Sammlung Stadterneuerung Und Soziale Bewegungen in Kreuzberg
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Konvolut von Unterlagen zur Internationalen Bauausstellung (IBA) und des Treuhandsanierungsträgers S.T.E.R.N. Mappe Nr: '*■5$ M7- Dokument Nr: MENSCHENLANDSCHAFT BERLIN BILDHAUERSYMPOSION AM SCHLESISCHEN TOR Menschenlandschaft Berlin Bildhauersymposion am Schlesischen Tor MENSCHENLANDSCHAFT BERLIN BILDHAUERSYMPOSION AM SCHLESISCHEN TOR Ein Projekt des Senators für Bau- und Wohnungswesen in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Kreuzberg (Kunstamt, Tiefbauamt, Gartenbauamt, Stadtplanungsamt), der Kunst-am-Bau-Kommission Kreuzberg, IBA/S.T.E.R.N. GmbH und Anwohnern Künstler: Mehmet Aksoy Andreas Frömberg Azade Köker Louis Niebuhr Leslie Robbins Rudolf Valenta Andreas Wegner Schang Hutter (Entwurfsphase) Gesamtbetreuung (Entwurfs- und Realisierungsphase): Karin Nottmeyer (Senator für Bau- und Wohnungswesen) in Zusammenarbeit mit Stefanie Endlich als Koordinatorin der Entwurfsphase Technische Bearbeitung: Büro Dr. Ing. Horst Franke Dokumentation Die Broschüre erscheint im Rahmen der 750-Jahr-Feier Berlins und wurde auch von der S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadt¬ erneuerung Berlin mbH unterstützt. Herausgeber: Kunstamt Kreuzberg Mariannenplatz 2 1000 Berlin 36 Tel. 030-2588-2506 Redaktion und Texte: Stefanie Endlich Die Texte stützen sich in Teilen auf die Wettbewerbsausschreibung und die Juryprotokolle (verfaßt von S. Endlich) sowie auf Berichte der Vor¬ prüfung (Florian von Buttlar/S. Endlich). Das historische Kapitel stützt sich in Teilen auf Untersuchungen von Dieter Hoffmann-Axthelm; die Zitate in diesem Abschnitt wurden seinem Gutachten für die Ausschrei¬ bung des IBA-Freiraum-Wettbewerbes Schlesisches Tor entnommen. Fotos: S.T.E.R.N.-Archiv, Landesbildstelle Berlin, Ahmet Cetinkaya, Stefanie Endlich, Rainer Höynck, Wolf Kaufmann, Birgit Kleber, Michael Radier, Teilnehmer des Symposions Umschlag-Foto: Michael Radler Layout: Kunstamt Kreuzberg Satz: Gegensatz Druck: Agit-Druck Die Broschüre erscheint im November 1987 S.T.E.R.N. zur Fertigstellung des Bildhauersymposions. © 1987 Kunstamt Kreuzberg, Berlin VORBEMERKUNG Die Idee, ein Bildhauersymposion zum Thema biet sind. Prozeßhafte Einbindung also und Offen¬ „Menschenlandschaft Berlin“ mit voller Absicht heit für Bürgermeinungen und Bürgerwünsche. gerade am Schlesischen Tor durchzuführen - und Keine Unterordnung, kein äußerer oder innerer nicht, um reale Gegenbeispiele zu nennen, auf ei¬ Zwang, die künstlerische Eigenständigkeit zurück¬ ner Tiergarten-Wiese oder auf dem Kurfürsten¬ zustecken! Im Gegenteil: gerade die sorgsam be¬ damm ergab sich aus der besonderen Rolle des dachten Wechselbezüge von Stadtraum, sozialem Schlesischen Tors in der Berliner Stadtentwick- Umfeld und bildnerischer Phantasie sind ein be¬ lungs- und Sozialgeschichte. Wie in einem Brenn¬ sonderes Charakteristikum der künstlerischen Qua¬ spiegel bündeln sich an diesem Ort Entwicklungs¬ lität dieser Projekte. linien, die für die Herausbildung der Industrieme¬ tropole Berlin wie auch für die konfliktreichen Passende Beispiele dafür: Der Cuvrybrunnen an Strukturveränderungen nach der Teilung der Stadt der Ecke Cuvry- und