MÄRZ · ausstellung 2014

Vorsatz: Egon Schiele, Bäuerinnen, 1910 (Kat.Nr. 28) Nachsatz: Olga Wisinger-Florian, Blühender Mohn, (Kat.Nr. 22) März · ausstellung 2014 Verkaufskatalog

Österreichische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts

3. bis 29. März 2014 Galerie Kovacek & Zetter GmbH Stallburggasse 2 A-1010 Wien

Öffnungszeiten: Mo – Fr 10 – 18 Uhr Sa 11 – 14 Uhr

Telefon +43/1/512 86 36 Telefax +43/1/513 49 57 [email protected]

www.kovacek-zetter.at Wir freuen uns, Sie zu unserer März · Ausstellung einladen zu dürfen. Wie jedes Jahr wird diese von einem umfassenden, wissenschaftlich genau recherchierten Katalog begleitet.

Selten ist es uns gelungen, Ihnen eine qualitativ so hochwertige Werkschau österreichischer Malerei vom 19. Jahrhundert über den Stimmungsimpressionismus, den Expressionismus bis hin zur Kunst nach 1945 zu präsentieren.

Eines der absoluten Highlights stellt das im Jahr 1910 entstandene Aquarell „Die Bäuerinnen“ von Egon Schiele dar. Eine expressive Studie von sechs Frauen in ländlicher Tracht, die in der starken Konturierung der Figuren und der markanten Linienführung der Gesichter die charakteristische Bildsprache des Malers aufweisen. Speziell das Antlitz der vordersten Frau und der schwarz eingerahmte Kopf rechts hinter ihr besitzen mit ihren weißen Augenhöhlen und der länglichen Physiognomie die eindringliche und oft er- schreckende Expressivität von Schieles typischen Figuren. Egon Schiele ist heute mit Gustav Klimt der wichtigste österreichische Maler des 20. Jahrhunderts, dessen Werke am internationalen Kunstmarkt Höchstpreise erzielen und zu den gesuchtesten Sammlerstücken avanciert sind.

Ungefähr zehn Jahre später malte das imposante Bild „Dahlien“ in dem er die weißen und pin- ken Blumen mit einem aufgelösten Pinselduktus und einer beeindruckenden Lichtgestaltung mit großer Virtuosität auf die Leinwand setzte. Sein berühmter Lehrer, Freund und Meister Emil Jakob Schindler, der Begründer des österreichischen Stimmungsimpressionismus, von dem das kleine Bild „Weite Landschaft“ in der Ausstellung zu sehen ist, hat Carl Moll sowohl privat als auch künstlerisch entscheidend geprägt und inspiriert. Doch schon sehr bald löste sich Moll vom großen Vorbild und es entstanden zunächst die secessionistischen, feinen Werke bis er in den 1920er Jahren zu eben dieser strahlenden, leuchtenden Malerei in einer breiten Spachteltechnik fand, wie sie in unserem Hauptwerk zu beobachten ist.

Weitere wichtige Schindler-SchülerInnen wie Olga Wisinger-Florian, Tina Blau oder Hugo Darnaut und Rudolf Ribarz sind mit interessanten Arbeiten vertreten.

Wir hoffen, Ihr Interesse geweckt zu haben und wünschen viel Freude bei der Lektüre des Kataloges. Für Fragen, Preisauskünfte und Führungen durch die Ausstellung stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Sophie Cieslar Kathrin Macht Claudia Kovacek-Longin Stefan Rodler Ina Tempfer Sophie Zetter-Schwaiger Jenny Reiter INDEX

Alt Jakob und Rudolf ...... 3 Amon Rosalia ...... 1 Blau Tina ...... 19, 20 Brandeis Antonietta ...... 5 – 7 Brunner Ferdinand ...... 25 Damisch Gunter ...... 43 Darnaut Hugo ...... 21 Defregger Franz von ...... 9 Diesner Gerhild ...... 40 Eisenschitz Willy ...... 38, 39 Eybl Franz ...... 2 Heuberger Felix ...... 26 Hörmann Theodor von ...... 14 –16 Jungnickel Ludwig Heinrich ...... 36 Kaufmann Adolf ...... 17 Kurzbauer Eduard ...... 11 Lach Andreas ...... 4 Littrow Leontine von ...... 13, 23 Moll Carl ...... 29, 30 Mønsted Peder Mørk ...... 24 Raffalt Ignaz ...... 10 Reichert Carl ...... 8 Ribarz Rudolf ...... 18 Schiele Egon ...... 28 Schindler Emil Jakob ...... 12 Stoitzner Josef ...... 27, 35 Thöny Wilhelm ...... 37 Walde Alfons ...... 31 – 34 Weiler Max ...... 41, 42 Wisinger-Florian Olga ...... 22 Rosalia Amon wurde am 4. März 1825 in Palermo geboren und war mit großer Wahrscheinlichkeit die Rosalia Amon Tochter des steirischen Malers Carl Amon. Die Künstlerin zählt zu den seltenen erfolgreichen Biedermeier 1 (Palermo 1825 – 1856 Wien) Malerinnen und war in Wien Meisterschülerin von Ferdinand Georg Waldmüller. Als Frau in diesem gutbe- zahlten, hochrangigen Fach der Malerei tätig zu sein, war damals nicht leicht. Es gehörten dazu sicherlich ein Kleine Fischer starkes Selbstbewusstsein sowie überragendes Können, die ihr ermöglicht haben, sich als weibliche Malerin 1848 Öl auf Holz im anspruchsvollen Wien zu behaupten. Ab 1841 stellte sie auf den Kunstausstellungen der Akademie ihre 31,2 x 39,6 cm Bilder aus. Sie konzentrierte sich auf Porträtmalerei und die Darstellung von Blumen und Früchtestillleben, Signiert und datiert rechts unten: wobei der Einfluss ihres Lehrers und Vorbildes Ferdinand Georg Waldmüllers, der ihr selbst höchste Kunst- R. Amon 1848 fertigkeit attestierte, deutlich zu spüren ist. Einer Anekdote zufolge hat Waldmüller sogar aus Rücksicht auf Provenienz: Privatbesitz Wien seine in der Blumenmalerei sehr begabte Schülerin nach dem Jahr 1843 aufgehört Stillleben zu malen. Ob Literatur: Vgl.: Biedermeier. Gemälde aus der das der Wahrheit entspricht ist schwer nachzuvollziehen, jedenfalls hat der Meister in den Folgejahren keine Österreichischen Galerie Belvedere, Ausstel- lungskatalog, Minoritenkloster, Tulln an der mehr gemalt. Donau 2005; Ein Blumenstrauß für Waldmüller. Stilleben Die Werke Rosalia Amons beeindrucken durch hohe malerische Präzision und handwerkliche Qualität. Bilder Ferdinand Georg Waldmüllers und seiner Zeit, der Künstlerin befinden sich im Wien Museum sowie in der Österreichischen Galerie Belvedere und tauchen Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Wien 1993; im Kunsthandel nur sehr selten auf. Sie starb 1856 in Wien. Gerbert Frodl, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Wiener Biedermeier. Malerei zwischen Wiener Kongress und Revolution. Ausstellungskatalog Da aus der Hand Rosalia Amons nicht allzu viele Bilder bekannt sind, ist es umso erfreulicher, dass das Kunstforum Bank , Wien 1993; reizende Genrebild „Kleine Fischer“ aus dem Jahre 1848 erstmals in dieser Ausstellung präsentiert wer- Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie des 19. Jahrhun- den kann. Die Szene zeigt drei Kinder in Bauernkleidung, vermutlich Geschwister, die sich am Rande eines derts. Band I, Österreichische Galerie Belvedere, kleinen Bächleins auf dem Boden niedergelassen haben. Der Älteste der drei hat sich aus einem Ast eine Wien 1992, S. 56.; Angelrute gebastelt, mit der er nun höchst konzentriert und offenbar auch erfolgreich im Wasser fischt, wie Gerbert Frodl, Wiener Malerei der Biedermeier- zeit, Rosenheim 1987 man anhand des kleinen Fisches, den die größere Schwester in ihrer rechten Hand hält, erkennen kann. Das halboffene, zerknitterte Hemd des Buben, dessen weiße Falten die Malerin gekonnt wiedergibt und seine nackten Füße, die halb im kühlen Nass liegen, deuten auf einen heißen Sommertag hin, den sich die Kinder am kühlen Gewässer vertreiben. Im Hintergrund sind die hölzerne Wasserleitung einer Mühle und ein male- risches Haus inmitten eines dichten Waldes zu erkennen.

Kleine Idyllen aus dem täglichen Leben gegriffen, häufig familiäre Szenen mit spielenden Kindern im Garten, sind typisch für die biedermeierliche Genremalerei, deren Blütezeit sich zwischen 1850 und 1860 bereits dem Ende zuneigt. Gerbert Frodl schreibt dazu treffend: „Nirgendwo ist der Begriff der „guten alten Zeit“ greif- barer und nirgendwo wird das Gefühl einer „unbestimmten Sehnsucht“ im Bildbetrachter mehr geweckt“ 1.

Der große Einfluss, den Ferdinand Georg Waldmüller (der angeblich sagte, Malen sei nichts anderes als „ein Zeichnen mit Pinsel und Farbe“ 2) auf seine Schülerin ausübte ist auch in diesem Werk nicht zu leugnen. Besonders Partien wie das seidige Haar der Kinder, in dem die Sonne reflektiert, und die rosigen, leicht glänzenden Gesichter sind äußerst fein und realistisch gemalt und zeugen vom hohen technischen Können Rosalia Amons, die sich aufgrund dessen als eine der wenigen Frauen in der Biedermeierzeit erfolgreich als Malerin profilieren konnte. Ihre Werke zählen heute aufgrund ihres kleinen Oeuvres und der hohen Qualität zu gesuchten Raritäten.

1 Gerbert Frodl, Wiener Malerei der Biedermeierzeit, Rosenheim 1987, S. 20. 2 s.o., S. 23.

Franz Eybl wurde 1806 in der damaligen Wiener Vorstadt Gumpendorf geboren. Der vielseitig begabte junge Franz Eybl Künstler besuchte bereits ab 1816 – im Alter von zehn Jahren – die Akademie der bildenden Künste in Wien. 2 (Wien 1806 – 1880 Wien) Dort war er zunächst bei Josef Klieber in der Erzverschneidungs- und Kunstprofessionistenschule, ab 1817 studierte er bei Josef Mössmer in der Landschaftsklasse. Von 1820 bis 1823 belegte er Modellzeichnen nach Stilleben mit Blumen und Früchten der Antike bei Johann Baptist Lampi und Franz Caucig, ehe er schließlich bis 1828 bei Johann Peter Krafft die 1855 Klasse für Historienmalerei absolvierte. 1825 erhielt Franz Eybl den Gundel-Preis sowie 1828 den Lampi- Öl auf Holz Preis. 1830 heiratete er Antonia Jordan. Bereits seit 1843 war der angesehene Künstler Mitglied der Wiener 58 x 45,5 cm Akademie, ab 1853 Kustos an der Kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere und ab 1867 auch Lehrer an Signiert und datiert rechts unten: F. EYBL (1)855 der dortigen Restaurierwerkstätte. 1933 wurde der Eyblweg in Wien-Leopoldau nach dem Künstler benannt. Provenienz: Privatsammlung Wien; Franz Eybl widmete sich zunächst der Landschafts-, Genre- sowie der Historienmalerei, wobei er sich seine Privatsammlung Salzburg Themen meist aus der bäuerlichen Welt suchte. Nach 1840 geriet er zunehmend unter den Einfluss von Fer- Literatur: Ein Blumenstrauß für Waldmüller. dinand Georg Waldmüller, dessen Lichteffekte er aufgriff. Franz Eybls große Bedeutung liegt auch in seinen Stilleben Ferdinand Georg Waldmüllers und seiner Zeit, Ausstellungskatalog Österreichische Porträts, wobei er darin neben Friedrich von Amerling zu den wichtigsten Malern des 19. Jahrhunderts in Galerie Belvedere, Wien 1993, Abb. S. 143; Österreich zählt. Neben zahlreichen Ölgemälden schuf er über hundert Bildnisse und ist in diesem Fach mit Ingrid Kastel, Franz Eybl 1806 –1880. Dissertation an der Universität Wien, oder Friedrich Amerling vergleichbar. Mit diesen hat er zum großen Aufschwung und zur Wien 1983, Kat. Nr. 390, Abb. 268 künstlerischen Blüte der Wiener Porträtlithografie in den Jahren 1830 – 1860 beigetragen. Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestands­ katalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band 1, Wien 1992, S. 246 – 253 Gemälde wie nebenstehendes leuchtendes „Stilleben mit Blumen und Früchten“ von Franz Eybl markie- Ausgestellt: Österreichische Galerie Belvedere, ren einen Höhepunkt in der Entwicklung der Blumenmalerei des österreichischen Biedermeier. Es geht Wien 1993 nicht mehr um neue Bildfindungen und Kompositionsideen, das Hauptaugenmerk liegt ganz und gar auf Detailtreue, auf der vollkommensten Erfassung prachtvoller Früchte, Blüten und Blätter in ihren unter- schiedlichen Formen und Farben sowie auf der Beschaffenheit von Oberflächen und Mate­rial­wirkungen. Aus einem Weidenkorb quellen grünbelaubte Weinranken und verschiedenfarbige – grüne, blaue und ­violette – Trauben neben reifen Früchten – Nektarinen, Äpfel und eine Birne – auf eine Tischplatte. Neben einer geöffneten Nuss und einer Pfirsichhälfte laden auch einige Zwetschken auf einem Teller zum Verkosten ein. Eine Blumenvase, ein fein ziselierter Humpen sowie eine Karaffe und ein Glas run- den – geheimnisvoll aus dem Halbdunkel des Hintergrundes schimmernd – dieses schöne Ar- rangement ab. Gerade in dieser kunstvollen und sehr lebendig dargestellten Harmonie verschie- denster Materialien und Oberflächen, von gewachsener Natur und artifiziellem Gegenstand, liegt der besondere Reiz dieses außergewöhnlichen Stillebens, das nicht zu Unrecht an einige der besten Blumen- und Früchtebilder Ferdinand Georg Waldmüllers denken lässt. Dem so überzeugend vermittelten Eindruck von Plastizität, Frische und Lebendigkeit kann sich hier auch der heutige Betrachter kaum entziehen. Derart prachtvolle, mit feinstem Pinsel ausgeführte Gemälde zählen heute zu den musealen Paradebeispielen der österreichischen Stillebenmalerei des Biedermeier.

Jakob Alt kam 1810 von Frankfurt am Main nach Wien, um an der Kunstakademie zu St. Anna zu studieren und Jakob Alt wahrscheinlich spielte er mit dem Gedanken, wie so viele Maler seiner Generation, sich später in Rom niederzulas- 3 (Frankfurt am Main 1789 – 1872 Wien) sen und fortzubilden. 1811 jedoch schon heiratete er seine hübsche Quartiertgeberin in der Alservorstadt, die jun- Rudolf von Alt (Wien 1812 – 1905 Wien) ge Witwe Anna Schaller, mit der er schließlich sieben Kinder haben sollte, darunter die später berühmten Künstler Rudolf (geb. 1812) und Franz Alt (geb. 1821). Das nun notwendige Familieneinkommen lieferte dem jungen Maler Sommertag in den kommenden Jahren intensives Arbeiten an verschiedenen Landschaftszyklen im Auftrag der renommierten an der Amalfiküste Wiener Verlage Artaria und Kunicke. So entstanden die berühmten Serien der „Donau-Ansichten“, der „Mahle- Entwurf für den Hohlspiegel-Guckkasten rischen Reise durch die schönsten Alpengegenden des österreichischen Kaiserstaates“ oder der „Vorzüglichsten von Kaiser Ferdinand I Ansichten des k.k. Salzkammergutes“, zu denen Jakob Alt die aquarellierten Vorlagen lieferte, wobei er bald schon 1836 Aquarell auf Papier durch seinen Sohn Rudolf unterstützt wurde. Der Erfolg dieser in Lithografien umgesetzten Landschaftszyklen er- 20 x 27,2 cm möglichte dem Künstler ab nun, stets in Begleitung von Rudolf, Reisen nach Oberitalien und Rom. In den 1830er Signiert und datiert rechts unten: Jahren arbeiteten Vater und Sohn gemeinsam an dem ambitionierten Projekt für den Hohlspiegel-Guckkasten des J. Alt 1836 späteren Kaisers Ferdinand. Seit 1848 beschäftigte sich Jakob Alt zunehmend mit der heimischen Flora und sein Provenienz: Privatbesitz Wien umfangreiches, mehr als 400 Blätter umfassendes Herbarium befindet sich heute in der Sammlung des niederöster- Literatur: Vgl.: Klaus Albrecht Schröder, Maria reichischen Landesmuseums. Eine letzte Reise führte ihn nach Mähren und Schlesien, wo noch eine lithografische Luise Sternath (Hg.), Jakob und Rudolf von Alt. Serie mit Industriemotiven entstand. 1872 starb Jakob Alt, künstlerisch anerkannt und weithin geschätzt, hochbe- Im Auftrag des Kaisers, Ausstellungskatalog Albertina, Wien 2010, S. 92 – 95 und 177 ff.; tagt nur wenige Wochen nach seiner Frau. Nicht nur durch seine eigenen Werke, sondern auch als Wegbereiter der Walter Koschatzky, Des Kaiser Guckkasten. Kunst seiner Söhne nimmt Jakob Alt heute einen bedeutenden Rang in der österreichischen Kunstgeschichte ein. Eine Sammlung alt-österreichischer Ansichten aus der Wiener Hofburg, Salzburg 1991, S. 212 ff.; Im Auftrag von Erzherzog (ab 1835 Kaiser) Ferdinand entstanden zwischen 1830 und 1849 für den kaiserlichen Klaus Albrecht Schröder, Maria Luise Sternath (Hg.), Rudolf von Alt. 1812 –1905, „Guckkasten“ annähernd 300 Stadt- und Landschaftsansichten, die die Schönheiten und Besonderheiten der Ausstellungskatalog Albertina, Wien 2005, Österreichischen Monarchie und der angrenzenden Länder dokumentieren sollten. Dafür wurden die besten Aqua- S. 121–145 rellisten der Zeit engagiert: Jakob und Rudolf Alt, Eduard Gurk und Leander Russ. 1835 brachen Vater und Sohn Alt – gewissermaßen im Auftrag des Kaisers – auf ihre zweite, wohlvorbereitete Reise nach Italien auf und als alle Genehmigungen durch Fürst Metternich persönlich geregelt waren, nahm ein durch interessante Begegnungen, fesselnde künstlerische Entdeckungen und enormen malerischen Schaffensdrang übervolles Jahr für die beiden Künstler seinen Lauf. Hier, zwischen den antiken Ruinen Roms, auf der Sonneninsel Capri im Golf von Neapel oder an den steilen Felsklippen bei Sorrent oder Amalfi entstanden herrliche, lichterfüllte Aquarellmalereien, die heute zum Besten zählen, was die Kunst des österreichischen Biedermeier hervorgebracht hat. Die Autorschaft dieser wunderbaren Aquarelle ist in dieser Zeit häufig schwer zu unterscheiden und viele sind als Gemeinschaftsarbeiten von Vater und Sohn oder ausschließlich von der Hand Rudolfs entstanden, obwohl meist Jakob – als Werkstatt- leiter – signierte und verantwortlich zeichnete. Eine zauberhafte Reiseimpression, die vom Alltag in einem Fischerdorf an der Amalfiküste erzählt, ist hier mit un- glaublich feinem Pinsel eingefangen. Detailreich und von großer Lebendigkeit sind die verschiedenen Personen am Strand, das alte Gebäude und die mediterrane Vegetation am Rande der Klippen sowie das wellig-bewegte Meer erfasst. Das helle, warme Licht der Mittelmeersonne glänzt über der idyllischen Bucht, die in unzähligen zarten Nuancen aus Ocker-, und Brauntönen sowie aus blauem und olivgrünem Kolorit dem Betrachter in unerreichter, fast kristalliner Klarheit gegenübersteht. Unbestritten erreichte Jakob Alt in heute musealen Aquarellen wie diesem den Zenith seiner Kunst und Rudolf stand am grandiosen, vielversprechenden Anfang einer noch lange dauernden künstlerischen Laufbahn.

Der bedeutende Wiener Blumen- und Früchtestillebenmaler Andreas Lach, Onkel des Malers Fritz Andreas Lach Lach, studierte an der Akademie der bildenden Künste bei Thomas Ender, Joseph Mössmer und 4 (Eisgrub/ Mähren 1817 – 1882 Wien) Sebastian Wegmayr. Als Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens war er auf deren Ausstellungen im Künstlerhaus mit seinen Bildern häufig vertreten. Rosenstilleben mit Schmetterling Neben der Landschafts-, Porträt-, und Genremalerei war die Blumenmalerei eine weitere zentrale um 1860 künstlerische Disziplin des österreichischen Biedermeier. Vom späten 18. Jahrhundert bis hinein in die Öl auf Holz zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stillebenmalerei in Wien einen Boom wie in keiner an- 32 x 39,5 cm Signiert rechts unten: a. Lach deren Kunstmetropole dieser Zeit. Der plötzliche Aufschwung hing mit der erfolgreichen Entwicklung der k.u.k. Wiener Porzellanfabrik zusammen, die mit der Übernahme durch Konrad von Sorgenthal Provenienz: Galerie Paffrath, Düsseldorf; im Jahr 1772 begann. Sorgenthal strukturierte nicht nur die Manufaktur um, sondern eröffnete Privatbesitz Deutschland auch eine dazugehörige Kunstschule, an der Historien-, Landschafts-, Ornament- und Blumenmalerei Literatur: Vgl.: Gerbert u. Marianne Frodl, Die Blumenmalerei in Wien, Wien 2010; unterrichtet wurde. 1812 bis 1850 wurde eine eigene Professur für Blumenmalerei gegründet, die Ein Blumenstrauß für Waldmüller. Stilleben Sebastian Wegmayr, der Lehrer Andreas Lachs, innehatte. Die Grundlagen des Studiums basierten Ferdinand Georg Waldmüllers und seiner Zeit, Ausstellungskatalog Österreichische Galerie auf der niederländischen Blumen- und Früchtemalerei des 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Be- Belvedere, Wien 1993 sonders die Werke von Jan van Huysum (1682 – 1749) und Rachel Ruysch (1664 – 1750) wurden als Vorbilder angesehen. Dem Einfallsreichtum der großen Maler – etwa Johann Baptist Drechsler, Josef Nigg, Franz Xaver Petter, Anton Hartinger, Josef Lauer und Andreas Lach – waren kaum Grenzen gesetzt: es entstanden Bilder von großen und kleinen Blumenbouquets, opulente Früchtestilleben, kombinierte Arrangements mit Blüten und Früchten, Stilleben mit exotischen Pflanzen und Tieren sowie Blumenranken in Zusammenhang mit religiöser Symbolik. Diese vielfältigen, den Betrachter immer wieder aufs Neue überraschenden Kompositionen wurden zumeist in Mauernischen, auf Mar- morplatten vor Landschaftsausschnitten und später auch ganz in der freien Natur platziert.

