Z 6796 C • 26. JULI 1962 Nr. 30 • 16. JAHRGANG UNIONirL&eztt&chlaripL INFORMATIONSDIENST der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union

Die „negative Symbolfigur" Der schlechte Stil und das böse Spiel der Sozialdemokraten

-Was die SPD schon seit Jahren mit allen Mitteln der Propaganda versucht wehr hineingezogen wird. Ein Skandal hat, ist bei ihr seit 1959 System geworden. Damals empfahl Bayerns SPD- aber ist es, daß die Sozialdemokraten in Landesvorsitzender Waldemar von Knoeringen seiner Partei die Schaffung ihren Briefen an die Freunde der SPD einer „negativen Symbolfigur" und erklärte damit Bundesverteidigungsmini- in der Bundeswehr' die Soldaten gegen ihren Verteidigungsminister aufhetzen, ster Franz Josef Strauß zur Zielscheibe Nr. 1. Nachstehend wird diese „gene- dessen Politik sie nicht billigen könnten; ralstabsmäßig aufgezogene Verteufelung", betrieben von einer Partei, die sie, die Sozialdemokraten, wollten — selbst mimosenhaft empfindlich ist, aufgewiesen und kritisch untersucht. offensichtlich im Gegensatz zum Minister — gesunde Verhältnisse in unserer Bun- Der parlamentarische Geschäftsführer Dann hat die SPD die Fibag-Affäre auf- deswehr schaffen, die Bundeswehr fest der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. gegriffen. Der Verteidigungsminister war in das Leben unseres demokratischen Heck, hatte bereits am 29. Juni in einer ins Zwielicht eines üblen Geschäfte- Staates miteinbeziehen und eine ver- Betrachtung des „schlechten politischen machers hineinpubliziert worden. Diese nünftige, auf die Erhaltung des Friedens Stils der SPD" zu der Propaganda gegen Verdächtigungen sind schnell in sich zu- gerichtete Verteidigungspolitik entwik- Minister Strauß folgendes ausgeführt: sammengebrochen. Nicht zusammenge- keln (siehe auch UiD Nr. 29/62). Dem brochen dagegen ist die Feindschaft der Verteidigungsminister wird das Gegenteil „Parteifeind Nr. 1 war inzwischen der unterstellt, mit der infamen Geschicklich- Verteidigungsminister der Bundesrepu- SPD gegen den Verteidigungsminister, die keit, die die Agitation der Sozialisten blik, Franz Josef Strauß, geworden. Aus mit offenem und verstecktem Haß weiter agiert. kennzeichnet, seit sie sich für eine Oppo- dem Parteifeind Nr. 1 wurde unter der sition der Umarmung der Regierung ent- Hand auch der Staatsfeind Nr. 1. Strauß Die Art und Weise, in der die SPD schieden haben. In der sozialistischen — ein .bundesdeutscher Kraftprotz'; in der Fibag-Angelegenheit gegen Franz Presse wird dieses Manöver wie folgt be- Strauß — ein .unerträgliches Großmaul',- Josef Strauß nicht nur im Untersuchungs- gleitet: .Hohe Offiziere sind entsetzt über Strauß — ein Mann, .der kalt und aus ausschuß des Parlaments, sondern auch in den Verteidigungsminister'; .Bundeswehr- Freude an der Macht die Aufrüstung for- ihren parteioffiziellen Organen taktierte general erwartet Erklärung von Strauß'. miere'; Strauß — ein .Manager der Macht', und weiter taktiert, stellt unausweichlich Schnell war in der Öffentlichkeit von der ] ,Hindernis für jede Politik der Ent- die Frage, um was es der SPD bei dem .Vertrauenskrise in der Bundeswehr' die spannung und der Verhinderung der Untersuchungsausschuß überhaupt geht. Rede. Krise'; Strauß — eine .Bedrohung und Alle Untersuchungen und Verhandlungen ein Verhängnis'; Strauß — .der atomare dieses Vorganges haben ergeben, daß SPD hat keinen Grund . . . Verteidiger'; .Strauß fehle eine demokra- dem Verteidigungsminister keine Dienst- tische Grundauffassung'; Strauß — eine pflichtverletzung unterstellt werden kann. Die Generale sollten dazu verführt wer- .Gefahr für die junge Demokratie'. Deswegen drängt sich der Schluß auf, daß den, sich gegen ihren Verteidigungsmini- Diese generalstabsmäßig aufgezogene die SPD die Fibag-Angelegenheit nach ster zu äußern. Die Generale aber haben Verteufelung setzte in den ersten Mona- dem tiefenpsychologischen Rezept des ihre Loyalität gegenüber ihrem Minister ten des Wahljahres 1961 ein und gip- Herrn Waldemar v. Knoeringen für bekundet. Das mußten sie, denn dazu felte in der lächerlichen Behauptung, die ihre Werbepsychologie möglichst lange sind sie von den Sozialdemokraten nach- Erler in Hamburg und Ollenhauer in ausquetschen will. Sie scheut vor dieser gerade gezwungen worden. Hätten sie Nürnberg im gleichen Wortlaut vorbrach- Methode nicht zurück, obgleich sie weiß, nämlich zu den Behauptungen der SPD ten: Wer am 17. September Adenauer daß ähnliche Rezepte der Negativ-Wer- geschwiegen, wäre ihr Schweigen als Be- bung gegen den Verteidigungsminister stätigung dieser Behauptungen aufgefaßt wählt, wählt damit auch das Experiment worden. Strauß; seine Wahl aber wäre eine Nie- auch von einer Propaganda angewandt derlage der Demokratie mit unabsehba- werden, mit der weder wir die SPD in Die Parteien haben wahrhaftig keinen ren Folgen. einer Front sehen noch die SPD selbst in Grund — und die Sozialdemokraten am einer Front gesehen werden möchte.". allerwenigsten —, die Generäle der Bun- Zwischendurch fehlte auch nicht der deswehr demokratisch zu schulmeistern. Versuch, den Verteidigungsminister per- Das böse Spiel der SPD Aber der alte Komplex geistert noch im- sönlich zu diffamieren. Man warf ihm mer in ihren Reihen. Die Rolle der Reichs- Ämterpatronage zugunsten seines Schwie- Am 19. Juli griff Dr. Heck noch einmal die Agitation der SPD auf, die, wie er wehr und des Generalobersten v. Seeckt gervaters vor. Die ,Vorwärts'-Redakteure wurde beschworen. Das sterile Mißtrauen, wurden wegen übler Nachrede zu Gefäng- sagt, mit der Bundeswehr „ein böses Spiel" treibt. mit dem die Sozialdemokraten in der nisstrafen und Geldbußen verurteilt. Da- Weimarer Republik der Reichswehr ge- mit war auch diese Sache für die ,Vor- Dr. Heck schrieb: genüberstanden, scheint immer noch nicht wärts'-Redakteure und für das Organ der „Es ist eine schlechte Sache, wenn die SPD erledigt. überwunden zu sein. Die Sozialdemokra- parteipolitische Agitation in die Bundes- Fortsetzung Seite 2 anderes ist nämlich Sinn und Zweck des SPD-Rundschreibens an die Bundeswehr. Die „negative Symbolfigur" Oder wie sind Feststellungen in dem Rundschreiben wie diese anders zu deu- Fortsetzung von Seite 1 tischen Interessen ausnutze, um von au- ßenher Mißtrauen in die Bundeswehr zu ten: ,Wir haben nun einmal kein Ver- ten sollten nicht vergessen, daß ein ge- trauen zu dieser Regierung und ihrem sundes Verhältnis zwischen Politikern tragen, dürfe sie sich nicht wundern, Verteidigungsminister' oder .Weder die und Militär nur dann möglich ist, wenn wenn hohe Offiziere ihr gutes Verhältnis zum Verteidigungsminister bekundeten. Politik des Bundesminister Strauß, noch nicht nur die Soldaten die Politiker re- die Art seiner Amtsführung, noch sein spektieren, sondern auch die Politiker die Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Bundesverteidigungsminister und der politisches Auftreten können von uns ge- Soldaten. Demokratische Schulmeisterei billigt werden' oder der stark nach Auf- verrät lediglich das mangelnde demokra- Bundeswehr liege schließlich im Interesse der Allgemeinheit und des Staates. ruf zur Aufsässigkeit riechende Satz: tische Selbstbewußtsein. Die Bundeswehr /Wir hoffen, daß Sie uns unterstützen, ge- besteht nicht aus .lieben Freunden' der Es ist unseren Lesern aus den Tages- sunde Verhältnisse in unserer Bundes- SPD oder der CDU oder der FDP; die zeitungen bekannt, daß am vergangenen wehr zu schaffen'. Bundeswehr, vom Schützen bis zum Ge- Freitag in einem Gespräch zwischen Bun- neral, sind die Soldaten unseres ganzen deskanzler Dr. Adenauer, der CSU-Lan- Wer versucht nun eigentlich die Bun- Volkes." desgruppe in Bonn und Minister Strauß deswehr in das parteipolitische Getriebe dieser gebeten worden war, sein Amt hineinzuzerren? Wer versucht, die Bun- SPD kommt nicht los als Verteidigungsminister nicht aufzuge- deswehr zur Illoyalität gegen ihren Ober- befehlshaber aufzustacheln, versucht den von ihrer Vergangenheit ben. Nach diesem Gespräch wurde von der CSU ein Komunique veröffentlicht, Gebrauchswert des militärischen Instru- In einer Presseerklärung hat sich am das nachstehend im Auszug folgt: ments der Demokratie in der Hand sei- 19. Juli auch die Christlich Soziale Union ner Führung herabzusetzen?" „Der Vorstand der CSU-Landesgruppe zu Wort gemeldet und festgestellt, daß „Kieler Nachrichten", 21. 