Teil 2: Dresdner Verbindungen
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‚Lebenslange Gemeinschaft statt anonyme Massen- universität‘ – mit solchen Worten werben studenti- sche Verbindungen (auch Korporationen genannt) unter den Erstsemestern um Neumitglieder. Was nach Ersatzfamilie klingt, wird vor allem mit Traditionen und angeblich „zeitlosen Werten“ begründet. Zu diesen gehören bunte Mützen und Bänder, Degen und Wappen, rituelle Abendveranstaltungen und jahrhun- dertealte Lieder sowie eine Sprache, die für Außen- stehende kaum zu enträtseln ist. Die meisten dieser Verbindungen sind reine Männerbünde. Kritiker:innen werfen ihnen häufig eine elitäre und frauenfeindliche Haltung, nicht selten sogar explizit extrem rechte Einstellungen vor. Der StuRa der TU Dresden hat sich der Aufgabe gewidmet, Fakten von Klischees zu tren- nen und das deutsche Verbindungswesen allgemein wie auch vor Ort genauer unter die Lupe genommen. Band 2 schaut sich die Dresdner Situation an: Welche Verbindungen gibt es hier, wie sind sie untereinander vernetzt und wie positionieren sie sich öffentlich? Vor allem das Netzwerk rund um die Dresdner Burschen- schaften, die wiederum eng mit Pegida, Identitärer Bewegung und AfD verbunden sind, verdient besonde- re Beachtung, denn Dresden ist für die Neue Rechte in Deutschland längst zu einem Ausnahmeort geworden. Teil 2: Dresdner Verbindungen stura.link/refpob WHAT.StuRa.TUD StuRaTUD WHAT_StuRa_TUD StuRaTUD IMPRESSUM AUSGEFUXT – Kritik an studentischen Verbindungen Teil 1: Geschichte und Gegenwart Auch als pdf verfügbar unter: stura.tu-dresden.de/ausgefuxt 1. Auflage - Dezember 2017 Redaktionsschluss: Oktober 2017 Herausgegeben durch die Referate WHAT, Politische Bildung, Hochschulpolitik und Öffentlichkeitsarbeit des Studentenrates (StuRa) der Technischen Universität Dresden Postanschrift: StuRa der TU Dresden Helmholtzstr. 10 01069 Dresden stura.tu-dresden.de Besucheradresse: Haus der Jugend George-Bähr-Str. 1e 01069 Dresden V.i.S.d.P.: Paul Hösler, Geschäftsführer für Hochschulpolitik Redaktion: Referat WHAT, Referat für politische Bildung, Stefan Taubner, Julia Gleu, Holger Herzberg Eigentumsvorbehalt: Dieser Reader bleibt bis zur Aushändigung an den/die Adressat:in Eigentum des/der Absender:in“. „Zur-Habe-Nahme“ ist keine Aushändigung im Sinne dieses Vorbehalts. Nicht ausgehändigte Exemplare sind unter Angabe von Gründen an den/die Absender:in zurückzusenden. VORWORT INHALT LIEBE STUDIERENDE UND INTERESSIERTE, in euren Händen haltet ihr „studentischer Kultur“ die Rede Vorwort Seite 4 gerade den zweiten Teil unserer ist und die eine oder der andere Publikation Ausgefuxt über das sich das mit dem „Keilenlassen“ Zur Einführung: Kritik studentischer Seite 6 Verbindungen in Dresden und andernorts studentische Verbindungswesen. vielleicht noch mal überlegt. Während der erste Teil sich dem Abschließend findet ihr noch ein Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia & Burschenschaft Seite 12 deutschen Verbindungswesen umfangreiches Glossar, in dem Arminia zu Leipzig in Dresden aus verschiedenen Perspektiven typische Begriffe aus der Ver- widmet und die politische Rolle bindungswelt erläutert werden, Dresdener Burschenschaft Salamandria Seite 18 der Korporationsverbände unter- was zum Verständnis manchmal ADV Regina Maria-Josepha Seite 22 sucht, steht im zweiten Teil die nötig sein wird. Dresdner Verbindungsszene im KDStV Chursachsen Seite 26 Mittelpunkt. Die Verfasser:innen dieser Publikation leben oder Diese Publikation gehört zum Zusammenhalt in Dresden. Die Dresdner Verbindungen und die Seite 29 Gesellschaft zur Förderung Studentischer Kultur lebten in Dresden und hatten Nachfolgeprojekt des 2010 erschienen Readers “Ein alter schon öfters persönlichen Kon- Exkurs: Die Voltas Seite 34 takt zu verschiedenen Korporati- Hut“, mit dem sich das Referat onen. Ihr Blick ist dennoch der für politische Bildung im Stura Bericht: Die Ringvorlesung „Füxe, Kneipen und Couleur“ Seite 36 von Außenstehenden und kei- der TU Dresden zum ersten Mal Corps Teutoni a Seite 38 ne:r von ihnen hat die korporier- den ansässigen Korporationen widmete. Bei dieser komplett te Sozialisation durchlaufen. Interview mit dem Corps Teutonia Seite 39 Verbindungen sind aber meist überarbeiteten und erweiter- keine Geheimbünde und treten ten Neuauflage als Gemein- Corps Silvania Seite 42 auf die eine oder andere Weise schaftsprojekt des Referats für Turnerschaft Germania Seite 44 an die Öffentlichkeit. Dieses politische Bildung und des Referats WHAT wurden wir au- öffentliche Wirken, sei es über VDSt Dresden Seite 47 Veranstaltungen, Publikationen, ßerdem vom Referat für Hoch- Homepages oder Facebookauf- schulpolitik unterstützt. Damals Weitere Verbindungen in Dresden Seite 50 tritte, bildet den Untersuchungs- wie heute gilt aber, dass wir mit Interview mit