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Die Wehranlagen der Stadt~Grebenstein von Willi Vesper

In Grehenstein ist del Mauerring (wie kaum in einer anderen nordhessismen Stadt) noch sehr gut erhalten. Wir besitzen ferner einen Stadtplan (Abb. '), der uns besseren AufschluB von dem Ausbau der mittelalterlichen Stadt gibt als die wenigen iiberlieferten Urkunden aus dem Griindungsjahrhundert. Er ist eine baugeschichtliche Urkunde von hohem Wert. An Hand dieses Planes, der Mauerreste, der Tiirme und Turmstiimpfe konnen wir beispielhaft erkennen, wie die 5tadt planmaBig gegriindet und im '4. Jahrhundert als militarisch-poli­ tisme Mamtposition del hessismen Landgrafen ausgebaut worden ist, von del aus sie das Diemelland eroberten und beherrschten. Die Entwiddung braucht hier nur angedeutet zu werden. Sie ist von Nikolaus Bemhard F a I eke n - h a i n e r 1 und neuerdings von Kurt G ii nth e r 2 besonders eingehend und klar dargelegt worden. Graf Ludolf V. v 0 n 0 ass e I hat >266 oder kurz darauf zurn Schutze seiner rundum liegenden Eigengiiter auf einem halbkreisformigen von del Esse umflossenen BasaItkegel, dem Burgherg, die Bur g G re ben 5 t e i n erhaut.

1 N. B. Fa 1 eke n h a i n er: Die Burg und Stadt Grebenstein in Kurhessen bis zum Ende des Mittelalters -+ ZHG 1837, 179 H. - Fiir die Abb. vgl. Bild 1. 2 K. G ii nth er: Territorialgesmimte der Landsmaft zwismen Diemel und Ober­ weser vom 12. bis zum 16. Jahrhundert. Masm. Diss. Marburg 1959. - K. G ii n­ the r: UntersudlUngen zur alteren Gesmkhte der SHidte im Gebiet zwismen Diemel und Oberweser -+ Heimatjahrbum fiir den Kreis 1961, 56 H. K. G ii nth er: Grundziige hessismer Eroberungspolitik im DiemelIand. Biirger und Burgmannen zu Grebenstein und vom 13. bis zum 16. Jahr­ hundert -+ ZHG 1962, 11 H. W illi Vesper

Urkundlich ist gesichert, daB Hessen schon 1.272 hier seine Interessen wahr­ nimmt und die Burg 1.282 landgraflich ist. 1.293 tritt der damalige Besitzer, Graf Otto von Eve r s t e i n, der Schwiegersohn Ludolfs, als Burgmann in hessi­ sche Dienste. 1297 verkauft er dem Landgrafen Burg und Stadt Grebenstein mit dem Geri

3 J. 5 c h u 1 t z e: KlOster, Stifter und HospiHi.ler der Stadt . '19'13, Nr. 99. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein '97 den (zu vermutenden) Verbindungsweg zu den Siedlem im Talgrund und zur Burg gesichert hat, la1St sim im heutigen Baubestand nich.t mehr namweisen. Inzwismen haben unterhalb der Oberstadt im Essetal zwismen deren slid­ licher Mauer und dem Burgberg neue Siedler ihre Gehofte errimtet, den Schutz der starken Stadt ausnutzend. Es wird sich. hierbei wohl vorwiegend urn soIme Bewohner handeln, deren Nachkommen 1530 als Bauemschaften oder Feld­ genossen zu S c hac h ten und 0 j s t u f f e I n 4 unter eigenen Greben in der Stadt ansassig sind. Die Zahl der Zuziehenden ist so schnell gestiegen, daB der Landesherr flir sie eine neue Stadt, die Unterstadt oder Freiheit, grlinden mutt '1356 erfolgt die Privilegierung durch Landgraf Heinrim n., seinen Sohn Otto (den SchUtzen) und den Junker Hermann den Alteren von Grebenstein und Nordeck '. Das Privileg besagt: Die BUrger der Neustadt sind fUr 12 Jahre abgabefrei, damit sie Ringmauem, Tore und Tiirme bauen konnen. Nam Ab­ lauf von '12 Jahren haben sie flir je eine Hufe Land vor Grebenstein 112 Malter Hafer und 11z Malter Roggen zu geben. Frilhere Vergehen der Neubiirger blei­ ben straffrei fiir alle, flir Freie und Unfreie. Nur recht- und friedlose Leute erhalten das Niederlassungsrecht nicht. Die Burger braumen an den Landgrafen beim Todesfall des Hufenhesitzers nicht das iibliche Besthaupt zu entrichten. Abgaben vom Grundeigentum werden wie liblich bemessen. Die Neustadt Grebenstein erhaIt das Marktrecht. Am 1. Oktober 1370 werden Alt- und Neustadt vom Landgrafen Hein­ rich n. und seinem Vetter Hermann unter einem Rat vereinigt. In der Urkunde heiRt es u. a, Und unse borgere in der Aldenstad soln behulfen sin der Nuwe­ stad mid steynvore, mid manhulfe und mid zcwyncic:h marken swerir phennige aUe iar czu dem disc:hgelde und sc:hozze, daz in der Nuwenstad gevallin mag. Und soln daz midenandir vorbuwen an der muren in der Nuwenstad , . , Und wen dye Nuwenstad umme ghemurid ist, so soln sye sementlich unse borgere vortmer vesten und buwen in beiden stedin, wo sye dunket daz ez noid sy. Were abir, daz sye seu sodaneme seadin quemen, dez got nic:ht en wolle, mit nyderlage, mit brande odir mid miswasser, daz sye dye vorgeschriben hulfe nicht getun mochtin zeu in der vorgenanten Nuwenstad . . , so wolde wir en das genadilichen kyeren . .. Ouch wolle wir keyne vrigheid habin in der Nu­ wenstad .. , Denne unsin hoeb und hoebestad dye dar inne gelegin ist .. , 1, Die Aussage ist bezUglich der Befestigungsbauten Mchst aufschluBreich. Nach dem Privileg sind die BUrger der Altstadt verpfiichtet, die BUrger der Neustadt beim Mauerbau zu unterstiitzen, und zwar mit Fuhren (steynvore), Handdiensten (manhulfe) und einem ZuschuB von 20 Mark schwerer Pfennige zum Steueraufkommen. Die Einkiinfte und der ZusmuR sollen von den Biir­ gem gemeinsam an den Mauern der Neustadt verbaut werden. Die gemein­ same Baupflicht gilt auch fUr die Zukunft, und zwar in beiden Stadten. Sofem durch Krieg, Feuersbrunst und Hochwasser die Neustadt ohne Hilfe bleibt, versprecnen die Ausste11er Unterstiitzung. In der Neustadt 5011 es keine Frei­ hauser geben, ausgenommen der landgrafiiche Hof mit Hofstatt.

4 Oistuffeln = Burguffeln. Willi Vesper

Nach alledem ist also mit der Vereinigung der heiden SHidte in erster Linie die Verstarkung der Befestigungsanlagen beabsichtigt, und es zeigt sich offen­ sichtUch, daB die Ummauerung der Neustadt noch nicht ganz abgeschlossen ist. Hessen hatte in der Tat alIen Grund, gegenuher den starken Positionen des Erzstifts M a i n z im Diemelland wachsam und auf den Ausbau Grebensteins mit allen MitteIn bedacht zu sein. Die Bewiihrungsprobe fiir Grebenstein folgt im Jahre 1385, als das Heer Herzog Ottos von Bra u n 5 ch w e i g, unter­ stiitzt von mainzischen und kolnischen Einheiten, vergeblich gegen die Stadt anrennt. Die Nachharstadt I m men h a use n, durm "Feuerpfeile in den Brand gesteckt und fast ganzlich zerstort, erlitt ein so morderismes Blutbad, dall selbst der Einwohner in den Kellem nicht geschont wurde" 5. Die Befesti­ gung von Immenhausen ist wesentlim schwamer gewesen als die Greben­ steins, das nun der militarisrne Versammlungsort fur die landgraflimen Streit­ krafte im Reinhardswaldgebiet wird. Der zu Beginn dieser Abhandlung wiedergegebene Holzschnitt aus Wilhelm Dill i c h 5 Hessismer Chronica zeigt uns das wehrhafte Grebenstein, wie es um 1590 aussah. Wir sind daruber hinaus in der glucklichen Lage, anhand der nom stehenden Befestigungswerke. eines genauen Inventars aus dem Jahre 1779' und der Stadtplane aus den Iahren 1754, 1846 und aus der Gegenwart 7 ein Bild dariiber zu entwerfen, was in den rund 90 Jahren von der Stadtgriin­ dung his etwa 1380 an Wehrbauten in Grebenstein entstand, aum wenn man­ ches davon heute ganz oder teilweise versc:hwunden ist. Die Entwiirfe fur den Stadtausbau lassen einen straffen Plan vermuten, der in vielen Jahrzehnten reger Bautatigkeit ausgefiihrt worden ist. Einfac:he Ackerburger konnen nic:ht seine Urheher gewesen sein. Wir haben diese sic:her unter den ritterlichen Burg­ mannen des Landgrafen in Grebenstein oder am Hofe des Landesherm selbst zu suchen. Wichtigster Geldgeber bei der Finanzierung der kostspieligen Wehr­ bauten wird der Landgraf gewesen sein, wenn auch vielleic:ht nur mittelbar durch mancherlei Vergiinstigungen, die die Burger die Lasten leichter tragen lieBen, die ihnen heim Bau ahverlangt wurden.

5 C. v. Rom m e 1 : Gesmichte von Hessen 11, 218. 6 S t a d tar chi v G r e ben s t e in: Inventarium liber die Stadttore und Was­ serpforten, aum in der Stadtmauer stehende Geflingnisse, errichtet anno "1779 im April (= [nventar "1779). 7 StAM: Grundrip von der Stadt Grebenstein mit der 1.4 fupigen Decimal-Ruten, den Adcer :1.50 Quadratruten gerechnet, gemessen und nach unten stehendem Mapstabe aufgetragen und umgerechnet worden von Caul August E u I 71 e r im ]ahre :1.754. Mapstab 30 Decimal-Ruten. Landmesser E u 1 n e r erhilt fUr An­ fertigung und Kopie der Karte von der Stadt 14 Reimstaler :10 Albus (S t a d t - arc h i v G re ben s t e in, Kammereiredmung 1.7.55). Kopie dieser Karte StAM. copiert im Zeidtenburo Kurfurstlidter Ober-Baudirektion zu Cassel in! ]ahre :1846. - Stadtplan nam Unterlagen des Katasteramtes Ho f g e ism a r I Stadtverwaltung G r e ben s t e in. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein '99