7. 1962 die SPD „nach ihrer formalen Kehrtwen- hat sich im ersten Teil der Sitzung mit dung in der Wehrpolitik innerlich noch dem Verlauf der weiteren Beratungen des kein positives Verhältnis zur Bundeswehr Fibag-Ausschusses beschäftigt. Er dringt Verschobene Grundlagen auf schnellste Erledigung dieses durch- gefunden" habe. Diese Tatsache sei wie- „Haben sich die Generale in unrecht- der einmal offenkundig geworden durch sichtigen parteipolitischen Manövers, das nicht nur geeignet ist, die Institution mäßiger Weise in die Politik gemischt, w« die Äußerungen der SPD-Bundestagsab- es vielfach behauptet wird? Sie haben Wj geordneten Erler und Jahn zur Loyalitäts- des parlamentarischen Untersuchungsaus- schusses in Mißkredit zu bringen, sondern nicht! Einmal gehört die Loyalität zu erklärung der Generäle für Bundesvertei- darüber hinaus auch zum öffentlichen Bundesrepublik (die schließlich doch auch digungsminister Strauß." Die CSU erklärte Ärgernis geworden ist. den nach demokratischen Spielregeln be- ergänzend dazu, die Einstellung weiter rufenen Bundesverteidigungsminister um- Kreise der SPD zur Bundeswehr scheine Der Vorstand der CSU-Landesgruppe faßt) zu den im Wehrgesetz verankerten überwiegend noch von Ressentiments aus hält es unter den gegebenen politischen Voraussetzungen. Zum anderen: Wer früheren Zeiten gegenüber der bewaffne- Verhältnissen für erforderlich, daß Dr. h. c. sollte denn in der Lage sein, das seit ten Macht im Staate bestimmt zu sein. Franz Josef Strauß im Bundeskabinett Wochen ausgestreute Gerücht von einer Wenn die SPD gesteuerte Presseberichte verbleibt, um seine verantwortungsvolle Vertrauenskrise zwischen Strauß und sei- und die Fibag-Affäre für ihre parteipoli- Arbeit fortzuführen." nen Offizieren zu widerlegen, wenn nicht diese selbst. Diejenigen, die fordern, daß die Generale zu schweigen hätten, weil es sich um eine politische Frage drehe, Gegen die „Abschußkanonade" verschieben doch die Grundlägen inso- fern, als dann nur irgendwelche unkon- Bemerkenswert ist, wie scharf spaltung' kann es nicht wundernehmen, daß man immer wieder einmal auf dem trollierbaren Kräfte behaupten dürften, es und eindeutig die sozialdemo- falschen Fuß Hurra ruft: Die SPD lehnte bestehe eine Vertrauenskrise, und die kratische Agitation in vielen den Wehrhaushalt ab. Sie sah sich aber wirklich damit in Zusammenhang ge- Zeitungen verurteilt wird. gezwungen, durch ihren Militärexperten brachten Persönlichkeiten die Wahrheit nicht sagen und die Lügen nicht entlar- Einige Beispiele seien hier an- zu erklären, daß diese politische Entschei- dung nichts ,an unserem positiven Ver- ven dürften." geführt: hältnis zur Bundeswehr und unserem Be- „Rhein-Zeitung", 21. 7. 1962 kenntnis zur Landesverteidigung' ändert. „Bewußtseinsspaltung" Was die Loyalitätserklärung der Gene- Interessierte Mißtrauensverbreiter rale angeht, so wirkt auch hier die so- „Die Loyalitätserklärung, die die Gene- zialdemokratische Antwort wie Theater- „Zum Tatbesland ist anzumerken: JTi rale der Bundeswehr für den Verteidi- donner. Aus ihrem Grollen soll wieder Behauptung, auch in der Bundeswehr se gungsminister abgegeben haben, hat die eine Warnung an .politisierende' Gene- das Vertrauen zu Franz Josef Strauß ver- deutsche Sozialdemokratie veranlaßt, ei- rale herausgehört werden. Ob das über- lorengegangen, ist von den interessier- nen schrillen Alarmschrei auszustoßen. zeugt, ist zu bezweifeln. Die Generale ten Mißtrauensverbreitern selber aufge- Der höchste Offizier der Bundeswehr hat sollen als Zielscheibe für jene dienen, stellt worden. Sie haben also provoziert, sich nach Auffassung der Oppositionspar- die nicht in der Lage sind, die militärische was sie jetzt — die östliche Praxis sollte tei in politische Angelegenheiten einge- Situation von heute zu deuten. Es ist un- doch schrecken! — als eine Provokation mischt. Die Sozialdemokraten haben es erträglich, wie wegen parteipolitischer betrachten wollen, nämlich die öffentliche schwer mit ihrer Militärpolitik. Da sind Interessen ständig die Generale angegrif- und berechtigte Richtigstellung derer, die viele alte Genossen, die immer noch an fen werden. Verteidigungspolitik darf sich in ein schiefes Licht gebracht sehen der Spitze des Fortschritts zu marschieren nicht mit Parteipolitik verwechselt wer- Zu der Bitte aber an Strauß, sein Amt glauben, wenn sie gegen eine Armee den." nicht aufzugeben, sind die Soldaten wohl sind. Die Partei muß sie deshalb hin und „Frankfurter Allgemeine Zeitung", als erste legitimiert, weil sie von dem, wieder streicheln. Da sind aber auch die 20. 7. 1962 Amtsübergang auf einen noch sachunkun- Wähler, vor allem die, die man zu sich digen Mann, von einem Interregnum ad herüberziehen möchte, welche nüchtern Begriffsverwirrung diesem Posten in krisenhafter Zeit, aud' als erste betroffen würden. Ihre Sorge! über die Notwendigkeit eines Wehrbei- „Es ist merkwürdig, wie sich im politi- trags denken. Weiter haben die Ereig- gilt der Verteidigungsfähigkeit des Lan-j schen, auch im staatspolitischen Denken des, ihre Loyalitätserklärung und Verblei- nisse des 17. Juni 1953, dann Ungarn die Begriffe sofort zu verwirren begin- bens-Bitte einzig und allein dem bewähr- und schließlich der 13. August einigen nen, wenn parteipolitische Interessen sich ten Sachwalter. praktischen Unterricht darüber gegeben, zu Wort melden. Im Nu verwandelt sich daß politische und militärische Bereit- dann schwarz in weiß und umgekehrt. Mit der Unterstellung, hier hätten sieb schaft einander ergänzen müssen. Das Di- Die SPD empört sich über die Vertrau- die Sprecher der Soldaten in die Politik lemma der Partei drückt sich am kras- enskundgebung der Generale zu Strauß, oder gar in die Fibag-Untersuchungefl sesten in ihrem ,Ja' zu Divisionen und sie selbst aber findet es völlig in Ord- einmischen wollen, zeigen jene Kritiketl den ,Nein' zur atomaren Bewaffnung aus. nung, das Vertrauen der Bundeswehr zu nur, daß ihnen die wehrpolitischen Scha-f Bei dieser militärischen .Bewußtseins- Strauß zu untergraben. Das und nichts Fortsetzung Seite <> Noch nicht klüger rm-uf ein Z&& Ott Hessens SPD mal für - mal gegen die Briefwahl Liebe Freunde, Kurz bevor der hessische Landtag die Parlamentsferien begann, erfüllte sich mit dem Wort „historisch" soll man die SPD/BHE-Mehrheit gegen die Stimmen der CDU und FDP sozusagen einen gewiß sparsam umgehen. Zu den sel- Herzenswunsch: sie lehnte in dritter Lesung einen Gesetzentwurf ab, der die tenen Gelegenheiten, die diese große Einführung der Briefwahl zur Landtagswahl vorgeschlagen hatte. Note verdienen, gehört aber sicherlich die von de Gaulle so symbolkräitig, taktvoll und großzügig durchdachte Das Für und Wider der Briefwahl war rade begeistert darüber, diesem Lob eines im hessischen Landtag ausgiebig disku- Darstellung der deutsch-französischen eigenen Parteigenossen für die Briefwahl Aussöhnung und Verständigung aus tiert worden, denn schon seit Oktober gegenübergestellt zu werden. Sie ließen 1961 lag ein entsprechender Entwurf der Anlaß des Besuches des deutschen sich allerdings auch davon nicht überzeu- Bundeskanzlers. Es war die Ernte von CDU-Fraktion vor. U. a. war in „Union gen, sondern stimmten im Sinne der Par- in Deutschland" vom 11. März 1962 mehr als einem Jahrzehnt einer ge- teitaktik ab. Vergleiche mit früheren duldigen, zähen, kontinuierlichen Poli- (Nr. 11) darüber berichtet worden, daß sich Wahlen zeigen, daß der Anteil der Brief- die SPD mit dem Argument gegen die tik. Sie schlug eine Brücke über den wähler vor allem in den Altersstufen von Graben, den Jahrhunderte geschaffen Briefwahl sträubte, hierbei