den Gebäudeecken getragen wird - so wie sie sich auch heute noch dem Betrachter präsentiert.

Entwurf zur Verbindungsgalerie 2° Ms. Hass. 107 [261] verso, oben rechts Die kleine Detailzeichnung, beschriftet "Muster vom gestu[…] uff die galerie" zeigt die Konstruktion von hölzernen Aufbauten auf der Balustrade der Galerie, die vermutlich zum Aufbau eine Überdachung, wie in 2° Ms. Hass. 107 [261] verso, unten rechts geschildert, dienen sollten.

Entwurf für eine Verbindungsgalerie 2° Ms. Hass. 107 [261] verso, unten rechts In dieser Detailansicht schildert Landgraf Moritz ein weiteres Mal die Verbindungsgalerie am Schloss, die in diesem Fall mit einer hölzernen Überdachung geschützt ist. In ähnlicher Form ist sie auch heute rekonstruiert.

Entwurf für das Lehrgerüst der Verbindungsgalerie 2° Ms. Hass. 107 [262] Die Zeichnung, beschriftet "Muster des bogens zu der galerie hinden am schlosse / zu Milsung[en], da die galerie uffkömmet.", präsentiert das Holzgerüst (Lehrgerüst) für die Konstruktion des Bogens unter der Galerie, die an die westliche Stirnseite des Schlosses angelehnt ist.

328 vgl. Helm 1967, S. 24

163 b. Kasseler Gasse

Besonders intensiv hat sich Landgraf Moritz in mehreren Zeichnungen mit der städtebaulichen Situation am Kasseler Tor und der anschließenden Kasseler Gasse, die als Hauptverkehrsstraße entlang des Marstalls in die Stadt führt, auseinander gesetzt,329 wobei ihn unterschiedliche Pro- jekte beschäftigten. Mehrere Varianten zeigen ein erhöhtes bzw. gänzlich neu gestaltetes Stadttor. Die dem Marstall gegenüberliegende städtische Bebauung ist in der Regel im Plan mit Angabe der Bewohner/Besitzer aufgenommen und wird schließlich in diversen Entwürfen teilweise durch die „Neue Kanzlei“ ersetzt. Bereits 1612 findet sich in den Akten der Hinweis auf das noch verscho- bene Vorhaben des Baus einer Neuen Kanzlei,330 deren Errichtung den Landgrafen offensichtlich auch noch später im Zusammenhang mit der Wahl Melsungens als Alterswohnsitz zu Entwürfen anregte. - Überraschenderweise beschäftigte ihn das Thema noch einmal im Herbst 1630 in mehreren Zeichnungen.

Marstallhof und Kasseler Gasse 2° Ms. Hass. 107 [342], verso, oben In dieser kleinen, im unteren Teil leider beschädigten Ansicht auf einem Blatt mit Ansichten von Mittelhof, Fahre und Weißenstein erscheint das Schloss nur angeschnitten im Hintergrund, da der Schwerpunkt der Darstellung auf dem Stallhof zwischen „Riedesels hoff“ und „Cassel gasse“ liegt. Die in 2° Ms. Hass. 107 [259] verso links (Abb. 96) summarisch skizzierten Bürgerhäuser sind in diesem Fall im Grundriss gezeigt, wobei die Namen der Besitzer eingetragen sind. Das Kasseler Tor an der vorderen Ecke des Schlosshofs erscheint hier als längsrechteckiger Bau mit geschweiftem Stirngiebel. Der Landgraf bevorzugte offensichtlich eine Gestaltung mit ge- schweiften Stirngiebeln, während es sich höchstwahrscheinlich realiter um einen kleinen recht- eckigen Turm mit Walmdach handelte, wie etwa Dilichs Landtafel von 1615 belegt.331 Die auf dem später angeklebten, unteren Blattteil angegebene Nummer „52.“ bezieht sich auf das Übergabeverzeichnis von 1786 (2° Ms. Hass. 107a).

Vorhof des Schlosses mit Kasseler Gasse, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [243] Der sorgfältig mit Zirkel und Lineal angefertigte Plan gibt die Situation an der Kasseler Gasse mit- samt dem Stadttor und den angrenzenden Gebäuden einschließlich des Marstallhofes wieder. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [342], verso, oben sind die Bürgerhäuser mit den Namen ihrer Bewohner gekennzeichnet, wobei u.a. Förster „ötzel“ (auch Oetzel) und Rentmeister „lautze“ (Johann Lauze) archivalisch in Melsungen tatsächlich nachgewiesen werden können.332 Die detaillierte Schil- derung der Raumaufteilung in den fürstlichen Gebäuden neben dem Stadttor lässt vermuten, dass Landgraf Moritz auch in diesem Bereich über Umnutzungen/Erweiterungen nachdachte.

Kasseler Gasse und Kasseler Tor, dazu zwei Details des Schloßturms 2° Ms. Hass. 107 [242] recto, rechts Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [342], verso, oben zeigt Landgraf Moritz hier die städtebauliche Situation am Kasseler Tor, wo dem Marstall Bürgerhäuser gegenüberliegen, die auch hier summarisch im Plan angegeben sind. Das Torgebäude besitzt ein Satteldach mit Stirngiebel, allerdings in diesem Fall traufseitig zur Straße gestellt - eine weitere Gestaltungsvariante. Zwischen dem Tor und dem Landsknechthaus liegt ein unbebautes Grundstück, das in anderen Zeichnungen durch einen Neubau ersetzt wird (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [200] verso, unten (Abb. 99) + [313] recto, links (Abb. 102).

329 vgl. Helm 1967, S. 17 ff. 330 HStAM, Best. 53e Pak. 61, Bauanschläge von 1612 331 2° Ms. Hass. 679, Bl. 6, vgl. Wolf 2003, S. 68 332 vgl. Helm 1967, S. 18

164 Die beiden Detailzeichnungen am unteren Blattrand beschäftigen sich mit dem Rundturm an der nordöstlichen Ecke der Schlossmauer, der u.a. auch in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben dar- gestellt ist. Ebenso wie der Turm an der gegenüberliegenden Seite des Hinterhofs sollte dieser offensichtlich auch zu Wohnzwecken genutzt werden.

Kasseler Gasse, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, unten Der kleine Lageplan der Kasseler Gasse mit den angrenzenden Bürgerhäusern gibt in ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [243] recto, rechts die Situation an Kasseler Gasse und Kasseler Tor wieder. Besonderes Augenmerk legte Landgraf Moritz auf den Verlauf der Abwasserkanäle, deren Regulierung ihm in Melsungen sehr am Herzen lag.333

Kasseler Tor und Kasseler Gasse 2° Ms. Hass. 107 [200] verso, unten (Abb. 99) Die kleine Skizze auf der Rückseite einer Ansicht des Kasseler Landgrafenschlosses beschäftigt sich mit der Umgebung des Kasseler Tores am Schlosshof in Melsungen. Ähnlich wie in den anderen Vogelschauansichten (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [242] recto, rechts) sind die Bürgerhäuser an der Kasseler Strasse und an der Mühlengasse im Plan angegeben, wobei die Besitzer bzw. Bewohner namentlich aufgeführt sind. Auffällig ist die Erhöhung des Stadttores um ein Geschoss, wodurch es das neu konzipierte Gebäude - möglicherweise ein erster Entwurf für die geplante Kanzlei an der Stelle des freien Geländes und des Landsknechthauses - deutlich überragt. Dieses zweigeschossige Gebäude mit zwei Zwerchgiebeln lehnt sich mit seinen Doppelbahnenfenstern und dem übergiebelten Portal formal an die Gestaltung der Schlossgebäude an und hebt sich von den anschließenden Fach- werkgebäuden repräsentativ ab. Die angrenzende „Badestube“ an der Stadtmauer wurde erst 1963 abgerissen.334

Abb. 99 2° Ms. Hass. 107 [200] verso, unten

333 vgl. Helm 1967, S. 24 334 Schmidt 1978, S. 60

165 Kasseler Gasse mit Entwurf für eine Kanzlei 2° Ms. Hass. 107 [233] verso, unten rechts Auf einem Blatt mit mehreren Zeichnungen von Melsungen befindet sich diese Ansicht der Kasseler Gasse, gesehen vom Marstall im Vordergrund her. Die Häuserfront auf der gegenüber- liegenden Seite ist beschriftet "die erkaufte hause zur Cantzley und ander hoffsach[en] erbauen" und zeigt einen Entwurf zum Umbau zweier Bürgerhäuser für die Zwecke der Hofverwaltung. Landgraf Moritz konzipiert an dieser Stelle ein dreigeschossiges, vierachsiges Gebäude mit zentralem zweiachsigem Zwerchgiebel und Doppelbahnenfenstern. Wie weitere Beispiele zeigen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben links) stellte der Fürst intensive Überlegungen an, an dieser Stelle eine Kanzlei zu errichten.

Landgrafenschloss und Kasseler Tor 2° Ms. Hass. 107 [236] (Abb. 100) Die aus der gleichen Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [230] recto + [233] recto, unten gesehene anschauliche Vogelschauansicht enthält im Schlosshof die Bezeichnung: "Milsung[en] wie es mit einem / newen Thor und newem vorgebeu / in der Cassel gassen / zu zu richten." Der Fokus liegt also auch hier auf einer Veränderung des übereinstimmend mit den anderen Zeichnungen geschilderten Bestandes, in diesem Fall sowohl das Torgebäude und einen Neubau an der Kasseler Gasse im Bereich der Bürgerhäuser betreffend. Das vom Landgrafen mehrfach in unterschiedlichen Varianten wiedergegebene Torhaus erscheint um ein Geschoß aufgestockt und mit einem Satteldach versehen. Ebenso schlicht ist der traufständige Neubau an der Kasseler Gasse gestaltet, der in anderen Darstellungen als Kanzlei bezeichnet wird (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, unten).

Abb. 100 2° Ms. Hass. 107 [236]

166 Entwurf für eine neue Kanzlei am Kasseler Tor 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben links Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [236] (Abb. 100) zeigt auch diese kleine Ansicht den "Neuw vorhof zwischen dem / Marstall, und neuen Cantzley baw / zu Milsung[en] den 1. Aug: / inventirt zur Carthause M.H.L." Ergänzend ist hier im Vordergrund eine Mauer eingefügt, die am Kasseler Tor einen eigenen Hof zwischen dem Marstall und dem Neubau ausgrenzt und diesen damit dem Schloss-bezirk anfügt. Das Kanzleigebäude zeigt sich als langgestreckter (ebenso wie am Marstall sind hier 120 Fuß eingetragen), zweigeschossiger Bau, der sehr dicht an das Kasseler Tor heranrückt.

Entwurf für eine neue Kanzlei an der Kasseler Gasse 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, mittig links Unterhalb der kleinen Darstellung der neuen Kanzlei hat Landgraf Moritz auf demselben Blatt noch eine weitere Ansicht der baulichen Situation am Kasseler Tor im Blick von der Gegenseite eingefügt, wobei er hier die Kanzlei als schlichten Bau mit zentralem Eingang und Zwerchgiebel konzipiert.

Entwurf für eine neue Kanzlei am Schloss, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [119] recto, unten (Abb. 101) Auf einem Blatt mit einem auf den 20(?). September 1630 datierten Entwurf für das Lustschloß Fahre hat Landgraf Moritz im unteren Drittel einen detaillierten Grundriss der Bebauung am Kasseler Tor eingefügt, wobei er auch hier eine „Neue Cantzley“ an der Stelle der Bürgerhäuser konzipiert. Gebäude und Hof überdecken den Bereich bis zu Haus und Garten der Witwe Lautze, deren Besitz ebenso in den anderen Zeichnungen eingetragen ist. Das langgestreckte Amts- gebäude, das wie in 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben links über zwei Eingänge verfügt, besitzt eine zentrales „Vorgemach“, von dem aus die Amtsstuben („Cantzley“ links, „Repositur“ und „Rendtcammer“ rechts) und die rückseitigen Wohnräume zugänglich sind. Übereinstimmend mit der Vogelschauansicht des Schlosses 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben wird der Schlosshof zur "Strasse nach Rörenfurdt" durch eine „galerie“ abgeschlossen.

Abb. 101 2° Ms. Hass. 107 [119] recto, unten

2° Ms. Hass. 107 [238] recto, unten Kasseler Gasse mit Entwurf für eine neue Kanzlei, 1630 Der auf den 26. September 1630 datierte Entwurf für die "New Cantzley" positioniert den Neubau in unmittelbarem Anschluss an das Stadttor, wobei die vorgelegten Arkaden eine Durchfahrt in die Mühlengasse frei lassen. Der gegenüberliegende Marstallhof ist im Grundriss mit Einzeichnung der Pferdeboxen für insgesamt 62 Pferde wiedergegeben. Sehr präzise sind die Besitzer der

167 Bürgerhäuser in den im Plan angegebenen Häusern im weiteren Verlauf der Kasseler Gasse notiert, neben den schon erwähnten Namen Lautze und Oetzel (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [243] recto) erscheinen hier noch „Rendtmeister Maroldt“335 und „Thölde“ (Otto Thölde war Hüttenvogt der Eisenschmiedemühle Schmidtfarth), sowie rechts am Bildrand noch die Apotheke mit dem Labora- torium. Bei diesem Laboratorium handelt es sich wahrscheinlich um das in 2° Ms. Hass. 107 [257] (Abb. 112) dargestellte „destillatorium“336. Auch in den Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265]) wird ein Laboratorium erwähnt.

Kasseler Gasse mit Entwurf für eine neue Kanzlei 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben links (Abb. 9) Ebenso wie auf der anderen Darstellung der neuen Kanzlei auf demselben Blatt gibt Landgraf Moritz auch in dieser geradezu miniaturhaft winzigen Zeichnung einen Entwurf für die Neue Kanzlei gegenüber dem Marstall mit einer Galerie im Erdgeschoss. Dabei konzentriert sich die Vogelschau auf den Raum zwischen den beiden Gebäuden und den Eingang in den Schlosshof, dessen Hauptbau im Hintergrund nur angedeutet ist. Schraffuren deuten den Schattenwurf in diesem Bereich an und geben der Darstellung Plastizität.

Landgrafenschloss mit Entwurf für eine Kanzlei von Südosten 2° Ms. Hass. 107 [239] recto, links Als Gegenstück zu der Darstellung auf der rechten Blatthälfte, die eine Vogelschau des Schloss- hofes von Norden präsentiert, zeigt diese Zeichnung ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben links (Abb. 9) die Situation am Kasseler Tor in der Vogelschau von Südosten. Im Focus steht wieder der neu konzipierte Kanzleibau mit einer offenen Galerie im Erdgeschoß, der an den zwei- geschossigen Stadtturm anschließt. Unklar ist die Situation hinter dem Stadttor, wo augen- scheinlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben ein Galerieflügel anschließt, der durch einen überbauten Torbogen mit dem Schloss verbunden ist.

Schlosshof und Kasseler Gasse mit Entwurf für eine neue Kanzlei, 1630 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, unten rechts Die auf den 3.10.1630 datierte Vogelschauansicht gibt einen weiträumigen Überblick über die bau- liche Situation im Bereich von Schlosshof und Marstallhof samt der umgebenden Bebauung von der Kasseler Gasse bis zum Riedeselschen Burgsitz neben dem hinter dem Schloss gelegenen Lustgarten. Während die Bebauung im Vordergrund (Burggrafenhaus, „Riedeseler hoff“, Marstall- hof) weitgehend den vorhandenen Bestand wiedergibt, handelt es sich bei den beiden als neu bezeichneten Gebäuden im Hintergrund um Entwürfe, die das Projekt eines Galerieflügels am Schloss (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben) und einer Neuen Kanzlei direkt verknüpfen. Dabei entfällt der alte Stadtturm gänzlich und die Kasseler Strasse wird über eine Durchfahrt in der Kanzlei vor die Stadtmauer geleitet.

Kasseler Straße mit Entwurf für eine Kanzlei 2° Ms. Hass. 107 [313] recto, links (Abb. 102) Auf diesem mit der Nummer „34.“ (Übergabeverzeichnis von 1786, 2° Ms. Hass. 107a) gekennzeichneten Doppelfolioblatt befindet sich neben einer in den Oktober 1630 datierten Zeichnung von Sontra eine weiträumige Vogelschauansicht der nördlichen Altstadt rund um den „Stallhof“, wobei hier die westliche Seite bis zur „Cassel gasse“ im Grundriss bzw. Plan, die östlich anschließenden Häuser aber in perspektivischer Ansicht wiedergegeben sind. Akribisch sind die Namen der Bewohner/Besitzer aufgezeichnet. Ganz im Vordergrund an der Stadtmauer mit drei recht korrekt eingezeichneten Schalentürmen befindet sich der „Berlebsche garten“ an der „stroh gasse“. Links davon liegen die Riedeselschen Besitzungen. Dem Stallhof gegenüber erstreckt sich ein geschlossener Komplex von Häusern, die wie in den anderen Zeich-

335 erwähnt in: HStAM Best. 4h 523 336 vgl. Helm 1967, S. 18

168 nungen mit der Berufsbezeichnung ihres Besitzers, z.B. „metzger“, „schuster“ oder „zimmermann" gekennzeichnet sind. Die Straßenzeile an der „Cassel gasse“ im Hintergrund wird in diesem Fall direkt an der Stadtmauer mit einer „Neue Cantzley“ ergänzt, wobei das dort befindliche Stadttor wegfallen sollte. Um den Stadtausgang und den Zugang zur „Mühlengasse“ zu gewährleisten, musste Landgraf Moritz aber eine große Tordurchfahrt einplanen, wobei – ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, unten rechts - nicht ganz klar wird, wie er sich die Torsituation an dem Neubau in der Mühlengasse konkret vorstellte. Wie in vielen anderen der Melsunger Zeichnungen sind auch hier wieder die auf den Strassen verlaufenden Gossen eingezeichnet, ein Detail, dem Landgraf Moritz immer wieder große Aufmerksamkeit schenkte, da ihm die Reinhaltung der öffentlichen Strassen am Herzen lag.

Abb. 102 2° Ms. Hass. 107 [313] recto, links c. Riedeselsche Vogtei

In der nordwestlichen Ecke der Stadt lagen unweit des landgräflichen Schlosses die ehemaligen Burgmannensitze der Freiherren von Riedesel und von Berlepsch. Während der Berlepsche Burgsitz damals wüst lag, war die sog. Riedeselsche Vogtei, ein sehr alter, freistehender Fach- werkbau noch gut erhalten. Dieser bildet den Mittelpunkt in zahlreichen Zeichnungen des Land- grafen Moritz, die diesen Bereich der Stadt wiedergeben. Hintergrund war das Vorhaben, hier einen neuen Renthof bzw. ein Wagenhaus zu errichten. Die Wiedergabe des Riedeselschen Herrenhauses variiert dabei erheblich.337

337 vgl. Helm 1967, S.21f.

169 Riedeselsche Vogtei und Renthof mit Umgebung 2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts (Abb. 103) Die Vogelschauansicht präsentiert den nordwestlichen Bereich der Stadt rund um die Riedeselche Vogtei, gesehen vom Marstall aus. Dabei wird die Fachwerkbebauung an „Cassel gasse“, „Burg gasse“, „Strohe gasse“ und „Eichsfeldt“ mit ihren unterschiedlichen Gebäuden detailliert wieder- gegeben. Der eindrucksvolle dreigeschossige Ständerbau des Riedeselschen Burgsitzes ragt aus dieser Bebauung deutlich heraus. Die Darstellung des „Rendthoff“, des Vorhofes mit Marstall und großer Scheuer, stimmt überein mit dem auch in den anderen Zeichnungen gegebenen Bestand (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, unten rechts)

Abb. 103 2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts

Riedeseler Hof und Umgebung, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [247] Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts (Abb. 103) gibt auch dieser sorgfältig an- gelegte Plan den Bereich um die Riedeselsche Vogtei wieder. Der Riedeselsche Besitz mit dem großen, als „fruchthauß“ genutzten Fachwerkbau, der Scheuer und den verschiedenen Gärten am „Eulen / thurm“ schließt direkt an die westliche Seite des Renthofes an und nimmt eine ziemlich große Fläche ein (vgl. die Maßangaben in 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links, Abb. 96). Die fast quadratische „berlibsche Baustädte“ liegt hinter der „Linde“ direkt an der Stadtmauer. Die Heftspuren am Falz lassen darauf schließen, dass das Blatt ehemals mit anderen Zeichnungen zusammengeheftet war.

Berlepscher Hof und Umgebung, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [248] Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [247] zeigt dieser Situationsplan das Gelände der Burgsitze der Herren von Berlepsch und von Riedesel, in diesem Fall liegt aber der Fokus eindeutig auf dem Berlepschen Gelände „jetzo eine bleichstädte“, ein Terrain, das Landgraf Moritz gern anderweitig nutzen wollte (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [250]).

170 Entwurf für einen neuen Renthof auf dem Berlepschen Burgsitz, Lageplan , 1627 2° Ms. Hass. 107 [250] Die auf den 15. August 1627 datierte Zeichnung basiert auf den Lageplänen 2° Ms. Hass. 107 [247] + [248] und präzisiert die Vorstellungen für einen Neubau an der Stelle des Berlepschen Burgsitzes: "Also kan der Neue Rendthof / erbaut werden wan der Berlibschen / baustädte hierzu erlanget werden kann“. Landgraf Moritz sah demnach dafür eine quadratische Fläche vor, die direkt an die Stadtmauer grenzt, aber nicht den gesamten Bereich des alten Platzes einnimmt.

Entwurf für einen neuen Renthof an der Stelle des Berlepschen Burgsitzes, 1627 2° Ms. Hass. 107 [249] recto (Abb. 104) Wenige Tage nach 2° Ms. Hass. 107 [250] ist diese Ansicht datiert: "Neuer Rendthof zu Milsung [en] so / uff der jetzig Berlibschischen Baustädte er / baut werd[en] soll; inventiert den / 19 Aug: 1627. M.H.L.“. Der geplante Neubau ist in der Vogelschau wiedergegeben, während die vorhandene Umgebung wie in 2° Ms. Hass. 107 [247] als Plan verzeichnet ist. Der Renthof, eine dreiseitige, aus unterschiedlich großen Gebäuden zusammengesetzte Anlage aus Fachwerk- bauten mit massivem Erdgeschoss schließt direkt an die Stadtmauer an und nimmt, anders als noch in der Zeichnung vom 15. August, die gesamte Fläche des alten Burgsitzes ein. Feine Nadelspuren am Falz lassen auch in diesem Fall darauf schließen, dass das Blatt ehemals mit anderen Zeichnungen zusammengeheftet war (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [247]).

Abb. 104 2° Ms. Hass. 107 [249] recto

171 Entwurf für einen neuen Renthof an der Stelle des Berlepschen Burgsitzes 2° Ms. Hass. 107 [245] (Abb. 10) Diese weiträumige Vogelschauansicht präsentiert den neuen Renthof an der Stelle des Berlep- schen Burgsitzes im Situationszusammenhang mit dem dem alten Renthof, dem Riedeseler Hof und den Bürgerhäusern an Burggasse, Strohgasse und Eichsfeld. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [249] recto (Abb. 104) erstreckt sich der Neubau als dreiflügeliger Bau auf der gesamten Fläche des alten Burgsitzes, wobei der Landgraf aber in diesem Fall einen einheitlichen Steinbau kon- zipiert, der mit seinen beiden Stirngiebeln und der regelmäßigen Fensterordnung ein repräsen- tatives Aussehen erhält und an die Gestaltung des Vorhofes anknüpft.

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus 2° Ms. Hass. 107 [241] recto, unten rechts Die kleine Zeichnung auf einem schon zu einem frühen Zeitpunkt zusammengeklebten Blatt zeigt den Riedeselschen Hof neben dem Vorhof des Schlosses, ergänzt durch ein „Wagenhauß“ auf der freien Fläche vor dem als „fruchthauß“ genutzten alten Fachwerkgebäude (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts, Abb. 103) auf einer Fläche von 20 x 90 Fuß. Der Bau hätte damit den bisher freien Platz weitgehend versperrt. In den anderen Entwürfen für eine neue Remise suchte Landgraf Moritz deshalb nach einem weniger exponierten Platz. Das auf dem Papier erhaltene Siegel steht im Zusammenhang mit dem rückseitig erhaltenen Fragment eines Schriftstücks, unterzeichnet "Milsungen den 2. Aprilis 1627 / Josias Hombergk". Landgraf Moritz benutzte gerne jeden freien Platz auf den ihm gerade vorliegenden Papieren für seine spontanen Zeichnungen, wie auch die Skizzen in den Akten im HStAM belegen.

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus hinter dem Marstall 2° Ms. Hass. 107 [241] recto, oben Diese mit einem weiteren Entwurf für ein Wagenhaus an der Riedeselschen Vogtei zusammen- geklebte Zeichnung illustriert eine weitere Variante, in der die Remise in einen neuen „hinderwand hoff“ hinter dem Marstallhof am Schloss integriert wird. Die zweckmäßige räumliche Nähe von Stallhof und Wagenhaus spielt in allen Entwürfen eine nicht geringe Rolle. Für diese naheliegende und sinnvolle Erweiterung des Schlossbezirks, die auch im Idealentwurf für das Melsunger Schloss (2° Ms. Hass. 107 [235] recto, Abb. 97) ihren Ausdruck findet, wäre aber der Erwerb eines Teils des Riedeseler Besitzes vonnöten gewesen. - Allerdings erscheint es beim Abgleich der verschiedenen Maßangaben fraglich, ob vor dem alten Fachwerkgebäude überhaupt genügend Platz für eine solche Lösung zur Verfügung gestanden hätte.

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus 2° Ms. Hass. 107 [242] recto, links Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [245] zeigt die Vogelschauansicht den nordwestlichen Bereich an der Stadtmauer, gesehen von Osten. An der Stelle des Entwurfs für einen Renthof steht aber in diesem Fall das Fachwerkgebäude einer einfachen, langgestreckten Remise mit einem zentralen Risalitvorbau.

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus 2° Ms. Hass. 107 [242] verso, rechts "Ein stück von der Stadt Milsung[en] hinder dem f. Rendthofe / die Burggasse, Strohe gasse, und Eichsfeldt zum theil berührend / Alda das newe Wagen hauß hin solt gesetzet werd[en]" lautet die Überschrift über der Zeichnung, die ebenso wie die rückwärtige Vogelschauansicht den Neubau eines Wagenhauses neben der Riedeselschen Vogtei zum Thema hat. Auch hier handelt es sich um ein langgestrecktes, zweigeschossiges Fachwerkhaus (24 x 95 Fuß), das den „Berlibschen Burgplatz“ nur geringfügig tangiert. Das Riedeselsche Herrenhaus erscheint in diesem Fall als dreigeschossiger Ständerbau, der allerdings - im Gegensatz zu den anderen Darstellungen - irrtümlich traufseitig und nicht giebelseitig an den Platz gesetzt ist.

172 Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, oben links (Abb. 105) In weitgehender Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [242] recto, links gibt die Vogelschau- ansicht die nordwestliche Ecke der Stadt mit der Riedeselschen Vogtei und einem Entwurf für eine davor gelegene Remise wieder. Der langgestreckte, zweigeschossige Fachwerkbau erstreckt sich in dieser Variante entlang des Berlepschen Burgsitzes (Länge 129 Fuß) und ist über eine großes, zweiflügeliges Tor zugänglich.

Abb. 105 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, oben links

Entwurf für ein Wagenhaus vor der Riedeselschen Vogtei 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, unten links Die kleine Zeichnung zeigt eine weitere Variante zu dem darüber platzierten Entwurf für eine Remise vor der Riedeselschen Vogtei, in diesem Falle ein eingeschossiger Fachwerkbau von 95 Fuß, der durch drei Zwerchgiebel vermutlich eine optimale Nutzung des Dachgeschosses gewährleisten sollte.

Nordwestliche Stadtecke mit Entwurf für ein Wagenhaus, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [230] verso Der Lageplan der Bebauung der nordwestlichen Stadt zwischen „Cassel gasse“ und Stadtmauer an verzeichnet zwischen "Riedesels vogtey" und "Berlibschischer / Burgplatz" wie in den anderen Zeichnungen ein „Neues Wagenhauß“, einen langgestreckten Bau an der „Strohe gasse“.

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, unten Im Zentrum der Vogelschauansicht der nordwestlichen Stadtecke mit dem markant wiederge- gebenen „eulen thurm“ steht hier wieder die Riedeselsche Vogtei mit ihren Nebengebäuden, wobei die Gebäude im Vordergrund im Grundriss angegeben sind. Dazu gehört auch der "Neue / Wag

173 [en] hauß / Bauw" entlang des "Berlibsche Burgplatz", neben dessen Einfahrt an der Stirnseite eine von außen zugängliche Wendeltreppe in der Gebäudeecke eingezeichnet ist (vgl. 2° Ms. Hass. [233] verso, oben links, Abb. 106).

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein neues Wagenhaus 2° Ms. Hass. 107 [233] verso, oben links (Abb. 106) Die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Entwürfen zu neuen Bauten in Melsungen zeigt noch einmal sehr anschaulich die geplante Position des neuen Wagenhauses, wobei auch hier die Gebäude im Vordergrund im Grundriss dargestellt sind. Auf diese Weise erhält man einen inter- essanten Einblick in das Vogteigebäude.338 An der Seite zum Vorhof hin liegt der "ledig platz zur Ein / fahrt in die herren / scheuer", der im rückseitigen separaten Entwurf durch ein Torgebäude abgeschlossen wird.

Abb. 106 2° Ms. Hass. 107 [233] verso, oben links

Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein neues Wagenhaus, unvollendete Skizze 2° Ms. Hass. 107 [233] verso, oben rechts Ebenso wie die auf der linken Blattseite gelegene Zeichnung thematisiert auch diese Skizze die geplante Position von Riedeselscher Vogtei, dem neuen Wagenhaus und dem herrschaftlichen Stallhof. Auch hier wird der Abstand zwischen Stallhof und Vogtei markiert (56 Fuß), der auf der rückseitigen Zeichnung durch ein Fachwerkgebäude abgegrenzt und geschlossen wird.

Entwurf für eine Einfahrt zwischen Riedeselscher Vogtei und Schlossvorhof 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, oben Die sorgfältig angelegte Zeichnung ergänzt die Riedeselsche Vogtei auf der linken Seite durch eine Fachwerkkonstruktion mit zwei Durchfahrtstoren, die den Abstand zur Scheuer im Stallhof überbrückt. Dadurch wäre der Platz an der Vogtei – bisher öffentlicher Raum - dem Schlossbezirk zugeschlagen worden.

338 vgl. Helm 1967, S. 21

174 Entwurf für ein Wagenhaus (?) 2° Ms. Hass. 107 [233] verso, unten links Die kleine perspektivische Ansicht auf einem Blatt mit mehreren Entwurfszeichnungen für Bauten in Melsungen zeigt ein einfaches Fachwerkgebäude mit Zwerchgiebel, dessen weiträumige Balkenabstände auf eine Funktion als Stall oder Wagenhaus schließen lässt. Möglicherweise handelt es sich um eine weitere Entwurfsvariante für ein Wagenhaus an der Riedeselschen Vogtei. d. Brückenvorstadt

Die 1594 bis 1596 mit Unterstützung des Landgrafen Moritz errichtete steinerne Brücke über die Fulda ersetzte einen mehrfach zerstörten alten Bau, der den Unwettern nicht standgehalten hatte.339 Der massive Neubau erhielt deshalb kräftige, im unteren Bereich verstärkte Pfeiler, die sechs Bögen tragen.340 Unweit davon lag die Wagmühle mit ihrem großen Wehr direkt am Fulda- ufer. Da die Stadt nicht direkt bis an den Fluss reichte, bildete sich zwischen dem Brückentor und der Brücke eine kleine Ansiedlung mit der 1598 errichteten Herberge, die allerdings relativ unge- schützt war. Landgraf Moritz zielte deshalb in seinen Entwürfen darauf ab, die Brückenvorstadt zu befestigen und sicherer zu machen. Neben der Mühle plante er zudem eine neue Scheune, an dieser Stelle befindet sich heute das Heimatmuseum.

Südliche Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben rechts Die kleine Zeichnung, die schon zu einem frühen Zeitpunkt mit drei anderen zu einem Blatt zusammengeklebt wurde, präsentiert eine Vogelschauansicht der südlichen Brückenvorstadt von Osten her gesehen. Direkt vor der Stadtmauer und dem Brückentor im Hintergrund liegen diverse Bürgerhäuer sowie die Mühle am Fluss unweit des kleinen Brückenhauses. Eine hohe Mauer mit einer Eckbastion umfängt und sichert das Gebiet.

Abb. 107 2° Ms. Hass. 107 [232] verso, unten rechts

Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung 2° Ms. Hass. 107 [232] verso, unten rechts (Abb. 107) Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben rechts zeigt auch diese Vogelschauansicht die Vorstadt mit dem Brückentor vom Fluss her, eingefasst von einer Mauer, die durch zwei Eck-

339 vgl. Schmidt 1978, S. 50ff., Wolff 2003, S. 59ff. 340 1596 fertigte Heinrich Schickhardt eine Zeichnung dieser Brücke, Hauptstaatsarchiv Stuttgart N 220 T 86

175 bastionen an der Fulda, von denen aus man die Brücke verteidigen konnte, zusätzlich gesichert wird. Die neue Brücke im Vordergrund neben der Mühle wird in diesem Fall durch ein größeres Torgebäude gesichert, das offensichtlich das kleine Brückenhaus ersetzen sollte, das in den alten Ansichten zu sehen ist.341

Nördliche Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung 2° Ms. Hass. 107 [253] verso, links Diese Ansicht der nördlichen Brückenvorstadt mit der Fuldabrücke weist ebenfalls eine Mauer mit Eckbastion zur Sicherung der Bürgerhäuser und der Herberge am Brückentor auf. In dieser Variante verzichtete Landgraf Moritz allerdings auf das Tor am Brückenaufgang, das er durch einen hölzernen Zaun ersetzt. Sehr sorgfältig gibt er aber das Zollhäuschen auf der Brückenmitte wieder, das u.a. auch auf Merians Ansicht in der ‚Topographia Hassiae‘ von 1646 an dieser Stelle eingezeichnet ist.

Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung 2° Ms. Hass. 107 [253] recto, links (Abb.108) In einer Ansicht von Westen gibt diese Entwurfsvariante die Befestigung der nördlichen Vorstadt an der Brücke wieder, wobei die Häuser an der Stadtmauer im Vordergrund nur im Plan gezeigt sind. Der Brückenaufgang wird auch hier nicht durch ein Torhaus, sondern nur durch eine einfache Mauer geschützt. Daran schließt sich die neue Mauer an, die von einem ungedeckten Wehrgang aus gesichert werden kann. Auf dem gegenüberliegenden Ufer ist die Brücke über zwei seitliche Rampen befahrbar.

Abb. 108 2° Ms. Hass. 107 [253] recto

Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung 2° Ms. Hass. 107 [253] recto, rechts (Abb. 108) Ebenso wie der Entwurf auf der linken Blatthälfte präsentiert auch diese Vogelschauansicht von Westen das Terrain zwischen Stadtmauer und Fuldaufer, das durch eine Befestigung mit zwei Eck- bastionen stärker gesichert werden sollte. Die Einzeichnung von ballistischen Linien erläutert die militärischen Überlegungen des Landgrafen.

341 vgl. Wolff 2003, S. 69 f.

176 Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [254] Der sorgfältig angelegte Plan der von einer Befestigung umgebenen Melsunger Brückenvorstadt verzeichnet die bestehenden Gebäude am Brückentor und vermerkt zudem weitere Areale beid- seits der Brücke als "Baustädte da neue heuser hin können / gebaut werden". Die Konzeption der Befestigungsmauer mit den beiden Eckbastionen am Fluss und den Toröffnungen nach Norden und Süden erlaubte eine Bebauung, die eine Durchfahrt in alle vier Windrichtungen frei lassen sollte. Weitere Zeichnungen zeigen, dass der Fürst weitere, detaillierte Pläne für Neubauten in diesem Bereich entwickelte (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [251], Abb. 109, [252]).

Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung und neue Gebäude 2° Ms. Hass. 107 [251] (Abb. 109) Übereinstimmend mit dem Plan 2° Ms. Hass. 107 [254] integriert Landgraf Moritz in diese Vogelschauansicht der Brückenvorstadt von Osten weitere Häuser beidseits der Brücke. Der Aufgang wird in diesem Fall wieder von einem einfachen Brückenhaus gesichert, das wie in 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben rechts die Lücke in der hohen Befestigungsmauer schließt. Auch die Bebauung am Brückentor ist insoweit durch Neubauten ergänzt, dass sich eine relativ dichte Besiedelung ergibt - eine Idealvorstellung des Landgrafen.

Abb. 109 2° Ms. Hass. 107 [251]

Brückenvorstadt mit Entwurf für einen Anbau an die Mühle 2° Ms. Hass. 107 [252] Ein Neubau an der Fuldabrücke steht im Zentrum der Vogelschauansicht von Westen, die aller- dings sowohl auf ein Brückenhaus als auch auf eine Befestigungsmauer gänzlich verzichtet. Das neue, steinerne Gebäude schließt direkt und in gleicher Höhe an den Fachwerkbau der Mühle an. Wie in vielen anderen der Melsunger Zeichnungen bemüht sich Landgraf Moritz auch hier, die Bewohner der Häuser an der Stadtmauer im Vordergrund zumindest mit ihren Berufen zu notieren und dokumentiert damit seine genaue Ortskenntnis.

Entwurf für eine neue Scheuer an der Mühle 2° Ms. Hass. 107 [2] Die bisher bei den unbestimmten Zeichnungen abgelegte Zeichnung erweist sich nach ein- gehender Untersuchung als Lageplan der Mühle an der Fuldabrücke mitsamt einem Grundriss der daran anschließenden, ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [252] an dieser Stelle konzipierten

177 Scheuer. Der langgestreckte Bau, der bis zum Brückenaufgang reichen sollte, ist in diesem Fall durch Tore an der Schmalseite zugänglich und wird durch eine Stützenreihe mittig unterteilt.

Brückenvorstadt mit Entwurf für eine neue Scheune, 1630 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig rechts (Abb. 9) Die ausgesprochen kleine Zeichnung auf einem mehrfach überarbeiteten und mit Zeichnungen komplett angefüllten Blatt ist auf den 26. September 1630 datiert. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [252] entwirft Landgraf Moritz hier neben der Brücke einen Neubau, bezeichnet als „frucht- scheuer“, der direkt an die Mühle angrenzt. Der dreigeschossige Steinbau mit geschweiften Stirn- giebeln überragt aber in diesem Fall die Mühle deutlich. Ein einfaches Portal sichert den Brückenzugang während eine „Mauer“ das Fuldaufer sichert.

Brückenvorstadt mit Entwurf für eine neue Scheune und Befestigung, 1630 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben rechts (Abb. 110) Eine weitere, auf den 26. September 1630 datierte Zeichnung auf dem komplett mit diversen Zeichnungen gefüllten Blatt zeigt dieselbe Situation im "Vorstädtlein zu Milsung[en]“ von Osten her. Eine Mauer mit runder Eckbastion und ein großer Neubau an der Brücke ergänzen den Bau- bestand vor dem Brückentor. Ebenso wie bei den anderen Zeichnungen auf diesem Blatt, die u.a. auch Entwürfe für eine neue Kanzlei in Melsungen beinhalten, handelt es sich hier um Ansichten, die das Planungsvermögen des Landgrafen spiegeln, ohne dass zu diesem Zeitpunkt noch eine reelle Chance bestanden hätte, diese Ideen verwirklicht zu sehen.

Abb. 110 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben rechts e. Schützenhaus

Das vor dem Schlagbaum am Kasseler Tor gelegene Schützenhaus an der Straße nach Röhren- furth, ein kleiner zweigeschossiger Fachwerkbau ist von Landgraf Moritz drei Mal gezeichnet worden. Die erhaltenen Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265], vgl. Laboratorium) erwähnen dieses Gebäude und die geplanten Bauarbeiten, so dass man annehmen kann, dass

178 der hessische Fürst das Gebäude ungefähr zu diesem Zeitpunkt errichten ließ. Über den Verbleib des vermutlich kurzlebigen Baues ist nichts bekannt.

Schützenhof vor dem Kasseler Tor 2° Ms. Hass. 107 [255] Das kleine Blatt zeigt den eingezäunten „Schützenhoff“ vor dem „neuen“ Schlagbaum auf der Straße nach Röhrenfurth mit dem kleinen Fachwerkgebäude, das den hofseitig gerundeten, doppelten Schützenstand enthält, von dem aus man auf die am anderen Ende des Hofes ange- brachten Zielscheibe anlegen konnte.342

Schützenhof, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [256] Der Lageplan präzisiert die in 2° Ms. Hass. 107 [255] gegebene perspektivische Ansicht. Der ein- gegrenzte "schützen hof zum / Holtz standt" wird auch in diesem Fall zum benachbarten Garten mit einer Mauer abgegrenzt. Das Gebäude ist untergliedert in „oberster sahl“ und „untersterer sahl“, wobei der untere Stand mit dem konkav gerundeten Abschluss dem Bau vorgelagert zu sein scheint.

Schützenhof 2° Ms. Hass. 107 [231] (Abb. 111) Die Vogelschauansicht zeigt im Zentrum das kleine, in diesem Fall beidseitig (?) durch einen halb- runden Vorbau in der Mitte akzentuierte Fachwerkgebäude am „schützen blatz“ zwischen dem „Weg am Schlot“ und dem "kesselweg nach dem linden lohe“ - alte, überlieferte Ortsbezeich- nungen.343 Hinter dem eingezäunten Schützenhof mit dem Zielhäuschen am hinteren Ende liegt "des landknechtes / paradiß". Weitere Zäune und Baumreihen markieren die um-liegenden Äcker und Felder. Bei dem auf der Straße verlaufenden Gewässer handelt es sich möglicherweise um den vom Kesselberg kommenden Bach. Ein „spielplatz“ vor dem Schützenhaus ergänzt die Anlage.

Abb. 111 2° Ms. Hass. 107 [231]

342 vgl. Schmidt 1978, S. 61 343 vgl. Armbrust 1921, S. 151 ff.

179 f. Apotheke und Laboratorium

Wie aus der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, unten hervorgeht, lag die Apotheke seiner- zeit an der Kasseler Gasse unweit des Schlosses.344 An den Hinterhof grenzt dort ein „Labora- torium“, vermutlich jener Bau, der in den Bauanweisungen des Landgrafen Moritz von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265]) erwähnt wird. Da er zu diesem Zeitpunkt - kurz nach seiner Abdankung – noch davon ausging, Melsungen dauerhaft als Altersresidenz nutzen zu können, erschien ihm eine Renovierung des Laboratoriums, das er für seine alchemistischen Forschungen nutzen konnte, offensichtlich notwendig.

Laboratorium an der Apotheke 2° Ms. Hass. 107 [257] (Abb. 112) Der kleine Fachwerkbau innerhalb einer städtischen Bebauung kann aufgrund der Beschriftung der Fläche auf der linken Seite als „area inter Pharmacopäum & destillatorium“ mit dem Labora- torium hinter der Apotheke in Verbindung gebracht werden.345 Das einfach konstruierte Gebäude mit Pultdach besitzt einen Zwerchgiebel - dessen korrekte Darstellung dem Landgrafen offen- sichtlich Schwierigkeiten bereitete - mit zentralem Schornstein. Dieses Detail lässt sich unschwer mit der Bauanweisung für das besagte Gebäude (2° Ms. Hass. 107 [265]) in Verbindung bringen, wo es heißt, dass „der schornsteinluese […] damit er den rauch wohl fange undt auß ziehe, […] in der giebell hinauß gehen müßte“.

Abb.112 2° Ms. Hass. 107 [257]

Wohnhaus(?) von Dr. Rhenanus 2° Ms. Hass. 107 [241] recto, u.li. Die kleine Skizze, die auf einem Blatt neben einer Zeichnung der Riedeselschen Vogtei platziert ist, gibt ein bebautes Grundstück wieder, das die Beischrift trägt „Domino Doctori Rhenano“. Es handelt sich also um den Besitz von Johannes Rhenanus, des Leibarztes von Landgraf Moritz, der 1627 die Überführung der alchemistischen Bibliothek nach Melsungen organisierte.346 Der genaue Standort des Grundstücks ist nicht mehr eruierbar, möglicherweise lag es in der Umgebung der Apotheke.

344 vgl. Helm 1967, S. 40f. 345 Helm 1967, S. 18 346 Helm 1967, S. 18

180 Bauanweisungen für das Laboratorium und den Schützenhof, 1627 2° Ms. Hass. 107 [265] Die Anweisung "Etzliche Bawpuncten so zu Milßunge[n] / noch in acht zu nehmen.“ vom 6. Juni 1630 enthält genaue Direktiven, die vor allem das Laboratorium und den Schützenhof in Melsungen betreffen. Am Laboratorium sollte demnach der Schornstein „so uff der Eill von Bretter nuhr gemacht undt deßwegen gefehrlich“ dauerhafter und sicherer angefertigt werden (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [257]) und das gesamte Gebäude „von und[en] auß, bis under daß dach / In wendig undt auß wendig berapt verbunden undt reno / firt werd[en]“. Im Schützenhof sollte der Platz soweit vorbereitet werden, „daß das gezimmerte hernach so / wenn man will darauff versetzt werd[en] könne“ (vgl. Melsungen, Schützenhof). Da die Bauarbeiter aber in Breitenau gebracht wurden, müsse man mit den Arbeiten am Schützenhof „wie auch mit versetzung des gehawenen thores undt / ganges Zwischen dem he[rn] undt Küche[n] Baw“ (der Verbindungsgalerie am Schloß, vgl. Melsungen, Landgrafenschloss) warten „biß nun zur Breiden / auw etwaß fertigk wirdt“. g. Diverses

Plan der südöstlichen Stadthälfte 2° Ms. Hass. 107 [263] Der große Stadtplan zeigt das Areal der südöstlichen Stadthälfte zwischen der Schulgasse und der Stadtmauer, wobei drei der vier Stadttore eingezeichnet sind.347 Die Bebauung entlang der Schulgasse und der Brückengasse ist summarisch angegeben. Besonders gekennzeichnet sind nur "der kirchhof" sowie das "Rathhauß" zwischen "Brau hauß" und Markt.

Kasseler Tor, skizzenhafter Grundstücksplan 2° Ms. Hass. 107 [246] Auf dem skizzenhaften Grundstücksplan, der in der oberen Hälfte arithmetische Rechen- operationen enthält, sind in groben Grundzügen die Ländereien verzeichnet, die außerhalb des Kasseler Tores am Schloss lagen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [230] recto).

347 vgl. Wolf 2003, S. 55f.

181 Mittelhof b. Felsberg

Zur ehem. Kartause Eppenberg gehörten am Ende des 16. Jhdts. drei Meyerhöfe: der Oberhof, d.h. die ehemalige Klosteranlage, der Mittelhof sowie der Unterhof, d.h. der alte Hof Wimmen- hausen bei .348 Landgraf Moritz ließ den Unterhof abreißen.349 Der nördlich des ehem. Klosters gelegene Mittelhof wurde aber weiterhin genutzt. In den fünfziger Jahren des 17. Jhdt. wurde der Mittelhof mit der Errichtung des Herrenhauses in einen fürstlichen Sommersitz ver- wandelt. 350 Später diente er aber vor allem zu wirtschaftlichen Zwecken und wird noch heute als hessische Staatsdomäne bewirtschaftet. Die vermutlich um 1627 entstandenen eigenhändigen Zeichnungen des Landgrafen zeigen den damaligen Bestand vor dem Bau des Herrenhauses.

Landgräflicher Gutshof 2° Ms. Hass. 107 [271] (Abb. 113) Die Vogelschauansicht des Hofes und der angrenzenden Grundstücke zeigt eine nahezu quadra- tische Anlage, die innerhalb einer schlichten Einfassungsmauer zwei versetzt gegenüberliegende, langgestreckte Gebäude und einen kleinen, erhöht gelegenen Garten umfasst. Angefügt an die mit Maßangaben versehene Zeichnung ist die ausführliche "Ausrechnung der Mauren so zu Mittelhof bey der Carthauß, erbaut werden soll, wie viel sie helt / undt was dieselbe zu erbauen kosten will“. Das Interesse des Landgrafen Moritz lag also auch hier wie bei anderen Besitzungen (vgl. Rohna) in der Sicherung der Gebäude durch eine solide Einfriedung.

Abb. 113 2° Ms. Hass. 107 [271] (Ausschnitt)

Landgräflicher Gutshof, Ansicht von Südwesten 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, unten rechts Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [271] (Abb. 113) thematisiert der Fürst in dieser kleinen Zeich- nung, die schon zu einem frühen Zeitpunkt mit anderen Zeichnungen des Landgrafen zusammen- gefügt wurde, die Anlage des Mittelhofes mit seiner Umfassungsmauer und den Zugangswegen aus einem etwas veränderten Blickwinkel. Die Mauer rückt hier auf der rechten Seite direkt an das Gebäude, wodurch sich die Länge des unteren Abschlusses auf 200 Schuh verringert. Beibehalten ist aber die innere Aufteilung des Hofes mit dem Garten in der rechten oberen Ecke, ergänzt durch den unabdingbaren Brunnen, der auch im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [270] (Abb. 114) ein- gezeichnet ist.

348 Heimerich 1979, S. 208 349 Reimer 1926, S. 526 350 lt. Aussage von Dr. U. Klein vom Freien Institut für Bauforschung und Dokumentation Marburg Datierung nach dendrochronologischer Untersuchung 1653

182 Landgräflicher Gutshof 2° Ms. Hass. 107 [269] Die mit einem sorgfältig bezifferten Maßstab in Schuh und Ruten versehene Darstellung mit der Bezeichnung "der Mittelhof bey / der Carthause wie er / mit der mauren wieder Zu / richt[en]", zeigt den Hof aus der gleichen Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, unten rechts. Auch hier er- scheinen die beiden Gebäude, - der große Scheunenbau auf der linken mit zwei großen Einfahrten auf der Hofseite und das kleinere Fachwerkhaus mit rückwärtigem Anbau auf der rechten Seite – mitsamt dem durch die Aufböschung abgetrennten Garten in gleicher Anordnung. Die von Land- graf Moritz geplante Einfriedung wird aber in diesem Entwurf durch kleine Eckpavillons akzentuiert, wie sie in ähnlicher Form auch im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [270] dargestellt sind. Der Eingang auf der unteren Seite rückt in dieser Variante auf die rechte Seite, wodurch auf der linken ein größerer Garten neben der „schaf Wiese“ möglich wird.

Landgräflicher Gutshof, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [270] (Abb. 114) In diesem sorgfältig angelegten Grundriss gibt Landgraf Moritz der Hofanlage eine regelmäßigere Form, indem er sie mit einer rechteckigen Einfassung umgibt und durch ein zentrales Hofportal mit flankierenden Gebäuden in der unteren Mauer zugänglich macht. Quadratische Pavillons an den Ecken und am oberen Eingang verstärken die Tendenz zu einer repräsentativen Aufwertung dieses Hofes. Anhand der Beschriftung der Räume in den beiden Hofgebäuden lassen sich ihre Funktionen erschließen. Das große Scheunengebäude auf der linken Seite ist in große Abschnitte unterteilt, während das kleiner Gebäude rechts neben der Küche und Stuben auch noch kleine Ställe enthält. Die beiden neuen Häuser am Eingang („Ackerhaus“) enthalten Unterteilungen, die eine Nutzung als Pferdestall gestatten.

Abb. 114 2° Ms. Hass. 107 [270]

Landgräflicher Gutshof 2° Ms. Hass. 107 [342] verso, unten links Die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Darstellungen von Bauwerken (Weissenstein, Melsungen, Fahre) zeigt eine weitere Variante der von Moritz geplanten Einfriedung des Mittel- hofes. Auch hier liegt der Eingang auf der unteren Seite zentral, flankiert jedoch von zwei zwei- geschossigen Eckhäusern, die das Motiv der Eckpavillons durch Anbauten entlang der Mauer aus- bauen und dem Hof einen stärker befestigten Charakter verleihen.

183 „Moritzwerder“

Idealentwurf 2° Ms. Hass. 107 [276] (Abb. 115) Die als „Moritzwerder“ bezeichnete, direkt am Fluss gelegene Schlossanlage besteht aus einem zum Fluß hin ausgerichteten, rechteckigen und dreigeschossigen Wohnbau mit angelegten Eck- pavillons hinter einem quadratischen Vorhof, dessen Mauern gleichfalls mit fünf Pavillons besetzt sind. Umgeben ist die gesamte Anlage von einem Kanal, der vom Fluss im Vordergrund abgeleitet ist. Rechts schließen eine größere Gartenanlage und der "Mayerhof" mit Stallgebäuden an. Ein Netz von in allen Richtung ausstrahlenden Wegen erlaubt durch die Beschriftung eine topographische Einordnung. Neben „Hebel“ und „Harle“ am linken Rand sowie „Zehenden“ und „Niedermellrich“ am oberen Bildrand erscheint mittig unten auch noch der „Weg nach lohre“. Es handelt sich demnach offensichtlich um einen Ort, der südlich von Wabern möglicherweise an der Schwalm gelegen sein könnte. Keine der uns bekannten Quellen erwähnt diesen Ort, bzw. Planun- gen des Landgrafen für einen Schlossbau in dieser Region. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich bei „Moritzwerder“ um ein Phantasieprodukt des Landgrafen handelt, angeregt durch eine topographische Situation, die ihm für die Anlage eines Lustschlosses am Fluss besonders geeignet erschien (vgl. die Entwürfe für das Lustschloss Fahre). Sein Entwurf orientiert sich dabei an idealen Architekturvorstellungen, wie sie ähnlich auch von Ducerceau in seinen Ansichten französischer Schlösser präsentiert wurden.351 Eigentümlich ist das extreme Querformat des Blattes, das aus drei Einzelteilen zusammengeklebt ist. Die Verklebung auf der linken Seite, die mitten durch die Zeichnung verläuft, lässt in diesem Fall auf eine nachträgliche Veränderung des Entwurfs schließen.

Abb. 115 2° Ms. Hass. 107 [276]

351 Jacques Androuet Du Cerceau, „Livre d‘Architecture“, 1582

184 Rückerode

Das Gut Rückerode liegt etwa 3km östlich von Hundelshausen im Naturpark Meißner-Kaufunger Wald. Nach dem Aussterben der auf der Vogtei Rückerode ansässigen Familie von Berge schenkte Landgraf Moritz am 20. Dezember 1623 seiner Ehefrau Juliane von Nassau "das adlige Haus Rückeroda"352. Zur damaligen Zeit bestand dieses offenbar aus dem etwas höher gelegenen Ge- bäudekomplex auf dem Gelände der alten Burg, über deren Aussehen nichts weiter bekannt ist, sowie den um Viehhof und Stallhof gruppierten Wirtschaftsgebäuden am Fuße des Felsens. Der heutige Baubestand an dieser Stelle entstammt vermutlich späteren Zeiten.353 Die Zeichnungen des Landgrafen, die in zwei Fällen in den Juli 1627 datiert sind, beschäftigen sich mit dem Vorhaben, eine solide Einfriedung des Gutes zu errichten. Dafür sollten einige Wirt- schaftsgebäude abgerissen, bzw. in den Bereich des unteren Hofes verlagert werden. Mit diesen Entwürfen wollte der Landgraf vermutlich seiner Frau Juliane nach der Abtrennung der „Roten- burger Quart“ bei der Verwaltung und Nutzung ihrer Güter behilflich sein. Wahrscheinlich dachte er auch an eine Nutzung der alten Wohngebäude durch seine Familie, die nach seiner Abdankung 1627 nur noch über wenige ausreichend große Domizile verfügte.

Ehem. Burg und Gutshof, 1627 2° Ms. Hass. 107 [300] recto, oben (Abb. 116) Die signierte und auf den 11.07.1627 datierte Vogelschauansicht präsentiert eine Bestands- aufnahme des gesamten Areals mit dem Herrenhaus und Teilen der alten Burg auf dem Felsen und dem tiefer gelegenen Wirtschaftshof nebst einer Vermessungstabelle. Die Maßangaben betreffen Gebäude, die abgerissen, bzw. in den unteren Wirtschaftshof verlagert werden sollten, um eine schützende Einfriedung möglich zu machen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [299], Abb. 117).

Abb. 116 2° Ms. Hass. 107 [300] recto, oben

352 Urkunde vom 21.03.1621, HStAM Best. Urk. 51 Nr. 30 353 Denkmaltopographie 1995, S. 653

185 Ehem. Burg und Gutshof 2° Ms. Hass. 107 [300] recto, unten Die mit der Bestandsaufnahme vom 11.07.1627 schon zu einem frühen Zeitpunkt zusammen- geklebte Zeichnung, die auf der Rückseite ein Memorandum des Landgrafen zu Rückerode trägt, zeigt auf der Anhöhe den Baukomplex des Herrenhauses von der Nordseite (?), ergänzt um eine „Ringmauer“ mit zwei Eckpavillons. Im Zusammenhang mit dem Text auf der Rückseite wird deutlich, dass es dem Landgrafen vor allem um eine Sicherung der noch benutzbaren Gebäude ging.

Baumemorandum 2° Ms. Hass. 107 [300] verso, rechts Das Memorandum des Landgrafen Moritz auf der Rückseite einer Zeichnung vom landgräflichen Gutshof in Rückerode beginnt mit den Worten: „An selbig herrn hause ist jetzo […] zu bauen nöhtig“. Nach der Aufzählung der notwendigen Baumaßnahmen folgert er: „das nohtwendigste were wol das das haus mit ein Ringmauer umwehrt / und [...] versichert / werden müste“.

Ehem. Burg und Gutshof , Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [298] Mit dieser skizzenhaften Zeichnung gibt Landgraf Moritz einen Situationsplan des in 2° Ms. Hass. 107 [300] recto (Abb. 116) in Vogelperspektive geschilderten Geländes von Herrenhaus und Wirt- schaftshof. Zahlreiche Maßangaben belegen eine ernsthafte Untersuchung der Bauten und Flächen, sie stimmen aber nicht unbedingt mit den Zahlenangaben auf den anderen Blättern über- ein. Im Vorhof ist eine „Baustädte“ eingezeichnet, die, wie die weiteren Zeichnungen zeigen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [299], Abb. 117), für eine neue Scheuer vorgesehen ist.

Ehem. Burg und Gutshof , Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [299] (Abb. 117) Die ursprünglich mit 2° Ms. Hass. 107 [297] + [298] zusammengeheftete Zeichnung (Heftspuren am Falz), gibt einen sorgfältige angeordneten Plan des mit einer Mauer regelmäßig eingefriedeten Hofgeländes mitsamt der innerhalb und außerhalb befindlichen Gebäude. Die ausführliche Be- schriftung verrät, dass die Gebäude außerhalb der Mauer abgebrochen werden sollten. Statt- dessen ist im Vorhof eine große Scheuer eingezeichnet. Zugunsten einer regelmäßigeren Anlage der Gebäude wird zudem eine Verlegung des Viehstalls vorgeschlagen. Das Herrenhaus bzw. die Überreste der Burg, bestehend aus "kemenade", "Burkhard [?] baw", "der Alte baw" und "hans v. / berg baw" werden ergänzt durch einen „platz vor dem schloß so entweder also zu / lassen oder ein garte dahier zu mach[en].“

Abb. 117 2° Ms. Hass. 107 [299]

186 Ehem. Burg und Gutshof, Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [164] recto, links Das Blatt, das mit einer Darstellung von Felsberg zusammengeklebt wurde und rückseitig eben- falls mit einer Zeichnung versehen ist, trägt auf der Vorderseite eine Vogelschauansicht der Wirt- schaftsgebäude in der durch Moritz vorgesehenen regularisierten Anordnung mit einer Einfrie- dungsmauer (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [299], Abb. 117). Zahlreiche Maßangaben und eine Vermessungstabelle verweisen auf die intensive Beschäftigung des Landgrafen mit diesem Projekt.

Ehem. Burg und Gutshof, Entwurf für eine neue Einfriedung 2° Ms. Hass. 107 [164] verso, rechts Die Ansicht von Westen präsentiert die gesamte Anlage von Herrenhaus bzw. Burg und den Wirt- schaftshöfen, gesichert durch eine Mauer mit vier zweigeschossigen Pavillons an den Ecken. Die alten, außerhalb der Mauer liegenden Gebäude, die auf der vorderseitigen Darstellung einge- zeichnet sind, werden hier durch den „küchen garte“ ersetzt.

Ehem. Burg und Gutshof, 1627 2° Ms. Hass. 107 [297] (Abb. 118) "Rückerodt wie es mit einer Ringmauer zu umbgeh[en] / und der linden platz damit zu befestig[en]. ao 1627. den / 17 Julij. inventirt zu Cassel. durch M.H.L." lautet die Beischrift der aus zwei Blättern zusammengeklebten Zeichnung, die nach Ausweis der Heftspuren vermutlich schon zu einem frühen Zeitpunkt mit 2° Ms. Hass. 107 [298] + [299] zusammengebunden wurde. Dieser sehr sorgfältig ausgeführte Entwurf in der für die Zeichnungen des Landgrafen charakter- istischen Vogelschau mit hoher Horizontlinie verdeutlicht noch einmal die Intention des Fürsten, dem Gebäudekomplex eine regularisierte Form sowie eine Sicherung durch Mauern mit Pavillons zu geben. In erhöhter Position dargestellt ist auch hier wieder der alte Baubestand der als Herren- haus genutzten Burg mit der steinernen Kemenate und den darum gruppierten Fachwerkbauten. Die sorgfältige Dokumentation dieser Gebäude auch in den anderen Zeichnungen lässt darauf schließen, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch gut erhalten waren und sich für eine weitere Nutzung anboten.

Abb. 118 2° Ms. Hass. 107 [297] (Ausschnitt)

187 Sababurg

Entwurf einer Befestigungsanlage vor dem Schloss, 1622 2° Ms. Hass. 107 [317] recto, rechts (Abb. 119) Zum Schutz der sich neu entwickelnden Wallfahrt zu dem unweit gelegenen Ort Gottsbüren be- gannen im Jahre 1334 die Mainzer Erzbischöfe mit dem Ausbau des damals als „Zappenburg“ bezeichneten Besitzes auf einem Basaltkegel im nördlichen .354 1429 wurde die Landgrafschaft Hessen Alleinbesitzer des damals weitgehend verfallenen Anwesens. Nachdem ab 1480 in den Wirtschaftsgebäuden zunächst die Wildpferdezucht aufgenommen worden war und kleinere Baumaßnahmen den Bestand sicherten, wird 1508 in den Quellen von einem Neubau ge- sprochen, der allerdings durch den Tod des Bauherren Landgraf Wilhelm II. im Jahre 1509 unter- brochen und erst unter Landgraf Philipp 1518 wieder aufgenommen wurde. 1521 waren die Bau- arbeiten an der als Jagdschloss genutzten Burg beendet, die jetzt neben dem erweiterten Haupt- haus auch die halbkreisförmig um einen Innenhof angeordneten Nebengebäude umfasste. Land- graf Wilhelm IV. veranlasste 1578/79 eine Renovierung und ließ zudem 1582 das Kanzleigebäude am mittleren Schlosshof errichten. Bereits 1571 hatte er mit der Anlage des ca. 132 ha großen Tiergartens hinter der Burg begonnen. Dieses gut ausgestattete Jagdschloss diente Landgraf Moritz als Schauplatz für höfische Festlichkeiten. Im August 1596 empfing er hier die englische Gesandtschaft, die zu den aufwendigen Tauffeierlichkeiten für die Prinzessin Elisabeth nach Kassel kam.

Abb. 119 2° Ms. Hass. 107 [317] recto, rechts

Zum Schutz vor den Unbilden des dreißigjährigen Krieges plante Landgraf Moritz 1622 eine neue Befestigungsanlage (Vorwerk) vor dem Haupteingang des Schlosses, betitelt „Neuer standt vor

354 vgl. Hanschke 2008

188 dem schlosse / bey dem Hagedorn / M.H.L. 1622. / 8.Novemb.“. Von der Burg selbst ist am oberen Rand der Zeichnung nur das Amtsgebäude samt eines Teils des Haupthauses sowie der Vorhof zu sehen. Daneben liegt der parzellierte „Burggraven garten“ an eben jener Stelle, wo auch heute noch der Rosengarten angelegt ist. Links außerhalb der Schlossmauer erstreckt sich der Tier- garten. Die "Calade Auß dem schloß / in den Thiergarten" auf der rechten Seite bezeichnet vermutlich einen befestigten Weg, der der höfischen Gesellschaft den Zugang zum Wildgehege ermöglichte. Im Zentrum der Darstellung steht die auf der linken Seite mit zwei Bastionen aus- gestattete, quadratische Wallanlage, die sich vor dem Haupttor entlang der Mauer der „Meyerey“ mit ihren Wirtschaftsgebäuden erstrecken sollte und von einem zweiten Tor mit Zugbrücke über den breiten Graben abgesichert wird. Der Plan wurde jedoch offenbar nicht realisiert, wie ein Bericht des Amtmannes vom 16. Februar 1623 belegt, der einzig die Anfertigung einer neuen Zugbrücke vermeldet.355 So kam es, dass Feldmarschall Tilly kurze Zeit später die Sababurg ohne weiteres einnehmen konnte. Erst 1626 zog die bayerische Besatzung wieder ab.356 Spätestens mit dem Verlust der fürstlichen Jagdprivilegien 1848 war die Nutzung als Jagdschloss entbehrlich geworden und das Anwesen verfiel zunehmend. 1959 wurde die Ruine gesichert und im ehemaligen Amtsgebäude eine Gaststätte und später das heutige Hotel eingerichtet.

355 in: HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 116 356 vgl. Landau 1850/1973, S.184, Bericht des Burggrafen über die Schäden in: HStAM Best. 4b Nr. 48

189 „Sauerbrun“ (?)

Die beiden im Bestand unter „Sauerburg“ abgelegten Zeichnungen von unbekannter Hand zeigen ein nicht eindeutig identifizierbares Gelände mit Brunnen. Die Identifizierung als Hof Sauerburg bei Homburg/Efze konnte bislang nicht konkretisiert werden und beruht möglicherweise auf einem Lesefehler. „Sauerbrunnen“, so die alte Bezeichnung für mineralische Quellen, existierten seiner- zeit u.a. bei Hofgeismar und Wildungen.

Unbekannter Zeichner, Lageplan eines Brunnens 2° Ms. Hass. 107 [301] Der mit Maßangaben und einem Maßstab in Fuß ("Pedes") versehene Grundstücksplan zeigt ein langgestrecktes, unregelmäßiges Terrain, das an drei Seiten von einem kleinen Flusslauf begleitet wird. In der Ausbuchtung an der einen Langseite befindet sich ein quadratisch eingefasster Brunnen, bezeichnet als „Sauerbrun“. Es handelt sich demnach vermutlich um die Einfassung einer möglicherweise in Nordhessen beheimateten mineralischen Quelle.

Unbekannter Zeichner, Lageplan eines Brunnens 2° Ms. Hass. 107 [302] Der Plan zeigt in identischem Maßstab dasselbe Grundstück wie 2° Ms. Hass. 107 [301], ergänzt um einige, teilweise auch in Graphit eingezeichnete (Wirtschafts?)-Gebäude, die das Areal an den Schmalseiten abschließen.

190 Schmidtfahrt a. d. Pfieffe

Bei den mit Schmidtfahrt bzw. Schmidtfurth betitelten Zeichnungen des Bestandes handelt es sich um Darstellungen einer mit Wasser betriebenen Schmiedemühle (Eisenschneidmühle) mit einem Eisenhammer im Einmündungsgebiet der Pfieffe in die Fulda, deren genaue Lage unklar ist.357 Nach Armbrust358 wurde 1589 eine „Schmittenforth“ erwähnt, die diesseits Adelshausen durch die Pfieffe führte. Vermutlich lag diese ungefähr dort, wo heute die "Walkmühle" zu finden ist, unweit von Fahre und Schwertzelhof. Noch vor 1629 wurde hier auf Betreiben des Landgrafen eine Eisenschneidmühle errichtet, die damit zu den ältesten ihre Art gehörte.359 In dieser Mühle wurde das gewonnene Eisen in bestimmte Formen gewalzt und geschnitten. Mehrere Kostenabrechnungen und Berichte des Hüttenvogtes Otto Thölde (oder Tölde) im Staats- archiv Marburg dokumentieren das intensive Bemühen des Landgrafen um eine bessere wirt- schaftliche Nutzung der Mühlenanlage.360 Die zwölf Zeichnungen des Bestandes sind deshalb höchstwahrscheinlich alle in den ersten Jahren nach der Abdankung entstanden. Ein auf den 26.04.1628 datierter Grundriss stammt vermutlich von der Hand Otto Thöldes, während alle anderen, zum Teil sehr kleinen Darstellungen vom Landgrafen selbst angefertigt wurden.

