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125 Jahre 1881 - 2006 Volksbank in Heeslingen

Jubiläum 2006

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Hans-Georg Bahlburg Aufsichtsratsvorsitzender

125 Jahre 1882 - 2006 Volksbank in Heeslingen

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>> Vorwort zum Jubiläum

Die Zeiten Ende des 19. Jahrhunderts waren von Not und Elend geprägt. Deshalb gehörte schon großer Mut dazu, am 16. Februar 1881 die als Selbsthilfeeinrichtung für Landwirtschaft, Handwerk und Handel gedachte Kasse zu gründen, denn gerade die Menschen im nassen Dreieck zwischen Elbe und Weser darbten. Es gab kaum ein Dorf, aus dem nicht Menschen nach Übersee auswanderten, um ihr Glück in der Neuen Welt zu suchen. Wenn wir heute der ehemaligen Volksbank Heeslingen zum 125. Geburtstag gratulieren, tun wir das mit Respekt vor der Weit- und Umsicht all derjenigen, die die Geschichte der Region und damit der Volksbank geprägt und ihre Entwicklung vorangetrieben haben. Heeslingen kommt im Verbund mit der zur Zevener Volksbank verschmolzenen Einheit eine besondere Bedeutung zu, denn Johann Fiehnen aus Meinstedt, der Initiator, hob 1881 mit einer Schar Aufrechter den „Vorschuß- und Sparverein für das Kirchspiel Heeslingen“ aus der Taufe. Damit war das zweite Geldinsti- tut dieser Art in ganz Niedersachsen geboren.

Die Gründung erwies sich als bahnbrechend für den gesam- ten ländlichen Raum. Allen Mitgliedern der ehemaligen Volksbank Heeslingen gratulieren wir von ganzem Herzen zu dieser denkwürdigen Vergangenheit und uns allen wün- schen wir eine solide und erfolgreiche gemeinsame Zukunft.

Johann Heins Werner Bruns Vorstand Vorstand

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>> Aus der Geschichte der Denn das 400-Seelen-Dorf war das zweite in ganz Niedersachsen, das Volksbank Heeslingen sich Anno 1881 zur Gründung des „Vorschuß- und Sparverein für das Kirchspiel Heeslingen“ durchrang. 31 Bürger aus Heeslingen und den Ohne Vergangenheit keine Zukunft. Dörfern des Kirchspiels genehmigten die Statuten und wählten den ersten Die Genossenschaften führen ihren Ursprung auf die Initiativen des Vorstand ihrer Genossenschaft. Amtsrichters Hermann Schulze aus Delitzsch und des Bürgermeisters Wilhelm Raiffeisen aus Hamm in Westfalen zurück. Unabhängig voneinan- Es unterzeichneten 20 Landwirte, fünf Gastwirte, drei Handwerker, zwei der riefen die beiden Herren 1846 bzw. 1847 Hilfs- und Wohltätigkeits- Lehrer und ein Häusling. Unter Vorsitz des Gemeindevorstehers Dubbels zu vereine ins Leben, um die akute Not der damaligen Bevölkerung zu lindern Heeslingen, Gastwirt Johann Eckhoff zu Heeslingen als „Rechnungsführer, und ihr Unterstützung zu gewähren. Während Raiffeisen vor allem die Not zugleich Kassierer“, und Gastwirt D. Fitschen, als „Assistent, oder der ländlichen Bevölkerung und der Bauern im Blick hatte, galt das Vertreter“ wurde Gemeindevorsteher Johann Fiehnen aus Meinstedt zum Augenmerk Schulze-Delitzsch in erster Linie den Gewerbetreibenden. 1. Vorsitzenden gewählt. Unter der Regie des strengen Fiehnen wurde das Aber beide gründeten in Anbetracht großer Not die sogenannten Vor- Prinzip der Selbsthilfe, der Selbstverantwortung und der Selbstverwaltung schussvereine oder Darlehnskassenvereine. Kapital sollte angesammelt propagiert. Alle Mitglieder der Kreditgenossenschaften sind zugleich und in Form zinsgünstiger Kredite Landwirtschaft und Gewerbe zur Träger und Kunden ihrer Unternehmungen, die nach dem Prinzip der Verfügung gestellt werden. Die Vorläufer der heutigen Volksbanken wur- Wirtschaftlichkeit ausgerichtet sind, wurde den Heeslingern eingebläut. den aus der Taufe gehoben. Heeslingen hatte da eine besondere Vorreiterrolle.

So beschaulich konnte das Bankgeschäft in früheren Zeiten aussehen. Das kombinierte Wohn- und Geschäftshaus war nur eine der vielen Adressen im Ort. Im Laufe der Jahrzehnte wechselte die Kasse mehrfach die Gebäude.

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Schulze-Delitzsch und Raiffeisen hatten einer Unternehmensform den Mark in der Kasse zur Bezahlung von „Utensilien“ herhalten konnte. Als Weg geebnet, die nicht nur für das 20. Jahrhundert Bestand haben sollte, erster Geschäftsraum des Heeslinger Geldinstituts diente ein Zimmer im sondern auch zukunftsweisend im Hinblick auf seine demokratische Haus von Rechnungsführer und Gastwirt Johann Eckhoff (heute Bunsel- Verfassung war. Auch im 21. Jahrhundert sind die Genossenschaften in der meier). Die Buchführung verdiente die hochtrabende Bezeichnung nicht, Bevölkerung weit verankert. Sie gelten als urdemokratisches Element des war sie doch allenfalls mit der Betreuung einer Vereinskasse gleichzuset- Wirtschaftslebens, weil es Personen- und keine Kapitalgesellschaften sind. zen. Alljährlich wurde zwar auf der Generalversammlung eine dreiköpfige Die Genossenschaften sind der Teig der sozialen Marktwirtschaft, der vor Revisionskommission gewählt, die die Bücher zu prüfen hatte. Aber die Prüfer allem in den letzten fünfzig Jahren den Wohlstand in Deutschland aufge- waren ebenso laienhaft ausgebildet wie die Geschäftsführung der Bank. hen ließ. Es kam, wie es kommen musste: Nach Überprüfung der zurückliegenden Die Geschichte der Volksbank Heeslingen ist eine Erfolgsgeschichte. Nach Jahre musste die Geschäftsleitung kleinlaut einräumen „von Anfang an“ zu kleinsten und bescheidensten Anfängen zum Ende des 19. Jahrhunderts üppige Dividenden ausgeschüttet zu haben. Das Heeslinger Geldinstitut dokumentiert sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts in ihren Bilanzen ebenso buchte innerhalb weniger Jahre ein stattliches Defizit von 1.363,14 Mark. wie in einem großzügigen Zweckbau eine 125-jährige Erfolgsgeschichte. Dennoch war die Zahl der Mitglieder Ende 1885 auf 77 angewachsen, die Die Geschiche der Volksbank ist mit der Geschichte der Börde Heeslingen bei der nächsten Generalversammlung 10 Mark Eintrittsgeld zu zahlen eng verknüpft, weil durch das genossenschaftliche Prinzip eine Vielzahl hatten. Eine stolze Summe, wenn man bedenkt, dass der „Assistent“ mit von Bürgerinnen und Bürgern als Mitglieder wie als Kunden direkten Anteil 50 Pfennig pro Sitzung nach Hause geschickt wurde. Die Bildung eines am Wohl und Wehe der Bank hatten und haben. Auch vor dem Hinter- Reservefonds lehnte die Generalversammlung übrigens zum wiederholten grund der 1998 erfolgten Fusion mit der Zevener Volksbank. Frauen konn- Mal kategorisch ab. Nach dem Tod des alten Vorstandsvorsitzenden ten in Heeslingen übrigens schon vor 125 Jahren als Mitglieder aufgenom- Gastwirt Johann Ficken am 20. Februar 1886 wurde am 11. August 1888 men werden. Der Vorstand durfte an Vereinsmitglieder beiderlei Ge- im Verlauf einer außerordentlichen Generalversammlung Lehrer Haar zu schlechts Darlehen bis zu einer Höhe von 150 Mark gewähren. Wenn ein Heeslingen zum nächsten Vorsitzenden des Vorstands gekürt. einfacher Schuldschein als Sicherstellung nicht genügte, mussten jedoch Offensichtlich hatten die Genossen aber vergessen, ihren Bürgen oder mündelsichere Wertpapiere nachgewiesen werden. Die Vorstandsvorsitzenden auch eine Mitgliedschaft zu verordnen. Lehrer Haar Mitglieder wollten Null-Risiko, aber Gewinne. So wurden denn auch bei führte bis 1894 die Geschäfte, ohne je Mitglied geworden zu sein. der ersten Generalversammlung 184 Mark an die berechtigten Mitglieder ausgezahlt, was einer Dividende von vier Prozent entsprach. Am 31. Dezember 1881 zeichneten 57 Mitglieder Anteilguthaben von 5.150 Mark. Die Einlagen bezifferten sich auf 26.760 Mark. 31.100 Mark insge- samt waren verliehen worden, so dass nur noch ein Restbestand von 810

