Z 8398 CX Informationsdienst der Christlich Demokratischen Union Deutschlands Union in Deutschland Bonn, den 15. März 1979

• SICHERHEITS- Sicherheit DEBATTE Die Widersprüche bleiben, Herr Bundeskanzler! Seite 2 vor Abrüstung Aus dem Entschließungsantrag der CDU/CSU Seite 5 Aus dem Protokoll: Die große sicherheitspolitische Debatte im Von Fairneß keine Spur! Seite 7 Deutschen in der vorigen Woche Pressestimmen Seite 8 (8./9. März), hat keine Klarheit darüber gebracht, welchen Kurs die Bundesregierung • INFORMATION in den unlöslich verbundenen Fragen Das europäische Währungssystem Sicherheit und Abrüstung nun wirklich steuert. muß sich erst noch bewähren. Seite 9 Bundeskanzler Schmidt blieb die Antwort schuldig. rief dem Bundes- • FAMILIE kanzler zu: CDU fordert stufenweise Einführung eines Familiengeldes Sie, Herr Bundeskanzler, verlangen „Festigkeit der Seite 11 Regierung und Zivilcourage der Regierenden", um • CDU-FRAUEN die innenpolitischen Konflikte um unseren Verteidi- Zukunft in Freiheit / Bericht vom gungsbeitrag „ohne Schaden für unsere äußere Essener Kongreß Seite 13 Sicherheit zu bewältigen". In der augenblicklichen Diskussion bestand Ihre Zivilcourage nur darin, • ZUR SACHE allen Seiten Recht zu geben: Sie haben Herrn Wehners Rohrkrepierer Seite 15 Genscher für seine Arbeit gedankt und sich mit Herrn Wehner einig erklärt, obwohl die Wider- sprüche zwischen beiden Positionen offensichtlich • DOKUMENTATION sind, und die Haltung der Bundesregierung un- Die Regierung gewöhnt sich an Millionenarbeitslosigkeit klar ist. grüner Teil Wir halten eine Politik, die der Sicherheit und der Abrüstung die gleiche Priorität einräumt, für falsch. • EUROPA Für die CDU/CSU geht Sicherheit vor Abrüstung. Deutsche wählt das freie und Dient die Abrüstung der Sicherheit, müssen wir soziale Europa — gegen ein sozialistisches Europa abrüsten. blauer Teil UiD 11-15. März 1979 • Seite 2

• SICHERHEITSDEBATTE IM BUNDESTAG Helmut Kohl: Die Widersprüche bleiben, Herr Bundeskanzler!

In der Abrüstungsdebatte im sich in einer anderen sicherheitspoliti- Deutschen Bundestag erklärte schen Ausgangsposition. Helmut Kohl u. a.: Für uns heißt das: O Es ist die Aufgabe aller Allianzmit- — Wir entlassen die Vereinigten Staa- glieder, die sicherheitspolitische Lage ten nicht aus ihrer Verantwortung für — und zwar politisch und militärisch — den atomaren Schutz Europas. gemeinsam so zu analysieren, daß so- — Wir müssen dann aber bereit sein, wohl die Allianz wie ihre Führungs- getroffene Entscheidungen mitzutragen macht in ihrem jeweiligen Verantwor- und auf unserem Territorium auszufüh- tungsbereich die notwendigen Ent- ren. scheidungen treffen können und daß © Die Bundesrepublik Deutschland anschließend diese Beschlüsse die Un- muß im Rahmen ihrer Möglichkeiten, im terstützung aller finden können. Rahmen der europäischen politischen © Eine Entscheidung der amerikani- Zusammenarbeit und im Rahmen der schen Regierung für den Bau bestimm- westlichen Allianz und der internationa- ter nuklearer Waffen darf nicht im An- len Organisationen ihren Beitrag zur schluß daran an der Frage ihrer Dislo- Aufrechterhaltung des Friedens und der zierung scheitern. Sicherheit in Europa weltweit verstärkt © Die Bundesrepublik Deutschland leisten. bestimmt über ihre Sicherheitsbedürf- Sie, Herr Bundeskanzler, haben in Ih- nisse selbst. Angesichts der Teilung rem bereits zitierten Buch geschrieben: Deutschlands, der Lage West-Berlins, „Je erfolgreicher die Weltpolitik der angesichts unserer geopolitischen zen- USA sich ausnimmt, um so mehr sind tralen Lage in Europa und unseres frei- die Europäer bereit, die amerikani- willigen Verzichts auf atomare Rüstung sche Führungsrolle zu akzeptieren. befinden wir uns in einer besonderen Je mehr diese aber Rückschläge, Ge- Sicherheitslage. fahren und innere Sicherheit erken- nen läßt, um so mehr verliert sie in Wir müssen deshalb unsere eigenen Europa an Vertrauen und Zustim- Interessen im Bündnis wahrnehmen. mung." (S. 196) Wir können uns weder hinter dem brei- Herr Bundeskanzler, der Erfolg oder ten Rücken der Amerikaner verstecken, Mißerfolg amerikanischer Weltpolitik ist noch können wir uns mit der Haltung häufig genug auch vom Verhalten der unserer europäischen Nachbarn, wie amerikanischen Verbündeten, also z. B. der Niederlande, Belgiens oder auch von uns in der Bundesrepublik Dänemarks herausreden. Sie befinden Deutschland, abhängig. UiD 11-15. März 1979 • Seite 3