sei die Fehler- 21 bis 25 Jahre sehr stark ist und dann quelle zu hoch und außerdem werde nur hat. Sie allein schon würde dem Na- wieder die Wähler etwa ab 70 Jahre von men Adenauer geschichtlichen Rang bei normaler Wahl im Stimmlokal das dieser Art der Stimmabgabe Gebrauch sichern. Wahlgeheimnis gewahrt. Was von die- machen. Aber auch der SPD ist bekannt, sem taktischen Nein der Sozialdemokra- daß gerade in diesen Altersstufen die Wie sieht dieses Ereignis, dessen ten zu halten ist, wird bei einem Ver- CDU am beständigsten geblieben ist: Grundgedanken sich kein vernünftiger gleich der Stimmabgabe zur Bundestags- z. B. bekannten sich die weiblichen Wäh- Mensch in beiden Ländern wider- wahl des Jahres 1961 deutlich: die SPD ler in Schleswig-Holstein (jeweils Bun- setzen wird, im offiziellen Organ der fand unter den Briefwählern in Hessen destagswahl 1961) zwischen 21 und 30 SPD, dem „Vorwärts" aus? Da steht ir einen Anteil von 33,6 v. H. für ihre Jahren mit 46 v. H. zu der CDU, die in der Nummer vom 18. Juli eine be- Jhrtei, bei den übrigen Wählern jedoch männlichen Wähler der gleichen Jahr- zeichnende Karikatur: Adenauer und 43,5 v. H. gänge mit 41 v. H.; in Bayern entfielen de Gaulle mit schwarzen Brillen sind Zu dem Hinweis, die Fehlerquote sei von je 100 männlichen Jungwählerstim- vor einem Theater im Gespräch, ein- zu hoch, ist zu sagen, daß 1961 nur jeder men 55 auf die CSU, von je 100 weib- sam und allein, außer einem präsen- 30. Briefwähler einen Formfehler bei der lichen Jungwählerstimmen sogar 61. tierenden Gardisten. Breit ist über den beiden ein Reklameband gespannt, Ausfüllung des Stimmzettels beging — Zwar ist Hessen nicht unbedingt mit insgesamt waren es 2,2 Millionen Wahl- das den Film ankündigt, der soeben Schleswig-Holstein oder Bayern zu ver- gelaufen ist. Es lautet: „Niederlage scheine, die zur letzten Bundestagswahl gleichen, aber die letzte Bundestagswahl ausgegeben worden waren. Also besteht Europas. Deutsch-französische Ko-Pro- ließ in Hessen erkennen, daß der Anteil duktion. Regie: Ch. de Gaulle. Ver- bei den Wählern großes Interesse für der BHE-Stimmen trotz des Zusammen- diese Art der Stimmabgabe. leih: Ch. de Gaulle. Produktion: Ch. gehens mit der Deutschen Partei um rund de Gaulle. Assistenz: K. Adenauer." Wenn jetzt die SPD in Hessen in dritter ein Drittel abnahm — ein Stimmenver- Dazu das Lothringer Kreuz, das der Lesung mit den erwähnten Kritik die lust, der durch den Stimmenzuwachs der Zeichner geschmackloserweise zur Ka- ßriefwahl ablehnte, so mußten sie sich SPD nicht aufgefangen werden konnte. rikatur heranzieht. vom Vorsitzenden der CDU-Landtagsfrak- Zur Zeit verteilen sich die Mandate im tion, Dr. Großkopf, beweisen lassen, daß hessischen Landtag in folgender Weise: Die Leute im „Vorwärts" haben ein ihre Argumente offenbar nur dort vorge- SPD 48, CDU 32, FDP 9 und BHE 7. merkwürdig kurzes Gedäclitnis. Es ist bracht werden, wo sie als Werkzeug die- Das muß nicht so bleiben; daher wollte noch gar nicht so lange her, genau bei nen sollen, um die Macht der eigenen die SPD auf Nummer sicher gehen und den Anfängen der Politik, die zum Partei zu sichern. Dr. Großkopf verlas ei- würgte die Briefwahl ab. Ob dies und Tag der deutsch-französischen Versöh- nen Wählerbrief, der für die Briefwahl manches andere vom Wähler honoriert nung geführt hat, da versuchte die warb. Dort hieß es u. a.: wird, muß sich am 11. November erst SPD mit allen Kräften die entschie- „Wählen kann jeder! Briefwahl nennt noch zeigen. dene Europa-Politik der CDU und der man das, und die Post besorgt die Wahl- Regierung Adenauers zu verhindern. stimme richtig zur Urne, so daß sie mit- Auch in Berlin . . . Der Film, den damals die SPD außen- wählt wird, wenn über das Schicksal der politisch zu inszenieren versuchte, war putschen Politik am 17. September ent- Auch in Berlin beschäftigte man sich mehr als „Niederlage Europas". Er schieden wird. Jeder sollte diese Möglich- vor kurzem mit der Briefwahl zur Wahl hätte den Titel „Das Ende der euro- keit nutzen, der verhindert ist, selbst in des Abgeordnetenhauses am 17. Februar päischen Freiheit" oder „Das Ende sein Wahllokal zu gehen." des nächsten Jahres. Wieder waren es Europas" getragen. die Vertreter der SPD, die einstimmig im Wir sind von dieser sozialistischen Dann folgt eine Reihe von Beispielen, Innenausschuß des Abgeordnetenhauses wann man von der Briefwahl Gebrauch Produktion — Regie und Verleih: den Vorschlag der CDU-Fraktion zur Ein- Wehner und Genossen — verschont machen kann. Dieser Wählerbrief stammt führung der Briefwahl ablehnten. Dazu nicht etwa von einem Abgeordneten der geblieben. Wir können es nicht ver- schrieb der „Rheinische Merkur" in seiner hindern, daß die SPD — um beim Bild CDU, sondern von einem Bundestagsab- Ausgabe vom 13. Juli 1962 u. a.: geordneten der SPD, der auch noch aus der Filmwirtschaft zu bleiben — un- Hessen stammt, nämlich dem SPD-Mann „Die offizielle Begründung der SPD sere Erfolgsfilme „Europa" und „Ver- Karl Wittrock! Die hessischen Landtags- lautete, die Wahlen müßten gerade in teidigung durch NATO" kopiert. Aber abgeordneten der SPD waren nicht ge- Berlin absolut .lupenrein' sein, und das wir werden sehr deutlich ihrem Wahlgesetz sollte nicht gegen Ende einer schlechten Gedächtnis nachhelfen, Legislaturperiode abgeändert werden. Die wenn die Dinge so auf den Kopf ge- 34 : 1,1 wenigen Prozent von Berlin abwesender stellt werden wie im „Vorwärts". Mitbürger würden die Wahlbeteiligung Als „einmalige Sondermaßnahmen zur gegenüber der von 1958 (92,5 v. H.) ge- Ihr Konrad Kraske Verbesserung der Lage bäuerlicher Fa- wiß nicht herabdrücken — und im übrigen milienbetriebe" hat die Bundesregierung könnten sie ja zu Hause bleiben. außerhalb des Grünen Plans dem Land SPD ähnliche höchstrichterliche Belehrun- In Wirklichkeit dürfte es wohl mehr gen nicht zu fürchten. Denn wegen des Niedersachsen einen Betrag von rund darum gehen, daß die Ergebnisse der 34 Millionen DM zugewiesen. Einzelne alliierten Vorbehaltes, daß Berlin nicht Briefwahl für die Sozialdemokraten we- vom Bund (direkt) regiert werden dürfe, dieser Sondermaßnahmen erforderten niger günstig zu sein pflegen als der eine Beteiligung des Landes, die rund kann das Bundesverfassungsgericht in Durchschnitt. Und während die in ihren Berlin Angelegenheiten nicht entscheiden. 1,1 Millionen DM betragen hat. Die außer- Bürgerrechten beeinträchtigten, am Ab- planmäßige Hilfe des Bundes steht also Das nützt die SPD weitgehend aus, wäh- stimmungstag verreisten Wähler anderer rend sie sonst, in patriotischer Manier, zu den Leistungen des Landes in einem Bundesländer das Bundesverfassungs- Verhältnis von 34:1,1. stärkere Eingliederung in die Bundes- gericht anrufen können, hat die Berliner republik fordert." keiten zur beruflichen Fortbildung nutzen würden. Außerdem sei der neue Haushalt Berufsfortbildung verstärkt des Bundes bereits verabschiedet. In die- Bundesregierung legt neues Förderungsprogramm vor sem Haushaltsplan stehen Mittel in Höhe von 5 Millionen DM zur Durchführung Das „Honnefer Modell des kleinen Mannes" nannte Staatssekretär Claussen des institutionellen Förderungsprogramms. vom Bundesministerium für Arbeit- und Sozialordnung am 24. Juli 1962 eine Zusätzlich sind für die letzten Monate des geltenden Haushaltsjahres vorerst Aktion des Ministeriums, die eine stärkere berufliche Fortbildung für Ange- weitere 5 Millionen DM für das indivi- stellte und Facharbeiter ermöglichen wird. duelle Förderungsprogramm eingeplant. Das Bundesministerium hat Richtlinien auch das Bundeswirtschaftsministerium, Obwohl diese Tatsache unschwer fest- entwickelt, nach denen der genannte Per- das Innenministerium und das Bundes- zustellen ist, hat die SPD durch ihren sonenkreis ab sofort Beihilfen für die ministerium der Finanzen beteiligt. Bundestagsabgeordneten Prof. Schellen- Teilnahme an beruflichen Fortbildungs- In der Pressekonferenz war ausdrück- berg bereits die neuen Maßnahmen der lehrgängen