Deutschland | 4,50 € | Ausgabe 1/09

Genuss Vision Kombination Spargel und Trollinger-Anbau Dichter Schiller seine perfekten auf dem Berliner und sein weiniger weißen Partner Tempelhof? Namensvetter

E d i to r i a l Freude über einen guten 2008er Foto: Jana Kay

st Ihnen, falls Sie im Oktober und November Das Ergebnis im fertigen Wein war sehr zufrie- I in Württembergs Weinregionen unterwegs den stellend. Die Weingärtner hatten die Menge waren, die Farbenpracht der Rebberge auch im Griff. Das trug zur guten Qualität bei. Bei den förmlich ins Auge gesprungen? Ich tummle Rotweinen sollte man noch etwas warten, um mich ja nun schon rund 30 Jahre in der Weinsze- sie im Glas zu genießen. Bei einigen weißen Sor- ne und genieße immer wieder nebenbei die Na- ten machten wir bereits einen ersten Test mit tur. Diesmal hatte ich fast den Eindruck, dass der Burgunderfamilie, Müller-Thurgau, Silva- die Schattierungen noch nie so vielseitig waren. ner und Gewürztraminer. Neben dem Jahrgang Dann ein paar Wochen später eine Fahrt durch 2007 bekamen wir schon den neuen Jahrgang das Remstal. Es lag blütenweißer Schnee. Trotz serviert, zum Teil noch als Fassprobe. Denn es der kahlen Reben war der Anblick der Fluren galt, Weine zu finden, die wir Ihnen, liebe Leser, schön, faszinierend und ließ den Beobachter als Begleitung zu unserem kulinarischen Haupt- vermuten, dass sich damit ein sehr guter Jahr- thema Spargel empfehlen können. gang 2008 verbindet. Was bekommen Sie sonst noch auf unserem pu- Während jetzt bereits überlegt wird, wann sich blizistischen Tablett „Württemberger“ aufge- wohl das frische Grün an den oft radikal zu- tischt? Petra entdeckte ein prächtiges Gasthaus rückgeschnittenen Reben zeigen wird, früh oder im Remstal. Wir verraten, was eine Ex-Pädago- spät im April, und gehofft wird, dass es nicht gin und ein Polizeipräsident mit Wein zu tun bald darauf, wie am 30. Mai 2008 im Remstal haben, klären auf, wie man sich optimal auf und im Bottwartal, erneut zu massiven Hagel- 42,195 Kilometer Trollinger vorbereitet und schäden kommt, sind schon etliche 2008er ge- plaudern mit einem Experten über die Hinter- füllt. Die Weinernte begann Mitte September gründe der Kellerwirtschaft. Dazu gibt es Infor- mit einigen frühreifen Sorten wie Müller- mationen über eine „heilige“ Weinlage und zum Thurgau und Dornfelder. Dann schlossen sich „Schiller-Jahr“, in dem der gleichnamige Wein Schwarzriesling, Kerner und Samtrot an, wäh- nicht ausgespart bleibt. Wir plädieren wieder rend man die später reifenden Trollinger, Ries- einmal für den Trollinger, der immer besser ling und Lemberger erst Anfang Oktober in wird und erläutern, wie die Württemberger den Angriff nahm. Die sonnigen Spätherbsttage „Weinfrühling 2009“ einläuten. Mit all dem wurden noch genutzt, um das Mostgewicht und wollen wir nur dem Auftrag eines Lesers aus die Aromaausprägung zu steigern. Ludwigsburg folgen, der uns nach der zweiten Nummer im Oktober schrieb: „Klasse, bitte so bleiben.“ In diesem Jahr werden es insgesamt drei Ausgaben sein. Fortsetzung folgt im Juni und Oktober.

Weinfreundliche Grüße PS: Wenn Sie etwas Glück haben, kön- nen Sie bei den Gewinnern eines Ihr Spargel- und Weinpaketes dabei Rudolf Knoll sein. Mehr dazu im Weintest-Teil.

 16 n h a lt I

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ge n u ss H i n t e r g r ü n d e

25 Im Test: Weiße Burgunderfamilie Weinlage: Der Cleebronner Michaelsberg und Co. – alles Weine, die zum gilt als „Wächter des Zabergäu“ 6 Spargel passen 10 Erfolgreiche Weingärtner 9 Petra geht aus – diesmal ist eine idyllische Remstaler Trollinger auf dem Berliner „Puppenstube“ dran 25 Tempelhof? 31

Spargel: Frühlingsgenuss Interview: Tiefe Einblicke in Weiß und Grün – in die Kellerwirtschaft 46 Mit pikanten Rezepten 16

Trollinger-Lob: Man schmeckt das Bodag’fährtle 32

Titelfoto: Faber & Partner  34 42 41

gese l l i g k e i t M e n sc h e n p r a x i s u n d n ews

Weinfeste und Friedrich von Schiller Schön, kompetent und Präsentationen: und „sein“ Wein 20 Namenswechsel 41 Die nächsten Termine 34 Die meisterliche Naturfotografin Feine Brände, rassiger Prickler 44 Trollinger-Marathon: Margarethe Pfander 28 Wie sich ein Wengerter auf Rare Sorte, eisiger Wein 45 den großen Lauf durch die Ein Polizeipräsident Weinberge vorbereitet 36 als Weinfan 42 Vorschau/Impressum 50

Weinfrühling in ganz Württemberg 40

 Der Wächter

Hintergründe des Zabergäu

s ist ein Weinberg mit Wahr- lands, sieht man schon von wei- im Keller der Weingärtner Clee- E zeichen auf dem „Gipfel“. Die tem, wenn man den Cleebronner bronn, seit Herbst 2008 erster Kel- St. Michaelskapelle, gewidmet Michaelsberg im Zabergäu west- lermeister und damit Chef über dem Erzengel, Satansbezwinger lich vom Neckar und der Schwä- Holzfässer und Stahltanks der rund und Schutzpatron des Heiligen Rö- bischen Weinstraße ansteuert. Der 485 Mitglieder starken Genossen- mischen Reiches und Deutsch- Hl. St. Michael scheint auch so et- schaft gerät ins Schwärmen, er- was wie ein Behüter dieser Einzel- zählt er vom Wein aus dieser Lage. lage zu sein. „Mango, Ananas und Zitrusfrüch- „Hier wachsen ausgezeichnete te“, beschreibt er die Duftnoten des Weine“, konstatiert Andreas Riesling. Frisch, fruchtig, dabei Reichert mit Blick auf den Mi- aber elegant, stahlig sind sie im Ge- chaelsberg. Der junge Weinmacher schmack. Das ist ein Verdienst des Berges, dem der Diplomingenieur für Weinbau und Önologie mit dem Ausbau im Keller die Feinheiten aus den Trauben entlockt. Hier hat auch das viel genutzte und nicht immer angebrachte Wort vom Ter- roir Berechtigung.

200 Hektar pflegen die Genossen Die Weingärtner Cleebronn sind bekannt für trockene und fruchtige Weine sowie bedeutende Erzeuger der württembergischen Spezialität „Schiller- wein“. In der Einzellage Michaelsberg werden vor allem Lemberger und Ries- ling gepflegt. Eine weitere Einzellage ist der Güglinger Kaiserberg. Die Ge- samtrebfläche Michaelsberg (als Einzellage) mit den Weinbaugemeinden Cleebronn, Frauenzimmern, Eibensbach und Güglingen umfasst rund 265 Hektar. 150 davon bewirtschaften Weingärtner der Cleebronner Ge- nossenschaft. Die Einzellage Kaiserberg, mit Güglingen und Frauenzimmern umfasst rund 56 Hektar. Davon wiederum fallen rund 50 Hektar den Clee-  bronner Weingärtnern zu. 207 Einzellagen gibt es in Württemberg. Über etliche von ihnen gibt es viel zu erzählen, Spannendes, Heiteres, manchmal sogar nachdenklich Stimmendes. Wir tun es ab sofort mit einer neuen Serie, in der sich diesmal Ute Böttinger mit dem Cleebronner Michaelsberg befasst.

Gerade der Riesling findet auf dem Mit ihren rund 400 Höhenmetern wöhnten Südhang geradezu ideale Keuperboden am Michaelsberg behalten die Reben vor allem in Bedingungen, während die Ostsei- ideale Bedingungen, punktet in (Berg)spitzenlagen auch in heißen te laut Thomas Beyl, Vorstandsmit- dieser Lage vor allem mit seiner Sommern einen kühlen Kopf. Da- glied der Cleebronner Weingärt- Langlebigkeit am Stock. „Mitte No- für garantiert der frische Wind, der ner, „perfekt ist für Frühsorten vember“, erzählt Cleebronns Wein- wie ein Fächer durchs Laub oder auch Burgunder“. macher, „haben wir die letzten streicht. Und während im Herbst Er sagt es aus praktischer Erfah- Rieslingtrauben geholt, ein absolut das Zabergäu morgens noch im Ne- rung, weil er hier selbst Rebflä- kerngesundes Lesegut, ohne jeg- bel steckt, recken sich die Rebstö- chen bewirtschaftet. Beim Berg liche Fäulnis.“ Damit zeigt sich cke am Michaelsberg schon der sieht er den geschichtlichen Hin- deutlich, dass nicht nur der Unter- Sonne entgegen. Das gefällt auch tergrund, welcher rund 1200 Jahre grund eine tragende Rolle spielt. Lemberger und Trollinger: Die fin- Weinbau belegt. Die Wertigkeit der Regen, Sonne, Wind sind gerade den auf dem steilen, sonnenver- Flur wurde also schon vor langer, am Michaelsberg sehr ausschlag- langer Zeit erkannt. Sie ist eine der gebende Faktoren, bilden schließ- lich das Kleinklima in den Rebzei- len (gelegentlich ist sogar Eis mit im Spiel, wie unsere Fotografin Jana Kay erleben musste, die bei der Fahrt zur Kapelle beinahe ins Rutschen gekommen wäre).

 Hintergründe

Weitere Infos • Weingärtner Cleebronn-Güglingen eG www.cleebronner-winzer.de • Erlebnispark Tripsdrill mit Wildpark und Weinbaumuseum am Fuße des Michaelsberg www.tripsdrill.de • Tourismusangebote www.zabergaeu-tourismus.de

Um ihre „Vermarktung“ kümmert Fotos: Jana Kay sich der Hausherr des Michaels- Der gute Tropfen vom Michaelsberg bietet sich auch als Messwein in der Kapelle an. Kontrolliert wird seine Qualität von Kellermeister Andreas Reichert (links) und Axel Gerst, berges. Pfarrer Xaver Steidle, Lei- dem Geschäftsführer der Cleebronner und Güglinger Weingärtner. ter des Jugend- und Tagungshauses auf der Bergspitze und Obrigkeit der katholischen Michaelskirche. ältesten Einzellagen Württem- dem Wanderer auf seiner Entde- Er begeistert sich für den Berg ge- bergs und mit ihrer rundum be- ckungstour rund um den Berg er- nauso wie für den Wein, der hier stockten Fläche ein „Unikat“. Sei- schließen. wächst. Deshalb lädt er alljährlich ner exponierten Lage verdankt der Und eine spezielle Flur, die sich bei einem Ostermontagsspazier- Kegelberg den Titel „Wächter des Mitglieder des Cleebronner Natur- gang zu den „14 Kostbarkeiten“ Zabergäu“. Bei schönem Wetter ist schutzbundes gesichert haben. We- ein. Um abschließend auf dem Pla- eine Fernsicht bis zum Königs- nige Meter unterhalb der Kirche teau eine, so Steidle, „fünfzehnte stuhl, zum Katzenbuckel, zu den stehen ihre 300 Rebstöcke mit inte- Kostbarkeit“ zu kredenzen: ein Löwensteiner Bergen und zur griertem Kräuterlehrpfad, mit der Gläschen für jeden Teilnehmer aus Schwäbischen Alb möglich. Klar, heute selten gewordenen Drei- den raren Flaschen des tiefroten, dass das rund 350 Meter lange und Schenkel-Erziehung, einer Boden- trockenen Naturschutz- circa 60 Meter breite Plateau ein bearbeitung ausschließlich von bund-Gewächses. begehrtes Ausflugsziel ist. So kom- Hand und der klaren Absage an men auch am Michaelsberg Wein jeglichen Einsatz von Mineraldün- und Tourismus zusammen. Mit ger und konventionellen Pflanzen- „Natur, Wein, Kultur am Michaels- schutz. 2005 wurde hier der erste berg“ wirbt seit einigen Jahren Wein gewonnen. Die Trollinger- eine Broschüre für das Juwel im Lemberger-Kombination, ausge- Zabergäu. „14 Kostbarkeiten“ – bei- baut von Profi Andreas Reichert spielsweise das Weinberghäus- mit traditioneller Vergärung auf chen auf der Südseite, die Kapuzi- der Maische, wird stolz „Superior“ nerstaffel, die Trockenwiesen am genannt. Rund 600 0,75-l-Flaschen Ost- und Westhang – sollen sich gibt es insgesamt davon.

 Weingärtner erfolgreich Württembergs Weingärtner bleiben auf Erfolgskurs. Sie sahnen nicht nur bei der Landes- und Bundesprämierung viel Gold und Silber ab, sondern können auch in anderen Disziplinen jubeln. Hier einige Beispiele.

Aufsteiger Untertürkheim – Die Weinmanufaktur Untertürkheim gehört zu den Aufsteigern im Gault Millau 2009. Das Team um Geschäftsführer Günter Hübner und Keller- meister Jürgen Off kann sich über drei Trauben freuen. „Spitzenprodukte sind hier kein Zu- fallsprodukt“, stellt der für Württemberg zu- ständige Master-Sommelier Frank Kämmer aus Stuttgart fest. Er hat nun – ein bisschen spät – „einen weiteren Kreis Kooperativen im Visier, die sich immer wieder mit hervorragenden Wei- nen hervorgetan haben“. Staatsehrenpreis nach Lauffen – Da schließt sich der Kreis. Bei der letztjährigen Landesweinprämierung in Württemberg erhiel- Untertürkheimer Strahlemänner, die sich über den Aufstieg im Gault Millau freuen: Geschäftsführer Günter Hübner, ten die Wengerter der Lauffener Weingärtnerge- Kellermeister Jürgen Off und Vorstand Bernd Munk (von links). nossenschaft einen Staatsehrenpreis – wie schon vor 50 Jahren beim Start der Prämierung. In die Liste der Ehrenpreisträger reihten sich unter anderem ein: Weingärtner Willsbach, Fell- In Berlin dabei – bacher Weingärtner, Grantschen Weine, Wein- Mehrere Gewächse aus Württemberg waren bei gärtner Brackenheim und die Bottwartalkelle- der letzten „Berlinale“ nicht in Nebenrollen da- rei. bei. Ausgewählt wurden sie von Berliner Som- meliers, Experten verschiedener Weinbauge- Der beste Leichte – biete und Vertretern der Filmfestspiele unter Weine, die im Alkoholgehalt eher zurückhal- Leitung von Festival-Direktor Dieter Kosslick tend sind, aber dennoch kein schwaches Rück- (siehe Interview Württemberger 2-2008). Die grat haben, finden zunehmend Resonanz auch Württemberger Weingärtnergenossenschaften bei Wettbewerben. Freude herrschte darüber be- lieferten einen 2007er Riesling Verrenberger sonders bei der Felsengartenkellerei Besigheim, Lindelberg, einen 2007er Riesling „St. Veit“, ei- die im Spätherbst letzten Jahres im Rahmen nen 2007er Lemberger „Josua“, einen 2006er der Bundesweinprämierung vom Deutschen Lemberger Eberstädter Eberfürst sowie einen Weininstitut für einen 2007er Rivaner Kabinett Haberschlachter Dachsberg Riesling als bester Leichtwein ausgezeichnet wurde. Brut-Sekt an die Spree. 700 von 4360 Weinen, die zur Prämierung ange- stellt waren, entsprachen den Kriterien (weniger als 12 Grad Alkohol, maximal 30 g/l Restzucker).

 s s u e n

G Im Test: Weine zum Spargel Foto: Faber & Partner

Albrecht Hauber Technischer Betriebsleiter Strombergkellerei, Bönnigheim

10 Die Kombination ist klassisch: Zum Spargel, egal wie zubereitet, passen herbe Weißweine besonders gut. Nur ausgerechnet der zurzeit allerorten besonders gefragte Riesling hat hier aufgrund seiner Säure „Anpassungsprobleme“. Für uns kein Problem. Es gibt in Württemberg genügend andere Gewächse, die für Harmonie auf den Tischen sorgen. Rund 60 Proben wurden kritisch verkostet.

n wenigen Wochen ist es so weit. mit seiner sanften bitteren Ge- auch der gelegentlich unterschätzte I Dann wird er wieder gestochen schmacksnote, die sich gut mit den Rivaner (Müller-Thurgau) sowie und kommt möglichst schnell in Bittertönen des Spargels verträgt, der Kerner gehören ebenfalls zu unterschiedlichsten Versionen auf ist eine Ausnahme, weil er zudem den verträglichen Sorten. den Tisch – der Spargel. Der Wein kaum störenden Gerbstoff auf- Wir hatten bei unserem Test rund darf dabei nicht fehlen, als zurück- weist. 60 Weine auf dem langen Tisch. haltender Begleiter ebenso wie als Die ideale Lösung sind betont her- Gemeinsam mit erfahrenen Keller- unterstützender Geschmackspart- be Weißweine ohne fordernde Säu- meistern aus württembergischen ner, der aus einem feinen Spargel- re (deshalb ist ein typischer Ries- Weingärtnergenossenschaften ha- gericht ein besonders feines Spar- ling, so gut er munden mag, kaum ben wir die besten herausgesucht gelgericht macht, dem mit der ein passender Partner – Ausnah- und dabei immer darauf geachtet, Zunge applaudiert wird. Im Wech- men bestätigen nur diese Regel). ob der Wein zum Spargel passt. selspiel der Genüsse kann man Auch Fruchtigkeit stört; schon die Dem fielen einige durchaus pas- sich zum kulinarischen Gipfel meisten halbtrockenen Weine ha- sable, ansprechende Tropfen zum hochschaukeln ... ben sich dem Spargel entfremdet, Opfer. Ein gnadenloser Tribut an Die Frage ist nur oft: Welcher Wein von den süßen Gewächsen ganz zu seine Majestät, König Spargel. passt? Nicht selten werden in werb- schweigen. lichen Offerten Weine angeprie- Gut passen Weine aus der weißen Alle Weine sind trocken sen, die sich mit Spargel so vertra- Burgunderfamilie. Nur der Char- ausgebaut. gen wie Hund und Katze. Wissen donnay, der etwas säurebetonter muss man, dass Rotwein kaum ist, kann da Schwierigkeiten be- in Frage kommt. Der Trollinger kommen. Ein guter Silvaner und Sie wählten die Spargelweine aus:

