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aus: verkehrspolitische Zeitschrift SIGNAL 1/2020 (16.3.2020) Berliner Fahrgastverband IGEB Oranienburg www.igeb.org • [email protected] Lehnitz Tel. (030) 78 70 55 11 Berliner Fahrgastverband Borgsdorf Mühlenbeck- Bernau Birkenwerder Bergfelde Mönchmühle Bernau-Friedenstal Hohen Neuendorf Zepernick Schönfließ Hennigsdorf Frohnau Röntgental Hermsdorf Waidmannslust Buch Heiligensee Wittenau (Wilh. Damm) Karow Schulzendorf Wilhelmsruh Tegel Schönholz Blankenburg r- e Wollankstr. -Heinersdorf nklinik e Bornholmer Str. Pankow EichborndammKarl-BonhoeffNerv 6 Gartenfeld Alt-ReinickendorfWedding Wartenberg Westhafen Gesund- Schönhauser Allee Hohenschönhausen Beusselstr. brunnen Prenzlauer Allee Gehrenseestr. Ahrensfelde Stresow Humboldthain Mehrower Allee Wernerwerk Greifswalder Str. Raoul-Wallenberg-Str. Perleberger M27 Landsberger Allee Brücke Marzahn Nordbahnhof Storkower Str. Poelchaustr. Z e i c h e n – E r k l ä r u n g Pichelsberg Strausberg Nord heute mit Gleichstrom Oranienburger of Frankfurter Springpfuhl Strausberg Stadt Messe Nord/ Str. r atz ücke h elektrifizierte S-Bahnstrecken Olympiastadion tz ten e l r Allee atz nburg ar l Idee neue Innenstadtquerung ICC te f Hegermühle t Friedrich- anderp owitzb levue ackesch x n Warschauer sdor (unter Benutzung S21) Heerstr. Westkreuz str.str.str. H Ale Jan OstbahnStr. Charlo SavignyplaZoolog.Tiergarten G Bel Markt NöldnerpLichtenberg Bie WuhletalKaulsdorfMahlsdorfBirkenstein Betriebsstrecke Messe Süd S-Bahnhof Hbf Friedrichs- Straus- Brandenburger Tor felde Ost sdorf berg n Nord berg Umsteigebahnhof Potsdamer Betriebsbahnhof ppegarten Grunewald Platz Kochstr. 13 Rummels- Ho NeuenhagenFreder Umsteigebahnhof zum Checkp. Charlie Moritzpl. burg Rummelsburg ershage Görlitzer Bf Fern- oder Regionalverkehr Karlshorst Pet Hohenzollern- Gleisdreieck 6 8 M10 Treptower Park damm Glogauer Wuhlheide Anhalter Str. Nikolassee Heidelberger Platz Bf Köpenick Yorckstr Kiefholzstr. (Großgörschenstr.) Hirschgarten Bundesplatz Plänterwald Schlachtensee J.-Leber-Brücke Yorckstr. Wannsee Friedrichshagen Hermannstr. Baumschulenweg Mexikoplatz Innsbrucker Platz Schööö neberg Neukölln Rahnsdorf Potsdam Köllnische Oberspree HbfHbfHbf Tempelhof Heide Wilhelmshagen Süüü dkreuz Schöneweide Spindlersfeld Priesterweg Erkner Zehlendorf Betriebsbahnhof Schöneweide erg see Attilastr. sb West Südende l auer Str. e r Garten Marienfelde Adlershof ebnitz g Babe ri Lankwitz Buckower Chaussee Altglienicke Grünau G Sund Feuerbachstr. Lichterfeld Rathaus SteglitzLichterfelde Ost Schichauweg Grünbergallee Eichwalde Botanische Osdorfer Str. Lichtenrade Zeuthen Mahlow Bln-Schönefeld Flughafen Lichterfelde Süd Wildau Waßmannsdorf Idee: IGEB e.V. Teltow Stadt Kööö nigs Blankenfelde 6 Flughafen BER Wusterhausen © 2020 G. Charles füüü r Berliner Fahrgastverband IGEB e.V.

Berliner Fahrgastverband IGEB , S 21 und „Kreuzberger Tunnel” = S 6 Ein Jahrhundertprojekt für Berlin

Anfang Februar überraschte der Berliner Fahrgastverband IGEB mit der Idee für ein neues Großprojekt. Im dritten Jahrhundert der Eisenbahn wäre es die dritte Durchmesserlinie für die Berliner S‑Bahn. Im 19. Jahrhundert entstand die Stadtbahn zwischen und Ostbahnhof, im 20. Jahrhundert der Nordsüd-S‑Bahn-Tunnel zwischen Nordbahnhof und Yorckstraße bzw. Großgörschenstraße. Im 21. Jahrhundert könnte nun eine Koppelung von bereits laufenden Projekten, die noch einigen Prag‑ matismus verlangen, mit einer visionären Idee zu einem Großprojekt werden, das mit einer Verbindung von Siemensbahn und Görlitzer Bahn über den Hauptbahnhof langfristig eine neue Masche im Berliner Schnellbahnnetz knüpft.