erhalten kann. Zuständig für lich darauf hingewiesen worden, daß die Bundesregierung als zu gering kritisiert, das Genehmigungsverfahren ist das Ar- erforderlichen Mittel für dieses neue da auf jeden Beschäftigten nur ein Gro- beitsamt im Wohnort des Antragstellers. Programm noch nicht fest umrissen wer- schenbetrag entfalle. Die Kritik der SPD Sinn der neuen Förderungsmaßnahmen den könnten, da man zunächst abwarten hat sich damit wieder einmal eindeutig der Bundesregierung ist die Unterstützung wolle, in wie großer Zahl die Angestell- charakterisiert: Es geht der Opposition tüchtiger Angestellter und Facharbeiter, ten und Facharbeiter die neuen Möglich- um bloße Stimmungmache! die nicht aus materiellen Gründen von der beruflichen Fortbildung ausgeschlos- sen werden sollen. Wie bereits u. a. im Heimkehrergesetz und auch im Flücht- Ungeeignet für die Jugend lingshilfegesetz niedergelegt, soll die be- rufliche Fortbildung auch in die allge- meine Sozialpolitik Eingang finden. Das Kritik an Bauer-Broschüre: Verwirrend für die Schüler im Grundgesetz gewährleistete Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch Der hessische Generalstaatsanwalt Dr. Bauer (SPD) hat der Jugend keinen im Beruf wird dadurch verwirklicht. guten Dienst erwiesen. In einer Broschüre mit dem anspruchsvollen TilJ^ Die Bundesregierung hatte schon in der „die Wurzeln faschistischen und nationalsozialistischen Handelns", die füi Regierungserklärung des Jahres 1957 und Jugendliche bestimmt ist, hat er ein Geschichtsbild gezeichnet, das den Anfor- im Bericht über die Lage des Mittelstan- derungen objektiver Betrachtung nicht entspricht und daher zur Verbreitung des vom Jahre 1960 auf die Notwendig- unter der Jugend denkbar ungeeignet ist. keit einer allgemeinen Förderung der beruflichen Fortbildung aufmerksam ge- Während einer Arbeitstagung des Lan- hundert eine sklavische und knechtische macht. Im Rechnungsjahr 1959 waren im desjugendringes Rheinland-Pfalz im Ok- Gefolgschaft den Volkscharakter geprägt Haushaltsplan des Arbeitsministeriums tober 1960 hielt der hessische General- habe. Für den Zug zum Autoritären in erstmals Mittel bereitgestellt worden, die staatsanwalt Dr. Bauer ein Referat über der deutschen Geschichte wurden von dem als Zuschüsse und Darlehen an die Trä- die geistigen und soziologischen Gründe, Sozialdemokraten die katholische Kirche ger beruflicher Fortbildungseinrichtungen die zu Hitlers Machtergreifung führten. mit ihrem hierarchischen Aufbau und der vergeben wurden. Diesem institutionellen Dabei versuchte er nachzuweisen, daß die Protestantismus mit seiner lutherischen Förderungsprogramm folgt nun ein indi- Terrorherrschaft Hitlers sozusagen die Vorstellung von der Obrigkeit verant- viduelles Förderungsprogramm. An den logische Entwicklung deutscher Geschichte wortlich gemacht. Vorbereitungen waren neben dem sei. Denn nach Bauer gehört Deutschland Diesen Vortrag hat der Landesjugend- beim Bundesarbeitsministerium gebildeten zu den sogenannten faschisierten Län- ring als Broschüre drucken lassen und Sachverständigenkreis für diese Fragen dern, in denen schon seit dem 16. Jahr- 2000 Exemplare davon dem Kultusmini- sterium in Mainz zur Verteilung an den Schulen angeboten. Das Ministerium hat diese Broschüre von Historikern und Pä- Dr. Meyers wiedergewählt dagogen gründlich prüfen lassen und mußte auf Grund dieses Gutachtens die CDU/FDP-Koalition an Rhein und Ruhr Verteilung an den Schulen ablehnen. Der neugewählte Landtag von Nordrhein-Westfalen hat in seiner ersten Die Ablehnung der Bauerschen Bro-i schüre durch das Kultusministerium hatif Sitzung am 23. Juli Ministerpräsident Dr. als Regierungschef die SPD-Fraktion des Landtages in Rho/' wiedergewählt. 109 Abgeordnete der CDU und FDP gaben ihm ihre Stimme. land-Pfalz zum Gegenstand einer große^ Der Gegenkandidat der SPD, Kühn, unterlag mit 87 Stimmen. Anfrage gemacht, in der sie Auskunft darüber verlangte, welche Gründe das Zum neuen Landtagspräsidenten wurde über den Sozialdemokraten, die mit 90 Ministerium veranlaßt hätten, „eine Be- auf Vorschlag der CDU-Fraktion der Abgeordneten in den Landtag eingezogen lebung der Diskussion um die Frage del Landtagsabgeordnete Johnen, Vorsitzen- sind. Der sozialdemokratische Opposi- politischen Vergangenheit unseres Volke? der der CDU Rheinland, wiedergewählt. tionsführer Kühn hatte in der vergange- in den Oberstufen unserer Schulen zu Die neue Landesregierung wird aus nen Woche vor Pressevertretern in Düs- verhindern." Sie versprach sich von die 8 CDU- und 2 FDP-Ministern bestehen. seldorf orakelt, die jetzige CDU/FDP- ser Aktion offenbar einen Wahlschlager Obwohl die Ministerliste noch nicht voll- Landeskoalition werde nicht länger als für den in diesem Land demnächst begin zählig ist, hat die CDU-Fraktion folgende ein Jahr halten. Er erneuerte sein Koali- nenden Wahlkampf. Minister genannt: Pütz (Finanzministe- tionsangebot an die CDU und sagte der In der Aussprache bescheinigten Mini rium), Grundmann (Arbeits- und Sozial- FDP einen entschiedenen Kampf an. Die ster Orth und die Sprecher der CDU und ministerium) und Niermann (Landwirt- FDP, so meinte Kühn, werde schließlich FDP dem Verfasser der Broschüre, der schaftsministerium). Ferner ist es sicher, aus allen Parlamenten verschwinden. Im persönlich schwer unter dem Nazi-Regime daß der 38jährige Gerd Lemmer das nordrhein-westfälischen Landtag werde zu leiden hatte, daß seine Schrift wegen Ministerium für Bundesangelegenheiten die SPD die alten, von der CDU abge- der vielen Mängel gänzlich ungeeignet übernimmt. Der 37jährige ordentliche lehnten FDP-Anträge in Schulfragen, ist, der Jugend als Diskussionsbeitrag in Professor der juristischen Fakultät der wortgleich einbringen. Die „Rheinische die Hand gegeben zu werden. Die Redner Universität Würzburg, Dr. Paul Mikat, Post" schrieb am 21. Juli zu der Absicht wiesen daraufhin, daß es zwar einem ge- ist als Kultusminister vorgesehen. Das Kuhns, um jeden Preis die Oppositions- schulten Historiker möglich sei, sich mi> Innenministerium wird vom FDP-Landes- mit der Regierungsbank zu vertauschen: einer so einseitigen Polemik wie der von vorsitzenden Weyer und das Wirtschafts- „Kuhns kühnster Traum — Regierung Dr. Bauer auseinanderzusetzen, daß abe' ministerium von Dipl.-Ing. Kienbaum ohne Opposition — wird hoffentlich in den Köpfen junger Menschen Fehl (ebenfalls FDP) besetzt. nicht in Erfüllung gehen. Das wäre auf urteile hervorgerufen werden müssen Im neuen Landtag verfügten die CDU die Dauer das Ende der parlamentarischen wenn man ihnen mit der Autorität de' mit 96 und die FDP mit 14 Sitzen über Demokratie, die ohne die motorische Kraft Schule eine höchst subjektive Geschichts- eine genügend breite Mehrheit gegen- der Opposition zum Tode verurteilt ist." betrachtung an die Hand gibt. Willy contra Willy Berliner Bezirksbürgermeister trotzt erfolgreich dem „neuen Kurs"