Ich frage Sie: teidigung nicht zu vernachlässigen". Was war denn die deutsche Politik bzw. (S. 246) der Beitrag der Westeuropäer beim Ab- Auch das sind Ihre Worte, Herr Bundes- lauf der Geschehnisse im Iran? kanzler. Ich zitiere Sie deshalb immer Was unternimmt denn die Bundesregie- wieder aus Ihrem Buch, weil Sie ja erst rung, um die Friedensbemühungen des in diesen Tagen erklärt haben, daß Sie amerikanischen Präsidenten im Nahen von Ihren dort geäußerten Auffassun- Osten zu unterstützen? Wenn Präsident gen nichts zurückzunehmen haben. Carter scheitert, dann können doch Ich zitiere Sie aber auch deshalb, weil morgen schon auch zentrale Interessen auf diese Weise immer wieder deutlich von uns mitbetroffen sein. wird, wie wenig Sie in der Lage sind, Ihre Auffassungen in Ihrer eigenen Par- Sind es nicht häufig genug führende tei durchzusetzen. Mitglieder Ihrer Partei und Ihrer Regie- Herr Wehner „bestreitet das, als ob rung, die wie im Falle der Neutronen- von der Sowjetunion nur etwas dro- waffe innenpolitisch Kampagnen anfüh- he. Das, was sie hat, ist defensiv und ren, die geeignet sind, den Anti-Ameri- nicht Aggression". (WDR, 3. Februar kanismus zu schüren, die inneramerika- 1979) nische Diskussion zu erschweren und Herr Genscher erklärt: der Sowjetunion als politischem Gegner „Wir unterstellen der gegenwärtigen Munition gegen Washington frei Haus sowjetischen Führung nicht die Ab- liefern? sicht eines militärischen Angriffs auf Sie selbst, Herr Bundeskanzler, haben Westeuropa. doch darauf hingewiesen, welch ein Aber es ist evident, daß ihre militäri- „kompliziertes, interdependentes Sy- schen Kräfte über das für die Vertei- stem" die Sicherheitspolitik in der digung Notwendige hinausgehen. In der Bundesrepublik Deutschland dar- politischen Wirkung muß man zwischen stellt, so daß man sie weder allein möglichen Absichten und tatsächlichen den Militärs noch „gutwilligen Ideali- Fähigkeiten zu unterscheiden wissen." sten" überlassen dürfe. (S. 246) Herr Wehner sagt: Ich füge hinzu: man darf sie auch nicht Mit der Stationierung nuklearer Mit- den Ideologen in Ihrer Partei oder sol- telstreckenraketen in der Bundesre- chen Politikern überlassen, die wie Herr publik Deutschland „wäre ein ent- Wehner daraus nur geeignete Wahl- scheidender Teil der Bemühungen ... kampfmunition gewinnen wollen — vertraglicher Sicherung nicht nur an- nach dem Motto: Die einen sind für den geknackst, sondern könnte zerbre- Frieden und deshalb für die Abrüstung, chen ... In wessen Interesse kann die anderen glauben nicht an die Harm- das liegen, daß hier im Herzen Euro- losigkeit der sowjetischen Rüstung und pas auch noch ein ganz akuter Kri- senherd entsteht?" (WDR, 3. Februar gefährden den Frieden. 1979) Dieser Stil von Politik ist es doch, Herr Herr Genscher erklärt: Bundeskanzler, der immer dann zu den „innenpolitischen Konflikten" führt, „Verteidigungsanstrengungen, die sich ausschließlich an der Verteidi- wenn es darum geht, gungsfähigkeit orientieren und keine „unseren eigenen Beitrag zur ge- Überlegenheit anstreben, sind nicht meinsamen Abschreckung und Ver- entspannungsfeindlich. Die Entspan- UiD 11-15. März 1979 • Seite 4

nung würde im Gegenteil gefährdet, Klarheit bei, wenn er dem Außenmini- wenn Verteidigungsfähigkeit und Ver- ster dankt und gleichzeitig die völlige teidigungswille nachließen." (Bulle- Übereinstimmung mit Herrn Wehner tin, 20. Februar 1979) betont. Herr Wehner sagt: Letzteres brachte dem Herrn Bundes- „Die westlichen Vorschläge bei kanzler allerdings mehrfach die Bestä- den Wiener Truppenreduzierungsver- gigung seiner militär- und sicherheits- handlungen sind unzureichend, weil es vorwiegend Expertengespräche politischen Expertenschaft durch Herrn sind, in denen vorwiegend, wenn Wehner ein. Herr Kollege Wehner, Sie nicht gar ausschließlich Daten ausge- waren sich einer positiven Einschät- tauscht und gegeneinander gestellt zung Ihrer Äußerungen durch den werden." (WDR, 3. Februar 1979) Herrn Bundeskanzler so sicher, daß Sie Herr Genscher erklärt: diese Belobigung nicht häufig genug „Die Datendiskussion dient dazu, das wiederholen konnten. Ziel der Parität in die Wirklichkeit Es sind die Koalitionsparteien, die drau- umzusetzen ... Versäumt man das, so wäre dies kein guter Boden, auf ßen in der NATO, in den Vereinigten dem Entspannung gedeihen kann." Staaten von Amerika für die entstande- (Bulletin, 20. Februar 1979) nen Unsicherheiten über den deutschen Herr Wehner sagt: Weg in der Außen- und Sicherheitspoli- tik verantwortlich sind. Es zeugt dann „Die Bundesrepublik Deutschland ist der bremsende Faktor. Das sagen so- allerdings von wenig Mut, wenn der wohl Amerikaner als auch — komi- Außenminister die Position seines eige- scherweise — Briten, und auch ande- nen Hauses mit der Begründung klar- re, fch weiß, wo die Schwachstelle stellen läßt, der westdeutschen Präsentation der daß „von östlicher Seite in Wien" an Außenpolitik liegt, ich kenne die Me- der Verhandlungsführung der deut- thoden des Außenministers Genscher schen Delegation „öffentlich Kritik und bin nicht damit einverstanden." geübt" worden sei. (Bulletin, 14. Fe- (NRC-Handelsblad, 3. Februar 1979) bruar 1979) Herr Genscher erklärt: Aber warum sollten die Kollegen von „Die Außenpolitik der Bundesrepu- der FDP die Probleme beim Namen blik Deutschland findet in West und nennen, wenn dies selbst der Bundes- Ost eine positive Würdigung." (Bulle- tin, 20. Februar 1979) kanzler nicht tut? Lieber vernebelt man mit. Mit Recht fügt Kollege Genscher hinzu: „Es dürfen weder im Westen noch im Herr Bundeskanzler, hätten Sie doch Osten Unsicherheiten über die einmal in diesen Tagen ihre Worte von Grundziele unserer Außenpolitik auf- 1969 öffentlich wiederholt. Ich darf das kommen." für Sie an die Adresse von Herrn Weh- Aber meine Damen und Herren von ner tun. Sie sagten damals: der FDP, es ist doch Ihr Koalitions- „Wer in der heutigen Lage Illusionen partner, der für diese Unsicherheit verbreitet und meint, er könne Si- sorgt; es sind Herr Wehner, Herr cherheit und Bündnis klein schrei- Bahr, Herr Brandt, Herr Ehmke, die ben, wenn er nur Entspannung groß Ihre Politik in Frage stellen. Und der schriebe, könnte gleichfalls unsere Bundeskanzler trägt nicht zu mehr Freundschaften und Bündnisbindun- UiD 11-15. März 1979 • Seite 5

