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Anhang 09 zur „Siedlungsgeschichte im Bereich der Gemeinde

Das Herzogtum Jülich

Das Jülicher Land hat bis hin zu den Eburonen mit Sicherheit eine Entwicklung genommen, die nicht sehr von der des gesamten linken Niederrheins abweicht. Betrachtet man die Rur – die auch durch Jülich fließt – in ihrer ursprünglichen ungezähmten Art, so ist es ohne Weiteres möglich, dass erst bei Jülich eine einigermaßen geregelte und gesicherte Überquerung möglich war; so mögen – wie ebenso bei Kreuzau – die besonderen Verhältnisse entlang der Rur ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass auch hier schon sehr früh Menschen gesiedelt haben. Die guten Böden der Bördelandschaft bei Jülich lieferten den frühen Menschen natürlich ein ganz besonderes Argument für ihren – später dann dauerhaften – Aufenthalt in diesem Bereich. So führten dann auch die Römer ihre Heerstraße von Maastricht nach Köln, die sie zur Sicherung ihres Machtan- spruches im linksrheinischen Gebiet bauten, hier über die Rur. Die fast gerade Linien- führung dieser Straße von Maastricht nach Köln zeigt, dass Jülich schon bei der ersten Planung als Übergang vorgesehen war. Bei Jülich selbst hatte sie allerdings einen Knick, um sich dem leicht hügeligen Gelände anzupassen und die bestmögliche Stelle zu finden. Da vermutet wird, dass die Römer bei Jülich eine Brücke zur Querung der Rur dauerhaft unterhielten, liegt es ebenso nahe, dass dort von ihnen auch eine Raststation angelegt worden ist, die vielleicht schon den zur Römerzeit mehrfach genannten Namen „Juliacum“ erhalten hat. Allerdings ist der Ursprung des Namens bis heute ungeklärt. Um diese Raststation werden sich mit Sicherheit dann Gasthäuser und Handwerksbetriebe angesiedelt haben, wobei auch landwirtschaftliche Betriebe der Römer oder ihrer Untergebenen zur Sicherstellung der Ernährung der Truppe errichtet worden sind, denn die Böden sind hier hervorragend für jede Art von landwirtschaftlicher Nutzung; nachgewiesen ist auch die Anwesenheit einer Militärstation (Legionslager). Gegen Ende der römischen Herrschaft ist Jülich sehr stark geschrumpft und hat mit Auflösen der römischen Herrschaft erst einmal auch ihre hohe Bedeutung im Machtgefüge verloren. Die merowingische Zeit ist wie überall ohne große Überlieferungen und Nachweise. In der karolingischen Zeit wurde Jülich dann auch Sitz eines höheren Verwaltungsbeamten, eines Grafen; dieser leitete von Jülich aus den Rur- oder Jülichgau, dessen Gebiet sich etwa über das Gebiet zwischen der Erft-Rur- Wasserscheide und der erstreckt haben dürfte. Über diese frühen Jülicher Grafen aus der Sippe der „Matfriede“ ist äußerst wenig bekannt. Bis etwa 900 ist Jülich wahrscheinlich ein Königsgut gewesen sein, das das Kastell Jülich, die Siedlung Jülich sowie einige umliegende Höfe und Vorwerke umfasst haben muss. Zur fränkischen Zeit muss Jülich – wie der ganze rechtsrheinische Bereich – auch erst mit dem Christentum in Berührung gekommen sein, denn zur Römerzeit gewann das Christentum nur in den großen römischen Zentren an Bedeutung. Die früheste namentliche Erwähnung eines Grafen Gottfried im Jülichgau stammt aus dem 10. Jahrh.; er entstammte der begüterten niederlothrin- gischen Familie der Matfriedinger, die verstreut Besitz im Jülicher Land hatte. Nachkommen dieses Grafengeschlechts sind dann ab dem 11. Jahrh. sogar nachweisbar. Erster nachgewiesener Graf im Jülichgau war Gerhard I. (1003 – 1029). 1176 heiratete Graf Wilhelm II. von Jülich die Gräfin Alveradis von Mol- bach, wodurch das nördliche Eifelvorland Bestandteil der Grafschaft Jülich wurde; Alveradis war die Tochter des Waldgrafen Albert von Molbach. Da Waldgrafschaften als Jagdgebiete am königlichen Hofe hohes Ansehen genossen, stieg mit der Heirat mit Alveradis von Molbach (Kr- Obermaubach) die Bedeutung des Grafen Wilhelms von Jülich ganz enorm. Graf Wilhelm der II. war allen Anscheins nach auch der Erbauer der Burg . In den nächsten Jahrhunderten waren die Jülicher Grafen sowohl abhängig von den Kölner Erzbischöfen wie auch vom König. Innerhalb des Kastells waren sie Burggrafen der Erzbischöfe, außerhalb waren sie Grafen durch königliche Bestallung und mit dem Amt der Rechtsprechung betraut. Wesentlich war noch, dass es im Laufe der Zeit vielen territorialen Herrschern – und so auch dem Jülicher Grafen – gelang, ihr Amt und ihre damit verbundene Macht erblich zu machen; anschließend bestand ihr Bestreben darin, ihre Macht nach und nach weiter auszubauen. Die damit auch öfters verbundenen Misserfolge, Zerstörungen und Plünderungen hinderten natürlich die Siedlung Jülich, sich kontinuierlich auszubreiten. 