Martin Kurrle Andreas Reichert Hartmut Reichert Roland Link Rudolf Knoll Betriebsleiter Kellermeister Kellermeister Kellermeister Redaktion Collegium Wirtemberg, Weingärtner Weinkellerei Hohenlo- Weingärtnergenossen- „Württemberger“ Stuttgart-Rotenberg Cleebronn-Güglingen he, Bretzfeld-Adolzfurt schaft Mundelsheim

11 s s u e n G

Silvaner unproblematisch, er mag frucht- Würzig, leicht nussige Note im Die Rebsorte, die mal führend in bare Böden und gilt als ertragssi- Duft, die sich im Geschmack Deutschland war (über 18 000 Hek- cher. Im Aroma ist er eher neutral, fortsetzt, ausdrucksstarker Wein tar in den sechziger Jahren), aber pflanzliche Noten können eine mit guter Dichte. Wurde nach in Württemberg nie eine tragende Rolle spielen. Seine Säure ist ver- einem Minnesänger benannt. Rolle spielte, feiert in diesem Jahr halten, geschmacklich hat er keine Bezug: Tel. 0 70 25-31 50, Jubiläum. 1659, also vor 350 Jah- besonders auftrumpfenden Eigen- www.weingaertner-neuffen.de ren, wurden die ersten Silvaner- schaften, was ihn eigentlich ideal 4,40 Euro Stöcke in Deutschland gepflanzt als Begleiter zum Essen macht. In (in Franken). Die Sorte wurde da- Württemberg wird er besonders 2007 Silvaner Qualitätswein mals und noch lange Zeit aufgrund im Kocher-Jagst-Taubertal und im „Edition Lang“ ihrer Herkunft „Österreicher“ ge- Oberen Neckartal angebaut und Bottwartalkellerei, Großbottwar nannt. Erst sehr viel später konnte zunehmend in anderen Regionen Etwas vegetabile Aromen; saftig, durch Erbforschung bei Reben, geschätzt. Derzeit ist eine zarte Re- geradlinig, Wein mit viel Herz, erstmals betrieben vor knapp naissance der vor Jahrzehnten von ohne Schnörkel. 20 Jahren, festgestellt werden, dass Neuzüchtungen verdrängten Rebe Bezug: Tel. 0 71 48-9 60 00, dieser Name sogar eine zusätzliche erkennbar. In Württemberg wächst www.bottwartal-kellerei.de Berechtigung hatte: Es handelt sich die Sorte auf etwa 130 Hektar. 5,30 Euro um eine natürliche Kreuzung von Traminer (Stammvater vieler Sor- 2007 Silvaner Qualitätswein 2008 Silvaner Kabinett ten) und Österreich-Weiß, was wie- Neuffener Schlosssteige Weikersheimer Tauberberg derum eine Mutation des früher „Gottfried von Neuffen“ WZG Möglingen weit verbreiteten Heunisch war. Weingärtnergenossenschaft Noch ein jugendlicher Hauch Hefe Der Silvaner ist im Anbau relativ Hohenneuffen-Teck im Duft; schlank, filigran, aber

12 Fotos: Jana Kay

Die Verkoster notierten gründlich ihre Eindrücke von den Weinen und gaben dann ihr Votum ohne Kenntnis der Herkünfte ab.

doch guter Extrakt, saftig, ling an der Spitze der Sortenskala. 2008 Rivaner Qualitätswein Spaß im Glas. Das Comeback des Rieslings und Dürrenzimmerner Heuchelberg Bezug: Tel. 0 71 41-48 66 33, anderer klassischer Sorten wie Weingärtnergenossenschaft www.wzg-weine.de Grauburgunder, Weißburgunder Dürrenzimmern Ca. 3 bis 3,50 Euro und das Aufkommen des Char- Zarter Muskatduft; straff, saftig, donnay haben dazu geführt, dass würzig, schöner Trinkfluss. 2008 Silvaner Qualitätswein der „Müller“ an Beliebtheit ein- Bezug: Tel. 0 71 35-9 51 50, „Sur lie“ büßte. Aber mit dem eleganter www.wg-duerrenzimmern.de Collegium Wirtemberg, Stuttgart- klingenden Namen Rivaner si- 3,30 Euro Rotenberg chert er sich neues Interesse. In „Sur lie“ bedeutet „Auf der Hefe“ Württemberg wird die Sorte auf und steht in der Praxis für einen etwa 350 Hektar gehegt. Grauburgunder Wein, der nach der Vergärung Die Sorte (auch Grauer Burgunder noch ein Weilchen auf der Hefe 2007 Rivaner Qualitätswein * oder Pinot grigio) wurde früher ruhen und weiter Aroma- und Weingärtner Bad Cannstatt Ruländer genannt – und meist an- Geschmacksstoffe aufnehmen Kräftiges Gelb; klarer, zarter ders ausgebaut. Als die süße, eher kann. Duft nach Kräutern und Muskatduft; herzhaft, feine Würze, schwerfällige und manchmal so- Mandeln; saftig, würzig, straff, ein angenehmer Biß. gar ölige Stilrichtung nicht mehr „Maul voll Wein“. Bezug: Tel. 07 11-54 22 66, bei den Konsumenten ankam, kam Bezug: Tel. 07 11-33 76 10, www.badcannstatt-weine.de vor rund 25 Jahren die Synonym- www.wg-rotenberg.de, 5,30 Euro 4,30 Euro bezeichnung ins Spiel. Die Trau- ben wurden früher geerntet, um 2007 Rivaner Qualitätswein mehr Säure zu erhalten. Beim Aus- Rivaner Collegium Wirtemberg, Stuttgart- bau wurde auf trocken umge- Der traditionellere Sortenname ist Rotenberg schwenkt. Seitdem ist die Sorte, Müller-Thurgau, benannt nach Verhalten im Aroma, sanfte die durch ihre hellrote Beerenhaut Züchter Hermann Müller aus dem Würze; im Geschmack saftig, mit oft farbkräftig ausfällt und auch Schweizer Kanton Thurgau. Er diskreter Frucht, geradlinig. als Rosé ausgebaut werden kann, wirkte einst in Geisenheim als Bezug: Tel. 07 11-33 76 10, ein Renner. In Württemberg wird Rebkundler und kreuzte hier aus www.wg-rotenberg.de, 4,90 Euro sie auf 105 Hektar angebaut. Riesling und der Tafeltraube Ma- deleine Royal 1882 eine neue Sor- 2008 Rivaner Qualitätswein 2007 Grauburgunder Spätlese te, die lange vernachlässigt wurde Weinkellerei Hohenlohe, Neipperger Steingrube (die frühere Version mit dem Silva- Bretzfeld-Adolzfurt Weingärtner Brackenheim ner als zweitem Elternteil wurde Nussig, mit einem Hauch Muskat; Rosa Schimmer im Glas; etwas durch Erbforschung widerlegt). saftig, würzig, fest strukturiert, Malz und Vanille im Duft; füllig, Aber schließlich avancierte sie so- viel versprechend. viel Schmelz, angenehme Würze. gar zur bedeutendsten deutschen Bezug: Tel. 0 79 46-91 10 22, Bezug: Tel. 0 71 35-9 85 50, Rebe und rangierte vor dem früher www.weinkellerei-hohenlohe.de www.wg-brackenheim.de führenden Silvaner und dem Ries- 3,09 Euro 6,66 Euro

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2007 Grauburgunder Qualitätswein ** Weingärtner Bad Cannstatt Kräuter und ein Hauch Vanille im Duft; saftig, kräftig strukturiert, hat Muskeln. 2008 Grauburgunder 2008 Weißburgunder Bezug: Tel. 07 11-54 22 66, Qualitätswein Qualitätswein * www.badcannstatt-weine.de Weinkellerei Hohenlohe Weinmanufaktur Untertürkheim 6,80 Euro Nussiges Aroma; ausgewogene Viel Kräuter im Duft, man riecht Fülle, zarter Schmelz und feine richtig den Frühling; saftig, 2008 Grauburgunder Würze im Abgang. würzig, geradlinig. Für die Qualitätswein „Fauna“ Bezug: Tel. 0 79 46-91 10 22, Einsteigerqualität der Untertürk- Bottwartalkellerei, Großbottwar www.weinkellerei-hohenlohe.de heimer, die ihre besten Weine mit Paprika und Pfeffer im Aroma; 4,64 Euro drei Sternen auszeichnen, ein sehr saftig, geradlinig, viel Herz, achtbarer Tropfen. schöner Trinkfluss. Bezug: Tel. 07 11-33 63 810, Bezug: Tel. 0 71 48-9 60 00, Weißburgunder www.weinmanufaktur www.bottwartal-kellerei.de Die klassische Rebsorte erlebt ei- 5,95 Euro 5,30 Euro nen Aufwind in Deutschland, auch deshalb, weil sie ein sehr anpas- 2008 Weißburgunder 2008 Grauburgunder Kabinett sungsfähiger Wein als Essensbe- Qualitätswein Lauffener Katzenbeißer gleiter ist. Typisch sind eine feine Strombergkellerei, Bönnigheim Lauffener Weingärtner Würze und ein moderate Säure. In Verhaltener Mandelduft; kernig, Würzig im Duft; ausgewogene Württemberg hat der Weißburgun- würzig, geradlinig, die zarte geschmackliche Fülle, gute Länge, der noch Nachholbedarf im An- Bitternote verbindet sich ausge- ein richtiges „Maul voll Wein“. Als bau; derzeit steht er auf lediglich zeichnet mit Spargel. Kabinett ein Tiefstapler. etwa 10 Hektar. Bezug: Tel. 0 71 43-88 77 30, Bezug: Tel. 0 71 33-1 85 41, www.strombergkellerei.de www.wg-lauffen.de, 6,55 Euro 2007 Weißburgunder 5,47 Euro Qualitätswein 2008 Grauburgunder Winzergenossenschaft Löwenstein Qualitätswein Paprika und weißer Pfeffer im Chardonnay Strombergkellerei, Bönnighein Aroma; kräftige Struktur, würzig, Die weltweit verbreitete Sorte wur- Kräuter im Aroma; ansehnliche anregend, noch jugendliche de erst in den neunziger Jahren in Fülle, weich, rund, feiner Schmelz. Frische. Deutschland offiziell zugelassen Bezug: Tel. 0 71 43-88 77 30, Bezug: Tel. 0 71 30-46 12 00, und hat seitdem viel Zuwachs be- www.strombergkellerei.de www.wein-aus-loewenstein.de kommen. Sie ist gut geeignet für 5,47 Euro 4,70 Euro den Ausbau in neuen, kleinen Ei-

14 Bezug: Tel. 0 71 30-46 12 00, 2008 Kerner Qualitätswein www.wg-loewenstein.de Weingärtner Brackenheim 6,19 Euro Birne und Melone in der Nase; würzig, kraftvoll, saftige Frucht. 2008 Chardonnay Qualitätswein Bezug: Tel. 0 71 35-9 85 50, Strombergkellerei, Bönnigheim www.wg-brackenheim.de Kräuter und ein Hauch Hefe im 3,45 Euro Duft; füllig, rund, weich, schon gut entwickelt. Bezug: Tel. 0 71 43-88 77 30, Cuvée www.strombergkellerei.de 5,47 Euro 2007 Qualitätswein „Travertin“ ** Weingärtner Bad Cannstatt Kräuter und Mandeln, etwas Apfel in der Nase; feine Würze, delikater Kerner Wein mit diskreter Frucht und Die nach dem Dichter Justinus guter Länge. Setzt sich aus Kerner benannte Sorte gehört zu Riesling, Grauburgunder und den erfolgreichen Züchtungen in Kerner zusammen. Deutschland („Eltern“ sind Trol- Bezug: Tel. 07 11-54 22 66, linger und Riesling). Sie hat zwar www.badcannstatt-weine.de in den letzten Jahren etwas an Be- Preis: 6,70 Euro chenfässern (Barriques), kommt liebtheit eingebüßt (wie alle Kreu- aber auch gut ohne den Holzein- zungen). Aber mit einer hochwer- fluss zurecht. Die Säurestruktur tigen Variante, dem „Justinus K“, des Chardonnay ist etwas ausge- steuern die Württemberger kräftig prägter als bei den engen Verwand- und keineswegs erfolglos gegen ten Weiß- und Grauburgunder. Die den Trend. Kerner hat im Ländle Chardonnay-Euphorie hat die noch einen Bestand von 350 Hekt- Württemberger nicht erfasst; sie ar. bescheiden sich mit etwa 40 Hektar Fläche. 2007 Justinus K Qualitätswein Felsengartenkellerei, Besigheim 2007 Chardonnay Qualitätswein Kräuter und etwas Pfeffer im „Noblesse“ Aroma; würzig, saftig, ausgewo- Winzergenossenschaft Löwenstein gen. Nüsse und Mandeln im Duft; Bezug: Tel. 0 71 43-8 16 00, würzig, viel Herz, saftiger, frischer www.felsengartenkellerei.de Wein mit guter Länge. Preis: 6,99 Euro

Spargel und Wein zu gewinnen

Er kommt frisch gestochen auf Ihren Tisch, schon am Tag a) im 11. Jahrhundert darauf. Garniert wird er mit einer Flasche erstklassigem b) im 16. Jahrhundert Grauburgunder, der perfekt zum Spargel passt. Den c) im 19. Jahrhundert Wein und die Portion Stangenspargel vom Obsthof Hei- ninger aus Brackenheim stiften die Weingärtner Bracken- Kleiner Tipp: Lesen Sie unseren kulinarischen Teil beson- heim. 20 Pakete sind reserviert. Unter den Einsendern ders aufmerksam. wird ausgelost. Die Lösung bitte per Postkarte an: Ganz so einfach machen wir es Ihnen allerdings nicht. Sie Redaktion Württemberger, Rudolf Knoll müssen uns eine Frage beantworten: Zur Kalluzen 8, 92421 Schwandorf Wann wurde Spargel erstmals in Württemberg angebaut Oder per Mail: [email protected] (bitte Post- und gestochen? adresse nicht vergessen)

15 s s u e n

G Frühlingsgenuss in Weiß und Grün Württemberger sind die deutschen Spargel-Pioniere

m Frühjahr ist kein anderes Ge- Ganz frisch am besten Spargel aufbewahren I müse so beliebt wie der Spargel. Seine heimische Saison dauert Frischer Spargel ist im Aroma ein- Morgens gestochen und mittags von April bis zum 24. Juni, dem fach unschlagbar. Darum achten verzehrt, dieser Idealfall wird oft offiziellem Ende der Ernte am Jo- Sie beim Kauf unbedingt auf die nicht möglich sein. Wenn Spargel hannitag. Spargelfans können Kennzeichen für Frische: Die un- aufbewahrt werden muss: unge- sich in diesen Wochen mit den versehrten Köpfe sind fest ge- schält in ein feuchtes Küchentuch edlen Stangen aufs Köstlichste schlossen. Die Stangen sind prall, einpacken und ins Gemüsefach verwöhnen. Nachfolgende Tipps seidig glänzend und gleichmäßig des Kühlschrank legen. Für maxi- für den Umgang mit der Delikates- gewachsen, sie quietschen, wenn mal zwei bis drei Tage. se, die ihren Ursprung im Übrigen man sie aneinander reibt. Die En- im Orient hat. Die Ägypter den sind hell und glatt, sehen Richtig schälen schätzten die fleischigen Spros- frisch und feucht aus. Wenn man Die empfindlichen Stangen am sen schon vor 4500 Jahren, ehe er sie leicht zusammendrückt, quillt Kopf mit Daumen und Zeigefinger über die Griechen und Römer in Saft heraus. festhalten und auf dem Handbal- andere Gefilde kam. In Deutsch- len abstützen, damit sie nicht bre- land wurde der Spargel viel später Eine kleine Mengenlehre chen. Messer oder Spargelschäler angebaut, nämlich erstmals 1568 Soll Spargel die Hauptsache auf etwa 2 cm unterhalb der Spitze an- bei Stuttgart. Die Württemberger dem Teller sein, pro Person 500 g setzen und die Schale Streifen für sind also die deutschen Spargel- weißen oder 375 g grünen Spargel Streifen von oben nach unten ab- Pioniere! einkaufen. Wird er mit anderen schälen. Bei grünen Spargelstan- Zutaten wie Fleisch oder Fisch gen muss nur das untere Drittel ge- Weiß, violett und grün kombiniert oder ist der Spargel als schält werden. Die holzigen Enden Das sind die vom Licht abhängigen Vorspeise gedacht, reichen 250 g der Spargelstangen großzügig ab- Farben des Spargels. Damit er weiß pro Esser. schneiden oder abbrechen. bleibt, wird er in Erdwällen kulti- viert. Sobald die Spargelköpfe die Erde leicht anheben, werden die Stangen gestochen. Durchstoßen die Spargelköpfe aber die Erde, verfärben sie sich unter dem Ein- fluss des Sonnenlichtes zuerst vio- lett und bei längerer Lichteinwir- kung grün. Durch und durch grüner Spargel wächst auf norma- len Beeten oberirdisch in vollem Tageslicht. Weißer Spargel und sol- cher mit violetten Köpfen schmeckt mild. Das Aroma von grünem Spar-

gel ist intensiver. Fotos: Food Zentrale

16 Praktisch bündeln

Jeweils 5–6 Stangen mit Küchen- garn oder grünen blanchierten Lauchstreifen zu Bündeln zusam- menschnüren. Sieht dekorativ aus und ist obendrein praktisch: Nach dem Garen lassen sich die Bündel leicht aus dem Topf heben, die Por- tionen gerecht verteilen. Spargelsud – eine feine Basis Gekochter Spargel behält am besten sein Aroma, wenn man ihn in einem Spargelsud gart. Dazu Spar- gelschalen und -enden von weißem Spargel gut mit Wasser bedecken. Je 1 Prise Salz und Zucker sowie 2 TL Butter zufügen. 10–15 Minuten Spargelrisotto köcheln lassen. Sud durch ein Sieb gießen und die Schalen mit einem Löffel noch etwas ausdrücken. Er- Als Quiche und Risotto neut zum Kochen bringen und den Spargelrezepte gibt es so viele, dass darüber schon etliche Bücher ge- geschälten Spargel darin garen. Die schrieben wurden. Auch unsere Autorin Marlisa Szwillus war auf diesem aromatische Spargelbrühe, die da- Feld bereits aktiv. Aus ihrem gewaltigen Fundus hat sie einige besondere bei entsteht, ist auch eine hervorra- Varianten ausgewählt. gende Grundlage für Suppen.