Das fordert die CDU/CSU Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf: In ihrer Sicherheits- politik gemeinsam mit den Verbündeten eine ausgewogene Kombination von notwendiger Verteidigungsvorsorge und möglicher Rüstungsbegrenzung anzu- streben, um bestehende oder drohende Ungleichgewichte im militärischen Kräfteverhältnis auszugleichen. Insbesondere dafür zu sorgen, — daß umgehend die notwendigen Entscheidungen zur Entwicklung, Produk- tion und Stationierung von Mittelstreckenwaffen (z. B. Pershing-Il-Raketen, Cruise missiles) getroffen werden, um die Abschreckungsfähigkeit der NATO in Europa glaubwürdig zu erhalten; — daß die im „Langfristigen Verteidigungsprogramm" der NATO vorgesehene Nachrüstung und Modernisierung im konventionellen und taktisch-nuklearen Verteidigungspotential der NATO ohne Zögern durchgeführt wird; — daß über Produktion und Stationierung der für die Abwehr östlicher Panzer- überlegenheit besonders erforderlichen ,,Neutronenwaffe" entschieden wird. Bei den MBFR-Verhandlungen — ohne selbstgesetzten Zeitdruck und ohne weitere westliche Vorleistungen weiterzuverhandeln; — dabei die gemeinsamen Verhandlungsziele der NATO unbeirrt und unver- fälscht aufrechtzuerhalten; — insbesondere sich jeder Form der Festschreibung der sowjetischen Überle- genheit im Reduzierungsraum zu widersetzen und jeglichem sowjetischen Mitspracherecht über die Stärke der Bundeswehr und einem daraus folgenden militärischen und politischen Sonderstatus der Bundesrepublik Deutschland entgegenzuwirken.

gen aufs Spiel setzen — ohne irgend das östliche — wie jetzt wieder in Un- etwas zu gewinnen ... garn die deutsche und westliche Ver- Wer sich selbst in das Ansehen handlungsführung in Wien zu bemäkeln. bringt, bei längerem Hinhalten billi- Er hat auch diesmal für seine kommu- ger zu werden, kann nicht erwarten, nistischen Gesprächspartner „großes daß seine Positionen überhaupt ernst Verständnis" gehabt (DLF, 1. März genommen werden." (S. 231) 1979). Wir hätten uns gewünscht, Herr Bundes- Herr Bundeskanzler, hier geht es um kanzler, daß Sie sich an diese Maximen mehr als nur um einige Mißverständnis- politischen Handelns in der gegenwärti- se oder unterschiedliche Akzentset- zungen. gen Situation wieder erinnern würden. Aber es ist nicht zu spät. Herr Wehner Hier geht es um Grundsatzentscheidun- hat sein öffentliches Spiel noch nicht gen unserer Außen- und Sicherheitspo- litik. beendet. Er hat sich auch diesmal nicht von seinem Talent abbringen lassen, Es geht erstens um das Verhältnis von gerade im Ausland — und es ist immer Sicherheit und Abrüstung. UiD 11-15. März 1979 • Seite 6

Es geht zweitens um das Verhältnis von der Breschnew-Doktrin vorbereitet" Sicherheit und Entspannung. (S. 50) CDU/CSU sind immer für eine Politik So . der Rüstungskontrolle und Abrüstung „Die eigene Strategie muß ein irratio- eingetreten. Das Ausmaß der weltwei- nales Handeln des Gegners als mög- ten Aufrüstung ist erschreckend und lich in Rechnung stellen." (S. 65.) angesichts von Millionen hungernden So Helmut Schmidt. Menschen ein Skandal. „Der Verteidiger darf sich nicht nur Für die CDU/CSU gibt es deshalb klare auf die gegenwärtig von ihm analy- Kriterien für eine Politik der Rüstungs- sierten Absichten des Gegners stüt- zen bei der Bemessung seiner kontrolle und Abrüstung. eigenen Verteidigungsanstrengungen, 1. Sie muß dem Frieden dienen; sondern er muß auch die zukünftigen Möglichkeiten oder Fähigkeiten des 2. sie darf eine Politik der Androhung, Gegners in seine Kalkulation einbe- Anwendung oder Manifestation von Ge- ziehen." (S. 117) walt nicht ermutigen; So Helmut Schmidt. 3. sie muß Gleichgewicht und Stabilität Diese Zitate zeichnen in eindrucksvol- global und regional wahren und wenn ler Weise unsere Bedenken nach. Nur dieses gestört ist, wiederherstellen. sind wir jetzt nicht mehr sicher, Herr Ich habe schon einmal gesagt, es geht Bundeskanzler, ob Sie diese Überzeu- uns nicht darum, unsererseits das Ge- gung noch haben und wenn dies so ist, genteil zu beweisen und der Sowjet- ob Sie sie in Ihrer Partei auch durchset- union aktuelle Kriegsabsichten zu un- zen können. terstellen. Ihre Durchsetzungskraft in Ihren eige- Um was es uns geht, will ich ebenfalls, nen Reihen — auch gegenüber Ihrem wie Herr Wehner, mit Zitaten dokumen- Parteifreund Wehner — ist das Krite- tieren: rium, an dem Sie sich politisch messen lassen müssen. „Der Einmarsch in die CSSR hat Westeuropa ... menschlich erschüt- Die grundlegenden Meinungsverschie- tert" und „auch die Besorgnis vor denheiten zwischen der SPD und uns einer aggressiven Sowjetunion erneut beginnen also nicht erst bei der Frage, hervortreten lassen. Die völlig irrige was ist jetzt zu tun, sondern bereits bei sowjetische Erwartung der Reaktion der Beurteilung des sowjetischen Rü- bei den Völkern der CSSR muß eine stungspotentials, bei der Beurteilung Wiederholung sowjetischer Beurtei- der Orientierung sowjetischer Politik lungs- und Führungsfehler in anderen und der zukünftigen Entwicklung in der Zusammenhängen als möglich er- scheinen lassen." (S. 48) Sowjetunion. Die gegenwärtige Führungsgruppe im So Helmut Schmidt. Kreml ist aufgrund ihrer Erfahrungen „Wenn die Direktionslosigkeit im We- gegenüber den Gefahren eines Drit- sten andauern sollte, .. .so könnte die bisherige Bewahrungs- und Kon- ten Weltkrieges risikobewußt. Wir solidierungsstrategie der Sowjet- wissen nicht, ob dies auch bei den union sich sogar in eine Expansions- Sowjetführern der Fall sein wird, die strategie zurückverwandeln — ein in absehbarer Zeit an ihre Stelle tre- ideologischer Boden dafür ist in ten werden. Der Westen sollte sich UiD 11-15. März 1979 • Seite 7

