Juni 2010 O T U C H S RT R I B Ü N E F Ü R Ko M M U N I S Tfe N U N D So Z I a L I S T E N I N De U T S C H L a N D Deutsch, Deutscher, Am Deutschesten?
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13. Jahrgang, Nr. 149 Juni 2010 OT UCHS RT RIBÜNE FÜR KOMMUNIS TFEN UND SOZIALIS T EN IN DEU T SCHLAND Deutsch, deutscher, am deutschesten? or einiger Zeit erreichte die Redaktion ein Kämpferin. Wir debattierten dabei freundschaft- Vbewegender Brief aus Piton-Saint-Leu auf lich und bei ähnlicher Ausgangsposition über der im Indischen Ozean gelegenen, 10 000 Kilo- die Wechselwirkung von Nationalem und Inter- meter von Paris entfernten und dennoch zu nationalem. Es handelte sich um Inge Viett, von Frankreich gehörenden Insel La Réunion. Aus der ich annahm, daß sie hinsichtlich von mir dieser traditionell roten Hochburg schrieb uns vertretener Auffassungen zu dieser Thema- Dr. Hans-Dieter Hoffmann. Der Arzt, Major a. D. tik Sorgen wie Dr. Hoffmann hegte. So war es der Nationalen Volksarmee der DDR und ehema- mir jedenfalls übermittelt worden. Inges Ein- lige Hochschullehrer in Greifswald hat dort sein verständnis voraussetzend, möchte ich mich I NHAL T Altersquartier aufgeschlagen. Schon vor länge- ausnahmsweise einmal selbst zitieren. Am Seite rem hatte seine ebenfalls sehr engagierte Frau 19. Oktober 1993 schrieb ich an die bis zu ihrer Gegen Blauäugigkeit und Marianne um regelmäßige Zusendung des RF Festnahme unter anderer Identität in der DDR ein Worthülsen-Jargon 2 gebeten. Jetzt äußerte sich Dr. Hoffmann, der sei- neues Leben führende einstige Frau des bewaff- Woran sich die Geister scheiden 3 ner Weltanschauung treu geblieben ist, kritisch- neten Widerstandes u. a.: „Selbstverständlich bin Warum die „Russen“ für mich solidarisch zu unserer Zeitschrift. Was ihm u. a. ich der Meinung, daß es ein schrecklicher Irr- Freunde bleiben 4 Kopfzerbrechen bereite, sei die Unterzeile des tum wäre, wenn ausgerechnet wir uns vor den In Stalingrad erlebt 4 Titels. „Warum bezeichnet sich der ,RotFuchs‘ Karren der falschen ,Patrioten‘ eines imperia- Ein heldenhaftes Brüderpaar: als Tribüne für Kommunisten und Sozialisten listischen Großdeutschlands und seiner natio- die Koenens 5 in Deutschland?“, wollte er wissen. „Ist er nicht nalistischen Expansionspropaganda spannen Der besondere Gast 6 auch für uns Kommunisten in Frankreich oder ließen. Die Geschäfte der Bourgeoisie werden Unvergessener Jupp Angenfort 7 Genossen in Kuba, Venezuela, China und Ruß- wir nicht besorgen. Aber im marxistischen Sinne Dorn sticht Rösler 8 land bestimmt?“ Übrigens hätten hier insgesamt gibt es ja immer ,zwei Nationen‘ im Schoße der Karneval der Eitelkeiten 10 37 Staaten aufgezählt werden müssen, in denen einen: die herrschende und die unterdrückte, Gelächter über die „dritte Garnitur“ 11 der RF inzwischen Bezieher hat, folgt er doch der wobei die eine, die bourgeoise, den Ausverkauf Was sind eigentlich Klassen? 