Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten -Brandenburg

Band 5

2003

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II. Die Arbeit der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Jahr 2003 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 256 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 257

1. Allgemeine Stiftungsentwicklung und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ist im Jahr 2003 an einer Zäsur ihrer Arbeitsschwerpunkte angelangt. Bisher ging es vor allem um die äußere Kon- solidierung, die Wiederherstellung von Häusern und Gartenbereichen. Auch in den nächs- ten Jahren muss die Stiftung weiterhin größte Anstrengungen bei der Sicherung und Pflege der Bau- und Gartendenkmale sowie der Ausstattung der Schlösser unternehmen. Heraus- ragende Objekte bezüglich ihres Umfangs und des finanziellen Aufwandes sind dabei die Sanierung, Restaurierung und Konservierung des Bereiches Sanssouci West (mit dem Neuen Palais und dem Orangerieschloss) sowie die Umsetzung des Masterplanes Charlot- tenburg. Gleichzeitig muss die Stiftung zukünftig ihr Augenmerk verstärkt auf den inneren Ausbau, insbesondere auf die Verbesserung ihres Angebotes für die Öffentlichkeit und die Optimierung ihrer Strukturen und Prozesse richten. Deshalb hat die Stiftung im Rahmen der Organisations- und Personalbedarfsunter- suchung durch das Kölner Bundesverwaltungsamt (BVA) ihre im Jahr 2002 erarbeiteten strategischen Ziele in extern moderierten Workshops überprüft und hier folgende sechs strategische Ziele herausgehoben: Erhaltung der Substanz, Besucherorientierung, pro- grammatische Profilierung, Sicherung der finanziellen Basis, Mitarbeiterzufriedenheit und Qualitätssicherung. Diese strategischen Ziele bilden neben dem Leitbild und den sat- zungsmäßigen Aufgaben der Stiftung die Grundlage für eine Schwerpunktplanung für die Jahre 2003 bis 2012. Darin sind Themen festgeschrieben, an denen sich die Veranstaltungs- und Ausstellungstätigkeit der Stiftung in diesen Jahren orientieren soll. Die Stiftung will damit insbesondere in den Bereichen Restaurierung und Bauinvestitionen, Forschung und Ausstellungen eine deutlichere Profilierung ihrer Arbeit erreichen. Eine wichtige Personalie ist eng mit der Strategie- und Zieldiskussion sowie der Orga- nisationsuntersuchung verbunden. Am 1. Juli 2003 übernahm Dr. Heinz Berg das Amt des 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 258

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Direktors der Generalverwaltung und des Ständigen Vertreters des Generaldirektors von Dr. Thomas Köstlin. Dank seiner schnellen Einarbeitung war eine kontinuierliche Weiter- arbeit in dieser wichtigen Abteilung gewährleistet. Das war besonders wichtig, weil sich alle Bereiche der Stiftung im Herbst 2003 sehr intensiv mit den Ergebnissen des Bundes- verwaltungsamtes beschäftigten, auf dessen Grundlage die internen Umstrukturierungen und Verbesserungen schrittweise ab 2004 vorgenommen werden sollen. Damit will die Stif- tung für die größer werdenden Herausforderungen angesichts schwieriger Rahmenbedin- gungen zukunftsfähig bleiben.

Hinsichtlich der Haushaltssituation ist die Stiftung trotz deutlicher Einnahmesteigerungen in den vergangenen Jahren inzwischen in einer Situation, bei der die Finanzierung mit den Aufgaben der Stiftung nicht mehr Schritt hält. Das betrifft insbesondere das Verhältnis von Investitions- zu Sach- und Personalausgaben. Die erfolgreiche Investitionstätigkeit der Stif- tung, der Wegfall von Arbeitsfördermaßnahmen und die verstärkte Besucherorientierung führten im Ergebnis insgesamt zu höheren Betriebskosten, was sich in der bisherigen Haus- haltsstruktur nur ungenügend widerspiegelte. Die Stiftung ist hier an einem Punkt ange- langt, wo die Diskrepanz zwischen Aufgaben und finanziellen bzw. personellen Potentia- len nicht mehr ohne längerfristige Schäden bzw. Defizite bleiben kann. Um diesen Gefahren aktiv begegnen zu können, muss die Stiftung zunächst intern alle Optimierungsmöglich- keiten nutzen. Dabei werden die Ergebnisse der Organisationsberatung durch das Bundes- verwaltungsamt nicht nur Hilfestellung leisten, sondern eigene Lösungsansätze liefern. Mit Stiftern und Zuwendungsgebern sind dann geeignete Perspektiven und Lösungen festzule- gen. Dazu gehört auch die Anpassung der finanziellen und personellen Ressourcen an den tatsächlichen Bestand und die damit verbundenen Aufgaben der Stiftung.

Es ist der Stiftung bewusst, dass ihre Aufgaben und Probleme, die sich nicht zuletzt aus den knappen Ressourcen ergeben, nicht allein mit einer gesicherten Finanzierung bewältigt werden können. Deshalb hat sie im ersten Halbjahr 2003 im Anschluss an die Zieldiskus- sion und parallel zur Organisationsuntersuchung des Bundesverwaltungsamtes intensive Diskussionen über die Optimierung der Arbeitsabläufe in den und zwischen den Abteilun- gen geführt und erste Ergebnisse erzielt. Die Abteilungen haben für 2003 Jahresarbeitspläne erarbeitet, die zwischen den Abtei- lungen erstmals im Detail abgestimmt wurden. Auch wenn der Abstimmungsprozess müh- sam war und die Ergebnisse sicher noch nicht ideal sind, bedeuten sie doch einen wichti- gen Schritt zur besseren Abstimmung und Kommunikation zwischen den Abteilungen. Die Stiftung hofft, dass sie damit zu einer verbindlicheren und planbareren Form der Zusam- menarbeit zwischen den Abteilungen kommt. Der Diskussionsprozess zeigte aber auch Defizite auf, die zum Teil schon bekannt waren, aber bisher noch nicht gelöst werden konnten. Dazu zählen das Fehlen eines systemati- schen Fundraising, der ungenügende Entwicklungsstand im IT-Bereich, die Koordinierung von Ausstellungsvorbereitungen, das fehlende Archiv etc. Diese strategisch wichtigen Wei- 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 259

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chenstellungen wird die Stiftung mit Umsetzung der vom Bundesverwaltungsamt vorge- schlagenen Maßnahmen ab dem Jahr 2004 vornehmen.

