Das Netzwerk Fußball Im Sog Seines Freundes Michel Platini Steuert DFB-Präsident Wolfgang Niersbach Höhere Würden An
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DFB-Chef Niersbach Das Netzwerk Fußball Im Sog seines Freundes Michel Platini steuert DFB-Präsident Wolfgang Niersbach höhere Würden an. Wird der Franzose neuer Fifa-Präsident, kann der frühere Sportjournalist an die Spitze der Uefa rücken. Von Jörg Kramer 94 DER SPIEGEL ;8 / :89< Sport n Prag brennt die Sonne, auf den Korb - halter des neuen Königs im Weltfußball. Anführer des mitgliederstärksten Natio - sofas im Schatten ist es auf der Hotel - Denn Uefa-Chef Michel Platini, mit dem nalverbands nicht eine Haltung ausstrah - Iterrasse gut auszuhalten. Beim Meeting er freundschaftlich verbunden ist, ein er - len sollte, für etwas stehen muss. Außer des europäischen Verbands Uefa stehen klärter Gegenspieler und früherer Protegé für gute Laune. Kracher wie der Bericht der Finanzkom - Blatters, wird wohl seine Kandidatur für Immer ist es gleich lustig mit ihm, leicht mission auf der Tagesordnung. DFB-Chef den Fifa-Thron bekannt geben. entsteht eine Vertrautheit. Prag, klar. 1978 Wolfgang Niersbach, auch Uefa-Vorstand, In den vergangenen Wochen seien Stim - sei er erstmals hier gewesen, um von der hat sich in der Sitzungspause zu den Jour - menversprechen für Platini eingesammelt Eishockey-WM zu berichten. Es war nalisten gesellt. Die meisten Reporter sind worden, heißt es in Uefa-Kreisen, Stimmen schwierig, die Texte durchzutelefonieren. Deutsche. Ein Heimspiel in Prag. von den Konföderationen Asiens, Südame - Niersbach war für den Sport-Informations- Ein britischer Agenturjournalist stellt sich rikas sowie Nord- und Mittelamerikas, Dienst bei zehn Eishockey-Weltmeister - dem DFB-Präsidenten vor. Man kenne sich das würde reichen. Eine Uefa-Abordnung schaften, drei Olympischen Winterspielen, vom Dezember 1992 in Porto Alegre, Niers - ist angeblich sogar nach Afrika gereist, das vier Fußball-Weltmeisterschaften, drei Eu - bach war DFB-Pressechef, Deutschland hat - traditionelle Hoheitsgebiet Blatters, um ropameisterschaften. Mit 26 wurde er te gegen Brasilien verloren – „0:2?“, schätzt dort um Unterstützung für Platini zu wer - schon Fußballchef. der Brite. Falsch, korrigiert Niersbach, „1:3. ben. Und sollte der Franzose tatsächlich In diesem Alter führt man besser nicht Sammer hat das Tor geschossen“. Staunen, Blatter beerben, gilt Niersbach als der Kan - gebieterisch. Den kollegialen Stil hat er Gelächter. Der Mann punktet fast immer didat für Platinis Nachfolge an der Spitze beibehalten. Verbündete rühmen seine Be - mit seinem statistischen Fußballwissen. der Uefa. scheidenheit und führen als Belege an: Den leutseligen Deutschen finden die Niersbach spricht nicht über internatio - kein Chauffeur, regelmäßige Besuche in meisten sympathisch. Es ist ein Montag nale Karriereziele. Doch hindert er gute der einfachen Stammkneipe am Wohnort Ende Juni, gerade sind Deutschlands Ju - Freunde nicht, seinen Aufstieg öffentlich Dreieich-Götzenhain. Bei der National - nioren bei der EM in Tschechien vermöbelt zu empfehlen. Zuletzt meldeten sich Her - mannschaft duze ihn der Zeugwart. worden, 0:5 gegen Portugal in Olmütz, die bert Hainer, als Chef