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Anfang 1890 passte Heeslingen das Statut dem neuen Genossenschafts- Pedanterie noch nicht alle Rückstände in die Bücher übertragen hatte. gesetz an. Der „Verwaltungsrath“ firmierte nun als Aufsichtsrat. Und zum Bolte hatte zwar um Aufschub der Revision gebeten, fand aber offensicht- ersten Mal wurde ein Reservefonds aufgelegt und mit 100 Mark angefüt- lich kein Gehör. Bierkamp vermutete also Unterschlagungen, zumal der tert. Das Eintrittsgeld wurde auf stolze 20 Mark angehoben, was die Zahl konfuse Bolte die geforderten Unterlagen und Belege nicht sofort beibrin- der Mitglieder auf Heeslingens Finanzelite beschränkte. Eigenkapital und gen konnte. Bierkamp machte sich noch am Prüfungsabend auf die Einlagen von insgesamt 200.000 Mark sicherten der noch kleinen, aber Strümpfe, um Amtsrichter Krogmann um 21.30 Uhr Bericht zu erstatten. feinen Bank eine solide Basis. Krogmann war offenbar nicht zu Hause, so dass Bierkamp Amtsanwalt Windhausen heimsuchte. Bierkamp zeigte Ernst Bolte an und forderte Das Protokoll der Volksbank Heeslingen weist 1894 aus, dass der dama- strafrechtliche Maßnahmen. Anwalt Windhausen bremste den eifrigen lige Gemeindevorsteher Johann Martens aus Heeslingen zum Vorstands- Bierkamp und riet zur Prüfung der Belege am nächsten Tag. Wo Bierkamp vorsitzenden gewählt wurde. Dem gleichen Protokoll ist zu entnehmen, die Nacht in verbracht hatte, ist nicht überliefert. Überliefert ist aber, dass Kaufmann Ernst Bolte als Rechnungsführer verpflichtet wurde. Ihm dass Bierkamp sich am nächsten Morgen telefonisch bei Bolte in der wurde ein Jahresgehalt von 300 Mark zugestanden. Obwohl Bolte als Heeslinger Posthalterei meldete und die sofortige Einberufung von Vorstand Rechnungsführer dem Vorstand angehören musste, ist aus den Annalen und Aufsichtsrat verlangte. Bierkamp hatte sich so sehr in seine nicht ersichtlich, dass er je dazu gehört hat. Vermutlich ist die Frage der Unterschlagungstheorien verstrickt, dass er die sofortige außerordentliche Vorstandszugehörigkeit in der Aufregung um die „untreue Kassenführung“ Generalversammlung und die Suspendierung Boltes forderte. Die außeror- durch Amtsvorgänger Eckhoff untergegangen, der holterdiepolter aus der dentliche Prüfung leitete der beeidigte Bücherrevisor Borgstedt aus Genossenschaft verbannt wurde. Rechnungsführer Bolte war übrigens der Bremen. Nachdem Bolte seine Rückstände aufgearbeitet hatte und alle Erste, der die Prinzipien ordnungsgemäßer Buchführung beherrschte. Bolte erforderlichen Belege vorweisen konnte, fiel das ganze galt als Eigenbrötler, als kontaktscheuer Pedant, der mit dem hochdeut- Unterschlagungskonstrukt in sich zusammen. Bolte stand mit weißer schen „Sie“ die Heeslinger auf Distanz hielt. Leutselig wurde er erst ab Weste da, Bierkamp schlich geknickt von dannen. einem bestimmten Alkoholpegel. „Bedienen“ konnte er sich bei seiner Mutter. „Bultes Mudder“ stand hinter dem Tresen des Kaufmannsladens, der, eingeklemmt zwischen Posthalterei und „Sparkasse“, das Herzstück des Bolte-Anwesens bildete. Soweit überliefert, erfolgte unter Bolte die erste Bilanzveröffentlichung 1894. Die Revision folgte ein Jahr später sozu- sagen auf dem Fuß. Sinnigerweise entsandte das Königliche Amtsgericht in Zeven ausgerechnet die Konkurrenz. Sparkassenrendant Wilhelm Bierkamp rückte aus zur Prüfung der Bücher in Heeslingen an. Für Bierkamp war es ein gefundenes Fressen, dass Bolte in seiner

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So war das früher: Als Gipfel der Diskretion galten die Trennscheiben, die Vertrau- lichkeit beim Kundengespräch dokumentieren sollten. Ausdruck höchsten technischen Komforts.

Doch trotz Rehabilitation Ernst Boltes war der Frieden in Heeslingen noch nicht wiederhergestellt. Der Sparkassen-Rendant, der die Schlappe nicht einfach wegstecken mochte, regte an „ob es sich nicht empfiehlt, nach vollständiger Regelung der Verhältnisse die Kasse einfach eingehen zu las- sen“. Der Rendant schlussfolgerte: „Allein die Thatsache, daß etwa 50.000 Mark einfach bei einer anderen Genossenschaftskasse (Central- Genossenschaftskasse für Niedersachsen in Hannover) in Verzinsung gegeben werden, läßt erkennen, wie wenig Bedeutung die Heeslinger Kasse als „Credit-Institut“ hat.“ Letztlich wurde Ernst Bolte dann aber doch seine säumige Buchhaltung zum Verhängnis. In regelmäßigen Abständen gab es zwischen 1906 und 1916 immer wieder Hinweise darauf, dass Bolte mit seiner Arbeit nicht zu Potte kam. Die Verbandsprüfer bezweifel- ten gelegentlich sogar die in den Bilanzen eingestellten Zahlen. Angesetzte Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen platzten, weil die Buchungsrückstände gravierend waren. In der Sitzung vom 3. März 1917 zogen die Mitglieder schließlich die Reißleine und stellten dem Rendanten Schon Anfang der 30er-Jahre war Bolte anheim, sein Amt bis zum 1. April 1917 niederzulegen. Kriegsheim- Heeslingen mit der Technik auf neues- tem Stand: Rechen-, Buchungs- und kehrer Maurermeister Heinrich Heins wurde im Mai 1917 die Kassen- Saldiermaschinen. führung übergeben. Mit Heins wehte ein frischer Wind: Bezahlt wurde der neue Geschäftsführer nach Buchungsposten im Tagebuch. Für jede Eintragung konnte er sich am Monatsende 50 Pfennig abheben. Bald überschreiten die Einlagen, die lange vor sich hin gedümpelt hatten, die Grenze zur ersten Million.