Konkreter Anlass für den IGEB-Vorstoß barung für die Planung des 3. Bauabschnitts Umsteigemöglichkeit zum Hauptbahnhof. waren die Fortschritte beim „S 21-Projekt“, (—Yorckstraße) abge- Dieser soll nach Fertigstellung von einigen derzeit bedeutendstem Infrastruk- schlossen. der Züge befahren werden, die heute noch turprojekt für den öffentlichen Verkehr. Im Januar 2020 hat der Deutsche Bundes- durch den alten Nordsüd-Tunnel über den Dabei wurde die Planung eines zweiten tag „grünes Licht“ für die Trassierung des 2. Bahnhof Friedrichstraße fahren. Doch aus Nordsüd-S‑Bahn-Tunnels Ende 1993 noch Bauabschnitts (Hauptbahnhof—Potsdamer „S 21“ kann mehr werden, zusammen mit aus den Planfeststellungsunterlagen für die Platz) gegeben. der Siemensbahn und dem „Kreuzberger „Verkehrsanlagen Zentraler Bereich“ heraus- Im Sommer 2021 wird endlich der 1. Bau- Tunnel“. gestrichen. Einige Jahre später begann der abschnitt (—Wedding— mühsame Versuch, das wichtige Vorhaben Hauptbahnhof) eröffnet, allerdings zu- Teilprojekt 1: die Siemensbahn wiederzubeleben. Doch erst jetzt gibt es nächst mit einer provisorischen Station am Die Siemensbahn bildet den nordwestli- Weichenstellungen, die hoffen lassen, dass Hauptbahnhof. chen Abschluss der neuen Durchmesserli- dieses Projekt tatsächlich realisiert wird: „S 21“ ist bekanntlich keine neue S‑Bahn- nie. Ihr 2018 beschlossener Wiederaufbau Im August 2019 haben Berlin und die Linie, sondern der Arbeitstitel für den Bau (siehe u. a. SIGNAL 2/2019) muss von Beginn Deutschen Bahn eine Finanzierungsverein- des zweiten Berliner Nordsüd-Tunnels mit an zum Hauptbahnhof gedacht werden,

8 • www.signal-zeitschrift.de April 2020 • SIGNAL 6/2019 - 1/2020 weil der geplante Campus Siemensstadt Links und rechts am Reichstagsgebäude vorbei: Neue S-Bahn-Strecke nur so die gewünschte schnelle Anbindung Linien / an die Innenstadt und zum BER erhält. Der So verläuft die neue Berliner S-Bahn Linien / Wiederaufbau erfordert pragmatische Entscheidungen zugunsten des Bestands, Gesamter Streckenverlauf denn nur ohne größere Veränderungen der Hauptbahnhof der neuen instandzusetzenden Anlagen lässt sich das S-Bahn Projekt schnell umsetzen, weil für den Wie- Wedding deraufbau ohne wesentliche Veränderun- 1. Paul-Löbe-Haus Westhafen

gen weder ein Planfeststellungsverfahren 2. Bauabschnitt Bundeskanzleramt noch eine Nutzen-Kosten-Untersuchung Hauptbahnhof erforderlich sind. Der alte Endpunkt in Gartenfeld muss bei Potsdamer Platz Jakob-Kaiser-Haus der Erschließung der Neubaugebiete Gar- Reichstagsgebäude Gleisdreieck 3. tenfeld und Wasserstadt eine Schlüsselrolle Yorckstraße spielen, indem er zum ÖPNV-Umsteigekno- Julius-Leber- Tunnelröhren am Brücke ten, Neu-Deutsch „Mobilitäts-Hub”, ausge- Reichstagsgebäude baut wird. Zunächst mit Bussen, später auch Südkreuz mit Straßenbahnen, übernimmt Gartenfeld Brandenburger Tor die Anbindung des Spandauer Nordens und mind. 13,5m ca. 13,5m entlastet damit auch das Zentrum des Be- N zirks. Außerdem kann von Gartenfeld die Weströhre Oströhre nach der Schließung des Flughafens Tegel © AG | 01/2020 geplante „Urban Tech Rebublic“ erschlossen Nach zweijähriger Debatte gibt es endlich eine Einigung mit dem Bundestag. Die S-Bahn werden. wird das Reichstagsgebäude beidseitig mit je einer Röhre im Mindestabstand von 13,5 Meter Überlegungen zur Weiterführung der umfahren. Zeichnung: DB AG S‑Bahn nach sind dagegen in die Kategorie „visionär” einzuordnen, denn die Am Bahnhof Jungfernheide klappt die Wie- Teilprojekt 2: S 21, die zweite Nordsüd- erwarteten Einwohner- und Fahrgastzahlen derinbetriebnahme ohne Planfeststellung al- Strecke rechtfertigen den Bau der aufwendigen und lerdings nicht. Das für die neue Spreebrücke Die S 21 gehört zu den Problemfällen in teuren Havelquerung (noch) nicht, würden notwendige Planrechtsverfahren bietet aber der Berliner Verkehrspolitik, und das schon bei jetziger