„Rosenstilleben mit Schmetterling“, um 1860 entstanden, ist ein schönes Beispiel dieser detail- reichen, wie zufällig in der Natur platzierten Kabinettstücke, die durch ihre minutiöse Malerei und die erfrischende, lebendige Ausführung bezaubern. Andreas Lach hat für sein Werk einen Bund duftender Teerosen gewählt, deren schwere, übervolle Blüten in fein abgestuften Rosatönen bis hi- nein ins Gelbliche leuchten. Die Blüten liegen wie gerade fallen gelassen am Ufer eines Gewässers, das links im Bild über eine kleine Felsformation hinwegplätschert. Über den Strauß neigen sich die zart gegliederten Blätter eines Farns, dessen Grün der Farbe von Laub und Stängeln der Blumen entspricht und einen schönen Kontrast zu den pastellfarbenen Rosen bildet. Die dichten, weit geöff- neten Blüten sind in höchst plastischer Weise geschildert, ebenso wie die fein geäderten Unterseiten der Blätter. Durch die geschickte Platzierung kleiner Wasserperlen, die das Licht reflektieren, steigert Andreas Lach den Realismus und die Unmittelbarkeit seiner Darstellung. Zwischen den Farnen flat- tert von oben ein Schmetterling, ein „Bläuling,“ herab, angelockt durch den intensiven Duft und die Farben der Blüten, die uns, gerade von einem Sonnenstrahl getroffen, auf dem moosigen Boden entgegenleuchten.

Bilder wie dieses gelten heute als kleine Juwelen der österreichischen Blumenmalerei des Biedermeier und haben auch über die letzten 150 Jahre nichts von ihrer duftigen Frische und Lebendigkeit ver- loren.

Antonietta Brandeis wurde 1848 im böhmischen Miskowitz geboren. Sie studierte unter Karl Javurek in Antonietta Brandeis Prag Malerei, übersiedelte aber bald mit ihrer Mutter und deren zweiten Ehemann, einem Venezianer, in 5 (Miskowitz 1848 – 1926 Florenz) dessen Heimatstadt. Ihre weitere Ausbildung erfuhr sie als eine der ersten weiblichen Studenten an der Accademia di Belle Arti di Venezia. Schon während der Studienjahre wurde ihre wundervoll präzise Malerei Die Rialtobrücke in Venedig mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Brandeis wirkte bei zahlreichen Ausstellungen mit, vor allem in der um 1900 Öl auf Leinwand Promotrice Veneta und der in Florenz, aber auch auf der prestigeträchtigen International Exhibition of 24,3 x 34,6 cm Melbourne. Schon früh begeisterten sich Sammler für die zumeist kleinformatigen Ansichten ihrer Wahl- Signiert rechts unten: ABrandeis. heimat Italien. 1897 heiratete Antonietta Brandeis den venezianischen Offizier und Ordensritter Antonio Provenienz: Privatsammlung Schottland Zamboni. Nach 1900 fand man ihre Arbeiten vor allem in Ausstellungen englischer Galerien, der Sammler­ Literatur: Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta kreis war internationaler geworden. Nach dem Tod ihres Mannes 1909 lebte sie großteils in Florenz, wo Brandeis. 1848/1926, Turin 2010, Tav. 45, 46 sie auch 1926 verstarb.

Die Faszination für Venedig sollte die Künstlerin ein Leben lang begleiten. Ihre preziösen Schilderungen der Lagunenstadt waren beliebte Erinnerungen für die schon im 19. Jahrhundert zahlreichen Bewunderer und Besucher der Stadt und sind auch noch heute weit über die Grenzen Österreichs hinaus sehr gesuchte Sammlerstücke. Natürlich hielt Antonietta Brandeis für die Liebhaber und Sammler Ihres Werks bevorzugt die zahlreichen Sehenswürdigkeiten Venedigs fest, es gibt aber auch viele Ansichten von unbekannten Palästen und Kanälen, die auch ohne große Historie einen unwiderstehlichen Reiz auf den Betrachter ausüben. Gerade in diesen weniger besuchten Winkeln kann man sich in Ruhe dem Zauber der Stadt hingeben. So zeigt die Kat.Nr. 6 „Am Canal Grande“ die der Chiesa Santa Maria della Salute gegenüber liegende Häuserfront mit einer im Anlegen begriffenen Gondel. Detailreich sind die Fassaden der Palazzi mit den teils geöffneten, teils geschlossenen Fensterläden, den gerafften Markisen und dem von Wasser und Zeit gezeichneten Mauerwerk wiedergegeben.

Alle drei im Katalog gezeigten Arbeiten zeichnet eine relative Nahsicht aus, die Architektur nimmt einen großen Raum in der Darstellung ein und der Blickwinkel deutet darauf hin, dass die Künstlerin teilweise vom Wasser aus gearbeitet haben dürfte. Lediglich in der Kat.Nr. 5 wird der relativ weite Himmel über der Rialtobrücke mit seinen Schönwetterwolken als Stimmungselement mit einbezogen. Malerisch ist dieses das am lockersten vorgetragene Bild, die beiden folgenden Veduten zeichnen sich durch einen kristallin- klaren Pinselduktus aus. So wird die Rialtobrücke mit der angrenzenden Fondaco dei Tedeschi, überragt vom Turm der Chiesa San Bartolomeo links im Bild, und rechts der Renaissancefassade des Palazzo dei Camerlenghi in diffuses Licht getaucht. Es ist wohl der frühe Morgen eines heißen Tages, an dem die Einwohner rasch ihre Arbeiten erledigen, bevor die Hitze sie in den Schatten zwingt. Kat.Nr. 7 zeigt uns die Seufzerbrücke aus der Perspektive der zahllosen Liebenden, die sich unter der Brücke ewige Treue schworen. Beeindruckend ist der Tiefenzug, den die Künstlerin dem Verlauf des Kanals folgend entwickelt. Die markante Lichtsetzung hebt die architektonischen Elemente ebenso hervor wie den Moosbewuchs an der Rückseite des Dogenpalastes, den weißen Marmor der Brücke im Bildhintergrund, oder das rote Gewand und den weißen Schirm einer Passantin, die den Blick in die Tiefe ziehen, um letztendlich aber wieder von der architektonischen Schönheit der Renaissancebrücke gefangen genommen zu werden.

Antonietta Brandeis 6 (Miskowitz 1848 - 1926 Florenz)

Am Canal Grande vis-à-vis Santa Maria della Salute um 1890 Öl auf Malkarton 24,5 x 14,5 cm Signiert rechts unten: ABrandeis.

Provenienz: MacConnal-Mason & Son, London; Privatbesitz England Literatur: Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta Brandeis. 1848/1926, Turin 2010 Antonietta Brandeis 7 (Miskowitz 1848 – 1926 Florenz)

Die Seufzerbrücke in Venedig um 1890 Öl auf Malkarton 24,5 x 14,5 cm Signiert rechts unten: ABrandeis.

Provenienz: MacConnal-Mason & Son, London; Privatbesitz England Literatur: Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta Brandeis. 1848/1926, Turin 2010, Tav. 36 Der bekannte, aus einer Künstlerfamilie stammende Tier-, Genre- und Vedutenmaler Carl Reichert Carl Reichert wurde 1836 in Wien geboren. Seine erste Ausbildung erhielt der junge Künstler bei seinem Vater, 8 (Wien 1836 – 1918 Graz) dem Maler Heinrich Reichert. Später war er Schüler an der Grazer Zeichenakademie unter Joseph Ernst Tunner und Ernst Christian Moser. Für kurze Zeit studierte er in München und bildete sich Jagdidylle mehrmals in Rom bei den berühmten Malern Ludwig Johann Passini und Anton Romako fort. 1869 um 1890 Öl auf Holz übersiedelte Carl Reichert nach Wien und wurde 1874 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. 1910 44 x 55,5 cm zog der Künstler nach Graz, wo er 1918 verstarb. Signiert und bezeichnet rechts oben: C. Reichert. Wien.

Carl Reichert war einer der besten und gesuchtesten Tiermaler der k.u.k. Monarchie. Dies mani­ Provenienz: Privatbesitz England festiert sich auch in dem charakteristischen Bild „Jagdidylle“, das um 1890 entstanden ist. Die von Literatur: Vgl.: Josef Ramharter, Karl Reichert, der Jagd etwas ermatteten Hunde – ein English Pointer, ein Dachshund und ein English ­Springer in: Der getreue Eckart, o.J., S. 264 – 268 Spaniel – sitzen nach erfolgreich getaner Arbeit neben der erzielten Beute. Drei Wild­enten und zwei Rebhühner hat der Jäger mitgebracht. Vor kurzem erst dürfte er mit seinen treuen Hunden von der erfolgreichen Jagd heimgekehrt sein. Das Gewehr hat er an einen Stuhl gelehnt, auf dem er auch zwei der Enten abgelegt hat. Der Rest der Vögel liegt am Boden beim Rucksack des Weidmanns und zwischen den Voderpfoten des Spaniels, der seinen Kopf zurück zum sitzenden English Pointer gewandt hat. Dieses narrative Moment bringt Bewegung in die Szenerie. Der ­Spaniel blickt fragend zurück, der Pointer spannt die Muskeln der Vorderbeine an, wie um sich gleich zu erheben. Auch der Dackel im Vordergrund blickt wachsam, jeden Moment bereit aufzuspringen und seinem Herrn entgegenzulaufen oder Befehle entgegenzunehmen. Die fast leere Wasserschale im Vordergrund verrät uns den großen Durst mit dem die Jagdhunde wohl heimgekommen sind. Die Dynamik der Komposition und das stark ausgeprägte erzählerische Moment sind typisch für die Bilder Carl Reicherts. Die gekonnte Schilderung der einzelnen Charaktere der Tiere und des Künstlers Bega- bung für die Wiedergabe des Stofflichen zeigen einmal mehr sein hervorragendes Talent. Er hat das glänzende Fell der Tiere perfekt erfasst, ebenso wie den kalten Schaft der Jagdwaffe und das glänzende Metall der Wasserschüssel. Das warme Holz des Bodens glaubt man ebenso fast spüren zu können, wie das kalte Mauerwerk im Hintergrund. Durch die Lichtführung unterstreicht Carl Reichert noch den Glanz im Haar der Hunde und betont die zentrale Szene im Bild. Der berühmte Maler zeigt in diesem herausragenden, typischen Werk einmal mehr sein meisterhaftes Können.

Franz von Defregger wurde 1835 als Sohn eines wohlhabenden Bauern auf dem Ederhof in Osttirol gebo- Franz von Defregger ren. Er sollte das Gut übernehmen, verkaufte sein Erbe aber, und begann stattdessen 1860 ein Studium 9 (Ederhof bei Stronach/Osttirol 1835 – 1921 München) in Bildhauerei an der Innsbrucker Kunstgewerbeschule bei Michael Stolz. Dieser erkannte das Talent des Schülers und arrangierte ein Treffen mit dem berühmten Münchner Historienmaler Karl Theodor von Piloty. Junges Dirndl Auf dessen Rat hin bewarb sich Defregger an der Münchner Kunstakademie und fand 1861 Aufnahme um 1890 in die Malklasse von Hermann Anschütz. 1863 bis 1865 hielt er sich zu Studienzwecken in Paris auf und Öl auf Leinwand arbeitete nach seiner Rückkehr neben Hans Makart und Gabriel Max im Atelier Pilotys, sicher ein Zeichen 51,2 x 39 cm großer Wertschätzung seines Talents. Seine Arbeiten fanden bald so großen Anklang, dass er eine Professur Signiert links unten: Defregger. für Historienmalerei in der Komponierklasse der Münchner Kunstakademie angeboten bekam und von 1878 Provenienz: Privatbesitz Schweiz bis 1910 dort unterrichtete. Zu seinen Schülern gehörte unter anderen der bekannte deutsche Impressionist Literatur: Hans-Peter Defregger, Franz von Lovis Corinth. 1883 erhielt er den Verdienstorden der bayrischen Krone und wurde in den Adelsstand Defregger 1835 – 1921, Rosenheim 1983, Werkverzeichnis Abb. S. 348 (Format und erhoben. Neben anderen zahlreichen Ehrungen und Preisen kann noch der Orden Pour le Mérite für Wissen­ Besitzer unbekannt) schaften und Künste hervorgehoben werden. Defregger führte einen glanzvollen Salon in seinem repräsen- Vgl.: Horst Ludwig, u. a., Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst. Münchner Maler im tativen Haus in München, besaß aber in Bozen einen zweiten Wohnsitz, wo er viel Zeit verbrachte. 1921 19. Jahrhundert, München 1982, Band 1, verstarb er in München. S. 211; Wolf Rosenberg, Defregger, Bielefeld und Franz von Defregger ist neben Friedrich August von Kaulbach, Wilhelm Leibl und Franz von Lenbach einer Leipzig 1897, Abb. S. 34 f., S. 39 ff. der bekanntesten Künstler der sogenannten Münchner Schule, die im Umfeld der Akademie und vor allem deren Leiter Karl Theodor von Piloty angesiedelt war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts prägten die Münchner Künstler die europäische Kunstentwicklung maßgeblich und machten die bayrische Haupt- stadt zwischen 1850 und 1914 zum Zentrum der Malerei. Defregger malte mit Vorliebe Porträts, ­Motive des bäuerlichen Alltagslebens aber auch dramatische Historienszenen. Seine Malerei ist charakterisiert durch ein bemerkenswertes Gespür für Farbgebung, einen unerhört feinen Pinselstrich und eine genaue Beobachtungsgabe.

Das „Junge Dirndl“ ist um 1890 entstanden, einer Zeit, in der Franz von Defregger bereits als Künstler eta- bliert, höchst erfolgreich und in seinem Stil gefestigt war. Mit wachem, aufmerksamem Blick sieht das junge Mädchen dem Betrachter entgegen. Meisterhaft hat der Künstler die sanften Gesichtszüge, die rosigen Wangen und roten Lippen festgehalten. Die dunklen Haare sind nach hinten zu einem Zopf gebunden, eine Strähne hat sich etwas gelöst und hängt dem Mädchen in die Stirn, ein Detail, das der Darstellung die Strenge nimmt und ein Gefühl der Lebendigkeit hervorruft. In der Bildeinteilung folgt Defregger streng dem Goldenen Schnitt. Kopf und Hals nehmen die oberen beiden Drittel des Bildes ein, Schultern und Brust der Dargestellten das untere Drittel, die Augen sind auf einer Achse, die streng parallel zum oberen bzw. un- teren Bildrand verläuft. Durch dieses Stilmittel wirkt das Mädchen mit seinen ebenmäßigen Gesichtszügen besonders anziehend und wohlproportioniert. Die Stofflichkeit des Gewandes hat Defregger zugunsten des Naturalismus des Antlitzes zurückgenommen. Dennoch erkennt man, dass es sich wohl um eine festliche Tracht aus seidigem Stoff handelt, die Glanzlichter am gezogenen Schulteransatz der Ärmel lassen darauf schließen. Das Karomuster des um den Hals gelegten und in den Ausschnitt des Dirndls gesteckten Tuchs hat der Künstler mit lockerem Pinselstrichen angedeutet, auch hier ist der Kontrast zum weichen Inkarnat auf- fallend. Mit Bildern wie diesem hat Franz von Defregger seinen Ruf als einer der begnadetsten Porträtisten seiner Zeit begründet.

Ignaz Raffalt wurde 1800 als uneheliches Kind in der steirischen Marktgemeinde Weißkirchen geboren. Zwei Ignaz Raffalt Jahre später heiratete seine Mutter in Murau den dortigen Gastwirt Lorenz Raffalt wodurch seine ledige 10 (Weißkirchen 1800 – 1857 Hainbach) Abkunft legitimiert wurde. Die Jahre seiner Kindheit und frühen Jugend verbrachte er in Murau, wo er schon frühzeitig im elterlichen Gasthaus, am „Oberen Markt“, mitarbeiten musste. Bereits damals befasste er sich Heimkehr im Abendlicht in seinen Mußestunden intensiv mit der Malerei. Entgegen den Absichten seines Ziehvaters, der ihn zum um 1845 Öl auf Holz Kaufmann ausbilden lassen wollte, ging der junge Künstler 1820 nach Wien und studierte an der Akademie 34 x 47,8 cm der bildenden Künste bei Johann Peter Krafft, Joseph Mössmer und Anton Petter. Im Jahre 1826, nach Be- Signiert links unten: Raffalt endigung seines Studiums, ging er nach Murau zurück und arbeitete wiederum im elterlichen Gasthaus. In Provenienz: Privatbesitz Kanada jenen Jahren durchwanderte Ignaz Raffalt auch die Alpenregionen in der Steiermark und Kärnten. Intensiv widmete er sich dabei der Darstellung ländlicher Szenen und stimmungsvoller Berglandschaften. Nach dem Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Tod seines Vaters im Jahre 1833 übernahm er dessen Gastwirtschaft und arbeitete nun vermehrt an Stilleben Belvedere in Wien, Band 3, Wien 1998, und Genrebildern im Stile der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Ein großer Ausstellungserfolg S. 211 f.; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des in Graz war vermutlich der Hauptgrund, wieder nach Wien zu ziehen und hier mit Landschaftsbildern re- Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck gelmäßig an den renommierten Kunstvereins-Ausstellungen teilzunehmen. Die vorwiegend kleinformatigen Frankfurt 1969, 2. Band, 1. Hälfte, S. 343 f.; Constant von Wurzbach, Ignaz Raffalt, in: Arbeiten aus jener Zeit zeigen seine große Vorliebe für die Umsetzung unterschiedlichster Wetter- und Licht- Biographisches Lexikon des Kaiserthums situationen, die er in der Wiener Umgebung und den weiten Ebenen und Flussauen an Donau, Waag und Oesterreich. Band 24, Wien 1872, S. 216 – 220 March besonders gut studieren konnte. Bei einer seiner Kunstexkursionen erlitt der Maler im Sommer 1857 bei Hainbach im Wienerwald einen tödlichen Schlaganfall und wurde, „an einer Stelle, die kaum reizender für ein Malergrab gedacht werden kann“ 1, auf dem heute aufgelassenen Friedhof von Mariabrunn beerdigt. Ignaz Raffalt, der eng mit Friedrich Gauermann, Josef Höger und Josef Feid befreundet war und auch in- tensiven künstlerischen Austausch pflegte, entwickelte unter den Malern des Biedermeier eine ganz eigen- ständige, unverwechselbare und fortschrittliche Auffassung der Landschaftsdarstellung. Gleichsam als Weg- bereiter einer nachfolgenden Künstlergeneration begann er sich intensiv mit unterschiedlichsten Licht- und Wetterstimmungen zu beschäftigen und erlangte bald eine unübertreffliche Meisterschaft in der Darstellung von Sonnenuntergängen, Dämmerungen, Abend- oder Gewitterlandschaften.

Eine dieser wegweisenden Arbeiten ist auch nebenstehende „Heimkehr im Abendlicht“, in der sich Ignaz Raffalt einmal mehr als Meister der atmosphärischen Dramaturgie erweist. Eine weite, ebene Land- schaft – deren Topografie dem Wiener Umland entnommen sein könnte – öffnet sich vor dem Betrachter, eine romantische Abfolge aus Wiesen und Getreidefeldern, Reihen von Baumgruppen und vereinzelten Gebäuden, die verstreut durch die Vegetation hervorlugen. Zwei bewaldete Hügel am Horizont, deren Silhouetten an die des Kahlen- und Leopoldsberges erinnern, schließen den tiefen Bildraum komposito- risch ab. Ein hoher, fast „altmeisterlicher“ Himmel steht eindrucksvoll und bedrohlich über der Landschaft, rasch ziehen sich dunkle Wolken zusammen, Unwetter verheißend, und lassen nur wenig Raum für einige sporadische Sonnenstrahlen, die dramatisch ein einsames schlossartiges Gehöft erhellen. Die Dynamik des nahenden Wetterumschwunges wird subtil begleitet durch einige Vögel, die im aufkommenden Wind ihre Kreise ziehen. Mit feiner Pinselführung und raffinierten koloristischen Nuancierungen hat der Künstler den Kontrast von Ruhe und Aufgewühltheit, von Idylle und Drama eindrucksvoll festgehalten. Zu Recht wird Ignaz Raffalt mit Werken wie diesem zu den großen Landschaftern seiner Zeit gezählt.

1 Constant von Wurzbach, Ignaz Raffalt, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Band 24, Wien 1872, S. 216 f.

Eduard Kurzbauer wurde 1840 in Lemberg geboren, übersiedelte aber bald nach Wien. Er erhielt Eduard Kurzbauer zunächst eine Ausbildung zum Lithografen, wechselte dann an die Wiener Akademie, wo er 11 (Lemberg 1840 – 1879 München) 1857 bis 1861 studierte. Es folgten Jahre des Experimentierens, ehe sich der Künstler gänzlich der Genremalerei zuwandte. Der Erfolg seines Gemäldes „Die Märchenerzählerin“ ebnete ihm den Kuschelige Spielgefährten Weg ins Atelier des berühmten Münchner Historienmalers Carl Theodor von Piloty, zu dessen 1871 Schülern auch Franz von Lenbach, Hans Makart und Franz Defregger zählten. Dort studierte Öl auf Leinwand 32,5 x 23,3 cm Eduard Kurzbauer von 1868 bis 1870, das Jahr in dem auch sein bekanntestes Werk „Die ereilten Signiert und datiert rechts unten: Flüchtlinge“ entstand, das sich heute in der Österreichischen Galerie im Belvedere in Wien befindet Kurzbauer(18)71 und durch einen Stich Johannes Sonnleitners weite Verbreitung fand. Der Künstler war berühmt für seine oft humorvollen Darstellungen menschlicher Schwächen, aber auch für die Wiedergabe Provenienz: Privatbesitz England verschiedenster Charaktereigenschaften und der Darstellung des Menschen in unterschiedlichsten Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Situationen. Neben Franz von Defregger, August von Kaulbach, Wilhelm Leibl und Franz von Wien, Wien 1992 –2000, Band 2, S. 278; Lenbach ist der Künstler ein typischer Vertreter der Münchner Schule, die im Umfeld der Akademie Horst Ludwig, u. a., Bruckmanns Lexikon der und vor allem deren Leiters Karl Theodor von Piloty angesiedelt war. Eduard Kurzbauer starb 1879, Münchner Kunst. Münchner Maler im 19. Jahr- hundert, München 1982, Band 2, S. 412 f. im Alter von nur 39 Jahren in seiner Wahlheimat München.