Eines der erklärten Ziele der Stiftung ist die »Stärkung durch Kooperation und Vernetzung«. Hinsichtlich der angestrebten Kooperation hat sie erste Erfolge erzielt: Kooperationsverträge wurden abgeschlossen mit dem Kulturzentrum ZAMEK in Poznan, mit der Fachhochschule sowie mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, mit der sie zugleich erste kon- krete Arbeitsfelder auf Direktorenebene vereinbart hat. Daneben wurde eine umfassende Kooperationsvereinbarung mit der Universität Potsdam vorbereitet und die Gespräche mit der Stadt Potsdam über konkrete gemeinsame Vorhaben (u. a. Verkehrs- und Leitsystem) intensiviert. Mit der Getty-Foundation wurde ein Förderprojekt zur Herausgabe eines wissenschaft- lichen Bestandskataloges der französischen Gemälde mit einem Umfang von 150.000 Euro sowie ein weiteres Projektes zur Restaurierung von kunstgewerblichen Objekten verein- bart. Darüber hinaus gibt es eine enge Einbindung in verschiedene Kooperationsverbünde: Die im Blaubuch 2001 der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ver- zeichneten 20 Kultureinrichtungen in den neuen Bundesländern mit herausragender natio- naler und internationaler Bedeutung, zu denen auch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gehört, haben sich bei ihrem Treffen am 1. März 2002 zur »Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen« (KNK) zusammengeschlossen. Die Konferenz versteht sich als ge- meinsame Interessenvertretung und als Forum des Erfahrungsaustausches hinsichtlich der kulturellen Aufgaben, die die Institutionen wahrnehmen. Die KNK plant verschiedene gemeinsame Vorhaben, wie z. B. eine zentrale Bilddatenbank. Das erste große Gemein- schaftsprojekt der KNK wird eine Ausstellung sein, die den Beitrag Ostdeutschlands am kulturellen Erbe der Bundesrepublik verdeutlichen und auf die musealen Schätze in den hiesigen Museen aufmerksam machen soll. Die Ausstellung soll 2005 zunächst in der Kunsthalle Bonn und anschließend an verschiedenen Standorten im Ausland präsentiert werden, u. a. in Japan, in Frankreich und in den USA. Der Facharbeitskreis Schlösser und Gärten in Deutschland verbindet alle zehn staat- lichen Schlösserverwaltungen, die insbesondere ihre Marketingaktivitäten verstärken wol- len. Dazu diente auch die zweite gemeinsame Publikation, der im April 2003 erschienene Gartenführer »Lustgarten – Gartenlust«. Bei der Association of European Royal Residences handelt es sich um einen 1997 gegrün- deten Verbund der Europäischen Königsschlösser, der derzeit im Rahmen eines EU-Pro- jektes besonders gefördert wird. Zu den Arbeitsschwerpunkten zählten ein gemeinsamer Internetauftritt (»A day of a King«, Launching im September 2003), Brand- und Katastro- phenschutz, museumspädagogische Fragen, Vermittlungsthemen in Gärten sowie Depot- und Sicherheitsfragen. Zur strategischen Vernetzung der Stiftung gehört auch die stärkere Einbindung des wis- senschaftlichen Beirates der Stiftung in die inhaltliche Arbeit. Der Beirat hat beschlossen, 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 260

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dass einzelne Mitglieder des Beirats zu bestimmten Personal- bzw. Sachentscheidungen hinzugezogen werden sowie dass sich der Beirat an der Erörterung des Gutachtens des Bundesverwaltungsamtes, an der Konzeption der Gartenausstellung 2004 und an der Kon- zeption zum Hohenzollernmuseum beteiligt. Das Nutzungskonzept für das Schloss Schön- hausen, die Depot- und Werkstattplanung sowie die denkmalpflegerischen Ansätze der Stif- tung werden künftige Themen für den Beirat sein. Er hat die Stiftung gebeten, gemeinsam mit der Fachhochschule Potsdam ein Kolloquium zu Skulpturen im Garten im Jahr 2004 zu organisieren.

Der Brand im Jagdschloss Glienicke, das nicht zu den von der Stiftung verwalteten Liegen- schaften gehört, hat drastisch die Notwendigkeit eines hohen Standards im Sicherheits- management historischer Schlösser vorgeführt. Die Stiftung selbst war durch den versuch- ten Diebstahl und die Zerstörung einer Musenfigur am Mühlentor, durch den Diebstahl von Pflanzen sowie durch den versuchten Raub der Kroninsignien im Schloss Charlottenburg von Vandalismus betroffen. Die Stiftung arbeitete daher mit Hochdruck an der Verbesse- rung ihrer Sicherheitsstandards. Dazu diente die interne Arbeitsgruppe Brand- und Kata- strophenschutz, deren Arbeitsauftrag neu formuliert wurde und die für die einzelnen Häu- ser und Einzelprojekte, wie z. B. Ausstellungen, konkrete Vorschläge erarbeitete. Im Schloss Charlottenburg wurde die Sicherheitszentrale grundlegend modernisiert. Die durchweg positive Resonanz bei Medien, Bürgern und Politikern auf die Präsentation von Präventiv- massnahmen zur Vermeidung von Vandalismus und Vernutzung der Gärten am ersten Tag des Neuen Gartens am 1. Juni 2003 hat uns darin bestärkt, das Verständnis für die Einzig- artigkeit und besondere Schutzwürdigkeit der Schlösser und Gärten durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu befördern. Nach wie vor ein Problem war der Vandalismus in den Parks der Stiftung. Die kleine- ren Vandalismusschäden (z. B. Schmierereien, Graffiti) sind zwar zurückgegangen. Dies war insbesondere auf die Verstärkung der Streifengänge in den Parks Sanssouci und Babels- berg zurückzuführen. Verstärkt zu beklagen waren dagegen Zerstörungen an Zäunen und Toren. Dies hing direkt zusammen mit den vermehrten Investitionen in diesem Bereich. Das heißt, neue Anlagen wurden oft durch uneinsichtige »Parkbesucher« wieder zerstört, um ihren gewohnten Zugang wieder herzustellen. Hier ist noch viel öffentliche Aufklärung vonnöten. Ein gravierendes Problem waren die Zerstörungen und Diebstähle in den Parkanlagen. Allein im zweiten Halbjahr 2003 wurden in Charlottenburg das Parterre verwüstet und zwei Krönungsvasen umgestoßen und beschädigt. Am Neuen Palais wurde eine Steinvase vom Sockel gestoßen, die Vase zerbrach. In den Römischen Bädern wurde die Kopie einer Ter- rakottaschale gestohlen. Allein der Schaden aus diesen Beispielen betrug ca. 40.000 Euro. Große Schäden verursachte das Unwetter am 23. Juni 2003. Es wurden z. B. im Neuen Garten 50 teilweise sehr alte Bäume entwurzelt bzw. brachen um. 30 Bäume fielen dem Sturm auf der Pfaueninsel zum Opfer, 50 Bäume erlitten Kronenschäden, die gotische Brücke wurde von einer umgestürzten Esche zerstört. Die Pfaueninsel und der Schloss- 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 261

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garten Charlottenburg mussten zeitweilig für den Besucherverkehr gesperrt werden. Die Beseitigung der Schäden kostete knapp 100.000 Euro.