der AMV Arion Seite 54 gegenstand der vorliegenden unserer Arbeit der Entwicklung frei individualisierter Menschen Betrachtungen. In Dresden ist Identitäre Kreise: Die Neue Rechte und die studentischen Seite 56 in den letzten Jahren rund um und der gesellschaftlichen Verbindungen in Dresden Pegida und die Neue Rechte viel Bewusstwerdung des Individu- passiert, was einen genaueren ums Vorschub leisten wollen. Glossar Seite 72 Blick auf die Netzwerke und Ent- Die kritische Hinterfragung von wicklungen, an denen auch viele und Aufklärung über Gemein- Korporierte mitbeteiligt sind, schaften, die wie studentische lohnt. Für eine umfassende Verbindungen um ihrer selbst Kritik des Korporationswesens willen bestehen, gehören zu den empfehlen wir hier die Lektüre Bestandteilen dieser Arbeit. des ersten Teils unserer Publi- WIR BEDANKEN UNS BEI LUCIUS kation. Wer detailliert wissen TEIDELBAUM SOWIE ALLEN will, was in Dresden in diesem UNTERSTÜTZER:INNEN FÜR HILFE Milieu passiert ist und wie die UND FEEDBACK UND WÜNSCHEN EINE verschiedenen Verbindungen in ERKENNTNISREICHE LEKTÜRE! den letzten Jahren versuchten, an Einfluss zu gewinnen, fin- det dagegen hier die passenden Informationen – damit zwei Mal hingeschaut wird, wenn von Seite 4 Seite 5 Mitgliedschaft, das basisdemo- Auseinandersetzung war der ausgerichteten Corps entstan- leicht noch mit anderen einen Couleur-Tragen und Teile der ZUR EINFÜHRUNG: kratische Conventsprinzip und Beginn der universitären Son- den an den Universitäten, wo akademischen Fechtkampf unter verschiedenen Regelwerke dem ein festes, auf jahrhundertealten derrolle, der so genannten „aka- sie zum Teil sogar den Rückhalt der Gefahr, sich stark bluten- aristokratischen Anspruch der Traditionen beruhendes Regel- demischen Freiheit“, mit dem der Obrigkeit fanden. Einen de Wunden zuzuziehen, zu studentischen Kultur entstam- werk (Comment) und Liedgut. die Angehörigen der Universität Schritt weiter in diesem Prozess liefern? Das Hauptargument, men, wurden der Lebensbund- KRITIK Dazu kommt noch die Couleur, und damit auch die Studenten gingen schließlich die Burschen- mit dem Verbindungen heute gedanke und das demokratische länger- schaften, die ab 1815 mit dem um Nachwuchs werben, heißt Conventsprinzip durch den bür- Der Erst- fristig Zusammenschluss von fünf Gemeinschaft. Der entschei- gerlichen Emanzipationsprozess chargierte STUDENTISCHER VERBINDUNGEN Landsmannschaften in Jena zur dende Hintergrund des Verbin- und die Französische Revolution in Vollwichs fordert von der also die IN DRESDEN UND ANDERNORTS „Urburschenschaft“ entstanden. dungswesens im 21. Jahrhundert geprägt. Mit der obrigkeitsstaat- Corona ‚Silentium‘, um mit dem Symbole Sie kämpften gegen die Zersplit- ist die sich selbst genügende lichen Einigung Deutschlands Hochoffiz beginnen zu kön- und Farben einer Verbindung, dem Adel Herrschaftsrechte terung Deutschlands und (vor Gemeinschaft, und alle Formen 1870/71 und der gesamtdeut- nen.1 Nichts verstanden? Das ist die sich meistens in einer gewis- streitig machten. Eine der allem in der ersten Hälfte des und Verhaltensweisen, die man schen Etablierung der Duellge- wenig verwunderlich, erwecken sen Uniformierung widerspie- zeitweiligen Konsequenzen war 19. Jahrhunderts) überwiegend aus vergangenen Jahrhunder- sellschaft aus Adel und oberem doch studentische Verbindun- gelt, aber einige Verbindungen schließlich das Tragen von Waf- für demokratische Reformen, ten übernommen hat, werden Bürgertum als staatstragender gen nicht selten den Eindruck (die sogenannten „farbenfüh- fen und Uniformen, die an jener bedienten sich dabei aber stark mit der Gemeinschaftsbildung Schicht wurde der in Deutsch- einer unbekannten Welt mit renden“) zeigen ihre Farben Kleidung des Adels angelehnt einer nationalen Romantik. begründet, egal, ob es um das land ohnehin sehr schleppend vielen Eigenheiten und einer nur zu besonderen Anlässen waren.2 Vor allem die Organisie- Mit der Gründung des Kaiser- Tragen der Couleur, das Lebens- verlaufende bürgerliche Eman- Sprache, die nur Eingeweih- nach außen. Darüber hinaus rung der Studenten in Gruppen reichs war die demokratische bundprinzip oder das Pflicht- zipationsprozess weitestgehend te verstehen. Viele Menschen gibt es noch Verbindungen, die unterstützte die Entwicklung Entwicklung ohnehin weitge- schlagen geht.3 Die entscheiden- beerdigt. Die studentischen Ver- wissen sogar nur etwas mit dem das akademische Fechten, das und stärkte deren Rolle in den hend hinfällig. Der Adel führte de Kritik am Verbindungswesen bindungen repräsentieren daher Begriff „Burschenschaften“ sogenannte Schlagen, praktizie- gesellschaftlichen Auseinander- die deutsche Einigung herbei zielt also auf das (oft unreflek- mit ihren gerne als „zeitlose anzufangen – und ordnen gleich ren. Die für viele heute seltsam setzungen. Im 18. Jahrhundert