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Der Scheckverkehr wird eingeführt, das Eintrittsgeld auf fünf Mark redu- Unter der rührigen und umsichtigen Leitung des Rendanten „Bank-Heins“ ziert und die Pflichteinzahlung auf den Geschäftsanteil auf zehn Mark gewinnt die Kasse zunehmend an Bedeutung und genießt einen beachtli- beschränkt. Am 27. Dezember 1923 schlug das Schicksal zu: Die verhee- chen Aufschwung. Parallel zu steigenden Rücklagen ziehen am Weltwirt- renden Folgen des verlorenen 1. Weltkrieges markierten an diesem Tag schaftshimmel dunkle Wolken auf. Deutschland ächzt unter den Repara- den Höhepunkt der Geldentwertung. Heeslingen registriert einen tionszahlungen. Die Zahl der Arbeitslosen klettert auf sieben Millionen. In Kassenbestand von 844.583.747.420.309,35 Mark! Heute scheint es dieser trostlosen Wirtschaftslage machen sich von 405 Mitgliedern 300 schier unvorstellbar, dass mit solchen Zahlen jongliert wurde. Die plus Ehefrauen mit einer Geburtstagsfeier zum 50-jährigen Jubiläum der Papiermarkkonten werden, datiert auf den 1. Dezember 1923, auf Kasse Mut. Siebentausend Rentenmark werden zur Förderung der Jugend Rentenmark umgestellt, wobei eine Billion Papiermark einer Rentenmark ausgeschüttet, getreu dem Motto: „Helfen, fördern, dienlich sein“. entspricht. Am 31. Dezember 1923 sind alle Spareinlagen auf 69 Rentenmark geschrumpft. Die damalige „Spar- und Darlehenskasse“ fängt auch in Heeslingen wieder fast bei Null an. In der Vorstands- und Aufsichtsratssitzung vom 2. Juni 1924 werden die Haben-Zinsen in laufen- der Rechnung auf satte 30 Prozent, die Zinsen für Spareinlagen auf 40 Prozent festgesetzt. Für Schulden in laufender Rechnung kassiert Heeslingen zwei Prozent Zinsen pro Monat und drei Prozent Provision pro Monat, was einem effektiven Zinssatz von sage und schreibe 60 Prozent entspricht. Die Zinsen wurden damals übrigens monatlich neu festgesetzt. Schleppend geht es wieder aufwärts. Am 31. Dezember 1924 beträgt der gesamte Einlagenbestand 81.255 Mark. Immerhin: Die Zahl der Mitglie- der ist auf 283 gestiegen. Fünf Jahre dauert es, bis die Spareinlagen im Dezember 1929 die Eine-Million-Grenze wieder überschreiten.

Der VW-Käfer vor der Spar- und Darlehnskasse Heeslingen ist keinesfalls Ausdruck für das Geschäfts- führergehalt. Vielmehr kassierte Ende der 50er-Jahre Hinrich Holsten die Autoschlüssel für den Käfer bei einem säumigen Schuldner und parkte das Auto als „Haben“ -Posten vor der Bank. 54 Teil_3_Heeslingen.qxd 22.05.2012 10:31 Uhr Seite 55

Die Weltwirtschaftskrise erfasst 1931 alle deutschen Banken und Anschaffung landwirtschaftlicher Maschinen. Der Ausbruch des Zweiten Sparkassen. Die Darmstädter- und Nationalbank, eine der vier deutschen Weltkrieges beendet abrupt diese Überlegungen. 550 Mitglieder, Einlagen Großbanken, schließt am 13. Juli 1931 ihre Schalter. Der Zusammenbruch von zwei Millionen, die Buchung von 70.000 Geschäftsvorfällen müssen schlägt Wellen. Die Reichsregierung erklärt als Notverordnung den 14. und ohne die drei Mitarbeiter betreut werden, die zum Kriegsdienst einberufen 15. Juli zu Bankfeiertagen. Nach der zweitägigen Pause können Kunden sind. Als die Luftangriffe zunehmen, fertigen die Banker Zweitausferti- nur über Guthaben verfügen, die sie nach den beiden Bankfeiertagen ein- gungen der Konten für Spareinlagen, laufende Rechnungen und Darlehen gezahlt haben. Und es dürfen nur geringe, nach der Notverordnung und deponieren sie an sicherer Stelle. Der Plan der Wäscherei, trotz bereit- gestaffelte Beträge ausgezahlt werden. Kreditüberziehungen hingegen gestellter Mittel von 100.000 RM, wird fallen gelassen. Die Generalver- werden sofort fällig. sammlung beschließt, die Kasse in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung umzuwandeln. Der Prüfungsverband fordert auf der nächsten Generalversammlung in Heeslingen die Absenkung der Kreditgrenzen und den totalen Verzicht auf Die Front rückt näher. An der Generalversammlung vom 26. März 1945 Blankokredite. Hitlers Machtergreifung im Januar 1933 sorgt für nehmen nur noch acht Mitglieder teil. Am 20. April 1945 wird Heeslingen Stabilisierung auf den Finanzmärkten. Der Versuch, über die Partei und die von den Engländern besetzt. In der Börde gehen Häuser und Gehöfte in Kreisbauernschaft Vorstands- und Aufsichtsratsämter in Heeslingen zu Flammen auf. Vom 20. April bis 25. Mai 1945 ruht in Heeslingen der besetzen, scheitert nach anfänglichem Gelingen. Die Ernennung von Kassenverkehr. Friedrich Bellmann und Rendant Heins wurden von den Parteimitgliedern wird in der Generalversammlung 1934 als Verstoß Engländern unter Hausarrest gestellt. gegen geltende Statuten gewertet. Die Ernennung wird für ungültig erklärt. Eine ordnungsgemäße Wahl steht an. Ende 1935 stehen hinter der Heeslinger Kasse 500 Mitglieder. Einlagen und Rücklagen steigen steil nach oben. Die Entwicklung ist so positiv, dass die Genossen sich auf das Allgemeinwohl besinnen und für den Bau eines Jugendhauses 25.000 RM aus der Betriebsrücklage zur Verfügung stellen. Die Gemeinde stiftet das Grundstück und schießt den erforderlichen Rest der Bausumme zu. In der Tradition Johann Fiehnens, der die Initialzündung für die Gründung der Volksbank Heeslingen gegeben hat, entwickelt sich das Haus weiter – immer auch in den Fußstapfen des technischen Fortschritts. Bereits 1939 Schmuck-Telegramm wird der Betrieb von der Durchschreibebuchführung auf Maschinenbuch- zum 50. Geburtstag der Spar- und Darlehns- haltung umgestellt. Vorstand und Aufsichtsrat diskutieren darüber hinaus kasse Heeslingen Bau und Einrichtung einer Gemeinschaftswäschereianlage sowie über die aus Hannover.

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Am 26. Mai 1945 darf die Kasse wieder unter Leitung von Rendant Heins in die 50er-Jahre. Am 1. Januar 1952 vermeldet Heeslingen stolz, dass die geöffnet werden. Friedrich Bellmann darf nicht arbeiten. Die Militärre- Einlagen wieder den Betrag von einer Million überschritten haben. Die gierung zwingt Hauptlehrer Dankers sowie Gastwirt Friedrich Dittmer aus Genossenschaftsmitglieder wünschen sich, mit einem satten Polster im Boitzen zur Amtsniederlegung. Weil die Aufsichtsratsmitglieder Jakob Rücken, ein eigenes, neues Gebäude. 1954 wird der Grundstein gelegt Ficken, Sellhorn, und Hinrich Dubbels, Heeslingen, der Aufforderung der und im Oktober 1955 ist das neue Haus bezugsfertig. Die Bau- und Briten, einen Fragebogen auszufüllen, nicht nachkommen, werden sie Bodenkosten haben 155.600 Deutsche Mark verschlungen, die Einrich- ebenfalls suspendiert. Der Vorstand besteht nur noch aus zwei, der Auf- tung noch einmal 12.200 Mark. In Weertzen, Wense und Steddorf leistet sichtsrat aus drei Personen. Während der Besatzungszeit werden für Bank- sich das Heeslinger Geldinstitut Nebenstellen. guthaben und Wertpapiere keine Zinsen vergütet. Die Guthaben verschie- dener Einwohner sind von der Militärregierung gesperrt. Sie ordnet am 21. März 1946 auch die Entlassung von Rendant Heins an. Vorstand und Aufsichtsrat wählen am 2. Mai 1946 Fräulein Grete Heins, Tochter des Rendanten, zur Rendantin. Drei Vorkriegs-Angestellte, Willy Meyer, Marschhorst, Georg Müller und Hinrich Holsten befinden sich noch in Kriegsgefangenschaft. Vorstandsvorsitzender Jakob Ficken tritt aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger wird Johann Meyer aus Weertzen. Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates wird Landwirt Hinrich Hauschild aus Wense gekürt. Die Generalversammlung ändert im August 1947 ihre Statuten. „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ wird durch „Einer für alle, alle für einen“ ersetzt.

