Fasching-Fastnacht-Karneval
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Reformdebatte über den öff entlich-rechtlichen Rundfunk in 2020 , € Februar 2 Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Gerhart R. Baum Peter Krawietz Kulturgroschen Gesellschaft Inklusion Journalismus Sergej Lochthofen Die zukunftsfähige Gesellschaft Singularisierung des Sozialen: Umfrageergebnisse: Wie ist es Von der Parteizeitung zur frei- Isabel Pfeiff er-Poensgen braucht die Kunst: Dankesrede Der Soziologe Andreas Reckwitz aktuell um die Inklusion an en Presse: Die Transformation von und Laudatio auf den Preis- im Gespräch über die heutige künstlerischen Hochschulen der Zeitungsbranche nach dem Barbara Schneider-Kempf träger Gerhart R. Baum Bewertungsgesellschaft in Deutschland bestellt? Mauerfall und viele andere Seiten und Seite Seite Seiten und Visionen »Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen«, dieses Bonmot des damali- gen Bundeskanzlers Helmut Schmidt fand ich schon immer äußerst pro- blematisch. Politik ohne Visionen ist inhaltsleer und kann niemanden begeistern. Und, vielleicht noch viel schlimmer, ohne eine Vision hat man kein politisches Ziel und ohne politisches Ziel kann man auch keine Strategie entwickeln, sie zu errei- chen. Mark Twain sagte es treff end: »Wer nicht weiß, wo er hinwill, darf sich nicht wundern, wenn er woan- ders ankommt.« In der Politik ist Visionslosigkeit deshalb eigentlich eine Todsünde. Nicht aber in der Bundesregierung dieser Tage. Die Ziellosigkeit dieser Bundesregierung ist ihren fehlenden Visionen geschuldet. Das sehen wir besonders deutlich Helau! Alaaf! in der Klimapolitik, aber nicht nur dort. Die Bildungspolitik des Bundes Die fünfte Jahreszeit im kulturpolitischen Porträt ist in dieser Legislaturperiode eben- falls ziellos, die Wirtschaftspolitik Seiten , , bis auch, die Verkehrspolitik hat voll- ständig ihren Kompass verloren. Ja, diese Bundesregierung ist mental erschöpft, aber ist das wirk- TRIER SIMEONSTIFT STADTMUSEUM FOTO: lich der einzige Grund für dieses Formtief? Letztlich haben wir uns alle in den letzten Jahren treiben lassen. Viele für uns wichtigen Entschei- dungen wurden nicht in Deutsch- land getroff en. Die Krieger in der Fasching-Fastnacht-Karneval Welt ignorieren unsere Friedensap- pelle, die zügellose Weltwirtschaft lässt massenhaft Menschen hungern, ist Kultur deshalb haben Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika entschieden, Die Brauchformen reichen zurück ins christlich geprägte Mittelalter und verdienen Respekt in großer Zahl zu uns zu kommen. Wir konnten nur noch auf diese PETER KRAWIETZ Brechen von Tabus und zur hemmungslosen Über- europäischen Mittelalter. Das verdient Respekt! Abso- Fluchtwelle reagieren. Trotzdem schreitung von Normen im Bereich von Sitte und An- lut inakzeptabel ist, wenn manche meinen, man könne können wir stolz darauf sein, was enn auch der Fasching, die Fastnacht und stand. Wenn vielfach beobachtet wird, dass vor allem das ganze Jahr über Fastnacht feiern entsprechend Deutschland bei der Integration der Karneval nur mit einigen wenigen junge Leute an den tollen Tagen bedenklich »über günstiger oder ungünstiger Wetterlage oder wenn von Gefl üchteten geleistet hat und W Hochburgen wie Düsseldorf, Köln, Mainz die Stränge schlagen«, indem sie schon vor Beginn wirtschaftliche Zwänge es angeblich vorgeben. Denn leistet. und München in Verbindung gebracht werden, so ist des Rosenmontagszuges alkoholisiert die Besinnung schon die Namensbezeichnungen von Fastnacht, Fa- Auch kulturell backen wir im doch der Bund Deutscher Karneval als größter Fach- verlieren, dann muss man dies begründen mit einem sching und Karneval setzen die christliche Fastenzeit internationalen Maßstab zurzeit verband in allen Bundesländern vertreten. Aufgrund allgemeinen Trend in der Gesellschaft und mit einer kleine Brötchen. Der deutsche Film, der geschichtlichen Verwurzelung im christlichen Sinn-Entleerung dieses Brauchs, die wiederum damit hochsubventioniert, spielt interna- Mittelalter und der Verbreitung nicht nur in Deutsch- zu erklären ist, dass die maßgeblichen Leute, also tional eine untergeordnete Rolle, land, sondern auch in mehreren europäischen Län- Eltern und die v erantwortlichen »Brauch-Pfl eger«, es Man muss auf die Fest- im Zukunftsmarkt Computerspiele dern, hat dieser Brauch verschiedenartigste Rituale versäumt haben zu erklären, um was es sich bei den schreibung der fastnachtlichen sind wir zwar einer der wichtigsten und Feierformen entwickelt und ist nach den Karls- fastnachtlichen und/oder karnevalistischen Bräuchen Bräuche als Kulturgut im Absatzmärkte, produzieren aber bader Beschlüssen von auch politisch geworden, tatsächlich handelt. Gegensatz zu wirtschaftlichem nur sehr wenig selbst, und den öf- insofern als die mundtot gemachten Demokraten