Selbstmord Oder Mord? Das Todesermittlungsverfahren: Baader / Ensslin / Raspe
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,...........-- Karl-Heinz Weidenhammer Selbstmord oder Mord? Das Todesermittlungsverfahren: Baader / Ensslin / Raspe InAllHi II CIP- Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek VORBEMERKUNG Weidenhammer, Karl-Heinz: Selbstmord oder Mord? d, Todes• Diese Dokumentation mag der interessierten Leserin ermittlungsverfahren: und dem interessierten Leser die Möglichkeit verschaf• Baader, Ensslin, Raspel fen, sich selbst darüber zu informieren, ob es den Parla• Karl-Heinz Weidenhammer ments- und Justizorganen der Bundesrepublik Kiel: Neuer Malik Verlag, 1988 ISBN 3-89029-033-7 Deutschland gelungen ist, eine über jeden Zweifel • erhabene Untersuchung der Todesfälle und der Körper• ·• • verletzung im Hochsicherheitstrakt in der Vollzugsan• ·• stalt Stuttgart-Stammheim vom Herbst 1977vorzulegen ·• oder ob Zweifel angebracht sind. · Der von der Bundesregierung bei Gelegenheit einge• · setzte Krisenstab, in dem Vertreter des Rüstungskapi• tals tonangebend sind, hat die günstige Gelegenheit genutzt, um sich bei der "Bekämpfung des Terroris• mus" Regierungsfunktionen anzueignen. So kommt es, daß bis zum heutigen Tag der in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehene Kri• senstab die Auffassung verbreitet, die Täuschung eige• ner Staatsorgane sei ein nicht zu beanstander Realakt. Aus dieser staatlich geschützten Dunkelzone werden • Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland • ~_ ••••_ ••••- a .., bei der Aufklärung dieser Sache in die Irre geleitet oder INT. INSTITUUT auch die Europäische Kommission für Menschenrechte SOC. GESCHIEDENIS über die Tatsache der Isolationsfolter - so Amnesty international - über die wahren Todesumstände der -- !Vi..I!;'~. ,. •I':·."~.,..V\ politischen Gefangenen aus der RAF in Stammheim hinweggetäuscht. ~10 ..~M~~.~~,~.~" - -~,""~·T'r,;;,. .-~ Seit über einem Jahrzehnt erscheinen die Ermitt• lungsorgane der Bundesrepublik Deutschland bei ihren Aufklärungsaktivitäten in dieser Sache wie gelähmt, fast so, als könnten sie sich nicht aus eigener Kraft aus © 1988 by NEUER MALIK VERLAG Kiel der Umklammerung des Krisenstabes befreien. Alle Rechte vorbehalten Angesichts dieser Aufklärungs- und Ermittlungspa• Satz: Utesch Satztechnik GmbH, Harnburg ralyse in Europa/West wünschte ich als ehemaliger Ver• Druck: Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany teidiger und Autor, der UN-Menschenrechtsausschuß ISBN: 3-89029-033-7 möge kraft seines Ansehens und seiner Autorität 5 internationale Untersuchungskommission beauftragen, r den Tod der politischen Gefangen aus der RAFAndreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-earl Raspe und die Körperverletzungen der Überlebenden Irmgard Möller _ die sich noch immer in Isolationshaft befindet - zu untersuchen, um das Ausmaß der durch die Bundesre• publik Deutschland bewirkten Menschenrechtsverlet• TEIL I zung festzustellen. Karl-Heinz Weidenhammer, im Oktober 1988 CHRONOLOGIE EINER GEISELNAHME I I \ ,i 6 - •I r Am 5. September 1977 entführen unbekannte Täter in men.5 Zusammen mit dem Radio- und Fernsehgerät Köln den Arbeitgeberpräsidenten der Bundesrepublik wird bei Andreas Baader noch