„Die blutmäßigen Voraussetzungen für den Erwerb des vorläufigen Reichsbürgerrechtes“ werden ersatzlos gestrichen. Im Mai 1948 wird Rendant Heins wieder eingestellt, allerdings nicht mehr als Geschäfts- führer. Die Währungsreform 1948 muss mit den vorhandenen Mitarbeitern „Wo is de Papp?" Im Zusammenhang mit dieser Frage erinnert sich Kirchenvorstand Hans- in Heeslingen bewältigt werden. Tag- und Nachtschichten sind über einen Peter Bartels an seinen ersten Kontakt mit Friedrich Bellmann. „De Papp“ war ein Stück brau- längeren Zeitraum vonnöten. Am Währungsstichtag haben die Einlagen nen Kartons, auf dem Bellmann die Kontonummern 1959 handschriftlich vermerkte. Bartels: „Ich bin als junger Lehrer nach Heeslingen gekommen. Und in die Spar- und Darlehnskasse den Stand von 8.925.000 RM erreicht – und sind nahezu wertlos. Denn zu Friedrich Bellmann, um ein Konto zu eröffnen. Friedrich Bellmann beäugte mich aus gro- die D-Mark-Eröffnungsbilanz weist nur noch einen Einlagenbestand von ßen, braunen Augen so misstrauisch, dass ich mich bemüßigt fühlte, Alter, Herkunft und Zweck meiner Anwesenheit in Heeslingen kundzutun.“ Friedel, der trotz chronischer 550.000 Mark aus. Der Erfolg ist eine Schnecke und kriecht sehr langsam Erkrankung stets fröhlich und gut gelaunt wirkte, konnte offenbar auch anders.

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1956 feiert die Volksbank Heeslingen bescheiden ihr 75-jähriges Die Geschäftsführung ist der Meinung, Arbeitern und Angestellten sowie Bestehen. Von 766 Mitgliedern geben sich 235 die Ehre. Sie hören auf der den Rentnern mit der bargeldlosen Überweisung ihres Einkommens schon Generalversammlung, dass ihr Unternehmen auf über zwei Millionen genug zugemutet zu haben. 1962 freuen sich Vorstand und Aufsichtsrat, Einlagen zurückgreifen kann, 39 Millionen Mark umgesetzt hat und die dass die Zahl der Mitglieder die Tausend überschritten hat. Die Einlagen Buchungsposten auf 135.000 gestiegen sind. Bewältigt wird das alles von gelten mit fünf Millionen Mark als solide. Dennoch: Auch in Heeslingen fünf Mitarbeitern. Nach exakt 40 Dienstjahren wird der langjährige bleiben Rückschläge nicht aus. Die Pleite der größten Firma im Rendant Heinrich Heins in den Ruhestand verabschiedet. Gleichzeitig stellt Geschäftsbezirk erschüttert die Bank. Ausgeglichen wird die Erschütterung Rendantin Grete Heins ihr Amt mit Wirkung vom 31. Mai 1957 zur durch das feste Zueinanderstehen aller. Insgesamt sind die 60er-Jahre Verfügung, bleibt aber der Bank als Mitarbeiterin erhalten. Die geprägt durch zahlreiche Erneuerungen: Schließfächer und Nachttresor- Geschäftsführung übernimmt Hinrich Holsten, der schon in Heeslingen anlage sowie eine schusssichere Kassenbox werden eingebaut. Die angestellt war. Nach dem Tod des Aufsichtsratsvorsitzenden Hinrich modernste Buchungsmaschine mit automatischem Saldenvortrag geht Hauschild übernimmt der spätere Zevener Bürgermeister Hinrich Jürs am zum Preis von 81.400 Mark in Betrieb, um 275.000 Buchungsposten pro- 16. Dezember 1959 den Vorsitz des Gremiums. Verliebt in ausgefeilte blemlos zu bewältigen. Das Jahrzehnt klingt mit dem plötzlichen Tod des Technik, investiert die Volksbank Heeslingen zur Vereinfachung der Vorstandsvorsitzenden Johann Meyer und der Einweihung des Erwei- Buchführung in einen Buchungsautomaten. In Brauel und Sassenholz wer- terungsbaus aus. Meyer war nach der Teilnahme an einer Vorstands- und den Annahmestellen eingerichtet und örtlich besetzt. Obwohl allerorten Aufsichtsratssitzung zu Hause verstorben. die Fünftagewoche eingeführt wird, verzichtet Heeslingen im Interesse sei- ner Kunden auf das freie Wochenende. Die Geschäftsleitung möchte auch am Samstag die weit geöffneten Türen des Bankhauses beibehalten.

Ein Meilenstein in der baulichen Entwicklung der Volksbank in Heeslingen war dieser Um- und Erweiterungsbau mit seiner transparenten Geschäftsfront.

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Seit 1944 gehörte er dem Vorstand an; seit 1946 als Vorsitzender. Zu sei- nem Nachfolger wird Geschäftsführer Hinrich Holsten. Zum Ausklang des Jahrzehnts beschließen Vorstand und Aufsichtsrat, Heeslingen an die Datenverarbeitung anzuschließen. Die Arbeit für 1237 Mitglieder, die 335.000 Buchungsposten verursachen, scheint neue Techniken zwingend vorzuschreiben. In Boitzen, Meinstedt und Zeven werden nun Sprechstunden durchgeführt. Und da sich immer mehr herauskristallisiert, dass nur größere Einheiten Überlebenschancen haben, wird in Elsdorf ein Ladenlokal angemietet und am 25. Mai 1970 die Zweigstelle Elsdorf eröff- net. Nachdem der Aufsichtsratsvorsitzende Jürs auf eine weitere Kandidatur 1973 verzichtet, nimmt Sägereibesitzer Friedrich Hastedt als Aufsichtsratsvorsitzender in dem Organ Platz. Heeslingen hat bei den Einlagen die 20-Millionen-Grenze überschritten. 1693 Mitglieder vertrau- Den „Hofstaat“ des Nartumer Volksbank-Vorstandes und Schützenkönigs Erhard Schnars beschirmte das Geldinstitut, damit die Schützendamen beim regnerischen Ausmarschier- en der Bank. 445.000 Geschäftsvorfälle werden bearbeitet. Wegen der wetter ihre Frisuren nicht ruinierten. sich anbahnenden Wirtschaftskrise schnellen die Zinsen in Rekordhöhen. Festgelder werden mit 14 Prozent vergütet. Darlehen kosten 16 Prozent bei 97 Prozent Auszahlung. Wegen einer optimalen wirtschaftlichen Situation verzichtet Heeslingen auf die vollen Sätze. Mitte der 70er- Jahre standsmitglied Heinrich Martens zum Vorsitzenden des Vorstands bestellt. bahnt sich ein Generationenwechsel in der Geschäftsführung an. Hinrich Sein Stellvertreter wird Wilhelm Fricke. Was sich bis in die Gegenwart fort- Holsten wollte mit 63 Jahren in den Ruhestand, erleidet aber im 62. setzt, bahnte sich bereits Mitte der 70er-Jahre an: Fusionen. Am 11. April Lebensjahr einen Herzinfarkt, der ihn früher als geplant zur Aufgabe der 1978 stimmte die Generalversammlung dem endgültigen Verschmel- Geschäftsführung zwingt. Hans Peter Hagenah aus Hammah kommt nach zungsvertrag mit Nartum zu. Mit einigen wenigen Satzungsänderungen Heeslingen. Ihm zur Seite wird der langjährige Angstellte und wird der Firmenname in Volksbank Heeslingen eG umbenannt. Der seit Kreditsachbearbeiter Wilhelm Meyer gestellt. Das Vier-Augen-Prinzip 1962 in Nartum sehr erfolgreich tätige Geschäftsführer Erhard Schnars greift nun auch in Heeslingen. In der Generalversammlung 1976 wird die wird in Heeslingen vorgestellt. Er bleibt als Leiter in Nartum. Der bisherige neue Einheitssatzung des Raiffeisenverbandes angenommen: Der Vorstandsvorsitzende in Nartum, Gustav Grube, wechselt in den gemein- Vorstand wird nunmehr durch den Aufsichtsrat gewählt. Durch das samen Vorstand. Bereits im Oktober 1978 wird der Ausbau einer Ausscheiden des bisherigen Rendanten ist auch die Neuwahl eines Zweigstelle in beschlossen. Im gegenseitigen Einvernehmen wird Vorstandsvorsitzenden erforderlich. Erstmalig unterzieht sich der der zur Bausparkasse wechselnde Geschäftsleiter Hagenah zum 30. Juni Aufsichtsrat dieser Aufgabe. Am 2. Juni 1977 wird das bisherige Vor- 1980 aus seinem Dienstvertrag entlassen. Willy Hastedt wechselt von der

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Kreissparkasse zur Volksbank nach Heeslingen. Meyer und Hastedt wird Willy Meyer. Beide verabschiedeten sich, gesund- im Zusammenwirken mit einem Vorstandsmitglied Prokura erteilt. 1981 heitlich angeschlagen, in den Ruhestand. Das Zu- setzen Hastedt und Meyer sich an ihre Schreibtische im Neubau der sammenwachsen der Zevener Volksbank unter dem Volksbank Heeslingen. Während der eigentliche 100. Geburtstag sang- Dach des seit 2005 eingeweihten Neubaus in Zeven und klanglos verlief, wurde das Jubiläum gemeinsam mit der Einweihung erleben sie als aufmerksame Zaungäste mit. des neuen Hauses festlich begangen.

