13. Jahrgang, Nr. 149 Juni 2010 o t u c h s RT r i b ü n e f ü r Ko m m u n i s tFe n u n d So z i a l i s t e n i n De u t s c h l a n d Deutsch, deutscher, am deutschesten?

or einiger Zeit erreichte die Redaktion ein Kämpferin. Wir debattierten dabei freundschaft- Vbewegender Brief aus Piton-Saint-Leu auf lich und bei ähnlicher Ausgangsposition über der im Indischen Ozean gelegenen, 10 000 Kilo- die Wechselwirkung von Nationalem und Inter- meter von entfernten und dennoch zu nationalem. Es handelte sich um Inge Viett, von Frankreich gehörenden Insel La Réunion. Aus der ich annahm, daß sie hinsichtlich von mir dieser traditionell roten Hochburg schrieb uns vertretener Auffassungen zu dieser Thema- Dr. Hans-Dieter Hoffmann. Der Arzt, Major a. D. tik Sorgen wie Dr. Hoffmann hegte. So war es der Nationalen Volksarmee der DDR und ehema- mir jedenfalls übermittelt worden. Inges Ein- lige Hochschullehrer in Greifswald hat dort sein verständnis voraussetzend, möchte ich mich I n h a l t Altersquartier aufgeschlagen. Schon vor länge- ausnahmsweise einmal selbst zitieren. Am Seite rem hatte seine ebenfalls sehr engagierte Frau 19. Oktober 1993 schrieb ich an die bis zu ihrer Gegen Blauäugigkeit und Marianne um regelmäßige Zusendung des RF Festnahme unter anderer Identität in der DDR ein Worthülsen-Jargon 2 gebeten. Jetzt äußerte sich Dr. Hoffmann, der sei- neues Leben führende einstige Frau des bewaff- Woran sich die Geister scheiden 3 ner Weltanschauung treu geblieben ist, kritisch- neten Widerstandes u. a.: „Selbstverständlich bin Warum die „Russen“ für mich solidarisch zu unserer Zeitschrift. Was ihm u. a. ich der Meinung, daß es ein schrecklicher Irr- Freunde bleiben 4 Kopfzerbrechen bereite, sei die Unterzeile des tum wäre, wenn ausgerechnet wir uns vor den In Stalingrad erlebt 4 Titels. „Warum bezeichnet sich der ,RotFuchs‘ Karren der falschen ,Patrioten‘ eines imperia- Ein heldenhaftes Brüderpaar: als Tribüne für Kommunisten und Sozialisten listischen Großdeutschlands und seiner natio- die Koenens 5 in Deutschland?“, wollte er wissen. „Ist er nicht nalistischen Expansionspropaganda spannen Der besondere Gast 6 auch für uns Kommunisten in Frankreich oder ließen. Die Geschäfte der Bourgeoisie werden Unvergessener Jupp Angenfort 7 Genossen in Kuba, Venezuela, China und Ruß- wir nicht besorgen. Aber im marxistischen Sinne Dorn sticht Rösler 8 land bestimmt?“ Übrigens hätten hier insgesamt gibt es ja immer ,zwei Nationen‘ im Schoße der Karneval der Eitelkeiten 10 37 Staaten aufgezählt werden müssen, in denen einen: die herrschende und die unterdrückte, Gelächter über die „dritte Garnitur“ 11 der RF inzwischen Bezieher hat, folgt er doch der wobei die eine, die bourgeoise, den Ausverkauf Was sind eigentlich Klassen? 11 alten Losung von Marx und Engels: Proletarier aller echten Werte ihres Volkes betreibt – bis hin Der wirtschaftliche Weltkrieg 12 aller Länder, vereinigt euch! Sie steht selbstbe- zur Preisgabe der nationalen Identität –, wäh- Treuhänder als Totschläger 13 wußt im Kopf des kleinen Blattes – als Kampfan- rend die andere, historisch betrachtet, all das Als Filmvorführer unterwegs 13 sage an Nationalismus und Chauvinismus. in sich aufnehmen und bewahren muß, was pro- NDPD: Trennung der Spreu vom Weizen 14 Als wir vor knapp zwölfeinhalb Jahren die erste gressiv, revolutionär, tatsächlich demokratisch Merkels Garde der Mantelwender 14 Ausgabe des RF vorbereiteten, entbrannte eine und humanistisch ist ... Schwarze Zyniker 15 heftige Diskussion über dessen potentielle Adres- Hier und heute sind wir natürlich keine Hurra- Bürgerrechtler saten. Der von einem Genossen eingebrachte Patrioten der kapitalistischen Bundesrepublik, oder Konterrevolutionäre? 16 Vorschlag, die Zeitschrift „Tribüne deutscher eher deren Staatsbürger wider Willen. Aber ver- n „Volksaufstand“ aus Kommunisten“ zu nennen, wurde als zu einen- glichen mit der herrschenden Klasse – die bes- der RIAS-Retorte RF-Extra I gend verworfen. Nicht so vermessen, gleich für seren Deutschen, Italiener, Franzosen, Russen, n Über Radfahrer und den „ganzen Erdball“ schreiben zu wollen, einig- Chilenen usw. sind wir allemal. Wären wir indes „Radfahrer“ RF-Extra III ten wir uns auf „Tribüne für Kommunisten und nur Internationalisten ohne tiefe Wurzeln im Euros nach Athen tragen? 17 Sozialisten in Deutschland“. Damit sind alle in eigenen Volk, unterschieden wir uns wohl kaum Streiflichter aus Litauen 18 der BRD lebenden Kampfgefährten, unabhängig von liberalen Weltbürgern oder buntschillern- Privatisierung des Krieges 19 von ethnischer Herkunft oder nationaler Zugehö- den Kosmopoliten ...“ Die „Moral“ der CIA 19 rigkeit, gemeint. Wir konnten damals indes nicht Inge Viett schrieb in einem Antwortbrief voll Chronisten des Klassenkampfes 20 ahnen, daß uns schon bald ermutigende Signale kluger Argumente einleitend: „Du kannst mir Panama: Aus für humanitäre Hilfe 20 aus vielen Ländern der Welt erreichen würden. schon glauben, daß ich weit davon entfernt bin, Vorfreude auf Magdeburgs Als proletarische Internationalisten überlassen Dich für einen Hurra-Patrioten zu halten. Und ich Ehrenbürgerin Angela Davis 21 wir anderen die dümmlich-bornierte Deutschtü- weiß ja auch, aus welchen Wurzeln Dein natio- Sozialismus des 21. Jahrhunderts? 22 melei oder das Bespeien der eigenen Nation durch nales Verständnis gewachsen ist.“ Ergänzendes zur die sogenannten Antideutschen. Die „RotFuchs“- Fast 17 Jahre später gilt es, dem Ansturm jener, „Ruhmeshalle des Sports“ 23 Macher – sieht man von jungen Autoren einmal welche andere Nationalstaaten Europas als Hin- Ein Waschkorb voller Bücher 23 ab – waren entweder als DDR-Bürger Patri- dernisse auf dem Weg zur Errichtung ihrer konti- Karl Grünberg und das Ruhrgebiet 24 oten ihres sozialistischen Vaterlandes oder als nentalen Vorherrschaft zerschlagen wollen, sich „Diese Stimme verjagte meine Apathie“ 25 Klassenkämpfer im Westen entschiedene Geg- im gleichen Atemzug aber deutsch, deutscher, am Rudi Kurz: Alte Filme? 26 ner der Macht des deutschen Kapitals. Etliche deutschesten gebärden, wie bisher beherzt entge- Umfassendes Lexikon ihrer Vorbilder gingen dafür wie Jupp Angenfort genzutreten. Für uns bleibt es bei den eindring- würdigt DDR-Künstler 27 und Robert Steigerwald in die Zuchthäuser und lichen Worten der Brechtschen Kinderhymne: Archie und die Enkelin Anne 28 Gefängnisse des Adenauer-Regimes. „Und nicht über und nicht unter andern Völkern Leserbriefe 29 Im Herbst 1993 wechselte ich Briefe mit einer in wolln wir sein, von der See bis zu den Alpen, von Grafik des Monats 32 Zweibrücken einsitzenden antiimperialistischen der Oder bis zum Rhein.“ Klaus Steiniger Seite 2 RotFuchs / Juni 2010

Gegen Blauäugigkeit und Worthülsen-Jargon Eigentumsfrage muß im Zentrum der Programmdebatte stehen

u dem Zeitpunkt, zu dem diese Zeilen „finanzmarktgetrieben“ wurden vermieden, überdimensionale Repressionsapparat des Zgeschrieben werden, ist noch kein ost- der Entwurf in eine klare Sprache gefaßt. Staates gegenüberstehen. Deren Lobby will deutscher Landesverband bereit gewesen, Das verdanken wir allerdings nicht allein unter keinen Umständen Veränderungen sich konstruktiv mit dem politischen Kern der Programmkommission, sondern dem zulassen. Sie wird alles einsetzen, um sie des Entwurfs für ein neues Parteiprogramm Umstand, daß sich die Macht des Kapitals zu hintertreiben, leben wir doch in einer der „Linken“ auseinanderzusetzen. Dafür in letzter Zeit so unmaskiert wie nie zuvor Gesellschaft wüstester Meinungsmanipula- meldeten sich gleich mehrere, die zu orga- gezeigt hat. Da sind frühere Verniedlichun- tion. Man erinnere sich nur an den Schwin- nisatorisch-strukturellen Fragen Bedenken gen wie „Heuschreckenkapitalismus“ oder del mit der „Schweinegrippen“-Impfung. Die geltend machten. Leider handelt es sich um „Moderne“ fehl am Platze. Wucht unserer Argumente wird „die Mas- eine typische Erscheinung in der Partei Die Wesentliche Programmpunkte wie Ver- sen“ also nur über gewaltige Sperranlagen Linke. Ab und an wird ein Beschluß gefaßt, gesellschaftung der Banken und der „ergreifen“ können. zur „Sachdiskussion“ zurückzukehren, um Schlüsselindustrien einschließlich des Zuversicht in bezug auf das im Entwurf vor- dann munter die Personaldebatte oder die Energiesektors, der Pharmaindustrie, des liegende Programm ist gerechtfertigt: Das Erörterung eher technischer Fragen fortzu- öffentlichen Transportwesens, der Bahn darf aber nicht zu Blauäugigkeit verleiten. setzen. Die Partei, die Masse der Mitglieder und des Nahverkehrs, der Fluggesellschaf- Es wäre schlecht um uns bestellt, wenn sind offenbar dessen entwöhnt, daß es bei ten sowie des Gesundheits- und Bildungs- die bürgerliche Mehrheit des Bundestages einem Grundsatzprogramm nun einmal um wesens ebnen einleuchtenderweise den Weg und deren Hintermänner – im Wege einer Grundsatzfragen geht. zum demokratischen Sozialismus, wenn Grundgesetzänderung – die Aufhebung des Die „Doppelspitzen-Diskussion“ erwies auch dieser Begriff an einen weißen Schim- Artikels 51 bewirken würden. In der nach sich bei genauerem Hinsehen als Macht- mel erinnert. Denn entweder ist Sozialismus rechts driftenden BRD darf eine solche kampf und kleinkariertes Interessengeran- demokratisch oder er ist kein Sozialismus. Gefahr nicht unterschätzt werden. gel, patriarchalisch, unwürdig einer Partei Uns fällt auf, daß diese Punkte des Pro- In der „Süddeutschen Zeitung“ ließ sich der der „Linken“. Einer müsse „schließlich die gramms in der DDR Selbstverständlichkei- gerne vorprellende Bodo Ramelow zum Pro- Hosen anhaben“, hieß es. „Westler“ woll- ten waren. Das hätte allerdings durchaus grammentwurf folgendermaßen verneh- ten ihren Mann sehen, Frauen eine Frau erwähnt werden können. men: „So etwas hätte ich nie geschrieben.“ usw. Man bemühte sich erst gar nicht um Mit dem Entwurf trennt sich „Die Linke“ Glücklicherweise ist der Entwurf ja nicht Überlegungen, welche „Doppelspitzen“ in vom Begriff der sozialen Revolution – einer als Lokalausgabe für Thüringen gedacht. unserer Vergangenheit miteinander zurecht Definition Luxemburgs, Liebknechts und Seitdem Politiker der „Linken“, die biswei- gekommen sind. Beispielsweise Marx und Lenins. Im vorliegenden Dokument wird len anders blinken, Gastrollen bei „Focus“, Engels, August Bebel und Wilhelm Lieb- statt dessen von „Transformation“ als „Stern“ und „Spiegel“, ja selbst bei der „Bun- knecht, Karl Liebknecht und Rosa Luxem- „emanzipatorischem Prozeß“ gesprochen. ten“ übernommen haben, werden Sach- burg, Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, Das verleiht der DDR eine neue Qualität. diskussionen – trotz gegenteiliger Appelle um nur einige zu nennen. Auf der „Suche nach Wahrheit“ wurde kaum – immer wieder mit Personaldiskussionen Duos haben sich beim Fernsehen einge- danach „geforscht“, woher dieser abgrund- zugeschüttet. Auch das ist eine Form der bürgert. In einer normalen Familie treffen tiefe Haß und diese rastlose Giftsprüherei Manipulation. Der Weg zu einer ergiebigen wir nicht mehr unbedingt auf ein „Ober- gegen die DDR kommen. Sie muß wohl als Programmdebatte darf nicht von eigenen haupt“. Wir können uns drehen, wie wir Negation, auch 20 Jahre nach ihrem Unter- Leuten „bunt“ gepflastert sein. Nur so kön- wollen: Doppelspitze hat ein demokrati- gang, eine große Bedeutung für die Konser- nen wir uns vor dem eingangs erwähnten sches Flair, die beiden können sich ad hoc vierung des kapitalistischen Systems der Worthülsenjargon einigermaßen schützen. austauschen, im Krankheitsfalle füreinan- BRD besitzen. Es lohnt sich, diese perma- Walter Ruge der einspringen, die Partei an verschiede- nente Verneinung vom Kopf auf die Füße zu nen Orten gleichzeitig repräsentieren. Das stellen, um zu ermessen, daß viel Bewah- Thema sollte nicht als Belastung empfun- renswertes für eine wirkliche Transforma- Das Vorstandsmitglied des Förderver- den werden oder zur Verwässerung der Pro- tion der Gesellschaft unersetzbar bleibt. Das eins der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte grammdebatte dienen. geht weit über genannte Errungenschaften , der Journalist und Verleger Jede Wortmeldung erhält bei der Meinungs- wie Mutterschutz, Konfliktkommissionen, bildung ihr Gewicht. Wir erfahren, was Kindergärten, Sportgemeinschaften und Wolfgang Runge unsere Mitglieder und Denker – nicht „Vor- Volkssolidarität hinaus. Geld war in der beging bereits am 12. Mai seinen denker“ – uns zu sagen haben. Dabei sind DDR nicht das Maß aller Dinge. Namen wie 80. Geburtstag. Redaktion und Wortmeldungen wie die von Michael Brie Patrice Lumumba, Angela Davis und Luis im ND vom 22. März völlig wertlos. Er bezog Corvalan, die im Zentrum unserer Solida- Förderverein des RF gratulieren dem dort die Position eines Überparteilichen, der rität standen, deuten an, daß wir einstigen gestandenen Kommunisten nachträg- lediglich diverse Positionen vorstellt, um DDR-Bürger in diesen „Transformationspro- lich von ganzem Herzen. das Ganze sorgfältig mit Fragezeichen zu zeß“ durchaus etwas einzubringen hätten. versehen – insgesamt waren es 24 –, ohne Der Entwurf verweist immer wieder auf dem Leser seine eigene Meinung auch nur Artikel 51 des Grundgesetzes. Der gestattet Am 17. Juni um 15 Uhr spricht Prof. anzudeuten. So kennen wir Michael Brie eine gewaltfreie, zugleich aber tiefgreifende Dr. Götz Dieckmann, stellvertretender doch gar nicht: Bei der Bewertung des Veränderung der Gesellschaft, die in dem Vorsitzender des RF-Fördervereins, II. Weltkrieges war er sehr schnell mit der angebotenen „Prozeß“ indes nur als Über- Einschätzung zur Hand, es habe sich um zeugungsarbeit verstanden werden kann. auf einer Veranstaltung der RF-Regio- den „Krieg zweier Diktatoren“ gehandelt. Dabei sollten wir niemals aus den Augen nalgruppe Nördliches Vorpommern in Die Programmkommission hat eine beacht- verlieren, daß dieser Aufklärung über die Greifswald, Ernst-Thälmann-Ring 25 liche Arbeit bei der Entsorgung von politi- wahren Zusammenhänge Tag und Nacht (Nebeneingang), über das Thema schem Strandgut geleistet. Eingeschleppte ein gigantischer, mit allen Wassern gewa- Worthülsen wie „Informationsgesell- schener Medienapparat, diverse Stiftungen Zur Aktualität der marxistisch- schaft“, „Ende der Arbeitsgesellschaft“, und Arbeitskreise, „Interessengemeinschaf- leninistischen Revolutionstheorie „Dienstleistungsgesellschaft“, „Libertär“, ten“ von Industrie und Handel sowie der RotFuchs / Juni 2010 Seite 3

Woran sich die Geister scheiden Tiefgreifender Antikapitalismus oder systemkonformer Schmusekurs

eit den 70er Jahren stößt das Kapital sein. Es sind nicht die Kapriolen des Demgegenüber besteht der Vorteil der Sauf Grenzen, die es zu sprengen ver- Kapitalismus, die es zu bekämpfen gilt, Bevölkerung im Osten des Landes in sucht. Eine kurze Atempause bescherte sondern deren Ursachen. Einzelne nega- einem relativ starken Weiterwirken sozia- ihm die Niederlage des Sozialismus in tive Aspekte werden heute von vielen listischer Ideen. Es ist den bürgerlichen Europa. Die Beseitigung der „dem Westen“ kritisch benannt. Das tun selbst sozial- Machthabern nur bedingt gelungen, den bis dahin gezogenen Grenzen führte am demokratische, liberale und sogar kon- Gedanken des Sozialismus aus den Köp- Beginn der 90er Jahre zu einem Kraftakt servative Kräfte. Ihr Motto: Wir sehen fen zu verbannen. So konzentrierte man ohnegleichen. Nahezu vier Jahrzehnte zwar Euer Elend, aber ändern können das Feuer auf das MfS. Immer mehr Men- hatte der Kalte Krieg die Ressourcen auch wir daran leider nichts. Dennoch: Ihr schen verstehen jedoch, daß jeder Staat des Kapitalismus beansprucht und Bil- habt unser Mitgefühl! Daß hinter allen mindestens einen Geheimdienst besitzt, lionen Dollar verschlungen. Mit einem Übeln der Gesellschaft die unersättliche der auch verdeckter Mitarbeiter bedarf. beispiellosen Aufwand war ab Mitte der Profitgier derjenigen steht, welche sich Wie viele CIA-Agenten mag es allein in 60er Jahre der Angriff auf die Nach- die Macht zum Zugriff gesichert haben, Deutschland geben? Im Brandenburger kriegsordnung eingeleitet worden. Die bleibt unerwähnt. Parlament sitzt mit Sven Petke sogar ein Reaktion der sozialistischen Staaten dar- Natürlich darf bei dieser prinzipiel- ehemals hauptamtlicher BND-Mann, der auf glich – bildlich gesprochen – einem len Orientierung nicht auf den Kampf bis heute nicht aus seiner Verpflichtung Lufthauch gegenüber dem aufgeblase- für unmittelbare Tagesziele verzichtet entlassen worden ist. nen Sturmangriff des internationalen werden. Die Linken müssen sich hier als Ein großer Teil der Ostdeutschen bekennt Kapitalismus. Die geistig-theoretische Lokomotive erweisen. Das Ringen um sich ganz oder teilweise zur DDR-Vergan- Erstarrung zwischen Amur und Elbe eine gerechtere Welt beginnt nicht erst genheit, auch wenn das häufig mit der bewirkte eine verheerende Ignoranz im „gelobten Land“, sondern bereits hier Bemerkung versehen wird, es sei „nicht gegenüber der sich objektiv vollziehen- und heute. Dabei müssen jene Probleme in alles schlecht gewesen“. Dabei sollte man den Entwicklung außerhalb der Grenzen den Mittelpunkt gerückt werden, die den allerdings in Betracht ziehen, daß der des sozialistischen Lagers. Die rich- Menschen auf den Nägeln brennen. Anteil früherer DDR-Bürger an der ost- tige These „Der Marxismus ist kein Dog- Die oft gerade von Dogmatikern bemühte deutschen Gesamtbevölkerung aus bio- ma ...“ war zu einer plakativen Formel Wahrheit, daß der Marxismus kein logischen und Abwanderungsgründen verkommen. Mancher, der versuchte, das Dogma ist, trifft nach wie vor zu. Die ständig geringer wird. Eis aufzubrechen und die Dinge in posi- Verbreitung eines „Katechismus eherner Die im März eröffnete Programmausspra- tiver Hinsicht voranzutreiben, wurde Formeln“ sollten wir getrost der Kirche che der Partei Die Linke böte Gelegenheit, verdächtigt, er stelle das Gesamtsystem überlassen. Aus lauter Sorge, daß etwas über die hier dargelegten Gedanken und in Frage. Seit der Niederlage des Sozia- schiefgehen könnte, haben wir auf eine andere Probleme freimütig zu diskutieren. lismus in Europa haben wir es auf unse- schöpferische Weiterentwicklung des Dabei sollten wir davon ausgehen, daß rem Kontinent mit einem Kapitalismus Marxismus-Leninismus verzichtet, als eine linkssektiererische Politik ebenso zu tun, der sich keinerlei territorialen wir noch alle Möglichkeiten und Kapa- schädlich ist wie jeglicher Schmusekurs oder „moralischen“ Einschränkungen zitäten dazu besaßen. Konservatismus gegenüber dem bürgerlichen Machtappa- mehr unterworfen sieht. Ohne Rücksicht gegenüber unserer Theorie ist bei einem rat. Die PDL geht nicht wegen der Lösung auf das Völkerrecht werden von NATO Teil der deutschen Linken ebenso verbrei- dieser oder jener Tagesfragen ins Par- und EU souveräne Staaten angegriffen tet wie Bestrebungen, sie aufzuweichen lament, so wichtig das auch sein mag, und fremde Territorien erobert. Insbe- oder abzuschütteln. sondern unter dem Aspekt höherer gesell- sondere geht es dabei um rohstoffreiche In der Partei Die Linke und darüber hin- schaftlicher Anliegen, die der unterbrei- Gebiete wie ehemalige Unionsrepubliken aus werden seit geraumer Zeit die Frage tete Programmentwurf umreißt. Diese der UdSSR, Länder des Nahen und Mitt- von Regierungsbeteiligungen in der BRD gilt es gegen Verwässerungen und Ampu- leren Ostens sowie Nordafrikas. und das Verhältnis zur Europäischen tationen zu behaupten. In der BRD wird die Profitsicherung von Union heftig diskutiert. Unter Festhalten Lenin schrieb in „Was tun?“: „Je stärker einer maßlosen antikommunistisch-anti- am prinzipiellen Ziel einer fundamen- der spontane Aufschwung der Massen sozialistischen Hetze flankiert. Sie zielt talen Umwandlung der gesellschaftli- ist, je breiter die Bewegung wird, desto vor allem auf das Erbe der DDR. Gegen chen Verhältnisse muß die Linke alle stärker werden die Anforderungen an die konsequenten Kräfte und Strömungen Möglichkeiten der parlamentarischen das Maß der Bewußtheit sowohl in der innerhalb der Linken (hier ist nicht nur Demokratie nutzen, um die Interessen theoretischen als auch in der politischen die Partei gleichen Namens gemeint) rich- der Lohnabhängigen und sozial Ausge- und organisatorischen Arbeit …“ tet sich eine nahezu einheitliche Front. grenzten zu vertreten. Dadurch soll die Kurt Koopmann, Seddiner See Ihr stehen – besonders im Osten Deutsch- künftige Kapitalentmachtung vorberei- lands – zahlenmäßig beachtliche Kräfte tet werden. Wir müssen den Menschen gegenüber. Es handelt sich um Menschen verständlich machen, daß nur eine vom mit und ohne Parteibindung, die sich eine Kapitalismus befreite Gesellschaft in humanistische Grundhaltung bewahrt der Lage ist, ihre Situation grundsätz- Am 19. Juni um 10 Uhr spricht haben. Von Einheitlichkeit und Geschlos- lich zu ändern. Generaloberst a. D. Horst senheit im Denken und Handeln sind Im Ergebnis des ununterbrochenen Ein- Stechbarth, ehem. Chef der NVA- die Linken jedoch noch weit entfernt. In wirkens der bürgerlichen Ideologie, der Landstreitkräfte, in der REMA-Klause, etlichen Fällen steht die Frage: Ist der ihr unterworfenen Lehre und Erziehung, Antikapitalismus wirklich tiefgreifend des breiten Spektrums vom Imperialis- Speicherstraße 3, auf einer Veranstal- gemeint oder bezieht sich die Kritik ledig- mus kontrollierter Medien bis hin zur tung der RF-Regionalgruppe Neu- lich auf besonders krasse Auswüchse Konsumverlockung haben wir es heute brandenburg über das Thema der Kapitalherrschaft? Das sollte der in der BRD mit sehr diffusen Interessen Die NVA – Prüfstein für die Absicht tatsächlicher und politischen Anschauungen, religi- eine Armee des Friedens Systemüberwindung oder einer Anpas- ösen Dogmen und persönlichen Wert- sung an die bestehenden Verhältnisse vorstellungen zu tun. Seite 4 RotFuchs / Juni 2010

Warum die „Russen“ für mich Freunde bleiben

ls 17jähriger wurde ich noch Mitte das Riesenlager nutzte. Sonntags stan- und Uljanowsk. Überall konnte ich viele AJanuar 1945 zur faschistischen Wehr- den Sport- und Musikveranstaltungen auf Gespräche mit Sowjetbürgern führen. Mich macht einberufen, um so den Vormarsch unserem Programm. Meine Tabakration beeindruckte das einfache und freundliche der Roten Armee „aufzuhalten“. Obwohl tauschte ich bei den Wachsoldaten gegen Wesen von Menschen der verschiedensten ich wegen schwacher Konstitution zwei- Schwarzbrot ein, so daß ich nicht hungern Berufe und Tätigkeiten. Niemals spürte ich mal zurückgestellt worden war, mußte ich mußte. Voreingenommenheit oder gar Ablehnung nun doch den feldgrauen Rock anziehen, Aus Überzeugung wurde ich im Dezember jener, welche sicher während des Krieges allerdings nur für wenige Wochen. Mit 1950 Mitglied der Gesellschaft für Deutsch- Schlimmes von Deutschen erlebt hatten. der Kapitulation des Befehlshabers der Sowjetische Freundschaft, hatte ich doch Mein Vorteil war, daß ich in zwei Fernseh- in Posen (Poznań) eingesetzten Truppen selbst erlebt, wie menschlich Bürger der kursen etwas Russisch gelernt hatte. geriet ich am 23. Februar in sowjetische UdSSR mit jenen umgingen, die so großes Traurig war ich, als sich meine Freunde Kriegsgefangenschaft. Mich beschäf- Leid über ihre Landsleute gebracht hatten. Anfang der 90er Jahre von uns verabschie- tigte die bange Frage, was mich erwar- Viele Jahre Mitglied des Kreisvorstandes deten und die DSF, der ich 40 Jahre ange- ten würde. Plauen, erhielt ich die DSF-Ehrennadeln hört hatte, aufgelöst wurde. Mit großer Zunächst waren alle Lagerkapazitäten aus- in Silber und Gold. Zu meinen unvergeßli- Enttäuschung und Verbitterung mußte geschöpft. Fünf Tage lang irrte unsere chen Erlebnissen zählen die Freundschaft- ich erfahren, wie Gorbatschow und Jel- Kolonne ohne Essen und Trinken auf der streffen mit in unserer Stadt stationierten zin als Verräter am Sozialismus die Völker Suche nach einem Obdach umher, das sich Angehörigen der Sowjetarmee. An ihren der UdSSR den Kapitalisten auslieferten. endlich in einer früheren Kaserne fand. Gedenktagen besuchte ich stets mit einer Während zu Sowjetzeiten allen gesicherte Ich war so geschwächt, daß ich kaum noch kleinen Abordnung unsere Freunde im Arbeitsplätze und ein bescheidener Lebens- gehen konnte. Aufopferungsvoll behan- sowjetischen Hospital. Diese wiederum standard garantiert waren, sind nun viele delten mich zwei junge Militärärztinnen nahmen an unseren Betriebsveranstal- Millionen von Not und Elend betroffen, im Oberleutnantsrang mit verfügbaren tungen teil. Wenn die Landwirtschaftli- während eine kleine Oberschicht der „neuen Mitteln wie Lichtkasten. Schließlich kam chen Produktionsgenossenschaften unseres Russen“ in Saus und Braus lebt. Es wäre nur ich wieder auf die Beine. Während der Kreises Hilfe bei der Kartoffelernte benötig- zu wünschen, daß die Völker Rußlands die siebenmonatigen Gefangenschaft wurde ten, waren Sowjetsoldaten immer dabei. Kraft fänden, ihre Ausbeuter in die Schran- ich human behandelt, arbeitete nur einen Zu meinen angenehmsten Erinnerun- ken zu weisen und ihr Schicksal wieder in Tag in der Woche und hatte somit viel gen gehören vier Reisen in die UdSSR – die eigenen Hände zu nehmen. Freizeit, die ich zu Spaziergängen durch nach Moskau, Leningrad, Kiew, Odessa Willi Ronz, Plauen

In Stalingrad erlebt

u den wichtigsten Eindrücken mei- einem einzigen Trümmerfeld. Unsere arg belasteten Stalingrader sollten wenig- Zner FDJ-Zeit gehörte die Reise mit der Begleiterin – eine zierliche junge Frau, stens eine Möglichkeit haben, ihre Freizeit ersten DDR-Studentenabordnung in die die an der Schlacht selbst teilgenommen in angenehmer Umgebung zu verbringen. UdSSR. Auf dem Flughafen wurden wir hatte – gehörte als sowjetische Vertreterin Ähnlich verhielt es sich mit neu erbauten wie eine Staatsdelegation empfangen. Man einem internationalen Friedenskomitee an. Schulen. Inmitten der Trümmerlandschaft brachte uns im luxuriösen Hotel Natio- Mit dem Bus fuhren wir zu jenem Haus, waren sie oft als einzige Gebäude errich- nal unweit des Roten Platzes unter. Von um das 64 Tage erbittert gekämpft wor- tet worden. unserem Fenster aus beobachteten wir den war. Wir suchten den blutgetränkten Wir bewunderten den Heroismus der Sta- eine riesige Menschenschlange, die vom Mamajew-Kurgan auf und besichtigten das lingrader in Kriegs- und Friedenszeiten. Manegeplatz bis zum Lenin-Mausoleum wieder produzierende Stalingrader Trak- Als ich dann 1975 bei einer Wolga-Don- reichte. Wir bewunderten jene, die gedul- torenwerk. Unterwegs zogen links und Reise erneut in die Stadt kam – jetzt hieß dig warteten, um die letzte Ruhestätte des rechts Ruinen an uns vorüber. Ich hatte sie bereits Wolgograd –, war sie vollstän- Begründers der Sowjetunion aufzusuchen. zuvor das zerstörte Dresden gesehen, doch dig wiedererrichtet. Wie Phönix aus der Natürlich beeindruckte uns die Metro mit nicht einmal die Stadt an der Elbe konnte Asche hatte sie sich aus dem Schutt erho- ihren palastähnlichen Stationen. Die Stadt damit verglichen werden. Schreckliches ben. Auf dem Mamajew-Kurgan stand machte einen intakten Eindruck. Damals erlebten wir auf dem Mamajew-Hügel. Das nun das Denkmal für die Helden der gro- wurde bereits an verschiedenen Hochhäu- Tauwetter hatte trotz mehrmaligen Absu- ßen Schlacht, mit deren Ausgang die Rote sern gebaut. Da die Temperaturen noch chens der Fläche erneut Uniformfetzen Armee die Wende im Verlauf des II. Welt- niedrig waren, pumpte man den Beton und menschliche Knochen an die Ober- krieges erzwungen hatte. durch Leitungen hinauf, die mit Dampf fläche gebracht. Über der Gedenkstätte erhebt sich eine erwärmt wurden. Auf der Fahrt zum Traktorenwerk fiel uns die Mutter Heimat verkörpernde Frauen- An der Universität fiel uns zunächst auf, auf, daß an etlichen Stellen Rauch aus der gestalt, in der Rechten das kampfbereite daß die meisten Studenten nicht mehr Erde aufstieg. In ehemaligen Wehrmachts- Schwert. Das Gegenstück dazu befindet ganz jung waren. Das erklärte sich daraus, bunkern kampierten Menschen, die nach sich im Treptower Park in . Dort daß viele infolge des Krieges ihr Studium der Evakuierung bei Kampfbeginn vor- richtet ein Soldat sein Schwert auf ein am auf Jahre hatten unterbrechen müssen, zeitig zurückgekehrt waren. Wohnungen Boden liegendes Hakenkreuz als Zeichen weil sie an der Front kämpften. für sie standen noch nicht zur Verfügung. des Triumphes über den Faschismus. Dann flogen wir nach Stalingrad. Schon In der Nähe des Traktorenwerks befand Die Teilnahme an der Reise der ersten vor der Landung stockte uns der Atem. sich ein imposanter Kulturpalast. Wir DDR-Studentendelegation in die Sowje- Rund um die Stadt waren noch zahlreiche fragten, warum man sich einen derar- tunion war nicht nur ein fundamentales Schützengräben zu sehen, der urbane Kern tigen Luxus leiste, zumal die Quartiere Erlebnis meiner Jugend, sondern wirkt bestand – von einigen Neubauten unweit der Menschen mehrheitlich noch äußerst bis heute in mir fort. der großen Wolgatreppe abgesehen – aus schlecht seien. Man antwortete uns, die Johanna Jawinsky, Adorf RotFuchs / Juni 2010 Seite 5