Die Tore Die Stadt hat spatestens 1370 fiinf Tor e; 0 b e r tor, G e ism art 0 r , Ni e d e r tor (spater Hospitaltor genannt), I m men h a use r Tor und 5 c hac h t e r Tor. Die drei zuerst genannten Tore gehoren zur Altstadt (Oberstadt), sind also vermutlich urn '300 erbaut worden. Die beiden Stadt­ teile haben ursprtinglich wahrscheinlich ein Verbindungstor gehabl. Nach der Vereinigung von Alt- und Neustadt 1356/70 hatte es seinen Sinn verloren und wird, falls vorhanden, bald nam 1370 abgerissen worden sein. Die Tor e der Stadt nam dem I n v e n tar von 1799: Obertor 8 Das inn ere 0 b e r tor liegt nom seif dem gropen Brand anno 1.637 wast, woran auper dem kurzen Pfeiler und Bogen nebst 2 aiten fehlerhaften Tor­ flUgeln mit ungangbarem Smliepwerk nimts zu sehen ist, hat aum keinen Zu­ gang durm eine besondere Treppe, weldte vermutlim durch das daran stehende Haus verbaut worden. Zwischen dem inneren und iiuperen Tor ist zur Redtten eine Tilr van Tannenbohlen in den sogenannten obersten Pot t hag e n ge­ hend, mit 2 starken Banden, 2 Angeln, 1. Handgriffklappe u[nd] RiegeI ver­ sehen. Zur Linken eine dito in den oberen Hi I d e hag e n gehend, mit allem wie vorige versehen. Das ii u per e 0 b e r tor, so ein Kuhhirte bewohnet, hat ein vierseitig Stein­ dach und un ten im Bogen 2 starke TorflUgel mit eisernen Zapfen und SdtloJj versehen, im reeltten FlUgel ist eine kleine Passiertar far Fupgiinger mit SdtloP verwahret, dabei gleidtfalls zur Remten eine stein erne Treppe von 23 Stufen, Oben an der Wohnung ist eingangs eine alte Tur aus Eidtenholz mit schlemten Banden, Kleppe und Handgriff. In der Stube ist ein eisern Unterofen, 1. alt Schaubfenster gegen Morgen, eine Tar in die Kammer gehend, gIeichfalls van alten eichenen Brettern mit smlechten Banden und Kleppe versehen, ein Fenster oder Luftloch ohne Glas gegen Abend 9. G e ism art 0 r: Das innere Tor ist noch zur Zeit nicht wohnbar gemacht [Zusatz von anderer Hand: Anno 1800 abgebrochenl, sfaltdessen zwei Pillars (PEeHer) van Steinen aufgefahrt mit 2 neuen TorflUgeln, 50 rot angestrichen, versehen, daran also oben auper denen 4 seitigen Mauern nichts zu sehen ist, hat eine ruinirte stein erne Treppe und ein 4 seitiges pyramidenformiges Dam mit Schildziegeln gedeckt, unter dem Bogen 2 Torflugel mit eisern Zapfen und einer kleinen Passiertur . .. und zu beiden Seile" mit Sperrhaken versehen, 50

8 Maurenneister P f e f fer m ann erhalt EUr den Abbrum des Cassel-Tores (wie das Obertor nam Anlage der StraBe im 18. Jh. mandunal genannt wird), die Steine in Ruten zu setzen, fUr Maurer- und Steinhauerarbeit daselbst eine 8e­ zahlung, Zimmenneister Br e n c her fUr zwei neue Torfltigel und Etir An­ scnlaglohn 32 Rtl. Die Steine sind an Grebenstemer, Scnachter, Caldener und Ost­ uffelner Einwohner verkauEt warden rur '1.4 Reichstaler 24 Albus 8 Helier. (Stadt­ archiv Grebenstein, Kammereirecnnungen 1798, '1.799). 9 Das auBere Obertor stieB an die Begrenzungsmauer des Stadthagens, wo heute noch an deren Ed

abeT ungangbar sind. Zwiscl1en diesem inneren und dem aufIeren Tor ist zur Remte" eine Tar . .. in den obersten Hospitalhagen gehend ... , zur Linken ein gemeiner Abtritt var die Wacht und Passanten ... , weiter zur Unken be; dem

iiuJleren Tor eine Ture ... I in den sogenannten «ntern Potthagen gehend . .. Das iiuflere Geismartor, womu! ein Stadtdiener wohnet, hat ein 4 seitiges Stein­ dam und eine stein erne Treppe van 24 Stufen, Unter dem Bagen sind zwei grofle TorflUgel, auch mit einer kleinen Passiertur . .. In deT Stube sind ein alter eiserner Of en mit eulern Aufsatz, 1: alt Sdlaubfenster gegen Mittag, ein Luft­ loch ohne GIas gegen Abend. In deT Kammer ist ein altes kleines Fenster gegen Mitternacht 10, D a 5 N j e d ere Tor, v u I g 0 Ho 5 pit a I tor g e n ann t: Das inn ere Tor (anno 1803 bis auf das Gewolbe abgebrochen), worau! ein Stadtdiener wohnt, hat einen starken und ziemlich hohen Pfeiler, worauf ein pyramiden­ formiges Dach stehet, mU Schildziegeln gedeckt . .. Zur Rechten an der Stadt­ mauer ist eine steinerne Treppe von 18 Stufen, zu der Sfadtdienerwohnung fuhrend . .. Das iiufjere Tor, worauf der Ziegenhirt wohnt, hat ein Steindach ... Zur Rech­ ten ist an der Mauer eine steinerne Treppe von 18 Stufen, zu der Hirtenwoh­ nung fuhrend ... Am Ende der Hallegasse (in der Unterstadt) ist in der Stadtmauer eine Hgrofje WasserpforteH (Abb. 3) mU Bogen von Quadersteinen, fast in der Weite und Hahe wie ein Stadttor, worin zwei starke Torfliigel mit eisernen Zapfen in Stein en gehend, mit Schlofj und Kette versehen. - Besserfort ist in der Stadt­ mauer eine kleine Tur, in den Steinhagen gehend, mit Krampen versehen. Diese Tur soIl varhin der gemeinen Sage nach in den Doren-Kasten gegangen sein, davon aber nichts mehr zu sehen ist. - Besserfort am Ende der Ziegengasse in der Stadtmauer ist die k I e i neW ass e r p for t e unter einem Bogen von gemeinen Mauersteinen, woran ein zweifliigliche Tur von Buchenholz mit 4 Ban­ den und einem Einwurf zum Vorhangeschlofj, item vier eingegossene Angeln versehen . .. 11. Am Ende der Oberstrafje [Hegt] das I m men h a use r Tor. Das innere Tor, welches einen hahen viereckigen steinernen Pfeiler und ein vierseitig Dach mit brettern Ziegeln hat is! zur Wohnung nicht zurechtgemacht, sondern alles often und wust, die steinern Treppe von 22 Stufen nom in ziemlimen Stande. Unten im Bogen sind zwei starke Torfliigel ... Der eine FlUgel hat einen Schlagbaum, der andere aber ein Schlofj mU Kette, item eine kleine Tur gleich­ falls mU Schlofj. (Anno 1798 dieses Tor zu einer Wohnung fur eine" Hirten

10 In den Kammereirechnungen des 18. Jhs. ist wiederholt von dem garthgen im Rondel vorm Geismar Tor die Rede, das vcn der Stadt verpachtet war. Das Ron­ dell muB ein vorgesmobener Verteidigungspunkt gewesen sein. Is hat an der Ecke Hofgeismarer StraBe und dem Weg zur Steinernen Briicke gelegen. Die Reste sind vor einigen Jahren der Wegverbreiterung zum Opfer gefallen. 11 Wann und warum diese Pforten angelegt wurden, ist nicht mehr festzustellen, vielleicht erst nam :1500, als die Stadt nicht mehr ernstlich von Feinden bedroht war, gewissennaBen zur Bequemlichkeit der Unterstadter BUrger als Zugang in ihre Garten. Wahrscheinlich wurden sie aber schon viel frUher als Offnungen fUr abfIieBendes Homwasser gebaut, das manchmal gerade die Hollegasse und den ZiegenrUck verwiistet hat, worUber noch berichtet wird. Darauf konnte auch der Name Wasserpforten hindeuten. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein 201

aptirt u[nd] eine neue Treppe mit einem Geliinder aufgefuhrt. Vom iiufleren Tor ist nur annoch das iiuflere Mauerwerk mit einem Bogen van Quadersteinen ubrig [spaterer Zusatz: 1st vollig abgebrodten], der innere Bogen oder Gewolbe ab er sowie die steinemen Treppe giinzlich verfallen. Zwismen dem inneren und iiufleren Tor zur Rechten sind zwei Eingiinge in den Hagen (Burghagen) mit steinernen Bogen uberzogen ... Das Bur g tor bestehet nur aus einem Bogen mit Quadersteinen in der Stadt­ mauer . .. Das 5 c hac h t e r Tor. Das inn ere Schachter Tor, worauf ein Giinsehirte wohnt, hat ein vierseitiges Dam mU Hohlziegeln gedecJct. Zur Linken an der Stadtmauer ist eine stein erne Treppe van 1.9 Stufen .•. [spaterer Zusatz: anno 1.796 das Dach und Holzwerk abgebrannt - 1.798 Das vorder steinen Tor abge­ brochen und stattdessen zwei Pillars aufgefuhrt}. Zwischen dem inneren und iiufleren Tor ist zur Rechten eine Tur von Eichenholz, in den untersten Hilten­ hagen gehend . .. zur Linken eine alte TannentUr, in den Hag e n [Burghagen] gehend. Das iiuflere Tor, worauf ein Kuhhirte wohnt, ist mit einem vierseitigen Stein­ dam versehen, hat unterm Bagen zwei alte Torflagel . .. der rechte Flugel hat eine kleine PassiertUr [spaterer Zusatz: 1.794 abgebrochen). Mauern und Tiirme Die 5 t a d t m a u e r ist urn 1.300 in einer Lange von rund 1.250 m urn die Oberstadt (Altstadt) aufgeftihrt worden. Sie hat heute langst nicht mehr die alte Hohe, die aber bei den nom stehenden Tiirmen anhand der Mauerver­ zahnung zu erkennen ist. Die Mauer war danam urspriinglich 6,25 m hom und 1.,30 rn breit, wozu eine heute verschwundene Brustwehr von 1.,60 m H6he und 0,60 rn Breite karn. Die Fundamente der Mauer sind mindestens 0,60 rn tief und '1,40 rn breit. Die Stidmauer der Altstadt hat sich von dern mittleren Rundturm auf der Slidseite (StadtgrundriJl12, Abb. ,) am Rand des Hohenriickens, auf dern die Altstadt liegt, genau ostwarts hingezogen. Ihr ungeHihrer Verlauf ist selbst auf dern kleinformatigen Plan gut zu erkennen. Als die Neustadt befestigt wird (etwa in der Zeit von 1.256 his 1.280), verliert die Slidmauer der Altstadt als Verteidigungsanlage ihren Sinn. Sie verfallt nach und nach und dient (stellenweise heute nom) aIs Stiitzrnauer ftir die Garten und Hofanlagen der Hauser am Freienhof. - Die Mauer urn die Neustadt hat die gleichen BaumaBe und ist rund 780 rn lang. Beim Mauerbau sind einschlieB­ lic..\ Fundamentierung, aber ohne Tiirme und Tore, dom mit den Mauerver­ breiterungen am Esse-Ein- und -AusfluB und mit den Strebepfeilern an der Mauer rund 20570 m3 Mauerwerk verhaut worden 13, eine Baumasse, die sich durch die der Tlirme, Tore und der Hagen-Mauer noch erheblich erhOht.