Sein Lächeln hat er behalten, der „Chefkoch“ Von 1980 bis zur Fusion mit Sittensen und Zeven 1998 prägten die der Zevener Volksbank. Nicht nur bei Betriebs- festen wie auf diesem Foto, sondern auch als Vorstände Hastedt und Meyer die Heeslinger Volksbank. Die Bank expan- Prokurist der Volksbank. Helmut Müller ist dierte in einem kaum vorhersehbaren Maße. Das Vorstands-Duo veran- in der Börde so sehr verankert, dass das Geldinstitut auf ihn als Ansprechpartner in kerte die Bank als zentrale und bestimmende Institution in der Börde Heeslingen und auf seine Form der Kontaktpflege in seiner Heimatgemeinde Heeslingen. Während Willy Meyer sich nebenher der schönsten nicht verzichten mag. Nebensache der Welt, dem Sport, und dem TuS Vorstand verschrieb, engagierte sich Willi Hastedt in der Politik. Einen umsichtigeren Finanzausschuss-Vorsitzenden hätte die Gemeinde kaum bekommen kön- nen. Einig waren sich Hastedt und Meyer mit Vorstand und Aufsichtsrat, dass nur die konsequente Nutzung modernster Techniken dem Geldinstitut Erfolg garantierte. Wie die Gründungsväter der Volksbank vor 125 Jahren waren auch Hastedt und Meyer bei den Investitionen in die computergestützte Technik ihrer Zeit und der Konkurrenz weit voraus. Und wie die benachbarten Volksbanken setzte auch das Duo Hastedt/Meyer auf Imagepflege des Geldinstitutes. Gemeinsam mit Belegschaft und Mitgliedern gefeierte Feste, zahlreiche Ausstellungen, unter ihnen die Ausstellung des renommierten Heeslinger Münzschatzes, festigten den Ruf des Heeslinger genossenschaftlichen Unternehmens in der Region. Der Frage anstehender Fusion mit , Sittensen und Zeven verschloss Die Augen nach oben, auf Erfolg gerichtet, präsen- auch räumliche Veränderungen. Wilhelm Hastedt sich Heeslingen nicht – trotz teilweiser kontroverser Einstellungen bei tieren sich Mitarbeiter und Vorstand (ganz rechts) und Wilhelm Meyer verabschiedeten sich in den mit Wilhelm Hastedt, Wilhelm Meyer und Torsten Ruhestand. Torsten Janßen, der Ostfriese, verließ Vorstand, Aufsichtsrat und Mitgliedern. Denn mit der Verschmelzung zur Janßen der Volksbank Heeslingen 1998 zum letz- das Haus wegen beruflicher Veränderung. Und Teile Zevener Volksbank ging die selbstbestimmte Ära der Heeslinger ten Belegschaftsfoto. Die nach der Fusion erfolgte der Belegschaft wurden in den anderen Filialen der Neustrukturierung der Zevener Volksbank in ver- Volksbank gebraucht und eingesetzt. Volksbank zu Ende. Die Fusion zehrte an der Kraft von Willi Hastedt und schiedene Geschäftsbereiche bedeutete zwangsläufig

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Mit Ende des Jahres 2012 wird das Volksbank-Gebäude in den Besitz der Fa. Hansa-Landhandel übergeben. 40 Mitarbeiter von Hansa-Landhandel werden dann ihre Arbeitsplätze in Heeslingen haben.

An der Ecke Marktplatz/Kirchstraße wird ein neues Wohn- und Geschäfts- haus enstehen. Hier wird die Volksbank ihr neues Domizil aufschlagen.

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>> Prägende Persönlichkeiten

Zu einem der herausragenden Geschäftsführer der Spar- und Darlehns- Hinrich Holsten, 50 Jahre im Dienst der Volksbank kasse zählt zweifelsohne Hinrich Holsten. Ein halbes Jahrhundert, bis zu Heeslingen, bei seiner Ver- seiner Pensionierung 1977, hat Holsten „seiner" Bank gedient, 20 Jahre abschiedung, flankiert von seiner Frau und Irmgard davon als Geschäftsführer. Ohne Holsten gäbe es vermutlich keine manier- Meyer, Ehefrau des Vorstandes. lich geführten Aufzeichnungen über die ersten hundert Jahre des Geldinstituts. Holsten, da sind sich die Chronisten einig, war „die“ Bank. Angefangen hat er am 1. April 1927. Als kleiner Knirps in kurzen Hosen. Die ersten langen gab es schließlich erst bei der Konfirmation. Als Hinrich Holsten den Sprung ins Berufsleben wagte, gab es für viel Arbeit wenig Die Laudatio auf den Geld. Die Kasse war nicht nur an den Wochentagen geöffnet, sondern scheidenden Geschäfts- führer hielt der damalige auch an Sonn- und Feiertagen. Während die Börde-Bürger Richtung Kirche Vorstandsvorsitzende strömten, deckten sie sich vorher noch mit ein bisschen Barem ein. Vielleicht Heinrich Martens aus Wense. für den Klingelbeutel, vielleicht aber auch für den anschließenden Frühschoppen. Seinen ersten Urlaub, so erinnert sich der damalige „Benjamin" der Bank, bekam er nach fünf Jahren und führte ihn auf dem Drahtesel in den Teutoburger Wald. Von Bahn- und Schiffsreisen konnte man damals nur träumen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bedeu- tete für Hinrich Holsten zunächst das Ende seiner Karriere als Banker. Er diente als Frontsoldat, überstand die russische Kriegsgefangenschaft und freute sich, zu Hause angekommen, über privates und familiäres Glück. Auch beruflich wendeten sich die Zeiten zum Besseren.

Hinrich Holsten übernahm wieder Aufgabe und Posten in der Spadaka Berufsleben aus. Nicht ohne seiner Spadaka zu wünschen, dass sie sich Heeslingen so hervorragend, dass Vorstand und Aufsichtsrat ihn wenig weiterentwickeln und entfalten möge. Aufgabe aller am Unternehmen später zum Geschäftsführer kürten. Das inzwischen verstorbene Vorstands- Beteiligten sei es, das Dienstleistungsunternehmen noch krisenfester zu mitglied Heinrich Martens aus Wense würdigte Hinrich Holsten 1977 in machen und es weiterhin in guter Tradition zu führen. seiner Laudatio als Mann mit lauter guten Eigenschaften, von denen die Heeslinger Bank in reichem Maße profitiert habe. Hinrich Holsten schied mit der goldenen Ehrennadel des Genossenschaftsverbandes aus dem