Mitplanung aber die Wieder- auch die Chance, gleich eine dritte Bahn- deutlich länger, als beispielsweise der Flug- inbetriebnahme erheblich verzögern. Ent- steigkante mitzuplanen und umzusetzen. hafen BER (siehe Seite 56). Zunächst Teil der sprechende Untersuchungen und Trassen- Dieser Bahnhofsumbau bewirkt zwar eine Planungen „Verkehrsanlagen Zentraler Be- freihaltungen sind aber notwendig, um sich deutliche Kostensteigerung, die sich aber reich“ wurde sie aus Kostengründen gestri- die Option einer langfristigen Verlängerung mit einer deutlich besseren Betriebsquali- chen, einige Jahre später aber wieder plane- zu erhalten. tät auf Siemensbahn und Ringbahn bezahlt risch und mit einzelnen Vorratsbauwerken Die Siemensbahn bietet auch die Mög- macht. Ein Kehrgleis auf der östlichen Seite berücksichtigt, was auch zu Verzögerungen lichkeit, dringend benötigte Abstellka- des S‑Bahnhofs Jungfernheide rundet den bei der S‑Bahn-Wiederinbetriebnahme auf pazitäten für S‑Bahn-Züge zu schaffen. ersten Abschnitt der S 6 ab und ermöglicht dem Nordring führte. Vor dem Bahnhof Gartenfeld befand sich die Verlängerung der S 46 von Westend um einst eine mehrgleisige Aufstellanlage, eine Station bis Jungfernheide. Im Folgen- 1. Bauabschnitt die nun ebenfalls wieder nutzbar ge- den nutzt die S 6 die vorhandenen Gleise der Aktuell wird im ersten S 21-Bauabschnitt macht und zugleich als Reservefläche für Ringbahn bis Westhafen, wo mit der „S 21” eine Sparvariante mit einer provisorischen eine künftige Verlängerung vorgehalten der nächste Abschnitt beginnt, der sich be- Endstation am Hauptbahnhof gebaut. Die werden muss. reits im Bau befindet. nördlich des Hauptbahnhofs vorgesehene

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Der Vorleistung „Heuboden“ fehlen die letzten Meter. Neben der US-Botschaft muss daher der Tunnel geöffnet und teilweise neu gebaut werden, um die S 21 einzufädeln. Das erfordert eine längere Unterbrechung des S‑Bahn-Betriebs, weswegen der dritte S 21-Bauabschnitt mit dem Umsteigebahnhof Gleisdreieck möglichst vorher fertiggestellt sein sollte. Plan: 1938

SIGNAL 6/2019 - 1/2020 • April 2020 www.signal-zeitschrift.de • 9 komplett neu zu bauen. Hierbei sollte auch ein Umfahrungsgleis berücksichtigt werden, um künftig vom Potsdamer Platz nordwärts gleichzeitig konfliktfrei in beide Strecken ausfahren zu können. Ein Realisierung die- ses östlich neu anzubauenden Gleises wäre wünschenswert, ist aber mit der dafür not- wendigen Tunnelverbreiterung zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor aus: verkehrspolitische Zeitschrift baulich sehr aufwendig. Daher gilt hier der SIGNAL 1/2020 (16.3.2020) pragmatische Ansatz: Wichtig ist vor allem Berliner Fahrgastverband IGEB eine Berücksichtigung der Einfädelung im www.igeb.org • [email protected] Neubaubereich, so dass es zu einem späte-

Tel. (030) 78 70 55 11 Berliner Fahrgastverband ren Zeitpunkt gebaut werden kann, ohne den Zugverkehr in Richtung Hauptbahnhof erneut unterbrechen zu müssen. Der Bahnhof Potsdamer Platz ist die Naht- stelle zwischen alter und neuer Nordsüd- Die S 6 verknüpft als dritte Innenstadtquerung die Projekte Siemensbahn, S 21 und Kreuz- S‑Bahn. Während die nördliche Vorleistung berger Tunnel mit der Görlitzer Bahn zu einer neuen Durchmesserlinie. unvollständig ist und daher eine Betriebs- unterbrechung erfordert, kann der dritte S 21-Bauabschnitt südlich des Potsdamer Platzes ohne längere Sperrungen gebaut werden. Leider wurden Teile der Vorleistung durch das Fundament eines neuen Hauses verbaut, so dass dort eventuell ein Teilabriss notwendig wird. Hier gilt der pragmatische Ansatz: Genau prüfen und dann ggf. nur den jetzt machbaren Teil bauen, um den dritten S 21-Bauabschnitt schnellstmöglich in Betrieb nehmen zu können, aber eine spätere Realisierung des Verbindungsglei- ses berücksichtigen, um dann eine flexible Betriebsführung zu ermöglichen.