Wie liebevoll hat Eduard Kurzbauer diesen glücklichen Moment im sonst sicher entbehrungs- reichen Leben des kleinen Bauernmädchens eingefangen. Das Kind sitzt im warmen Sonnenlicht an eine Mauer gelehnt und hat zwei schwarze Kaninchen eng an sich gedrückt. Zu ihren Füssen kauern zwei weitere Tiere, wohl die Mutter der schwarzen Jungtiere, die deutlich größer ist und ein strahlend weißes Fell hat, und ein weiteres Junges. Sorgsam hat das Mädchen seine hellblaue Schürze eingerollt, einerseits um den Tieren eine weichere Auflage zu bieten, aber vielleicht auch, um das Kleidungsstück vor Flecken zu schützen. Viel dürfte das Kind nicht zum Anziehen haben, der Rock des Dirndlkleides weist zahlreiche Flicken auf, Versuche das Gewand tragbar zu erhalten und auch Hinweis auf die Armut der Bauernfamilie. Doch in diesem Moment kann nichts das Glück des Kindes trüben. Mit rosigen Wangen und einem zarten Lächeln blickt es auf die Tierchen, die sich an sie gekuschelt haben. Die blonden Haare haben sich aus einem Zopf gelöst und hängen dem Kind ins Gesicht. Links sieht man in den Stall des Bauernhofes wo im Halbdunkel ein Rind zu erkennen ist. Die weiße Mauer des Hofes, die hinter dem Kind zu sehen ist, ist an einigen Stellen abgebröckelt und könnte einen neuen Anstrich vertragen, dennoch macht alles einen sauberen und keineswegs vernachlässigten Eindruck. Durch die weiche, zart modulierende Farbsetzung unterstreicht Kurzbauer die Intimität des Momentes und hebt sein Motiv durch eine helle, gleich- mäßige Ausleuchtung hervor. Die räumliche Distanz wird durch das Heranrücken des Mädchens an den Betrachter aufgehoben, aber auch emotional wird man durch die Unmittelbarkeit der Dar- stellung gefangen genommen. Erst durch die Abkehr von der reinen Ateliermalerei und durch das Arbeiten direkt vor dem Motiv war es den Künstlern möglich, scheinbar flüchtige Momente in überzeugender Lebendigkeit für uns einzufangen. So gelingt es Eduard Kurzbauer meisterhaft diesen Moment des Glücks festzuhalten, liebevoll übernimmt der Betrachter den Blickpunkt des Künstlers und malt sich in der Phantasie eine Geschichte aus. Somit gelingt es dem Künstler, alle Facetten eines begnadeten Genremalers gekonnt auszuspielen.

Emil Jakob Schindler wurde am 27. April 1842 in Wien geboren. In den Jahren von 1860 bis 1868 war er Emil Jakob Schindler Schüler bei Albert Zimmermann an der Wiener Akademie. Besonders prägten ihn jedoch die Werke der Schule 12 (Wien 1842 – 1892 Westerland auf Sylt) von Barbizon auf der Wiener Weltausstellung 1873, wo er selbst mit Gemälden vertreten war. In diesen Jah- ren pflegte er auch engen Kontakt zu Hans Makart. 1869 wurde er Mitglied des Künstlerhauses. Für seinen Pappelallee Lebensunterhalt gab er Malunterricht. Zu seinem Schülerkreis gehörten unter anderem Olga Wisinger-Florian, bei Plankenberg , Carl Moll und Tina Blau, mit der er 1875 eine große Hollandreise unternahm. 1879 heiratete er die um 1890 Öl auf Holz Hamburger Sängerin und Schauspielerin Anna Berger, die er während ihres Gastpieles in Wien kennenlernte. 16,5 x 26,4 cm Noch im selben Jahr wurde Tochter Alma (später -Werfel) geboren. Die Sommer der folgenden Signaturstempel links unten: Schindler Jahre verbrachte die Familie und der Kreis der Schüler in Weißenkirchen in der Wachau. Daraus entwickelte Provenienz: Privatbesitz USA sich die sogenannte Gruppe der Wachaumaler. Es folgten längere Aufenthalte in Bad Goisern und Lundenburg Literatur: Heinrich Fuchs, Emil Jakob Schindler, an der Thaya bis Schindler 1885 in der Nähe von Neulengbach in das Schloss Plankenberg zog. Der Auftrag Wien 1970, S. 283, Wkv.Nr. 766 für den Kronprinzen Rudolf, „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“ zu illustrieren, führte Vgl.: Agnes Husslein-Arco und Alexander Klee (Hg.), Emil Jakob Schindler. Poetischer Schindler nach Istrien und Dalmatien. In den 1880er Jahren erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, Realismus, Ausstellungskatalog der Öster­ u. a. wurde er 1887 Ehrenmitglied der Wiener und 1888 der Münchner Akademie. Er erhielt die Silberne und reichischen Galerie Belvedere, Wien 2013; Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungs­ 1891 die Goldene Staatsmedaille. Der Künstler starb während eines Kuraufenthaltes im Sommer 1892 auf der impressionismus, Ausstellungskatalog der Insel Sylt. Österreichischen Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 196 ff. Ab den 1880er Jahren beschäftigt sich Emil Jakob Schindler mit den speziellen Stimmungen, die Wetter oder Jahreszeitenwechsel mit sich bringen. Das diffuse Zwielicht vor einem Gewitter, die dunstige Luft eines schwü- len Sommertages, ein noch nasser Weg in der vom Regen geklärten Luft oder erste Frühlingsboten in einer sonst noch morastigen Vorfrühlingslandschaft faszinieren und bewegen ihn zu intensiven Studien. Besonders gerne malt er in der Umgebung von Plankenberg, wo er im Schloss sein berühmtes Atelier unterhielt, in dem er und seine Künstlerfreunde und Schüler sich ausgiebig der Freiluftmalerei widmen konnten. Das nebenstehende Bild „Pappelallee bei Plankenberg“ ist eines von vielen Werken, in denen sich Schindler mit diesem Landschaftsstrich intensiv beschäftigt hat. Der Himmel zeigt sich in einem fast ins Lila übergehenden Grau, unser Blick schweift über weite Felder und Wiesen in die Entfernung, in der die hochaufragenden Pap- peln zu erkennen sind, die die Straße säumen. Die noch sichtbare Erde der Felder und das satte Grün der Wie- sen deuten auf Frühsommer hin, der verhangene Himmel lässt einen baldigen Regenguss erwarten. Die Allee mit den pittoresken Bäumen in der sonst weiten, unbevölkerten Landschaft muss den Maler fasziniert haben, sodass er gleich mehrere Varianten aus verschiedenen Blickwinkeln und Entfernungen anfertigte. Obwohl zeitlebens gefeiert und mit allen künstlerischen Auszeichnungen bedacht, die Österreich zu verge- ben hatte, stand Emil Jakob Schindler sich selbst stets kritisch gegenüber. In einer unter einem Pseudonym verfassten Kritik schreibt er über sich: „Seine Sammlung von bemalten Leinwanden und Brettern sind kleine Ergebnisse großer innerer Kämpfe und Leidenschaften, unter bitteren Tränen entstandene Scherze und mit Lächeln geborene Elegien. Von der jauchzenden Lust über die eigene Meisterschaft, die in seinen Augen keine sein kann, bis zu dem Zusammenbrechen unter der tödlichen Wucht des unheilbergenden Glücks. Die Natur – das schönste und grausamste aller Weiber – lieben zu müssen, diese Welt von Glück und Elend ist´s, die uns in seine Kreise bannt.“ Dieser Liebe zur Natur verdanken wir ein malerisches Werk, das nicht nur Generationen von Künstlern beein- flusst hat, sondern auch heute noch Sammler und Kunstliebhaber gleichermaßen beschäftigt und begeistert.

Die 1860 in Triest geborene Camilla Leontine von Littrow entstammte einer altösterreichischen Adelsfamilie. Leontine von Littrow Ihr Vater Heinrich von Littrow war Kartograf, Schriftsteller und später Leiter der nautischen Akademie in 13 (Triest 1860 – 1925 Abbazia) Triest, ihr Onkel der berühmte Astronom und Leiter der Wiener Sternwarte, Carl Ludwig von Littrow. Die Künstlerin wuchs also in einem künstlerisch-literarischen Umfeld auf. Die Laufbahn des Vaters1 führte sie Fischerboote in der Lagune von Venedig schon früh in die Gegend um Triest und Abbazia, die sich später auf vielen ihrer Bilder als zauberhaftes Motiv um 1890 wiederfindet. Ihre Ausbildung erhielt Leo von Littrow, wie sie liebevoll abgekürzt genannt wurde und auch Öl auf Leinwand signierte, in Paris als Schülerin von Jean d’Alheim, wo sie von der impressionistischen Malerei der großen 43 x 80,5 cm Franzosen beeinflusst wurde. Lange und künstlerisch fruchtbare Aufenthalte verbrachte sie – oft gemeinsam Signiert rechts unten: Leo Littrow Rückseitig auf der Leinwand bezeichnet: mit ihrer Freundin und Kollegin Olga Wisinger-Florian – in Istrien und Dalmatien, wo sie in zahlreichen Ge- - Leo von Littrow - Raccolta .... mälden imposante Stadt- und Hafenansichten, pittoreske Buchten und spontane Brandungsstudien festhielt. Rückseitig bezeichnet Die Künstlerin starb 1925 in Abbazia. Bereits zu Lebzeiten wurden ihre Bilder auf Ausstellungen in Wien und auf dem Keilrahmen: „Venezia“ München gezeigt und als einzige Künstlerin ihrer Zeit erhielt sie einen Auftrag zur Ausgestaltung der Hoch- Provenienz: Privatbesitz Wien parterresäle mit Gemälden im Naturhistorischen Museum – ein Zeichen großer Wertschätzung ihrer Kunst. Literatur: Vgl.: Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band, 2. Hälfte, Eine ihrer zahlreichen Reisen führt Leontine von Littrow auch in die Lagune von Venedig, vorliegendes Bild S. 925 liefert den motivischen Beweis. Dabei gilt die Faszination der Künstlerin wie oftmals einem Küstenstrich, von dem aus man eine wunderbare Sicht in die Ferne hat. In diesem Fall ist es ein natürlicher Hafen auf dem Lido mit einem schönen Blick auf das gegenüberliegende Venedig. Wir sehen San Giorgio Maggiore, die Chiesa Santa Maria della Salute und den Campanile im abendlichen Sonnenlicht, welches das Meerwasser vor der Lagunenstadt glitzern lässt. Einige, wenige Fischerboote sind noch mit gesetzten Segeln in Weiß und Orange auf dem Wasser unterwegs. Die im Vordergrund im Schatten liegenden Schiffe sind fest vertäut, ein ein- zelner Fischer im Hafen scheint das zur Sicherheit nochmals zu überprüfen. Mehrere Fischernetze sind zum Trocknen auf ein Holzgestell gehängt. Die rechte Bildhälfte nimmt zu einem Großteil der kaum bewachsene Fels der Küste ein, dessen Schroffheit im Kontrast zur meisterhaft von Menschenhand geschaffenen „Sere- nissima“ steht. Leontine von Littrow hat die Komposition in mehreren parallel gelagerten Ebenen angelegt. Ganz am unteren Bildrand sieht man Fels und Holzplanken, sowie einen Pfahl zum Festmachen der Schiffe, dahinter kommt der Hafen mit den vertäuten Fischerbooten. Dieser vordere Bereich, in Braun- und Grautö- nen gehalten, ist von der Sonne nicht mehr beschienen, mittels auf die Wasseroberfläche gesetzten Weiß- höhungen bringt Littrow dennoch Helligkeit in diese Zone. Hinter dem einsamen Fischer im Hafen liegt die Silhouette von Sant’Elena in intensives Abendlicht getaucht. Die Insel im Osten Venedigs gehört zum Sestiere Castello. Davor die leuchtenden Segel eines gerade im Anlegen begriffenen Fischerbootes und hinter diesem die glitzernde Wasserfläche vor der Stadt, über die einige Möwen gleiten. In der nächsten Ebene sehen wir die Umrisse Venedigs, über die sich zartrosa der Abendhimmel spannt, der die gesamte obere Bildhälfte ein- nimmt, was ein Gefühl der unendlichen Weite erzeugt. Diese wundervolle, impressionistische Malerei, ein in seiner Lichtstimmung herausragendes Werk der Künstlerin, weckt in uns die Sehnsucht nach dem Süden und ist einmal mehr Beweis, dass Leontine von Littrow zu den großen KünstlerInnen ihrer Zeit gehört.

1 Als Marineoffizier war Heinrich von Littrow an der Blockade-Escadre von Venedig beteiligt und in Triest stationiert. Später fuhr er als Ka- pitän für den Österreichischen Lloyd. 1887 gründete er den ersten Yachtclub an der adriatischen Küste, den Union Yacht Club Quarnero in Opatija (Abbazia).

Theodor von Hörmann wandte sich bereits während seiner militärischen Laufbahn der Malerei zu und stu- Theodor von Hörmann dierte 1873 bis 1875 an der Wiener Akademie; zuerst beim Landschafter Eduard von Lichtenfels, dann beim 14 (Imst 1840 – 1895 Graz) Historienmaler Anselm Feuerbach. Fast zehn Jahre unterrichtete er unter anderem als „Lehrer für Freihand- zeichnen“ an der k.u.k. Militärunterrealschule in St. Pölten. Prägender als der akademische Lehrbetrieb Motiv aus Brixen Das alte Graßmayr-Haus in Brixen-Zinggen wurde ihm jedoch der Eindruck der Landschaftsgemälde der Schule von Barbizon auf der Wiener Weltaus- um 1874 stellung 1873. Im Jahr 1875 bereits verließ Theodor von Hörmann die Akademie. In dieser Zeit wurde der Öl auf Leinwand Kontakt zu Emil Jakob Schindler – den er später „eine Zierde des Vaterlandes, einen Stolz der Zeitgenossen“ 37,5 x 51 cm nennen sollte – immer wichtiger. Nach seinem Abschied vom Militär 1884 wurde er freischaffender Maler Provenienz: Kunsthandel Giese & Schweiger, und lebte ab 1886 mit seiner Frau in Paris, später in Znaim und schließlich in der Nähe von Dachau. Auf Wien; zahlreichen Reisen, unter anderem nach Ungarn, in die Bretagne, nach Barbizon und auf die Kanalinseln, Privatsammlung Linz und in unaufhörlichem, beharrlichen Arbeiten vor der Natur schuf Theodor von Hörmann stimmungsimpres- Literatur: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor sionistische Meisterwerke, die heute zu den großen Schätzen der österreichischen Landschaftsmalerei des von Hörmann 1840 – 1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 158, 19. Jahrhunderts zählen. Wvz. Nr. I.32 und Abb. S. 88; Herbert Giese, Richtig muss es sein! Bemerkungen zu Theodor von Hörmann, 1874 war für Theodor von Hörmann ein wichtiges Jahr, beteiligte er sich doch schon an Ausstellungen in: Parnass Heft 4/1992, S. 36 ff. (m. Abb.) im Wiener Künstlerhaus, im Kunstverein und auch im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum fanden zwei Vgl.: Theodor von Hörmann (1840 – 1895), Ausstellungskatalog des Tiroler Landes­museums kleinere Präsentationen seiner Bilder statt. Wir wissen, dass der Künstler im Herbst 1874 Südtirol bereiste Ferdinandeum, Innsbruck 1995 und sich auch mehrere Tage in der Umgebung von Brixen im Eisacktal aufhielt. Hier entstanden Dorf- und Landschaftsszenen – etwa von Schloss Taufers, ein Motiv aus Albeins bei Brixen, eine ländliche Szene an der Eisack oder der Monte Cristallo mit dem Dürrensee – die in Bildauffassung, Komposition und Kolorit bereits sehr eigenständig formuliert und in charakteristischer Pinselhandschrift ausgearbeitet sind 1. Anhand seiner Skizzenbücher ist bekannt, dass sich Theodor von Hörmann Mitte September und ein zweites Mal Mitte Oktober 1874 in Brixen aufhielt. In diesen Tagen ist auch nebenstehendes sehr reizvolles Gemälde an der Ausfahrtsstraße nach Norden gegen Zinggen entstanden und es „…dürfte sich hierbei um die erste, möglicherweise auch vor Ort ausgeführte Studie des Motivs handeln“.2 Vom starken Tiefenzug der stau- bigen Straße bildeinwärts gezogen, vorbei an der hochgezogenen Zollschranke, blickt der Betrachter auf das mächtige mittelalterliche Haus der Glockengießerfamilie Graßmayr mit dem vierseitigen Erker und dem Korbbalkon, der auf gotischen Kragsteinen ruht. Unter dem Holzschindeldach schmückt ein – heute noch erhaltenes – Verkündigungsfresko die Südwand dieses feudalen Wohnhauses. Versteckt hinter hochaufra- genden Pappeln ist das Dorfzentrum mit der Marienwallfahrtskirche von Zinggen auszumachen. Mit größter Genauigkeit und in feinen tonigen Farbnuancen hat der „Wahrheitsfanatiker“ Theodor von Hörmann dieses Motiv aus einer längst vergangenen Epoche geschildert, akkurat die lehmige Straße und äußerst detailreich die schönen Fassaden der flankierenden Gebäude wiedergegeben. Weinumrankte Holzpergolen, eine leben- dige Figurengruppe mit Leiterwagen oder die hoch aufragenden, das Bild vertikal rhythmisierenden Pappeln in der zarten diesigen Nachmittagssonne runden dieses Brixener Dorfmotiv idyllisch ab. In der eigenständigen Komposition und Ausführung ist schon die künstlerische Kraft spürbar, die Theodor von Hörmann in den kommenden Jahren zum großen Einzelgänger des österreichischen Stimmungsimpres- sionismus avancieren lassen sollte.

1 Vgl.: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 158 f. 2 Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 159

Nebenstehendes Bild „Sommerliches Treiben am Plattensee“ aus dem Jahr 1875 zählt zum Früh- Theodor von Hörmann werk Theodor von Hörmanns, der erst als 30-jähriger zu malen begann. Das Bewusstsein für seine 15 (Imst 1840 – 1895 Graz) malerische Leidenschaft und Begabung ent­wickelte sich wohl während des Militärdiensts, in dessen Rahmen der junge Offizier auch Unterricht in Geometral-, Bau- und Situationszeichnen erhielt. Für Sommerliches Treiben am Plattensee militärische Zwecke hatte die objektive Wiedergabe Priorität, deshalb verwundert es nicht, dass die 1875 interpretationsfreie Sachlichkeit zur Grundlage von Hörmanns Malerei wurde, wie Marianne Hussl- Öl auf Holz Hörmann im Werkverzeichnis bemerkt 1. Die erst junge österreichische Rezeption der französischen 23,3 x 31,2 cm Barbizonmaler machte einen starken Eindruck auf Theodor von Hörmann, der selbst allerdings erst Signiert und datiert links unten: Hörmann (18)75 1886 nach Frankreich reiste und dort vier Jahre verbrachte. Der Großteil seiner Frühwerk-Motive Rückseitig betitelt und bezeichnet auf stammt aus Ungarn, wo er möglicherweise 1874 und Tina Blau getroffen Klebeetikett: Theodor von Hörmann haben könnte, die sich zu der Zeit ebenfalls dort aufhielten. Dokumentiert ist ein solches Treffen Österreichischer Maler (1840 – 1895) „Am Balaton“, sign. u. dat. zwar nicht, die malerische Auseinandersetzung mit den beiden Künstlern ist aber offensichtlich. 1875 dürfte der Künstler intensiv in der Umgebung des Plattensees gemalt haben, wie eine ganze Reihe Provenienz: Privatbesitz Wien von datierten Bildern belegt. Im April dieses Jahres wird erstmals eine Arbeit, „Am Plattensee in Un- Literatur: Vgl.: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. garn“, für die große Jahresausstellung des Künstlerhauses aufgenommen, die der Künstler für 650 Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Gulden anbietet – möglicherweise handelte es sich dabei um unser Bild 2. Wien 2013, S. 166, I.59 und I.60; Theodor von Hörmann (1840-1895), Aus- Unter einem blauen, von weißen Schäfchenwolken bedeckten Himmel, der fast die gesamte obere stellungskatalog des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Innsbruck 1995; Bildhälfte einnimmt, erstreckt sich der ungarische Steppensee. Zentral im Bild fällt der Blick auf ein Herbert Giese, Richtig muss es sein! Boot mit weißen Segeln, das an einer befestigten Landzunge angelegt hat, die weit in den See Bemerkungen zu Theodor von Hörmann, in: Parnass Heft 4/1992; hinein­ragt. Frauen und Kinder mit roten Kopftüchern und in Tracht, weiter hinten wohl auch Männer, Theodor Braunegger, Magdalena Hörmann- scheinen geschäftig das Boot zu entladen. Im linken Vordergrund laufen zwischen Kindern Enten Weingartner, Theodor von Hörmann (1840 - 1895), Wien 1979 herum, die Hörmann mit aufgelösten weißen Pinselstrichen hingesetzt hat. Sie korrespondieren mit den hellen Blusenärmeln der Menschen, den Wolken und den Segeln des Bootes und blitzen auf dem lehmigen Braun des Bodens hell auf. Ein fein und duftig gemaltes Kleinformat, das den Anfang einer großen Karriere des Malers markiert, den der geschätzte Kunsthistoriker Walter Koschatzky sogar als „stärksten Impressionisten Öster­ reichs“ bezeichnete 3.

1 Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 85 2 s.o., S. 139. 3 Theodor Braunegger, Magdalena Hörmann-Weingartner, Theodor von Hörmann (1840 – 1895), Wien 1979, S. 23

In dem Bild „Abendstimmung am Feldrand“ zeigt sich Theodor Hörmann von seiner impulsiven Theodor von Hörmann Seite. Vermutlich zur gleichen Zeit, um 1893, entstanden wie die berühmten „Esparsettenfelder 16 (Imst 1840 – 1895 Graz) bei Znaim“, von denen heute zwei in der Österreichischen Galerie Belvedere zu sehen sind, zeugt dieses Bild von der großen malerischen Könnerschaft und Raffinesse, die der Künstler in den frühen Abendstimmung am Feldrand 1890er Jahren bereits erreicht hatte. um 1893 In den flott hingesetzten, impressionistisch wirkenden Landschaften wie dieser kann man Theodor Öl auf Leinwand 14 x 20 cm Hörmanns Talent vielleicht sogar am eindrucksvollsten manifestiert sehen. Hier hält er ohne Um- Nachlassstempel links unten (verblasst): wege die Vision des Augenblicks fest, für lange Vorbereitungen und korrigierende Übermalungen THEOD. V. HOERMANN NACHLASS bleibt keine Zeit. Die leuchtenden, dickflüssigen Farben trägt er in kräftigen Bewegungen aus dem Provenienz: Privatbesitz Wien Handgelenk auf, sodass eine pastose Oberfläche entsteht, die er in manchen Partien, wie dem Literatur: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor Weg, mit verstärkenden Gravuren mit dem umgekehrten Pinselstiel versieht. Bei dem damals noch von Hörmann 1840 – 1895. Monographie mit sehr konservativ eingestellten Publikum stießen solche Bilder, die sich von der üblichen Salonma- Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, Wvz. Nr. I. 399, Abb. S. 262; lerei stark abhoben, ob der offenen Malweise und der ungewöhnlich kräftigen Farben teilweise Vgl.: Natürlichere Natur. Österreichische noch auf Unverständnis, wie die Bemerkung einer Dame auf einer Ausstellung im Künstlerhaus Malerei des Stimmungsrealismus, Ausstellungs- katalog Kunsthaus Mürzzuschlag, 1 belegt: „Das ist ja mit einer alten Zahnbürste gemacht“ . Nur wenige Jahre später aber waren auch Mürz­zuschlag 1994, S. 120; die expressiveren Werke Theodor Hörmanns auf der großen Nachlassversteigerung 1906 durch Theodor Braunegger, Magdalena Hörmann- Weingartner, Theodor von Hörmann die Galerie Miethke heiß begehrt und werden heute als Belege für die Modernität des Künstlers (1840 – 1895), Wien 1979, geschätzt. Bezugnehmend auf seine prägenden Pariser Jahre, die wie eine Offenbarung auf den Abb. XXX („Landschaft mit Esparsettenfeld“) Maler wirkten, schreibt Magdalena Hörmann-Weingartner: „Die Aufschlüsselung der Wirklichkeit im Weg über die optischen Sachverhalte, in die alles einfließen kann vom Reichtum im Erlebnis des Raumes, von der Bewegtheit der Lebewesen und der Materie, des Lichts und der Atmosphäre, diesem Programm, das dem klassischen Impressionismus zugrunde liegt, konnte sich Hörmann bruchlos anschließen.“ 2

Heute zählt Theodor Hörmann zu den wichtigsten Vertretern des österreichischen Stimmungs­ impressionismus. Viele seiner Hauptwerke befinden sich in österreichischen Museen und Privat­ sammlungen, ein dem hier gezeigten sehr ähnliches Bild befindet sich in der Sammlung des Leopold-Museums. „Häuser am Feldrand“ zählt zu denjenigen Arbeiten, die der Künstler selbst aufgrund ihrer Spontanität und Direktheit besonders schätzte und die nur sehr selten auf dem Kunstmarkt zu finden sind. Rückblickend überrascht es kaum, dass Kenner Theodor von Hörmann noch zu Lebzeiten als „österreichischen Van Gogh“ 3 bezeichneten.