Allerlei Garmethoden Spargelrisotto flachen Topf erhitzen. Spargelstü- Spargel lässt sich auf vielfältige cke und Zwiebel darin andünsten. Weise garen. Die bekannteste Zu- Für 4 Personen Den Reis ungewaschen zufügen, bereitungsart ist das Kochen in • 500 g grüner Spargel unter Rühren glasig dünsten. Den Sud oder Wasser. Das Gemüse lässt • 1 Zwiebel Wein angießen, bei starker Hitze sich aber auch prima dämpfen, bra- • 4 EL Butter verdampfen lassen. Etwas Brühe ten, grillen und in der Folie garen. • 400 g Risottoreis oder Sud zum Reis geben, offen bei Ein Tipp fürs Kochen auf die sanfte (z. B. Arborio oder Carnaroli) mittlerer Hitze etwa 10 Minuten Tour: geschälten Spargel in reich- • 1/8 l trockener Weißwein garen, dabei nach und nach unter lich kochenden Spargelsud oder in (z. B. Silvaner) gelegentlichem Rühren die restli- Wasser mit Salz, Zucker und But- • 1 1/8 l heiße Hühnerbrühe che Flüssigkeit zugießen. ter geben. Aufkochen und 2 Minu- oder Spargelsud 3 Die Spargelspitzen unterheben ten kochen lassen. Dann zugedeckt • 30–50 g Kerbel und den Reis in 5–8 Minuten fertig auf der abgeschalteten Kochstelle • 100 g frisch geriebener garen. Inzwischen vom Kerbel die in 15–20 Minuten gar ziehen las- Parmesan Stiele entfernen. Die restliche But- sen. Oder die Stangen stehend in • 1 TL abgeriebene Schale ter mit dem Parmesan und der Zi- einem hohen Spargeltopf garen. von einer Bio-Zitrone tronenschale untermischen, Spar- • Salz, weißer Pfeffer gelrisotto 5 Minuten ruhen lassen. Gesundheit von der Stange Zubereitung: Mit Salz und Pfeffer abschmecken, Begeisterte Spargelesser können 1 Spargel waschen, nur das untere mit Kerbel garniert servieren. sich freuen: Das Gemüse ist mit Drittel schälen, die Enden ab- Wer’s nicht nur vegetarisch mag: nur 17 Kilokalorien pro 100 Gramm schneiden. Spargelspitzen schräg Zum Risotto ein kleines Steak rei- sehr kalorienarm und enthält viele etwa 3 cm lang abschneiden, längs chen oder je eine kleine Portion ge- Vitalstoffe, die für Wohlbefinden halbieren. Stangen schräg in 1 cm bratenes Fischfilet oder gebratene und Fitness sorgen. Es enthält z.B. lange Stücke schneiden. Zwiebel Garnelen. reichlich Magnesium, Kal- schälen, sehr fein würfeln. Die Weinempfehlung: trockener Sil- zium und Eisen. 2 Gut die Hälfte der Butter in einem vaner oder herber Schillerwein.

17 s s u Der erste Spargel im März e n

G und April kommt noch nicht aus deutschen Landen. Hier hat er im Mai und Juni Hochkonjunktur.

Spargel-Quiche Für 4 Personen Für den Teig: • 110 g kalte Butter • 220 g Mehl • Salz, weißer Pfeffer Spargel-Quiche Für den Belag: • 750 g weißer Spargel, Salz • 2 Frühlingszwiebeln den. Schinken ohne Fettrand in • 200 g Sahne • 150 g gekochter Schinken breite Streifen schneiden. Den • weißer Pfeffer • 100 g frisch geriebener mittel- Backofen auf 180 Grad vorheizen. • 1 TL Zitronensaft alter Gouda 4 Spargelstücke mit Frühlings- • geröstete Mandeln oder Mandel- • 3 Eier zwiebeln, Schinken und Gouda blättchen zum Garnieren • 200 g Sahne mischen, salzen und pfeffern. Auf • 100 g kleine geschälte gegarte • weißer Pfeffer, Muskatnuss dem gekühlten Teig verteilen. Die Garnelen • Basilikum und Thymian zum Eier mit der Sahne verrühren, mit Zubereitung: Garnieren Salz, Pfeffer und einem Hauch 1 Spargelstangen waschen, nur das Zubereitung: Muskatnuss kräftig würzen. Eier- untere Drittel schälen, die Enden 1 Für den Teig die Butter in kleine guss über die Zutaten gießen. abschneiden. Die Spitzen schräg Stücke schneiden und mit Mehl, Die Quiche im Ofen (Mitte) etwa etwa 2 cm lang abschneiden, die etwas Salz und Pfeffer und etwa 30 Minuten backen, bis der Guss Stangen in Stücke teilen. Spargel- 4 EL kaltem Wasser zu einem fest und die Oberfläche leicht ge- spitzen in Salzwasser offen in etwa glatten Teig verkneten. Zur Kugel bräunt ist. Zum Servieren mit den 5–8 Minuten bissfest kochen. Ab- formen. Teig zwischen zwei Lagen Kräutern garnieren. gießen, eiskalt abschrecken und Frischhaltefolie ausrollen. Eine Dazu schmeckt ein gemischter abtropfen lassen. eckige oder runde, ofenfeste Form Blattsalat mit gewürfelter Tomate. 2 Blattspinat waschen, putzen und mit dem Teig auskleiden, dabei ei- Als Wein empfehlen wir einen kräfti- abtropfen lassen. Butter in einem nen 3 cm hohen Rand hochziehen. gen Weißwein aus der Burgunderfa- Topf erhitzen. Spargelstücke und Den Teig in der Form für 20 Minu- milie (Grauburgunder, Chardonnay). Spinat darin andünsten. Mit ten in den Tiefkühler stellen. 500 ml Brühe oder Sud und Sahne 2 Inzwischen die Spargelstangen Spargelcremesuppe aufgießen und den Spargel in waschen, schälen und die Enden 8–10 Minuten weich kochen. Mit abschneiden. Spargel schräg in mit Garnelen der Flüssigkeit fein und cremig etwa 4 cm lange Stücke schneiden. Für 4 Personen pürieren. Falls nötig, noch etwas Die Stücke in Salzwasser 8–9 Mi- • 500 g grüner Spargel, Salz Brühe oder Sud zufügen. nuten vorkochen. Herausheben • 1 Hand voll Blattspinat 3 Heiße Spargelcremesuppe mit und abtropfen lassen. • 1 EL Butter Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab- 3 Frühlingszwiebeln waschen, put- • 600 ml Gemüsebrühe oder schmecken. In vorgewärmten Tas- zen und in dünne Ringe schnei- Spargelsud sen oder Tellern anrichten. Mit

18 Gratiniert, in der Suppe mit eigener Brühe, als Quiche oder mit einer raffinierten Sauce, im Risotto – der Möglichkeiten gibt es viele, Spargel zuzubereiten. Es müssen nicht immer die „Klassiker“ mit der Sauce hollandaise (als Fertigprodukt erhältlich) oder zerlassener Spargelcremesuppe Gratinierter Spargel Butter sein.

Spargelspitzen, Garnelen und 10 Minuten köcheln lassen. Gnoc- Zubereitung: Mandeln garniert servieren. chi nach Packungsangabe zuberei- 1 Spargel waschen, schälen und Nach Belieben dazu Blätterteig- ten, abtropfen lassen. die Enden abschneiden. Backofen stangen oder Grissini (kleine itali- 3 Inzwischen die Tomaten wa- auf 180 Grad vorheizen. Ein großes enische Brotstangen) reichen. schen, je nach Größe halbieren Stück dicke Alufolie ausbreiten. Die Weinempfehlung: Trockener oder vierteln. Petersilie waschen, Spargelstangen daraufgeben, mit Müller-Thurgau/Rivaner, Kerner die Blättchen abzupfen. Den Käse Salz und Pfeffer würzen und mit oder Weißburgunder unter die Sauce rühren, mit Salz Butterflöckchen belegen. Alufolie und Pfeffer abschmecken. sorgfältig verschließen. Paket auf Gratinierter Spargel 4 Spargel, Gnocchi, Tomaten und Pe- ein Backblech legen. Spargel im tersilie behutsam vermengen, in eine Ofen (Mitte) in 40 Minuten garen. mit Gnocchi ofenfeste Form füllen. Die Käsesauce 2 Inzwischen die Semmelbrösel in Für 4 Personen darübergießen. Spargel im Ofen einer beschichteten Pfanne ohne • je 500 g weißer und grüner (Mitte) 15–20 Minuten überbacken. Fett goldbraun rösten. Spargel, Salz Die Weinempfehlung: Trockener Für die Sauce die Kartoffeln schä- • 1 EL Butter, 1 EL Mehl Trollinger oder Trollinger-Lember- len, waschen und würfeln. Zuge- • 500 ml Milch ger; kräftiger Silvaner oder Kerner deckt in Salzwasser in etwa 10 Mi- • 300–400 g Gnocchi (Fertig- (Justinus K). nuten weich kochen. Frühlings- produkt aus dem Kühlregal) zwiebeln waschen, putzen und in • 150 g Kirschtomaten Spargel mit Kartoffel- feine Ringe schneiden. • 2–3 Petersilienstiele 3 Kartoffeln abgießen und mit • 100 g frisch geriebener Grana Kräuter-Sauce einem Kartoffelstampfer fein zer- Padano oder Parmesan (ohne Foto) drücken. Milch und Butter unter- • weißer Pfeffer Für 4 Personen rühren. Frühlingszwiebeln und Zubereitung: Für die Sauce: die Kräuter untermischen. So viel 1 Spargel waschen. Den weißen • 200 g mehlig kochende Kartof- Sahne zufügen, dass eine cremige ganz, den grünen nur im unteren feln, Salz Sauce entsteht. Mit Salz und Pfef- Drittel schälen. Holzige Enden ab- • 2 Frühlingszwiebeln fer abschmecken. schneiden. Wasser mit Salz aufko- • 100 ml Milch 4 Spargel in eine vorgewärmte chen. Den weißen Spargel darin • 1 EL Butter Schüssel füllen oder gleich auf Tel- zunächst 5 Minuten kochen, grü- • 2 EL frische gemischte Kräuter ler verteilen. Zuerst mit der Kartof- nen Spargel zufügen, beides in (fein gehackt) fel-Kräuter-Sauce begießen, dann weiteren 3-5 Minuten vorgaren. • 100 g Sahne mit gerösteten Semmelbröseln be- Mit einem Schaumlöffel heraushe- • weißer Pfeffer streuen. Sofort servieren. ben, beiseite stellen. Außerdem: Wer mag, kann dazu rohen oder ge- 2 Den Backofen auf 200 Grad vor- • 1 kg Spargel (weiß oder weiß- kochten Schinken reichen. heizen. Die Butter erhitzen, das violett) Weinempfehlung: Kräftiger Mehl darin hellgelb anschwitzen. • Salz, weißer Pfeffer Chardonnay oder Trollinger. Milch unter Rühren zugießen, • 2 EL Butter in Flöckchen die Sauce glatt rühren und offen • 2 EL Semmelbrösel

19 e n ch Schiller M e n s und Schillerwein

2009 entkommt man Friedrich von Schiller nicht! Vor 250 Jahren, am 10. November 1759, wurde der Schöpfer der Dramen Die Räuber, Wilhelm Tell, Götz von Berlichingen, Wallenstein, Maria Stuart, Die Jungfrau von Orleans und der Balladen , , Das Lied von der Glocke, Die Bürgschaft, in Marbach am Neckar geboren. Nicht nur in seiner Geburtsstadt wird das Jubiläum ganzjährig mit zahlreichen Sonderveranstaltungen und Lesungen, Festivals und Inszenierungen gewürdigt. Davon profitieren wird auch ein Getränk, das es nur in Württemberg gibt: der Schillerwein!

ie Frage, ob Schiller oder vor („Der Name Wirtemberg, lung von viel weinbaulichem Wis- D Goethe der größere Dichter schreibt sich vom Wirt am Berg. sen interpretieren und kann man war, stellt sich auch im „Schiller- Ein Wirtemberger ohne Wein, Vater Schiller durchaus als Förde- jahr“ nicht. Bedeutend waren sie kann der ein Wirtemberger sein?“), rer und Vorbereiter des Weinbaus beide. Ihre Werke sind es bis heute sondern ebenso aus seiner Famili- in Württemberg bezeichnen. geblieben. Begegnet sind sich die engeschichte. Von den Vorfahren Genies im Geiste erstmals 1787. sollen einige Weingärtner gewesen „Mit Mäßigkeit trinken“ Dass der Herr Geheimrat der größe- sein. Der Vater Johann Kaspar Sein Sohn blieb davon nicht unbe- re Genießer war, steht außer Zwei- (1723–1796) machte als Soldat Kar- leckt. Er wies in manchen litera- fel. Goethes durchschnittlicher riere und avancierte zum Haupt- rischen Werken auf die positiven Weinkonsum soll zwei Liter pro mann in Diensten des Herzogs Eigenschaften des Weines hin. Be- Tag betragen haben. Vielleicht hat Carl Eugen von Württemberg. Der reits als Medizinstudent in Stutt- ihn das – Wein ist schließlich ge- übertrug ihm die Leitung der her- gart schrieb er über „die wundertä- sund – befähigt, deutlich älter als zoglichen Hofgärten und Baum- nigen Wirkungen des Weines bei zu werden. Jo- schulen. Zum Job gehörte die denen, die ihn mit Mäßigkeit trin- hann Wolfgang von Goethe starb Beschäftigung mit landwirtschaft- ken“. Bekannt ist der Ausspruch: im Alter von 82 Jahren am 22. März lichen Problemen. Daraus entstand „Trink ihn aus den Trank der Labe 1832, während Schiller nur 45 Jah- 1767 unter anderem die Schrift und vergiss den großen Schmerz. re alt werden sollte. Am 9. Mai „Vom Weinbau“. Johann Caspar Wundervoll ist Bacchus’ Gabe, Bal- 1805 schloss er in Weimar die Au- Schiller hatte dafür eine besondere sam fürs zerrissene Herz.“ (aus gen für immer. Erklärung parat: „Da ich lieber dem Gedicht „Das Siegesfest“). An- Aber mit Wein hatte er durchaus Wein statt Wasser trinke, so erkun- geblich verdankte er manche In- zu tun. Genau genommen sogar dige ich mit bei allen Gelegenheiten spiration beim Schreiben dem mehr als Goethe. Das geht nicht um den Weinbau.“ Im Nachhinein Wein. Guten Wein konnte er sich nur aus einem bekannten Vers her- lässt sich die Arbeit als Vermitt- allerdings erst leisten, als er Erfolg

20 Er wurde nur 45 Jahre alt und schuf in seinem kurzen Leben eine Reihe bedeutender Werke. Vor 250 Jahren wurde Friedrich von Schiller in Marbach am Neckar geboren. 2009 ist somit „Schillerjahr“. Das Denkmal in seiner Geburtsstadt hat man ihm schon vor vielen Jahren gewidmet. Auch weinige „Denkmäler“ gibt es …

hatte. Ein Erfurter Händler war sein wichtigster Lieferant und schickte ihm meist kräftige, schwe- re, süße Weine. Schiller stand nicht in Treue fest zu den Gewächsen seiner Heimat, sondern wandte sich gern anderen Herkünften zu. Am 30. Juni 1804, also knapp ein Jahr vor seinem Tod, wurde sein Weinvorrat so fixiert: „61 Bou- teillen Malaga, 35 Bourgogner, 22 Champagner, 10 Weißer Port- wein, 2 Leistenwein (vermutlich aus Würzburg), 17 Ruster, 6 Öden- burger, 34 Frankenwein, 4/2 Faler- ner, 5 Rum, 4 Muskaten.“ Ein Wein machte Karriere Trotz der offenkundigen Neckar- wein-Abstinenz brachte er es – so scheint’s – zu einem eigenen würt- tembergischen Gewächs, dem Schillerwein. Goethe konnte da- mit nicht ganz mithalten. Zwar gab es früher im Rheingau ein Wein- gut, das einen Besuch des Geheim- rats später nutzte mit einem „Goethewein“. Aber der blieb be- deutungslos. Der Schillerwein da- gegen machte Karriere und wurde für einen hellroten, manchmal mit beitung der Trauben, die aus dem zu einem gefragten Produkt, das goldgelben Schattierungen glän- gleichen Weinberg stammen sol- viele Konsumenten in Deutsch- zenden Wein der Kategorie „Rot- len. land sofort mit der Herkunft Würt- ling“. Er muss mindestens ein Der Schillerwein steht in der Tra- temberg in Verbindung bringen. Qualitätswein sein, um unter der dition des klassischen Misch- Und sie mutmaßen lassen, dass Bezeichnung vermarktet zu wer- satzes, wie es ihn früher oft in man damit dem Dichter ein wei- den. Welche Sorten für die Kombi- deutschen Landen gab. Die Wein- niges Denkmal gesetzt hat. Das nation weißer und roter Trauben bauern – oder die Weingärtner in freilich ist nicht der Fall! verwendet werden, ist nicht fi- Württemberg – gingen damit den Der Name leitet sich ab von der xiert, ebenso kein Prozentanteil Weg eines geringeren Risikos. „schillernden“ Farbe (der frühere Weiß-Rot. Vorgeschrieben ist al- Wenn einige Sorten nicht ganz aus- Begriff war „schierlend“) und steht lerdings eine gemeinsame Verar- reiften, sorgten früher reifende