3. Bauabschnitt Kernstück des dritten S 21-Bauabschnitts ist der neue Bahnhof Gleisdreieck, der die Der visionäre Kreuzberger Tunnel bildet das Kernstück der neuen S 6 und verknüpft die S‑Bahn Lücke zur U‑Bahn schließt, die seit dem Bau im dichten Takt mit den kreuzenden Linien U 1, U 3, U 6 und U 8. Die Einbindung soll in den des Nordsüd-S‑Bahn-Tunnels besteht und bestehenden Nordsüd-S-Bahn-Tunnel zwischen Anhalter Bahnhof und Potsdamer Platz in der neue Umsteigemöglichkeiten zur U 1 und Stresemannstraße erfolgen. Zeichnungen: Sebastian Gollin U 3 schafft sowie die Umsteigewege zur U 2 (im Vergleich zu Potsdamer Platz) verkürzt Kehranlage wurde ersatzlos gestrichen, und bahnhof als erste Stufe der S 6 in Betrieb und insbesondere von Süden kommend in auch der Wiederaufbau der Kehranlage zwi- gehen kann. Der Bau des S‑Bahn-Haltes Richtung Zoologischer Garten deutlich ver- schen Beusselstraße und Westhafen gehört Perleberger Brücke (hoch) am östlichen Ast bessert. Wegen der Auswirkungen des zwei- unverständlicherweise nicht zum Projekt. ist nach der Inbetriebnahme der S 6 nachzu- ten Bauabschnitts auf den Nordsüd-Verkehr Sowohl in Wedding als auch in Westhafen holen – bis zur Inbetriebnahme des zweiten wäre es sinnvoll, den dritten Bauabschnitt stehen künftig (wie in Neukölln) nur zwei S 21-Bauabschnitts. mit der Umsteigemöglichkeit in Gleisdreieck Bahnsteigkanten zur Verfügung. Mit der ge- vor dem zweiten Bauabschnitt zu realisieren. planten Inbetriebnahme im Sommer 2021 2. Bauabschnitt Den Abschluss dieses dritten Bauab- soll zunächst nur eine „Pendellinie” als S 15 Dieser zweite S 21-Bauabschnitt schließt schnitts bildet die Einfädelung in die S 1 Gesundbrunnen—Wedding—Hauptbahn- südlich am Hauptbahnhof an und stellt die (Großgörschenstraße) und S 2 (Yorckstra- hof über die Ringanbindung in Richtung Verbindung zum Potsdamer Platz her. Nach ße). Mit der Fertigstellung findet auch das Osten eingesetzt werden. Die Ringanbin- mehrjähriger Blockade durch den Bundes- Dauerprovisorium Yorckstraße sein Ende dung in Richtung Westen bleibt zunächst tag gibt es nun endlich eine Einigung mit und die Station bekommt einen bedarfsge- Betriebsstrecke. der Deutschen Bahn über die Trassierung rechten Übergang zur U 7. Zudem schafft der Diese Nichtnutzung im Linienverkehr des Abschnitts. Er wird überwiegend im dritte S 21-Bauabschnitt die Voraussetzung, bietet die große Chance, einen gravieren- Schildvortrieb erstellt und besteht aus zwei um den Kreuzberger Tunnel zu bauen, denn den Fehler der Sparlösung zu korrigieren einzelnen Tunnelröhren, die das Reichs- dafür muss der „alte” Tunnel zwischen Pots- und den Haltepunkt Perleberger Brücke am tagsgebäude beidseitig umfahren, um sich damer Platz und Anhalter Bahnhof gesperrt westlichen Ast zu bauen, wo er unterhalb dann am Platz des 18. März hinter dem Bran- werden. In dieser Zeit kann dann die Bau- der Brücke einfacher und sehr viel preiswer- denburger Tor wieder zu treffen und in die stelle durch die neue Strecke über Gleisdrei- ter zu realisieren ist, als am östlichen Ast „Heuboden” genannte Vorleistung aus den eck umfahren werden. oberhalb der Straßenbrücke. Eine entspre- 1930er Jahren einzufädeln. Da diese Vorleis- chende Bestellung muss der Berliner Senat tung unvollständig ist, muss die Nordsüd- Teilprojekt 3: der Kreuzberger Tunnel schnellstmöglich auslösen, damit der Halt S‑Bahn für einen längeren Zeitraum (voraus- Der „Kreuzberger Tunnel“ ist als Vision kate- Perleberger Brücke (tief) zusammen mit sichtlich 1,5 bis 2 Jahre) unterbrochen wer- gorisiert, auch wenn die Ideen dafür schon dem endgültigen S‑Bahnsteig am Haupt- den, um den alten Tunnel zur Ausfädelung über 90 Jahre zurückreichen und immer wie-