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Mann mit Weitblick: Johann Fiehnen. Die Initiative Johann Fiehnens aus Meinstedt, 1881 einen „Vorschuß- und war die Bismarcksche Verkürzung des Berichts über das Zusammentreffen Sparverein“ in Heeslingen zu gründen, fällt in die Ära Bismarck und wäre des preußischen König Wilhelms I. mit dem französischen Botschafter vermutlich ohne den Reichskanzler Otto von Bismarck nicht möglich Benedetti, die so genannte „Emser Depesche“, die Frankreichs Kriegser- gewesen. Johann Fiehnen erlebte die damalige „Sozialgesetzgebung“ klärung provozierte. Der Sieg Deutschlands und der damit einhergehende ziemlich bitter. Seine Eltern starben so früh, dass die Hofstelle verpachtet neue Staat, ein Bundesstaat, dessen Mitglieder im Bundesrat vertreten wurde. Fiehnen musste sich nach dem Schulbesuch in Meinstedt als waren, führten zur Ernennung Otto von Bismarcks zum Reichskanzler. Dienstknecht verdingen, um überhaupt über die Runden kommen zu kön- Träger der Gesetzgebung war der Reichstag. Bismarck vertrat als nen. Erst als Erwachsener übernahm er die elterliche Hofstelle – parallel Reichskanzler eine konservative Politik und witterte in der Sozialdemo- dazu das Amt des Gemeindevorstehers in seinem Heimatdorf. Trotz gerin- kratie den Erzfeind Nummer 1. Nicht zuletzt der schlechten Arbeitsbe- ger Schulbildung machte Fiehnen auf sich aufmerksam. Mit Fleiß und dingungen in den Jahren der Industrialisierung und der bitteren Armut in Ehrgeiz glich er aus, was ihm durch Geburt und Kindheit verwehrt blieb. Er der Landwirtschaft wegen. Die Angst vor sozialdemokratisch gefärbten erarbeitete sich Respekt und Anerkennung über sein Heimatdorf Meinstedt Gesetzen führten dazu, dass eine staatliche zwangsgenossenschaftliche hinaus, so dass ihm 1881 30 Bürger folgten und mit ihm das erste Sozialversicherung eingerichtet wurde. In drei Schritten 1883, 1884 und Heeslinger Geldinstitut, das zweite in Niedersachsen überhaupt, aus der 1889 wurden Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherung einge- Taufe hoben. Fiehnen war jedoch nicht nur Gründer der Spar- und führt. Johann Fiehnen aus Meinstedt war demzufolge 1881 mit der Grün- Genossenschaftskasse zu Heeslingen. Er organisierte auch die Gründung dung des „Vorschuß- und Sparvereins“ in Heeslingen seiner Zeit voraus. des Hagel-Unterstützungsvereins für das Kirchspiel Heeslingen. Fiehnen wollte verhindern, dass die Bauern hilflos dem Spiel der freien Kräfte der Natur ausgesetzt blieben. Sie sollten sich mit diesem Unterstützungsverein gegen „höhere Gewalt“ wehren können. Darüber hinaus wirkte Fiehnen als Vorsitzender und Rechnungsprüfer des Nebenanlagenverbandes. Zum 25-jährigen Jubiläum lobte die Gemeinde Meinstedt ihren Vorsteher: „Der Jubilar hat sich in dieser Zeit nicht nur die Liebe und Anerkennung seiner Gemeinde, sondern auch des ganzen Kirchspiels Heeslingen und der Umgegend erworben.“ Fiehnen muss nicht nur ein weitsichtiger, sondern auch ein höchst politischer Mensch gewesen sein, der die Zeichen der Zeit richtig zu deuten wusste. Die spanische Thronkandidatur eines Hohen- zollernprinzen und französische Befürchtungen einer Übermacht Preußens Seiner Zeit weit voraus: führten 1870 zum Krieg mit Frankreich. Entscheidender Auslöser dabei Johann Fiehnen aus Meinstedt

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Wilhelm Hastedt und Wilhelm Meyer: Willy Meyer. Hastedt und er empfinden noch heute die Weichenstellung Die beiden Vorstände der Volksbank Heeslingen für die elektronische Datenverarbeitung durch Hinrich Holsten als klug und Dass die Geburtswehen der Fusion mit der Zevener Volksbank in vorausschauend. 90.000 Mark, so viel wie ein Eigenheim kostete, wurden Heeslingen besonders lang und schmerzhaft verliefen, lässt sich nicht leug- im Juni 1965 in einen Buchungsautomaten investiert, der Zinsen errechnen nen. Denn das Heeslinger Geldinstitut hatte sich unter den Vorständen konnte und die Saldenvortragskontrolle übernahm. Meyer, „damals war Wilhelm Hastedt und Wilhelm Meyer bis 1998 in den knapp 20 Jahren vor das eine Revolution und hat uns die Arbeit in einem unvorstellbaren Maß der Fusion fast ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der ebenfalls noch allein erleichtert. Wir hatten damals ja keine Ahnung, was im Laufe der näch- agierenden Sittenser Volksbank geliefert. Heeslingen war und blieb zwar sten 20 Jahre technisch noch alles machbar war.“ Dass Vorstand und bei den Jahresbilanz-Summen immer hinter Sittensen zurück, aber eben Aufsichtsrat konsequent auf elektronische Datenverarbeitung setzten, nicht so sehr, dass sich der Abstand nicht wesentlich verringert hätte. Da rechnen sich Hastedt und Meyer als ihre größten Verdienste an. Bei ihren fiel der Verlust an lokaler Identität, der Verzicht auf begehrte Sitze in den „Jung-Senioren-Treffen“, die in regelmäßigen Abständen und privat reihum Gremien wie Aufsichtsrat und Vorstand nicht leicht. Reibungsverluste blie- stattfinden, lassen die Heeslinger Ex-Banker ihren Teil an der Geschichte ben nicht aus. Sowohl Willi Hastedt als auch Willy Meyer trennten sich aus der Heeslinger Volksbank Revue passieren. Ohne Stress. Willi Hastedt hat gesundheitlichen Gründen und im gegenseitigen Einvernehmen von „ihrer“ mit seiner Frau die Lust am Reisen und die Freude an den Enkelkindern Heeslinger Volksbank. Beide machten Platz für die „Zevener Volksbank“, entdeckt. Willy Meyer düst winters auf Schlittschuhkufen übers Eis und die unter dem amtierenden Aufsichtsrat und Vorstand seit 1998 zu einer sommers mit Inlineskatern über die Fuß- und Radwege. Daneben enga- Einheit zusammenwächst. Wilhelm Meyer war Heeslingen 42 Jahre ver- giert sich Willy Meyer für die St. Viti-Stiftung der Kirchengemeinde bunden. Als Lehrling kam er im April 1956 zur damaligen Spar- und Heeslingen und findet zusammen mit anderen auch noch Zeit für die Darlehnskasse. Unter Amtsvorgänger Hinrich Holsten diente sich Meyer Festschrift des TUS Heeslingen, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag ebenso beharrlich wie konsequent nach oben. Meyer erlebte hautnah alle feiert. technischen Neuerungen seit 1956. Sozusagen vom Ärmelschoner- Zeitalter wurde er in die elektronische Datenverarbeitung katapultiert. Bei einer großzügig geschätzten Halbwertzeit von fünf Jahren bedeutete das für Meyer, seit 1980 auch für Vorstand Willi Hastedt und den Rest der „Älteren“, technisch stets auf dem neuesten Stand zu sein. „Leicht gefal- len ist uns das nicht immer“, räumt Meyer ein und erzählt von der „Schulungs-Bank“ im Keller, wo sich Vorstand und Mitarbeiter seit 1994 regelmäßig und kontinuierlich im Nachhilfeunterricht abwechselten. „Das

Zeitalter der Lochkarten haben wir einfach übersprungen“, erinnert sich Ein nachdenklicher Vorstand Willy Meyer. Er hat sich auf Anraten seines Hausarztes und seiner Familie ins Privatleben zurückgezogen.

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Wilhelm Hastedt. Menschenkenntnis und Bauchgefühl haben mich selten genarrt.

Der ehemalige Heeslinger Volksbank-Vorstand Willi Hastedt strahlt mit sei- nen 75 Jahren über das ganze Gesicht: „Es geht mir gut, ich freue mich meines Lebens und genieße meinen Unruhestand.“

Die unbeschwerte, positive Einstellung zum Leben im allgemeinen und zum Alter im besonderen hat sich Willi Hastedt, unterstützt durch Ehefrau Erika, mühsam erarbeitet. Die Jahre bis zur Fusion des 131-jährigen Geldinstitutes, dem zweitältesten im gesamten Land Niedersachsen, mit Sittensen und zur Zevener Volksbank 1998 haben ihn Kraft und Nerven gekostet und ihm einen Herzinfarkt eingetragen. „Mit Geld hatte das nichts zu tun“, erinnert sich Hastedt.

Mit dem Engagement von früher und der Distanz von heute blickt der Pensionär zufrieden, mit ein wenig Wehmut auf eine spannende, ereignis- reiche Ära als Vorstand der Volksbank Heeslingen zurück. Heinrich Mar- tens aus Wense und Unternehmer Wilhelm Fricke hatten Willi Hastedt von der Kreissparkasse in Zeven nach Heeslingen gelockt. Dem Lockruf gefolgt zu sein, hat er nie bereut. „Es ist schon ein befriedigendes Gefühl, wenn sich im Beruf einiges bewirken lässt. Eine Entscheidung des Bankvorstan- des kann zum Beispiel eine Existenz vernichten - oder sichern. Da will gut überlegt sein, ob sich der Daumen hebt oder senkt“, verdeutlicht Willi Hastedt. „Ich habe mich meist auf meine Menschenkenntnis und auf mei- nen Instinkt verlassen. Sicherheiten und Kontostände waren für mich nie das Maß aller Dinge; den Ausschlag gab oft mein Bauchgefühl. Es hat mich selten genarrt“, sagt er.

