Der Bull-Doser
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UNTERNEHMEN DER BULL-DOSER RED BULL Mit einem Energydrink hat Dietrich Mateschitz ein Milliardenimperium geschaffen, neue Sportarten erfunden und nebenbei die Formel 1 revolutioniert. Und was jetzt? Ein Inside- Report aus dem verrücktesten Unternehmen der Welt. Fliegende Kiste und tollkühner Mann: Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz in seinem Hangar am Salzburger Flughafen Unternehmen Red Bull rtseingang Fuschl am See, im Frühjahr O1995. Gegenüber vom „Brunnenwirt“ steht ein einsamer weißer zweistöcki- ger Zweckbau. In der ersten Etage sitzt ein ziemlich unbekannter Mann namens Dietrich Mateschitz, damals 51 Jahre alt. Auf seinem Schreibtisch steht eine schlanke, silber-blaue Dose, die er schluckweise leert. Dazwischen spuckt er große Töne: „Ich will mit diesem Getränk die Welt erobern.“ Das klebrig-süße Gebräu heißt Red Bull und enthält den Muntermacher Koffein und Tau- rin. In der Getränkebranche erntet Mateschitz mit seinem (An-)Spruch nur süffisantes Lä- cheln. In Atlanta (Coca-Cola-Headquarter) und Purchase (Pepsico-Zentrale) nimmt man Mister Mateschitz aus Austria damals nicht ernst: Red Bull? Bullshit! Fuschl am See, im Sommer 2010. Das weiße Haus steht immer noch. Aber es ist inzwischen eingerahmt von großen Glaspalästen in futu- ristischem Design. Hinter den Scheiben wuseln rund 500 Menschen. Sie lenken einen Weltkon- zern: Die Red Bull GmbH, die bei drei Milliar- den Euro Umsatz einen dreistelligen Millionen- gewinn macht. Der einst unterschätzte Mateschitz hat – wie Coke, wie Pepsi – eine Weltmarke geschaffen. Gut vier Milliarden Dosen Red Bull verkauft der Mann allein dieses Jahr, in über 160 Ländern – von Afghanistan bis Zypern. Der Aufstieg von Red Bull aus dem Nichts des Salzkammerguts zu einem Weltkultgut ist eine der genialsten Marketingleistungen der vergangenen Jahrzehnte. Mateschitz kreierte nicht nur ein innovatives Produkt, sondern ein völlig neues Getränkesegment – den Markt für Energydrinks. Möglich wurde dies durch eine einprägsame Werbekampagne („Red Bull verleiht Flüüügel“) und ein publicityträchtiges Sportengagement, beides finanziert durch einen gigantischen Marketingetat von etwa einer Milliarde Euro pro Jahr. Konzernchef Mateschitz leistet sich zwei Rennställe in der Formel 1 und bei New York ein neues Fußballstadion. Er stellt direkt ne- FOTO: PETER RIGAUD / LAIF ben der Landebahn am Salzburger Flughafen den extravaganten Glaspalast „Hangar 7“ hin, wo im Restaurant „Ikarus“ Eckart Witzigmann kocht und nebenan firmeneigene Jagdbomber und Hubschrauber zu besichtigen sind. managermagazin 9/2010 29 Unternehmen Red Bull Das Reich des Dietrich Mateschitz Der Energydrink nährt ein wildes Konglomerat MOTORSPORT ■ Formel 1: Red Bull Racing und Toro Rosso ■ Motorrad: Red Bull X-Fighters ■ Team bei Nascar (USA) Schon früh trat Red Bull als Sponsor in der PRODUKTE Formel 1 auf. 2004 und GASTRONOMIE 2005 wurden die beiden ■ Red Bull Energy Drink Rennställe von Jaguar ■ Afro Cafe, Salzburg ■ Red Bull Cola und Minardi übernom - ■ Carpe Diem Finest ■ Carpe Diem Kombucha men. Später stieg Fingerfood, Salzburg ■ Carpe Diem Botanic Water Red Bull mit einem Team ■ Hangar 