Ein heldenhaftes Brüderpaar: die Koenens Deutsche Antifaschisten in sowjetischer Uniform gegen Hitlers Horden

oskau, 22. Juni 1941. Wie ein Lauf- werden zuerst in einem Kinderheim in Medaille „Für Verdienste im Kampf“ aus- Mfeuer verbreitet sich die Nachricht Iwanowo betreut, im Herbst beginnt dann gezeichnet. vom Überfall Nazideutschlands auf die der Unterricht, zunächst in der Moskauer Am 3. April werden die Männer um Major Sowjetunion. Frauen und Männer eilen Karl-Liebknecht-Schule. Natürlich werden Shabo im Dorf Dubrowka von einem geg- in Massen zu den Armeekommissariaten, die beiden Pioniere und Komsomolzen. Im nerischen Aufklärungsflugzeug entdeckt um sich als Freiwillige für die Verteidi- Herbst 1937 nehmen sie im Autowerk eine und Minuten später durch Schlachtflie- gung des Vaterlandes eintragen zu las- Lehre als Werkzeugschlosser auf. ger angegriffen. Das Haus, in dem Alf- sen. Als in der Meldestelle red Deckung gesucht hat, des Rote-Garde-Rayons erhält einen Volltreffer. ein schlanker junger Mann Er wird von einem Split- seinen Paß auf den Tisch ter am Kopf getroffen und legt, schaut ihn der Offizier verschüttet. Die Genossen einen Augenblick mißtrau- bergen ihn, aber die Ver- isch an. Doch schließlich wundung erweist sich als notiert er: Alfred Stafford, lebensgefährlich, so daß er Deutscher, Politemigrant. bei einer Bäuerin zurück- Wenig später schreibt er gelassen werden muß. Da auch den Namen des Bru- er im Fieberwahn deutsch ders auf: Viktor Stafford. redet, vermutet die Frau Dann schickt er die beiden in ihm einen Nazi-Spion. fort, sie bekämen Bescheid. Für Alfred Koenen entsteht Noch am gleichen Abend eine bedrohliche Lage. Erst schreiben die Brüder ein nach Tagen kann der Irr- Gesuch: Wir sind Söhne tum aufgeklärt werden. eines deutschen Revolu- Noch Monate muß Alfred tionärs, sind Komsomolzen im Partisanengebiet blei- und wollen als Freiwillige ben. Er kann wegen star- in der Roten Armee gegen ker Schmerzen, Fieber und die Faschisten kämpfen. erheblich eingeschränktem Den Namen Stafford muß- 1941: Alfred (unten rechts) und Viktor Koenen (unten links) im Kreis sowje- Sehvermögen nicht mehr ten die beiden jungen Leute tischer Aufklärer im Kampf eingesetzt wer- aus konspirativen Grün- den. den annehmen, waren sie doch aus Nazi- Fünf Tage nach ihrem Gesuch erhalten die Erst im September bringt man ihn nach deutschland geflüchtet. Geboren 1920 und jungen Männer die Einladung zu einem Moskau zurück. Die Ärzte einer Spezialkli- 1921, waren Viktor und Alfred die Söhne Gespräch, in dem sie gefragt werden, ob sie nik stellen fest, daß der Splitter den rech- von Bernard und Frieda Koenen, zwei weit- als Aufklärer der Roten Armee dienen wol- ten Sehnerv zerrissen hat. Die Mediziner hin bekannten und geachteten Kommu- len. Dem folgt eine entsprechende Ausbil- erklären Leutnant Koenen für frontuntaug- nisten im preußischen Regierungsbezirk dung. Die Zeit drängt, die Naziwehrmacht lich. Der 21jährige will sich damit nicht Halle-Merseburg. rückt vor, so daß bald der erste Einsatz abfinden. So schreibt er an das Verteidi- Die Jungen wachsen in dieser mitteldeut- im Rücken des Feindes erfolgt. Mit ihren gungsministerium, an Wilhelm Pieck und schen Industriestadt auf, besuchen dort Aufklärungsergebnissen helfen sie drei an Walter Ulbricht. Er wird reaktiviert die Grundschule. Frühzeitig bekommen sie sowjetischen Armeen. Bis Dezember 1941 und ab August 1943 – inzwischen ist er den Haß ihrer bürgerlichen Umgebung zu finden weitere 13 solcher Einsätze statt, Mitglied der KPD geworden – als Dolmet- spüren. Doch die beiden Koenens wehren darunter etliche in Zivil oder in deutschen scher im Kriegsgefangenenlager 165 in sich so gut sie können. Uniformen. Taliza eingesetzt. Ist das Leben für diese kommunisti- Das Jahresende bringt die Trennung der Am 5. April 1946 beginnt für Alfred Koenen sche Familie in der Weimarer Republik Brüder. Viktor, der Ältere, wird einer in Halle an der Saale ein neuer Lebensab- schon schwer genug, dann wird es unter Kampfgruppe zugeteilt, die über Polen schnitt. Zunächst hilft er beim Aufbau der der Herrschaft der Faschisten existenz- abgesetzt werden und mit polnischen Konsumgenossenschaft, als Lagerarbeiter bedrohend. Sie muß das besonders am Patrioten operieren soll. Doch das Flug- und Buchhalter, schließlich als Kader- 12. Februar 1933 erfahren. An diesem Tag zeug wird abgeschossen. Keiner der leiter. 1952 besucht er eine Parteischule, nimmt Bernard Koenen als Sekretär der Insassen überlebt. Alfred meldet sich am hat dort ein längeres Gespräch mit einem KPD-Bezirksleitung an einer Parteibera- 5. Dezember 1941 beim Kommandeur einer Genossen der KVP. Wenige Wochen später tung in teil, als 500 SA-Schlä- Einheit, die in den Wäldern des Brjansker wird er als Kaderoffizier der KVP-Luft ein- ger das Versammlungslokal überfallen. Gebietes gemeinsam mit dortigen Par- gesetzt, dann der Nationalen Volksarmee. Sie ermorden drei Teilnehmer und ver- tisanen die Okkupanten angreifen soll. 1960 tritt er in den diplomatischen Dienst letzen weitere schwer, darunter ihn Major Shabo schließt den jungen Deut- als Gehilfe des Militärattachés der Bot- selbst. Mutige Genossen retten Bernard schen sofort in sein Herz, tauft ihn auf den schaft der DDR in Moskau ein. Anschlie- und bringen ihn zu einem jüdischen Arzt beliebten russischen Vornamen Jura. Er ßend arbeitet Oberstleutnant Alfred nach Leipzig. ernennt ihn zum Dolmetscher und Aufklä- Koenen in der Stadtkommandantur Ber- Bis Juni 1933 verbergen sich Mutter und rer. Die Truppe, der 280 Kämpfer angehö- lin. Anläßlich des 25. Jahrestages des Sie- Kinder voneinander getrennt und an ver- ren, liefert dem Gegner bis April 1942 so ges der Sowjetunion über den Faschismus schiedenen Orten, bis es ihnen gelingt, mit erfolgreiche Gefechte, daß sie vom Stab der wird er durch die Regierung der UdSSR mit Hilfe treuer Freunde und falscher Papiere Westfront im Tagesbericht lobend erwähnt dem Orden des Großen Vaterländischen in die Sowjetunion zu emigrieren, wohin wird. Zugleich wird der Rotarmist Alf- Krieges 1. Klasse ausgezeichnet. Er stirbt sich inzwischen auch der wieder gene- red Jura Koenen für Tapferkeit vor dem am 25. September 1995 in Berlin. sene Vater gerettet hat. Die Koenen-Jungen Feind zum Leutnant ernannt und mit der Günter Freyer Seite 6 RotFuchs / Juni 2010 Der besondere Gast Als einer „von ganz oben“ jungen Druckern Rede und Antwort stand

nfang der 50er Jahre war in der FDJ begrüßten. Ich erteilte ihm „das Wort für Klinke, doch der Schreier war weg. Solche Aimmer etwas los, und wenn wir nur seine weiteren Ausführungen“, obwohl der Typen haben uns in all den Jahren beglei- mal mit einem Betriebs-LKW zum Baden Jugendfreund noch keinen einzigen Piep tet, und es wird sie wohl immer und über- nach Grünau fahren durften. Werners FDJ- von sich gegeben hatte. Der fühlte sich total all geben. „Haufen“ war inzwischen durch den stän- überrumpelt, während ich mich mit hoch- Eines hatte der Brüller erreicht: In unserem digen Zustrom an jungen Menschen im roten Ohren hinsetzte und ins Wesenlose Dialog war ein Bruch entstanden. Der vom Betrieb beträchtlich angewachsen. Da er starrte. Zentralrat scherte sich nicht darum und sich stets etwas einfallen ließ, beteiligten Der Vertreter des Zentralrats erhob sich, meinte nur: „Wenn Ihr wollt, werde ich mich sie sich ebenso aktiv wie wir „Alten“, weil sah auf mich samt roter Ohren herab und erst mal vorstellen.“ Dann begann er, aus es einfach Spaß machte, nicht aber weil begann zu sprechen, indem er ebenfalls seinem Leben zu erzählen. Manches davon wir eine „kommunistische Zwangsjugend“ sagte: „Freundschaft, Freunde!“ Damit habe ich vergessen, anderes jedoch behal- waren, wie ich es jüngst wieder in einer ten. In einem kommunistischen Elternhaus dieser Talkshows vernahm. aufgewachsen, war er unter Hitler in den Es gab nur wenige Junge, die nicht mit- Krieg eingezogen worden und sollte an der machten, es aber meist gerne getan hät- Ostfront Jagd auf „Bolschewisten“ machen, ten, wenn der elterliche Einfluß nicht in mit denen Nazi-Außenminister Ribben- umgekehrter Richtung gewirkt hätte. Da trop noch kurz zuvor einen Nichtangriffs- galt dann Mutters: Laß bloß die Hände von pakt abgeschlossen hatte. Da ihm zutiefst der Politik! zuwider war, Menschen umzubringen, tat Weil der „Haufen“ aber inzwischen so groß hatte er erst einmal gleichgezogen und eine er, was ihm sein Vater geraten hatte: Bei geworden war, erwies es sich als notwen- Brücke zu uns geschlagen. Wir waren nicht der erstbesten Gelegenheit, einem Späh- dig, Untergruppen zu schaffen. Struktu- mehr als acht FDJler. Schnell spürten wir, trupp, lief er zu den „Russen“ über, die ihn rieren nannte man das. Jetzt gab es eine daß der Gast offenbar gar nicht „von oben“ zunächst gefangennahmen. Nach Klärung FDJ-Leitung. Werner blieb der „Oberhäupt- kam, sondern so sprach, wie ihm der Schna- seines Falles wurde er für einen Einsatz ling“, und ich erhielt den „FDJ-Auftrag“ bel gewachsen war. Er beglückwünschte ausgebildet und kämpfte dann auf Seiten (das waren schon neue Töne), in der Abtei- uns zur Bildung der Gruppe, meinte aber der Roten Armee, wie viele andere anstän- lung Druck, eine eigene Gruppe zu bilden, zugleich, daß wir damit nicht etwa ein dige Deutsche, gegen die Faschisten. Dabei was ich mit Feuereifer in Angriff nahm. „Privatverein“ seien, sondern nur eine von hatte er Glück: Zwar wurde er in Abwesen- Nur wie? Tausenden Basiseinheiten des Jugendver- heit von der Nazi-Justiz zum Tode verur- Räumlichkeiten waren dafür nicht vor- bandes. Er erläuterte uns das FDJ-Statut, teilt und an der Front verwundet, überlebte handen, also mußte ich mir etwas einfal- wonach jeder junge Mensch, gleich welcher aber und reihte sich nach dem Krieg sofort len lassen. Im größten Drucksaal befand Konfession oder Weltanschauung, Mitglied bei denen ein, die ein besseres Deutschland sich am Ende eine geräumige Toilette, die sein könne. Es gelte, die Grundrechte der aufbauen wollten. aber infolge defekter Abflußrohre nicht Jugend auf Arbeit, Bildung, Erholung und Die Einzelheiten, die der Gast berichtete, genutzt werden konnte. Vom Betriebsgra- Freizeit in ganz Deutschland durchzuset- empfanden wir als so spannend, daß wir fiker, den es jetzt gab, um die ständig benö- zen. Unsere Zustimmung erhielt er durch gar nicht wahrnahmen, wie die Zeit ver- tigten Transparente mit Losungen wie „Für Kopfnicken. Dann sprach der „Referent“ ging. So war es bestimmt eine der längsten Einheit und gerechten Frieden!“ (die von der über die Notwendigkeit des Kampfes für Gründungsversammlungen, die je in einer Sowjetunion und DDR-Politikern trotz der die Bewahrung der deutschen Einheit, und FDJ-Gruppe stattgefunden haben. vollzogenen Bildung zweier deutscher Staa- zwar trotz der Existenz zweier Staaten. Nur eine Woche später funktionierte seltsa- ten immer noch propagiert wurde) anfer- Es gehe zugleich um einen gerechten Frie- merweise das defekt gewesene Klosett wie- tigen zu können, besorgte ich mir einen densvertrag, den die Sowjetunion immer der, so daß es auch der Schreihals benutzen Eimer, weiße Farbe, Malerbürsten, blauen wieder von den Westmächten fordere. Der konnte. Wer dieser allerdings gewesen ist, Fahnenstoff und Reißzwecken. Gast erklärte uns die wesentlichen Unter- haben wir nie herausbekommen. Mit meinen FDJodlern (wie man uns auch schiede zwischen Kapitalismus und Sozia- Unser „hoher Gast“ hieß übrigens Heinz nannte) richteten wir das erwähnte Klo lismus und was das westliche Gerede von Keßler. Es handelte sich haargenau um „FDJ-gemäß“ her, bestimmten den Grün- „Frieden in Freiheit“ auf sich habe. jenen erprobten Antifaschisten, der nach dungstermin, holten Stühle aus dem Speise- All das hatten wir zwar ständig in den dem Tod des Spanienkämpfers Heinz Hoff- saal herbei, und es konnte losgehen. Werner Zeitungen lesen und im Radio hören kön- mann Verteidigungsminister der DDR sagte mir, es sei ihm gelungen, einen Vertre- nen, doch der Vertreter des Zentralrats wurde, obwohl er die militärische Lauf- ter vom FDJ-Zentralrat als Gast zu gewin- machte deutlich, daß man die Dinge stets bahn überhaupt nicht hatte einschlagen nen. So jemand war damals noch ein „hohes im Zusammenhang betrachten müsse. wollen. Doch die Zeiten waren ja inzwi- Tier“, da wir die in uns steckende Obrig- Kurzum: Der „von oben“ hielt eigentlich schen ganz andere geworden. keitshörigkeit aus Nazizeiten keineswegs keine Rede, sondern unterhielt sich mit uns, Klaus J. Hesse, Berlin bereits abgelegt hatten. Der Eingeladene so daß wir gar nicht merkten, wie wir in erschien tatsächlich. eine Diskussion mit ihm gerieten. Sie selbst „Freundschaft, Freunde“, sagte ich zur anzustoßen, hätten wir uns damals nie und Wir betrauern den Tod unseres treuen Eröffnung unserer ersten Versammlung nimmer getraut. Auch in späteren Jahren Lesers, des Teilnehmers an der Nie- auf dem „FDJ-Scheißhaus“, wie es von den machten viele nicht den Mund auf, wenn derwerfung des deutschen Faschis- Nörglern und Miesmachern älterer Jahr- ein „Hoher“ mit seiner wohlformulierten mus durch die Rote Armee, gänge bezeichnet wurde. Ich benutzte den Rede fertig war. offiziellen Gruß und die FDJ-Anrede. Daran Doch unser Gast war ein Fuchs. Er brachte Prof. Dr. Stefan Doernberg konnte nichts Schlechtes sein. Dann kam uns sozusagen von hinten herum zum Spre- Als Diplomat und bedeutender Gelehr- ich angesichts des hohen Gastes ins Stot- chen, wovon wir dann auch regen Gebrauch ter der DDR sowie als stellvertreten- tern und konnte nur noch stammeln, daß machten, bis plötzlich jemand an die Tür der Vorsitzender des Ältestenrates der wir ihn aus Anlaß der Gründung einer hämmerte und rief: „Ick muß mal schei...!“ Partei Die Linke bleibt er unvergessen. FDJ-Gruppe der Abteilung Druck herzlich Wütend griff ich als Kleinster nach der RotFuchs / Juni 2010 Seite 7

Unvergessener Jupp Angenfort Ein Antifaschist, der unter Adenauer fünf Jahre im Zuchthaus saß

Unser Freund und Genosse Josef „Jupp“ darunter die VVN und die FDJ, beschul- Als man ihn im Februar 1962 erneut Angenfort ist am 13. März gestorben. digte, einen „Angriff auf die verfassungs- festnahm, entwich Angenfort auf einem Wenn einer wie er geht, hinterläßt das mäßige Ordnung“ zu unternehmen bzw. Gefangenentransport, ging in die Illega- eine Lücke, die nicht zu füllen ist. Unser sich gegen diese zu richten; sie seien lität und begab sich später in die DDR. Mitgefühl gilt seinen Angehörigen – „daher durch Artikel 9 Absatz 2 GG ver- Nach der Gründung der DKP im Jahre zusammen mit ihnen und mit seinen 1968 reiste er mehrfach illegal zu Par- Genossinnen und Genossen werden wir teiveranstaltungen in die Bundesrepu- Jupps Weg weitergehen. blik ein. Dabei wurde er 1969 verhaftet, Jupp wurde 1924 in Düsseldorf gebo- jedoch am 25. April d. J. wieder auf freien ren. Von den deutschen Faschisten in den Fuß gesetzt. Krieg gehetzt, erfuhr er, daß die Men- Lange Jahre war Jupp Angenfort Mitglied schen in der Sowjetunion ganz anders der illegalen Leitung der KPD, dann Prä- sind, als die deutsche Propaganda dem sidiumsmitglied der DKP. Von 1988 bis Volk mit allen raffinierten Methoden 2002 war er Landesvorsitzender der Ver- vorlog. einigung der Verfolgten des Naziregimes Er traf bei seiner Gefangennahme auf – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). Bis sowjetische Soldaten, die ihn nicht zu seinem Tode war er einer ihrer Spre- erschossen. Er begegnete einem, der cher in Nordrhein-Westfalen und Mit- sich mit ihm in deutscher Sprache über glied des Bundesausschusses. den Philosophen Feuerbach unterhal- Für uns jüngere Düsseldorfer Antifaschi- ten wollte. Überdies stellte sich ihm ein sten war Jupp immer da, wenn es darum sowjetischer Major in einer auf deutsch ging, Solidarität zu üben oder irgendwo geführten Unterhaltung als Jude vor, des- Druck zu machen, damit eine Naziakti- sen Frau von den Faschisten erschossen vität unterbunden werden konnte. worden war. ,,Vielleicht werden Sie das Jupp, du wirst fehlen! heute nicht mehr so verstehen. Damals Koordinierungskreis antifaschistischer war es für mich von größter Bedeutung, Gruppen aus Düsseldorf und Neuss denn am ersten Tag der Kriegsgefangen- boten“. Seine Immunität als KPD-Land- schaft brach das ganze Lügengebäude tagsabgeordneter in NRW konnte Jupp zusammen, mit dem man uns in den Angenfort im März 1953 nicht vor der Gedenken an den Vater Krieg und in die Schlacht gejagt hatte“, Festnahme durch die Sicherungsgruppe sagte er später seinen Richtern. 1949 Bonn des Bundeskriminalamtes bewah- Die Faschisten sprengten ihre Brücken selbst, kehrte Jupp in seine Heimatstadt Düs- ren. Er wurde wegen Hochverrats ange- seldorf zurück, wurde Mitglied und bald klagt und vom Bundesgerichtshof wegen bevor die Waffen schwiegen. darauf Vorsitzender der Freien Deut- „Vorbereitung eines hochverräterischen Unsägliches Leid war endlich vorbei, schen Jugend in Westdeutschland. 1951 Unternehmens“, wegen „Geheimbündelei“ wurde er für die KPD der jüngste Land- und Rädelsführerschaft in einer verfas- zu Ende das Trauma vom Siegen. tagsabgeordnete in Nordrhein-Westfa- sungsfeindlichen Vereinigung zu 5 Jah- len. Die FDJ im Westen beteiligte sich ren Zuchthaus (!) verurteilt. Gegen ihn Der Vater kam heim mit geschundenen Knochen, 1951 an der Vorbereitung einer Volksbe- richtete sich wohl das erste Zuchthaus- grausam gefoltert, der Körper gebrochen. fragung zur Wiederbewaffnung der Bun- urteil eines bundesdeutschen Gerichts desrepublik. Am 24. April 1951 erging ein wegen einer politisch motivierten Straf- Die Absicht bestand, ihm das Rückgrat zu biegen; Verbotsbeschluß der Bundesregierung, tat nach 1945. Es handelte sich um das Es war nicht gelungen, ihn so zu besiegen. der die Volksbefragung gegen Remilita- höchste Strafmaß, das überhaupt in die- risierung, deren Ausschüsse sowie vier ser Zeit gegen Kommunisten verhängt Er brach kein Schweigen – ist standhaft namentlich genannte Organisationen, wurde. geblieben, wissend um Folgen und hoffend auf Frieden. Am 23. April hat sich der Lebens- Der uns eng verbundene Dresdner weg unserer Genossin „Singeclub Ernesto Che Guevara“ Geachtet ward er in folgenden Jahren, hat ein verdientes Ensemblemit- Isolda Bohler die leider viel zu wenige waren. glied verloren. Valencia, jäh vollendet. Isolda, die Es schmerzten die Glieder, es fehlte die Kraft. Katrin Franke nur 55 Jahre alt wurde, gehörte Er starb an den Folgen der faschistischen Haft. zum Autorenkreis des RF und die bis zuletzt der Clubleitung bereicherte die Zeitschrift durch angehörte, zählte zum Urgestein Sein Denken und Wollen sind noch am Leben, eine Fülle von Übersetzungen dieser herausragenden Gruppe wertvoller Beiträge aus dem der FDJ-Singebewegung. Seit dem er hat es den Söhnen weitergegeben. Spanischen. Wir trauern um sie Sieg der Konterrevolution sind die Gerhard van de Sand und behalten Isolda als uns nahen „Guevaras“ ein wichtiger Mutma- Menschen, als leidenschaftliche cher für Antifaschisten. Wir teilen Der Vater war Gründungsmitglied der KPD am Internationalistin und engagierte den Schmerz um Katrins frühen Niederrhein. Von 1933 bis 1945 befand er sich in Kämpferin für die Sache aller Tod und drücken unseren Dresdner Haft, KZ und niederländischer Emigration. Er starb Unterdrückten in Erinnerung. Kampfgefährten fest die Hand. 1955 an den Folgen der Gestapofolterungen in Ihre Freunde und Genossen vom RF Redaktion und Vorstand des RF Duisburg. Seite 8 RotFuchs / Juni 2010

Dorn sticht Rösler Ein betagter Berliner Klinikpatient schrieb an Merkels Gesundheitsminister

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Rösler, beurteilen, aber bin bei früheren Kranken- durch, beschaute sich die Wunde und legte hausaufenthalten nie mit solch erbärmli- fest, daß er einen Vakuumverband anle- eigenes Erleben und kritisch-prüfendes chem „Futter“ versorgt worden. Ich weiß, gen müsse. Der Tag verstrich, den ganzen Überdenken der von Ihnen vertretenen daß es Ihrer liberal-freiheitlichen Auffas- Vormittag hatte der Arzt Stationsdien- Gesundheitspolitik veranlassen mich zu sung widerspricht, aber wenn ich etwas zu ste, danach war er mehrere Stunden im diesem Brief. Ich stehe im 84. Lebensjahr. entscheiden hätte, würde ich die dafür Ver- Operationssaal, gegen Abend vermutete Schwierige Umstände, die mit dem Gegen- antwortlichen zwei Probewochen lang nur ich, daß es mit dem neuen Verband wohl stand dieses Briefes nichts zu tun haben, damit verpflegen lassen. Ich habe allein nichts mehr werde. 22.30 Uhr erschien zwangen mich zu einer chirurgischen bei meinem letzten 4-Wochen-Aufenthalt der Arzt und legte ihn mir an schwieriger Behandlung im Helios-Klinikum Ber- 5 Kilo Gewicht verloren. Selbst wenn ich Körperstelle an, Millimeterarbeit in fast lin-Buch in drei Etappen, zusammen ca. das noch tolerieren könnte, finde ich aber 45 Minuten, die mich zu der achtungsvol- 13 Wochen. Sie gab mir die Möglichkeit, die weiteren Wirkungen unverantwortlich. len Bemerkung veranlaßte, er sei mit einem den offiziell verkündeten gesundheitspo- Ich konnte fast täglich beobachten, in wel- Kunsthandwerker zu vergleichen. Gegen litischen Standpunkt mit der Wirklichkeit chen Mengen auf solche Weise dargebo- Mitternacht erfuhr ich durch Zufall, daß zu vergleichen. Zwischen beiden klaffen tene Lebensmittel einfach in den Abfall derselbe Arzt noch immer Dienst in der Welten. wandern. Rettungsstelle leiste. Am folgenden Mor- Meine Kritik richtet sich nicht gegen die Kürzlich stellte die UNO in einem Bericht gen 7.30 Uhr kontrollierte er dann in seiner ärztlichen oder pflegerischen Dienstlei- bedauernd fest, daß das angestrebte Ziel, Visite das einwandfreie Funktionieren des stungen. Die waren hervorragend. In jeder die Zahl weltweit Hungernder zu halbie- Verbandes. Fazit: 24 Stunden und mehr im Phase der Behandlungen incl. der notwen- ren, nicht nur verfehlt wurde, sondern daß Einsatz. Und wer da meint, daß das eine digen Operationen wurde ich nicht nur deren Zahl sogar noch um mehr als 200 einmalige Situation gewesen sei, irrt sich genau informiert und in die erforderlichen Millionen auf über 1 Milliarde Menschen gründlich. Diese Belastung ist – wie ich in Behandlungsabläufe einbezogen, sondern gestiegen ist. Allein von dem, was in dem Erfahrung brachte – auch bei den anderen immer mit größter Freundlichkeit und dem genannten Klinikum täglich an Lebens- Ärzten der Station mehrmals in der Woche gewünschten Verständnis medizinisch mitteln vernichtet wird, könnte man ein fast Normalität. Es fehlt einfach an der gepflegt und versorgt. ganzes Dorf in Afrika (natürlich nicht in notwendigen Zahl von Medizinern. Wer Wenn man im Helios-Klinikum aufgenom- dieser Machart) sehr gut versorgen. Stän- soll das verantworten? Besteht da nicht men wird, erhält man entweder gleich dig wird dem Bürger eingebleut, wie sehr die Gefahr von Fehlentscheidungen wegen oder später auf der Station ein Armband er mit seinem Auto, seiner Heizung oder Übermüdung? Und das in der Großstadt aus Plaste, auf dem neben Namen und seinen Glühlampen dazu beiträgt, die Berlin! Wie mag es da erst in ländlichen Geburtstag auch „Fall-Nr.“ registriert Umwelt zu belasten. Und hier transpor- Gebieten aussehen? Niemand sage, daß es ist. Es folgt eine achtstellige Ziffer. Nun tiert man die schlecht zubereitete Ver- sich hier um eine Besonderheit in Kliniken kann ich ja verstehen, daß in einem Haus pflegung täglich Hunderte Kilometer weit. handele und die Situation auf dem „freien mit rund 1100 Betten, in dem man sich Wie viele giftige Gase werden da wohl in Markt“ der niedergelassenen Fachärzte auch verlaufen kann, ein solches Arm- die Umwelt geblasen? In Berlin-Buch gibt ganz anders aussehe. Meine Verfassung band ein Hilfsmittel für das Personal ist. es außer dem genannten Klinikum noch nach den Krankenhausaufenthalten ver- Dem Mitdenkenden fällt aber auf: Ich bin zahlreiche andere Kliniken. Ich kann die anlaßte meine Hausärztin, mich zu einem hier nicht Patient, sondern ein „Fall“, bei Gesamtzahl der dort bereitstehenden Bet- Lungenspezialisten zu überweisen. Das dem die „Ziffer“ wichtig ist. Da stellt sich ten nicht benennen, schätze aber, daß es war Mitte November. Nach langer Suche einem doch die Frage, ob man sich mögli- zusammen mindestens noch einmal 1000 in verschiedenen Fachpraxen gelang es cherweise in der Hausnummer geirrt hat, sein müßten. Woher bekommen die dor- mir, einen frühestmöglichen Termin für zumal sich direkt neben dem Klinikum tigen Patienten denn ihre Verpflegung? den 19. Januar zu erhalten. Mehr als zwei eine Justizvollzugsanstalt befindet. Und Auch aus Bottrop? In dieser unsäglichen Monate Voranmeldung! Ist das noch nor- es wird einem bewußt, daß man – gewis- Qualität und zu diesen Bedingungen? „Es mal? Ich bin übrigens einer von den „unbe- sermaßen katalogisiert – eigentlich wie muß sich ja rechnen!“, lautet der markt- lehrbaren Ostdeutschen“, doch eine solche eine handelsübliche „Ware“ mit Code in wirtschaftliche Standpunkt. Gesundheitspolitik wäre in dem angeblich einem Versandhauskatalog einsortiert Ich weiß, daß es im Gesundheitswesen in Konkurs gegangenen „Unrechtsstaat“ ist. Gesundheit als „Ware“? Da fällt einem allerorten finanziell mangelt. Über 500 DDR undenkbar gewesen. unwillkürlich Artikel l des Grundgesetzes Milliarden Euro konnten für die Mißwirt- ein: „Die Würde des Menschen ist unan- schaft der Banken lockergemacht wer- Hochachtungsvoll tastbar.“ den! Was kostet uns täglich der von der Georg Dorn Nun könnte man meinen, daß es sich hier Mehrheit der Bundesbürger abgelehnte Berlin, den 13. 12. 2009 nur um Formalien, aber nicht um reale Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan? Sachverhalte handelt. Weit gefehlt. Den Wäre es nicht Ihre politische Pflicht, als scheinbaren Verwaltungsakt erlebt man Gesundheitsminister gegen diese unsin- zunächst sehr lebensecht bei der Kranken- nige Verschleuderung der durch Steuern verpflegung. Die wird vom Frühstück über aufgebrachten finanziellen Mittel des Am 19. Juni um 10 Uhr spricht das Mittagsessen bis zum Abendbrot für Staates einzuschreiten und dafür mehr Genosse Gerhard Schröder auf einer die 1100 Betten des Helios-Klinikums in Gelder für die Volksgesundheit zu ver- Veranstaltung der RF-Regionalgruppe Bottrop produziert, in Folie verpackt, mit langen? Dresden in der Drogenmühle Heide- großen Lastzügen durch ganz Deutsch- Ganz schlimm wird es aber, wenn diese nau, Dresdner Straße 26, über das land gekarrt und schließlich in Berlin Gesundheitspolitik den medizinischen Thema aufgewärmt an die Patienten verteilt. Bereich erfaßt. Ich schildere Ihnen ein- Dementsprechend schauderhaft schmeckt fach mal, wie sich das mir als Patient dar- Die DDR in den sie auch. Ich kann die Qualität und stellt: Der verantwortliche Stationsarzt Vereinten Nationen Quantität des Naturalieneinsatzes nicht führte morgens um 7.30 Uhr die Visite RotFuchs / Juni 2010 Seite 9

Wortmeldungen zur Leserdebatte über Walter Ruges Wahl-Artikel Gefahr der Beliebigkeit

ch möchte den Gedanken von Walter ihr Wähler wie Mitglieder weg. Die SPD hat Zweites Beispiel: die Grünen. Bei denen ist IRuge im RF Nr. 146 („Wenn Wahlen etwas mit den Grünen „Hartz IV“ beschlossen und die Entwicklung ähnlich verlaufen. Anfang änderten, wären sie schon längst verbo- Veräußerungsgewinne steuerfrei gestellt. der 80er Jahre waren sie eine Alternative ten ... „) aufgreifen. Diesem Satz stimme Was sind die Folgen dieser Politik? Breite zur schwarzen Politik in der BRD. Sie hatten ich voll zu. Um so nachdenklicher bin ich Bevölkerungsschichten verarmen, leben recht klare Standpunkte und nachvollzieh- vor zwei Wochen geworden, als sich ein „von der Hand in den Mund“. Viele müs- bare Ideale. Viele von ihnen machen inzwi- PDL-Genosse folgendermaßen äußerte: „Die sen sich durch „1-Euro-Jobs“ ausbeuten schen gemeinsame Sache mit den Gegnern Geschichte hat gezeigt, daß sich gesell- und erniedrigen lassen. Die Krönung des von einst und steigen mit diesen im Saar- schaftliche Umwälzungen nicht durch Ganzen: Arbeitslose werden zu „Praktika“ land sogar ins Koalitionsbett. Revolution und Gewalt vollziehen lassen verpflichtet und müssen ohne Bezah- Um solcher Beliebigkeit entgegenzuwir- ..., das geht nur durch Wahlen und Regie- lung in gewinnorientierten Unterneh- ken, muß die PDL klar Schiff machen und rungsbeteiligungen.“ men arbeiten. eindeutige Positionen beziehen. Wenn sie Nun weiß ich nicht, ob dieser Satz Auffas- Da reibt sich der Kapitalist die Hände. das im künftigen Programm täte – auch in sungen der Mehrheit der Mitglieder und Natürlich stellt er nun keine Menschen mit bezug auf Marx, Engels und Lenin – würde des Vorstandes der PDL entspricht. Wenn Arbeitsvertrag mehr ein. So werden – staat- sie sicher manche halbherzigen Mitglieder das so wäre, würde das ja bedeuten, daß lich gelenkt – Arbeitsplätze vernichtet. verlieren, aber mindestens ebenso viele die PDL nicht nur die bestehende Partei- Durch die steuerfreien Veräußerungsge- bessere hinzugewinnen. enlandschaft und deren Wirkungsweise winne hat die SPD die Tore für weltweit Heiko Wittich, Landkreis Güstrow anerkennt, sondern auch mitträgt und operierende Hedgefonds-Gesellschaften unterstützt. („Heuschrecken“) geöffnet. Sie würde sich in dieser Landschaft ein- Bekanntlich verfolgen diese Fonds nur ein richten, ggf. Koalitionen und somit auch Ziel: In kürzester Frist maximalen Profit zu (faule!?) Kompromisse eingehen. Die Gefahr „erwirtschaften“. Die Konsequenzen sind besteht, daß die PDL dadurch mittelfristig verheerend. Besser hätten das die Schwarz- genauso beliebig wird wie andere Parteien Gelben auch nicht hinbekommen! Unter auch. Als Beispiel kann man sich die SPD der sogenannten großen Koalition wurde anschauen. Sie hat die letzten Jahrzehnte die gleiche unsoziale Politik weitergeführt. mit Schwarz, Gelb und Grün koaliert. Was Was ändern nun Wahlen, wenn die jeweils ist dabei herausgekommen? Sie besitzt kein gewinnenden Parteien nur dem System die- eigenes Profil mehr, schon gar nicht das nen, das vom Kapital und den großen Lob- einer Arbeiterpartei! Logischerweise laufen byverbänden beherrscht wird?