2° Ms. Hass. 107 [123] verso Schmiedemühle Das sehr kleine Blatt - durch das gut erhaltenes Siegel in der Mitte als Zweitverwendung eines Schriftstücks gekennzeichnet - präsentiert auf der Rückseite einer Zeichnung zum Lustschloss Fahre eine Vogelschauansicht der „Eisenmühle“ an der Pfieffe. Die „strasse nach Mörshausen" verortet die Anlage im Mündungsgebiet des kleinen Flusses in die Fulda unweit von Schwertzelhof und Fahre. Zwei gleichartige Fachwerkgebäude flankieren den Mühlgraben, der von der Pfieffe abzweigt.

Abb. 120 2° Ms. Hass. 107 [303]

357 vgl. Wick 1910, S. 89/90 358 Armbrust 1921, S. 141 359 Wick 1910, S. 89 360 Akten in: HStAM Best. 4a 38/27, vgl. auch den Brief Thöldes vom 28. Sep. 1629 in Best. 4a 38/18, in dem er sich über mangelnde Geldzuwendungen beklagt

191 Schmiedemühle und Eisenhammer 2° Ms. Hass. 107 [303] (Abb. 120) Die sehr anschauliche, detaillierte Vogelschau zeigt die Anlage an der Pfieffe, bestehend aus einem kleineren Gebäude, dem „Eisenhammer”, und dem größeren "Eisenschmiedtwerk". Neben dem Graben zwischen den Gebäuden ermöglicht ein weiterer Kanal auf der anderen Seite des großen Schmiedewerks die Einfügung eines weiteren unterschlächtigen Schöpfrades. Vor der Schmiedemühle liegt ein kleiner Garten, dessen rechteckige Felder mit den Namen diverser Nutzpflanzen beschriftet sind.

Schmiedemühle und Eisenhammer, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [309] Der Lageplan gibt das Gelände der Mühlenanlage wieder, das zwischen dem Fluss und dem davon abgezweigten Graben auf spitz zulaufendem Terrain liegt und von mehreren Kanälen zur Energieerzeugung gequert wird. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [303] (Abb. 120) liegen „hammer“ und „Schneitwerk“ nebeneinander an zwei Wassergräben, die die Schöpfräder antreiben. Einge- zeichnet sind hier allerdings insgesamt drei Räder am Eisenhammer, wobei eines in einem zu- sätzlichen Graben an der Stirnseite positioniert ist, sowie zwei an den beiden Langseiten des Schneidewerks. Die vermutlich von Otto Thölde angefertigte Zeichnung von 1628 (2° Ms. Hass. 107 [308]) belegt, dass die Mühle tatsächlich über drei Schöpfräder verfügen sollte, deren optimale Positionierung in diesem Blatt von Landgraf Moritz erwogen wird.

Schmiedemühle und Eisenhammer 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, rechts Ein weiterer Plan des Landgrafen zeigt die Anlage mit Hammer und Schmiedewerk an der "strasse nach Mershausen", wobei die beiden „gerinne“ aus einem „sammeldeich“ an der Stelle des Mühlgrabens hinter der "Eisenschmid mühl." gespeist werden. Dieser Teich ist in mehreren Zeichnungen zu sehen und wird auch in Otto Thöldes mutmaßlich umgesetztem Plan von 1628 (2° Ms. Hass. 107 [308]) dargestellt.

Otto Thölde(?), Schmiedemühle und Eisenhammer, Lageplan, 1628 2° Ms. Hass. 107 [308] Die mit "Act. Milsung: 26 t. Ap: 628" datierte und rückseitig mit der Aufschrift "Abriß des fischerhauses / undt schneidtwerck uffm / schmidtfahrt ahn der pfieffe" versehene Zeichnung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Bergmeister Otto Thölde zugeschrieben werden, von dessen Hand sich einige Korrespondenz zum Betrieb der Anlage in Schmidtfahrt im Staatsarchiv Marburg erhalten hat.361 Ähnlich wie in den vom Landgrafen gezeichneten Plänen (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, rechts) werden die beiden Mühlengräben hier von einem massiv eingefassten Teich gespeist, der den „alten Wassergraben“ ersetzt. Das untere Gebäude beherbergt neben dem Eisenhammer, der von einem großen Wasserrad gespeist wird, noch zwei „Rennfeuer“ d.h. Schmelzöfen mit großen Blasebälgen, die von zwei kleinen Schöpfrädern an den Schmalseiten des Gebäudes betrieben werden. Das zweite Gebäude enthält das Schneidwerk, das von zwei großen Rädern in den beid- seits verlaufenden Gräben in Gang gehalten wird, einen weiteren kleinen Ofen mit Blasebalg sowie einen „Windofen“. Es ist anzunehmen, dass die Anlage in dieser Form auch in Betrieb gegangen ist, wie die erhaltenen Abrechnungen nahe legen.

Schmiedemühle und Eisenhammer 2° Ms. Hass. 107 [131] verso, unten Diese auf einem großen Blatt mit drei Zeichnungen zum Lustschloss Fahre vereinte Vogelschau- ansicht präsentiert die beiden Mühlengebäude wie in 2° Ms. Hass. 107 [123] verso von der Pfieffe

361 u.a. in: HStAM Best. 4a 38/27

192 aus, vor dem „Schönberg“ im Hintergrund. Der Mühlgraben hinter den Fachwerkgebäuden ist auch hier zu einem Teich aufgestaut und versorgt über Wehre die beiden Kanäle. Deutlich visualisiert wird das Gefälle entlang dieser Gräben, das ebenso wie der Teich durch massive Mauern abgestützt ist. Auf die Einzeichnung der Schöpfräder wird hingegen verzichtet. Ein Zaun schützt das Mühlengelände, wobei an der „hofstätte“ in diesem Fall ein kleiner (Kohlen-)Schuppen integriert ist.

Schmiedemühle und Eisenhammer 2° Ms. Hass. 107 [304] (Abb. 121) Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [131] verso, unten visualisiert diese Vogelschauansicht auf anschau- liche Weise die Lage der Mühlengebäude im Gelände an der Straße unterhalb des kleinen Berges, dessen abfallendes Gelände an dieser Stelle die Nutzung der Wasserkraft über einen Sammel- teich und Wehre möglich macht. Das komplett eingezäunte Mühlengelände schließt auch hier ein „kohlhauß“ ein, das neben die Einfassung des Teiches gesetzt ist. Die anschließende Fachwerk- mauer grenzt direkt an die Straße, von wo aus, wie in 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts, über eine Pforte ein direkter Zugang zum Gelände möglich ist. Die großen Schornsteine an den beiden gleich großen Fachwerkhäusern markieren die Position der großen Öfen im Innern.

Abb. 121 2° Ms. Hass. 107 [304]

2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts Eisenschmiedemühle Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [304] (Abb. 121) zeigt diese Zeichnung den eingezäunten Hof am „waldthammer", der an der Straßenseite neben der Pforte ein „kohlhauß“ einschließt. Die Maß-angaben und die Beschriftung: "dieser Zaun muß lang werden 165 schue biß in die pfieffe." legen nahe, dass es hier, wie auch in den anderen Darstellungen, um konkrete Maßnahmen zur Er-gänzung und Verbesserung der Effektivität der Schmiedemühlen ging.

Schmiedemühle und Eisenhammer 2° Ms. Hass. 107 [305] Die gänzlich unbeschriftete Zeichnung wiederholt die Konstellation der Mühlengebäude und des Teichs wie sie in 2° Ms. Hass. 107 [304] (Abb. 121) wiedergegeben wird, variiert aber die Position des Nebengebäudes (Kohlenhaus), das hier an die Straßenseite des Teiches gesetzt wird. Die

193 Ergänzung und genaue Position von Nebengebäuden wird auch in weiteren Zeichnungen des Landgrafen thematisiert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts + [306]).

Schmiedemühle und Eisenhammer am Schönberg 2° Ms. Hass. 107 [306] recto, oben rechts Die Zeichnung des Landgrafen auf einem Blatt mit einer Konstruktionszeichnung für das Dachwerk eines Pavillons in Fahre visualisiert in Vogelschau die Mühlenanlage am „hohe[n] rain“ unterhalb des Schönberges mit der Pfieffe im Vordergrund. Die beiden Fachwerkgebäude am aufgestauten Sammelteich sind wiederum sorgfältig eingezäunt, wobei in diesem Fall ein "kohlhauß" und eine weitere kleine "schmiedte" den Hof am “hammer“ ergänzen, der am Teich mit einer Fachwerkwand geschlossen ist.

Schmiedemühle und Eisenhammer, Horizontalschnitt 2° Ms. Hass. 107 [307] recto, oben Die Vogelschau zeigt die Mühlenanlage am Sammelteich aus ähnlicher Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts, allerdings gibt Landgraf Moritz hier mit Horizontalschnitten Einblick in die Gebäude. Während der Eisenhammer im Vordergrund in Höhe des steinernen Sockels geschnitten ist, liegt die Schnittlinie im Schmiedewerk dahinter in Höhe des Obergeschosses, das mit mehreren Stuben und Kammern versehen ist. Vermutlich sollte hier eine Aufstockung vorgenommen werden, wie die an der Schmalseite vorgelegte Freitreppe nahelegt, die in keiner der anderen Zeichnungen zu sehen ist. Der unterhalb der Zeichnung angefügte lateinische Text naturwissenschaftlich / philosophischen Inhalts steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Darstellung.

Schmiedemühle und Eisenhammer 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig (Abb. 9) Auf dem mit mehreren anderen, teilweise in den September 1630 datierten Zeichnungen gefüllten Blatt findet sich in der Mitte in ungewöhnlicher Lünettenrahmung eine kleine Darstellung von "Schmidtfardt“. Sie zeigt die beiden Mühlengebäude zwischen Teich (im Vordergrund) und Pfieffe (im Hintergrund) zwischen „gärtlein“ und „wiesen“. Interessanterweise überragt in diesem Fall, im Gegensatz zu den anderen Darstellungen, das Gebäude des Hammers (rechts) die Mühle (links). Die kleine, reduzierte Zeichnung, die auf die Wiedergabe der Mühlgräben verzichtet, legt nahe, dass es sich hier um eine Skizze aus der Erinnerung handelt.

Johann Fleischhut, Brief an Landgraf Moritz wegen Modellen von verschiedenen Mühlen, 1621 2° Ms. Hass. 107 [91 und 92] In dem am 13. Oktober 1621 vom Bauverwalter Fleischhut (s. Rohna) unterzeichneten Brief be- richtet er an Landgraf Moritz von „zwey Model eins zur denckel mühlen / daß ander wie daß borgezeug könte gemacht undt / angericht werden machen lassen“. Auf ein Modell könne man aber evtl. auch wegen „beyligendem Abriß“ verzichten. Desweiteren könne der Mühlmeister von Rengshausen die Mühle anfertigen, „Dürfte auch / solche bor mühlen soll sich nah Milßungen bey der Schmiedt / mühlen eine an orttnen laßen“. Möglicherweise ist hiermit Schmidtfahrt gemeint. In diesem Falle müsste die Schmiedemühle schon 1621 bestanden haben. Eine „Bohrmühle“ diente zum Aushöhlen von Baumstämmen für Wasserleitungen.362

362 frdl. Hinweis von Dr. Marcus Popplow, vgl. die Datenbank der Maschinenzeichnungen/DMD - Database Machine drawings http://dmd.mpiwg-berlin.mpg.de, s.v. „Drill“

194 Schwertzelhof

Der Schwertzelhof, auch Schwer[t]zelfurt bzw. im 18. Jhdt. Schwärzelshof genannt, lag im Amt Melsungen, unweit des Gutes an der Fuldafurt Fahre, das ursprünglich zu diesem Hof gehörte.363 Dieser Gutshof, ursprünglich eine kleine Siedlung, kam nach der Säkularisierung aus dem Besitz des Klosters Heydau in das Eigentum der hessischen Landgrafen. Noch 1795 gab es hier einen herrschaftlichen Hof, der aber um 1800 abgerissen wurde.364 Heute wäre der Hof auf dem Betriebsgelände der Firma B. Braun Melsungen AG in den Pfieffewiesen zu verorten, worauf die Strassenbezeichnung "Am Schwerzelshof" hinweist.

Landgräflicher Gutshof 2° Ms. Hass. 107 [311] (Abb. 122) Die kleine Ansicht des "Schwertzeler hoff" präsentiert eine eingefriedete Hofanlage am „fahrweg. 345 schue lang nach der fahre". Fachwerkgebäude unterschiedlicher Größe umstehen an drei Seiten den Hof. Mehrere Kanäle bzw. Teiche umgeben die Gebäudeanlage vor dem „Baumgarten“. In dieser Form handelt es sich vermutlich um einen Entwurf des Landgrafen für eine regelmäßige Einfriedung des Geländes mithilfe der Wassergräben.

Abb. 122 2° Ms. Hass. 107 [311]

Landgräflicher Gutshof 2° Ms. Hass. 107 [310] In Vogelschau ist auf diesem Blatt ein schlichter Gutshof gezeichnet, der an drei Seiten von Fach- werkgebäuden unterschiedlicher Größe und Funktion umgeben ist. Ein „großer Brunnen deich“ dominiert den Innenhof. Die Anlage mit einem Baumgarten im Hintergrund ähnelt deutlich der anderen Zeichnung vom Schwerzelhof, allerdings verläuft die „landtstrasse“ hier hinter Hof und „Baumgarten“, so dass es sich möglicherweise auch um eine andere topographische Situation handeln könnte.

363 vgl. die 1606 datierte Karte von „Schwirtzelnforth“, HStAM Karten P II 1790 364 Armbrust 1921, S. 129ff., Wolf 2003, S. 162, 394 + 396, Historisches Ortslexikon (Stand: 4.11.2010)

195 Sontra

Die alte Berg- und Handelsstadt Sontra, 1232 erstmalig urkundlich erwähnt, erhielt 1368 die Stadtrechte. Im hessisch-thüringischen Grenzbereich gelegen, kam sie nach mehreren Besitzer- wechseln 1433 endgültig in die Landgrafschaft Hessen.365 Ihre Bedeutung gründet sich vor allem auf den Bergbau im Richelsdorfer Gebirge und die Funktion als Sitz eines Berggerichts. Seit 1627 gehörte die Stadt zur Rotenburger Quart, dem Erbteil der Söhne aus der zweiten Ehe des Land- grafen Moritz. Infolge des Dreißigjährigen Kriegs kam es 1634 bis 1636 zu heftigen Verwüstungen. Die landgräfliche Burg an der Pfarrkirche wird erstmalig 1368 erwähnt und diente später als Jagdschloss und Amtshof. 1594 wurden Marstall und Fruchthaus wegen Baufälligkeit abgerissen und neu errichtet.366 1619 berichtet der Rentmeister wiederum über Schäden und erwähnt zwei Scheunen, eine davon beim „Herrenhaus“ gelegen.367 Damit ist vermutlich der Bau gemeint, der in den Zeichnungen des Landgrafen als „neuer Bau“ neben dem als „alten Bau“ bezeichneten Amtshaus erscheint. Amtsrechnungen erwähnen schon 1611 diesen „alten Bau“, so dass man schlussfolgern kann, dass der Neubau zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt war. In der Leichenpredigt von Paul Stein heißt es: „Zu Sontra haben Ihre F.FG. einen gantz newen Baw / von steinen aufführen / und in denselben unden auff der einen seiten einen Marstall / auff der andern seitten gegenuber / etliche Camern / oben in der höhe aber zween stattliche Fruchtboden uber einander anrichten lassen“368. Für 1627, das Jahr nach der großen Pest, sind in den Amts- rechnungen einige Arbeiten am Schloss belegt.369 Die in den Oktober 1630 datierten Zeichnungen des Landgrafen Moritz geben vermutlich eine weitgehend getreue Bestandsaufnahme dieses Zu- stands, der bereits 1634 nachhaltig zerstört wurde. Der ehemalige Marstall diente noch im 18. Jhdt. als Amtshaus.370 Im 20. Jhdt ließ man die Überreste abbrechen, erhalten blieben nur die Außenmauern eines Nebengebäudes, das zum Wohnhaus umgebaut wurde.

Landgräfliches Schloss mit Umgebung von Norden, 1630 2° Ms. Hass. 107 [313] recto, rechts Die Vogelschauansicht auf einem Doppelblatt, das verschiedene Zeichnungen von Sontra, Cornberg und Melsungen kombiniert, präsentiert den "schloßhof zu Sontra / erweitert wie der dritte / baw, 1630 den 23. Octobris / M.H.L." mit seiner Umgebung von Norden. Links neben dem Schlosshof, der neben dem „alten“ und „neuen“ Bau auch einen “Marstal” umfasst, liegt der „Vorhof“, dessen Bebauung genau erläutert wird: "ein pferdtstall an der / Stadtmauern. 80. / davor ein scheuer gegen der schloß / mauer uber, 112 schue lang. / Item die scheuer und viehestäl / oben bey dem Bakhause. / 40 schu lang." Die Stadtmauer umfasst den Gebäudekomplex auf der rechten Seite samt dem neben dem Schloss gelegenen: "garten so wol zur / küche als zum obst. biß / an die strasse nach Königs wald". Entsprechend seiner Funktion als zeitweiliger Wohnsitz des Landgrafen ist der "Neu bau” als zweigeschossiger Steinbau mit geschweiften Stirngiebeln, zentralem Zwerchgiebel an der Außenseite und Treppenturm an der Hofseite ausgestattet. Die ausführliche Erläuterung und die Maßangaben legen nahe, dass diese Bestandsaufnahme vor Ort entstanden ist.

Landgräfliches Schloss mit Umgebung 2° Ms. Hass. 107 [313] verso, links Die Darstellung auf der Rückseite der 1630 datierten Zeichnung von Norden gibt das Schloss aus dem gleichen Blickwinkel wieder, allerdings mit einem erweiterten Umfeld, das hier den gesamten

365 vgl. Denkmaltopographie 1991, S. 350ff. 366 HStAM Best. 40d Sontra 429, für den Hinweis auf diese Akte und weitere Angaben zur Baugeschichte danke ich Herrn Ernst Henn, Sontra 367 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 152 368 in: Monumentum Sepulcrale 1638, S. 84 369 Gromes 1989, S. 16 370 siehe die Karte im HStAM Karten P II 2355

196 “Vorhof” und die Situation bis zum “Oberthor” im Vordergrund einschließt. Dadurch ist am linken Rand auch der „kirchof“ mit dem „Turn“ eingetragen, sowie das neben dem Vorhof gelegene „biedefeldisch hauß“. Ebenso wie der "Böneburgische hof" in der Mitte gehörte er zu jenen ade- ligen Burgsitzen, die sich von alters her um die Kirche gruppierten.371 Amtshaus und Marstall ent- sprechen sehr genau der Darstellung auf der Vorderseite des Blattes, während der Neubau hier über einen zentralen Risalit mit Altan an der Stirnseite sowie über insgesamt drei Zwerchgiebel an der Gartenseite verfügt. Der Garten am Schloss ist hälftig in einen Baumgarten und einen parzellierten Bezirk untergliedert.

Landgräfliches Schloss mit Umgebung von Westen, 1630 2° Ms. Hass. 107 [312] (Abb. 123) Diese auf den 26.10.1630 datierte Ansicht des Schlossbezirks von Westen zeigt hintereinander den Garten an der "Strasse nach Königs walde", den „Schloß hof“ und den „Vorhof“, wobei links im Hintergrund wieder die Kirche im „kirchof“ angeschnitten ist. Im Gegensatz zu den anderen Dar- stellungen verfügt der neue Bau hier über zwei Zwerchgiebel an der Außenseite. Die drei, in den Zeichnungen des Fürsten vorliegenden Varianten mit ein bis drei Dachausbauten reflektieren vermutlich Vorschläge zum Ausbau des Gebäudes. Ebenso rekurriert wahrscheinlich die ausführliche Darstellung der Umfassungsmauer mit zwei Eckpavillons auf Plänen zur Ver- besserung der Einfriedung, die an dieser Seite die Stadtmauer ersetzt.

Abb. 123 2° Ms. Hass. 107 [312] (Ausschnitt)

371 Collmann 1863, S. 127

197 „Stoltzenberg“ (?)

Gutshof, 1630 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig links (Abb. 9) Die geradezu miniaturhaft kleine Darstellung auf dem dicht an dicht mit diversen Zeichnungen angefüllten Blatt ist signiert und datiert "der hof Stoltzenberg / 1630 den 26. Sept. / M.H.L.". Mit ihrer sorgfältigen Rahmung, die im rechten unteren Eck von einer Zeichnung der Schmiedemühle Schmidtfahrt überlagert wird, erhält die Zeichnung bildhaften Charakter. Der nahezu quadratische Hof, der an drei Seiten von Fachwerkgebäuden umrahmt wird, lässt sich nicht identifizieren, könnte aber in der Nähe von Melsungen zu verorten sein, da am selben Tag auch die beiden Zeichnungen der Melsunger Brückenvorstadt auf diesem Blatt (2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig rechts + oben rechts) datiert sind.

198 Trendelburg

Die Burg Trendelburg liegt am westlichen Rand des Reinhardswaldes auf einem nach drei Seiten hin steil zur Diemel abfallenden Bergrücken. Sie wurde im 13. Jhdt. von den Herren von Schöne- berg zum Schutz der sich hier an der Diemelfurt kreuzenden Handelswege angelegt. Neben der Höhenburg entwickelte sich in westlicher Richtung eine kleine Siedlung. 1465 nahm Landgraf Ludwig II. in der Hessen-Paderbornischen Fehde die Burg ein, ab 1471 war sie alleiniger hes- sischer Besitz. Nachdem 1631 die Truppen Tillys Stadt und Burg erobert und niedergebrannt hatten, erfolgten 1637 weitere Zerstörungen. 1676 erweiterte Landgraf Carl die Burganlage und baute sie zum Jagdschloss um. Nach mehreren Umgestaltungen befindet sich dort heute ein Hotel.372 Merian vermerkte 1646: „Das Schloß an sich selbsten ist gering und von gar schlechten Gebäwen. Hat aber einen starcken vesten runden Thurn und zimliche starcke Mawren; derhalben es auch zur Gräntzvestung gebraucht wird: gegen der Statt ist es mit einer Zugbrücken uber einen trockenen Graben verwahrt“373. Der Grundriss der ursprünglich von einem Graben und Wall umgebenen Burg ist trapezförmig. Der mächtige, 38 Meter hohe Bergfried (heute noch erhalten) ist in die westliche Ringmauer integriert und sicherte die Hangseite. Unmittelbar daneben befindet sich der alte Palas, der um 1600 als Amts- und Gerichtshaus diente. Landgraf Moritz ließ ihn 1617 ausbauen und das schon seit 1613 baufällige Dach sichern.374 Die erhaltenen Zeichnungen des Landgrafen thema- tisieren vor allem die Befestigung des „Platzes vor dem Schlosse“ am Übergang zum Ort als Vorwerk der Burg. Rommel notierte in seiner „Geschichte von Hessen“ in der ausführlichen Liste der von Landgraf Moritz errichteten Bauwerke: „Im Norden von Kassel versah er Trendelen-burg mit einem neuen schönen Vorwerk“375. Es ist aber unklar, ob er in diesem Fall das befestigte Vorwerk am Schloss meint, oder das von Moritz in einer Zeichnung (2° Ms. Hass. 107 [318], Abb. 125) so bezeichnete landwirtschaftliche Gut am Fuße des Hügels, das zur Versorgung der Burg und ihrer Bewohner diente.

Ansicht der Burg von Westen, 1626 2° Ms. Hass. 107 [317] recto, oben links Die Vogelschauansicht der Burg von Westen zeigt die Kernburg mitsamt der Umwehrung, die auf der Vorderseite durch einen befestigten „platz vor dem Schloß“ ergänzt wird, während auf den anderen Seiten ein eingezäunter Gang auf der Contrescarpe um den Graben verläuft. Der von einer Wehrmauer mit vier Ecktürmen eingefasste Hof wird hier vereinfacht als regelmäßiges Rechteck wiedergegeben. Links neben dem hochaufragenden Bergfried befindet sich der Palas, dessen Längsfront einen zentralen Zwerchgiebel im steilen Satteldach aufweist. Auf der rechten Seite liegt im Hof ein langgestrecktes Wirtschaftsgebäude mit einem massiven Erdgeschoss und einem Fachwerkobergeschoss. Die eigenhändige Beschriftung der Zeichnung, endend „anno, mense, die & autor ut in fra.“ stellt einen unmittelbaren Zusammenhang zu der Zeichnung auf der unteren Blatthälfte her.

Burganlage und Vorwerk von Osten, 1626 2° Ms. Hass. 107 [317] recto, unten links Die Gegenansicht zu der auf der oberen Blatthälfte wiedergegebenen Darstellung ist beschriftet: "Schloß Trenp[!]elburg / Wie das selbige von dem Sültze / berge her anzusehen ist 1626 den / 15 Sept: M.H.L.". Im Zentrum der Zeichnung steht wiederum der wehrhafte Bergfried an der Mauer, - hier mit welscher Haube und Laterne -, der nur über eine Sprossenleiter durch den Hocheingang zugänglich ist. Rechterhand schließt sich der viergeschossige Palas mit dem Wendeltreppenturm

372 vgl. Stockhausen 1939, Lotze 1984 373 Merian 1646, S. 40 374 vgl. „BawGebrechen vom Jahr 1615“ und „Verzeichnis der bausachen so dieses 1617 Jar im nider fürstentumb Hessen vorzunehmen“, in: HStAM Best. 53e Pak. 61 375 Rommel 1837, S. 415

199 an der vorderen Ecke an. Große Doppelbahnenfenster gliedern die Fassaden. Ihm gegenüber befindet sich das langgestreckte Wirtschaftsgebäude mit Fachwerkobergeschoss. Das Liniennetz des gepflasterten Hofes und die Verkürzung der beiden Gebäude suggerieren eine gewisse Tiefenperspektive, stehen jedoch in Gegensatz zu der Vogelperspektive, mit der die Umgebung der Burg erfasst wird. Der befestigte „platz vor dem schlosse“ schließt drei im Grundriss angerissene Häuser ein, deren Besitzer namentlich aufgeführt sind: "Falkenberg", "Wagener", "Stokhausen". Die Herren von Stockhausen waren über lange Jahre Burgmannen zu Trendelburg.376 Das vom Landgrafen ge- plante befestigte Vorwerk sollte offensichtlich diese drei Häuser von Lehnsmännern ein-schließen. Das Stadttor links oben am Rand der Zeichnung markiert den Beginn der angrenzenden städ- tischen Bebauung.

Burghof von Süden 2° Ms. Hass. 107 [317] verso, links (Abb. 124) Die rückseitige Zeichnung auf dem Blatt, das auf der Vorderseite neben zwei Darstellungen der Trendelburg noch eine Vogelschauansicht der Sababurg mit neuer Bastion aufweist, präsentiert den Innenhof der Burg von Süden gesehen, wobei das Wirtschaftsgebäude im Vordergrund im Grundriss wiedergegeben ist. Der Bergfried erscheint hier im Gegensatz zu den anderen Dar- stellungen mit Fenstern und ebenerdigem Portal zu Wohnzwecken ausgebaut. Die „Ritterburg“, das stattliche viergeschossige Gebäude mit ausgebautem Satteldach wird in Übereinstimmung mit den anderen Zeichnungen durch einen Wendeltreppenturm ergänzt, dessen oberstes Geschoß durch ein dekoratives Gesims hervorgehoben wird. Die Aufteilung des Wirtschaftsgebäudes gibt die Nutzung der Räume wieder, wobei an der rechten Schmalseite ein Anbau ergänzt ist, gekennzeichnet als "lediger Blatz so noch zu bebauen".

Abb. 124 2° Ms. Hass. 107 [317] verso, links

376 Stockhausen 1939, S. 9

200 Burganlage mit Vorwerk und Diemelmühle 2° Ms. Hass. 107 [318] (Abb. 125) Auf diesem Blatt gibt Landgraf Moritz die Burganlage auf dem Berg von Südosten mitsamt dem ausgedehnten Wirtschaftshof und den Mühlen an der Diemel am Fuße des Abhangs wieder. Die Burg, eingerahmt von Ringmauer, Graben und "Corridor uff der Conterscarpe umb das schloß herumb" wird auf der Westseite von dem befestigten „platz vor dem schlosse“ begleitet, der auch hier "Stokhausens hauß", einen dreigeschossigen Fachwerkbau, einschließt. Der östlich an die Burg anschließende „Ambts garten“ erstreckt sich auf einem Plateau des Bergrückens in Richtung des im Tal gelegenen, weiträumig eingefriedeten „Vorwerk hof“. Merian schreibt: „vnderm Berg aber / an der Diemoll / nächst bey der Brucken / ligt ein wolerbawtes statliches Vorwerck.“377 Diese Domäne war die größte in der Landgrafschaft Hessen-Kassel.378 Zu ihr gehörte auch die Mühle an der Diemel, neben der eine vermutlich unter Landgraf Moritz eingerichtete Wasserkunst379 lag, die die 60 m höher gelegene Stadt versorgte und in den Akten erwähnt wird: „weil diese Statt diese Wasser kunst braucht seindt sie schuldigk dieselbige in ehre zu halten“.380 Das turmartige Gebäude dieses Pumpwerks ist vor der eigentlichen Mühle am Mühlgraben eingezeichnet. Die Zeichnung entstand vermutlich in engem zeitlichem Zusammenhang mit den anderen Trendelburg- ansichten 1626.

Abb. 125 2° Ms. Hass. 107 [318]

377 Merian 1646, S. 40 378 Krüger 2004, S. 43 379 vgl. Hoffmann 2004 380 HStAM Best. 53 e Pak. 61, „Bawgebrechen“ 1615

201 Vogelsburg b. Eschwege

Das Gut Vogelsburg bei Reichensachsen, südwestlich von Eschwege gelegen, war seit 1471 ein hessisches Lehen der Herren von Boyneburg. Später erwarb die Landgrafschaft Hessen die Domäne, die noch heute als hessischer Staatsbetrieb geführt wird.381 Die von Moritz auf den 15.03. und 1.04.1631 datierten diesbezüglichen Zeichnungen gehören in den Zusammenhang einer kleinen Reise bzw. Ausflügen, die er in diesem Jahr vermutlich zu- sammen mit seinen Söhnen Moritz und Friedrich im Raum Eschwege unternahm, wie die ebenfalls datierten Zeichnungen von Germerode (19.03.), Abterode (20.03.) sowie Grebendorf (24.03.) nahelegen. Die dem Bestand beiliegende Vermessungstabelle, die Daten zu den zugehörigen Grundstücken und einen Kostenvoranschlag für eine Einfassungsmauer beinhaltet, lässt vermuten, dass die Entwürfe des Landgrafen in diesem Zusammenhang entstanden sind.

Entwurf für eine Neugestaltung des landgräflichen Gutes, 1631 2° Ms. Hass. 107 [322] (Abb. 126) Die sorgfältig komponierte große Vogelschauansicht "Die Vögels Burgk. bey Reichensachsen / Anno 1631. den 15. Martij. M.H.L.", präsentiert die Gebäude am Hang als absolut symmetrische, geschlossene Anlage. Das höher gelegene, zweigeschossige „Junker hauß“ (im Kern heute noch vorhanden) wird von Landgraf Moritz durch einen zentralen Treppenturm aufgewertet. Zwei mit massiven Substruktionen unterfütterte Rampen leiten über zum tiefer gelegenen Hof mit den beiden flankierenden Wirtschaftsgebäuden. Eine Mauer und ein Torhaus („Meyer hauß“) schließen den Hof zur Straße hin ab. In dieser Kombination von Bestandsaufnahme und Entwurf integriert Landgraf Moritz den vorhandenen Baubestand (Wohnhaus, Stall, Scheuer) in eine ideale Vision eines herrschaftlichen Hofes, der durch die Rampe und den Treppenturm repräsentativen Charakter erhält.

Abb. 126 2° Ms. Hass. 107 [322]

381 vgl. Denkmaltopographie 1992, S. 280 f.

202 Entwurf für eine Neugestaltung des landgräflichen Gutes, 1631 2° Ms. Hass. 107 [324] (Abb. 127) Die weiträumige Ansicht "Die Vögelsburg. / mit zween[?] Baum gart[en]. 1631. / den 1 Aprilis. M.H.L." zeigt die Hofanlage als Teil eines umfangreichen, am Hang gelegenen Besitzes, der neben den unterschiedlichen, terrassierten Gartenbereichen auch über zwei Teiche verfügt. Das Wohn- haus des 16. Jahrhunderts besitzt ebenso wie das Torhaus ein massives Erdgeschoss sowie ein Fachwerkgeschoss mit Zwerchgiebel. Die die Anlage prägende Rampen führen in diesem Fall in konkavem Schwung zu den Wirtschaftsgebäuden, eine Weiterentwicklung des in 2° Ms. Hass. 107 [322] (Abb. 126) gezeigten Entwurfes.

Abb. 127 2° Ms. Hass. 107 [324]

Entwurf für eine Neugestaltung des landgräflichen Gutes 2° Ms. Hass. 107 [323] Ebenso wie die anderen Zeichnungen schildert auch diese Vogelschau “Aviburgum”, den Hof Vogelsburg, als symmetrische Hofanlage mit einer aufwendigen Rampenkonstruktion zur Über- windung des Höhenunterschiedes. Ergänzend zeigt Landgraf Moritz in diesem Fall auch den separat gelegenen „Wagenhof“ bei den Teichen am „Weg nach Reichensachsen“. Maßangaben lassen darauf schließen, dass hier tatsächlich vor Ort Messungen vorgenommen wurden.