21 e n

In dem heute noch gut erhaltenen ch Fachwerkhaus in Marbach erblickte Schiller am 10. November 1759 das Licht der Welt. Fünf Jahre noch lebte die Familie am Neckar, ehe sie nach Lorch übersiedelte und dann nach M e n s Ludwigsburg, wo der kleine Friedrich die dortige Lateinschule besuchte und sich bei einem Besuch einer Aufführung im Residenzschloss mit dem Theater- virus infizierte.

zer Historiker Jacob Burckhardt 1875: „Zuletzt langten noch vor ein paar Tagen vom Stuttgarter Verle- ger 50 Flaschen Remstaler an, aus seinem eigenen Weinberg, ein Schiller, der beim ersten Schluck wenig verspricht, dann aber köst- lich schmeckt, ziemlich stark ist und im Glas einen köstlichen Blu- menduft zurücklässt.“ Kein Wunder, dass ein solcher Wein ein Verkaufserfolg war. Vor 80 Jahren soll sein Absatzanteil so- gar bei 50 Prozent gelegen haben! Sorten für einen Ausgleich. Wenn 1860 festgehalten: „In der Regel Der ehemalige Bundespräsident ein, zwei Sorten wenig trugen, der weiße Silvaner, der Gutedel, Theodor Heuss bezeichnete ihn konnte der Ertrag von anderen Re- der Rothurban, der Trollinger, zwar in einem Essay aus dem Jahr ben den Verlust ersetzen. Das Zu- Schwarzurban, der Affenthaler, 1936 als „ziemlich brav“, lobte aber sammenspiel von unterschied- der blaue Scheuchner.“ Die vier zugleich „seine saubere, gelegent- lichen Sorten konnte zudem ein letztgenannten waren dafür be- lich säuerliche Frische“ und be- intensiveres Aroma bewirken und stimmt, den Wein haltbarer zu ma- zeichnete ihn als „schwäbisches die hohe Säure einzelner Sorten chen. Die Urban-Reben und der Brauchtum“. durch die milde Säure anderer Va- Scheuchner sind aus dem Sorti- rietäten reduzieren – wie bei einer ment verschwunden. Der Affen- In Treue fest sorgsam im Keller zusammenge- thaler hat nicht, wie zu vermuten Um jenes war es vor rund 20 Jahren stellten Cuvée. wäre, etwas mit badischen Affen- schlecht bestellt. Die Konsumenten tal und dem dort wachsenden Spät- wollten plötzlich lieber Weißherbst Geheimnisvolle Sorten burgunder zu tun, sondern war ein nur von roten Trauben. Der Schil- In Württemberg hat der Schiller- säuerlicher Verwandter des Trol- lerwein wurde als ein Relikt der wein eine Geschichte, die vermut- linger. Und der Gutedel hat sich Vergangenheit angesehen. Aber es lich rund 300 Jahre zurückreicht. weitgehend ins badische Mark- gab doch einige Weingärtnergenos- Welche Sorten früher hauptsäch- gräflerland zurückgezogen. senschaften, die ihm die Treue lich Verwendung fanden, ist in Der Schillerwein jener Zeit fand hielten und ihn weiter produ- einem Buch über die „Traubensor- sogar bei kritischen Genießern An- zierten. Vor allem die Genossen ten Württembergs“ aus dem Jahr erkennung. So notierte der Schwei- von Cleebronn-Güglingen gingen

Noch ein Beispiel für Schillerwein zu Ehren des Dichters: Die Flasche aus dem Keller der Fellbacher Weingärtner ziert ein markantes Profil. Der Wein ist ein gemeinsames Projekt mit Tourismus-Marketing Baden-Württemberg und wird über Schiller-Städte und sonstige Partner vertrieben.

22 Was passiert im Schillerjahr? Die Geburtsstadt von Friedrich Schiller, Marbach am Neckar, hat ein umfangreiches Jahresprogramm erstellt. Dazu gehören unter anderem Lesungen, Dialoge, Theateraufführungen (mit den berühmtesten Stücken) und sogar ein Musical. In Schillers Geburtshaus, einem original erhaltenen Handwerkerhaus im Herzen der Stadt, wurde eine Dauerausstellung eingerichtet. Programm unter Telefon 0 71 44-10 22 97 oder [email protected], www.marbach-bottwartal.de. In den Sommermonaten werden übrigens in der „Schillerlaube“ in Marbach die Weine der Stadt und des Bottwartales angeboten. Auch die Städte Lorch, Ludwigsburg, Stuttgart und Mannheim, zu denen Schiller eine besondere Beziehung hatte, werden ihm diverse Veranstaltungen widmen, zusammengefasst in einem speziellen Schiller-Geburtstagsflyer, erstellt von der Touris- mus-Marketing Baden-Württemberg (TMBW) und den Schillerstädten (Bezug unter Telefon 07 11-2 38 58-51). Weitere Details im Internet unter www.schiller-bw.de und www.schillerjahr2009.de

mit gutem Beispiel voran und kön- Andere Betriebe zogen mit, so dass gärtnergenossenschaft eine Schil- nen sich heute über einen Absatz- man heute wieder von einer ler Spätlese mit der Bezeichnung anteil von 20 Prozent freuen. Heute Renaissance des schwäbischen „Dichterfürst“ auf den Markt ge- gilt Cleebronn als „die Schillerge- Rotling sprechen kann. Das Schil- bracht. Die Fellbacher Weingärt- meinde Württembergs“. Hier setzt lerjahr dürfte ihm weiteren ner vertreiben einen Schillerwein man auf eine Kombination aus Rückenwind geben, da einige Er- mit Sonderetikett. Auch bei der Schwarzriesling, Riesling, Müller- zeuger mit speziellen Füllungen Remstalkellerei, die jährlich eini- Thurgau, Silvaner und vielleicht aufwarten werden. So wurde vor ge hunderttausend Flaschen Hell- noch etwas Portugieser. kurzem aus der Marbacher Wein- roten vermarktet, hofft man auf ei- nen Schiller-Boom (interessante Weine werden im Württemberger in der nächsten Ausgabe vorge- stellt). Getrunken wird der Wein kühl wie ein Rosé, mit etwa 11 bis 13 Grad Celsius. Anlässe, eine Flasche zu öffnen, gibt es genügend. Er ist ein idealer Begleiter zum Vesper mit Käse, Wurst und Schwartenmagen, passt sehr gut zu Linsen oder Kut- teln, aber auch zu Gemüse, Geflü- gel und manchen Fischgerichten. Für manche Schwaben ist er sogar ein Begleiter zum morgendlichen Frühstück, weil sie den Kaffee nicht so trocken runterschlucken wollen … Rudolf Knoll

Die Weingärtnergenossenschaft in Marbach hat sich beim Jahrgang 2008 mit einem Wein für das Schillerjahr besonders angestrengt. Kürzlich kam eine Spätlese auf den Markt. Der „Dichterfürst“ lag länger als üblich auf der Feinhefe.

23 Petra geht aus s s u e n G

In der Remstäler Wein-Puppenstube Wenn ich zum Essen ausgehe, dann suche ich das fast Unmögliche. Ich will mich wie zu Hause fühlen, aber jedes Mal etwas Neues entdecken. Zum Glück werde ich oft fündig – diesmal in Weinstadt-Endersbach im Remstal.

ie dunkle Jahreszeit ist eindeutig Wein- richtige Quantum „Puppenstuben-Atmosphäre“ D stubenzeit – da lieben wir es doch alle werden durch die schöne Holzvertäfelung, einen besonders gemütlich, kuschelig und warm. Wer uralten Kachelofen und edel-schlicht gedeckte in der Weinstube Muz in Endersbach Platz gefun- Tische unterstrichen. Und am blank gescheuer- den hat, der wünscht sich fast, dass es immer ten Stammtisch sitzen die Ortshonoratioren und winterlich bleibt. Doch spätestens beim Nach- diskutieren über die Landespolitik beim Viertele hauseweg wird beschlossen, dass man hier auch und knusprig-frischen riesigen Laugenbrezeln. im Frühling, Sommer und Herbst einkehren Während wir die wuchtige schwarze Wein- kann. Die urige Gemütlichkeit und genau das Mappe mit mehr als hundert Positionen und

24 SWR-Moderatorin Petra Klein, die Kulinarik-Expertin des Rundfunk- senders, ließ sich von Vater und Sohn Muz mit einem Glas Remstaler Rieslingsekt auf einen genussvollen Abend einstimmen.

Weinstube Muz Traubenstraße 3 D-71384 Weinstadt-Endersbach Telefon +49 (0) 71 51-6 13 21 Telefax +49 (0) 71 51-6 11 31 E-Mail: [email protected] www.weinstube-muz.de

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 11.30 Uhr bis 22.30 Uhr durchgehend warme Küche, geöffnet bis 24.00 Uhr. Samstag von 17.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Sonntag und an Feiertagen Ruhetag. Für Konfirmation, Kommunion, Geburtstag und andere Familienfeiern ab 15 Personen wird das Restaurant auch sonntags geöffnet.

einem eindeutigen Württemberg-Schwerpunkt Wein mit seiner Cremigkeit wunderbar die sam- durchblättern, genießen wir als Aperitif die tigen Suppen. Damit jeder am Tisch das nach- Sekthausmarke der Weinstube. Der fruchtige vollziehen kann, wird „Suppen-Klau“ prakti- Rieslingsekt der Remstalkellerei ist eine gute ziert, ohne größere Kleckerunfälle. Wahl, nicht nur weil der Geschäftsführer des Beim nächsten Gang wählen wir nach dem Mot- Erzeugers, Heiko Schapitz, zufällig am Neben- to „rechts und links“: Auf der linken Speisekar- tisch sitzt und unser Treiben wohlwollend be- tenseite finden sich die traditionellen Weinstu- obachtet. benspeisen, rechts geht’s regional, saisonal und Die Speisekarte im XXL-Format bietet eine wirk- etwas mutiger zur Sache. Die „rechte“ Wahl: lich gelungene Mischung aus traditionell-schwä- Kalbsbriesspießchen mit Zimt, Tagliatelle und bischer Weinstubenküche und frischer, moder- Zuckerschoten, die „linke“ Wahl: Ragout von ner Regionalküche, in der auch ungewöhnliche Weinbergschnecken mit Champignons in leich- Aromen und Zutaten zur Geltung kommen. Das ter Knoblauchsauce mit Flädle und Blattspinat: zeigt sich schon bei unserem ersten Gang, Rahm- Erste Wählerumfragen, nachdem die Gerichte suppe vom Schwarzen Rettich mit Trüffelöl und serviert wurden: Beide Kandidaten sind reif für Lammfleischküchle bzw. einer geschäumten die absolute Mehrheit. Solche Feststellungen Rote-Beete-Suppe mit Shrimpstäschchen. Dazu traf vermutlich schon vor Jahrzehnten der eins- schenkt uns Chef Thomas Muz in großen Bur- tige Bundespräsident Theodor Heuss, der gele- gundergläsern (!) einen 2007 Chardonnay „Mith- gentlich bei Vater Muz einkehrte und beim Lem- ras“, ausgebaut in Barriques, von den Fellba- berger vesperte. cher Weingärtnern ein. Wir registrieren nicht nur eine typische Chardonnay-Würze in Nase, Koalition mit Spinat untermalt mit einem Hauch Vanille, sondern Auch unsere Weinwahl ist mehrheitsfähig: ein freuen uns zudem über die erkennbare Wein- 2007er Lemberger „Rother von Stromberg“ aus glaskultur des Hauses. Im Geschmack unter- der Strombergkellerei Bönnigheim. Der Wein streicht der nicht holzbelastete, mehr fruchtige geht eine tolle Koalition mit dem Spinat und

25 s s u e n G

Knoblauch ein, einen Erdrutschsieg feiert er mit zwischen Nicola und Magdalena, 31 und 28 Jah- dem Kalbsbries, welches das leichte Aroma von re alt, aus dem Remstal, vor einem guten Vierte- der Zimtstange angenommen hat, auf dem es le Wein und knackig frischem Ackersalat sitzen aufgespießt war. Ein Wein mit viel Tempera- können, weil sich die Diskutanten zum häus- ment, der trotzdem nicht die knackigen Zucker- lichen Fernsehabend verabschiedet haben. „Wir schoten überdeckt, die uns einen leichten Früh- kennen Muz natürlich, durch unsere Eltern, lingsvorgeschmack bieten. durch Bekannte, schließlich ist die Weinstube Auch bei diesem Gang zeigt sich die Hand- eine echte Institution“, plaudern sie munter schrift des jungen Chefs Thomas Muz. Er ist ge- drauflos. „Wir mögen die Weine, das Essen ist lernter Koch und Restaurantfachmann mit Sta- wirklich gut und das Preis-Leistungs-Verhältnis tionen u.a. in Windhuk (Namibia) und bei stimmt auch – und nette Leute hat’s hier auch.“ Johannes King im Söl’ring Hof auf Sylt (zwei Dabei wirft Nicola einen lächelnden Seitenblick Sterne im Michelin). Sein Credo beschreibt er auf Thomas Muz, der sich zum „Aushorchen“ uns so: „Ich sehe mich als Manager, der die Leis- kurz an den Stammtisch gesetzt hat. tung des Kochs entsprechend dem Gast vermit- Jetzt war bei uns wieder Platz im Magen für den telt. Hoher Aufwand und gute Qualität müssen Hauptgang, eine streng traditionelle Runde mit adäquat verkauft werden, auch deshalb habe ich geschmorten Ochsenbäckle in Lembergersauce, zu Beginn meiner ‚Chef-Zeit‘ die Weinstube erst mit Rosenkohl und Spätzle. Die Weinentschei- einmal personell aufgerüstet.“ dung dauerte länger und fiel schwer, schließ- lich hatten wir unterschiedliche Geschmacks- Treff der Generationen richtungen auf dem Teller, was kommt also ins Vielleicht ist es ein bisschen dem 28-Jährigen Glas? zuzuschreiben, dass die Weinstube Muz, in der Wenn wir es uns einfach gemacht hätten, wäre bereits seit 1877 Gastronomie betrieben wird, die Entscheidung zu Gunsten des Spätburgun- heute ein beliebter Treffpunkt der Generationen ders gefallen, denn der passt garantiert. Aber ist. Gut zu beobachten am Stammtisch, wo in- wir wählten einen 2004er Frühburgunder, im

26 Petra am Stammtisch mit Nicola und Magdalena. Vorher und nachher gab es Rahmsuppe vom Rettich, Kalbsbriesspießchen mit Tagliatelle und köstliche geschmorte Ochsenbäckle. Und dazu hervorragende flüssige Begleiter aus dem gut sortierten Weinkeller eines Hauses, das nicht umsonst in der Traubenstraße angesiedelt ist. Fotos: Roland Bauer

schlupfer mit Sahne und Vanillesauce.“ Dem freundlichen Kellner wird leise zugeraunt: „Na hoffentlich passt das noch rein.“ Eine Voraus- setzung dafür war ein Verzicht. Der Klassiker wurde bewusst OHNE Eis bestellt, denn Eis kühlt die Zunge zu stark, beeinträchtigt deshalb den Weingeschmack und das wäre jammerscha- de gewesen. Ins Glas kam nämlich – im Offen- ausschank (!) – eine 2003er Spätburgunder Weißherbst Beerenauslese von den Fellbacher Weingärtnern. Der roséfarbige, mächtige Wein adelte dieses einstige „Arme-Leute-Essen“. Pas- sionsfrucht- und Himbeernoten ließen die Bee- Barrique gereift von der Remstalkellerei. Ein renauslese jugendlich wirken und bildeten eine kräftiges Kerlchen mit 14 Vol. % Alkohol, der schöne Ergänzung zu der nicht zu süßen Vanil- sich als perfekte Ergänzung zur Lembergersau- lesauce. Es passte zwar eigentlich nichts mehr ce entpuppt und der das nötige alkoholische rein. Aber wir sprangen über unseren Rückrat hat für die wirklich erstklassigen Kut- Schatten … teln, die ein leicht süßliches Aroma mitbringen. Inzwischen ertönen leichte Erschöpfungslaute am Tisch, zum Glück haben wir jeweils nur hal- be Portionen bestellt, ein Wunsch, dem die Kü- che gerne nachgekommen war. Aber gewisse Herausforderungen im Leben müs- sen angenommen werden. Deshalb verkündeten wir mit fester Stimme: „Zum Dessert Ofen-