Am 7. Juni begeht der Nestor Zu einseitig gesehen? der „RotFuchs“-Autoren, Genosse er Beitrag von Walter Ruge macht dann überwiegend doch für den Boykott. Walter Ruge Dmich nicht sehr glücklich. Natürlich Das war ein Fehler. ist es richtig zu sagen, daß Wahlen nicht Als die KPD bei den Novemberwahlen aus Potsdam, in voller geistiger Frische über die Machtfrage entscheiden. Aber es 1932 nicht weniger als 100 Reichstags- seinen 95. Geburtstag. In Berlin-Neukölln könnte beim Leser die Meinung gestärkt sitze bei fast sechs Millionen Stimmen aufgewachsen, emigrierte er 1932 als Jung- werden, daß der Kampf für ein demokra- errang, war das ein Riesenerfolg. Blieb er kommunist in die UdSSR. In Moskau lebte, tisches Wahlrecht (geheim, gleich, direkt) deshalb bedeutungslos, weil man die Prä- studierte und arbeitete er, der Zeit ihres Bestehens mit der Sowjetunion verbunden in der deutschen Arbeiterbewegung keine sidialdiktatur dadurch nicht kippen und blieb, bis zum Frühsommer 1941. Kurz nach oder nur eine geringe Rolle gespielt hat. Hitler nicht verhindern konnte? dem Überfall der Faschisten auf seine neue Das Gegenteil ist der Fall. Es gehört zu Als 1946 die SED in allen Ländern der Heimat wurde Walter Ruge verhaftet, zum den wichtigsten Forderungen ihrer frü- damaligen Sowjetischen Besatzungszone „Volksfeind“ erklärt und lange Jahre inhaf- hen Periode. Galt nicht der Widerstand (SBZ) fast 50 % der Stimmen erhielt, festigte tiert. Er überstand Gefängnisse, Arbeits- der marxistischen Sozialdemokratie dem das die im Entstehen begriffene antifa- lager und Verbannung bis zum nördlichen reaktionären Drei-Klassen-Wahlrecht? schistisch-demokratische Ordnung. Sind Polarkreis. 1954 rehabilitiert, übersiedelte War es bedeutungslos, daß Karl Lieb- heute kommunistische Wahlerfolge etwa er 1958 in die DDR, deren Bürger zu sein knecht ausgerechnet im Potsdamer (!) deshalb wertlos, weil sie die Machtver- ihn mit Stolz erfüllte. Walter Ruge war u. a. Wahlkreis gewann? Wenn die alte Sozi- hältnisse nicht ändern? als Röntgeningenieur, Arzthelfer, Fotograf, aldemokratie das feierte, dann zu Recht, Daß es revisionistisch ist, allein durch Schauspieler und Autor tätig. Sein eindring- galt es doch, die Tribüne des Parlaments Wahlen zum Sozialismus gelangen zu wol- liches Buch „Treibeis im Jenissei“ wie der im Klassenkampf zu nutzen. Die Linken len, steht außer Zweifel. Deren Stellenwert gleichfalls Biographisches ausleuchtende der SPD haben das Ziel einer demokrati- muß immer historisch konkret betrach- Dokumentarfilm „Über die Schwelle“ schil- schen Republik stets mit ihrem Einsatz für tet werden. Zu keinem Zeitpunkt war es dern Walter Ruge als das, was er bis heute das Wahlrecht verbunden, wobei auch die Kommunisten egal, in welcher Staatsform ist: das große Vorbild eines durch nichts zu Erkämpfung des Frauenwahlrechts eine (Faschismus oder bürgerliche Demokratie) beirrenden Kommunisten. große Rolle spielte. das Kapital seine Macht ausübte. Es geht, Herzlichen Glückwunsch und eine feste Handelte Rosa Luxemburg auf dem KPD- kurz gesagt, um die recht komplizierte Umarmung, lieber Freund! Gründungsparteitag etwa falsch, als sie Dialektik von Reform und Revolution. vorschlug, die Wahlen zur Weimarer Vielleicht sieht Genosse Walter Ruge die Deine Mitstreiter aus Redaktion Nationalversammlung nicht zu boykottie- Sache doch zu einseitig. und Vereinsvorstand des RF ren? Bekanntlich stimmten die Delegierten Dr. Peter Fisch, Dresden Seite 10 RotFuchs / Juni 2010

Karneval der Eitelkeiten Über das „Betriebsklima“ in kapitalistischen Konzernen

ls Wachmann kommt man viel herum. Das Bedürfnis, dem Direktor zu gefallen, Zeitung – der tut das nicht mehr selbst. Die AMan arbeitet immer wieder in ande- kann durchaus tragikomische Züge anneh- Post muß dem dann von der Empfangsloge ren Betrieben, lernt deren Mitarbeiter men. Neulich parkte zum Beispiel ein Auto gebracht werden, auch wenn man sowieso und Kunden kennen, so daß man bald ein auf dessen Parkplatz. Panik brach aus, an ihr vorbeigeht und das Büro gleich Gespür für das dort herrschende Betriebs- nacktes Entsetzen! Die Telefondrähte glüh- nebenan liegt. „Untergebene“ zu grüßen ist klima bekommt. Oft genug denkt man sich ten. Der arme Produktionsleiter stürmte ein Zeichen der Gnade, nicht aber der Höf- seinen Teil dabei. durch die ganze Fabrik. Der Übeltäter, ein lichkeit. Jeder verteidigt seine kleine Welt Ab und zu muß ich Dienst in einer und ist dankbar, daß es immer noch Fabrik in Berlin-Neukölln leisten. jemanden gibt, den man als unter Es ist ein altehrwürdiges Unterneh- sich stehend betrachten kann. Muß men, welches schon in der Kaiserzeit in dieser Richtung getreten werden, gegründet wurde. Ich fahre übrigens findet sich bestimmt ein Opfer. Nicht ungern dorthin. Das Betriebsklima, selten erwischt es am Ende die nette um bei dem Wort zu bleiben, ist mir türkische Reinemachefrau oder eben schon lange nicht mehr fremd. Und auch mal den Pförtner. Oft frage ich den Teil, den ich mir dazu denke, will mich, ob solche Leute ihre Mitmen- ich hier erzählen. schen überhaupt noch sehen, da sie Habe ich Nachtdienst, erlebe ich die doch mit ihren Statussymbolen allzu Arbeiter, die in diesen Stunden ihre sehr beschäftigt sind. Schicht leisten. Sie sind fast alle sehr Nachts gegen halb fünf kommt stets nett, geradeheraus und unkompli- ein alter Mann. Er bringt die Zeitun- ziert. Mit ihnen fühle ich mich wohl. gen für jene, welche sich nicht mehr Wir machen Späße, unterhalten uns selbst um sie bemühen wollen. So und finden schnell Zugang zueinan- bessert er seine schmale Rente auf. der. Doch irgendwann kommt der Das macht er seit vielen Jahren. Die Morgen. Dann erscheinen so nach Zeitungsempfänger kennen weder und nach die Damen und Herren der seinen Namen, noch wissen sie, daß Verwaltung. Von meiner Empfangs- er daheim eine todkranke Frau hat, kabine aus habe ich gewissermaßen die eine Chemotherapie erhält. Er einen Logenplatz auf dem Karneval raucht gern Zigarre. Kommt er mal der Eitelkeiten. später und man riecht morgens noch Gegen 7 Uhr zeigt sich der Produk- den Qualm, hagelt es Kritik. Auch tionsleiter. Er hechtet jedesmal fast der alte Herr Direktor rauchte. Er atemlos aus seinem Wagen und wurde dafür nie kritisiert, aber stürmt sofort in das Hauptgebäude, sicher waren seine Zigarren auch dann in die Werkhallen oder umge- viel edler! kehrt. Schließlich kommt bald der Ich frage mich oft, in was für eine Direktor! Irgendwie wieselhaft und Welt wir da vor 20 Jahren hinein- beflissen hastet er durch die Räume. Collage von Heinrich Ruynat gestoßen wurden. Jeder Schüler Anweisungen oder Kritik erteilt er oberer Klassen in der DDR kannte meist nur, wenn er möglichst viel Publi- unwissender Fremdhandwerker, mußte Heinrich Manns Buch „Der Untertan“. Die kum hat. Denn darum geht es ihm: Jede sein Fahrzeug unverzüglich entfernen. Hauptfigur Diederich Heßling erschien Geste, jedes Wort muß irgendwie die eigene Gipfel des Ganzen: Der Direktor weilte mir damals wie ein Witz, ungefähr so zeit- Wichtigkeit unterstreichen. So sind diese gerade für mehrere Wochen im Winter- gemäß wie ein Spinnrad. Heute habe ich stets hochtrabend, laut und oft verletzend. urlaub weit weg von Neukölln. den Eindruck, als würde ich in einer Welt Dieses Bad in der Bedeutsamkeit des Ego Als der alte Herr Direktor, dem man mor- voller Diederich Heßlings leben. Und so scheint wie eine Kur für ihn zu sein. gens sogar die Tür aufhalten sollte, in den lächerlich und erbärmlich sie auch wir- Erscheint der Direktor, dann wird der Ruhestand ging, verzichtete sein Nach- ken, so mächtig sind sie leider auch. Noch recht große Mann plötzlich sehr klein. folger auf derlei Rituale. Fast eine Revo- jedenfalls. Aber er ist keineswegs weniger aufgeregt. lution! Mit einem gewissen Sarkasmus muß ich Könnte irgend etwas das göttliche Auge Das Klima des Buckelns und Tretens setzt daran denken, daß es häufig solche Men- stören? Hat er ein Detail übersehen? In der sich natürlich in der Verwaltungshierar- schen waren, die uns vor 20 Jahren etwas Regel geschieht gar nichts. Der Direktor chie weiter fort. Es ist ansteckend. Die vom „aufrechten Gang“ erzählten, den es verschwindet wortkarg in seinem Büro, Sekretärin ist eine heilige Instanz, denn zu erlernen gelte. Was für eine Ironie! und der Produktionsleiter sinkt fast in nur über sie erreicht man den „Alten“. Die Ein Mann wie der hier geschilderte Pro- sich zusammen. Puuh, ich habe alles rich- Personalchefin, ein knorriges Verwal- duktionsleiter in der Neuköllner Fabrik tig gemacht! Der Herr Direktor ist wieder tungsurgestein, das wahrscheinlich schon hätte in einem volkseigenen Betrieb nicht sehr zufrieden mit mir! Ein Moment der in der „Kaiserzeit“ dabei war, ist sowieso lange so weitermachen können. Dazu Teilhabe an seiner Gnade. der Meinung, nur sie allein arbeite über- waren unsere Arbeiter viel zu stolz. Ihr Aber manchmal wird der Ärmste doch ins haupt und sämtliche Verwaltungsdamen Selbstbewußtsein wurde zusammen mit Büro des Chefs gerufen. Danach kommt und -herren zusammen seien stets darauf ihren Arbeitsplätzen von der Treuhand er mit hochrotem Kopf wieder heraus bedacht, jedes kleine Privileg, jeden Auf- politisch gewollt zerstört. Denn klassen- und sucht sich ein Opfer, an dem er Wut stieg auch irgendwie nach außen sichtbar bewußte Arbeiter sind für die Bourgeoisie und Enttäuschung über die eben emp- zu machen. gefährlich. Was mich betrifft, so werde fangene Kritik auslassen kann. Die Suche Eifersüchtig werden eingeübte Spielre- ich bescheiden das Meine dazu beitragen, dauert nicht lange. Arbeiter gibt es ja im geln gepflegt. Von einer bestimmten Posi- diese Gefahr wieder aufleben zu lassen. Betrieb genug. tion an holt man dem Betreffenden die Ulrich Guhl RotFuchs / Juni 2010 Seite 11

Gelächter über die „dritte Garnitur“ Wie Kiechles Staatssekretär im Osten durch den Kakao gezogen wurde

s war zu jener Zeit vor 20 Jahren, als Dieser war ein Kerl wie ein Baum, etwa Strukturen hingewiesen“, sagte er. Das Esich die letzte „DDR“- und Ende vierzig, mit wallendem Vollbart. Er müsse fortan sehr wohl beachtet werden. die „DDR“-Regierung de Maizière (beide besaß in Löcknitz (Vorpommern) einen „Aber, Herr Staatssekretär“ – dabei beugte waren mit der DDR inhaltlich nicht mehr landwirtschaftlichen Betrieb. Vor den Ver- sich Röpke am Rednerpult nach links, um identisch und begingen durch ihr Votum sammelten war das Präsidium aufgebaut. ihn auch deutlich anzusprechen – „wenn Sie für den Anschluß Landesverrat – d. R.) Es bestand aus etwa sieben bis acht Leu- zum Beispiel in Bayern die ersten LPG Typ mit der alten BRD gerade zu „vereinigen“ ten, unter ihnen Staatssekretär Scholz aus I gründen müssen – wir haben ausgezeich- beschlossen hatten. Zuvor waren in Ost- dem Bonner Landwirtschaftsministerium nete Fachleute mit reichen Erfahrungen, deutschland zahlreiche Organisationen, des CSU-Mannes Ignaz Kiechle. die Sie dann unterstützen können.“ Vereine und Verbände entstanden, die sich Scholz war in den wenigen Wochen seit Nicht enden wollender Beifall erfüllte den nun nach dem 3. Oktober wieder auflösen dem Anschluß im Osten öffentlich kaum in Saal, die Teilnehmer brachen in schallen- mußten. Dazu zählte auch der „Bauern- Erscheinung getreten. So kannte er wohl die des Gelächter aus. Als sich nach einiger verband der DDR“. In ihm hatten sich die DDR-Landwirtschaft bestenfalls von links Zeit die Gemüter wieder etwas beruhigt fünf Landesbauernverbände Ostdeutsch- und rechts der Autobahn zwischen Helm- hatten, bemerkte der Mecklenburger Bau- lands zusammengefunden. Von den Orga- stedt und Dreilinden. Röpke begrüßte alle ernpräsident, indem er sich Scholz erneut nisatoren wurde die Veranstaltung, auf Anwesenden, machte Notwendigkeit, Sinn zuwandte: „Aber, Herr Staatssekretär, der ganz „demokratisch“ die Auflösung und Zweck der Zusammenkunft deutlich, eines können wir Ihnen versichern“ – nun verfügt werden mußte, ausgerechnet für berichtete über die bisherige Arbeit des herrschte im Saal Totenstille – „wir schic- den 22. Dezember nach Dahlenwarsleben noch so jungen Verbandes und erteilte dann ken Ihnen nicht die dritte Garnitur!“ Ich in der Börde einberufen. Als verantwortli- dem Bonner Staatssekretär das Wort. Die- dachte, das Dach hebt sich ab. Das spöt- cher Landwirtschaftsredakteur beim ADN ser lobte zunächst die „deutsche Einheit“, tische Gejohle war unbeschreiblich und traf es mich, dort hinzufahren und darüber erläuterte kurz die Landwirtschaft in West wollte kein Ende nehmen. zu berichten. und Ost und wies darauf hin, daß man es ja Wir etwa sieben oder acht Journalisten hat- Als ich ankam, war der Saal der örtlichen nun mit ganz unterschiedlichen Struktu- ten im hinteren Teil des Saales an einem Genossenschaft schon gut besetzt. Vor allem ren zu tun habe. Diese künftig weitgehend runden Tisch Platz genommen. Einige LPG-Vorsitzende, VEG-Direktoren, aber anzugleichen müsse besondere Aufmerk- kannte ich von früheren Terminen. Als wir auch andere Vertreter der grünen Branche samkeit erfahren. Die Worte des Bonner uns bei Röpkes Volltreffern lachend auf die hatten Platz genommen. Etwa 200 Mann Regierungsmannes wurden mit höflichem Schenkel klopften und in Tränen ausbra- faßte der Raum. Die Verbandsleitung hatte Beifall bedacht. chen, blieben zwei Männer am Tisch selt- – aus welchem Grunde auch immer – den Als sich die Versammlung dann dem Ende sam still und blickten verstört um sich. Sie Präsidenten des Bauernverbandes Meck- näherte, ergriff Harald Röpke noch einmal kamen aus Redaktionsstuben in Helmstedt lenburg-Vorpommerns, Harald Röpke, mit das Wort. „Der Herr Staatssekretär hat vor- und Hannover. der Leitung der Versammlung beauftragt. hin schon einmal auf die unterschiedlichen Friedrich-Karl Helmholz, Berlin

Abc des Was sind eigentlich Klassen? Marxismus

ls Augenzeuge der Oktoberrevolution Organisation der Arbeit und folglich nach Jahrhundert in der Tat nur zwei – die Bour- Aberichtet der amerikanische Kommu- der Art der Erlangung und der Größe des geoisie auf der einen, die Arbeiterklasse auf nist John Reed in „Zehn Tage, die die Welt Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, der anderen Seite –, welche aufgrund ihrer erschütterten“ von einem revolutionären über den sie verfügen. Klassen sind Grup- Stellung in der Gesellschaft fähig sind, zum Soldaten vor dem Bahnhof von Zarskoje pen von Menschen, von denen die eine Führer (Hegemon) des jeweiligen Landes zu Selo, den ein Student beschimpft. Gedul- sich die Arbeit der anderen aneignen kann werden, das heißt, die Mehrheit der Angehö- dig antwortet der Soldat: „Mir erscheint infolge der Verschiedenheit ihres Platzes rigen anderer Klassen und Schichten welt- die Sache ganz einfach; aber ich bin ja kein in einem bestimmten System der gesell- anschaulich und politisch auf ihre Seite zu gebildeter Mann. Es gibt nur zwei Klassen, schaftlichen Wirtschaft.“ (Lenin Werke, ziehen oder wenigstens zu neutralisieren. die Bourgeoisie und das Proletariat …“ Er Band 29, S. 410) Die grundlegenden ökonomischen, politi- komme schon wieder mit seinen dummen Man muß die genannten Merkmale in ihrer schen und sozialen Interessen dieser beiden Phrasen, schrie der Student. Doch der Sol- Einheit betrachten, um zu einer exakten Klassen sind unvereinbar (antagonistisch) dat blieb unbeirrt: „Nur zwei Klassen, und Klassenanalyse zu gelangen. Es gibt dem- und können, trotz aller Bemühungen, diese wer nicht auf der einen Seite ist, der ist auf zufolge nicht nur Arbeiter und Kapitalisten, Unvereinbarkeit zu leugnen, nicht über- der anderen.“ sondern auch die Bauernschaft (im Ruß- brückt werden. So hatte also der Soldat von Der Soldat war formell im Irrtum und den- land des Jahres 1917 stellte sie die Mehrheit Zarskoje Selo das Entscheidende verstanden. noch hatte er die Wahrheit für sich. des Volkes), städtisches Kleinbürgertum Er wußte, was Bertolt Brecht in die Worte Was sind Klassen? „Als Klassen bezeich- und die ebenfalls sozial stark zerklüftete gefaßt hat: net man große Menschengruppen“, schrieb Schicht der Intelligenz, der offenbar jener Einer bleibt und einer muß weichen Lenin, „die sich voneinander unterscheiden oben erwähnte Student zuzuordnen war. Entweder ich oder du. nach ihrem Platz in einem geschichtlich Außerdem findet man selbst heutzutage in Und was immer ich auch noch lerne bestimmten System der gesellschaftlichen manchen Teilen der Welt noch Feudalherren Das bleibt das Einmaleins: Produktion, nach ihrem (größtenteils in und Fronbauern, Sklavenhalter und Skla- Nichts habe ich jemals gemeinsam Gesetzen fixierten und formulierten) Ver- ven und selbst Reste der Urgesellschaft, die Mit der Sache des Klassenfeinds hältnis zu den Produktionsmitteln, nach noch keine Klassenspaltung kannte. – Doch ihrer Rolle in der gesellschaftlichen unter den Klassen gibt es seit mehr als einem RF Seite 12 RotFuchs / Juni 2010

Der wirtschaftliche Weltkrieg Warum die armen Völker den „reichen Westen“ hassen

nter dem Titel „Der Haß auf den Westen“ einstreichen. Ohne Zweifel gibt es neben die zugespitzte Lage auf dem Arbeitsmarkt Ubrachte der Schweizer Soziologe Jean gewinnorientierten Betrügern auch huma- zeigt Wirkung. Die Studentenproteste gegen Ziegler im vergangenen Jahr sein neue- nitäre Organisationen und Solidaritätsver- reduzierte Einstiegs- und Entwicklungs- stes Buch heraus, das unterdessen mit dem eine, die unablässig Spenden sammeln, um möglichkeiten, gegen Studiengebühren und internationalen „Literaturpreis für Men- hungernden und kranken Kindern in den Bildungsprivilegien widerspiegeln diese schenrechte“ ausgezeichnet wurde. Hier- ärmsten Ländern zu helfen, Wasserbohrun- Situation. In allen „westlichen“ Ländern bei handelt es sich zweifellos um eine sehr gen zu finanzieren, Hilfe zur Selbsthilfe zu stehen die Kapitalisten unter dem Zwang zu wichtige Veröffentlichung. Ich habe Zieglers leisten. Ich selbst erhalte ständig Appelle höherer Arbeitsproduktivität, was immer Buch mit innerer Erregung gelesen. Unwill- der verschiedensten Art. Dennoch reichen unmenschlichere Anforderungen an die kürlich mußte ich dabei an die Worte des solche Gesten oder Bemühungen, selbst „Mitarbeiter“ zur Folge hat. Von ihnen ver- Atom- und Quantenphysikers Prof. Hans- wenn sie ehrlich gemeint sind, bei weitem langt man die schnelle Beherrschung der Peter Dürr denken, der 2002 in einem Vor- nicht aus, die Armut wirksam einzudäm- neuesten Technologie, von Programmen im trag den Standpunkt vertreten hatte: „Die men. Jean Ziegler schreibt dazu: „Die west- Internet, Verhandlungsgeschick und Fremd- Menschheit ist nicht vorbereitet, um aus liche Weltordnung beruht auf struktureller sprachenkenntnisse. Ein gewaltiger Druck der Zukunft etwas zu machen. ... Es läuft Gewalt.“ Anhand akribischer Untersuchun- lastet auf den Menschen. alles total schief.“ Ziegler bekräftigte diese gen macht er deutlich, mit welcher Bru- In den entwickelten Industrieländern des Aussage mit seiner faktenreichen Argu- talität die Mehrzahl der Völker geknebelt Imperialismus geht es den Herrschenden mentation. wird. Daran beteiligen sich außer den Plün- darum, den technologischen Vorsprung zu „Wie sich die armen Völker gegen den wirt- derern aus dem „Westen“ natürlich auch behaupten, koste es, was es wolle, Kriege schaftlichen Weltkrieg wehren“, heißt es Oligarchen und die schmale Oberschicht eingeschlossen. Nicht zufällig nimmt die bei ihm im Untertitel. Zu Recht wird das der armen Länder. Sie treten nicht nur als BRD im Waffenexport weltweit bereits den gegenwärtige Produzieren und Verteilen Erfüllungsgehilfen der auswärtigen Profit- dritten Rang ein. An dieser Front sichern als „wirtschaftlicher Weltkrieg“ bezeich- jäger auf, sondern arbeiten natürlich auch sich die führenden Konzerne mit ihrer net, in dem die reichen Länder und großen in die eigene Tasche. Konzeption globalen Operierens enorme Konzerne ihren technologischen Vorsprung In der Tat findet ein wirtschaftlicher Welt- Extraprofite. Die Armeen der NATO-Staaten rücksichtslos nutzen, um die armen weiter krieg beispiellosen Ausmaßes statt. Der sorgen dafür, daß Rohstoffe beschafft und in Schach zu halten. Profit ist ein Gesetz „Frontverlauf“ ist den meisten Menschen Absatzmärkte erhalten werden. ohne Gnade, wies schon Karl Marx nach. allerdings nicht klar. Die Agenten und Kom- Der Widerpart des „westlichen“ Aggressi- Ziegler demonstriert, wohin das letztlich plizen des internationalen Kapitals werden onspaktes – der friedenssichernde War- führt: Zu „Konflikten und schwerwiegenden nicht nur von Geldgier getrieben, sondern schauer Vertrag – besteht seit 20 Jahren Problemen, obwohl dabei unter Umstän- auch durch lukrative Jobs angelockt und nicht mehr. Wogegen soll die NATO dem- den das Überleben der gesamten Mensch- ihren Auftraggebern verpflichtet. nach antreten? Geht es tatsächlich um Ter- heit auf dem Spiel steht“. In seinem Buch Vor 20 Jahren hat der Imperialismus einen roristen? Oder wirft man sich hier nicht stimmt nach meiner Überzeugung jeder großen Sieg errungen. Mit der Konterre- eher in die Toga eines Weltgendarmen? Die Satz. Es handelt sich um eine gründlich volution in den meisten sozialistischen arrogant von NATO und EU erhobenen For- recherchierte, faktenreiche Arbeit ohne Ländern – der zu zwei Kontinenten gehö- derungen nach „mehr Menschenrechten“ in jegliche Phraseologie. Eigentlich müßte renden UdSSR und den mit ihr verbun- China, Rußland, Iran und anderen Ländern allen einflußreichen Politikern der Welt denen Staaten Europas – wurde ein trotz sind pure Heuchelei. Man denke nur an Ser- ein solches Werk als Pflichtlektüre ver- seiner Defizite in moralischer, politischer bien, Irak und das Wüten der „westlichen“ ordnet werden. und sozialer Hinsicht historisch überlege- Soldateska in Afghanistan. Ich möchte hier lediglich einige Überlegun- nes Gesellschaftssystem „zurückgerollt“. All das schürt den „Haß auf den Westen“, gen vortragen, die mir selbst beim Lesen Es hatte jegliche Ausplünderung von Ent- von dem Ziegler spricht. Das Wissen um gekommen sind. wicklungsländern konsequent abgelehnt die Brutalität des Imperialismus kann die In den Zeiten der systembedingten Finanz- und ihnen statt dessen im Rahmen seiner Menschheit, die derzeit darauf nicht vor- und Wirtschaftskrise müßten die Macher zweifellos beschränkten Möglichkeiten eine bereitet ist, dazu führen, aus der Zukunft der Politik tiefe Scham darüber empfin- beachtliche Hilfe gewährt. Die schmerzliche etwas zu machen. den, daß Konzerne und Banken Milliar- Niederlage des Sozialismus in Europa war Dr. Werner Liebig den-Zuschüsse aus Steuermitteln erhalten, keine „einfache Implosion“, wie manchmal Unser Autor war stellvertretender RGW- damit sich ihre Bosse wieder zusätzliche behauptet wird. Hier hatten Medien und Sekretär für Maschinenbau. Bonuszahlungen genehmigen können, Geheimdienste des „Westens“ tüchtig nach- während mehr als eine Milliarde Men- geholfen. Der Kalte Krieg führte am Ende schen hungert und im größten Elend vege- dieser Etappe dazu, daß ein konterrevolu- tiert. Dabei ist die Tendenz der Verarmung tionärer Umschwung Erfolg hatte. Der Wolf trotz aller UNO-Beschlüsse, die Schall und Liest man Zieglers Buch mit all den furcht- hinterm Schalter der Wolf Rauch sind, weiter steigend. Zu den Emp- baren Schilderungen der kapitalistisch-feu- mit kreidiger Stimme fehlungen der Vereinten Nationen gehören dalen Ausbeutung im „Rest der Welt“, dann verrät mich im zwanzigsten Jahr „Vorgaben“ zur Reduzierung von Umwelt- begreift man besser, was Prof. Dürr mit sei- wie im ersten gefährdung, Armut, Hunger und Seuchen, nem Satz „Es läuft alles total schief“ eigent- an seine Interessen zur Versorgung der Menschen mit sauberem lich gemeint hat. Er betrifft die entwickelten Wasser, zur Schaffung besserer Bildungs- kapitalistischen Länder. In der BRD teilte die Pfote schmückt diamantenes Mehl möglichkeiten u. a. Fast alle wurden und das Fernsehen im Zusammenhang mit dem ach Mutter du sagtest werden nicht eingehalten. Ist das die Frei- Freitod eines bekannten Fußballers mit, daß trau nicht dem Tier heit, von der die Schwarz-Gelb-Rosa-Politi- über fünf Millionen Landesbewohner unter es handelt nach seinem Gesetz ker ständig reden, ohne rot zu werden? Die Depressionen leiden, wobei die Dunkelziffer Moral hat es nicht Situation verschärft sich besonders in den weit höher liegen dürfte. Zu den Hauptur- es will fressen Entwicklungsländern, während die Ver- sachen dafür gehören ständige Überforde- Christa Müller ursacher der Misere märchenhafte Profite rung, Versagensangst und Jobverlust. Auch RotFuchs / Juni 2010 Seite 13