Die Notwendigkeit der Errichtung eines Hohenzollernmuseums ergibt sich aus dem Ver- trag über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Preußischen Staat und dem Hause Hohenzollern von 1926/27. Nach dem Ende der Erbauseinandersetzung innerhalb des Hauses Hohenzollern ist zu erwarten, dass das Haus Hohenzollern nunmehr Kunst- werke zum Kauf anbieten wird, die sich zum Teil schon als Leihgabe oder auf Grundlage des o.g. Vertrages in der Stiftung befinden. Eine erste Anfrage betraf die in unserer Plan- kammer aufbewahrte Aquarellsammlung der Königin Elisabeth. Hier war eine Klärung der Zuständigkeiten erforderlich, da diese grundlegenden Fragen u. a. auch die Stiftung Preußi- scher Kulturbesitz und das Deutsche Historische Museum betreffen. Grundsätzlich geht es um hochrangige Werke aus dem ehemaligen Hohenzollernmuseum, der Hausbibliothek und dem Privatbesitz, die nach dem Krieg in der DDR verblieben oder 1958 aus der Sowjet- union zurückgekommen sind. Daneben geht es auch um eine Neuordnung der Verträge zu privaten Leihgaben und aus dem Hohenzollernmuseum, die von der Charlottenburger Schlösserverwaltung abgeschlossen wurden. Weiterhin betrifft es Kunstgut, das unter die Regelungen des Ausgleichsleistungsgesetzes fällt. Die Stiftung und das Haus Hohenzollern haben nach ersten Gesprächen betont, dass beide Seiten an sachorientierten Regelungen interessiert sind, die eine langfristige Zusammenarbeit auf einer vertrauensvollen Basis ermöglichen.

Das ereignisreiche Jahr 2003 hätte die Stiftung ohne die Hilfe ihrer Zuwendungsgeber, ihrer Freunde und zahlreicher Spenden und Initiativen wohl kaum in dieser Dichte und Qualität bewältigen können. Die mäzenatische und ehrenamtliche Unterstützung der Stiftungsar- beit wird angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen immer wichtiger für die Erfüllung der Stiftungsaufgaben und das Erreichen ihrer Ziele. Auf diesem Gebiet kann die Stiftung nach wie vor auf substantielle Erfolge verweisen. So wurde beispielsweise im Nachgang zur Eröffnung des Pfingstberg-Belvedere mithilfe einer Spende der Reemtsma-Stiftung die Sanie- rung des letzten Bauabschnitts der Flügelmauern in Angriff genommen. Die Spende über eine Summe von 1 Mio. Euro wurde ergänzt durch eine weitere Spende des Fördervereins Pfingstberg e. V., der dank sehr guter Besucherzahlen an die Stiftung 100.000 Euro über- weisen konnte. Überhaupt erwies sich das Modell der Betreibung durch den Förderverein als außeror- dentlich wirksam. Diese erfolgreiche Patenschaft ist nicht zuletzt auf das professionelle Agieren des Fördervereins und das hohe ehrenamtliche Engagement seiner Mitglieder zurückzuführen. Im Jahr 2003 wurde unser wichtigster und größter Förderverein, die »Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.«, 20 Jahre alt. Am 6. September 2003 wurde dieses Jubiläum mit einem Festakt in der großen Orangerie von Schloss Charlottenburg gefeiert. Die in dieser Zeit zum Zweck des Erhalts der Gebäude und Parkanlagen sowie des Erwerbs 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 262

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von Kunstwerken gesammelten Spenden sind das großartige Ergebnis des stetig steigenden Engagements der »Freunde« für die preußischen Schlösser und Gärten in Berlin und Bran- denburg. Durch ihren unermüdlichen Einsatz haben sie in erheblichem Maße dazu beige- tragen, die Ziele der Stiftung zu unterstützen, wofür wir ihnen sehr zu Dank verpflichtet sind. Drei weitere Fördervereine haben sich im zweiten Halbjahr 2003 gegründet. Der Ver- ein zur Förderung des Kulturerbes in Potsdam-Sacrow »Ars Sacrow e.V.« hat es sich zur Aufgabe gemacht, Denkmäler in Sacrow zu fördern und zu beleben. In der zurückliegen- den Saison hat die Stiftung dem Verein das Haus für eine zeitgenössische Kunstausstellung zur Verfügung gestellt. Mit dieser ersten Initiative ist es gelungen, das Schloss Sacrow wie- der in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken. Die erste Ausstellung »Die Räume der Macht / Die Macht der Räume« war mit 5.000 Besuchern ein großer Erfolg, der es dem Verein ermöglichte, der Stiftung eine namhafte Spende für die Restaurierung des Schlosses zu über- reichen. Schloss Sacrow ist aber auch ein Beispiel für die leider noch lange Liste nicht sanier- ter, sondern nur notdürftig gesicherter Objekte. Der »Förderverein Jagdschloss Stern und Parforceheide« hat sich zur Aufgabe gemacht, das kulturelle Leben um den Bereich Jagdschloss Stern zu unterstützen, insbesondere die Öffnung des Schlosses zu befördern. Das Ziel des »Fördervereins zur Restaurierung der Grotte im Neuen Garten« ist es, Gelder für die Restaurierung und Sanierung der Grotte zu sammeln und sie durch Veranstaltungen und ehrenamtliche Aufsichtstätigkeit der Öffent- lichkeit zugänglich zu machen. Mit dem »Verein Historisches Paretz e.V.« wurde am 19.De- zember eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Damit wird die bisher schon gute und erfolgreiche Zusammenarbeit auf eine verbindliche Grundlage gestellt.

2. Investitions- und Restaurierungsmaßnahmen

Im Jahr 2003 wurde das ehrgeizige Wiederherstellungs- und Restaurie- rungsprogramm der Stiftung wieder mit einigen spektakulären Eröffnungen gekrönt: Am 25. Juni eröffnete der Bundespräsident Johannes Rau den Nord- und Ostflügel des Belve- dere auf dem Pfingstberg (Abb. 1). Nachdem die Besucher bereits seit April 2001 die Aus- sicht vom Westturm genießen konnten, ist mit der Eröffnung im Juli auch der Ostturm mit dem Maurischen Kabinett, die östliche Kolonnade und die Arkade zwischen beiden Tür- men wieder zugänglich. Damit ist das »Pfingstberg-Wunder« als ein Ergebnis der kontinu- ierlichen und engagierten Zusammenarbeit mit dem »Förderverein Pfingstberg e.V.« und den beachtlichen finanziellen Zuwendungen durch Werner Otto, der Hermann Reemtsma Stiftung sowie vielen kleinen und großen Spenden fast vollendet. Zehntausende haben in diesem Jahr erstmals wieder von beiden Türmen die herrlichsten Aussichten auf die Ber- lin-Potsdamer Kulturlandschaft genossen. Neue Ausblicke bot auch die Meierei im Neuen Garten, für die wir ein engagiertes Unternehmerpaar fanden, die dort nach erfolgreicher Sanierung im Sommer eine schnell beliebte Gasthausbrauerei eröffneten. 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 263

2. Investitions- und Restaurierungsmassnahmen 263

Abb. 1 Festakt zur Eröffnung des Nord- und Ostflügels des Belvederes auf dem Pfingstberg. Genaraldirektor Hartmut Dorgerloh, Wilma Simon, Schirmherrin des Wiederaufbau des Belvedere Christina Rau, Bundespräsident Johannes Rau, Werner Otto und Ministerpräsident Matthias Platzeck (v. l. n. r.), (Foto Bundesbildstelle Berlin).