7, Salzburg (Foto) bei der US-Renn serie ■ Winterstellgut, Annaberg Seit 1987 gibt es den Nascar ein. Energydrink Red Bull. Das Afro Cafe soll in Sechs Jahre später Österreich zu einer Kette kamen Wellnessgetränke ausgebaut werden, im unter dem Namen Carpe Gegensatz zu den Diem auf den Markt. exquisiten Restaurants Neues Produkt: „Ikarus“ (im Hangar 7) und eine Red Bull Cola. „Carpe Diem“ in Salzburg. Trotz dieser Eskapaden bleibt noch schon fast krankhafter Sportfanatiker rund 200 000 Mark im Jahr. Als Vertriebs- viel Geld übrig, um wilde Ideen schnell und zwängt seine formidable Figur wie mann kam er viel herum, auch nach in die Tat umzusetzen – an einem Tag ein Gigolo in enge Jeans. Doch Red Bull Asien. Eines Abends im Jahr 1982 saß er kauft der genialische Kraftmensch Mate- verleiht zwar Flügel, aber kein ewiges an der Bar des legendären „Mandarin“- FOTOS: DIRK SCHLEEF, PETER STEFFEN / DPA, DENNIS WILLAMSON VISUM schitz einen Fernsehsender, am nächs- Leben. Wer kommt dann? Sein Sohn, Hotels in Hongkong, blätterte in „News- ten entscheidet er, ins Mobilfunkge- seine thailändischen Mitbesitzer oder week“ und entdeckte eine Liste der schäft einzusteigen. Red Bull, kein Zwei- vielleicht doch Coca-Cola oder Pepsi? größten Steuerzahler Japans. Ganz oben fel, ist das verrückteste Unternehmen stand kein Honda, kein Toyota, sondern der Welt. NOCH DEMENTIERT MATESCHITZ jegliche ein Herr Taisho, der Besitzer des Auf- Lukrativ sind viele dieser Engagements Verkaufsabsicht heftigst. Er will sein Le- putschdrinks Lipovitan. bislang freilich nicht. Vergaloppiert sich benswerk noch etwas länger genießen, Es war der Abend, der sein Leben Red Bull etwa, und das ausgerechnet schließlich ist er als Unternehmer ein verändern sollte. Die Idee, mit einem jetzt, da der Drink kein Selbstläufer mehr Spätberufener. solchen Getränk weltweit Geld zu ver- ist und der Umsatz mehr oder weniger Der mäßige Wirtschaftsstudent (20 Se- dienen, faszinierte ihn. Der Zufall wollte stagniert? mester!) Dietrich Mateschitz war lange es, dass ein Blendax-Geschäftspartner, Entscheidender noch ist die Frage: Zeit Marketingmanager beim Zahnpasta- der thailändische Pharmakonzern TC Wer folgt Mateschitz? Der Alleinherr- hersteller Blendax in Mainz. Anfang der Pharmaceuticals, ein ähnliches Getränk scher ist 66 Jahre alt. Er ist zwar ein 80er Jahre verdiente er dort blendend, produzierte. Sein Thai-Name: Krating 30 managermagazin 9/2010 Unternehmen Red Bull FUNSPORT MEDIEN ■ Red Bull Air Race ■ Servus TV ■ Red Bull Cliff Diving ■ „Red Bulletin“, Lifestylemagazin Seit 2003 finden die ■ „Speedweek“, Red Bull Air Races statt. Motorsportmagazin In mehreren Rennen pro ■ „Seitenblicke“, Saison werden die Welt - Boulevardmagazin meister der Lüfte ermittelt. ■ „Goal“, Fußballmagazin FUSSBALL Im selben Modus werden IMMOBILIEN ■ Red Bull Mobile die Weltmeisterschaften ■ Red Bull Salzburg im Klippenspringen ■ Südsee-Insel Laucala (Foto) Red Bull bietet seit 2008 ■ RB Leipzig ausgetragen. ■ Hotel „Auhof“, St. Wolf gang eigene Mobilfunkdienste ■ RB New York (Foto) an. Der Fernsehkanal ■ Red Bull Brasil Aus dem Nachlass des Servus TV ging 2009 auf verstorbenen Verlegers Sendung. Die Medien 2005 übernahm Red Bull Malcolm Forbes erwarb