Treuhänder als Totschläger Der Raub des DDR-Volksvermögens war ein Akt krimineller Gewalt

as Gesetz zur Privatisierung und Reor- bei der Gewährung am 2. Juni 1990 redu- meyer – seit 1922 hochverschuldete Firma Dganisation des volkseigenen Vermögens zierten Betrag ein verbrieftes Anteilsrecht vergab. Übrigens besaß die „große Ökonomin“ (Treuhandgesetz) vom 17. Juni 1990 ist als an volkseigenem Vermögen eingeräumt wer- nicht einmal einen Hochschulabschluß. Meßlatte an die Tätigkeit der dann vom Bun- den kann“. Die rechtswidrige Enteignung des Volkes desfinanzministerium eingesetzten Treu- Demnach bestand das Anliegen nicht darin, der DDR kannte buchstäblich keine Grenzen. hand anzulegen. Es wurde von der letzten das Volk der DDR zu enteignen, wie es dann Die finanziellen Zuwendungen, die volksei- Volkskammer, zu deren Zeiten die Verfas- durch die Treuhand geschah. Es wurden nicht gene Betriebe nach Recht und Gesetz Einrich- sung der DDR noch in Kraft war, beschlossen, nur Produktionseinheiten privatisiert, son- tungen wie Schulen und kulturellen Zentren obwohl seine Ausarbeitung verfassungswid- dern auch völlig gesetzeswidrig (gemäß Treu- gewährten, wurden unter Verdrehung der rig war. Es widerspricht auch dem Grund- handgesetz, Einigungsvertrag und Artikel Tatsachen über Nacht zu sogenannten Alt- gesetz der BRD, da eine Enteignung in Gang 134/135 Grundgesetz) „das volkseigene Ver- schulden erklärt. Man wandelte sie im Ver- gesetzt wurde, die besonders dessen Artikel mögen, das kommunalen Aufgaben und kom- hältnis 1 : 1 in DM um. Sie werden heute mit 14 untersagt. Dort heißt es nämlich: „Eine munalen Dienstleistungen dient“. Zinsen von 11 % pro Jahr durch die Deutsche Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemein- So wurden Wasserwerke, Stromversorger, Kreditbank AG – ein privates Geldinstitut – heit zulässig.“ Hier aber wurde auf dem Wohl Telefongesellschaften, der Kraftverkehr, eingetrieben. des Volkes der noch bestehenden DDR her- Hotels, Medien, Verlage und Kulturstätten, Die Treuhand maßte sich an, bei der Veräu- umgetrampelt. z. B. auch der Berliner Fernsehturm, pri- ßerung kommunaler Grundstücke in völlig Laut Gesetz sollte die Treuhand dafür sor- vatisiert. Der angeblich zur Kontrolle der illegitimer Weise auch das Baurecht gleich gen, die Wirtschaft des Landes wettbewerbs- Tätigkeit der Treuhand geschaffene Bun- mitzuverkaufen. Sie und ihre Nachfolge- fähiger zu machen. Und was geschah statt destagsunterausschuß ist niemals in Aktion organisationen BvS, BVVG und BIaM sind dessen? Massenhaft wurden Volkseigene getreten. Statt dessen hat sich sein Vorsit- dem Bundesfinanzministerium unterstellt. Betriebe (VEB) demontiert und zu einem zender Christian Neuling (CDU), der zugleich Ursprünglich wurden sie von Theo Waigels oftmals „symbolischen Preis“ von einer DM dem Aufsichtsrat der Treuhand angehörte, Staatssekretär Horst Köhler – dem heutigen „verkauft“ oder sogar zu einem Negativpreis selbst als Enteigner betätigt. Gemeinsam Bundespräsidenten – „kontrolliert“. Anders vergeben. Dem Staat bürdete man die Sanie- mit dem CDU-Landesgeschäftsführer Klaus- ausgedrückt: Man verzichtete auf jegliche rungskosten für Betriebe auf, die oft schon Herrmann Wienhold gründete er die Firma Kontrolle und ließ die Macher vor Ort wie in wenig später geschlossen wurden. In der Prä- AUBIS, welche massenhaft kommunale Woh- der Zentrale gewähren. ambel des Volkskammer-Gesetzes heißt es nungen und Grundstücke der DDR zu Spott- Würde Herr Schäuble endlich versuchen, den nebulös, aber in der Absicht erkennbar, „daß preisen an sich riß. Schleier über diesen kriminellen Operationen nach einer Bestandsaufnahme des volksei- Als im Sinne des Strafgesetzbuches kriminell nur ein wenig zu lüften, dann brauchte er sich genen Vermögens und seiner Ertragsfähig- sind auch die Handlungen der Treuhandche- über die „Schulden“ der BRD wohl keine Sor- keit sowie nach seiner vorrangigen Nutzung fin Birgit Breuel anzusehen, die u. a. den VEB gen mehr zu machen. Soll doch der „einzige für Strukturanpassung der Wirtschaft und Esda Strumpfwarenfabrik an eine bei der deutsche Rechtsstaat“ einmal zeigen, was er der Sanierung des Staatshaushalts den Spa- SMH (Schröder Münchmeyer Hengst) – der kann und was er wert ist. rern zu einem späteren Zeitpunkt für den früheren Bank ihres Vaters Alois Münch- Dr. Helga Helena Liebecke, Dresden Als Filmvorführer unterwegs Wie man die Zuschauer in bessere Zeiten zurückversetzen kann

enn ich im Auftrag des Vereins, bei dem Angst zu arbeiten und zu wohnen. Bei den Bürger auszulöschen vermochte. Genährt Wich arbeite, in Kindergärten und Schulen Filmen gehen sie richtig mit, lachen unbe- wird dieses Gefühl auch, wenn die geringe mit meiner „Kinotechnik“ unterwegs bin und schwert, erklären den Kindern Dinge, wel- Eintrittsgebühr, die mein Verein erheben muß, ausgewählte Filme zeige, erlebe ich oftmals che diese zwangsläufig weder kennen noch von Eltern, unter denen sich viele Arbeitslose die gleiche Reaktion von Erziehern und Leh- erfassen können. und Bezieher von Kleinsteinkommen befinden, rern. Sie können aus meinem Angebot Spiel-, Was passiert in diesen anderthalb Stunden nicht aufgebracht werden kann. In solchen Märchen- und Trickfilme wählen. Es handelt mit den Erziehern? Ganz einfach: Sie sind Fällen muß die schmale Klassenkasse oder die sich um Produktionen von den 60er Jahren wieder „zu Hause“ angekommen, dort, wo Altpapierbörse der Kindergärten solidarisch bis 2008. Die Entscheidung fällt überwiegend sich ein Staat namens DDR entwickelte, der einspringen. Nun könnten die Leser ja meinen, für Streifen der DEFA oder sowjetische Filme. sich ganz neue Ziele setzte, auch wenn am man sollte einfach weniger Eintrittsgeld erhe- Neuere Angebote werden kaum gewünscht Anfang kaum jemand bereits wußte, wie man ben. Darauf kann ich nur beunruhigend ant- und vom erzieherischen wie vom Unterhal- so fehlerlos wie möglich beginnen sollte. Ein worten: Auch uns hat man für diese wertvolle tungswert als nicht so positiv eingestuft. Staat, in dem es zweifellos so manche Defi- Kulturarbeit die Zuschüsse zusammengestri- Beim Zeigen der DEFA-Spielfilme, besonders zite gab, zumal man Neuland betrat und von chen. Die Tendenz weist weiter nach unten. jener aus den späten 70er und 80er Jahren, der ersten Stunde an mächtige Feinde hatte. Bisweilen setzen wir sogar eigenes Geld für kann ich regelrecht darauf warten, daß sich Nichtsdestotrotz: Die Menschen, denen ich Treibstoff oder Büromaterial zu, obwohl unser die inzwischen älter gewordenen Pädagogen „meine“ Filme vorführe, erinnern sich gern Gehalt mehr als bescheiden ist. Übrigens hat plötzlich in DDR-Zeiten zurückversetzt fühlen, an schwere und schöne Jahre. sich die „so schwache und marode“ DDR Kul- sich an längst vergessene Ausdrücke, Gesten Wenn das Licht wieder angeht, werden die tur immer etwas kosten lassen, während die und Umgangsformen erinnern, an die Herz- Zuschauer knallhart in die kalte Gegenwart reiche BRD ihre ohnehin knapp bemessenen lichkeit jener Tage – kurz und knapp: an das zurückgerissen. Dennoch freuen mich die Fördergelder in engen Grenzen hält. Marx hat Leben, wie es war. Das alles bricht dann aus Reaktion meines Publikums und die Tatsache, recht: Jeder Staat ist das Machtinstrument ihnen hervor. Ihnen wird schlagartig bewußt, daß die ewige Sauhatz der Medien gegen die der herrschenden Klasse. daß es die Möglichkeit gab, ohne existentielle DDR nicht alles im Gedächtnis ihrer früheren Andreas Lässig, Waldheim Seite 14 RotFuchs / Juni 2010

NDPD: Trennung der Spreu vom Weizen

uf dem skandalösen letzten Parteitag Ein Kern standhafter ehemaliger NDPD-Mit- Die anschließende Aussprache war von einer Ader NDPD im Januar/Februar 1990 glieder blieb bei kritischer Sicht auf manche solidarischen, kämpferischen Atmosphäre wurde ein Parteivorstand von selbster- Seiten der DDR-Geschichte dem antiimpe- gekennzeichnet. Die Rentenbesteuerung nannten „Erneuerern“ der Partei gewählt. rialistischen Gründungsanliegen ihrer Par- und die nach wie vor bestehende Rentenun- Die kaum begonnene „Erneuerung“ durch tei treu. Da die PDS die einzige ostdeutsche gerechtigkeit Ost-West standen ebenso zur diese politischen Scharlatane führte schon Interessenvertretung und alleinige Anti- Debatte wie die Aktivitäten der staatlich 45 Tage später zur Löschung der NDPD aus kriegspartei im Bundestag war, entschie- geduldeten Neonazis. dem Parteienregister der DDR. Verheerend den wir uns trotz gewisser Vorbehalte bei Enttäuschung wurde über die Medienpolitik war für die diesem politischen Kurs folgen- den Bundestagswahlen 1994, 1998 und 2002 der Linkspartei geäußert. Auf der Woge des den NDPD-„Erneuerer“ ihr Ergebnis bei der für deren Unterstützung. Mit ihren Wahlin- Erfolgs bei der Bundestagswahl und einigen Volkskammerwahl am 18. März 1990. Die itiativen und deren Echo in verschiedenen Landtagswahlen hätte man eine Offensive Partei kam bei ehemals 110 000 Mitglie- Publikationen sowie unseren inzwischen der „Linken“ in der Presse erwarten kön- dern lediglich auf 0,38 % der Stimmen mit schon traditionellen Jahrestreffen hinter- nen. Mit aktuellen Forderungen gegen den gerade einmal 44 000 Wählern. läßt die NDPD außer der Linkspartei nach drohenden weiteren Sozialabbau unter der Am 28. März 1990 trat die NDPD dann dem der Rückwende zum Kapitalismus als ein- schwarz-gelben Koalition wäre der Links- Bund Freier Demokraten – Die Liberalen zige DDR-Partei ihre Spuren in der politi- trend zu fördern gewesen. bei. Die meisten Mitglieder taten diesen schen Öffentlichkeit. Statt den Wahlsieg zu nutzen, wurden indes Schritt jedoch nicht, wurden Karteileichen Unser Jahrestreffen 2010 fand wie gewohnt Personalquerelen in der Parteiführung nicht oder traten aus. In der letzten NDPD-Par- in solidarischem Geist im Berliner Karl-Lieb- etwa in Hinterzimmern, sondern öffent- teiführung hatte es Kreaturen gegeben, die knecht-Haus statt. Als Gesprächspartnerin lich im ND ausgetragen. Wie können sich für Posten und ein Paar Silberlinge alles konnten wir Dr. Gesine Lötzsch, stellvertre- kluge Leute der Partei Die Linke gegenseitig verrieten, was an nationalem und demo- tende Vorsitzende der Bundestagsfraktion attackieren, wenn die vier Kriegs- und Ren- kratischem Gedankengut möglich war. Die und zu dieser Zeit designierte Parteivorsit- tenkürzungsparteien des Bundestages zur NDPD, eine Partei, die sich zum Sozialismus zende der Linkspartei, begrüßen. Sie erläu- gleichen Zeit immer noch 88,1 % der Stim- bekannte, endete mit dem Beitritt des Bun- terte den an diesem Tag veröffentlichten men einfahren? des Freier Demokraten – Die Liberalen zur Entwurf für ein Programm ihrer Partei, Dr. Gesine Lötzsch wurde mit herzlichem bundesdeutschen FDP in einer Partei des das die demokratische Vergesellschaftung Beifall verabschiedet, die Tagungsteilneh- Raubtierkapitalismus. Nur ein Restmitglie- strukturbestimmender Bereiche der Wirt- mer, die ihr Erfolg wünschten, hörten noch derbestand war jedoch zur Vorhutpartei des schaft vorsieht. In diesem Zusammenhang die Versicherung Hegels: „Der Maulwurf der Unternehmertums – der heutigen Möven- verwies sie auf die vom politischen Gegner Geschichte wühlt unentwegt weiter.“ pick-Spender-Partei des Herrn Westerwelle geschürte Angst der „kleinen Leute“ vor der – mitgelaufen. „Enteignung ihres Häuschens“. Erhard Lonscher, Berlin Merkels Garde der Mantelwender

m Vorfeld des 20. Jahrestages der Ein- Staatswissenschaftlers. Er nahm den Weg stellvertretender Leiter der Polytechni- Iverleibung der DDR durch die BRD betei- vom DBD-Kreissekretär in Greiz über den schen Oberschule Geismar einen „festen ligen sich an der Hexenjagd nicht nur die politischen Mitarbeiter im Parteivorstand Klassenstandpunkt“ ein. Auch er hatte Medien der Bourgeoisie und eingefleischte bis zum Vorsitzenden der Berliner DBD- angeblich den „Werbeversuchen der SED“ Politiker aus dem rechten Stall, sondern Bezirksorganisation. 1988 erhielt Jung- entgehen wollen. auch Wendehälse aller Kragenweiten. An hanns die Verdienstmedaille der DDR. Im November 1989 (!) dachte er in einem Mantelwendern herrscht in der BRD kein Ein anderer Charakterdarsteller glei- Artikel für die Zeitschrift „Unterricht Mangel. Dabei schwingt die „christliche“ cher Güte ist Sachsens Ministerpräsident und Erziehung“ öffentlich darüber nach, Kanzlerin Angela Merkel den Taktstock. Stanislaw Tillich. Der trat in eine andere wie man „unsere Schüler die Werte des Stellen wir einige ihrer „Getreuen“, die mit der SED verbündete Blockpartei – die Sozialismus als moralisch erstrebenswert gestern noch die ebenso „Getreuen“ ande- CDU – ein. Noch 1989 besuchte er einen erkennen lassen“ könne. Am 9. November rer waren, kurz vor: Lehrgang der erwähnten Babelsberger 1989, dem Tag der Öffnung der DDR-Staats- Über Jahre diente ein gewisser Ulrich Akademie, die als Kaderschmiede der DDR grenze in Berlin, bat er in einem Schreiben Junghanns als Wirtschaftsminister und galt. Er war dann Stellvertreter des Vor- an den Bezirksausschuß für Jugendweihe CDU-Landesvorsitzender in Brandenburg. sitzenden des Rates des Kreises Kamenz. dringend um die Formulierung „eines zen- Dieser Frontenwechsler erklärte am 3. Juli Nach heutiger Lesart trat Tillich der DDR- tralen Standpunktes“ zu dieser Thematik. 1989 als damaliger Berliner Bezirksvorsit- CDU bei, „um Ruhe vor der SED zu haben“. Nach dem Herbst 1989 übernahm Althaus zender der Demokratischen Bauernpartei Wenn er sich heute nur noch lückenhaft an die Schulamtsleitung in seinem Heimat- Deutschlands: „Was die Mauer betrifft, so seine Biographie, darunter Kontakte mit kreis. Die Jungen Pioniere; die FDJ und lassen wir uns nicht deren Schutzfunk- dem MfS, zu erinnern vermag und nach das Unterrichtsfach Staatsbürgerkunde tion ausreden – ganz einfach, weil wir den der berühmten Salamitaktik nur scheib- wurden nun durch ihn geächtet. Auch die Schutz spüren vor all dem, was hinter der chenweise an die Öffentlichkeit gelangte Durchführung der Jugendweihe in schu- Mauer an brauner Pest wuchert.“ So konnte Details zugibt, dann ist seine Scheinheilig- lischen Räumen untersagte jener Mann, man es im „Bauernecho“ nachlesen. keit ebenso präsent, wenn er Linke attac- welcher noch Wochen zuvor so leiden- Junghanns trat 1974 als 18jähriger in die kiert und das politische System der DDR schaftlich für sie geworben hatte. der SED eng verbundene Blockpartei DBD diffamiert. Der schmutzige Schaum der Konterrevolu- ein. Nach einer Tätigkeit beim Rat des Krei- Dieter Althaus (CDU) war früher Minister- tion ... Wie man sieht, sind die Karrieristen ses Greiz beendete er 1986 ein fünfjäh- präsident in Thüringen und ist heute ein der einen immer auch die Karrieristen der riges Fernstudium an der Akademie für Konzernmann. Auch er gehört zur Riege anderen. Merkel macht’s vor. Staats- und Rechtswissenschaft in Pots- derer, die unter Gedächtnisschwund lei- Generalmajor a. D. Klaus-Dieter Ölschläger, dam-Babelsberg mit dem Diplom eines den. Noch im August 1989 forderte er als Homberg RotFuchs / Juni 2010 Seite 15

Schwarze Zyniker Pseudochristliche Roßtäuscher operieren mit Zweckoptimismus

uf einem sogenannten kleinen Parteitag Parlamentarier waren politisch und juri- I. Weltkrieg sank die Industrieproduktion Ader CDU – der Tagung des Bundesaus- stisch überfordert. In etwa sechs Monaten in Deutschland auf 60 Prozent des Vor- schusses – entstand am 22. März ein sechs- mußten sie den Vertrag über die Schaf- kriegsstandes. 1945 blieben nur noch 40 einhalb Seiten umfassender Beschluß, der fung einer Währungs-, Wirtschafts- und Prozent übrig. Nach dem Anschluß der DDR die politischen Realitäten weithin ausblen- Sozialunion, den Zwei-plus-vier-Vertrag an die BRD sackte die Industrieproduktion det. Die „deutsche Einheit“ wird schöngere- und den sogenannten Einigungsvertrag im Osten auf 30 Prozent des DDR-Niveaus det, Scheinoptimismus zur Schau gestellt verabschieden. Hinzu kamen noch etwa 150 ab. Parolen wie die durch Kohl vorausge- und die CDU als volks- und fortschritts- Gesetze und rund 100 Beschlüsse. Selbst sagten „blühenden Landschaften“ und sein nahe Partei angepriesen. höchstqualifizierte und erfahrene Fach- Versprechen, niemanden werde es „schlech- Bemerkenswert ist vor allem, wie oft das leute hätten das nicht zu bewältigen ver- ter gehen“, haben sich als Schall und Rauch Wort Freiheit strapaziert wird. Es kommt mocht, wohl aber die „Laienspieltruppe“ erwiesen. gleich 15mal vor, meist in fragwürdiger der letzten „DDR“-Volkskammer. Bei all Die CDU schlägt in dem Papier zehn Maß- Beziehung zur gesellschaftlichen Wirk- dem wurde der Auftrag des BRD-Grund- nahmen vor, „um die deutsche Einheit wirt- lichkeit. Freiheit bedeutet das Recht, ohne gesetzes, im Zuge der Vereinigung beider schaftlich und gesellschaftspolitisch zu Zwang zwischen verschiedenen Möglich- deutscher Staaten eine neue, vom Volk zu vollenden“. Da ist z. B. von „Bürgerarbeit“ keiten wählen zu können. Das setzt voraus, bestätigende Verfassung zu erarbeiten, völ- zur Vollbeschäftigung die Rede – eine abso- sich frei für eine zu entscheiden. Damit lig ignoriert. lute Luftnummer. Die angestrebte „Auf- aber haben große Teile der BRD-Bevöl- Auch der Begriff Einigkeit gehört im CDU- arbeitung des SED-Unrechts“ wird als kerung enorme Probleme. Im CDU-Papier Papier zu den favorisierten Vokabeln. Seine vordringlich bezeichnet. Zunächst sollen sucht man vergeblich nach einem Hin- Verfasser freuen sich über Unterschiede die 2011 auslaufenden Überprüfungsvor- weis darauf, daß Bundesbürger die Frei- zwischen West und Ost. Diese seien Aus- schriften des „Stasi-Unterlagen-Gesetzes“ heit haben, arbeitslos zu sein, 1-Euro-Jobs druck von Freiheit, Kultur und Tradition. verlängert werden. Mit anderen Worten: anzunehmen, prekäre Beschäftigungsver- Ein unglaublicher Zynismus! Ungleiche Die Hexenjagd geht weiter. Auch die CDU hältnisse einzugehen, Opfer des Sozialab- Löhne, ungleiche Renten, schlechtere Ver- sollte zur Kenntnis nehmen, daß überhaupt baus zu sein, Kriege mitzufinanzieren oder gütung von Frauen bei gleicher Arbeit sind nur zwei Prozent der DDR-Bevölkerung so an ihnen teilzunehmen, immer häufiger nicht gerade ein Ruhmesblatt. Als solches oder so mit dem MfS zu tun hatten. auf Bildung und Kultur zu verzichten. Die wird auch angesehen, daß die von Schwer- Bei „Opferrenten“ will Merkels Partei Liste solcher „Freiheiten“ ließe sich belie- industrie mit Großkombinaten geprägte „Korrekturen“ vornehmen. Künftig sol- big verlängern. Wirtschaft der DDR in kürzester Frist zu len auch abgeurteilte Straftäter (Spione, 1990 steht angeblich für die „Vollendung einem ökonomischen Leichtgewicht umge- Terroristen, Menschenhändler u. a.) eine der Einheit Deutschlands in Freiheit“. Die wandelt wurde. Es handelte sich um die „Opferrente“ erhalten. Wie bisher will man Beweihräucherung der Rolle solcher CDU- fast durchgängige Deindustrialisierung des rabiaten Antikommunismus mit als „For- Leute wie Kohl und de Maizière soll von Ostens. Die Konsequenzen sind bekannt. schungsvorhaben zur Aufarbeitung des dem seinerzeitigen Geschehen ablenken 95 % des Volkseigentums gerieten in west- SED-Regimes“ getarnten Diffamierungs- und eine heile Welt mit Gewinn an Recht deutsche und ausländische Hände. Die aufträgen bedienen. und Demokratie vorgaukeln. Die Abgeord- Wirtschaftskraft der „neuen Länder“ habe Schließlich widmet sich der CDU-Beschluß netenmehrheit der „ersten freigewählten angeblich 71 % des Westniveaus erreicht, dem Umgang mit „deutschen Heimatver- Volkskammer“ bestand aus Erfüllungsge- wird von der CDU behauptet. Die Tatsa- triebenen“. Die berüchtigte „Stiftung Flucht, hilfen der Bonner Annexionspolitiker. Die chen sagen etwas anderes aus: Nach dem Vertreibung, Versöhnung“ soll noch kräf- tiger unterstützt werden. Man nimmt eine Schuldverschiebung nach Osten vor, wobei etwa 16 Millionen tatsächlich vertriebene Polen, Ukrainer u. a., die von den deutschen Faschisten während des II. Weltkrieges aus Klerikale Finsterlinge ihrer Heimat verjagt wurden, unberück- sichtigt bleiben. Tatsache ist auch, daß von

geistig: Foto von Ramon Leo den etwa 15 Millionen seinerzeit betrof- im scheiterhaufengrellen fenen Deutschen etwa zwei Drittel durch Dunkel des Mittelalters anno Galilei NS-Gau- und -Kreisleiter, SS- und Wehr- Mißbrauch des Wortes Wissenschaft machtseinheiten zur Flucht gezwungen wurden, nicht aber von Polen oder Tsche- chen. politisch: „Heimatvertriebene“ und deren Forde- als CDU rungskatalog unterstützende Parteien (teilweise Nachfolgepartei des Zentrums wie die CDU sollten lieber darüber nach- stimmte ’33 denken, daß jene, welche 1945 nach dem himmelsblind für Diktaturgesetz) von Deutschen entfesselten blutigsten aller häufig Mißbrauch des Begriffs Demokratie Kriege bedingungslos kapitulieren mußten, 65 Jahre später keine Ansprüche auf Revi- moralisch: In Deutschland stehen Kröten sion der Geschichte zu stellen haben. Zwei klostermauerschwerer Zeit-Druck unter besonderem Schutz Jahrzehnte nach dem Anschluß der DDR an die BRD – der denkbar schlechtesten Vari- gleich ob 10. oder 21. Jahrhundert ante einer deutschen „Wiedervereinigung“ oft Mißbrauch von Knaben – wäre der CDU zu empfehlen, lieber eine Jürgen Riedel, Minden politische Bankrotterklärung abzugeben als weiter Optimismus vorzutäuschen. Oberst a. D. Karl Rehbaum, Bernau Seite 16 RotFuchs / Juni 2010

Bürgerrechtler oder Konterrevolutionäre? Wie aus „Freiheits“-Aposteln fanatische Inquisitoren wurden

ahrzehnte nach dem Untergang der DDR durchaus am Herzen lag und die eine DDR-Bürger in Mißkredit zu bringen und JDDR werden auch von manchen Lin- Rückkehr zur kapitalistischen Vergangen- Unfrieden unter ihnen zu stiften. Seither ken die Akteure des Herbstes 1989 nach heit kategorisch ablehnten, ändert nichts bilden die Gaucks und die Birthlers die wie vor unterschiedslos als Bürgerrechtler daran, daß gerade auch jene unter falscher Speerspitze einer finsteren Doktrin zur bezeichnet. Damit stellen sie sich objektiv Flagge gesammelt und für staatsfeindli- Diffamierung von Mitarbeitern des MfS nicht nur auf die Position der bourgeoisen che Handlungen mobilisiert werden soll- und Funktionären der SED, zur reaktio- Geschichtsschreibung, sondern kommen ten, was auch geschah. nären Disziplinierung Andersdenkender auch jenen entgegen, die behaupten, aus dem linken Spektrum. in der DDR habe es keine oder nur Die „Stasi“-Jäger sind die fanatisch- sehr eingeschränkte Bürgerrechte sten Verfechter einer an den Ras- gegeben, was den konterrevolutionä- senwahn in den USA-Südstaaten ren Umsturz legitimiert hätte. und Südafrikas einstige Apartheid Tatsächliche Bürgerrechtler sind erinnernden Ausgrenzung offiziel- in der Regel keine Umstürzler. Sie ler und inoffizieller Mitarbeiter des akzeptieren die bestehende Ord- MfS. Ihnen wurde de facto das pas- nung, deren Verfassung und das sive Wahlrecht entzogen und ganz jeweils geltende Recht. Ihr Anlie- offiziell der Zugang zum öffentlichen gen ist es, dieses unterschiedslos Dienst verwehrt. Die „Bürgerrecht- für alle durchzusetzen. Man denke ler“ verweigern ihnen trotz Quali- nur an die legendäre Bürgerrechts- fikation und Eignung elementarste bewegung unter Martin Luther King. Bürgerrechte. Heute läßt sich die Sie kämpfte für die Gleichberech- Doppelzüngigkeit der Wortführer tigung der Afroamerikaner und von einst vor allem an ihrem Ver- anderer „Farbiger“, nicht aber für halten gegenüber der BRD-Innen- eine Ausgrenzung der Weißen. Bei und -Außenpolitik messen. Traten ihrem mutigen Aufbegehren stellte die Bürgerrechtler früher als Pazi- sie die USA-Gesellschaft keineswegs fisten gegen die DDR-Landesvertei- in Frage. digung auf, so stellten sich viele von Die bekanntesten Vertreter jener ihnen später bedingungslos auf die Gruppierungen in der DDR-Endphase, Seite der NATO-Aggressionen – von die sich später im „Bündnis ’90“ ver- Jugoslawien bis Afghanistan. Jene, sammelten, waren in diesem Sinne welche in der DDR für Transparenz keine Bürgerrechtler. Den „harten im Sinne von Gorbatschows Glasnost Kern“ der „Herbstrevolutionäre“ – einzutreten vorgaben, stehen heute es handelte sich um etwa 60 Perso- in den Reihen der rabiatesten Ver- nen – prägten Sendungsbewußtsein, dunkler, wenn es um die Tätigkeit Geltungsdrang und politische Pro- Karikatur von Louis Rauwolf westlicher Geheimdienste geht. filierungssucht. Es waren klein- In den Landtagen Thüringens und bürgerliche Gegner des Sozialismus, von Der besonders destruktive Charakter des Brandenburgs heißt ihr Lieblingsthema denen viele ungeachtet verschwommener Auftretens der vermeintlichen Bürger- „Stasi“. Um so unverständlicher ist es, und illusionärer Vorstellungen de facto rechtler drückte sich auch darin aus, daß daß die Fraktion der Partei Die Linke bei auf den Sturz der verfassungsmäßigen sie nach Zubilligung der von ihnen gefor- der Einsetzung einer brandenburgischen Ordnung der DDR und ihrer Institutionen derten „Meinungs-, Versammlungs-, Reise- „Landesbeauftragten für die Aufarbeitung hinarbeiteten. Im Vergleich mit wirkli- und Pressefreiheit“ sofort die Staatsmacht der Folgen der kommunistischen Diktatur“ chen Bürgerrechtlern hatten sie auch nie und deren sicherheitspolitischen Eckpfei- keinerlei Widerspruch, Ablehnung oder etwas Besonderes für ihr Land getan, des- ler – das MfS – bei eindeutiger Fremdregie zumindest Enthaltung erkennen ließ. Was sen „Demokratisierung“ sie jetzt lautstark mit teilweise terroristischen Methoden von der früheren „Bürgerrechtlerin“ Ulrike verlangten. Etliche unter ihnen gehör- angriffen. Eine Reihe von Mitarbeitern des Poppe, die für ihr Wühlen gegen die DDR ten seit Jahren zu jenen, welche die DDR MfS wurde in den Freitod getrieben. Die 1995 das Bundesverdienstkreuz erhielt, in systematisch zu destabilisieren suchten. Besetzung, Verwüstung und Plünderung diesem Amt zu erwarten ist, dürfte sich Einige waren dafür durch die Justiz zur des Ministeriums für Staatssicherheit war schon bald noch deutlicher abzeichnen. Verantwortung gezogen worden. der sichtbare Kulminationspunkt. All das Dr. Bernhard Majorow An all dem ändert auch die Übernahme hat wohl mit Bürgerrechten nichts zu tun, populärer Losungen und ein nebulöses sondern erinnert eher an ein Pogrom. Bekenntnis zu einer „besseren DDR“ nichts. Der Abnutzungseffekt solchen Handelns Wir trauern um die am 28. März Heute geben die führenden Selbstdarstel- lag auf der Hand. Am 18. März 1990 erhiel- verstorbene profilierte Journali- ler von damals ihre wahren Ziele unum- ten die sogenannten Bürgerrechtler bei den stin, ideenreiche Schriftstellerin wunden bekannt. Zu DDR-Zeiten hatten „ersten freien Wahlen“ die Quittung: Auf und standhafte Sozialistin sie gelernt, daß eine Bewegung, die poli- sie entfielen nur 2,9 % der Stimmen. Auch Gisela Karau tisch erfolgreich sein will, stets in der die Erfolge dieser „Vorkämpfer“ bei den Sprache des zu stürzenden Systems und Wahlen zu den ostdeutschen Landtagen Auch in schweren und stürmischen unter entsprechenden Slogans auftreten hielten sich in Grenzen. Obwohl sie keine Zeiten ist sie ihren Grundüber- muß. Ein offenes Bekenntnis zum Kapita- Regierungspartei verkörperten und von zeugungen treu geblieben. Unser lismus oder gar zu Bonn hätte ihnen kaum der Mehrheit ihrer Landsleute im Osten Mitgefühl gehört den nächsten den zeitweiligen Massenanhang beschert. abgelehnt wurden, lieferte ihnen die BRD- Angehörigen Hans-Jürgen Dörry Daß sie dabei auch viele Menschen um Regierung überall innenpolitisch sensible und Vera Sandberg. sich zu scharen vermochten, denen die Inquisitionsbehörden aus, um ehemalige RotFuchs / Juni 2010 Seite 17