von Adidas ein alter Niersbach-Kritiker sind in der Minder - Fußballwelt redet von Joseph Blatters kor - Geschäftspartner, sowie der einflussreiche heit. Sie beanstanden: Er sei ein Neidham - rupter Fifa. Doch Niersbach schafft es, eine „Bild“-Kolumnist Alfred Draxler in diesem mel. Ihm fehle gesunde Härte. Er sei Rhein - dröge Funktionärsveranstaltung aussehen Sinne zu Wort. Niersbach selbst gibt sich länder von Gemüt und verdränge Unan - zu lassen, als sei er derzeit der Hauptdar - schüchtern. „Traut ihr mir denn zu, dass genehmes. steller. ich mir das zutraue?“, fragt er amüsiert „Leute“ nennt Wolfgang Niersbach jo - Er macht das geschickt. Gegen Ende der die Reporter. vial den Pressepulk, als er den Uefa-Ein - Sitzung übermittelt er seinem Sprecher Der frühere Sportjournalist ist als Funk - heitsanzug trägt, das blaue Einheitshemd eine Nachricht aufs Handy, der informiert tionär frei von missionarischem Eifer. Nach und die karierte Uefa-Krawatte. „Leute, draußen die Reporter: In fünf Minuten der bleiernen Zeit zum Ende der Ära sei - entspannt euch!“ Es gebe „keine neuen komme der DFB-Chef raus. Presse und nes Vorgängers Theo Zwanziger, der den Aspekte“. Vor der Kamera ist er in seinem Fernsehen versammeln sich also am Aus - Deutschen Fußball-Bund zur Sozial- und Element. Wenn er dann dauernd das Ge - gang, Niersbach kommt, blickt mit gespiel - Bildungsinstitution umbauen wollte und wicht von einem Fuß auf den anderen ver - tem Erstaunen auf die Meute, schlägt einen mit seinem Sendungsbewusstsein den Mit - lagert, gibt er dem Routinevorgang, dass Gang ins Freie vor. arbeitern auf die Nerven ging, wirkte jemand im Funktionärsanzug ein State - Und so zieht er vor den Augen der ver - Niersbachs Pragmatismus beinahe befrei - ment abgibt, eine heitere Note. Er tänzelt. blüfften Kollegen aus dem Exekutivkomi - end. Er rief zur Rückkehr zum „Kern - Irgendwann muss es angefangen haben, tee der Uefa einen Rattenschwanz von geschäft“ auf. dass der Journalist Niersbach, 1988 zum Journalisten hinter sich her. Für ihn ist der Verband eine Verwaltung, DFB gekommen, nach den Stationen Der Mann ist wichtig, das hat jetzt auch die Fußballspiele organisiert. Niersbach ist Pressechef, Vizepräsident des WM-Orga - der Letzte gemerkt. Seit Niersbach, im ein Fan, das macht ihn beliebt. Er erfand nisationskomitees, DFB-Generalsekretär Prinzip noch ein Neuling in den interna - den Club der Nationalspieler, in dem sich tionalen Gremien, vor Wochen ein Strate - die Ehemaligen treffen, er schickte den ge - giepapier zur Reform der Fifa verbreitet wonnenen WM-Pokal auf eine Ehrenrunde ) . R ( hat, zählt er zum Kreis der Akteure in der in die Amateurvereine. Noch heute kann S S E Weltpolitik des Fußballs – kein Zuschauer er sagen, von welchem Strafraumeck der R P E R mehr, ein Ambitionierter. Kölner Heinz Hornig beim 2:2 gegen Schal - U T C I Der Skandal um Schmiergelder und Ver - ke 04 im ersten Bundesligajahr 1963 ge - P / E haftungen beim Weltverband bestimmt troffen hat. Vom linken. N I V E auch bei der Uefa die heimliche Agenda. „Vergleichbare Tiefe in gesellschafts - Y E / I Präsident Blatter hat angekündigt, endlich politischen Fragen hat er nicht“, sagt ein K S W sein Mandat zur Verfügung zu stellen, früherer Mitstreiter. „Er tummelt sich im O K B A spielt aber auf Zeit. Vielleicht will er Spu - etwas Seichteren.