In Berlin konnte mit der Wiedereröffnung des Belvedere im Schlossgarten Charlotten- burg eine wichtige Renovierungsmaßnahme abgeschlossen werden. Das 1788/89 von Carl Gotthard Langhans für König Wilhelm II. erbaute Belvedere beherbergt seit seiner Rekon- struktion nach dem Zweiten Weltkrieg die KPM-Porzellansammlung des Landes Berlin, die vor über 30 Jahren mit dem Erwerb von fast 500 Werken des 18., 19. und frühen 20. Jahr- hunderts aus den drei Berliner Manufakturen Wegely, Gotzkowsky und Königliche Por- zellanmanufaktur gegründet wurde (Abb. 2 und 3). Seitdem war nicht nur die Sammlung um das nahezu Vierfache gewachsen und verlangte nach einem Überdenken der Präsenta- tion, auch der Zahn der Zeit hatte dem romantisch gelegenen »Porzellanschloss« zugesetzt: das Gebäude musste innen wie außen saniert werden. Dem Besucher bieten sich nun drei in sich chronologisch aufgebaute neu und ergänzte Kapitel an, die die wichtigsten Ver- wendungszwecke von Porzellan umfassen. So können je nach Interesse sowohl kunst- als auch kulturhistorische Entdeckungen in der Welt der heißen Getränke oder der Tafelkul- tur gemacht werden. Ein Problem bei der Bewältigung der Baumassnahmen im Bereich der Berliner Liegenschaften der Stiftung stellte die zwar angestrebte, dann aber doch recht kurzfristig abgesagte Amtshilfevereinbarung mit der Berliner Bauverwaltung dar. Hinter- grund ist die Umstrukturierung der Bauverwaltung in Berlin, die zukünftig nur noch für 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:18 Uhr Seite 264

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Abb. 2 Vase mit Ansicht des Schlosses Charlottenburg nach Carl Daniel Freydanck, Modell »Französische Vase No. 6 mit verzierten Henkeln«, KPM Berlin, nach 1849 (Foto Jörg P. Anders, SPSG). 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 265

2. Investitions- und Restaurierungsmassnahmen 265

Abb. 3 Déjeuner-Kofferservice mit Federviehdarstellungen, Modell »Neuzierat«, KPM Berlin, um 1775–1780 (Foto Jörg P. Anders, SPSG). 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 266

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Landesliegenschaften tätig wird. Seit Ende 2002 arbeitet die Senatsverwaltung nur noch ein- geschränkt für die Stiftung und führt nur noch laufende Projekte weiter.

Nur wenige Tage später eröffnete die brandenburgische Kulturministerin, Prof. Dr. Johan- na Wanka – die in diesem Jahr turnusgemäß vom Berliner Kultursenator, Dr. Thomas Flierl, das Amt der Stiftungsratsvorsitzenden übernahm – den Kloebersaal im Marmorpalais. Die Eröffnung war nur dank einer »Anschubspende« des Fernsehmoderators Günther Jauch möglich. Ohne sein vorbildliches, unermüdliches Engagement wäre es nicht möglich gewe- sen, diesen überaus bedeutenden Bauabschnitt zu vollenden und damit das Marmorpalais in seiner Gesamtheit wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit der Restaurierung von vier im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten Wandge- mälden konnte der anspruchsvollste Innenraum im Nordflügel des Marmorpalais wieder- gewonnen werden. August von Kloeber (1793 –1864) schuf die Werke zwischen 1845 und 1847. Die Gemälde knüpfen thematisch an die um 1790 von Christian Bernhard Rode und Johann Christoph Frisch im Hauptbau des Marmorpalais geschaffenen Deckenmalereien an, in denen die antiken Götter als gütige Lenker von Natur und Menschenwerk auftreten. Der Saal wurde ursprünglich als Wohn- und Schlafzimmer und ab 1882 als Speisezimmer genutzt. Da ein Brand 1944 den gesamten Dachstuhl und eines der Wandgemälde vernichtete, wur- den die erhalten gebliebenen Gemälde entfernt und im Depot der Schlösserverwaltung auf- bewahrt. Im Jahr 1961 wurde dort der Kinosaal für das mittlerweile im Marmorpalais behei- matete Armeemuseum eingerichtet und dabei die Stuckmarmorsäulen und Alkovenwände aus dem Raum entfernt. Die Rekonstruktionsarbeiten im Kloebersaal umfassten die Wie- derherstellung der Oberlichtkuppel, der gelben Stuckmarmorsäulen und -pfeiler sowie der Alkovenwände und Türen (Abb. 4). Außerdem wurden Stuckgesims, die Voutenmalerei und die Supraporte restauriert und ergänzt. Während drei der Wandbilder rechtzeitig zur Eröffnung des Kloebersaales an ihren angestammten Platz zurückkehrten, wurde die »Venus« wegen der enormen Bildgröße von ca. 3 mal 5 Metern direkt vor Ort restauriert. Diese öffentliche Restaurierung verlieh dem Kloebersaal eine zusätzliche Attraktivität und war eine der Maßnahmen, die Arbeit der Stiftung der Öffentlichkeit vor Augen zu führen und ein Bewusstsein für die Erhaltung des Kulturerbes zu schaffen.

Erfolgreiche Bau- und Investitionsmaßnahmen sind immer das Ergebnis fundierter Planung. Im Bereich der damit verbundenen Planungsverfahren konnten nach einer Einführungs- phase seit dem letzten Jahr erhebliche Verbesserungen hinsichtlich der anzustrebenden Effizienz des Mitteleinsatzes und der Transparenz der dazugehörenden Verfahren festge- stellt werden. Durch die nunmehr arbeitsfähige Vergabestelle läuft das Vergabewesen der Bauabteilung mittlerweile vollständig über die Vergabestelle nach den allgemein geltenden Regelungen; mit der Übernahme der Vergabetätigkeit aller anderen Abteilungen der Stif- tung durch die Vergabestelle wurde begonnen. Hervorzuheben ist die fachliche Unterstüt- zung und Beratung bei der Einrichtung der Vergabestelle der Stiftung durch das ehemalige Landesbauamt Potsdam. 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 267

3. Neuerwerbungen 267

Abb. 4 Marmorpalais, Kloebersaal mit Alkoven (Foto Wolfgang Pfauder, SPSG).

3. Neuerwerbungen

Die Stiftung kann besonders für den Bereich der angewandten Kunst auf eine Reihe erfolgreicher Neu- und Rückankäufe zurückblicken. Der bedeutendste Ankauf war, wie schon in den letzten Jahren, der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin zu ver- danken. Durch die Bereitstellung umfangreicher Mittel war es möglich, Teile des silbernen Tafelservices Friedrichs des Großen von Christian Lieberkühn d. J., das durch seine Wein- laubzier auf das Engste mit dem Weinbergschloss Sanssouci verbunden ist, für die Hofta- fel- und Silberkammer im Schloss Charlottenburg zu erwerben. Dazu gehören zwei runde und drei ovale prächtige Wärmeglocken und 30 Teller, Vorlegegabeln und ein Vorlegemes- ser sowie andere Besteckteile, außerdem eine große runde Platte zu einer der beiden run- den Wärmeglocken (Abb. 5). Zusammen mit einigen wenigen bereits zuvor durch Schen- kung oder Erwerb zurückgewonnenen silbernen Stücken und den Leihgaben der Stiftung Huis Doorn ist es endlich auch möglich, diese Periode der preußischen Tafelkultur nicht allein mit Teilen der berühmten Porzellantafelservice des großen Königs zu belegen. Für die Epoche des Nachfolgers, Friedrich Wilhelm II., gab es, bedingt durch die Ein- schmelzungen von 1809 für die an Napoleon zu zahlende Kontribution, im preußischen 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 268

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Abb. 5 Runde Wärmeglocke aus dem silbernen Tafelservice Friedrich des Großen von Christian Lie- berkühn d. J., 1747 (Foto SPSG).

