Gendarmerie-General i. R. Otto Rauscher Gendarmerie, B-Gendarmerie, Bundesheer Errichtung von Gendarmerie-Alarmabteilungen Im Herbst des Jahres 1950 fand beim Die Führung der Landesgendarmeriekommando für Ober- Gendarmerie-Alarm- abteilungen oblag österreich in eine Dienstbesprechung dem Landesgendar- statt, an der Sektionschef Dr. Krechler als meriekommandanten Generaldirektor für die öffentliche Sicher- von Oberösterreich, Dr. Ernst Mayr. Im heit, Gendarmerie-General Dr. Kimmel als Bild von links nach Gendarmerie-Zentralkommandant, Gen- rechts: Oberst Preyssl, darmerie-Oberst Dr. Mayr als Landes- Oberst Pernkopf, Oberst Dr. Mayr, gendarmeriekommandant für Oberöster- Major Hirt, reich, Gendarmerie-Major Hirt vom Hofrat Hrubisch, Landesgendarmeriekommando für Ober- Oberst Dr. Schertler, Major Rauscher, österreich, Gendarmerie-Major Bahr vom Oberleutnant

Landesgendarmeriekommando für Steier- Deisenberger. Foto: Archiv mark und Gendarmerie-Major Rauscher die Vereinigten Staaten auch bereit er- gendarmeriekommanden angewiesen, vom Landesgendarmeriekommando für klärt, diese zur Verfügung zu stellen. Die die Einstellung junger Männer zwi- , teilnahmen. personelle Basis sollten die Gendar- schen 18 und 32 Jahren auf der Basis Um Zeitungspolemiken zu vermeiden, merieschulen sein. der Freiwilligkeit - jedoch ohne beson- wurde den Teilnehmern an der Dienst- Für die rasche Aufstellung dieser Alarm- dere Werbung in der Öffentlichkeit - zu besprechung strikte Geheimhaltung zur abteilungen war die Überlegung bestim- betreiben. Diese wurden zunächst als Pflicht gemacht. Sektionschef Dr. Krech- mend, die für außerordentliche Ereignisse „Vertragsbedienstete des Gendarmerie- ler eröffnete dabei den Teilnehmern, dass benötigten Kräfte ohne zeitraubende Kon- dienstes“ einberufen und nach Ablauf die Bundesregierung die Aufstellung zentrierung von Postengendarmen und einer bestimmten Zeit - die Würdigkeit von drei geschlossenen Formationen ohne personelle Schwächung der im vorausgesetzt - als provisorische Gen- unter der Bezeichnung „Gendarmerie- Sicherheitsdienst stehenden Gendarmerie- darmen in das pragmatische Dienstver- Alarmabteilung“ verfügt habe. In jeder posten rasch zur Verfügung zu haben. hältnis übernommen. der drei westlichen Besatzungszonen Die Ausbildung dieser Kräfte hatte Die Dislokation der Gendarmerie- sollte eine „Gendarmerie-Alarmabtei- sich unter Zugrundelegung von zivilen Alarmabteilungen wurde wie folgt verfügt: lung“ errichtet werden. Als Begründung Annahmen wie Häftlingsrevolten, un- - Nr. 1 für Oberösterreich - ohne Mühl- führte er an, dass die staatliche Exekuti- gesetzliches Überschreiten der Bundes- viertel - und Salzburg (Kommandant: ve über keine Reserven verfüge, die bei grenze durch größere Personengrup- Gendarmerie-Major Hirt), außerordentlichen Ereignissen sofort pen, Aktionen subversiver Elemente - Nr. 2 für Steiermark und Kärnten (Kom- eingesetzt werden könnten; die westli- und anderes mehr auf ordnungsdienst- mandant: Gendarmerie-Major Bahr) und chen Alliierten hatten daher die Aufstel- liche Maximen zu beschränken. Da die - Nr. 3 für Tirol und (Komman- lung von Alarmeinheiten im Verbande bestehenden Gendarmerieschulen eine dant: Gendarmerie-Major Rauscher). der Bundesgendarmerie gefordert. Weil zu geringe personelle Stärke aufwiesen Für jede dieser Alarmabteilungen waren Österreich die Mittel für die erforderli- und deren Frequentanten nach Abschluss zwei bis drei Kompanien zu Fuß und eine che einheitliche Ausrüstung mit Waffen der Ausbildung wieder auf ihre Posten motorisierte Maschinengewehrkompanie und Kraftfahrzeugen fehlten, hätten sich einzurücken hatten, wurden die Landes- auf Panzerspähwagen - offiziell als „Gen- darmerie-Fahreinheit“ bezeichnet, vorge- sehen. Die in einem Regimentsverband zusammengefassten Abteilungen wurden Gendarmerie-Oberst Dr. Mayr unterstellt. Der Einsatz war an die Zustimmung der alliierten Befehlshaber gebunden. Die von den Vereinigten Staaten bei- gestellte Ausrüstung umfasste Stahlhel- me, Tornister, Karabiner M-1, einige Ge- wehre M-1 „Long-Rifle“, Panzerspäh- wagen der Type M-8, bewaffnet mit leich- ten Maschinengewehren (je 14 M-8 pro Alarmabteilung) sowie Lastkraftwagen der Typen „Jeep“, „Dodge“ und „GMC“.