Vermessungstabelle und Kostenvoranschlag für eine Einfriedung 2° Ms. Hass. 107 [325] Die "Data der Fögelsburg” verzeichnen die Maße des in 2° Ms. Hass. 107 [324] dargestellten Besitzes mit den unterschiedlichen Gärten. Desweiteren werden die Kosten für die Einfassungs- mauer „wirdt lang 175 schue hoch mit dem grundt 14 schue dicke 2 1/2 schue“ errechnet, wobei die Steine zu Schiff von Albungen antransportiert werden sollten.

203 Wiesbaden

Plan von Schloss und Vorhof, 1629 2° Ms. Hass. 107 [343] Die schon in der Römerzeit besiedelte Stadt Wiesbaden mit ihren Thermal- und Mineralquellen war seit dem 13. Jhdt. Reichslehen der Grafen von Nassau. Sie gliederte sich im Mittelalter in drei Teile, die engere Stadt mit der Burg, den Flecken und das Sauerland, das Gebiet der Bäder.382 Die rechteckige mittelalterliche Burganlage war im Norden durch die Heidenmauer geschützt und an den anderen drei Seiten von einem Wassergraben umgeben. 1594 bis 1599 ließen die Grafen von Nassau das „Neue Schloss“ errichten, das ungefähr an der Stelle der heutigen Marktkirche lag. Der alte Wohnsitz wurde nur noch als Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude genutzt.383 Nachdem die Stadt 1806 zur Hauptstadt des neugegründeten Herzogtums Nassau aufgestiegen war, wurde 1834-37 wurde nach den Plänen von Georg Moller das Stadtschloss (heute Hessischer Landtag) erbaut, das zum Teil auf dem Gelände der alten Burg liegt. Die Zeichnung des Landgrafen Moritz zeigt einen Lageplan von „schloß und kelnerey / Wiesbad [en] deliniiert, den 30. Aug: / 1629“. Das „alte schloß / Wißbaden” ist mit seinem „schloß graben" am oberen rechten Rand angeschnitten dargestellt. Mehr Raum wird den Gebäuden von „schloß und kelnerey“ eingeräumt, die sich davor um einen rechteckigen Hof gruppieren. Neben „Marstall“ und „grosse Scheuer“ ist neben dem im Grundriss wiedergegebenen Wohnhaus mit integrierter „Durchfahrt“ auf der linken Seite eine Fläche eingegrenzt, bezeichnet als "Jetzige küche und / kelners wohnung / so corigiert werden / müste". Der Abgleich mit den Stadtplänen aus späterer Zeit384 ergibt, dass Landgraf Moritz die Gebäude des östlich der alten Burg gelegenen Schlosshofes mit den auch in späterer Zeit dort positionierten Wirtschaftsgebäuden gezeichnet hat. Neben dem „alten schloß“ liegt der "grorodter hoff", seit der Mitte des 15. Jhdts. der Sitz der Familie von Groroth, deren Geschlecht 1635 ausstarb. Mit dem „stadtplatz“ wäre dann der Marktplatz gemeint, von dem aus eine Durchfahrt im herrschaftlichen Wohnhaus in den Schlosshof führt. Dieses relativ kleine Gebäude verfügte – wie aus der Zeich- nung ersichtlich - über nur wenige Räume, ein Inventarium von 1627385 führt acht Zimmer auf. Das anschließende Küchengebäude („küche und / kelners wohnung“), das der Landgraf nur im Umriss skizziert, war ihm vermutlich wegen seines unregelmäßigen Grundrisses ein Dorn im Auge, wes- wegen er eine Veränderung für notwendig hielt. Sowohl die genannte „kelners wohnung“, wie auch der Begriff der „kelnerey“ (Kellerei, d.h. Schlossverwaltung) tauchen allerdings in den wenigen er- haltenen zeitgenössischen Akten386 nicht auf. Im Spätmittelalter war die Kellerei innerhalb des Burgareals verortet,387 mit dem Schlossbau am Ende des 16. Jahrhunderts war diese Anordnung aber möglicherweise hinfällig geworden. In Übereinstimmung mit Merians Ansicht in der „Topo- graphia Hassiae“ 1646 erstreckt sich an der gegenüberliegenden Seite des Hofes entlang der Heidenmauer der „Marstall“, während im östlichen Winkel der quadratische „thurm“ aufragt. Landgraf Moritz besuchte das Schloss in Wiesbaden, in dem damals sein Neffe Johann von Nassau-Idstein residierte, vermutlich von Frankfurt aus, wohin er sich nach der Abdankung mehr- fach für längere Aufenthalte zurückgezogen hatte. Wie ein von ihm verfasstes Gelegenheitsgedicht bezeugt, schätzte er an Wiesbaden vor allem die warmen Bäder.388

382 vgl. Renkhoff 1980 383 vgl. Vollmer 1983 384 vgl. z.B. den „Situationsplan oder Tractus Riss der unterirdischen Stadt Wiesbaden“ 1812/1826 im Stadtarchiv Wiesbaden, für den frdl. Hinweis danke ich Frau Dr. B. Streich, Stadtarchiv Wiesbaden 385 HStAW Abt. 137 Wiesbaden Nr. 1 386 HStAW Abt. 137 Wiesbaden Nr. 1 + 6a 387 Renkhoff 1980, S. 119 388 Schleichert 1924, S. 10

204 Züschen

Unbekannter Zeichner, Burg und Gutshof der Herren von Meysenbug, Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [344] Der früher selbständige, heute zu Fritzlar gehörende Ort Züschen gehörte jahrhundertelang zur Grafschaft Waldeck. 1433 wurden Burg und Stadt den Herren von Meysenbug als Lehen ver- liehen, welches sie bis zum Aussterben der Familie 1810 innehatten. Über der an der Südostecke der Stadtbefestigung über dem Ort gelegenen Burganlage errichteten sie einen herrschaftlichen Gutshof. 1862 vernichtete ein Großbrand weite Teile der Hofanlage. Nachdem das Gut 1891 in den Besitz Wilhelm von Garvens übergegangen war, baute sich dieser 1894/98 unweit der alten Anlage das Herrenhaus Garvensburg.389 Die sorgfältig über einer Graphitvorzeichnung angelegte Federzeichnung eines unbekannten Zeichners ist nicht nur mit einer informativen Legende versehen, sondern enthält am linken und unteren Rand eine ausführliche Erläuterung: "Unvorgreiflicher Vorschlag wie Johann Meijsenbugs zu Züschen hinderhoff zwischen Junker Hansen Seeligen Stal und dem kirchhoffe in eine besser ordtnung zu bringen / undt dem Wohn hauße besser lufft und lichte / gegeben auch etzliche andere nützliche sachen / am hauß gebeude zu gericht werden köne.“ Diese bisher unbekannte Darstellung überliefert einen Grundriss der unregelmäßigen Anlage der alten Burg, die vermutlich nicht lange nach 1600 abgerissen bzw. überbaut wurde. Das auf der linken Seite gelegene „thor zur Kirche“ sowie die „Zwinger mauer“ am unteren Ende der Burg geben Anhaltspunkte für die Verortung der Kernburg, die demnach ungefähr im Zentrum des heutigen Gutshofes lag. Zwei Wendeltreppentürme erschließen die Räume der beiden vermutlich zu unterschiedlichen Zeiten entstandenen, extrem unregelmäßigen Baukörper. Nach der Legende waren hier im Erd- geschoß Wirtschaftsräume untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Seite des ovalen Hofs fangen die massiven Zwingermauern den Hang ab. „Junker Wilhelms höltzern bauw” und weitere Stall- und Wirtschaftsgebäude ergänzen die als „Junker Johanns / haus hoff “ bezeichneten alte Anlage zu einer weiträumigen Hofanlage. Wie der beigegebene Text erkennen lässt, ging es dem unbekannten Verfasser (Baumeister/ Bauschreiber) um ordnende Renovierungsmaßnahmen, d.h. um die Bereinigung des Hofes von Unrat, den Abbruch bzw. die neue Nutzung der vorhandenen Gebäude sowie „doppelte fenster zu erlangung licht und luffts“ im Wohnhaus. Eine genaue Datierung der Zeichnung ist aufgrund fehlender Akten erschwert, möglicherweise standen die geplanten Baumaßnahmen in zeitlichem Zusammenhang mit der Errichtung der Kirche durch die von Meysenbug im Jahre 1604.

389 vgl. Ganßauge/Kramm/Medding 1960, S. 318 ff., Knappe 1995, S. 137

205 Orte außerhalb Hessens

Ansbach

Das Schloss in Ansbach entstand 1398-1400 unter Kurfürst Friedrich I. als Sitz der hohen- zollerischen Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Palas und Kemenate der spätmittelalterlichen Wasserburg standen an der Stelle des Nordost- und des Nordwestflügels des späteren Re- naissance-Schlosses.390 Ebenfalls aus dieser frühen Phase stammen der Westbau (Dürnitz) und der massive Südbau, die auch in der Vogelschau-Ansicht des Landgrafen Moritz von Südosten (2° Ms. Hass. 107 [31]) deutlich erkennbar sind. 1417 wurde die Kapelle errichtet, deren genauer Standort im Südwesten der Anlage aus den beiden weiteren Zeichnungen des Landgrafen Moritz (2° Ms. Hass. 107 [29] + [30]) ersichtlich wird. Ab 1445 diente die stattliche Wasserburg Markgraf Albrecht Achilles als Residenz. Um diesem Zweck zu genügen, ließ er um 1470 im Osten ein Wirt- schaftsgebäude und im Südosten hinter der Kapelle einen parallel verlaufenden Vorbau errichten. Unter Markgraf Georg Friedrich d.Ä. fanden umfangreiche Umgestaltungen statt. Nordwest- und Nordostflügel wurden zwischen 1565 und 1575 bis auf den Keller abgerissen und neu errichtet. An der Seite zum Innenhof wurde ihnen ein bis zum Dachansatz reichender mehrgeschossiger Arkadengang vorgelegt. Diese beeindruckende Galerie, die an diejenige des Stuttgarter Schlosses erinnert, hat Landgraf Moritz in allen drei Zeichnungen dargestellt, war sie doch deutlich größer als diejenige am Kasseler Schloss und führte hier (wie auch in Stuttgart) über ein abgeschrägtes Zwischenstück vor dem Schlossturm übereck an beiden Flügeln entlang. Markgraf Joachim Ernst ließ 1622 die Kapelle erneuern und ihr ein Wohngeschoss aufsetzen. Diesen Umbau hielt Land- graf Moritz ebenfalls in seiner Zeichnung des Innenhofs (2° Ms. Hass. 107 [30]) fest. Wie die Im Bestand vorhandenen datierten eigenhändigen Zeichnungen der unweit gelegenen Schlösser Coburg (2° Ms. Hass. 107 [89]) und Cadolzburg (2° Ms. Hass. 107 [88]) nahelegen, ist ein Besuch von Landgraf Moritz in Ansbach in direktem zeitlichem Zusammenhang im September/ Oktober 1629 zu vermuten. Frühere Aufenthalte sind für 1606391 sowie 1612 anlässlich der Hoch- zeit des Markgrafen Joachim Ernst mit Sophia von Solms 392 überliefert. Das Wasserzeichen auf dem Blatt mit dem Grundriss (2° Ms. Hass. 107 [29]) verweist jedoch auf eine Entstehung erst 1629/30. Zu dieser Zeit führte Moritz Schwägerin Markgräfin Sophie (die Schwester seiner ersten Frau Agnes von Solms) zusammen mit ihrem Bruder Friedrich von Solms-Rödelheim die Vormund- schaftsregierung in Brandenburg-Ansbach für ihren noch unmündigen Sohn. Die diversen Unstimmigkeiten bei den dargestellten Gebäuden, u.a. auch die Verwendung nord- deutscher Fachwerkstrukturen, lassen allerdings vermuten, dass die Zeichnungen nicht direkt vor Ort, sondern im Anschluss an den Besuch als Gedächtnisstütze angelegt wurden. Dies könnte das Fehlen bestimmter Gebäudeteile und auch die teilweise differierenden Proportionen erklären.393 In der Barockzeit erfolgte eine radikale und umfassende Umgestaltung der gesamten Schlossanlage durch verschiedene Architekten, so dass heute von dem Zustand des Residenzschlosses zu Zeiten des Landgrafen Moritz nichts mehr zu erkennen ist.

Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [29] Die Grundrissskizze von der Hand des Landgrafen präsentiert die Schlossanlage in ihrem Zustand um 1630, wobei die nördliche Ecke rechts unten liegt. Außerhalb des umlaufenden Grabens ist rechts der Marstall angedeutet, während unten vor dem Graben „der Renplatz“ angegeben ist. Marstall und Schloss werden im Norden durch das Schlosstor verbunden, das einen direkten

390 vgl. Maier 2005 391 Christoph Philipp Hinold, Ausführl. Beschreibung von dem Ursprung, Alterthum und Merckwürdigkeiten der Hoch- Fürstl. Residenz Ansbach [...], 1755, S. 14 392 Maier 2005, S.26, Anm. 68 393 vgl. Maier 2005, S.58ff

206 Zugang bis zum Turm ermöglichte. Der Nordwest- und der Nordostflügel mit dem Treppenturm in der inneren Ecke werden durch die umlaufende mehrstöckige Galerie ergänzt, die einen äußeren Zugang zu den Raumfolgen im Innern ermöglichte. Nach Süden hin schließt sich der breite Dürnitz-Westbau an, der ebenso wie der Südbau mit dem massiven Rundturm noch aus der Zeit um 1400 stammte. Die dazwischen liegende alte Kapelle von 1417 wurde 1622 erweitert und überbaut. An dieser Stelle fehlt in Moritz Darstellung der parallel verlaufende Vorbau am Schlossgraben, der um 1470 erbaut wurde. Aus dieser Zeit stammte auch der Südostflügel mit dem „Roten Turm“ an der Hofseite, der durch ein zum Graben hin vorgelegtes Wirtschaftsgebäude ergänzt wurde. Die an dieser Stelle anschließenden Küchengebäude fehlen hier ebenfalls gänzlich. Die feststellbaren Diskrepanzen bezüglich des historisch belegten Baubestandes, sowie die sehr skizzenhaft und in einigen Proportionen ungenaue Zeichenweise legen den Schluss nahe, dass diese Zeichnung nicht direkt vor Ort, sondern später als Rekapitulation einer genauen Inaugen- scheinnahme angelegt wurde.

Innenhof von Nordosten 2° Ms. Hass. 107 [30] (Abb. Titel) Das Blatt zeigt eine Bestandsaufnahme des Schlosshofes von Nordosten, wobei der Nordostflügel der besseren Übersichtlichkeit halber im Erdgeschoß auf einer Linie oberhalb der Fenster ge- schnitten dargestellt ist. Am Übergang zum Nordwestflügel, der im Anschnitt gegeben ist, befindet sich der im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [29] achteckig dargestellte, hier aber rund eingezeichnete Treppenturm, der gemeinsam mit der Galerie die Erschließung des viergeschossigen Gebäudes gewährleistete. Der Südostflügel auf der linken Seite ist mit seinem geschweiften Stirngiebel deutlich als separates Bauwerk gekennzeichnet. Dieser erstreckt sich weit in die Tiefe bis zum Be- ginn des alten Südbaus, dessen Beginn durch den vorkragenden „roten Turm“ mit seinem spitzen Helm markiert wird. Ein kleiner Verbindungsbau schließt die Lücke zur Schlosskapelle, die 1622 durch zwei Fachwerkgeschosse überbaut worden war. Der Eingang erfolgte über die anschließen- de Dürnitz, die als massives Gebäude mit geschweiftem Treppengiebel den Hof dominiert. Daneben ist im Hof der Brunnen positioniert, der unter Markgraf Georg Friedrich erneuert worden war394 und über zwei Schalen von der Statue eines Ritters mit langer Lanze bekrönt wird. Einige Details (Brunnen, Kapelle) und die Maßangaben lassen in dieser Zeichnung eine Bestands- aufnahme des Landgrafen vor Ort vermuten. Auch hier fehlt aber ein Gebäude (der Vorbau im Süden), zudem lassen Ungereimtheiten in Bezug auf das Fachwerk und die Fenstergliederung zu- mindest auf einen sehr freien Umgang mit den vorgefundenen Realitäten schließen.

Ansicht von Südosten 2° Ms. Hass. 107 [31] (Abb. 128) Die detaillierte Vogelschau-Ansicht zeigt die Vierflügelanlage von Südosten, aus dem Bereich der Schlossvorstadt. Die an dieser Stelle skizzierten Gebäude (Reithaus, Jägerhaus) lassen sich an ähnlicher Stelle auch in dem 1642 datierten Kupferstich von Wenzel Hollar wieder finden.395 Entlang der im schiefen Winkel auf die Südostseite des Schlosses zulaufenden späteren Jäger- gasse waren zu diesem Zeitpunkt erst wenige Häuser errichtet, die in unmittelbarem Zusammen- hang mit dem fürstlichen Hof standen.396 Bei dem wehrhaft aufragenden Gebäude links am Wassergraben handelt es sich um den sogen. „Voitischen Turm“, eine Bastei in der hier an- schließenden Stadtmauer,397 deren Position allerdings nicht ganz korrekt angegeben ist. Die von Moritz bevorzugte Vogelperspektive mit einem relativ niedrigen Augenpunkt ermöglichte ihm, die komplexe Anlage des Schlosses mit seiner abwechslungsreichen Dachlandschaft und der mehrgeschossigen Galerie im Hof darzustellen, - ein Überblick, der so vor Ort gar nicht möglich

394 Maier 2005, S.63 395 Schuhmann 1971, Abb. S.36/37 396 Maier 2005, S. 245 397 Maier 2005, S. 67, Anm. 160

207 war. Der Nordwest- und der Nordostflügel heben sich nicht nur durch die vorgelegten Arkaden mit Korbbögen, sondern auch durch die Zwerchhäuser und den Turm in der Ecke vom älteren Bau- bestand ab. Allerdings muss man auch hier gewisse Ungenauigkeiten in der Darstellung konsta- tieren. So gab es an der Innenseite des Nordostflügels vermutlich nur drei, nicht vier Zwerch- häuser und der auf den anderen zeitgenössischen Ansichten zwei bis dreigeschossige Turm er- scheint auf ein Geschoß verkürzt und durch das Weglassen der Laterne vereinfacht. Auch die Anzahl der Arkadenöffnungen (fünf vor jedem Flügel und drei vor dem Treppenturm) differiert vom überlieferten Bestand. Die Darstellung der Südostfront mit der hinteren Schlossbrücke und dem massiven Rundturm am Südbau lässt zudem die beiden vorgelegten Küchengebäude mit den hohen Schornsteinen vermissen, die neben dem Wirtschaftsgebäude am Graben angelegt waren. Ebenso fehlt die spitze Turmhaube des „Roten Turms“ an der Hofseite, der aber auf den beiden anderen Ansbacher Blättern korrekt eingezeichnet ist. Auch wenn diese Zeichnung eine eindrucksvolle Ansicht der Anlage des Ansbacher Schlosses im Zustand der Renaissance-Zeit bietet, so lassen doch die an einigen Stellen feststellbaren Unge- nauigkeiten und Differenzen vermuten, dass es dem Landgrafen in seiner Zeichnung nicht auf historische Wirklichkeitstreue ankam, sondern er vielmehr sein Augenmerk auf bestimmte, ihn interessierende Eigentümlichkeiten des Baues legte.

Abb. 128 2° Ms. Hass. 107 [31] (Ausschnitt)

208 Auburg

Wilhelm Dilich, Entwurf für eine Amtskarte 2° Ms. Hass. 107 [32] (Abb. 5) Im Februar 1609 beauftragte Landgraf Moritz seinen Landvermesser Wilhelm Dilich, das Amt Auburg, eine hessische Exklave – heute im Landkreis Diepholz gelegen, zu vermessen, da es Auseinandersetzungen mit seinem dort ansässigen Halbbruder Philipp Wilhelm von Cornberg über die Landeshoheit gab. Nach Abschluß der Arbeiten wurde Dilich auf der Rückreise von Lüneburger Soldaten wegen des Verdachts der Spionage festgenommen.398 Die Zeichnung, ein Entwurf zu einer Landtafel des betreffenden Gebiets, entstand vermutlich in direktem Zusammenhang mit diesem Auftrag, wie das datierbare Wasserzeichen nahelegt. Sehr sorgfältig gibt Dilich das Gelände mit der Burg Auburg und der zugehörigen Dorfschaft Wagenfeld wieder, wobei er in der ihm eigenen Art minutiös jedes Haus einzeichnet. Geritzte Hilfslinien und Einstichpunkte lassen auf den Einsatz von Vermessungsinstrumenten schließen.

398 vgl. Stengel 1927, S. 11, Nieder 2002, S. 64

209 Bad Boll

Badeanlagen und Lustgarten, 1629 2° Ms. Hass. 107 [12] (Abb. 129) 1596 untersuchte Dr. Johann Bauhin im Auftrage von Herzog Friedrich I. von Württemberg den „Wunderbrunnen“ in Boll, eine Schwefelthermalquelle in fossilienreichem Gestein, die noch im gleichen Jahr gefasst und durch das von Heinrich Schickhardt errichtete Badehaus für den Kur- betrieb nutzbar gemacht wurde.399 Bereits 1598 erschien erstmals das mehrfach aufgelegte „New Badbuch“ des herzoglichen Leibarztes, das die Quelle, die Badeanlagen sowie die vermuteten Heilwirkungen ausführlich schilderte und damit die Grundlage für eine jahrhundertelang andauern- de Kurtätigkeit legte. 1823 bis 1827 wurde das Bad durch König Wilhelm I. von Württemberg grundlegend umgebaut und modernisiert, das Kurhaus wird noch heute genutzt.

Abb. 129 2° Ms. Hass. 107 [12]

Auf den 24. Juni 1629 datierte Landgraf Moritz seine Vogelschauansicht der Badeanlagen mit dem Lustgarten. Die Anordnung der Gebäude und des Gartens entspricht weitgehend der anschau- lichen Ansicht in Dr. Hieronymus Walchs "Ausführliche Beschreibung des Boller Bads", Heilbronn 1644 und 1655.400 Das eigentliche Badehaus mit dem „Herrn Bad“ und den Räumen des Herzogs und die direkt anschließende Herberge bestanden aus einem steinernen Erdgeschoß und zwei

399 vgl. Bad Boll 1995 400 Bad Boll 1995, Abb. 29

210 Fachwerkgeschossen unter einem hohen Satteldach. Auf der anderen Seite des abgeschlossenen Hofes sind diverse Nebengebäude gruppiert. Erwähnt sind namentlich ein „Viehauß“, ein „Marstal“, das „Bade Meister Hauß“ sowie die „Herrn Küche“. In ähnlicher Form erscheinen diese Gebäude auch in dem Kupferstich, allerdings in deutlich reduzierten Proportionen. In der Zeichnung des hessischen Fürsten erhält vor allem das Badehaus eine unverhältnismäßige Größe und Aus- dehnung, die das Gebäude scheinbar an die Herberge anstoßen lässt. Es fehlt zudem der 1598 an der Stirnseite des Badehauses aufgesetzte Glockenturm, während der durch Schickhardts Ent- würfe überlieferte Röhrenbrunnen401 im Hof sehr deutlich dargestellt ist. Das „Armen Bad“ und das „Brunn hauß“ mit den zwei charakteristischen Türmen, die außerhalb des Hofes lagen, ent- sprechen ungefähr der Darstellung des Stiches, wenn auch der tatsächliche Standort des Armen- bades nicht eindeutig geklärt ist. Die Anlage des symmetrisch gegliederten und mit der Mittelachse auf das Tor hin ausgerichteten Lustgartens wurde vermutlich von Bauhin und Schickhardt gemeinsam entworfen. Landgraf Moritz unterteilt den Garten in acht rechteckige, eingezäunte Parzellen, die mit lateinischen Pflanzen- namen betitelt sind und ein Nebeneinander von Küchen- und Kräutergarten dokumentieren. So sind neben „Bulbi“ (Zwiebeln) und „Radices“ (Wurzeln) sowie „Olera“ (Kohl) und „Legu- mina“ (Hülsenfrüchten) auch „Medicinales plantae“ und „Acetabula“ (Koriander) vorgesehen. Unklar ist, ob es sich hierbei um die vorgefundene Bepflanzung oder um Vorschläge des hes- sischen Fürsten handelt. Die eingezeichneten Maßangaben, die allerdings von den überlieferten Maßen differieren, suggerieren jedenfalls ebenso wie die Datierung eine Bestandsaufnahme vor Ort. Das im Stuttgarter Raum beheimatete Wasserzeichen stützt zudem die Annahme eines längeren Aufenthalts von Landgraf Moritz in dieser Gegend im Juni/Juli 1629, die auch durch in den Archivakten erhaltene Briefe bestätigt wird.402

401 Bad Boll 1995, S. 60 f. 402 Philippsburg 5.6., Göppingen 27.6., in: HStAM Best. 4a Nr. 38 /19

211 Bad Dürkheim

Das auf einer fränkischen Siedlung begründete Dürkheim erhielt 1359/60 erstmalig die Stadtrechte, die nach dem Verfall im 15. Jahrhundert erst 1700 wieder erneuert wurden. Auf dem höchsten Punkt des Ortes entstand um 1220 die Burg der Grafen von Leiningen, die als Sitz der Vasallen und Burgmänner diente. Nach teilweiser Zerstörung fungierte sie im 16. und 17. Jhdt. hauptsächlich als Witwenwohnsitz und Wirtschaftshof. Nach dem großen Brand von 1689 wurde sie 1725 durch die reformierte Burgkirche überbaut.403 Die mit ihrem Turm das Stadtbild überragende ehemalige St. Johannis Kirche (heute Schloss- kirche), um 1300 über einem älteren Bau errichtet, diente zeitweilig auch als Wehrkirche. Der mächtige Turm musste 1847 abgebrochen werden und wurde durch einen neogotischen Neubau ersetzt.404 Die Handzeichnungen des Landgraf Moritz, datiert auf den 5./6.August 1630, entstanden ver- mutlich anlässlich eines persönlichen Besuches während seines Aufenthaltes in Speyer im Juli/ August 1630. In der erhaltenen Korrespondenz mit seinem Quartiermeister wird jedenfalls die Möglichkeit eines Aufenthalts in „graff Friedrich Hauß Türckem“ - gemeint ist vermutlich Graf Friedrich X. von Leiningen-Dachsburg-Hardenburg (1593-1631) - erwähnt, das von Speyer drei Meilen entfernt sei.405 Wenige Tage später, auf den 10. August, ist zudem eine Zeichnung der westlich von Speyer gelegenen Wasserburg Marientraut (2° Ms. Hass. 107 [268] Abb. 136) datiert.

Abb. 130 2° Ms. Hass. 107 [319] (Ausschnitt)

Ehem. Burg mit Wirtschaftsgebäuden 2° Ms. Hass. 107 [319] (Abb. 130) Die Vogelschauansicht zeigt "die hartenburgische kellerey / in Türkheim", die als Wirtschaftshof dienende ehemalige Burg.406 Im Zentrum der Anlage steht das „schloß“, ein langgestreckter

403 vgl. Denkmaltopographie 1995/2, S. 36ff., Dautermann 1978 404 Dautermann 1978, S. 237ff. 405 Anweisung aus Speyer vom 24.7.1630 / Antwort vom 4.8.1630, in: HStAM Best. 4a 38/20 406 vgl. Dautermann 1978 S. 187ff.

212 viergeschossiger Bau mit hohem Dach neben dem von einer Laterne bekrönten Treppenturm, der in Merians Ansicht um 1646 allerdings deutlich höher und mächtiger dargestellt ist. Auf beiden Seiten schließen sich Höfe mit niedrigeren Wirtschaftsgebäuden an. Unklar bleibt, ob es sich bei dem großen Gebäude tatsächlich um den vorhandenen Bestand, oder um einen Entwurf des Landgrafen handelt. Im Vordergrund ist "der kirchof." mit einer kleinen Kirche eingezeichnet. Möglicherweise ist hier die Spitalkirche St. Jakob gemeint, über die nur wenig bekannt ist.

Ehem. Burg, Plan 2° Ms. Hass. 107 [320] Der skizzenhafte Plan gibt die in 2° Ms. Hass. 107 [319] (Abb. 130) geschilderte langgestreckte Anlage mit dem zentralen Gebäude und den beiden angrenzenden Höfen wieder. Die auf der linken Seite aufgeführten “Data zu Türkheim“ verzeichnen die Maße der einzelnen Gebäude, wobei die Identifizierung aufgrund der fehlenden Beschriftung im Plan nicht immer eindeutig ist.

Ehem. St. Johannis Kirche (Schlosskirche) 2° Ms. Hass. 107 [321] Die auf den 6. August 1630 datierte Zeichnung des Landgrafen ist betitelt: "die kirche sampt der Schule und kirchof. Und Westgesichte [?] des hauses Türkheim / uff dem Songarte, den graven zu leinig[en] zustendig“. Sie zeigt die ehem. Kirche St. Johannis (heute Schlosskirche) mitsamt ihrem markanten, in ähnlicher Form bei Merian abgebildeten zinnenbekrönten Westturm und der südlich angebauten Grabkapelle der Grafen von Leiningen.407 Bei der in der Beischrift erwähnten Schule handelt es sich um die 1606 von Graf Emich IX. begründete Lateinschule.408

407 vgl. Dautermann 1978, S. 237f. 408 Becker-Bender 1977, S. 39

213 Bad Ems

Das Bad in Ems mit den Thermalquellen, die zu Trink- und Badekuren genutzt wurden, gehört zu den ältesten Heilbädern nördlich der Alpen. Um 1320 erstmals erwähnt, herrschte hier bald ein reger Badebetrieb mit zahlreichen Gästen, weltlichen wie geistigen Herren.409 Seit 1479 gehörte die Vogtei Ems gemeinschaftlich den Landgrafen von Hessen (infolge des Katzenelnbogischen Erbes) und den Grafen von Nassau. Dies führte immer wieder zu Streitig- keiten, vor allem in Bezug auf notwendige Baumaßnahmen.410 Neben dem seit dem Ende des 14. Jahrhunderts vorhandenen nassauischen „Oberbad“ lag das katzenelnbogische „Unterbad“, dazu kamen weitere Badehäuser, die alle aber Mitte des 16. Jahrhunderts erneuerungsbedürftig waren. Am 5. Juni 1581 schlossen die beiden Brüder Wilhelm IV. und Philipp von Hessen einen Vergleich mit dem Grafen von Nassau, wonach Hessen „wegen des mehrfach verspürten Raummangels im Bade Ems an dem Thurm daselbst einen neuen stattlichen Bau von circa 100 Schuh errichten darf“411. Schon vorher war allerdings mit den Bauarbeiten am neuen Badehaus direkt an der Lahn in unmittelbarer Nähe der Thermalquellen begonnen worden, das zwei Jahre später vollendet war.412 „Hat in anno 1583 der fürneme Fürst Landgraff Wilhelm zu hessen / hochlöblicher gedechtnus / ein fürstlichen baw mit uberaus vielen bequemlichen gemachen dem bahdenden zu underhalt und herberg zurichten unnd setzen lassen“ schreibt Dilich in der Hessischen Chronica.413 Ein Einrichtungsinventar von 1583 bestätigt den Abschluß der Arbeiten.414 Erst 1913 wurde dieser Bau end-gültig abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die bisher nicht bekannten Zeichnungen und Schriftstücke stammen aus der Planungsphase des Gebäudes, die nach Ausweis der Akten415 bereits 1577 mit grundsätzlichen Überlegungen ein- setzte. Der große Aufriss stammt von Hans Müller, dem Sohn des Kasseler Hofschreiners und Baumeisters Christof Müller, der 1580 von Landgraf Wilhelm IV. nach Ems beordert wurde, „Welchermaßen wir vorhabens seindt einen baw zu Embs zuvergroßerung des badts, auch vonn deßwegen das wir sambt den unsern wenn wir das badt prauchen desto beßer underkommen konnen, vorzunehmen“416. Die von ihm signierte und auf 1580 datierte Zeichnung dürfte in diesem Zusammenhang entstanden sein.

Hans Müller, Aufriss, kombiniert mit Schnitt und Grundriss, 1580 2° Ms. Hass. 107 [96] (Abb. 131) Die "Abreißung des Baues / zu Embs" (rückseitiger Titel), im Zwerchgiebel signiert: "HANS MULLER / 1580" (Abb. 14), kombiniert untereinander auf einem großformatigen Blatt einen Aufriss in schwarzer Feder, in den in roter Feder ein Längsschnitt integriert ist, mit einem Grundriss des Kellers, in den in gleicher Weise mit roter Tinte ein Erdgeschossgrundriss eingezeichnet ist. Deut- lich wird, wie sich der Baumeister die Verbindung der alten und neuen Bauteile vorstellt. Die Ge- schossgliederung des Neubaus orientiert sich am alten Bestand, wobei im hohen Erdgeschoß ein zusätzliches Zwischengeschoß eingezogen ist. Die Einzeichnung von Öfen in diversen Räumen sowie der prächtige Kamin im großen Saal verdeutlichen, dass hier ein besonderer Komfort angestrebt war, da das Bad ja ausschließlich für die fürstliche Hofgesellschaft vorgesehen war. Bereits im August 1579 hatte Landgraf Wilhelm IV. , der mehrfach zu Kuraufenthalten in Ems weilte, in einem Brief an den Grafen von Nassau festgelegt, dass in dem neuen Bad: „zween bade katen, einen vor die hern, / den andern vor das Frawenzimmer, sambt zweien Außziehe stub,, / lein, so hartt an den baden stehen sollen, zupringen, und darzu / die zwo Adern, so in der Lahn

409 vgl. Sarholz 1994 + 2004 410 vgl. Kloft 1963/64 411 zitiert nach Stemmler 1925, S. 118 412 vgl. Henche 1926, S.103-111 413 Dilich 1605, S. 49 414 HStAM Best. 40e Nr. 745 415 HStAW Abt. 171 Nr. E 549, HStAM Best. 4a 25/28 416 Anordnung vom 26. April 1580, in: HStAM Best. 4a 25/28

214 stehen, zugebrauchen, damit wir / oder ander hern daselbsten unsern handel allein hetten, undt andern / gute leuthe in den andern baden, nicht verhindert oder betrengt / würden“417. Im Erdgeschoß ist demgemäß im alten Bau ein mittig unterteilter Raum mit Badebecken einge- zeichnet, der von zwei beheizbaren Vorräumen begleitet wird. Zwei Wendeltreppen erschließen die verschiedenen Geschosse, wobei allerdings die der Stirnseite vorgesetzte Treppe offensicht- lich nicht mehr genutzt werden sollte, wie die schwarzen Schraffuren in den Türöffnungen an- deuten. Die in das Gebäude integrierte Wendeltreppe zwischen altem und neuem Bau ist in diesem Fall so eingesetzt, dass sie horizontale und vertikale Verbindungswege eröffnet. Hans Müller, „unseres bawmeijsters Sohn“, war im April 1580 zusammen mit Hans Wetzel zur Planung des Bades nach Ems geschickt worden. Am 23.8.1580 bestätigt Landgraf Wilhelm IV. in einem Brief an Hans Müller den Erhalt von „zweijen Abreijßungen“, wobei er vermerkt, dass ihm der von einem Mainzer Baumeister verfertigte Entwurf (über den nichts weiter bekannt ist) nicht gefalle und deshalb nicht zur Ausführung kommen solle. 418 Somit kann man davon ausgehen, dass der Entwurf des Kasseler Baumeisters umgesetzt wurde. Die Ansicht von Merian 1655,419 die auch Daniel Horsts Beschreibung des Bades von 1676 zugrunde liegt, zeigt dementsprechend das neue Gebäude von der Lahnseite in sehr ähnlicher Gestaltung.