Königshaus auch zu Zeiten der Monarchie nur wenige Stücke. Umso erfreulicher ist der Ankauf von zwei kleinen Terrinen des Silberschmiedes Christian Ludwig Müller, die der König bereits als Thronfolger benutzt haben muss. So lassen jedenfalls die Stempel vermu- ten, die auf die Zeit zwischen 1779 und 1785 hinweisen; nach der Thronbesteigung erhiel- ten sie das Monogramm des Königs. Vier kannelierte Kerzenstöcke von Johann Georg Humbert dürften vom Modell her ebenfalls noch gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstanden sein, sind selbst aber spätere Nachlieferungen, nach 1821, an Friedrich Wilhelm III. mit seinem Monogramm. Für diesen König wurde auch das Tablett von Andreas Gottlieb Wachter, Berlin, 1804–15, und ein Satz von zwölf Leuchtern »nach englischem Vorbild« von Humbert & Sohn, Berlin, um 1835, geschaffen. Besonders hervorzuheben ist hier eine Terrine mit Rechaud von Humbert & Sohn, Berlin, um 1830, deren Form so eng an Entwürfe von Karl Friedrich Schinkel an- knüpft, dass hier sein Name als Gestalter genannt werden kann. Vier kleine Salzgefäße in Muschelform auf Dreifüßen mit passenden Löffeln von Carl Ludwig Kraus, Berlin, 1817, gehören zu den schönsten ihrer Art. Diese Silberarbeiten wurden durch Kunsthändler aus Bremen und Berlin in der großen Auktion von Beständen der ehemals königlich preußischen Silberkammer in London für den 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 269

3. Neuerwerbungen 269

Abb. 6 Für das Neue Palais ein Toilettenspiegel mit Allianzwappen Preußen- Schleswig-Holstein, Hermann Julius Will, 1881 (Foto Wolfgang Pfauder, SPSG).

deutschen Kunstmarkt gesichert. Abgerundet werden diese Zugänge noch durch eine Gar- nitur von Dessertbestecken, Berlin, um 1830/40, aus dem Berliner Kunsthandel, die Johann George Hossauer dem Monogramm nach zwischen 1830 und 1840 für Prinzessin Augusta oder Prinz Albrecht von Preußen geschaffen hat. Mit dem Erwerb eines silbernen Toilettespiegels in Formen des Neorokoko mit dem Allianzwappen Preußen/Schleswig-Holstein, der wohl 1881 von Herrmann Julius Wilm anlässlich der Hochzeit des Prinzen Wilhelm und der Prinzessin Auguste Victoria geschaf- fen wurde, ist ein wichtiges Ausstattungsstück der Kaiserzeit für das Neue Palais von Sans- souci zurückgewonnen worden (Abb. 6). Eine weitere Bereicherung für die Hoftafel- und Silberkammer bilden Erwerbungen auf dem Gebiet der Porzellanservice Friedrichs des Großen. Dank der Cornelsen-Kulturstiftung und der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten mit Unterstützung von Ruth Cor- nelsen konnten 26 Teile des Japanischen Services für Sanssouci, das der König während des Siebenjährigen Krieges in der Meissner Manufaktur anfertigen ließ, zurückgewonnen wer- den. Außerdem konnte der kleine Bestand an Geschirrteilen aus dem Meissner Service Friedrichs II. mit den grünen Schuppen und »preußisch-musikalischem Dessin« durch einen der seitlichen Tafelaufsätze ergänzt werden, der ebenfalls 1760/61 entstand. 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 270

270 Die Stiftung im Jahr 2003

Das Meissner Japanische Service des Chinesischen Hauses in Sanssouci wurde später durch das 1769/70 entstandene Japanische Service der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin ersetzt, aus dem von drei noch nachweisbaren Exemplaren einer der Dessertteller im Berliner Kunsthandel erworben werden konnte. Für den Bestand der Gläser des preußischen Hofes sind nach glücklichen Einzelkäufen der letzten Jahre und einer größeren Zahl von Tafelgläsern, die im vergangenen Jahr auf der oben erwähnten Londoner Auktion zurückgewonnen wurden, weitere außerordentli- che Bereicherungen zu verzeichnen. Aus dem ehemaligen Besitz von Wilhelm Schlüter, dem letzten Kellermeister Kaiser Wilhelms II., stammen eine Vierkantflasche (Abb. 7) mit dem gekrönten Monogramm des Kronprinzen Friedrich, Potsdam, vor 1740, 18 verschie- dene Gläsertypen, die 1881– 83 für das Hochzeitsservice des Prinzen Wilhelm von Preußen und der Prinzessin Auguste Viktoria in der Rheinischen Glashütte Köln-Ehrenfeld herge- stellt und bei Moritz Wentzel in Breslau veredelt wurden, zwei Römer, die 1883 als Ge- schenke zur Silberhochzeit des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (Friedrich III.) und der Kronprinzessin Victoria entstanden, zwei Karaffen und drei verschiedene Tafelgläser, die Kaiser Wilhelm II. nach 1907 für die von ihm erworbene Villa Achilleon auf Korfu anferti- gen ließ, sowie zwei Karaffen und 37 verschiedene Tafelgläser des so genannten Glasser- vices »Friedrich der Große«, die vom letzten Kaiser um 1912 in der Schaffgottschen Jose- phinenhütte in Schreiberhau/Schlesien bestellt wurden. Der Bestand an geschnittenen brandenburgischen Gläsern des 17. und 18. Jahrhunderts in den preußischen Schlössern, einst bis zur Zerstörung während des Zweiten Weltkrieges und der Beutenahme durch die Sowjetarmee wohl die bedeutendste Sammlung der Welt, hat ebenfalls eine ganze Reihe von Zugängen zu verzeichnen. Drei Trichterpokale und ein Becher vom Ende des 17. Jahrhunderts sowie drei Deckelpokale (Abb. 8) aus der ersten Hälf- te des 18. Jahrhunderts vervollständigen die stark dezimierte Sammlung von Gläsern, die Prinz Wilhelm (I.) und Prinzessin Augusta im Speisesaal des Schlosses zusam- mengetragen hatten. Mit einem von Gottfried Spiller, dem berühmtesten Glasschneider der kurfürstlich-königlichen Hütte signierten Becherglas mit den vier Jahreszeiten, das um 1710/20 entstand, konnte dank der Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Sie- mens-Kunstfonds und der Ehrhardtschen Stiftung das wohl bedeutendste Glas seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges erworben werden (Abb. 9).

Bei den Gemälden gelang der Rückkauf eines bereits 1699 im Schloss Oranienburg erwähn- ten Bildes von Gerard de Lairesse, »Rast am Brunnen«. Ein ehemals im Schloss Paretz befindliches Pastell, ein Bildnis der Königin Luise nach Johann Heinrich Schröder, kehrte ebenfalls zurück. Für Schloss Rheinsberg konnte der bereits in der Heinrich-Ausstellung gezeigte Entwurf des für den Festsaal im Berliner Palais des Prinzen von Charles Amedée Philippe Van Loo gemalten Gemäldes »Geburt der Venus« angekauft werden, für Schloss Ba- belsberg ein Porträt der Prinzessin Charlotte von Preußen von Heinrich von Angeli (Abb. 10). Für die Geschichte des Parkes Sanssouci ist die Ansicht der Corradini-Vase auf einem Gemäl- de, das August Wilhelm Ferdinand Schirmer zugeschrieben wird, von Bedeutung. 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 271

3. Neuerwerbungen 271

Abb. 7 Vierkantflasche des Kronprinzen Friedrich, Potsdam, vor 1740 (Foto SPSG).