Willy Brandt hat in der seit Jahren andauernden Auseinandersetzung mit berg auf, eine Kreisdelegiertenkonferenz dem linken Flügel der Berliner SPD eine schwere Schlappe erlitten. Es gelang einzuberufen, auf der die Abberufung ihm nicht, in seiner Partei eine Mehrheit gegen den Kreuzberger Bezirks- Kressmanns von seinem Posten als Be- zirksbürgermeister durchgesetzt werden bürgermeister Kressmann zu finden, der der bei einem Amerika-Besuch poli- sollte. Kressmann ahnte Böses, er hatte tische Ansichten vertrat, die der offiziellen Berlin- und Deutschlandpolitik der schon eine Abschiedsrede in der Tasche. SPD genau entgegengesetzt sind. Seine Ahnungen trogen ihn aber, denn mit knapper Mehrheit wurde der Wunsch Anfang Juni befand sich Kressmann auf mittiert hatte, zu lösen. Gründe dazu des SPD-Landesausschusses und der einer politischen Informationsreise in den waren genug vorhanden. Wille Willy Brandts abgelehnt. Kress- USA. Was er dort den Amerikanern als politische Ansichten eines Berliner SPD- # Im Juli 1956 mußte der Berliner Senat mann wurde nicht abberufen. Statt dessen Bürgermeisters vortrug, löste in der deut- ausdrücklich das Verhalten Kress- wurde beschlossen, erst ein Parteiord- schen Öffentlichkeit Empörung und Wi- manns mißbilligen, der für eine sowje- nungsverfahren, das inzwischen eingelei- derspruch aus. Denn Kressmann hatte tische Touristengruppe einen feuchtfröh- tet war, abzuwarten. Parteiordnungsver- nach Agenturmeldungen erklärt: Die Ber- lichen Wodka-Empfang mit Tanz im fahren in der SPD können unter Umstän- liner Mauer sei lediglich das Ergebnis Kreuzberger Rathaus veranstaltet hatte. den länger andauern als politische Pro- politischer Fehler von Ost und West. Zur Ein Senatssprecher bezeichnete damals gramme. Damit hatte der Bezirksbürger- Wiedervereinigung soll Kressmann ge- den Empfang als „ungewöhnlichen politi- meister Willy Kressmann über den Re- meint haben, er hasse schon das Wort schen Fehltritt". gierenden Bürgermeister ge- siegt. Wiedervereinigung, dessen Sinn es nur # Im September 1959 hatte sich der Lan- sei, Vergangenes wiederherzustellen. Es desvorstand der Berliner SPD mit gelte aber ein neues Deutschland zu einer anderen politischen Entgleisung Willy Brandt fällt um schaffen, das sich sowohl von der Sowjet- Kressmanns zu beschäftigen. Kressmann feone als auch von der Bundesrepublik war vorgeworfen worden, im Zusammen- Die Berliner CDU, die zunächst den unterscheide. Seine Vorschläge zur Wie- hang mit der Mai-Feier vor dem Reichs- Ausgang der parteiinternen Streitigkeiten dervereinigung, die er den Amerikanern tagsgebäude in Westberlin von „Kalten in der SPD abgewartet hat, erklärte am unterbreitete, entsprachen weitgehend so- Kriegern" gesprochen zu haben. Diese 12. 7. zu dem Hin und Her über Kress- wjetischen Vorstellungen von einem neu- Verleumdung, die dem Sprachschatz der mann: „Die SPD weicht offensichtlich aus tralisierten Deutschland. Um das Maß SED-Zeitungen entliehen zu sein schien, parteiinternen Gründen der Entscheidung vollzumachen, beleidigte Kressmann auch veranlaßte den SPD-Landesvorstand nur aus, ob Kressmann nach seinem für Berlin noch die Zonenflüchtlihge, die oft unter dazu, Kressmann „seine politische Miß- schädlichen Verhalten noch weiter als Einsatz ihres Lebens, die Flucht in die billigung" auszusprechen. Wie ein SPD- hoher Wahlbeamter tätig sein kann. Für Freiheit wagten. Kressmann sagte: Um Sprecher dazu begütigend mitteilte, wiege Berlin ist es unerheblich, ob sich Kress- keine neuen Flüchtlinge zu haben, müßte eine „Mißbilligung" viel schwerer als mann im Sinne der SPD parteischädigend der Interzonenhandel zwischen der Bun- eine Rüge. Im übrigen sprach der Landes- verhalten hat. Entscheidend ist, daß er desrepublik und dem kommunistisch re- vorstand die Erwartung aus, daß sich ein dem Ansehen Berlins und den Interessen gierten Teil Deutschlands ausgebaut wer- solcher Vorfall nicht wiederhole und be- der Bevölkerung zuwidergehandelt hat." den, so daß die Menschen, die heute in trachtete die Angelegenheit als abge- der Zone leben müßten, nicht mehr aus schlossen. Willy Brandt paßte sich sofort der ver- wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat ver- änderten Frontlage an. In einer Zuschrift lassen würden. # Gleich darauf, im Oktober 1959, mußte sich der Landesvorstand erneut mit dem an den Berliner Informationsdienst „Ber- liner Briefe" schrieb er: „Es trifft nicht Die Reaktion darauf war in der Bun- Genossen Kressmann befassen, der nach Zeitungsmeldungen auf einer Parteiver- zu, daß ich entschlossen wäre, den Aus- desrepublik einhellig. In der deutschen schluß von Herrn Kressmann aus der Presse wurden die Äußerungen verurteilt sammlung gesagt haben sollte: Es gibt und die SPD aufgefordert, nun endlich viel Gemeinsames zwischen dem Kom- SPD zu verlangen oder zu wünschen." Er die Konsequenzen zu ziehen, und sich munismus und der Sozialdemokratie. nahm Bezug auf eine Meldung des glei- von Kressmann zu lösen. Kressmann dementierte diese Äußerung. chen Dienstes vom 13. 7. der berichtete: Der Berliner Landesvorstand verzichtete „Die vom SPD-Landesvorstand ad hoc Kressmanns Sündenregister deshalb auf ein Partei-Feststellungsver- fahren, er rügte jedoch die „ständigen eingeleiteten Maßnahmen, um Kressmann Der SPD blieb daher nichts anderes Unklarheiten und Zweideutigkeiten in von seinem Bürgermeisterstuhl in Kreuz- den Erklärungen Kressmanns". berg und aus der Partei zu vertreiben, übrig, als von Kressmann abzurücken. In sind durch die Kressmann-Freunde in vorsichtiger Form erklärte zunächst der Auf Grund dieser Erfahrungen brauchte Kreuzberg erfolgreich und spektakulär SPD-Sprecher am 13. 6., daß der SPD-Vor- Kressmann, als er von seinem Amerika- gestoppt worden. Dadurch hat das An- stand in Bonn sich von den Erklärungen besuch im Juni zurückkam, sich keine sehen des SPD-Landesvorstandes keines- Kressmanns distanziert habe. Die Bemer- übertriebene Sorge um seine Existenz als wegs gewonnen, weil öffentlich erneut kungen Kressmanns etwa über die Ent- SPD-Politiker zu machen. Denn der linke die Frage gestellt wird, wie stark dem. stehung der Mauer in Berlin und die ver- Flügel, dem er angehört, hatte sich ja schiedenen Aspekte der Wiedervereini- die Berliner SPD-Führung eigentlich sei, bisher immer wieder als stark genug er- und ob sie sich überhaupt auf ein breites gung könnten in der SPD-Politik keine wiesen, um den Bannstrahl der Partei ab- Stütze finden. Vertrauen in den unteren Organisationen zuweisen. Doch diesmal stand es ärger stützen könne." Willy Brandt meinte da- Die Berliner SPD schien wesentlich här- um Kressmann. Der Regierende Bürger- zu in seiner Zuschrift weiter: „ Ich habe ter vorgehen zu wollen. Der Landesver- meister Willy Brandt schaltete sich ein nicht nötig, mich gegen derartig unsin- band der SPD rückte von Kressmann ab, und versuchte seinem linksstehenden nige Behauptungen zu verteidigen, stelle der Berliner Innensenator Albertz (SPD) Nebenbuhler den politischen Garaus zu aber nicht ohne Interesse fest, daß sie bezeichnete ihn als „untragbar". Der stell- machen. Im Berliner Abgeordnetenhaus in der Eile wohl vergessen haben, den vertretende Vorsitzende der SPD in Ber- hatte Brandt als Auftakt am 4. 7. in politisch gleichgearteten Wunsch der CDU lin, Mattick, erklärte: Jede Partei müsse scharfer Form Kressmanns Äußerungen nach einer Abberufung von Herrn Kress- von ihren Mitgliedern erwarten, daß sie verurteilt. Auch das übliche Dementi mann zu erwähnen." die politische Linie einhielten. Wer sich Kressmanns zog nicht. Brandt erklärte nicht danach richte, müsse auf verant- dazu: „Wenn ich mich an die eigenen Wenn der Landesvorsitzende der SPD, wortliche Positionen verzichten. Unterlagen Kressmanns halte, sehe ich Brandt, einen gleichgearteten Wunsch mich gezwungen zu erklären, daß ein po- wie die CDU hat, so muß ihm doch auch Alles deutete daraufhin, daß die Berli- litischer Wahlbeamter bedauerliche an der Abberufung von Herrn Kressmann ner Sozialdemokraten sich nun endlich Äußerungen getan hat." gelegen sein. Oder sind nun für Brandt aufraffen würden, um sich von Kress- Der SPD-Landesausschuß Berlin for- Kressmanns Äußerungen plötzlich trag- mann, der sie schon oft politisch kompro- derte sogar den SPD-Kreisvorstand Kreuz- bar geworden? Die „negative Symbolfigur" Die Arbeit des Bundestages Fortsetzung von Seite 2 Politik in die Bundeswehr hineinträgt, densfolgen ihrer Abschuß-Kanonade völ- hat eigentlich wenig Recht, sich darüber Im Bonner Bundeshaus ist jetzt die lig gleichgültig sind. Soll sich die Bundes- zu beschweren, wenn die Generalität große Ruhe eingekehrt. Nur gelegentlich wehr nicht unterfangen, ihnen dabei in durch eine Loyalitätserklärung dem Ver- tagt noch der Auswärtige Ausschuß oder die Quere zu kommen! Gewehr bei Fuß teidigungsminister gegenüber dokumen- der Verteidigungsausschuß. Die Politik hat sie zu stehen und das Maul zu hal- tiert, daß es eine Vertrauenskrise in der steht dennoch nicht still. ten, wenn man falsch Zeugnis gegen sie Bundeswehr nicht gibt. Die Arbeit der kommenden Monate spricht und dem Minister ihres Sachver- „Der Tag", 19. 