Euros nach Athen tragen? Wie eifrige „Staatsfinanzierer“ den Griechen die Füße wegschlugen

ie 2002 begonnene Einführung des „System“ war bisher so angelegt, daß sich Euro. 90 Mrd. werden allein für Zinszah- DEuro in nunmehr 16 Staaten der Euro- Konzerne und Betuchte ihrer Steuerpflicht lungen fällig. Griechenlands maßgebliche päischen Union hatte in Wirklichkeit nie mehr oder weniger problemlos entziehen Politiker folgten mit ihren Beschlüssen zur etwas mit Freiheit oder freiem Reiseverkehr konnten. Sanierung der Staatsfinanzen den bei gezo- zu tun. Es ging immer nur um den unkon- Die „Vorschläge“ der Europäischen Zentral- genem Messer erteilten „Ratschlägen“ der trollierten Kapitalverkehr, den ungehemm- bank (EZB) und des Internationalen Wäh- Europäischen Zentralbank (EZB) und des ten Zugriff auf fremde Ressourcen und den rungsfonds (IWF) – ein Damoklesschwert IWF. Die Lösung des Staatsverschuldungs- Abbau nationaler Sicherungssysteme in – sind in der jetzigen Situation kaum ver- problems wird hundertprozentig auf die den internationalen Wirtschaftsbeziehun- wunderlich. Wir haben es mit „Empfeh- Arbeitenden abgewälzt. Das Einkommen gen sowie im Rahmen der EU. Mit anderen lungen“ zu tun, die seit eh und je jedem der Masse sinkt bei gleichzeitigem Stei- Worten: Es ging um Profite für Konzerne kleinen, ausgeplünderten Entwicklungs- gen der Preise. Es bleibt abzuwarten, ob und Banken. land zur Sanierung seiner Staatsfinanzen das griechische Volk die neuen Belastun- Dabei gaben die „führenden“ europäischen erteilt werden. Man kann sie folgenderma- gen hinnehmen wird. Machtvolle Kampf- Länder BRD und Frankreich den Ton an. ßen zusammenfassen: Der Mann auf der aktionen, darunter Generalstreiks, deuten Daß Griechenland, Spanien, Portugal und Straße hat für das wirtschaftliche Versa- eher das Gegenteil an. Italien überhaupt Mitglieder der Eurozone gen des Staates und des gesellschaftlichen Eine dauerhafte und wirkliche Lösung der werden konnten, war bereits zum Einfüh- Systems aufzukommen. Finanzprobleme Athens liegt fernab der rungszeitpunkt nur gefälschten Angaben Zum Katalog der „vorgeschlagenen“ Maß- Empfehlungen und Forderungen von EZB über Staatsverschuldung und andere Kenn- nahmen gehören die Verringerung der und IWF. Das Land müßte sich aus der wirt- ziffern wie die Inflationsrate dieser Län- Sozialausgaben, die Erhöhung der Mehr- schaftspolitischen Bevormundung lösen, der zu verdanken. wertsteuer und die Vorverlegung des Ren- die Souveränität über seine Währungs- und Die Einführung der Gemeinschaftswäh- teneintrittsalters. Allein die Anhebung der Finanzbeziehungen sowie die wirtschaft- rung bewirkte im Falle der wirtschaftlich Mehrwertsteuer auf 23 Prozent wirkt sich liche Entwicklung zurückgewinnen. Das schwächeren Partner den Verlust nationa- für die Mehrheit der Griechen katastro- aber setzte voraus, daß die bestehenden ler Entscheidungshoheit über die eigenen phal aus. Macht- und Eigentumsverhältnisse geän- Wirtschafts-, Finanz- und Währungsbe- Ferner soll gespart werden, indem Staats- dert, daß Schlüsselbereiche der Wirtschaft ziehungen. betriebe wie die Eisenbahn privatisiert durch den Staat übernommen oder durch Seit mehr als 12 Jahren spürt Griechenland und die Märkte stärker geöffnet werden. ihn streng kontrolliert werden. Zur Kasse die zunehmende ökonomische Ausplün- Weitere „Vorschläge“ der EU zielen auf eine sind jene Banken und Konzerne zu bitten, derung. Es stand vor dem Staatsbankrott, umfassende Absenkung der Lohnkosten. welche seit Jahrzehnten die Verantwor- weil seine korrupte, mit internationalen An der griechischen Staatsverschuldung tung für den Ausverkauf der griechischen Konzernen liierte Führungsschicht eine haben europäische, aber auch US-Großban- Wirtschaft tragen. enorme Staatsverschuldung von 300 Mrd. ken seit vielen Jahren gut verdient. Man Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin Euro anhäufte. Das kann auch daran bezeichnet sie als „Staatsfinanzierer“. Sie festgemacht werden, daß wenige „Fami- befürchten nun, daß – ähnlich wie in Argen- lien“ seit vielen Jahren abwechselnd die tinien nach 2001 – die Gewinne bei einem Am 10. Juni 1942 fiel das böhmische Regierungschefs stellen. Das „Zweipar- Staatsbankrott nicht mehr fließen oder die Lidice einem Massaker deutscher teiensystem“ ND – PASOK funktioniert im Staatsanleihen gar entwertet werden. Faschisten zum Opfer. 450 Einwohner Mutterland der Demokratie perfekt. Den Großspekulanten wie Hedgefonds, hinter wurden ermordet. Reichen unter den rund 11,3 Millionen denen sich ebenfalls Banken verbergen, set- Einwohnern geht es immer besser, wäh- zen Griechenland, aber zugleich auch die Antifaschisten vieler Länder gestalteten rend sich die Lebenslage der Arbeiten- Gemeinschaftswährung der EU zusätzlich den Rosengarten in Lidice als Symbol den unablässig verschlechtert. 2008 lag unter Druck. des Gedenkens und des Widerstandes. die Erwerbslosenquote noch bei 11,3 Pro- Die neue 10jährige Staatsanleihe in Höhe zent. Sie schnellte in diesem Jahr auf über von 14 Mrd. Euro, die Hellas Anfang März Am 12. Juni um 9.45 Uhr erinnern 14 Prozent empor. Mit dem Antritt der neuen auflegte, hat eine Verzinsung von 6,25 Pro- das Kreiskomitee Chomutov der PASOK-Regierung stieg das Haushaltsde- zent. Das sind ca. 3 % mehr als üblich. Kommunistischen Partei Böhmens fizit von 3,7 auf 12,7 Prozent des Brutto- Der letzte Stand der Dinge ist folgender: und Mährens (KSČM) und die inlandsprodukts (BIP) für 2009 an. Die Athen erhält bis 2012 „Notfallkredite“ in RF-Regionalgruppe Chemnitz- EU-Stabilitätskriterien erlauben jedoch Höhe von maximal 110 Mrd. Euro. Im ersten Zwickau-Plauen am Ehrenmal lediglich 3 Prozent. Jahr werden die Länder der Euro-Zone bila- in Lidice an das Geschehen von Seit 2007 wuchsen die öffentlichen Ausga- terale „Hilfen“ im Volumen von bis zu 30 einst und rufen zum gemeinsamen ben von 42,9 auf 52 Prozent (2009) des BIP. Mrd. Euro bereitstellen. Auf die BRD ent- Kampf auf. Das sind etwa 22 Milliarden Euro mehr als fallen 2010 rund 8,4 Mrd. 15 Milliarden vor zwei Jahren. kommen vom Internationalen Währungs- Während der sechsjährigen Regierungs- fonds (IWF). zeit des Konservativen Karamanlis von der Deutschlands Gesamtbeitrag zur „Grie- Unser griechischer Freund und Neuen Demokratie (ND) soll der Staatsap- chenland-Hilfe“ wird bis 2012 insgesamt Genosse parat um 80 000 Personen aufgebläht wor- 22,4 Mrd. Euro betragen. Ausreicher der den sein. Fast jeder vierte Grieche arbeitet „Griechenland-Hilfe“ ist die staatliche Kre- Kyriakos Polychronides danach im öffentlichen Dienst. Das ist aber ditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die geboren 1931, lebt nicht mehr. Er war nicht einmal die halbe Wahrheit. Hinzu ihrerseits das Geld bei privaten Banken von Beginn an mit dem „RotFuchs“ kommt nämlich die Mißwirtschaft in staat- leiht. Deren Risiko ist gleich Null. Bei einem auf das engste verbunden. Wir lichen Bereichen und Unternehmen. Staatsbankrott Griechenlands haftet der Das Ungleichgewicht von Einnahmen und deutsche Steuerzahler. Wie „Spiegel-online“ sprechen seiner Familie und der KKE Ausgaben des griechischen Staates hat berichtete, beläuft sich Athens vermutli- unser tiefempfundenes Beileid aus. eine sehr spezifische Ursache: Das ganze cher Finanzbedarf bis 2015 auf ca. 230 Mrd. Seite 18 RotFuchs / Juni 2010

Streiflichter aus Litauen Über „Freiheitsfahnen“, Rostlauben und politischen Schrott

s ist doch erstaunlich, wie Gorbatschow von der „neuen Ordnung“ erwarteten. Auf So erhält die EU ihre Karren nach einem Eund seine Komplizen in der Führung unsere Fragen nach den realen Möglichkei- Wandlungsprozeß wieder zurück. Auch der KPdSU binnen kurzer Zeit den Unter- ten zur Erfüllung dieser hochgesteckten das ist Globalisierung!. gang einer Weltmacht voranzutreiben Wünsche bekamen wir zur Antwort: „Wir Doch greifen wir den Ausgangspunkt unse- vermochten. Der Erfinder von „Glasnost“ werden Schweine an die EU liefern.“ So ein- rer Betrachtung – die Menschenkette gegen und „Perestrojka“ – inzwischen ein viel- fach stellten sich auch viele andere Litauer den „Hitler-Stalin-Pakt“ – noch einmal auf. facher Millionär – wird von den meisten den „Wechsel“ vor. Nur die Älteren blickten Er wurde in den baltischen Sowjetrepu- einfachen Russen heute verachtet und nachdenklich drein. Unser Hinweis, daß es bliken für jene Kampagne mißbraucht, die gehaßt. Seine in Wahrheit irreführenden in der EU, zu der die litauischen Nationa- letztlich zur Auslöschung aller positiven und inhaltsarmen Parolen klangen Ergebnisse der seit 1945 im Verbund zunächst vielversprechend und fuhren mit den anderen Völkern der UdSSR der westlichen Politreklame ordent- geleisteten großen Arbeit geführt liche Gewinne ein. Gorbatschow hat. Gorbatschow war als General- eroberte mit ihnen anfangs die Her- sekretär der KPdSU weder willens zen nichts Böses ahnender Bürger noch imstande, sich dieser histori- in Ost und West. Genauso verhielt schen Niederlage entgegenzustemmen. es sich zunächst mit Barack Obama Der Kampf gegen das „Wässerchen“ und dessen Schlagworten „Change“ erschien ihm wohl wichtiger. (Wechsel) und „Yes, we can“ (Ja, wir Zum „Pakt“ ist schon viel und sehr können). Die Politiker des Imperialis- Unterschiedliches geschrieben wor- mus und deren Meinungsmacherzen- den. Nach meiner Ansicht war er ein tralen schlossen beide Spezialisten Meisterstück sowjetischer Diplo- für Roßtäuschung in ihr Herz. Die matie, wenn man die damals ablau- Katastrophe von Tschernobyl, mit fenden weltpolitischen Vorgänge im der Gorbatschow selbst nichts zu Zusammenhang mit den Aggressi- tun hatte, trug dazu bei, ihm schon onsvorbereitungen des deutschen bald das Genick zu brechen. Das als Baltische Faschisten: Aufmarsch von Angehörigen Faschismus betrachtet. Nachdem Prelude. der lettischen Waffen-SS in Riga, März 2009 durch die Verschleppungstaktik der Mit meiner Frau fuhr ich im August mit Moskau verhandelnden West- 1989 zu einem privaten Besuch bei Freun- listen in der Endphase des Bestehens der mächte klar wurde, daß man Hitler den den nach Vilnius, das damals noch die UdSSR drängten, schon riesige „Milchseen“ Weg nach Osten freigeben wollte, konnte Hauptstadt der Litauischen Sowjetrepublik und „Butterberge“ gebe, so daß es wahr- die Sowjetunion durch den Nichtangriffs- war. Schon am Bahnhof wurden wir über scheinlich mit den „Schweinen“ nicht viel vertrag Zeit gewinnen, wenn auch nur von die Menschenkette informiert, die sich an werden dürfte, prallte an jugendlicher kurzer Dauer. Daß im Zusammenhang mit diesem Tag – dem 23. 8. – aus Protest gegen Begeisterung für „etwas Neues“ chancen- der 1939 erfolgten sowjetischen Ausdeh- den 50 Jahre zuvor geschlossenen „Hitler- los ab. Yes, we can – allerdings auf litau- nung nach Westen nicht immer mit Samt- Stalin-Pakt“ von der estnischen Ostgrenze isch – beendete den Disput. handschuhen vorgegangen wurde, steht über ganz Lettland bis an die litauische Hinzufügen möchte ich an dieser Stelle, auf einem ganz anderen Blatt. Westgrenze formiert hatte. Ein ganz gewiß daß wir seitdem mehrere Male in der bal- Die Tatsache, daß dieser Pakt ein halbes nicht im Selbstlauf zustande gekomme- tischen Republik gewesen sind, von „blü- Jahrhundert nach seiner Unterzeichnung nes Meisterwerk der Logistik, wenn man henden Landschaften“ aber ebensowenig noch immer ein antisowjetisches Haßpo- berücksichtigt, wie „brutal doch in die- zu entdecken vermochten wie daheim. Ein tential zu entfesseln vermag, zeigt uns, sem Völkergefängnis“ – nach westlicher Freund schrieb uns aus Litauen, daß es wie sich die Medien des Imperialismus Lesart – von den sowjetischen Organen jetzt 14 % Arbeitslose gebe. Wörtlich fügte bei geschickter psychologischer Führung gegen jede Form nationalen Aufbegehrens er hinzu: „Die Pensionäre bekommen ein einsetzen lassen. Im Ergebnis der Gor- eingeschritten wurde. um 10 bis 20 % gekürztes Gnadengehalt.“ batschow-Ära und im Gefolge von „Glas- Wir bemerkten davon nichts und hatten Besonders auffällig ist heute, daß es in nost“ und „Perestrojka“ wurden die Völker auch bei früheren Besuchen derartiges Vilnius und den anderen größeren Städten im ost- und mitteleuropäischen Raum, die nicht wahrgenommen. Allerdings ver- Litauens riesige Flächen gibt, auf denen Kurs auf den Sozialismus genommen hat- brachten wir unsere Zeit nicht in Luxusho- ungezählte schrottreife Rostlauben aus ten, um eine ganze Gesellschaftsformation tels für überwiegend westliche Besucher, ganz Europa stehen. Sie warten vergeblich zurückgeworfen. sondern lebten stets inmitten befreundeter auf Käufer. Ständig kommen weitere Altau- Dr. agr. Günther Freudenberg, Bernburg Familien oder in betrieblichen Einrichtun- tos hinzu. Interessenten an Ort und Stelle gen. Außerdem fuhren wir überall dorthin, gibt es schon lange nicht mehr – der Bedarf wo es Interessantes zu besichtigen gab. So ist allemal gedeckt. Häufig wurde „Omas kamen wir mit vielen Menschen, denen wir kleines Häuschen“ verscherbelt, damit dort begegneten, ins Gespräch. sich der Enkel einen „Westwagen“ leisten Am 19. Juni um 10 Uhr spricht Oberst In den Tagen nach unserer Ankunft fanden konnte. Auf meine Frage, was nun mit die- a. D. Bernd Fischer auf einer Ver- im Kreis unserer Freunde heftige Debat- sen „Lauben“ geschehe, erfuhr ich, sie wür- anstaltung der RF-Regionalgruppe ten statt. Etliche junge Leute waren der den an Kunden in Kasachstan gehen und Erfurt-Weimar im „Offenen Jugendbüro antisowjetischen Agitation auf den Leim dorthin per Eisenbahn verfrachtet. Dann Filler“, Schillerstraße 44, in Erfurt gegangen. Radio Free Europe und Radio laufen sie vermutlich noch ein oder zwei (PKW-Anfahrt über Löberwallgraben). Liberty trugen das Ihre dazu bei, gossen Jahre, um anschließend als Schrott in die Sein Thema Öl ins Feuer. Besonders zwei junge Frauen VR China verkauft zu werden. Nach dem schwenkten in ihren Wortgefechten mit Einschmelzen dürften sie – wie Phönix aus Die Situation im Nahen uns die litauische Freiheitsfahne und prie- der Asche – in Autogestalt wieder auftau- und Mittleren Osten sen die vermeintlichen Vorzüge, welche sie chen. Die Neuwagen gehen nach Europa. RotFuchs / Juni 2010 Seite 19

Privatisierung des Krieges Blackwaters Irak-Einsatz war nur die Spitze eines Eisbergs

uf den Kriegsschauplätzen und in den Terroristen handelt, wird man weder an der und tieferes Eindringen in die Sozial- und AKrisengebieten dieser Welt begegnet Kleidung noch am Reisepaß feststellen kön- Infrastrukturen der Konfliktgebiete. Getö- man immer mehr Privatsoldaten. Für wen nen. Alle Altersstufen sind vertreten, nahezu tete Dienstleister haben überdies den Vor- sie kämpfen, wer sie bezahlt, wer sie dorthin alle sozialen Schichten, Analphabeten und teil, daß sie in keiner Statistik auftauchen. geschickt hat, ist selten klar. Universitätsabsolventen. Sie agieren als mili- Sie hat es nie gegeben. Ob und wem gegenüber sie verantwortlich tärisch gut ausgebildete Angestellte von pri- Sanho Tree vom Washingtoner Institute for sind, weiß niemand so recht zu sagen. Und vaten Militärfirmen. Policy Studies erklärte 2004: „Einer der fru- auch woher sie ihr auf dem neuesten tech- Nicht nur das soldatische Handwerk ist strierenden Punkte bei der Recherche über nologischen Stand befindliches Kriegsge- gefragt. Smarte Manager sind ebenso gesucht private Militärunternehmen ist folgender: Sie rät – Panzer, Kampfhubschrauber, Granaten, wie gewiefte Waffenhändler, auf Kriegsgerät erfüllen staatliche Funktionen, bekommen Raketen – bezogen haben, will keiner eindeu- spezialisierte Ingenieure, Computerfachleute Geld der US-Steuerzahler, betreiben Flug- tig beantworten. oder Übersetzer, erfahrene Piloten und Leute, zeuge, die der US-Regierung gehören, nut- Früher nannte man sie Söldner. Heute sind die etwas von Logistik oder Satellitenüber- zen die US-Luftwaffenbasen – sie tun alles, sie Angestellte von Firmen, die Phantasie- tragung verstehen. was sie tun, im Namen des amerikanischen namen wie Blue Sky, Genric, Logicon oder Es dominiert die Jobmentalität. Das Kriegs- Volkes, aber wenn man Informationen von Pistris tragen. Bekannt geworden ist Black- handwerk und alle mit bewaffneten Kon- ihnen möchte, dann sagen sie: ,Oh nein, wir water in Irak. flikten zusammenhängenden Tätigkeiten sind ein privates Unternehmen, wir müssen Die Söldnerbranche hat sich nach dem Ende sind zu normalen Dienstleistungen gewor- nicht mit Ihnen reden.’ “ des Ost-West-Konfliks zu einer globalen Indu- den. Was für den Auftraggeber zählt, sind Unlängst bekannten Offizielle aus dem Pen- strie von Militärdienstleistern entwickelt. die professionelle Ausführung und der Erfolg; tagon: „Wir sind heute ohne die privaten Mili- Erstmals tauchten sie bei der Zerschlagung was den Ausführenden interessiert, ist die tärfirmen nicht mehr in der Lage, einen Krieg Jugoslawiens auf. In seinem Buch „Die Kriegs- Bezahlung. zu führen.“ Die „Dienstleister“ kämpfen im AGs“ schreibt Peter W. Singer über den Angriff Um gleichzeitig die Lohnkosten zu senken, Afghanistan-Krieg als verdeckte paramili- der Kroaten mit ihrer „Operation Sturm“ 1995, rekrutieren die privaten Militärfirmen den tärische Einheiten gegen die Taliban und der die Serben völlig überraschend in die größten Teil des Personals oft am Ort ihrer steuern „Global Hawks“, die neuesten Über- Defensive drängte. Die zusammengewür- Einsatzgebiete. Das Verhältnis zwischen wachungsflugzeuge. Im letzten Jahr wurden felte kroatische Miliz war durch eine pri- hochspezialisierter Fachkraft, zum Beispiel sie zunehmend nach Pakistan eingeschleust vate amerikanische Firma (Sitz in Virginia) dem ehemaligen Feldwebel einer Spezialein- und gehören dort zu den Kräften, die das Land ganz plötzlich in eine Armee westlichen Stils heit in westlichen Armeen, und einheimi- destabilisieren. verwandelt worden. Die bosnischen Mos- schen Sicherheitskräften beträgt nicht selten Die BRD nimmt private Firmen bisher vor lems wollten von der gleichen Firma unter- 1 : 20 oder mehr. Da viele Ex-Soldaten oder allem für die Logistik (Aufbau von Feldla- stützt werden. -Polizisten in den Ländern der Dritten Welt gern, Wasserversorgung) in Anspruch, aber Die Privatsoldaten gehören in der Mehrzahl zu arbeitslos sind, fällt es den Militärfirmen auch für Lufttransport und Aufklärung. keiner nationalen Streitmacht. Ob es sich um nicht schwer, billiges Personal zu finden. Das Das kann sich bei mehr Auslandseinsätzen einen kroatischen, pakistanischen, kolumbia- hat zwar Mängel in der militärischen Qualität, schnell ändern. Tote Privatsoldaten werden nischen, irischen oder ukrainischen Kämpfer, die aber ausgeglichen werden durch die Ver- nirgendwo registriert. Auch sie hat es nie um einen Angehörigen einer regulären Armee, trautheit mit der Sprache und den heimischen gegeben. einen Söldner, einen Rebellen oder um einen Gewohnheiten. Sie garantieren ein leichteres Horst Neumann, Bad Kleinen

Die „Moral“ der CIA Allen Dulles ließ die Katze aus dem Sack

erbreiten wir Chaos in der Sowjetunion, mit allen Mitteln die sogenannten Künstler russische Volk, all dies werden wir geschickt Versetzen wir, ohne daß es wahrgenom- unterstützen und loben, die damit begin- kultivieren, bis es wie die Knospe einer Blume men wird, ihre Werte durch andere, falsche nen, den Sexkult, die Gewalt, den Sadismus, aufgeht. und verpflichten wir die Leute, an sie zu den Verrat ins menschliche Bewußtsein zu Nur einige wenige werden richtig vermuten glauben. Wir werden unsere Alliierten und trichtern und dort zu verankern. Mit einem und sogar verstehen, was in Wahrheit vor Gesinnungsgenossen in Rußland selbst fin- Wort: jede Art von Unmoral. In Richtung auf sich geht. Aber diese Leute werden wir in eine den. Episode auf Episode wird man auf- den Staat werden wir Chaos und Verwirrung hilflose Lage bringen, sie der Lächerlichkeit grund ihrer Ausmaße eine große Tragödie stiften. Auf eine nicht wahrnehmbare, aber preisgeben, und die Art und Weise finden, präsentieren: die Tragödie des Todes des aktive und konstante Weise werden wir den sie fälschlicherweise zu beschuldigen, sie in weltweit unbeugsamsten Volkes, die Tragö- Despotismus der Funktionäre, die Bestech- Verruf zu bringen und auf sie als Abfall der die der definitiven und unumkehrbaren Aus- lichkeit, die Korruption, das Fehlen von Prin- Gesellschaft zu zeigen. Wir lassen die Funda- löschung seines Selbstbewußtseins. Aus der zipien begünstigen. Rechtschaffenheit und mente der Moral als geschmacklos erscheinen Literatur und der Kunst tilgen wir beispiels- Ehrlichkeit werden lächerlich gemacht, als und zerstören sie. Unser Haupteinsatz wird weise deren gesellschaftliche Verantwortung. unnötig und ewiggestrig dargestellt wer- bei der Jugend sein. Wir werden sie korrum- Wir werden den Künstlern die Lust, sich der den. Die Unverschämtheit, die Anmaßung, pieren, demoralisieren, pervertieren.“ Kunst zu widmen und die sich in der Gesell- der Betrug und die Lüge, der Alkoholismus Aus Allen W. Dulles: „Das Handwerk des schaft entwickelnden Prozesse zu erforschen, oder die Drogenabhängigkeit, die irrationale Geheimdienstes“, New York 1963. Der Autor abgewöhnen. Literatur, Kino, Theater sollten Angst unter den Mitmenschen, der Verrat, war in den 50er Jahren Gründer und erster die niedrigsten menschlichen Empfindun- der Nationalismus, die Feindschaft unter Direktor des USA-Geheimdienstes CIA. gen reflektieren und preisen. Wir werden den Völkern und vor allem der Haß auf das Gefunden von Isolda Bohler ✝ Seite 20 RotFuchs / Juni 2010

Chronisten des Klassenkampfes Seminar über Arbeiterfotografie im Madrider Museum Reina Sofía

ich der Bewegung der Arbeiterfotogra- Kommunistischen Internationale förderte er Die von der AIZ ab 1930 veröffentlichten Sfie zu nähern, ist aus mancherlei Grün- in den 20er Jahren Veröffentlichungen wie Arbeiten John Heartfields, eines der größten den motivierend. Mehr als 80 Jahre nach „Sowjetrußland im Bild“ und „Der Arbeiter- Meister dieser Technik, wurden zu visuellen dem Patent von Daguerre, das den offiziellen Fotograf“, die Auflagen von über 500 000 Geschossen, die den Aufstieg des Faschismus Beginn der Fotografie kennzeichnet, hatte Exemplaren erreichten. mit Hilfe der Mächte des Kapitals ins Visier die technische Vereinfachung das hervor- Ab Ende der 20er Jahre entsteht mit großem nahmen. Heartfield, eigentlich ein Berli- gebracht, was wir die illustrierte Chronik Einfluß auf Teile Europas, der USA und Mexi- ner Dadaist mit dem Nachnamen Herzfelde, jener nennen könnten, deren Geschichte stets kos diese neue Fotografie in einer UdSSR, die kombinierte auf brillante Weise Kunst und verleugnet wurde. als ideologischer Leuchtturm wirkt, und in Politik, geißelte die Nazisymbolik und die Zum ersten Mal unterstrich man den Arbei- einem krisengeschüttelten Deutschland der Figur Hitler. Seine Fotomontagen wurden tern gegenüber die Wichtigkeit von Bildern späten Weimarer Republik, wo die Konfron- zu ideologischen Ikonen. im Klassenkampf, wobei sie Hilfe von ihren tation zwischen Faschisten und Kommuni- Die Arbeiterfotografie war eine Bewegung, Freunden aus der Kommunistischen Partei sten täglich an Schärfe zunimmt. Auf diese die den Gedanken individueller Autoren- erhielten. Willi Münzenberg, der Begrün- Weise zeigt die Arbeiterfotografie einerseits schaft ablehnte, so daß es bei den veröf- der der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung (AIZ), ein nach den Erfolgen des ersten sowjeti- fentlichten Aufnahmen keinerlei Hinweis schrieb: „Vor 30 oder 40 Jahren begriff die schen Fünfjahrplans jubelndes Proletariat, auf deren Urheberschaft gab. Das Wichtige Bourgeoisie, daß die fotografische Aufnahme und widerspiegelt andererseits das sich beruhte auf dem Werk an sich, das dem all- beim Beobachter einen Eindruck hinter- durch die 1929 „ausgebrochene“ Krise der gemeinen Interesse des Proletariats dienen läßt und einen einzigartigen Effekt auslöst. kapitalistischen Weltwirtschaft multipli- sollte. Doch hinter solcher Anonymität kön- Sie wirkt auf das Auge des Menschen, das zierende Elend der deutschen Arbeiterklasse. nen wir Arbeiten von einigen der Großen Geschehene reflektiert sich im Kopf desje- Die Arbeiterfotografen, unter ihnen viele des Fotojournalismus finden, die im spani- nigen, der beobachtet, ohne daß sich dieser Amateure, zeigten ungeschminkt die Härte schen Bürgerkrieg zusammenfließen, so von gezwungen sieht, komplizierte Denkübungen ihres Lebens, in Fabriken, auf Demonstratio- Walter Reuter und Tina Modotti. Mit Hitler zu vollziehen. Auf diese Weise zeigt sich die nen, in Arbeitslosenschlangen oder im priva- an der Macht und angesichts des Vormar- Bourgeoisie nachsichtig mit der Schwerfäl- ten Bereich. Die Aufnahmen über den Hunger sches der Faschisten in Europa ist der spa- ligkeit der Volksmassen, gleichzeitig macht und die Armut des Proletariats dienten als nische Krieg die letzte Phase der Bewegung, sie ein rundes Geschäft, denn die illustrier- Waffe der Agitation für eine Revolution, die sowohl im politischen als auch im ästheti- ten Zeitungen erreichen normalerweise Mil- jedoch nicht kam. Der Klassenkampf wurde schen Sinne. lionenauflagen.“ so mit der Waffe der Bilder geführt. 2011 wird das Madrider Museum Reina Sofía Münzenberg, mit Spitznamen ironisch An den Dokumentarfilm angelehnt und das eine Ausstellung unter dem Motto „Ein har- „roter Millionär“ genannt, war bis zu Hitlers Bild als „Schrift der Taten“ verstehend, expe- tes Licht, ohne Mitleid. Die Bewegung der Machtantritt KPD-Reichtagsabgeordneter rimentierte die Arbeiterfotografie auf ihrer Arbeiterfotografie – 1926 bis 1939“ präsen- und eine zentrale Gestalt bei der Entwick- Suche nach neuen Blickpunkten unter Ein- tieren. lung der Arbeiterfotografie. Als Verantwort- beziehung von Texten oder mit den neuen Juan Aballe in „Diagonal“ licher für Agitation und Propaganda der Techniken der Fotomontage. Übersetzung: Isolda Bohler ✝

Aus für humanitäre Hilfe Panamas Präsident Martinelli unterbindet Kubas „Operation Milagro“

ubas Augenärzte gelten in ganz Latein- Martinelli – einen vielmillionenschweren einziger mittelamerikanischer Staatschef Kamerika als Wunderheiler. Im Rahmen Unternehmer – brüsk beendet worden. Und an der Amtseinführung dessen nach dubi- der „Operation Milagro“ haben sie Hun- das, obwohl es in Panama nach Feststel- osen Wahlen ans Ruder gebrachten Nach- derttausenden Blinden und Sehbehinder- lungen der Weltgesundheitsorganisation folgers Porfirio Lobo teil. ten auf dem Subkontinent das Augenlicht (WHO) allein 32 000 durch Katarakte auf Der Schlag gegen Kubas „Operation Milagro“ ganz oder teilweise wiedergegeben. Sämtli- einem oder beiden Augen Erblindete gibt. und Panamas Sehbehinderte verdeutlicht che erforderlichen medizinischen Eingriffe Die erfolgreich verlaufende „Operation einmal mehr, wessen Strohmann der rabi- und Behandlungen, durch die vor allem Milagro“, die ausschließlich humanitären ate Antikommunist Martinelli ist. mittellosen Menschen geholfen werden soll, Erwägungen folgt und auf dem Solidarprin- RF, gestützt auf Radio Havanna erfolgen absolut unentgeltlich. zip beruht, mußte eingestellt werden. Allein in Panama konnten 44 486 Patienten Zuvor hatte Martinelli Panama nicht nur mit eingeschränktem oder nicht mehr vor- aus dem Zentralamerikanischen Parlament handenem Sehvermögen durch kubanische (Parlacen) herausgenommen, sondern auch Mediziner erfolgreich behandelt werden. zwei früher geschlossene US-Militärstütz- Unter ihnen befinden sich vor allem vom punkte in der Piña-Bucht nahe der kolum- Grauen und Grünen Star Betroffene, Diabe- bianischen Grenze und in Punta Coca dem tiker mit krankheitsbedingten Augenleiden, Pentagon zurückgegeben. unter Netzhautablösung und Glaukomen Auch in anderem Zusammenhang deckte Leidende. Martinelli seine in Washington gedruck- Jetzt ist das im März 2007 aufgrund eines ten Karten auf. Er unterstützte nicht nur Abkommens mit der panamaischen Vorgän- den vorjährigen Militärputsch gegen den gerregierung angelaufene Programm durch rechtmäßigen honduranischen Präsiden- Eine kubanische Augenärztin untersucht den neuen rechtsgerichteten Präsidenten ten Manuel Zelaya, sondern nahm auch als einen Patienten in Panama-Stadt RotFuchs / Juni 2010 Seite 21

Vorfreude auf Magdeburgs Ehrenbürgerin

Magdeburg hat drei Ehrenbürger: den (Grüne) Fraktion immer mal wieder heftig Aber Magdeburg ohne sie? Mit reinem Ukrainer und ehemaligen Offizier der darüber und lehnte am Ende stets mehr- Gewissen nicht.“ Sowjetarmee Igor Belikow, der am 13. März heitlich ab. Das ist wider Satzungsrecht. Das meinte jedenfalls nicht nur Dieter 1969 die damals vierjährige Kathrin Leh- Das ist eine Provinzposse. Das ist ein Ding, Geske, Fraktionsgeschäftsführer des „Bun- mann bei einem Sturz aus dem 5. Stock des für Magdeburg“ im Stadtrat: „Auslö- eines Wohnhauses in seinem Mantel auf- ser für unsere Kontaktaufnahme war die fing und damit rettete; den früheren Ober- jüngste Peinlichkeit im Oktober, als eine bürgermeister Willi Polte, der sich um die Ratsmehrheit zuerst eine Einladung von Stadtentwicklung verdient machte, und Frau Prof. Davis zum 1200. Stadtgeburts- Angela Davis. Sie hatte die Elbestadt nach tag ablehnte, dann aber auch mehrheitlich ihrem Freispruch im Prozeß von San Jose gegen die Aberkennung der Ehrenbürger- 1972 besucht, um sich für die Solidarität schaft stimmte.“ vieler Magdeburger zu bedanken. Dieter Geske habe dann an Angela Davis Am 21. Juli 2006 veröffentlichte die Mag- geschrieben und ihr mitgeteilt, „daß es in deburger „Volksstimme“ einen sachlich- Magdeburg Menschen gibt, die sie gerne fairen Bericht von Katja Tessnow unter einladen würden“. Ob sie Interesse habe der Schlagzeile „Mission Angela: Versuch zu kommen. „Aber ja“, schrieb Frau Davis einer Annäherung an die Ehrenbürgerin“. Angela Davis mit Walter Bütow, dem Ehren- prompt, „und daß sie bei Gelegenheit auch Die Journalistin hatte sich schon wieder- vorsitzenden des Magdeburger Vereins der gerne die hiesige Universität kennenler- holt mit dem Thema beschäftigt und meh- Thälmannwerker, im Januar 2005 in Berlin- nen würde“, heißt es in dem Artikel Katja rere Beiträge dazu veröffentlicht. Friedrichsfelde Tessnows. „Ihr Wunsch nach wissen- In dem Bericht vom 21. Juli 2006 hieß es schaftlicher Verständigung und Ausein- u. a.: „Eigentlich ist alles ganz simpel: das der Ratsfraktion ,Bund für Magde- andersetzung spricht für echtes Interesse.“ Ehrenbürger sind zu ehren, zu pflegen burg’ so gegen den Strich geht, daß sie Allein nach Protokollarischem stehe und zu hohen Festen einzuladen. So steht aktiv wurde. Angela Davis offenbar nicht der Sinn. es in der Magdeburger Ehrenbürger-Sat- Angela Davis erfährt bis heute reichlich Dieter Geske wußte damals zu berichten: zung. So gebietet es normaler Menschen- Einladungen – von Menschenrechtsorga- „Mehrere Institute der Fakultät für Gei- verstand. nisationen z. B., von namhaften Univer- stes-, Sozial- und Erziehungswissenschaf- Bei Angela Davis ist alles anders. Zwar sitäten auf der ganzen Welt. Davis, die ten haben Interesse an einer Einladung hatten sämtliche Nachwende-Volksver- heute in Kalifornien Sozialrecht und poli- von Prof. Davis nach Magdeburg.“ tretungen nicht das Kreuz, ihr die Ehren- tische Wissenschaften lehrt und nicht Alles sieht danach aus, daß der Wunsch bürgerwürde zu streichen, aber die Davis müde wird, um Rechte für Schwache und der Ehrenbürgerin nach einer Begegnung ehrend einladen? Der Rat diskutierte Arme zu streiten, wird ohne Magdeburg mit Magdeburgern diesmal in Erfüllung auf Antrag dieser (Linke.PDS) oder jener leben können. gehen wird. RF

Angela Davis bald beim „RotFuchs“

In diesem Monat folgt Angela Davis einer Einladung der Partei Die Linke und der Eulenspiegel-Verlagsgruppe. Sie will Ber- lin, Leipzig und Magdeburg besuchen. Im Mittelpunkt ihres Aufenthalts steht die Teilnahme am „Fest der Linken“, das am 19. und 20. Juni in der Kulturbrauerei Berlin-Prenzlauer Berg, Schönhauser Allee 36–39, stattfindet. Am 20. Juni um 15.30 Uhr nimmt sie an einer Vorstellung des Buches von Klaus Steiniger „Angela Davis – Eine Frau schreibt Geschichte“ im Palais auf dem Gelände der Kulturbrauerei teil. Ab 16.45 Uhr ist sie für eine halbe Stunde zum Signieren des Buches, dessen Vorwort sie geschrieben hat, bereit. Veranstalter der Präsentation sind die RF-Redaktion und der „RotFuchs“-Förderverein. Wir rufen alle Mitglieder, Leser und Freunde des RF zur Teilnahme am „Fest der Linken“ und an der „RotFuchs“-Begegnung mit Angela Davis auf.