12 Der StadtgrundriB ist fast rein nordlich ausgerichtet. 13 Die Messungen und die Berechnungen der Baumassen verdanke ich den Archi­ tekten August und Veronika Jag e r in G r e ben s t e i n - F r i e d r i c h s­ t h al. DaB es sich. dabei wegen vieler durch. Zerst6rung unvolIstandiger Wehr­ anlagen bei der Berechnung nur urn einigermaBen gesicherte Annaherungswerte handeln kann, wird jeder verstehen. zoz Willi Vesper

Das Stadtbild von Grebenstein bestimmen nom heute die fast ganz erhal­ tenen T ii r m e und die T u r m 5 t ii m p f e. Es ist fur die Wehrlage bezeim­ nend, daB die nach Norden gelegene, dem mainzischen Hofgeismar zugekehrte Oberstadt durm 6 Rundttirme und 2, wahrsmeinlim sogar drei Viereckttirmc gesicnert wird, wahrend man sich bei del Ummauerung def Unterstadt mit der Anlage von drei Rundtiirmen und einem smmalen Uberbau des Esse-AustriUs begniigt hat. Auf dem Stadtgrundrill sind nimt alle vorhandenen Tiirme ein­ gezeimnet, aum nimt auf dem Dilim'smen Stim. Fehlendes wird anhand der oben aufgefiihrten PHine und dem derzeitigen Baubestand erganzt. Bis auf einen Turm sind alIe Tiirme mit dem beidseitig anstoBenden Mauerwerk biindig. Die Betrachtung solI mit dem starken Turmsturnpf an der Siidwestecke der Oberstadt beginnen, der heute den Namen E u 1 e n t u r m tragt, 1779 aber der grolle Hilten-Turm hinter der obersten Uhlenburg genannt wird 14, so zylinderformig und oben stalt des Daches zugewolbt, der obere Bard oder Umgang fast giinzlich verfallen ist ... In diesem Turm ist ein Gefiing­ nis ... Der Boden des Gefangnisses ist auf einem Gewolbe mit einem Spund­ loch, worauf ein groper Stein liegt, und gehet der Raum unter diesem Gewolbe bis auf den Erdboden. '723 heilSt der Turm S tor c k 5 t U r m 15. Der heute gebrauchliche Name Eulenturm kommt von dem Wasserspeier, der die Form einer groBen, steinernen Eule hat, deren Kopf Ieider abgeschIagen ist 16. Die Rundtiirme werden in der RegeI von Wasserspeiern in der Form von sorg­ faltig ausgehauenen TierpIastiken (Drache, Affe, EuIe) geziert und tragen an der Spitze eine Kreuzblume aus Sandstein. Nordlich vom EuIentunn hat ein starker, vie r e c k i g e r Tu r m an der Stelle gestanden, wo die Obere SdmurstraBe fast bis an die Stadtmauer reicht und in neuerer Zeit (jedenfalIs nam '754) die Neue StraBe angelegt und dabei die Stadtmauer durmbromen wurde. Auf dem Dilim'smen Stim ist dieser Turm rechts vom Kirchturm zu erkennen. Heute ist er abgetragen. Der bedeutendste der Grebensteiner Tiirme ist der Ju n g fer n t u r m am Obertor (Abb. 4), ein 40 m hoher, zylindrischer Turm mit einem achteckigen, pyramidenformigen Dam van Brettziegeln. In diesem Turm ist ein Gefangnis, dessen Boden und Decke gewolbet und mit SpundlOchern versehen sind 17. Er

14 Inventar "1.779. Im Stadtkataster "1.773 heiBt ein Haus am EuJenberg ... die groBe Uhlenburg am Uhlenberg", dahinter ein groBer Garten, der wesentlkh an die zur Unterstadt gehorende Stadtmauer stoBt. "1.5 Kammereirechnung "1.724. - "1.569 ist ein Ludwig 5 tor c k Grebensteiner Biirger (Nachrichten der Gesellschaft fUr Familienkunde in Kurhessen und Waldeck 19J8, Nr. J). 16 Der Torso liegt heute in einem Steinhaufen am Berghang im Heineschen Garten unterhalb des Turmes und ist vermutlich urn 1.890, als man (nam miindlimer Oberlieferung) den bauHiIIigen Oberteil des Turmes abtrug, herabgestiirzt worden. 17 Inventar "1.779, worin in 7 Tiirmen Gefangnisse aufgezahlt werden. Femer Kam­ mereiredmung "1.724. Die Wehra,zlagen der Stadt Grebenstein 203 ist sicher haufig der Verwahrungsort ftir die Gefangenen gewesen, die dem landgraflichen Amtmann bzw. dem landesherrlichen Gericht unterstanden. Da­ flir spremen nimt nur GroBe und Simerheit des Turmes, sandern aum die OberHeferung 18. Er wird '7,6 gelegentlim der AnsmaHung einer neuen Turm­ fahne Rot e r Tu r m genannt. In der Rechnung van 1.776 ist vom Portha­ genplatz beim Gbertor gegen den roten Turm die Rede. Der Name Jungfern­ turm stammt wohl erst aus dem 1.9. Jh. 19, vielleimt ist die van der Bevolkerung falsm gedeutete Figur der Windfahne AnlaS fiir den Namen gewesen 20. MaBe des Turmes: Gesamthohe 40 m. Hohe Damansatz bis Spitze 1.5,90 m. Durmmesser 8,65 m (oberste Stod<.-Wamstube 9 m). Turmeingang 3,,6 m Hohe, 2,05 m MauersHirke, 1.5,5 m2 Innenflac:he. Verlies 5,20 m Hohe, 2,20 m Mauerstarke, 1.4 m2 Innenflache. 1.. Stockwerk 3,62 m Hohe, 1.,85 m Mauer­ starke, 20 m2 Innenflache. 2. Stackwerk 3,62 m Hohe, 1.,70 m Mauerstarke, 21 m2 Innenflame. 3. Stockwerk 5,25 m Hohe, 1,55 m Mauerstarke, 22,5 m2 Innenflame, Wachtstube 3,25 m Hohe, 0,98 m Mauerstarke, 37 m2 Innen­ fHirne. Die MaBe des verbauten Mauerwerks einschlieBlich des geschatzten Fundaments und der Gewolbe wird mit rund 900 m) veranschlagt. Der Turm steht frei, aber ganz dicht vOr der Stadtmauer, mit der er durch einen Zugang verbunden ist. Die Nordweste

18 In ihm wurde der am 1:2. Juni 1.523 auf BefehI Landgraf Philipps bei der Predigt in der Kirche von Immenhausen von einer Reiterabteilung verhaftete Pradikant Bartholomaus Ri s e b erg, einer der ersten evangelismen Prediger in Hessen, verwahrt. Es ist ihm nach "langen qualvoIlen Women" gelungen, "seinem Ker­ ker zu entkommen, weil eine treue Anhlingerin ihm in Brot eingebad

(Abb. 7) ist wahrscheinlich auch die Aufgabe zugefallen, die heute nicht mehr vorhandene WasserabfluB-Pforte zu schiitzen. Sie ist auf Dilichs Stich iiber der linken Dachspitze der im Vordergrund liegenden Miihle deutlich auszu­ mamen. Grebensteins Oberstadt ist von Quellen bei Smadtten mit Wirt­ schaftswasser versorgt worden 22, das durch einen offenen Grahen in die vor der Stadt gelegenen Wippeteiche und von dort durch Hagen und Stadtmauer in den Stadt-Teich hinter der MaueI nahe am Obertor geleitet wurde 23. Ein weiterer Abflug neben dem Niedertor flir das Wasser aus Marktgasse und Schnurgasse wird durch dieses Tor gesmiitzt. Die Ostseite def Stadt zwismen dem Turm an cler Nordostecke und dem Niedertor simert ein 28 ID hoher und uher 7 m starker, runder Turm, der P u I ve r t u r m, in Starke und Wehrkraft dem Jungfernturm fast ebenbUrtig, mit einem kegelformigen Steingewolbe abgedeckt, dessen Spitze eine Kreuzblume ziert. 1.779 heiBt er Is e n a eke r - T u r m. Auch in ihm ist damals ein wohlverwahrt Gefangnis, dessen Boden und Decke gewolbt sind. In dem Gefiingnis ist eine starke eingegossene Kette zum AnschlieJ1en und ein grofler Stein mit einem eisern starken Ring zu dito 24. An der Siidostecke der Oberstadt hat der 1779 noch vollstandig erhaltene Se h i n d e r t u r m gestanden, ein im Hinblid< auf seine Verteidigungsauf­ gabe urn 1.300 sicherlich sehr stark gebauter Turm, der seinen Narnen von der friiher unterhalb von ihm an der Esse gelegenen Sdtinde-Wasenmeisterei (Ab­ deckerei) fiihrte. Von ihm heiSt es 1779: in Form eines iiberholben Zylinders mit Stein en gedeckt, darin ist ein wohlverwahrt Gefangnis, dessen Boden und Decke gewolbt sind, mit 2 Turen. Die iiuJ1ere Tur ist van starken Eichenbohlen, mit 3 starken Banden und ebensoviel eingegossenen Angeln,2Einschlagestiiben mit 2 eingegossenen Krampen verwahret, die iiuflere Seite auch mit eisern Blech uberzogen. Die innere Tur ist gleichfalls van starken Eichenbohlen mit 4 starken Banden, X-Staben, 2 Hengeln und 2 eingegossenen Krampen, auch einem Luftloch mit eisern Staben verwahret. In dem Gefiingnis ist eine einge-