die Dabei ist das Verständnis des Begriff s »Brauch« fentlich-rechtlichen Rundfunk, ein Bütt und die Narrenzeitung für die Äußerung ihrer natürlich Voraussetzung für richtiges Erklären und Gewinnstreben bestehen wirkliches positives Alleinstellungs- Kritik in literarischer Form zu nutzen wussten – üb- entsprechendes Handeln. Brauch nennen wir eine merkmal der deutschen Medienkul- rigens weit über die Zeit der Frankfurter Paulskirche rituell genormte, regelmäßig wiederkehrende und tur in der Welt, sparen wir gerade mit hinaus. von gemeinschaftlichem Geist geprägte Handlung, voraus und sind auf diese bezogen. Von der Worter- Verve kaputt. die durch Tradition gefestigt ist und einen Bedeu- klärung her besagen diese Begriff e nichts anderes als Wir lassen uns auch kulturpoli- tungsgehalt hat. Und es ist, um allen Missverständ- »die Zeit vor dem Fasten« und »die Wegnahme oder tisch mehr treiben, als dass wir steu- nissen vorzubeugen, darauf hinzuweisen, dass Bräu- der Verzicht auf Fleisch« – aus dem Lateinischen car- ern. Die nicht stattfi ndende Debatte Fastnacht und Karneval che statisch und dynamisch zugleich sind. Diesen nis levamen. Auch der bewegliche Fastnachtstermin um den Sinn und Zweck des Hum- scheinbaren Widerspruch lösen Fastnachtsforscher richtet sich seit dem Konzil von Nicäa im Jahre boldt Forums und das kleinmütige haben als regionale kulturelle mit der Feststellung auf, dass ein Brauch nur dann nach der Fastenzeit, die wiederum vom Ostertermin Agieren bei der Rückgabe von ge- Ausdrucksformen bestimmter lebendig ist, wenn beide Elemente ausgewogen sind: abhängt. Und so wenig wie man Weihnachten in den raubten Werken aus der Kolonialzeit Regionen eigenen Wert »Wenn Beharrungselemente überhandnehmen, ent- Juli oder Ostern in den Oktober verlegen kann, so sind dafür beredte Beispiele. steht stillgelegte Vergangenheit. Wenn der Wandel wenig macht es Sinn, mitten im Sommer fastnacht- Ja, wir brauchen mehr kulturel- überhandnimmt, löst sich der Brauch auf«, so der liche Aktivitäten zu entwickeln. Die Ethik-Charta des le Visionen! Werden wir mutig und Germanist Werner Mezger. Bundes Deutscher Karneval lehnt den sogenannten sagen, was wir kulturell erreichen Deshalb zweifeln weder die Karnevalisten und Fast- In Mainz z. B. haben junge Aktive der Fastnacht »Sommerkarneval« mit gutem Grund ab. wollen. Wer Visionen hat, sollte nachter selbst noch die Fastnachtsexperten aus der den Einfall gehabt, zu den traditionellen Sitzungen Gerade als Verband muss man auf der Festschrei- nicht zum Arzt, sondern in die Kul- Wissenschaft daran, dass Fastnacht und Karneval auch eine »Stehung« ins Veranstaltungsprogramm der bung der fastnachtlichen Bräuche als Kulturgut bzw. tur gehen, denn hier als kulturelle Ausdrucksformen bestimmter Regio- Kampagne aufzunehmen. Der Einfall der jungen Fast- als Kulturerbe im Gegensatz zu wirtschaftlichem Ge- werden Visionäre nen ihren eigenen Wert haben. Sie erdulden es oder nachter war genial, wie sich sehr bald herausstellte, winnstreben bestehen. Wie anders wollte man denn dringend gebraucht. nehmen es mit Humor, wenn die Öff entlichkeit das weil er eine neue Dynamik entfacht hat. Fortsetzung auf Seite Kulturgut Karneval nicht wahrnimmt. Aber sie em- Und so vielfältig und verschiedenartig die heutigen Olaf Zimmermann pören sich zu Recht, wenn zuweilen behauptet wird, Brauch-Formen von Fastnacht und Karneval auch sein Nr. / ist Herausgeber von die Fastnacht sei nichts anderes als eine legitimierte mögen, so basieren sie doch alle auf einer gemeinsa- ISSN - Politik & Kultur Gelegenheit zu maßlosem Fressen und Saufen, zum men historischen Grundlage im christlich geprägten B 02 SEITE www.politikundkultur.net EUROPA OSTWEST PERSPEKTIVEN Editorial: Visionen Kulturgroschen 2019: Kulturpolitik Goethes Welt: Nichts los am Die schwäbisch-alemannische Olaf Zimmermann 01 muss kräftig und selbstbewusst westlichen Ende Europas? Fastnacht Samsami fragt: Codewort weiterentwickelt werden Susanne Sporrer 16 Ulrich Ruh 22 »Jägerschnitzel« Leitartikel: Fasching-Fastnacht- Gerhart R. Baum 08 Behrang Samsami im Gespräch mit Kitty Karneval ist Kultur Häuser für die Narretei – Eißmann 29 Peter Krawietz 01 Kulturgroschen 2019: »Gerhart KULTURELLES LEBEN ausgewählte Museen kurz Baums Lebensthema ist die vorgestellt Junge Welt: Für soziale Rechte und Kulturmensch Kirsten Haß 02 Freiheit« »Ich möchte die europäische Viel- Düsseldorf , Kitzingen, Köln, Mainz 23 internationale Solidarität Isabel Pfeiff er-Poensgen 09 falt wieder zum Blühen bringen« Stefan Huth 30 Porträt Klaus-Dieter Lehmann – Ursula Gaisa 17 Musik: Marsch und Walzer AKTUELLES Kultur und Soziologie: Kultur Maike Karnebogen im Gespräch mit Anno Sachsen-Anhalt: Wie ist es denn umgibt den Alltagsmenschen der Keuchels Kontexte: Nachhaltigkeit Mungen 24 da so? Hörfunk: Aus dem Schatten Spätmoderne