Abb. 131 2° Ms. Hass. 107 [96]

417 Brief vom 20.08.1579, in: HStAW Abt. 171 Nr. E 214 418 HStAM Best. 4a 25 Nr. 28 419 Sarholz 1994, Abb. 18

215 Unbekannter Zeichner, Wasserleitung 2° Ms. Hass. 107 [97] Die extrem langgestreckte Zeichnung, die auf zwei zusammengeklebten Blättern angelegt wurde, beschreibt den Verlauf der Röhren von der Quelle bis an das hessische Badehaus, erläutert links: "Von disser quellen an ist zwej hundert und sex und dreissig schue biß an daß / Hesse Hauß." Die Bemühungen um die Fassung der „Adern“, der Quellen, die die Badebecken speisen sollten, werden in der Korrespondenz mehrfach erwähnt. “Die hessischen Absichten gingen vor allem dahin, zwei innerhalb des Lahnbettes festgestellte Quellen zu fassen und in den neu zu errichtenden Bau zu leiten“420.

Bericht über das Bauvorhaben eines hessischen Badehauses 2° Ms. Hass. 107 [99] Der ausführliche "Bericht des Embser / Baws", der offensichtlich aus der bereits 1577 ein- setzenden Planungsphase für das neue hessische Badehaus stammt, schlägt vor „das die Behaussung uber dem verfalle,, / nen Baede, Landgravisch pliebe, so konthe / man allerhand gutte / gelegenheijt, mitt / Keller, Kuchen, und anderen Gemachen vor / die vom adell zuerichten“. Desweiteren heißt es, es sei nötig, „das Inn der theilung außtrucklich / gesezt und versehen wurde, Das Hessen / die warme undt kalte Adern, so izo unten / beij der Pfortten in der Löne gefast werden, / uber das Nassauisch theil, In das Fursten Badt zufuhren macht haben sollte“. In der Folge wird festgehalten: „Wan man mitt vorhabendem Baw, uff hessischem / grundt und Bodden pleiben will, so khan der,, / selbige Baw nicht großer werden, als 40. Schue / lang und 33 Schuech breidt, […] Ist aber zu verhoiffen, / Es werde das Neue Fursten Baedt, krefftig / werden, als der andern keins, dieweill die / eine ader zuviel warm, das man das warm / waßer mitt der kalten Adern wirdet abkulen / mußen, wan man will“. Der Text schließt mit Vorschlägen wie und wo man „Werkmeister undt Arbeits Leuthe“ bekommen sowie „Holz und Steine die Löne herauff“ schaffen könne. Es handelt sich vermutlich um den Bericht eines Baumeisters - in Frage kommen vor allem Christoph Müller oder Hans Wetzel - der 1579/80 mit den konkreten Vorbereitungen des neuen Emser Badehausbaues beschäftigt war.

Kostenvoranschlag für den Bau des hessischen Badehauses, 1581 2° Ms. Hass. 107 [98] Der "Anschlagk des Bawes zu Embs / Actum Cassel am 7. Januarij Anno 1581", enthält eine Auflistung der benötigten Posten beginnend mit "Bauschreiber" (34 Wochen) und „Baumeister“ (16 Wochen), die beide interessanterweise den gleichen Wochenlohn („2 fl. 10 alb.“) erhalten, d.h. im Baubetrieb als gleichrangig angesehen wurden.

Baurechnung für das hessische Badehaus, 1581 2° Ms. Hass. 107 [100] Im "Extract / Der Embser Baurechnunge de Anno Domini / 1581" werden entsprechend dem Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [98] detailliert die kompletten Baukosten für die Wochen 13 (März) bis 53 (Dezember) dieses Jahres aufgelistet, beginnend mit dem Baumeister, der 27 Wochen tätig war, während der Bauschreiber während der gesamten Zeit im Lohn stand. Enthalten sind auch die Kosten für diverse Baumaterialien. Am Schluß (fol. 5 verso) sind noch Kosten angeführt, die am alten Gebäude anfielen: "Nachvolgende Posten seint im Anschlage / des neüen Bawes nit angeschlagen, sondern / auff dem altten Bau gangen“.

420 Kloft 1963/64, S. 45

216 Cadolzburg

Ansicht des vorderen Burghofs von Südosten, 1629 2° Ms. Hass. 107 [88] (Abb. 132) Die burggräfliche Dynastenburg der fränkischen (Hohen-)Zollern über dem gleichnamigen Ort war bis zum zweiten Weltkrieg eine der besterhaltenen Burgen in Deutschland. Die im Kern aus dem 13. Jahrhundert stammende Burggrafenburg wurde später mehrfach ausgebaut. Vor allem Mark- graf Albrecht Achilles von Brandenburg sorgte im 15. Jahrhundert für einen repräsentativen Aus- bau des „Alten Baues“ im Westen der Anlage. Damit einhergehend wurden auch die Befesti- gungsanlagen verstärkt. Im 16. Jahrhundert erfolgte der Ausbau des „Neuen Baues“ im Osten, der unter Marggraf Georg Friedrich d.Ä. abgeschlossen wurde. Später nutzten die Burggrafen die Cadolzburg vornehmlich als Jagdschloss und Verwaltungssitz. 421

Abb. 132 2° Ms. Hass. 107 [88]

Die eigenhändig signierte und datierte Zeichnung "der schloßhoff zu / Cadolzburg in der Burggrafschaft / Nörrenberg; in Franken; deliniert / den 12 Octobris 1629. M.H.L." präsentiert eine Ansicht des vorderen Hofs der Hauptburg, wobei die südlichen Gebäude am Eingang im Horizontalschnitt gegeben sind, um den ungehinderten Blick in den Innenhof zu ermöglichen. Gezeigt wird der Baubestand, der im Wesentlichen noch heute vorhanden ist. Im „Vorhof“ liegt neben dem „Ambthauß“ auf der Linken der um 1600 angelegte „lustgarten“ mit der angrenzenden

421 vgl. Burger 2005

217 „schwemme“ und dem „alten Caplanshauß“ auf der rechten Seite. Hinter dem Schloßgraben er- streckt sich neben dem „schmalen Thurm“, dem ehemaligen Bergfried, die Mantelmauer mit dem "umbgang zum schloß" sowie rechts ein "schön altanus baw", womit die Terrasse auf dem Ge- bäude zwischen dem Torturm und dem Giebel des Neuen Baues gemeint ist. Daran schließt sich der dreigeschossige "neue Bau" an, der nahezu die gesamte Ostseite einnimmt. Neben dem Treppenturm folgt an der Stirnseite "der alte bau mitderhalben galerie", die Kapelle mit dem Fach- werkgang im Obergeschoß.422 Unmittelbar verbunden ist diese mit dem hohen Gebäude, be- zeichnet als "der alte bau darin / Heinrich von Solms [?] Kinder logieren" (Heinrich von Solms war seinerzeit Oberamtmannn zu Cadolzburg). Der südlich anschließende "alte küchenbau" ist heute nur noch in reduzierter Form erhalten. Die Schilderung der örtlichen Verhältnisse wirkt weitgehend getreu, die spezielle Perspektive und die Schattierung der Gebäude legen allerdings die Frage nahe, ob die Zeichnung anhand eines hölzernen Modells entstanden ist, das möglicherweise vor Ort vorhanden war. Die Datierung bringt das Blatt in den Kontext einer Reise im Herbst 1629, die Landgraf Moritz am 3. Oktober nach Coburg (2° Ms. Hass. 107 [89] recto oben, Abb. 133) und am 19. Oktober nach Wertheim am Main (2° Ms. Hass. 107 [340], Abb. 146 + [341]) geführt hatte. Die rückwärtig notierte Ziffer „50.“ bezieht sich auf das alte Übergabeverzeichnis von 1786 (2° Ms. Hass. 107a).

422 Burger 2005, S. 112

218 Coburg

Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen hatte im Torgauer Teilungsvertrag von 1541 seinem Stief- bruder Johann Ernst den Coburger Landesteil als eigenständiges Herzogtum zugewiesen. 1543 begann dieser daraufhin mit dem Ausbau des Stadtschlosses Ehrenburg - zusätzlich zu der Resi- denz auf der Veste - auf den Mauern des säkularisierten Barfüßerklosters am Rande der Altstadt. Dies bot ihm die Möglichkeit einer Ausdehnung der Anlage über den späteren Schlossplatz bis hin zum Hofgarten am Abhang der Veste. An dem Bau beteiligt waren u.a. Caspar Vischer und Nicolaus Gromann.423 1547 konnte man bereits Teile der Anlage beziehen und dort Kaiser Karl V. empfangen. Herzog Johann Casimir, der im Erfurter Teilungsvertrag den nach dem Tode des kinderlosen Herzogs 1553 wieder an Sachsen gefallenen Landesteil zusammen mit seinem Bruder Johann Ernst zugesprochen bekam, ließ ab 1589 den noch heute erhaltenen Trakt an der Stein- gasse ausbauen und 1623 nach Plänen des Bamberger Baumeisters Giovanni Bonalino den Altanbau als Abschluss des vorderen Hofes nach Osten errichten. Seit 1735 blieb die Anlage der Ehrenburg mit ihren drei Höfen durchgängig die Stadtresidenz der Coburger Herzöge. Zwischen Landgraf Moritz und Herzog Johann Casimir bestand ein reger Briefwechsel, da sie auf politischem Gebiet zusammenarbeiteten.424 Bereits 1605 war der Coburger Fürst in Kassel zu Be- such gewesen. Der durch die Datierung einer Zeichnung auf den 3.10.1629 und erhaltene Schrift- stücke425 belegte Besuch des Landgrafen in Coburg gehört in den Zusammenhang einer Reise, die ihn im weiteren Verlauf auch nach Cadolzburg (12.10., 2° Ms. Hass. 107 [88], Abb. 132) und Wertheim (19.10., 2° Ms. Hass. 107 [340], Abb, 146 + [341]) führte.

Abb. 133 2° Ms. Hass. 107 [89] recto

423 vgl. Bachmann 2009 424 HStAM Best. 4a 40/23 425 in: HStAM Best. 4a 38/19

219 Stallhof und Garten 2° Ms. Hass. 107 [13] Die skizzenhafte Darstellung gibt eine Vogelschau vom hinteren Stallhof der Coburger Schloss- anlage von Norden samt dem davor gelegenen Garten mit Ballhaus und Lusthaus. Oberhalb der Darstellung befinden sich noch eine arithmetische Rechenoperation (links) sowie ein Text mit Maß- angaben zu den dargestellten Flächen.

Ansicht von Süden 2° Ms. Hass. 107 [89] recto oben (Abb. 133) Die Zeichnung zeigt eine Vogelschauansicht von Süden mit den angrenzenden Stadthäusern (links) und dem Garten mit dem „lusthauß“ (rechts). Im Zentrum steht der alte Vorhof des Schlosses mit dem heute noch zu besichtigenden, 1590 bis 1595 errichteten neuen Trakt an der Steingasse mit den Zwerchgiebeln und dem Prunktor.426 Allerdings fehlt hier der prächtige Erker an der linken Ecke.

Lateinische Beschreibung des Schlosses 2° Ms. Hass. 107 [89] recto unten links (Abb. 133) Der lateinische Text beschreibt die Coburger Schlossanlage mit den drei verschiedenen Höfen („proaulio“, „media aula“, „postaulio“) und dem Wassergraben („fossa aquis plena“). Erwähnt werden auch die Gärten „ultra fossam hortuli amoenissimi“.

Figurenstudie 2° Ms. Hass. 107 [89] recto unten rechts (Abb. 133) Der Zusammenhang der Figurenstudie mit den anderen Darstellungen auf dem Blatt ist unklar. Dargestellt sind eine männliche Figur in zeitgenössischer Tracht mit szenischem Gestus, dazu weitere Masken- und Bekleidungsstudien. Möglicherweise handelt es sich um eine Bühnenfigur.427

Skizze der drei Höfe 2° Ms. Hass. 107 [90] Die skizzenhafte Darstellung gibt die drei hintereinander liegenden Höfe der Residenz ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [89] von Süden wieder.

426 Katalog Coburg 1964, S. 9 427 vgl. Katalog Lemgo/Kassel 1997, Kat.Nr. 340

220 Düsseldorf

Ansicht von der Stadtseite 2° Ms.Hass.107 [93] (Abb. 134) Die 1521 zur Residenz erhobene Schlossanlage der Herzöge von Jülich-Cleve-Berg im Bereich der Einmündung der Düssel in den Rhein hat ihren Ursprung in einem befestigten Haus der bergischen Grafen im 14. Jahrhundert.428 Der Umbau der Burg zur Dreiflügelanlage erfolgte in der ersten Hälfte des 15. Jhdt. Nach dem großen Brand von 1510 erfolgte der Um- und Wiederaufbau z.T. nach Plänen von Allessandro Pasqualini. Landgraf Moritz zeichnete erstmals die Stadtfront der am Rhein gelegenen, zur Stadt hin mit einer Zinnenmauer abgeschlossenen dreiflügeligen Schlossanlage mit Renaissancegiebeln und beidseitigen Türmen. Der Mittelflügel mit den Arkaden wird durch einen Treppenturm zugänglich, den Moritz entgegen der Realität wohl aus Symmetrie- gründen genau in die Mitte setzt. Dem Drang des Landgrafen zur Regularisierung entsprang wohl auch der Rundturm am Südostflügel, der in anderen Darstellungen stets auf quadratischem Grundriss dargestellt ist.429 Ähnlich kann man vermutlich auch das Fehlen des eigentlich vor dem Schloss verlaufenden Grabens interpretieren, der hier nur auf der linken Seite entlang des Lust- gartens eingezeichnet ist. Am Brückenzugang erhebt sich die mit doppelstöckigen Arkaden ge- schmückte Ehrenpforte, die 1583 aus Anlass der Hochzeit von Johann Wilhelm von Jülich-Kleve- Berg errichtet wurde. Das Terrain des Lustgartens wird begrenzt von "Rathauß" und "Cantzley“ an der Südseite sowie vom "Balhauß" an der Rheinseite, das durch eine "galerie", einen überdeckten Laufgang, direkt mit dem Schloss verbunden wird. Auf der anderen Seite des Schlosses trennt ein „holtzplatz“ die fürstliche Anlage von den Bürgerhäusern, die auch im Vordergrund der Zeichnung summarisch angegeben sind. Wie auch in anderen Ansichten des Landgrafen Moritz von real existierenden Schlossbauten bietet diese Vogelschau des Düsseldorfer Schlosses eine Darstellung, die bis zu einem gewissen Grad auf der Realität beruht, in den von ihm vorgenommenen Veränderungen aber seine eigenen Ideal- vorstellungen spiegelt. Die auf den 14.8.1629 datierte Zeichnung entstand während einer Reise, die von Frankfurt aus nach Ausweis der Korrespondenz430 weiter bis nach Frankreich führen sollte, woraus aber, wie bei vielen seiner in den letzten Lebensjahren geplanten derartigen kostspieligen Unternehmungen, letztendlich nichts wurde.

Abb. 134 2° Ms.Hass.107 [93]

428 vgl. Küffner/Spohr 1999 429 Küffner/Spohr 1999, S. 61 430 HStAM Best. 4f Frankreich 1268

221 Hardenberg b. Velbert-Neviges

Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [193] (Abb. 135) Das Schloss Hardenberg, das heute zu Velbert-Neviges im Kreis Mettmann gehört, steht auf dem Gelände der ehemaligen Wasserburg der 1145 erstmalig erwähnten Grafen Hardenberg. Ur- sprünglich hatten diese ihren Burgsitz auf dem nahe gelegenen Hardenberg, verlegten diesen aber in der zweiten Hälfte des 13. Jhdts. ins Tal. Die zum Herzogtum Jülich-Kleve-Berg gehörende Burg und Herrschaft gingen 1525 an die Herren von Bernsau über, die die Reformation einführten. 1682-96 wurde das Herrenhaus nach einem Brand umgebaut. Die heute in einen Park einge- bettete Schlossanlage wird als Kulturzentrum genutzt.431 Landgraf Moritz hat das Anwesen vermut- lich 1629 von Düsseldorf (2° Ms. Hass. 107 [93], Abb. 134) aus aufgesucht. Seine Zeichnung zeigt die aus Hauptburg und Vorburg bestehende Anlage. Neben dem „vorhoff“ mit dem Marstall und weiteren Wirtschaftsgebäuden liegt der „grosse Sehe“. Das rechteckige „haus hardenberg“ besitzt mit seiner, hier abweichend von der Realität absolut regelmäßig eingezeichneten Ringbefestigung mit vier runden Ecktürmen zwischen innerem und äußerem Wassergraben eine wehrtechnisch be- deutsame Befestigung. Der fürstliche Wohnsitz war im 15. Jhdt. neu errichtet worden. Es soll sich jedoch damals - im Gegensatz zu der Darstellung des Landgraf Moritz - um einen Winkelbau ge- handelt haben, der erst in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderte zu einem geschlossenen Rechteckbau ergänzt wurde. Möglicherweise handelt es sich deshalb hier um einen Idealentwurf des hessischen Fürsten auf der Basis der damals vorhandenen Gegebenheiten.

Abb. 135 2° Ms. Hass. 107 [193]

431 vgl. Hansmann/Knopp 1981, S.240f., Wrobleski/Wemmers 2001, S. 62f.

222 Heidelberg

Die beiden Heidelberg zugeordneten Graphitstudien stammen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von der Hand des Landgrafen Moritz. Wie ein Vergleich der Handschrift nahelegt, handelt es sich vermutlich aber um denselben, bisher unbekannten Zeichner, der auch die Ansicht des Butzbacher Landgrafenschlosses (2° Ms. Hass. 107 [87]) und möglicherweise noch weitere der wenigen Graphitzeichnungen im Bestand angefertigt hat. Die ausführlich beschrifteten Zeichnungen, die Vogelschauansicht und Plan verknüpfen, zeigen Details des Befestigungswerks der Stadt („Trutzkaiser“, „Trutzbayer“, Hornwerk am Schlossgarten) und sind zwischen 1622 und 1632 zu datieren.

Unbekannter Zeichner, Ruine von "Trutzkaiser" und "Trutzbayer" auf dem Gaisberg 2° Ms. Hass. 107 [195] Die Recto-Zeichnung zeigt im Vordergrund die südwestliche Ecke der Stadtbefestigung mitsamt den Plänen der Bollwerke von „Trutzbaijer“ und „Trutzkaijser“, hier gezeichnet und beschriftet als „ruine“. Der sog. Trutzkaiser war 1462 von Kaiser Friedrich II. am Hang des Gaisbergs errichtet worden, 1621/22 kam der sog. Trutzbayer hinzu.432 Beide waren mit einer Brustwehr untereinander verbunden und durch einen Laufgang fest an die Stadtbefestigung angeschlossen. Im September 1622 wurden beide von Tillys Truppen erobert und zerstört. Die westlich davor gelegene Schanze, genannt „Tabakspfeif“ (hier bezeichnet als „Redoutte“), sowie das „Hornwerk“ dienten dazu, das Neckartal abzuriegeln und den Zugang zu kontrollieren,433 sie sind allerdings in dieser Zeichnung sehr dicht am Trutzkaiser positioniert und entsprechen damit nicht dem damaligen Zustand. Die am linken Bildrand eingezeichnete doppelte Schanze gehört ebenfalls nicht an diese Stelle, vielmehr handelt es sich vermutlich um ein Teil der auf der Rückseite und in dem zweiten Blatt dargestellten dreifachen Schanze vor dem Schlossgarten im Osten der Stadt. Die beiden kleinen Detailskizzen auf der Rückseite zeigen zum einen das „Hornwerg hinderm hohen garten“, die auch in 2° Ms. Hass. 107 [196] dargestellte Befestigung vor dem Schloss- garten, und das „Hornwerg vor der brücken“, d.h. das Außenwerk an der Brücke auf dem nörd- lichen Ufer des Flusses.

Unbekannter Zeichner, Hornwerk am Schlossgarten 2° Ms. Hass. 107 [196] In der zweiten Graphitskizze ist wiederum ein Teil der Befestigung der Stadt Heidelberg dargestellt, in diesem Fall die südöstliche Ecke, wo der ungeschützte Schlossgarten lag.434 Aus diesem Grunde legte man hier ein dreifach gesichertes, vorgeschobenes Außenwerk an, das „Hornwerg am Schloß“. Der Zeichner gibt zwei der inneren Befestigungen an, dazu den Laufgang, der zu einer weiteren viereckigen Schanze im Fasanenwäldchen führte, gekennzeichnet als „redoute“ zur Sicherung des Vorfeldes. Der „Lustgarte“ hinter dem Burggraben neben dem Turm (sog. „Seltenleer“) und die weitere Umgebung sind nur angedeutet.

432 vgl. Derwein 1940 433 vgl. Merz 1956 434 Merz 1956, S. 155

223 Marientraut b. Speyer

Ansicht von Osten, 1630 2° Ms. Hass. 107 [268] (Abb. 136) Von Speyer aus, wo Landgraf Moritz im Juli 1630 längere Zeit verbracht hatte, reiste er mit seinen Söhnen Friedrich und Moritz im August nach Dürkheim (datierte Zeichnungen vom 5. und 6.8.). Vermutlich auf der Rückreise nach Speyer machte man dann in Marientraut (Mergentraudt) bei Hanhofen Halt, wo die Zeichnung des "f. Bischoflich / Speyrisch hauß Mergen / traudt. 1630. / den 10 Aug: / M.H.L." entstand. Die ehemalige Burg der Speyerer Bischöfe, eine Wasserburg, war 1414 von Bischof Raban zur Festigung der Ansprüche des Bistums und zur Kontrolle der Wasserquellen Speyers errichtet worden. Zu dieser Zeit erhielt sie auch ihren Namen, der mit der Anfertigung eines steinernen Marienbildes einherging. 1417 von Speyerer Bürgern zerstört, wurde die Anlage 1464 bis 1471 auf vergrößerter Fläche weitgehend neu erbaut und mit einer turmbesetzten Mauer und einem Wassergraben geschützt. Mit der Errichtung der Festung Philippsburg 1623, verlor sie ihre militärische Bedeutung und fungierte weiterhin als Amtssitz. Nach mehreren Zerstörungen wurde 1722 auf dem Gelände der Hauptburg ein barockes Schlösschen erbaut, das während der französischen Besetzung 1792 – 1794 vollständig niederbrannte.435 Die Zeichnung des Kasseler Fürsten gibt in der charakteristischen schrägen Vogelschau ein an- schauliches Bild der Anlage, die von einem Wassergraben umgeben ist und von großen Baum- gärten und von vier Fischteichen begleitet wird, wobei eine Windrose eine genauere Verortung ermöglicht. Eingerahmt von einer Mauer mit Ecktürmen und zugänglich über einen Torbau mit Zug- brücke präsentiert sich die ehemals als Festung dienende Anlage als Abfolge von zwei nahezu quadratischen Höfen, wobei der bischöfliche Wohnsitz noch einmal besonders gesichert ist. In dieser Form stimmt die Zeichnung weitgehend überein mit den Bauaufnahmen von 1720 im Landesarchiv Speyer436, allerdings fehlt der innere Wassergraben. Ebenso wie die auffällig sym- metrische Anlage der Nebengebäude könnte dies eine Indiz dafür sein, dass Landgraf Moritz hier eine aus seiner Sicht „verbesserte“ Ansicht der zu seiner Zeit offensichtlich noch sehr eindrucks- vollen Wasserburg präsentiert.

Abb. 136 2° Ms. Hass. 107 [268] (Ausschnitt)

435 vgl. Hildenbrand 1922, Alexander Thon, Hanhofen in: Kleddigkeit, 2002 436 Landesarchiv Speyer Best. W 1, 2052-2056

224 Plesse

Die 1015 erstmalig erwähnte Burg Plesse, östlich von Bovenden (Kreis Göttingen) auf einem Berg- sporn gelegen, war seit 1150 Sitz der Edelherren von Plesse. 1447 begründeten diese aus poli- tischen Gründen ein Lehensverhältnis mit den Landgrafen von Hessen, das 1571 durch den Tod Dietrichs IV. von Plesse erlosch.437 Die wehrhafte Burg fungierte fortan als hessischer Amts-sitz. Landgraf Moritz plante zu Beginn der zwanziger Jahre einen Ausbau der Befestigung438 und nutzte die hessische Exklave 1624/25 als sicheren Zufluchtsort für sich und seine Familie, als die Kriegs- ereignisse ihn zur Flucht aus Kassel zwangen. Seine Zeichnungen, die die Burg und ihre Befestigungen von allen Seiten zeigen, entstanden höchstwahrscheinlich sämtlich in Zusammenhang mit den Aufenthalten 1624/25 und belegen sein Bemühen um eine Sicherung der Anlage durch ein modernes Bastionärsystem, wie es die zeit- genössischen Architekturbücher propagierten.439 Vor allem beschäftigte ihn das Projekt, ein neues Außenwerk an der Ostseite der Burg anzulegen, um damit das Tor zu schützen.440 Die dafür ver- anschlagten Baukosten konnten aber nicht aufgebracht werden.441 1627 wurde die Burg aufgrund von Streitigkeiten zunächst an die Landgrafen von Hessen-Darmstadt übergeben, gelangte aber wenig später in die Rotenburger Quart, das Erbteil der Kinder aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz. 1660 wurde die Burg als Amtssitz aufgegeben und diente als Steinbruch. Im 18. Jahrhundert als romantische Ruine verklärt, wurde der weitere Verfall ab 1820 durch Sicherungsarbeiten auf- gehalten.

Hauptburg mit Entwurf für Befestigung 2° Ms. Hass. 107 [278] verso Die Vogelschauansicht ist von Westen gesehen und zeigt den Burgbereich vom Eichsfeld bis zum großen Turm. Der Zugang erfolgte von Südosten über den Vorhof durch das Pforthaus zum Mittelhof mit dem kleinen Turm und von dort aus über die Rampe zum „schloßhoff“. Westlich des Turmes lag das „Eichsfeldt“, von dem aus man in den lang gestreckten Zwinger auf der Nordseite gelangte, der sich bis zum „Catzengarten“ erstreckte. Unterhalb dieser Anlage skizzierte Landgraf Moritz hier eine weitere Befestigung, die weitgehend dem Verlauf der vorhandenen Mauer folgen sollte.

Burg mit Entwurf für Befestigung von Südwesten 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben (Abb. 137) Für die Zeichnung der Burg von Südwesten benutzte der Landgraf ein bereits benutztes Blatt, wo- rauf die Textbruchstücke am oberen Rand zurückzuführen sind, die zum Teil bis in die Zeichnung reichen. Die sorgfältige beschriftete Ansicht verzeichnet im Mittelhof das „Backhauß“ und die „Capelle“ neben dem kleinen Turm. Auf dem Eichsfeld liegt das Haus für die „Corp de Garde“, ursprünglich eine Mühle, die Landgraf Moritz für seine Wache umbauen ließ.442 Hinter dem "schloßthor" folgt der Hof der Kernburg mit den einander gegenüberliegenden Bauten von "Alter hern baw" und "Neuer hern Baw" sowie den westlich anschließenden Gebäuden. Bei dem namentlich genannten „Marstall“ handelt es sich möglicherweise um jenen Neubau, den der Amtmann 1605/06 errichten ließ.443 Kennzeichnend für alle diese Bauten ist die einheitliche Verwendung von Fachwerkkon- struktionen, wobei die beiden großen Wohngebäude und die Kapelle aber noch über eine hohe,

437 vgl. Last 1977, Aufgebauer 2000 438 vgl. die Akte im HStAM Best. 4f Plesse 500 439 vgl. etwa Specklins „Architectura von den Vestungen“ von 1589 oder Wilhelm Dilichs „Kriegsbuch“ von 1608 440 HStAM Best. 4f Plesse Nr. 500 + 503 441 Last 1977, S. 150 442 Last 1977, S. 108 443 Last 1977, S. 144

225 steinerne Basis verfügten. Unterhalb des “Eichsfeldes“ hat Landgraf Moritz in diesem Fall eine weitere Befestigung mit Bastionen eingezeichnet, die, wie die ballistischen Linien verraten, eine bessere Verteidigungs- fähigkeit der Burg gewährleisten sollte.

Abb. 137 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben

Burg von Norden mit Entwurf für eine Befestigung an der Westseite 2° Ms. Hass. 107 [280] recto Die Vogelschauansicht von Norden gibt die in 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben (Abb. 137) wiedergegebenen Gebäude der Kernburg mitsamt „Eichsfeldt“ und „Corridor“ aus nahezu ent- gegengesetztem Blickwinkel wieder, wiederum ergänzt durch den Entwurf einer Befestigung mit mehreren Bastionen, die die Westseite der Anlage verstärken sollten.

Burg mit Entwurf für Befestigung von Norden 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, unten Die kleine Detailzeichnung, die unterhalb einer Ansicht der Burg von Südwesten eingefügt ist, präsentiert die dort von der Innenseite gesehene nördliche Fassade der Anlage zwischen Eichsfeld und Katzengarten. Auch in diesem Fall ergänzt eine weitere Befestigung am Hang die vor- handenen Mauern.

Burg von Nordosten 2° Ms. Hass. 107 [280] verso Die von Nordosten anvisierte Vogelschauansicht auf einem weiterverwendeten Schriftstück (Siegelrest!) gibt Einblick in den sog. „Catzengarten“ hinter dem großen Wehrturm in der Kernburg und den östlich anschließenden sog. „Caningarten“. Entlang des südlich angrenzenden Vorhofs zwischen den beiden Torbauten zeichnet Landgraf Moritz hier zwei steinerne (Wirtschafts?)- Gebäude ein, deren Funktion nicht erläutert ist. Neu scheint auch die Sicherung des unteren Tores mit dem schon vorhandenen Rondell und der Brücke über den Graben durch weitere Mauern im Süden der Anlage.

226 Kernburg und Vorburg von Westen mit vorgelagerter Bastion 2° Ms. Hass. 107 [281] recto (Abb.138) In dieser Zeichnung gibt Landgraf Moritz einen detaillierten Einblick von Westen in den Hof der Kernburg und die angrenzende Vorburg mit dem „Caningarten“ und dem Vorhof. Die im Vorder- grund der Zeichnung angesiedelten Gebäude im Schlosshof einschließlich des Turms sind der besseren Übersichtlichkeit halber im Grundriss gegeben. Dabei wird die innere Raumstruktur im Erdgeschoß von „altem“ und „neuem“ Herrenhaus sichtbar. Der alte Herrenbau an der Nordseite verfügte auf der einen Seite über vier kleinere Räume, während auf der anderen Seite des Ein- gangsflurs ein großer Raum, vielleicht die Hofstube lag.444 An den gegenüberliegenden kleineren neuen Herrenbau schloss im Osten die Küche an. Die Fachwerkgebäude hinter dem großen Turm dienten wahrscheinlich als Scheunen bzw. Wohnungen für das Personal. Sehr sorgfältig ist die Befestigung im Osten der Anlage verzeichnet. Der „Caningarte“ ist durch die Wehrmauer mit Schalenturm und den Graben geschützt. Das neu konzipierte breite Tor am „Vorhoff“ wird in diesem Fall durch die geplante Bastion im Westen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben, Abb. 137) gesichert, von der aus man die Brücke über den Graben mit Kanonen bestreichen konnte, wie die eingezeichneten ballistischen Linien verdeutlichen.

Abb. 138 2° Ms. Hass. 107 [281] recto

Hauptburg mit Vorburg von Osten 2° Ms. Hass. 107 [282] In dieser skizzenhaften Zeichnung der Burganlage konzipiert Landgraf Moritz ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [280] verso und [281] verso, oben weitere Befestigungen an der östlichen Seite der Burg, wo ein tiefer Graben natürlichen Schutz bot. Auch hier belegen die vermerkten ballistischen Linien die Orientierung an den zeitgenössischen Publikationen zur Festungsbaukunst wie z.B. Specklins „Architectura von Vestungen“ von 1589.445

444 Last 1977, S. 102 445 siehe z.B. das Bl. 10, Fischer 1996, Abb. 7

227 Ausschnitt aus der Befestigung der Vorburg 2° Ms. Hass. 107 [281] verso, oben In dieser kleinen Skizze auf einem Blatt mit mehreren Zeichnungen, die durch arithmetische Berechnungen und Bruchstücke von Text verunklärt wird, beschäftigt sich Landgraf Moritz noch einmal mit der Idee, die nordöstliche Partie der Burg mit weiteren Befestigungen zu sichern (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [282]).

Entwurf für ein bastionäres Außenwerk 2° Ms. Hass. 107 [283] recto Die Vogelschauansicht des im Osten des Burgareals gelegenen sog. „Caningarten“ ergänzt zu der vorhandenen Anlage ein neues Außenwerk mit drei Bastionen am gegenüberliegenden Hang über dem tiefen Graben.