11 alten Losung von Marx und Engels: Proletarier aller echten Werte ihres Volkes betreibt – bis hin Der wirtschaftliche Weltkrieg 12 aller Länder, vereinigt euch! Sie steht selbstbe- zur Preisgabe der nationalen Identität –, wäh- Treuhänder als Totschläger 13 wußt im Kopf des kleinen Blattes – als Kampfan- rend die andere, historisch betrachtet, all das Als Filmvorführer unterwegs 13 sage an Nationalismus und Chauvinismus. in sich aufnehmen und bewahren muß, was pro- NDPD: Trennung der Spreu vom Weizen 14 Als wir vor knapp zwölfeinhalb Jahren die erste gressiv, revolutionär, tatsächlich demokratisch Merkels Garde der Mantelwender 14 Ausgabe des RF vorbereiteten, entbrannte eine und humanistisch ist ... Schwarze Zyniker 15 heftige Diskussion über dessen potentielle Adres- Hier und heute sind wir natürlich keine Hurra- Bürgerrechtler saten. Der von einem Genossen eingebrachte Patrioten der kapitalistischen Bundesrepublik, oder Konterrevolutionäre? 16 Vorschlag, die Zeitschrift „Tribüne deutscher eher deren Staatsbürger wider Willen. Aber ver- n „Volksaufstand“ aus Kommunisten“ zu nennen, wurde als zu einen- glichen mit der herrschenden Klasse – die bes- der RIAS-Retorte RF-Extra I gend verworfen. Nicht so vermessen, gleich für seren Deutschen, Italiener, Franzosen, Russen, n Über Radfahrer und den „ganzen Erdball“ schreiben zu wollen, einig- Chilenen usw. sind wir allemal. Wären wir indes „Radfahrer“ RF-Extra III ten wir uns auf „Tribüne für Kommunisten und nur Internationalisten ohne tiefe Wurzeln im Euros nach Athen tragen? 17 Sozialisten in Deutschland“. Damit sind alle in eigenen Volk, unterschieden wir uns wohl kaum Streiflichter aus Litauen 18 der BRD lebenden Kampfgefährten, unabhängig von liberalen Weltbürgern oder buntschillern- Privatisierung des Krieges 19 von ethnischer Herkunft oder nationaler Zugehö- den Kosmopoliten ...“ Die „Moral“ der CIA 19 rigkeit, gemeint. Wir konnten damals indes nicht Inge Viett schrieb in einem Antwortbrief voll Chronisten des Klassenkampfes 20 ahnen, daß uns schon bald ermutigende Signale kluger Argumente einleitend: „Du kannst mir Panama: Aus für humanitäre Hilfe 20 aus vielen Ländern der Welt erreichen würden. schon glauben, daß ich weit davon entfernt bin, Vorfreude auf Magdeburgs Als proletarische Internationalisten überlassen Dich für einen Hurra-Patrioten zu halten. Und ich Ehrenbürgerin Angela Davis 21 wir anderen die dümmlich-bornierte Deutschtü- weiß ja auch, aus welchen Wurzeln Dein natio- Sozialismus des 21. Jahrhunderts? 22 melei oder das Bespeien der eigenen Nation durch nales Verständnis gewachsen ist.“ Ergänzendes zur die sogenannten Antideutschen. Die „RotFuchs“- Fast 17 Jahre später gilt es, dem Ansturm jener, „Ruhmeshalle des Sports“ 23 Macher – sieht man von jungen Autoren einmal welche andere Nationalstaaten Europas als Hin- Ein Waschkorb voller Bücher 23 ab – waren entweder als DDR-Bürger Patri- dernisse auf dem Weg zur Errichtung ihrer konti- Karl Grünberg und das Ruhrgebiet 24 oten ihres sozialistischen Vaterlandes oder als nentalen Vorherrschaft zerschlagen wollen, sich „Diese Stimme verjagte meine Apathie“ 25 Klassenkämpfer im Westen entschiedene Geg- im gleichen Atemzug aber deutsch, deutscher, am Rudi Kurz: Alte Filme? 26 ner der Macht des deutschen Kapitals. Etliche deutschesten gebärden, wie bisher beherzt entge- Umfassendes Lexikon ihrer Vorbilder gingen dafür wie Jupp Angenfort genzutreten. Für uns bleibt es bei den eindring- würdigt DDR-Künstler 27 und Robert Steigerwald in die Zuchthäuser und lichen Worten der Brechtschen Kinderhymne: Archie und die Enkelin Anne 28 Gefängnisse des Adenauer-Regimes. „Und nicht über und nicht unter andern Völkern Leserbriefe 29 Im Herbst 1993 wechselte ich Briefe mit einer in wolln wir sein, von der See bis zu den Alpen, von Grafik des Monats 32 Zweibrücken einsitzenden antiimperialistischen der Oder bis zum Rhein.