7. 1962 wirft schon ihre Schatten voraus. Nach trauens der Rücktritt abgepreßt werden den Landtagswahlen von Nordrhein- soll! Das liefe allerdings auf jenen Kada- „Minister abschießen" Westfalen triumphierte die Opposition vergehorsam, hinaus, den man sonst in und malte das Ende der Koalition in alle Höllen verdammt. Offenbar kommt „Seit einigen Jahren bereits praktiziert Bonn an die Wand. Sicher hat im ersten es nur darauf an, wer ihn diktiert." man in der Bundesrepublik — wir notie- Jahr der Zusammenarbeit von CDU/CSU „Kasseler Post", 18. 7. 1962 ren dies als unbeteiligte Zuschauer — und FDP nicht immer alles so geklappt, eine merkwürdige Art von Ministerjag- wie es wünschenswert gewesen wäre den, die man auch schon als das .Abschie- „Man kann sich des Eindrucks nicht aber jede Koalition muß sich zunächst ßen von Ministern' bezeichnet hat. Mi- erwehren, daß allzu gerne nach der einmal einarbeiten. Die Rücküberweisung Schablone gegriffen wird, die Militärs nister Oberländer ist dieser Praxis zum des Fibag-Untersuchungsberichtes hatte hätten in der Politik nichts zu suchen, Opfer gefallen; der ehemalige Außen- ein übriges getan, um das Klima inner- minister Dr. H. von Brentano weiß davon obwohl sich die Politiker selbst an die halb der Koalition zu verschlechtern. Brust schlagen müßten. Ihrer freien Mei- aus eigener Erfahrung ebenfalls zu er- zählen, konnte aber dank seiner Integri- Um am Ende des ersten Parlaments- nungsäußerung sind anscheinend weder tät der giftigen Pfeile sich erwehren. Jetzt jahres der 4. Legislaturperiode einmal in guantitativer noch in qualitativer Hin- Bilanz zu ziehen und die Weichen für die sicht Schranken gesetzt, während von der ist der besagte Bundeswehrminister Strauß das Opfer, das sich die Links- kommende Arbeit zu stellen, hatte der Generalität offenbar eine Abstinenz ver- Bundeskanzler am 11. Juli eine Reihe voru«\ langt wird, die — wenn man so will — kreise der Bundesrepublik unter der An- Politikern der Koalition ins Palaiö] ein Stück unbewältigter Vergangenheit führung des tendenziösen .Spiegels' zum Abschuß ausgesucht haben, mit dem offen Schaumburg geladen. Nach einer einge- spiegelt, aber völlig außer acht läßt, daß zutage liegenden Ziel, diese .stärkste henden Aussprache über alle anstehen- die Bundeswehr eben nicht, und Gott sei den koalitionspolitischen Fragen wurde Dank nicht, die Reichswehr der Weima- politische Potenz in Westdeutschland', wie in einem Kommunique mitgeteilt, daß rer Zeit ist." ihn Pankow einmal nannte, in seinem Ansehen um die Ecke zu bringen. sich die Koalitionsparteien darin einig „Rhein-Neckar-Zeilung", 19. 7. 1962 Um den Mann, auf den man es in jenen seien, die Koalition in loyaler Zusammen- Linkskreisen, die sich damit zu Hand- arbeit fortzusetzen. Die Zusammenarbeit „Die Kritik an der Erklärung der Gene- zwischen dem Bundeskabinett und den langern Moskaus machen, abgesehen hat, rale wirkt wenig überzeugend, zumal Koalitionsfraktionen sowie den Koali- endgültig zu Fall zu bringen, wurde die wenn man weiß, daß die Sozialdemokra- tionsfraktionen untereinander soll ver- sogenannte ,Fibag-Affäre' aufgezogen. ten tatsächlich in einem Brief ,an die Offenbar aber ging es der westdeutschen bessert werden. Dabei ist insbesondere daran gedacht, daß neben den ständigen Freunde der SPD in der Bundeswehr' er- Opposition und den Parteifreunden des klärt haben, daß sie kein politisches Ver- FDP-Führers Mende mehr um die Erledi- Sitzungen des Koalitionsausschusses, die trauen zum Bundesverteidigungsminister die laufende Parlamentsarbeit betreffen, gung des ihnen unbeliebten Ministers hätten. Wer mit solchen Mitteln wirklich statt um den Schutz der Rechtsstaatlich- auch Koalitionsgespräche unter dem Vor- sitz des Bundeskanzlers über allgemeine keit und um die Abwehr jener Angriffe auf die Bundeswehr aus Moskau, zu koalitionspolitische Fragen durchgeführt werden sollen. Noch während der Par- Anforderungen gerecht werden deren Werkzeug die Fibag-Affäre ge- worden ist. lamentspause sollen zwischen Vertretern Ministerpräsident Dr. Röder gab in des Kabinetts und der Koalitionsfraktio- seiner Eigenschaft als Kultusminister des Bonn würde mit Bundesminister Strauß nen geplante Gesetzgebungsvorhaben, die Saarlandes dieser Tage bekannt, daß im eine Persönlichkeit von hoher Energie, den Bundestag im zweiten Jahr der Legis- Saarland bis 1967 das neunte Volksschul- Kraft und Intelligenz verlieren, die nicht laturperiode beschäftigen werden, be- jahr allgemein eingeführt werden soll. Bis leicht zu verschmerzen wäre, erst recht sprochen werden. dahin werde sich die Zahl der Volks- nicht bei den Aussichten, die der politi- Nach dieser Aussprache beim Bundes^1 schüler von 135 000 auf 150 000 erhöhen. sche Vormarsch der SPD für die Zukunft kanzler kann damit gerechnet werden^ Damit werden 185 Schulklassen zusätzlich eröffnet." notwendig. Mit einem jährlichen Zuschuß daß die Zusammenarbeit innerhalb der des Landes in Höhe von 10 Millionen DM „Hochwacht" (Schweiz), 21. 7. 1962 Koalition nunmehr reibungsloser vor sich soll das Schulbauprogramm der Regierung gehen wird. Die erste große neue Be- so ausgebaut werden, so daß der Bedarf Wichtigere Sorgen währungsprobe wird die Koalition zu be- an Schulräumen bis zum Jahre 1967 aus- stehen haben, wenn im Herbst das soge- reichen wird. „Am Anfang schien es, als ob man nur nannte Sozialpaket dem Bundestag zu- nicht sagen wollte, was man eigentlich geleitet wird, über die Prinzipien dieses Wohnungsbaurekord meinte: ,Der Minister Strauß hat Geld ge- großen Gesetzgebungswerkes ist man sich Mit 25 949 im Vorjahr gebauten Woh- nommen.' Dann wurde klar, daß man das in der Koalition einig. Es wird nun darum nungen wurde in Schleswig-Holstein die nicht sagen wollte und auch nicht meinte, gehen, bei den bevorstehenden Beratun- höchste Wohnungsbauquote nach dem weil es nicht stimmte. Und so bekannte gen dafür zu sorgen, daß es den Sozial- Kriege erreicht. Etwa die Hälfte der Woh- man denn in seltener Einmütigkeit: Der demokraten nicht gelingt, dieses Vorha- nungen entfällt auf den sozialen Woh- Minister hat kein Geld genommen — ben zu verzögern, nur um den Koalitions- nungsbau. Bemerkenswert ist der hohe außer dem ihm zustehenden Gehalt. So parteien vorwerfen zu können, sie seien Anteil der Eigenheime, von denen bei blieb denn nur der Vorwurf übrig: Der an einer fortschrittlichen Sozialpolitik einer Gesamtzahl von 7665 rund 6 600 Strauß hat alten Freunden geholfen. Nicht nicht interessiert. mit öffentlichen Mitteln gefördert wur- für Geld, sondern aus Anhänglichkeit. den. 56,5 Prozent der Bauherren von Offensichtlich war es Treue für falsche Eigenheimen sind Arbeiter. Freunde. Bayer war auch einmal treuherzig däm- lich. Na und? Bei dem ganzen Fibag-Theater ist bis Zehn Jahre Fraktionsvorsitz heute nicht mehr herausgekommen als Tadelt ihn deswegen, wenn es sein Landtagsabgeordneter Dr. Erich Groß- dies: Der Steuerzahler wurde nicht ge- muß, einstimmig. Macht ihn, wenn es un- kopf beging vor kurzer Zeit die zehnte schädigt. Die Strauß-Freunde (Fibag) ha- bedingt sein muß, volkstümlich. Denn Wiederkehr des Tages, an dem er 1952 ben den Bauauftrag überhaupt nicht be- Treue ist nun einmal populär. Doch laßt als Nachfolger von Dr. Hilpert mit dem kommen. Der Minister Strauß ist ehrlich, ihn und uns mit diesem Fibag-Quatsch in Vorsitz in der Landtagsfraktion der CDU aber er, der angeblich so eiskalte, im- Ruhe! Wir haben wichtigere Sorgen." in Hessen beauftragt wurde. mer nur an seine Karriere denkende „Bild", 19. 7. 1962 VERTRIEBENE 43,4 Milliarden ausgezahlt Abwicklung des Lastenausgleichs beschleunigt und Die Auszahlung der Hauptentschädigung an Lastenausgleichsberechtigte konnte im ersten Quartal des laufenden Jahres wesentlich beschleunigt wer- den. So konnte begonnen werden, die Ansprüche der Geschädigten des Jahr- FLÜCHTLINGE gangs 1897 bereits ab ersten April und damit ein halbes Jahr früher als vor- gesehen zu erfüllen.