Aus dem Protokoll: Von Fairneß keine Spur Vizepräsident Frau Renger: Als letzter gemeldeter Redner hat Herr Abgeordne- ter Dr. Dregger das Wort. Dr. Dregger (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer nun schon etwa vier Stunden andauernden Debatte ist bisher ein einziger Sprecher der Opposition zu Wort gekommen; ich bin der zweite. (Dr. Marx [CDU/CSU]: So sind die Fairneßhaltungen!) Meine Damen und Herren, in diesem Hause stehen sich die Regierung und zwei Regierungsfraktionen auf der einen Seite und die stärkste Fraktion dieses Hauses auf der anderen Seite gegenüber. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich frage Sie, ob es demokratischem Stil entspricht und ihrem Gefühl für Fairneß, wenn der Bundeskanzler sein Rederecht, das ihm formal selbstver- ständlich unbegrenzt zur Verfügung steht, dazu mißbraucht, von den vier Stunden allein zwei Stunden für sich selbst in Anspruch zu nehmen. (Beifall bei der CDU/CSU) Es wäre eine Unterschätzung Ihrer Qualitäten, Herr Bundeskanzler, wenn man glauben müßte, Sie seien nicht in der Lage, Ihre Gedanken zusammenzufassen und das, was zu diesem Thema zu sagen ist, in einer Stunde darzulegen. Was Sie gemacht haben, war Filibustern und nichts anderes. (Beifall bei der CDU/CSU) Es kommt hinzu, daß Sie die anstehenden Fragen des Bündnisses, die Fragen, die wir aufgeworfen haben, die Fragen insbesondere die der Herr Wehner in Ungarn und anderswo aufgeworfen hat, überhaupt nicht beantwortet haben. Sie haben heute ein Seminar über Verteidigungslehre und Entspannungslehre gehalten, das sicherlich in Passagen ganz interessant gewesen ist. Ihrer Aufgabe als Kanzler sind Sie in dieser wichtigen Frage in der Sicherheits- und Abrüstungsdebatte des Deutschen Bundestages unserer Auffassung nach nicht gerecht geworden.

hüten, durch eine Beschwichtigungs- sondern multilateral im Rahmen der politik zu einer Verminderung dieses westlichen Allianz und innerhalb der Risikobedürfnisses beizutragen. europäischen politischen Zusammenar- beit zu betreiben. Gerade, weil wir verhindern wollen, daß die Bundesrepublik Deutschland in den Jeder Versuch, das Bündnis in seiner Verdacht gerät, in Westeuropa eine Bedeutung zu schwächen, die Bin- neue Hegemonie anzustreben, fordern dungen zu den Vereinigten Staaten wir die Bundesregierung auf, die Ent- von Amerika zu lockern, um ein Son- spannungspolitik und ihre Bemühungen derverhältnis mit der Sowjetunion zu um Rüstungskontrolle und Abrüstung schaffen, wird auf unseren entschie- nicht zweiseitig mit der Sowjetunion, denen Widerstand stoßen. UiD 11-15. März 1979 • Seite 8 Und das schreibt die Presse

Am Donnerstag haben wir im Bundes- Destabilisierung des Westens und zur tag einen neuen Helmut Kohl erlebt. Tarnung ihrer Aufrüstung zu mißbrau- Schlagfertig, witzig, gelassen. Die spon- chen, fördert sie eine Politik der Span- tane Zustimmung der Deutschen zu sei- nungen." Dieser Satz in Oppositonsfüh- ner Fernsehschlacht in den Niederlan- rer Helmut Kohls beachtlicher Bundes* den scheint ihn ermutigt zu haben. tagsrede zur Abrüstung beschreibt in Auch die einmütige Nominierung von erster Linie gar nicht mehr das proble- Carstens zeigt ihre Wirkung. matische Kräfteverhältnis zwischen Kohl fertigte Wehner souverän ab und Bundesrepublik und Sowjetunion, zwi- brachte den Bundeskanzler in arge Ver- schen West und Ost. Die Worte markie- legenheit, als er Wehner und Genscher ren den einen Teil eines zunehmend zum Thema Abrüstung zitierte und hin- unversöhnlichen „Glaubenskrieges" zufügte, daß Schmidt das Kunststück zwischen CDU/CSU und SPD/FDP über fertigbringe, beiden recht zu geben. die Verteidigungspolitik. Münchner Merkur, 9. 3.1979 Kölnische Rundschau, 9. 3.1979

Der erste Tag der Abrüstungsdebatte Lambsdorffs Rede bewies, daß es nicht war der Tag der Opposition. Und das nur im Bereich der Wirtschaft, sondern nutzte Helmut Kohl. Voller Sachkennt- auch der Sicherheitspolitik zwischen nis deutete er dann die Sicherheitspoli- Opposition und Liberalen einen größe- tik seiner Partei. Witzig, ironisch, zahl- ren Vorrat an Gemeinsamkeiten gibt als lose sich widersprechende Zitate der mit dem sozialdemokratischen Koali- Koalition genüßlich vorlesend, warf tionspartner, der nach Wehners Pau- Kohl dem Kanzler Führungsschwäche kenschlägen von einer heillosen Verwir- in der Verfolgung der Sicherheitspolitik rung befallen ist. In dieser Wunde, den vor. sicherheitspolitischen Widersprüchen Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. 3. 1979 der SPD, bohrt der CDU-Vorsitzende Kohl, der gestern einen guten Tag Mit so viel Beifall wie in der Abrü- hatte. stungsdebatte ist Helmut Kohl von sei- General-Anzeiger, Bonn, 9. 3. 1979 ner Fraktion schon lange nicht mehr verwöhnt worden. Das war nicht nur Mit seinen Ausfällen gegen Helmut Kohl Rückenstärkung nach einem Wortwech- und seinen mehrmaligen Hinweisen, er sel zwischen dem Oppositionsführer habe das Problem, das der Mann aus und der amtierenden Präsidentin Anne- Rheinland-Pfalz plötzlich als dringlich marie Renger, sondern auch Anerken- ansehe, schon vor zehn Jahren erkannt, nung, daß er eine gut aufgebaute Rede hat Schmidt allerdings die Selbstein- hielt. schätzung fast zur Karikatur überhöht. Süddeutsche Zeitung, 9. 3. 1979 Ein Politiker von den Fähigkeiten des Bundeskanzlers sollte sich von Über- „Wenn die Sowjetunion fortfährt, die Ent- heblichkeit freimachen können. spannungspolitik als ein Instrument zur Süddeutsche Zeltung, 10. 3.1979 UiD 11-15. März 1979 • Seite 9