1 Theo Braunegger, Magdalena Hörmann-Weingartner, Theodor von Hörmann, Österreichische Galerie Wien 1979, S.123 2 s.o., S. 77 3 Natürlichere Natur. Österreichische Malerei des Stimmungsrealismus, Ausstellungskatalog Kunsthaus Mürzzuschlag, Mürz­ zuschlag 1994, S. 120 Originalgröße Adolf Kaufmann 17 (Troppau 1848 – 1916 Wien)

Im Frühlingswald um 1890 Öl auf Leinwand 100 x 37 cm Signiert rechts unten: a. Kaufmann

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band 2, Wien 1993, S. 205; Erich Tromayer, Adolf Kaufmann. Ein öster­ reichischer Impressionist, Wien 1987; Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, Wien 1973, Band 2, K 102

Rudolf Ribarz  18 (Wien 1848 – 1904 Wien)

Schloss Albrechtsberg im Waldviertel um 1900 Mischtechnik auf Papier auf Karton 46,5 x 61,5 cm Signiert rechts unten: Ribarz. Rückseitig signiert und betitelt: Ribarz Schloss Albrechtsberg im Waldviertel

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Martina Haja, Der Landschaftsmaler Rudolf Ribarz, Dissertation an der Universität Wien, Wien 1975, S. 133, Kat.Nr. 243 Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stim- mungsimpressionismus, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 164 – 177; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band 3, Wien 1998, S. 253 ff.

Der gebürtigen Wienerin Tina Blau gelang es, trotz aller Schwierigkeiten, die eine Künstlerin im ausge- Tina Blau henden 19. Jahrhundert überwinden musste, dank ihres überragenden Talentes sich einen bleibenden 19 (Wien 1845 – 1916 Wien) Rang in der Kunstgeschichte zu erarbeiten und darüber hinaus in Wien eine Kunstschule für Frauen zu gründen. Da ihr der Zugang zur Akademie verwehrt war, finanzierte der Vater, ein k.u.k. Militär- Im Wiener Prater arzt, seiner jungen Tochter private Malstunden. So erhielt sie mit 15 Jahren Unterricht beim bekannten um 1885 Öl auf Holz Landschaftsmaler August Schäffer, der sie in ihrer Neigung, in der freien Natur zu arbeiten, fortlaufend 25,8 x 32 cm bestärkte. Das Jahr 1869 wurde durch einen Ausstellungsbesuch im Münchner Glaspalast, wo erstmalig Signiert rechts unten: Tina Blau Hauptwerke der Schule von Barbizon gezeigt wurden, für Tina Blau von entscheidender Bedeutung. Provenienz: Privatbesitz Wien Unter dem Eindruck dieser neuartigen Malerei sowie der faszinierenden Isarmetropole blieb die junge Künstlerin fünf Jahre in München, um bei dem berühmten Maler Wilhelm Lindenschmidt zu lernen und Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus, Ausstellungs- sich intensiv mit der Naturauffassung der Barbizonisten auseinanderzusetzen. 1874 kehrte Tina Blau ­katalog, Österreichische Galerie Belvedere, nach Wien zurück und begann eine mehrjährige Atelier-, Reise- und Lebensgemeinschaft mit Emil Jakob Wien 2004, S. 64 – 83; Tobias Natter (Hg.) Plein Air. Schindler. Immer wieder unternahm sie ergiebige Studienreisen – unter anderem nach Ungarn, Holland Die Landschaftsmalerin Tina Blau 1845 – 1916, oder Italien, und finanzieller Erfolg begann sich einzustellen. 1883 etwa erhielt sie für den großen „Früh- Ausstellungskatalog Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1996, S. 129-147; ling im Prater“ die „mention honorable“ im Pariser Salon. Im selben Jahr heiratete sie den Münchner Ma- Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog ler Heinrich Lang und übersiedelte abermals in die Isarstadt. Die Sommermonate aber arbeitete sie nach der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band 1, Wien 1991, S. 113 – 117 wie vor in ihrem Prateratelier. Vielbeachtet nahm Tina Blau an den renommierten Weltausstellungen in Paris (1889) und Chicago (1892) teil, außerdem gab sie an der Münchner Damenakademie Unterricht. Nach dem Tod ihres Mannes kehrte sie nach Wien zurück, wo sie Mitbegründerin der „Kunstschule für Frauen und Mädchen“ wurde und hier von 1898 bis 1915 in der Klasse für Landschaftsmalerei und Still- leben unterrichtete. Tina Blau starb 1916 in Wien.

Als Tina Blau im Herbst 1879 das Prateratelier Emil Jakob Schindlers übernimmt, wird dieses herrliche Wiener Au- und Erholungsgebiet für fast vier Jahrzehnte Hauptmotiv ihrer Bilder und eine unerschöpf- liche Inspirationsquelle. Hier fühlt sie sich künstlerisch frei und ungestört und das Atelier ermöglicht es ihr, Landschaft und Lichtverhältnisse zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten und in wechselnden Stimmungen zu studieren, wofür nebenstehendes Gemälde geradezu exemplarisch ist: mit unvergleich- licher Lockerheit der Pinselführung entfaltet Tina Blau ihr kleines Praterpanorama vor dem Betrachter, entrollt die sattgrünen Wiesen, die durch lebhaftes Licht-Schattenspiel und einen bildeinwärts führenden Weg rhythmisiert sind. Kulissenhaft ragen verschiedene Bäume hoch in den makellos blauen Himmel, das Astwerk und die Baumkronen von flirrendem mildem Herbstlicht umspielt. Weiße Hausfassaden blitzen im Hintergrund durch das Laub und bilden raffinierte koloristische Kontrapunkte zur intensiven Vegetation, die durch reiche Nuancen aus Grün-, Ocker- und Brauntönen plastisch und lebensnah erfasst ist. Verschwindend klein unter den hohen Stämmen sind auch eine Mutter mit ihren beiden Kindern auszumachen, die in pointierten roten Gewändern über die grüne Wiese gehen. Neben dem reizvollen Motiv besticht diese virtuose „en plein air“ gemalte Holztafel durch den pla- stischen Farbauftrag, in dem sich breit gesetzte Pinselzüge mit zarten, bisweilen pointillistischen Tupfern sowie in die nasse Farbe geritzten hellen Akzentuierungen abwechseln. Dieses kraftvolle und lebendig gemalte Praterbild unterstreicht in seiner außerordentlichen Qualität und Eigenständigkeit einmal mehr die überragende Meisterschaft Tina Blaus im Reigen der stimmungsimpressionistischen Künstler des 19. Jahrhunderts.

Stilistisch und auf Grund der aufgelockerten Malweise kann man vorliegendes Bild „Ländliche Tina Blau Idylle“ in die Zeit um 1900 einordnen. Die Arbeiten dieser Periode im Schaffen Tina Blaus sind 20 (Wien 1845 – 1916 Wien) geprägt von den Errungenschaften der Landschaftsmalerei der Münchner Schule und gehören zum Fortschrittlichsten was auf diesem Gebiet zu jener Zeit geboten wurde. Nach der Studienzeit Ländliche Idylle in München in den 1870er Jahren übersiedelte die Künstlerin im Jahr 1883, nach ihrer Heirat mit um 1900 Öl auf Leinwand auf Karton dem deutschen Tiermaler Heinrich Lang, in die bayrische Landeshauptstadt. Erst zehn Jahre später, 23,2 x 49,5 cm 1893 nach dem Tod ihres Mannes, verlegte sie Ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Wien. Da Signiert rechts unten: T Blau

Tina Blaus Arbeiten regelmäßig auf bedeutenden Ausstellungen in München vertreten waren, wird Provenienz: Privatbesitz Wien sie in der Kunstgeschichtsschreibung auch häufig in die Münchner Malerei der zweiten Hälfte des Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), 19. Jahrhunderts eingegliedert. Die bayrische Landeshauptstadt war in dieser Zeit neben Paris zu Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, einem wichtigen Kunstzentrum aufgestiegen. Neuartig war dabei vor allem in der Landschafts- S. 64 – 83; malerei die Verbindung der Errungenschaften der französischen Freilichtmalerei von Barbizon mit Tobias Natter (Hg.) Plein Air. Die Landschafts- ­malerin Tina Blau 1845 – 1916, Ausstellungs­- jenen der zeitgleichen Strömungen in Holland, Italien und Ungarn. Die Fortschritte in der Land- katalog Jüdisches Museum der Stadt Wien, schaftsmalerei äußerten sich in einer „Wahrhaftigkeit gegenüber dem unmittelbaren, sinnlichen Wien 1996; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog Eindruck in der Natur, die Beschränkung auf das bescheidene, kleine Bildformat, die Aufwertung der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, der malerischen Mittel, insbesondere der Farbe sowie der inspirierte, skizzenhafte Farbauftrag in Band 1, Wien 1991, S. 113 – 117 einer Art Fleckenmalerei als auch die generelle Wertschätzung von Studie und Skizze“ 1.

Diesen stark aufs Malerische ausgerichteten Stil finden wir im kleinformatigen Bild Tina Blaus wie- der. Farbe und Maltechnik bestimmen die Räumlichkeit und die Form, sie sind Träger des Lichts und der gesamten Stimmung. Die Malerin kombiniert einen flächigen Farbauftrag mit pastosen Partien, stupft die Farbe mit trockenem Pinsel auf die Leinwand, sodass an manchen Stellen, wie bei den Baumkronen rechts, ein fast kreidiger Eindruck entsteht, oder lässt den Malgrund stellenweise durchschimmern und bezieht ihn so als Bildelement in die Komposition mit ein. Die parallele An- ordnung der Landschaftsteile bricht sie durch die Schrägstellung einzelner Elemente auf. So führt ein sandiger Weg diagonal zum weiter hinten liegenden Gehöft. Eine Kuh wandert diesen entlang auf eine Bauersfrau zu, die dem Betrachter den Rücken zugewandt hat und als Repoussoirfigur den Blick in die Tiefe führt. Ein weiteres Rind links davon blickt aus dem Bild heraus, daneben steht ein dunkelgeschecktes Vieh wiederum in Richtung Hintergrund gewandt, sodass abermals eine Art Tiefenwirkung entsteht. Rechts im Bild zwischen den Bäumen kann man schemenhaft einen kleinen Weiher erkennen. Die Luft ist klar, die Braunfärbung der Bäume lässt den nahenden Herbst erahnen, obwohl die Wiesen noch saftig grün sind. Die Stimmung dieses Tages und seine Atmosphäre hat Tina Blau in wenigen Strichen und einfachen Formen festgehalten und genau in dieser Reduktion der Stilmittel liegt die Meisterschaft der Künstlerin und die Zukunftsgerichtetheit ihrer Malerei begründet.

1 Angelika Burger, Der Einfluss der Münchner Malerei im Werk von Tina Blau, in: Tobias Natter (Hg.), Plein-Air. Die Landschafts- malerin Tina Blau. 1845 – 1916, Ausstellungskatalog Jüdisches Museum, Wien 1996. S. 24

Hugo Darnaut war der Spross einer Künstlerfamilie. Sein Großvater etwa war Holzbildhauer, sein Onkel Hugo Darnaut Mitbegründer der bekannten Möbel- und Dekorationsfirma „Portois & Fix“ und sein Vater, Michael 21 (Dessau 1851 – 1937 Wien) Fix – der sich ab 1832 den Künstlernamen Darnaut zulegte – Hofschauspieler, Theaterregisseur und Maler. Seine Jugendjahre verbrachte Hugo Darnaut in Graz und kam schließlich 1869 nach Wien, wo er Winterlandschaft im Atelier des Theatermalers Hermann Burghart arbeitete. Nach einer dreijährigen Lehrzeit begann der um 1900 Öl auf Leinwand auf Karton junge Künstler ab 1871 mit dem Studium der Landschaftsmalerei bei Robert Russ und Eduard Peithner 42 x 55 cm von Lichtenfels an der Wiener Akademie. 1872 führte ihn ein Stipendium nach Düsseldorf, einem Signiert rechts unten: H. Darnaut zeitgenössischen Zentrum für Landschaftsmalerei, wo er engen Kontakt mit dem einflussreichen Maler Provenienz: Privatbesitz Österreich; Andreas Achenbach pflegte. Von 1876 an war der junge Künstler wieder in Wien tätig, abgesehen Kunsthandel Giese & Schweiger, Wien; von einem wichtigen Studienjahr 1889 bei Gustav Schönlebern in Karlsruhe. Seit 1872 stellte Hugo Sammlung Antal Post de Bekessy Darnaut seine Gemälde regelmäßig im Wiener Künstlerhaus aus. Neben den vielbeachteten natio­nalen Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog Ausstellungen beschickte er mit großem Erfolg auch zahlreiche internationale Kunstschauen in ganz der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien Europa. Viele Werke des Künstlers, der heute zu den großen österreichischen Landschaftsmalern des 2004, S. 88 – 95; 19. Jahrhunderts zählt, befinden sich in öffentlichen Sammlungen wie der Österreichischen Galerie Heinz Mlnarik, Hugo Darnaut 1850 – 1937. Diplomarbeit an der Universität Wien, Belvedere, dem Wien Museum, der Grafischen Sammlung Albertina sowie dem Niederösterreichischen Wien 1993; Landesmuseum in St. Pölten. Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Das Oeuvre Hugo Darnauts steht von Anfang an in der Tradition der Pleinair-Malerei, sodass er in der Band 1, Wien 1992, S. 181 ff. österreichischen Kunstlandschaft zu den Malern des Stimmungsimpressionismus, insbesondere zum „Plankenberger Kreis“ um Emil Jakob Schindler zu zählen ist, zu dem auch Olga Wisinger-Florian, Marie Egner und Carl Moll gehörten. Nach dem Tod Schindlers, des großen Mentors einer ganzen Künstlergeneration, übernimmt Hugo Darnaut dessen Atelier im Schloss Plankenberg bei Neuleng- bach und führt so diesen informellen Zirkel des künstlerischen Austausches weiter. Sein jahrzehn- telanges Wirken manifestiert sich in den schönsten malerischen Momentaufnahmen seiner nieder­ österreichischen Heimat, die heute hochkarätige private und museale Impressionismussammlungen bereichern.

Neben den vielfältigen lichtdurchfluteten Motiven aus dem Wienerwald, den blumenübersäten Wie- sen und Feldern um Plankenberg oder den geheimnisvoll schimmernden Weihern und Aulandschaften an der Donau, ist nebenstehendes stimmungsvolles Winterbild thematisch eine Rarität im Oeuvre des Künstlers. Ein kurzes Innehalten auf einer Waldlichtung offenbart dem Betrachter die stille Schönheit eines zur Neige gehenden klaren Wintertages im Wienerwald: die perlmuttartige schillernde Schneede- cke folgt weich den Modulationen des Waldbodens, Rauhreif umspinnt die Vegetation und akzentuiert­ zart die Verästelungen der hohen Bäume, deren dunkle Stämme markante Kontrapunkte in dieser weiß-grau nuancierten kristallinen Welt bilden. Mildes orangefarbenes Abendlicht sickert vom Hori- zont durch den Wald und legt sich hier und dort in irisierenden Farbschleiern zart über die Landschaft. Die meisterhafte Pinselhandschrift hat schon die charakteristische „samtige Breite“ angenommen, die der große Kunstkritiker Ludwig Hevesi schon um die Jahrhundertwende bewundernd erwähnt hat.

Mit exemplarischer künstlerischer Feinfühligkeit gelingt Hugo Darnaut mit dieser zauberhaften Win- terstimmung aus dem Wienerwald ein kleines Meisterwerk des österreichischen Stimmungsimpressi- onismus.

Olga Wisinger-Florian, die Grande Dame des österreichischen Stimmungsimpressionismus, wurde 1844 in Olga Wisinger-Florian Wien geboren. Von 1868 bis 1873 war sie als Pianistin europaweit sehr erfolgreich. Aufgrund eines hart­ 22 (Wien 1844 – 1926 Grafenegg) näckigen Handleidens konnte sie diese Karriere nicht weiterverfolgen und wandte sich der Malerei zu. Frauen waren zu dieser Zeit an der Akademie nicht zugelassen, so nahm sie Privatunterricht bei Melchior Fritsch und Blühender Mohn Ulmenallee in Euxinograd August Schaeffer. Wirklich geprägt hat sie aber Emil Jakob Schindler, der sie gemeinsam mit Marie Egner am Schwarzen Meer und Carl Moll unter seine Fittiche nahm und mit der jungen Künstlerin zahlreiche Studienreisen unternahm. 1907 Somit wurde in diesen frühen Jahren ihr Malstil wesentlich von den virtuosen Naturdarstellungen Schindlers Öl auf Malkarton bestimmt, die in Anlehnung an die französische „paysage intime“ im Umkreis der Ecole de Barbizon die 33 x 73,2 cm Signiert links unten: O Wisinger-Florian österreichische Landschaftsmalerei entscheidend beeinflusste. Rasch gelang es ihr aber aus dem Schatten Rückseitig bezeichnet: Landschaft: Meer, des großen Lehrmeisters hervorzutreten und sich als eigenständige Künstlerpersönlichkeit zu etablieren. blühender Mohn u. Bäume gemalt v. der Die öffentlichen Anerkennungen, die ihr zuteil wurden, belegen den Erfolg, den sie mit ihrer Malerei hatte. Künstlerin Wiesinger-Forian (sic!) Rückseitig nummeriert auf altem 1888 erhielt sie die „Mention honorable“ in Paris, 1891 in London, 1897 wurde ihr die Kleine Goldene ­Klebeetikett: 72 Staatsmedaille verliehen, 1891 die bayrische Ludwigsmedaille und 1893 die Medaille der Weltausstellung in Chicago. 1900 stellte sie auf der Pariser Weltausstellung aus. Olga Wisinger-Florian setzte sich auch sehr Literatur: Vgl. Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus, Ausstellungs- für die Gleichberechtigung ihrer weiblichen Kolleginnen ein und war Präsidentin des Vereins österreichischer ­katalog, Österreichische Galerie Belvedere, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien. Sie starb über 80-jährig 1926 in Grafenegg. Wien 2004, S. 230 – 253; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Vorliegende mit 1907 zu datierende Küstenlandschaft zeigt die Ulmenallee im Park des Klosters Euxinograd bei Band 4, Wien 2000, S. 285 ff.; Michaela Schwab, Olga Wisinger-Florian Varna am schwarzen Meer, Ort der Sommerresidenz der bulgarischen Zaren. Von diesem Motiv gibt es meh- (1844 – 1926), Diplomarbeit an der Universität rere Varianten in unterschiedlichen Formaten und es gehört zu den erfolgreichsten der Künstlerin überhaupt. Wien, Wien 1991, Abb. 173 Auf Einladung des Fürsten Ferdinand von Sachsen-Coburg und Gotha, dem späteren König von Bulgarien, der 1905 die Künstlerin in ihrem Atelier besucht hatte, reist Olga Wisinger-Florian im Mai 1906 ans schwarze Meer. In ihr Tagebuch schreibt sie: „Bin ganz paff, hatte gar nicht mehr darauf gehofft!“ und „...nach großer Hetze von Wien aus um 6 Uhr abends Abfahrt.... per Wagen geht es weiter nach Euxinograd. Sehr schöner Park“.1 Fast zwei Monate verbringt die Künstlerin in Bulgarien und kehrt mit Studien und zahlreichen moti- vischen Ideen nach Wien zurück. Vor allem aber hat es ihr die herrliche Ulmenallee angetan, wie zahlreiche Einträge in das Tagebuch belegen. Zu Hause macht sie sich sofort an die Arbeit und Mitte August 2006 ist die erste große Fassung der Allee fertiggestellt. Diese erwirbt Fürst Ferdinand gemeinsam mit anderen sechs Bildern mit bulgarischen Motiven. 1907 entstehen weitere Fassungen, die sich allesamt zügig verkaufen. Vorliegende Version zeigt die prächtige Allee bestrahlt von hellem Licht, die Ulmen werfen lange Schatten über den Weg und auf die prachtvoll blühende Blumenwiese, die das Meeresufer säumt. Mohnblumen und Rittersporn leuchten hier um die Wette und verleihen der Ansicht jenen mediterranen Zauber, der den Be- trachter damals wie heute gefangen nimmt. Entlang der Bäume führt ein sandiger Weg in die Tiefe, rhythmi- siert durch die Schatten verliert er sich im Hintergrund in den Bäumen der schier ins Endlose laufenden impo- santen Allee. Während die Blütenpolster rechts sanft zum Meer hin abfallen und sich scharf gegen das Blau des Wassers abgrenzen, wachsen sie links ebenso dicht und farbprächtig hinter den Bäumen einen leicht ansteigenden Hang hinauf. Rechts im Bild schweift der Blick zum Horizont, an dem die ruhige Wasserfläche farblich kaum vom zartblauen, wolkigen Himmel zu unterscheiden ist. Diese großartig lockere, lichtdurchflu- tete Malerei gehört zum Besten, was Olga Wisinger-Florian in ihrem späten Werk nach 1900 geschaffen hat.