27 e n ch Ein kleines M e n s foto-Wunder

28 80 Jahre und kein bisschen müde, sondern nach wie vor hellwach auch mit den Augen, das ist die Wengertertochter, ehemalige Lehrerin und Fotografin Margarethe Pfander aus Fellbach. Ihre Bilder bringen uns die Natur näher …

ie Weinrebe in ihren bi- meisten Betrachter ziemlich über- der Wirkung ihrer Bilder und nach D zarren, gleichzeitig aber raschenden Perspektive. Für diese dem, was die Natur uns schenkt. auch oft streng geometrischen For- Art der Makrofotografie bedarf es Das müssen keineswegs nur Wein- men und Ausprägungen. Die Blüte an der Kamera spezieller Nahlin- reben sein (obwohl die eine Haupt- und die werdende Frucht im Wech- sen oder Lupenobjektive. rolle in ihrem Schaffen spielen), es sel der Jahreszeiten. Die Beeren können auch Blumen, Früchte vom in ihrer Vielfalt und Gegensätz- Die Weinreben spielen Acker oder vom Getreidefeld sein. lichkeit. Spiralen, Verknotungen, eine Hauptrolle Es ist schon erstaunlich und, wenn Überschneidungen. All das Form- Mittlerweile ist die Wengertertoch- man so will, ein kleines Wunder: vollendete und zugleich Spiele- ter Margarethe Pfander bereits Manchem Betrachter wird die rische der Natur, das ist es, was achtzig Jahre alt geworden. Doch Schönheit der Natur, ja, seiner un- Margarethe Pfander seit Jahr- ist sie immer noch wach, neugie- mittelbaren Umgebung, durch die zehnten beschäftigt. rig, interessiert. Nur zu gerne ver- er vielleicht tagtäglich streift oder Die Fotografin bannt es aufs Bild, wickelt sie ihre Mitmenschen in an der er vorbeifährt, erst durch ganz aus der Nähe, in einer für die ein Gespräch, erkundigt sich nach das Auge und eben die Kameralin- se von Margarethe Pfander be- wusst. Und genau dieser pädago- gische und zugleich ästhetische Erfolg erfreut die einstige Lehre- rin natürlich umso mehr. Darüber kommt sie nur allzu gern in ihr vielsagendes, wissendes Schmun- zeln. Über die Grenzen der Heimat hinaus Als jüngste Tochter eines Fellba- cher Genossenschaftswengerters kam sie 1928 zur Welt. In ihrem Lehrberuf brachte es die studierte Pädagogin in ihrer Heimatstadt bis zur Konrektorin einer Schule. Schon früh schweiften ihre Inte- ressen weit über die Grenzen ihrer engeren Heimat hinaus. Sie begeis- terte sich für Philosophie und Psy- chologie, für die Wissenschaften und die Literatur. Die Schönheiten der Natur liegen häufig im Verborgenen, weil kaum sichtbar. Aber Margarethe Pfander hat den Blick für eindrucksvolle Mini-Details und hält sie mit Vielleicht bedingt durch eine Hör- ihrem Fotoapparat fest. behinderung entwickelte sich bei

29 e n ch M e n s

Margarethe Pfander das Auge früh zu einem besonderen Sinnesorgan. Sie fing an zu fotografieren. Ohne Hilfe von außen und ohne Ausbil- dung erschloss sie sich die Welt der Nahaufnahme, suchte auf die- se Art gleichsam die Urformen der Natur, die Reinheit der Form, die Frühes Stadium im Weinberg: Aus diesem Gebilde (Foto oben) wird mal eine Traube. Und: Auch Frost kann eindrucksvoll sein. mannigfaltige Poesie der Farben. Seit den achtziger Jahren und nach ihrer Pensionierung betrieb sie ihr der, Ausstellungen, Grußkarten, einer angesehenen, gefragten Bot- Hobby intensiv und mit noch grö- Preislisten, Bücher, Etiketten, De- schafterin des Weines wie auch ßerer Inbrunst. Die Fotokünstlerin korationen, Prospekte und pracht- ihrer Heimatregion. bestückt mit ihren Bildern Kalen- volle Bildbände – und wurde so zu Andreas Braun

Das Buch zum Thema Ein Buch wurde durch die Bilder von Margarethe Pfander in letzter Zeit besonders bereichert: „Wir Württemberger Weingärtner“ ist ein prächtiger Text- und Bildband, für den einige hervorragende Fotografen durch die Linse blickten. Unser Autor Andreas Braun hat einige Kapitel abgeliefert. Die redaktionelle Verantwortung lag bei unserer Mitarbei- terin Ute Böttinger, die auch die Idee zu diesem Werk hatte. Das Buch umfasst 208 reich bebilderte Seiten, stellt alle württembergischen Weingärtnergenossenschaften und etliche Persönlichkeiten vor. Preis 45 Euro, Bezug: Verlagsbüro von Brandt, Mannheim, Tel. 06 21-47 86 77.

30 Trollinger-Anbau

Hintergründe in Berlin?

as wäre ein Ding! Wird die Leib- und D Magensorte der Württemberger, der Trollinger, bald auch in Berlin angebaut? Und zwar auf dem Gelände des inzwischen aufgelas- senen Flughafens Tempelhof. Die umfang- reichen Fluren sollen einer neuen Nutzung zu- geführt werden. Weil durch die seit einigen Jahren im Flughafengebäude stattfindende „Ba- den-Württemberg Classics“ schon ein inniger Kontakt mit Wein besteht, war anlässlich des 10-Jährigen (Classics am 21./22. November 2009) die Idee nahe liegend, eine Trollinger-Pflan- zung zu überlegen. Der zuständige Senat (Sitz: Württemberger Straße!) nahm den Vorschlag in die Ideensammlung der Tempelhof-Nutzung auf. Foto: Axel Mauruszat Der Berliner Tempelhof: Wo vor kurzer Zeit noch Flugzeuge starteten und Ulrich M. Breutner, Chef der Werbegemein- landeten, könnten bald Reben angepflanzt werden. Vielleicht. schaft Württembergischer Weingärtnergenos- senschaften und des Weininstituts Württem- berg, ging damit noch im alten Jahr in einem berge anzulegen. Aber als er Jahre später einem Rundfunkinterview an die Öffentlichkeit. Na- Besucher das Ergebnis einschenkte, meinte der türlich seien erst einige Fragen zu klären und Gast: „Einen Wein von dieser Güte gibt man bei müsse man außerdem den Boden auf seine uns den Gefangenen in der Bastille so lange zu Weinbaueignung erstmal untersuchen. Aber trinken, bis sie gestehen, sich gegen das Leben unrealistisch sei der Gedanke im Zeitalter des unseres Königs verschworen zu haben.“ Klimawandels nicht, meinte Breutner. Trotzdem wurden 1711 noch 80 000 Liter Berli- ner Wein erzeugt. Aber durch die Verbesserung 74 Weinberge an der Spree der Verkehrswege kamen Rhein- und Mosel- Wissen muss man außerdem, dass es seit eini- weine an die Spree, so dass es allmählich vorbei gen Jahren wieder Weinbau in Mecklenburg- war mit dem Rebbau. Erst vor 40 Jahren gab es Vorpommern gibt und Berlin durchaus Wein- die ersten bescheidenen Neuanfänge, zum Teil bautradition hat. Seine Blütezeit erlebte der mit Unterstützung aus dem Rheingau und aus Rebbau im 16. Jahrhundert. Damals gab es der Pfalz. Ein bisschen bekannt wurde der aus 74 Weinberge an der Spree. Der Ertrag wurde so- Müller-Thurgau und Ortega gekelterte „Rixdor- gar wegen seines „vortrefflichen Geschmacks“ fer Weinmeister“, von dem es gelegentlich meh- gelobt. Im 17. Jahrhundert kam es dann aller- rere hundert kleine Flaschen gab. Aber den dings zu massiven Weinverfälschungen. Und großen Durchbruch schaffte Berliner Wein nicht durch den Dreißigjährigen Krieg wurden die mehr. Vielleicht ändert sich das – wenn der Rebanlagen verwüstet. Zwar gab Kurfürst Fried- Tempelhöfer Boden geeignet ist und für rich Wilhelm anno 1683 den Befehl, neue Wein- den Trollinger freigegeben wird?

31 s s u Plädoyer für den Trollinger: e n G Man schmeckt das Bodag’fährtle

2009 ist für Württemberg das „Trollinger-Jahr“. Hinter dieser Ausrufung steckt ein neues Selbstbewusstsein. Das wiederum steht im Zusammenhang mit einem positiven Stilwandel der wichtigen Rebsorte, der neue Freunde schafft.

n Württemberg wird nicht gerne einem Schlag, aber doch Jahrgang berg verbunden wie er. Daher ist er I geprahlt. Und auf eigene Vorzü- um Jahrgang zugetragen hat, setzt längst außerhalb Württembergs, ge blickt man oft etwas verschämt. die Württemberger nun in den also „im Export“ erfolgreich. Vor So kam es auch, dass die Württem- Stand, sich wieder selbstbewusst allem nördlich der Mainlinie berger eine Zeit lang ihre Liebe ihrer eigenen Stärken und Beson- kommt er seit Jahren gut an. Er ist zum Trollinger verbargen. Es galt derheiten zu besinnen. zu einer Marke geworden, was in schließlich, Anschluss zu finden Und in der Tat: Trollinger ist Würt- der einerseits uniformen, anderer- an die internationale Weinwelt temberg, und Württemberg ist seits unübersichtlichen Warenwelt und zu beweisen, dass im Schwa- Trollinger. Ein knappes Viertel der schon ein Wert an sich ist. benland ebenfalls große Weine Rebfläche ist mit der Sorte be- entstehen. Das Weinwunder in stockt. Kein anderer Wein wird in Das Geschmacksbild Württemberg, das sich nicht mit vergleichbarer Weise mit Württem- wandelt sich Der Trollinger steht für Authenti- zität. Er ist zwischen Heilbronn und Stuttgart genauso eine regio- nale Spezialität wie der mit ihm identische, nur anders benannte Vernatsch in Südtirol, wie Barbera und Barolo im Piemont und Grü- ner Veltliner in Österreich. Zupass kommt dem Trollinger, dass sich zurzeit offenbar das Geschmacks- bild wandelt: Kunden greifen wie- der häufiger zu fruchtigen Rotwei- nen und lassen dafür die mächtigen tanninbetonten Tropfen im Regal stehen. Zudem ist der Trollinger nicht mehr so, wie er mal war. Zumin- dest fällt die Bandbreite an Stilen und Qualitäten größer aus. Es gibt leichtere und dichtere, körper-

32 Beim Weincartoon-Wettbewerb von Stuttgart-Marketing, der von der Werbegemeinschaft der Weingärtnergenossenschaften unterstützt wurde, war der Trollinger auch dabei. Die Zeichnung auf Seite 32 stammt von Derek Easterby, die bösen Wölfe und Rotkäppchen fielen Klaus Bräunlinger ein (beide aus Deutschland). reichere Typen. Trollinger, bei de- Charakter. Mitunter treten Man- Kuchen. Andererseits kann er ohne nen die Maische erhitzt wurde, deltöne hinzu. Ein echter Würt- Weiteres einen Rostbraten oder aber und solche, die auf der Maische temberger? Keineswegs! Wenn man ein exotisch-würziges Fischgericht vergoren wurden. Es gibt weiche, die Sache historisch betrachtet, begleiten. Verschiedene Anlässe milde und herzhafte, kernige Re- kommt man um die Erkenntnis und viele passende Gelegenheiten, präsentanten dieser Rebsorte, und nicht herum: Der Trollinger ist ein seine Vielseitigkeit ist ein Trumpf. solche, die spürbar von Gerbstof- Migrant, ein Zuwanderer und Rei- Gekühlt ist der Trollinger an heißen fen eingefasst sind. In der Breite ist gschmeckter, ins Schwäbische ge- Sommertagen außerdem eine span- der Trollinger überdies dunkler ge- langt vor wohl mehr als 200 Jah- nende Alternative zu fruchtigen worden. ren. Sein Name taucht zwar schon Weißweinen oder einem Rosé. im 16. Jahrhundert erstmals auf, Ein Trollinger kann auf die Essens- Muschelkalk und Keuper als Rebsortenbezeichnung wohl begleitung allerdings pfeifen – im- machen sich bemerkbar aber erst Ende des 18. Jahrhun- merhin sollte man nicht alle Würt- Der Ertrag wird der Qualität wegen derts. Neuen Forschungen zufolge temberger Traditionen über Bord reduziert wie bei anderen Rebsor- stammt er wohl aus dem Nordos- werden. Denn er trinkt sich ohne ten auch. Auch das „Bodag‘fährtle“, ten Italiens, dem Friaul. Auf Han- alles ebenfalls angenehm. Ver- neudeutsch: Terroir, kann durch- delswegen gelangte er über Ober- ständlich, dass auf ihn der Leib- aus unterschiedlich ausfallen. So italien und Tirol, taucht in spruch der Viertelesschlotzer so schmecken die auf Muschelkalk schriftlichen Zeugnissen schon gut passt: „Trollinger mäßig genos- gewachsenen Trollinger gewöhn- mal als Tirolinger auf. sen, schadet auch in beträchtlichen lich weicher, samtener. Ein Keu- Der Trollinger ist besser als viele Mengen nicht.“ per-Trollinger fällt kerniger, kräf- andere (rote) Weine zum unbe- Andreas Braun tiger aus. schwerten und geselligen Genuss In der Nase erinnert der Trollinger geeignet. Und das zu jeder Jahres- * Der Autor ist Chefredakteur von Sonntag Aktuell an (Sauer-)Kirschen, mitunter auch zeit. Aber noch etwas macht ihn (Stuttgarter Zeitung) und hat in den letzten zwei Jahren mehrere Bücher über den Wein aus Baden- ein wenig an Himbeeren. Fruchtig, unverwechselbar: Er passt schon Württemberg geschrieben oder daran maßgeblich mit- leicht, so ist sein einnehmender nachmittags zum Vesper oder zum gearbeitet.

33 k e i t g Man muss die

G e s e l l i Feste feiern ...

34 Start in der Kraftzentrale

März 14./15. Duisburg: Baden-Württemberg Classics, Große Präsentation mit vielen Weinen aus dem neuen Jahrgang in der Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg-Nord, Emscherstraße 71, Infos unter 0 71 41-2 44 60 und vor Ort unter 0 20 37-1 28 08 01, www.landschaftspark.de 21. Bad Mergentheim-Markelsheim: Frühjahrsweinprobe der Wein- gärtner Markelsheim, 0 79 31-9 06 00 Richtig „fetzig“ geht es auf Weinfesten und 22. Württemberg: Weinfrühling – Tag der offenen Weinkeller Präsentationen zu. Und in den Gläsern ist farbige Abwechslung angesagt. (s. Bericht auf Seite 40), Infos unter 0 71 41-2 44 60 28. Mundelsheim: Wein & Sound – kulinarischer Rundgang durch den Gewölbekeller der Weingärtnergenossenschaft, 0 71 43-8 15 50 28./29. Niedernhall: Jahrgangspräsentation der Kochertalkellerei, 0 79 40-92 26 20 hren ersten großen Auftritt in 28.–30. Pfedelbach-Heuholz: Frühjahrs-Hausmesse der WG Heuholz, I 2009 hatten Württembergs Wein- 0 79 49-94 00 33 gärtner, genauer gesagt, die aus 29. Fellbach: Festival der Weingenüsse bei der Alten Kelter der dem Remstal, bereits Mitte Februar Fellbacher Weingärtner, 07 11-5 78 80 30 beim Fellbacher Weintreff in der 29.–31. Düsseldorf: ProWein – Internationale Fachmesse mit großer Alten Kelter, der zum 13. Mal statt- Präsentation der Weingärtnergenossenschaften. Infos www.prowein.de fand – was aber eher ein gutes Omen war. Zahlreiche Besucher April zeigten Neugier für den neuen 3./4. Stuttgart-Uhlbach: Festliche Weinprobe vom Collegium Wirtemberg, Jahrgang und die schon reiferen 07 11-32 27 78 Gewächse. Begleitende Verkostun- 5. Weinsberg-Granschten: Weinfrühling der Grantschener Wein- gen zu verschiedenen Sortenthe- gärtner, 0 71 34-9 80 20 men, moderiert von Natalie Lumpp Sternenfeld-Diefenbach: Mandelblüten und Wengerthäusla der und Rudolf Knoll, hatten wie im Wengerter vom König, 0 70 43-92 05 75 Vorjahr viel Zulauf. 18./19. Lauffen: Weintage der Lauffener Weingärtner, 0 71 33-1 85 15 Ab März geht es dann mit Voll- Hamburg: Baden-Württemberg Classics, Große Präsentation mit dampf weiter, nicht immer nur in vielen Weinen aus dem neuen Jahrgang in der Sporthalle Hamburg in Württemberg. Zweimal steht im Alsterdorf, Krochmannstraße, 0 71 41-2 44 60, ersten Halbjahr Baden-Württem- vor Ort 0 40-60 67 97 73 berg Classics auf dem Programm 24. Bönnigheim: Weinprobe in der Strombergkellerei, 0 71 43-8 87 70 (in Duisburg und in Hamburg). Für 25. Bönnigheim: Kelterfestival der Strombergkellerei, 0 71 43-8 87 70 Fachleute aus der Branche ist die 25.–27. Nordheim: Weintage und Kelterfest des Weinhauses Nordheim, ProWein in Düsseldorf Ende März 01 75-4 17 68 78 Pflicht. Eine Veranstaltung mit 26. Weikersheim-Laudenbach: Erlebniswanderung mit Weinprobe und überregionaler Bedeutung ist der Winzerversper der WG Markelsheim, 0 79 31-9 06 00 Marathonlauf durch die Weingär- Bönnigheim: Tag der offenen Tür in der Strombergkellerei, ten von Heilbronn und Umgebung 0 71 43-8 87 70 (auch Halbmarathon) am 17. Mai. 30.4.–1.5. Brackenheim: Weinfrühling und Tanz in den Mai bei den Wein- Ansonsten haben die Weingärtner- gärtnern Brackenheim, 0 71 35-98 55 15 genossenschaften, aber auch ört- Walheim: Walpurgisnacht und Blütenfest in der Obsthalle auf der liche Vereine und Gemeinden, Reuth durch den Musikverein Walheim e.V., 0 71 43-80 16 58 ein kunterbuntes, abwechslungs- reiches Programm für die nächs- Mai ten Monate erarbeitet und hoffen 1. Hessigheim: Tag der offenen Kellertüre in der Felsengartenkellerei jetzt überall auf etliche gut Besigheim-Hessigheim, 0 71 43-81 60 11 gelaunte Besucher. Brackenheim und Walheim: siehe Termine vom 30.4.–1.5.