“ Niersbach würde eine D R O ren verwischen, vielleicht sein Comeback solche Einschätzung nicht als Kritik ver - T K I W vorbereiten. stehen. Er ist nicht zum Bundespräsiden - ; ) . L ( Eine Gruppe um Niersbach, 64, will das ten gewählt worden. Und bei der Uefa S E G verhindern. Sie dringt auf eine Präsiden - muss er vielleicht über den Qualifika - A M I Y tenwahl möglichst noch in diesem Jahr, tionsmodus der Champions League nach - T T E G eine Sondersitzung der Fifa-Exekutive am denken, nicht über Maßnahmen zur Ver - / P U Montag soll den Kongresstermin dafür fest - meidung eines griechischen Staatsbank - L L A G legen. Und sie sucht Unterstützung für ei - rotts. N A E nen gemeinsamen Kandidaten. Aber jetzt ist die Zeit, da die internatio - S : S Wie es aussieht, ist die Lösung gefunden. nale Fußballpolitik einen Neuanfang Uefa-Chef Platini O T O F Demnach wäre Niersbach ein Steigbügel - braucht. Da stellt sich die Frage, ob ein System des Gebens und Nehmens DER SPIEGEL ;8 / :89< 95 Sport Geschmack an Macht und Einfluss fand. „Bild“-Kolumnist Draxler haute Rettig nung zentraler Integritätsprüfungen. Also. Nicht wenige im DFB glauben, dass Präsi - kurz und klein: Als Fußballmanager, Es ist heiß. Einen Apfelwein nehme er dent Zwanziger, als er 2011 vor der Weih - schrieb er, habe dieser Mann „wenig bis noch, ruft Zwanziger. nachtsfeier seinen Rücktritt ankündigte, gar keine Spuren hinterlassen“. Niersbach kann es sich inzwischen ver - nur mal wieder zum Bleiben gedrängt wer - Die Form des Diskurses ist immer gleich. kneifen, zu jeder Attacke des Vorgängers den wollte. Niersbach glaubt das auch. Bewertet wird nicht das Argument, son - Stellung zu nehmen. Das ist seine Stärke. Aber er griff damals nach Zwanzigers Amt. dern nur die Bedeutung des Kritikers. Oder eben die Fähigkeit, Unangenehmes Seit knapp drei Jahren lässt der Vorgän - Wenn ihm Zwanziger zuletzt etwas anhän - zu verdrängen. ger nun keine Gelegenheit aus, seinen gen wollte, stempelte Niersbach den Wes - Niersbach sei „kein Basta-Typ, der auf Nachfolger für irgendetwas zu tadeln – terwälder zu einem wirren Provinzler: den Tisch haut“, meint Michael Vesper, meistens für angeblich mangelndes politi - Zwanziger lebe „in der Isolation“. Damit der Vorstandsvorsitzende des Deutschen sches Gespür. Im Grunde geht es darum, war alles gesagt. Olympischen Sportbundes. „Aber er weiß, dass Niersbach das Amt anders führt. Zwanziger, 70, sieht gut erholt aus. Er was er will.“ Vesper gehört zu seinem Zwanzigers Kampf gegen Homophobie hat im Fußball keine Ämter mehr, er hat Netzwerk. Von der Obersekunda an, die sah so aus, dass der Präsident am Christo - jetzt den Aufsichtsratsvorsitz für ein priva - Niersbach wiederholen musste, ging er in pher Street Day teilnahm. Unter Niersbach tes Gymnasium. Einmal im Monat macht die Parallelklasse auf dem staatlichen Gör - gab der DFB eine Broschüre heraus, eine er eine Woche Urlaub. res-Gymnasium, französisch-humanistisch, Art Leitfaden für ein Coming-out. Zum Gespräch hat er seinen Stamm - in Düsseldorf. Zuletzt ging es Zwanziger immer wieder kroaten in Limburg an der Lahn vorge - Niersbach, dessen Vater 1949 aus briti