“ Klaus Steiniger Seite 2 RotFuchs / Juni 2010 Gegen Blauäugigkeit und Worthülsen-Jargon Eigentumsfrage muß im Zentrum der Programmdebatte stehen u dem Zeitpunkt, zu dem diese Zeilen „finanzmarktgetrieben“ wurden vermieden, überdimensionale Repressionsapparat des Zgeschrieben werden, ist noch kein ost- der Entwurf in eine klare Sprache gefaßt. Staates gegenüberstehen. Deren Lobby will deutscher Landesverband bereit gewesen, Das verdanken wir allerdings nicht allein unter keinen Umständen Veränderungen sich konstruktiv mit dem politischen Kern der Programmkommission, sondern dem zulassen. Sie wird alles einsetzen, um sie des Entwurfs für ein neues Parteiprogramm Umstand, daß sich die Macht des Kapitals zu hintertreiben, leben wir doch in einer der „Linken“ auseinanderzusetzen. Dafür in letzter Zeit so unmaskiert wie nie zuvor Gesellschaft wüstester Meinungsmanipula- meldeten sich gleich mehrere, die zu orga- gezeigt hat. Da sind frühere Verniedlichun- tion. Man erinnere sich nur an den Schwin- nisatorisch-strukturellen Fragen Bedenken gen wie „Heuschreckenkapitalismus“ oder del mit der „Schweinegrippen“-Impfung. Die geltend machten. Leider handelt es sich um „Moderne“ fehl am Platze. Wucht unserer Argumente wird „die Mas- eine typische Erscheinung in der Partei Die Wesentliche Programmpunkte wie Ver- sen“ also nur über gewaltige Sperranlagen Linke. Ab und an wird ein Beschluß gefaßt, gesellschaftung der Banken und der „ergreifen“ können. zur „Sachdiskussion“ zurückzukehren, um Schlüsselindustrien einschließlich des Zuversicht in bezug auf das im Entwurf vor- dann munter die Personaldebatte oder die Energiesektors, der Pharmaindustrie, des liegende Programm ist gerechtfertigt: Das Erörterung eher technischer Fragen fortzu- öffentlichen Transportwesens, der Bahn darf aber nicht zu Blauäugigkeit verleiten. setzen. Die Partei, die Masse der Mitglieder und des Nahverkehrs, der Fluggesellschaf- Es wäre schlecht um uns bestellt, wenn sind offenbar dessen entwöhnt, daß es bei ten sowie des Gesundheits- und Bildungs- die bürgerliche Mehrheit des Bundestages einem Grundsatzprogramm nun einmal um wesens ebnen einleuchtenderweise den Weg und deren Hintermänner – im Wege einer Grundsatzfragen geht. zum demokratischen Sozialismus, wenn Grundgesetzänderung – die Aufhebung des Die „Doppelspitzen-Diskussion“ erwies auch dieser Begriff an einen weißen Schim- Artikels 51 bewirken würden. In der nach sich bei genauerem Hinsehen als Macht- mel erinnert. Denn entweder ist Sozialismus rechts driftenden BRD darf eine solche kampf und kleinkariertes Interessengeran- demokratisch oder er ist kein Sozialismus. Gefahr nicht unterschätzt werden. gel, patriarchalisch, unwürdig einer Partei Uns fällt auf, daß diese Punkte des Pro- In der „Süddeutschen Zeitung“ ließ sich der der „Linken“. Einer müsse „schließlich die gramms in der DDR Selbstverständlichkei- gerne vorprellende Bodo Ramelow zum Pro- Hosen anhaben“, hieß es. „Westler“ woll- ten waren. Das hätte allerdings