Die RAF – Ein Deutsches Trauma?
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ISBN 978-3-89289-044-7 Die RAF – ein deutsches Trauma? Die RAF – ein deutsches Trauma? • „... gegen den Terrorismus steht der Wille des gesamten Volkes.“ (Helmut Schmidt) Caroline Klausing/Verena von Wiczlinski (Hrsg.) Caroline Klausing/Verena Versuch einer historischen Deutung Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz Am Kronberger Hof 6 • 55116 Mainz Herausgeberinnen: Caroline Klausing und Verena von Wiczlinski Tel.: 0 61 31 - 16 29 70 • Fax: 0 61 31 - 16 29 80 in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz E-Mail: [email protected] Homepage: www.politische-bildung-rlp.de Impressum Herausgeberinnen Caroline Klausing und Verena von Wiczlinski in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz Am Kronberger Hof 6 55116 Mainz Verantwortlich Bernhard Kukatzki Redaktion Marianne Rohde, Marita Hoffmann Lektorat Marita Hoffmann Umschlaggestaltung Birgit Elm und Llux Agentur & Verlag Abbildungsnachweis Alle Fotografien außer auf Seite 71 und 83: Dr. Andreas Linsenmann Fotografien auf Seite 71 und 83: Jan Hildner Gesamtherstellung Llux Agentur & Verlag e.K. 67065 Ludwigshafen www.buecher.llux.de Mainz 2018 ISBN 978-3-89289-044-7 Die RAF – ein deutsches Trauma? Versuch einer historischen Deutung Inhalt Vorwort 4 Bernhard Kukatzki und Marianne Rohde Zur Einführung 6 Die RAF als gesamtgesellschaftliche Herausforderung – Akteure, Institutionen und Kontroversen Caroline Klausing und Verena von Wiczlinski Der Staat 14 Staat und Terrorismus in der Bundesrepublik der 1970er Jahre Johannes Hürter Der Mythos 58 Zur Entmythologisierung einer terroristischen Organisation Wolfgang Kraushaar Die Opfer und die Täter 104 RAF und Strafverfahren gegen RAF-Mitglieder: Zäsuren in der Geschichte der RAF Gisela Diewald-Kerkmann Die Medien 132 Die Rezeption der RAF in Printmedien, Film und Fernsehen Hanno Balz Das Ende? 172 Die Dritte Generation der RAF Alexander Straßner 3 Vorwort In den 1970er Jahren erschütterte eine bis dahin nie gekannte Terror- welle die Bundesrepublik Deutschland, die vor mehr als 40 Jahren im so- genannten ‚Deutschen Herbst‘ 1977 ihren Höhepunkt erreichte. Auf die Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback im April folgte im Juli die des Chefs der Dresdner Bank Jürgen Ponto. Schließlich wurde am 5. September der damalige Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer entführt, um damit die Freilassung von elf RAF-Gefangenen zu erpressen, darunter die bekannten RAF-Mitglieder Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin. Das Terrorszenario löste eine der schwersten Krisen der Demokra- tie in der Bundesrepublik aus. Sie gipfelte in der Entführung der Luft- hansamaschine Landshut durch die mit der RAF kooperierende terroris- tische Gruppe Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) am 13. Oktober 1977, die der Forderung nach Freilassung von Baader, Ensslin und Raspe Nachdruck verleihen sollte. Als der Krisenstab unter der Leitung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt nicht nachgab und die Lufthansamaschine nach einem fünftägigen Irrfl ug in Mogadischu von der Spezialeinheit der deutschen Bundespolizei GSG 9 stürmen ließ, begingen Baader, Raspe und Ensslin am 18. Oktober 1977 in der Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim Selbstmord. Der entführte Hanns Martin Schleyer wurde tags darauf erschossen im Kofferraum eines PKW in Mülhausen (Elsass) gefunden. Mit Buback, Ponto und Schleyer wurden sieben weitere Männer von RAF-Terroristen ermordet: Personenschützer, Fahrer und Begleitpersonen der prominenten Opfer sowie der Flugkapitän der Landshut. Die Landeszentrale für politische Bildung hat in Kooperation mit dem Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zentrale Aspekte der Geschichte der RAF und ihrer Bekämpfung in einer Veranstaltungsreihe im Jahr 2011/2012 aufgearbeitet. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus Politik, Justiz und Medien sowie die Angehörigen der Täter und der Ermordeten haben ihre Sicht auf die Ereignisse vor 40 Jahren, aber auch die Folgen und Fragen, die für sie bis heute geblieben sind, dargelegt. 