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Aus dem „Bauch“ lässt Willi Hastedt im privaten Gespräch gleichermaßen diskret wie amüsant ein paar Jahrzehnte wirtschaftlichen Geschehens und gesellschaftlichen Treibens der Börde Heeslingen Revue passieren, Höhen und Tiefen eingeschlossen. Immer im Mittelpunkt: die Volksbank als Dreh- und Angelpunkt. Und die Gemeinde! Willi Hastedt stand ihr lange als Vorsitzender des Finanz-Ausschusses ehrenamtlich zur Verfügung. Das Wohl und Wehe Heeslingens hat der gebürtige Sittenser Willi Hastedt demzufolge in all seinen Facetten beobachten und mit begleiten dürfen.

Willi Hastedt: „Alles im Leben hat seine Zeit. Es waren wunderbare Jahre. Dafür bin ich dankbar. Und ebenso dankbar bin ich für die Zeit danach. Sie lässt mir Zeit für meine Frau, Kinder und Enkelkinder, für Hobbies und Reisen.“ Die meisten seiner Reisen unternimmt Hastedt, um in eigenen oder fremden Ferienwohnungen nach dem Rechten zu sehen. Denn wie kaum ein anderer kann er Gewinn oder Verlust einer Immobilie beurteilen. >> Willi Hastedt: Ein fröhlicher Unruheständler.

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Wilhelm Fricke aus Heeslingen.

Vielleicht hat er es ja geahnt, der Heeslinger Dietrich Fricke, was aus sei- nem Unternehmen einmal werden würde. Jedenfalls hatte er einen Traum, damals im Jahre 1923, als der Schmiedemeister sein Unternehmen grün- dete und bereits nach einem Jahr eine erste, kleine acht mal neun Meter große Werkstatt bezog. Dort, wo heute Heeslingens einzige Tankstelle steht und die Leute zum Teil von weit her kommen, um hier ihre Fahrräder zu kaufen oder fachgerecht reparieren zu lassen.

Damals, vor 89 Jahren, waren die Zeiten nicht gerade rosig für Existenz- gründer. Und es brauchte eine gehörige Portion Optimismus, das Wagnis Selbstständigkeit einzugehen. Deutschland und die Welt steuerten unauf- haltsam eine der größten wirtschaftlichen und politischen Krisen der Geschichte entgegen.

Man schrieb das Jahr 1933 als der noch junge Heeslinger Schmiedebetrieb seine ersten fünf Mitarbeiter einstellte. Dann kam der 2. Weltkrieg - und mit ihm in vielen wirtschaftlichen Bereichen Stagnation, eine Art Winter- schlaf. Dietrich Fricke beendete seinen, indem er 1948 das Geschäft erweiterte. Er baute eine 240 Quadratmeter große Halle, und fortan gehörten nicht nur Reparaturen zum frickeschen Angebot, sondern auch Landmaschinen und Schlepper.

Fünf Jahre später, im Jahre 1953, verstarb Fricke Senior. Und an die Stelle des alten Visionärs trat sein Sohn und Nachfolger Wilhelm. Der junge Mann zählte gerade 23 Lenze, als er das väterliche Geschäft übernahm. Und er wäre wohl nicht der Sohn seines Vaters gewesen, wenn er nicht zügig eigene Akzente gesetzt hätte. So erkannte Wilhelm Fricke rechtzei- tig, dass die Zeit für die alten Mähbinder und Dreschmaschinen hierzulan-

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de zwar vorüber war, aber dass sie in Übersee noch gute Dienste in der Heute beschäftigt die Fricke Gruppe 1.053 Mitarbeiter in 13 europäischen Landwirtschaft leisten konnten. Das alte Grundstück wurde rasch zu klein Ländern. Erst kürzlich wurde am Standort Heeslingen eine ultramoderne für größere Geschäfte. Also zog Fricke um - 200 Meter weiter, dahin, wo Halle eingeweiht, das Fricke-Logistikzentrum, um die rund 22.000 Fach- heute der Stammsitz der Firmengruppe ist: In der Straße "Zum Kreuz- handelskunden in Europa optimal versorgen zu können. Und während kamp" Nummer 7. Dietrich Fricke vor 89 Jahren seine Esse noch mit Holz und Kohle fütterte, hat die Fricke-Gruppe die Energieversorgung des 15.300 Quadratmeter In den kommenden Jahren florierte der Betrieb, der Kundenstamm wuchs, großen Gebäudes mit Photovoltaik-Anlagen und Biogas gesichert. die Produktpalette wuchs ebenfalls und damit auch die Zahl der Mitarbei- ter. Bis Wilhelm Fricke 1972 erneut einen feinen Instinkt fürs Geschäft Wilhelm Fricke übrigens soll noch fast jeden Tag in seinem Heeslinger Büro bewies. Hanomag stellte seine Schlepperproduktion ein, und die Fricke- anzutreffen sein. Nach dem Schwimmen. "Nur nicht mehr ganz so früh Gruppe kaufte große Mengen der Hanomag-Ersatzteile auf. Durch die wie früher. Ich komme meistens so um neun rum", sagt er. Erweiterung des Sortiments erlangte das Unternehmen weltweite Absatzchancen. Später fertigte Fricke die gewünschten Teile sogar in Kleinserien nach. Als einer der ersten erkannte Wilhelm Fricke, lange vor Öffnung der Berliner Mauer, dass in Ostdeutschland, in Polen und dem Baltikum enormes wirtschaftliches Potenzial steckt. 1992 übertrug der ehemalige Volksbank-Aufsichtsrat Wilhelm Fricke die Unternehmenslei- >> tung an seinen Sohn Hans-Peter und an den zweiten Geschäftsführer Von der Dorfschmiede zum Holger Wachholtz. 25 Jahre saß Wilhelm Fricke, gemeinsam mit Hein weltbekannten Traditionsunternehmen. Martens aus Wense im Aufsichtsrat der Volksbank in Heeslingen. Sein poli- tisches Engagement in der Lokalpolitik währte hingegen nur eine Legis- laturperiode, "keine Zeit". Mehr Zeit im Ehrenamt nahm sich Fricke als ehrenamtlicher Richter am Landgericht . Dass der Vorsitzende des Landgerichtes, Dr. Krause, ihn dafür zum 70. Geburtstag überraschend mit einer Kutschfahrt zum Fischteich und einem Ständchen mit der "Post im Walde" belohnte, zählt zu den angenehmsten Erinnerungen Wilhelm Frickes. Zu seinem eigenen Geburtstag beschenkte der Jubilar übrigens seine Heimatgemeinde mit einem Glockenturm samt Glocke auf dem Friedhof. Dass Wilhelm Fricke für sein ehrenamtliches Wirken mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, erwähnt er nur noch am Rande.