35 k e i t g Der Marathon-Mann

G e s e l l i aus dem Weinberg

Auch beim 9. Heil- bronner Trollinger- Marathon und -Halb- marathon am 17. Mai werden die Wengerter eher an der Strecke stehen und ihren Trop- fen an die Besucher ausschenken, als selbst zu laufen. Doch es gibt auch welche, die aktiv mitmachen ...

tefan Kerner aus Erlenbach im S Kreis Heilbronn muss nur ein- mal den Kopf von links nach rechts drehen. Erst hat er die Arbeit, dann das Vergnügen im Blick. Auf der einen Seite erhebt sich vom Aus- siedlerhof der Familie aus der Kay- berg. Dort bewirtschaften Stefan Kerner und sein Vater Erwin den Großteil ihrer insgesamt zehn Hektar Rebfläche. Auf der anderen Seite, der Autobahn abgewandt, liegt etwa zwei Kilometer entfernt der Wartberg, eine der Sehenswür- digkeiten von Heilbronn. Dorthin in die Weinberge zieht es Stefan

Fotos: Wolfgang Schmidt Kerner, wenn er Steigungen trai-

36 2. Mundelsheim: Käsbergfest der Weingärtnergenossenschaft Mundels- heim, 0 71 43-81 55 10 9./10. Stuttgart-Rotenberg: Hausmesse und Tag der offenen Tür beim Collegium Wirtemberg, 07 11-33 76 10 Ludwigsburg-Eglosheim: 34. Eglosheimer Kelterplatzfest, organisiert von örtlichen Vereinen, 0 71 41-3 29 42 9.–11. Eberstadt: Weinfest der Weingärtnergenossenschaft, 0 71 34-9 89 60 10. Sachsenheim-Ochsenbach: Frühjahrsweinprobe des Weinbauvereins, 0 70 46-25 37 15.–18. Bad Mergentheim-Markelsheim: 51. Weinfest der Weingärtner Markelsheim, 0 79 31-9 06 00 16. Fellbach: Nacht der Kelter am Kappelberg, organisiert von den Fellbacher Weingärtnern, 07 11-5 78 80 30 Im Laufschritt, beim Rebschnitt: Im Winter 16./17. Neckarwestheim: Weinfest und Weinwanderung der Weingärtner und zeitigen Frühjahr liebt Stefan Kerner die Abwechslung im Weinberg. Neckarwestheim, 0 71 33-1 53 13 Pfedelbach-Heuholz: Weinfest rund um den Dachsteiger der Weingärtner Heuholz, 0 79 49-94 00 33 Sachsenheim-Ochsenbach: Dorfplatzfest und Tag des Liedes in Ochsenbach, 0 70 46-22 54 nieren will. Auf die Idee, zum Kay- Vaihingen-Enz: 2. Vaihinger Weindorf, aufgestellt von der Weingärt- berg zu joggen, ist er aber noch nie nergenossenschaft Ensingen, 0 70 42-2 59 74 gekommen. „Wahrscheinlich wür- Remshalden-Grunbach: Kelterfest der Weingärtner Remshalden- de ich dort nur die Arbeit sehen“, Schorndorf, 0 71 51-2 77 07 sagt der 27-Jährige und lacht. Ingelfingen: Weinprobiertage der Kochertalkellerei, 0 79 40-9 22 60 Doch die empfindet der Diplom- 17. Cleebronn: Spargelfestival der Weingärtner Cleebronn-Güglingen, Agraringenieur oft nicht als sol- 0 71 35-9 80 30 che. „Beim Rebschnitt kann ich Fellbach: Erlebnisbauernmarkt am Kappelberg, 07 11-5 78 80 30 entspannen und genießen, das ma- Esslingen-Mettingen: 28. Weinwandertag der Weingärtner Esslingen, che ich aus dem Effeff.“ Aber häu- 07 11-9 18 96 20 fig schmerzt ihm nach so einem Sternenfels: Frühling mit Wein der Weingärtner Sternenfels auf dem Tag vom vielen Bücken der Rü- Augenberg, 0 70 45-35 10 cken. Das Laufen hilft ihm: „Ich Westlicher Stromberg: Weintour durch die Region mit Stationen bei halte mich dadurch fit, ich bewäl- den Weingärtnern von Diefenbach, Sternenfels, Freudenstein- tige die Arbeit im Weinberg leich- Hohenklingen, Knittlingen, Oberderdingen, 0 70 43-86 48 ter“, sagt er. Viele seiner Kollegen Oberderdingen: Weintour der Weingärtner, 0 70 45-5 30 seien indes fassungslos, wenn sie 20./21. Öhringen-Michelbach: Weinwandertag, 0 79 41-27 90 ihn abends noch joggen sehen: „Du Pfedelbach-Heuholz: Weinfest der Weingärtner Heuholz rund um bisch doch den ganzen Tag im den Dachsteiger, 0 79 49-94 00 33 Weinberg gwesen und hasch 21. Lehrensteinsfeld: Weinfest rund um die Kelter der Weingärtner gschafft.“ Lehrensteinsfeld, 0 71 34-9 11 97 60 Leingarten-Großgartach: Weindorf unterm Heuchelberg, Etwa jeder Siebte 0 71 31-40 36 70 ist Wengerter Stuttgart-Obertürkheim: Weinwandertag der Weinmanufaktur, Stefan Kerner ist einer der weni- 07 11-3 36 38 10 gen laufenden Wengerter beim Schwaigern-Stetten: 37. Stettener Kelterfest, 0 71 38-6 75 71 Trollingerlauf. Von den knapp Sachsenheim-Ochsenbach: Backhausfest und Weinprobe, 5 300 Läufern, die im vergangenen 0 70 46-25 37 Jahr die Ziellinie überquerten, wa- Ingelfingen: Burgruinenfest der Kochertalkellerei, 0 79 40-9 22 60 ren immerhin 727 für ein Weingut 21.+24. Vahingen-Enz-Roßwag: Roßwager Weinfest, 0 70 42-29 50 oder eine Weingärtnergenossen- 23./24. Eberstadt-Hölzern: Backhausfest schaft gestartet, sagt Holger Braun. 29.5.–1.6. Heilbronn: Sommerfest der Genossenschaftskellerei „Vom Gefühl her“ glaubt der Ge- Heilbronn-Erlenbach-Weinsberg, Telefon 0 71 31-15 79 14. schäftsstellenleiter des Trollinger- 30. Mundelsheim: Käsbergfest der Weingärtner Mundelsheim, Marathons, dass nicht so viele 0 71 43-8 15 50 „echte“ Weingärtner mitlaufen.

37 k e i t g G e s e l l i

Der Sportler ist beruflich ein Allrounder. Er kümmert sich nicht nur um Weintrauben, sondern produziert zudem schmackhaftes Öl aus verschiedenen Grundstoffen.

„Die stehen an diesem Tag eher an bein geschaffen: eine Ölmühle. der Strecke“, sagt der 33-Jährige. Walnuss-, Lein-, Raps- und Mohnöl Im Team von Stefan Kerner, stellt er her. Das Besondere daran: Eine Spezialität von Stefan Kerner: das gehaltvolle Öl von der Walnuss. der Genossenschaftskellerei Heil- Er macht von der Aussaat bis zur bronn-Erlenbach-Weinsberg, ist Abfüllung alles selbst, sogar die das ähnlich: Im 50- bis 60-köp- Bilder für die Etiketten hat er foto- figen Aufgebot bestehe zwar bei grafiert. „Ich will von der Saat bis „Ich habe da einen eigenen Lern- den Hobbyläufern eine Verbin- zur Flasche dafür gerade stehen“, prozess durchlaufen, wie das Öl dung zur Weinbranche, doch sind sagt er. Neben Raps und Lein baut richtig in die Presse läuft.“ Und er nur fünf bis zehn Weingärtner da- Kerner auch den Mohn an (mit der hat auch das Gefühl nicht verges- runter, schätzt deren Geschäfts- dafür nötigen Genehmigung der sen, wie es zu Beginn war, vom führer Karl Seiter. Der Grund da- Bundesopiumstelle). Für die Wal- Markt heimzukommen, und nur für liege auf der Hand: Den nüsse hat er im Jagsttal zwei Plan- drei oder vier Flaschen Speiseöl Weingärtnern fehle schlicht die tagen gepachtet. Der vielseitige Er- verkauft zu haben. Zeit zum Training. lenbacher schätzt, dass es außer Auch bei Stefan Kerner ist das ei- ihm bundesweit nur einen wei- Wie ein Spaziergang? gentlich so. Eine 70-Stunden-Wo- teren Landwirt gibt, der einen ähn- Die Vorbereitung für seinen ersten che ist bei ihm keine Seltenheit. lichen Aufwand treibt. Trollinger-Halbmarathon im Jahr Neben dem Wein und den Vorträ- Was es heißt, einen langen Atem zu 2005 muteten dagegen fast wie ein gen, die er im Winter hält, hat er haben, hat Stefan Kerner beim Auf- Spaziergang an. Zeit zu trainieren sich ein weiteres, eigenes Stand- bau seiner Ölmühle 2005 erfahren. hat er in der Regel nur sonntags,

Laufen und Wein Die Grundidee für den Heilbronner Marathon stammt aus Frankreich. Jedes Jahr im September findet der Médoc-Ma- rathon statt. „Das Genießen steht dort im Vordergrund, viele Läufer sind kostümiert, überall wird Rotwein, Käse und Salami gereicht“, beschreibt Holger Braun, der Geschäftsstellenleiter des Trollinger-Marathons, das Spektakel. Auch beim Trollingerlauf gibt es Wein: Die Erzeuger an der Strecke öffnen ihre Pforten für die Besucher, jeder Teilnehmer des Laufs erhält eine Flasche Trollinger. „Doch der Sport steht an erster Stelle“, macht Braun klar. Der Volkslauf war von Anfang an ein Erfolg: 2488 Zieleinläufer waren es bei der ersten Auflage 2001, die Zahl stieg im Jahr 2005 auf über 5 400 und pendelte sich seit 2006 auf knapp 5 300 ein. Der Lauf-Regisseur wünscht sich mehr Teil- nehmer beim Marathon – für die rund 42 Kilometer lange Strecke wurde dafür extra die Steigung beim Neippberg ent- schärft. Zudem erhofft er sich 2009 durch das von den Württemberger Genossenschaften ausgerufene „Jahr des Trol- lingers“ einen „kleinen Schub, was die überregionale Werbung für den Lauf angeht“. Veranstalter des Trollinger-Marathons ist der Württembergische Leichtathletikverband des Kreises Heilbronn, Ausrichter ist die Heilbronn Marketing. Weitere Informationen unter www.trollinger-marathon.de.

38 30./31. Schwaigern: Stadtfest, 0 71 38-2 10 31. Winnenden: Frühlings-Weinfest der Weingärtner Winnenden, 0 71 95-6 28 31 Weinstadt-Strümpfelbach: Weinprobe in den Weinbergen, 0 71 51-61 08 24 31.5.–1.6. Korb: Weinfest in der neuen Kelter,Telefon 0 71 51-3 36 17

Juni 5.–7. Bretzfeld-Schwabbach: Schwabbacher Weinfest, 0 79 46-65 63 6. Forchtenberg: Weinprobe der Kochertalkellerei in der Ruine Forchtenberg, 0 79 40-92 60 6./7. Brackenheim-Dürrenzimmern: Weinfest der WG Dürrenzimmern- Stockheim, 0 71 35-9 51 50 Rauf und runter in den Weinbergen. Sternenfels: Kelterfest der Weingärtnergenossenschaft, 0 70 45-35 10 Aber zwischendurch muss die Muskulatur etwas gelockert werden. 7. Vaihingen-Enz-Ensingen: Tag des offenen Weinbergs der Wein- gärtner Ensingen, 0 70 42-2 59 74 11. Bretzfeld-Unterheimbach: Dorffest, 0 79 46-5 76 oft joggt er dann mit seiner Freun- 12. Weinstadt: Fresco Night der Remstalkellerei, 0 71 51-69 08 43 din Miriam Heckel, der Würt- 12.–14. Ingelfingen: Weindorf der Kochentalkellerei, 0 79 40-9 22 61 tembergischen Weinkönigin von 13./14. Stuttgart-Uhlbach: Weinwanderung am Götzenberg durch den 2006/2007. Trainingspläne, Lauf- Weinbauförderverein Uhlbach, 07 11-32 27 78 ratgeber, Traubenzucker – Fehlan- Weinstadt: Kulinarische Kelter der Remstalkellerei, 0 71 51-69 08 43 zeige. „Davon halte ich gar nichts“, 13.–15. Schwaigern: Kelterfest der Heuchelberg Weingärtner eG, sagt er. Die 21,1 Kilometer lange 0 71 38-9 70 20 Strecke hat er bei seiner Premiere 14. Knittlingen: Traubenblütenfest Knittlinger Reichshalde, dennoch in passablen 1:50:39 WG Knittlingen, Telefon 0 70 43-95 28 Stunden absolviert, was etwa Vaihingen-Enz-Horrheim: Weinblütenfest und Probe der Wein- einem Schnitt von fünf Minuten gärtner Horrheim-Gündelbach, 0 70 42-3 33 09 pro Kilometer entspricht. Kerner, 19.–21. Kernen-Stetten: 3. Stettener Keltersommer bei der WG Stetten i. R., 1,86 Meter groß, schlank und 0 71 51-4 19 27 durchtrainiert, zehrt von den 20. Untertürkheim: 4. Untertürkheimer Rotweinnacht, 07 11-4 07 70 42 Grundlagen. Vom Schulsport, der 20/21. Ilsfeld-Auenstein: Auensteiner Straßenfest, 0 70 62-9 04 20 Zeit bei der Bundeswehr, als Fuß- 20.–22. Zwischen Mönchsbergsee und Neipperg: Natur & Wein, organisiert baller. So oft es geht, kickt er beim vom Weinkabinett Brackenheim, 0 71 35-9 85 50 Bezirksligisten TSV Erlenbach 21. Metzingen: 13. Weinlehrpfadhock im Weinberg, 0 71 23-67 22 mit. Neuffen: Weinwandertag der Weingärtnergenossenschaft In diesem Jahr wird er bereits zum Hohenneuffen-Teck und der Selbstvermarkter, 0 70 25-27 26 vierten Mal beim Halbmarathon Knittlingen-Freudenstein: Backhaushocketse der Weingärtner mitmachen – nur 2006 musste er Freudenstein-Hohenklingen, 0 70 43-86 48 wegen einer Diplomarbeit pausie- 26.–28. Bad Mergentheim: Stadtfest mit Weinbrunnen und Gewächsen der ren. Noch hat er sich nicht ent- Weingärtner Markelsheim, 0 79 31-9 06 00 schieden, ob er es wie 2008 mit sei- 27./28. Oberstenfeld: Fleckenfest der Gemeinde, 0 70 62-52 48 ner Freundin beim Paarlauf 28. Fellbach: Jazz-Wine-Time der Fellbacher Weingärtner, gemütlicher angeht und einfach 07 11-5 78 80 30 die Kulisse genießen wird, oder ob er versucht, die Zeit von 2005 zu Cartoons in Fellbach unterbieten. Er findet die Idee gut, Noch bis zum 30. April ist eine Auswahl von 80 Arbeiten des dritten Wett- mit dem Lauf etwas für das Image bewerbs der Stuttgart Marketing zum Thema „Die Welt des Weines in der des Trollingers zu tun. „Wir sind Karikatur“ in den Räumen der Fellbacher Weingärtner zu sehen. Es gibt etliche von der Lage her prädestiniert für humorvolle Einblicke in die Szene (siehe auch Württemberger 2-2008). den Trollinger“, sagt Kerner, der Infos unter 07 11-5 78 80 30. selbst größtenteils Trollinger und Riesling anbaut und bei der Genos- senschaftskellerei abliefert. „Wir müssen schauen, was zum Klima

39 k e i t g G e s e l l i

Ein Glas Trollinger: Vielleicht die Belohnung für eine Zeit unter 1 Stunde, 50 Minuten?

dass es ein, wie er sagt, „völlig männeruntypischer“ weiß-lieb- licher Tropfen sein wird, vielleicht sogar einer von der Sorte Kerner. Seine Bestzeit beim Halbmarathon liegt deutlich unter zwei Stunden. Stefan Kerner hat sich Dann löst sich bei ihm die seeli- vorgenommen, sie zumindest wieder annähernd zu erreichen. sche Anspannung, auch der Mus- kelkater lässt sich so vielleicht passt.“ Tradition bewahren heißt Wein erst nach dem Sport leichter verschmerzen – bis zum für ihn nicht, stehen zu bleiben. nächsten Trollingerlauf. Der Trollinger in der klassischen Beim Trollingerlauf trinkt Stefan  Sonja Henning Form für den Viertelesschlotzer Kerner indes nur Wasser. „Alkohol hat für ihn die gleiche Berechti- und Sport passen nicht zusam- gung wie der Trollinger-Rosé, der men“, sagt er. Das Glas Wein trinkt Die Autorin ist freie Journalistin aus ein eher jüngeres Publikum an- er lieber nach dem Halbmarathon. Ludwigsburg und unter anderem für sprechen soll. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, die „Stuttgarter Zeitung“ tätig.

Weinfrühling in ganz Württemberg Zwei Tage nach dem kalendarischen Frühlingsbe- ginn, am 22. März, hört das ganze Weinland Würt- temberg auf das Motto „Weinfrühling – Tag der of- fenen Keller“! Im Mittelpunkt steht dabei der neue Jahrgang, der teilweise noch aus dem Fass oder Tank verkostet werden kann. Eine genussvolle Tour ist preiswert: Die Eintritts- karte kostet 5 Euro. Sie berechtigt, in allen teilneh- menden Betrieben mindestens vier Frühlingsweine á 0,1 Liter zu verkosten. Weitergehende Angebote liegen im Ermessen der Weinproduzenten. Die re- gionale Gastronomie wird sich an der Aktion mit einem „Frühlingsmenü“, passend zu den jungen Weinen, beteiligen. Ein Flyer mit genaueren Infor- mationen kann angefordert werden bei der Werbe- gemeinschaft Württembergischer Weingärtnerge- nossenschaften unter Tel. 071 41-244 60.