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Zeichnung: Sebastian Gollin Siemensbahn viel schneller und preiswerter möglich als an der Hochbahnstrecke Beginnen bzw. enden soll die S 6 in Spandau – auf der - in Richtung Wedding. bahn, deren Wiederaufbau gerade erst vereinbart wurde. Pragmatisch. Zwar kann mit der Zustimmung des deutschen Pragmatisch. Die seit 1980 nicht mehr befahrene Siemensbahn Bundestags nun auch der 2. Bauabschnitt der S 21 (Hauptbahn- muss zwischen Gartenfeld und Jungfernheide mit Nutzung der hof—Potsdamer Platz) realisiert werden. Weil dafür aber eine vorhandenen Trasse und Bahnhöfe wiederhergestellt werden. Ab Unterbrechung des S‑Bahn-Verkehrs im alten Nordsüd-Tunnel er- dem oberirdischen Endbahnhof Gartenfeld können die Fahrgäs- forderlich ist, muss der 3. Bauabschnitt (Potsdamer Platz—Gleis- te mit Bussen und möglichst bald mit den vom Senat geplanten dreieck—Yorckstraße) vor dem 2. Bauabschnitt realisiert werden. Straßenbahnen in Richtung Flughafengelände Tegel (Urban Tech Dann erreichen die S‑Bahn-Züge aus dem Berliner Süden (S 1, S 2, Republic) und Wasserstadt Spandau weiterfahren. S 25, S 26) den U‑Bahnhof Gleisdreieck, so dass auch während der Lediglich eine große Veränderung muss vorgenommen wer- Unterbrechung des Nordsüd-S‑Bahn-Verkehrs vielfältige Möglich- den: Der S‑Bahnhof Jungfernheide muss mindestens eine dritte keiten zum Weiterfahren im U‑Bahn-Netz geboten werden. Bahnsteigkante bekommen. Die wird für einen stabilen Fahrplan Visionär. Beim Bau im Bereich Potsdamer Platz muss geprüft auf Ringbahn und Siemensbahn benötigt und ist ohnehin zur Sta- werden, wie ein Weiterbau in Richtung Südosten (Kochstraße) bilisierung des Verkehrs auf der Ringbahn dringend erforderlich. möglich bleibt. Visionär. Eine Verlängerung der Siemensbahn von Gartenfeld nach Hakenfelde darf nicht verbaut werden. Aber das Projekt wird Kreuzberger Tunnel nicht zuletzt wegen der Havelunter- oder Überquerung mehrere Visionär. Neu ist die Planung nicht. Schon im letzten Jahrhundert 100 Mio Euro kosten und verkehrlich (noch) nicht den Nutzen er- gab es Pläne, unter dem Straßenzug Kochstraße zum Görlitzer Bahn- reichen, den andere Bahnbauprojekte in Berlin in den nächsten hof und weiter in Richtung Plänterwald einen S‑Bahn-Tunnel bzw. Jahrzehnten haben. eine S‑Bahn-Strecke zu bauen. Damit könnte die Görlitzer Bahn, die als einzige Radialstrecke nicht direkt in die Berliner Innenstadt führt, Nordring sondern auf der die Züge auf dem Umweg über Ostkreuz zur Stadt- Pragmatisch. Von Jungfernheide bis Westhafen kann die S 6 die bahn fahren (zurzeit die S 9), „durchgebunden“ werden. vorhandenen Gleise und Bahnhöfe der Ringbahn nutzen. Der Kreuzberger Tunnel ermöglicht Umsteigen von der S 6 auf Visionär. Bei wachsendem Verkehrsaufkommen könnte es spä- die U 6 (Kochstraße/Checkpoint Charlie), U 8 (Moritzplatz), U 1/U 3 ter erforderlich werden, auch den S‑Bahnhof Westhafen mit einer (Görlitzer Bahnhof), zur geplanten M 10 (an der Glogauer Straße) dritten Bahnsteigkante auszubauen. Das darf nicht verbaut wer- und zur Ringbahn (nahe Kiefholzstraße) und schafft damit neue den. Maschen im Berliner Schnellbahnnetz. Dieser Abschnitt ist fraglos ein langfristiges Milliardenprojekt, S 21-Abschnitt aber er wäre ein wesentlicher Baustein für eine dritte Berliner Pragmatisch. Das Projekt „Wiederaufbau der Siemensbahn“ muss Durchmesserlinie. Diese Chance darf nicht verbaut