4 Anlässlich der 40. Wiederkehr des ‚Deutschen Herbstes‘ wurden Vorträge und Diskussionen, die seitens der Landeszentrale für politische Bildung von Petra Reitzel organisatorisch betreut wurden, in dieser Publi- kation zusammengestellt, um damit einen wichtigen Teil deutscher Nach- kriegsgeschichte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir danken insbesondere den Referentinnen und Referenten sowie den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für ihre Beteiligung und Freigabe der transkribierten Manuskripte sowie den Initiatorinnen der Veranstaltungs- reihe Dr. Caroline Klausing und Dr. Verena von Wiczlinski für ihr Engage- ment beim Zustandekommen der Publikation und Marita Hoffmann für die sorgfältige redaktionelle Bearbeitung. Bernhard Kukatzki Marianne Rohde Direktor Stellv. Direktorin Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz 5 Zur Einführung Die RAF als gesamtgesellschaftliche Herausforderung – Akteure, Institutionen und Kontroversen Caroline Klausing und Verena von Wiczlinski Das Thema des Terrorismus der RAF wird bis heute kontrovers diskutiert. Innerhalb weniger Jahre wurden die Mitglieder einer kleinen, radikalen Splittergruppe der 68er-Bewegung zu den meistgesuchten Straftätern der Bundesrepublik – es war mit den Worten des Schriftstellers Heinrich Böll „ein Krieg von 6 gegen 60.000.000“. Die Geschichte der RAF begann im Mai 1970 mit der spektakulären Befreiung des inhaftierten späteren RAF-Mitbegründers Andreas Baader in Berlin. Die Journalistin Ulrike Meinhof – an der Befreiung beteiligt und selbst RAF-Mitglied – konstatierte angesichts dieser Ereignisse lapidar: „Und natürlich kann geschossen werden“. Die in den nächsten Jahren folgende Welle von Anschlägen der RAF fand ihren Höhepunkt in der Entführung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und der Entführung der Lufthansamaschine Landshut im Oktober 1977. Der sogenannte ‚Deutsche Herbst‘, der sich im Oktober 2017 zum vierzigsten Mal jährte, war nicht nur eine Episode der Geschichte, sondern stellte den Rechtsstaat und das Demokratieverständnis der noch jungen Bundesrepublik Deutschland auf die Probe. Die teils heftig und emotional geführten Diskussionen um die Freilassung der ehemaligen RAF-Mitglieder Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt im Jahr 2007 sowie die Eröffnung eines neuen Prozesses im Jahr 2011 gegen Verena Becker wegen ihrer Mittäterschaft an der Ermordung des Generalbundes- anwaltes Siegfried Buback im April 1977 machen deutlich, wie brisant die Thematik des Linksterrorismus heute noch ist. Dies zeigen auch die Hinweise auf Geldtransporterüberfälle der mutmaßlichen RAF-Täter der Dritten Generation Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg in den Jahren 1999 bis 2015 und im Herbst 2017 veröffentlichte aktuelle Fahndungsfotos. Aktualität gilt für das gesamte Phänomen des Terrorismus angesichts wachsender Gefährdung durch den lange vernachlässigten Rechtsterrorismus mit den Anschlägen des National- sozialistischen Untergrundes (NSU) und der aktuellen Zunahme islamis- tischer Attentate in der westlichen Welt und im Nahen Osten, die gegen- 6 wärtig auf dramatische Weise die Bedeutung des religiös motivierten Terrorismus unterstreichen. In den Arbeitsbereichen Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik des Historischen Seminars der Universität Mainz wurde im Wintersemester 2011/12 eine Lehrveranstaltungsreihe mit dem Themenschwerpunkt RAF angeboten. In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz wurde sie von einer fünfteiligen öffentlichen Vortrags- reihe begleitet, die zentrale Aspekte der Geschichte der RAF und ihrer Bekämpfung aus den unterschiedlichen Perspektiven von Politik, Justiz, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Medien und Wissenschaft beleuchtete. Auf Einführungsvorträge durch eine Wissenschaftlerin oder einen Wissen- schaftler folgte jeweils ein moderiertes Podiumsgespräch mit Zeitzeu- ginnen und Zeitzeugen. Damit sollte einerseits die jeweilige Perspektive der maßgeblich Beteiligten Raum fi nden. Andererseits ging es um zentrale Kontroversen und Deutungen, die bis heute die Öffentlichkeit und die Forschung beschäftigen: Ist – so die Leitfrage der Veranstaltungsreihe – die RAF ein unbewältigtes Trauma der bundesdeutschen Geschichte? Der vorliegende Band basiert auf den überarbeiteten und mit Anmerkungen versehenen Vorträgen der Wissenschaftler und den Podiumsdiskussionen, die aufgezeichnet und von Studierenden des Historischen Seminars der Universität Mainz transkribiert wurden. Dabei wurde die mündliche Form der teilweise kontroversen Podiumsgespräche ohne inhaltliche Verän- derungen behutsam der schriftlichen Veröffentlichungsform angepasst. Links Dr. Caroline Klausing, rechts Dr. Verena von Wiczlinski, beide vom Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 7 1. Der Staat – Die Geschichte der RAF Der erste Teil des Bandes steht im Zeichen der Herausforderung des Staates und mit ihm auch der Justiz durch den RAF-Terrorismus und den spektakulären Prozess in Stuttgart-Stammheim 1975 gegen die prominentesten Mitglieder der Gruppe – Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe; sie prägen das Gesicht der RAF in der Öffentlichkeit bis heute maßgeblich. Prof. Dr. Johannes Hürter vom Institut für Zeitgeschichte in München unterscheidet in seinem Beitrag „Staat und Terrorismus in der Bundesrepublik der 1970er Jahre“ zwischen drei Phasen im Handeln der sozialliberalen Regierung gegen den Terrorismus.