Geschädigte nicht zurückgesetzt Bis zum 28. Februar 1962 waren insge- ben beispielsweise 1961 die Lastenaus- samt 1,9 Millionen Hauptentschädigungs- gleichsämter dem Wohnungsbau 104 Mil- Die Bundesregierung wird nach Anga- ben des Bundesvertriebenenministeriums ansprüche in Höhe von 8,7 Milliarden an- lionen DM und für den Erwerb und die dafür sorgen, daß die Rentenaufbesserung erkannt. Durch Barzahlung, Eintragung Sicherung von Wohnungsgrundstücken des Rentenanpassungsgesetzes auch nach von Schuldbuchforderungen und zur Be- 29 Millionen DM zur Verfügung gestellt. dem 1. Juni 1962 den Kriegsschadenrent- gründung von Sparkonten sind bis zum Weitere 25 Millionen DM wurden für die nern erhalten bleibt. Im Vertriebenen- 1. März 1962 1,2 Millionen Ansprüche im Instandsetzung und Modernisierung von ministeriüm wird z. Z. entsprechend einem Werte von 3,2 Milliarden DM erledigt Wohnhäusern ausgezahlt. worden. Davon entfielen 136 Millionen Beschluß des Bundestages vom 13. 12. 1961 DM auf die Begründung von 53 000 Spar- Bemerkenswert ist in diesem Zusam- geprüft, ob und inwieweit die in den ver- menhang, daß die Zahl der eingehenden schiedenen Zweigen des sozialen Lei- konten, in 206 000 Fällen wurde die Hauptentschädigung durch Umwandlung Anträge auf Hausratsentschädigung im- stungsrechts geltenden Anrechnungsbe- mer noch verhältnismäßig hoch ist. Allein stimmungen reformbedürftig sind. Das in Aufbaudarlehen erfüllt, wobei 940 Mil- lionen DM ausgezahlt wurden. Die Bar- im letzten Halbjahr 1961 wurden 60 000 Ministerium hat dem Parlament inzwi- auszahlung im ersten Vierteljahr betrug Neuzugänge verzeichnet. Dagegen wur- schen einen ausführlichen Bericht zuge- 409 Millionen DM. den im ersten Quartal 1962 nur 27 Mil- leitet. Die erforderlichen gesetzlichen lionen DM Hausratseintschädigung aus- 'Maßnahmen sollen so rechtzeitig vorbe- Die Zahl der Berechtigten, die eine gezahlt. reitet werden, daß sie zu einem baldigen Kriegsschadensrente erhalten, sank im Termin in Kraft treten können. Die Unter- vergangenen Jahr um über 20 000 auf Die Auszahlung der Mittel aus dem haltshilfeempfänger, die zugleich Renten 772 900 ab. Für sie wurden von Januar Härtefonds stieg als Folge der Leistungs- aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis April 1962 rund 328 Millionen DM verbesserungen nach der 14. Änderungs- beziehen, kommen jedoch auch ohne für Unterhaltshilfe und für Entschädi- novelle des LAG auf 47 Millionen DM Änderung des Lastenausgleichsgesetzes gungsrenten 101 Millionen DM ausgege- an. Die Gesamtauszahlungen aus dem auf Grund einer Übergangsbestimmung ben. Auch der Wohnungsbau für Lasten- Lastenausgleichsfonds seit Inkrafttreten des IV. Rentenanpassungsgesetzes voll ausgleichsberechtigte wurde weiter durch des Soforthilfegesetzes erhöhten sich bis in den Genuß der Erhöhungen. entsprechende Maßnahmen mit Mitteln zum 31. März 1962 auf nunmehr 43,4 Mil- der Hauptentschädigung gefördert. So ha- liarden DM. Ohne öffentliche Unterstützung Die Heimatvertriebenen finanzieren ihre Bundes- und Heimattreffen selbst. Jeder Teilnehmer an einem landsmann- Kritik am Städtetag schaftlichen Treffen bezahlt die für ihn dadurch entstehenden Kosten aus eigener Großstädte drohen mit Verzögerungen des Lastenausgleichs Tasche, erklärte der Bund der Vertrie- benen in Bonn. So haben die Heimatver- Der Deutsche Städtetag, dessen Präsident der Regierende Bürgermeister triebenen 1962 zu ihren großen Deutsch- Willy Brandt (SPD) ist, mußte sich wegen seiner Warnung vor weiteren landtreffen allein für Reise- und Aufent- Verbesserungen des Lastenausgleichs eine scharfe Kritik des Bundesaus- haltskosten rund 30 Millionen DM aus privaten Mitteln ausgegeben. Der BdV gleichsamtes gefallen lassen. wandte sich mit dieser Erklärung gegen In einem Schreiben an den Präsidenten gestaltung der Lastenausgleichs-Vorschrif- Behauptungen der Ostblockpresse und und die Mitglieder des Kontrollausschus- ten mit zahllosen Weisungen und Rechts- etlicher Zeitungen, daß die Vertriebe- ses des Bundesausgleichsamtes hatte sich verordnungen die Materie außerordent- ,]cn-Treffen mit öffentlichen Mitteln der Deutsche Städtetag gegen weitere lich unübersichtlich mache und viele finanziert würden. Leistungsverbesserungen im Lastenaus- jungen Kräfte von der Tätigkeit in der gleich ausgesprochen und mit Verzöge- Ausgleichsverwaltung abschrecke. Ebenso Rückkehr ohne neue Vertreibung rungen der Schadensfeststellung gedroht wurde auf den Engpaß bei den Heimat- Der „Verband Heimatvertriebener und für den Fall, daß noch Verbesserungen auskunftsstellen und den sogenannten Geflüchteter Deutscher Studenten" (VHDS) beschlossen werden sollten. Einen Mehr- „Vororten" hingewiesen, deren Ange- hat sich in einer Grundsatzerklärung zur einsatz von Personal in den Ausgleichs- stellte nicht nur Verträge „auf Zeit" Wiedervereinigung Deutschlands im Rah- ämtern hat der Deutsche Städtetag abge- bekommen dürften, weil gerade die men einer europäischen Ordnung be- lehnt. leistungsfähigen Angestellten angesichts kannt, die auch die Freiheit aller anderen Im Kontrollausschuß wurde darauf hin- ihrer ungesicherten Stellung in andere europäischen Völker und die rechtmäßi- gewiesen, daß gerade der Deutsche Städte- Ämter abwandern würden. Der Präsident gen Grenzen ihrer Staaten garantiert. Der tag jene Gemeinden vertrete, die das des Bundesausgleichsamtes unterstrich, Verband tritt für das Selbstbestimmungs- höchste Gewerbesteueraufkommen haben daß in einigen Großstädten beim bisheri- recht ein und fordert daß die Rückkehr und daher mindestens das Gleiche wie gen Tempo der Schadensfeststellung diese Ostdeutschlands nicht eine neue Vertrei- die Landkreise leisten könnten, die schon noch vier bis acht Jahre in Anspruch neh- bung in umgekehrter Richtung auslösen viel weiter in der Schadensfeststellung men müßte! darf. Er fordert ferner für alle Volksgrup- gekommen sind. Die Großstädte hätten pen in fremden Staaten Schutz ihrer Min- auch viel größere Möglichkeiten nach derheitsrechte und bekennt sich erneut Beendigung der Schadensfeststellung in Herausgeber: Bundesgeschäftsstelle der CDU zur Charta der Heimatvertriebenen, dem Deutschlands, verantwortlich für die Redaktion: einigen Jahren das auf diesem Gebiet Dr. Heinz Petteriberg, Vertretung Rene Ahrle, Verzicht auf Rache und gewaltsame Rück- erprobte Personal in andere städtische beide Bonn, Nassestraße 2, Telefon 5 29 31 — Ver- gewinnung der Ostgebiete. Dem Verband Ämter zu überführen. Der Wiederaufbau lag: Presse- und Informationsdienste der CDU gehören die Studentengruppen aus Mittel- Deutschlands Verlagsgesellschaft mbH. Bonn, Arge- der Großstädte ist, so wurde betont, doch landerstraße 173, telefon 2 3140 — Bezugspreis: deutschland und den ostdeutschen Ver- nicht zuletzt mit Hilfe der Heimatver- monatlich 1,— DM — Banken: Presse- und Infor- treibungsgebieten an. An einem Rund- triebenen geleistet worden. mationsdienste der CDU Deutschlands Verlaqs- gespräch über aktuelle Fragen der Hei- qesellschaft mbH. Bonn, Argelanderstraße 173, Postscheck-Konto Köln 1937 95, Commerzbank Bonn matvertriebenen nahm als Vertreter der In der Debatte wurde allerdings auch Nr. 12 493, Bankhaus Friedrich Simon Düsseldorf CDU Dr. Czaja, MdB, teil. anerkannt, daß die perfeklionistische Aus- Nr. 8 111 — Druck: Bonner Universitäts-Buch- Interessant ist in diesem Zusammen- hang, daß nicht nur der ehemalige SPD- Vor einer Auslieferung Frenzeis? Vorsitzende des Bezirksverbandes Pfalz Franz Bögler, dem SPD-Bundesvorstand CDU/CSU-Fraktion richtet eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung im März dieses Jahres vorgeworfen hatte schon 1958 sei er von ihm auf eine mög- Der Fall des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Alfred Frenzel, der liche Agententätigkeit Frenzeis aufmerk- am 28. April 1961 wegen Landesverrats, landesverräterischer Beziehungen sam gemacht worden, sondern daß auch und wegen Meineids vom Bundesgerichtshof zu der gesetzlichen Höchststrafe im Bundestagswahlkampf des Jahres 1953 der BHE-Gegenkandidat Frenzeis in einem von 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, ist erneut im Gespräch. Es Flugblatt auf die Vergangenheit des ist bekannt geworden, daß die Tschechoslowakei eine Auslieferung Frenzeis SPD-Kandidaten aufmerksam gemacht fordert, der von ihr als Bürger ihres Landes angesehen wird. hatte. Die „Deutsche Zeitung" hatte in einem Prozeßbericht am 26. 