werden und die Strecke bis zum Hauptbahnhof einschließen. Beim Bau des muss jetzt bei der Planung für den 2. Bauabschnitt der S 21 gründ- 1. Bauabschnitts der S 21 (Nordring—Hauptbahnhof) wird bisher lich geprüft werden – ebenso wie die genannte Verlängerung nur die Anbindung aus Richtung Wedding realisiert. Die geplante nach Hakenfelde derzeit in einer Machbarkeitsstudie geprüft wird. Anbindung von Westhafen zum Hauptbahnhof muss sofort be- Erreichen die Züge der S 6 dann die Görlitzer Bahn, erhält der gonnen werden. Dabei ist sofort der S‑Bahnhof Perleberger Brücke Campus Siemensstadt eine umsteigefreie Verbindung zur Wissen- zu bauen. Da diese Trasse im Einschnitt liegt, ist der Bau hier sehr schaftsstadt Adlershof und zum BER.

SIGNAL 6/2019 - 1/2020 • April 2020 www.signal-zeitschrift.de • 11 aus: verkehrspolitische Zeitschrift SIGNAL 1/2020 (16.3.2020) Berliner Fahrgastverband IGEB www.igeb.org • [email protected]

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Dieses Gebäude (Block 2) an der Gabriele-Tergit-Promenade blo- Unter der Stresemannstraße liegt der Bestandstunnel der Nordsüd- ckiert mit seinem Fundament Teile der S21-Vorleistung. Nur die S‑Bahn. Die S 6 fädelt Höhe Niederkirchnerstraße aus und führt im beiden inneren Gleise am Potsdamer Platz können so in Richtung Bogen unter der Freifläche, hinter dem Gropiusbau vorbei, zur Koch- Gleisdreieck angebunden werden. Dadurch ist die Flexibilität ein- straße. Fotos : Tom Gerlich geschränkt. der adaptiert wurden, bevor schließlich die so dass für den Bau keine Unterbrechungen gen, da für die Ringrunde in 60 Minuten nur Streichung aus den Planwerken erfolgte. Da- nötig werden. noch ein zusätzlicher Halt möglich ist, der mit entfiel allerdings auch die für eine lang- Am Görlitzer Bahnhof entsteht eine Um- nun mit der S 6-Planung für die Kiefholzstra- fristige Perspektive wichtige Trassenfreihal- steigemöglichkeit zur U 1 und U 3. ße reserviert ist. tung, was schnellstmöglich zu korrigieren Im weiteren Verlauf der Wiener Straße Im weiteren Verlauf der Görlitzer Bahn ist, um beispielsweise eine entsprechende besteht aktuell ein größeres Erschließungs- sind weitere Ausbauten notwendig. Im Ab- Justierung der bereits im Bau befindlichen defizit. Die heutige Buslinie M 29 biegt zur schnitt Baumschulenweg—Schöneweide Autobahn A100-Verlängerung zu veran- besseren Quartierserschließung bereits muss die Streckenkapazität erhöht werden, lassen. Analog zum Ostkreuz, wo für den in die Ohlauer Straße ab. Mit der Verlän- um mehr Züge aufnehmen zu können. Der potenziellen 17. (und letzten) Bauabschnitt gerung der Straßenbahnlinie M 10 erfolgt größte Engpass besteht hier mit der einzi- der A100 bereits Schlitzwände und Deckel eine deutlich bessere Erschließung des gen Bahnsteigkante stadteinwärts in Baum- vorgeleistet wurden, muss die A100 im Be- Gebietes in der Achse Warschauer Stra- schulenweg. Stadtauswärts und in Schöne- reich des Treptower Eisenbahnkreuzes eine ße—Hermannplatz. Die S 6 kreuzt deren weide für beide Richtungen, stehen je zwei ähnliche Vorleistung für die Durchbindung Trasse rechtwinklig und erhält am Kreu- Bahnsteigkanten zur Verfügung. Der Stre- der S 6 vom Kreuzberger Tunnel zur Görlitzer zungspunkt mit der Glogauer Straße einen ckenast nach Spindlersfeld muss im Sinne Bahn erhalten. Ebenso sind dort auch Wider- weiteren Halt, wodurch die Anwohner und des Nahverkehrsplans für einen 10-Minuten- lager für den Wiederaufbau der Ringbahn- Nutzer des Görlitzer Parks künftig in vier Takt hergerichtet werden. Auch nach Königs Ferngleise