22 Grebenstein hat recht und machf, in einem aufgeworfenen graben aus einem born VOT Schachten das Wasser in die Sfadt zu fuhren und zur noth durch die veldtmark weiter zu graben. 23 Dieser Tekh hat die Funktion einer VerteiIerstelIe fUr das Wasser gehabt, das von hier aus in mehrere "Kanale" (urn 1790 11 Rohrenbrunnen, dazu 7 Zieh­ brunnen) bzw. einfam in "Wassergossen" dunh die Gassen der Oberstadt ge­ leitet wurde. Den Btirgern wird auferlegt, bei Frostzeiten die Wassergossen of­ fenzuhalten. Wasserversdunutzung wird vom Stadt-Rtigegerimt bestraft. Drei Gulden bezahlen auBerdem die Leineweber, weil sie ihr Garn in der Wasser­ gosse wasmen. - 1. C. Martin: Topographism-Statistisme Namrkhten von Nie­ derhessen. 1789-99. 11, 28 ff (= M art in). - ProtokolIbuch der Stadt Greben­ stein 1726/27 im Stadtarchiv. 24 Inventar 1779. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein 205 gossene starke Kette zum Ansmlie{1en und nom 2 eingegossene Krampen ohne Ketten, in dem gewolbten Boden ein Spundloch, in der Mauer aber gar kein Luttloch 6. 1826 wird ein Teil des Schinderturmes abgebrochen, die Steine werden zum Bau des neuen Schulhauses verwendet 248. Oer Turm ist nach und nam im 1.9. Jh. und sein Stumpf erst wahrend des letzten Krieges beseitigt worden. Wie smon gesagt, ist die Unterstadt mit weit weniger Ttirmen ausgestattet worden als die Oberstadt. Hier erwamsen bel der Stadtsicherung besondere Schwierigkeiten, die sim aus der Lage im Essetal ergeben. Sowohl der Esse­ EinfluJl wie der -AusfluB werden zwar durch den ganz nahe gelegenen Schin­ derturm gedeckt. Doch das hat wohl nicht genligt. Auf dem groBen Mauer­ bogen liber der Esse errichtete man deshalb einen niedrigen, Hinglich-recht­ eckigen Tunn, der heute 0 rei m ann c hen, 1779 Traynmiinnecken ge­ nannt wird und statt Dadls ein Gewolbe mit Spundloch hat, woran ab er der Bard der Bmslwehr sehr verfallen ist. An demselben ist unten aut der Erde eine Offnung aus Quadersteinen, woran zwar noch eine eingegossene Tiirangeln und Krampen, aber keine Tur betindlich. aber dieser offenen Tur stehet eine Menschenfigur, deren Kopl unterwiirts, die Beine aber oberwiirts gekehret sind mit einem uber deren Halse quer hingehenden Schwert in Stein gehauen, und gehet die gemeine Sage, daf1 in diesem Turm vor alten Zeiten ein Gericht gewesen, die Jungfer genannt, davon ab er keine smriftlichen Nach­ rimten vorhanden sind. - Hinter dieser offenen Tur gehet zur Linken ein sdlmaler finsterer Gang hinunter zu einem viereckigen Lom am Wasser, woran aber keine Tur, dom deren Spuren wahrzunehmen sind. Ober dem Bogen ist ein Behiilt- oder Gefiingnis, dessen obere Decke gewolbt, im Boden aber ein SpundlodJ uber dem Wasser, davan zwar schon seit langen Jahren die Tur nicht mehr vorhanden gewesen, die Spuren aber, da{1 eine vor alters dage­ wesen, bis jetzo noch zu sehen sind. Zur Rechten uber der untersten Tur gehet eine hohe steinerne Treppe hinauf zu dem obersten Teil dieses Turms, welcher zwei Offnungen zur communication [Verbindung] beiderseits daranstof1enden Stadtmauern hat 6. Oer heutige Bauzustand laBt wenig mehr von alledem erkennen. Nam der AuBenseite run sind an den Seitenmauem nom die Oberreste von steinemen Angeln (Abb. 8) simtbar, in denen sim friiher eiseme Gitterttiren drehten, die den Zugang zur Stadt sperrten. Die Angeln sind an drei hintereinanderge­ legenen Stellen eingemauert, was auf mehrere Sperrgitter hindeutet, die viel­ leicht von dem oben erwahnten Spundloch liber dem Wasser aus mit Hilfe einer

6 5 t a d tar chi v G r e ben s t e in: Inventarium iiber die Stadttore und Was­ serpforten, aum in der Stadtmauer stehende Gefangnisse, errkhtet anno 1779 im April (:;;: Inventar 1779). 24a Stadtarmiv Grebenstein, Stadtredmung 1826. 206 WiIli Vesper

Drehvorrimtung gesmlossen wurclen. Wenn diese Annahme stimmt, ergabe das die Moglichkeit, den Namen Dreimannmen zu erklaren 24b. Die 5udmauer der 5tadt weist an der 5udostecke, wie auf dem Plan ange­ deutet, eine kleine halbkreisformige Ausbumtung mit 5mieBsmarte in den Bur g hag e n auf. Dagegen fehlen dieser 5eite zwei Rundtiirme, die andere Plane aber im Grundrill aufzeigen. Der eine Turm steht noch als hoher Stumpf hinter dem Gartengrundstiick Cia us zwismen Immenhauser- und Burgtor. Der andere, besonders gut erhaltene, ist der 24 m hohe Burgtor-Turm, der auf dem Dilim'smen Stim halblinks der in der Unterstadt gelegenen Marienkapelle zu sehen ist. Aum er hat wie die anderen Haupttiirme als GeHingnis gedient. Er hatte urspriinglich die Aufgabe, das Tor und den narnsten, wenn aum steilsten Weg zur Burg zu simern. Die Pfortner haben durm Jahrhun~erte vom Landesherm fur ihre Dienste beim Offnen und 5chlieBen des Tores eine besondere Vergiitung bekommen 24c. 1779 wird berimtet: Vom Schachter Tor zur Rechten hinunter [also nam Norden] ist an der Mauer eine stein erne Treppe von 14 Stufen ... , auf den stump/en und unteren H i 1 ten t u r m an dem E s s e - Flu f1 gehend, wel­ dler keine Decke, aber einige Sc:hieplocher und einen schmalen Bogeneingang olme Tunn, desgleic:hen einen gewolbten Boden mit einem tJiereckigen Spund­ loch hat. Bei diesem Turm sind in der Stadtmauer drei kleine Bogen mit in- «nd auswiirts stehenden dre; Strebepfeilern von Quadersteinen, wodurch die Esse hereinflief3t' (Abb. 9). Die Aufgabe, die dem Hiltenturm zugedamt war, war der Smutz der drei kleinen Steinbogen und des Miihlgrabens dimt nord­ lim dariiber, durm die das Essewasser in die Stadt flog, und Smutz des Was­ serlaufs im Vorfeld der Mauer nam Westen hin. Mit dem Abbrum des Turmes ist 1783 begonnen, im 19. Jh., vor anem beim Bahnbau 1848/49 fortgefahren worden 24d. Reste des Turmes sind nom erhalten, stecken aber vorwiegend im alten Bahndamm von 1849. Beim Abbruch ist ein steinerner Wasserspeier in Form eines Affen erhalten geblieben (Abb. 10). Er wird in der Zehntsmeune,

6 5 t a d tar chi v G r e ben s t e in: Inventarium iiber die 5tadttore und Was­ serpforten, aum in der 5tadtmauer stehende GeHingnisse, errichtet anno 1779 im April (;;; Inventar 1779). 24b Wenn diese Annahme stimmt, ergabe das die Moglichkeit, den Namen Drei­ mannrnen zu erklliren, indem man das in der friiheren niederdeutsrnen Greben­ steiner Mundart vorhandene Wort Hdreihen" mit dem horndeutsmen HdrehenH gleichsetzt. - Wenn aber der Name des Turmes im Hinblitk auf die ,.umgekehrte­ umgedrehte" Mensmenfigur zu deuten ist, so wird aum dabei ... Dreimannmen" von ndreihen" abgeteitet werden konnen, also vom umgedrehten Mannmen. 24C 50 1428 dem stadtporten vor dem Burgthore III d (StAM Rechnung I Greben­ stein 1428-1432). 24d Kammereiredmung 1783: Dem Conrad und 1oh. P f e i f fer uor Abbrechung des Turmes in der Hilde zum Behuf des Kuhlhauskellers 5 Rtl.25 alb 2 hlr. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein 207 dem stadtismen Bauhof, aufbewahrt 25. Der Affe ist nam ortlimer Oberliefe­ rung der AnlaS gewesen, den Turm A f fen t u r m zu nennen 26. Der Turm und die versHirkte Mauer haben rund 600 Jahre nimt nur vor dem Feind ge­ schlitzt, sondem auch vielen Hochwasserfluten standgehalten, die sicn flir die Unterstadt verheerend auswirken konnten, wenn die Mauern zwiscnen dem unteren Hiltenturm und dem Smamter Tor bramen. Das ist mehrfam ge­ scnehen und wird urkundlich zurn ersten Mal in einem Aktenstiick vom 2. De­ zember 1483 liberliefert 27. Darin bringt die Gemeinde, das heiBt die nicht ratsHihige Biirgerschaft, 16 Klagen gegen den Rat vor, liber die Landgraf Wilhelm d. A. entsmeidel. Es geht den Btirgern bei den Besmwerden nimt nur um angeblime Verfehlungen und wirtsmaftlime Fehlleistungen der Rats­ manner, sondern aucn urn Anklagen wegen der Versaurnnisse bei der Instand­ haltung der Verteidigungsanlagen. Von 16 Klagepunkten beziehen sim 6 auf die Befestigungsanlagen. Wortlich heiBt es in der Bescnwerde: zcum andem mal so hat die gemeind ansage zcum Raithe gethan also das der Raith vns vnser Stait G re ben 5 t e i n jemerlich verfallen liefl an wegen muren graben vnd thorn das eyn iglich sine gense Swyne vnd and [er] fhe fur den wulffen in der Sta;t nit selig wissel vnd so mehir aUe namt in die stait lauffe vnd groissen schaden dorinne thul Dargegen der Raith geantworet hait also das die gemeind dem Raith dorin gar ungutlich thu want land vnd leuten vnd aum vnsern erbem Rethen wol wissenlich were die auch gesehen vnd gehoret hetten d a s d a s was s e r z u r Z c y t g r 0 i s 5 ens c had e n g e - than/ die muren poben vnd benedden der Stait vii rutenlang vnd auch einsteils enden das fundament ufl dem grunde vmb vnd nedder uflgefludigt und ge­ w 0 r f fen, vnd darane groissen mieglimen schaden gethan habe wildle muren in kortzen laren davor nuwe gemacht weren vnd soliche muren hett man das meist teil mit groisser kost widder gebuwet vnd an einteils enden das fundament mehir dan Ellen tieff in dem wasser miissen suchenl dadurch ander buwe so des keiyn noit geweist were gemacht die also naichblieben weren! darufl wir kunten erkennen das die versumniJ3 solicher noit vnd nit irenthalben herkommen sei/ soliches sie an vns vnd vnseren erbern Rethe gestalt haben! das sie iren frunden daroon nit pflichtig sin sullen . .. Auf dem BUd von der groJlen Wasserpforte am Ende der Hollengasse (Abb. 3) ist liber dem Tor eine Sandsteintafel zu sehen, eine Homwassermarke.

Die Tafel hat einst die Inschrift gehabt 11 Wie das Wasser ist gewest Anno 1560". Die Bumstaben der in Stein gehauenen und mit BIei ausgegossenen

25 FUr einen Kunsthistoriker ware es eine lohnende Aufgabe, an zwei so alten Kunstwerken wie der HEu1eH von etwa 1300 und dem "AHen" aus der Zeit urn 1370 den zweifellos vorhandenen StilbrU(n. aufzuzeigen. 26 Mitteilung von BUrgermeister Ko 0 i, Grebenstein. 27 StAM OR Grebenstein, Paket 6, Nr. 16 fUr 1463. 208 Witli Vesper

Insmrift sind his auf die Zahl 60 verwittert 28, Im Jahre ~560 brach ein van hiiufigen Regengussen angeschwollener, in der Gegend VDn Immenhausen gelegener Fischteich dUTch seine Diimme «nd verursachte eine soIche Wasser­ flut, wovon die Mauern der «nteren Stadt oder deT Freiheit an zwo verschie­ denen Stellen abeT einen Haufen gestarzt «nd denen £inwohnern dieses Quar­ tiers sehr betriichtlicher Schaden verursacht wurde 29. Die Stadt G r e ben- 5 t e i n berichtet am 27. Juni 1560 an die Regierung in K ass e I uber den uns armen Leuten an Stadtmauern, Mahlen und Biirgerhiiusern in ZWD gropen dUTch grausame Wassernot erbiirmlic:hen und gropen Smaden 30, Welter heiBt es: Dieweil es nun in den beiden Gassen/; wie am Tage:/ gemeinlidJ arme Leute sein, davan dann vielen aus dem gemeinen Gotteskasten monatlich wird ein­ geteilt und eben denselbigen Armen dreien ihre Hiiuser ganz eingefallen, auch wohl ihrer mehr, als gar alter boser Hauseinfallens und Schadens noch zu befurchten und zu erwarten haben ... Und dann uber den Schaden an Hiiusern ihnen ihr Mehl, Brot, Butter, Kiise, Fleisch und was sie anhaben und GUtern unten im Hause gehabt, zum Teil durch die zerrissenen Wiinde hingeflOPet, zum Teil auch ganz 'Verdorben, ungebriichlich und zunichts warden.