Vorburg mit Entwurf für ein bastionäres Außenwerk, dazu "Balneum Mariae" 2° Ms. Hass. 107 [283] verso (Abb. 139) Ebenso wie die Darstellung auf der Vorderseite thematisiert auch diese Vogelschauansicht die Anlage eines Außenwerks mit Bastionen östlich vor der Burg. Auf diese Weise wäre das untere Tor besonders geschützt worden. Die unter der Zeichnung liegenden Notizen in roter Tinte stehen nicht im Zusammenhang mit der Darstellung und verweisen auf die Sekundärverwendung eines Schriftstücks. Die kleine Skizze am unteren Rand zeigt ein alchemistisches Gerät, ein „Balneum Mariae“, daneben sind die Ingredienzien für eine Legierung notiert. Das Übergabe-Inventar der Burg von 1627446 vermerkt im „Mittelhaus“ neben dem Alten Herrenbau ein Laboratorium. Dort konnte der Landgraf während seiner Aufenthalte vermutlich seinen alchemistischen Studien nachgehen.

Abb. 139 2° Ms. Hass. 107 [283] verso (Ausschnitt)

446 HStAD Best. D 6 46/2, vgl. Last 1977, S. 98

228 Entwurf zur Befestigung der Vorburg (Detail) 2° Ms. Hass. 107 [281] verso, unten In Weiterführung des in 2° Ms. Hass. 107 [283] verso (Abb. 139) vorliegenden Entwurfs für ein neues Außen-werk konzipiert Landgraf Moritz in dieser kleinen Zeichnung eine zusätzliche doppelte Befestigung mit Bastionen an der Südseite des Tores. Der oben links ausgesparte Text "François d'Alin duc de Saveroy / marquis de la Bresne, g[..] intendent / de l' artiglerie de S.M. de es / Provinces de Bretagne, Normandie & / Picardie et pais confins.", der Titel eines nicht verifizierbaren französischen Herzogs, steht in keinem erkenn- baren Zusammenhang mit der Darstellung.

Vorburg mit Entwurf für Außenwerk, 1624 2° Ms. Hass. 107 [278] recto (Abb. 140) Die Zeichnung präzisiert mit genauen Maßangaben die in 2° Ms. Hass. 107 [283] recto skizzierte Anlage eines neuen Außenwerks vor dem Tor im Osten der Burg. Vom halbrunden „Revelin“ am Tor aus führt ein Weg nach Norden, wo ein weiteres Tor eine zusätzliche Sicherung des Zugangs gewährleistet. In dieser regelkonformen Anlage mit drei Bastionen entspricht dieses Außenwerk den in den zeitgenössischen Architekturbüchern für Festungen vorgegebenen Regeln. Die Beschriftung in der Darstellung "Das Neue Aussenwergk, so noch / gemacht werden soll / 1624. den 1 Decemb: M.H.L." belegt, dass die in den Zeichnungen greifbaren Planungen des Landgrafen einen realen Hintergrund hatten. Wie so oft scheiterte auch hier die Ausführung vermutlich an mangelndem Geld.

Abb. 140 2° Ms. Hass. 107 [278] recto

229 Rohna

Der Gutshof Rohna, heute vermutlich in Unterrhon (Ortsteil von Tiefenort im Wartburgkreis) zu lokalisieren, gehörte zur Vogtei Frauensee, deren Mittelpunkt das ehemalige Zisterzienser- Nonnenkloster Frauensee am gleichnamigen See war. Aus dem Besitz des Stiftes Hersfeld kam das Kloster mit seinen Besitzungen 1525 nach der Säkularisation an die hessischen Landgrafen. Eine Urkunde im Hessischen Staatsarchiv Marburg dokumentiert die Schenkung des Hofes Rohna „im Amt Frauensee“ durch den Landgrafen Moritz an seine Frau Juliane von Nassau, datiert auf den 1.1.1626.447 Das Rohna betreffende Konvolut im Bestand (sieben Zeichnungen und sieben Schriftstücke) beschäftigt sich mit einigen vom Landgrafen geforderten Baumaßnahmen, die einen Ausbau des Hofes zu einer geschlossenen Anlage zum Thema haben. Eine der Zeichnungen sowie der überwiegende Teil der beiliegenden Schriftstücke sind in den Juni/Juli 1621 datiert. Es ist deshalb davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Baumaßnahmen (Einfriedung, Neubau von Scheuern) stattgefunden haben.

Anweisung an die Bauverwalter für anstehende Bauarbeiten, 1621 2° Ms. Hass. 107 [295] Auf den 21. Juni 1621 ist die ausführliche Anweisung des Landgrafen datiert, die dieser offen- sichtlich im Anschluß an einen Besuch in Rohna verfasst hat: "Nachdem unser gn. fürst undt herr den 18 t huius zu Mittage / den hoff Rohna besichtiget“. Als vordringlichstes Problem erwähnt er das Fehlen von Scheunen und die mangelnde Sicherung des Hofes durch eine durchgehende Einfriedung. Aus diesem Grund habe Landgraf Moritz „den gantzen hof in grundt legen“, d.h. einen Grundriß anfertigen lassen, und beauftrage seine Bauverwalter „nemlich hanß fleischhut underbawmeister Zu Cassel, Jost Mohr g[ene]ral baw: und bergkschreiber“ sowie den Vogt zu Friedewald, den auch als Unterzeichner der Schriftstücke 2° Ms. Hass. 107 [192], [294] und [296] in Erscheinung tretenden Peter Meckbach, sich am 22. Juni auf dem Hof einzufinden und die Bau- maßnahmen zu beratschlagen. Die vorgeschlagenen Arbeiten betreffen zwei Scheunen, die Verlegung des Schweinestalls, die Anlage von Gärten, das Modernisieren des Brunnens sowie die Einfriedung des gesamten Hofs nebst einer Nivellierung des Innenhofs mit gepflasterten Wegen, um dadurch „des hofs reinigkeit“ zu erreichen. Die Zeichnungen, die zum großen Teil nicht von Landgraf Moritz selbst, sondern von einem seiner Landvermesser angefertigt wurden, beziehen sich auf diese Planungen.

Unbekannter Zeichner, Lageplan, 1621 2° Ms. Hass. 107 [287] Der sorgfältige, auf zwei zusammengeklebten Blättern angelegte Plan eines unbekannten Landvermessers, der, wie die Anweisung vom 21.06.1621 2° Ms. Hass. 107 [295] belegt, den Gutshof im Auftrag des Landgrafen vermessen und aufgezeichnet hat, zeigt sämtliche der in diesem Schriftstück erwähnten Gebäude. Mit „B“ ist „deß Schaffmeisters wohnung“ bezeichnet, die ersetzt werden kann, da sie laut der Anweisung „nicht bewohnet noch sonderlich gebraucht wirdt“. Unter „F.“ findet sich die „Vom Winde eingeworffene Scheuer“, deren Holz zum Bau neuer Wirtschaftsgebäude verwendet werden sollte. Auch das zu bebauende „Spacium Zwischen der schaffscheuer undt Abseidte” ist unter “W” vermerkt. Der Schweinestall - laut der erwähnten Instruktion: „dem Wohnhauße weg(en) gestancks undt anderm unlust viel / Zu nahe undt unbequem“ - ist links unten neben der Wohnung des Hofmannes „P“ eingezeichnet. Neben den Gebäuden verzeichnet der Plan auch die umliegenden Wiesen und Felder und diente somit als Grundlage für die Planungen.

447 HStAM Best. Urk. 51 Nr. 31, vgl. Rommel, S. 321

230 Unbekannter Zeichner, Lageplan, 1621 2° Ms. Hass. 107 [290] Der mit einem bezifferten Maßstab (vermutlich in Fuss) versehene Plan gibt ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [287] eine Bestandsaufnahme der Hofanlage mit den wesentlichen Gebäuden. Das kleinere Format und der identische Maßstab verbindet die Zeichnung mit den beiden Blättern 2° Ms. Hass. 107 [285] + [289], die sich mit der Umgestaltung beschäftigen.

Bericht des Vogtes Meckbach sowie der Bauverwalter Fleischhut und Mohr (Kopie), 1621 2° Ms. Hass. 107 [296] Es handelt sich hier um eine „Copia“ des Berichtes der Bauverwalter Meckbach, Fleischhut und Mohr über die in 2° Ms. Hass. 107 [295] angewiesene Inspektion am 24. Juni, versehen mit Kommentaren von Landgraf Moritz vom 27. Juni (Schmalkalden). Die drei Beamten befürworten den Neubau einer Scheune anstelle der „Schaffmeisterswohnung“, während „die Lücken / zwischen d obern und Schaffscheuren, mit / einer Mauren beschlossen“ werden könne. Des Weiteren sollen auch der Schweinestall versetzt und der Brunnen verbessert werden. Bau- materialien können zumeist aus der Umgebung bezogen werden, so z.B. der Kalk, der aus dem Kalkofen „Gemeinde Zu dieffnor, sachsische underthanen“ (gemeint ist Tiefenort), der bereits in der Joist Moers zugeschriebenen Karte des Amtsbezirks von 1580448 eingezeichnet ist, bezogen werden kann. Die Kommentare des Landgrafen spiegeln seine teilweise abweichende Meinung und enthalten Anweisungen an seine Untergebenen.

Verzeichnis des Baumaterials und der Kosten , 1621 2° Ms. Hass. 107 [293] Das ebenso wie der Bericht der Bauverwalter 2° Ms. Hass. 107 [296] auf den 24. Juni 1621 datierte Verzeichnis „was uf dem hoff Rohna notwendigk zu bawen”, listet die Materialien und die Kosten auf, die für den Umbau des Gutshofes benötigt werden. Dazu gehören entsprechend der Anweisung vom 21. Juni (2° Ms. Hass. 107 [295]) und dem genannten Bericht vier Mauerabschnitte, außerdem eine „newe scheuer, so zwischen die schafscheuer undt den viehe stall gesetzet werden soll“, "Ein beschloßen thor von eichen diehlen mit aller Zugehör”, der Abbruch des „großen Schweinekoben“ und „des schafmeisters wohnung […] darauf vorbesagte neue scheuer gesetzt werden soll“ sowie „den brunnen zu verendern und ahn stat des schwengels mit einem raht und schöpfkübel zu machen“.

Verzeichnis des Baumaterials und der Kosten (Kopie), 1621 2° Ms. Hass. 107 [291] Der Text dieses Schriftstücks ist weitgehend identisch mit dem Verzeichnis 2° Ms. Hass. 107 [293], es handelt sich daher vermutlich um die Abschrift eines Kanzleischreibers.

Vermessungstabelle der Hofmauer 2° Ms. Hass. 107 [345] Das kurze Schriftstück enthält eine Tabelle mit den Maßen und Baukosten der von Landgraf Moritz geplanten durchgehenden Einfriedungsmauer, mit der er den Hof Rohna sichern wollte (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [296]).

Unbekannter Zeichner, Umbauplan, 1621 2° Ms. Hass. 107 [289] Die Zeichnung eines Vermessers, die von Landgraf Moritz übergangen und mit Graphitnotizen versehen wurde, zeigt ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [287] und [290] den damals vorhandenen Baubestand, wobei aber hier die vorgesehenen Änderungen an den in den Schriftstücken 2° Ms. Hass. 107 [295] + [296] erwähnten Stellen einskizziert sind. Das "Schaffmeisters hauß" wird durch

448 HStAM Karten P II 10366

231 einen Neubau ersetzt, während die "Eingefallene Scheuer" rechts oben wegfällt. Ebenso entfällt der "Kelber stall" neben der "Oberste scheuer” und die Lücke zum Schafstall wird mit einem Neubau verschlossen. Der "Schwein stall" neben der "hoffmans wohnung" wird durch eine durch- gehende Mauer ersetzt, die auch die Lücken zum Gebäude rechts daneben schließt. Auf der rechten Seite wird der Hof jetzt durch eine Mauer mit vorgelegter Arkade abgeschlossen, in der Handschrift des Landgrafen erläutert als „der Wagen schopfen“, also ein offener Unterstand für die Wagen, die durch das anschließende Tor neben dem „neuen“ Bau in den Hof gelangen konnten. Weitere Eintragungen in Graphit betreffen die unmittelbare Umgebung der Hofanlage, wobei an drei Seiten Gärten vorgesehen sind, wie es auch in der Anweisung vom 21.6.1621 (2° Ms. Hass. 107 [295]) heißt, „undt wirdt hierdurch der hof ahn dreyen seitten / nemlich nach Süden, westen undt norden mit lust, küchen undt baum,, / gartten umbgeben undt ist die vierdte seitten nach oosten ein / lauter schönes undt ahnmutiges ackerfeldt.“ Neben einem "Alte küche garte" (oben) werden hier ein "Newe küchengarte" (rechts) und ein "Wurtz gartte" (unten links) sowie ein weiterer „Gartte“ (unten mittig) aufgeführt. Möglicherweise handelt es sich deshalb um den „Abriss“ der in 2° Ms. Hass. 107 [296] erwähnt wird, wo es heißt: „die umb und an dem hoff stossende Gartten / und wie dieselbige lauffen haben Efgn / aus beijgefugtem abrisse gnedig zu ersehen".

Unbekannter Zeichner, Lageplan mit neuen Wirtschaftsgebäuden 2° Ms. Hass. 107 [288] Dieser sorgfältig angelegte und mit einer Legende versehene Plan präsentiert den Hof wie 2° Ms. Hass. 107 [289] und stimmt auch im Maßstab mit diesem überein. So wie in dem Verzeichnis 2° Ms. Hass. 107 [293] aufgelistet, steht an der Stelle des Schafmeisterhauses das Gebäude „I. die von Ifgn. newe vorgeschlagene Scheuer, so ahn stadt / deß schaffmeisters wohnung versetzt werd [en] soll“. Ebenso sind die Schweineställe „M.“ von der Stelle neben der Hofmannswohnung an die Mittelscheuer „L.“ versetzt worden. Zusätzlich ist auf diesem Blatt auch ein Verbindungsbau zwischen Schafscheuer und Oberscheuer eingezeichnet, wie er in der ersten Anweisung des Landgrafen vom 21. Juni 1621 (2° Ms. Hass. 107 [295] fol. 1 recto) erwähnt wird: „erstlich dz das ledige Spatium / zwischen der obersten undt schafscheuern so 52 ß lang mit / dem alten gehöltze der eingefallenen scheuren zugebawet“, aber nach dem Bericht der Bauverwalter vom 24. Juni (2° Ms. Hass. 107 [296]) nicht für unbedingt notwendig erachtet wurde. Dieser Bau „G“ erscheint auch in dem Plan 2° Ms. Hass. 107 [285] sowie in den beiden eigenhändigen Zeichnungen des Landgrafen 2° Ms. Hass. 107 [284] und 2° Ms. Hass. 107 [286]. Dies legt den Schluss nahe, dass nun auch die zweite Scheune errichtet werden sollte.

Unbekannter Zeichner, Umbauentwurf, 1621 2° Ms. Hass. 107 [285] (Abb. 141) Der auf den 30. Juni 1621 datierte Plan des unbekannten Vermessers wurde von Landgraf Moritz offensichtlich eigenhändig korrigiert und mit Erläuterungen versehen. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [289] sind die alten Gebäude um die „Mistedte“ angeordnet, wobei das Schafmeisterhaus durch das größere „Backhauß“ ersetzt wird. Ergänzend wird aber ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [288] zwischen „Schafscheuer“ und „Alter Oberscheuer“ eine „Neue steinern scheuer“ mit einer Durchfahrt eingefügt. Die „Schwein stallung" ist wieder neben das "Wohnhauß" gerückt, während der in 2° Ms. Hass. 107 [288] angegebene Standort durchgestrichen und durch einen offenen „Schopfen" ersetzt ist. Möglicherweise handelte es sich hier um den „Abriß“ den der Vogt Peter Meckbach in seinem Bericht über die Beschaffung von Baumaterialien im Zusammenhang mit der Verlegung des Schweinestalles (2° Ms. Hass. 107 [294]) angefordert hatte. Die beigefügte "Außmessung des gartten umb den / hof Rohna her” bezieht sich hingegen auf die in 2° Ms. Hass. 107 [289] eingezeichneten, diversen Gärten.

232 Abb. 141 2° Ms. Hass. 107 [285]

Gutshof, Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [284] (Abb. 142) Die eigenhändige Vogelschauansicht des Landgrafen schreibt die unregelmäßige Hofanlage in eine nahezu quadratische Einzäunung ein, die das Gut weiträumig umfasst und ebenso auch in den Lageplänen 2° Ms. Hass. 107 [288] und [289] durch Linien angedeutet ist. Ebenso wie dort erfolgt auch hier der Zugang zum Hof über ein Tor an der Ecke zwischen dem „Neuen Bau“ und dem offenen Wagenschuppen. Die geschlossene Anordnung der Gebäude, entspricht am ehesten der von Moritz eigenhändig korrigierten Version in 2° Ms. Hass. 107 [285] mit den wieder neben dem Wohnhaus angesiedelten Schweineställen. Die rückwärtige Front wird von einem kleinen steinernen Bau zwischen der „oberen“ Scheune und der „Schafscheuer“ geschlossen. Diese Seite des Hofes hat Landgraf Moritz noch einmal separat gezeichnet (2° Ms. Hass. 107 [286]).

Abb. 142 2° Ms. Hass. 107 [284]

233 Entwurf für eine neue Scheuer 2° Ms. Hass. 107 [286] In dieser kleinen Zeichnung entwirft Landgraf Moritz in perspektivischer Ansicht eine "Neue Scheuer" zwischen "Oberscheuer" und "Schaffscheuer". Ebenso wie in der Vogelschauansicht ist dieser Bau als Steinbau zwischen die alten Fachwerkgebäude eingepasst, allerdings liegt hier der Eingang bzw. die Durchfahrt nicht mittig, sondern ist auf die rechte Seite verlegt. Ergänzt wird die Darstellung noch durch Maßangaben. Es handelt sich vermutlich um den in 2° Ms. Hass. 107 [294] in einer Randnotiz des Landgrafen erwähnten „Abriß“ der den Verlauf der Dachabschlüsse an dieser Hofseite betrifft.

Brief des Vogtes zu Friedewald wegen Beschaffung von Baumaterialien für den Hof, 1621 2° Ms. Hass. 107 [294] Der Bericht des als Bauverwalter eingesetzten Friedewalder Vogtes Peter Meckbach449 vom 6.7.1621 schildert ausführlich seine Bemühungen, aus dem Abbruch von alten Gebäuden in Creuzburg und andernorts Material zum Neubau der Scheunen in Rohna zu beschaffen. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [296] spiegeln die teilweise nur schwer lesbaren Randnotizen die Reaktionen des Fürsten auf die enthaltenen Vorschläge, wobei deutlich wird, dass er mit den Bemühungen des Vogtes sehr unzufrieden ist: "Es hette er unlängst thun sollen, wirdt deßwegen undt anderer / seinen verspurten verseumnis / halben die straffe baldt empfang[en]“ (fol.1 verso). Meckbach erwähnt unter anderem auch die in 2° Ms. Hass. 107 [284] + [286] dargestellte „Newe Scheuren 50 ß langk undt 36 ß / breidt, zwischen die Oberste undt Schaffscheuren zu setzen“ (fol. 1 verso) und verlangt einen Abriß zur Klärung des Dachabschlusses, der vermutlich in der kleinen Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [286] vorliegt. Ebenso fordert er einen Grundriss wegen der Versetzung des Schweinestalls: „mochte Copij deß grunts Abrißes haben, zu vernehmen / wie die ander Mauer, daran der Schweinestal zu setzen / lauffen thutt", der vermutlich in 2° Ms. Hass. 107 [285] vorliegt. Aus diesen konkreten Angaben kann man schließen, dass die betreffenden Arbeiten vermutlich tatsächlich realisiert wurden.

Brief des Vogtes zu Friedewald wegen Beschaffung von Baumaterialien, 1621 2° Ms. Hass. 107 [292] Vom 12. Juni 1621 datiert ein weiteres Verzeichnis der Baumaterialien, das der Vogt in Reaktion auf die Anweisungen des Landgrafen vom gleichen Tage, die in dem Schriftstück 2° Ms. Hass. 107 [294] enthalten sind, angefertigt hat. Darin listet er auf, was an Bauholz und Ziegeln vorhanden und was noch zu beschaffen ist. Auch hier hat der Fürst noch am gleichen Tage Anmerkungen an den Rand gesetzt, die dem Vogt übermittelt wurden.

449 zu seiner Person HStAM Best. 40 a Rubr. 04212

234 Speyer

Die insgesamt fünf Blätter mit Zeichnungen von städtischen Situationen in Speyer waren im Bestand verstreut abgelegt (teilweise unter Frankfurt und „Pfaffenhausen“) und konnten erst im Zuge der Forschungen zusammengeführt werden. Die alte Reichstadt Speyer war seit 1527 beständiger Sitz des Reichskammergerichts. Landgraf Moritz besuchte Speyer mehrfach, nach seiner Abdankung vor allem im Zusammenhang mit dem Alimentationsprozess gegen seinen Sohn Landgraf Wilhelm V. am Reichskammergericht.450 Die Zeichnungen von verschiedenen Stadthöfen an der Allerheiligengasse sind wahrscheinlich sämt- lich im Sommer 1630 im Zusammenhang mit einem Aufenthalt des Fürsten entstanden, der für den Juli belegt ist. Der Fürst reiste seinerzeit von Frankfurt aus dorthin.451

Stadthof an der Herdgasse, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [314] Bei dem von zwei Seiten zugänglichen, kompakten Stadthof, bezeichnet als „Herr Paul Augspur / ger hauß in Speyer / in der herdgasse“, der neben den Vordergebäuden auch den „Mittelhof“ und einen „Stallhof“ umfasst, handelt es sich höchstwahrscheinlich um denjenigen Hof, den Landgraf Moritz am 20.7.1630 von Johann Paul Augsburger in Speyer anmietete. Der Mietvertrag452 listet „vier Stuben, fünf Cammern, sampt acht Beth… auf sechs Personen beneben dero officirer und dienern“, dazu noch Stallungen und Speicher auf. Einschließlich Bewirtung beliefen sich die Kosten auf wöchentlich vier Reichstaler. Die erwähnte Herdgasse (heute Herdstraße) lag in der südlichen Altstadt und führte von der Kleinen Pfaffengasse zum Weißen Tor. Der Hof an der Ecke zum heute nicht mehr vorhandenen „Rosen gäslein“ verfügte laut dieser Zeichnung über Wohn- räume und Küchen an der Straße sowie verschiedene Ställe im hinteren Bereich („Reise stall zu 12 Pfe.“, „kutschen stall zu 5 pfe.“ und „pferdtstall zu 4 pfe.“) und einen zu einem kleinen Garten an der Rückseite hin gelegenen, großen „Sahl“.

Stadthof an der Herdgasse, Grundriss, 1630 2° Ms. Hass. 107 [315] Das kleine, mehrfach verwendete Notizblatt mit einem lateinischen Text auf der Rückseite, der auf der Vorderseite in die Darstellung hinein reicht, trägt in der Zeichnung eine Datierung auf den 17.7.1630. Der skizzenhafte Grundriss präsentiert wiederum den auch in 2° Ms. Hass. 107 [314] dargestellten Stadthof an der Herdgasse, der dem Landgrafen vermutlich seinerzeit als Quartier diente. Angedeutet ist hier zudem die Bebauung bis zum „Weissethurm“, wodurch eine ungefähre Verortung des Hofes zwischen der heutigen Allerheiligenstraße und der Brudergasse möglich wird.453 Die Anordnung der einzelnen Räume im Hof entspricht weitgehend dem in dem genannten Grundriss geschilderten Sachverhalt, allerdings in diesem Fall skizzenhafter und unvollständiger. Möglicherweise diente die Zeichnung als Grundlage für die sorgfältiger ausgeführte Darstellung in 2° Ms. Hass. 107 [314].

Hof an der Allerheiligengasse, Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [171] Die ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts und 2° Ms. Hass. 107 [168] ehemals Frank- furt zugeordnete Zeichnung kann nach eingehender Untersuchung in Speyer lokalisiert werden. Der dargestellte Hof zwischen Stadtmauer und Allerheiligengasse, gegenüber vom „Barfüsser Closter“ (Franziskanerkloster), dürfte unweit des Neupörtel im südwestlichen Teil der Altstadt

450 siehe die Akte im HStAM Best. 4e Nr. 2335 451 siehe den Brief vom 24.7.1630 in: HStAM Best. 4a 38/20, vgl. Lemberg 1994, S. 357 452 vorliegend in: HStAM 4a 38 Nr. 20 453 vgl. die Karte des Zustands von 1525, Beilage zu Band II der „Geschichte der Stadt Speyer, Stuttgart 1983

235 gelegen haben.454 Hier findet sich eine übereinstimmende Situation mit den beiden kleinen „gäslein“, die von der Allerheiligengasse abzweigen. Landgraf Moritz verzeichnet den Hof neben dem „Metzgers hauß“ mit seinen Bestandteilen um den geschlossenen „hauß platz“. Hinter dem Gebäude liegt ein Garten vor der Stadtmauer. Eine Vogelschauansicht dieses Hofes präsentiert 2° Ms. Hass. 107 [168].

Hof an der Allerheiligengasse 2° Ms. Hass. 107 [168] (Abb. 143) Einen Einblick in den in 2° Ms. Hass. 107 [171] im Grundriss dargestellten Hof an der Aller- heiligengasse in Speyer gibt diese Vogelschau aus Richtung der plan dargestellten Stadtmauer. Rechteckige Gartenkompartimente bedecken die Fläche zwischen dem „Cammer botten hauß“ an der Mauer und dem „hauß so zu verkauffen", sowie der „scheuer“ und dem „Metzgershauß”. Der große, vierseitig geschlossene Fachwerkhof verfügt über ein steinernes Erdgeschoß und an der Hofseite über eine eindrucksvolle Galerie, die aber im zugehörigen Grundriss so nicht eingezeich- net ist. Möglicherweise hat auch hier der hessische Fürst eigenmächtig „Verbesserungen“ einge- tragen, die seinem Bedürfnis nach Symmetrie entsprachen. Einen Schritt weiter ging er dann in dem Entwurf 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts(Abb. 144), der an dieser Stelle einen prächtigen Neubau konzipiert.

Abb. 143 ° Ms. Hass. 107 [168]

Hof an der Allerheiligengasse, Entwurf 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts (Abb. 144) Die dritte an der Allerheiligengasse in Speyer zu verortende Zeichnung des Landgrafen Moritz, die auf der Rückseite einer Darstellung des Augsburger Hofs in Frankfurt platziert ist, zeigt einen detaillierten Entwurf für einen prächtigen dreigeschossigen Neubau mit zentralem Wendeltreppen- turm („Schnecke“), flankiert von zwei zweigeschossigen Stallflügeln mit geschweiften Stirngiebeln. Diese rahmen „das gärtlein“ an der Stadtmauer, dessen Bepflanzung liebevoll mit lateinischen Gattungsnamen in den Beeten präzisiert wird. Den Bezug zu der in 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts und [171] geschilderten topographischen Situation stellen „die heiliggaß“ rechts hinten mit der Mauer zum Franziskanerkloster, das davor gelegene „Postgäs /lein“ und die „stadtmauer“ im Vordergrund her. Die durchdachte, symmetrische Konzeption und die sorgfältige, detaillierte

454 vgl. die Karte des Zustands von 1525, Beilage zu Band II der „Geschichte der Stadt Speyer, Stuttgart 1983

236 Schilderung kennzeichnen diese Zeichnung als Idealentwurf für einen repräsentativen städtischen Wohnsitz.

Abb. 144 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts

Hof in der Allerheiligengasse 2° Ms. Hass. 107 [277] recto Das ehemals unter „Pfaffenhausen“ abgelegte Blatt zeigt Stadtsituationen, die ebenfalls an der Allerheiligengasse in der südlichen Altstadt von Speyer zu verorten sind. Ausschlaggebend für die falsche Zuordnung, die bereits in der Übergabeliste von 1786 (2° Ms. Hass. 107a) so notiert wird, war vermutlich die erläuternde Beschriftung auf der Vorderseite: "dieses sind lauter pfaffen / hause in das stift Allerheilig[en] / gehörig." Den korrekten Zusammenhang erschließt jedoch die „heilig gasse“ links in der Darstellung mit dem daran anstoßenden "Vorhof D. Nagels hauses / in Speier, das Paradis genandt" und der ebenfalls zum Allerheiligen Stift zugehörigen „vicariy“ (Vikarie). Mit „D[oktor] Nagel“ ist vermutlich der Prokurator am Reichskammergericht Arnold Nagel455 gemeint, wie auch die Beschriftung "des g. / advoca / ten h." nahelegt. Landgraf Moritz gibt auch in dieser Zeichnung die Gebäude im Vordergrund im Grundriss, während die dahinter gelegene Bebauung in Vogelschau gesehen ist. Bei dem auf der anderen Straßen- seite angesiedelten, detailliert geschilderten Gebäude mit „vorhöflein“ handelt es sich mutmaßlich um eine weitere Darstellung des im Grundriss wiedergegebenen Wohnhauses von Dr. Nagel, gesehen von der Gegenseite.

Hof in der Allerheiligengasse 2° Ms. Hass. 107 [277] verso, oben Die kleine Zeichnung auf der Rückseite des Blattes mit der Darstellung von Dr. Nagels Wohnhaus in der Allerheiligengasse, zeigt den Vorhof dieses Hauses ("D. Nagels vorhöflein") und das zum Allerheiligenstift gehörige Gebäude in ähnlicher Anordnung wie auf der Vorderseite. Das Vikarien- haus, ein kleines, verwinkeltes Fachwerkgebäude ist in dieser Version detaillierter dargestellt. Ein konkreter Hintergrund für die Zeichnungen auf diesem Blatt ist nicht bekannt. Möglicherweise fertigte der Fürst die Zeichnungen für den ihm bekannten Advokaten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Erwerbung der Vikarie, wie sie in dieser Zeit für das Reichskammergerichts- personal nachweisbar sind.456

455 siehe die namentliche Erwähnung in den Akten in: HStAM Best. 4a Nr. 41/17 und Best. 4a 38/12 456 vgl. Engels 2009, S. 539

237 Stuttgart

Ansichtsskizze von Süden 2° Ms. Hass. 107 [14] Das Alte Schloß in Stuttgart geht auf eine Wasserburg des 10. Jahrhunderts zurück. Nachdem die Grafen von Württemberg im 14. Jahrhundert ihre Residenz nach Stuttgart verlegt hatten, wurde eine Erweiterung der Anlage notwendig. 1325 entstand deshalb der Dürnitzbau. Herzog Christoph von Württemberg initiierte ab 1533 den Umbau zu einer repräsentativen Vierflügelanlage mit Arkadenhof. Unter der Bauleitung von Aberlin Tretsch und der Mitarbeit von Blasius Berwart wurde die Dürnitz umfassend verändert und alle alten Gebäude der Vorburg entfernt. Der schmucklose Bau mit den charakteristischen rechteckigen, auf die Ecken gesetzten Pavillons, erhielt durch die dreigeschossige Arkadengalerie im Innenhof einen besonderen Charakter. 1570 war der Umbau vollendet. Die Beziehungen des hessischen Landgrafen zum Stuttgarter Hof waren aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen durch Sabina von Württemberg, seine Mutter, sehr eng. Dem- gemäß sind auch mehrere Besuche in Stuttgart nachweisbar, u.a. auf seiner Reise nach Frank- reich 1602.457 Die vorliegende Zeichnung des Fürsten entstand während einer durch Archivalien und Zeich- nungen belegten Reise, die in die Stuttgarter Umgebung führte (Philippsburg 5.6. / Brief, Bad Boll 14.6. / Zeichnung, Göppingen 27.6. / Brief). Der stark skizzenhafte Charakter der in Einzelteilen ungenauen Zeichnung lässt allerdings eine Aufnahme direkt vor Ort eher unwahrscheinlich erscheinen. Ein wenige Tage später, auf den 15.7. datierter Brief aus Worms458 lässt vermuten, dass dieses Blatt möglicherweise erst im Nachhinein, aus der Erinnerung entstanden ist.

Abb. 145 2° Ms. Hass. 107 [316]

457 Rommel 1839, S. 444ff. 458 in: HStAM Best. 4a 38/19

238 Treffurt

Aufgrund seiner Lage am einzigen Werra-Übergang zwischen Creuzburg und Wanfried und an der Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen erlangte Treffurt bereits im Mittelalter Bedeutung. Nach dem Bau der Burg Normannstein im 11. Jahrhundert entwickelte sich der Ort schnell zu einem wichtigen Handelsplatz. Nach einer Fehde der Treffurter Ritter zu Beginn des 14. Jahrhunderts be- schlossen die drei angrenzenden Fürstentümer 1336 eine Befriedung durch Aufteilung. Fortan wurde die Stadt zu je einem Drittel von Kursachsen, Hessen-Kassel und vom Kurfürstentum Mainz verwaltet (Ganerbschaft). Das hatte zur Folge, dass die Stadt fortan drei Fürstenämter und drei Bürgermeister hatte. Die fürstlichen Amtsleute residierten anfangs in den Türmen des Normannsteins und zogen im 16. Jahrhundert in die Stadt, wo neue Amtshöfe errichtet wurden: der Sächsische Hof, der Hessische Hof und der Mainzer Hof, alle drei am Fuß des Burgberges gelegen. Der hessische Amtssitz gehörte seit 1627 zur „Rotenburger Quart“, dem Erbteil der Söhne aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz mit Juliane von Nassau. Die Zeichnungen des Landgrafen zeigen den Hessischen Hof, der um 1600 errichtet worden sein soll,459 und heute noch in Teilen in der Torstraße erhalten ist, wobei eine der Darstellungen den alten Bestand um den Entwurf für einen neuen Bau im Garten zwischen Mühle und Amtshof ergänzt. Beide Blätter sind 1630 datiert. Der Aufenthalt des Fürsten in Treffurt zu diesem Zeitpunkt wird belegt durch einen Brief mit Instruktionen an den Quartiermeister vom 20./30. April 1630.460 Landgraf Moritz wollte anschließend nach Eschwege reisen.461

Hessischer Hof und Umgebung, 1630 2° Ms. Hass. 107 [316] (Abb. 145) Die querformatige Darstellung, erläutert als "der hessisch / hof zu Tref / furdt / 1630", zeigt das Areal des Hofes nebst den angrenzenden Straßen und Höfen. Links erstreckt sich die Stadtmauer, an die auch der „Sächsische Hof“ im Hintergrund angrenzt. Im Vordergrund zieht sich neben dem "Ambts gericht hauß" der "Weg vom Ambtgerichthause nach dem Spring bronnen". Das dahinter liegende Hofgelände erstreckt sich von der „hessischen Mühle“ auf der Linken über mehrere Gärten bis zum geschlossenen Amtshof mit seinen Fachwerkbauten auf der rechten Blattseite. Detailliert ist der Verlauf der Mauern mit ihren Vor- und Rücksprüngen wiedergegeben. Vermutlich handelt es sich hier, im Gegensatz zu der zweiten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [107] recto oben, um eine reine Bestandsaufnahme, wobei Landgraf Moritz in der für ihn charakteristischen Weise Vogelperspektive, Grundriss und Lageplan miteinander kombiniert. Eine Zeichnung von 1626462 zeigt jedenfalls einen weitgehend übereinstimmenden Baubestand, der einzig in der Mitte, an der Stelle des „neuen garten“ noch ein kleines Fachwerkgebäude aufweist. Die mittige Klebung des Blattes dokumentiert, wie auch in anderen ähnlichen Fällen, eine Erweiterung der ursprünglichen Zeichnung im Fortgang des Zeichenprozesses.