nicht abzusehen, ob nunmehr eine trag- • INFORMATION fähige, solide und dauerhafte Lösung gefunden werden konnte, erklärt der finanzpolitische Sprecher der Bundes- Der Wähler wird wieder tagsfraktion, MdB Hansjörg Häfele. getäuscht Das Vertrauen in das EWS ist auch Wie der SPD-Vorsitzende Brandt, Spit- deshalb eher geringer geworden, weil zenkandidat für seine Partei für die die wichtigsten Teilnehmer-Länder mitt- bevorstehende Europawahl dem „Spie- lerweile wieder vom Stabilitätskurs ab- gel" in einem Interview mitgeteilt hat, gekommen zu sein scheinen. Jedenfalls wird er sich im zukünftigen Europäi- weisen in den letzten Monaten die Infla- schen Parlament an keiner Ausschuß- tionskurven in Italien und Frankreich arbeit beteiligen. Der Vorsitzende der wieder steil nach oben. Unter diesen Arbeitsgruppe „Europapolitik" der Umständen ist es mehr als zweifelhaft, CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Egon ob es der Bundesrepublik gelingen Klepsch bemerkte hierzu: Der durch /wird, sich innerhalb des Verbundes vom viele Posten geplagte SPD-Chef möchte Inflationszug abzukoppeln. Dies kann zwar in das Europaparlament, aber dort auf Dauer nur gelingen, wenn in der arbeiten: das geht doch wohl zu weit. Regel die schwachen Währungen zur In dem gleichen Interview ließ es Stützung ihrer Kurse selbst intervenie- ren müssen. Brandt offen, wie lange er dem Europäi- schen Parlament angehören will. Für Ein Europa, das zu einer Inflationsge- ihn genügt es, wenn er „das in Gang meinschaft wird, ist kein starkes Euro- bringen" kann. Wie viele Beobachter pa. Es gilt deshalb, das Funktionieren seit langem vermutet haben, steht Willy des Europäischen Währungssystems in Brandt nicht wirklich für das Europäi- der zweijährigen Erprobungsphase kri- sche Parlament zur Verfügung. Er ist tisch zu begleiten, Mängel frühzeitig zu von seiner Partei ausersehen, mit sei- erkennen und diese zu beseitigen. Die nem Namen Wählerstimmen für die CDU/CSU ist bereit, daran verantwort- SPD zu sammeln, um nach der Wahl lich mitzuwirken. dem Europäischen Parlament den Rük- ken zu kehren. Die Irreführung des FDP ohne Judos Wählers wird damit erneut zum Wahl- kampfmittel der SPD erhoben. im Europa-Wahlkampf Die Deutschen Jungdemokraten werden EWS muß sich erst bewähren im Wahlkampf für die ersten europäi- schen Direktwahlen im Juni dieses Nach langem deutsch-französischen Jahres ihre „Mutterpartei" FDP nicht Streit um den Währungsausgleich für unterstützen. Das hat die Bundesdele- die Landwirtschaft soll das Europäische giertenkonferenz der Jungdemokraten Währungssystem mit zweieinhalbmona- während ihrer dreitägigen Sitzung in tiger Verspätung in Kraft treten. Diese Duisburg-Wedau beschlossen. Der wie- Begleitumstände sind nicht gerade ge- dergewählte Bundesvorsitzende Chri- eignet, Skepsis und Bedenken zu zer- stoph Strässer erklärte dazu, die Spit- streuen und Vertrauen in den neuen zenkandidaten der FDP würden aus- Währungsverbund zu schaffen. Noch ist nahmslos nicht unterstützt. UiD 11-15. März 1979 • Seite 10

FDP „überflüssig Sozialausschüsse der Christlich Demo- wie ein Kropf" kratischen Arbeitnehmerschaft, Norbert Blüm, MdB, und der Vorsitzende der „Für überflüssig wie ein Kropf" hält der Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU- stellvertretende Bundesvorsitzende der Bundestagsfraktion, Adolf Müller Rem- Jungsozialisten, Reinhard Schultz, laut scheid, MdB, und für den Christlichen „Süddeutscher Zeitung", die Freie De- Gewerkschaftsbund der Bundesvorsit- mokratische Partei. Schultz vertrat im zende, Günther Volmer, MdB, teilnah- Südwestfunk die Ansicht, es sei für men. Bei dem Gespräch wurde grund- SPD-Wähler wenig sinnvoll, der rhein- sätzlich über das Verhältnis der Partei- land-pfälzischen FDP Stimmen zu „lei- en zu den Gewerkschaften und hier hen" und dann auf die FDP als Koali- besonders über Fragen des Verhältnis- tionspartner zu hoffen. Die Verhältnisse ses und der möglichen Zusammenarbeit seien für die SPD viel leichter, wenn die zwischen CDU und CGB diskutiert. Da- FDP von der politischen Bildfläche ver- bei wurde in den besprochenen Sach- schwinden würde. fragen weitgehende Übereinstimmung erzielt. DGB-Organ belehrt Wehner Die DGB-Wochenzeitung „Welt der Ar- U-Bahn-Netze: beit" hat den Vorschlag des SPD-Bun- Gigantische Fehlinvestition destagsfraktionsvorsitzenden Wehner, Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ferdi den Bundespräsidenten vom Volk wäh- Breidbach hält es für unvertretbar, die len zu lassen, entschieden zurückge- U-Bahn-Netze weiter auszubauen, wenn wiesen. Für eine solche Verfassungsän- sich herausstellt, daß die bisher be- derung sei die erforderliche Zwei-Drit- kanntgewordenen Ergebnisse von Un- tel-Mehrheit innerhalb der nächsten tersuchungen des Frankfurter Batelle- Monate mit Sicherheit nicht zu errei- Institutes einen Kosten-Nutzen-Effekt chen, „abgesehen von der Frage, ob verneinen, es für verkehrspolitisch frag- Wehners Vorprellen verfassungsrecht- lich weise war". Von bösen Erfahrun- würdig halten und gegenüber vergleich- gen der Weimarer Zeit belehrt, hätten baren Systemen (Straßenbahn) einen die Schöpfer des Grundgesetzes „das höheren Energieverbrauch feststellen. plebiszitäre Element ganz bewußt aus- Zur Aufhellung dieses Sachverhaltes geschaltet". Das DGB-Blatt zitiert den hat Breidbach die Bundesregierung ge- SPD-Politiker Carlo Schmid: „Weimar fragt, welche Konsequenzen sie aus ist kaputtgegangen am Reichspräsiden- den Ergebnissen im Hinblick auf die ten, der vom Volk gewählt wurde." Finanzhilfe des Bundes für den Ausbau der U-Bahn-Netze im Ruhrgebiet ziehe Zusammenarbeit mit dem CGB und ob sie den Ausbau und Neubau Auf Einladung des Generalsekretärs der von U-Bahn-Netzen im Ruhrgebiet wei- CDU fand in Bonn ein Spitzengespräch terhin für erforderlich halte, obwohl zwischen Vertretern der CDU und zwischenzeitlich erkannt worden sei, des Christlichen Gewerkschaftsbundes daß ihr verkehrspolitischer Nutzen (CGB) statt, an dem neben Heiner Geiß- ebenso in Frage gestellt sei wie die Fi- ler unter anderem der Vorsitzende der nanzierung der Folgekosten. UiD 11-15. März 1979 • Seite 11

