Das Geheimnis Des Dritten Mannes
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Titel Stefan Wisniewski (1978) Christian Klar (2006) Günter Sonnenberg (1992) Das Geheimnis des dritten Mannes 30 Jahre nach der Tat steht der Mord an Siegfried Buback vor der Aufklärung: Frühere RAF-Mitglieder beschuldigen Stefan Wisniewski, die tödlichen Schüsse abgefeuert zu haben. Der wegen des Anschlags verurteilte Knut Folkerts war am Tattag höchstwahrscheinlich in Amsterdam. Tatort (am 7. April 1977 in Karlsruhe) 24 der spiegel 17/2007 iegfried Buback, 57, und seine beiden Linkenheimer Landstraße gegen 9.00 Uhr Begleiter hatten keine Überlebens- Tatort Karlsruhe Der Dienstwagen Bubacks nähert sich der Karlsruher Schance. Als der Dienst-Mercedes des Ablauf des Attentats auf Innenstadt. Im Fahrzeug sitzen der Generalbundes- Generalbundesanwalts am Morgen des anwalt, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Justiz- 7. April 1977 auf dem Weg zum Bundes- Generalbundesanwalt hauptwachtmeister Georg Wurster. Siegfried Buback gerichtshof an einer Ampel halten musste, am 7. April 1977 näherte sich auf der rechten Seite eine Aufnahme: Google Earth, blaue Suzuki GS 750. Auf dem Motorrad Stadt Karlsruhe VLW; 2007 saßen zwei Angehörige der Roten Armee 20 km A6 Fraktion (RAF). Es war kurz nach 9 Uhr an jenem Grün- Tankstelle Neureut A5 Fundort des Hier warten zwei Terroristen donnerstag in Karlsruhe, als der Sozius Wohnort Fluchtwagens vom Motorrad aus mit einem automati- auf einem Motorrad auf die Bubacks Vorbeifahrt des Wagens. Sachsenheim schen Gewehr des Typs Heckler & Koch 43 Karls- ruhe A8 Ludwigs- in den Innenraum der ungepanzerten Li- burg mousine feuerte. Buback, der oberste Ter- roristenjäger der Republik, und sein Fahrer Attentat Wolfgang Göbel, 30, starben sofort, der im Fond sitzende Georg Wurster, 33, Chef der gegen 9.10 Uhr KARLSRUHE Als der Wagen die Tankstelle Bundes- Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft, passiert, nehmen die Täter gerichtshof sechs Tage später. die Verfolgung auf. A5 Führerlos war der Mercedes nach den tödlichen Schüssen über die Kreuzung der Linkenheimer Landstraße mit der Moltke- Versteck des straße gerollt, bis er an einem Poller zum 1 km Motorrads Stehen kam: ein gespenstisches Bild, das A8 sich in das kollektive Gedächtnis der Westdeutschen einbrannte, das erste der Kreuzung Ecke Moltkestraße An der Ampel fahren die Täter Schreckensbilder jenes Jahres, in dem die von rechts an das Fahrzeug heran. RAF mit ihrer „Offensive ’77“ die Repu- Der Sozius auf dem Motorrad blik an den Rand eines Staatsnotstands gibt aus einer Maschinenpistole brachte. mindestens 15 Schüsse ins Unerkannt flüchteten die beiden Täter Wageninnere ab. zu einem Komplizen, der in einem silber- farbenen Alfa Romeo auf sie wartete. Dem Trio gelang es, durch die sofort eingeleite- te Ringfahndung zu schlüpfen. In einer sechs Tage später verbreiteten Erklärung nannten sie sich „Kommando Ulrike Mein- hof“. Sie, die Gesicht und Stimme der RAF Das führerlose Fahrzeug rollt über Die Täter verstecken ihr Motorrad R.) (U. ); DPA war, hatte sich elf Monate zuvor im Ge- die Kreuzung und kommt dann zum wenig später im Pfeiler einer Stehen. Buback und Göbel sterben Autobahnbrücke. Dort wartet ein