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>> So wertvoll wie Gold: Der Heeslinger Münzschatz

Es ging zu wie in einem Krimi: Um Mitternacht traf sich im Juni 1986 Und von dieser Begeisterung profitierte nicht nur die Börde Heeslingen, Pastor Vieweger mit den Bankern Hastedt und Meyer sowie einiger sondern der ganze Landkreis. Der „Heeslinger Münzschatz“ wurde vom Vertrauter im Keller der Volksbank zu einer nächtlichen Rettungsaktion. Es 12. November bis 5. Dezember 1987 in der Heeslinger Volksbank einer ging um den „Heeslinger Münzschatz“. Der war bei umfassenden breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Trotz der Vielfalt zeigen die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten von St. Vitus von einem Mitarbei- 585 Münzen nur einen kleinen Ausschnitt aus den im 16. Jahrhundert in ter der bauausführenden Firma entdeckt und nicht ganz legal eingesackt Nordwestdeutschland gebräuchlichen Münzen. Kaiser Karl V. hatte mit der worden. Ohne Aufsehen zu erregen, war dem Finder der Unterschied zwi- 1. Reichsmünzordnung 1524 versucht, eine Vereinheitlichung insbesonde- schen „Mein“ und „Dein“ so überzeugend dargelegt worden, dass der re von Gewicht und Silbergehalt der Münzen zu erreichen. Doch wichtige Mann Gottes mit dem Münzschatz unterm Arm nächtens vor dem Tresor Münzherren wie die Herzöge von Sachsen und die Grafen von Mansfeld der benachbarten Volksbank auftauchte. Die Vorstände Hastedt und hielten sich nicht an die Erlasse. Allein die Grafen von Mansfeld prägten Meyer hatte der Pastor zuvor telefonisch aus dem Bett geholt, so dass der zwischen 1522 und 1533 stolze 200.000 abweichende Guldengroschen Münzschatz nicht nur gesichert, sondern auch kurz gesichtet werden mit dem drachentötenden Heiligen Georg auf der Rückseite, die ebenfalls konnte. Was 25 Zentimeter unter dem Kirchenfußboden in einem hüb- im Heeslinger Fund vertreten sind. Die Vielfalt und Qualitätsunterschiede schen Tongefäß, einem birnenförmigen Grapen mit Bandhenkel und der Münzen zu Beginn der Neuzeit boten guten Nährboden für Rundboden aus dem 16. Jahrhundert, zu Tage gefördert worden war, Münzbetrügereien. Falschgeld gibt es offenbar nicht erst seit Einführung erwies sich nicht nur als Schatz, sondern auch als kulturgeschichtlicher des Papiergeldes. Ein Beispiel aus dem Heeslinger Fund ist vermutlich der Fundus zur Wirtschaft und Geschichte des Elbe-Weser-Dreiecks im 16. bisher unbekannte Hamelner Groschen, der bis auf Details dem bekann- Jahrhundert. Die Vertreter von Kirche und Staat waren begeistert. ten guten Groschen aus Lüneburg gleicht. Die beiden 1570, also die letz- ten geprägten Münzen, die sogenannten Schlussmünzen, beweisen, dass Interessiert beugen sich die Besucher, der Schatz in Heeslingen 1570 oder kurz danach vergraben worden ist. unter ihnen Erhard Schnars, Willy Dettmering, Heinrich Martens, Warum der Schatz versteckt worden ist, lässt sich nur vermuten. Es war Festredner Oberkreisdirektor Gerhard Blume und andere in der Heeslinger die Zeit zwischen dem „Schmalkaldischen Krieg“ 1546/1547 und dem Volksbank zu dem Schatz, der aus Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Wirtschaftlicher Aufschwung der Kirche geborgen wurde. und die Festigung der Reformation kennzeichneten die Jahrzehnte zwi- schen diesen Kriegen. Die Regionalgeschichte liefert deshalb keine Erklärung dafür, warum der Schatz ausgerechnet um 1570 in St. Vitus ver- graben wurde.

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Aufsichtsrat: 1984-1990 derselbe (1969-1984 Vorst.) 1916-1934 Hinrich Heins, Heeslingen 1967-1993 Erich von Schassen, Boitzen 1917-1934 Joachim Tibke, Steddorf 1881-1897 Johann Fiehnen, Meinstedt (Vors.) 1969-1973 Friedrich Hastedt, Heeslingen 1934-1945 Friedrich Dittmer, Boitzen 1881-1885 Jakob Wichern, Wense 1973-1987 derselbe (Vors.) 1934-1944 Jakob Ficken, Heeslingen 1881-1905 Joachim Tibke sen., Steddorf 1969-1983 Johannes Miesner, Weertzen 1944-1946 Johann Meyer, Weertzen 1881-1891 Johann Meyer sen., Weertzen 1971-1973 Johannes Brinkmann, Steddorf 1946-1958 Friedrich Hastedt, Heeslingen 1881-1902 Johann Holsten, Wiersdorf 1973-1997 Horst Habermann, Elsdorf 1946-1969 Dietrich Dankers, Heeslingen 1881-1896 Johann Pape, Boitzenbostel 1973-1995 Johann Müller, Steddorf 1959-1963 Georg Bunselmeier, Heeslingen 1885-1897 Claus Albers, Wense 1974-Fusion Hans Viebrock, Brauel 1964-1977 Heinrich Martens, Wense 1897-1929 derselbe (Vors.) 1978-1981 Heinrich Jagels, Nartum 1969-1984 Wilhelm Fricke, Heeslingen 1891-1934 Johann Eckhoff, Hanrade vordem Nartum 1952-1978 1978-1984 Gustav Grube, Nartum 1897-1915 Claus Pape, Meinstedt 1978-1992 Gerhard Maxin, Hesedorf (vordem in Nartum 1957-1978) 1896-1926 Thees Dankers, Boitzen vordem Nartum 1965-1978 1905-1929 Jakob Ficken sen., Sellhorn 1978-1993 Fritz Carstens, Nartum 1902-1923 Klaus Wülpern, Brauel vordem Nartum 1964-1978 Vorsitzender des Vorstandes: 1915-1921 Johann Stelling, Wiersdorf 1978-Fusion Friedrich Schmätjen, Steinfeld 1881-1886 Hinrich Dubbels, Heeslingen 1921-1963 Wilhelm Albers, Ahof vordem Nartum 1975-1978 1886-1888 Johann Ficken, Heeslingen 1923-1929 Hauptlehrer Dankers, Heeslingen 1978-1997 Diedrich Wahlers, Winkeldorf 1888-1894 Bernhard Haar, Heeslingen 1929-1945 derselbe (Vors.) vordem Nartum 1977-1978 1894-1912 Johann Martens, Heeslingen 1926-1955 Johann Dankers, Boitzen 1981-1987 Ulrich Baske, Nartum 1913-1944 Claus Harms, Heeslingen 1929-1939 Wilhelm Eckhoff, Wense 1983-Fusion Helmut Meyer, Weertzen 1944-1946 Jakob Ficken, Heeslingen 1939-1945 Jakob Ficken jun., Sellhorn 1984-1990 Gustav Grube, Nartum 1946-1969 Johann Meyer, Weertzen 1934-1945 Hinrich Dubbels, Heeslingen 1990-Fusion Lothar Heinz, Heeslingen 1969-1977 Hinrich Holsten, Heeslingen 1939-1945 Hinrich Hauschild, Wense 1993-Fusion Alfred Bredehöft, Zeven 1977-1989 Heinrich Martens, Wense 1945-1959 derselbe (Vors.) 1993-Fusion Sigrid Wülpern, Boitzenbostel 1946-1955 Peter Ficken, Heeslingen 1995-Fusion Wilfried Pape, Sellhorn 1946-1969 Johann Ficken (Bredehöft), Meinstedt Geschäftsführer: 1946-1971 Klaus Brinkmann, Steddorf 1881-1894 Johann Eckhoff, Heeslingen 1955-1959 Georg Bunselmeier, Heeslingen Vorstandsmitglieder: 1894-1917 Ernst Bolte, Heeslingen (ab 1959 Vorst.) 1881-1894 Johann Eckhoff, Heeslingen 1917-1946 Heinrich Heins, Heeslingen 1955-1959 Hinrich Jürs, Boitzen (Zeven) 1881-1884 Dietrich Fitschen, Heeslingen 1946-1957 Grete Heins, Heeslingen 1959-1973 derselbe (Vors.) 1884-1885 Ferdinant Zeller, Heeslingen 1957-1977 Hinrich Holsten, Heeslingen 1959-1967 Heinrich Dubbels, Sassenholz 1885-1886 Johann Ficken, Heeslingen 1977-1980 Hans Peter Hagenah, Heeslingen 1960-1964 Heinrich Martens, Wense 1886-1894 Nikolaus Dankers, Heeslingen Wilhelm Meyer, Heeslingen (ab 1964 Vorst.) 1894-1917 Ernst Bolte, Heeslingen 1980-1997 Wilhelm Meyer, Heeslingen 1963-1973 Klaus Holsten, Wiersdorf 1894-1899 Jakob Müller, Heeslingen Wilhelm Hastedt, Heeslingen 1964-1965 Wilhelm Quell, Heeslingen 1899-1905 Christian Wiese, Heeslingen 1.1.1997-Fusion Torsten Janßen 1965-1969 Wilhelm Fricke, Heeslingen 1905-1916 Dietrich Meyer, Heeslingen 1.1.1998-Fusion Sigrid Wülpern (AR-Mitglied)

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