FAMILIENPOLITIK CDU fordert: Stufenweise Einführung eines Familiengeldes

Mit großer Mehrheit (3 Gegen- Ausnahme von Wohngeldansprüchen stimmen, 2 Enthaltungen) haben die angerechnet. Abgeordneten der CDU, an der Das Familiengeld wird auch an solche Spitze Helmut Kohl, am Dienstag Familien gezahlt, deren Kinder ab 1. Ja- (13. März 1979) den Entwurf eines nuar 1978 geboren sind — und zwar Gesetzes über die stufenweise Ein- so lange, bis ein Kind 18 Lebensmonate führung eines Familiengeldes vollendet hat. Das Familiengeld soll verabschiedet und am gleichen Tag wahlweise der Mutter oder dem Vater im Bundestag eingebracht. Nach- zustehen. Ein Anspruch besteht nicht folgend erläutert MdB Heinz Franke, nur für leibliche Kinder, sondern auch sozialpolitischer Sprecher der für ehelich erklärte Kinder, für an Kin- Fraktion, die Maßnahmen, die dieser des Statt angenommene Kinder und für Gesetzentwurf vorsieht. Stiefkinder. O Mit Wirkung vom 1. Juli 1979 soll ein Grundsätzlich wird ein Familiengeld Familiengeld von 400 DM monatlich an auch für Kinder zwischen 1Va und Familien mit einem Kind unter einein- 3 Jahren für wünschenswert gehalten. halb Jahren geleistet werden, wenn ein Die Einführung des Familiengeldes für Elternteil im Interesse der Betreuung diese Kinder (gegebenenfalls mit Zwi- und Erziehung des Kindes auf eine nen- schenstufen) soll jedoch dem Gesetz- nenswerte Erwerbstätigkeit verzichtet. geber überlassen bleiben. Dieses Familiengeld ist nicht an Ein- O Hat ein Familiengeldberechtigter kommensgrenzen gebunden. eine vorherige Arbeitnehmertätigkeit für Ein erhöhtes Familiengeld von höch- den Zeitraum des Bezuges von Fami- stens 840 DM monatlich soll alleinerzie- liengeld unterbrochen, so hat er einen henden Elternteilen und Ehepaaren mit Anspruch auf bevorzugte Wiedereinstel- geringen Einkünften gezahlt werden, lung bis zu drei Monaten nach Auslau- um sie von der Sozialhilfe unabhängig fen des Anspruches auf Familiengeld zu machen. Im Einzelfall wird dieses beim früheren Arbeitgeber. Im übrigen erhöhte Familiengeld so hoch ange- wird nach dem Gesetzentwurf die drei- setzt, daß es zusammen mit anderen jährige Rahmenfrist nach dem Arbeits- Einkünften für einen alleinerziehenden förderungsgesetz für die Geltendma- Elternteil ein Gesamteinkommen von chung von Ansprüchen auf Arbeitslo- 960 DM, für ein Ehepaar ein verfügba- sengeld um den Zeitraum des Bezuges res Einkommen von 1 320 DM sichert. von Familiengeld verlängert, so daß Fa- Bei der Berechnung des Anspruches miliengeldberechtigte, die wieder eine werden alle sonstigen Einkommen mit Arbeitnehmertätigkeit aufnehmen wol- UiD 11-15. März 1979 • Seite 12

len, aber weder beim früheren noch bei ternteil als ständige Bezugsperson si- einem anderen Arbeitgeber Beschäfti- chern; gung finden können, Anspruch auf Ar- • den Verzicht eines Elternteiles auf beitslosengeld haben. Einkommen aus Erwerbstätigkeit er- 0 Familiengeldberechtigte werden zu leichtern; Lasten des Bundes in der sozialen • in Schwangerschaftskonfliktsituatio- Krankenversicherung versichert, sofern nen die Entscheidung für das Kind er- nicht (z. B. über die Familienhilfe) ein leichtern; Versicherungsschutz gewährleistet ist. • dem immer noch anhaltenden rück O Auf eine Vorschrift hinsichtlich der läufigen Geburtentrend entgegenwirker Anrechnung der Zeiten des Bezugs von — auch als Voraussetzung für die lang- Familiengeld in der gesetzlichen Ren- fristige Gewährleistung des Generatio- tenversicherung wurde im Rahmen die- nenvertrages in der Alterssicherung; ses Gesetzentwurfes verzichtet. Eine entsprechende Vorschrift soll aber • dem sonst zwangsläufigen Trend nach den Vorstellungen der CDU/CSU entgegenzuwirken, daß ein ständig im Rahmen der anstehenden Gleichbe- wachsender Anteil der Kleinkinder un- handlung von Mann und Frau bei der ter drei Jahren wegen des Zwanges zur Hinterbliebenenversorgung in das Ren- Erwerbstätigkeit beider Elternteile odei tenrecht eingebaut werden. eines alleinerziehenden Elternteiles ir Kinderkrippen betreut werden muß. © Kosten und Finanzierung: Ausschließlich aus finanziellen Gründen Der jährliche Finanzaufwand beläuft sollen zunächst nur Kinder bis zu 1V sich auf 0,9 Milliarden DM in 1979 (da- 2 von vom Bundeshaushalt bereits ge- Jahren einbezogen werden. Das Fami- deckt 0,45 Milliarden DM) und auf 3,68 liengeld schafft für einen großen Teil Milliarden DM für 1980. Der Aufwand für der Familien überhaupt erst die Voraus- setzungen für Pflege, Betreuung und 1981 und 1982 wird auf 3,28 Milliarden DM vorveranschlagt. Erziehung eines Kleinkindes in der eigenen Familie. Deshalb erscheint Kri- Diesen rechnerischen Mehrbelastungen tik dahingehend, das Familiengeld sei stehen Entlastungen bei der Sozialhilfe, Ausfluß versorgungsstaatlichen Den- bei den Ausgaben nach dem Jugend- kens, unbegründet, wenn sich sonst als wohlfahrtsgesetz gegenüber. Außerdem Alternative die Überantwortung auch tritt ein Entlastungseffekt auf dem Ar- von Kleinstkindern in außerfamiliale beitsmarkt mit entsprechenden Minder- Einrichtungen zunehmend durchsetzt. ausgaben für Arbeitslosengeld und Ar- beitslosenhilfe von insgesamt mehr als Die staatliche Förderung der Familie 500 Millionen DM jährlich ein. auch über die Neueinführung eines Fa- 0 Die wesentlichen gesellschaftspoliti- miliengeldes stärkt durch Anerkennung schen Zielsetzungen des Gesetzentwur- und Förderung der Erziehungsleistung fes: die Erziehungskraft der Familien. Dies entspricht einem ethischen und anthro- Das Familiengeld soll pologischen Grundverständnis, nach • dem Kind grundsätzlich in den er- dem die Entfaltung des Menschen am sten drei für seine spätere Entwicklung besten in der Familie möglich und über entscheidenden Lebensjahren einen El- sie zu fördern ist. UiD 11-15. März 1979 • Seite 13