Hessischer Hof, 1630 2° Ms. Hass. 107 [107] recto oben Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [316] präsentiert diese Zeichnung das Gelände des Hessischen Hofs hinter dem „Gerichtshauß“, das auch hier der Übersichtlichkeit halber auf einen Horizontalschnitt reduziert ist. Neu ist der „neue baw“ in der Bildmitte vor dem „Bleichgarten“, begleitet von der Beschriftung „Inventiert durch M. H. L. / den 21 Aprilis 1630“. Es handelt es sich hier um einen Entwurf von Moritz für einen repräsentativen zweigeschossigen Steinbau mit geschweiften Stirngiebeln.

459 vgl. Gertler 1984 460 in: HStAM Best. 4a 38/20 461 Löwenstein 1989, S. 105 462 Gertler 1984, Abb. S. 173 (Nachzeichnung), leider heute nicht mehr auffindbar

239 Wertheim / Main

Die beiden unter dem Namen „Weinkirchen“ abgelegten Zeichnungen463 konnten jetzt aufgrund der beiden einzigen topographischen Hinweise „Tauber thor“ und „Würtzburger thor“ in die an der Mündung der Tauber in den Main gelegene Stadt Wertheim verortet werden. Sie entstanden während der Reise im Herbst 1629, die Landgraf Moritz am 3. Oktober nach Coburg (vgl. die Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [89], Abb. 133) und am 12. Oktober nach Cadolzburg (2° Ms. Hass. 107 [88], Abb. 132) geführt hatte. Am 3. November hielt er sich nachweislich wieder in Frankfurt auf, wo er damals dauerhaft logierte.464 Die beiden Ansichten zeigen einen eingefriedeten Hof mit einem Herrenhaus, gelegen vor einem Berg, der mit auffälligen Substruktionen abgefangen ist. Es handelt sich hierbei um die oberhalb der Stadtkirche, am Weg zur Burg gelegene sog. Kemenate, die noch heute nach Umbauten in Wertheim existiert.465 Das dreigeschossige Haus war nach 1613 fertiggestellt worden466 und ist auf Caspar Merians Ansicht von Wertheim 1673 dargestellt. Es diente als Herrensitz der evangelischen Linie der Grafen von Löwenstein-Wertheim-Virneburg.

Kemenate, 1629 2° Ms. Hass. 107 [340] (Abb. 146) Die Darstellung zeigt den Hof der Kemenate entlang der "gasse vom Thor nach das Tauber thor“ vor den massiven Substruktionen am Berg, die noch heute vor Ort zu sehen sind. Innerhalb der Einfriedung befindet sich das dreigeschossige, sechsachsige Gebäude mit Satteldach und rück- seitig angedeutetem Treppenturm, - ein schlichtes Herrenhaus, das nur durch das Eingangsportal und die Haube auf dem rückseitigen Turm eine individuelle Ausprägung erfährt. Ein kleineres Wirt- schaftsgebäude mit Durchfahrt bildet links den Abschluss des Geländes, während auf der rechten Seite eine Mauer die Grenze zur "uffahrt nach das / Schloß", den Weg zur oberhalb gelegenen Burg markiert. Die Bezeichnung "Grave Friedrich Ludtwigs / hoff uber der kirchen" bezieht sich in diesem Fall auf Graf Friedrich Ludwig zu Löwenstein-Wertheim-Virneburg. Die Datierung auf den 19.10.1629 lokalisiert das Blatt in den Verlauf der Reise des hessischen Fürsten, die ihn kurz vorher nach Cadolzburg geführt hatte. Vermutlich weilte er zu Besuch bei dem namentlich genannten Grafen, bevor er wieder nach Frankfurt zurückkehrte.

Abb. 146 2° Ms. Hass. 107 [340]

463 Nr. 44 in der „Designation“ von 1786 (2° Ms. Hass. 107a): „Abriß von Graf Friedrich Ludwigs Hof Weinkirchen den 19ten Oct: 1629. a M:L:H“ 464 siehe die Akten in: HStAM Best. 4a 38/19 465 für den Hinweis auf dieses Gebäude danke ich Frau Heine vom Staatsarchiv Wertheim 466 vgl. Otto Kienitz: Die Fürstlich Löwensteinischen Territorien und ihre Entwicklung, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Alt-Wertheim 1919, Wertheim 1919, S. 33-104, hier S. 66

240 Kemenate, Skizze 2° Ms. Hass. 107 [341] Die unfertig wirkende Skizze, beschriftet unten auf der Straße: "die gasse vom Würtzburger thor nach dem schlosse.", gibt ein weiteres Mal die am Berg gelegene Hofanlage der sog. Kemenate der Grafen zu Löwenstein-Wertheim-Virneburg wieder, wobei hier links die städtische Bebauung anschließt. Das Herrenhaus grenzt in diesem Fall an die an der Straße gelegene Einfriedung, verfügt aber auch hier über einen rückseitigen Treppenturm. Maßangaben ergänzen die Dar- stellung. Die Differenzen zu der anderen Darstellung erklären sich möglicherweise durch eine Wiedergabe aus der Erinnerung, wie sie für die Darstellungen des Landgrafen Moritz in einigen Fällen nachweisbar ist. Wichtig war ihm in beiden Zeichnungen die Darstellung der mächtigen Substruktionen am Hang, deren Massivität ihn beeindruckt zu haben scheint.

241 Idealentwürfe

Unter den architektonischen Handzeichnungen des Landgrafen Moritz befinden sich einige Ent- würfe, die keinem konkreten Objekt zuzuschreiben sind, bei denen es sich vielmehr um Ideal- entwürfe handelt, die die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Architekturtraktaten reflek- tieren (vor allem Dilich, Specklin, Perret, Ducerceau). Bemerkenswert ist vor allem ein Blatt (2° Ms. Hass. 107 [244]), das neben zwei Darstellungen Melsunger Gebäudesituationen vier Zeichnungen mit unterschiedlichen Entwürfen für befestigte Schlossanlagen enthält, eine Serie bemerkens- werter visionärer Ideen.

Idealentwurf eines befestigten Schlosses 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, rechts (Abb. 147) Die Zeichnung, die auf einem Doppelblatt Folio neben Darstellungen der Riedeselschen Vogtei in Melsungen zu sehen ist, präsentiert lehrbuchhaft eine quadratische Schlossanlage in einer fünf- bastionären Befestigung, die wiederum in eine runde Einfriedung eingeschrieben ist. Ähnliche sternförmige bastionäre Systeme, die wehrtechnisch eine große Sicherheit boten, wurden auch in den zeitgenössischen Festungspublikationen thematisiert, etwa in dem Hauptwerk des hugenot- tischen Architekten Jaques Perret „De Fortifications et artifices. Architecture et Perspective“, das bereits 1602 auch in deutscher Sprache erschienen ist, oder auch in Specklins „Architectura von Vestungen“ von 1589. Derartige Idealpläne dürften Landgraf Moritz bekannt gewesen sein, auch wenn sich im Inventar seines Nachlasses467 keine solchen Werke nachweisen lassen.

Abb. 147 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, rechts (Ausschnitt)

Idealentwurf einer befestigten Schlossanlage 2° Ms. Hass. 107 [244] verso, oben links Effektvoll übereck ins Bild gesetzt hat Landgraf Moritz in diesem Fall ein vierflügeliges Schloss in quadratischer Einfriedung mit runden Ecktürmen, umgeben von einem Wassergraben. Die

467 HStAM Best. 4a 38/7

242 "Strasse nach dem vor werke" und die "Strasse nach dem Stalle" führen von den beiden Zug- brücken aus zu den neben dem Garten gelegenen Wirtschaftsgebäuden. In dieser bewussten Symmetrisierung erscheint dieser Idealentwurf wie eine konsequente Weiterentwicklung der Ideen, die in den Entwürfen für ein Jagdschloss in Waldau (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [330] recto, unten, Abb. 85) vorliegen.

Idealentwurf eines befestigten Schlosses 2° Ms. Hass. 107 [244] verso, unten links Ein weiterer Idealentwurf der auf einem Blatt vereinten Entwurfsserie visualisiert das Schloss auf einer dreieckigen bastionären Plattform, nur über eine Zugbrücke verbunden mit dem „Vorhof“ auf dem dreieckigen Ravelin. Der breite Wassergraben separiert in diesem Fall beide Teile der Anlage, zugleich aber vereint er sie als umlaufendes Band zu einer quadratischen Festung.

Idealentwurf eines befestigten Schlosses 2° Ms. Hass. 107 [244] verso, rechts Ähnlich wie in den anderen Entwürfen auf diesem Blatt thematisiert Landgraf Moritz auch hier die Vision einer weiträumigen Schlossanlage mit mehreren Höfen auf bastionärer Plattform. Schloss und Marstall - beide als repräsentative Vierflügelanlagen ausgebildet - werden ergänzt durch die Dreiflügelanlagen an "Werkmeisterey hof" und "Cantzley und / Rendtkammer hoff". Zwei Lust- gärten, „Reidtplatz" und “holtzplatz" vervollständigen die Gebäude zu einer eindrucksvollen idealen Residenz von beträchtlichen Ausmaßen.

Abb. 148 2° Ms. Hass. 107 [244] verso

243 Idealplan einer Schlossanlage 2° Ms. Hass. 107 [7] recto Das Blatt, das als Umschlag für andere Zeichnungen benutzt wurde, wie die rückseitige Liste belegt, zeigt einen Idealplan einer regelmäßigen Schlossanlage mit sinnvoll angeordneten Neben- gebäuden, deren Funktionen genau verzeichnet sind. Ähnlich wie bei den nicht verwirklichten Ent- würfen für das Lustschloss Fahre (z.B. 2° Ms. Hass. 107 [146]) oder „Moritzwerder“ (2° Ms. Hass. 107 [276]) handelt es sich um ein rechteckiges Hauptgebäude im Zentrum eines quadratischen Hofes, der von einer Mauer mit kleinen, als Nebengebäude genutzten Pavillons eingefasst wird.

Idealentwurf für ein Lustschloss 2° Ms. Hass. 107 [272] (Abb. 149) Die sorgfältig angelegte Vogelschauansicht schildert detailliert ein an einem großen Fluss und zwischen zwei Teichen gelegenes Lustschloss, dessen Aussehen auf den ersten Blick deutlich dem Kasseler Lusthaus ähnelt. Der imposante dreigeschossige Bau mit dreigeschossigem ge- schweiftem Giebel und vier sechseckigen Ecktürmchen erhält jedoch durch die geschweiften Giebel und eine reiche Bauornamentik ein deutlich repräsentativeres Aussehen, das in einzelnen Motiven an das 1593 fertiggestellten Stuttgarter Lusthaus erinnert.468 Vier kleine rechteckige Wirt- schaftsgebäude markieren, ähnlich wie den Entwürfen für das Lustschloss Fahre (z.B. 2° Ms. Hass. 107 [132], Abb. 53), die Ecken des ummauerten und befestigten Hofes. Ebenso wie dort handelt es sich vermutlich auch hier um einen freien Entwurf aus den letzten Lebensjahren, der in seiner detaillierten Ausgestaltung das gestalterische Potential des Landgrafen vor Augen führt.

Abb.149 2° Ms. Hass. 107 [272]

468 vgl. Weber-Karge 1989

244 Unbestimmte Zeichnungen

Eigenhändig

Unbestimmte Stadtsituation 2° Ms. Hass. 107 [6] Die mit Hilfe eines Lineals angelegte, vermutlich unvollendete Zeichnung zeigt einen Ausschnitt aus einer städtischen Bebauung. Konkrete Hinweise auf einen bestimmten Ort und ein Ent- stehungsdatum fehlen.

Unbestimmter Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [9] Der unbestimmte Grundstücksplan zeigt ein mehrfach unterteiltes Areal mit unterschiedlichen Feldern („Grablandt“, „hopfen garten“) ohne einen topographischen Hinweis. Der Zusammenhang mit den anderen Zeichnungen des Bestandes bleibt deshalb unklar.

Unbestimmter Grundriß eines Gutshofs 2° Ms. Hass. 107 [11] Der Plan der unbekannten, mit einer Mauer eingefriedeten Hofanlage enthält neben den ver- schiedenen Ställen und der Scheuer an der rechten Seite ein „Wohnhauß“, das durch einen zen- tralen Wendeltreppenturm und übereck gestellte Erker an den Seiten der Vorderfront besonders hervorgehoben ist. Die spezifischen Eigenheiten der Anlage, die durch Beischriften erläutert wird, lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass es sich um ein konkret vorhandenes Objekt handelt – auch wenn bisher aufgrund der fehlenden topographischen Hinweise eine Verortung nicht möglich war.

Unbestimmte Hofanlage 2° Ms. Hass. 107 [54] Das durch die Faltung stark beschädigte Blatt trägt rückseitig die Aufschrift "dieses gehört nicht in das Rheinische quartier / sondern ist ein ander Inventio uber Breidenaw / wie unß bedüncket [?]". Die Anlage der drei rechtwinklig zueinander stehenden, langgestreckten Gebäude mit den beiden eingefriedeten Höfen entspricht allerdings so wenig der bekannten räumlichen Situation, dass eine Zuordnung zu Breitenau nicht möglich scheint.

245 Nicht eigenhändig

Hans Müller(?), Unvollständiger Grundriss (Ems?) 2° Ms. Hass. 107 [5] Der unvollständige Grundriss, der die charakteristischen Merkmale der Zeichnungen von Hans oder Christoph Müller trägt (vgl. etwa die Darstellung der Öfen), gehört eventuell zu Hans Müllers Zeichnung des Emser Badehauses (2° Ms. Hass. 107 [96]), ist aber nach jetzigem Erkenntnis- stand nicht eindeutig zu verorten.

Unbestimmter Plan eines Hofes 2° Ms. Hass. 107 [8] Der Plan eines aus drei Gebäuden bestehenden Gutshofes, von einem unbekannten Zeichner angelegt und mit einem bezifferten Maßstab versehen, konnte bislang topographisch nicht zugeordnet werden.

Unbestimmte Burganlage 2° Ms. Hass. 107 [210] Einem bislang unbekannten Zeichner muss man die kleine Graphitskizze eines Burghofes zuschreiben, dessen räumliche Situation nach jetzigem Kenntnisstand nicht konkret zu verorten ist. Möglicherweise handelt es sich bei dem nicht ungeübten Zeichner um dieselbe Person, die auch die anderen Graphitzeichnungen im Bestand (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [87]) zu Papier brachte.

246 Unbestimmte Schriftstücke

Vermessungstabelle 2° Ms. Hass. 107 [1] Der kleine Notizzettel enthält neben arithmetischen Rechenoperationen eine Vermessungstabelle, die die Daten diverser „Area“ zusammenträgt. Erwähnt werden u.a. verschiedene Gärten, ein See und „7 Bolwerck”.

Vermessungstabelle zu einem unbekannten Plan 2° Ms. Hass. 107 [3] Das sehr kleine Blatt enthält eine Maßtabelle zu einem bisher unbekannten Lageplan in ähnlicher Handschrift wie 2° Ms. Hass. 107 [16]. Die Maße konnten keinem Blatt des Bestandes zugeordnet werden.

Verzeichnis von "Abrissen" 2° Ms. Hass. 107 [7] verso Das vorliegende Blatt enthält mehrere Einträge von unterschiedlicher Hand. Neben einem ein- fachen Idealplan für eine Schlossanlage auf der Vorderseite enthält es auf der Rückseite den Vermerk "Diese Abrisse seindt vom itzigen Rendt / meister von Guedensbergk Johann Bischofen / H: Christoph Kornelsen den 25t Julij Ao 1624 / uberliffert welcher sie so baldt zur F: Bau / stueben geschickt". Im anschließenden Absatz sind von anderer Hand mehrere Zeichnungen aufgeführt, darunter auch „des Obristen Riedteßels feldtlager zu Liebenaw Anno 1626“. Offensichtlich wurde das Blatt zu einem späteren Zeitpunkt als Umschlag für jene Blätter benutzt, die heute noch vorhanden sind. Unter der Nummer „4.“ wurde das „Paquet Zeichnungen“ 1786 in die Übergabe- liste der Plankammer (2° Ms. Hass. 107 a) aufgenommen. Die Darstellung vom „Bott[?]ensehische hoiff", wurde dabei allerdings nicht mehr aufgeführt und konnte auch nicht identifiziert werden.

Vermessungstabelle zu einem unbekannten Plan 2° Ms. Hass. 107 [16] Das kleine Blatt enthält eine Maßtabelle zu einem bisher unbekannten Lageplan in ähnlicher Handschrift wie 2° Ms. Hass. 107 [3]. Die Maße konnten keinem Blatt des Bestandes zugeordnet werden.

Brieffragment 2° Ms. Hass. 107 [56] verso, oben Der Text des Schriftstücks (Bruchstück eines Briefes) auf der Rückseite einer Zeichnung vom ehemaligen Kloster Ahnaberg in Kassel beschäftigt sich mit alchemistischen Prozessen, die vermutlich in einem der in Kassel und Melsungen vorhandenen Laboratorien vorbereitet werden sollen. Ein inhaltlicher Zusammenhang mit der Zeichnung ist nicht erkennbar.

Glaubensbekenntnis von Johnnes Finckius 2° Ms. Hass. 107 [120] verso Das auf der Rückseite eines auf 1628 datierten Entwurfes für das Lustschloss Fahre befindliche Glaubensbekenntnis in deutscher und lateinischer Sprache ist von Johannes Finckius unterzeichnet. Johannes Finck war von 1605-1626 Pfarrer an der Stadtkirche in Lichtenau.469 Diese Praxis der Weiterverwendung von Schriftstücken für seine Zeichnungen hat Landgraf Moritz häufiger angewendet.

469 vgl. die Erwähnung in: Reichenbacher Blätter 3/1986, S. 80

247 2° Ms. Hass. 107 [121] verso Urlaubsgesuch von Johnnes Finckius Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [120] verso enthält auch dieses Blatt mit drei Entwürfen für das Lustschloss Fahre auf der Rückseite ein Schriftstück des Pfarrers Johannes Finckius. In diesem Fall handelt es sich um ein Urlaubsgesuch, um „auf ein Paar tage nur meine Mutter in ihrer schwacheit zu besuchen“.

Johann Günther, Brief an Landgraf Moritz wegen Herwig Sandmann, 1628 2° Ms. Hass. 107 [129] verso Ebenso wie bei einigen anderen Blättern verwendete Landgraf Moritz auch in diesem Fall als Trägermaterial für die Entwurfszeichnungen zum Lustschloss Fahre ein ihm zugesandtes Schrift- stück, in diesem Fall einen auf den 8.8.1628 datierten Brief von Dr. Johann Günther, dem Sohn des im Dezember 1628 hingerichteten General-Audienzierers Wolfgang Günther. Der studierte Jurist stand damals ebenfalls in Diensten des Landgrafen Moritz.470 Bei dem im Brief erwähnten „gerwig Santman” dürfte es sich um jenen Gerwig (Herwig, Gerwin) Sandmann handeln, der als landgräflicher Küchenmeister in den Akten geführt wird.471

Lateinisches Schriftstück 2° Ms. Hass. 107 [125] recto, oben Auf der oberen Blatthälfte des mit mehreren Entwürfen zum Schloss Fahre gefüllten Blattes findet sich auf der Vorderseite ein lateinischer Text zur römischen Geschichte (?) von unbekannter Hand.

Verzeichnis von "Abrissen" 2° Ms. Hass. 107 [192] Das kleine Blatt ist beschriftet: "Hierin sindt gebunden die Abriße / 1 der Annaberger Hoiff / 2 die Bergfreiheitt Uf dem Habichtswalde / 3 Baltzer Maroldts Undt Forster Lipsschen hoiffstadt zu Elgershaußen / 4 das schloß Walda beij Caßell so itzt der Jägerhoiff / 5 der hoiff Freijenhagen an der Full beij Bergkshaußen". Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [7] diente es offensichtlich als Umschlag für die genannten Blätter, die noch heute im Bestand vorhanden sind. Es handelt sich um 2° Ms. Hass. 107 [21] (Ahnaberger Kloster), 2° Ms. Hass. 107 [191] (Habichtswald), 2° Ms. Hass. 107 [95] + [96] (Elgershausen), 2° Ms. Hass. 107 [334], [338] + [339] (Waldau) und 2° Ms. Hass. 107 [176] (Freienhagen). In der Übergabeliste der Plankammer von 1786 (2° Ms. Hass. 107 a) wurden diese Blätter demgemäß unter der Nummer „2.) Ein Paquet Abrißen“ aufgeführt.

Namensliste 2° Ms. Hass. 107 [239] verso Auf der Rückseite eines kleinen, schmalen Blattes mit zwei Zeichnungen zum Melsunger Schloss und seiner Umgebung befindet sich eine Liste von Namen, die vermutlich nicht im Zusammenhang mit der Darstellung stehen. Es dürfte sich vielmehr auch hier um die Weiterverwendung eines Schriftstücks handeln, das Landgraf Moritz einfach umfunktionierte.

Unvollständiger Bericht über eine unbekannte Gebäudeanlage 2° Ms. Hass. 107 [266] Der kleine Notizzettel, der ursprünglich offensichtlich Teil eines längeren Berichts war, erwähnt u.a. „das Wag[en]hauß, die alte Schaf / scheuer undt des Schafmeisters hauß“. Es handelte sich also um eine größere Anlage mit zahlreichen Wirtschaftsgebäuden. Genauere Ortsangaben fehlen allerdings.

470 siehe die Akte im HStAM Best. 4a 38/16 471 HStAM Best. 40a Rubr. 04 514

248 Lateinisches Schriftstück 2° Ms. Hass. 107 [307] recto, unten Der lateinische Text unter der Zeichnung der Schmiedemühle Schmidtfahrth beinhaltet zum einen eine Tabelle mit naturwissenschaftlichem/philosophischem Glossar sowie einen unbekannten philosophischen Text ("NIHIL est oppositum…”). Ein Zusammenhang mit der Zeichnung ist in diesem Fall nicht erkennbar.

Lateinisches Schriftstück 2° Ms. Hass. 107 [307] verso Bei dem lateinischen Text auf der Rückseite einer Zeichnung der Schmiedemühle Schmidtfahrth handelt es sich um eine tabellarische Übersicht der Gliederung der Wissenschaften.

249 Literatur

Altwasser 1994 Elmar Altwasser: Steinverklebungen in der frühen Neuzeit. In: Historisches Bauwesen, Material und Technik. Jahrbuch für Hausforschung 42, Marburg 1994, S. 99 -112 Armbrust 1921 Ludwig Armbrust: Geschichte der Stadt Melsungen bis zur Gegenwart. 2. Aufl. Melsungen 1921 Aufgebauer 2000 Peter Aufgebauer: Die Burg Plesse in hessischer Zeit (1571-1660) nach den Schriftquellen. In: Moritz 2000, S. 99 - 111

Bachmann 2009 Harald Bachmann: Schloss Ehrenburg in Coburg. In: Die Residenzschlösser der Ernestiner in Thüringen. Kulturhistorische Porträts. Hrsg. von Roswitha Jacobsen. (Mitteldeutsche Miniaturen Bd. 8). Bucha bei Jena 2009, S. 43 - 54 Bad Boll 1995 Bad Boll 1595-1995. Vom herzoglichen Wunderbad zum Kurort. Hrsg. Von der Gemeinde Boll. Weissenhorn 1995 Baeumerth 1985 Karl Baeumerth: Das „Feste Haus“ aus Ransbach als Bautyp. In: Hessenpark 2, 1985, S. 11 -14 Barock und Rokoko 2008 Barock und Rokoko. Hrsg. von Frank Büttner u.a. (Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland Bd. 5). München 2008 Bartetzky 2004 Arnold Bartetzky (Hrsg.): Die Baumeister der “Deutschen Renaissance”. Ein Mythos der Kunstgeschichte? Beucha 2004 Batton 1864 Johann Georg Batton: Örtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main, Bd. 3. Frankfurt a.M. 1864 Batton 1871 Johann Georg Batton: Örtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main, Bd. 6. Frankfurt a.M. 1871 Becker-Bender 1977 Emil Becker-Bender: Bad Dürkheim und die Limburg. Bad Dürkheim 1977 Becker-Karkosch 2007 Horst Becker und Michael Karkosch: Park Wilhelmshöhe Kassel. Parkpflegewerk. Historische Analyse. Dokumentation. Denkmalpflegerische Zielsetzung (Edition der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Monographien 8). Regensburg 2007 Bergmeyer 1999 Winfried Bergmeyer: Landgraf Karl von Hessen-Kassel als Bauherr - Funktion von Architektur zwischen Vision und Wirklichkeit (Oktogon - Studien zu Architektur und Städtebau 17). Münster/Hamburg/London 1999 Blumenstein 2009 Thomas Blumenstein: Das landgräfliche Jagdhaus in Kehrenbach. In: Ein Dorf mit Geschichte. 800 Jahre Kehrenbach 1209-2009. Kehrenbach 2009, S. 28 - 59 Borggrefe 2000 Heiner Borggrefe: Das alchemistische Laboratorium Moritz des Gelehrten im Kasseler Lusthaus. In: Menk 2000, S. 229-252 Borggrefe/Fusenig/Kümmel 2000 Heiner Borggrefe, Thomas Fusenig, Birgit Kümmel (Hrsg.): Ut Pictura Politeia oder der gemalte Fürstenstadt. Moritz der Gelehrte und das Bildprogramm in Eschwege (Studien zur Kultur der Renaissance Bd. 1). Marburg 2000 Brauns 1986 Eduard Brauns: Die Felsburg im unteren Edertal. In: 700 Jahre Stadt Felsberg 1286 – 1986. Festschrift. Felsberg 1986, S. 57 - 58 Briquet 1923 Charles M. Briquet: Les filigranes. Dictionnaire historique des marqes du papier. 4 Bde. Leipzig 1923

250 Brinkmann 2010 Jens-Uwe Brinkmann: Ansichten der Burg Plesse im Städtischen Museum und im Archiv der Stadt Göttingen sowie im Plesse-Archiv des Fleckens Bovenden. Göttingen 2010 Broedner 1997 Petra Broedner: Eck kan mek nycht toffrede geven, eck mot to Koffungen. Kloster und Damenstift Kaufungen im Mittelalter. In: Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Hrsg. von Ingrid Baumgärtner, Kassel 1997, S. 77-112 Brohl 2009 Elmar Brohl: Graf Wilhelm I. zu Solms-Greifenstein als Festungsplaner 1606-1624 in Brandenburg, Hessen und Österreich. In: Festungsjournal 35/2009, S. 46 - 65 Broszinski 1985 Hartmut Brozsinski: Kasseler Handschriftenschätze. Kassel 1985 Broszinski 2011 Hartmut Brozsinski: Manuscripta chemica in quarto. (Die Handschriften der Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, Bd. 3,2,2). Wiesbaden 2011 Brunner 1913 Hugo Brunner: Geschichte der Residenzstadt Kassel: 913-1913. Kassel 1913 Brunner 1922 Hugo Brunner: Gudensberg. Schloß und Stadt und die Grafschaft Maden. Kassel 1922 Burger 2005 Daniel Burger: Die Cadolzburg. Dynastenburg der Hohenzollern und markgräflicher Amtssitz. Nürnberg 2005

Châtelet-Lange 2000 Liliane Châtelet-Lange: Die Catharinenburg. Residenz des Pfalzgrafen Johann Casimir von Zweibrücken. Ein Bau der Zeitenwende. (Residenzenforschung Bd. 12). Stuttgart 2000 Chatenet 2010 Monique Chatenet: Des modèles pour l‘architecture française. In: Jacques Androuet Du Cerceau. "un des plus grands architectes qui se soient jamais trouvés en France". Ausstellungskatalog Paris 2010 Collmann 1863 Carl Lorenz Collmann: Geschichte der alten Bergstadt Sontra in Niederhessen. Cassel 1863 Conrads 1982 Norbert Conrads: Ritterakademien der frühen Neuzeit. Bildung als Standesprivileg im 16. und 17. Jahrhundert. Göttingen 1982

Dautermann 1978 Wilhelm Dautermann, Georg Feldmann, Walther Klein und Ernst Zink: Bad Dürkheim. Chronik einer Salierstadt. Hrsg. von der Stadt Bad Dürkheim. Bad Dürkheim 1978 Dehio 1982 Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hessen. Bearb. von Magnus Backes. München/ Berlin 1982 Denkmalbuch 1979 Denkmalbuch der Stadt Kassel. Gesamtanlage Ortskern Waldau. Bearb. von Jörg Katz. Hrsg. vom Magistrat der Stadt Kassel. Kassel 1979 Denkmaltopographie 1991 Kulturdenkmäler in Hessen. Werra-Meißner-Kreis I. Altkreis Eschwege. Bearb. von Peer Zietz u. Thomas Wiegand. Braunschweig/Wiesbaden 1991 Denkmaltopographie 1992 Kulturdenkmäler in Hessen. Werra-Meißner-Kreis II. Stadt Eschwege. Bearb. von Susanne Jacob u. Thomas Wiegand. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Braunschweig/Wiesbaden 1992 Denkmaltopographie 1995 Kulturdenkmäler in Hessen. Werra-Meißner-Kreis III. Altkreis Witzenhausen. Bearb. von Peer Zietz. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Braunschweig/Wiesbaden 1995 Denkmaltopographie 1995/2 Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Kreis Bad Dürkheim. Bearb. von Georg Peter Karn und Rolf Mertzenich. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Worms 1995

251 Denkmaltopographie 2008 Kulturdenkmäler in Hessen. Landkreis Gießen I. Hungen, Laubach, Lich, Reiskirchen. Bearb. von Karlheinz Lang, Reinhold Schneider und Martina Weißenmayer. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Stuttgart 2008 Derwein 1940 Herbert Derwein: Die Flurnamen von Heidelberg. Heidelberg 1940 Dilich 1605 Wilhelm Dilich: Hessische Chronica. zusamen getragen und verfertiget durch Wilhelm Scheffern genandt Dilich. Kassel 1605 (Faksimile Kassel 1961) Dilich 2011 Wilhelm Dilich: Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser 1607 – 1625. Hrsg. von Ingrid Baumgärtner, Martina Stercken und Axel Halle. (Schriften der Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel 10). Kassel 2011 Drach 1909 Karl Alhard von Drach: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Cassel . Bd. II: Kreis Fritzlar. Marburg 1909

Elerd/Last 1979 U. Elerd und M. Last: Kleiner Plesseführer. Flecken Bovenden/Landkreis Göttingen. Bovenden 1979 Engels 2009 Palatia sacra. Kirchen- und Pfründebeschreibung der Pfalz in vorreformatorischer Zeit. Teil 1 Bistum Speyer. Band 1 Die Stadt Speyer. Teil 1b Die Kollegiatsstifte. Bearb. von Renate Engels. Mainz 2009

Fecker 1992 Herbert Fecker: Stuttgart. Die Schlösser und ihre Gärten. Das Werden der Schlösser und Gärten von der gräflichen Residenz bis zur Internationalen Gartenbauausstellung. Stuttgart 1992 Fenner 1987 Gerd Fenner: Zur Baugeschichte und Stadtsanierung von Melsungen. In: Hessische Heimat 37/1987, H.1, S. 23 - 28 Fimpeler-Philippen/Schürmann 1999 Antje Fimpeler-Philippen und Sonja Schürmann: Das Schloß in Düsseldorf. Düsseldorf 1999 Fischer 1996 Albert Fischer: Daniel Specklin aus Straßburg (1536-1589). Festungsbaumeister, Ingenieur und Kartograph. Sigmaringen 1996

Ganßauge/Kramm/Medding 1937 Gottfried Ganßauge, Walter Kramm und Wolfgang Medding: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel. Neue Folge, Erster Band. Kreis Wolfhagen. Kassel 1937 Ganßauge/Kramm/Medding 1960 Gottfried Ganßauge, Walter Kramm und Wolfgang Medding: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel. Neue Folge, Vierter Band. Kreis der Eder. Kassel 1960 Gertler 1984 Erwin Gertler: Treffurt und Umgebung in alter Zeit. Bollendorf 1984 Geschichte der Stadt Eschwege 1993 Geschichte der Stadt Eschwege. Red. Karl Kollmann. Eschwege 1993 Gottwald 1991 Clytus Gottwald: Papiermarken der Landgrafschaft Hessen-Kassel 1590-1660. (Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes und Volkskunde 21). Kassel 1991 Gräf 1993 Holger Th. Gräf: Konfession und internationales System. die Außenpolitik Hessen-Kassels im konfessionellen Zeitalter. Diss. Gießen 1993 Gromes 1989 Ilse Gromes: Sontra im 30jährigen Krieg. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Sontra, Heft 8). Sontra 1989 Großmann 1979 Georg Ulrich Großmann: Der Schloßbau in Hessen 1530-1630. Diss. Marburg 1979

