Der Deutsch-Slawische 1000-Jahre-Mythos Und Das Zonenprotokoll
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Frank Helzel DER DEUTSCH-SLAWISCHE 1000-JAHRE-MYTHOS UND DAS ZONENPROTOKOLL Bad Wildungen 2020 (ergänzt um die Seiten 56 u. 57 im Juli 2021) Putzger: Historischer Schul-Atlas, Velhagen & Klasing publ., Bielefeld and Leipzig 1893 „Ich habe die uns 1919 geraubten Provinzen dem Reich wieder zurückgegeben, ich habe Millionen von uns weggerissener, tiefunglücklicher Deutscher wieder in die Heimat geführt, ich habe die tausendjährige historische Einheit des deutschen Lebensraumes wieder hergestellt …“ (Adolf Hitler in seiner Rede im Reichstag am 28. April 1939) 2 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung......................................................................................................................................5 Ungeklärtes zur bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht......................................................5 1 Ein Tummelplatz: Was für einen Heinrich I. hätten Sʼ denn gerne?...............................................10 1.1 Ein mediävistischer Vorschlag zu deutscher Identitätsstiftung................................................10 1.2 Ein auf freundschaftliche Friedfertigkeit gebürsteter König...................................................10 1.3 Ein authentischerer Heinrich I.?..............................................................................................12 1.4 Ein Leserbrief vom 7. Januar 2019: eine Aufforderung zu 1100-Jahre-Gedenken.................12 1.5 Zwei kritische Kommentare.....................................................................................................13 2 1945 als verschmerzte Bruchlinie im 21. Jahrhundert....................................................................14 2.1 Die schweigenden Verlierer und die Kostümierungen der Sieger...........................................14 2.2 Das skandalöse Überspielen eines Versäumnisses...................................................................18 3 „Slavica non leguntur“....................................................................................................................22 4 Das Verkürzen der deutschen Nationalgeschichte in SBZ und DDR..............................................28 4.1 Die „Sowjetische Militäradministration in Deutschland“ und die Gründung der DDR..........28 4.2 Der Preis des sowjetsozialistischen Neuanfangs.....................................................................29 4.3 Zu sechs polnischen Denkmälern in der vormaligen DDR.....................................................32 4.4 Ein Denkmal in den „Wiedergewonnenen Gebieten“ zur Erinnerung an die Schlacht bei Zehden im Jahre 972......................................................................................................................40 Exkurs:................................................................................................................................................44 Wenn Denkmälern die Stunde schlägt...........................................................................................44 Das Verschwinden eines antifaschistischen Gründungsmythos....................................................46 5 „Vergessene Opfer“. Eine Vortragsreihe 2015/16...........................................................................48 Anhang...............................................................................................................................................53 1 Kapitulationsurkunde und Zonenprotokoll vom 12.9.1944........................................................53 2 Sieben Karten zum Zonenprotokoll im Vergleich......................................................................58 3 Ein polnisches Memorandum zur Vorbereitung der Konferenz von Potsdam............................65 4 Westdeutsche Pressestimmen zur sorbischen Lausitz 1945-1990..............................................83 3 Siegfried A. Kaehler, am 18.9.1945 in seiner Eröffnungsvorlesung zum Thema „Das Zeitalter des Imperialismus“: „Seit den Tagen der ersten Sachsenkaiser ist es nicht mehr geschehen, dass die Vorposten der slawischen Völkerwelt bis in die Mitte deutschen Volksbodens, bis an die Werra vorgestoßen wären. So steht es tausend Jahre nach Heinrich I. und Otto I. um das Erbe jener politischen und militärischen Dilettanten, welche von einem neuen Tausendjährigen Reich träumten und die Mächte der eigenen Gegenwart nicht kannten noch verstanden.“* * Siegfried A. Kaehler, Eröffnungsvorlesung zum Thema ‚Das Zeitalter des Imperialismus‛, gehalten am 18. 9. 1945. In: Vom dunklen Rätsel deutscher Geschichte, in: Studien zur deutschen Geschichte im 19. und 20. Jhd. Aufsätze und Vorträge, hrsg. von Walter Bußmann, Göttingen 1961, S. 372 f. ‒ Zitiert bei Hans Erich Volkmann, Deutsche Historiker im Umgang mit Drittem Reich und Zweitem Weltkrieg 1939-1945, S. 895, in: Hans Erich Volkmann (Hg.), Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkriegs. Eine perspektivische Rückschau, Serie Piper, München-Zürich 1995, S. 861-911.) 