Foto: Archiv Für jede Alarmabteilung waren auch Exerzierausbildung in der B-Gendarmerie (1953) im Lager Walchen in der Wattener Lizum. sechs Infanteriegeschütze vorgesehen, die

2 TRUPPENDIENST 4/2002, Beilage aber nie beigestellt wurden. An Nach- richtenmitteln wurden wohl einige Funk- geräte zur Verfügung gestellt, aber jeweils nur anlassbedingt und für kurze Zeit, danach mussten sie wieder abgeführt werden. Alle Fahrzeuge, Waffen und Ausrüstungsgegenstände wurden aber nur leihweise zur Verfügung gestellt; die Vereinigten Staaten behielten sich ein jederzeit auszuübendes Kontrollrecht in allen westlichen Besatzungszonen vor. Die Fahrzeuge behielten den ursprüng- Foto: Archiv lichen olivgrünen Anstrich, waren jedoch Vorbeimarsch der Fahreinheit am 2. Oktober 1951 in Wels. mit der Beschriftung „Gendarmerie“ und linge, die bewaffnet in drei Kolonnen in tungen seitenlange Texte und Bildbe- rot-weiß-roten Begrenzungsmarkierun- Richtung Wels marschierten, anzuhalten, richte über das Ereignis. gen an den Stoßstangen einwandfrei als zu entwaffnen, zu verhaften und wieder Übung und Vorbeimarsch hatten al- Fahrzeuge der österreichischen Bundes- in die Strafanstalt einzuliefern. les verändert, der 2. Oktober 1951 war gendarmerie gekennzeichnet. Der Übungsverlauf selbst fand all- zu einem Lostag in des Wortes wahrster Die erste Tätigkeit der neuen Kräfte um- seits Lob und Anerkennung, wenn- Bedeutung geworden. fasste die Anprobe der Stahlhelme und der gleich die Erwartungen der Führung - Der Bann war gebrochen. Die Alarm- Tornister. Es folgten die Fahrausbildung, die angesichts der bisherigen Unmöglich- abteilungen, in der Öffentlichkeit als B- Handhabung der Waffen und der Umgang keit Verbandsübungen durchzuführen - Gendarmerie bezeichnet, durften end- mit Munition, das geschlossene Exerzieren nicht voll erfüllt wurden. lich ihre Übungen in aller Öffentlich- und die ordnungsdienstliche Schulung. Um 1400 Uhr begann auf der schnurge- keit durchführen und dies in allen west- Weil die Alarmabteilungen die Kaser- raden Bundesstraße 1 in Wels der Vorbei- lichen Besatzungszonen. Für die Belan- nen nicht verlassen durften, war eine sinn- marsch. Den Anfang machte die Fahr- ge der Gendarmerieabteilungen wurde volle ordnungsdienstliche Schulung nicht einheit mit ihren 14 Panzerspähwagen in ein Jahr später beim Gendarmerie-Zen- möglich. Da der amerikanische Befehls- Reihe, dieser folgten die vollmotorisierten tralkommando im Bundesministerium haber mit dieser Art der Ausbildung nicht Kompanien. Sie alle defilierten in muster- für Inneres eine Koordinierungsstelle - zufrieden war, sah man sich zu der Erklä- gültiger Ordnung und Haltung an der Eh- 5/Sch (Schulen) - eingerichtet, deren rung genötigt, dass die den Alarmab- rentribüne vorbei, auf der in der vordersten Aufgabe es war, die für den weiteren