252 Großmann 2010 Georg Ulrich Großmann: Renaissanceschlösser in Hessen. Architektur zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg. Regensburg 2010 Grotefend 1891 Wilhelm Grotefend: Zur Geschichte von Burg und Stadt Felsberg. In: Hessenland 1891, H. 12, S. 155 - 157, H. 13, S. 168 -170, H. 14, S. 182 -184

Hanschke 1991 Ulrike Hanschke: Die Gartenanlagen der Landgrafen Wilhelm IV. und Moritz in Kassel im Spiegel handschriftlicher Quellen. In: Die Gartenkunst 3, 1991, Heft 1, S. 175 -188 Hanschke 1992 Ulrike Hanschke: Lustgärten der Renaissance im Weserraum. In: „…uns und unseren Nachkommen zu Ruhm und Ehre“. Kunstwerke im Weserraum und ihre Auftraggeber. (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland Bd. 6). Marburg 1992 Hanschke 1997 Ulrike Hanschke: "…uns ein BIBLIOTHECAM ARCHITECTONICAM zu machen" - Die Architekturzeichnungen des Landgrafen Moritz. In: Katalog Lemgo/Kassel 1997, S. 265 - 271 Hanschke 2008 Ulrike Hanschke: Die Sababurg – das Jagdschloss der Landgrafen von Hessen im Reinhardswald. In: Beberbeck. Zwischen Sababurg und Gesundbrunnnen. Eine Zeitreise durch die Region. Hrsg. Silke Renner. Kassel 2008, S. 106 - 116 Hanschke 2009 Ulrike Hanschke: das Landgrafenschloss. In: Kassel-Lexikon, Bd. 2, Kassel 2009, S. 23 - 25 Hanschke 2011 Ulrike Hanschke: Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel von der ehemaligen Klosteranlage in Kaufungen. In: 1000 Jahre Kaufungen. Kaufungen 2011, S. 38 - 45 Hansmann/Knopp 1981 Wilfried Hansmann und Gisbert Knopp (Hg.): Rheinlands Schlösser und Burgen. Herausgegeben von Alexander Duncker 1857- 1883. II. Kommentarband. Düsseldorf 1981 Hartleb 1936 Hans Hartleb: Deutschlands erster Theaterbau. Eine Geschichte des Theaterlebens und der englischen Kömödianten unter Landgraf Moritz dem Gelehrten von Hessen-Kassel. Berlin 1936 Heawood 1950 Edward Heawood: Watermarks mainly of the 17th and 18th centuries. (Monumenta chartae papyraceae historiam illustrantia Vol. I). Amsterdam 1950 Heidelbach 1909 Paul Heidelbach: Die Geschichte der Wilhelmshöhe. Leipzig 1909 Heimerich 1979 Gisela Heimerich: Stift und Kartause zu Eppenberg. (Quellen und Abhandlungen der Abtei und der Diözese Fulda XXIII.). Fulda 1979 Hellwig 1995 Walter Hellwig: Zwei Handzeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen aus der Landesbibliothek und Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel. In: Festbuch zum 375jährigen Bestehen der Leichenbrüderschaft Elgershausen. Elgershausen 1995, S. 70 - 95 Helm 1964/65 Helm, Rudolf: Bauprojekte des Landgrafen Moritz. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 76, 1964/65, S. 185 - 190 Helm 1967 Rudolf Helm: Das Bürgerhaus in Nordhessen. (Das Deutsche Bürgerhaus 9.) Tübingen 1967 Henche 1926 Albert Henche: Alt-Ems. Bad Ems 1926 Henn 2006 Ernst Henn: Cornberg. Schicksal einer Frauengemeinschaft 1230-1526. Norderstedt 2006 Heppe 1995 Dorothea Heppe: Das Schloß der Landgrafen von Hessen in Kassel von 1557 bis 1811 (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 17). Marburg 1995

253 Hess 1966 Wolfgang Hess: Hessische Städtegründungen der Landgrafen von Thüringen. (Beiträge zur Hessischen Geschichte 4). Marburg 1966 Hessischer Städteatlas 2006 Hessischer Städteatlas. Lfg. II,2. Hessisch Lichtenau. Hrsg. Ursula Braasch-Schwersmann. Hessisches Landesamt für Geschichtliche Landeskunde. Marburg 2006 Hildenbrand 1922 Friedrich Johann Hildenbrand: Schloß Marientraut bei Hanhofen unfern Speier a.Rh. (1414-1804). Speier 1922 Historisches Ortslexikon online Historisches Ortslexikon Hessen. Hrsg. vom Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde. http:// www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/ol Hochhuth 1826 Johann Ch. Hochhuth: Erinnerungen an die Vorzeit und Gegenwart der Stadt Eschwege in Thüringen. Geschichtlich-statistischen Inhalts. Leipzig 1826 (Faksimile Eschwege 1986) Hoffmann 2004 Albrecht Hoffmann: Die Wasserkunst. In: Spurensuche zur Geschichte der Stadt Trendelburg. Hrsg. von Harald Schmidt. Kassel 2004, S. 54 - 62 Holtmeyer 1910 Alois Holtmeyer: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Bd. IV: Kreis Cassel-Land. Marburg 1910 Holtmeyer 1923 Alois Holtmeyer: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Bd. VI: Kreis Cassel-Stadt. Kassel 1923 Hootz 1952 Kloster Breitenau. Diss. Marburg 1952 Hoppe 1996 Stephan Hoppe: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbau in Mitteldeutschland. Untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 und 1570. (62. Veröffentlichung der Abteilung Architekturgeschichte des kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln) Köln 1996 Hoppe 2006 Stephan Hoppe: Paper Villas: The Drawings by the Landgrave Moritz von Hessen (1572-1632) for some Lustschlösser in the Countryside. In: Maisons des champs dans l’europe de la Renaissance. Hrsg. von Monique Chatenet. Paris 2006, S. 87 - 98

Katalog Berlin 2009 Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern. Hrsg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Ausstellungskatalog. Berlin, Schloss Charlottenburg. Berlin 2009 Katalog Bonn 2011 Renaissance am Rhein. Ausstellungskatalog. Bonn, Rheinisches Landesmuseum. Bonn 2011 Katalog Coburg 1964 Herzog Johann Casimir von Sachsen Coburg-Gotha 1564-1633. Ausstellung zur 400. Wiederkehr seines Geburtstages. Coburg, Kunstsammlungen der Veste. Coburg 1964 Katalog Darmstadt 2003 Valentin Wagner (um 1610 - 1655). Ein Zeichner im Dreißigjährigen Krieg. Hrsg. und bearb. von Holger Th. Gräf und Helga Meise. Ausstellungskatalog. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum. Darmstadt 2003 Katalog Lemgo/Kassel 1997 Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa. Hrsg. von Heiner Borggrefe, Vera Lüpkes und Hans Ottomeyer. Ausstellungskatalog. Lemgo, Weserrenaissance-Museum Schloß Brake und Kassel , Staatliche Museen. Eurasburg 1997 Katalog Stuttgart 1999 Heinrich Schickhardt. Baumeister der Renaissance. Leben und Werk des Architekten, Ingenieurs und Städteplaners. Hrsg. von Sönke Lorenz und Winfried Setzler Ausstellungskatalog. Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Stuttgart 1999

254 Kaufungen 1985 975 Jahre Kaufungen 1011 – 1986. Beiträge zur Heimatkunde. Hrsg. vom Gemeindevorstand der Gemeinde Kaufungen. Kaufungen 1985 Keindorf 2002 Gudrun Keindorf: Der Brunnen der Burg Plesse in der historischen Überlieferung vor 1800. In: Moritz 2002, S. 12 - 19 Kemp 1979 Wolfgang Kemp: „…einen wahrhaft bildenden Zeichenunterricht überall einzuführen“. Zeichnen und Zeichenunterricht der Laien 1500-1870. (Beiträge zur Sozialgeschichte der ästhetischen Erziehung Bd. 2). Frankfurt a.M. 1979 Knappe 1995 Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 2. Aufl. Gudensberg-Gleichen 1995 Kleddigkeit 2002 Jürgen Kleddigkeit (Hrsg.): Pfälzisches Burgenlexikon, Bd. 2. Kaiserslautern 2002 Kloft 1963/64 Jost Kloft: Die politische Entwicklung des Bades Ems im Lichte seiner Baugeschichte. In: Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete 15/16, 1963/64, S. 39 - 72 Kollmann 1994 Karl Kollmann: Vom Klostergut zur preußischen Staatsdomäne 1527 – 1930. In: Schilling 1994, S.86 - 110 König 1933 E. König: Die beiden von Landgraf Moritz entworfenen Skizzen für den Umbau von Eschweger Gebäuden. In: Das Werratal 1933, H. 1/2, S. 2 - 8 Krüger 2004 Kersten Krüger: Der Rentschreiber als Kleinbankier – was Prozessakten über den Alltag im alten Trendelburg erzählen. In: Spurensuche zur Geschichte der Stadt Trendelburg. Hrsg. von Harald Schmidt. Kassel 2004, S. 42 - 53 Küffner/Spohr 1999 Hatto Küffner und Edmund Spohr: Burg und Schloss Düsseldorf. Baugeschichte einer Residenz. (Jülicher Forschungen 6). Kleve 1999 Kümmel 1996 Birgit Kümmel: Der Ikonoklast als Kunstliebhaber. Studien zu Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1592 – 1627). (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 23). Marburg 1996

Lamprecht 1986 Herbert Lamprecht: Die Einkünfte des Klosters Germerode Anno 1497. (Forschungen zur hessischen Familien- und Heimatkunde 65). Frankfurt a.M./Kassel 1986 Landau 1842 Georg Landau: Malerische Ansichten von Hessen. Kassel 1842 Landau 1842/2 Georg Landau: Geschichte des Kurfürstenthums Hessen. Kassel 1842 Langenbrinck 2008 Max Langenbrinck: Bauforschung auf Burg Felsberg. In: Burg und Stadt. (Forschungen zu Burgen und Schlössern Bd. 11). München 2008, S. 181-193 Last 1977 Martin Last: Die Burg Plesse. Sonderdruck aus Plesse-Archiv 10/1975. Göttingen 1977 Lemberg 1994 Margret Lemberg: Juliane Landgräfin zu Hessen (1587-1643). Eine Kasseler und Rotenburger Fürstin aus dem Hause Nassau-Dillenburg in ihrer Zeit. (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 90). Darmstadt/Marburg1994 Licht 1991 Heinrich Licht: Die Wasserburg zu Friedewald. In: Hessische Heimat 41/1991, H.4, S. 129 -134 Lippmann 2003 Wolfgang Lippmann: Der Fürst als Architekt. Überlegungen zu Wertung und Bedeutung des Architekturdilettantismus während des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. In: Georges- Bloch-Jahrbuch des Kunstgeschichtlichen Instituts der Universität Zürich 8. Jhg., 2001, Zürich 2003, S. 111-135

255 Lotze 1984 Siegfried Lotze: Die Handzeichnungen des Landgrafen Moritz über Sababurg und Trendelburg. In: Jahrbuch des Landkreis Kassel 1984, S.40 - 44 Löwenstein 1989 Uta Löwenstein: Ein Drittel vom Viertel – Hessen Eschwege in der Quart. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 94, 1989, S. 101 - 124 Lückert 1979 Manfred Lückert: Bad Sooden-Allendorf wie es früher einmal war. Eine illustrierte Chronik unserer Heimatstadt. Allendorf 1979

Maier 2005 Josef Maier: Residenzschloss Ansbach. Gestaltung und Ausstattung im Wandel der Zeit. (Jahrbuch des historischen Vereins für Mittelfranken Bd. 100). Ansbach 2005 Menk 2000 Gerhard Menk (Hrsg.): Landgraf Moritz der Gelehrte. Ein Kalvinist zwischen Politik und Wissenschaft. (Beiträge zur hessischen Geschichte 15). Marburg 2000 Merian 1646 Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt 1646, 2. Aufl. 1655. Nachdruck: Kassel 1959, 2. verbesserte Neuausgabe 1966 Merz 1956 Ludwig Merz: Befestigungen um Heidelberg 1622. In: Ruperto-Carola Jg. 8, Bd. 20, 1956. S. 152 -162 Moch 1996 Heinz Moch: 700 Jahre Kloster Cornberg. 1292/96 - 1996. mit Hinweisen zur Geschichte des althessischen Adelsgeschlechts der Freiherren von Cornberg und der neuen Gemeinde Cornberg. Cornberg 1996 Monumentum Sepulcrale 1638 Monumentum Sepulcrale ad Illustrissimi Celsissimique Principis ac Domini, DN. Mauritii Hassiae Landgravii […] memoriam gloriae sempiternam erectum. Kassel 1638 Moran 1991 Bruce T. Moran: The alchemical world oft he German Court: occult philosophy and chemical medicine in the circle of Moritz of Hessen (1572-1632). Stuttgart 1991 Moran 1997 Bruce T. Moran: Moritz von Hessen und die Alchemie. In: Katalog Lemgo/Kassel 1997, S. 357 - 360 Moritz 2000 Thomas Moritz (Hrsg.): Eine feste Burg - die Plesse. Interdisziplinäre Burgenforschung. Bd. I. Göttingen 2000 Moritz 2002 Thomas Moritz (Hrsg.): Eine feste Burg - die Plesse. Begleitband zur Ausstellung. Landesmuseum Braunschweig 2002 Müller 2004 Martin Müller: Wilhelm Vernucken. In: Bartetzky 2004, S. 111 - 142

Nickel 1993 Rainer Nickel: Stadtarchäologische Untersuchungen in Eschwege. In: Geschichte der Stadt Eschwege 1993, S. 358 - 362 Nickel 1997 Rainer Nickel: Eschwege oder Allendorf? Zur St. Nikolauskirche in Allendorf. In: Eschweger Geschichtsblätter 8, 1997, S. 36 - 45 Nieder 2002 Horst Nieder: Wilhelm Dilich (um 1571-1650). Zeichner, Schriftsteller und Kartograph in höfischem Dienst. (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 28). Marburg 2002

Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007 Bestandskatalog der Architekturzeichnungen der Museumslandschaft Hessen Kassel. Hrsg. von Michael Eissenhauer. Bearbeitet von Gerd Fenner, Maren Christine Härtel und Ulrike Hanschke. Kassel 2004/2005/2007. http://212.202.106.6:8080/dfg/museumkassel/home.jsp

256 Onlinekatalog Hessische Renaissanceschlösser 2005 Renaissanceschlösser in Hessen. Katalog des DFG-Projektes am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Hrsg. Von G. Ulrich Großmann. Nürnberg 2005. http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/ index.htm Onlinekatalog Historisches Ortslexikon Historisches Ortslexikon. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). http://www.lagis- hessen.de/de/subjects/intro/sn/ol

Papritz 1964/65 Johannes Papritz: Ein alter Stadtplan von Kassel im Königlichen Kriegsarchiv zu Stockholm. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 76, 1964/65, S. 171-184 Perst 1964/65 Otto Perst: Kassel 1641 nach Landgraf Hermann zu Hessen-Rotenburg. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 76, 1964/65, S. 207 - 217 Piccard 1961-1997 Gerhard Piccard: Die Wasserzeichenkartei Piccard im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Findbuch I - XVII. Stuttgart 1961-1997 Piccard-Onlinekatalog Wasserzeichensammlung Piccard. Hauptstaatsarchiv Stuttgart. http://www.piccard-online.de Purbs-Hensel 1975 Barbara Purbs-Hensel: Verschwundene Renaissance-Schlösser in Nassau-Saarbrücken. (Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde des Saarlandes Bd. 24). Saarbrücken 1975

Ranft 1968 Manfred Ranft: Das Landgrafenschloß zu Eschwege als historisches Baudenkmal. In: Das Werraland 3, 1968, S. 35 - 54 Reccius 1930 Adolf Reccius: Geschichte der Stadt Allendorf in den Soden. (Beiträge zur Geschichte der Werralandschaft, Heft 3). Bad Sooden-Allendorf 1930 Reimer 1926 Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck XIV). Marburg 1926 Renkhoff 1980 Otto Renkhoff: Wiesbaden im Mittelalter. (Geschichte der Stadt Wiesbaden, Bd. II). Wiesbaden 1980 Reuter 1997 Reinhard Reuter: Dörfer in Hessen. Bd. 1: Zwischen Fulda und Werra. Siedlungsformen – Hofformen - Hausformen in Nordosthessen. Wiesbaden 1997 Rexroth 1995 Karl Heinrich Rexroth: Der heilige Heimerad und Hasungen. Zur Geschichte des Klosters im elften Jahrhundert und zu seiner Stellung zwischen Hersfeld und Hirsau. In: Chronik der Stadt . Bd. 2, Mittelalter und frühe Neuzeit. Baunatal 1995, S. 159 -186 Rohrmüller 2002 Marc Rohrmüller: Heydau - ein Lustschloß dreier Landgräfinnen von Hessen-Kassel. In: Denkmalpflege und Kulturgeschichte 1, 2002, S. 3-9 Rommel 1837 Christoph von Rommel : Geschichte von Hessen. Bd. 6. Kassel 1837 Rommel 1839 Christoph von Rommel : Geschichte von Hessen. Bd. 7. Kassel 1839 Rommel 1840 Christoph von Rommel: Correspondance inédite de Henri IV, roi de France et de Navarre, avec Maurice-Le- Savant, Landgrave de Hesse. Paris 1840

Sarholz 1994 Hans-Jürgen Sarholz: Geschichte der Stadt Bad Ems. Bad Ems 1994 Sarholz 2004 Hans-Jürgen Sarholz: Bad Ems. Streifzug durch die Geschichte. Bad Ems 2004

257 Schaal 1996 Katharina Schaal: Das Deutschordenshaus Marburg in der Reformationszeit. Der Säkularisationsversuch und die Inventare von 1543. (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte, 15). Marburg 1996 Schilling 1994 Johannes Schilling (Hrsg.): Kloster Germerode. Geschichte - Baugeschichte - Gegenwart. Kassel 1994 Schleichert 1924 Heinrich Schleichert: Landgraf Moritz der Gelehrte von Hessen-Kassel und das deutsche Theater. Diss. Marburg 1924 Schmidt 1978 Jürgen Schmidt: Melsungen. Die Geschichte einer Stadt. Melsungen 1978 Schmincke 1767 Friedrich Christoph Schmincke: Versuch einer genauen und umständlichen Beschreibung der hochfürstlich- hessischen Residenz- und Hauptstadt Cassel nebst den nahe gelegenen Lustschlössern, Gärten und anderen sehenswrdigen Sachen. Cassel 1767 Schmincke 1922 Julius Ludwig Chr. Schmincke: Geschichte der Stadt Eschwege. Mit Berichtigungen und Ergänzungen im Anhang von E. Stendell. Eschwege 1922 Schmitt 1931 Wilhelm Schmitt: Das Schloß zu Eschwege. In: Werratal 1631, H.8. S. 124 -131 Schnorr 1993 Hans Schnorr: Lich - Geschichte und Gegenwart. Gießen 1993 Schütt 1998 Horst Schütt: Zeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen für Schloßbauten in Allendorf. Bad Sooden- Allendorf 1998 Schuhmann 1971 Günther Schuhmann: Ansbachs älteste Stadtansichten. In: 1221-1971. Ansbach – 750 Jahre Stadt. Ein Festbuch. Ansbach 1971, S. 21 - 64 Schweikhart 1985 Gunter Schweikhart: Kunst und Kultur in Kassel unter Landgraf Moritz dem Gelehrten (1592-1627). In: Heinrich Schütz. Der hervorragendste Musiker seiner Zeit. Hrsg. von der Stadtsparkasse Kassel, Kassel 1985, S. 13 - 34 Seib 1974 Gerhard Seib: Materialien zur Baugeschichte des Kosters Hasungen. In: Burghasungen 1074-1974. Hrsg. von Karl Heinrich Rexroth und Gerhard Seib. 1974, S. 40-69 Seib 1989 Gerhard Seib: Ein amputiertes Kulturdenkmal. Zum denkmalpflegerischen Dilemma des ehemaligen Benediktinerinnenklosters Cornberg. In: Rund um den Alheimer 11, 1989. S. 51 - 55 Seib 1993 Gerhard Seib: Eschweger Kulturdenkmäler. In: Geschichte der Stadt Eschwege. 1993, S. 363 - 384 Seib 1994 Gerhard Seib: Die Handzeichnungen des Landgrafen Moritz zum Kloster Germerode. In: Schilling 1994, S. 197 - 206 Simon 1991 Werner Simon: Zur Geschichte von Schloß und Dorf Grebendorf. In: Eschweger Geschichtsblätter 2, 1991, S. 4 -17 Sippel 1985 Klaus Sippel: Die Wasserburg Friedewald, das "Nadelöhr" und die Wüstung Hamundeseiche im Seulingswald. (Archälogische Denkmäler in Hessen 48). Wiesbaden 1985. Sippel 2009 Klaus Sippel: Das closter […] mag wohl dabevor eines der aller vornemsten gebeu in Hessen undt benachbarten landen gewesen seyn. Gründung, Verschwinden und Wiederkehr des Klosters Hasungen auf dem Hasunger Berg bei Zierenberg-Burghasungen, Krs. Kassel. In: Denkmalpflege & Kulturgeschichte H. 4/2009, S. 27 - 32 Stemmler 1925 Ferdinand Stemmler: Zur Entwicklungsgeschichte des Bades Ems. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Bad Ems. Festschrift. Hrsg. von Adolf Bach. Bad Ems 1925

258 Stengel 1927 Edmund Stengel (Hrsg.): Wilhelm Dilichs Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser. Nach den Originalen in der Landesbibliothek in Kassel, im Staatsarchiv zu Marburg und im Landgräflichen Archiv zu Philippsruhe. (Marburger Studien zur älteren deutschen Geschichte 1,5) Marburg 1927 Stengel 1959 Edmund Stengel: Wilhelm Dilichs Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 70, 1959, S. 150 - 201 Stockhausen 1939 Stockhausen, Hans-Adalbert von: Trendelburg. Führer durch sieben Jahrhunderte. 1939. Nachdruck ca.1978 Strieder 1794 Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlagen zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten. Bd. 9. Kassel 1794

Thaetner 1993 Ralf Thaetner: Geschichte der Stadt Liebenau. Hrsg. Stadt Liebenau. Gudensberg-Gleichen. 1993 Tomasi 1993 Luigia Tongiorgi Tomasi: Die botanischen Gärten des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Monique Mosser, Georges Teyssot: Die Gartenkunst des Abendlandes. Stuttgart 1993, S. 77-79 Touristische Mitteilungen 1896 Burghasungen. (Nach Landau). In: Touristische Mitteilungen aus beiden Hessen, Nassau, Frankfurt a.M., Waldeck und den Grenzgebieten IV, Nr.12, Juni 1896, S. 170 -171 Tschudin 1958 Walter Fr. Tschudin: The ancient paper-mills of Basle and their marks. (Monumenta chartae papyraceae historiam illustrantia, Vol. VII). Hilversum 1958

Unglaube 1995 Peter Unglaube: Das Kloster Breitenau zwischen geistlichen und weltlichen Interessen. Seine Gründung, Entwicklung und Bedeutung für die Region. In: Chronik der Stadt Baunatal. Bd. 2, Mittelalter und frühe Neuzeit. Baunatal 1995, S. 187 - 212

Vollmer 1983 Eva Christina Vollmer: Das Schloß in Wiesbaden. Wiesbaden 1983

Waitz von Eschen 2005 Friedrich Frhr. Waitz von Eschen: Der nordhessische Braunkohlenbergbau 1578 bis 2003. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 110, 2005, S. 113 -128 Walbe 1933 Heinrich Walbe: Die Kunstdenkmäler im Volksstaat Hessen. Provinz Oberhessen. Die Kunstdenkmäler des Kreises Gießen. Bd. 3. Darmstadt 1933 Weiss 1953 Wisso Weiss: Thüringer Papiermühlen und ihre Wasserzeichen. Weimar 1953 Weber-Karge 1989 Ulrike Weber-Karge: „…einem irdischen Paradeiß zu vergleichen…“ Das neue Lusthaus zu Stuttgart. Untersuchungen zu einer Bauaufgabe der deutschen Renaissance. Sigmaringen 1989 Wenzel 1915 Ernst Wenzel: Die Reste der Benediktinerabtei auf dem Hasunger Berge im Kreise Wolfhagen, Regierungsbezirk Kassel. In: Die Denkmalpflege 17, Nr. 12, 1915, S. 94-96 Wenzel 1949 Ernst Wenzel: Die Eschweger Cyriakusabtei. In: Das Werraland 1, 1949, S.3 - 5, 31f., 45 - 47 Wick 1910 Wilhelm Wick: Die landesherrlichen Eisenhütten und Hämmer im ehemaligen Kurhessen bis zum Ende des XVII. Jahrhunderts mit einem Rückblick auf die ältere Eisengewinnung. (Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, Suppl.16). Kassel 1910 Wittekindt 1974 Heiner Wittekindt: Die Geschichte des Klosters und des Ortes Burghasungen seit der Klosterauflösung. In: Burghasungen 1074-1974. Hrsg. von Karl Heinrich Rexroth und Gerhard Seib. Zierenberg 1974, S. 22 - 39

259 Wolf 1995 Dieter Wolf: Das Butzbacher Landgrafenschloß. Zur Entwicklung eines bau-, kultur- und landesgeschichtlich höchst bedeutenden Schlosskomplexes. In: Wetterauer Kreiskalender 21/1995, S.57 - 66. Wolf 2003 Dieter Wolf: Melsungen. Eine Kleinstadt im Spätmittelalter. Topographie, Verfassung, Wirtschafts- und Sozialstruktur. Butzbach 2003 Wolf 2003/2 Dieter Wolf: Butzbach. Eine kleine fürstliche Residenz im Dreißigjährigen Krieg. In: Katalog Darmstadt 2003, S. 61 - 70 Wolf 2005 Dieter Wolf: Butzbach auf historischen Abbildungen, Karten und Plänen vom 16. Bis 19. Jahrhundert. In: Wetterauer Geschichtsblätter 52/2005, S. 93 - 387 Wolff 1914 Carl Wolff: Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main. Bd. 3, Privatbauten. Frankfurt a.M. 1914 Wrobleski/Wemmers 2001 Jens Wrobleski, Andre Wemmers: Theiss-Burgenführer Niederrhein. Hrsg. von Joachim Zeune. Stuttgart 2001. Wroz 1985 Winfried Wroz: 450 Jahre Ritterschaftliches Stift Kaufungen. In: Kaufungen 1985, S. 89 - 98

260 Archivalien

Hessisches Staatsarchiv Marburg HStAM

Best. 4a 25/28 (Landgraf Wilhelm IV. Badecur und neuer Bau in Ems 1577-1585) Best. 4a 31 Nr. 67 (Landgraf Wilh. IV. Korrespondenz mit dem Obristen Johann von Rolshausen betr. Hofangelegenheiten u. Bausachen in Kassel u. Schmalkalden 1585) Best. 4a 38/7 (Landgraf Moritz, Nachlaßinventar 1632) Best. 4a 38/17 (Landgraf Moritz Korrespondenz nach der Abdankung 1627) Best. 4a 18/18 (Landgraf Moritz Korrespondenz nach der Abdankung 1628) Best. 4a 38/19 (Landgraf Moritz Korrespondenz – Hofhaltung - Reisen (Frankfurt, Coburg) 1629) Best. 4a 38/20 (Landgraf Moritz Korrespondenz 1630) Best. 4a 38/21 (Landgraf Moritz Korrespondenz 1631) Best. 4a 38/26 (Korrespondenz betr. Hofhaltung zu Eschwege 1630) Best. 4a 38/27 (Hofhaltung, Bergsachen, Eisenhütte und Schneidewerk zu Melsungen. Einnahme und Ausgaberechung des Hüttenvogts Otto Tölde zu Schmidtfurth an der Pfeiff 1629-1630) Best. 4a 39/54 (Berichte des Leibarztes und Bauverwalters Wolff 1601-1620) Best. 4a 39/131 (Korrespondenz zwischen dem Obristen Steuerburg von Lewenstein zu Cassel und dem Landgrafen Moritz zu Hessen (damals in Ziegenhain und Treysa) November 1592 / Betr. Bauten in Cassel. Ballsaal. Marstall.) Best. 4a 40/15 (Landgraf Moritz Korrespondenz mit Schwester Christine) Best. 4a 41/12 (Verhandlungen nach der Abdankung, 1627/28) Best. 4a 41/25 (Landgraf Moritz / Korrespondenz mit Landgraf Philipp v. Butzbach 1629/30) Best. 4b 35 (Hofstaat ca. 1613-1618, darin eingebunden Zeichnung von Landgraf Moritz) Best. 4b 48 (Bericht des Burggrafen in Sababurg 1626) Best. 4b 49 (Berichte der Baubeamten über Fortgang der Arbeiten in Kassel 1603, 1606) Best. 4b 63 (Akten des Landgrafen Moritz betr. Bauten) Best. 4b 164 (Inventarium über allen Hausrat im Schloß zu Kassel und allen fürstlichen Nebengebäuden 1626/1627) Best. 4c Hessen-Rheinfels 8 (Bau des Bades in Ems 1581-83) Best. 4c Hessen-Rheinfels 16 (Bau zu Ems 1580) Best. 4c Hessen-Rheinfels 22 (Ems 1581-83) Best. 4f Frankreich 1268 (Projektierte Reise des Landgr. Moritz nach Paris, … 1627- 1629) Best. 4f Plesse 500 (Bauten und Befestigungen auf dem Hause Plesse 1622-1625) Best. 4f Plesse 503 (Bauverlag des Hauses Plesse 1625) In: Best. 4f Pfalz 916; 1124 (Übersendung des Baumeisters Hans Müller) In: Best. 4f Sachsen-Eisenach 48 (Interzession für Baumeister Hans Müller 1598) Best. 4f Württemberg 366 (Schreiben des Herzog Friedrich von Württemberg betr. seinen Wunsch für die Neubefestigung von Mümpelgard die Bollwerke von Cassel als Vorbild zu benutzen und Besichtigung der letzteren durch den Baumeister Heinrich Schickhardt Dec. 1596) Best. 4h Nr. 654 (Bericht Dalamons über Befestigung von Plesse 1626) Best. 17c Nr. 7551 (Akten der landgräfl. Kanzlei zu Kassel betr. Verleihung einer Hufe Landes zu Oberzwehren an den Baumeister Christoffel Müller …1580) Best. 17e Breitenau 21 (Streitigkeiten … wegen eines Gartens auf der "Neuen Wiese" 1594) Best. 17e Breitenau 32 (Bauwesen zu Breitenau 1608-1609) Best. 17e Breitenau 34 (Bericht Hans Weigells, Vogt zu Breitenau, an den Zeugobristen Hans Heinrich v. Sigerode betr. den geplanten Bau von Schweine- und Rinderställen 1609) Best. 17e Elgershausen 9 (Landgraf Moritz verleiht an Balthasar Marold und an dessen Nachkommen seiner bisherigen Dienste wegen das landgräfliche 3 Hufen-Landgut zu Elgershausen, gen. das Grebengut, …1596-1600) Best. 17e Elgershausen 10 (Gesuch des Balthasar Marold um Genehmigung zum Verkauf des ihm zur Erbleihe gegebenen Lehngutes zu Elgershausen 1607) Best. 17e Ems, Bad 1 (Abschrift des Vertrages von 1581) Best. 17e Karthause 1 (Bauregister 1608) Best. 17e Karthause 4 (Bauwesen 1609)

261 Best. 17e Kassel 40 (Schloß zu Kassel [Berichte über Arbeiten an landgräflichen Bauten zu Kassel] 1569-1640) Best. 17e Kassel 41 (Bauarbeiten am Schloß zu Kassel 1602) Best. 17e Kassel 42 (Erwerb, Verleihung und Vergebung einzelner landesherrlicher Grundstücke zu Kassel 1569-1628) Best. 17e Kassel 102 (Berichte über Arbeiten an landgräflichen Bauten zu Kassel 1569 – 1640) Best. 17e Rohna 8 + 9 (Leihbriefe über den Hof Rohna 1603-1629) Best. 17e Weißenstein 3 (Bauarbeiten am Weißenstein 1625) Best. 22a 11 Kaufungen/ Wetter Pak. 7 Best. 40a Rubr. 10 Nr. 48 (Baugebrechen zu Hasungen 1628) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 90 (Register über Ausgaben zum Bau in Waldau 1601, 1602) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 110 (Baurechnung Schloß zu Kassel 1603) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 116 (Bericht über Bauvorhaben in Sababurg 1623) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 128 (Bauverlag 1617) Best. 40a Rubr.10 Nr. 132 (Gebrechen an herrschaftlichen und kirchlichen Gebäuden in der Vogtei Frauensee) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 152 (Bausachen Dr. Hermann Wolff) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 157 (Bausachen Vogtei Friedewald 1601-1608) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 168 (Bausachen Kassel 1592 – 1623) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 175 (Bausachen zu Weißenstein bei Kassel 1608-1615, 1677, 1698) Best. 40a Rubr. 10 Nr. 178 (Reparaturen am Lusthaus in der Aue 1600) Best. 40a Rubr. 0490 (Bestellung von Adam Müller zum Salzschreiber in Allendorf) Best. 40d Rubr. 13 Nr. 370 (Kauf- und Verpachtung von Häusern und Grundstücken zu Kassel 1562, 1577, 1593-1722) Best. 40e Nr. 745 (Inventare vom Neuen Hause im Bad zu Ems 1583/1588) Best. 53e Paket 60 (Bausachen) Best. 53e Paket 61 (Bausachen) Best. 304 Nr. 187 (Rechtfertigung wg. Kaufungen 1617) Best. Rechn. II Friedewald Nr. 17 (1582,1584) Dülfersche Beamtenkartei

Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden HStAW

Abt. 171 E 214 (Acta betr. Bauten zu Bad Embs 1579/80) Abt. 171 E 549 (Bad Embs 1577-81) Abt. 137 Wiesbaden 1 (Neuer Schloßbau zu Wiesbaden 1594 ff.)

Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart,

Bestand J 340 Wasserzeichendatenbank (http://www.piccard-online.de)

262