FRAUENVEREINIGUNG DER CDU Zukunft in Freiheit

Unter diesem Motto tagte der gungsprozeß begonnen. Wir müssen 11. Bundesdelegiertentag der ihn nun gegen eine Volksfront von links Frauenvereinigung der CDU am und Extremisten von rechts sichern. 10./11. März 1979 im Städtischen Deshalb müssen wir den Bürgern ver- Saalbau in Essen. „Freiheit", deutlichen, wie wichtig es ist, daß sie erläuterte die Vorsitzende, Dr. Helga zur Wahl gehen und sich richtig ent- Wex, MdB, „heißt nicht nur Frieden, scheiden." sondern bedeutet Freiheit des Ein Schwerpunkt der Diskussion war einzelnen im täglichen Leben ohne die Frage der Bevölkerungsentwick- bürokratische Gängelei, ohne lung. Der Delegiertentag diskutierte staatliche Bevormundung und ge- aufgrund eines Grundsatzreferats von sellschaftliche Übergriffe in die Prof. Guy Kirsch, Fribourg (Schweiz): Familien. ,,Zukunftsperspektiven der Gesellschaft Diese Freiheit bedeutet auch die — Bevölkerungsentwicklung und ihre freie Wahl zwischen Entfaltung in Folgen für die Politik" und eines An- der Familie oder in einer außerhäusli- trags des Bundesvorstands, den der chen Berufstätigkeit oder in der Verbin- Delegiertentag verabschiedete. In die- dung von beiden. Diese Freiheit bein- sem Beschluß heißt es: „Aktive Fami- haltet Partnerschaft, die nicht nur in der lienpolitik ist für die CDU eine entschei- Bundesrepublik Deutschland, sondern dende Grundlage einer freien und hu- auch im europäischen Rahmen ausge- manen Gesellschaft. Bevölkerungspoli- baut und verteidigt werden muß." tik dagegen muß sich begrenzen auf die politische Gestaltung der Rahmenbe- In ihrem Rechenschaftsbericht ging dingungen, unter denen Ehepartner eine Helga Wex auf die aktuelle Politik ein. freie Entscheidung über ihren Wunsch Als Beispiel für eine verfehlte Politik nach Kindern treffen können. nannte sie insbesondere die kinder-, jugend- und familienfeindliche Politik Die Rahmenbedingungen beeinflussen der Bundesregierung, die auch ange- die Bevölkerungsentwicklung und sichts der Bevölkerungsentwicklung be- schlagen sich atmosphärisch in den Fa- völkerungspolitische Abstinenz übe. In milien nieder, die die Entscheidungen der Politik für die Frau bevorzuge die über die Realisierung der Kinderwün- SPD nach wie vor das sozialistische sche treffen. Diese Rahmenbedingun- Modell der Erwerbstätigkeit. Dies mache gen haben sich in den letzten Jahren in z. B. der Gesetzentwurf zum Mutter- der Bundesrepublik Deutschland ver- schaftsurlaub deutlich. schlechtert. Das hat u. a. zu einem rapi- Angesichts der Europawahlen am 10. den Geburtenrückgang geführt." Juni 1979 betonte Helga Wex: „Wir Der 11. Bundesdelegiertentag der Christdemokraten haben den Eini- Frauenvereinigung fordert deshalb die UiD 11-15. März 1979 • Seite 14