Bewegender Gruß Am 14. Juni um 16 Uhr spricht Der langjährige Gerichtsreporter der Dr. Klaus Steiniger auf einer Ver- „Ostsee-Zeitung“ und in Schwerin lebende anstaltung der RF-Regionalgruppe Autor Günter Jaffke redigierte 1972 die Harz in Halberstadt, Begeg- uns von ihm übersandte Abiturzeitung nungsstätte Lindenhof, Spiegels- der Klasse 12 R 1 der 2. Erweiterten Ober- bergenweg 16, über das Thema schule Berlin-Mitte, vormals Graues Klo- ster. Der bewegende Gruß an Angela Davis Wie Angela Davis freigekämpft ist dieser Publikation entnommen, die wurde damals in einer Auflage von 500 Exem- plaren erschien. Sein Augenzeugenbericht ist vorrätig und wird auf Wunsch Klaus Steiniger war von 1949 bis 1952 signiert. FDJ-Sekretär am damaligen Gymnasium Zum Grauen Kloster. RF Seite 22 RotFuchs / Juni 2010

Sozialismus des 21. Jahrhunderts? Venezuelas Präsident Hugo Chávez rief 5. Internationale aus

m November 2009 fand in Caracas, der zwar „ausgezeichnet“, die kubanische KP übernehme die Verantwortung vor der Welt IHauptstadt Venezuelas, ein Treffen lin- wolle sich aber nicht formell daran bin- und denke, es ist an der Zeit, die 5. Interna- ker Parteien statt. Präsident Hugo Chávez den. tionale zusammenzurufen!“ Diese werde erklärte dort, er halte die Zeit für gekom- Die Mehrheit der Anwesenden stimmte keine Gebrauchsanweisungen verteilen, kei- men, eine 5. Internationale ins Leben zu dann für die Gründung einer „5. Inter- nerlei Zwang ausüben und „Diversität“ – ein rufen. Die Zukunft der Menschheit sei von nationale“ als „Zentrum für sozialistisch anderes Wort für Pluralismus – respektieren. der Krise des Kapitalismus und perma- ausgerichtete Parteien, Bewegungen und Die 5. Internationale müsse „verfehlte Pro- nenter Kriegsgefahr bedroht. Angesichts Strömungen“, in dessen Rahmen eine jekte“ wie den „realen Sozialismus“ oder die dessen mache sich eine engere Zusammen- gemeinsame Strategie für den Kampf gegen Sozialdemokratie hinter sich lassen. Neben arbeit zwischen den linken und revo- „großen Namen wie Marx, Engels, lutionären Parteien erforderlich, die Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, José bereit seien, für den Sozialismus zu Carlos Mariategui und Leo Trotzki“ kämpfen. stünden die Ideen der südamerikani- Caracas war Treffpunkt traditionel- schen Radikalen und Befreier Simon ler südamerikanischer sowie linker Bolívar, Francisco Morazan, Maurice Parteien und neuerer Gruppen aus Bishop und Sandino. anderen Teilen der Welt. Das Pro- In Venezuela sei es noch nicht gelun- tokoll vermerkte die Anwesenheit gen, den Kapitalismus auszuschalten; der Delegierten von 55 Formationen man bewege sich aber in dieser Rich- aus 31 Ländern. Darunter befanden tung. Die Ankündigung der inzwi- sich Abgesandte kommunistischer schen erfolgten Verstaatlichung von und sozialdemokratischer Parteien sieben Banken durch den Präsiden- Asiens und Europas, Vertreter natio- ten wurde von den Delegierten mit naler Befreiungsbewegungen aus stürmischem Beifall begrüßt. Afrika und dem Mittleren Osten In einer Reihe für ein vom Imperialismus befreites Latein- „Heute versucht der Yankee-Impe- sowie Politiker von jüngeren Orga- amerika: die Präsidenten Venezuelas Hugo Chávez, Ku- rialismus wieder, durch Kriege die nisationen wie der Partei Die Linke bas Raúl Castro und Boliviens Evo Morales Wirtschaftsmisere zu überwin- aus der BRD, Portugals Linksblock den“, warnte Chávez. Daher sei es und Frankreichs Partei der Linken. dringend geboten, gemeinsam die Unter den Teilnehmern bemerkte man den Imperialismus, den Sturz des Kapitalis- 5. Internationale ins Leben zu rufen. „Wir neben Abgesandten lateinamerikanischer mus und dessen Ersetzung durch den Sozia- haben viel Zeit mit Reden und Entschuldi- Gruppierungen wie der Sandinistischen lismus ausgearbeitet werden könne. Eine gungen für unsere Tatenlosigkeit vergeudet Nationalen Befreiungsfront (FSLN) aus Arbeitsgruppe aus den Reihen der Teilneh- und die Hoffnungen unserer Völker verra- Nikaragua und der Bewegung zum Sozia- mer wurde beauftragt, Zielsetzung, Inhalt ten. Wir brauchen die Einheit der linken lismus (MAS) aus Bolivien natürlich auch und Mechanismen dieses Unterfangens für Parteien, wirklich linker Parteien!“ den orientierunggebenden Veranstalter: die Agenda einer formellen Gründungskon- Nicht wenig spricht dafür, daß der mutige die Sozialistische Einheitspartei Venezue- ferenz vorzubereiten, deren Zeitpunkt auf Antiimperialist Hugo Chávez bei sei- las (PSUV). Anwesend waren Sprecher der April festgelegt wurde. ner Entscheidung von den in Venezuela Gruppe „Freunde Venezuelas“ in der briti- Als Hauptdokument nahmen die beteilig- sehr aktiven Trotzkisten beraten wor- schen Labour Party sowie Mitglieder der ten Parteien und Organisationen die „Ver- den ist. Politische Beobachter – auch australischen Sozialistischen Allianz. pflichtung von Caracas“ an. In ihr heißt es hier in Australien – ordnen die Idee einer Präsident Chávez betonte in seiner Anspra- u. a., die strukturelle Krise des Kapitalis- 5. Internationale eher diesen zu. che, die 5. Internationale müsse aus Fehlern mus schließe außer der Wirtschaftskrise Dr. Vera Butler, Melbourne der Vergangenheit Schlüsse ziehen, wenn die Umweltkrise, die Ernährungskrise und sie ihre „Agenda für das 21. Jahrhundert“ die Energiekrise mit ein. Sie bedeute eine Am 8. Juni um 17.30 Uhr spricht der definiere. Es sei sinnlos, alte Theorien, Kon- tödliche Gefahr für die Menschheit. Die Vorsitzende des RF-Fördervereins, zepte und Strukturen wiederbeleben zu einzig mögliche Alternative sei der (durch Botschafter a. D. Rolf Berthold, wollen. Die neue Internationale müsse „eine seine Erfinder um Prof. Heinz Dieterich, im Kulturtreff Halle-Neustadt, Am sozialistische und diversifizierte Alterna- Mexiko, bekanntlich vom klassischen Mar- Stadion 6, über das Thema tive bieten“. Während einige kommunisti- xismus des 19. und vom Leninismus des sche Parteien, darunter die kampferprobte 20. Jahrhunderts abgekoppelte) „Sozialis- Zur Theorie und Praxis der KP KP Venezuelas, Griechenlands KKE und mus des 21. Jahrhunderts“. auf Chinas sozialistischem Weg die Brasilianische KP Bedenken und Vor- Kurz nach dem Treffen in Caracas fand Veranstalter ist die RF-Regionalgruppe behalte gegenüber den unterbreiteten Vor- der 1. Außerordentliche Kongreß der Halle. schlägen geltend machten, bekundeten die Sozialistischen Einheitspartei Venezue- erwähnten neuen Linksparteien Europas las (PSUV) statt. Dort konkretisierte zwar Interesse, erklärten jedoch einschrän- Präsident Chávez in einer fünfstündi- Freiheit ist immer kend, sie müßten zunächst mit ihren Orga- gen Rede sein Konzept der 5. Internatio- Freiheit der Andersdenkenden nisationen Rücksprache halten. nale. Nach einem Blick auf die verschiede- José Martí, der die KP Kubas auf der nen Internationalen, von der 1., die 1864 Über dieses Thema äußert sich Prof. Beratung repräsentierte, betonte, die lin- durch Marx und Engels gegründet wurde, Dr. Benno Pubanz in einer Podi- ken Kräfte seien gegenwärtig nicht dazu der 1889 entstandenen 2., der Le-ninschen umsdiskussion am 1. Juli um 16 Uhr. imstande, den Herausforderungen ihrer 3., die sich 1919 formierte und „unter Stalin Einlader ist die RF-Regionalgruppe Feinde hinreichend Widerstand entgegen- degenerierte“ und der 4. Leo Trotzkis (1938), Güstrow. Die Veranstaltung findet im zusetzen, was eine klar umrissene Strate- die sich jedoch nach dessen Ermordung im Haus der Generationen, Weinberg- gie für den gemeinsamen Kampf besonders Jahre 1940 niemals zu einer Massenbewe- straße 28, statt. notwendig mache. Das Chávez-Konzept sei gung entwickelt habe, sagte Chávez: „Ich RotFuchs / Juni 2010 Seite 23

Ergänzendes zur „Ruhmeshalle des Sports“

m RF 147 war von der „Ruhmeshalle des stieß er auf viel Opposition, weil das Thema Vergessenheit geriet. Als er 1921 bei einem Ideutschen Sports“ und deren Mängeln die Völkerfreundschaft in Europa wenig populär Autounfall ums Leben kam, nahm nur die Rede. Daß man von einer solchen Einrich- war. Den heftigsten Widerstand erntete er in Fechterzeitung davon überhaupt Notiz. Fortan tung nicht viel Sympathie für die DDR erwar- Deutschland, wo man noch immer mit viel gehörte Gebhardt zu den von der deutschen ten konnte, dürfte jedem in der Gegenwart Aufwand den Sieg von Sedan feierte und die offiziellen Sportöffentlichkeit ignorierten Per- Lebenden schon vorher klar gewesen sein. der Verbrüderung junger Athleten dienende sönlichkeiten. So mußte es immerhin positiv auffallen, daß Idee eines Franzosen – so wörtlich von den Ich stieß auf seine Spur, als ich einen Köpe- man Werner Seelenbinder einen Platz ein- Sportführern formuliert – für „Landesverrat“ nicker Bronzegießer traf, der auf Bitten seiner geräumt hatte, dessen Grab in Westberlin hielt. Willibald Gebhardt, ein vielseitiger Ber- Witwe in den 20er Jahren nach einem Foto des während des Kalten Krieges eingezäunt und liner Chemiker, wandte sich gegen diese Front, Mannes eine Gebhardt-Bronzebüste geschaf- verriegelt worden war. sammelte eine Schar von Athleten, die sogleich fen hatte, die spurlos aus dem damaligen Ber- Dem Verein Sport und Gesellschaft, der seit alle aus ihren Verbänden ausgeschlossen wur- liner Sportmuseum verschwand. Selbst als 1999 die renommiertesten Sportwissenschaft- den, und reiste mit ihr nach Athen, dem Schau- München 1972 die Olympischen Spiele aus- ler der DDR vereinigt, ist es zu danken, daß platz der ersten modernen Spiele. Coubertin richtete, erinnerte man sich seiner nicht. sich die Schöpfer der „Ruhmeshalle“ nun mit holte ihn als ersten Deutschen in das Inter- Und nun hat der Verein Sport und Gesellschaft einem Problem konfrontiert sehen, welches nationale Olympische Komitee, übertrug ihm – Präsident ist der frühere BSG-Vorsitzende eine Kernfrage des deutschen Sports tangiert. viele knifflige Aufgaben und machte ihn sogar Hasso Hettrich, Vizepräsident der langjährig Der Verein empfahl dem zu dieser Zeit als zu seinem Stellvertreter, als er fürchtete, daß an der Potsdamer Universität Sport lehrende Innenminister noch zuständigen Wolfgang die Spiele 1904 in St. Louis (USA) seine Pläne Prof. Westphal – vorgeschlagen, Gebhardt in Schäuble, Willibald Gebhardt in die Halle des gefährden könnten. die Halle des Ruhms aufzunehmen. Als ersten Ruhms aufzunehmen. Der reagierte umgehend Inzwischen hatte man in Deutschland begrif- Schritt hat er dessen Biographie herausgege- und ließ den Verein wissen, daß er den Vor- fen, daß der Siegeszug der olympischen Idee ben. Die Auflage wurde auf 500 Exemplare schlag an die zuständigen Instanzen weiter- nicht mehr aufzuhalten war. So bemühte man beschränkt, aber jedes Buch ist handschrift- gegeben habe, woraus zu entnehmen war, daß sich, kaiserliche Generale ins Internationale lich von der DDR-Olympionikin Ruth Fuchs er die Notwendigkeit, Gebhardt zu berück- Olympische Komitee einzuschleusen. Vor- – zweimalige Olympiasiegerin im Speerwer- sichtigen, positiv beurteilte. aussetzung schien ihnen allerdings, Geb- fen –, Klaus Köste – Olympiasieger im Tur- Wer war Willibald Gebhardt? hardt zuvor zum Rücktritt zu veranlassen. nen – und Gustav-Adolf Schur – Medaillen- Als Baron de Coubertin 1894 der Welt die Idee Also zwang man ihn, Coubertin 1907 mitzu- gewinner 1956 und 1960 – signiert. (Einige unterbreitete, die antiken Olympischen Spiele teilen, daß er sich zurückziehen werde. Von Exemplare sind bei dem Verein noch zu der Griechen wieder auferstehen zu lassen, diesem Tag an sorgte man dafür, daß er in erwerben.) Dr. Klaus Huhn

Ein Waschkorb voller Bücher Heinz Knobloch war ein Meister des Berliner Feuilletons

einz Knobloch, am 3. März 1926 in Dres- „Stäubchen aufwirbeln“ (1974), „Das Lächeln (1996) zu nennen. Zu verweisen ist auf Hden geboren, nennt als eines seiner Vor- der Zeitung“ (1975), „Der Blumen-Schwejk“ Knoblochs „Geisterbahnhöfe – Westlinien bilder Victor Auburtin. Dieser fand:„Eine (1976), „Mehr war nicht drin“ (1979) sowie unter Ostberlin“. ernste Sache unterhaltend und in guter Form „Nachträgliche Leckerbissen“. 1995 legte der Autor sein Bändchen „Garten- darzustellen, das ist es, was man Feuille- Knobloch hat wiederholt besonderes Gespür lust & Gartenliebe. Abenteuer hinterm Zaun“ tonismus nennt.“ – Knoblochs zu Papier für Details bewiesen. Seine Erkundungen mit feinsinnigen Illustrationen von Wolfgang gebrachte Wortmeldungen sind so zahlreich, frappierten Berliner wie Nichtberliner, da Würfel vor. Unverstellt erzählt der Feuilleto- daß man sie kaum noch überblicken kann. Zu er aus über drei Jahrhunderten Kulturhi- nist von sich selbst in „Nase im Winde. Zivile seinen frühen Sammelbänden zählen u. a.: storie manches Verschüttete „auszugraben“ Abenteuer“ (1994), „Eierschecke“ (1995), „Mit „Ein gewisser Reginald Hinz“ (1963), „Herz- wußte. Er erkundete Geschichte und baute beiden Augen“ und „Die Suppenlina. Wieder- töne und Zimmermannssplitter“ (1962), „Die zugleich gedankliche Brücken zwischen den belebung einer Menschenfreundin“ (1997). guten Sitten“ (1964), „Du liebe Zeit“ (1966), Zeitaltern. Erinnert sei an seine Feuilleton- Knobloch hat das literarische Feuilleton in „Rund um das Bett“ und „Täglich geöffnet“ Bände „Berliner Fenster“ (1981), „Stadtmitte unserer Literatur wieder in den Rang eines (beide 1970), „Bloß wegen der Liebe“ (1971) umsteigen“ (3. Auflage 1987), „Nicht zu ver- Kunstwerkes erhoben. Die Leser wurden und „Rund um das Buch“ (1973). leugnen“ (1985), „Zur Feier des Alltags“ (1986), durch seine Einsichten, Abschweifungen und Seine Feuilletons zeichnen sich durch gute „Berliner Grabsteine“ (1987), „Im Lustgarten“ aktuellen Seitenhiebe fasziniert. Außerdem Beobachtungsgabe und Entdeckungslust, (1989) und „Jüdische Friedhöfe“. verstand er es, Porträts und Skizzen, Erinne- Gedankenreichtum und Esprit aus. Über Für Knoblochs Feuilletonbücher fanden sich rungen an längst vergessene Personen und vier Jahrzehnte schrieb der „Meister der stets exzellente Illustratoren. denkwürdige Augenblicke – nach akribischer kleinen Form“ solche Prosa. Langjährigen Seinen vielbeachteten biographischen Recherche – pointiert zu formulieren. „Wochenpost“-Lesern war er ein Vertrauter, Büchern „Herr Moses in Berlin“ und „Meine Knobloch hielt nochmals autobiographi- dessen Beiträge seit 1968 zur literarischen liebste Mathilde“ folgte „Der beherzte sche Rückschau auf „Eine Berliner Kindheit. Kost dieses Blattes gehörten. Als Sammler Reviervorsteher“ (1993). Darin wird an die Zwischen Olympiade und Luftschutzkeller“ und Herausgeber erwarb er sich das Ver- Courage des Polizeioffiziers Wilhelm Krütz- (1999). Darin erzählte er kenntnisreich und dienst, Feuilletons verschiedener Autoren feld erinnert, der in der Pogromnacht 1938 unterhaltsam über diese Stadt, in die er als zwischen 1842 und 1933 in dem Band „Der die Berliner Synagoge vor der Vernichtung neunjähriger Dresdner Junge verpflanzt Berliner zweifelt immer“ vorgestellt zu haben. bewahrte. worden war. Arbeiten dieses Genres aus 225 Jahren faßte Von den neueren Büchern mit Berliner Touch Heinz Knobloch starb am 24. Juli 2003 in er in „Allerlei Spielraum“ zusammen. Unter- sind „Die schönen Umwege“, „Beobachtun- Berlin und wurde auf dem Dresdner Johan- haltsame Bände aus eigener Feder sind auch: gen“ (1993) und „Mißtraut den Grünanlagen“ nis-Friedhof beigesetzt. Dieter Fechner Seite 24 RotFuchs / Juni 2010

Karl Grünberg und das Ruhrgebiet Der Kohlenpott in der proletarischen Literatur

Unter dem Motto „Ruhr 2010“ finden der- Ruhrkumpel in den Dreck zog.“ Grünberg Leben der Kumpel, das Elend der Inflations- zeit im Ruhrgebiet zahlreiche Veranstal- wurde klar, was den Proleten im Lande zeit, das Anschwellen der ersten faschisti- tungen zu kulturellen Themen statt. Da fehlte: „Ein Roman, der jene heroische Epo- schen Welle, die arbeiterfeindliche Haltung darf die Arbeiterliteratur nicht fehlen, gibt che der deutschen Arbeiterbewegung wahr- der ganzen Staatsmaschinerie … zu zei- es doch zahlreiche proletarische Schrift- heitsgetreu widerspiegelte.“ gen.“ steller, die das Leben der Ruhrgebietsmen- Und so erschien 1928 „Brennende Ruhr“. Wer will es dem Arbeiterschriftsteller ver- schen durch all die Jahrzehnte begleitet Das Buch führt den Leser in das fiktive denken, daß er in seinen frühen Werken haben. Manche waren eng mit dem Wir- Swertrup irgendwo bei Oberhausen. „Im noch „roh und ungeschlacht“ daherkommt, ken der KPD verbunden, andere durchaus kalten Licht der Bogenlampen dampf- wie Johannes R. Becher es nannte? Grün- politisch engagiert, ohne einer Partei anzu- ten Kokereien und Hüttenwerke, ragten berg habe eben nicht die gepolsterte Ruhe gehören. Wieder anderen kommt das Ver- für sein Werk gehabt, meinte er. dienst zu, die Situation der arbeitenden Aber was waren das auch für Zeiten! Zahl- Menschen beständig in die Literatur einge- reiche Arbeiterkorrespondenten im Umfeld bracht zu haben, wenn sie sich selbst auch der KPD schrieben mittlerweile mehr als gar nicht oder nur wenig in diesem Sinne nur ihre kleinen Berichte. Sie wagten sich betätigten. In einer kleinen Serie möchte plötzlich an größere Themen heran, verfaß- der „RotFuchs“ seine Leser mit der Ruhr- ten Geschichten, bald auch ganze Romane. gebietsliteratur bekannt machen. Daß diese neuen Werke nicht perfekt sein konnten, wußten sie selbst. Dennoch haben m Vorwort zu seinem Roman „Brennende Eine der vie- sie es getan. Viele von ihnen waren dann IRuhr“ schrieb Johannes R. Becher: „Mit- len Ausgaben an der Gründung des Bundes proletarisch- ten in der Wildnis der Großstadt ist unser des Buches revolutionärer Schriftsteller beteiligt, auch Genosse Karl Grünberg aufgewachsen.“ erschien 1953 Karl Grünberg. Da haben wir ihn also, unseren typischen im Verlag Einer wie er mußte zwangsläufig den Ruhrgebietsschriftsteller. Doch nein. Karl Neues Leben Faschisten mißfallen. 1933 und 1934 (Umschlag: Grünberg wurde 1891 in Berlin gebo- wurde er, der seit 1920 KPD-Mitglied war, Kurt Zimmer- ren und starb 1972 im hauptstädtischen mann) inhaftiert. Ab 1945 nahm er am demokra- Bezirk Pankow. Aber „Brennende Ruhr“ tischen Aufbau im Osten Deutschlands gilt immerhin als seine „Hauptleistung, teil, wurde für kurze Zeit Amtsgerichtsdi- die vor allem thematisch einen Markstein Schachttürme und Abraumhalden, loder- rektor, dann Redakteur der Tageszeitung in der proletarisch-revolutionären Lite- ten die glutroten Fackeln der Hochöfen. „Tägliche Rundschau“. Als freischaffender ratur darstellt” (Meyers Taschenlexikon, Dazwischen in gewissen Abständen, gleich Schriftsteller lebte er später in Berlin- Leipzig 1974). Fremdkörpern in dieser Umgebung, kreuz- Grünau. 1953 erhielt Karl Grünberg den Daß sich Grünberg in diesem Roman dem gekrönte Türme protziger Kirchen.“ Ja, so Nationalpreis der DDR. „Brennende Ruhr“ Kapp-Putsch des Jahres 1920 widmete, lag war es, das alte Ruhrgebiet. Da mag sogar wurde noch zu seinen Lebzeiten im Jahr gar nicht so weit davon entfernt. In Ber- die bürgerliche Literatur noch folgen kön- 1967 von Hans-Erich Korbschmitt für das lin war er selbst an den Kämpfen gegen nen. Nicht aber, wenn es um die Aktions- Fernsehen verfilmt. – Wenn wir wegen der die reaktionären Putschisten aktiv betei- einheit der Arbeiter geht, die Streiks, die „Ruhr 2010“ auch Grünbergs diesbezügli- ligt. Mittlerweile hatte er, der aus einer Schaffung der Roten Ruhrarmee, deren chen Roman in den Mittelpunkt gerückt Arbeiterfamilie stammte, damit begon- Kampf gegen die Freikorps, ihre Siege und haben, ist sein literarisches Werk natür- nen, sich schriftstellerisch zu betätigen. die bittere Niederlage. All das beschreibt lich umfassender. Genannt seien ältere „Eines Tages fiel mir auf einem Bücher- der Autor sehr eindrucksvoll. Arbeiten wie „Mit der Zeitlupe durch die karren ein Band in die Hände”, berichtete „Karl Grünberg führt uns in diese Situation Weimarer Republik“ (1977) oder jüngere Grünberg später einmal. „ ,Lava’, ein typi- von ungeheurer geschichtlicher Tragik hin- wie „Von der Taiga bis zum Kaukasus. scher antibolschewistischer Schundroman, ein“, bemerkte Theodor Neubauer in der Erlebnisse auf neun Reisen in die Sowje- der den Kapp-Putsch glorifizierte und die Einführung. „Nicht ohne uns vorher das tunion“ (1970). Paul Sielaff

Herzlichen Glückwunsch den Jubilaren des Monats Juni!

Wir gratulieren Genossen Walter Kleen aus Bleicherode zu seinem 94. Geburtstag am 24. 6. auf das herzlichste. Liebe Grüße zum 85. Geburtstag gehen an Joachim Durand (4. 6.) in Weimar, RF-Aktivistin Marianne Ahrens (20. 6.) aus Berlin und Manfred Hohe (26. 6.) aus Großsteinberg. Zu den 80jährigen schließen auf: Dr. Wolfgang Burkert (9. 6.) aus Berlin, Else Karl (13. 6.) aus Jena, Horst Graupner (14. 6.) aus Berlin, Generalmajor a. D. Dr. Heinz Schmidt (17. 6.) aus Halle und Dr. Ewald Butter (21. 6.) aus Berlin. Ihnen gilt unsere Gratulation ebenso wie den fortan 75jährigen Anneliese Kettel (5. 6.) aus Seedorf, Dieter Wulff (9. 6.) aus Rostock, Gottfried Neis (25. 6.) aus Ahlbeck und Botschafter a. D. Heinz Langer (27. 6.) aus Berlin. 70 Jahre alt wird Heide Finneisen (12. 6.) aus Reichenbach. Auch den 65jährigen gilt unser herzlicher Gruß: Paul-Rainer Hoppe (15. 6.) aus Frankfurt/O. und Dolores Brunzendorf (27. 6.) aus Neubrandenburg.

Alle anderen Geburtstagskinder des Monats sind in diese Gratulation einbezogen. RotFuchs / Juni 2010 Seite 25

„Diese Stimme verjagte meine Apathie“ Zum Briefwechsel zwischen Heinar Kipphardt und Ernst Busch

ch lernte Ernst Busch in einem Schlamm- schloß ihn in den Kreis der ihm Vertrau- kann gut sein, daß im November Strauß- Iloch der russischen Front kennen, 1943, ten ein. Seit jener Zeit verband sie etwas Barzel mit absoluter Mehrheit regieren, nachts auf dem Rückzug der geschlage- Besonderes. Beide waren überzeugt von und zwar mit den schönen Polizeigeset- nen faschistischen Armeen durch die der Gestaltbarkeit einer neuen, soziali- zen, die ihnen die SPD gemacht hat. Die Ukraine. Ich war naß, ich fror, ich hatte stischen Gesellschaft, beide wußten um Dummheit wächst. Dickhäutig und dick- Hunger. Ich war müde, verlaust, apathisch, die „Mühen der Ebene“. Und beide pfleg- arschig sitzt sie auf unseren kleingewor- interesselos. Ein Lautsprecher eines Pro- ten in offener Art und Weise die geistige denen Hoffnungen. Das kann doch nicht pagandatrupps der Roten Armee begann Auseinandersetzung in diesem Land, das alles sein. Schwer, dabei zu arbeiten. Ich eines seiner Fünf-Minuten-Programme. sie mitprägen wollten. Sie machten sich hoffe, Du bist in besserer Verfassung als Nachrichten, Informationen. Danach kam damit nicht nur Freunde. ich. Dank für die Platten. Grüß Ulrike, sei ein Lied von einer abgespielten Schall- Beide konnten sich nicht belügen und lie- umarmt von Deinem alten Kipp.“ platte über schrillen Lautsprecher aus ßen sich nicht betrügen. Demnächst erscheint der Briefwechsel Ernst Busch, der von sich sagte „Ich konnte Heinar Kipphardt – Ernst Busch, heraus- nirgends illegal leben. In keinem Land. gegeben von den Musikwissenschaftlern Überall wo ich hinkam, gab es Plakate und Gründungsmitgliedern des Freundes- und Anzeigen, Pressenotizen und Kriti- kreises Ernst Busch e. V. Carola Schramm ken, die mich lobten oder verrissen, aber und Jürgen Eisner. alle waren überzeugt, daß ich aus meinem Buschs Stimme ist unvergeßlich, Kipp- Herzen keine Mördergrube machte und an hardts Faszination ist begründet und das glaubte, was ich sagte.“ schriftlich dokumentiert. Aber wie geht Heinar Kipphardt verstand sich nach sei- es weiter? Was sagen die Nachgeborenen nem Weggang aus der DDR 1959 als ein heute, kann die Vernunft, die Wahrheit Schriftsteller, „der an seinem alten Wohn- noch triumphieren? ort keine Arbeitsmöglichkeit mehr sah, ohne zum Lügner zu werden“, der „an einen anderen Ort gezogen“ ist, „das ist alles. Nicht daß der neue Ort ein Freund und Begünstiger der Wahrheit wäre – ich habe ihn gut gekannt, und ich bin über ihn ganz ohne Illusionen.“ Die freundschaftliche Beziehung der bei- Ernst Busch am Mikrofon von den zerbrach an dem „Ortswechsel“nicht, „Radio Komintern“, Moskau 1936 den Kipphardt infolge heftiger kulturpoli- tischer Auseinandersetzungen vollzog. Und die um diese Beziehung entstandene etwa zwei Kilometer Entfernung. Ein deut- Korrespondenz legt Zeugnis einer besonde- sches Arbeiterlied. Die Stimme verjagte ren Künstlerfreundschaft ab, die nicht so meine Apathie. Was packte mich an die- sehr auf den Austausch persönlicher Ver- ser Stimme? Diese Stimme wußte, was ich hältnisse und Befindlichkeiten ausgelegt nicht wußte. Diese Stimme wußte, daß der ist oder nur von der Kritik am Verhalten Mensch, daß die Vernunft, daß die Wahr- des jeweils anderen Staates bestimmt wird, heit triumphieren werden.“ sondern von dem Austausch über sozialpo- So beschreibt der Schriftsteller Heinar litische Konstellationen und Perspektiven Kipphardt seine erste Bekanntschaft aus globaler Sicht geprägt ist. Kipphardt Ernst Busch als Galilei (1957) mit dem Sänger und Schauspieler Ernst und Busch stehen auf beiden Seiten der Busch. deutsch-deutschen Grenze, nicht aber auf Anfang der 50er Jahre begegnen sich verschiedenen Seiten. Diese Eine-Welt- Die Ernst-Busch-Tage, die am 29. und beide in gemeinsamer Arbeit am Deut- Sicht bleibt entscheidend für ihre gegen- 30. Mai vom Freundeskreis Ernst Busch schen Theater Berlin. Kipphardt, der 1949 seitige Vertrautheit. und dem Ernst-Busch-Chor Berlin im aus Überzeugung in die DDR gekommen Und Heinar Kipphardts 1972 verfaßte Aus- Kulturforum Berlin-Hellersdorf bzw. im war, arbeitet als Dramaturg, und Busch lassung über die Dummheit ist geradezu Münzenberg-Saal des ND-Gebäudes ver- spielt seine großen Rollen, wie den Julius eine weise Vorausnahme heutiger Verhält- anstaltet wurden, suchten dieser Frage Fučik in Juri Burjakowskis gleichnamigem nisse: nachzugehen. Dr. Carola Schramm Stück, den Jago in Shakespeares „Othello“ „Lieber Ernst ... Was gegenwärtig hier vor- und den Mephisto in Goethes „Faust“. geht, ist beunruhigend. Eine neue Staats- Auf Kipphardts Initiative hin startet das feindprojektion gegen die intellektuelle Deutsche Theater im Januar 1957 jene so Linke mit Berufsverboten und Einschüch- Im Alter von 78 Jahren verstarb erfolgreiche Kurt-Tucholsky-Matinee, in terungen der verschiedensten Art, in allen der langjährige stellvertretende der Buschs Gesänge dem Dichter der Welt- Bereichen der Meinungsbildung insbeson- Chefredakteur des ND, bühne alias Theobald Tiger ein unvergeß- dere. Die gute alte SPD immer stramm in liches Denkmal setzen. der vordersten Front sich bewährend und Dr. Sander Drobela Busch erkannte in dem um eine Genera- sei es gegen sich selbst. Dazu die haar- zuletzt wohnhaft in Straach. Wir tion jüngeren Kollegen die Klugheit, die sträubende Unfähigkeit, ein anziehendes persönliche Integrität, die Ernsthaftigkeit Bild von sich wenigstens für die Wahlen zu trauern um einen treuen Genossen, der sozialen und politischen Haltung, die malen. Wenn es noch eine Chance für diese der dem „RotFuchs“ und dem För- künstlerische Kreativität. Er begriff die Partei gibt, so liegt die mehr im Abschrec- derverein fest verbunden war. Geistesverwandtschaft mit Kipphardt und kungseffekt von Strauß und Barzel. Es Seite 26 RotFuchs / Juni 2010