1234 erhob dann Graf Wilhelm IV. Jülich zur Stadt, was zum Bruch mit den Erzbischöfen von Köln führte. Die Stadtrechte bedeuteten für ihre Bürgerinnen und Bürger eine – wenn auch bescheidene – Selbstver- waltung; Bürger waren dabei die, die zu den Unkosten und der Verteidigung der Gemeinde beitrugen. Diese Stadterhebung gefiel den Kölner Erzbischöfen von ihrem Machtanspruch her überhaupt nicht und sie führten mehrmals erfolgreich Krieg gegen den Jülicher Grafen. Nachweislich geblieben ist Jülich die Marktfunktion und die Gerichtsbarkeit. Der Streit mit Köln endete dann doch schließlich im limburgischen Erbfolgestreit für den Grafen von Jülich erfolgreich in der Schlacht von Worringen (1288), wo der Jülicher Graf zur siegreichen Koalition gehörte. In dieser Schlacht dürfte dann die letztendliche Begründung Jülichs als Stadt der Grafen von Jülich liegen, denn sie waren ab jetzt unabhängig von Köln. Graf Wilhelm VI. wurde 1336 als Marktgraf in den Reichsfürstenstand erhoben und war somit sogar ein einflussreicher Reichspolitiker; er wurde schließlich 1356 zum Herzog ernannt; er nannte sich fortan Herzog Wilhelm I. Mit der Zeit war es dann auch den jülicher Grafen gelungen, ihren ursprünglich nur verstreut liegenden Grundbesitz zu mehren und zu einer kompakten Einheit zu arrondieren. Seit 1423 ist das Herzogtum Jülich durch Heirat (Ehe Gerhards, Sohn Wilhelms V. von Jülich, mit Margarethe, Erbtochter des Grafen von Ravensberg und Erbin ihres kinderlosen Onkels, Graf Adolf VI. von Berg) verbunden mit dem Herzogtum Berg; ebenfalls durch Heirat kam 1539 , Mark und Ravensberg dazu. Zudem hatten die Stände des Herzogtums den Herzog von Jülich und Kleve zu ihrem neuen Landesherrn gewählt. Als der Herzog Wilhelm V. Erbansprüche auf Geldern geltend machte, kollidierten diese Interessen mit denen Kaiser Karls V. Als dann Herzog Wilhelm V. sich auch noch der neuen evangelischen Kirche nähern wollte und sich durch Vermählung mit der Nichte des französischen Königs Franz I., dem Erzfeind Kaiser Karl V., die für den König falschen Verbündeten suchte, kam es zur Machtprobe mit dem Kaiser. Kaiser Karl V. zog von Bonn und Köln aus über Nideggen und Düren nach Jülich, wo er die Stadt kampflos einnehmen konnte. 1543 kam es zum Friedensvertrag in Venlo als Abschluss der „Jülich´scher Fehde“. Der Herzog musste auf Geldern verzichten, er musste seine Ehe mit der Nichte von Franz I. annullieren und er musste eine Nichte Karls V. heiraten. In seiner Verärgerung über die Niederlage fing der Herzog dann an, Jülich umzubauen, zu befestigen und zu modernisieren. Die Bauausführung geht über mehrere Jahrzehnte (Die Zitadelle stammt aus dieser Zeit). Selbst für die Sauberkeit der Straßen erließ der Herzog eine Verordnung. Jülich erfuhr in dieser Zeit einen enormen Innovationsschub. Im 16. Jahrh. ist sogar mehrfach versucht worden, die Rur von Jülich bis schiffbar zu machen. 1567 hatte der Herzog einen Schlaganfall erlitten, das Land geriet in den Strudel des niederländischen Unabhängigkeitskrieges, der Herzog blieb überwiegend in Düsseldorf, das Schloss verkam zur Kaserne. 1609 starb der letzte jülicher Herzog Johann Wilhelm I. – Sohn von Herzog Wilhelm V. – kinderlos. 1610 (bis 1614) folgte der jülich-klevische Erbfolgekrieg. Die kaiser- lichen Truppen, die Jülich verteidigten, musste ka- pitulieren, so dass 11 Jahre lang niederländi- sche protestantische Truppen Jülich befehlig- ten. Zum ersten Mal wurden in Jülich eine reformierte und eine lutherische Gemeinde eingerichtet. 1621 eroberten dann im 30-jährigen Krieg die Spanier Jülich und hielten es fast 40 Jahre (bis 1660) besetzt. Gemäß den Bestimmungen des Pyrenäen-Friedensvertrages räumten die spanischen Truppen in 1660 die Festung Jülich, die aber dennoch eine Festung blieb. Jülich verlor nach und nach an Bedeutung. 1666 kam es zum Vertrag von Kleve, worin das jülicher Herzogtum aufgeteilt wurde (Pfalz-Neuburg (Haus Wittelsbach, katholisch) erhielt die Herzogtümer Jülich und Berg; Brandenburg (Haus Hohenzollern, evangelisch) das Herzogtum Kleve und die Grafschaften Mark und Ravensberg). Zum Schluss ging durch Erbgang das regierende Fürstenhaus – mit Verlagerung der Residenzen – in den Besitz der Pfalz (1685) und Bayerns (1778). Da Jülich eine Garnisonsstadt war, bleib Jülich bei späteren kriegerischen Auseinandersetzungen kaum einmal verschont.