De, Rat biltet den Landgrafen, die vorgestreckten 3~ Viertel Korn (rund 75 Zentner) niederzuschlagen, da mehrere Betroffene keine Ackerleute seien, ja, ihnen nom eine Anzahl Viertel Korn zu smenken. Zur Aufrimtung der ein­ gefallenen Stadtmauer erwartet man eine Beisteuer. Von einem Schaden ahnlichen AusmalSes erfahren wir durch die Inschrift auf einem G e den k s t e i n an der imIDer wieder geHihrdeten Mauerstelle dicht slidlich des unteren Hiltenturmes (Abb. n). Sie lautet: Anno ,655 Hie murus per inundationem prostratus Anno 1.735 errectus (lm Jahre 1.655 ist diese Mauer durch Uberschwemmung zerstort im Jahre 1.735 wieder errimtet worden.) Leider ist die Kammereirec:hnung von 1.735/36 nicht erhalten, die uns libe, die Wiederaufbaukosten Aufschlull geben konnte. Doch wird in de, Grebensteiner Amtsredmung von 1.664 iiber die Wasserflut beridttet: Burger­ geld entrichtet ein jeder, so Burger wird, dem Fursten und der Stadt 1.0 Rtl. - DiP 'ahr niehts, den es ha ben s. furstl[iche] Durchlaucht hochloblichen An­ denkens der Stadt G r e ben s t e i n wegen der 'Vor 1.0 Jahren uberstandenen Wasserflut undt dorbei erlittenen Schadens uf zehen 'ahr lang das Burgergeld, urn die zufallene Stadtmauer damit zu repariren, aus sonderbaren Gnaden und Furstl[icher] Condolentz geschenkt, undt ist diP das Zehend 'ahr .'.

28 Mitteilung von Herrn Bra un, Grebenstein, Hollegasse. • 29 M art i n 11, 28 H. 30 StAM OR Grebenstein, Paket 4. 31 StAM Amtsremnung Grehenstein 1.664. Die landgrafliche Beihilfe kann nicht hoch gewesen sein. Nam den zehn altesten erhaltenen Kammereiremnungen aus dem Anfang des 18. Jhs. haben in diesen 10 Jahren insgesamt 19 Einwohner Biirgergeld bezahlt. Mehr werden es in den Jahren '1655-1664 auch nicht gewe­ sen sein, was einer Iandgraflichen Hilfe von nimt ganz 100 Rtl entsprame. Abb. 1 Stadtplan etwa 1848 Abb. 2 Ruine der Burg Grebenstein

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Abb. 3 GroBe Wasserpforte Abb. 4 Jungfernturm am Obertor

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Abb.6 Viereckturm Abb.9 hinter der unteren Esse-EinfluB StrohstraBe (innen) -• . Abb. 10 Wasserspeier (Alle) vam Hiltenturm

Abb. 11 Gedenkstein sOdl. Hiltenturm 1735

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• Abb.12 Steinkammer RohnhofstraBe 52 Abb.13 Kart. um 1580 (Foto StAM)

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Abb.14 Warte am Rondshorn Folos vam Verfasser, Abb. 10 Foto-Klier, Grebenstein Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein '°9

Ein Eintrag im Sterberegister 1655 des Kirmenbums Ho f g e ism a r­ N e u s t a d t berimtet iiber die Auswirkung der Katastrophe: Grope waper­ fluth davon die Mauern zu G re ben 5 t e i n umbgeworffen auch etliche Hiiu­ ser in der Stadt ufgenommen u. weggefuhrt u. waren die Mauren nit gebrochen seit menschlichem Ansehn, RUch die gantze Freyheit in Grebenstein im wafler verderben mupen. Georg Ha pen Sohn [a u s H 0 f g e ism a r 1, 50 ne­ ben seiner Schwester dabei umbkommen. Das Tochterlein wurde nicht gefun­ den. Der Knabe war 3",'ahr alt gewesen. Erstaunlim lange dauerte es, bis die Stadt die Flutsmaden vom Jahre 1655 beseiligt hatte. Dazu kamen Smaden wahrend des 30 jahrigen Krieges. Im Marz 1626 griff der Graf v. Smonberg (von der Armee Tillys) die Stadt Gre­ henstein mit tausend Ciirassiren an, erbittert iiber eine wortlime Beleirugung seiner Soldaten, die man Pfaffenknemte smait, und die Gefangennehmung eines an L. Moritz abgesandten Trompeters. Aber die Stadt behauptete sim trotz der Verbrennung ihres Haupttores hinter den neu befestigten Mauern. Im April smlugen die Biirger den Sturm eines mit 400 Reitem und FuBknem­ ten wahrend eines ungestiimen Regenwetters anrii&.enden kaiser limen Ritt­ meisters ab. Ferner wurden am 1.2. Mai 1.6,7 Kirche, Rathaus, Schute, Opfer­ mannshaus und 242 biirgerliche Gebaude, fast rue ganze Altstadt Grebenstein, von den Kroaten des Obersten Bigod eingeasmert. Die Bevolkerungszahl der Stadt ist im Jahre 1681 gegeniiber der vom Jahr 1575 urn 63,6'10 zuriid<­ gegangen 33, also von etwa 1.940 Einwohnern auf rund 700. Die Biirger haben seit dem FriedensschtuB 1.648 fast alle Gemeinschaftseinrimtungen neu schaf­ fen miissen. Da muBte das Stiid< zerstorter Mauer 90 Jahre !iegen bleiben 34.

Steinhauser, Steinkammern Sind vor allem Tore, Mauem und Tiirme der Stadt im Mittelalter die Kern­ werke Grebensteins fur rue Verteidigung, 50 dienen aum die in der Oberstadt verteUten S t e i n h a use r oder 5 t e ink a m mer n ruesem Zweck. Da­ • neben sind sie natiirlich feuersimere Gebaude fUr die Aufbewahrung von Saat­ gut, fiir unersetz!ime Urkunden und sonsliges wertvolles Gut.

J2 Rommel VlI,614 f. 33 M. La 5 ch: UntersudlUngen iiber BevBlkerung und Wirtsmaft der Landgraf­ schaft Hessen-Kassel vom 30 jahrigen Krieg bis zum Tode Landgraf Karls 1.730. '969,354. 34 230 Jahre nam Anbringung des Gedenksteins, am 16. Juli 1965, bricht nam langer Regenzeit ein Wolkenbrum iiber den und die Essetalung herein. Das kleine Bachiein Hoizape, das im Reinhardswald entspringt und zwismen Immenhausen und Grebenstein in die Esse flieEt, wird zum gefahrlichen Wild­ bam und die Esse zum reilsenden FluB. Die Wassermassen stauen sim wie friiher an derselben Stelle vor der Stadtmauer von Grebenstein und driidcen sie ein. Die Flutwelle richtet in den Gassen smwere Saden an, ein Einwohner verliert das Leben. Die Stadt hat das zerstorte Mauerstiidc etwas niedriger wieder aufbauen und den Gedenkstein von 1735 an der alten SteIle einsetzen lassen. 210 Willi Vesper

1348 kommt der Landgraf mit den 5choffen und Blirgern Grebensteins iiber­ ein, denen, die Steinhauser oder Steinkammern bauen, halben SteuernachlaB zu gewahren 35. Vier def Steinkammern, die in Grebenstein genannt werden, sind noch ganz gut erhalten. UrsprUnglic:h hatten sie sicher statt des heutigen Fachwerks steinerne Giebel und eine Dachbedeckung aus Sollingplatten. An­ dere Kammern sind nur in Resten erhalten. Das Niedertor haben die Stein­ kammer in der Bahnhofstralle 52 (Abb. 12) und das dicht daneben gelegene, jetzt versmwundene Steinhaus in der Unteren SdmurstraBe auf dem Grund­ stiick R 0 cl cl i n g geschiitzt. Von der dem Obertor stadteinwarts vorgelager­ ten Steinkammer (Backerei K 1 e ins c h m i cl t) in def Oberen MarktstraBe, ist heute nur noch der Rest einer dicken Mauer erhalten. An der Eulenberg­ gasse steht ein gut erhaltenes Steinhaus (Besitzer Sattler N e u t z e ), dessen Fensteranlage eindeutig den Wehrcharakter des Gebaudes zeigt. Ein weiteres gut erhaltenes S t e i n h a u s Hegt als Hinterhaus auf einem Grundstiick (Kaufmann Hans 0 rub e) in der Oberen Marktstralle. Wenig zur Ver­ teidigung geeignet erscheint die erhaltene, aber ganz eingebaute Steinkammer hinter einem Haus in der BahnhofstraBe 38 zu sein, dicht hinter den Hiiusern des schmalen Marktplatzes, fast der Unteren Hofstralle zugekehrt.

Kirchturm Der aus der Zeit von 1320/40 stammende Kirmturm hat im 1.4. und 15. Jh. seine Aufgabe aIs Wehrturm, allein smon als beherrsmende Verbindung zu den Warten hin. Er war friiher freilich viel hoher als heute, wie der Dilich'sme Stich zeigt. Einer der Anklagepunkte von 2483 besagt, der Rat habe 50 Gulden, die an einen thorn verbaut werden soIl ten, empfangen, aber nimt verbauen lassen. Der Rat antwortet darauf, das Christians vonn Syborchs seligen Hull­ frauen zcu F ran g fur t vmme irer sele seligkeit willen hab gegeben funf­ zcig gulden an den Kirchthorn zcu G r e bin s t e y n den hoichere zcu buwen. Die 50 Gulden sind aber nicht vom Rat, wie es das Testament bestimmte, dem Pfarrer und den furmundern der kirchen ausgehandigt worden. Beide Rate, alter und neuer Rat, haben sie von den remtmiiBigen Empfangem abgeborgt vndt den frundten [dem Biirgeraufgebot im hessischen Heer] mitgethan, als der Herzog van Burgunden [Karl der Kiihne] fur Neup lag und in solicher vnser vnd des gantzen Lands noit verzceret 36. Der Landgraf bestimmte, die 50 Gulden seien der Kirme zu zahlen. Damit wird der Kirmturm auch auf die Hohe, die Dilichs Stich zeigt, aufgestockt worden sein.