Alte Filme? Aus der Werkstatt eines prominenten DDR-Regisseurs

or mir sitzt ein junger Amerikaner, schon etwas von einem Werner Seelen- den Erben der Geschichte? Ich begegne VStewart Anderson. 31 Jahre, aus binder gehört hätte. Ich sagte zu ihm, bei dabei Arroganz, Ignoranz und absoluter Utah, USA, gläubiger Mormone, junger uns in der DDR kannte diesen Namen jeder. Unfähigkeit, gesamtdeutsche Vergangen- Kulturhistori­ker. Er ist nach Deutschland Jeder einen Ernst Schneller, Artur Becker, heit vorurteilsfrei zu rezipieren. Moderne gekommen wegen seiner Magisterarbeit. Er Ernst Thälmann u. a. Schade, daß sie alle Menschen mit Steinzeitherzen. Gegen mich ist auf Spurensuche. Thema seiner Disser- vergessen werden. Sie sind doch Teil unse- gerichtet bleibt der Vorwurf, mit blühen- tation ist der Unterschied der „Vergangen- rer Geschichte. ...“ Er schrieb weiter, daß der Phantasie kommunistische Idealbil- heitsbewältigung“ in den Fernsehanstalten der konstruiert zu haben, die fernab jeder beider deutscher Staaten nach dem 2. Welt- Wirklichkeit und historischen Wahrheit krieg, speziell in Dokumentationen und dazu dienen sollten, der Jugend unseres Spielfilmhandlungen. Eine Stunde war Landes nachahmenswerte Helden vorzu- ausgemacht für Informationen, die er von gaukeln. Mit dem wirklichen Leben habe mir erbat. Sieben Stunden sind es gewor- das wenig zu tun. Außerdem seien wohl den. Drei Wochen später kam aus den USA auch die Zeiten lange vorbei gewesen, in eine Sendung mit 4 CDs unserer Unter- denen man noch gesicherte Erkenntnisse haltung und einem nochmaligen Dank: erlangen konnte. Zeitgenossen hätte es „Wir haben viel über Ethik gesprochen in kaum noch gegeben ... der Kunst. Die Stunden werde ich lange Es sind inzwischen viele Jahrzehnte ver- in Erinnerung behalten. Sie sind mir kost- gangen, daß ich die Filme „Hans Beimler, bar ...“ Er sprach mit Hochachtung, aber Kamerad“, Artur Becker“, „Ernst Schneller“ auch mit fragendem Blick von den Personen u. a. geschrieben und gedreht hatte. des antifaschistischen Widerstands, von Bei Beimler lebte noch die Ehefrau Centa, denen er bisher nur die Namen um Oberst bis zu ihrem Tode Mitglied im Münchener Stauffenberg kannte. Dachaukomitee, seine Tochter Rosi, die mit Es war schwer für mich, ihm eine plausible einem Spanienkämpfer verheiratet war, Erklärung für das Verschweigen und das und sein Sohn Hans, mein Jahrgang, seit Vergessen-Machen der unzähligen anderen Jahrzehnten vielgeschätzter und hoch- zu geben, die in den KZs, den Zuchthäusern, dekorierter Dokumentarfilmregisseur in unterm Schafott und an der unsichtbaren Mexiko. Von Artur Becker lebte noch seine Front gefallen sind. er beim „Bund“ arbeite und alte DDR-Filme ehemalige Frau in Berlin und sein Bruder Thälmann, Beimler, Schneller ... zuerst sammeln würde, auch Widerstandsfilme. in Wuppertal. Von Ernst Schneller neben wurden ihre Straßennamen getilgt. Dann Ein Widerspruch? Heute schreiben junge seiner klugen Frau Hilde ihr gemeinsa- verschwanden sie aus den Schulbüchern. Germanisten. Filmwissenschaftler und mer Sohn, der sich als Schriftsteller das Ihre Bilder wurden abgehängt. Dann soll- Historiker in ihren Dissertationen über Pseudonym Rascher zugelegt hatte und ten sie aus den Köpfen verdrängt werden. diese Filme. Auch über die meinigen, wie unter anderem für das Kabarett „Die Distel“ Nachdem sie in finsterster Zeit physisch „Hans Beimler“, „Ernst Schneller“, „Artur arbeitete. Mit allen stand ich in engem vernichtet worden waren, soll jetzt jeder Becker“, „Archiv des Todes“ u. a. m. Durch persönlichem und brieflichem Kontakt. Gedanke an sie ausgemerzt, abgetötet wer- Zufall konnte ich eine dieser umfangreichen Ich hatte also neben alten Mitkämpfern den. Arbeiten über eine meiner Serien in noch und Weggefährten, die ich für Umwelt Nach dem physischen sollten sie den psy- ungedrucktem Zustand einsehen. Selbst und Hintergrund meiner Filme benötigte, chischen, den Gedenk-Tod, erleiden. Da bei flüchtigem Lesen fielen mir viele Fehler authentische Zeugen und Begleitpersonen. dies nach 20 Jahren noch immer nicht auf, wie oberflächliche Recherchen, histo- Oft entstand daraus eine langwährende gelungen ist, greift man nun zu härte- rische und gegenwärtige Unkorrektheiten, freundschaftliche Beziehung. Daß es nun ren Bandagen. Man schmäht sie. Man falsche Namensgebung bei Besetzungen nicht ganz einfach war, tatsächlich Vor- macht sie klein. So klein, wie man selber u. a. m. Auf Auslegungs- und Interpretati- gefallenes mit Fiktivem, Bewiesenes mit ist. Die Denkmäler sollten schrumpfen. onsfragen gar nicht eingehend, bot ich dem Vermutetem, also Dokumentarisches mit Obwohl sie schon entsorgt sind, in Sand- angehenden Wissenschaftler Korrektur- Spielfilmgemäßem zu vermischen, liegt und Schlammgruben vergraben und ver- hilfe an. In der höflichen Antwort wurde auf der Hand. Es gab natürlich im Vorfeld steckt, wachsen sie wieder heraus, wehren mir gedankt, aber Zeitnot würde leider ein auch Spannungen und hemmende Ausein- sich gegen ihre Verborgenheit. Hier findet Gespräch verhindern. So verschieden wird andersetzungen mit den noch lebenden man ein Stück Marmor, da zeigt sich ein also Zeit und Entfernung zwischen Utah Personen aus dem privaten Kreis der im Ge­sicht, dort eine Faust aus Stein. Men- und Berlin einerseits und Halle, Marbach, Film handelnden Personen. schen kann man töten, Geschichte kaum. Leipzig oder Dresden und Berlin anderer- Als kleines Beispiel Auszüge aus einem Wahrheit nicht! seits wahrgenommen ... Einer dieser jun- Briefwechsel mit der damals 91jährigen Vor einigen Tagen kam ein Brief von einem gen Leute entschuldigte sich sogar damit, Hilde Schneller, dem lange persönliche, mir Unbekannten aus dem äußersten Teil daß er auf Nachfragen die Antwort erhielt, fruchtbare Auseinandersetzungen vor- unserer Nordprovinz: „Ich habe in meiner der Autor und Regisseur dieser Filme hätte ausgingen. Hilde glaubte ihren Mann Schulzeit nur einmal nachsitzen müssen. längst das Zeitliche gesegnet. Der einhel- Ernst im Film nicht so wiederzufin- Das wegen Hans Beimler. Im Jahre 1977 lige Grundtenor dieser Werke: gut und den, wie sie ihn in Erinnerung hatte: (ich war 8. Klasse) bekam unsere Schule spannend gemacht, aber zuviel „Sozial- „Verehrte Hilde! den Namen ,Hans Beimler’. Alle Schüler lyrik“, Heroisierung unbeirrbarer Partei- ... Kein Schauspieler wird zu dem, kann sollten zum Fahnenappell das Hans-Beim- gänger und einseitige Geschichtsbetrach- zu dem werden, den er darstellt. Es fin- ler-Lied lernen. Ich tat das wohl nicht bzw. tung. Dabei kein Wort der Anteilnahme det niemals eine Deckungsgleichheit von nicht richtig. Also nachsitzen. am Gegenstand, dem Schicksal der Prot- Darsteller und Darzustellendem statt. Der Leider sind unsere Helden von einst in der agonisten dieser Filme. Wie dick muß die Schauspieler ist ein Medium, ein Mittler. heutigen Generation vergessen. Kürzlich Haut, um wieviel dicker noch die Seelen- Kein Schauspieler wird zum Mörder, wenn fragte mich mein Sohn (18 Jahre), ob ich polsterung bei unserem Nachwuchs sein, er auf der Leinwand einen Mord begehen RotFuchs / Juni 2010 Seite 27

soll. Das Publikum weiß das. Es weiß auch, schen der konkreten historischen Person im Andenken an all diejenigen, die im daß die Dekoration aus Pappe besteht und und der dort mit den Mitteln der Kunst ent- Kampf gegen den Faschismus unzählige daß Südamerika bei uns durch die Land- standenen Persönlichkeits f i g u r herrscht Leiden und Qualen erdulden und von denen schaft von Bulgarien dargestellt wird. Es ... Der ausführliche Brief soll Dir nur zeigen, viele, sehr viele, ihre Standhaftigkeit und ist eine stille unausgesprochene Verein- daß wir nicht oberflächlich, sondern sehr ihren Mut mit dem Leben bezahlen muß- barung zwischen Publikum und Künstler, verantwortungsbewußt an dieses Projekt ten. Diese Filme waren weder reine Biogra- daß die Darstellung so genommen wird herangehen. Die Ausführlichkeit soll aber phien noch Dokumentationen. Sie waren ,als ob’. Bitte löse Dich von der Vorstel- auch ein Stück Selbstverständigung für Spielfilme und sollten emotionale Erleb- lung, daß ein Spielfilm ein Dokumentar- mich sein, eine Art Verpf lichtung. Ich bitte nisse vermitteln. Die offizielle Geschichts- bericht zu sein hat. Er hat natürlich unter Dich nun ein übriges Mal um Dein Ver- schreibung ist geprägt durch Weglassen. anderem auch das zu sein. Gewiß. Aber trauen, das ich brauche. Ich freue mich Vertuschen, Verdrehen und aneinander- nicht als photographische Abbildung der auf unser nächstes Zusammentreffen und gereihte Halbwahrheiten. Ich fürchte, Wirklichkeit, sondern als Erhellung der wünsche Dir von Herzen alles Gute. In Ver- daß unter diesem Wust die ehrliche und gesellschaftlichen und der historischen ehrung. Dein Rudi Kurz“ ungeschönte geschichtliche Wahrheit für Wahrheit. Die Kunst arbeitet mit überhö- Hilde Schneller war eine kluge Frau und immer verschwindet, wenn nicht ausrei- henden und verallgemeinernden Mitteln hat mit einem verständnisvollen Brief rea- chend dagegengehalten wird. und Symbolen und muß weit mehr zeigen giert. Unter anderem schreibt sie: „Dein Ich wollte mit den Filmen auch einen klei- und auslösen, als Detailtreue zu geben in großer Brief hat mich sehr erfreut. Ich nen Teil der Schuld abtragen, die viele der Lage ist ... Kein Historiker würde Goe- danke Dir dafür. Ich fürchtete schon. Du meiner Generation nicht nur durch schwei- the den ,Egmont’ vorwerfen. grollst mir, doch ich lese eine Lektion über gendes Mitmachen, sondern durch jubeln- Kein Geschichtslehrer oder Gesellschafts- die Kunst und die Schwierigkeiten unse- des Zustimmen auf sich geladen haben. wissenschaftler würde wagen, über Schil- res Films. Deine Beispiele sind überzeu- Rudi Kurz lers ,Don Carlos’ oder ,Wilhelm Tell’, ,Maria gend, und ich bin friedlich.“ Der Frieden Stuart’ oder ,Wallenstein’ verächtlich zu zwischen uns war wiederhergestellt. Ich Unser Autor beging am 19. Mai seinen reden, weil keine volle Übereinstimmung zwi- habe diese biographischen Filme gemacht 89. Geburtstag. Der „RotFuchs“ gratulierte.

Umfassendes Lexikon würdigt DDR-Künstler

angsam, aber sicher entwickelt sich fundiertem Wissen. Nötig hätten es die solche, die zu irgendeinem Zeitpunkt unzu- Lder Verlag Neues Leben zum Dreh- und bunten, großflächigen und schreienden frieden ihre Heimat verließen. Neben den Angelpunkt der Rückschau auf die DDR- Blätter allemal, aber leider steht dort die biographischen Daten gibt es Angaben Kunst. Vor kurzem erst kam ein opulenter bildende Kunst ganz hinten auf der Liste über die künstlerische Entwicklung, über und herrlich übergroßer Band mit Repro- der Berichterstattungen. Zuerst kommen Studienreisen und Werke. Diese wurden duktionen bekannter Bilder auf den Markt bei denen die Affären geiler Kirchenmän- danach ausgewählt, ob sie als Abbildungen (s. RF 146), nun schieben die rührigen Ver- ner und immer wieder Mordgeschichten, in der Literatur vorliegen. Einzelausstel- lagsmenschen ein dickes Lexikon nach. natürlich auch ohne Unterlaß haarsträu- lungen werden genannt sowie Litera- Während in den verschiedenen Ausstel- bende Staatssicherheitsmärchen. turangaben vermittelt. lungen stets „vergessen“ wird, daß es in Das Buch „Lexikon Künstler in der DDR“ Dietmar Eisold versucht mit seinem Lexi- der DDR eine intakte Kunstszene gab, wird kann leider nur zu jeder Person wenige kon, das leider keine Abbildungen enthält, diese Tatsache hier mit aller Macht in den Zeilen vermerken, die aber viel aussagen an die Arbeit Hans Vollmers anzuknüpfen, Mittelpunkt gerückt. Keiner der Maler, Illu- und Kunstinteressierte mit einer hohen der mit einem sechsbändigen Werk die stratoren, Textilgestalter, Modedesigner, Dosis Wissen füttern. Erfaßt wurden Men- Kunstzeit bis Ende der 50er Jahre dar- Karikaturisten, Grafiker, Fotografen, Foto- schen, welche die Kunst als ihren Beruf stellte. grafiker, Porzellan- und Holzgestalter, ansahen, vorher in der DDR studiert hat- Nun endlich führt ein Wissender diese Bühnenbildner und Bildhauer wurde ver- ten und dem Verband Bildender Künstler Arbeit fort und schließt damit eine große gessen. Man wundert sich beim Durchblät- angehörten. Lücke. Das „Lexikon Künstler in der DDR“ tern und der Lektüre – auch als gelernter Natürlich sollten die Künstlerinnen und sollte bei keinem fehlen, der sich mit der DDR-Bürger – schon, wie viele Künstler es Künstler nach der Zerschlagung der NS- heutigen Zeit kritisch auseinandersetzt in den verschiedensten Genres gab. Das Diktatur am kulturellen Neubeginn auf das und die DDR-Kunst so hoch bewertet, wie Buch hat nämlich über 1080 Seiten und Intensivste beteiligt werden. Berücksich- sie tatsächlich zu sehen war. dürfte alles beinhalten, was der Interes- tigung fanden außerdem alle Kunstschaf- Thomas Behlert sierte so braucht. fenden, die bis 1989 die Szene betraten. Der Herausgeber Dietmar Eisold wurde Unter den Erwähnten sind Ausländer, die Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in 1947 in Leipzig geboren, machte 1966 das zeitweilig oder dauerhaft ihren Wohn- und der DDR, Verlag Neues Leben, 39,90 Euro, Abitur und dann erst einmal den Abschluß Arbeitsplatz in der DDR nahmen, aber auch ISBN 978-3-355-01761-9 als Maurer. Danach studierte er an der Karl-Marx-Universität seiner Heimatstadt Kunsterziehung und Geschichte, wobei er außerdem Vorlesungen und Seminare Ferne Nähe der Sektion Journalistik besuchte. Sein Studium schloß Eisold mit einem Diplom Marianne und Dr. med. Hans-Dieter Hoffmann als Kunstwissenschaftler ab. Von 1971 gehören zu den „etwas entfernter lebenden“ bis 1992 arbeitete er mit großem Feinsinn Lesern des RF. 11 000 km vom heimatlichen als Redakteur für bildende Kunst bei der Greifswald haben sie auf der zu Frankreich Tageszeitung „Neues Deutschland“. gehörenden Insel La Réunion ihre Zelte auf- Da stellt sich doch gleich die Frage, wel- geschlagen. Unser Foto zeigt beide auf den ches Blatt sich heutzutage überhaupt Klippen zum Indischen Ozean. noch einen solchen Mitarbeiter leistet, obendrein auch noch einen mit derart Seite 28 RotFuchs / Juni 2010

Archie und die Enkelin Anne

amals, als die Sonne schön wie nie Lexika nach, die er alle aufs Grundstück verscheucht. Ein junger Hund offenbar, Düber der DDR schien, fuhr Archie mit geschleppt hatte, und sagte: „Blindschlei- der noch keiner Bache mit Frischlingen Trabbi oder Wartburg so oft er konnte, chen fressen wohl keine Körner, aber sie begegnet ist.“ vor allem zum Wochenende, gelegentlich haben im Gegensatz zu Schlangen sogar Tatsächlich fanden Anne und Opa Archie auch schon früher, allein oder mit Enke- Augenlider.“ Anne klatschte in die Hände einen kleinen Hund mit Schlappohren lin Anne, die zu der Zeit etwa 5 Jahre alt und sagte: „Au fein, sie schleicht also nicht schlafend unter einer jungen Fichte. Als war, auf sein beinahe zu großes Pacht- blind!“ Und so lernten sie beide mit- und er zu kläffen begann und an Anne hoch- grundstück. Es maß 2000 Quadratmeter, voneinander. sprang, kam die Ente mit schlagenden Flü- war lang und schmal, leider nicht teil- Archie hatte verlernt, das Wichtige in der geln angewatschelt, offenbar um ihn zu bar. Dorthin begab er sich, um besänftigen, die Katze folgte ihr. zu werkeln, zu hämmern, zu Da standen sie nun zu dritt: Ente sägen und zu nageln, zu säen in der Mitte, Hund und Katze und zu graben, vor allem Zäune rechts und links. Sie sahen kläg- zu reparieren gegen den Einfall lich drein. Später fraßen alle aus von Wildschweinen, die alles einer Schüssel und verschwan- durchfurchten und abfraßen. den dann in der Hütte, um ein Der Ort hieß früher Alt-Sau- Nickerchen zu machen. Die Ente walde, dann zu Sahwalde umge- trieb die beiden Vierbeiner mit wandelt, gelegen vor den Toren Geschnatter hinein, legte sich bei einer Kleinstadt, die davor und steckte den Kopf in kurioserweise einen Strauß ins die Federn. „Wie mögen die nur Wappen bekam, obwohl sie ein zusammengekommen sein?“, Wildschwein verdient hätte. fragte Archie laut. „Vielleicht Enkelin Anne hatte einen schar- nach dem Motto Vereint sind wir fen Blick und erstarrte stets, stärker“. „Oder, dreie kommen wenn sie am Treptower Park in durch die ganze Welt“, ergänzte Berlin beim Spazierengehen mit Anne. Am Abend, als sie das Opa den riesigen Sowjetsolda- „Sandmännchen“ aus Adlershof ten mit dem Kind auf dem Arm Neue Rotfüchse wachsen immer wieder auf ... sah, rief sie erfreut aus: „Siehst sah, hoch droben. Sie hob dann du, Herr Fuchs und Frau Elster den kleinen dicken Zeigefinger und flü- Welt mit den naiven, neugierigen Blic- kommen auch miteinander aus.“ „Gerade sterte: „Puppe!“ ken eines Kindes zu sehen, und mußte so“, sagte Archie, „aber eigentlich hast So sah sie auch die vielen kleinen Kröten sich diese Fähigkeit erst mühsam wie- du recht, warum sollten sich nicht auch am Frauensee bei Alt-Sauwalde, die vom der aneignen. Der Nachteil war, daß ihm Ente, Hund und Katze vertragen?“ „Weißt Wald zum See wechselten. Sie klopfte von vieles durch die Brille eines Kindes im du, Opa, wenn ich wieder zu Hause und im hinten, unvorschriftsmäßig im Trabbi Leben der Erwachsenen unsinnig vor- Kindergarten bin, glaubt mir das keiner, stehend, bei kurzen Strecken so lange dem kam, zum Beispiel die fehlende Geduld dem ich das erzähle. Alle werden wieder Opa auf die Schulter, bis dieser anhielt, der Menschen, einander zuzuhören, genau sagen: Du und die Geschichten von Dei- wendete und einen anderen Weg suchte. hinzusehen bei Pech oder Versagen ande- nem Opa, da lachen ja die Hühner! Und Dabei stieß er fast mit einem Lada zusam- rer oder sich nur mit dem eigenen Befin- wenn ich hier in Alt-Sauwalde bin, da men, der durch den Pilgerzug der Kröten den zu beschäftigen. Besonders fiel das lachen die Hühner wirklich.“ Da mußte hindurchbrauste. Archie in jener Zeit auf, die von Medien auch Archie lachen und meinte: „Viele Anne konnte die lieben Mitmenschen schon und Politikern als „Wende“ angepriesen Dinge, die unwirklich scheinen, sind im nerven, aber nicht den Opa, weshalb sie wurde. Anne hätte damals nie gefragt: Leben wichtig.“ ihn öfter allein aufs Grundstück beglei- „Wie geht es Dir, Opa?“, ohne an der Ant- Heute ist Anne eine große junge Frau, tete, wenn die Oma noch nicht mit konnte. wort interessiert zu sein. 26 Jahre, alleinerziehend mit Töchter- Sie stellte pausenlos ihre Gretchenfra- Als sie diesmal mit dem Trabbi in das chen Pia, genauso alt wie sie damals, als gen und plapperte auch ununterbrochen. Grundstück mit den hohen Bäumen ein- sie mit Opa Archie auf dem Grundstück Archie brachte das nicht in Verlegenheit fuhren, kam ihnen aus der Hundehütte, die war, das längst nicht mehr existiert. Anne, oder aus der Ruhe. Er erzählte ihr beinahe Archie kurz zuvor vom Nachbarn bekom- die Master-Studentin für Betriebswirt- wahre oder auch erfundene Geschich- men hatte, eine Flugente entgegen, die schaftslehre, hat wenig Zeit für ihre Toch- ten, beschäftigte damit ihre Phantasie einen Flügel hängen ließ. Der Nachbar, der ter. „Gretchenfragen“ erörtert sie heute und auch seine eigene. Er war oft über die eine Taubenzucht betrieb und immer alles nicht mehr mit ihrem Opa. – Leider! Einfälle der kleinen pummeligen Enke- genau beobachtete, rief: „Da muß noch Manfred Hocke lin erstaunt, der nichts entging, was da eine kleine Katze in der Hütte sein!“ Tat- so kreuchte und fleuchte. Selbst das lei- sächlich schienen Ente und Katze zusam- seste Quietschen einer kleinen braunen menzugehören, zum Entzücken von Anne, Erdkröte hörte sie, so daß sie Opa war- die gleich anfing, sich um Futter zu küm- Die RF-Regionalgruppe Uecker-Ran- nen konnte, nicht draufzutreten. Aber mern, worauf ihr die Ente hinterherwat- sie beiseite zu tragen vermochten beide schelte und die junge Katze die Bäume dow und die Ortsgruppe Pasewalk der nicht, das konnte nur die Oma, aber die rauf und runter raste. Partei Die Linke laden zum 1. Juli um war noch in der Schule, wo sie als Lehre- Da sagte der Nachbar von der anderen 19 Uhr in die Begegnungsstätte der rin arbeitete. Sie graulte sich nicht vor Seite, der stets mit einer dicken Tabaks- Volkssolidarität am Markt in Pasewalk solchem Getier wie Kröten, Fröschen und pfeife erschien und bei dem die Wild- ein. Der Landtagsabgeordnete Torsten Blindschleichen. schweine rudelweise im Garten standen, Koplin spricht zum Thema „Ein blindes Huhn findet manchmal auch um dann Archies Drahtzaun zu unter- ein Korn“, sagte Anne altklug und mit gloc- wühlen: „Da war noch ein Köter dabei Anforderungen an ein kenheller Stimme. „Aber wie ist das mit auf euerm Grundstück heut nacht. Der Programm der Linken einer Blindschleiche?“ Archie sah in seinen hat gekläfft und die Wildschweine RotFuchs / Juni 2010 Seite 29

wurde. Sie endete mit einer vernichtenden Niederlage Ecke gedrängt sieht. In einem solchen Falle dürfte Leserbriefe an der faschistischen deutschen Wehrmacht. Place sein Untergang anders verlaufen als 1989/90 das de Stalingrad. Verschwinden des Sozialismus in der DDR. Damals Ro t Fu c h s Nach der schändlichen Namensänderung unter gab es Verantwortungsträger, die verhinderten, Chruschtschow wurde im Pariser Stadtrat der daß auf Demonstranten geschossen wurde. Es Antrag eingebracht, dem Platz ebenfalls einen war Leuten wie Egon Krenz zu verdanken, daß die anderen Namen zu geben. Er wurde mit Mehrheit Panzer in den Kasernen blieben. zurückgewiesen, obwohl die Kommunisten in diesem Dafür warfen ihn die „Sieger“ dann ins Gefängnis. Hallo, schönen Tag aus Windhoek! Seit Jahren Gremium minoritär waren. Französische Patrioten Doch ein Innenminister wie de Maizière, ein Kriegs- übersendet Ihr mir freundlicherweise regelmäßig sahen im Namen Stalingrad ein Symbol des Sieges minister wie Guttenberg oder eine Kanzlerin wie den RF. Er dient nicht nur meiner Erbauung, sondern über den Hitlerfaschismus. Einem solchen Symbol Merkel dürften von derlei Skrupeln wohl kaum geplagt auch vielen kritischen Überlegungen zu unserer gibt man keinen anderen Namen. So heißt der Platz sein. Man will den Einsatz der Bundeswehr auch im DDR-Geschichte. Ich war bis zum Schluß DDR- noch heute: Place de Stalingrad. Inland zur Routine werden lassen und baut nicht Botschafter im mittlerweile zugrunde gerichteten Dieter Junghans, Neubrandenburg ohne Grund einen Orwellschen Überwachungsstaat schönen Simbabwe und lebe nun seit zehn Jahren auf. Wenn das Herrschaftssystem des Kapitals ins in Namibia unter Freunden, welche die Hilfe der Kurz vor seinem 83. Geburtstag verstarb mein Wanken gerät, wird es bedenkenlos töten. Das sollte DDR für sie nie vergessen haben. Ein weiterer Vater Alfred B. Neumann nach kurzer schwerer man auch aus der Geschichte gelernt haben. Ich ehemaliger Kollege befindet sich seit Jahren im Krankheit. Politisch sehr engagiert, gestaltete er denke nur an 1918/19. angolanischen Luanda und bat mich, doch auch für die DDR in verschiedenen Bereichen (FDJ, Sport Neben den USA und Großbritannien zählt die ihn die Zustellung des RF zu organisieren. Mit dem und Außenpolitik) aktiv mit. Nach unserer Nieder- BRD heute zu den aggressivsten Staaten der mir übersandten Exemplar habe ich schon vielen lage setzte er sich für die Erhaltung der Würde in westlichen Welt. Gewaltanwendung im Ausland wieder Mut machen können. Habt Dank! Not geratener Genossen und Freunde ein. Seine ist längst zur Routine geworden. Wer hier einmal Uwe Zeise, Windhoek, Namibia besondere Liebe galt Kuba. So spendete er bei auf den Geschmack gekommen ist, hat nur noch jeder Gelegenheit für das Projekt „Milch für Kubas eine kleine Hemmschwelle zu überwinden, auch Im Buch eines ehemaligen Fremdenlegionärs mit Kinder“. Seinem Wunsch entsprechend zeichnete im Inland schießen zu lassen. dem Titel „Dort, wo man stirbt – vielleicht“ sagt der die Trauergemeinde am 18. März – dem Tag seiner Ulrich Guhl, Berlin französische General de Négrier: „Kameraden, Ihr Beisetzung – einen Gesamtbetrag von 475 Euro für seid Soldaten, um zu sterben! Und ich werde Euch dieses internationalistische Anliegen. Der von Barack Obama und Dmitri Medwedjew dorthin schicken, wo man stirbt.“ Das war 1954 vor Natürlich war mein Vater ein treuer „RotFuchs“-Leser. hochgelobte neue Start-Vertrag, durch Westerwelle der den Indochinakrieg entscheidenden Schlacht Heinz Neumann, Potsdam als „Meilenstein für die weltweiten Abrüstungsbe- um Dien Bien Phu. mühungen“ bezeichnet, entpuppt sich bei näherem Als der Bundestag kürzlich „mit überwältigender Die Anfang April in Afghanistan getöteten drei Bun- Hinsehen als Mogelpackung. Die angebliche Abrü- Mehrheit“ das Afghanistanmandat verlängerte, hätte deswehrangehörigen waren gerade beigesetzt, da stung betrifft lediglich die strategischen Atomwaffen, doch Kriegsminister zu Guttenberg dieses Zitat an meldeten die Medien die nächsten vier Kriegstoten. die nur ein Viertel aller Bestände ausmachen und den Anfang seiner Rede stellen können! Ihre Leichname zeigen auf jene, die den Tod dieser vor allem während des Kalten Krieges relevant Der von mir geschätzte Journalist Peter Scholl-Latour BRD-Bürger zu verantworten haben: auf Kanzlerin waren. Der Vertrag sieht keine Verschrottung der besuchte die Kommandozentrale der Bundeswehr Merkel, Kriegsminister zu Guttenberg und jene Bun- Sprengköpfe und der Trägersysteme vor. Beide in Afghanistan. „Uneinnehmbar“, erklärte der Kom- destagsabgeordneten, die den Einsatz deutscher werden lediglich „eingemottet“ und können jederzeit mandeur. Scholl-Latour, der 1954 als blutjunger Soldaten am Hindukusch beschlossen haben. reaktiviert werden. französischer Soldat mit dem Kommandanten der 70 % der Bundesbürger wollen ein Ende dieses Zeitgleich verkündete Obama die „neue Nukle- „uneinnehmbaren“ Dschungelfestung Dien Bien Phu, sinnlosen, verbrecherischen Krieges. Arrogant arstrategie“ der USA. Danach halten sie an der Oberst de Castries, gesprochen hat, erinnerte sich und heuchlerisch setzten sich Kanzlerin und „Rechts“anmaßung fest, als erste Atomwaffen an dessen Worte: „Die ‚Viets‘ kommen in diesem Kriegsminister in salbungsvollen Leichenreden einzusetzen. Außerdem sollen die existierenden unwegsamen bergigen Gelände nie durch!“ Sie über die Meinung der Wähler hinweg und forder- Typen weiterentwickelt und modernisiert werden kamen durch, selbst mit „Stalinorgeln“ aus dem ten den weiteren Kampfeinsatz der Bundeswehr können. Uwe Bossart, Lüdenscheid 2. Weltkrieg. in Afghanistan. Mich packen Wut und Empörung Drei Monate später hatten die „Viets“ Stützpunkt über die erbärmliche Phrasendrescherei derer, die RF-Chefredakteur Klaus Steiniger bevorzugt für Stützpunkt der Kolonialtruppen niedergekämpft. behaupten, dort würden Freiheit und Demokratie gewöhnlich klare Worte in starken, treffsicheren Wer von diesen nicht gefallen oder vermißt war, der BRD verteidigt. Argumentationen. In seinem Beitrag „Der verlo- ging in Gefangenschaft. Es waren nicht mehr viele. Friedhelm Schulz, Hoyerswerda rene Krieg“ (April-RF) „eiert“ er allerdings herum, Sie wurden von den „Viets“ nach der Genfer Kon- wenn er zum Einmarsch sowjetischer Truppen vention behandelt, nicht gerade zimperlich, aber Nun ist es genug! Wiederholt mußten junge Menschen 1979 in Afghanistan schreibt: „Die Entscheidung weitgehend korrekt, und kamen schließlich nach ihr Leben in einem Krieg lassen – man benutzt ja jetzt Breshnews, der Bitte Kabuls zu folgen, war nicht Frankreich zurück. diesen „umgangsprachlichen“ Ausdruck –, den das ohne Zwiespältigkeiten und Risiken.“ Dr. med. Hans-Dieter Hoffmann, deutsche Volk ganz überwiegend verabscheut. Die Im wesentlichen war diese Entscheidung nämlich Piton-Saint-Leu, La Réunion Verantwortlichen haben jegliches Vertrauen verspielt, falsch, folgenschwer und verhängnisvoll. Es gab denn wer der Jugend keine andere Perspektive als damals selbst aus der KPdSU-Führung Warnungen Die beiden im RF Nr. 145 veröffentlichten Artikel den Tod zu bieten vermag, hat kein Recht, im Namen vor einem Versuch des Exports der sozialistischen „Schach den Schmähern“ von Dr. Klaus Steiniger des deutschen Volkes zu regieren. Revolution (J. Andropow) und Sorgen um das poli- und „Kühler Kopf, heißes Herz, saubere Hände“ von Thea Kleine, Berlin tische Image des sozialistischen Lagers, speziell Dr. Dieter Lehmann widerspiegeln sehr objektiv die um die Olympischen Spiele 1980 in Moskau (A. herausragende Rolle des Ministeriums für Staats- Wo sind wir hingeraten, daß uns der Krieg und seine Gromyko). Leider hat sich die „kollektive Weisheit“ sicherheit der DDR im Kampf gegen feindliche Opfer so gleichgültig lassen!? In Leipzig, der „Hel- sowjetischer Geostrategen durchgesetzt, so daß Geheimdienste des Westens, die jahrelang alles denstadt“, fanden sich lediglich 100 bis 150 Bürger die UdSSR „ihr Vietnam“ bekam. unternahmen, um die DDR wirtschaftlich und politisch zum Protest ein. Ist das die „Leipziger Freiheit“, mit Widersprechen möchte ich, wenn es im genannten zugrunde zu richten. Im Laufe meiner langjährigen der sich die Halbmillionenstadt schmückt? Und das, Beitrag über die Taliban heißt, sie seien zwar ideolo- Tätigkeit in der DDR habe ich viele seiner Mitarbeiter obwohl sich auf dem Flughafen der Messestadt ein gisch im Mittelalter angesiedelt, würden sich heute kennengelernt. Gemeinsam kämpften wir für das Zwischenstopp für die Verlegung amerikanischer jedoch objektiv als afghanische Patrioten erweisen. Wohlergehen unserer Völker und Länder. Truppen nach Afghanistan befindet! Indirekt ist Ich kann an der religiös verbrämten, repressiven Mit einigen Genossen – so Dr. Lehmann – verbinden auch das eine Kriegsbeteiligung. Gewaltherrschaft der radikal-islamistischen Taliban mich bis heute freundschaftliche Beziehungen. Wo sind die Bürgerbewegten, die 1989 hier gegen nichts Patriotisches für den gesellschaftlichen Seit 20 Jahren werden diese wahren deutschen einen Staat demonstrierten, der keinen Krieg führte? Fortschritt am Hindukusch erkennen. Der RF sollte Patrioten im vereinigten Land als Feinde betrachtet. Wo sind die Protestierer, die unentwegt gegen klarstellen, daß unser „Raus aus Afghanistan!“ niemals Dabei hätten sie Anerkennung und Aufmerksam- den Sozialismus zu Felde zogen und ziehen? Wo ein „Afghanistan den Taliban!“ bedeuten kann. keit verdient. sind die Genossen von einst und von heute? Ist Dr. Wolfgang Künzel, Bad Blankenburg Oberst a. D. Witali Korotkow, Moskau es Desinteresse, Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit oder alles zusammen? Der Aufmacher der Aprilausgabe findet weitge- Den Wert der Aussage des in sehr leidenschaftlichen Oberstleutnant a. D. Hans Böttcher, Leipzig hend meine Zustimmung. Vergessen wurde nur Worten gehaltenen Leitartikels der Mai-Ausgabe zu erwähnen, daß die Amerikaner und in deren des RF soll eine kleine Ergänzung nicht mindern. Eines muß jedem klar sein, der sich Gedanken um Gefolge letztlich auch die Bundeswehr wohl kaum Erwähnung findet dort eine Pariser Metrostation. die Systemfrage macht: Dieser Kapitalismus ist bis einmarschiert wären, wenn die Taliban das Ansin- Sie liegt an einem Platz, der den heute ausgelösch- an die Zähne bewaffnet und wie jedes politische nen einer Pipeline durch ihr Land nicht störrisch ten Namen jener russischen Stadt trägt, die zum System, das ohne Moral existiert, wird er sich bis ausgeschlagen hätten. Andernfalls dürften sie ihr Schauplatz der größten Schlacht des 2. Weltkrieges zum Äußersten verteidigen, wenn er sich in die Regime gewiß bis heute ausleben. Seite 30 RotFuchs / Juni 2010