Das Gemälde »Madonna mit Kind und Johannesknaben« aus der Schule des Adriaen van der Werff im Kabinett der Bildergalerie von Sanssouci – eine Rückerwerbung, die bisher ohne historischen Rahmen war – konnte mit einem passenden französischen Rahmen aus London versehen werden. Bei der Erwerbung eines KPM-Porzellanbildes, das die von K. F. Schinkel entworfene Kirche in Berlin-Moabit zeigt, handelt es sich wohl um ein zweites Exemplar des ehemals im Neuen Pavillon in Charlottenburg vorhandenen. Unter den Neuzugängen an Skulpturen ist vor allem der Sandsteinkopf einer der Tugen- den von Johann Peter Benckert aus dem Ehrenhof des Schlosses Potsdam zu erwähnen. Für die Grafische Sammlung/Plankammer gelang u. a. der Rückerwerb einer Reihe von Aquarellen, darunter ein Blick über Schloss Babelsberg auf die Glienicker Brücke von Theo- dor Hennicke, eine Ansicht des Rittersaales im Berliner Schloss von Eduard Gaertner, eine 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 272

272 Die Stiftung im Jahr 2003

Abb. 8 Deckelpolal mit Baccantenzug, Potsdam, um 1725; Deckelpolal mit Wappen, Zechlin, um 1740, Potsdam, um 1720; Deckelpolal mit Jonathan und David, Potsdam, um 1720 (Foto SPSG).

Abb. 9 Becherglas mit den vier Jahreszeiten, aus der Hand des Glasschneiders Gottfried Spiller, signiert, Potsdam, um 1700 (Foto SPSG). 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 273

3. Neuerwerbungen 273

Abb. 10 Heinrich von Angeli: Prinzessin Charlotte von Preußen, Öl auf Leinwand, 67,5 × 57 cm, um 1877, GK I 51164 (Foto Wolfgang Pfauder, SPSG). 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 274

274 Die Stiftung im Jahr 2003

Abb. 11 Franz Xaver Nachtmann: »Partie im Bayrischen Wald«, Aquarell, 24,2 × 18 cm, um 1823 (Foto Wolfgang Pfauder, SPSG). 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 275

3. Neuerwerbungen 275

Abb. 12 A(lbert?) von Keller: »Abtei im Park von Buchenwald«, Aquarell, 22,3 × 26,4 cm (Foto Wolfgang Pfauder, SPSG).

Partie im Bayrischen Gebirge von Franz Xaver Nachtmann (Abb. 11) und eine Landschaft von Carl Graeb und eine romantische Ansicht von A. von Keller (Abb. 12). Ein kleiner Wangentisch aus dem Nachlass des Hofrates Ernst Friedrich Bussler konnte aus dem Besitz seiner Nachkommen erworben werden. Form und Dekor rücken ihn in die Nähe der Entwürfe Schinkels. Er wird im Neuen Pavillon von Charlottenburg verscholle- ne, ähnliche Möbel ersetzen. Ohne die Unterstützung durch die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, den Sie- mens-Kunstfonds, die Erhardtsche Stiftung, die Cornelsen-Kulturstiftung und die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten wäre es nicht möglich gewesen, einen so reichen Zuwachs an größtenteils originalen Stücken aus den Schlössern wieder zu gewinnen. Ihnen allen sei daher besonderer Dank gesagt. Eine Liste der Neuerwerbungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg im Jahr 2003 ist in der anschließenden Chronik abgedruckt. 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 276

276 Die Stiftung im Jahr 2003 4. Ausstellungen und wissenschaftliche Projekte

Die Ausstellung aus Anlass des 200. Geburtstages von Friedrich Ludwig Persius bildete nicht nur den Schwerpunkt der Stiftungsarbeit im Jahr 2003, sie rückte gleichzeitig das noch immer nicht sanierte Schloss Babelsberg wieder in das Bewusstsein der Besucher. Mehr als 31.000 Besucher machten sich auf den Weg nach Schloss Babels- berg, wo über einhundert, zum großen Teil bisher unpublizierte Zeichnungen des Archi- tekten sowie Modelle, Skulpturen, Fotografien und originale Bauteile zu sehen waren. Ein Höhepunkt des ersten Halbjahres war zweifellos die Festveranstaltung anlässlich des 200. Geburtstages von Ludwig Persius am 14. Februar 2003 im Nikolaisaal in Potsdam. Die Festveranstaltung wurde von der URANIA »Wilhelm Foerster« Potsdam e.V., der Stadtver- waltung Potsdam und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gemeinsam organisiert. Die Resonanz im voll besetzten Nicolaisaal war außerordentlich positiv. Die Ausstellung »Kaiserschloss Posen. Von der ›Zwingburg im Osten‹ zum Kulturzen- trum ›Zamek‹« vom 3. August bis zum 12. Oktober 2003 im Neuen Palais stellte einen Bezug zur jüngeren Geschichte der Hohenzollern her. Im Mittelpunkt stand der vorletzte Schlossbau, den Wilhelm II. errichten ließ, und seine wechselvolle Geschichte über das Dritte Reich, die Zeit nach 1945 bis in die Gegenwart. Sie war der Hauptbeitrag der Stif- tung zur diesjährigen Kulturlandkampagne, die unter dem Motto »Europa« stand. Die Aus- stellung, die am 10. November 2003 auch in Poznan eröffnet wurde, war zugleich ein wert- voller Beitrag zum kulturellen Austausch mit Polen und fand in Kooperation mit dem Kulturzentrum »Zamek« statt. Das Jahr begann mit der Ausstellung »Die Welt ein großer Garten. Der Königlich Preußi- sche Hofgartendirektor Ferdinand Jühlke (1815–1893)«. Sie wurde zu Saisonbeginn durch die Finanzministerin des Landes Brandenburg, Frau Dagmar Ziegler, eröffnet und war vom 18. Mai bis 27. Juli 2003 in den Römischen Bädern zu sehen. Hier wurde die Verknüpfung von gründerzeitlicher Gartenkunst, Gartenbau und Landwirtschaft vor Augen geführt, die auch für Sanssouci charakteristisch war, jedoch selten ins Blickfeld gerät. Gartenkunst und der heutige Umgang mit den historischen Gärten sowie Möglichkeiten und Grenzen ihrer Nutzungen war Thema des »Tag des Neuen Gartens« am 1. Juni 2003. Die Ausstellung »Augenblick« dokumentierte Ereignisse und Entwicklungen der ehe- maligen Schlösserverwaltung Potsdam-Sanssouci aus den vergangenen 40 Jahren. Die Foto- grafien des langjährigen Leiters der Fotowerkstatt Roland Handrick waren von August bis Oktober 2003 in den Römischen Bädern zu sehen. Am 24. Oktober 2003 wurde im Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg die Studio- ausstellung »Die Briefsieglerin. Neue Einsichten in ein restauriertes Meisterwerk« von Jean- Siméon Chardin (1699–1779) eröffnet. Die Ausstellung gewährte einen Einblick in die Forschungen zur Entstehungsgeschichte und in die mehrjährige Restaurierung dieses Meis- 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 277

4. Ausstellungen un wissenschaftliche Projekte 277

terwerkes. Die Ausstellung ist das Ergebnis der engen und hervorragenden Zusammenar- beit zwischen Restaurierung und Schlösserabteilung. Sie leitete eine Reihe von kleineren Sonderausstellungen ein, die Spitzenstücke aus dem Bestand der Stiftung unter einem besonderen Aspekt, zum Beispiel der Restaurierung oder der Forschung, zeigen werden.