1 Olga Wisinger-Florian, Tagebuch, Privatbesitz Wien Olga Wisinger-Florian an der Staffelei

In vorliegendem, imposanten Gemälde hat Leontine von Littrow das pittoreske Dorfleben an der Leontine von Littrow dalmatinischen Küste festgehalten. Die nahe ans Wasser gebauten Häuser bieten einen Ausblick 23 (Triest 1860 – 1925 Abbazia) auf die Hafenmole und auf die malerische Meereslandschaft. So gelingt es der Künstlerin in ihrer charakteristischen, lockeren Malweise, eine maritime Szene mit sanft dahinwogender Wasserflä- Dorfleben an der Küste bei Abbazia che, Fischerbooten und einem in der Ferne sichtbaren Küstenstrich mit einer dörflichen Genreszene um 1900 zu kombinieren. Beide Bildteile werden gekonnt einander gegenübergesetzt und nehmen jeweils Öl auf Leinwand eine Bildhälfte ein. Das dörfliche Leben wird von den Frauen bestimmt, Männer sind keine zu se- 66 x 88 cm hen, sie sind wohl bei der Arbeit oder zur See gefahren. Lediglich auf den beiden Fischerbooten, Signiert links unten: Leo Littrow die in der Bildmitte vor Anker gegangen sind, kann man einen Teil der männlichen Dorfbewohner Provenienz: Privatbesitz Österreich vermuten. Die Frauen, die hier Körbe und Kupferkessel vor sich hertragen sind allesamt junge, Literatur: Vgl.: Christian Rapp, Nadia Rapp- hübsche Erscheinungen. Sie haben sich paarweise zum Plaudern zusammengefunden. Eine von Wimberger (Hg.), Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer, Ausstellungskatalog Wien ihnen hat einen Korb in die Hüfte gestemmt und blickt zu einer zweiten hinauf, die sich aus dem Museum, Wien 2013, S. 238 f.; Fenster gelehnt hat, um Wäsche zum Trocknen aufzuhängen. Unter dem Fenster sind zwei kleine Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frank- Mädchen zu sehen, eines steht beide Arme auf ein Fass gestützt und blickt in Richtung Fischer- furt 1969, 1. Band, 2. Hälfte, S. 925 boote, das zweite hat sich hingekauert und klaubt etwas vom Boden auf. Dahinter sieht man im Eingang eines Hauses, halb im Schatten, eine weitere junge Frau, die einen Kupferkessel am Kopf balanciert. Auch sie ist mit einer zweiten ins Gespräch vertieft. Wieder zwei weitere haben sich di- rekt an der Mole zum Plaudern getroffen. Die ganze Szene vermittelt einen Eindruck der Harmonie und des Friedens, frei von Hektik und Hast. Leo von Littrow bespielt das große Format gekonnt mit souveräner Pinselführung und leuchtendem Kolorit. Auf Grund der meisterhaften, impressionis- tisch aufgelockerten Malerei und der gekonnten Erfassung eines Motivs unter Einbeziehung eines erzählerischen Moments, kann man hier getrost von einem Hauptwerk der Künstlerin sprechen.

Peder Mørk Mønsted wurde am 10. Dezember 1859 in Balle Mølle in der Nähe von Grenaa an Peder Mørk Mønsted der dänischen Ostseeküste als Kind wohlhabender Eltern – der Vater war Schiffsbauer – geboren. 24 (Grenaa 1859 – 1941 Fredensborg) Bereits als Schuljunge kristallisierte sich seine künstlerische Begabung heraus und er erhielt privaten Malunterricht bei dem Landschaftsmaler Andreas Fritz. Ab 1875 studierte er an der Kunstakademie Winterzauber in Kopenhagen Landschafts- und Porträtmalerei. Stilistischen Einfluss erfuhr Peder Mønsted auch 1922 Öl auf Leinwand durch seine Mitarbeit im Atelier des einflussreichen dänischen Künstlers Peder Severin Krøyer sowie 51,5 x 79 cm 1882/83 im Atelier des berühmten Franzosen William Adolphe Bouguereau. Beide Lehrmeister Signiert, datiert und bezeichnet rechts unten: PMønsted. Baldersbrønde 1922. setzten sich auf sehr unverwechselbare Weise mit der Einbeziehung von Lichtstimmungen in der Malerei auseinander und wurden so zu Wegbereitern des Impressionismus. Auf nachfolgenden Provenienz: Privatbesitz Dänemark Studienreisen besuchte Peder Mønsted Italien, die Schweiz und Paris, auch bereiste er Nahost und Nordafrika. Seine Arbeiten wurden auf zahlreichen Ausstellungen in Charlottenburg sowie auf den Münchner und Pariser Salons gezeigt. Bald nach der Jahrhundertwende galt Peder Mønsted als einer der bekanntesten dänischen Künstler, der mit großem Erfolg beispielsweise auf der Pariser Weltausstellung 1889 oder der Internationalen Kunstausstellung im Glaspalast in München 1892 ausstellte. Vor allem seine veristischen lichtdurchfluteten Schnee-, Wald- und Wasserlandschaften waren wegen der meisterhaften technischen Ausführung seit je her gefragt und sind auch heute am internationalen Kunstmarkt sehr gesucht.

Ein heiterer Wintertag öffnet sich dem Betrachter, eine sonnige tiefverschneite Idylle am Dorfrand, die Reminiszenzen an ferne und unbeschwerte Kindertage im Schnee anklingen lässt. Fernab von hektischer Betriebsamkeit, weg von Lärm und Pulsieren unseres heutigen städtischen Lebens hat Peder Mønsted dieses verträumte Motiv bei Baldersbrønde, einem kleinen Dorf zwischen Roskilde und Kopenhagen, im Winter 1922 für die Nachwelt festgehalten. Bildeinwärts führende Fußstapfen sowie schneeumwehte Schilfstengel rhythmisieren den Vorder- grund und lenken den Blick geschickt zum gefrorenen Teich im Zentrum des Bildes. In der milden Spätwintersonne üben auf der spiegelnden Eisfläche zwei Schlittschuhläufer, neugierig beäugt von einem kleinen Buben mit einer Rodel an der Hand. Diese verträumte Szene wird umschlossen von einigen kahlen Weiden, reetgedeckten Häusern und einer Windmühle am Horizont, deren ausla- dende Flügel sich im freundlichen blauen Winterhimmel drehen. Peder Mønsted evoziert hier in seiner charakteristischen subtilen Malweise und seinem beinahe fotografischen Realismus eine stimmungsvolle Wiedergabe des Gesehenen. Virtuos ist- dieDar stellung bis in kleinste Details hinein: etwa der glitzernde Schnee in all seiner unterschiedlichen sanften Textur, die gebrochenen und borstigen Schilfstengel am Ufer oder das vielfältig schillernde, am Rand des Teiches bereits brüchig gewordene Eis sind lebendig und mit äußerster Plastizität herausgearbeitet. Bilder wie nebenstehender „Winterzauber“, von sanftem nordischen Winterlicht umspielt und farblich wunderbar nuanciert, zählen zum Besten im Oeuvre Peder Mønsteds und lassen verstehen, warum die Gemälde des Künstlers bereits zu seinen Lebzeiten über die Grenzen seiner dänischen Heimat hinaus gesucht und gefeiert wurden.

Der 1870 in Wien geborene Ferdinand Brunner begann seine Ausbildung in den Ateliers der Hofmaler Ferdinand Brunner Carlo Brioschi, Hermann Burghart und Hans Kautsky, den namhaftesten Ausstattungskünstlern ihrer Zeit. 25 (Wien 1870 – 1945 Wien) Mit einundzwanzig Jahren machte er eine kurze Studienreise nach Kärnten. Die daraus resultierenden Bilder und Zeichnungen bewogen Professor Eduard Peithner von Lichtenfels dazu, Ferdinand Brunner auf Landschaft mit Windmühle die Akademie der bildenden Künste aufzunehmen. Bereits während seiner Studienzeit erhielt der Künstler 1905/1928 Öl auf Leinwand sämtliche Preise, Auszeichnungen und Stipendien, die die Akademie zu vergeben hatte. Es ist beeindru- 32 x 42 cm ckend, wie schnell und konsequent der junge Künstler seinen Weg ging. Eingebettet in den Kolorismus Signiert rechts unten: der Spätimpressionisten fand Ferdinand Brunner früh zu seinem ganz eigenen Stil. Weite, Einfachheit und FERDINAND BRUNNER Rückseitig signiert, datiert und betitelt Friede waren seine Motive und auch sein Lebenscredo. Er liebte die Einsamkeit, deshalb vermied er außer auf Klebeetikett: Windmühle (Kottmars- manchmal ein paar Gänsen oder einer grasenden Schafherde alle Staffage, besonders Menschen. 1901 dorf) Ferdinand Brunner 1905, 1928 wurde der Maler Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Durch das unbeirrte Festhalten an seiner Richtung Literatur: Vgl.: Marianne Hussl-Hörmann, und dem geistigen, aber auch technischen Anspruch seiner Bilder schuf sich Ferdinand Brunner bald einen Ferdinand Brunner. In der Stille die Welt großen Kreis von Freunden und Anhängern, die sein Schaffen würdigten. Beeinflusst durch seinen Lehrer erfassen, in: Parnass 4/2002, S. 80 – 85; Österreichische Kunst des 19. Jahrhunderts. Eduard Peithner von Lichtenfels und ausgehend vom secessionistischen Malstil um 1900 schuf er Bilder, Bestandskatalog der Österreichischen Galerie die heute noch durch ihre Ausgewogenheit und stille Monumentalität beeindrucken. Belvedere, Band 1, Wien 1992, S. 128 ff.; Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, Wien 1979 Ferdinand Brunner suchte nach einem längeren Italienaufenthalt seine Motive vorwiegend in der dama- ligen österreich-ungarischen Monarchie und den angrenzenden Ländern in Bayern, Sachsen und verein- zelt auch in Ungarn. In Sachsen galt seine besondere Aufmerksamkeit den Windmühlen, wofür die hier gezeigte, 1905 entstandene Kottmarsdorfer Bockwindmühle ein frühes Zeugnis ablegt. Diese historisch wertvolle Mühle zählt zum ältesten europäischen Windmühlentypus, wurde 1843 errichtet und war gera- dezu 100 Jahre in Betrieb.

Die Poesie nebenstehenden Bildes geht von der schlichten Schönheit des Motivs aus, der Maler lädt den Betrachter dazu ein innezuhalten, zu schauen und zu empfinden. Es ist das Charakteristikum Ferdinand Brunners, seinen Landschaften durch einen klaren Bildaufbau und das Weglassen von überflüssigen Details einen Eindruck von Großzügigkeit und Weiträumigkeit zu geben, der selbst seinen kleinsten For- maten innewohnt und zusammen mit seinem Kolorit – wie zum Beispiel dem sogenannten Brunner-Grün – seinen unverkennbaren Stil ausmacht.

Ein natürlich geformter Weg, dessen Rhythmus von Alleebäumen am rechten Bildrand subtil gespie- gelt wird, führt das Auge des Betrachters in den Bildraum hinein, vorbei an einer frisch-grünen Wiese, die den Vordergrund einnimmt. Wo der Weg nach rechts abbiegt und im Gras verschwindet, steht auf einer sanften Erhebung, in die rechte Bildhälfte gerückt, die „Hauptfigur“ der Darstellung, die impo- sante, gänzlich aus Holz gebaute Windmühle. Das hoch in den Himmel ragende Bauwerk mit seinen weit aus­ladenden Flügeln, die gleichsam Himmel und Erde zu verbinden scheinen, gibt der Komposition Mittelpunkt und Halt, während man auf der linken Seite weit hinten am Horizont eine sanfte bläuliche Hügel­kette erspähen kann. Der hohe Himmel, der von ruhigen Wolkenbändern durchzogen ist, trägt eindrucksvoll zum konzentrierten Naturschauspiel bei. Dieser harmonischen Komposition entspricht die fein modulierte Malerei – etwa im changierenden Grün der blumengesprenkelten Wiese oder in den ver- witterten, teils moosbewachsenen Holzplanken der Mühle – in der Ferdinand Brunner einmal mehr seine beeindruckende künstlerische Meisterschaft unter Beweis stellt.

Felix Heuberger wurde am 7. März 1888 in Wien als Sohn des Grazer Komponisten und Musik- Felix Heuberger pädagogen Richard Heuberger geboren. Sein Bruder war der Historiker Richard Heuberger der 26 (Wien 1888 – 1968 Hall in Tirol) Jüngere. Er studierte zunächst an der Technischen Hochschule in Wien Architektur, bildete sich Morgenstimmung aber dann autodidaktisch zum Maler weiter. 1923 ging er wie sein Bruder, der an der Univer- bei Klosterneuburg sität Innsbruck unterrichtete, nach Tirol, wo er sich zuerst in Scharnitz, dann in Hall niederließ. 1934 Die Hochgebirgslandschaften seiner neuen Wahlheimat boten dem Künstler faszinierende Motive. Öl auf Leinwand Dabei entwickelte er im Sog der neuen Sachlichkeit einen kristallinen Malstil, der vor allem durch 70 x 90,5 cm Signiert und datiert links unten: die klare, helle Farbigkeit und die feine, präzise Pinselführung unverkennbar ist. Er beschickte Felix Heuberger 1934 mehrmals Ausstellungen des Wiener Künstlerhauses, stellte aber auch unter anderem 1935 in London aus. 1947 wurde sein Werk in einer großen Kollektivausstellung in Innsbruck präsentiert. Provenienz: Privatbesitz Deutschland Im Jänner 1968 starb Felix Heuberger in Hall in Tirol. Literatur: Vgl.: Carl Kraus, Zwischen den Zeiten. Malerei und Graphik in Tirol 1918 – 1945, Lana 1999, S. 266; Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler der Felix Heubergers Bilder sind stets auf den ersten Blick zu erkennen: ein klarer, unprätentiöser Stil Geburtsjahrgänge 1881 – 1900, Band 1, Wien charakterisiert seine Werke, in dem naturalistische und dekorative Ansätze ineinander greifen. 1976, K 98, S. 234 Sachlich, aber sehr stimmungsvoll schildert er als stiller Beobachter die Größe der Natur, die er besonders gerne in den Tiroler Gebirgen, und – wie in unserem Bild – auch in anderen Regionen Österreichs sucht. Er verzichtet auf expressive Pastositäten oder allzu intensive Farbtöne zugunsten einer harmonisch abgestimmten Farbpalette, die er durch subtile Lichtsetzung und verschattete Partien belebt.

Der Maler hat sich – wohl an einem frühen Frühlingsmorgen – mit seiner Staffelei auf den sanft geschwungenen, aber noch verschatteten Hügeln des Nussbergs am Stadtrand von Wien zwischen blühenden Bäumen und einer von Blüten gesprenkelten Wiese postiert. Der Blick schweift gerade- aus in die Tiefe bergab Richtung Klosterneuburg, vorbei am steil zur Donau abfallenden Leopolds- berg mit den nur schemenhaft sichtbaren Spitzen der Kirche St. Leopold am Scheitel des Berges, die anlässlich der Pest in Wien 1679 errichtet wurde. In der Ferne, links auf einem Hügel gelegen, erkennt man in diesigem Morgenlicht die Umrisse des Klosterneuburger Stiftes mit seinen beiden spitzen Türmen. Im Jahre 1133 wurde es von Markgraf Leopold III. „dem Heiligen“ erbaut, dessen Gründung die berühmte „Schleier-Legende“ erzählt: Der Markgraf und seine Gemahlin standen am Söller ihrer Burg am Leopoldsberg, als ein plötzlicher Windstoß ihren Brautschleier erfasste und davon trug. Erst neun Jahre später fand der fromme Markgraf den Schleier seiner Frau während ei- ner Jagd in den Wäldern Klosterneuburgs unerwartet wieder – in unversehrtem Zustand auf einem blühenden Holunderbaum verfangen. Dies verstand Leopold III. als göttliches Zeichen, weshalb er an dieser Stelle ein Kloster errichten ließ.

Über die Szenerie spannt sich ein prachtvoller, dottergelb leuchtender Himmel mit vereinzelten rosa Wölkchen, der vom Wasser der ruhig dahinfließenden Donau reflektiert wird und einen wun- derschönen Tag verspricht. Felix Heuberger präsentiert sich in diesem stimmungsvollen, von der secessionistischen Malerei beeinflussten Werk von seiner romantischen Seite. Ohne große Effekte gelingt ihm ein Stück höchster Qualität, das nicht nur auf Kenner grosse Faszination ausübt.

Der Sohn des Malers Konstantin Stoitzner erhielt seine erste Ausbildung an der Wiener Kunstgewerbe- Josef Stoitzner schule und studierte von 1906 bis 1908 an der Akademie der bildenden Künste unter Franz Rumpler. 27 (Wien 1884 – 1951 Bramberg) 1905 begann er seine Tätigkeit als Zeichenlehrer, vier Jahre später legte er die Lehramtsprüfung ab und konnte somit von 1916 bis 1919 die Nachfolge der Landschaftsmalerin Tina Blau als Lehrer an Vorfrühling der Wiener Frauenakademie antreten. Dank seiner vorbildlichen pädagogischen und künstlerischen 1917 Mischtechnik auf Papier Fähigkeiten war er seit 1922 als Fachinspektor für den Zeichenunterricht an den Bundeserziehungs- 45,3 x 90,7 cm anstalten in Wien, Wiener Neustadt und Graz-Liebenau angestellt. Seine langjährige Lehrtätigkeit Signiert und datiert links unten: sollte ihn schließlich auch an seine einstige Bildungsstätte, die Wiener Akademie, zurückführen, wo er STOITZNER JOSEF 1917 von 1932 bis 1944 als Lehrbeauftragter für Methodik des Zeichenunterrichts verantwortlich war. Provenienz: Privatsammlung Tschechien 1944 wurden seine Wiener Wohnung, sein Atelier und die darin gelagerten Druckstöcke und Werke Literatur: Vgl.: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), durch einen Bombentreffer zerstört. Josef Stoitzner war Mitglied der Künstlergruppe „Der Kreis“, der Josef Stoitzner 1884 – 1951, Ausstellungs­ katalog Salzburg Museum, Salzburg 2010, Wiener Secession und des Wiener Künstlerhauses. Seine Werke – meist Landschaften, Stillleben und Abb. S. 40, 136, 170; Interieurs – sind einem unverwechselbaren, idealisierenden Realismus verpflichtet und geprägt von Marianne Hussl-Hörmann, Josef Stoitzner. Immer wieder Landschaften, in: Parnass. Das pastosem Farbauftrag, kraftvollen Konturen und kontrastreichem Licht-Schattenspiel. 1951 verstarb Kunstmagazin, Heft 3, Wien 2006, S.62 ff. Josef Stoitzner im Alter von 67 Jahren in Bramberg, wo er auch bestattet wurde.

Josef Stoitzner reiste gerne. In der frühen Zeit, als er noch mit seinem Vater Konstantin Stoitzner unterwegs war, und auch später, als er in Bramberg lebte, bestimmen überwiegend Motive aus dem Oberpinzgau sein Oeuvre. Aber auch St. Gilgen, Faistenau, St. Margarethen, die Wachau oder das nicht weit von Wien entfernte Wechselgebiet waren beliebte Ausflugsziele und boten dem Künstler interessante landschaftliche Eindrücke. Josef Stoitzner bezog sich in seinen Bildtiteln jedoch selten auf eine bestimmte Örtlichkeit, um den Anspruch einer zeitlosen, meist menschenleeren Landschaft zu erfüllen. Der topografische Wiedererkennungswert war ihm nicht wichtig. Vergleichsbilder ähnlicher Landschaften lassen jedoch annehmen, dass die Mischtechnik „Vorfrühling“ aus dem Jahr 1917 die sanfte Hügellandschaft des Wechselgebietes, die sogenannte „Bucklige Welt“, zeigt – eine Gegend, die Josef Stoitzner während und nach dem Ersten Weltkrieg gerne besuchte. Auch die Thematik der Schneeschmelze in der Frühphase des Frühlings, die hell-dunkel gesprenkelte Oberflächen preisgibt, hat den Künstler wiederholt fasziniert. Die starke Konturierung der Bäume und die stilisierte Gestal- tung der schneebedeckten Landschaft lassen den Einfluss des Secessionismus deutlich erkennen. Bemerkenswert und relativ selten ist das extreme Querformat, das Josef Stoitzner hier gewählt hat. Durch den tief angesetzten Horizont verleiht er der Darstellung zusätzlich eine effektvolle Weite und räumliche Streckung. Charakteristisch ist vor allem die Leere in der Bildmitte, während reichlich ver- zweigte, kahle, vom langen Winter gezeichnete Bäume rhythmisch links und rechts in der Schnee- fläche verteilt sind. Josef Stoitzner hat seine Bildsprache früh gefunden und unbeeindruckt von den jeweiligen Stilrichtungen seiner Zeit konsequent beibehalten. Das macht seine Werke heute so unver- wechselbar.

Die Gouache unterscheidet sich in der Präzision kaum von seinen Holzschnitten, jeder Pinselstrich sitzt auf Anhieb – jede Stelle im Bild wird mit derselben Sorgfalt behandelt. Sein großes technisches Können zeugt von einer Mühelosigkeit und verdeutlicht seine solide Position im Spitzenfeld der öster- reichischen Malerei.

Egon Schiele (Tulln 1890 – 1918 Wien)

Egon Schiele wurde 1890 als drittes Kind des Tullner Bahnhofvorstandes Adolf Eugen Schiele gebo- ren. Die Mutter Marie, geborene Soukup, stammte aus dem südböhmischen Krumau, eine Gegend die ihn später künstlerisch in ihren Bann gezogen hat. Das hohe zeichnerische Talent des einzigen Sohnes – Elvira, die ältere Schwester starb mit zehn Jahren, Getrude heiratete später den Künstler und Freund Schieles Anton Peschka – machte sich schon früh bemerkbar. Die Jugendzeit war über- schattet von Krankheit und dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1905. Dem Vormund, Egon Schieles Onkel Leopold Czihaczek, fehlte jegliches Verständnis für die künstlerischen Ambitionen des Nef- fen. Gegen dessen Willen brach er 1906, 16-jährig, die Schulausbildung ab, um nach Wien an die Akademie zu gehen. Unterstützt wurde er dabei von seinem Kunstlehrer Ludwig Karl Strauch und dem Klosterneuburger Künstler Max Kahrer. Der erste Enthusiasmus wich aber nach nur zwei Jahren, Egon Schiele verließ enttäuscht von der konservativen und streng akademischen Ausbil- dung unter Christian Griepenkerl die Akademie und bildete sich fortan autodidaktisch weiter. Im selben Jahr wurde der Künstler Mitbegründer der „Neukunstgruppe“ und lernte Josef Hoffmann und Gustav Klimt kennen, der es ihm ermöglichte, auf der „Kunstschau 1909“ erstmalig öffentlich auszustellen. Private Förderer wie Heinrich Benesch oder der Kunsthistoriker Arthur Roessler, mit deren Unterstützung Egon Schiele konsequent seinen Weg gehen konnte, spielten in diesen frü- hen Jahren eine wichtige Rolle. Im Mai 1910 übersiedelte er nach Krumau, dem Geburtsort seiner Mutter; er zog die ländliche Idylle dem „schwarzen“ Wien1 vor. 1911 folgte ihm Wally Neuzil, die fortan sein bevorzugtes Modell wurde. Es begann eine überaus produktive Phase im Schaffen des jungen Künstlers. So sehr ihn die Gegend landschaftlich faszinierte, so sehr stieß ihn aber die kleinbürgerliche Gesinnung ab. Seine wilde Ehe mit Wally und die Beschäftigung von Kindern als Modelle empfand die Bevölkerung Krumaus als anstößig. Das führte auch an seinem neuen Wohn- ort Neulengbach zu Problemen. 1912 wurde Egon Schiele dort wegen angeblicher Unzucht mit Minderjährigen verhaftet und musste mehrere Tage im Gefängnis verbringen. Die Anklage wurde zwar fallen gelassen, der Künstler zog aber, getroffen vom Unverständnis seiner Kunst gegenüber, nach Wien zurück. Ungeachtet des vorausgeeilten schlech- ten Rufs konnte er Dank seines Gönners und väterlichen Freundes Gustav Klimt schnell wieder Fuß fassen. Trotz der großen künstlerischen Erfolge war er aber weiterhin von Förderern wie den Familien Hauer und Lederer abhängig. Im November 1912 bezog er ein Atelier in der Hietzinger Hauptstrasse 101, das er bis zu seinem Tod behielt. Seine Nachbarinnen an dieser Adresse waren die Schwestern Edith und Adele Harms. 1915, nachdem sich Schiele endgültig von Wally Neuzil getrennt hatte, heiratete er Edith. Das junge Paar wurde aber alsbald getrennt, denn der Künstler wurde zum Militärdienst eingezogen. Mittels Interventi- onen versah er zunächst Dienst in Atzgersdorf, dann als Schreiber in Mühling, Niederösterreich, und musste nicht als Soldat an die Front. 1917 wurde er an die k.u.k. Konsumanstalt nach Wien versetzt. Im selben Jahr erwarb die Österreichische Galerie Arbeiten Egon Schieles. Die öffentliche Anerkennung war endlich erreicht. Im Frühjahr 1918 wurde er an das Wiener Heeresmuseum versetzt. Im Herbst desselben Jahres starb Egon Schiele kurz nach seiner im sechsten Monat schwangeren Frau Edith mit nur 28 Jahren an der Spanischen Grippe. Einer der vielversprechendsten Künstler Österreichs wurde so viel zu früh aus dem Leben gerissen. Dennoch hinterließ er ein beeindruckend-intensives Werk, das auch international in seiner Einmaligkeit und Bedeutung höchste Anerkennung findet. Seine Bilder erzielen auf Auktionen Höchstpreise und sind Highlights vieler Museen und Sammlungen.