35 StAM GR Grebenstein. 36 K. E. De m and t: Gesrnirnte des Landes Hessen. 162: HDer Landgraf unter­ sttitzte seinen 1471-1473 zum Verweser des Erzstiftes Koln gewahiten Bruder Hermann gegen den abgesetzten Erzbisrnof Ruprecht tatkraftig, so daB er als vom Kaiser berufener Beschirmer und Hauptmann des Koiner Erzstifts mU ge­ samthessischer und katzenelnbogischer Hilfe in enger Verbindung mU der Stadt Koln und dem Kaiser 1474 in der NeuRer Fehde gegen Ruprechts Verbtindeten, Herzog Karl den Ktihnen von Burgund, eine wichtige RoUe spielte." Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein 211

Oer Hagen um die Stadt Die Stadtrnauer urn Ober- und Unterstadt ist ringsurn vom Hagen urngeben gewesen, der die Verteidigungsrnoglichkeiten der BUrger bei einer Belagerung verstarkt hat. Er fUhrt noch heute, wenn auch schon vor Jahrhunderten in Garten verwandelt, den alten Narnen. Das Inventar uber den stadtismen Landbesitz von '779 berichtet: Hagen urn die Stadt. }7j" Ar 3 Rt vom GeismartoT bis an die Wassergasse 37 1.7/16 Ar von deT Wassergasse bis an das Hospitaltor Beide Stucke werden der Hospitiiler Hagen genannt 'I, Ar 6 Rt Der alte Kirch- oder Totenhof vorn Hospitaltor bis an die Hagen­ muhle wird von beiden Pfarrern gemeinschaftlich benutzet

1. 1/4 Ar 6 Rt Hinter der Hagenmuhle von der Esse beim Traynrniinnecken bis an das Immenhauser Tor, der Steinhagen genannt i1j" Ar 4 Rt Vom Immenhauser- bis an das Burgtor, der Schweinehagen genannt 3112 Ar 4 Rt Vom Burgtor bis an das Schiichter Tor, der Burghagen genannt 1 5/16 Ar 1. Rt Der unterste Hiltenhagen vom Schachter Tor bis an die Esse 2 13/16 Ar 4 Rt Der oberste Hiltenhagen oder Claushagen 38 genannt, VDn dem Muhlengraben beim obersten Hiltenturm bis an das Obertor 4111 Ar 5 Rt Der sogenannte Pothagen vom Obern- bis an das Geismartor Nota: Die Hagen rings um die Stadtrnauer herum sind 1.71.8 denen Burgern be; die Hiiuser und die Brandstiitten eingetan und jedem sein Teil durch den darnaligen Landmesser G rim m e I zugemessen worden laut Hagenregistern von ersagtem lahre 6. Im Mittelalter hat der Hagen dieselbe Rolle gespielt wie anderwiirts der Stadtgraben. Graben wird er auch 1483 in Grebenstein genannt. AIs Besonder­ heit der Hagenanlage ist hier die starke Mauer anzusehen, die den Hagen gegeniiber den Garten, Feldern und Wiesen rundum abgegrenzt hat. Sie ist noch heute auf weite Strecken erhalten, wenn auch hier und da sttickweise ab­ getragen, doch vorn Schachter Tor bis zum Obertor und von dort bis etwa zurn Kindergarten vor dem Geismartor einwandfrei namzuweisen. Sie hat bei ihrer Anlage, die wohl in die Zeit des Stadtausbaus zu setzen ist, mit Sicherheit vom Schachter Tor bis zum Geismartor gereicht, wahrscheinlich auch weiter bis zum Hospitaltor. Hier konnen allerdings die Spuren nicht verfolgt werden. Gegen

6 5 t a d tar chi v G r e ben 5 t e in: Inventarium iiber die Stadttore und Was­ serpforten, auch in der Stadtmauer stehende GeHingnisse, errichtet anno 1.779 im April (= Inventar 1.779). 37 Rt = Rute. (1. hessischer Acker = 1.50 Quadratruten = 0,2386 ha.) 38 Claushagen nam einer heute verschwundenen KapeUe vor der Stadt, Flurnamel StraBenname "Ob der CIa us" noch heute vorhanden. WiIli Vesper

den Burgberg hin scheint die Mauer um den Hagen ganz gefehlt zu haben. Bei dem steil ansteigenden Berghang ist sie aum gar nicnt notwendig gewesen. Der Abstand von Hagenmauer und Stadtmauer betragt 30 rn, die Mauerbreite 70-80 cm. Die friihere Hohe ist smwer abzuscnatzen, wird aber kaum unter 2 m gelegen haben (heute noch bis 1,5 m hoch). Bis zu Anfang dieses Jahr­ hunderts hat die Stadt ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkommen miissen, ein eingefallenes StUck der Mauer wieder aufzubauen, weil sie Eigentiimerin der Stadtmauer war 39. Ober die Starkung der Verteidigungskraft durch die Anlage von Teichen im Hagenbereich auf der Hofgeismar zugekehrten Stadtseite erfahren wir aus der Beschwerde der Gemeinde gegen den Rat im J ahre '483: Zcum zcehntenmal so ist deT gemeind ansage zcum Raithe gewest das der Raith der Stait Grebinstyn sere geswechet vnd buwfellig gemacht habe mit den graben vmb des ires niUze vnd wallust vnd begunden vp der Staitgraben fische­ teiche zcu machen, on wissen vnd willen der gemeinde vnd hetten darmit die stait in groessen kosten vnd schaden gebramt! Dawidder ist des Raiths ver­ antwortenl das sie mU willen vnd wissen Edcbrechts van 5 c hac h ten seligen dermals Amptmann czu G r e bin s t e y n vnd Herman Hi I d e­ bra n d 5 dermals Schulteissen daselbst im besten erkant vnd wassergraben vt eyner syten deT stait vns vnd des stait czu nutz vnd gute und in guter meynunge gemacht/ dar vnser lieber Herre vnd Vater seliger [Landgraf Lud­ wig H.} gedechtnip als pekelssen [Pe

39 Mitteilung von Herm Ba

M a u e r urn 0 b e r 5 t a cl t, 1.254 m lang } rund 20 500 m3 M a u e r urn U n t e r 5 t a cl t, 786 m lang Bruchsteinmauerwerk; M a u e r urn den Hag e n (Schachter Tor bis Niedertor) 2000 rn' Bruch­ steinmauerwerk; J un g fer n t u r m 900 m3 Brudtsteinmauerwerk; P u 1 v e r t u r m 680 m] Bruchsteinmauerwerk;

40 P. L. Rei n t a I: Geschichte der Landschaft, Burg und Stadt Peckelsheim. Am 1.4. 8. 1.429 verkaufen Dietrich von Twergen (Zwergen), Burgmann des Land­ grafen, u. a. ihre halbe MiihIe vor dem Niedertor der Stadt mit allem Nutzen (StAM GR Grebenstein). 41 Kammereiredmung dieser Jahre, Stadtarchiv Grebenstein. Willi Vesper

Die g r 0 lS ere n Run cl t ii r m e (Burgtor-, Eulen-, Linden- uncl Schin­ derturm) je 500 m3 = 2000 m) Bruchsteinmauerwerk; Die k 1e i n ere n Run cl tu r m e (Turm an Nordostecke, Turm hinter Grundstiick Claus am Burgberg, unterer Hiltenturm) je 250 m) = 750 m) Bruchsteinmauerwerk; Der hintern offene R e c h tee k t u r m ostwarts vom Geismartor (hin­ ter der unteren StrohstralSe) 1.25 m3 Brucnsteinmauerwerk; D rei m ann c hen t u r m 1.25 m) Bruchsteinmauerwerk; Vermutlich vorhandener Re c h tee k t u r m an NW-Ecke 1.50 m3 Bruch­ steinmauerwerk; Verschwundener Re ch tee k t u r m, heute Neue StralSe, 250 mJ Bruchsteinmauerwerk. Der Rauminhalt des behauenen Sandsteinmauerwerks, der vielen Steintrep­ pen und Gewolbe, deren Herstellung viel Zeit in Anspruch genommen hat, laBt sich nicht berechnen, ebensowenig die umfangreichen Erdarbeiten an den Mauern, an dem Ausschachten des Miihlgrabens und bei der Anlage des Ha­ gens. Dazu kommen die Dienstleistungen beim Steinebremen, bei der Sand­ gewinnung, beim Kalkbrennen und die Fuhrdienste beim Transport von Was­ ser und Baumaterial. Die Warten Die Wehranlagen der mittelalterlimen Stadt Grebenstein werden durch War ten erganzt, von denen aus die Wachter durch Boten den Rat oder durch Signale (Rauch und Feuer) den Posten auf dem Kirchturm verstandigten. Die Grebensteiner Warten, zum Teil uber die Grenzen der Gemarkung vor­ geschoben und verhaItnismalSig weit vom Stadtkern entfernt, liegen immer an Gelandepunkten mit bester Sicht. 1.483 horen wir von vier Warten, doch nur eine wird mit Namen genannt, die "H 0 heW art e". Damals wirft die Gemeinde dem Rat der Stadt vcr, das fur zcyten den VDn Grebensteyn funfzcig gulden zcu der Hohenwarte ge­ geben sin / die der Raith daselbst entpfangen habe / von solichen gulden sei der gemeinde nit wissentlich wor die uerbleben sin. Der Rat verteidigt sich gegen die Vorwiirfe. Er weist darauf hin, die 50 Gulden seien vor mehr als 40 Jahren laut vorhandenen Briefen dem Grebensteiner Amtmann Gerd 5 pie gel von der Stadt geliehen, aber von dessen Erben auf mehrfache Mah­ nungen hin nicht zuriickgezahlt worden. Er bittet den Landgrafen, der Stadt zu dem Gelde zu verhelfen, weil die warte vnserem gantzen lande gelegen und nutze se; 71. Die Ho heW art e hat auf dem War t b erg (305,5 m hoch) bei W e 5 t u f f e 1 n gestanden, 5 km vom Grebensteiner Kirchturm entfernt. Sie

27 StAM OR Grebenstein, Paket 6, Ne. 1.6 file 1.463. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein wird spater West-Uffelisrne Warte genannt, weLl sie in der Gemarkung des Dorfes gelegen hat. Westuffeln, im 13. Jh. zur Grafsmaft Smartenberg ge­ horig, kommt unter Landgraf Heinrirn I. hoheitsrerntlirn an Hessen, wahrend den M a 1 s bur g ern als Erben der ausgestorbenen Srnartenberger seit 1382183 bestimmte Gerirntsrernte, Renten, Dienste und Zinsen in Westuffeln zustehen 41, wo ein hessismer und ein Malsburgischer Grebe die Remte ihrer Herren wahrnehmen. So ist es zu erkHiren, daIS Grebenstein hier Warten an­ legen darf. Urspriinglim ist der Warteberg bis auf ein klein Geholz ader Ge­ strupp unterhalb der Hogenn Warth unbewaldet gewesen 418. Zwisrnen Warte­ berg und der Smamter Landwehr hat das groBe "Westuffelsme Triesm" ge­ legen, das mit Schachten gemeinsam gehiitet wurde. Erst 1839 sind 240 Mor­ gen umgepfliigt und ein Teil der Huteflache aufgeforstet worden 42. Aus den gemeinsamen Huteremten ist verstandlim, daB sim 1713 die von Smamten das Besitzremt an der Warte anmaBen. Kammereiremnung 1713 43: Mai 31: Wie die Nachricht eingelaufen, dap der Obrist van Schachten die ufrn Westuflischen Trisch stehende Warthe abreipen liepe, sind einige vom Rat und Burgerschaft dahin ge.chickt, haben nach der [Anwei.ung7] Con.ulis beirn unterstehenden [untersten] Kriiger verzehrt 1:] albus. luni 2: Sind einige des Rats auch gemeine und Zunftmeister zu besagten Obristen geschickt um gegen die Abbrechung der Warte zu protestiren, haben nach der Wiederkunft in collatione vertan 1: fl. Der Protest muB Erfolg gehabt haben, denn nam der Katastervorbesmrei­ bung von Grebenstein vom lahre 1776 44 ist die Warte nom erhalten. Dort heiBt es: '7. Grenzhugel neben solcher Breite (Schachter Breite). Na. Van hier gehen 1:0-12 Mann bis nach der alten Wahrte hinauf und thun alIda dreyma­ Uge Losung des Gewehrs Zur Wahrung daselbst habenden Grenzrechts. Das weitere Schick sal der Warte ist unbekannt. Die L i n d e r War t e (Linger Wart) hat ebenfalls in der Gemarkung van We s t u f f e In gelegen, und zwar auf der Hohe 295 dimt sUdwe.tlim des Rixer Buschs, der zum Grebensteiner Stadtwald gehort, rund 5 km von Gre­ ben stein entfernt. Sie hat ihren Namen von der Siedlung Linde erhalten, die 1,5 km nordlim van Westuffeln gelegen hat, aber smon 1376 wUst ist, und deren Flur seit dieser Zeit zu der des vorgenannten Dorfes gehort 45. Die Hohe 295 ist heute wie der gesamte Hang zum Tal hin bewaldet, was flir den Bau