Erst Mitte des 18. Jahrh. wurde es ruhiger. Allerdings wurde Jülich 1794 wieder in die Auseinandersetzungen der französischen Revolution mit einbezogen, da die französischen Truppen einmarschierten. 1801 wurde Jülich im Frieden von Lunéville französische Provinzstadt mit Sitz eines Kantons. Die kommunale Selbstverwaltung war aufgehoben, ein Bürgermeister verwaltete die Stadt unter Aufsicht des in Aachen sitzenden Präfekten. Auf Weisung Napoleons wurde 1806 mit dem Bau des Brückenkopfes, der ersten steinernen Brücke über die Rur begonnen. Der Wiener Kongress (1814/1815) sprach dann nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Frankreichs Jülich wie das ganze Rheinland der preußischen Krone zu. Jülich blieb Kreisstadt. Mit dem Einmarsch der Franzosen hatten alle weltlichen und geistlichen Herrschaften aufgehört zu existieren, was auch das Ende des Herzogtums Jülich bedeutete. Die Franzosen brachten ihre eigenen Verwaltungsstrukturen mit, um sie hier eins zu eins umzusetzen. Das Herzogtum Jülich kam zum Département de la (Hauptort Aachen).

Jülicher Grafen und Herzöge: Graf Gerhard I. 1003 – 1029 Graf Gerhard II. 1029 – 1081 Graf Gerhard III. 1081 – 1114 Graf Gerhard IV. 1114 – 1127 Graf Gerhard V. 1127 – 1138 Graf Gerhard VI. 1138 – 1142 Graf Wilhelm I. 1142 – 1176 Graf Wilhelm II. 1176 – 1207 (Das erste Jülicher Grafenhaus stirbt mit Wilhelm II. im Mannesstamm aus. Über dessen Schwester fällt die Grafschaft an Wilhelm III.) Graf Wilhelm III. 1207 – 1219 Graf Wilhelm IV. 1219 – 1274 Graf Wilhelm V. 1274 – 1277 Graf Walram 1277 – 1297 Graf Gerhard VII. 1297 – 1328 Graf Wilhelm VI. 1328 – 1336 1336 – 1356 (als Marktgraf) 1356 – 1362 (als Herzog Wilhelm I.) Herzog Wilhelm II. 1362 – 1393 Herzog Wilhelm III. 1393 – 1402 Herzog Rainald 1402 – 1423 Herzog Adolf 1423 – 1437 Herzog Wilhelm IV. – 1511 Herzog Johann der Friedfertige Herzog Wilhelm V. Herzog Johann Wilhelm – 1609 (Mit Herzog Johann Wilhelm starb das Jülicher Fürstenhaus aus.)

(Wer mehr über die Geschichte Jülichs nachlesen will, kann dies tun in „Jülich – Geschichte einer rheinischen Stadt“ von Günter Bers (2004).)

Literaturhinweis: (siehe Literaturhinweis im Haupttext)

Bilder: Aus Literaturhinweis 47: Bild „Via Belgica“

Aus Literaturhinweis 54: Bild „Alveradisstein“

Aus Literaturhinweis 60: Bild „Territoriale Entwicklung Jülichs“ Bild „Jülich, Kleve, Berg, ….“ Bild „Rheinlande nach 180“

Aus Literaturhinweis 98: Bild „Herzog Wilhelm V“ Bild „Jülich 1547“ Bild „Zitadelle“ Bild „Plan Jülich 1739“