1 „How ugly is it here, everybody is jealous and deceitful. Former colleagues regard me with lying eyes. There is a shadow over . The city is black. Everything is formula.” (Wie hässlich ist es hier, alle sind eifersüchtig und hinterlistig. Frühere Kollegen betrachten mich mit lügenden Augen. Es hängt ein Schatten über Wien. Die Stadt ist schwarz. Alles ist schemenhaft.), Egon Schiele an Anton Peschka zitiert in : Jane Kallir, Egon Schiele. The Complete Works, Expanded Edition, New York 1998, S. 77 Das Werk „Bäuerinnen“ des gerade 20-jährigen Egon Schiele aus dem Jahr 1910 entstand vermutlich in Krumau, einer Kleinstadt an der Moldau im heutigen Tschechien, in die Schiele im Mai 1910 für die Sommermonate übersiedelte. Ende des Vorjahres hatte Egon Schiele als Führer der Neukunst- gruppe einen Durchbruch in einer Ausstellung der Galerie Gustav Pisko, in der seine Werke prominent vertreten waren. Mit seinen Arbeiten erregte er die Aufmerksamkeit des bedeutenden Kunstkritikers Arthur Roessler, einer seiner ersten und auch in Zukunft wichtigsten Förderer. 1909 war auch das Jahr, in dem der Expressionismus Eingang in die Kunstlandschaft Österreichs fand. Oskar Kokoschka und Max Oppenheimer „erfanden“ eine völlig neue Art des Porträts, die sich „psychologisch“ orientierte und zum Ziel hatte, den seelischen Zustand des Dargestellten im Malerischen zu offenbaren. Schiele, fasziniert von den neuen Ausdrucksmöglichkeiten, stand zu Beginn unter dem Einfluss Max Oppenheimers, fand aber bald zu einer eigenen Hand- schrift, in dem er eine realistische Schilderung des Dargestellten mit expres- siver Stilisierung kombinierte und sich besonders auf die Konturen seiner

Detail aus „Bäuerinnen“

Figuren konzentrierte. Jane Kallir bemerkt dazu: „By focusing on the contours of his subjects, he had learned to perfect a line that was both emotionally charged and dead-on accurate.” 2

Die für den Maler so typischen, starken Konturierungen bilden einen intensiven Kontrast zu den weichen, oft nur zart aufgetragenen Wasserfarben. Egon Schiele war ein virtuoser und außergewöhnlich schneller Zeichner, der auch mit Pinsel und Farbe sehr flott arbeiten konnte, was ihm erlaubte, Nass-auf-Nass Effekte und Farbübergänge zu erzielen, die bei einer langsameren Malweise nicht möglich gewesen wären.

Der junge Künstler hat die kopftuchtragenden Frauen in einer eng beieinander stehenden Gruppe leicht nach links versetzt in der oberen Bildhälfte dargestellt - lediglich eine von ihnen, mit rosa Rock und blauer Schürze, steht rechts im Hintergrund abseits der Gruppe und hat ihr Gesicht abgewandt. Sie hält, ebenso wie die anderen Frauen, einen langen Stock in der Hand, was die Vermutung zulässt, dass es sich um Gänsemägde handeln könnte. Außer ihr ist sonst nur die vorderste der Frauen vollständig zu sehen; breitbeinig blickt diese den Betrachter aus leeren Augen an und stützt Hände und Kinn versonnen auf die Spitze ihres Stabes. Genauer ausgearbeitet sind nur ihr Gesicht und das der Figur, die den Abschluss der Gruppe nach hinten hin bildet. Von ihr erkennt man lediglich das schwarze Kopftuch, die faltige Stirn und eine weiße Augenhöhle im halb verdeckten Antlitz, was an die von Egon Schiele öfters eingesetzte Personifizierung des Todes erinnert. Der Künstler nannte sein geliebtes Krumau mitunter „die tote Stadt“ – eine Stadt, deren alte Mauern die Beharrlichkeit des menschlichen Lebens im Angesicht des Todes beschwor. 3

2 Jane Kallir, Egon Schiele. Drawings and Watercolours, Thames & Hudson, 2003, S. 73: “Indem er sich auf die Konturen seiner Subjekte konzentrierte, hatte er gelernt eine Linienführung zu perfektionieren, die nicht nur emotional geladen, sondern auch enorm präzise war.“ 3 Jane Kallir, Egon Schiele. Drawings and Watercolours, Thames & Hudson, 2003, S. 75. Detail aus „Bäuerinnen“ Schiele zeichnete die Frauen mit entschiedenen Linien aus schwarzer Kohle vor – ein für seine Egon Schiele Malweise charakteristisches Mittel, das sicher auch aus einer genauen Beobachtung der formalen 28 (Tulln 1890 – 1918 Wien) Möglichkeiten des Jugendstils herrührt. Die flächigen Partien in der Kleidung der Frauen sind mit breiten Pinselstrichen ausgemalt, wobei die Farben der Schürzen heller und transparenter aufge- Bäuerinnen tragen sind als der Rest. Am intensivsten hat der Maler die dunklen, sonnenverbrannten Inkarnate 1910 Gouache, Graphit und Kreide der Frauen wiedergegeben sowie das Schwarz eines Rockes und einer Bluse, die rechts und links auf Packpapier von der zentralen Figur der Gruppe einen noch kompakteren Eindruck verleihen. 43,7 x 31,2 cm Monogrammiert und datiert rechts Auffällig ist der große Leerraum, der mehr als ein Drittel der unteren Bildhälfte einnimmt. Im unten: S. 10 Gegensatz zu seiner frühen, noch stark an Klimt orientierten dekorativen Phase hat Egon Schiele Rückseitig bezeichnet: Sirach. Schwarz einfassen dessen „horror vacui“, das ornamentale Füllen der kompletten Bildfläche, überwunden und ar- beitet nun und auch in Zukunft stark mit leeren Flächen. Im Gegensatz dazu stehen die straffen Provenienz: Galerie Würthle, Wien; Privatbesitz Kanada schwarzen Umrisslinien, die die Grenzen zwischen Objekt und Hintergrund ziehen und die Figuren Literatur: Jane Kallir, Egon Schiele. davon abhalten, sich im abstrakten Nichts, einer Art malerischem Vakuum, zu verlieren. The Complete Works, New York 1998, WKv.Nr. 726, Abb. S. 430 Die seltsam anmutende Geschlossenheit der Gruppe der Mägde, das undefinierte Gesicht der nach Vgl.: Jane Kallir, Egon Schiele. Drawings and rechts – vielleicht auf die einsame Gestalt im Hintergrund – Blickenden und die unheimlich wir- Watercolours, Thames & Hudson, 2003; Klaus Albrecht Schröder und Harald kenden weißen Augenhöhlen der vordersten und hintersten Frau bleiben rätselhaft. Ist die Gestalt Szeemann (Hg.), Egon Schiele und seine Zeit. mit schwarzem Kopftuch der Tod, der die vier Frauen mit sich nehmen wird und nur die eine abseits Österreichische Malerei und Zeichnung von 1900. Aus der Sammlung Leopold, stehende verschont? Ist es die Last des Lebens, die ihre Augen stumpf gemacht hat? Ausstellungskatalog Kunstforum Länderbank, Wien 1989 Mit ihrer einzigartigen Kombination von realistischer Wiedergabe und eindringlicher, oft erschre- ckender Expressivität üben Egon Schieles Bilder eine ungebrochene Faszination aus. Ein frühes Aquarell wie das hier gezeigte Bild findet sich nur sehr selten im Kunsthandel und ist ein absoluter Höhepunkt im Frühlingsprogramm der Galerie.

Carl Moll (Wien 1861 – 1945 Wien)

Carl Julius Rudolf Moll wurde am 23. April 1861 in Wien in eine gutbürgerliche Familie geboren, der Vater war (auch politisch engagierter) Großkaufmann und die Mutter entstammte einer Bäckers- familie. Als schwächliches Kind – er litt unter Anämie – war ihm der Schulbesuch nicht möglich: „Lernen durfte ich nicht, beschäftigen sollte ich mich, also gab man mir Bleistift und Wasserfarben – zum Spielen. Der erste Zufall, der meinen Lebensweg beeinflusste“ 1. Nach Abschluss der Real- schule inskribierte Carl Moll an der Wiener Akademie der bildenden Künste und wurde Schüler bei Christian Griepenkerl, aber nach nur kurzem Studium wurde ihm in einer Ausstellung des Wiener Künstlerhauses im Frühjahr 1881 ein Gemälde von Emil Jakob Schindler zum „Schlüsselerlebnis“ und bereits im Herbst des Jahres wurde Carl Moll als Privatschüler des Meisters aufgenommen. Der junge Künstler, der später die Witwe seines 1892 verstorbenen Lehrmeisters heiratete (und somit auch der Stiefvater von Alma Mahler, geborene Schindler, wurde) knüpfte in diesen Jahren brillant an die Tradition der stimmungsimpressionistischen Landschaftsmalerei an. Seit 1894 Mit- glied des Wiener Künstlerhauses, war er 1897 neben Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Kolo Moser, Joseph ­Maria Olbrich und anderen einer der Mitbegründer der Wiener Secession. Hier – wie auch später in der Galerie Miethke – organisierte Carl Moll zahlreiche bedeutende und wegweisende Ausstellungen österreichischer und internationaler Kunst. Im Jahr 1900 wurde er zum Präsidenten der Wiener Secession gewählt. 1901 baute Josef Hoffmann für Carl Moll und Koloman Moser auf der Hohen Warte im 19. Wiener Gemeindebezirk ein großes Doppelhaus, das erste einer ge- planten Villenkolonie, das der Künstler zeitlebens bewohnen sollte. In diesen so wichtigen Jahren der anbrechenden Wiener Moderne schuf Carl Moll Interieur- und Vorstadtansichten, die heute zu den „Ikonen“ der österreichischen Malerei dieser Zeit zählen. Von 1904 bis 1912 war er Leiter der berühmten Wiener Galerie Miethke, die sich auch zum kommerziellen Standbein der Wiener Se- cession entwickelte. Wichtige österreichische (beispielsweise Ferdinand Georg Waldmüller, Friedrich Gauermann, Anton Romako oder Rudolf von Alt) sowie internationale Künstler (Vincent van Gogh, Paul Cézanne, Eduard Manet oder Claude Monet) wurden hier zum Teil erstmalig einem breiteren Publikum vorgestellt. Intensive Reisetätigkeit – vorwiegend in Österreich und auch nach Italien sowie Südfrankreich – und seine eigene Malerei rückten in den Jahren nach 1912 zunehmend in den Vordergrund. Ebenfalls führte sein Engagement als freier Kurator in den 1920er und 30er Jahren zu vielbeachteten Ausstellungen traditioneller wie auch Moderner Kunst. Vor allem in den Wintermonaten dieser Zeit fuhren Carl Moll und seine Frau wiederholt an die italienische Riviera, nach Südfrankreich und sogar nach Algerien, wo zahlreiche lichtdurchflutete mediterrane Bilder entstanden, die zu den schönsten seines späten Oeuvres zählen. 1930 erschien seine Publikation über den zeitlebens bewun- derten Mentor Emil Jakob Schindler, die auch heute noch Grundlage der Schindler Forschung ist 2. 1931 erhielt der Künstler anlässlich seines 70. Geburtstages eine vielbeachtete Ausstellung in der Wiener Secession, zudem wurde ihm die Goldene Staatsmedaille und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien verliehen. Zahlreiche Gemälde des Künstlers, die zum Besten der österreichischen Kunst des 20. Jahrhunderts gehören, befinden sich heute in wichtigen österreichischen und internationalen Museen und Privatsammlungen.

1 Carl Moll, Mein Leben, S.20, zitiert nach: Tobias Natter, Gerbert Frodl, Carl Moll, Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere Wien 1998, S. 25 2 Carl Moll: Emil Jakob Schindler 1842-1892. Eine Bildnisstudie. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1930. 3 Vgl.: Hans Dichand, Astrid Gmeiner (Hg.), Carl Moll. Seine Freunde. Sein Leben. Sein Werk, Salzburg 1985, S.42 und S. 67 1912 beendete Carl Moll seine Tätigkeit als artistischer Leiter der Gale- rie Miethke und frei von allen beruflichen Beanspruchungen rückte seine Malerei wieder in den Vordergrund. Auch die Entdeckung der „Neukunst- gruppe“ in einer Ausstellung im Wiener Hagenbund 1911 mit Gemälden von Anton Faistauer, Oskar Kokoschka, Anton Kolig oder Franz Wiegele dürfen diese so wichtige Zäsur in Carl Molls künstlerischer Vita mitbeein- flusst haben. Nach den Jahren subtilster Stricheltechnik und behutsamem Realisieren von Flächen und Oberflächen geht der Künstler zur direkten, kraftvollen Gestaltung von Massen über, deren kompakte Formfindung zunehmend wie mit Licht übergossen scheint 3. In dieser dritten, beson- ders ergiebigen Werkphase wird der Farbauftrag großzügiger und breiter, die Pinselzüge pastos, ja teilweise gespachtelt aufgetragen und auch das Kolorit ungleich kräftiger als zuvor. „In meine Arbeit finde ich langsam wieder hinein und, wenn äußere Erfolge ein Urteil erlauben, komme ich künstlerisch auch wieder vorwärts“ 4, schreibt er über diese Zeit in seiner unveröffentlichten Autobiografie „Mein Leben“. In umseitigem, vermutlich 1919 / 1920 entstandenem Meisterwerk mani­ festiert sich exemplarisch diese neu gefundene künstlerische Ausdrucks- Schloss Oberufer bei Pressburg, Familiengut Zsolnay form. Diese Jahre verbrachte der Künstler die Sommermonate beim befreundeten Tabakmagnaten Adolf von Zsolnay auf dessen Landsitz Schloss Oberufer (ungarisch: Förév) bei Preßburg, wo er in den Parklandschaften, Gärten und angrenzenden Donauauen­ reichlich künstlerische Anregungen fand 5. Der Sohn Paul von Zsolnay, der an der Hochschule für Bodenkultur in Wien studierte und später den wichtigen Zsolnay-Verlag gründete, war passionierter Blumenzüchter und -sammler und unter- hielt auf den Landgütern der Eltern große Gärtnereien6. Wahrscheinlich konnte sich auch Carl Moll dem Zauber dieser herrlichen Gärten nicht entziehen und schuf mit dem Gemälde, das rückseitig die eigenhändige Ortsbezeichnung „Förev“ trägt, ein wunderbares und motivisch singuläres Zeugnis dieser Sommerzeit 1919/20.

4 Typoskript 1943, Xeroxkopie aufbewahrt in der Bibliothek der Österreichischen Galerie Belvedere Wien, zitiert nach: Tobias Natter, Gerbert Frodl, Carl Moll, Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere Wien 1998, S. 34. 5 „Moll kann sich glücklich schätzen, noch immer vermögende Menschen zu kennen, für die er mitunter Bilder Alter Meister aufstöbert, die es sich zur Ehre zählen, den Maler als Gast bei sich aufzunehmen, auf deren Gütern in Schlesien und Förev bei Pressburg er wiederholt die Sommermonate verbringt“, zitiert nach: Tobi- as Natter, Gerbert Frodl, Carl Moll, Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere Wien 1998, S. 35 5 Vergleiche auch: Hans Dichand, Astrid Gmeiner (Hg.), Carl Moll. Seine Freunde. Sein Leben. Sein Werk, Salzburg 1985, S.42 und S. 66, Abb. 76, 77, die einen Aufenthalt in Förev im Sommer 1919 erwähnen. 6 Eine von ihm gezüchtete rotgeränderte gelbe Rose trägt auch seinen Namen, worauf Paul Zsolnay sehr stolz war. Mit einer anderen Idee schützte er die Marillenbäume vor Nachtfrösten: er umwickelte die Äste mit Gir- landen von Glühbirnen, die er während der Nächte brennen ließ. „Es half und sah so hübsch aus“ erinnerte er sich später (zitiert nach: Hans W. Polak, Paul von Zsolnay, in: Neue österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher, Band XXII, Wien 1987, S. 134) Detail aus „Dahlien“ Ein prachtvoller sommerlicher Naturausschnitt, eine Nahaufnahme von üppig blühenden Dahlien Carl Moll unter glänzendem Sonnenlicht hat hier den Künstler herausgefordert, ein dichtes Wogen von zahl- 29 (Wien 1861 – 1945 Wien) losen Blüten, dichten Blättern und Stängeln vor einer grünen Wiese auf der Leinwand zu verewi- gen. Carl Moll verwandelt die Natur in ein Meisterstück der Malerei: jeder Pinselzug ist treffsicher Dahlien und nachvollziehbar, virtuos variierend, mit pastosem Strich sind die einzelnen hellen Blüten in 1919 / 1920 Öl auf Leinwand Rot-, Weiß- und Gelbabstufungen modelliert und mit vibrierenden Glanzlichtern übersät. Sogar die 60,5 x 60 cm Schatten der Blumen sind von ungewohnter Leichtigkeit und changieren in flimmernden Nuancen Monogrammiert links unten: CM Rückseitig am Keilrahmen betitelt: von Türkis, Rosa und Violett. Die intensive Farbigkeit dieses Dahlienbeetes ist von Licht gesättigt I Dahlien (Förev) und vermittelt großartig Sonne und Wärme, sommerliche Gestimmtheit und den Duft der Blüten. Rückseitig altes Ausstellungsetikett: Kaum Vergleichbares ist bisher in seinem Oeuvre entstanden, das bis dahin von Interieur-, Land- Mährischer Kunstverein Brünn, Nr. 435 schafts- und Architekturbildern dominiert war. Nur das quadratische Bildformat und der nahsich- Provenienz: Kunsthandel Giese & Schweiger, Wien; tige Ausschnitt sind Reminiszenzen an die Malerei der Jahrhundertwende, von der sich Carl Moll Privatbesitz Österreich; mit diesem großartigen Werk eindrucksvoll gelöst hat. Sammlung Antal Post de Bekessy „Dahlien“ ist ein in Format und malerischer Qualität museales Gemälde, das an kompositorischer Literatur: Vgl.: G. Tobias Natter, Gerbert Frodl, Carl Moll (1861 – 1945), Ausstellungskatalog Stimmigkeit und malerischer Brillanz kaum zu überbieten ist. Carl Moll hat sich hier ein eindrucks- Österreichische Galerie Belvedere, Wien 1998; volles Denkmal gesetzt und einmal mehr seine unangefochtene, wegweisende Souveränität in der Hans Dichand, Astrid Gmeiner (Hg.), Carl Moll. Seine Freunde. Sein Leben. Sein Werk, Salzburg Kunst des 20. Jahrhunderts unter Beweis gestellt. 1985 Ausgestellt: Mährischer Kunstverein, Brünn

„Die große Bewegung des Impressionismus, van Gogh, Cézanne, erlebt man nicht ungestraft“, Carl Moll schrieb Carl Moll 1930 (in: J.E. Schindler, S. 111) im Rückblick auf seine langjährige intensive Aus- 30 (Wien 1861 – 1945 Wien) einandersetzung mit der französischen Malerei. Seine bedeutende Tätigkeit als Leiter der Galerie Miethke, seine Rolle als Förderer und Entdecker junger Künstler lassen ihn stets den modernen Stilleben mit Früchten Strömungen offen gegenüber stehen. So sieht er sich selbst als einen bleibend Lernenden, der um 1925 Öl auf Holz neue malerische Aspekte seinem eigenen künstlerischen Schaffen als belebende Impulse einzuver- 34,5 x 35,5 cm leiben versteht. Monogrammiert rechts unten: CM Rückseitig bezeichnet: II Früchte

Er war bereits 70 Jahre alt, als er sich in die Klasse von Robin Christian Andersen an der Akademie Provenienz: Privatsammlung Wien für bildende Künste in Wien einschreibt und unter dessen Anleitung eine Reihe reizvoller Stillleben Literatur: Vgl.: Hans Dichand, Astrid Gmeiner (Hg.), vollendet, zu denen auch das vorliegende Bild zu zählen ist. Carl Moll. Seine Freunde. Sein Leben. Sein Werk, Salzburg 1985, S. 69, Abb. 82, Farbtafel 27 Im Vergleich, unter anderem mit dem „Stilleben mit blauer Flasche“ in der Österreichischen Galerie im Belvedere besticht dieses fast quadratische Gemälde vor allem durch seine extreme Nahsicht: Aus einem nur mehr angedeuteten größeren Arrangement von verschiedenem Obst richtet sich der Fokus auf den silbernen Teller mit drei roten Äpfeln, zwei weitere sowie ein Bund Weintrauben­ ragen gerade noch ins Bild hinein. Mit der Konzentration auf das Detail scheint sich auch die Mal- weise zu verdichten. Die breiten für sein Spätwerk charakteristischen Pinselstriche fügen sich eng zu einer kompakten Farbschicht unterschiedlicher Töne zusammen, die Form gewinnt an Plastizi- tät. Das Licht, wesentliches Element im Werk Carl Molls, reflektiert auf der spiegelnden Fläche des Tellers, steigert die Leuchtkraft der Farben bis hin zu gleißender Helligkeit und wirft gleichzeitig Schatten, der die Objekte miteinander verbindet. Eine konzentrierte, in sich stimmige Ruhe geht von dem Bild aus, bei dem es im Wesentlichen nur um das Geheimnis des Malens geht, um das Zusammenspiel von Tönen und Licht, die Wirkung des Farbauftrags, um Fläche und Körperlichkeit.