41.a StAM Salbticher des Amtes :1.570 und :1.572. 42 WiIli Ve s per: Aus der Gesmichte des Dorfes Westuffeln. -+ Tausend Jahre Westuffeln. :1964. 19. 43 Stadtarchiv Grebenstein. 44 StAM KV Grebenstein. 45 Ve s per, Westuffeln :10. >16 Willi Vesper einer Warte den denkbar ungiinstigsten Platz bedeutet hatte. Aber bis ins 18. Jh. hinein hat hier kein Wald gestanden 46. In dem Vergleich der Malsbur­ ger mit Grebenstein vom 12. August 1524 heiBt es in der Grenzbeschreibung do weiter uber die driescher hin an eine gezeidmet eiche an dem richserhusch benidder der Lindenwahrte 47, Hier wird der Name der Warte zum ersterunal genannt, spater '1572 im Zierenberger Salbum und im Bericht Uber den Gre­ bensteiner Grenzzug 1615-1617: Var daT uff die Eiche vorm Langenberg, dan den weg hinnan beneben deT Linden.oarth, gegen den langenstein 48, Nach dem Hessismen Stadtebum wird die Linderwarte unter den vier nom erhaltenen Warten nicht mehr aufgefiihrt. Nahe an Grebenstein, von ihm nur etwa 2 km entfernt, hat die 1,52447 ge­ nannte L a n g e n b erg - War t e gestanden. Sie tragt bei Schleenstein den Namen G r e ben 5 t e i n e r War t e,an ancleren Stellen Rixer Warte oder War tea m R 0 n cl 5 h 0 r n (Ronzhorn). Wir konnen sie im Bildausschnitt von einer Karte etwa aus dem Jahre 1580 bringen (Abb. 13 und 14). Der Flurname Rondshorn (rundes Horn) ist vermutlich auf den aus der Landwehr vorspringenden umwehrten spitzen Keil zum Turm hin zuriickzufiihren. - An der Warte fiihrt der "Eselsweg" vorbei 49. Die vierte Warte hat vor dem Webelsberg gelegen, 1554 warthe am Rade­ busch (Salbuch), 1571 Ho m b res 5 e r War t an der Landwehr (Salbuch), 1.650 Schwarzburger Warte (var der Lichten Heide) 48, 1.705/1.0 bei Schleenstein Geiflmar Warte, 1.776 in der Katastervorbeschreibung Alte Warte var dem Hombrefler Berg genannt. Sie ist ungefahr 3 km von der Stadt entfernt. Sie ist im GrundriS in einem "Zehnt-Atlas" aus dem 18. Jh. (StAM) eingezeichnet und hat ihren Standort am Schnittpunkt des Weges, der von der Wiistung Oberhaldessen zur heutigen Karlsdorf-Udenhauser StraBe fiihrte, mit der Landwehr. An dieser Warte endet im 1.8. Jh. der Auszug der Bilrgerschaft, die sich beim Grenzgang an der Schamter Stra1Se teilt und von dort aus nach We­ sten bzw. nam Osten die Gemarkungsgrenze abgeht. Allhier rassembliren sich beyde Divisionen und marschieren zurlJck in die Stadt 44. Von einer fiinften als einer von vier im Jahre 1650 nom erhaltenen Warten ilberliefert uns das Hessisme SHidtebum den Namen Ho heW art e v 0 r d e m Rei n h a r d s w aId. Schleenstein zeimnet sie auf seiner Karte als

44 StAM KV Grebenstein. 46 Nadt der Sdtleensteinsdten Karte von 1.705110 (aus der Kopiesammlung des Hes­ sismen Landesamtes ... in Marburg) hat der Linderwarthiigel an einer ringsum unbewaldeten SteIIe gelegen. 47 GR Grebenstein StAM, Auszug abgedrudc.t bei A. Schroeder-Petersen, Die Antter und Zierenberg, S. 1.S8, Nr. 4. Marburg 1.936. 48 Hessismes SHidtebum. 49 Helmut Jag er: Die Entwicklung der Kulturlandsmaft im Kreise Hofgeismar. 1.951.,43· Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein 217

U den h ii use r War t e ein 50. Sie hat oberhalb U den h a use n (in Richtung Mariendorf) auf 308 m Hohe, 4,5 km von Grebenstein entfernt, den geraden Weg von dort nam V e eke r hag e n gesmtitzt. Udenhausen wird 1.455 als Wtistung aufgefiihrt 51. Damals werden die Uindereien von Greben­ steiner Biirgem bewirtschaftet. Bald danach, bestimmt vor '495, ist der Ort neu besiedelt worden. Die Einwohner haben die urspriingllm kleine Gemar­ kung seitdem durch Rodung zum Reinhardswald run stark vergroBert. Der Zustand der Grebensteiner Warten im allgemeinen, ihre laufende geld­ liche Unterhaltung, aber auch die fiir die Verteidigung gefiihrliche Vernach­ liissigung durch den Rat der Stadt ist '483 Gegenstand der schon mehrfach erwiihnten Klage beim Landgrafen die warten so vmme die stait belegen vnd den von Grebinsteyn zu troste vnd selichkeit gebuwet sint/ dall der Raith die sa jemmerlich verfallen laesse/ glicherwiJl als ab nymands darez" gehare/ des sie dach nicht bedarffen/ nachdem ein iglich warte ire eigen gefelle habe/ dar­ midt man sie in buwe halten sulte/ nemlich die eyne habe alle Jare fallen wall :riij gulden myn adir mehre vngeuerlichJ daruon man sie halten suIte! soliche zeynse nemen vt die darzcu gestalt vnd gekorn weren/ vnt theten auch der gemeind keyn rechenschaft daruon wie wol es an der gemeind nutze gehorte/ vnd die gemeind billich daruanne rechenschaft eigente/ Daruff der Raith sin antwort also gesatzt hait/ Die eyne warte se; kurtzlich von Weters wegen oben durch das dach geslagen wurden Die andere sei in der paderbarnschen vhede abgebrant vnd so etzliche die mit diesse clage middetheten daruff weren ver­ blibben als sie dem Raithe zcugesagt hetten/ so were sie woll vnverbrant ble­ ben von den Paderbornsdten/ das sich in worheit so erfinden sulle/ wilche warte widderumb vom Raithe vom allerbesten gebuwet worden sei/ die dritte vnd vierde warten sullen nit verfalIen sin das sich in der warheit wol beweisen vnd erfinden sulle vnd von denselbigen itzt gedachten viere warten sullen nit mehre wan zewa sin die zcinse vnd renthe haben ...

50 In der Grebensteiner Amtsrechnung 1664 (StAM) wird unter den Abgangen beim herrschaftlimen Landzins berichtet: Bei Daniel Smettern zu Grebenstein, welmer ein Wildsmatz gewesen vnd vf der Wahrte bei Udenhausen gehenckt warden, gehet von ]Ih Acker Landt, so wast liegen, ab . .. - An dem GaIgen bei der TJdenhauser Warte scheinen oft WiIddiebe gehenkt worden zu sein: ,,1.635 wur­ de . .. an einem zwischen Stadt (Immenhausen) und DorE Udenhausen fUr WiId­ diebe, die des Menschenmordes tiberwiesen waren, errichteten Galgen, zwei der­ gleichen, der eine lebendlg, der andere tot aufgehangt. Beide waren nach dessen Erzahlung Soldaten von der Miindenschen Besatzung, welche sich bei Gelegen­ heit eines am ReinhardswaId gehaltenen Treibjagens im dichten Gebtisch ver­ bargen, und hieraus auf den mU der Jagd sich beschaftigenden Ftirsten Landgraf Wilhelm V. verdachtige SmoBe gethan hatten. HanR George Bauer, der sich an der Seite des Fiirsten als Btichsenspanner befand, erlegte einen davon auf der Stel1e, der andere ward lebendig ergriffen, und mit seinem getodeten Spiesgesel­ len an diesem Galgen hingerichtet." (M art i nIl, 151). 51. StAM Salbuch Grebenstein (1.455). 218 Willi Vesper

Bei der einen der beiden Warten fuhrt cler Rat die Aufsicht uber die Ein­ kiinfte, bei def anderen zcinflhaftigen warte sullen dry furmunder sin nadl vJlwissunge eins giftbrieffs. (Zwei derselben solIen 1483 verstorben sein und werden ersetzt). - Der ganze Vorgang ist nicht nur ein Beweis dafiir, daB sich die Biirgerschaft in ihrer Gesamtheit fur die Sicherheit der Stadt verantwortlich Whlt, sondern daB dariiber hinaus der einzelne Biirger erhebliche geldliche Opfer fUr die Sicherheit aufbringt.