Wrangelstraße, Ergebnis ei¬ charakteristisch sind. Und es scheint, als ob die nes Bildhauersymposions von 1983/84. Ebenso Veränderungen zum Besseren, die sich im äußer¬ die Brandwandbemalung an 14 Wänden rund um sten Kreuzberger Osten nach jahrzehntelanger den Abenteuerspielplatz an der Spree, wenige Vernachlässigung und Verödung nun schrittweise Schritte vom U-Bahnhof Schlesisches Tor entfernt. bemerkbar machen, gewissermaßen ausstrahlen Und das zuvor genannte Bildhauersymposion auf vom Schlesischen Tor mit seinem restaurierten U- den Freiflächen zwischen Schlesischer Straße und Bahnhof als Stadtteil-Treff und als inzwischen gut Gröbenufer - und davon handelt diese Broschüre. eingeführter Ort kultureller Begegnung und stadt¬ Parallel entsteht eine zweite Broschüre zu den teilpolitischer Diskussion. Wandgestaltungen, deren Ausführung ebenso wie Hier sind auch einige bemerkenswerte Kunstpro¬ die des Projektes „Menschenlandschaft Berlin“ vor . , , , . , i, .. ... • Blick Uber die Hochbahn nach jekte konzentriert, die wichtiger Bestandteil der kurzem begonnen hat, sich allerdings über einen osten zur Spree, links der u- Stadterneuerung in diesem problembeladenen Ge¬ längeren Zeitraum erstrecken wird. Bahnhof Schlesisches Tor 3 ZUR GESCHICHTE DES ORTES Straße und bearbeiteten die nach Süden bis zum Landwehrgraben reichenden schmalen Landstrei¬ fen („Gärtnereihufen“), deren Struktur noch heute „Hier ist man weit weg, hier ist man angekom¬ im Grundstücksaufbau der Blöcke erkennbar ist. men“, schrieb der Historiker Dieter Hoffmann-Axt- Spree und Köpenicker Straße dienten als Entwick¬ helm über das Schlesische Tor, das - als Endsta¬ lungsachsen. „Auf beiden kam vom Stadtzentrum tion der U-Bahn-Linie 1 - in 20 Minuten vom her das staatliche wie bürgerliche Leben herauf. Zoo erreichbar ist. Seine Worte skizzieren, wie sich Von Staats wegen waren es im wesentlichen Mili¬ widerspruchsvolle Realität, widersprüchliche Emo¬ tär- und Lagerhäuser (Salzmagazin, Proviantmaga¬ tionen und verschiedene Zeitebenen Übereinander¬ zin, Train-Magazin). Auf der bürgerlichen Seite schieben an diesem Ort am Rande der Stadt, ge¬ hangelten sich an beiden Achsen die Holzplätze nauer: der westlichen Stadthälfte. Nur wer es weiß und -schwemmen entlang, die Färbereien, Kattun¬ oder wer sich Zeit nimmt, genauer hinzuschauen, fabriken und Lohgerber, auch das Lager- und kann sich die traditionsreiche Vergangenheit und Transportgeschäft.“ vor allem die Dynamik und Urbanität dieses Ortes Diese Entwicklung erfaßte im 19. Jahrhundert heute noch vorstellen. auch die Gegend rund ums Schlesische Tor, in der Die Gegend um das Schlesische Tor ist eine der äl¬ man zwar später als in der stadtnäheren Köpe¬ testen bebauten Orte Berlins. Entlang der heutigen nicker Vorstadt, aber früher als in den umliegenden Skalitzer Straße verlief früher die Akzisemauer, Bereichen von landwirtschaftlicher zu Gewerbe¬ das 1730 errichtete, bis 1868 intakte barocke nutzung überging. Die Südseite der Köpenicker Grenzbauwerk. An der Stelle des heutigen Hoch¬ Straße war schon ab 1800 von kleinteiliger Textilin¬ bahnhofs stand das Schlesische Stadttor mit zwei dustrie geprägt, die Flächen zwischen Straße und Wachhäuschen beiderseits der von Norden aus der Spree wurden