Seit dem Jahr 2003 wurde mit der Einführung stiftungsinterner Kolloquien zu wichtigen Themen und Projekten der Stiftungsarbeit begonnen. Auch dies ist ein Instrument der inter- nen Abstimmung und Zusammenarbeit. Die Kolloquien sollen der Ideenfindung, Diskus- sion und Abstimmung bei wichtigen Projekten der Stiftung dienen. Ein Ziel ist die Unter- stützung des Entscheidungsprozesses. Es werden auch in Zukunft verstärkt Foren geschaffen, in denen die Grundsätze der Denkmalschutzes diskutiert werden. Dazu gehören interne Kolloquien zu aktuellen The- men. Zum Beispiel hat die Abteilung Restaurierung im November ein Kolloquium zur Frage des Einsatzes von Filzpantoffeln oder anderen Maßnahmen zum konservatorischen Schutz der Fußböden organisiert. Im Ergebnis des Kolloquiums wird nun ein Maßnahmekatalog zur schrittweisen Einführung neuer Schutzmaßnahmen für die Schlossfußböden erarbeitet. Damit geht zumindest in einigen Schlössern die Ära der »Filzpantoffeln« ihrem Ende ent- gegen. Dieses nur scheinbar marginale Thema berührt einen wichtigen Bereich der kon- servatorischen Aufgaben der Stiftung und ist keinesfalls zu unterschätzen. Zu einem internen Werkstattgespräch trafen sich Kunstwissenschaftler, Museologen und Restauratoren der Stiftung mit internationalen Experten auf dem Gebiet des Kunsthand- werkes, um für zwei herausragende französische Kunstwerke des 18. Jahrhunderts aus den Sammlungen König Friedrichs II. eine Restaurierungskonzeption und vergleichbare Stücke zu finden: ein spektakulärer Bronzekronleuchter, den Friedrich II. für das Wohnzimmer seines Bruders Heinrich im Neuen Palais erwarb (vermutlich 1745–1750) und eine Pendule (um 1725), die wahrscheinlich aus dem Nachlass der Madame de Pompadour stammt. Die Rückwand der Uhr ist in kostbarer Boulle-Technik ausgeführt, einer Metalleinlegearbeit in Schildpatt. Beide Stücke sind seit langem dringend restaurierungsbedürftig. Auf Grund kom- plizierter und sehr seltener Techniken konnte die Restaurierung jedoch noch nicht begon- nen werden. Das Werkstattgespräch erbrachte jetzt wichtige neue Erkenntnisse zur Datie- rung und Restaurierung. Sie sollen helfen, die geeigneten Restauratoren für diese schwierige Aufgabe zu finden. Ermöglicht wurde das Werkstattgespräch durch das Getty Grant Pro- gramm. Berichte zu weiteren Kolloquien sind in der anschließenden Chronik abgedruckt.

Ein weiterhin aktuelles Forschungsfeld ist die Provenienzforschung zu Kunstbesitz mit unbekannter Herkunft. Ein Pilotprojekt dazu wurde im Rahmen eines Volontariates bear- beitet. Während dieser Zeit sollten methodische und praktische Erfahrungen gesammelt werden, um die längerfristige Vorgehensweise der Stiftung genauer konzeptionieren zu können. Hierfür wurde der ca. 600 Werke umfassende Bestand der französischen und ita- lienischen Gemälde ausgewählt, von denen sich 80 Gemälde vor 1933 nicht im Besitz der staatlichen Verwaltung der Schlösser und Gärten nachweisen ließen. Als Ergebnis konnte 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 278

278 Die Stiftung im Jahr 2003

eine Liste der Kunstwerke vorgelegt werden, deren Provenienz zwischen 1933 und 1945 ungeklärt ist. Zusätzlich konnten konkrete Angaben zu Werken recherchiert werden, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges über die Auslagerungssorte der staatlichen Ver- waltung der Schlösser und Gärten aus unbekannter Provenienz aufgenommen wurden sowie zu Bildern, die im Zuge der Bodenreform eingelagert wurden.

5. Besucherentwicklung und Marketing

Mit einem Anstieg der Besucherzahlen von über einem Prozent konnte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg den negativen Trend von 2002 umkehren. Besonders erfreulich war dabei der Anstieg in Berlin (8,3 Prozent) und Potsdam (8,2 Prozent). Diese positive Entwicklung ist auf das in beiden Städten verstärkte Marketing zurückzuführen. Die Zahlen machen deutlich, dass durch verbesserte Besu- cherlenkung und gezielte Öffentlichkeitsarbeit Reserven zu mobilisieren sind. Ein spekta- kuläres Beispiel dafür war das , wo eine intensive Öffentlichkeits- arbeit und zahlreiche neue Angebote zu einer enormen Steigerung der Besucherzahlen führten. 2003 konnten knapp 22.000 Besucher gezählt werden, was einen Anstieg der Bescherzahlen gegenüber dem Vorjahr um knapp 340 Prozent bedeutete. Besucherrückgänge mussten dagegen die märkischen Schlösser hinnehmen. Die in den vergangenen Jahren eröffneten Schlösser in Paretz, Caputh und Königs Wusterhausen ver- zeichneten nach den ersten Besucheranstürmen Rückgänge. Schloss Rheinsberg besuchten im Jahr nach der großen Heinrich-Schau knapp 60 Prozent weniger als im Ausstellungsjahr. In Oranienburg, wo zahlreiche Veranstaltungen stattfanden, konnten die Zahlen dagegen um knapp 13 Prozent gesteigert werden. In der Konsequenz dieser Entwicklung sollen ent- sprechend dem »Pilotprojekt« Jagdschloss Grunewald verstärkt Angebote für die märki- schen Schlösser entwickelt und etabliert werden. Im ersten Quartal 2003 gingen sowohl in den Berliner, den Potsdamer als auch in den Märkischen Schlössern die Besucherzahlen durchschnittlich um 13 Prozent zurück, wobei die Märkischen Schlösser, die besonders vom Ausflugsverhalten der Berliner profitieren, mit fast 24 Prozent den stärksten Rückgang aufwiesen. Seit dem April 2003 ist die Tendenz der Besucherzahlen der Stiftung wieder leicht ansteigend. Im April und Mai weisen die Schlös- ser, die insbesondere für die Zielgruppe der auswärtigen Berlin-Touristen von Interesse sind, steigende Besuchstendenzen auf. Im Schloss Charlottenburg/Altes Schloss erhöhte sich die Besucherzahl von ca. –10 Prozent im März auf ca. –2 Prozent im Mai gegenüber den Vor- jahreszahlen, im Neuen Flügel von ca. –3 Prozent im März auf ca. +2,5 Prozent im Mai. Noch stärker war die Entwicklung im Potsdamer Neuen Palais, hier stiegen die Besucher- zahlen in diesem Zeitraum von –22 Prozent auf +12 Prozent an. Der Rückgang der Besu- cherzahlen im ersten Quartal sind u. a. auf den Rückgang der Übernachtungszahlen in Berlin um ca. 4 Prozent und im Land Brandenburg um ca. 9 Prozent sowie auf das Aus- 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 279