Die Landwehr Friedrich P f a f f schreibt dazu: IIGegeniiber verbreiteten Ansichten ist zu betonen, daB die Lanclwehren keine Befestigungslinien darstellten, die besetzt und verteidigt werden sellten, sondern bloBe 5 per r e n 1 nur an einzelnen DurchlaBstellen versah man sie mit Wehrbauten, und nahe hochgelegene Punkte wurden als Beobachtungsposten befestigt 52". Unsere Landwehr be­ stand aus einem verhaltnismaBig hohen Wall, der durch Aufschiittung des Erd­ reims aus den oft auf beiden Seiten gezogenen Graben gewonnen wurde, auf dessen Riicken eine ebenso breite Hecke aus DornbUsmen versmiedener Arten und Hainbumen einnahm. Die DornbUsche wurden eingeknid

52 Friedrich P f a f f: Mittelalterliche Landwehren im sogenannten hessischen Sachsengau -+ Hessenland :19:10, :194. 53 StAM Redm. I Grebenstein (:15:12). 54 P f a f f, 21.0. 55 ZHG 2,60. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein

Vom '4. bis 16. Jahrhundert, als der Landgraf seine Hoheitsrernte gegenUber dem Adel des Diemellandes durchsetzte, war das Bedtirfnis, inmitten der strei­ tenden Parteien den Besitz zu behaupten und zu sichern, naturgemaB vor­ dringlich, zumal die Rittersmaft in ihrer Parteinahme fUr die groBeren Herr­ schaften (Hessen, Mainz, Paderborn, Koln und Braunschweig) je nach der Gunst des Augenblicks zum Wechsel entschlossen war. Die landwehren boten in dieser unruhigen Zeit einen bei aller sonstigen Fragwiirdigkeit verhaltnis­ maBig braumbaren Schutz. P f a f f bemerkt dazu: "Gegen eine starke feindlime Obermamt boten die Landwehren nur vorubergehend Smutz, aber in der Zeit chronism gewordener Fehden hahen sie offenbar gute Dienste ge­ leistet. Das Zugvieh muBte auf den Feldern arheiten, und die groBen Herden muBten wahrend der Hingsten Zeit im Jahre taglich die Ortsmaften verlassen, urn auf den Weiden im Feld und den Waldhuten Nahrung zu sumen, sonst hatten sie verhungern mUssen. Auf diese Beute und etwa auf Menschen, von denen ein Losegeld erpreBt werden konnte, war es in der Regel zunachst ab­ gesehen. Aber kleinere Parteien muBten fUrchten, in eine Falle zu geraten, wenn sie in das Gehege volkreimer Orte eindrangen, denn die BUrger waren wehrhaft und in den WaHen geUbt, aum mamte das FortsmaHen der Beute Schwierigkeiten" 56. Im Juli 1388 hat der Riller Konrad (Curt) S pie gel zum Desenberge, mainzismer Amtmann und Landvogt in Hessen und Westfalen, von der Burg 5 c h 0 n e b erg aus die Smafherden in den Gemarkungen von Grebenstein und Immenhausen geraubt und fortgetrieben 57. Daftir versprimt er am 17. 9. 1388 unter landgraflimem Drud< als SUhneleistung die ZahIung von 250 Gul­ den 58. Die Spiegel haben bis zur Mainzer Stiftsfehde (1461-1463) fast un­ unterbrochen als Mainzer Amtmanner die Bueg Schoneberg und das Amt Geismar in Pfandschaft gehabt und von dort aus aum ihre Kampfe ausgetra­ gen, wobei gleichermaBen das hessisme Grebenstein wie das mainzisme Hof­ geismar zu leiden hatten. "Zur Vergeltung fUr mehrere EinHille, die der Amtmann Johann Spiegel in hessismes Gebiet untemommen halle, ersmien der junge Landgraf Ludwig im Jahre 1424 mit einem Heerhaufen vor der Stadt (Hofgeismar). Er durmbram die Landwehr, zerstorte einige Warttiirme und berannte die Stadtbefestigun­ gen. Zugleich wurden wieder die Fluren verwUstet, namdem frUher senon Her­

den fortgetrieben und BUrger gefangen waren. H 59 In unserem Raum hat sim die Landwehr in der Gemarkung Udenhausen auf der ehemaligen Grenze der alten Flur vor der groBen Rodung des abgetriebe­ nen Waldgebietes hefunden, das die Gemeinde vor der Jahrhundertwende vom

56 P f a f f 21.2. 57 Rom m e I 11, 224. 58 Rom m e 1 11 Anm. S. 165 nach Hofardtiv. 59 P f a f f: Geschichte der Stadt Hofgeismar. 1.954 2,55. 220 Willi Vesper

Staate als Huteabfindung erhalten hatte; weiter rechts der StraBen Udenhau­ sen-Karlsdorf bis vor die Lichte Heide gezogen, von dort nordlich des heutigen Hofes Butzbach uber den Fiddelberg ins Tal hinab, wo sie aber rechts und links der Esse srnon damals nimt mehr vorhanden ist. Ihren Verlauf zeigt die alte Karte VDn etwa 1580 (Abb. 25) his ZUT Wiistung Rixen, die etwa am linken Kartenrand Zll denken ist. - Ostwarts der Esse deckt sich der Verlauf der Landwehr schon damals nidtt mehr mit der Gemarkungsgrenze, die dort his an den Papenberg und bis zum "Hornbick" (heute Hornebeck) sudlich des Offenberges vorgeschoben ist 60, Mit der Stadt Hofgeismar zieht sich mindestens eineinhalb Jahrhunderte ein Streit urn den Besitz der Landwehr run. 1573 Hillt Hofgeismar in der Land­ wehr eine Anzahl Eichen fiillen, die in den StraBendamm unterhalb des Unteren Kelzer Teirnes eingebaut werden. Bilrgermeister und Rat von Grebenstein be­ schweren sich dariiber und behaupten, diese Landwehr mit ihrem Begriff hiitten die van Grebenstein uber Menschen Gedenken und venoehrte Zeit des Rech­ tens filr das lhre allein ersessen und hergebracht, was aber von Hofgeismar bestritten wird 61. 1.679 beschweren sidt Biirgermeister und Rat von Greben­ stein iiber Rentmeister, Biirgermeister und Rat zu Hofgeismar, daIS einige Geismarische Biirger mit Convenienz ihrer vorgesetzten Behorde in der Gre­ bensteiner Landwehr Tatlichkeiten veriibten, Holz verwiisten und entwenden, und daIS der Biirgermeister und Rat zu Hofgeismar ungeachtet solch Unter­ fangungen zwischen beiden SUidten wegen der Grenze, Hute und Trift vorhan­ denen a!ten Abschieden entgegen, doch solche Schwierigkeiten gemacht hat­ ten 62. Bei dem Streit geht es urn den Besitz an der Landwehr von der Esse bis zum VetkerbergIRonshom. Die Landwehr ostwarts der Esse bis zur lidtten­ heide Hegt ja damals in der Grebensteiner Gemarkung. Ein Regierungsbesmeid vom 20. November 1.749 sdtlichtet den im wahrsten Sinne des Wortes uralten Streit, nun steht die Landwehr im strittigen Bereich mit 113 Hofgeismar, mit 213 und der ganzen Hute Grebenstein zu 83. Van alien mittelalterlichen Wehranlagen sind die Landwehren und auch die Warten so gut wie verschwunden. Heute erinnern zumeist nur nom die Flur­ namen an die verschwundenen Geschichtsdenkmaler.

Zusammenfassung Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein sind also in der Zeit von etwa 1.270 bis 1400 nach einem einheitlichen Plan entstanden, der entsprechend den je­ weils neu auftretenden Erfordemissen nur unwesentlich abgewandelt worden

60 Auf diese Grenzversmiebung und auf andere strittige Punkte im Grenzverlauf kann hier nimt eingegangen werden. 6, P f a f f a.a.O. 257 (Protokoll vom 5· 9. '57J). 62 StAM OR Grebenstein Paket 3. 63 StAM KV Grebenstein. Die Wehranlagen der Stadt Grebenstein 221 ist. Die smwamer ausgebaute Sudflanke wird durm die nimt besonders stark befestigte Burg gesmutzt. Erst mit dem abgesmlossenen Ausbau hat die Stadt ihre wehrpolitisme Bedeutung fur die landgraflimen Plane im DiemeVWeser­ land erlangt. AuBer der Burg gehoren zu den Wehranlagen die Ummauerung der Alt­ und Neustadt, funf Doppeltore, das einfame Burgtor, sechs runde grofle Haupt­ runne, sieben weniger ausgebaute Rund- und Viereddtirme, im ganzen somit dreizehn Ttirme, die urn 1.790 noch vorhanclen gewesen sind 64. Der Abwehr dient ferner der breite Hagen, der Stadtgraben, uber weite Strecken mit Mauern versehen. Weit im Vorfelde sichern nam Westen, Norden und Osten fiinf Warten, waruend die Landwehr, im gleimen Absmrutt ange­ legt, als eine verhaltnismaBig spat angelegte Gebietssperre anzusehen ist. Das im Gegensatz zu Immenhausen weit starker ausgebaute Grebenstein war von vornherein nicht nur als Bereitstellungsort fur die landgraflimen Ver­ bande gedacht, sondern diente, wie Rentmeister- und Sdmltheillenrechnungen des 15. lh. ausweisen, zugleim als Namsmubplatz fUr Material und Verpfle­ gungsmittel. Die Anlagen haben ihre Aufgaben im Rahmen der hessismen Eroberungs­ politik bis zur Oberwindung von Mainz und Paderborn im ausgehenden 1.5. Jahrhundert erfiillt. Danam sind sie bis in unsere Zeit mehr und mehr ver­ nachlassigt worden und in Verfall geraten. Die Befestigungswerke sind zudem in den fehdereimen Jahrhunderten (13. his 1.5.) von einer Burgersmaft verteidigt worden, die sim ihres Eigenwertes bewuEt war. 1.483 sind Feuerwaffen in der Hand der Grebensteiner namgewie­ sen. In diesem J ahre kaufte der Rat eine grogere Zahl von Hakenbumsen und sogar eine "Slangenbums" (Feldschlange). Parallel hierzu hat sim das 'ge­ lehrte Grebenstein' entwickelt. So stellt die Stadt zwismen 1;68 und 1600 von alIen Stadten im Diemelland im Verhaltnis zur Einwohnerzahl die weitaus meisten Studenten an den Universitaten Prag und Erfurt 65. Das heutige Stadtbild mit den zurn groBen Teil nom gut erhaltenen Mau­ ern und Tunnen legt von der einstigen Bedeutung fur die Entstehung der Landgrafsdtaft Hessen in einer entsmeidenden Phase der Behauptung gegen die damaligen benambarten Mamte Zeugnis ab. Diese glanzvolle Epome, in der hessische Landgrafen in den Burgerhausern gewohnt haben, liegt fast 500 Jahre zuriick. Die Heutigen durfen stoiz darauf sein, aber sie sind vor der Geschic:hte und ihrer Zukunft verpflimtet, diese eindrucksvoUen monumentalen Zeugen der Vergangenheit, wie sie sich uns heute iiberzeugend in der Gesamtheit der einstigen Befestigungsanlagen reprasentieren, zu erhalten und zu pflegen -

64 Martin 11, 28f. 65 A. S t 0 I z e I: Studierende der Jahre 1.368 bis 1600 aus dem Gebiet des spate­ ren Kurfiirstentums Hessen. ZHG. 5. Supplement. Neue Folge. 1.875. 222 Willi Vesper

mit def Ehrfurcht, die jeder Mensch dem Gewesenen schuldig ist, weil er ihm seine jetzige Existenz verdankt.

Mit dem am 1 . Oktober 1970 erfoIgten Zusammensch.J.uJS von Udenhausen, Burguffeln und Schachten zur GroBgemeinde Grebenstein beginnt ein neuer Absdtnitt in der GesdUchte der 5tadt. Wenn auch bei diesem Akt moderne Verwaltungsgesichtspunkte leitend gewesen sind - man kniipft dennorn an geschichtliche Gegebenheiten des 14. Jahrhunderts an, die sim in den Besitz­ verhaitnissen bis ZUI Gegenwart erhalten haben.

11!pC,,- und Zleglerorle Kreis Rotenburglfulda ,., ,., -~'/ i ~",.- "-'-. - ' , r • , ..... r/ '-'-_.... 'ktaU,- h.aII • - ( ...... ,,,- K(lnJgtwald C' ...... \ ( ' . S.rneburg SONTR.t.. • S.if•• lahauMn Roelanall... . ".".,-, I Ullan a I j ) , ! , ..... , ...... " • < Blanh~Kh It • SOIl •i lb. SlIu . ~

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