in dieser Nacht durch Deutschland, Dr. Hanns Martin Schleyer, und töten Amtsinspektor Hauk der Plattenspieler aus seiner Zelle seine Leibgarde. Daraufhin wird den politischen Gefan• entfernt, dann in die Besucherzelle verbracht und von genen der RAF (Rote Armee Fraktion) Andreas Baader, Beamten des baden-württembergischen Landeskrimi• Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller der nalamtes durchsucht und überprüft.6 Haftstatus von Untersuchungsgefangenen aberkannt. Da der Plattenspieler später als sog. "Waffenver• 44 Tage werden sie in Stammheim interniert und wie steck " herhalten sollte, dokumentieren wir an dieser Geiseln behandelt. Am 18. Oktober findet man sie ent• Stelle das weitere Schicksal des Plattenspielers nach weder tot oder schwerverletzt in ihren Einzelzellen. den amtlichen Ermittlungen, wie sie das baden-würt• Was war geschehen? tembergische Justizministerium in einem Schreiben an den Untersuchungsausschuß des baden-württembergi• schen Landtages darstellt. Das Schreiben vom 10.1.78 5. September, Montag an den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses (UA),Dr. Rudolf Schieler, hat den folgenden Wortlaut:? Tagsüber ist noch alles ruhig. Alle Häftlinge in der Abteilung III des Hochsicherheitstrakts in der Vollzugs• anstalt Stuttgart-Stammheim verhalten sich wie Betr.: Untersuchungsausschuß des Landtags von Baden• gewohnt. Zeichen eines Ausbruchsverhaltens gibt es Württemberg ,:Vorfälle in der Vollzugsanstalt Stuttgart• nicht. Trotzdem läßt Bundeskanzler Helmut Schmidt, Stammheim" der nach Bekanntwerden der Schleyer-Entführung in hier: Plattenspieler des Gefangenen Andreas Baader "Staatsnotwehr" alles an sich gerissen hat,l noch in der Anl.: 0 (20 Mehrfertigungen) Nacht vom 5. zum 6. September die Haftzellen auf Ver• stecke durchsuchen. Die Häftlinge werden so verlegt, Sehr geehrter Herr Vorsitzender! daß Leerzellen zwischen Andreas Baader und Jan-Carl Im Anschluß an die Aussage von Oberstaatsanwalt Widera, Raspe sowie zwischen Gudrun Ensslin und Irmgard die dieser vor dem Untersuchungsausschuß zum Verlauf Möller entstehen. So will man mögliche Klopfkontakte der Zellendurchsuchung am 5.16. Sept. 1977 erstattet hat ausschließen.2 (vgl. Protokoll der 10. Sitzung des Untersuchungsaus• Vor der Zellendurchsuchung werden die Häftlinge in schusses S. 172f), ist die Leitung der Vollzugsanstalt Stutt• andere Zellen verbracht.3 Die Zellentüren werden gart um Bericht gebeten worden, welche Maßnahmen sei• geöffnet. Danach werden die Häftlinge auf die beab• nerzeit von den zuständigen Vollzugsbediensteten bezüg• sichtigte körperliche Durchsuchung hingewiesen. lich des Plattenspielers des Gefangenen Baader getroffen Dann müssen sie sich völlig entkleiden. Während sie worden sind. einzeln nackt dastehen, wird ihre Kleidung durchsucht. Nach dem inzwischen vorliegenden Bericht der Vollzugs• Dann dürfen sie sich wieder ankleiden und werden in anstalt wurde der Plattenspieler des Gefangenen Baader die ebenfalls durchsuchten Zellen zurückgebracht.4 zusammen mit einem Rundfunkgerät und einem Fernseh• Den Eintragungen im Kontrollbuch der Nachtwache gerät am 5. September 1977 durch Amtsinspektor Hauk zufolge werden ihnen Radio und Fernseher abgenom- aus der Zelle des Gefangenen in die Zelle 712 (Besucher- 8 - ______i 9 zelle) verbracht. Dort wurden die genannten Geräte von I auf diese Verfügung entfernte Hauptsekretär Miesterfeldt Beamten des Landeskriminalamtes durchsucht und über• am 11. Sept. 1977 den Plattenspieler wieder aus der Zelle prüft. Welche Untersuchungen im einzelnen vorgenommen des Gefangenen Baader und verbrachte das Gerät erneut worden sind, ist der Leitung der Vollzugsanstalt nicht in die Zelle 712. Nachdem wegen der bestehenden Kon• bekannt geworden. Bis zur Wiederaushändigung des Plat• taktsperre die Disziplinarverfügung vom 6. Sept. 1977 tenspielers an den Gefangenen Baader verblieb das Gerät bezüglich der Wegnahme der Plattenspieler durch Verfü• in der verschlossenen Zelle 712. Zu dieser Zelle hatten nur gung des Vorsitzenden des Strafsenats vom 21. Sept. 1977 die Bediensteten der Vollzugsanstalt, nicht aber Gefangene ausgesetzt worden war, gab Amtsinspektor Bubeck den Zutritt. Nach den Feststellungen der Anstaltsleitung sind in Plattenspieler am 22. Sept. 1977 dem Gefangenen Baader der fraglichen Zeit außer Amtsinspektor Hauk und Hauptse• in dessen Zelle zurück. Nach den Feststellungen der kretär Miesterfeldt keine weiteren Bediensteten mit den Anstaltsleitung sind in der Zeit vom 11. bis 21. Sept. 1977 genannten Geräten in Berührung gekommen. keine anderen Bediensteten als Amtsinspektor Bubeck und Hauptsekretär Miesterfeldt mit dem in der verschlossenen Wie dem Bericht der Vollzugsanstalt weiter zu entnehmen Zelle 712 lagernden Plattenspieler in Berührung ge• kommen. ist, ging dort am 7. Sept. 1977 die Verfügung des Vorsitzen• den des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart Die vorstehend erwähnten Verfügungen des Vorsitzen• vom 6. Sept. 1977 ein, derzufolge u.a. "die Maßnahme der den des Strafsenats vom 6. und 21. Sept. 1977 hat das Anstaltsleitung, den Angeklagten im Hinblick auf die Entfüh• Justizministerium dem Untersuchungsausschuß mit rung von Dr. Schleyer Rundfunk- und Fernsehgeräte weg• Schreiben vom 10. Nov. 1977 vorgelegt (Anlagen S. 67 bis zunehmen", gebilligt wurde. Nachdem bei dem Vorsitzen• 76). Hinzuweisen ist ferner auf den bei den Ermittlungsak• den des Strafsenats, Richter am Oberlandesgericht Dr. ten der Staatsanwaltschaft Stuttgart befindlichen Durchsu• Foth, wegen des Plattenspielers fernmündlich Rückfrage chungsbericht des Landeskriminalamts Baden-Württem• gehalten worden war, händigte Hauptsekretär Miesterfeldt berg vom 5. Sept. 1977, demzufolge in der Zelle 719, also das Gerät dem Gefangenen Baader am 7. Sept. 1977 wie• dem Haftraum des Gefangenen Baader, zwei Lautsprecher der aus. Die von der Vollzugsanstalt in Fotokopie vorge• und ein Verstärker vorläufig sichergestellt wurden, sowie auf den diese Geräte betreffenden, ebenfalls bei den Ermitt• legte Abschrift der Verfügung des Vorsitzenden des Straf• senats vom 6. Sept. 1977 weist in diesem Zusammenhang lungsakten befindlichen Untersuchungsbericht des Inge• nieurs Nabroth vom Landeskriminalamt Baden-Württem• folgenden handschriftlichen Vermerk auf: "Auf telefonische Anfrage erklärt Dr. Foth, daß Platten• berg vom 8. Sept. 1977. Diese Ermittlungsvorgänge liegen spieler auszuhändigen sind. Bu. 7.9.77" dem Untersuchungsausschuß in Ablichtung vor. Über die Bei der am 7. September 1977 erfolgten