zunächst als Bleich- und Trocken¬ Altes Wachhäuschen am Stadt herausführenden Köpenicker Straße. wiesen von den auf der anderen Straßenseite pro¬ Schlesischen Tor 1882, als Ar¬ beiterkneipe genutzt, fotogra¬ Das Schlesische Tor hatte per Dekret seinen Na¬ duzierenden Kattundruckern, Färbern, Gerbern fiert von Albert Schwartz men nach der Eroberung Schlesiens 1740 bekom¬ genutzt und dann ebenfalls mit Kattun- und Tuch¬ men. Durch dieses Tor kamen vor allem die Ein¬ fabriken bebaut. Zwischen heutiger Pfuelstraße wanderer aus Schlesien im 18. Jahrhundert, wäh¬ und Oberbaumbrücke lag die Kattundruckerei von rend andere Einwanderergruppen auch andere To¬ Dannenberger, dessen technische Neuerungen und re benutzten, zum Beispiel das Hallesche Tor. Im teilweise abenteuerliche wirtschaftliche Aktivitäten Siebenjährigen Krieg marschierten die Russen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die durch das Schlesische Tor in die Stadt ein. Wo Mechanisierung der Berliner Kattunindustrie vor¬ damals das Tor stand, überquert heute die Hoch¬ antrieb und sogar die englische Konkurrenz auf bahn die Straße; das nördliche .Torhäuschen, erst dem Weltmarkt bezwang. 1887 abgerissen, stand dort, wo heute die kleine Die Dannenberg’sche Fabrik bestand bis zur Verkehrsinsel liegt. Gründerkrise; mit dem schon früher einsetzenden Zwei große Meiereien erstreckten sich zu beiden Niedergang der Kattunindustrie kamen andere Seiten des Schlesischen Tors: östlich das Landgut Gewerbe in die Gegend: Metallwerkstätten, der Bartholdischen Meierei, schon Mitte des 17. Zuckersiedereien, chemische Industrie, Maschi¬ Jahrhunderts weit vor der Stadt angelegt, 1730 an nenbau. den Berliner Magistrat und 1771 an den reichen Nicht proletarisch und nicht großbürgerlich, son¬ Bankier Itzig, den einflußreichsten Mann im Stadt¬ dern kleinbürgerlich war die frühe industrielle teil, verkauft („Itzigsche Meierei“), 1827 vom Wohn- und Gewerbebebauung, von der heute fast Stadtrat de Cuvry erworben. Und westlich, inner¬ nichts mehr erhalten ist, zum Beispiel entlang der halb der Akzisemauer, ein kleineres Landgut, das Schlesischen bis zur Cuvrystraße: zweigeschossige 1773 ebenfalls von Daniel Itzig gekauft, vergrößert Handwerks- und Gärtnerhäuser, Reste von Land¬ Itzigsche Meierei an der alten und mit einem Schlößchen bebaut wurde. Itzig, wirtschaft, in den Höfen kleine Gewerbegebäude Köpenicker Landstraße, der Bankier Friedrichs des Großen, war mit Mendels¬ heutigen Schlesischen Straße mit Schuppen, Ställen, Remisen („eine Kleinwelt sohn und Lessing befreundet; Traditionen der Auf¬ armer Handwerker, in der jedes Mäuseloch be¬ klärung sind konkret mit diesen Standorten ver¬ nutzt und bewohnt ist“). Das letzte Gärtnerhaus bunden. Der damals berühmte, im französischen aus dem Jahre 1830 in der Schlesischen Straße 13 Rokoko gestaltete Schloßgarten mit seinen Skulp¬ steht seit nunmehr 10 Jahren mit zugemauerten turen und Brunnen ist nicht mehr erhalten, und Fenstern leer und war lange vom Abriß bedroht. auch das Schlößchen selbst, auf dem Grundstück Eines der wenigen großbürgerlichen Häuser nahe Köpenicker Straße 185 - 186, wurde im 2. Welt¬ dem Schlesischen Tor war die Villa des Färbereifa¬ krieg zerstört. Die IBA hat vorgeschlagen, durch brikanten