4. 1961 u. a. Die kleine Anfrage der CDU/CSU- offiziellen „Vorwärts" hatte die SPD am geschrieben: „Nicht ohne Stolz zahlt Bundestagsabgeordneten hat folgenden 3. Mai 1961 geschrieben, daß es sich bei Frenzel heute im Gerichtssaal ein gutes Wortlaut: Frenzel um einen „kleinen, aber unehr- Dutzend Ämter und Ehrenämter auf, die ihm seine Partei so großzügig zur Ver- „Es ist bekannt geworden, daß die lichen Streber" gehandelt habe, „dessen Geltungsbedürfnis in krassem Mißverhält- fügung gestellt hatte. Der Zuhörer fragt tschechoslowakische Regierung versucht, sich allerdings, was die SPD wohl ver- die Auslieferung des zu 15 Jahren Zucht- nis zu seiner mangelhaften geistigen Po- haus wegen Landesverrats verurteilten tenz stand". Er sei in Positionen gelangt, anlaßt haben könnte, diesen wenig be- ehemaligen Bundestagsabgeordneten Fren- „die seine Fähigkeiten bei weitem über- gabten Mann von unaufgeklärter Her- zel mit der Begründung zu erreichen, daß stiegen". kunft so sehr zu favorisieren". es sich bei Frenzel um einen tschechoslo- wakischen Staatsbürger handle. Wir fragen die Bundesregierung: # Ist Frenzel tschechoslowakischer oder 900 Mitglieder hatte sie deutscher Staatsbürger? Rechtsradikale Jugendorganisation wurde verboten % Ist die Bundesregierung nunmehr in der Lage anzugeben, welch objektiver Als verfassungsfeindliche Vereinigung verboten und aufgelöst wurde in Schaden für die Sicherheit der Bundes- diesen Tagen von den Innenministern der Bundesländer der sogenannte republik durch den Verrat Frenzeis, der zur gesetzlich zulässigen Höchst- „Bund Vaterländischer Jugend". Diese rechtsradikale Jugendorganisation war strafe verurteilt wurde, enstanden ist? erst im Aufbau, als nun die Polizeibehörden der Länder Zugriffen. % Wie hat sich der Verrat Frenzeis auf Vom Bundesinnenministerium war zu Studie über den Rechtsradikalismus in das Urteil des verbündeten Auslandes erfahren, daß der „Bund Vaterländischer der Bundesrepublik vorgelegt hatte, war hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Jugend" als die bisher gefährlichste darauf hingewiesen worden, daß diesem Bundesregierung ausgewirkt? rechtsradikale Jugendorganisation ange- Treiben die gebührende Aufmerksamkeit 0 Ist die Bundesregierung in der Lage, sehen werden mußte. Der BVJ hatte zu- gewidmet werde. Das Ministerium hatte dem Deutschen Bundestag zur Klärung letzt etwa 900 Mitglieder im Bundesge- damals in seiner Studie u. a. erklrät: dieses Falles die Dokumente bekannt- biet außer Westberlin, wo er noch ge- gründet werden sollte, es war aber ge- „Mögen auch die unbelehrbaren alten zugeben, die Frenzel dem tschecho- Nationalsozialisten allmählich aussterben, slowakischen Geheimdienst übergeben plant, ihm andere rechtsradikale Jugend- so stehen doch immer wieder einzelne hat, nachdem diese Dokumente ohne- organisationen anzugliedern. Das Verbot jugendliche Phantasten bereit, um an ihre hin der kommunistischen Spionage zu- erfolgte nach Artikel 9, Absatz 2 des Stelle zu treten. Doch wir haben aus der gänglich gemacht worden sind? Grundgesetzes, der Organisationen un- Vergangenheit gelernt: Ehe der Rechts- tersagt, die sich „gegen die verfassungs- 0 Es ist bekannt, daß schon im Bundes- radikalismus wieder zu einer Bedrohung mäßige Ordnung oder gegen den Gedan- unserer freiheitlichen demokratischen tagswahlkampf 1953 persönliche, poli- ken der Völkerverständigung richten". tische und sachliche Bedenken gegen Grundordnung anwachsen könnte, wird die Aufstellung Frenzeis als Bundes- Schon als das Bundesinnenministerium die Gefahr erkannt und mit allen rechts- tagskandidaten erhoben wurden. Ist im April 1962 der Öffentlichkeit eine staatlichen Mitteln bekämpft werden." die Bundesregierung der gleichen Mei- nung wie die Anfragenden, daß ihr selber eine sicherheitspolitische Über- f, prüfung von Kandidaten und Abge- Keinen Prozess vermeiden! ordneten nicht möglich ist und daß darum die Verantwortung für Aus- Marler SPD setzte sich über Gemeindeordnung hinweg wahl und Aufstellung allein den poli- tischen Parteien überlassen werden Mit der eigenwilligen Rechtsauffassung des Marler Bürgermeisters Heiland muß? wird sich wieder einmal ein Gericht zu beschäftigen haben. Die SPD im Stadt- 0 Ist die Bundesregierung der Meinung, rat hatte kraft ihrer Mehrheit den beiden FDP-Ratsherren einen Sitz in den daß eine Klärung der Hintergründe und Vorgänge über die Nominierung Ausschüssen zugestanden, obwohl dies nach den Bestimmungen der Gemeinde- Frenzeis zum Kandidaten für die Bun- ordnung nicht zulässig ist. destagswahl und die spätere Entsen- dung Frenzeis in den Verteidigungs- Die SPD im Rat der Stadt Mari hatte meindeordnung beanstandet. Die CDU- ausschuß nur durch einen parlamen- im Mai beschlossen, die Ausschüsse des Fraktion in Mari hatte sich dem Stand- tarischen Untersuchungsausschuß ge- Stadtrates mit acht Stimmberechtigten punkt des Stadtdirektors angeschlossen. klärt werden kann, und ist sie bereit, und einem beratenden Mitglied zu be- Sie konnte sich aber, ebensowenig wie gegebenenfalls einem solchen Unter- setzen. Nach dem politischen Kräftever- der Stadtdirektor, mit ihren Argumenten suchungsausschuß alle im Zusammen- hältnis hätte die FDP, die im Rat mit zwei gegen die rechthaberische SPD durch- hang mit diesem Verratsfall vorhan- Sitzen gegenüber 19 der SPD und 15 der setzen. denen Unterlagen zur Verfügung zu CDU vertreten ist, erst bei einer Mitglie- stellen? derzahl von 19 Vertretern je Ausschuß Auch der Einwand eines CDU-Rats- Der Fall Frenzel ist zwar durch die Anspruch auf einen Sitz. Sie durfte also herrn, daß bei einer zu erwartenden Verurteilung abgeschlossen. Ungeklärt ist in einem Ausschuß, der mit acht Rats- neuen Beanstandung die Arbeit der Aus- aber bis heute geblieben, was die SPD herrn besetzt ist, nicht vertreten seih. schüsse lahmgelegt würde, fruchtete nicht. damals veranlaßt hatte, ihr Parteimitglied Auf Veranlassung des Regierungspräsi- Bürgermeister Heiland setzte einen An- Frenzel in solch wichtige Ausschüsse des denten hatte der Stadtdirektor den Be- trag durch, in dem die Verwaltung beauf- Bundestages zu entsenden, wie z. B. in schluß der SPD-Mehrheit mit dem Hin- tragt wurde, auf dem Klageweg die Be- den Verteidigungsausschuß. Im partei- weis auf die Unvereinbarkeit mit der Ge- anstandung des Stadtdirektors aufzuheben.