Bundestagsfraktion von CDU und CSU des- und Kreispartei, den Kandidatin- auf, ein Programm zur Stärkung der nen der CDU für das Europäische Par- Familie und Verbesserung der Situation lament, vor allem Vertreter der Frauen- der Kinder in der Bundesrepublik und gemischten Verbände. Aus dem Deutschland zu beschließen. Ausland sprachen Lady Elles als Vor- Darüber hinaus forderte der Delegier- sitzende der Europäischen Frauen- tentag die CDU/CSU-Bundestagsfrak- Union und Monique Badenes als Vi- tion auf, als Einstieg in das Erziehungs- zepräsidentin der Union Christlich De- geld einen Gesetzentwurf zur Einfüh- mokratischer Frauen ein Grußwort zu rung eines Familiengeldes vorzulegen, den Delegierten. In einer Resolution er- um zu erreichen, daß alle Mütter — die klärte die Delegiertenversammlung ihre erwerbstätigen ebenso wie die inner- ganze Sympathie für alle Verfolgten in halb der Familie tätigen Mütter — sich Nicaragua und sprach ihre Verbunden- mehr Zeit leisten können für die Erzie- heit insbesondere aus für Mitglieder der hung des Kleinkindes. Auch Helmut Partido Social Cristiano, die Mitglied Kohl sprach sich auf der Kundgebung der Weltunion der Christlichen Demo- am Ende des Delegiertentages dafür kraten und der Weltunion der Christ- aus. Er bezeichnete die Familienpolitik lich-demokratischen Frauen ist und die als „Thema aller Themen" in der Bun- besonders unter den Unterdrückungen desrepublik Deutschland und meinte, und Verletzungen der Menschenrechte der Regierungsentwurf zum Mutter- in Nicaragua zu leiden haben. schaftsurlaub lasse noch ,,den alten Bei den Wahlen zum Vorstand wurde Muff des sozialistischen Emanzipations- Helga Wex mit überwältigender Stim- modells" erkennen. menzahl wiedergewählt. Sie erhielt 212 Weitere hauptsächliche Diskussions- von 246 abgegebenen Stimmen. Eben- punkte waren die „Probleme der Frau- falls wiedergewählt wurden die stellver- enarbeitslosigkeit", „Politik für das tretenden Vorsitzenden Roswitha Ver- Kind" und „Kritischer Umgang mit Hör- hülsdonk, Ursula Benedix. Irma Blohm. funk und Fernsehen", die in drei Ar- Neu in den Vorstand wurde die Krimi- beitskreisen erörtert wurden. nalbeamtin Erika Indenbirken aus West- Zum Abschluß des Delegiertentages falen gewählt. Die übrigen Mitglieder fand eine Großkundgebung in Zusam- des Vorstands, Lern Fischer, Ingeborg menarbeit mit der Landes- und Kreis- Förster, Christel Görgen, Hanna Renate partei statt, auf der Helmut Kohl sprach. Laurien, Marlene Lenz, Esther Mikfeld, Zur Eröffnung dieser Kundgebung stell- Ingrid Obermüller-Kochs, Liselotte Pie- te Helga Wex die Kandidatinnen der ser, Paula Riede, Eva-Brigitte Rudolph- CDU für die Europawahlen vor. Heger, Annemarie Schuster, Maria Dieser Delegiertentag war mit 290 Stommel, Christel Uhlhorn und Doro- stimmberechtigten Delegierten der thee Wilms wurden ebenfalls mit hoher größte seit Bestehen der Frauenvereini- Stimmenzahl wiedergewählt. gung, die besonders in den Jahren seit Anläßlich des Jahres des Kindes lag auf 1972 rapide angewachsen ist. Heute einem Stand während des Delegierten- sind rund 140 000 Frauen in der CDU, tages Material aus, das über die kinder- das sind 20,6% aller CDU-Mitglieder. freundliche Politik der CDU in Bund Eine große Zahl von Gästen nahm und Ländern informierte und bis zum teil. Neben Vertretern der Bundes-, Lan- letzten Stück Interessenten fand. UiD 11-15. März 1979 • Seite 15 Zur Sache: Wehners Rohrkrepierer Abrüstung darf nicht unsere Sicherheit gefährden Damit wir uns nicht mißverstehen: Die CDU ist für der Ostblock endlich aufhört, nach politisch-militä- Entspannung und Abrüstung in Europa. Aber vorher rischer Vormacht zu streben. So lange das nicht der müssen wir uns doch erst einmal ein paar Zahlen an- Fall ist. wirken Wehners Äußerungen wie Rohrkrepierer sehen. Und die sehen so aus: die uns im Westen um die Ohren fliegen und nur den In den letzten zehn Jahren hat der Warschauer Pakt Sowjets Vorteile verschaffen seine Angriffskapazität folgendermaßen erhöht: Noch einmal: Die CDU ist für den Frieden durch kon- trollierte und ausgewogene Abrüstung auf der Grund- 1968 1978 zusatzlich lage der Gegenseitigkeit. Das hat sie in der Zeit ihrer Panzer 14 000 19 750 5750 Regierungszeit oft genug unter Beweis gestellt: Schützenpanzer 9600 16000 6.400 • 1954 freiwilliger Verzicht auf die Herstellung von Atomwaffen; Geschütze 1900 3.100 1200 • 1963 Beitritt zum teilweisen Teststoppabkommen Das geht natüriich weit über das zur Verteidigung not- (Verbot von Kernwaffenversuchen). wendige Maß hinaus • 1966 Friedensnote der Regierung Erhard an alle SPD-Fraktionschef Wehner tut allerdings so. als Staaten mit konkreten Abrüstungsvorschlägen; sei das eine harmlose Sache. In welcher Welt lebl der • 1968 Angebot der NATO in Truppenreduzierungs- Mann? Glaubt der SPD-Fraktiqnschef etwa. Moskau verhandlungen (MBFR) mit dem Warschauer-Pakt ein- werde Vorleistungen des Westens, vor allem der Amen- zutreten, kaner. honorieren? Auf den vorzeitigen Verzicht der • 1969 Memorandum zum Verbot biologischer und USA. den Bomber B1 und die Neutronenwaffe zu chemischer Waffen an den UNO-Generalsekretär. bauen, hat Moskau auch nicht reagiert. Übrigens: Der Ostblock begann mit seiner vehementen Abrüstung ohne Sicherheit können wir jeden Tag Aufrüstung just zu dem Zeitpunkt, als SPD-geführte haben. Aber Abrüstung mit Garantie für unsere Sicher- Bundesregierungen die vermeintliche Entspannungs- heit ist ein zäher Prozeß. Sie ist nur dann möglich, wenn politik entdeckten CDU .„sicher sozial "«USQfftMM COU-H>»«w1*

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vorsitzender nicht in bester gesundheit- ZITAT licher Verfasung befindet. Außenminister Genscher ist zwar wie- der aus dem Krankenhaus entlassen worden, aber er fällt für mindestens Stimmungsumschwung sechs Wochen für die aktive Politik aus. Frankfurter Allgemeine Zeltung, 2. 3. 1979 In Bonn ist ein Stimmungsumschwung Gleich drei Schicksalsschläge trafen zugunsten der Opposition spürbar ge- vergangene Woche die Bonner Regen- worden. Wenige Tage vor den Land- ten: Scheels Verzicht, Genschers tagswahlen in Berlin und Rheinland- Krankheit und Brandts Scheidung, so Pfalz erscheinen die Unionsparteien zu- fürchten die Sozialliberalen, lassen versichtlicher, die Koalitionsparteien beim Bürger kurz vor den Landtags- SPD und FDP wirken pessimistischer wahlen in Berlin und Rheinland-Pfalz als noch vor Wochen. Während in der den Eindruck entstehen, die Koalition Union selbst Kohl-Kritiker wie Bieden- hätte ihre Spitzenpolitiker verschlis- kopf einlenken — Biedenkopf sagte am sen ... Die fast einstimmige Nominie- Wochenende, die Frage der Trennung rung von Bundestagspräsident Karl Car- von Fraktions- und Parteivorsitz in der stens als Unions-Kandidaten für das CDU sei nicht mehr aktuell —, regen Amt des Bundespräsidenten hatte zwei sich bei SPD und FDP Sorgen über den Tage zuvor die letzte Hoffnung zerstört, Ausgang der Landtagswahlen. Man FDP-Mann könne viel- sieht sich überdies vor die immer drin- leicht doch noch für eine weitere Amts- gender werdenden Fragen gestellt, wie periode in der Villa Hammerschmidt man die personalpolitischen und per- bleiben und damit den Sozialliberalen sönlichen Nöte der Partei überwinden die ungeteilte Staatsmacht erhalten. In- sowie sachpolitische Unterschiede nenminister Baum niedergeschlagen: überbrücken könnte. „Ein Hauch von Machtwechsel ist in Nach der SPD ist auch die FDP vor die Bonn spürbar geworden." Erkenntnis gestellt, daß sich ihr Partei- Der Spiegel, 12. 3.1979

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