4 Vorbemerkung Ungeklärtes zur bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht Es sollte anzunehmen sein, dass ein so wichtiges Ereignis wie das der bedingungslosen Kapitu- lation der Wehrmacht historisch so weit abgeklärt ist, dass Missverständnisse jeglicher Art ausge- räumt sind. Ein Gradmesser dafür sollten die entsprechenden Wikipedia-Artikel zu den Schlüssel- ereignissen Zonenprotokoll, Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht und Berliner Erklärung (Alliierte) sein. Der Zusammenhang der drei Artikel sollte nämlich der sein, der in Punkt 6 des vielfältig einsehbaren Zonenprotokolls vom 12. September 1944 enthalten ist: „Dieses Protokoll wurde in dreifacher Ausführung in englischer und russischer Sprache ausgefertigt. Beide Texte sind authentisch. Das Protokoll wird in Kraft treten, sobald Deutschland die Urkunde der bedingungs- losen Kapitulation unterzeichnet.“1 Damit wurde das Zonenprotokoll das Schlüsseldokument bis zur Potsdamer Konferenz und darüber hinaus bis zur Wiedervereinigung 1990. Außerdem wird nirgends und von niemandem in Betracht gezogen, dass die in London ansässigen Exilregierungen der Polen und Tschechoslowaken von den Briten zurate gezogen wurden, wo doch die Briten die polnische Exilregierung fünfeinhalb Jahre lang finanzierten, „damit sie eine Armee von 200 000 Mann gegen Hitler-Deutschland kämpfen lassen und diplomatische Beziehungen unterhalten konnte“.2 In der Tat gibt es keine historisch zuverlässige Darstellung, in der die oben genannten drei Sach- verhalte in ihrer Abhängigkeit voneinander so dargestellt werden, dass das Verhalten der alliierten Siegermächte und die mit der Kapitulation faktisch vollzogene Teilung Deutschlands verständlich würden. Ernst Deuerlein schreibt 1961 über die unmittelbaren Tage nach der Kapitulationsunter- zeichnung und zitiert aus einem längeren Telegramm Churchills an Truman, in dem er die sich vollziehende Teilung beschreibt: „Sehr besorgt zeigte sich Churchill über die noch in der Stunde der Kapitulation der deutschen Wehrmacht eingeleiteten Maßnahmen zum Abtransport amerikanischer Streitkräfte aus Europa. Er wies den zur Gründungsversammlung der Vereinten Nationen in San Francisco weilenden Außen- minister Anthony Eden an, seine ernsten Bedenken über diese Maßnahmen den amerikanischen Staatsmännern vorzutragen. An Truman telegrafierte er, über die Lage in Europa zutiefst beun- 1 http://www.his-data.de/objekt/5/0/5/4/eac,prot,1944-09-12,rahmen.htm (1957 und 1961 bei Ernst Deuerlein [wie Anm. 7] als Dokument veröffentlicht). ‒ 1979 wird in Zusammenhang mit der Zoneneinteilung aus militärischer Perspektive von Gustav-Adolf Caspar in der „Militärgeschichtlichen Zeitschrift“ (MGZ) darauf hingewiesen, dass „erstaunlicherweise […] trotz umfangreicher Forschungen das Entstehen der Vereinbarungen über die Grenzen der vorgesehenen Besatzungszonen in Deutschland verhältnismäßig wenig beachtet“ worden sei: Die Kriegslage vom Herbst 1943 bis zum Winter 1944/45 und das Entstehen der Vereinbarungen über die Grenzen der Besatzungszonen in Deutschland: www.degruyter.com › journals › mgzs › article-p173. 2 Wolfgang Benz, Wie es zu Deutschlands Teilung kam. Vom Zusammenbruch zur Gründung der beiden deutschen Staaten, dtv, München 2018, S. 88. ‒ Dagegen geht man, wenn überhaupt, davon aus, dass von dem nach dem Massaker von Katyn von Stalin als Nachfolger der polnischen Exilregierung bestellten und im Juli 1944 gegrün- deten Lubliner Komitee, aus dem die spätere polnische Regierung hervorging, entscheidender Einfluss ausgegangen sei. Die von der Exilregierung vertretenen und ins Zonenprotokoll eingegangenen Westausdehnungspläne wurden jedoch wie selbstverständlich von diesem Komitee übernommen. Denn auch polnische Kommunisten waren nationalistisch oder hatten die weit verbreiteten nationalistischen Forderungen in ihre Friedensforderungen aufzu- nehmen (siehe Anhang 3). Es war aber noch die Londoner Exilregierung, die dieser Polnische Heimatarmee ge- nannten Organisation den Befehl zum Warschauer Aufstand gab, der zwischen August und Oktober 1944 stattfand und mit dem Sieg der Wehrmacht endete, während die Rote Armee den Polen nicht zu Hilfe kam. Außerdem richteten die Briten in ihrer Besatzungszone eine weitere für die polnische Exilregierung in Nordwestdeutschland ein: Polnische Besatzungszone. Nach der Auflösung ging es den polnischen Soldaten, die nicht im Westen blieben, sondern nach Polen zurückkehrten, schlecht, weil sie fortan der Verfolgung im sowjetisch besetzten Polen ausgesetzt waren: Marcin Zaremba, Die große Angst. Polen 1944-1947: Leben im Ausnahmezustand, Ferdinand Schöningh, Paderborn 2016. Dazu