teilungen zugedachten ordnungsdienst- Reihe hohe amerikanische Offiziere und Aufbau der Personalstände notwendi- lichen Aufgaben nur erfüllt werden könn- Vertreter der übrigen Westalliierten, da- gen Maßnahmen zentral durchzufüh- ten, wenn Verbandsübungen im Gelände hinter Gendarmerie-Oberst Dr. Mayr als ren. Zur Aufgabe dieser Koordinie- durchgeführt werden dürfen. Regimentskommandant, österreichische rungsstelle 5/Sch gehörte auch die Ein- Der Vorschlag von Gendarmerie-Oberst Behördenvertreter und Gendarmerie-Offi- stellung ehemaliger Heeresoffiziere und Dr. Mayr, im Raum Sattledt eine Verbands- ziere Aufstellung genommen hatten. Heeresunteroffiziere, um die bisher der übung mit allen in der amerikanischen Beiderseits der Paradestraße hatten sich Bundesgendarmerie entnommenen Gen- Besatzungszone dislozierten Teilen durch- erstaunlich viele Zuschauer eingefunden, darmerie-Offiziere und die Unteroffi- zuführen, wurde angenommen und ver- die das Geschehen mit Aufmerksamkeit ziersfunktionen ausübenden Gendar- fügt, dass nach der Übung auch ein Vor- registrierten, aber weder positive noch ne- meriebeamten wieder dem Sicherheits- beimarsch in Wels stattzufinden habe; gative Reaktionen zeigten. Nach Beendi- dienst zuführen zu können. weiters wurde ausdrücklich die Einladung gung der Parade bekundeten der ame- Im Jahre 1849 hat die kaiserliche Ar- der Presse verlangt. rikanische Befehlshaber und die anderen mee die Errichtung der Gendarmerie Am 2. Oktober 1951 - einem wunder- alliierten Vertreter ihre besondere Genug- durch Überstellung besonders qualifi- schönen und milden Herbsttag - war es tuung über den Verlauf der Übung und des zierter Offiziere und Unteroffiziere er- dann so weit. Auf dem „Feldherrnhügel“ Vorbeimarsches, wobei besonders der möglicht. Die Hilfestellung, welche die nahe Sattledt war die rot-weiß-rote Fahne amerikanische Befehlshaber Oberst Dr. Bundesgendarmerie 101 Jahre später weithin sichtbar gehisst. Auf einem Tisch Mayr beauftragte, Dank und Anerkennung dem Bundesheer der Zweiten Republik waren die Karten vom Übungsgebiet für allen Teilnehmern bekannt zu geben. geben konnte, war für sie die Abstat- die Vertreter der Besatzungsmächte und für Am nächsten Tag brachten die Zei- tung einer Dankespflicht. die zahlreichen Journalisten, die der Ein- ladung Folge geleistet hatten, aufgelegt. Einheiten der Als Übungsleiter beantwortete Gendarme- Gendarmerieschule rie-Major Rauscher bereitwilligst die vie- Tirol I (B-Gendarmerie) len Fragen über das Übungsgeschehen. bei der Parade am Die Übungsannahme stützte sich auf 14. Juli 1953 eine umfassende Häftlingsrevolte in der anlässlich des französischen Strafanstalt Garsten. Als Übungsziel war Nationalfeiertages

die Aufgabe gestellt, die etwa 350 Häft- in . Foto: Archiv

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