40 s w N e nd Kellerei vorbei Was 1925 mit elf Schwaigener Wengertern be- x i s u gann, war gut 80 Jahre später eine starke Ge- meinschaft mit 950 Mitgliedern und 615 Hektar ra

P Andreas Braun Rebfläche, die sich Heuchelberg-Kellerei nann- te. Aber im letzten Jahr befanden Geschäftsfüh- und der Tourismus rer Gerd Silbernagel und seine Mitstreiter, dass Da darf man wohl herzlich gratulieren. Andreas dieser Name nicht mehr zeitgemäß ist und das Braun, seit 1997 Chefredakteur von „Sonntag Berufsbild der Weingärtner im Vordergrund ste- aktuell“ und Autor zahlreicher Bücher über hen muss. Ergo agiert man seit dem Jahrgang das Genießerland Baden-Württemberg und die 2008 als Heuchelberger Weingärtner eG. Die Ge- Weinregionen, wird am 1. Mai 2009 seinen Pos- nossenschaft verkauft rund fünf Millionen Fla- ten als Geschäftsführer der Tourismus-Marke- schen jährlich und hat die Zielsetzung, Spitzen- ting GmbH Baden-Württemberg (TMBW) in qualität zu füllen. Stuttgart antreten. Der erfahrene Journalist wird damit Nachfolger von Roger Heidt, der 16 Jahre lang diesen Posten bekleidete, bevor er letztes Jahr das Amt des Ersten Bürgermeisters in seiner Heimatstadt Pforzheim übernahm. Der 50-Jährige wurde vom Aufsichtsrat der TMBW unter Vorsitz des baden-württember- gischen Wirtschaftsministers Ernst Pfister in ge- heimer Wahl schon im ersten Wahlgang berufen. Er ist künftig Mittler zwischen den großen regio- nalen Tourismusorganisationen des Landes (Heil- bäderverband, DEHOGA und IHK) und soll dafür sorgen, dass Baden-Württemberg im In- und Aus- land touristisch erfolgreich vermarktet wird. Der

Zeitschrift Württemberger bleibt er als Autor Wengerter aus Schwaigern posieren neuerdings auf den (hoffentlich) erhalten – so es seine Zeit zulässt. Rückenetiketten und auf den Lastwagen der Genossenschaft.

Schönere Männer Irmgard Sanwald, Schöpferin des San Vino-Behandlungskonzepts mit der wohltuenden Wirkung von Stoffen aus der Weinbeere (Württemberger 1-2008), freut sich nicht nur über die im Spät- herbst 2008 erfolgte Fertigstellung der neuen, edlen Wellness- Welt an ihrer Wirkungsstätte, dem Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe. Sie kann jetzt außerdem auch Männer mit einer neuen Herren-Pflegeserie beglücken. Dazu gehören eine Rasiercreme auf Traubenkernöl-Basis, ein Rotweingel zur Beruhigung der Haut nach der Rasur, ein Pflege- balsam für die Hautregeneration sowie ein Augengel. Behandeln lassen können sich die Herren der Schöpfung in einer speziell für sie eingerichteten Suite im neuen Teil des Schlosshotels. Infos unter www.sanvino.de

41 n e ch s

n Ein Polizeipräsident M e als Weinfan

Er ist ganz anders, als man sich einen Präsidenten der Polizei vorstellt. Konrad Jelden, der oberste Chef des Landespolizeidirektion Stuttgart, ist ein leidenschaftlicher Weinfan, der selbst immer wieder Veranstaltungen inszeniert.

eine Augen blinzelten nicht ganz so mun- Doch mit der Zeit schüttelte der oberste Dienst- S ter wie sonst. Waren es Entzugserschei- herr von 6 500 Beschäftigten in Nordwürttem- nungen in Sachen Wein oder das, was der berg die Müdigkeit ab und war wieder ganz in Schwabe „Tschettlägg“ nennt? Ein paar Stun- seinem Element. Vor rund hundert Gästen im den Zeitunterschied musste Konrad Jelden Romantikhotel Schassberger stellte er „seine“ ebenso verkraften wie zwei Wochen lang Ver- Weingärtner vor, die er persönlich für diesen zicht auf sein geliebtes Getränk. Denn der Prä- Abend vorgetestet und ausgesucht hatte. Auch sident der Landespolizeidirektion Stuttgart zwei Genossen waren dabei, nämlich die Koo- war mehr oder weniger direkt vom Himalaja an perativen aus Heilbronn und Grantschen, für den Ebnisee gekommen, um dort seinen jähr- die der Polizeichef, der einen riesigen Einfluss- liche Weinreise zu zelebrieren. „Rund um den kreis hat, eine Lanze brach: „Was wäre die Weibertreu“ lautete das Motto im Spätherbst Weinszene ohne tüchtige Genossenschaften? 2008. Zuvor hatte der 63-Jährige gerade einen Ich bin für ein klares Ja für diese Unterneh- Vorgeschmack auf den Winter genommen, als mensform.“ er 5 000 Meter über dem Meeresspiegel mit Konrad Jelden war es auch zu verdanken, dass Freunden eine Art Skimarathon absolvierte. der Heilbronner Vorstandsvorsitzende Martin Auch das steckte dem früheren Leistungssport- Haag einen noch gut trinkbaren 1983er Lember- ler (Leichtathletik, Skifahren) wohl noch et- ger mitgebracht hatte und der Grantschener Ge- was in den Knochen. schäftsführer Bruno Bolsinger unter anderem

Seit 1995 im Amt Konrad Jelden wurde am 3. Oktober 1945 in Vaihingen an der Enz geboren. Er studierte Rechtswissen- schaften und avancierte 1980 zum Leiter der Abteilung Recht und Verwaltung beim Landeskriminalamt Stuttgart. Von 1991 bis 1995 war er bereits stellvertretender Präsident der Landespolizeidirektion Stutt- gart, ehe er im Juli 1995 zum Präsidenten ernannt wurde. Hier ist er zuständig für eine Million Hektar Fläche (nicht Reben) von Wertheim bis Böblingen und von Geislingen bis kurz vor Pforzheim. In seiner Verantwortung liegen unter anderem die organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität. Jelden ist seit 1972 verheiratet, lebt in Waiblingen im Remstal und hat zwei Töchter. Nebenbei ist er noch Vor- sitzender des Ebnisee-Vereins und setzt hier touristische Akzente im Schwäbischen Wald.

42 Über Weingeschmack zu plaudern, gehört zu den Leidenschaften von Konrad Jelden. Gern erzählt er eine Geschichte aus der Jugend, als Freunde für eine Bowle versehentlich aus Vaters Keller einige Flaschen vom Jahrhundert-Jahrgang 1953 entwendeten. Die leeren Flaschen wurden weiträumig entsorgt. Der spätere Polizeichef musste die (längst verjährte) „Untat“ seiner Freunde decken…

derem auf die Vernunft der Genießer zurück, die auch bei Weinfesten viel über Aromen und Ge- schmack diskutieren und nicht einfach ein Glas nach dem anderen leeren. Proteste aus Wein- gärtnerkreisen gegenüber Polizeikontrollen hat er noch nicht registriert. „Unsere Leute schika- nieren nicht, sondern suchen in kritischen Fäl- len das Gespräch. In unserem ländlichen Be- reich ist Kommunikation sehr wichtig.“ Er redet, so scheint es, am liebsten über Wein. Die neuen Techniken behagen ihm dabei nicht gerade. „Als Verbraucher bin ich für eine Kenn- zeichnungspflicht.“ Die harte Arbeit der Wen- mit den bekannten Cuvées „Grandor“ und „SM“ gerter hat er selbst bereits als Lesehelfer kennen- aufwartete. „Die habt ihr eurem Kellermeister gelernt. In dem Zusammenhang erinnert er sich Fritz Herold zu verdanken“, wusste der Präsi- daran, dass die Finger nicht ganz heil blieben … dent und gab seine Version einer Definition zum Seine Beziehung zu Wein ist nicht unbekannt Besten: „SM steht für Seine Majestät.“ Es war ge- geblieben. Jelden wird über den Ebnisee hinaus wissermaßen eine etwas vorgezogene Ab- als Moderator von Proben geschätzt. Er selbst schiedsrede für den Wein- und Fassküfermeis- lässt keine Gelegenheit aus, wenn irgendwo in- ter, der nach 38 Jahren Tätigkeit in Grantschen teressante Gewächse vorgestellt werden. So am 31. Dezember in den Ruhestand ging (der wurde er ein paar Tage nach der Veranstaltung zweite Mann Ulrich Schwager, schon seit 1996 am Ebnisee schon wieder bei einer festlichen im Haus, übernahm). Probe der Weingärtner Bad Cannstatt gesichtet – und tags drauf bei der Deutschen Rotweingala „Wer trinkt, fährt nicht“ des Magazins Vinum in Mainz. Ein Polizeichef mitten unter Genießern ist schon Sein Wissen wird außerdem familienintern wei- etwas ungewöhnlich. Zumal er selbst insze- tergegeben. Tochter Steffi, die in München als niert. Aber Jeldens Beziehung zum Wein ist eng, Psychologin tätig ist, probierte im „Schassber- doch nicht ohne die nötige Distanz. Er vertritt ger“ Weine ganz gezielt auf ihre Eignung zu Ge- die Auffassung „Promille verwirrt die Pupille“ richten aus der Sterneküche von Ernst Karl und lehnt Alkohol, inklusive Wein, am Steuer Schassberger, zuerst in der Theorie und dann in ab: „Wer trinkt, fährt nicht. Wer fährt, trinkt der Praxis. Konrad Jelden erinnert sich gern nicht. Wenn ich etwas getrunken habe, bin ich daran, dass ihn sein Erzeuger früh in die Wein- nur mehr souveräner Beifahrer. Im Alter bis zu welt eintreten ließ: „Als ich 14 war, eröffnete 25 Jahren sollten Null Promille gelten.“ mir mein Vater offiziell, dass ich ab sofort Wein Derartige Appelle fallen in Württemberg offen- trinken darf. Das hatte ich zwar schon vorher bar auf fruchtbaren Boden. „Die Zahl der Ver- gelegentlich heimlich getan. Aber ich nahm es kehrsunfälle unter Alkoholeinfluss ist in als Rat für das ganze Leben an.“ meinem Wirkungsbereich in den letzten Jahren Rudolf Knoll deutlich zurückgegangen.“ Er führt es unter an-

43 Wertvoller Tafelwein und feine Weinbrände e w s

N Weinrechtlich ist es nur Tafelwein. Aber bei der große Resonanz stieß, folgte eine noch verfüg- Weinmanufaktur Untertürkheim gibt es – wie bare Neuauflage (sehr elegant, feine Würze, in- bei deren Kollegen im badischen Durbach – eine tensiver Waldbeerenduft). Sie kostet 14 Euro besondere „übergebietliche Kombination“, die und kann in Untertürkheim bezogen werden. schlicht als „Geschichte Cuvée Baden-Württem- Tel. 07 11-3 36 38 10, www.weinmanufaktur.de berg“ deklariert wird. Die beiden Kooperativen Eine weitere Besonderheit der Untertürkheimer kreierten diesen trockenen Wein aus Lemberger ist ein Weinbrand aus 1999er Riesling, der sie- und Spätburgunder Auslesen erstmals 2005; ben Jahre im Eichenfass reifte und sich jetzt in

Praxis und eine der ersten Flaschen bekam Ministerpräsi- feuriger Hochform präsentiert. Die Ausstattung dent Günther Oettinger überreicht. Weil der ist der Qualität angemessen. Preis: 33,86 Euro wohldosiert in Barriques ausgebaute Wein auf (0,7 l). Konkurrenz erwächst den Untertürkheimern in der Nachbarschaft. Die Weingärtner Rotenberg- Uhlbach, die sich Collegium Wirtemberg nen- nen, haben ebenfalls einen Weinbrand kreiert. Ihr VSOP mit 40 „Volt“ wurde im Jahr 2000 aus roten Sorten gebrannt und reifte bis vor kurzem in 300-l-Eichenfäs- sern. Er duftet weihnachtlich nach Nüssen, Mandeln und Nelken und präsentiert sich auf der Zunge sehr weich, feurig und sogar fruch- tig. Preis 15 Euro (0,35 l). Bezug: Tel. 07 11-32 77 75 80.

Heller Brut aus dem Bottwartal

„Vinian“ heißt eine neue Sektlinie der Bottwartalkellerei in Großbottwar, die zunächst mit hell gekel- tertem Trollinger und Schwarzriesling gestartet wurde. Ende 2008 bekam der temperamentvolle Prick- ler noch einen „Bruder“ von der Sorte Spätburgunder, ebenfalls ein Blanc de Noir. Nach neun Monaten Lager auf der Hefe präsentiert sich der Brut-Sekt aus dem Jahrgang 2007 mit anhaltender Perlung, gol- dener Farbe mit lachsfarbenen Reflexen, diskretem Kirschduft und geschmeidiger Art auf der Zunge. Sehr gut ist das Preis-Wert-Verhältnis (7,90 Euro). Bezug: Tel. 0 71 48-96 00 35 oder www.bottwartal-kellerei.de

44 Rarer Tauberschwarz

Sie ist die vermutlich rarste Sorte Bis vor 60 Jahren war Tauber- Württembergs. Vor 25 Jahren war schwarz gut verbreitet in sei- sie fast ausgestorben, wurde dann ner angestammten Region, ehe in Weinsberg in der Staatlichen er Rebflurumlegungen zum Lehr- und Versuchsanstalt für Opfer fiel und andere Varie- Wein- und Obstbau wiederbelebt täten seinen Platz einnah- und kann heute immerhin wieder men. In Ebertsbronn bei Lau- zehn Hektar im Main-Tauber-Kreis denbach blieben winzige und zwei Gemeinden des Hohen- Bestände erhalten, die aller- lohekreises vorweisen. Tauber- dings von ambitionierten schwarz heißt diese weitgehend Weingärtnern wieder ver- unbekannte Rotweinrebe, die erst- mehrt wurden. So kann heute mals wohl um 1560 noch namen- die Weingärtnergenossenschaft los unter der Regentschaft von Graf von Markelsheim wieder einige Wolfgang von Hohenlohe in Wei- Varianten der Sorte aus den Lagen kersheim und Umgebung ange- Laudenbacher Schafsteige und pflanzt wurde. In einer Urkunde Weikersheimer Tauberberg vorwei- des Reichsklosters Fulda aus dem sen. Die Weine sind nicht sehr far- Jahr 1726 ist erstmals der Name bintensiv, eher leicht und schlank, Tauberschwarz genannt. dafür angenehm fruchtig und süf- Nur im Tauber- und im Vorbachtal fig. Die Rarität kostet zwischen ca. schlug die Sorte scheinbar Wur- 4,90 und 5,40 Euro. Infos: Tel. 079 zeln. „Das Wellengebirge der Tau- 31-906 00, www.markelsheimer- Foto: Faber & Partner bergegend scheint ihr besonders wein.de Brombeeren, Heidelbeere, rote zuzusagen, anderswo gedeiht er Grütze und Mandeln können das Aroma der Sorte Tauberschwarz gar nicht“, heißt es in einer Schrift prägen. aus dem Jahr 1876. In einem 1930 erschienenen Weinlexikon ist da- gegen von Anpflanzungen auch in Böhmen und Kroatien die Rede.

Später-früher Eiswein Die knackigen Tiefsttemperaturen im Januar mach- ten noch in einer Reihe von Betrieben die Ernte von Eiswein möglich. Besonders erfolgreich waren die Fellbacher Weingärtner, die jeweils am 8. und 9. Ja- nuar 2009 in den frühen Morgenstunden aus- schwärmten. Auch die Württembergische Wein- königin Christl I. und der Vorstandsvorsitzende Herbert Aldinger gehörten zur dick vermummten Lesemannschaft. Eingebracht wurden aus dem Fellbacher Goldberg 250 Liter Riesling und 300 Liter Spätburgunder Weißherbst mit jeweils 185 Grad Öchsle sowie im Fellbacher Lämmler 150 Liter Riesling. Die 207 Grad Öchsle sind für die Fellbacher Rekord. Deklariert werden die Weine trotz der Ernte in 2009 als „Jahrgang 2008“.