vorzusehen. Richtungen angeschlossen sind. Wusterhausen soll die S‑Bahn künftig alle 10 Vom Potsdamer Platz kommend, fädeln Bevor die neue S 6 in die Görlitzer Bahn Minuten fahren. die Züge unter der Stresemannstraße aus einmündet, erhält sie am Treptower Kreuz Knackpunkt auf der Flughafenstrecke ist dem bestehenden Tunnel zum Anhalter einen Umsteigebahnhof zur Ringbahn. So- der in Sparausführung gebaute Endbahn- Bahnhof aus und schwenken in die Achse mit wird auch die Ringbahn planungsbefan- hof unter dem Hauptterminal des Flugha- der Kochstraße ein. Für diese Ausfädelung bestehen keinerlei Vorleistungen, so dass Nachdem der Berliner Fahrgastverband IGEB das Projekt am 6. Februar 2020 auf einer Pres- die Strecke für den Umbau längere Zeit sekonferenz vorgestellt hatte und dieses in den Medien große Resonanz fand, meldete der gesperrt werden muss. Das ist erst dann Tagesspiegel in seiner Ausgabe vom 9. Februar „Senat sieht keinen Bedarf für Kreuzberger möglich, wenn der dritte S 21-Bauabschnitt S‑Bahntunnel“. Und weiter: „Die Berliner Verkehrsverwaltung macht sich den Vorschlag des in Betrieb genommen wurde und alle Nord- Fahrgastverbandes Igeb für einen dritten S‑Bahntunnel in der Innenstadt nicht zu eigen. ‚Wir süd-S‑Bahn-Linien über Gleisdreieck gelei- halten andere Projekte für dringender‘, sagte Jan Thomsen, Sprecher von Verkehrssenatorin tet werden können. Regine Günther (Grüne). […] Der Senat erkennt darin keinen Mehrwert. ‚Ein großer Teil der Am U‑Bahnhof Kochstraße kreuzt der Verbindungen, die eine S 6 herstellen soll, ist somit schon durch andere Strecken und Stre- Kreuzberger Tunnel die U 6. Die Herstellung ckenplanungen abgedeckt‘, sagte Thomsen. kurzer Umsteigewege und die Erstellung Der Berliner Fahrgastverband IGEB reagierte mit einer Presseerklärung: „Reaktion der eines entsprechenden Kreuzungsbauwerks, Senatsverkehrsverwaltung ist unqualifiziert“. Darin wurde klargestellt: „Es geht nicht um ein ohne die U 6 längerfristig zu unterbrechen, dringendes Projekt, sondern es muss dringend geprüft werden, wie die Möglichkeit für die wird eine Herausforderung. Auch die enge Realisierung dieses Projektes erhalten werden kann. So, wie derzeit eine Machbarkeitsstudie Kochstraße dürfte Erinnerungen an den für die Verlängerung der Siemensbahn von Gartenfeld nach Hakenfelde erarbeitet wird, Tunnelbau vor 100 Jahren wecken, wo der muss auch eine Studie für den Kreuzberger-Tunnel erstellt werden. Verkehr an der Oberfläche und der Zugang Natürlich muss mit der Machbarkeitsstudie auch der verkehrliche Nutzen untersucht wer- zu den Häusern irgendwie aufrecht erhalten den. Erst wenn das geschehen ist, kann die Verkehrsverwaltung ein qualifiziertes Urteil ab- werden musste. geben. Hier bietet sich die Aufnahme in die Langfristplanung des Stadtentwicklungsplanes Der folgende Abschnitt zum Moritzplatz Mobilität und Verkehr an. Dann hätte es noch etwas Gutes, dass die Senatsverkehrsverwal- weist einen größeren Querschnitt auf, und tung mit diesem überfälligen Gesamtverkehrsplan seit Jahren nicht fertig wird. auch am Moritzplatz selbst ist der Tunnel- Wenn die angestrebte Verkehrswende nicht eine Worthülse bleiben soll, muss das - bau weniger kritisch. Unter der U 8 schlum- Projekt sorgfältig geprüft werden!“ mert bereits ein Teil des Umsteigebahnhofs,