Dr. Marianne Hussl-Hörmann

1 Carl Moll, Emil Jakob Schindler 1842–1892. Eine Bildnisstudie von Carl Moll, Wien 1930

Alfons Walde, 1891 in Oberndorf bei Kitzbühel geboren, zeigte zwar schon in jungen Jahren Alfons Walde zeichnerisches Talent, entschied sich aber zunächst, an der Technischen Hochschule in Wien 31 (Oberndorf 1891 – 1958 Kitzbühel) Architektur zu studieren. Später erbaute er einige Landhäuser sowie die Tal- und Bergstation der Hahnenkammbahn. Dass seine eigentliche Bestimmung die Malerei sei, begann sich schon in der Ellmauer Tor am Wilden Kaiser Wiener Zeit zu manifestieren, wo er 1913 die Möglichkeit erhielt, in der Secession auszustellen. um 1925 Nach dem Ersten Weltkrieg und seinem Einsatz bei den Tiroler Kaiserschützen kehrte Alfons Öl und Tempera auf schwarzem Papier Walde nach Kitzbühel zurück. Seine kraftvollen, unverwechselbaren Landschaften fanden schnell 16,4 x 25,2 cm große Beachtung. Alfons Waldes Malerei war zum Sinnbild der Tiroler Bergwelt geworden, seine Betitelt und datiert rückseitig: „Ellmauer Tor“ um 1925 Arbeiten schon zu Lebzeiten vielfach kopiert. Rückseitig der Nachlassstempel und Bereits Egon Schiele, Gustav Klimt und Albin Egger-Lienz erkannten anlässlich der Ausstellung Bestätigung der Tochter des Künstlers in der Wiener Secession das große Potential, das in dem jungen Künstlerkollegen steckte. Guta E. Berger geb. Walde Alfons Walde gilt als der „Tiroler Maler“ schlechthin. Seinen unverwechselbaren, leuchten- Provenienz: Privatsammlung Salzburg; den Schneelandschaften wird weit über die Grenzen Österreichs hinaus Anerkennung und Privatsammlung Wien Wertschätzung zuteil. Literatur: Vgl.: Alfons Walde. Ausstellungs­ katalog Leopold Museum, Wien 2006 Gert Amman, Alfons Walde 1891 – 1958, Einschüchternd wirkt die tiefe Kerbe im Massiv des Wilden Kaisers. 2.000 Meter hoch liegt der Innsbruck – Wien 1987 Felssattel, „Ellmauer Tor“ genannt. Es ist der wichtigste und am häufigsten benutzte Übergang im Wilden Kaiser und wird deshalb auch gerne als dessen „Herz“ bezeichnet.

Auch auf Alfons Walde muss diese Gebirgsformation einen tiefen Eindruck gemacht haben. Mit einer begrenzten Farbpalette in nur wenigen Nuancen gelingt ihm ein fesselndes Licht-Schatten- Spiel aus Weiß-, Blau- und Grautönen. Dabei malt er die Berge, Wälder und Schneeflächen so aufgelöst, dass bei flüchtigem Hinsehen beinahe der Eindruck entsteht, vor einem abstrakten Gemälde zu stehen. Einzelne Bäume oder Felsen sind nicht mehr zu erkennen, doch versteht Walde es geschickt, durch exakt platzierte weiße Schneetupfen und -flächen exponierte Stellen hervorzuheben; in dunkles, fast ins Schwarz gehendes Blau sind hingegen die bewaldeten Stellen und Gräben getaucht. Dazwischen legen sich hellblaue Schatten über die sonnenabgewandten Seiten der Berge. Aus scheinbar ungestümen, jedoch pointiert gesetzten Tupfen, Strichen und Klecksen entsteht die imposante Ansicht einer Tiroler Gebirgslandschaft, wie sie nur Alfons Walde schaffen kann.

Alfons Walde wurde nie müde, seiner Heimat seine malerische Aufmerksamkeit zu schenken. Alfons Walde So entstanden neben den großen, pastosen und weltweit bekannten Winter- und Sommerland- 32 (Oberndorf 1891 – 1958 Kitzbühel) schaften, die im Wesentlichen für Ausstellungen bestimmt waren, auch eine Reihe wundervoller kleinformatiger Naturstudien, die trotz ihrer Größe eine unglaubliche Spontaneität vermitteln. Sommer in Oberndorf Waldes besonderes Gespür für Komposition, Rhythmus, Linienführung und die leuchtende Ton-in- um 1925 Aquarell und Gouache auf Papier Ton Farbgebung zeugen von einer unverwechselbaren Handschrift. 11 x 16,5 cm (Passepartout-Ausschnitt) Rückseitig Nachlassstempel und Bestätigung der Tochter des Künstlers Um 1925 positioniert sich der Künstler vor der Gebirgskulisse des Wilden Kaiser an einem kleinen Guta E. Berger geb. Walde Teich. Den Blick auf Treffauer, Kaiserkopf und Ellmauer Halt gerichtet, hält er das sommerliche Oberndorf mit seinen Wiesenhängen und sanften Hügelketten in einer pittoresken Gouache fest. Provenienz: Kunstsalon Mag. Peter Kovacek, Wien; Die vereinfachte, stilisierte Darstellung der Bergkuppen, durch scharfe Konturierung klar vom Him- Privatsammlung Wien mel abgegrenzt, und die auf Dreiecke und Ovale reduzierten Formen der Kronen der Nadel- und Literatur: Vgl.: Alfons Walde. Ausstellungs­ Laubbäume faszinieren in der Klarheit der Wiedergabe. Die strahlende Farbgebung und die ver- katalog Leopold Museum, Wien 2006; Gert Ammann, Alfons Walde. 1891 – 1958, einzelt platzierten Häuschen rhythmisieren die Komposition und führen das Auge des Betrachters Innsbruck 2001 durch die idyllische Umgebung.

Die Natur stets als großes Vorbild in seinem Schaffen, versteht er es hier besonders, die Schönheit seiner vertrauten Heimat mit einer vereinfachten Formensprache ausdrucksstark festzuhalten. Originalgröße Alfons Walde 33 (Oberndorf 1891 – 1958 Kitzbühel)

Akt mit Schleier um 1920 Bleistift auf Papier 33 x 19,5 cm Rückseitig Nachlassstempel und Bestätigung des Enkels des Künstlers Michael Berger (Walde)

Provenienz: Nachlass des Künstlers; Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Alfons Walde. Ausstellungskatalog Leopold Museum, Wien 2006, S. 128 ff.; Gert Ammann, Alfons Walde. 1891 – 1958, Innsbruck 2001, S. 246 ff.

Alfons Walde  34 (Oberndorf 1891 – 1958 Kitzbühel)

Abendrot um 1920 Mischtechnik auf Papier 11,3 x 14,6 cm Rückseitig Nachlassstempel und Bestätigung des Enkels des Künstlers Michael Berger (Walde)

Provenienz: Nachlass des Künstlers; Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Alfons Walde. Ausstellungskatalog Leopold Museum, Wien 2006; Gert Ammann, Alfons Walde. 1891 – 1958, Innsbruck 2001 Originalgröße Nicht nur die stilisierten, expressiven Landschaften, sondern auch die dichten, oft üppigen Blumen- Josef Stoitzner stilleben nehmen einen wichtigen Platz im Oeuvre Josef Stoitzners ein. 35 (Wien 1884 – 1951 Bramberg)

Meist setzt der Künstler bewusst Gegenstände wie Früchte, Gläser oder einen Krug in das Bild, um Frühlingsblumen eine alltägliche Situation zu schaffen. Oder er erweitert das Stilleben zu einem Interieur, indem er 1924 die Sträuße und Topfpflanzen vor Fenstern, auf Terrassen oder mitten im Raum auf einem Esstisch Öl auf Malkarton platziert. Selten stehen die Blumen so singulär und prägnant im Vordergrund der Komposition 59,7 x 37,2 cm Signiert und datiert links unten: wie in diesem 1924 entstandenen Werk. Kein drapierter Stoff, keine gemusterte Tischdecke oder STOITZNER JOSEF. (19)24. durch Vorhänge und Jalousien dekorierte Hintergründe, die die Aufmerksamkeit von den Blumen Rückseitig: Landschaftsstudie ablenken. Im Gegenteil: Nelke, Margerite, Pfingstrose und Geranie scheinen aus dem schwarzen Provenienz: Privatbesitz Wien Hintergrund förmlich aufzutauchen. Die starke Leuchtkraft der Farben und das Wechselspiel von Literatur: Vgl.: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), beleuchteten und verschatteten Zonen in den Blütenblättern verleihen dem Strauß – vor allem Josef Stoitzner 1884 – 1951, Ausstellungskatalog der voluminösen Pfingstrose – beeindruckende Plastizität. Während die hohe Vase nahezu mit Salzburg Museum, Salzburg 2010, Abb. S. 79; Marianne Hussl-Hörmann, Josef Stoitzner. der schwarzen Wand verschmilzt, hebt sich das runde Keramikgefäß schon etwas stärker ab und Immer wieder Landschaften, in: Parnass. Das macht eine dezente Farbabstufung zwischen Hinter- und Untergrund bemerkbar. Neben dem teil- Kunstmagazin, Heft 3, Wien 2006, S.62 ff. weise sehr pastosen, expressiven Farbauftrag ist vor allem bei Himmelschlüsseln und Primeln der für Josef Stoitzner typisch pointierte Pinselduktus zu erkennen.

Seine präzise Naturanschauung und die große Freude am Malen kommen in diesem frischen, frühlingshaften Blumenarrangement mit großer Lebendigkeit und künstlerischem Einfühlungsver- mögen unverwechselbar zur Geltung.

Ludwig Heinrich Jungnickel gilt heute als einer der bedeutendsten österreichischen Maler, der vor allem mit Ludwig Heinrich Jungnickel seinen Tierbildern bis weit über die Grenzen hinaus große Anerkennung erlangen konnte. In seinen Ölbildern 36 (Wunsiedel 1881 – 1965 Wien) und Aquarellen gelingt es ihm, verschiedene Lebewesen in charakteristischen Posen und Ausdruck festzuhalten und ihnen besondere Individualität zu verleihen. Der Künstler wurde 1881 in Bayern als eines von fünf Kindern Blick auf den Hafen geboren und verließ mit nur 16 Jahren seine Familie, um über die Alpen nach Österreich zu wandern. Nach von Rotterdam kurzen Studienaufenthalten in Rom und an der Akademie der bildenden Künste in Wien, ließ er sich in der um 1927 Öl auf Leinwand Bundeshauptstadt nieder. Wirklich sesshaft wurde er aber nicht, wie seine zahllosen Reisen belegen. Jungni- 60,5 x 80,5 cm ckels Frühwerk, geprägt durch seine Freundschaft mit Gustav Klimt wurzelt im Wiener Jugendstil, was vor allem Signiert links oben und Mitte unten: in seinem druckgrafischen Werk deutlich wird. Um 1909/10 gelang ihm der internationale Durchbruch. Seine LH. JUNGNICKEL Rückseitig auf Keilrahmen bezeichnet Tierdarstellungen wurden mehrfach ausgezeichnet. In der Folge wurde er 1911 als Professor an die Kunst- und betitelt: LH. JUNGNICKEL Hafen von gewerbeschule in Frankfurt am Main berufen. In seiner künstlerischen Entwicklung bewegte sich Jungnickel Rotterdam vom Flächenhaften des Secessionismus weg hin zu einem wesentlich expressiveren Zeichenstil, wobei das Tier Provenienz: Galerie St. Etienne, New York; immer mehr zum vorrangigsten Bildthema wurde. Aber auch in den Landschaftsdarstellungen fand Jungnickel Privatbesitz USA durch die Bekanntschaft und den Einfluss von Oskar Kokoschka mit dem Stil des österreichischen Expressionis- Literatur: Vgl.: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig mus zu einer neuen Ausdrucksweise. Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 170 Ludwig Heinrich Jungnickel schuf neben seinen berühmten Tierdarstellungen auch expressive Akt- und Land- schaftsbilder, wovon jene aus den zwanziger Jahren zu den Besten innerhalb seines Oeuvres zu zählen sind. Hierbei interessierten ihn bewegte, spannungsgeladene Motive mehr als idyllische, ruhige Szenerien. Neben Ausflügen nach Neapel, Positano oder Ragusa (damals Dubrovnik) hielt sich Jungnickel im Jahr 1927 anlässlich einer in den Niederlanden gezeigten Wanderausstellung „Moderne österreichische Kunst“, an der er auch teilnahm, einige Zeit in Rotterdam auf. In der beeindruckenden Hafenstadt faszinierte ihn das rege Treiben an der Maas so sehr, dass ungefähr drei Ölbilder zu diesem Thema entstanden sind. In nebenstehendem Bild „Hafen in Rotterdam“ wählt der Künstler einen Bildausschnitt Richtung Osten, den Blick auf die 1877 errich- tete Eisenbahnbrücke, der Willemsspoorbrug, gerichtet. Die durch ihre fünf Bögen markante Brücke war die Verlängerung der Koningshavenbrug, der Hebebrücke rechts hinten im Bild, und wurde 1994 nach dem Bau des Willemssportunnels abgerissen. Dasselbe Schicksal stand auch der Koningshavenbrug - im Volksmund „De Hef“ genannt - bevor, doch die Rotterdamer Bevölkerung konnte sich mit ihren Prostesten gegen den Abriss erfolgreich durchsetzen, und so steht die Brücke seit dem Jahr 2000 als Rijksmonument unter Denkmalschutz. Von einem erhöhten Standpunkt aus, einen kleinen Seitenarm unter sich, schildert Jungnickel das Geschehen am Fluss. Riesige Fracht- und Dampfschiffe fahren die Maas entlang oder haben am Hafen angelegt, um ihre Ware ein- oder auszuladen. Während der Fluß und der Himmel sehr expressiv und lebendig gemalt sind, hat der Künstler die Schiffe und holländischen Häuser mit schwarzen Umrisslinien konturiert. Dichte Rauchschwaden steigen in den lebhaft gestalteten Himmel. Der Dampf aus den Schornsteinen vermengt sich mit den durch die Sonne blau-grün verfärbten Wolken, wodurch Jungnickel dem Himmel eine atmosphärische, unerhört leben- dige Wirkung verleiht. Die Expressivität in Pinselstrich und Kolorit und die dynamische Gesamtauffassung der Komposition erinnern an die beeindruckenden Städtebilder Oskar Kokoschkas, der Ludwig Heinrich Jungnickel zu jener Zeit sicher stark beeinflusst hat. Derart intensive Landschafts- und Städteansichten gehören zu den Besten und Wegwei- sendsten der österreichischen Malerei des Expressionismus.

Wilhelm Thöny wurde am 10. Februar 1888 als Sohn eines Papiergroßhändlers in Graz geboren, wo er in Wilhelm Thöny einem den Künsten aufgeschlossenen Elternhaus aufwuchs. Der äußerst musikalische Bub genoss neben 37 (Graz 1888 – 1949 New York) einem ersten Malunterricht auch eine Klavier- sowie Gesangsausbildung. Nach der Schulzeit in Graz absol- vierte er ab 1908 ein Studium an der Münchner Akademie der bildenden Künste, wo er sich unter anderem Sommerlandschaft mit Buchillustrationen und Radierungen beschäftigte. 1913 war er neben Paul Klee und Albert Weisgerber in Südfrankreich Mitbegründer der Münchner Neuen Secession. Durch Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste der ange- um 1935 Öl auf Leinwand hende Maler sein Studium abbrechen und nach Graz zurückkehren, von wo aus er 1915 als Einjährig- 30,5 x 44,5 cm Freiwilliger als Frontmaler am Monte Zebion eingesetzt wurde. Im selben Jahr heiratete er die Amerikanerin Signiert rechts oben: W. Thöny Fanny Hilma Walborg White – die gemeinsame Tochter Margit wird im darauffolgenden Jahr geboren. Nach Provenienz: Privatbesitz Österreich seiner Abrüstung 1918 zog Wilhelm Thöny zu seiner jungen Familie in die Schweiz, wo die Ehe wenig später Literatur: Wilhelm Thöny. Im Sog der Moderne, geschieden wurde. Nach einigen Jahren in München ging er 1923 zurück nach Graz, wo er mit Gleich- Ausstellungskatalog Neue Galerie Graz / Uni- gesinnten im Herbst desselben Jahres die Grazer Secession gründete. 1925 lernte er seine spätere zweite versalmuseum Joanneum, Graz 2013, Wkv. Nr. 325 m. Abb.; Frau, die gebürtige Amerikanerin Thea Herrmann, kennen. 1929 wurde ihm der Professorentitel verliehen, Vgl.: Wieland Schmied, Wilhelm Thöny. Porträt außerdem reiste er zum ersten Mal nach Paris, was ihn dermaßen beeindruckte, dass er 1931 trotz großer eines Einzelgängers, Salzburg 1976, Farbtafeln Ausstellungs- und Verkaufserfolge im deutschsprachigen Raum, in die französische Hauptstadt übersiedelte. 27 – 34; Bruno Grimschitz, Wilhelm Thöny. Mit Essays Die Jahre bis 1938 zählten zu den glücklichsten und künstlerisch fruchtbarsten seines Lebens. Die unsicheren des Künstlers, Salzburg 1950 politischen Verhältnisse in Europa bewogen den Maler und seine Frau nach New York auszuwandern, wo seine Kunst sehr geschätzt wurde, was eine rege Ausstellungstätigkeit nach sich zog. Obwohl es ihm rasch gelang, einen neuen Freundeskreis aufzubauen und er eine umfangreiche Korrespondenz mit Bekannten in Europa pflegte, fühlte er sich in den USA nie ganz heimisch. Am 4. März 1948 ereilte den bei seinen Zeitgenossen beliebten Künstler ein schwerer Schicksalsschlag: bei einem Brand in einem Lagerhaus, wo ein Großteil seiner Arbeiten untergebracht war, wurden an die tausend seiner Werke vernichtet. Von dieser persönlichen Katastrophe hat sich Wilhelm Thöny nie mehr erholt – er verstarb ein gutes Jahr später am 1. Mai. Sammlungen seiner Werke finden sich unter anderem in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien und in der Grazer „Neuen Galerie“.

Wilhelm Thönys Malstil ändert sich mit seiner Übersiedelung nach Paris radikal. Dominieren in seinen Grazer Jahren vor allem dunkle, düstere Farben, die Distanz und Einsamkeit vermitteln, hellt sich die Farbpalette nun auf, was die Grundstimmung seiner Arbeiten positiv beeinflusst. Der Malduktus wird leicht und das Licht gewinnt an Intensität. Unsere Ansicht einer südfranzösischen Landschaft ist ein wunderbares Beispiel für diese wichtige Schaffensperiode des Künstlers. Von 1932 bis 1937 zieht es das Ehepaar Thöny jedes Jahr zu Herbstbeginn an die Côte d’Azur zum Entspannen und Malen. Ist in Paris das Aquarell bevorzugte Mal- technik, so verlegt sich der Maler während der Aufenthalte in Südfrankreich vor allem auf kleinformatige Öl- bilder, die vor der Natur entstehen und die leichte, mediterran vibrierende Atmosphäre einfangen. Spontan hingesetzte kurze, pastos aufgetragene Pinselstriche kontrastieren zu zarten, zeichnerischen Linien (wie zum Beispiel beim Aquädukt), wobei der Malgrund großflächig sichtbar bleibt. Damit erreicht der Künstler eine beinahe aquarellartige Wirkung seines Ölbildes. Überwiegen in der unteren Bildhälfte vor allem Grüntöne, die durch sparsame Akzente in Rot aufgelockert werden, spannt sich im oberen Teil des Bildes duftig der in klarem Blau gehaltene Himmel und macht die würzig-herbe Luft dieser Region für den Betrachter spürbar. Dieses beeindruckende Werk aus Wilhelm Thönys französischer Periode stellt eine Rarität am Kunstmarkt dar und ist eine Bereicherung für jede Sammlung.

Willy Eisenschitz studierte ab 1911 – gegen den Willen seines Vaters, eines jüdischen Anwaltes – an der Wiener Willy Eisenschitz Akademie der bildenden Künste Malerei. Bereits 1912 zog es ihn aber in das „fortschrittliche“ Zentrum des inter- 38 (Wien 1889 – 1974 Paris) nationalen Kunstgeschehens nach Paris. Zeit seines Lebens begleitete ihn die damals entfachte Leidenschaft für die Kunst der großen Franzosen Paul Gauguin, Paul Cézanne oder Henri Matisse. 1914 heiratete er Claire Bertrand, L‘Île du Levant eine Studienkollegin an der berühmten „Académie de la Grande Chaumière“. Im selben Jahr beschickte er seine an der Côte d‘Azur erste Ausstellung in Wien, „Junge Künstler Österreichs“ in der Secession. Während des Ersten Weltkrieges war um 1965 Öl auf Hartfaser Willy Eisenschitz als „feindlicher Ausländer“ in einem Internierungslager bei Angers inhaftiert, wo er an Tuber- 54 x 73 cm kulose erkrankte. Die ersten Nachkriegsjahre lebte er mit seiner Familie (inzwischen war er Vater zweier Kinder Signiert links unten: W. Eisenschitz geworden) in schweizerischen und französischen Luftkurorten. Das Jahr 1921 brachte durch einen Aufenthalt an Rückseitig betitelt auf altem Klebeetikett: der südfranzösischen Küste einen Wendepunkt in seinem künstlerischen Schaffen. Das irisierende Licht und die ile du Levant intensiven Farben der Region beeindruckten Willy Eisenschitz so sehr, dass sein Wunsch in den Süden zu ziehen, Provenienz: Sammlung Wertheimer, Israel immer größer wurde. Ab 1923 kämpfte er jedoch wieder mit schweren gesundheitlichen Problemen, die ihn Literatur: Bernard Denvir, Willy Eisenschitz. zu neuerlichen Sanatoriumsaufenthalten und zur anschließenden Übersiedlung in den Luftkurort Dieulefît zwan- 1889 – 1974, The Wertheimer Foundation, gen. Ab 1927 lebte und arbeitete Willy Eisenschitz in dem ehemaligen pittoresken Kloster „Les Minimes“ bei La London 2004, Abb. 76, S. 122; Vgl.: Willly Eisenschitz. Vienna 1889 – 1974 Valette-du-Var in der Provence. Der Künstler war Mitglied der „Societé Nationale des Beaux-Arts“ und ab 1930 Paris, Ausstellungskatalog National Art Museum korrespondierendes Mitglied des Hagenbundes. 1935 nahm er die französische Staatsbürgerschaft an. Der Aus- of China, Bejing 2011; Jean Perreau, Willy Eisenschitz. 1889 – 1974. bruch des Zweiten Weltkrieges brachte eine neuerliche Übersiedelung ins vor Verfolgung sichere Dieulefît. Nach Werkverzeichnis, Linz 1999 dem Tod seiner Frau 1969 ging Willy Eisenschitz nach Paris zurück, wo er bis zu seinem Lebensende 1974 lebte und arbeitete. Sein intensives Schaffen war zeitlebens auf zahlreichen vielbeachteten Ausstellungen in Frankreich, England und Übersee zu sehen. Die Provence mit ihren sanften Hügeln und schroffen Bergen, mit den von Pinien- und Olivenbäumen bewach- senen Hängen, den mit Lavendel gesäumten Feldern und an Berghänge geduckten Dörfern sowie pittoresken Ortschaften an der Cote d’Azur bilden die Inspirationsquellen für die Arbeiten von Willy Eisenschitz. Das warme Licht und die leuchtenden Farben der südfranzösischen Landschaft inspirierten bereits Cezanne, der in einem Brief schrieb: „Die Gegend hier ist voller unentdeckter Schätze. Bisher hat sich noch niemand gefunden, der sich in sei- nen Darstellungen der Reichtümer, die hier schlummern, würdig gezeigt hätte.“ Wie kaum einem zweiten Maler seiner Generation ist gerade Willy Eisenschitz in seinen zahlreichen Ölbildern und Aquarellen ebendieses gelungen.