verdienen kein Geld. den Klub Austria Salz - Dietrich Mateschitz 2003 burg, ein Jahr später für rund zehn Millionen die Metro Stars in New Dollar die Fidschi-Insel York und 2009 den Laucala. Für 3700 Euro SSV Markranstädt, der in pro Tag kann man RB Leipzig umbenannt dort einen der 25 Luxus- wurde. Ziel: Erste Liga. bungalows mieten. Daeng, auf Englisch: Red Bull. Mateschitz nächst vor der Frage: Wie positioniert Red Bull kostete vier- bis sechsmal so viel tat sich mit der Eignerfamilie Yoovidhya man ein Produkt, das keiner kennt? Sie wie eine Cola. Über den hohen Preis woll- zusammen und gründete 1984 die Red definierten erst mal, was Red Bull nicht ten Mateschitz und Kastner suggerieren, Bull Trading GmbH. Kurze Zeit später ist: kein Sportdrink, kein Szenegetränk dass Red Bull etwas Besonderes sei. Auch schmiss er seinen Job bei Blendax und und auch kein reiner Durstlöscher. äußerlich. Red Bull gab es nur in einer investierte sein Erspartes, um Red Bull in Kastner: „Red Bull ist kein Zielgruppen - schlanken 250-Milliliter-Dose. Ein For- Europa zu etablieren. produkt.“ Es ist für alle da – wie Wasser. mat, das es bis dahin nicht ge geben Von den Thais übernahm er die Idee Zielgruppe also: die Menschheit. hatte. und das Logo mit den beiden roten Bul- Und warum soll der Mensch das Unterstützt wurde der Abverkauf len. Heute ist ihm die Thai-Connection kaufen? Weil Red Bull einen Zusatznut- von einer cleveren Werbung. Eineinhalb eher lästig, zerstört sie doch den Mythos zen bietet, sagt Mateschitz. Viel Koffein Jahre produzierte Kastner jede Menge des Red-Bull-Erfinders. Mateschitz hat und Taurin hielten den Trinker wach. Sprüche, die Mateschitz allesamt ab- das Getränk lediglich entdeckt, aber Und weil es diesen Nutzen biete, könne lehnte. Bis eines Nachts Kastner bei dann genial vermarktet – zusammen mit man auch viel Geld verlangen für ein Pro- Mateschitz anrief und ihm ins Ohr nu- Johannes Kastner (64), der damals eine dukt, das in der Herstellung weniger als schelte: „Red Bull verleiht Flüüügel ...“ kleine Werbeagentur in Frankfurt besaß. 20 Cent pro Dose kostet. Mateschitz nickte, die Kampagne star- Didi und Hansl – wie die beiden Öster- So entschied sich Mateschitz von An- tete 1987. Der Spruch – kombiniert mit FOTOS: STAN HONDA / AFP, NORBERT MILLAUER DDP, ANDREW WOODLEY ALAMY reicher einander nennen – standen zu- fang an für eine Premiumpreisstrategie. witzigen Zeichentrickfilmchen – blieb managermagazin 9/2010 31 Unternehmen Red Bull TurmbauPessimgus zu saetosus Fuschl 2009: Probleme in den USA las- Anzahl verkaufter Red-Bull-Dosen, in Milliarden sen den Absatz erstmals sinken. 4 2004/05: Red Bull kauft 3 zwei Formel-1-Teams. 2001: Der Umsatz klettert auf über 2 eine Milliarde Euro. 1997: Markteintritt in den USA. 1 1987: Das 1984 gegründete 1994: Red Bull wird in Unternehmen verkauft in Deutschland und der Österreich seine erste Dose. Schweiz zugelassen. 1987 1990 19952000 2005 2010 Grafik: manager magazin Quelle: Unternehmensangaben, mm-Recherche bis heute unverändert, auf der ganzen Ab 1997 fuhr das Unternehmen, das Da war es von Vorteil, dass sich parallel Welt. Sechs Filmchen stellt Kastners nun eine Viertelmilliarde Euro Umsatz zu Red Bulls Aufstieg in vielen