fängnis Stuttgart-Stammheim erhängt. noch am Tatort, Wurster stirbt sechs Komplize im Fluchtauto, einem Das Attentat auf Buback gehört zu den Tage später. Die Täter fliehen auf Alfa Romeo. Dieser wird später im dunkelsten Kapiteln der deutschen Nach- dem Motorrad. Landkreis Ludwigsburg gefunden. kriegsgeschichte. Erstmals ermordeten RAF-Mitglieder einen führenden Reprä- sentanten der deutschen Staatsgewalt. Sie hatten ihn für verschärfte Haftbedingungen in den Gefängnissen verantwortlich ge- macht, auch für den Tod des Stockholm- Attentäters Siegfried Hausner, der 1975 lebensgefährlich verletzt in der Haft ge- storben war. Sie wollten Buback dafür be- strafen. Erbittert schlug der Staat zurück. „Ich bringe sie dir alle“, gelobte Horst Herold, damaliger Präsident des Bundeskriminal- Tatfahrzeug Motorrad vom Typ Suzuki, Fluchtfahrzeug Alfa Romeo amts (BKA), an Bubacks offenem Grab. In den Verfahren zum Buback-Mord konnten hohe deutsche Gerichte Er konnte sein Versprechen nicht hal- nicht klären, wer an dem Anschlag auf den Generalbundesanwalt ten. Dem Polizeiapparat und der Justiz beteiligt war. Obwohl völlig offenblieb, wer die Suzuki GS 750 fuhr, gelang es nicht, den Mordanschlag aufzu- die sich Bubacks Dienst-Mercedes näherte, wer vom Soziussitz klären. Zwar wurden die RAF-Angehöri- aus schoss und wer im Fluchtauto, einem Alfa Romeo, wartete, gen Knut Folkerts, Christian Klar und Bri- verhängten die Gerichte lebenslange Freiheitsstrafen. Nach den gitte Mohnhaupt wegen des Anschlags und jetzt bekanntgewordenen Erkenntnissen fuhr Günter Sonnenberg weiterer Straftaten zu teils mehrfachen das Motorrad und feuerte Stefan Wisniewski vom Soziussitz aus lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt – auf Buback und dessen Begleiter. Der wegen des Anschlags verurteilte Knut Folkerts war am Tattag höchstwahrscheinlich in während der mutmaßliche Mittäter Günter Motorradhelme der Täter Amsterdam. Sonnenberg wegen der bei seiner Festnah- FOTOS S. 24: AP (L. O.); BONN-SEQUENZ / IMAGO (R. O.); ACTION PRESS (U.); S. 25: LUX PRESSEFOTO (M. O.); ULLSTEIN / AP ( M. U. ULLSTEIN (M. O.); PRESSEFOTO S. 25: LUX PRESS (U.); ACTION (R. O.); BONN-SEQUENZ / IMAGO S. 24: AP (L. O.); FOTOS me erlittenen lebensgefährlichen Verlet- der spiegel 17/2007 25 Titel zungen nicht für den Buback-Mord zur Re- einem gemeinschaftlich begangenen Mord am Tattag mit den meisten übrigen Mit- chenschaft gezogen wurde. Doch Beweise was getan habe. Für die Angehörigen sei gliedern der RAF-Kommandoebene in für den konkreten Tatbeitrag gab es kaum, „aber doch derjenige, der geschossen hat, Amsterdam gewesen ist. und die Angeklagten schwiegen. der entscheidende Täter“. Das Plädoyer Hat Maier-Witt, die sich 1979 von der 30 Jahre nach dem Mordanschlag für die Freilassung Klars, veröffentlicht just RAF losgesagt hatte, in der DDR unterge- scheint endlich Licht ins Dunkel des Tat- am Tag, an dem Buback auf Einladung des taucht war und 1990, nach dem Zusam- geschehens zu kommen. Die Debatte um Bundespräsidenten ins Berliner Schloss menbruch des realsozialistischen deut- die bevorstehende Entscheidung des Bun- Bellevue kommen sollte, wurde im Präsi- schen Staates, enttarnt wurde, die Wahr- despräsidenten Horst Köhler über ein Gna- dialamt