Nebenstehendes Gemälde, um 1965 entstanden, zeigt einen wildromantischen Küstenabschnitt der Île du Levant, einer Insel vor der südfranzösischen Küste bei Toulon. Hier wurde 1931 durch zwei Pariser Ärzte das erste Natu- ristendorf Europas gegründet, das eine – bis heute fortdauernde – alternative und naturverbundene Lebensform statuieren sollte. Auch Willy Eisenschitz konnte sich dem Zauber dieser Region nicht entziehen und schuf mit kraft- vollen Pinselzügen einen herrlichen Ausblick über die Küste auf ein tiefblau schillerndes Meer. Den Vordergrund bildet die üppig verflochtene Flora aus mediterranen Büschen, Ranken, Stängeln und vereinzelten Bäumchen, die der satten roten Erde der Provence entsprießen. Über diese unberührte und paradiesisch wirkende Vegetation schweift der Blick auf einen weiten Küstenbogen, dessen Felsen schroff ins Meer abfallen, das sich am Horizont im gelblich-dunstigen Himmel des Südens aufzulösen scheint. Durch geschicktes Arrangement kraftvoller Farbflecken und -striche, je nach Intensität der Sonne, spielt der Künstler raffiniert mit den Komplementärfarben. Das flirrende Licht und die spürbare Hitze, die über der Landschaft herrscht, strahlen dem Betrachter aus dem Bild fühlbar ent- gegen. Die meisterliche Beherrschung des Farbenspiels sowie das souveräne kompositorische Gestalten der Bild- fläche beeindrucken an dieser schönen Meereslandschaft, die Willy Eisenschitz in ihrer urtümlichen majestätischen Atmosphäre hervorragend erfasst hat.

Neben den licht- und farbdurchtränkten Küstenlandschaften Südfrankreichs, den mit Olivenbäu- Willy Eisenschitz men und Lavendelfeldern übersäten Landstrichen der Provence oder den kargen Fluss- und Berg- 39 (Wien 1889 – 1974 Paris) regionen der Drôme stellt das Thema „Stillleben“ zwar eine durchgehende, aber bislang weniger beachtete Facette im Schaffen von Willy Eisenschitz dar. Ein wichtiges Korrektiv diesbezüglich war SommerblumenstrauSS die monumentale Einzelausstellung, die dem großen franko-österreichischen Künstler 2011 im 1928 Öl auf Leinwand NAMOC Museum Peking gewidmet war, in der einige seiner schönsten Blumenbilder und Interi- 73 x 73 cm eurs zu sehen waren, die in den 1920er und 30er Jahren in Frankreich entstanden sind. Signiert und datiert rechts unten: Willy Eisenschitz 1928 1928, als Willy Eisenschitz erstmals im berühmten Salon d’Automnes in Paris ausstellte, entstand Provenienz: Privatbesitz Frankreich - wahrscheinlich schon in seinem künstlerischen Refugium Les Minimes unweit von Toulon in der Literatur: Vgl.: Willly Eisenschitz. Provence - nebenstehendes lichterfülltes Gemälde. Auf einer blauen damastartigen Tischdecke, Vienna 1889 – 1974 Paris, Ausstellungskatalog flankiert von drappierten gelben Vorhängen, zeigt der Künstler einen einfach verzierten grau-blau- National Art Museum of China, Bejing 2011, Abb. S.174 ff.; en Tonkrug mit einem prächtigen, beinahe bildfüllenden Blumenarrangement: ein üppiger Strauß Jean Perreau, Willy Eisenschitz. 1889 – 1974. aus roten Mohnblumen, rosa Nelken, fleischfarbenen Gerbera sowie gelb perlenden Mimosen Werkverzeichnis, Linz 1999, Abb. S. 224 scheint dem Betrachter aus dem Krug regelrecht entgegenzuspringen. Mit schwungvollem und doch präzise nachvollziehbarem Pinselstrich hat Willy Eisenschitz, mit spürbar großer Freude am Malen, diese Blumenpracht der Provence lebendig und mit großer Plastizität festgehalten. Der kraftvolle Duktus und das intensive Leuchten der rein gesetzten Farben sind hier von einer Moder- nität, die an Werke von Henri Matisse und der Fauvisten denken lässt, mit deren Bildauffassung sich Willy Eisenschitz in seinen frühen Arbeiten beschäftigt hat.

„Sommerblumenstrauß“ ist ein äußerst repräsentatives Gemälde von ausgesuchter Qualität aus dem seltenen frühen Schaffensabschnitt dieses unverwechselbaren Künstlers und stellt eine verita- ble Bereicherung jeder Sammlung österreichischer Zwischenkriegsmalerei dar.

Gerhild Diesner wurde am 4. August 1915 als viertes von fünf Kindern in Innsbruck - Mühlau geboren. Ab 1930 Gerhild Diesner verbrachte sie alljährlich die Sommermonate in England und übersiedelte von 1935 bis 1937 zu ihrer Schwester 40 (Innsbruck 1915 – 1995 Innsbruck) nach London. Dort besuchte sie die renommierte Chelsea Art School ebenso wie die School of Art in Brighton. 1937 zog sie nach München und studierte dort an der Akademie für angewandte Kunst auf Wunsch ihres Vaters Stilleben mit Maiskolben um 1955 in der Abteilung für Gebrauchsgrafik. Während der schwierigen Kriegsjahre übersiedelte sie 1943 mit Unter- Öl auf Leinwand auf Hartfaser stützung eines befreundeten Architekten nach Paris und nahm das Studium an der bekannten Académie André 35 x 52 cm Lhote und auch an der Ecole de la Grande Chaumière auf. Ein Jahr später kehrte die Künstlerin nach Innsbruck Signiert rechts unten: Diesner zurück. Nach dem Kriegsende wurden fast alle Arbeiten aus Diesners Pariser Zeit in München von Besatzungs- Provenienz: Privatbesitz Schweiz soldaten zerstört. 1949 heiratete Gerhild Diesner den Bildhauer Bodo Kampmann. In den Jahren von 1955 bis Literatur: Vgl.: Matthias Boeckl, Gerhild Diesner 1975 unternahm die Malerin zahlreiche Studienreisen nach England, Portugal und besonders nach Italien in die 1915 – 1995, Innsbruck 2007, Abb. S. 224; Günther Dankl, Diesner, Tiroler Landesmuseum Toskana und das Gebiet rund um den Gardasee und verweilte dort für längere intensive Arbeitsaufenthalte. Die Ferdinandeum Innsbruck, Innsbruck 1995; Künstlerin erhielt 1975 den Professorentitel und im Jahre 1995 den Kunstpreis des Landes Tirol. Gerhild Diesner Wilfried Kirschl, Gerhild Diesner, Innsbruck 1979 starb 1995 in Innsbruck.

Wilfried Kirschl schreibt im Vorwort seiner Monografie über die Künstlerin: „Die Malerin Gerhild Diesner gehört wie Max Weiler und Paul Flora zu einer Generation von Tiroler Künstlern, die durch den Krieg und die politischen Verhältnisse bis 1945 erst spät, mit über dreißig Jahren, öffentlich in Erscheinung traten, dann aber gerade durch die Reife dessen, was sie vorzuweisen hatten, sehr rasch über den engeren Bereich des Landes Tirol hinaus starke Beachtung fanden. Die Bilder Gerhild Diesners, in denen lyrisches Naturerleben, ursprüngliche Gestaltungskraft und koloristische Verve eine unverwechselbare Verbindung eingehen, gehören zum wesentlichen Bestand der ös- terreichischen Kunst nach 1945.“ Gerhild Diesner selbst sieht in den großen Malern der französischen Moderne wie etwa Paul Gauguin, Paul Cezanne, Vincent van Gogh oder Henri Matisse ihre künstlerische Anregung und Herkunft. Sie schafft Gemälde von unverwechselbarer Authentizität wobei ihr primäres Ausdrucksmittel die fast rein empfundene Farbe in freier Umsetzung im Sinne des französischen Malers Henri Matisse und der Fauvisten ist. In Ölbildern und Aquarellen setzt sie Landschaften, Stilleben, Porträts oder Alltagsszenen in vereinfachter dekorativer Flächenordnung und leuchtender Farbigkeit ins Bild.

Nebenstehendes „Stillleben mit Maiskolben, Zitrone und Kakifrüchten“ zählt zu der Schaffensphase Gerhild Diesners, die um 1953, nach der Trennung von ihrem Ehemann, dem Bildhauer Bodo Kampmann, begann. Die Auseinandersetzung mit der französischen Moderne aber auch der Kunst des deutschen Expressionismus ist hier unübersehbar. In ihrer unverwechselbaren Formensprache, angeordnet in einem hochgeklappten, aufsichtigen Bildraum, arrangiert Gerhild Diesner die unterschiedlichen Früchte und Gegenstände wie zufällig abgelegt auf einer einfachen Tischplatte. Hier findet keine Schichtung und Durchdringung der Farben mehr statt sondern die einzelnen Bildelemente werden koloriert und mit kraftvollen Konturen umrandet. Die Farbpalette ist auf wenige intensiv leuchtende Blau-, Orange- und Gelbtöne reduziert. Durch das vibrierende Nebeneinander der Komplementärfarben springen die Früchte dem Betrachter haptisch ins Auge – ein Effekt, der auch durch den satten ultramarinblauen Hintergrund und die kräftigen, abgesetzten Pinselstriche gekonnt verstärkt wird. In stark reduzierter und markant vereinfachter Formensprache zaubert die große Bildpoetin Gerhild Diesner in diesem repräsentativen Stilleben ein faszinierendes Bild voll schwelenden und glühenden Lebens, und fast scheint es, als hätte sie die Welt des Alltages hinter sich gelassen und die Wirklichkeit in festliche Erinnerung verwandelt.

Neben Oskar Kokoschka oder Friedensreich Hundertwasser zählt Max Weiler zu den großen, international Max Weiler anerkannten österreichischen Künstlern des 20. Jahrhunderts. 41 (Absam bei Hall 1910 – 2001 Wien)

Schon als junger Maler und Mitglied der „katholischen Reformbewegung“ entwickelte er früh eine eigen- Pflanzen im Winter ständige „spiritualisierte“ Weltanschauung. Er studierte 1930 bis 1937 an der Wiener Akademie bei Karl 1952 Sterrer. Nach dem Kriegsdienst führte er die damals sehr kontrovers diskutierten Wandmalereien in der The- Eitempera auf Papier 64,5 x 61 cm (Passepartout-Ausschnitt) resienkirche auf der Hungerburg (1946/47) sowie die des Innsbrucker Hauptbahnhofes (1954/55) aus. Nach Signiert und datiert Mitte unten: einer großen Einzelausstellung im Landesmuseum Ferdinandeum (1950), setzte mit den Biennale-Teilnahmen Weiler (19)52 des Künstlers in São Paulo (1955) und Venedig (1960) dessen internationale Anerkennung ein. Von 1964 Rückseitig betitelt, bezeichnet und datiert: „PFLANZEN IM WINTER“ EITEMPERA bis 1981 war er Professor für Malerei an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Sein Werk wurde in 1952 zahlreichen Ausstellungen weltweit (Kunstmuseum Bern; Prager Nationalgalerie; Museum moderner Kunst, Provenienz: direkt vom Künstler erworben; Mexico City; Chinesische Nationalgalerie, Peking) sowie 1999 im Wiener Künstlerhaus, der Wiener Akade- Privatbesitz Österreich mie und zuletzt 2010 im Essl Museum in Klosterneuburg sowie 2011 in der Albertina in Wien gewürdigt. Literatur: www.maxweiler.at Vgl.: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. „Pflanzen im Winter“, 1952 entstanden, fällt in eine Phase der Neuorientierung. Die Vermittlung von Natur Das Geistige in der Natur, Wien 2001, S. 170 ff.; und Spiritualität erfolgt nun nicht mehr durch die Kombination mit Figuren der christlichen Offenbarung, Ausstellungskatalog, Max Weiler. Zeichnung sondern wird an den bloßen Dingen sichtbar gemacht. Es kommt zu einer „sich verstärkenden Chiffrierung und Malerei auf Papier 1927 – 2000, Landes­ galerie Oberösterreich, Linz 2000/2001 der Naturphänomene“ 1, wobei Max Weiler die sichtbare Realität in eine Zeichensprache kleidet. Ziel ist es, Abb. S. 133; Ausstellungskatalog, Max Weiler. Malerei „die verborgenen Chiffren der Natur malend aufzudecken und ihren Sinn einem Betrachter darzubieten, der seit 1927. Retrospektive, Künstlerhaus, Wien ihn nicht nur sieht, sondern dechiffriert“ 2. Er soll in den Bildern des Künstlers lesen wie in einem „Buch der 1999/2000, Abb. S. 99; 3 Wilfried Skreiner (Hg.), Max Weiler. Mit einem Natur“ . Dabei geht es darum, das komplexe Gefüge aus Kräften, Relationen und Interaktionen sichtbar zu Werkverzeichnis der Bilder von 1932 – 74 von machen. Die „Natur ist alles andere als eine ‚Gegebenheit’, sie hält sich voller Bewegungen selbst im Gleich- Almut Krapf, Salzburg 1975, Abb. S. 208 f. gewicht. Die innere Pointe dieses Prozesses aber ist die Verwandlung, die Metamorphose“ 4. Die Folge dieser Erkenntnis ist eine zunehmende „Verflüssigung und Entgrenzung des Bildes“ 5, ein Weg den Max Weiler ab den fünfziger Jahren konsequent beschreitet. Gleichzeitig wechselt der Künstler von der Öl- zur reinen Temperamalerei. Er schätzt diese Technik immer mehr, weil die Farben transparenter und luzider erscheinen und nicht nachdunkeln.

Das vorliegende Bild ist in seiner Thematik gleichsam ein Sinnbild der Metamorphose. Die Natur ruht von einer Schneedecke eingehüllt und geschützt, um im Frühjahr zu neuem Leben zu erwachen. Der in unter- schiedlichen Grautönen und in breitem Pinselstrich aufgetragene Bildhintergrund, die verwelkten Blätter und Blüten sowie der weiße Schnee auf den schräg emporragenden Ästen symbolisieren den Winter, doch es ist schon Leben in den Pflanzen. Kräftiges Grün und zartes Lila verweisen darauf. Wie wenn die Rinde der knorrigen Äste abgeschält worden wäre, blicken wir in das Innere, aus dem der Saft von den ersten Sonnen- strahlen angetrieben bis in die äußersten Enden schießen und neue Triebe entstehen lassen wird. Max Weiler erschafft in seinen Bildern eine magische Welt, die uns jedes Mal aufs Neue in ihren Bann zieht.

1 Gottfried Böhm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, S. 171 2 s.o., S. 172 3 Ausstellungskatalog, Max Weiler. Malerei seit 1927. Retrospektive, Künstlerhaus, Wien 1999/2000, S. 20 4 Gottfried Böhm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, S. 173 5 s.o., S. 174

Im 1996 entstandenen Bild bleibt vieles der Phantasie und Intuition des Betrachters überlassen. Es Max Weiler gibt keinen Titel, der einen Anhaltspunkt bietet und es gibt keinen klaren Standpunkt, den man 42 (Absam bei Hall 1910 – 2001 Wien) einnehmen kann, keinen Hinweis auf ein Oben und Unten, auf ein Vorne und Hinten. Dennoch spürt man, dass es sich in dem Bild um die Wiedergabe von natürlichen Vorgängen handelt. Durch Ohne Titel die Farbgebung entsteht ein Gefühl von Wärme und Kälte, durch den unterschiedlichen Pinselduk- 1996 Eitempera auf Leinwand tus werden Zonen des Verharrens, des Strebens nach Oben oder des raschen Auseinanderdriftens 50 x 40 cm geschaffen. Da gehen Farben ineinander über, überlagern einander, ergeben einen neuen Ton Signiert und datiert linker Rand: MWeiler 96 oder reihen sich in zahllosen Schattierungen nebeneinander. Bunte Zonen kontrastieren mit dem weißen Grund und werden in ihren Umrissen von zarten Bleistiftstrichen begleitet und erweitert. Provenienz: Privatbesitz, Wien Aber sind es bloß Farben oder sind es Abgründe, Abhänge, Schluchten, Sonnenaufgänge über Literatur: www.maxweiler.at Berghängen, Feuerzungen, Wasserfälle? Die Liste der Assoziationen ist endlos und durchaus sub- Vgl.: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, jektiv. Im Spätwerk Max Weilers verschränkt sich „das Natürliche mit Affekten, dem Seelischen und S. 341 ff. Geistigen zu einer dichten Wirkungsgröße“ 1. Durch die Interpretationsbreite und den gleichsam auf- oder emporgehobenen Standpunkt des Betrachters verleiht Weiler seinen Bildern eine neue Art von Totalität. „Einzelne Flecken oder Linien wachsen aus dem Bildgrund und entwerfen eine Natur, die von einer durchdringenden und alles bewegenden Energie erfasst ist. Eines ist Alles und Alles ist in diese Kraft der Gestaltung und Umgestaltung einbezogen.“ 2 In dieser späten Bildwelt des Künstlers geht es um das Sichtbarmachen der inneren Kräfte der Natur, um die Darstellung des Lebens an sich, die erst durch den Verzicht auf den Bezug zum Gegenstand gelingt.

„Das Leben ist alles, um des Lebens willen ist alles gemacht, Leben ist das Grundprinzip der Welt. Auch Liebe, Wollust ist uns eingepflanzt, Schönheit, Schönheit der Natur, Landschaft, Erde, Him- mel, Menschengesicht, Kind, Wärme, Sonne, alles, alles, daß wir leben wollen, daß wir angespornt werden zu leben. Dazu ist auch die Kunst da, eine Erhebung der Seele, ein Glanz der grauen Mauer, eine Melodie des öden Windsausens, ein herzergreifendes, auf daß wir leben wollen.“ 3

1 Gottfried Böhm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, S. 174 2 s.o., S. 377 3 Max Weiler, Tag- und Nachthefte, 10.11.1975

Gunter Damisch wurde 1958 in Steyr in Oberösterreich geboren. Er studierte von 1978 bis 1985 Gunter Damisch an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Max Melcher und Arnulf Rainer. Er gilt als einer 43 (geb. Steyr 1958) der Hauptvertreter der „Neuen Wilden“ in Österreich, wie die Protagonisten einer vor allem in der Malerei manifest gewordenen Strömung der achtziger Jahre genannt werden. Diese propagierten Rapshimmelweltwegfeld das Tafelbild als neues altes Medium und betonten dessen spezifische Qualitäten. Bezeichnend 1999 Öl auf Leinwand für diese Richtung sind farbenreiche, mit expressiver Geste gemalte Bilder, welche die der Male- 160 x 140 cm rei genuinen Komponenten offenlegen, indem sie Farbe als Gestaltungsmittel oft auch plastisch Signiert, datiert und betitelt rückseitig: RAPSHIMMELWELTWEGFELD GDamisch hervorheben und den Pinselstrich erkennen lassen. Parallel zu Damischs Gemälden entstanden 1999 G Damisch Rapshimmelweltwegfeld Zeichnungen und Druckgrafiken, gelegentlich auch Skulpturen. Seit 1992 ist Damisch Professor 1999 für Grafik an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Seine meist großformatigen Ölbilder Provenienz: Galerie Hilger, Wien; zeichnen sich häufig durch intensive Farbigkeit und einen ausgesprochen pastosen Farbauftrag Privatbesitz Niederösterreich aus. ihr Formenvokabular erinnert bisweilen an einen Blick durch das Mikroskop, eine Welt voll Literatur: Vgl.: Sylvia Weber, Sabine B. Vogel, kleiner, amöbenartiger „Tierchen“. Gunter Damisch: Teile vom Ganzen, Ausstellungskatalog Museum Würth, Künzelsau, 2012/13 Jeder einzelne von Gunter Damisch zusammengesetzte Bildtitel steht für eine bestimmte Entste- hungsphase und ist auch Kürzel für eine ganze Idee. Der Himmel, leuchtend gelb wie ein Rapsfeld, wird ergänzt durch den Weg und die Welt und so entsteht ein „Rapshimmelweltwegfeld“. Bevöl- kert wird dieses Weltfeld von wild durcheinander flitzenden Formen mit vielen Strahlen, Beinen oder Haaren, wie kleine Sonnen oder Tierchen, in Schwarz, Lila, Grün oder Weiß. Durch dünne Farblinien, die wie die „Tierchen“ behaart sind und kreuz und quer über die Bildoberfläche ver- laufen, wird das Moment der Bewegung noch unterstrichen. Ein wildes Getümmel, von unten nach oben und von rechts nach links, nimmt den Blick des Betrachters gefangen. Pastose Stellen wechseln mit flacheren Partien, durch den reliefartigen Farbauftrag erschließt Damisch den dreidi- mensionalen Raum - ebenso ein Weg die Zweidimensionalität zu überwinden, wie die Bewegtheit der Komposition. Daneben spielt die Farbigkeit eine wichtige Rolle. „Die Farbe eröffnet mir eine weitere Dimension, denn in ihrer Idealform ist die Farbe eigentlich das Gegenteil der Linie. Sie ist aber auch mehr als Fläche, vermag den Raum zu öffnen.“ 1 Das intensive Gelb der oberen Bildhälfte kontrastiert mit dem tiefen Grün im unteren Bereich. Am Übergang zwischen Oben und Unten ist es auf einmal strahlend weiß. Man denkt an Spiegelungen auf einer Wasseroberfläche, die letzten Strahlen eines Sonnenunterganges. Motivisch muss hier nichts entschlüsselt werden, die oben angesprochene Raumöffnung erzielt Gunter Damisch auf jeden Fall.

Seine Bilder befinden sich heute in vielen Sammlungen, er gehört zu den wichtigsten österrei- chischen Künstlern seiner Generation. Von Juni bis September 2013 war in der Albertina in Wien der großformatige Werkzyklus „Macro Micro“ mit über 100 Holzschnitten, Unikatdrucken und Druckcollagen zu sehen.

1 Gunter Damisch, Weltwegschlingen, Hohenems – Wien 2009, S. 158

Bildnachweise:

Kat.Nr. 22: Olga Wisinger-Florian an der Staffelei © by Kunsthandel Giese & Schweiger, Wien

Kat.Nr. 28: Porträt Egon Schiele, Anton Josef Trcka, um 1914 © IMAGNO brandstaetter images GmbH

Kat.Nr. 29: Porträt Carl Moll, Atelier Madame d’Ora Schloss Oberufer bei Pressburg, Familiengut Zsolnay © Österreichische Nationalbibliothek, Wien Vorsatz: Egon Schiele, Bäuerinnen, 1910 (Kat.Nr. 28) Nachsatz: Olga Wisinger-Florian, Blühender Mohn, (Kat.Nr. 22) IMPRESSUM:

Herausgeber und Verleger: Galerie Kovacek & Zetter GmbH A-1010 Wien, Stallburggasse 2 Telefon +43 / 1 / 512 86 36, Fax +43 / 1 / 513 49 57 e-mail: [email protected]

Texte: Mag. Sophie Zetter-Schwaiger, Claudia Kovacek-Longin, Mag. Stefan Rodler, Mag. Sophie Cieslar, Mag. Ina Tempfer, Mag. Jenny Reiter, Mag. Kathrin Macht

Grafische Gestaltung: Tina Knoll

Gesamtherstellung: Graphisches Atelier Neumann GmbH e-mail: [email protected]

Fotonachweis: Galerie Kovacek & Zetter GmbH

Copyright: © 2014 Galerie Kovacek & Zetter GmbH

ISBN: 978-3-9503418-6-7

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