5. Besucherentwicklung und Marketing 279

flugsverhalten der Berlin-Touristen während der längeren Kälteperiode zurückzuführen. Ebenso spielte das reduzierte Angebot mangels Personal- und Sachmittel, besonders bei den durch Sonderhaushalte betriebenen Häusern Paretz und Oranienburg, eine Rolle. Der drastische Rückgang im Gruppentourismus in Potsdam von Januar bis März 2003 resultierte wohl zum einen aus dem Rückgang von Touristen aus Japan und den USA, stand aber zum anderen auch im direkten Verhältnis mit dem Insolvenzverfahren der städtischen Marketinggesellschaft PT Potsdam Tourismus GmbH. Im Schloss Cecilienhof als einem unserer besucherstärksten Häuser wurde 2003 ein Besuchsrückgang um 14 Prozent (sowohl Individual- als auch Gruppentourismus) verzeichnet, während in den Schlössern in Pots- dam die Besucherzahlen anstiegen. Das Schloss hatte den höchsten Anteil am Gruppen- tourismus, der von der PT direkt vermittelt wurde. Es gab große Verunsicherungen in der Tourismusbranche, weil die Stadt Potsdam als Hauptgesellschafter lange keine klare Posi- tion bezog und die Vertragspartner über den April hinaus keine konkreten Aussagen erhal- ten konnten. Die ganze Situation wirkte negativ auf das Image der Stadt, was besonders im Gruppentourismus zu spüren war. Die Stiftung hat den Oberbürgermeister und die Stadt- verordneten von Potsdam dringend aufgefordert, hier klare und wegweisende Entschei- dungen zu treffen. Die Stadt Potsdam hat daraufhin dieses Aufgabengebiet zur Neuvergabe ausgeschrieben. Die Stiftung hofft, wieder mit einem stabilen und zuverlässigen Partner in der Stadt arbeiten zu können. Im zweiten Halbjahr 2003 war ein leichter Anstieg der Besucherzahlen zu verzeichnen. Insbesondere ist der Abwärtstrend der letzten Jahre aufgehalten worden, ganz im Gegen- satz zu anderen Bereichen in der Tourismusbranche. So konnten durch konzentrierte Maß- nahmen der Besucherlenkung der Stiftung in den Potsdamer Schlössern die Besucherzah- len stabilisiert bzw. erhöht werden. In Berlin stiegen die Besucherzahlen in Charlottenburg wieder leicht an. Sondereröffnungen der Meierei auf der Pfaueninsel und der »Moschee« waren ebenfalls sehr erfolgreich. Dagegen waren die Besucherzahlen der Märkischen Schlösser weiterhin rückläufig. Intern und in Zusammenarbeit mit den lokalen Tourismuspartnern und Vereinen wurden Konzepte entwickelt, um diese Tendenz aufzuhalten. So fand in jedem Monat eine beson- dere Veranstaltung in jedem der Schlösser statt. Außerdem wurde das Programm für die Märkischen Schlösser unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Bewerbung gestaltet – gut besuchte Schlösser werben für Schlösser mit geringen Besucherzahlen. Die Stiftung reagierte auf die Besucherentwicklung u. a. durch mittel- und langfristige Marketingmaßnahmen, durch die Beteiligung an großen Tourismusveranstaltungen wie der Internationalen Tourismusbörse ITB sowie mit einer Besucherbefragung als Instrument der Ursachenforschung (April bis September 2003). Die Besucherstatistik zeigte, dass konkre- te Werbemaßnahmen zu einem deutlichen Besucheranstieg führten. Mittelfristig muss die Stiftung eigene Werbeaktionen durchführen, auch auf ausländischen Märkten, die aber kostenintensiv sind. 22_II-Arbeit_257-280 20.02.2005 16:19 Uhr Seite 280

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Die fünfte Potsdamer Schlössernacht am 16. August 2003 stand unter dem Motto »Geist, Glanz und Genuss – Sanssouci und Europa«. Im illuminierten Schlossgarten Sanssouci konnten die Besucher auf mehr als zehn Bühnen ein opulentes europäisches Programm aus Theater und Musik, Literatur, Tanz und Kleinkunst erleben. Geöffnet waren das Neue Palais, die Bildergalerie, die Neuen Kammern und das Chinesische Haus. Weitere Veranstaltungen, bei denen die Stiftung Gelegenheit hatte, sich in der Öffent- lichkeit erfolgreich zu präsentieren, waren die Lange Nacht der Museen in Charlottenburg und Grunewald (30. August), der Tag des offenen Denkmals (14. September) und erstma- lig der Weihnachtsmarkt in Grunewald (7. Dezember).

Zu erwähnen ist schließlich wieder die erfolgreiche Kooperation mit den Musikfestspielen Potsdam, die mit ihren Konzerten, Theateraufführungen und thematischen Führungen auch im Jahr 2003 Tausende Besucher in die Orangerien im Park Sanssouci und im Neuen Garten, in die Neuen Kammern und vor das Neue Palais führten. Im Jahr 2003 wurden folgende Maßnahmen des Marketingplans umgesetzt: Die so genannten Sonntagsführungen wurden wieder auf einer Gratis-Postkarte publik gemacht sowie ein Veranstaltungsprogramm für die Märkischen Schlösser gedruckt. Zur Besucher- lenkung sowie als Serviceangebot wurden Faltblätter mit »Rundgängen in historischen Gär- ten« zunächst für den Park Sanssouci und den Neuen Garten entwickelt. Die Faltblätter wurden in den jeweils angrenzenden Schlössern verkauft. An den wichtigen Parkeingän- gen sowie an den großen Parkplätzen wurden Automaten installiert, in denen die Pläne ebenfalls erhältlich sind. Mitarbeiter mit Besucherkontakt (Schlossführer, Kassenkräfte) erhielten weitere Schu- lungen in den Bereichen Telefonservice, Kommunikation und Konfliktmanagement. Neben den Mitarbeitern in den Gärten und den Schlossführern und Kassenkräfte wurden auch die Mitarbeiter auf der Fähre zur Pfaueninsel mit einer einheitlichen Dienstkleidung ausge- stattet. Zur Besucherlenkung wurden sieben Faltblätter für Einzelschlösser erstellt. Die Reihe der kostenlos erhältlichen Faltblätter wird um weitere zehn Schlösser ergänzt. Grafisch auf die Schlösserfaltblätter abgestimmt ist eine erste Serie mit sieben Imageplakaten erschie- nen. Nach dem Relaunch des Internetauftritts der Stiftung steht nun eine wesentlich benut- zerfreundlichere Homepage im Netz, die kontinuierlich erweitert wird.