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Koch- Ecke Friedrichstraße kreuzen S 6 und U 6. Die Errichtung eines Unter dem Moritzplatz schlummert bereits eine Vorleistung in Ost- Kreuzungsbahnhofs ist angesichts der Enge anspruchsvoller und West-Richtung, so dass die U 8 auch während der Bauarbeiten weiter komplizierter, als Unter den Linden. Hier kann das Land Berlin aber fahren kann. das gesammelte Know How der BVG-Projektgesellschaft einsetzen Fotos : Tom Gerlich und mit dem der Deutschen Bahn kombinieren. fens BER, der nur über zwei Bahnsteiggleise, die Relation Adlershof—Potsdamer Platz Südosten, ist ambitioniert und nur lang- aber keine Kehranlage verfügt und dadurch umsteigefrei anzubieten. Kreuzberg profi- fristig realisierbar. Aber es ist nicht ambiti- bestenfalls im 5-Minuten-Takt (vier Zug- tiert durch neue Direktverbindungen, zum onierter als die 2. S‑Bahn-Stammstrecke in gruppen) angefahren werden kann. Die Beispiel zum Hauptbahnhof und Potsdamer München (7 km Tunnelneubau, 4 Milliarden Querspange zur S 2 nach Mahlow wäre ak- Platz in der einen sowie die Wissenschafts- Euro), hat jedoch für die – dezentrale – Ber- tuell noch relativ einfach zu realisieren, aber stadt Adlershof und den Flughafen BER in liner Stadtentwicklung und die Netzresilienz auch dort fehlt eine Trassenfreihaltung. Die der anderen Richtung. sehr viel bessere Effekte als das Münchner Bedienung des BER wäre dann alle 10 Minu- Zugleich wird durch den Tunnel bzw. die Jahrhundertprojekt. ten über Lichtenrade und ebenfalls alle 10 dritte Durchmesserlinie die Resilienz des Und die S 6 kann in Etappen realisiert Minuten über Schönefeld möglich, womit S‑Bahn-Netzes deutlich verbessert, denn werden: Zunächst von Gartenfeld zum die Kapazitäten bereits voll ausgeschöpft aktuell schlagen Störungen auf dem Ring, Hauptbahnhof, später weiter zum Pots- sind. beispielsweise in Ostkreuz oder Hermann- damer Platz und dann Richtung Südosten, straße, immer voll auf die Görlitzer Bahn wobei durch die Umsteigemöglichkei- Warum S‑Bahn-Linie 6? durch, während der Kreuzberger Tunnel un- ten in Kochstraße, Moritzplatz, Görlitzer Die Frage der Liniennummer ist einfach abhängig von Stadtbahn, Ost- und Südring Bahnhof und Glogauer Straße (Görlitzer geklärt: Sie ist freigehalten. In den 1990er befahrbar ist. Park) jeder der Unterwegshalte ein sinn- Jahren war sie an die Strecke Stadtbahn— Das Projekt S 6, einer Durchmesserlinie voller vorläufiger Endbahnhof sein kann. Königs Wusterhausen vergeben, die immer vom Berliner Nordwesten in den Berliner ge weiter eingekürzt wurde und zuletzt nur noch zwischen Warschauer Straße und Grü- nau verkehrte. Sie wird aktuell durch die S 46 vertreten, die von Königs Wusterhausen kommend auf den Südring fährt. Hierin liegt auch das aktuelle Manko der Görlitzer Bahn mit ihren drei Ästen Flugha- fen, Königs Wusterhausen und Spindlersfeld: Sie sind nicht wirklich gut an die innere Stadt angeschlossen. Mit der S 9 gibt es nur alle 20 Minuten eine direkte Verbindung auf die Stadtbahn, die in der aktuellen Fahrplange- staltung allerdings den östlichen Ästen der Stadtbahn die Kapazität nimmt, wovon der schwächste Ast – die S 75 nach Wartenberg – besonders betroffen ist. Die Stadtbahn kann ihre acht östlichen Äste derzeit nicht adäquat anbinden. Nur die vier Äste Ahrens- felde, Strausberg, Erkner und Schönefeld sind auf die Stadtbahn durchgebunden. Der fünfte Ast (Wartenberg) wird nur noch ab Warschauer Straße bedient. Die verbliebe- nen drei Äste (Spindlersfeld, Königs Wus- terhausen, Neukölln) sind nur per Umstieg erreichbar. Der Kreuzberger Tunnel bietet die Chance, die drei Südost-Äste in eine eigene Stamm- strecke einzubinden und beispielsweise Bereits 1929 wurde eine S‑Bahn-Strecke unter Kreuzberg geplant. Zeichnung: Bousset

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