Informationen Zur Politischen Bildung/Izpb
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Informationen 316 zur politischen Bildung / izpb 3/2012 Nationalsozialismus: Krieg und Holocaust 2 Nationalsozialismus: Krieg und Holocaust Inhalt Krieg und Holocaust ....................................................................... 4 Der Weg in den Krieg ......................................................................5 Außenpolitische Erfolge ......................................................................... 5 Wille zum Krieg .........................................................................................9 Hitler-Stalin-Pakt .................................................................................... 12 Krieg und Besatzung in Ost- und Westeuropa .......... 16 Siedlung und Vertreibung ...................................................................19 Kriegsalltag und Widerstand in Deutschland ........................... 20 Besetzung Westeuropas .......................................................................22 Luftkrieg gegen Großbritannien ..................................................... 24 Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion ..................................25 Massenmord und Holocaust ..................................................33 Krankenmord ............................................................................................33 Deportationen ......................................................................................... 36 Mord an den polnischen Juden .........................................................41 Wannsee-Konferenz ...............................................................................42 „Aktion Reinhardt“ .................................................................................. 44 Auschwitz .................................................................................................. 46 Holocaust in West- und Südeuropa .................................................47 Krieg im eigenen Land ................................................................51 Strafverschärfungen .............................................................................. 51 Luftkrieg ......................................................................................................52 Einsatz von KZ-Häftlingen ..................................................................55 Zwangsarbeit ............................................................................................ 57 Kriegsende ................................................................................................ 60 Verdrängung und Erinnerung ............................................. 68 Nürnberger Prozesse .............................................................................69 Entnazifizierung ......................................................................................70 Debatte um Verjährung ........................................................................72 Integration der Täter und Mitläufer ................................................73 Entschädigungen ....................................................................................73 Erinnerung ................................................................................................. 75 Literaturhinweise ......................................................................... 80 Internetadressen ............................................................................ 81 Der Autor ...............................................................................................82 Impressum ...........................................................................................82 Informationen zur politischen Bildung Nr. 316/2012 3 Editorial Jahre sind seit der bedingungslosen Kapitulation der wir schreckliche Gewissheit: deutschen Wehrmacht vergangen. Es ist für alle Zeiten Rechtsextremistische Terror- unbegreiflich,70 was Deutsche anderen Deutschen und ihren gruppen sind in Deutschland europäischen Nachbarn im Zweiten Weltkrieg angetan ha- aktiv. Sie pflegen das entspre- ben. Die Brutalität und Menschenverachtung, mit der zuvor chende Gedankengut und ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen wie Kranke, Sinti und schrecken vor Gewalttaten, Roma und vor allem Juden millionenfach verfolgt und ermor- vor hinterhältigen Morden det wurden, mit der Kriegsgefangene misshandelt wurden nicht zurück. und Zwangsarbeiter unter unvorstellbar elenden Bedingun- Dabei ist es schon traurige Gewohnheit, dass Synagogen gen das Überleben des NS-Staates sichern sollten, erregt in der in Deutschland nach wie vor bewacht werden, um sie gegen Rückschau Entsetzen. antisemitische Übergriffe zu schützen. Vertreterinnen und Das Kriegsende hinterließ Überlebende, die traumatische Er- Vertreter der jüdischen