allerdings als „ungehörig“ emp- heit gesagt, wäre der Schuldspruch im Fall dengesuch, das der seit 24 Jahren einsit- funden (siehe Seite 32). Folkerts in wesentlichen Teilen ein kras- zende Christian Klar gestellt hat, hat die Buback und die Angehörigen der bei- ses Fehlurteil. Folkerts wäre wohl auch we- lange fast in Vergessenheit geratene Frage den anderen Opfer werden sich bis zur gen anderer schwerer Delikte zu einer wieder aufgeworfen, wer beim Buback- vollständigen Aufklärung des Verbrechens mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Mord welchen Tatbeitrag geleistet und wer, vermutlich nicht mehr lange gedulden Vielleicht aber nicht zu Lebenslang. vor allem, die tödlichen Schüsse auf den müssen. Denn wohl recht bald werden das Schlimmer noch: Dem Bundesamt für Generalbundesanwalt und seine beiden Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz Verfassungsschutz liegt seit mehr als 20 Begleiter abgefeuert hat. und das Wiesbadener Bundeskriminalamt Jahren die Aussage der ehemaligen RAF- Michael Buback, 62, Sohn des ermorde- zu erklären haben, aus welchen Gründen Angehörigen Verena Becker vor. Sie hatte ten Chefanklägers und Chemieprofessor sie lange Zeit Hinweise verschwiegen ha- sich Anfang der achtziger Jahre, während in Göttingen, hatte am Mittwoch voriger ben, die einen spektakulären Schluss na- ihrer Haft in der Justizvollzugsanstalt Woche via „Süddeutsche Zeitung“ mitge- helegen: Die Ereignisse am 7. April 1977 in Köln-Ossendorf, auf eine Zusammenarbeit teilt, er habe „Informationen aus dem Be- Karlsruhe können nicht so gewesen sein, mit dem Inlandsgeheimdienst eingelassen. reich der RAF“ erhalten. Kernpunkt: Klar wie hohe deutsche Gerichte in harten Ur- Was Becker enthüllte, könnte das Ge- sei „keiner der beiden Täter auf dem Mo- teilen gegen Verdächtige aus der RAF fest- heimnis um den dritten Mann beim Karls- torrad“ gewesen, er habe „auch nicht an gestellt haben. ruher Anschlag lösen – wenn ihre Aussagen der frühen Planung des Attentats teilge- Dem Bundeskriminalamt liegt seit 17 damals stimmten: Christian Klar habe in nommen, auch nicht an der Ausbildung Jahren die Aussage der ehemaligen RAF- dem Alfa Romeo auf seine Komplizen ge- für die Aktion“. Bubacks Forderung: Angehörigen und heutigen Friedensaktivis- wartet, Günter Sonnenberg habe das Mo- „Gnade für Christian Klar“. tin Silke Maier-Witt vor, wonach der wegen torrad gefahren – und Stefan Wisniewski sei Strafrechtlich, räumte Buback ein, sei des Buback-Mordes zu einer lebenslangen es gewesen, der vom Soziussitz der Suzuki zwar die Frage „weniger relevant“, wer bei Freiheitsstrafe verurteilte Knut Folkerts aus die tödlichen Schüsse abgegeben habe. Stefan Christian Günter Wisniewski Klar Sonnenberg 1953 in Klosterreichen- Er stammt aus einer Geboren 1954 in Karls- bach bei Freudenstadt bürgerlichen Freiburger ruhe, schlug Sonnen- geboren, stieß Wisniew- Familie. 1976 schloss berg zunächst einen ski 1974 nach dem er sich als 24-jähriger bürgerlichen Lebens- Hungerstreiktod von Student der RAF an und weg ein. Als Austausch- Holger Meins zur RAF. Er ging in den Untergrund. schüler durfte er wegen THOMAS GRIMM / AP THOMAS AP gehörte zu dem Kom- Im Jahr darauf war er seiner guten Leistun- mando, das am 5. Sep- Mittäter