45 r ü n d e

g Interview: Was im Keller abläuft e r t

H i n wahrheit im Wein

ein ist laut Lexikon ein „aus dem den Wein und er schmeckt bitter. Man darf au- W Traubensaft der Weinrebe durch al- ßerdem die Dauer der Maischegärung nicht koholische Gärung gewonnenes Getränk“. Wenn übertreiben, ansonsten hat man Gerbstoff im alles nur so einfach wäre. Schon die Traubener- Überschuss im fertigen Wein. Und die Maische- zeugung ist ein langwieriger, nicht selten durch gärung muss genau überwacht werden, damit die Witterung beeinträchtiger Prozess. Und der nicht zum Beispiel der Maischehut oben Saft wird nicht so einfach zu trinkbarem Wein, schwimmt und eventuell zur Quelle von Infek- sondern durchläuft einige Stationen, bis er tionen wird. Mit moderner Technik wird das schließlich klar in die Flasche gekommen ist heute in der Regel automatisch besorgt. und bald darauf den Genießern Freude schenkt. Bei der Maischeerhitzung geht alles viel schnel- Wir haben uns mit Edmund Diesler, dem für die ler. Je nach Erhitzungsgrad dauert es nur eine Produktion zuständigen Vorstandsmitglied der halbe Stunde bis einige Stunden. Die Tempera- Württembergischen Weingärtner-Zentralgenos- tur liegt dabei zwischen 60 und 80 Grad. Dieses senschaft (WZG) in Möglingen und Präsident Verfahren wird meist für Weine praktiziert, die des Bundes deutscher Önologen über Details betont fruchtig ausfallen und möglichst bald der Kellerwirtschaft unterhalten. trinkreif sein sollen. Betriebe, die größere Men- gen erzeugen, können ohne die Thermovinifi- Herr Diesler, es gibt eine Reihe von Begriffen, die zierung nicht auskommen. in Fachgesprächen durch die Gegend schwirren, mit denen aber die normalen Konsumenten we- Gelegentlich wird der Vorwurf gemacht, bei die- nig anzufangen wissen. Beispiel Maischegärung ser Technik kommen marmeladige Aromen zu- und Maischeerhitzung. Maische ist ein Gemisch stande … aus Beeren und Fruchtsaft, das wissen die meis- Das kann natürlich passieren. Aber es gibt viele ten. Aber was kann man unter den beiden Me- Konsumenten, die genau diese Duftstoffe bei thoden verstehen? einem Rotwein mögen. Ich persönlich befür- Ziel ist bei beiden Verfahren die Lösung der worte eine Kombination von beiden Techniken. Farbstoffe aus der Beerenhaut. Die Maischegä- Wir haben in unserem Betrieb auch größere und rung, die sich über mindestens eine Woche, aber große Partien zu verarbeiten. Aber wenn es ebenso einige Wochen erstrecken kann und die machbar ist, werden 15 bis 20 Prozent auf der auch dazu beiträgt, dass im Wein mehr Gerb- Maische vergoren. stoffe zu spüren sind, ist die eigentlich klas- sische Methode. Ich habe sie kennengelernt, als Mazeration ist in der Szene ein kleines Zauber- dafür noch offene Bottiche benutzt wurden. wort. Das Wort kommt vom Lateinischen „mace- Heute gibt es dafür auch geschlossene Tanks rare“ und steht für „Einweichen“. Ganz allge- und verschiedene technische Einrichtungen, mein wird darunter auch das Ausziehen von die diese Art der Gärung optimieren. Vor allem, Aromastoffen aus Früchten verstanden. Wie wenn hochwertige Weine angestrebt werden, schaut es beim Wein aus? kann man auf die Maischegärung kaum ver- Es gibt zwei Versionen. Die sogenannte Kaltma- zichten. Wichtig ist, dass die Trauben ausgereift zeration wird vorher praktiziert. Dabei wird die waren, sonst gelangen zu viel grüne Tannine in Maische in unserem Haus zwei bis drei Tage bei

46 Das „önologische Gewissen“ der großen WZG in Möglingen, Edmund Diesler, plaudert über Details der Kellerwirtschaft.

tet. In manchen Fällen, bei kleineren Partien, kann das zwar funktionieren. Aber man sollte keine neue Glaubenslehre daraus machen. Oft sind auch bei den Betrieben, die versichern, sie würden keine normalen Zuchthefen verwen- den, diese dennoch im Spiel, weil sie früher be- nutzt wurden und nach wie vor unsichtbar im Keller vorhanden sind. zwei bis vier Grad Plus stehen gelassen. Die al- koholische Gärung kann bei dieser Temperatur Aber gibt es nicht zu viele Reinzuchthefen? Be- nicht beginnen. Das bringt Vorteile bei der an- steht nicht die Gefahr, dass der Wein seine Indi- schließenden Maischegärung. Eine andere Be- vidualität verliert oder sich das Ausgangspro- zeichnung dafür ist Kryomazeration, abgeleitet dukt zu extrem verändert? vom griechischen Kryos, das bedeutet Kälte Es ist richtig, dass es jede Menge Reinzuchthe- oder Frost. fen für verschiedene Stil- und Zielrichtungen Die zweite Variante ist die Nachmazeration. gibt. Hier sind Weingärtner oder Kellermeister Wenn die Gärung beendet ist, wollen wir damit in der Verantwortung. Man muss genau überle- die Beerenhaut und Kerne noch etwas auslaugen gen, was man braucht. Ich bin zum Beispiel ein und lassen die beruhigte Maische noch einige absoluter Gegner von Hefen, die für vorlaute Tage, meist mindestens eine Woche, stehen. Fruchtaromen sorgen. In Möglingen arbeiten wir im Herbst mit maximal fünf Hefesorten für Noch häufiger als über die Mazeration wird mitt- Weißwein und fünf für Rotwein, obwohl es auf lerweile über die Spontangärung gesprochen. dem Markt ein viel größeres Angebot gäbe. Wir „Sponti“ ist fast ein Modewort geworden, mit wissen, was jeder Sorte besonders gut tut. So dem man sich in Weinfreundeskreisen interes- vergären wir zum Beispiel den Trollinger aus sant machen kann. Aber viele wissen nicht ge- der Erfahrung heraus mit einer Hefe, die übli- nau, was darunter zu verstehen ist oder interpre- cherweise für Weißwein eingesetzt wird. tieren diese Gärung völlig falsch. Was ist richtig? Stichwort Enzyme. Sie stehen im Visier mancher Spontangärung ist fast ein Reizwort und ein Weinkritiker, die behaupten, dass dieser Zusatz häufiges Streitwort unter Fachleuten. Ich muss dem Wein jede Individualität raubt und ihn sagen, dass ich zumindest für unseren großen künstlich duften lässt. Ihre Erfahrung? Betrieb wenig davon halte, bei der Gärung auf Enzyme, von denen es sehr unterschiedliche die üblichen Reinzuchthefen zu verzichten. Das Arten gibt, können helfen, die Trauben aufzu- Risiko, sich nur auf die Natur oder das, was viel- spalten, damit der Saft besser von der Presse ab- leicht im Keller herumschwirrt zu verlassen, ist laufen kann. Das ist der wichtigste Grund, wa- mir zu groß. Die Auffassung, dass durch die rum sie gelegentlich zugesetzt werden. Sie Spontangärung das Terroir eines Weinberges tragen dazu bei, dass sich nach der Gärung die besser zur Geltung kommt, wird oft überbewer- Trubstoffe besser absetzen und die Filtration

47 Bei der heutigen Ausstattung von

r ü n d e Weinkellern kommt es zwar g entscheidend auf das Material an. e r t Aber Architekten haben zunehmend ein Mitspracherecht, damit auch die H i n die Optik stimmt.

am Ende einfacher wird. Enzyme sind ganz na- türlich vorhanden. Gelegentlich muss man et- was nachhelfen. Aber Standard ist das nicht.

In den letzten Jahren wird häufig über die Vorzü- ge des Lagers auf der Feinhefe geschwärmt, wäh- rend man früher froh war, bald einen blanken Wein in die Flasche zu bekommen. Was bringt dieser Verbleib des Weines auf den Heferesten nach Beendigung der Gärung? Bei den weißen Burgundersorten und beim Riesling sicherlich eine ganze Menge. Mit Hilfe dieser Schwebehefe findet im jungen Wein ein starker Austausch statt. Die Weine werden oft cremiger, fülliger, sogar länger haltbarer und mit eine Alternative für die Mostanreicherung letztlich qualitativ wertvoller. Nur muss man mit Zucker zur Steigerung des Alkohols haben. regelmäßig und kritisch verkosten, damit nicht Wissen sollte man, dass die Konzentration nur plötzlich die Hefe für negative Reaktionen sorgt sinnvoll bei gutem Ausgangsmaterial ist und und alles zerfällt. nur beim Most, nicht beim fertigen Wein prakti- ziert wird. Unter 90 Grad Öchsle ist diese Tech- Vor einigen Jahren kamen neue Techniken auf. nik sinnlos, weil zugleich negative Geschmacks- Die Konzentration von Wein, die in einigen Staa- stoffe konzentriert werden. Die Konzentration ten auch in Europa und sogar in noblen Borde- ist zudem teurer als die Anreicherung. Man laier Châteaux schon in den neunziger Jahren braucht die nötige Technik und Energie. Wein- vorgenommen wurde, betrachtete man in rechtlich ist die Absicht, das Verfahren in der Deutschland etwas kritisch, weil allzu tech- Weinbereitung einzusetzen vor der Ernte anzu- nisch. Die Vakuumverdampfung und Umkehros- melden und anschließend die Anwendung mose sind heute kein großes Diskussionsthema schriftlich zu dokumentieren. mehr. Wie sieht das in der Praxis aus? Wir haben natürlich auch in Deutschland Be- Eine mehr oder weniger deutliche Veränderung triebe, die damit arbeiten, dass dem Wein et- im Wein passiert beim Biologischen Säureabbau, was Wasser – ohnehin der Hauptanteil der In- auch Malolaktische Gärung oder kurz „Malo“ ge- haltsstoffe – entzogen wird und er damit nannt. Was geschieht da eigentlich im Detail? dichter, kräftiger wird. Das ist wie bei einer Der BSA, so wie er noch als Kürzel bezeichnet Sauce, die merklich reduziert wird. Unter den wird, hat die Aufgabe, die spitze, grüne Äpfel- Erzeugern, die mit Mostkonzentration arbei- säure, die in Jahren mit nicht ganz optimaler ten, finden sich namhafte Winzer und Wein- Ausreifung vorkommt, in die weiche Milchsäu- gärtner. In unserem Haus sind wir für solche re umzuwandeln. Zusätzlich entsteht noch et- Erzeuger mit unserer Vakuumverdampfungs- was natürliche Kohlensäure. Verursacht wird anlage sogar Dienstleister. Ein wichtiges Prin- der BSA durch Bakterien, die meist schon na- zip der Konzentrationstechnik ist, dass wir da- türlich im Keller vorhanden sind.

48 den Verschnitt regeln. Bei größeren Mengen wird der Wein außerdem, um Weinstein auszu- fällen, mit Kälte behandelt. Dabei wird eben- falls die Säure etwas verringert. Die früher oft praktizierte Entsäuerung mit kohlensaurem Kalk wird nur mehr selten angewandt. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, mit fruchtiger Süße gegenzusteuern. Ich lasse dem Wein lieber seine natürliche Säure und gebe et- was Süßreserve vor der Abfüllung zu.

Ein merkwürdiges Wort für nicht Eingeweihte. Was darf man unter Süßreserve verstehen? Das ist nichts anderes als unvergorener Trau- benmost, der steril filtriert und dann eingela- gert wird. Ein paar Gramm pro Liter tun auch trockenen Weinen gut. Zugesetzt wird vor der Abfüllung. Vor allem Riesling, Silvaner und auch Gewürztraminer sowie rote Sorten mit kräftigem Gerbstoff können von diesem fruch- tigen Most profitieren, also zum Beispiel Dorn- felder, Lemberger, Acolon und die neuen Caber- net-Züchtungen. Wichtig ist immer die Feinabstimmung. Süßre- serve sollte man nicht nach einem vorgegebenen Schema zusetzen, sondern sich individuell durchs Probieren an die richtige Dosis herantas- Experte Diesler: „Eine zu hohe Säure im Wein ist heute ten. kein Thema mehr.“

Die Süße im Wein kann auch anders entstehen. Man muss im Übrigen eine Trennung vorneh- Höhere Prädikate wie Auslesen, Beerenauslesen, men zwischen Weinen, die für den Säureabbau Eisweine und Trockenbeerenauslesen enthalten vorgesehen sind und solchen, bei denen er nicht von Natur aus so viel Zucker, dass dieser nicht passieren soll. Zum Beispiel beim Riesling, der oder nur in Ausnahmefällen ganz vergären seine typische Struktur von einem anregenden kann. Und natürlich lässt sich die Süße auch Säurespiel und einem meist ohnehin hohen An- durch eine spezielle Gärführung erhalten … teil an reifer Weinsäure bekommt. Bei Rotwei- Das ist richtig. Was gemacht wird, hängt von den nen ist der Biologische Säureabbau praktische Vorlieben des Produzenten und seinen tech- Standard, bei Weißweinen kommt er vor allem nischen Möglichkeiten ab. Man kann durch eine bei der Burgunderfamilie zur Anwendung. Unterbrechung der Gärung mit Kühlung Restsü- Weine, die eine „Malo“ durchmachen, müssen ße erhalten. Das ist bei den heutigen temperatur- ständig kontrolliert werden, damit der Säureab- kontrollierten Stahltanks kein Problem mehr. bau nicht zu sehr durchrauscht und sich am Einen Unterschied gibt es bei der Zuckerzusam- Ende Aromen wie ein Sauerkrautduft, Joghurt mensetzung. Bei Süßreserve kommt Glucose in oder verbrannter Gummi entwickeln. den Wein, die für Diabetiker eher problematisch ist. Bei der Gärungsunterbrechung handelt es Was gibt es außer dem Biologischen Säureabbau sich um die verträglichere Fructose. So verur- noch für Möglichkeiten, eine etwas zu hohe Säu- sacht zum Beispiel eine fruchtige Spätlese, ich re zu mildern? nenne mal als Hausnummer mit 30 Gramm Rest- Erstens muss man sagen, dass das eher ein Pro- zucker, keine Probleme – wenn man nicht blem früherer Zeiten war, als es in einem Jahr- zu viel davon trinkt. zehnt durchaus drei, vier schwächere Jahrgänge gab. In den letzten zehn Jahren war zu hohe Fortsetzung folgt: In der nächsten Ausgabe im Juni Säure in der Kellerwirtschaft kaum mehr ein berichten wir über den Einsatz von traditionellen Holzfässern, Thema. Und wenn, dann lässt sich das gut über kleinen Barriques, merkwürdige Aromen und die Zusatzstoffe.

49 Impressum Glückliche Leser e w s dem sich zahlreiche Leser gemeldet N Verschenkter Humor Herausgeber und 20 Exemplare des Cartoon-Katalogs mit hatten, entschied man bei der Württem- verantwortlich für den Inhalt dem Thema Wein haben wir unter zahl- bergischen Weingärtnerzentralgenos- reichen Einsendungen ausgelost. Die senschaft, das Kontingent auf 25 Pakete Werbegemeinschaft Württem- glücklichen Gewinner sind: zu erhöhen, damit mehr in den Genuss bergischer Weingärtnergenos- • Gerhard Dresselhaus, Oldenburg eines Schillerweins kommen. Hier dieje- senschaften • Jürgen Fink, Illingen nigen, die sich gewiss über die Sendung Raiffeisenstraße 6 gefreut haben: • Theo Fink, Vaihingen-Ensingen 71696 Möglingen • Horst Bernau, Erzhausen • Simone Gnegel, Hohenkammer Tel. 0 71 41–2 44 60 • Matthias Gunzenhauser, Ellwangen • Gunther Bischoff, Ditzingen • Werner Bischoff, Biberach Fax 0 71 41–24 46 20 Praxis und • Klaus Hambrecht, Kiedrich • Henning Homann, Hamburg • Udo Brumme, Michelbach/Bilz • Dietmar Jentzsch, Bietigheim- • Herbert Danne, Eislingen Redaktion Bissingen • Ingeborg Erb, Stuttgart Rudolf Knoll • Wolfgang Förch, Untereisenheim • Susanne Kamptmann, Steinen Zur Kalluzen 8 • Günter Mair, Leonberg • Roland Frisch, Herzogenaurach • Doris Füger, Korb 92421 Schwandorf • Gisela Maruschak, Nerresheim Tel. 0 94 31–12 28 • Marga Merkle, Baindt • Dr. Gerhard Götz, Obersulm Fax 0 94 31–12 72 • Ute Pauli, Oldenburg • Artur Götzel, Schwaikheim • Elke Gueinzius, Leonberg • Andreas Schmid, Remshalden [email protected] • Georg Hasenbach, Krefeld • Max Stiefel, Tamm • Susanne Helbach-Grosser, Schwä- • Claus Thurm, Weissach-Flacht Mitarbeiter dieser Ausgabe bisch-Gmünd • Beate Uhl, Ellwangen Text • Rudi Hopp, Schwaigern • Dieter Ulmer, Auenwald • Evelyn Lauder, Berlin Ute Böttinger, Neuenstein • Christa Weiß, Schwaigern • Susanne Kamptmann, Steinen Sonja Henning, Ludwigsburg • Roman Zwetkow, Norderstedt • Günther Kischel, Kornwestheim Petra Klein, Stuttgart • Günter Mair, Leonberg Marlisa Szwillus, München Mit Schiller zum Wein • Urban Mayer, Burladingen-Melchingen Andreas Braun, Stuttgart Eigentlich hatten wir nur 10 kleine Wein- • Sabine Nüsch, Sachsenheim Fotos pakete ausgesetzt, um diejenigen zu be- • Sue Rappe, Heilbronn lobigen, die besonders schnell auf unsere • Manfred Schreiner, Tübingen Jana Kay, Wiesbaden Frage, welcher Wein mit einem be- • Ortwin Siller, Obersulm Margarethe Pfander, Fellbach stimmten Dichter-Jahr in 2009 vom Na- • Claus Thurm, Weissach-Flacht Roland Bauer, Braunsbach men her zusammenhängt. Aber nach- • Rainer Weigel, Stuttgart Faber & Partner, Düsseldorf Wolfgang Fischer, Heilbronn Food-Zentrale, Hamburg Axel Mauruszat, Berlin Stadtverwaltung Marbach Werner M. Schaal, Rudersberg Wolfgang Schmidt, Ammerbuch

Layout & Grafik Krea Tec im Landwirtschafts- verlag GmbH Hülsebrockstr. 2–8 Rebblüte im Juni 48165 Münster

Vorschau Grafische Konzeption brandplatform GmbH Die nächste Ausgabe des Württemberger erscheint im Juni 2009. Kalkofenstr. 51 Folgende Themen werden (unter anderem) für Sie vorbereitet: 71083 Herrenberg • Im Test: Rosé-Weine, Schillerweine und prickelnde Secco Tel. 0 70 32–93 20 • Sommerliche Küche und die Rezepte dazu www.brandplatform.de • Petra geht wieder aus • Küfer – ein spannender Beruf Druck • Zur Lage: Cannstatter Zuckerle ist nicht automatisch süß LV-Druck GmbH & Co. KG • Verjus: Unreife Trauben und ihr besonderer Saft Hülsebrockstr. 2 • Porträt: Der Weingärtner, der auch Mediziner ist 48165 Münster

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