Glaubensgemeinschaft erhalten im- fahrungen gemacht hatten – aber auch ein Volk von Besiegten, mer wieder Schmäh- und Drohbriefe. Und die Neigung, Min- das in seiner Mehrzahl behauptete, nichts von den Verbrechen derwertigkeitsgefühle durch Aggression gegen vermeintlich der Nationalsozialisten gewusst und sich erst recht nicht an Schwächere zu kompensieren und sich auf Kosten anderer diesen beteiligt zu haben. überlegen zu fühlen, bleibt ein innergesellschaftliches Pro- Vor allem die Opfer, aber auch die Täter mussten fortan mit blem. Der zivilgesellschaftliche Firnis kann sich als schockie- ihren Erinnerungen leben und – zumeist allein – verarbeiten, rend dünn erweisen. was sie erlebt, erlitten und getan hatten. Der Neubeginn nach Vor diesem Hintergrund erscheint das Heft „Nationalsozialis- 1945, der Wiederaufbau aus Trümmern, nahm alle verfügbaren mus: Krieg und Holocaust“. Wie seine Vorgängerausgabe „Na- Energien in Anspruch. Die Stimmen der überlebenden Opfer tionalsozialismus: Aufstieg und Herrschaft“ greift es den neu- blieben meist ungehört, und die Täter suchten ihre Schuld zu esten Forschungsstand auf, geht der Frage nach dem Wie und verdrängen. Häufig prägten bedrückende personelle Kontinu- Warum nach und skizziert in anschaulicher Weise Grenzerfah- itäten die Führungseliten der Nachkriegszeit. rungen, die die Beteiligten, Opfer wie Täter, machen mussten. Eine positive Konsequenz, die aus dem Zweiten Weltkrieg In Zitaten und Augenzeugenberichten von Opfern und Tätern, gezogen wurde, ist die europäische Einigung. Unter dem Dach in Berichten von Überlebenden, in politischer Propaganda und der EU sind die Staaten Europas inzwischen eng zusammen- in Frontbriefen einfacher Soldaten werden unterschiedlichste gerückt, demokratisch und rechtsstaatlich verfasst sowie wirt- Stimmen laut. Amtliche Dokumente und Vertragstexte hüllen schaftlich eng verflochten. Im Zeichen gewachsener Mobili- den Schrecken in nüchterne Sprache, und Fotoaufnahmen zie- tät und geförderter Begegnungen wie Schüleraustausch und hen den Betrachter in das Geschehen. Letzteren gilt, wie bereits Städtepartnerschaften ist es für die Bürgerinnen und Bürger im Vorgängerheft, unser besonderes Augenmerk. Oft aus der der Staatengemeinschaft längst selbstverständlich geworden, Täterperspektive oder aus propagandistischen Erwägungen he- sich in den Nachbarländern ungehindert zu bewegen und dort raus entstanden, belegen sie anschaulich die Verstrickung ins willkommene Gäste zu sein. Unrecht und ein mangelndes Unrechtsbewusstsein. Doch kommt es, wie in Zeiten der Finanz- und Schuldenkri- Die Darstellung konzentriert sich auf den Rasse- und Weltan- se, innerhalb der Eurostaaten zu Irritationen und wirtschaftli- schauungskrieg, den die Deutschen in Europa führten. Dabei chen Asymmetrien, werden auch alte Stereotypen reaktiviert. wird deutlich, wie sich aus ideologischer Indoktrinierung und Deutschland gilt dann in Teilen der öffentlichen Meinung mit- der Bereitschaft zur Umsetzung der mörderischen Ziele, aus unter wieder als Aggressor, der nun auf wirtschaftlichem Wege den Vorgaben der NS-Führung und den persönlichen Motiven erreichen wolle, was ihm einst militärisch verwehrt blieb. An- und Entscheidungen der Ausführenden vor Ort das Gesche- gesichts solcher Verwerfungen tun sich die Deutschen wiede- hen zusehends radikalisierte und wie die Verstrickung in eine rum schwer mit einer aktiven und selbstbewussten Rolle in Gewaltspirale funktionierte. Die Frage nach individueller Ver- Europa, selbst wenn manche Partnerländer immer häufiger antwortung, nach dem eigenen Gewissen, bleibt unverändert „mehr Führung“ von Berlin erwarten. aktuell. Innergesellschaftlich ist die Auseinandersetzung mit der NS-Ideologie weiterhin gefordert. Seit dem Herbst 2011 haben Christine Hesse Informationen zur politischen Bildung Nr. 316/2012 4 Nationalsozialismus: Krieg und Holocaust Michael Wildt Krieg und Holocaust ann ich Hoffm v Heinr Archi / othek / Archi Der Zweite Weltkrieg ist Vergangenheit, genauso wie das NS-Regime, das ihn entfesselte. Doch das Ausmaß des Schreckens und der Verwüstung, in das die Deutschen im tsbibli Zeichen eines mörderischen Rassenwahns ihre Nach- barn stürzten, wirft unverändert seinen Schatten auf die ische Staa eryBa / bpk / eryBa Gegenwart. Deutschland führt Krieg gegen seine Nachbarn: das zerstörte Rotterdam 1940. as NS-Regime brachte Tod und Verwüstung über Europa auf, gewann Österreich und das Sudetenland hinzu und war und andere Teile der Welt. Etwa 55 Millionen Menschen damit doch noch immer nicht zufrieden, sondern handelte un- kosteteD der Zweite Weltkrieg das Leben, die meisten von ihnen erbittlich auf das eigentliche Ziel hin: die Eroberung von „Le- waren Zivilisten. Annähernd sechs Millionen Juden wurden er- bensraum“ im Osten. mordet, ebenso Hunderttausende Roma und Sinti sowie behin- Mit dem Überfall