Ferner blieb die mir wichtig erscheinende Tatsache Offenbar sind „Inoffizielle Mitarbeiter“ gemeint. Im Beitrag Prof. Schneiders „Wölfe im Schafspelz“ unerwähnt, daß deutsche Rüstungsunternehmen Das MfS hatte sie genauso wie in US-Filmen glo- (RF 147) geht es u. a. um die Anerkennung oder an diesem Feldzug samt toten jungen Männern rifizierte „Undercover-Agenten“ oder V-Leute des Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Als glänzend verdienen. Verfassungsschutzes, die im NPD-Verbotstheater Angehöriger einer jüngeren Generation stellt sich Energisch widersprechen möchte ich allerdings der tragikomische Rollen spielen. Und auch in aller mir die Frage, was wohl geschehen wäre, hätte Kopplung: Taliban – objektiv Patrioten/deutsche Welt gibt es ähnliches. Otto Grotewohl nicht das getan, was seitens Linke an der Seite a l l e r Afghanen, die ... Uner- Wolfgang Kroschel, Cottbus des naziverseuchten Revanchistenstaates BRD schütterlich an der Seite von Gulbuddin Hekmatyar tunlichst vermieden wurde? Dort fürchtete man und anderen Spießgesellen bis Massenmördern Beim Stöbern tauchen plötzlich Bücher aus die Anerkennung der Westgrenze Polens wie der sollten sich anständige Bewohner dieses Landes vergangenen, aber nicht vergessenen Zeiten auf. Teufel das Weihwasser. dann doch nicht wiederfinden wollen. Aber vielleicht Bald steht ein ganzer Karton mit meinen einstigen Darf man spekulieren, daß die Erika Steinbachs jener war es ja so auch nicht gemeint. Kinderschätzen vor mir. Ich greife nach „Neger Tage schon vor 50 Jahren ihre Finger nach Territorien Rüdiger Becker, Berlin Nobi“, „Jenny“, „Die Jagd nach dem Stiefel“, „Ponny ausgestreckt hätten, die ihnen nicht gehören? Und Pedro“, „Die Reise nach Sundevit“, „Mohr und die darf man ebenso bange Fragen hinsichtlich des Ich mußte im 2. Weltkrieg vom ersten Tag an Sol- Raben von London“, „Käuzchenkuhle“, „Tschuk Erfolgs eines solchen Gaunerstückes stellen? dat der Wehrmacht sein. Als Sanitätsdienstgrad und Gek“, „Der kleine Trompeter“ und natürlich Peter Hünerbein, Hellenthal wurde ich zunächst drei Jahre lang nicht an der auch nach „Egon und das achte Weltwunder“. Front eingesetzt. In dieser Zeit hörte ich am Radio Gedanklich sitze ich wieder im Hort oder in der Über meine Schwiegermutter bekam ich zum etliche Reden von Hitler, Goebbels und Konsorten. Kinderbibliothek und erobere mir die Bücherwelt. ersten Mal Euren „RotFuchs“ in die Hand. Wenn Nach dem Überfall auf die UdSSR suchten sie die Die alte Faszination ist geblieben. Da kann man der ich auch nicht mit allem konform gehe, so ist doch Deutschen davon zu überzeugen, daß der Krieg grauen Gegenwart entfliehen. Keine Fotoerinnerung der Grundgedanke unter wirklich Linksorientier- gegen den „Bolschewismus“ unerläßlich sei, um könnte schöner sein als das Gefühl: Es war einmal, ten immer derselbe. Als ehemaliges Mitglied der die Welt vor großem Schaden zu bewahren. Heute und es war kein Märchen, sondern Realität. SED habe ich meine politische Einstellung nicht weiß jeder, wie die Sache ausging. Wie kann ich diese Empfindungen meinen Enkeln geändert, obwohl ich heute keiner Partei mehr Jetzt verfolgte ich am Bildschirm die Regierungs- vermitteln, so daß mein Augenleuchten ihre Herzen angehöre. Mich regt vor allem auf, daß alles, erklärung der Bundeskanzlerin zum Afghanistan- und ihren Verstand erreicht? Für die nächsten was DDR-„behaftet“ ist, als Unrecht abgetan Krieg. Nicht nur ihre Worte, sondern vor allem Ferien habe ich ihnen das Stöbern in meiner wird. Doch als Einzelner steht man oft mit seiner auch die Beiträge der Vertreter von CDU und FDP Bücherkiste schon schmackhaft gemacht, wenn Meinung allein da. Mathias Thonig, Berlin erinnerten mich unwillkürlich an die Durchhalte- sie ihre Gameboys zu Hause lassen. Beim Ein- parolen der Nazis zwischen 1939 und 1945. Der tauchen in meine „alten Zeiten“ (ich bin fast 56) Durch einen guten Freund erfuhr ich vor einiger Unterschied: Diesmal geht die Gefahr nicht vom kommt es mir so vor, als ob ich ihnen (9 und 14) Zeit von der Existenz Eurer Zeitschrift. Seit „Bolschewismus“, sondern von dem an seine Stelle Märchen erzähle. Immer wieder frage ich mich: mehreren Monaten bin ich nun Bezieher dieser getretenen „Terrorismus“ aus. Man nimmt die Was bekommen sie heute bloß in der Schule und hervorragenden Lektüre. Meine Frau und ich Taliban ins Visier, wobei man nicht verschweigen im Internet vorgesetzt? Man könnte fast meinen, warten stets mit Spannung auf die neue Ausgabe. kann, daß hinter ihnen große Teile der afghanischen wir hätten umsonst gelebt. Aber das werde ich Über die verschiedenen Beiträge unterhalten wir Bevölkerung stehen. nicht zulassen, denn das, was ich ihnen mit auf uns dann intensiv. Nach dem Studieren reichen Etwa 70 % der Deutschen wollen diesen Krieg nicht. den Weg gebe, brauchen sie für ihr Leben. Wärme wir den RF im Bekanntenkreis weiter. Es ist Das Besondere unserer „Demokratie“ besteht aber und Geborgenheit strahlen die goldenen Seiten herzerfrischend, wie es den Autoren, besonders darin, daß diese Mehrheit durch die Regierung meiner Kinderzeit immer noch aus. dem Leitartikler, immer aufs neue gelingt, den völlig ignoriert wird. Allein die Linkspartei bezieht in Cornelia Noack, Beeskow Kapitalismus unserer Tage zu entlarven. dieser Frage eine dem Volkswillen entsprechende Ernst Gallert, Rudolstadt Position. Horst Zimmermann, Cottbus Mich empört die tendenziöse Berichterstattung über Jugendwerkhöfe und Heime für schwererziehbare Ich danke für die interessante, tiefgründig orien- In wenigen Tagen werden die Medien wieder ein Kinder in der DDR. Ich empfinde es als unerträglich, tierende Informationsflut des RF. großes Geschrei über den angeblichen Volksauf- wie Verbrechen an Kindern in katholischen Heimen Ein paar Bemerkungen zu dem Artikel „Laßt die stand vom 17. Juni 1953 anstimmen, bei dem es der BRD jetzt gegen die DDR instrumentalisiert Toten ruhen!“ in der Ausgabe Nr. 145: sich um eine versuchte Konterrevolution handelte. werden. Gewiß dürfte es auch bei uns vereinzelte Die Luftangriffe auf meine Heimatstadt Dresden Damals gehörte ich dem Wachregiment in Berlin- Übergriffe von Erziehern gegenüber Kindern und haben sich für immer tief in mein Gedächtnis Adlershof an. Am 17. und 18. Juni kamen wir in der Jugendlichen gegeben haben. Aber die Dinge so eingegraben. Ich war damals zehn Jahre alt, Leipziger Straße/Ecke Wilhelmstraße am Haus der hinzustellen, als ob dies der „systembedingte“ Kriegs- und Nachkriegserlebnisse bestimmten Ministerien zum Einsatz. Die gegenüberliegende Kern der Erziehung gewesen sei, ist glatt gelogen. meine Kindheit. Wir wohnten im Zentrum des HO-Verkaufsstelle war ausgeraubt, Lebensmittel Hier werden die Lebensleistungen von Lehrern Grauens, am Hauptbahnhof. Es erschüttert mich lagen auf der Straße, eine Telefonzelle brannte, aus und Erziehern der DDR bewußt in den Schmutz immer wieder, wenn nach dem Motto „So schlimm einem Haus am Potsdamer Platz wurden brennende gezogen, um von den Schweinereien in einigen war es ja nicht!“ versucht wird, Zahlen aufzulisten Möbel auf die Straße geworfen. Hier waren bezahlte Klöstern und Internaten der BRD abzulenken. Es oder zu verfälschen. Einwohner, Durchreisende, Elemente aus Westberlin am Werk. Sie erhielten von ist doch eigenartig: Immer, wenn in den alten Flüchtlinge, Verwundete, Kriegsgefangene waren der Laufschrift auf dem Springer-Gebäude ständig Bundesländern üble Vorkommnisse ans Tageslicht nur schätzbar. Auf Kindergröße verbrannte neue Anweisungen. Wir mußten mit ansehen, wie kommen, muß man nicht lange warten, bis sich Erwachsene, im Feuersturm verglühte Menschen, Berliner Volkspolizisten zusammengeschlagen Vertreter der Birthler-Behörde und deren „DDR- Leichenteile auf Straßen, in Kellern oder Bomben- oder von Autos überrollt wurden. Opfer“ zu Wort melden, um über gleichartige oder trichtern konnten nicht zugeordnet oder registriert Übrigens hatten wir zwar jeder einen Karabiner, schlimmere Erlebnisse, die es in der DDR gegeben werden. Das Werk der Bomben, Kettenminen und aber keinen einzigen Schuß Munition. Für uns haben soll, zu berichten. des Phosphors war verheerend. Allein auf dem galt schon damals der Grundsatz einer friedlichen Helmut Baumgarten, Halle (Saale) Altmarkt wurden etwa 7000 Leichen verbrannt. Regelung von Konflikten. Auf den Friedhöfen gibt es Massengräber. Heute bin ich davon überzeugt, daß wir die Gang- Mich erstaunt noch immer, wie Westerwelle derart Was sollen also Zahlen und vage Vermutun- sterpogrome in mehreren Städten der DDR allein aus der Schule geplaudert hat, was die politisch gen angesichts der furchtbaren, grausamen nicht in den Griff bekommen hätten. Zum Glück Herrschenden aus diesem Land gemacht haben: Tötungsarten, denen unschuldige Menschen zu kamen uns die sowjetischen Genossen zu Hilfe. Die BRD ist tatsächlich ein „Billiglohnland“ und einer Zeit zum Opfer fielen, als der 2. Weltkrieg Wolfgang Müller, Bad Düben deshalb für bestimmte ausländische Anleger bereits entschieden war! interessant. Wenn Arbeitslöhne nicht einmal das Ursula Fischer, Strausberg Erhard Römer hat im RF 147 kenntnisreich über die Hartz-IV-Niveau erreichen, dann ist das doch von „Defizite“ der DDR geschrieben. Ich polemisiere irgend jemandem so gewollt. Westerwelle stellte Schon in den 70er Jahren war ich der Meinung, dennoch gegen zwei seiner Formulierungen. fest, daß sich Arbeit für viele in diesem Staat gar daß in der DDR ein Mißverhältnis zwischen Geld- Die BRD habe „von der DDR etliche Strafgefangene nicht lohnt, weil sie vom Lohn allein kaum noch und Warenfonds bestünde. Nachdem für meine freigekauft“, schreibt er. leben können. Wer das bisher nicht wußte, weiß Berufsgruppe eine Gehaltserhöhung gewährt Israel verlangt von jenen Bürgern, die das Land es jetzt – dank Herrn Westerwelle. worden war, traf ich die Entscheidung, meine dauerhaft verlassen wollen, die Rückzahlung Generalmajor a. D. Heinz-Joachim Calvelage, Solidaritätsspende entsprechend zu erhöhen. sämtlicher in sie investierten Ausbildungskosten. Delitzsch Anläßlich einer späteren Spendensammlung für Warum sollte die DDR qualifizierte Fachkräfte, die Zwecke der Solidarität kam von der Parteileitung ihr Wissen und Können fortan einem anderen Staat Schon am 30. April feierte unsere Omi Erika Püttner dann plötzlich der Hinweis, die Beträge nicht zu zur Verfügung stellten, kostenlos ziehen lassen? in Freiberg bei wieder guter Gesundheit ihren 90. steigern, da nicht genügend in Betracht kom- Zum MfS bemerkt Römer, dies gebe es nicht mehr, Geburtstag. Gemeinsam mit dem „RotFuchs“ über- mende Produkte für die Lieferung in bedürftige ebenso „dessen einstmals informelle Mitarbeiter“. mitteln wir ihr nachträglich einen lieben Gruß. Länder zur Verfügung stünden. Vielleicht ist das nur ein Lapsus beim Redigieren. „Olle Leo“ für die Enkel aus Karl-Chemnitz Hans Schneider, Erfurt RotFuchs / Juni 2010 Seite 31

Als die DDR 1989/90 mit westlicher „Sterbehilfe“ Im Rahmen des strategischen Verblödungskon- selbst verunglimpft und so tut, als hätte sie damals verschied, wurde alles Brauchbare (und davon zepts dieses Landes tritt der selbsternannte in einer Strafkolonie gelebt. Ihr seid gut. Ich schaue gab es in dem angeblich maroden Staat mehr als Heimatsender MDR normalerweise nicht aus dem daher bestimmt öfter bei Euch vorbei. genug) von westlichen „Kennern“ geplündert. Den Schatten, wohl aber dann, wenn es um die DDR, Maik Nixdorf, E-Mail DDR-Bürgern blieb rein gar nichts von dem in 40 um Beurteilung von Vorgängen und Geschehnissen Jahren in Gestalt des Volkseigentums erarbeiteten in ihr geht. Mit Zerrbildern gestalten die Verant- Neben den wirklichen Arbeitslosenzahlen vertuscht Reichtum. Sogar Kulturhäuser und Ferienheime wortlichen, die beim Start des Senders zu 95 % man auch die Zahl der Firmen, die aus ökonomi- rissen die Räuber an sich. Jahr für Jahr werden viele aus dem Westen kamen und heute noch immer in schen Gründen schließen mußten. Sie liegt um ein Millionen Euro von der Bundesregierung aus dem der Mehrzahl von dort sind, seit 20 Jahren für uns Mehrfaches höher, als die gemeldeten Insolvenzen Verkauf ehemals volkseigener Wälder und Felder „Heimat“. Mit dem diesjährigen „Jubiläum“ des ausweisen. Überdies wird das Scheitern aller Versu- kassiert. Sogar Guthaben von 18 Massenorganisa- Anschlusses steht die nächste Offensive bevor! che, in Ostdeutschland jährlich mehr Beschäftigung tionen der DDR verteilt die Bundesregierung nach Beim MDR gilt: Die Leiche konnte sich noch nie zu schaffen als wegbricht, durch falsche Angaben Belieben, vor allem an Institutionen, die ständig gegen den Obduktionsbefund wehren! unter den Teppich gekehrt. Die Bundesagentur für neue Dreckkübel über uns ausschütten. Für mich ist der MDR zum RIAS der Gegenwart Arbeit weist seit über zehn Jahren ständig nach, Elisabeth Monsig, Schwedt mutiert. Er hat noch Bedeutung beim territorialen daß die Gesamtheit der sozialversicherungspflichtig Wetterbericht sowie der sonntäglichen Garten- Beschäftigten von der Wirtschaft im Osten nicht Man behauptet, die DDR sei ein Unrechtsstaat sendung. Manfred Riethig, Gera über 5,2 Millionen angehoben werden kann. Ein- gewesen. Was für ein Unsinn! bezogen ist dabei immer das Wirtschaftsgebiet Nenne mir jemand einen einzigen Staat in der Welt, Im „Nordkurier“ vom 31. März wird neben Aufklärung Westberlin, das bekanntlich nicht zur DDR gehörte. der allen gerecht zu werden vermag. Immer wird über Scientology, der man Verfassungsfeindlich- Mit einer solchen Verschleierungstaktik will man es Bevölkerungsgruppen geben, die der jeweils keit attestiert, eine Reihe von Inbrandsetzungen suggerieren, es gehe voran. Der vierte Trick besteht herrschenden Klasse nicht genehm sind. Das hochwertiger PKW von NPD-Landtagsabgeord- im Verschweigen der für die BRD negativen inter- trifft zum Beispiel auf uns zu, die wir in der DDR neten, McDonald-Geschäftsführern und anderen nationalen Investitionsanalyse der Bundesbank, gelebt und gearbeitet haben. Jetzt sind wir dem Besserverdienenden „linksextremen“ Tätern die weit über fünf Millionen von deutschen Firmen uns übergestülpten Staat auf Gedeih und Verderb zugeordnet. im Ausland geschaffene Arbeitsplätze ausweist, ausgeliefert. Ich denke auch an das Verbot der KPD Nach Aussagen des Bundesinnenministeriums denen weniger als die Hälfte von ausländischen unter Adenauer und die Verfolgung Andersden- soll die Zahl politischer Gewalttaten 2009 auf fast Unternehmen in Deutschland angebotene Stellen kender bis in unsere Tage. Ist es z. B. gerecht, daß 34 000 gestiegen sein. „Ein Drittel davon wurde gegenüberstehen. Joachim Spitzner, Leipzig Menschen von ganzen Bereichen der Gesellschaft auf dem linken Sektor verübt“, heißt es in mäßigem ausgeschlossen bleiben, weil sie ihrem sozialisti- Deutsch. Durch Rechtsextremisten begangene Der Cellovirtuose, Rechtsanwalt, gottesfürchtige schen Staat gedient haben? Ist es gerecht, wenn Gewaltakte gegen Ausländer werden hier statistisch Christ und allerletzte DDR-Staatsverweser Lothar eine Oberschicht immer reicher, die Mehrheit aber mit Blockaden Linker gegen Neonaziaufmärsche de Maizière zitierte 2007 zwar zynisch-brutal, immer ärmer wird? gleichgesetzt. Für MV-Innenminister Caffier (CDU) doch um so verständlicher in einem Interview mit Ich würde lieber im sogenannten Unrechtsstaat DDR steht fest: „Militante Linksextremisten agieren immer amadelio folgendermaßen die Bibel: „Als einst leben als in der BRD, die nicht einmal die elemen- rücksichtsloser auch gegenüber der Gesundheit Moses sein geknechtetes Volk Israel aus Ägypten tarsten sozialen Menschenrechte verwirklicht hat unbeteiligter Dritter.“ Der innenpolitische Sprecher herausführte und dieses Volk darüber klagte, so und aus Profitgründen Kriege führt. Das nämlich der FDP-Landtagsfraktion fordert sogar: „Der viele Entbehrungen auf sich nehmen zu müssen, ist Unrecht. Brigitte Tichauer, Berlin Kampf gegen Rechts- wie Linksextremismus ist rief er seinen Gott an und fragte, wie lange das gleichermaßen stark zu führen.“ Offenbar handelt wohl noch dauern würde. Und der Allmächtige Eure Aprilausgabe ist wieder gelungen. Die Leser- es sich um einen Reflex auf die erfolgreichen antwortete: ‚So lange, bis der letzte in der Knecht- meinungen zeigen mir, daß ich mit meinen Ansichten Aktionen der Antifaschisten u. a. in Dresden, schaft Geborene gestorben ist.‘ “ nicht allein stehe. Es ist wohltuend und erfrischend, Dortmund, München, Berlin und Rostock. de Maizière bemerkte dazu: „Die biologische Lösung was hier gesagt wird. Diese und Eure Grundsatzar- Dr. Manfred Bewersdorf, Neubrandenburg also ist es, die uns wahrhaft wiedervereinigt. Zwei tikel möchte ich als Landesvorsitzender der KPD in Generationen braucht es demnach als ‚Opfer‘, die Sachsen allen Linken sehr empfehlen. Seit etwa 2004 verteilt die NPD sogenannte dritte wird es überwunden haben.“ Was uns im Gegensatz dazu von den Medien Schulhof-CDs mit rechtsextremen Inhalten. Ein Ich habe das Bibelzitat nicht in der Primärliteratur aufgedrückt wird, ist entsetzlich. Da wird nicht dagegen gerichteter Antrag des Landeskri- überprüft, weil das hier unerheblich ist. Wesentlich an Sendungen über Hitler, Göring, die SS und minalamtes Niedersachsen scheiterte am 4. die Wehrmacht gespart. Dazu täglich „die besten Februar vor der Prüfstelle für jugendgefährdende erscheint mir lediglich, daß der Feingeist Lothar Filme aller Zeiten“. Als ob es wirklich gute filmische Medien. Die CD darf also weiter an die Schüler de Maizière es so und nicht anders zitierte und Werke nie gegeben hätte! Ich denke hier an „Ein herangetragen werden. Ganz offensichtlich ist kommentierte! Wolfgang Klages, Berlin Menschenschicksal“, „Panzerkreuzer Potemkin“, die Verbreitung faschistischer Ideologie vom „Der Untertan“, „Die Buntkarierten“ u. a. Grundgesetz geschützt. Ich habe hier bewußt Mit großem Interesse verfolge ich die Diskus- So gut ich als Hartz-IV-Empfänger kann, werde ich den Begriff Faschismus gebraucht, weil dieser in sionen und Veröffentlichungen zu den Ursachen den RF mit Spenden unterstützen. der offiziellen BRD-Terminologie nicht vorkommt. des rasanten Untergangs der DDR in den Jahren Michael Junghans, Rosenthal-Bielatal Grundsätzlich spricht man vom Nationalsozialis- 1989/90. Die häufig genannten Gründe reichen mus, um Hitlers Terrorherrschaft zu relativieren. von den ungünstigen Anfangsbedingungen der Vor mir liegt eine Information, die ich am 18. Februar Die Geschichte der Alt-BRD beweist, warum DDR über die Mißachtung der Klassiker, Verstöße 1983 dem zuständigen Genossen des MfS überge- das so ist: Der erste Bundeskanzler Konrad gegen das Parteistatut, die Unfähigkeit des Polit- ben hatte. Hierbei ging es nicht um die Beurteilung Adenauer hat bei den damaligen Westalliierten büros, herangereifte Probleme anzupacken, die einer Person, sondern um die Darstellung fehlender alles unternommen, um altgediente Faschisten Nichtbeachtung der ökonomischen Gesetze des Sicherheitsmaßnahmen bei der Aufbewahrung von flächendeckend im Staatsapparat unterzubrin- Sozialismus, den Verrat der letzten sowjetischen Schätzen des Weltkulturerbes, so der Cranach-Bibel, gen. Im Kampf gegen die UdSSR fronterfahrene Partei- und Staatsführung bis hin zu konterrevo- die es nur noch in einigen Exemplaren gibt. Nazimilitärs wurden wieder gebraucht und nicht lutionären Zersetzungs- und Unterwanderungs- Später wurde mir bekannt, daß ich mit diesem nur von der bundesdeutschen Politik, sondern aktivitäten der BRD. So richtig jede einzelne Schreiben als Gesellschaftlicher Mitarbeiter (GM) auch von der NATO gern genutzt. dieser Feststellungen auch sein mag, hat doch des Ministeriums registriert worden sei. Heute bin Wilfried Steinfath, Berlin keine für sich allein genommen den Untergang ich stolz darauf, daß ich einem der UNO angehö- der DDR bewirkt. renden Rechtsstaat treu gedient habe: Denn das Beste Erfolgswünsche für die nächste Zukunft, In diesem Zusammenhang halte ich es auch für war unsere DDR, die bekanntlich von 135 Staaten denn das Schönste, was uns monatlich ins Haus falsch zu glauben, die DDR hätte bei Vermeidung der Erde anerkannt wurde. flattert, ist der „RotFuchs“. Und solange er kommt, gravierender Fehler ohne die Sowjetunion über- Bibliotheksrat Egon Szamiteit, bringt er neue Hoffnung ins Land und hoffentlich leben können. Eine solche These ist unrealistisch. Dessau-Roßlau auch der Linken ein stabileres Rückgrat. Der neue Ein Vergleich mit China und Kuba verbietet sich Programmentwurf, der Lafontaines Handschrift ebenfalls, wenn deren Entstehung, Entwicklung Im März-RF veröffentlichten Sie zum Thema Sieger- trägt, macht ein bißchen Mut. und gegenwärtige Existenz im historischen Kontext verhalten einen Text von John Knittel. Zum gleichen Horst Joachimi, Berlin betrachtet werden. Inhalt kann ich ein Zitat jüngeren Datums beisteuern. Schließlich steht für mich völlig außer Frage, daß In Dan Browns „Sakrileg“ las ich: „Es bedeutet, daß Hallo, Ihr RotFüchse! Schön, einmal so etwas wie das, was 1989/90 geschehen ist, den Charakter die Geschichte immer von den Siegern geschrie- Euch im Netz zu finden! Ich wünsche Euch bei einer Konterrevolution besaß. Wer glaubt, daß ben wird. Wenn zwei Kulturen aufeinanderprallen, Eurer sicher enorm beschwerlichen Arbeit alles der Untergang der DDR einfach als „Implosion“ verschwindet der Verlierer von der Bildfläche. Und Gute. Seit Jahren versuche ich ähnliches auf meine und ohne fremdes Zutun erfolgte, ist mehr als der Sieger schreibt die Geschichtsbücher, in denen Weise. Allerdings schafft Aufklärungsbereitschaft blauäugig. er sich selbst im vorteilhaftesten Licht zeichnet und in heutigen Tagen viele Feinde. Traurig finde ich, Oberstleutnant a. D. Roland Potstawa, den besiegten Feind als Halunken darstellt.“ daß die Mehrzahl der früheren DDR-Bürger sich Königs Wusterhausen Seite 32 RotFuchs / Juni 2010

Verschaukelt Grafik von Klaus Parche (Idee: Andreas Pape)

Am 11. Juni um 16.30 spricht Oberst Am 12. Juni um 9.30 Uhr findet in der Begeg- Am 13. Juni um 10 Uhr ist Prof. a. D. Günter Strobel, Vorsitzender der nungsstätte der Volkssolidarität Gerhart- Dr. Eike Kopf (Beijing/Erfurt) RF-Regionalgruppe Dresden, auf einer Ver- Hauptmann-Straße 6 eine Veranstaltung der bei der RF-Regionalgruppe anstaltung der RF-Regionalgruppe Berlin in RF-Regionalgruppe Strausberg statt. Es spricht Frankfurt/O. in den Räumen der der Begegnungsstätte der Volkssolidarität, der langjährige Chefredakteur der Aktuellen Volkssolidarität, Fürstenwalder Torstraße 203–205, zum Thema Kamera Heinz Grote über das Thema Straße 24, zu Gast. Sein Thema lautet Wahrheit und Lüge über die Politische Fernsehpublizistik in zwei deut- Grenzen der DDR schen Staaten China – ganz aktuell

Der im Februar 1998 gegründete „RotFuchs“ ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift. Herausgeber: Künstlerische Mitarbeit: Autorenkreis: Prof. Dr. Hans Heinz Holz „RotFuchs“-Förderverein e.V. Dieter Eckhardt, Heinz Herresbach, Dr. Matin Baraki Hans Horn Klaus Parche, Heinrich Ruynat, Chefredakteur: Rolf Berthold Dr. Klaus Huhn Renatus Schulz, Michael Westphal Dr. Klaus Steiniger (V.i.S.d.P.) Dr. Manfred Böttcher Dr. Hans-Dieter Krüger Versand und Vertrieb: Isolda Bohler (Valencia) ✝ Rudi Kurz Karin Dockhorn Rheinsteinstraße 10, 10318 Berlin Anna-Louisa-Karsch-Str. 3, 10178 Berlin Tel. 030/561 34 04 Dr. Vera Butler (Melbourne) Wolfgang Mäder Tel. 030/2 41 26 73 Mail: [email protected] Wolfgang Clausner Bruno Mahlow [email protected] Prof. Dr. Götz Dieckmann Dr. Bernhard Majorow oder Sonja Brendel (Redaktionsadresse) Dr. Rudolf Dix Wolfgang Metzger Tel. 030/5 12 93 18 Sekretärin: Karin Großmann Ralph Dobrawa Prof. Dr. Harry Milke Bruni Büdler, Hans Ludwig, Harry Schreyer, Peter Barth u. v. a. m. Layout: Rüdiger Metzler Dieter Fechner Frank Mühlefeldt Finanzen: Jürgen Thiele Dr. Peter Fisch Prof. Dr. Werner Roß Herstellung: Druckerei Bunter Hund Wartenberger Str. 44, 13053 Berlin Bernd Fischer Walter Ruge Tel. 030/981 56 74 Internet: www.rotfuchs.net Peter Franz Karl Schlimme Unser Konto: Günter Freyer Gerhard Schmidt „RotFuchs“-Förderverein Internet-Präsentation und akusti- Prof. Dr. Georg Grasnick Prof. Dr. Horst Schneider Kto.-Nr.: 2 143 031 400 sche Ausgabe (für Sehbehinderte): Ulrich Guhl Joachim Spitzner Berliner Sparkasse Sylvia Feldbinder Dr. Ernst Heinz Fritz Teppich BLZ: 100 500 00 Dr. Dieter Hillebrenner Dr.-Ing. Peter Tichauer Für Einzahler im Ausland Redaktionsschluß ist jeweils IBAN: DE 27 1005 0000 0220 1607 59 Manfred Hocke Prof. Dr. Zbigniew Wiktor (Wrocław) der 10. des Monats. BIC: BELADEBEXXX Die Mitarbeit weiterer Autoren ist erwünscht. Die in namentlich gezeichneten Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Auffassungen müssen nicht immer mit denen der Redaktion übereinstimmen.